MEDIENSPIEGEL 12.7.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS)
- Gymer Neufeld: Papi schützt Sohn
- Hausbesetzung Ittigen
- Häuserkampf Nordring: Bonze vs Polizei
- Bettel-Drama Thun Season 2009
- Homophobie: Habs zum NZZ-Homohass-Song-Artikel
- ZH-Cops: Rache-Anzeige gegen Fotograf Klaus Rozsa
- Hooligan-Grippe: Fanarbeit; Kameras; Alkverbot; Inti mit SFL-Grimm
- Graswurzel TV zum G8

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REITSCHULE
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So 12.07.09
19.00 Uhr - Vorplatz - BBQ@Vorplatz
21.00 Uhr - Dachstock - Isis (USA/Ipecac/Hydrahead). Support: Destruc-to Swarmbots (USA)

Mi 15.07.09
19.00 Uhr - SousLePont - Punk Spezialitäten

Sa 18.07.09
14.00 Uhr - Alter Hirschenpark - Kubb-Grümpel-Turnier (Anmeldung kubbcup@gmx.ch

So 19.07.09
19.00 Uhr - Vorplatz - BBQ@Vorplatz

Infos: www.reitschule.ch

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BZ 11.7.09

Konzert im Dachstock der Reitschule

Rockmusik der Extraklasse

Die amerikanische Metalrock-Band Isis ist schon längst mehr als ein Geheimtipp und wird oft in einem Atemzug mit Bands wie Neurosis oder Pelican genannt. Bekannt ist die Band für ihren Stilmix und die epische Länge ihrer Songs, die selten kürzer als sechs Minuten sind. Isis wurde 1997 gegründet und tritt seit einigen Jahren auch immer wieder in der Schweiz auf. Vor vier Jahren spielte die Band das letzte Mal im Dachstock der Reitschule Bern, zwischenzeitlich konnte man sie am Montreux Jazz Festival und an der Bad Bonn Kilbi erleben - und nun erneut in Bern.
pd

Morgen Sonntag, 12. Juli, 21 Uhr, Dachstock der Reitschule, Bern.

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FILZ
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Bund 11.7.09

Neufeld-Rektor befangen?

Stadt Bern Der Wirbel um die rassistischen und sexistischen Texte in einer Maturazeitung des Gymnasiums Bern Neufeld zieht Kreise: Gegen den Willen der Lehrerkonferenz hat Rektor Rolf Maurer eine Ermittlung der Autorschaft abgelehnt. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat er damit auch seinen Sohn vor Unannehmlichkeiten bewahrt, der als möglicher Mitautor der Texte gilt. "Maurer hätte von Anfang an in den Ausstand treten sollen", sagt eine schulinterne Quelle. Maurer weist den Vorwurf von sich; am relevanten Entscheid der Schulleitung sei er nicht beteiligt gewesen. (bob)

Seite 25

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Sohn des Rektors des Gymnasiums Bern Neufeld ist potenzieller Mitautor rassistischer Texte in einer Maturazeitung

War der Rektor befangen?

Haben Texte in einer Matura- zeitung des Gymers Neufeld das Antirassismusgesetz verletzt? Gegen den Willen der Lehrerkonferenz, die eine Anzeige ermöglichen wollte, sah der Rektor von einer Ermittlung der Autoren ab. Pikant: Sein Sohn gehörte zur Klasse.

Bernhard Ott

Witze gegen Farbige und Juden, Beleidigungen von Lehrern: Die Maturazeitung einer Klasse der mathematisch-naturwissenschaftlichen Abteilung des Gymnasiums Neufeld hat für Aufsehen gesorgt ("Bund" vom 9. Juli). Dem Vernehmen nach hat dieselbe Klasse zudem in einem Flugblatt eine Lehrerin als "RAF-Terroristin" bezeichnet. Eine Mehrheit der Lehrerkonferenz wollte die Autoren der Texte ermitteln lassen, um eine disziplinarische Strafe auszusprechen und eine Anzeige wegen Verstosses gegen das Antirassismusgesetz oder wegen Ehrverletzung zu ermöglichen. Rolf Maurer, Rektor des Gymnasiums Neufeld, wollte die Autorschaft aber nicht ermitteln. Gemäss gut unterrichteten Quellen habe Maurer damit seinen Sohn, der möglicher Autor eines Teils der Texte ist, vor Unannehmlichkeiten schützen wollen. Maurers Sohn hat 2008 auf der Liste der Jungfreisinnigen für den Stadtrat kandidiert.

Rektor gab Schülern sein Wort

Rektor Maurer bestätigt auf Anfrage, dass sein Sohn zur Klasse gehört habe. Zunächst habe dies für ihn aber keine Rolle gespielt. Er sei aktiv geworden, weil ihn eine Lehrerin, die sich durch eine Beschreibung in der Zeitung in ihrer Ehre verletzt gefühlt hatte, zu einer Reaktion aufforderte. Da es in der Zeitung auch Witze über Juden und Farbige gebe, die möglicherweise einklagbar seien, habe er sich beim weiteren Vorgehen von der Erziehungsdirektion beraten lassen, sagt Maurer.Er habe die Klasse sofort zu sich zitiert und sie aufgefordert, sich bei der Lehrerin zu entschuldigen. Er habe die Schüler zudem darüber informiert, dass die Schulleitung in einem Brief an die Eltern, der auch in der Schule ausgehängt werden solle, die beleidigenden, rassistischen und sexistischen Aussagen verurteilen werde. Die Schüler hätten sich mit diesem Vorgehen einverstanden erklärt. Im Gegenzug habe er verzichtet, die Autorschaft der Texte zu ermitteln. "Ich habe den Schülern mein Wort gegeben", sagt Maurer.

Ein Teil der Lehrerschaft habe daraufhin aber gefordert, die Täter bekannt zu machen, sie von der Matura-Feier auszuladen und allenfalls anzuzeigen. Der Rektor gibt zu bedenken, dass das ganze Verfahren während der schriftlichen Maturaprüfung über die Bühne gegangen sei. Zu diesem Zeitpunkt unterlägen die Schüler nicht mehr der disziplinarischen Aufsicht der Schule, sondern derjenigen der kantonalen Maturitätskommission. "Eine Ermittlung der Autorschaft während der Prüfungen wäre unverhältnismässig gewesen", sagt Maurer. Es habe Eltern gegeben, die angesichts des Verfahrens die Rechtmässigkeit der Matura-Prüfungen infrage gestellt hätten. Den Vorwurf der Befangenheit weist Maurer von sich. "Die Frage stellte sich erst, als ein Teil des Kollegiums verlangte, die Autoren zu ermitteln." Als die Schulleitung sich dagegen entschied, sei er aber in den Ausstand getreten. Am Ablauf des Verfahrens und den Reaktionen der Schule würde er auch heute nichts ändern. "Angesichts des Wirbels würde ich aber wohl von Anfang an in den Ausstand treten."

"Man wollte Ermittlungen nicht"

"Maurer hätte von Anfang an in den Ausstand treten müssen", sagt eine Stimme, die Gründe hat, anonym bleiben zu wollen. Als Rektor und Vater eines betroffenen Schülers hätte er die Leitung der Untersuchung an den zuständigen Abteilungsrektor delegieren müssen. Stattdessen habe er sie selber durchgeführt und der Klasse von Anfang an Stillschweigen zugesichert. Der Fall sei klar: "Man wollte die Ermittlungen von Anfang an nicht." Für Mario Battaglia, stellvertretender Leiter des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes, stand eine pädagogische Intervention im Vordergrund. Für die Einleitung juristischer Schritte hätten die Tatbestände nicht ausgereicht. Dass der Sohn des Rektors in der betreffenden Klasse war, habe er gewusst. Er habe Maurer unabhängig von dieser Tatsache dieses Vorgehen vorgeschlagen. Allerdings hätte die Schulleitung durchaus noch disziplinarisch mit einem Verweis vorgehen können. "Bei einem solchen disziplinarischen Fehlverhalten stehen die Schülerinnen und Schüler auch während der Matura-Prüfungen noch unter Aufsicht der Schule", sagt Battaglia.

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HÄUSERKAMPF ITTIGEN
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Indymedia 10.7.09

ätsch besetzt!!! ::

AutorIn : Wohnprojekt freier Lebensraum         

Ittigen bei Bern. Die Gruppe Wohnprojekt freier Lebensraum hat sich heute das Haus an der Worbentalstrasse 62 geschnappt.     

Heute, Freitag 10. Juli um ca. Punkt! 17.15 Uhr, wurde vom Wohnprojekt freier Lebensraum in der Agglomeration von Bern ein Haus wiederbelebt und die Eigentümerin der Liegenschaft über ihr Glück informiert.
Das Bijoux - von anderen gut bürgerliches Haus genannt - an der Worbentalstrasse 62 in Ittigen bei Bern erfreut sich neuer BewohnerInnen. Ein verlassener Garten mit Obstbäumen und Brombeeren wartete wohl schon lange darauf wieder benutzt zu werden.
Und natürlich ist auch das Haus einen Besuch wert. Neuantike griechische Tapeten und solche mit barokem Schmetterlingsmuster laden zum Bestaunen und Verweilen ein. Und wer das Wasser zum Laufen bringt, darf als Erste(r) ein Bad in einer der Badewannen geniessen. Das Wohnprojekt freier Lebensraum freut sich über Besuch. PS: Der Garten eignet sich hervorragend zum Picknicken oder auch zum Bräteln.

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1 Inhaltliche Ergänzung

  paparazzi power
11.07.2009 12:13  
Glückauf! Trautes Heim uns allein?! Nein, wir freuen uns natürlich über Euer hurtiges oder auch längeres Vorbeischauen. Als Appetitanreger für die Besucher der nächsten Tage sollen die folgenden Bilder dienen.
http://ch.indymedia.org/de/2009/07/70344.shtml

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HÄUSERKAMPF NORDRING
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BZ 11.7.09

Polizeigebäude im Visier

Ein Hausbesitzer fordert einen Teilabriss des Polizeigebäudes am Berner Nordring. Er macht ein altes Wegrecht geltend.

Liegenschaftsbesitzer Hans-Peter Gauch hat das kantonale Amt für Grundstücke und Gebäude (AGG) eingeklagt. Ein ihm zustehendes Wegrecht sei durch das in den 70er-Jahren errichtete Polizeigebäude am Berner Nordring verbaut worden, sagt Gauch. In einem am Montag beginnenden Prozess vor dem Zivilgericht Bern-Laupen fordert er einen Teilabriss des Ringhofs - oder eine Vergleichszahlung von fünf Millionen Franken. "Ich werde den Fall bis vors Bundesgericht ziehen", sagt Gauch. Dazu hat er 100000 Franken zur Seite gelegt. tob

Seite 27

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Prozess gegen Behörde

Die Spiele des Herrn Gauch

Er hat Zeit und Geld - und will den Berner Behörden mit dem Gang vors Bundesgericht 5 Millionen Franken abnehmen. Hans-Peter Gauch fordert den Teilabriss des Berner Polizeigebäudes, weil dieses ein altes Wegrecht verbaue.

Für sein Spiel mit den Berner Behörden hat Hanspeter Gauch 100000 Franken auf einem Bankkonto zurückgelegt. "Was für ein läppischer Einsatz für ein Game, bei dem ich Millionen gewinnen kann", sagt der 45-Jährige, der in der Stadt Bern mehrerer Häuser besitzt und gemäss eigenen Aussagen "sehr gut" von den Mieteinnahmen lebt.

Mit den 100000 Franken will Gauch seinen Gang durch die Gerichtsinstanzen bis vors Bundesgericht finanzieren. Die erste Verhandlung findet am Montag vor dem Zivilgericht Bern Laupen statt. Die Klage richtet sich an das kantonale Amt für Grundstücke und Gebäude (AGG). Diesem Amt gehört das Polizeigebäude am Berner Nordring (auch Ringhof genannt). Und Teile dieses Gebäudes müssten abgerissen werden, fordert Gauch laut grölend. "Ich besitze ein Wegrecht, das durch den Ringhof zur Hälfte abgeschnitten wird." Als Beweis legt er genüsslich mehrere Papiere auf seinen Küchentisch, als wäre er beim Pokerspielen und zeigte beim Showdown ein gutes Blatt: Seine vier Asse sind der Grundbuchauszug, eine Planskizze mit dem Verlauf des Weges und zwei Bilder, die zeigen, welche Teile des Ringhofes er abgerissen haben will.

Die grosse Show

Gauch selber bezeichnet sich als intelligenten Spieler, als einer, der viel Zeit habe, dem aber die Gegner ausgingen und es deshalb langweilig geworden sei. "Jetzt kommt meine grosse Show", sagt er. Diese Show beginnt am Montag im Gerichtssaal, in einem Prozess, bei dem es Gauch noch egal ist, ob er gewinnt oder verliert. "Ein Urteil, das ich weiterziehen kann, reicht mir." Er suche die ultimative Herausforderung. Er wolle sich unsterblich machen. "Was eignet sich da besser als ein Sieg vor Bundesgericht?"

Störenfried im Quartier

Im Nordringquartier, wo er im April 2008 das Haus mit besagtem Wegrecht gekauft hat, ist Gauch als Störenfried bekannt. Anwohner erzählen, er blockiere Parkplätze mit Abbruchautos und poche darauf, der Platz gehöre ihm. Er montiere Dachrinnen ab und beschädige Schlösser am Zaun ums Polizeigebäude. "Seit er hier ist, gibts Scherereien", sagt Hans Iseli von der gleichnamigen Metzgerei. Er habe nichts gegen Gauch als Person, sagt Iseli, doch er verstehe nicht, was dieser vor Gericht erreichen wolle. "Er hat ja seinen Durchgang, auch wenn dieser ein paar Meter neben dem ursprünglichen Weg durchführt."

"Staatlicher Diebstahl"

Einen ersten Sieg im Spiel mit den Behörden hatte Gauch im Mai 2008 gegen die Berner Stadtverwaltung errungen. Mit einer Verwaltungsbeschwerde erreichte er, dass die Stadt markierte Parkfelder auf dem Trottoir vor einem seiner Häuser am Seidenweg 2 in der Länggasse entfernen musste (wir berichteten). "Ich wehre mich gegen staatlichen Diebstahl", sagt Gauch. "Es schlummern noch viele solche Fälle in der Stadt Bern." Die Liegenschaftsbesitzer wären gut beraten, sich gegen den Staat zu wehren. So wie er jetzt beim Polizeigebäude.

Zum aktuellen Fall Gauch hält sich das eingeklagte Amt für Grundstücke und Gebäude bedeckt. "Seine Forderungen sind unbegründet. Deshalb werden wir diese bestreiten", heisst es auf Anfrage. Weitere Fragen, etwa wie belastend ein Prozess bis vor Bundesgericht wäre und wie ernst das Amt den Kläger nehme, bleiben unbeantwortet.

Moderner Robin Hood

Seine Erfolgschancen schätzt Gauch, der den Prozess ohne Anwalt selber führt, bei 100 Prozent ein. Der von ihm ausgeübte Druck werde derart gross sein, dass die Behördenvertreter früher oder später auf seine Vergleichsforderung eingehen müssten, sagt er. "Ich fordere 5 Millionen Franken - das ist billiger als der Teilabriss."

Dann sagt er: "Der Staat nimmt Steuergelder ein und schüttet sie in verschwenderischem Mass wieder aus." Er könne das auch, viel besser, sinnvoller sogar. "Geld hat mir immer Spass gemacht. Doch ich bin kein Egoist", sagt er. Viel eher ein moderner Robin Hood. "Ich werde mit diesem Geld das örtliche Gewerbe unterstützen und Lifte in Häusern sanieren." Er spende es an Institutionen, zum Beispiel an die Vogelwarte Sempach. "Das passt gut zu mir", sagt Gauch. "Denn es gibt Leute, die sagen, ich sei ein schräger Vogel."

Tobias Habegger

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BETTEL-DRAMA THUN SEASON 2009
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Berner Oberländer 11.7.09

Organisierte Bettelbanden in Thun

"Wir ziehen die Schraube an"

Auch in Thun betteln vermehrt arme und behinderte Menschen aus Osteuropa - und füllen damit die Kassen ihrer kriminellen Hintermänner. Das Problem ist erkannt: "Wir ziehen die Schraube an", sagt der Gewerbeinspektor.

Sie haben eine Gehbehinderung und können sich nur mit Krücken fortbewegen. Das hindert sie aber nicht daran, sich den Passanten flink in den Weg zu stellen und wortlos, mit nach oben gekehrter Handfläche oder einem Becher zwischen den Fingern, Geld zu verlangen. Andere knien in unterwürfiger Haltung auf dem Trottoir und machen die hohle Hand. Einige haben sogar amputierte Gliedmassen. Sie sitzen einfach da und betteln, bis sie abgeholt und an einen anderen Platz gebracht werden.

Mitleid schadet

"Es sind <armi Cheibe>", sagt Thuns Gewerbeinspektor Reto Keller, der sich mit dem Phänomen der organisierten Bettelei immer öfter befassen muss. Das Problem sei, dass die Mitleidsmasche ziehe und viele Menschen diesen Bettlern tatsächlich Geld geben. "Doch damit hilft man ihnen nicht", hält Keller fest. Im Gegenteil: Die Spenden sorgen dafür, dass sie weiterhin arm bleiben. Denn das Geld verbessert nicht ihre Lebenssituation, sondern diejenige ihrer Hintermänner. Also jener skrupellosen Ausbeuter, die die Armen und Behinderten aus Osteuropa am Vormittag nach Thun bringen und am Abend wieder abholen.

Fälle von Nötigung

Das städtische Gewerbeinspektorat hat in letzter Zeit vermehrt Anrufe von Passanten oder Geschäftsleuten erhalten, die sich belästigt fühlen. "In Zusammenarbeit mit der Polizei Thun schreiten wir massiv ein, wenn sich die Bettler sehr aufdringlich verhalten", sagt Keller. Bloss: Welche Handhabe hat die Stadt? Ein Bettelverbot gibt es in Thun schliesslich nicht. "Ein Ansatzpunkt ist der Tatbestand der Belästigung. Es gibt aber auch Fälle von Nötigung, was ein schwereres Vergehen ist." Ein Beispiel: In der Thuner Innenstadt bezog eine Frau an einem öffentlich zugänglichen Automaten Geld. Plötzlich standen zwei Bettler hinter ihr und bedrängten sie so lange, bis sie ihnen etwas von dem Geld gab.

Polizei zieht mit

"Es besteht also ein klarer Handlungsbedarf", konstatiert Keller. "Wir werden die Schraube in nächster Zeit anziehen. Dafür hat uns die Polizei Thun ihre Mithilfe zugesichert." Das bestätigt Hermann Jutzi, Chef Polizei Thun: "Wir werden vermehrt ein Auge auf die Bettler haben und öfter Kontrollen durchführen." Was nicht heisst, dass die Polizei Thun bisher untätig geblieben ist: "Wir kontrollieren die Bettler immer wieder und überprüfen, ob sie polizeilich ausgeschrieben sind." Es komme auch vor, dass sich Geschäftsleute wegen Bettlern vor ihrem Laden beschweren. "In solchen Fällen weisen wir sie an, den Standort zu wechseln. Wir verfahren also wie bei den Strassenmusikern, die auch nur eine bestimmte Zeit an einem bestimmten Ort spielen dürfen."

Grenzfall "Musiker"

Menschen aus Osteuropa betteln aber nicht nur, sie betätigen sich oft auch als Strassenmusikanten. Es gibt solche, die auf ihrem Instrument ein gewisses Können aufweisen. Bei anderen jedoch merkt auch der musikalisch Ungebildete, dass ihre Musik eher Kakophonie als Kunst ist. In Extremfällen setzen sich die Pseudostrassenmusikanten mit einer Art elektronischer Orgel auf den Boden und drücken den On-Schalter, worauf sich die Tasten automatisch bewegen. "Wenn offensichtlich ist, dass die Musik reines Mittel zum Zweck ist, weisen wir die Leute weg", sagt Keller. "Wenn sie aber jemanden von uns kommen sehen, räumen sie meistens freiwillig das Feld. Doch dann stellen sie sich wenig später an einer anderen Ecke wieder auf."

Reto Keller vermutet, dass die Strassenmusikanten ebenso wie die Bettler organisiert sind. Dasselbe gelte wohl auch für die Rosenverkäufer. "Sie müssen im Besitz eines bestimmten Ausweises sein, der Ausländern erlaubt, auf der Strasse Waren zu verkaufen." Wenn sie diesen Schein nicht haben, werden sie vom Gewerbeinspektorat weggeschickt.

Marc Imboden

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Rechtliche situation

Wer nur bettelt, muss gehen

Seit die Schweiz mit der EU die Bilateralen Verträge II abgeschlossen hat, dürfen auch Bürger der osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten in die Schweiz kommen und arbeiten. "Betteln gilt aber nicht als Arbeit", hält Erwin Rohrbach, Leiter der Abteilung Sicherheit der Stadt Thun und damit Chef der Fremdenpolizei, fest. "Es ist aber auch keine Straftat oder ein schweres Vergehen. Damit haben wir keine Handhabe für eine Ausschaffung." Die Fremdenpolizei Thun kann bettelnden EU-Bürgern lediglich eine Ausreisekarte geben und sie anweisen, das Land zu verlassen. Die einen kommen dieser Aufforderung nach und geben die Karte beim Grenzübertritt am Zoll ab. Der Zoll schickt sie der Stadt zurück und setzt sie damit in Kenntnis, dass der betreffende Bettler nicht mehr im Land ist. Andere jedoch foutieren sich um die Ausreise-Aufforderung und betteln in einer anderen Stadt weiter. Die Fremdenpolizei von Thun verteilt pro Jahr bis zu 50 solcher Ausreisekarten. "Der Rücklauf der Ausreisekarten ist bescheiden. Er beträgt schätzungsweise etwa 20 Prozent", sagt Erwin Rohrbach. Allein auf Thun bezogen sei dieses Vorgehen trotzdem sehr wirksam. "Bisher sind alle, denen wir eine Ausreisekarte gegeben haben, aus Thun abgezogen.

Als Arbeit im Sinn der Bilateralen II gilt jedoch das Verkaufen von Rosen und das Musizieren auf der Strasse. Wer auf diese Weise in der Schweiz sein Geld verdienen will, muss sich zuerst beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) online eine Meldebestätigung holen. Mit dieser können sie beim Regierungsstatthalter des jeweiligen Amtsbezirks eine Bewilligung beantragen, gestützt auf das Bundesgesetz über das Gewerbe der Reisenden.
mi

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Projekt Agora

GegenAusbeuter

Die Hintermänner und Abläufe der organisierten Bettelei sind noch weitgehend unbekannt. Das soll sich ändern. Alexander Ott, Chef Fremdenpolizei Bern, hat mit der Stadtverwaltung, den rumänischen Behörden und dem Bundesamt für Polizei das Projekt Agora lanciert (wir berichteten). Ziel: die Strukturen dieses Geschäfts aufdecken und Gegenmassnahmen unter den Partnern koordinieren.
mi

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HOMOPHOBIE
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habs.ch 11.7.09
http://www.habs.ch/aktuell.html#NZZ_Karnik

Leserbrief zu NZZ: "One Hate" und "One Love"

Nach einem Artikel in der NZZ  (26.6.09) von Olaf Karnik sahen wir uns zu einem Leserbrief veranlasst. Vielleicht zu emanzipatorisch in der Perspektive für die NZZ blieb er unabgedruckt. Und das, obwohl (oder gerade weil?) uns der Autor zu der von uns bezogenen Position in einer Antwort beigepflichtet hat (gerne hätten wir das in der selben Öffentlichkeit gesehen, wie sein Artikel). Da jedoch substanzielle Fragen von uns unbeantwortet blieben, wandten wir uns ncohmals an Autor und NZZ, letztlich in der Hoffnung, dort für Fragen der Emanzipation zu sensibilisieren.


> hier gehts zum Artikel in der NZZ
http://www.nzz.ch/nachrichten/zuerich/one_hate_und_one_love_1.2822643.html

> unser Leserbrief vom 26.6.09:
Pragmatik ohne Emanzipation

Karniks Pragmatismus-Plädoyer pointiert gelesen: Schwulenverbände fordern Bann und lehnen Kommunikation ab; sexuelle Orientierung wird so frei gewählt, wie die Arbeitsstelle; Probleme lokal-gesellschaftlicher Menschenrechtsverletzungen sind alleine von den sie hervorbringenden Gesellschaften lösbar; mit ihren Liedtexten beanspruchen die Sänger nicht wirklich, Botschaften zu transportieren. Alledem widersprechen wir entschieden! Gegenüber Vertretern der herrschenden Meinung müssen Kommunikationsräume erst erstritten werden. Capleton war sich neulich für ein Gespräch mit uns zu gut, er schickte seine Managerin vor. Die immerhin attestierte, der Dialog hätte sie umerzogen: so wenig wie sexuelle Orientie rung frei wählbar ist, so wenig sei sie moralisch verurteilbar! Warum sollten Lernprozesse nur innergesellschaftlich möglich sein? Warum sollen nicht auch Sänger bezüglich der Aussagen ihrer eigenen Texte selbst irritiert werden - zur Schärfung für soziokulturelle Probleme - wie Kartnik das umgekehrt vom Publikum fordert? Warum Sängern Lernprozesse ersparen um ihnen ihre Rolle als Mitläufer möglichst bequem zu machen? Eine Mitläuferschaft, die übrigens dort zur Täterschaft wird, wo Sänger mit einem moralisch-religiösen Geltungsanspruch auftreten.

Axel Schubert, Sprecher habs (homosexuelle Arbeitsgruppen Basel)

> hier die gesamte Korrespondenz, mit Karniks Antwort und unserer Erwiderung (pdf,156 kB)
http://www.habs.ch/aktuell_pics/20090711_habs-Positionen_zu_Karnik_NZZ.pdf

> Infos von Stopmurdermusic Bern zum "Fall Buju Banton", der am 26.6.09 in Zürich auftrat und Anlass für den Artikelt Karniks war auf der Seite http://www.stopmurdermusic.ch

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http://www.habs.ch/aktuell_pics/20090711_habs-Positionen_zu_Karnik_NZZ.pdf

habs
homosexuelle arbeitsgruppen basel

"One Hate" und "One Love" (NZZ, 26.6.09)
Auseinandersetzung um den Artikel von Olaf Karnik

INHALT
1) Anlass: Buju-Banton-Konzert in Zürich am 26.6.09
2) Artikel von Olaf Karnik in der NZZ vom 26.6.09
3) Positionen zum Artikel (u.a. von der habs, Autoren-Antwort, habs-Erwiderung)

1) Anlass: Buju-Banton-Konzert in Zürich am 26.6.09

Am 26.6.09 fand ein Konzert von Buju Banton in Zürich statt, der "bezüglich Homohass-Songs im Dancehall-Reggae eine lange Geschichte und eine unrühmliche Leader- und Vorbild-Rolle" (SMMB) hat.

Stop Murder Music Bern (SMMB) hat einige Infos zum "Fall Buju Banton" zusammengestellt. Neben einem ausführlicheren Dossier - auch zu den Hintergründen der KonzertorganisatorInnen und des Soundsystems vom 26.6. - auch eine Kurzfassung: http://www.stopmurdermusic.ch Buju Banton unterzeichnete 2007 den Reggae-Compassionate Act (RCA), brach ihn darauf hin mehrfach, hat allerdings - was ihm zu Gute zu halten ist - seit Ende 2007 keine seiner Homohass-Lieder mehr aufgeführt und sich 2008 sogar so geäussert, dass entsprechende Positionen zu überdenken seien. Allerdings folgten seither keine weiteren Taten, vor allem war er nicht bereit, den RCA erneut zu bekräftigen, was ihm inhaltlich nicht schwer fallen sollte.
SMMB fragt dann auch, ob es nicht angebracht wäre, einen Konzertanlass wie in Zürich nicht dazu zu nutzen, um ein Zeichen zu setzen.

2) Artikel von Olaf Karnik in der NZZ vom 26.6.09

Am Tag des Konzerts erscheint in der NZZ der Artikel "One Hate" und "One Love" von Olaf Karnik. Karnik ruft darin auf, den spezifischen soziokulturellen Hintergrund bei jeglicher Kritik entsprechend zu würdigen. Karnik bewegt sich jedoch auf einem Niveau der Täter-Opfer-Verschiebung, mit dem er bei jeglicher Ausblendung emanzipatorischer Ansätze reaktionären Positionen den Boden bereitet.
Dies war Anlass, uns als habs zu Wort zu melden.

Zu Karniks Artikel "One Hate" und "One Love" sowie den Online-Kommentaren:
http://www.nzz.ch/nachrichten/zuerich/one_hate_und_one_love_1.2822643.html

3) Positionen zum Artikel (u.a. von der habs, Autoren-Antwort, habs-Erwiderung)

In Online-Diskussionsbeiträgen zum Artikel wurde den Opponenten gegen den Artikel nicht nur ein (nicht gemachter) Holocaust-Vergleich zur deren Diskreditierung unterstellt, auch soll mit einem Erhöhen von Dancehall-Music in die Sphären der Kunst ihre Kritik dellegitimiert werden.

Als habs
- baten wir um den Abdruck eines Leserbriefes und setzten einen Online-Kommentar
- wandten uns nach einer Reaktion und teilweisen Beipflichtung des Autors erneut an ihn und die Redaktion der NZZ, mit der Hoffnung und Absicht, dort zum Thema Emanzipation zu sensibilisieren. Eine erwünschte Rückmeldung blieb bisher leider aus.


habs-Leserbrief vom 26.6.09:

Pragmatik ohne Emanzipation

Karniks Pragmatismus-Plädoyer pointiert gelesen: Schwulenverbände fordern Bann und lehnen Kommunikation ab; sexuelle Orientierung wird so frei gewählt, wie die Arbeitsstelle; Probleme lokal-gesellschaftlicher Menschenrechtsverletzungen sind alleine von den sie hervorbringenden Gesellschaften lösbar; mit ihren Liedtexten beanspruchen die Sänger nicht wirklich, Botschaften zu transportieren. Alledem widersprechen wir entschieden! Gegenüber Vertretern der herrschenden Meinung müssen Kommunikationsräume erst erstritten werden. Capleton war sich neulich für ein Gespräch mit uns zu gut, er schickte seine Managerin vor. Die immerhin attestierte, der Dialog hätte sie umerzogen: so wenig wie sexuelle Orientierung frei wählbar ist, so wenig sei sie moralisch verurteilbar! Warum sollten Lernprozesse nur innergesellschaftlich möglich sein? Warum sollen nicht auch Sänger bezüglich der Aussagen ihrer eigenen Texte selbst irritiert werden - zur Schärfung für soziokulturelle Probleme - wie Kartnik das umgekehrt vom Publikum fordert? Warum Sängern Lernprozesse ersparen um ihnen ihre Rolle als Mitläufer möglichst bequem zu machen? Eine Mitläuferschaft, die übrigens dort zur Täterschaft wird, wo Sänger mit einem moralisch-religiösen Geltungsanspruch auftreten.

Axel Schubert, Sprecher habs (homosexuelle Arbeitsgruppen Basel)


habs-Online-Kommentar vom 26.6.09:

Pragmatik ohne Emanzipation

Nein zu Karniks Pragmatismus-Plädoyer!

Dialog: Gegenüber der herrschenden Meinung müssen Kommunikationsräume erst erstritten werden. Capleton war sich jedoch neulich für ein Gespräch mit uns zu gut, er schickte seine Managerin vor.

Verantwortbarkeit sexueller Orientierung: Die Managerin immerhin attestierte uns, der Dialog hätte sie umerzogen: so wenig wie sexuelle Orientierung frei wählbar ist, sei sie moralisch verurteilbar!

Kulturelle Deckung und Textrezeption: Warum Lernprozesse nur als innergesellschaftlich möglich denken? Warum nicht auch Sänger bezüglich der Aussagen ihrer eigenen Texte selbst irritieren - zur Schärfung für soziokulturelle Probleme - wie Kartnik das umgekehrt vom Publikum fordert? Warum Sängern ihre Rolle als Mitläufer möglichst bequem machen? Eine Mitläuferschaft, die übrigens dort zur Täterschaft wird, wo Sänger mit einem moralisch-religiösen Geltungsanspruch auftreten.

Axel Schubert, Sprecher habs, homosexuelle Arbeitsgruppen Basel


Antwort von Olaf Karnik vom 1.7.09:

Lieber Axel Schubert,
mein Redakteur Ueli Bernays bat mich, ein paar der anlässlich meines Artikels über Homophobie eingegangenen Leserbriefe zu beantworten. Dies möchte ich hiermit tun.
Im Gegensatz zu den meisten Leserbriefen, die mir als Autor eine Relativierung und Verharmlosung vorwerfen und dabei Homophobie von Nazis mit Homophobie aus Ghetto-Kulturen einfach gleichsetzen, haben Sie konstruktive Argumente zur Hand. Das fand ich sehr gut. In der Tat sollten jamaikanische Deejays, die homophobe Texte im Programm haben, zu Diskussionen eingeladen und in Gegenargumente verwickelt werden, auf dass auf diese Weise Lernprozesse in Gang gesetzt werden. Da haben Sie völlig Recht. Denn im Gegensatz zu den Ghetto-Kids, die nie dort rauskommen und nicht über ihren beschränkten Tellerrand hinaus gucken können, kommen die Musiker tatsächlich in der Welt herum und müssen sich dann ihrerseits mit anderen, aufgeklärterten Kulturen und ihren Wertesystemen auseinander setzen. Ich glaube auch, dass dies auf lange Sicht eine Änderung bewirken kann. Sly & Robbie zum Beispiel sind ja mehr als alle Jamaikaner in der Welt herum gekommen, und ohne es zu wirklich zu wissen, vermute ich, dass die nun wirklich andere Dinge zu tun haben, als sich über Schwule und Lesben aufzuregen. Auch von Exil-Jamaikanern sind homophobe Untaten in Texten oder auf der Bühne eher nicht bekannt. Diese beiden Beispiele wären schon ein Beleg für die Richtigkeit ihres Vorschlags. Sollte ich mich also noch mals zu diesem unschönen Thema äußern müssen, werde ich Ihren Standpunkt mit Sicherheit als kritisches Gegenargument gegen jamaikanische Kirch-, Staats- und Ghetto-Gepflogenheiten miteinbeziehen.
Und denken Sie nicht, dass ich persönlich, obwohl ich Reggae liebe, mir auch nur einen einzigen dieser Scheiß homophoben Stücke anhöre! ;-)

Wenn Sie sich für Aspekte der Rezeption post-kolonialer Musik wie Reggae interessieren, dann schauen Sie doch mal in das Buch "Reggae in Deutschland" rein, das ich zusammen mit Helmut Philipps bei Kiepenheuer und Witsch veröffentlicht haben. Darin geht es konkret und zwischen den Zeilen immer wieder auch darum, welche Problematiken generell bei der Aneignung einer "fremden" Musikkultur auftauchen und wie Fans und Protagonisten damit umgehen.

Beste Grüße, Olaf Karnik


Antwort der habs auf Olaf Karnik vom 2.7.09:

Sehr geehrter Herr Karnik

Vielen Dank für Ihre Stellungnahme, mit der Sie uns hinsichtlich des Arguments - Gesellschaftsveränderung sei auch durch Anstösse "von Aussen" mit zu erreichen - beipflichten. Gerne würden wir auch erfahren, was Sie veranlasst hat, bei Ihren LeserInnen die Eindrücke zu hinterlassen, die von uns im weiteren angesprochen wurden: Warum und woher die unterschwellige Unterstellung, Schwulenverbände würden nichts anderes, als zu Boykott und Bann aufrufen? Warum ohne Entkräftung der einer moralisierenden Ablehnung erst die Tür öffnende Vergleich zwischen Wahlfreiheit von sexueller Orientierung und beruflicher Tätigkeit? Auch heute und hier in dieser Gesellschaft müssen sich LGBTs noch oft genug anhören, sich ja für die eigene sexuelle Orientierung entschieden zu haben. Wozu so eine Steilvorlage für reaktionäre Familienlobbyistenpositionen? Warum auch schliesslich das schon perfide Argument - wir hätten Schuld, wenn soziale Projekte im jamaikanischen Ghetto keine ausreichende Unterstützung mehr fänden? Damit betreiben Sie letztlich aktiv eine Täter-Opfer-Verdrehung - in beide Richtungen. Ganz in diesem Sinne muss dann wohl auch verstanden werden, dass die Prediger auf der Bühne ihre eigenen Aussagen und Texte ja gar nicht so meinten. Wollen Sie in der Tat rüberbringen, dass "Fags" in den Songs und der Haltung der Sänger im Grunde nicht wirklich als Abschaum rüberkommen sollen, sondern als ganz ok, ganz nett, und schlicht zu akzeptieren? Dass Leute wie Capleton und co. auch ausserhalb Jamaikas wahrgenommen werden und als Vorbild dienen, ist Ihnen ja bekannt. Wer liefert denn den Kids, die ihren Idolen lauschen, Ihre Gebrauchsanweisung des "es ist ja gar nicht so gemeint"?

Als habs müssen wir - speziell auch nach der letztjährigen Auseinandersetzung um Capleton - gestehen, über Ihren Artikel ziemlich wütend zu sein. Wie hat er unbeschadet einen Qualitätscheck durch eine Redaktorenkonferenz überstehen können? Oder ist ein allgemein-emanzipatorischer Blickwinkel von der NZZ gar nicht zu erwarten? Denn hier liegt der Kern: selbst eine vergleichbar differenzierte Gesellschafts-analyse bleibt solange fad (und ich will sagen: trivial), solange nicht aus einer emanzipatorischen Perspektive heraus die Überwindung von Unterdrückung und Ungerechtigkeit mitgedacht wird.

Lassen Sie mich noch ein Satz zur Angemessenheit von Holocaust-Vergleichen sagen: Selbstverständlich sind die in der Sache völlig und immer(!) unangemessen - so sie denn gezogen werden. Denn ein anderer Vergleich ist jener mit Neonazis, oder Sängern, die zum Judenmord aufrufen: wenn entsprechende Texte heute notwendigerweise in aller Schärfe verurteilt werden, dann doch hoffentlich, da wir aus 1945 gelernt haben, dass jegliche Totalitarismen - denen Menschen als "Menschenmaterial" nicht zu schade für die Instrumentalisierung eigener Interessen sind - ethisch verwerflich und daher weder kulturell begründbar noch gesellschaftlich zu akzeptieren sind. Und bei allen Formen des Heterosexismus geht es genau darum: zu Lasten einer Minderheit wird das eigene Selbstbild profiliert, im Falle von manchem Reggae-Star auch zu Gunsten seiner gesellschaftlichen Reputation. Um all das zu begreifen braucht es ja nicht mal historische Rückgriffe (denen sich die Reggae-Szene in ihrem Kampf gegen Babylon abgesehen davon ja durchaus bedienen), es würde schon langen, dem eigenem Herz zu zu hören. Und ja, dieses Zuhören wird verdammt schmerzhaft, wenn des Herzens Botschaften nicht durch Kopfgeburten moralischer Fremdbestimmung übertönt werden, wenn das Zuhören daher zu tatsächlichen Identitätskonflikten führt, die auszustehen sind und die es auszuhalten gilt, die aber auch als Anlass für die eigene Weiterentwicklung genommen werden können. Aus emanzipatorischer Sicht - oder kurz: als Mensch - kenne ich keinen bequemeren Weg.

So wie guter Sport ohne Doping möglich ist, gibt es guten Reggae, der ohne den Kick menschenerniedrigender Botschaften auskommt. Nur weil weite Kreise der Reggae-Community sich diesbezüglich so gar nicht in eine aktive Pflicht genommen sehen, das ihre zur Emanzipation des Reggae von reaktionären Positionen beizutragen - haben wir als habs keine Lust, Diskreditierungen aus dieser Richtung zu tolerieren. Solange werden wir unbequem bleiben, auch als Zeichen internationaler Solidarität mit LGBTs andernorts.

Ich hoffe, für die NZZ-Leserschaft gibt es schon bald mal Gelegenheit, die Thematik auch aus so einem Blickwinkel verstehen zu lernen. Mit unserem Leserbrief haben wir unser Angebot dazu gemacht - letztlich liegts wohl an der redaktionell-journalistischen Verantwortung und Haltung, zu entscheiden, welchen Positionen Raum, Geltung und Nachdruck verliehen werden soll.

Mit freundlichen Grüssen, Axel Schubert, Sprecher habs

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REPRESSION ZH
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Tagesanzeiger 11.7.09

Rozsa soll Polizisten als "Nazi"tituliert haben

Pressefotograf Klaus Rozsa soll wegen Ehrverletzung gegenüber einem Polizisten verurteilt werden. Für die Verteidigerin ist die Klage bloss eine Reaktion auf eine Strafanzeige Rozsas.

Von Thomas Hasler

Zürich. - Am 4. Juli 2008 war das leer stehende Hardturmstadion besetzt worden. Die Aktion "Brot & Äktschn" sollte die alternative Antwort auf den durchkommerzialisierten Euro-08-Event sein. Vor Ort war auch Pressefotograf Klaus Rozsa, der seit 30 Jahren auf den Auslöser drückt, wenn in der Stadt Zürich Polizei und Demonstranten aufeinandertreffen, wenn Gegenstände fliegen und Reizstoff oder Gummischrot eingesetzt wird. So auch an jenem Freitagabend.

Nachdem die ganze Sause gelaufen war, wollte ein 37-jähriger Polizist Rozsa wegen Hinderung einer Amtshandlung verhaften. Grund: Der 54-Jährige habe sich trotz Aufforderung nicht vom Ort des Geschehens entfernt. Damit habe er die Arbeit der Polizei behindert. Nachdem der Fotograf überwältigt und arretiert worden war, soll es zu dem gekommen sein, mit dem sich die Einzelrichterin gestern Freitag beschäftigen musste. Laut Anzeige des Polizisten soll ihm Rozsa gesagt haben: "Härr S[...], Sie sind en absolute Nazi. Genau glich schlimm!"

Nach Meinung des Rechtsvertreters des Polizisten war das "äusserst ungebührlich, beleidigend und ehrverletzend", ja "ein Novum in der Berufskarriere" des Beamten, der sich gewohnt sei, Kraftausdrücke zu hören. Deswegen soll Rozsa wegen übler Nachrede zu einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt werden, eine Genugtuung von 2000 Franken sowie eine Prozessentschädigung von 7500 Franken bezahlen.

Rozsa, der der Verhandlung krankheitsbedingt fernblieb, liess über seine Verteidigerin einen Freispruch fordern. Er bestritt die eingeklagten Äusserungen. Er habe die Arbeit der Polizei nie behindert, habe mindestens zwanzigmal angeboten, seinen Presseausweis zu zeigen, und habe zigmal gefragt, warum man ihn festhalte und an der Ausübung seines Berufes hindere. Das alles habe die Beamten nicht interessiert. Zudem hätten die Polizisten die klare Dienstanweisung verletzt, wonach bei Problemen mit Journalisten "immer" ein Vertreter der Presseabteilung der Polizei beizuziehen sei. Rozsa hat denn auch eine Strafanzeige gegen mehrere Beamte eingereicht.

Seine Verteidigerin sprach vom "immer gleichen Spiel". Auf eine Anzeige Rozsas reagiere die Polizei mit einer Gegenanzeige. Gegen Rozsa seien in den 30 Jahren rund 40 Strafanzeigen eingereicht worden. Zu einer Verurteilung sei es bisher nie gekommen. Demgegenüber seien Polizisten schon mehrfach wegen verschiedener Delikte gegenüber Rozsa verurteilt worden. Typisch sei auch, dass Rozsa bereits vor Gericht erscheinen müsse, während das Strafverfahren gegen die Beamten noch nicht einmal eröffnet worden sei.

Die Einzelrichterin wird das Urteil den Parteien schriftlich zustellen.

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NZZ 11.7.09

Aus dem Bezirksgericht Zürich

Polizisten als Nazi bezeichnet?

Ehrverletzungsklage gegen Fotografen

 mbm. Als Anfang Juli 2008 Linksautonome das dem Abbruch geweihte Hardturmstadion besetzten, schritt bald die Polizei ein. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Im Zuge dieser Aktion wurde Klaus Rozsa verhaftet, ehemaliger Präsident des Gewerkschaftsbunds der Stadt Zürich und Fotograf. Weil er einen Polizisten als Nazi bezeichnet und ihm ans Bein gespuckt haben soll, ist am Freitag vor einem Einzelrichter am Bezirksgericht Zürich verhandelt worden. Der Angeklagte blieb dem Termin fern. Anwesend war aber der 38-jährige Stadtpolizist, der gegen Rozsa eine Strafklage wegen Ehrverletzung eingereicht hatte; er sagte, der Fotograf habe den Polizeieinsatz behindert und sich nicht zurückgezogen.

 Der Rechtsvertreter des Polizisten führte aus, Rozsa habe sich der Verhaftung widersetzt, sich theatralisch und renitent in Szene gesetzt. Als Polizist habe sich sein Mandant schon vieles sagen lassen müssen - noch nie aber sei er von einem Journalisten beschimpft worden. Die gemachten Aussagen seien zweifellos ehrverletzend, weshalb das Verschulden schwer wiege. Rozsa sei wegen übler Nachrede und allenfalls noch wegen Beschimpfung bedingt zu verurteilen, und zwar zu 120 Tagessätzen zu einem noch zu bestimmenden Ansatz. Zudem verlangte der Rechtsvertreter des Polizisten für seinen Mandanten eine Genugtuung von 2000 Franken und eine Entschädigung von 8000 Franken. Schliesslich forderte er eine Ordnungsbusse für die Verteidigerin, weil sie ohne Not Unterlagen zu spät eingereicht hatte.

 Die Verteidigerin von Rozsa plädierte auf Freispruch und auf die Zahlung von 1500 Franken als Genugtuung. Ihr Mandant leide seit diesem Vorfall an einer Depression und habe eine "Phobie gegen Polizisten" entwickelt. Seit über 30 Jahren werde im Polizeikorps kolportiert, dass Rozsa ein Querulant sei. Dieser bestreite aber sowohl die Spuck- wie auch die Verbalattacke. Zu sagen, Rozsa habe den Polizisten als Nazi bezeichnet, sei eine reine Unterstellung. Er habe bloss eine Parallele zum Nationalismus gezogen und "sinngemäss etwas Vergleichbares wie Faschismus oder Diktatur" gesagt. Der Polizeieinsatz sei unverhältnismässig gewesen, weshalb Rozsa eine Strafanzeige gegen den Polizisten wegen Amtsmissbrauchs eingereicht habe. In dieser Sache sei aber noch nichts unternommen worden. Laut der Verteidigerin hat Rozsa den Polizeieinsatz nicht behindert, sondern aus der Distanz Fotos geschossen. - Das Urteil wird schriftlich mitgeteilt.

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HOOLIGAN-GRIPPE
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Bund 11.7.09

Massnahmenkatalog gegen Gewalt im Sport

Stadt Bern Die beiden Berner Sportklubs Young Boys und SC Bern sowie Vertreter der Fanarbeit und der Kantonspolizei haben sich in einer Arbeitsgruppe auf Massnahmen gegen Gewalt im Sport geeinigt. So soll YB unter anderem künftig punkto Fanarbeit mehr Aufgaben und Verantwortung übernehmen, der SCB seinerseits die Videoüberwachung flächendeckend ausbauen. "Ziel dieser Gespräche war und ist es, sich gegenseitig auszutauschen und gemeinsam Massnahmen zu entwickeln, um den Übergriffen und der Gewalt in und um die Stadien etwas entgegenzusetzen. Dabei soll wieder vermehrt der Sport im Zentrum stehen", teilt Regierungsstatthalterin Regula Mader (sp) mit.

Auf ihre Einladung hin trafen sich Vertreter der Klubs, der Kantonspolizei und Fanarbeiter seit vergangenem Dezember vier Mal zu einem runden Tisch, um die Gewaltproblematik zu diskutieren.

Dabei ist man übereingekommen, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Klubs, der Kantonspolizei und den Behörden gut funktioniere. Künftig sollen aber vor allem präventive Massnahmen wie Fanarbeit und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit verbessert werden. "Im Bereich der präventiven Massnahmen sind die beiden Klubs bereits heute sehr aktiv, und sie sind bereit, innovative und neue Projekte vermehrt zu unterstützen und die Fanarbeit auszubauen", so Mader. YB plant weiter den "situativen Ausschank" von Leichtbier und erarbeitet ein Fan-Leitbild. Vorgesehen ist, dass YB-Fanarbeiter die Fans bei Heim- wie Auswärtsspielen begleiten, Extrazüge organisieren und in diesen ein Projekt gegen Littering starten. Auch ist ein Lokal als Treffpunkt und Austauschort für alle YB-Fans in Planung, wie das Regierungsstatthalteramt Bern mitteilt. Der SCB hat neu ein Führungszentrum im Stadion geschaffen und wird die Videoüberwachung flächendeckend ausbauen.

Statthalterin prüft Alkoholverbot

 Auch Mader selber prüft zur Verbesserung der Situation Massnahmen, und zwar im Bereich der gastgewerblichen Bewilligungen. Dazu gehören die strikte Kontrolle der Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen und die Überprüfung der Preispolitik respektive der Verfügbarkeit von alkoholischen und nicht-alkoholischen Getränken. Zur Diskussion steht auch ein Alkoholverkaufsverbot bei sogenannten Hochrisikospielen in und um die Stadien oder die Beschränkung auf Light-Produkte. "Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die an den Diskussionen Beteiligten bereit sind, alles zu unternehmen, um für einen gewaltfreien Sport zu sorgen", so Mader. Die Gespräche am runden Tisch werden weitergeführt und sollen künftig mindestens zweimal jährlich stattfinden. (sbv)

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BZ 11.7.09

Kameras

SCB filmt Zuschauer

In der neuen Saison wird der SC Bern seine Zuschauer in der Postfinance-Arena mit 40 Kameras permanent überwachen lassen.

Nach den Young Boys nun auch der SCB: In der Postfinance-Arena werden 40 Kameras installiert, die während der SCB-Spiele in Zukunft jede Bewegung der Zuschauerinnen und Zuschauer filmen. Auf TV-Monitoren in einem modernen Führungsraum werden die Bilder live ausgewertet. "Wir erhoffen uns, auf diesem Weg Randalierer schneller ausfindig zu machen", sagt SCB-COO Rolf Bachmann.

Ab wann die Kameras einsatzbereit sind, kann Bachmann noch nicht sagen. Einige Details müssten zuvor noch abgeklärt werden, erzählt er. Doch die Klubleitung hat sich zum Ziel gesetzt, das neue Überwachungssystem im Verlauf der kommenden Saison einzuführen. tob

Seite 21

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Videoüberwachung

Jetzt installiert auch der SCB Kameras

Die Zuschauer in der Postfinance-Arena werden in der neuen Saison während der SCB-Spiele von 40 Kameras gefilmt.

Was bei den Young Boys seit dem Einzug ins Stade de Suisse vor vier Jahren zum Standard gehört, soll nun auch in der Postfinance-Arena des SC Bern eingeführt werden. In Zukunft überwachen 40 Kameras während der kompletten Spieldauer der SCB-Partien jede Bewegung der Zuschauerinnen und Zuschauer - auf den Sitzplätzen ebenso wie auf der Stehrampe. "Wir erhoffen uns dadurch mehr Ruhe und dass wir allfällige Krawallmacher schneller ausfindig machen können", sagt SCB-COO Rolf Bachmann.

Moderner Führungsraum

Bisher wurden die SCB-Zuschauer lediglich von einer Kamera überwacht - und dies nicht pausenlos, sondern nur dann, wenn sich in ihrer Nähe auf der Tribüne "etwas anbahnte", wie es Bachmann sagt. In Zukunft laufen die Überwachungsbilder permanent über TV-Schirme in einem sogenannten Führungsraum im Stadion. Dieser muss zuerst noch eingerichtet werden. Den genauen Zeitpunkt kann Bachmann noch nicht nennen, "weil noch einige Details zu regeln sind". Klar ist aber bereits, dass SCB-Sicherheitschef Peter Widmer von der Broncos-Security in diesem Raum sitzen wird und mit der Polizei, der Sanität und der Feuerwehr vernetzt ist. Das Ziel der SCB-Führung ist es, "irgendwann im Laufe der kommenden Saison" (Bachmann), mit der Videoüberwachung zu starten. "Als wir 2007 im YB-Stadion gegen die SCL-Tigers spielten, konnten wir erste Erfahrungen mit dem Überwachungssystem machen", sagt Rolf Bachmann.

Geld für Fanarbeiter

Neben dieser Massnahme will der SCB auch weiterhin Geld für präventive Massnahmen zur Verfügung stellen, wie es beispielsweise die klubeigenen Fanbeauftragten darstellen. Dies versicherte der Verein am "runden Tisch" mit Regierungsstatthalterin Regula Mader (SP). Seit Dezember 2008 haben sich YB- und SCB-Vertreter viermal pro Jahr mit Mader und der Kantonspolizei zu Gesprächen zum Thema "Gewalt im Sport" getroffen. Diese Gespräche sollen in Zukunft zwei Mal jährlich stattfinden.
tob

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Berner Rundschau 11.7.09

Verbot von Alkohol steht zur Debatte

Runder Tisch zur Gewalt in Stadien

Die Regierungsstatthalterin des Amts Bern, Regula Mader (SP), will ein Alkoholverbot in Sportstadien bei Hockrisikospielen prüfen. Dies ist eines der Resultate eines runden Tischs, zu dem die Statthalterin Vertreter der Sportclubs SC Bern und BSC Young Boys, deren Fanarbeit sowie der Berner Kantonspolizei eingeladen hatte. Wie das Statthalteramt gestern mitteilte, werden nun "Massnahmen im Bereich der gastgewerblichen Bewilligungen" geprüft.

So werden jetzt die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen, die Verfügbarkeit von alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken und die Preispolitik unter die Lupe genommen. Sicher ist, dass bei YB-Spielen situativ nur Leicht-Bier verkauft wird.

 "Dabei ist festzuhalten, dass der Umgang mit Alkohol ein gesamtgesellschaftliches Phänomen ist", schreibt Mader. Wirksame Strategien der Alkoholprävention müssten mit allen Involvierten ausgearbeitet werden.

Clubs sind "sehr aktiv"

Seit vergangenem Dezember fanden vier Treffen mit den Beteiligten statt. Mindestens zwei Mal jährlich sollen sie auch in Zukunft stattfinden. Die Beteiligten seien bereit, "alles zu unternehmen, um für einen gewaltfreien Sport zu sorgen", schreibt die Regierungsstatthalterin. In der Mitteilung wird dem SCB und YB ein gutes Zeugnis ausgestellt. Sie engagierten sich in Sachen Fanarbeit und Sicherheit umfassend. "Im Bereich der präventiven Massnahmen sind die beiden Clubs bereits heute sehr aktiv." (joh)

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Zofinger Tagblatt 11.7.09

"Polizei muss Chaoten dingfest machen"

Fussball Der neue SFL-Präsident Thomas Grimm über die Gewaltprobleme und die geplante Modusänderung

Seit vier Wochen ist Thomas Grimm (50) Präsident der Swiss Football League (SFL). Eine Sommerpause gab es für den Berner Anwalt nicht. Das Sicherheitsproblem und die Modusfrage sind neben anderen die grössten Baustellen der SFL.

Stefan Wyss (Si), Bern

Vor allem die landauf, landab geführten Debatten über die Gewaltexzesse rund um die Fussballspiele halten Grimm, der bis Ende letzter Saison und während zwei Jahren Verwaltungsratspräsident von YB war, auf Trab. "Der Druck, in Sachen Sicherheit mehr zu unternehmen, war noch nie so gross wie jetzt", sagt er. Grimm setzt sich für eine harte Linie ein, fordert "Schnellrichter, die drei bis fünf Tage Haft ohne Berufungsmöglichkeit anordnen können."

Thomas Grimm, es war mutig, sich zum Präsidenten der Swiss Football League wählen zu lassen. Das Image des Schweizer Klub-Fussballs ist nicht gut.

Thomas Grimm: Nein, es brauchte keinen Mut. Ich nehme jedoch an, Sie zielen auf die Gewaltprobleme. Das macht uns in der Tat zu schaffen, ist aber ein gesellschaftliches Problem, denn wir leben leider auch ohne Fussballspiele in einer gewaltbereiten Welt. Im Fussball akzentuiert es sich, denn es ist immer die Presse dabei, die TV-Kameras filmen alles, es gibt Menschenaufläufe.

Aber man kann nicht immer auf die Gesellschaft verweisen. Gerade der Fussball mit seiner Strahlkraft hätte die Möglichkeit, grossen Einfluss auf die Problematik zu nehmen.

Grimm: Die Klubs und die Liga sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Wir müssen unsere Arbeit gut machen. Ich bin für die harte Linie, für Null-Toleranz. Die beschlossenen Massnahmen müssen rigoros umgesetzt werden. Wir wollen die Chaoten weder innerhalb noch ausserhalb der Stadien haben.

Wie muss aus Ihrer Sicht vorgegangen werden?

Grimm: Die präventive Arbeit greift nur zum Teil. Hier müssen noch grössere Anstrenungen unternommen werden. Mit der Einsetzung einer Fankommission und dem Auftrag zur Erarbeitung eines Konzeptes für Fanarbeit hat die SFL erste Pflöcke eingeschlagen. Die Zahl der Fans, die nicht dialogbereit sind, muss kleiner werden. Aber im Kampf gegen diese sogenannten Fans sind wir ab einem gewissen Punkt machtlos. Die Polizei muss uns helfen. Das Abbrennen einer Pyro ist zum Beispiel eine Verletzung des Sprengstoffgesetzes und somit ein Offizialdelikt. Also müssten die Personen eigentlich angehalten werden, und es müsste gegen diese ein Verfahren eröffnet werden. Die Polizei muss bereit sein, die Chaoten dingfest zu machen. Solange es hier Lücken im Sicherheitssystem gibt, werden wir Probleme haben.

Schon Ihr Vorgänger Peter Stadelmann forderte mehr Polizeipräsenz in den Stadien. Aber offenbar ist die Umsetzung dieser Idee schwer.

Grimm: Aus Polizeikreisen höre ich, dass man nicht die nötige Ausrüstung und Ausbildung hat, um im Stadion eingreifen zu können. Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen. Allerdings habe ich das Sicherheitsdispositiv von Zürich für die EURO 2008 gesehen. Da habe ich das Gefühl gehabt, dass Stadt und Kanton Zürich eine fähige Truppe hätten, die im Stadion etwas ausrichten kann.

Also tut man sich mit der Lösung des Gewaltproblems weniger wegen fehlenden gesetzlichen Grundlagen als vielmehr wegen deren Anwendung schwer.

Grimm: Die gesetzlichen Grundlagen sind da. Wenn einer ein kleines Vermögensdelikt begeht, wird er unter Umständen zwei bis drei Tage in U-Haft genommen, obwohl er keine Person gefährdet hat. Im Fussball ist die Bereitschaft der öffentlichen Hand bisher nicht da, dies auch zu tun. Wenn einer ein Trikot anzieht und eine Bierdose in der Hand hält, darf er ungestraft pöbeln. Wenn ich an einem normalen Tag so durch den Bahnhof in Bern ziehen würde, käme ich nicht bis zum Ende. Die Bahnpolizei würde mich vorher packen. Ich unterstütze deshalb die Forderung von Bundesrat Ueli Maurer nach Schnellrichtern, welche die Befugnis haben, drei bis fünf Tage Haft anzuordnen, ohne Berufungsmöglichkeit. Diese Abschreckung fehlt uns in der Schweiz bisher.

Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie hören, dass der FC Basel und der FC Zürich gegen das Urteil nach den Krawallen vom 17. Mai rekurrieren. Ist dies nicht das falsche Signal?

Grimm: Für die Klubs ist es ein schwieriger Spagat. Eine Stadionsperre ist auch für mich keine gute Lösung, das ist allenfalls die "ultima ratio". Es müssten vielmehr noch höhere Bussen ausgesprochen werden können, und dieses Geld sollte dann zweckgebunden wieder investiert werden in Fan-Betreuung oder verschärfte Sicherheitsmassnahmen. Diese Möglichkeit müssen wir so schnell wie möglich diskutieren.

Sie engagieren sich in dieser Frage. Haben Sie das Gefühl, dass in den letzten Jahren von Seiten des Verbandes und der Liga zu wenig gemacht wurde?

Grimm: Der Druck, in Sachen Sicherheit mehr zu unternehmen, war noch nie so gross wie jetzt. Er ist auch entstanden durch einen Entscheid des Bundesgerichts, wonach 80 Prozent der Kosten bei einem Polizeieinsatz den Klubs verrechnet werden können.

Gibt es auch Druck von Seiten der Sponsoren?

Grimm: Als letzte Konsequenz ist die Gefahr da, dass Sponsoren abspringen, weil der Fussball durch die Chaoten in eine Ecke gedrängt wird, in der wir ihn nicht haben wollen. Es könnten Sponsoren sagen, dass das Image, das der Schweizer Klubfussball dadurch bekommt, nicht mehr mit ihrer Markenphilosophie übereinstimmt.

Haben Sie Angst, Axpo als Hauptsponsor zu verlieren?

Grimm: Konkret ist die Angst nicht. Axpo hat Verständnis, dass wir für den Teil des Publikums, den wir nicht wollen, der uns aber zu schaffen macht, nichts können. Auch Axpo will diese Fans nicht im Stadion haben und unterstützt uns bei den Projekten für mehr Fair Play.

Eine andere Baustelle im Schweizer Fussball ist die Modusfrage. Sie haben die undankbare Aufgabe, das "Ei des Kolumbus" zu finden und im November die perfekte Spielform für die 12er-Liga zu präsentieren.

Grimm: Ich frage mich, ob sich die Schweiz eine 12er-Liga von den finanziellen Interessen her überhaupt leisten kann. Der Vorteil der Aufstockung ist der Investitionsschutz der Vereine, die jetzt ein neues Stadion bauen. Für sie ist die Chance grösser, bei der Stadioneröffnung einen Platz in der Super League zu haben. Wir dürfen aber die Ligazugehörigkeit nicht nur von den Stadien abhängig machen.

Das heisst, dass Sie nicht für eine geschlossene Liga sind.

Grimm: Ich bin kein Fan von solchen Modellen. Sie sind für Amerika gut. Dort gibt es aber ein anderes Sportverständnis. Für eine geschlossene Liga braucht es ausgeglichene Mannschaften mit ausgeglichenen Budgets sowie ein Draftsystem.

Das Gegenteil der geschlossenen Liga ist eine Liga mit Strichmodus, die schon bei Saisonhälfte geteilt wird.

Grimm: Ich sehe für die 12er-Liga im Moment keine bessere Form als den Strichmodus. Es darf bei uns einfach nicht zu viele Spiele geben, in denen es um nichts mehr geht. Sonst sind wir für die Marketingpartner nicht mehr attraktiv genug.

Wäre dann nicht auch ein Modus mit Playoffs eine Variante? Dann ist es mit Sicherheit bis am Schluss spannend. Wie im Eishockey oder in der holländischen Liga.

Grimm: Dazu habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, aber eine Arbeitsgruppe wird sich damit beschäftigen. Bei uns füllen sich die Stadien nicht einfach so. Ein Modus muss für alle leicht verständlich und attraktiv sein. In England geht das, obwohl die Meisterschaft an sich etwas langweilig ist, weil seit Jahren die gleichen vier Teams vorne sind. Aber in England ist das egal, denn der Fussball nimmt eine aussergewöhnliche Rolle ein. Bei uns gibt es diese Fussball-Kultur nicht, also muss der Wettbewerb so lange wie möglich offen und spannend bleiben.

In den letzten Jahren wurden die Fans diesbezüglich verwöhnt. Was erwarten Sie von der neuen Saison? Wer wird Meister?

Grimm: Es werden wohl die gleichen drei, vier Teams vorne sein. Ich erwarte, dass das Mittelfeld dahinter sehr breit ist, und der Kampf gegen den Abstieg deshalb sehr hart wird.

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20min.ch 10.7.09

Schnellgerichte

"Wir wollen eine Radaukultur verhindern"

von Adrian Müller

Der Kanton St. Gallen rüstet auf im Kampf gegen Hooliganismus: Am Sonntag stehen während der Partie FCSG gegen den FCB erstmals so genannte Schnellrichter im Einsatz. Staatsanwalt Simon Burger erklärt im Interview, wer sich vor diesen fürchten muss, was sie bezwecken sollen und warum sie bei Krawallen nutzlos sind.
 
20 Minuten Online: Am Spiel FC St. Gallen gegen den FC Basel vom kommenden Sonntag kommen erstmals so genante "Schnellrichter" zum Einsatz. Haben Sie sich speziell auf diesen Ernstkampf vorbereitet?

Simon Burger: Nein, in den Medien ist in den letzten Tagen ein völlig falsches Bild entstanden. Denn diese "Schnellgerichte" sind eigentlich ganz normale Verfahren. Wir haben keinen Gerichtshof im Stadion aufgebaut, sondern ein Untersuchungsrichter ist in den normalen Büros auf Pikett. Wir erfinden das Rad nicht neu.

Warum braucht es denn überhaupt Schnellrichter?

Nach den schweren Ausschreitungen beim Abschiedsspiel im Espenmoos mussten wir über die Bücher. Es sind teilweise Monate vergangen, bis die Krawallbrüder verurteilt wurden. Dank den Schnellverfahren sollen die Übeltäter die Konsequenzen ihrer Tat sofort spüren. Davon erhoffen wir uns einen abschreckenden Effekt, insbesondere bei den Randalieren selbst.

Landet von nun an ein frustrierter Fan, der ein Bier die Tribüne hinunter schmeisst, beim Schnellrichter?

Es ist nicht die Idee, dass jeder Bagatelltverstoss gegen die Stadionordnung bei uns landet. Schnellrichter zielen auf Leute ab, die ein Sicherheitsrisiko im Stadion darstellen. Ich denke da beispielsweise an Leute, die gewalttätig werden oder mit Pyro-Fackeln Zuschauer gefährden. Zudem wollen wir Leute mit Stadionverbot eruieren und rascher verurteilen.

Wie wollen Sie solche Täter festnageln?

Absolute Vorraussetzung für eine rasche Verurteilung sind glasklare Videobeweise oder Zeugenaussagen. Zudem muss die Polizei die Täter erstmals aus der Menge herausfischen und zu uns bringen. Dies könnte durchaus problematisch werden, denn die Sicherheitsdienste haben normalerweise schon während dem Spiel alle Hände voll zu tun.

Haben Sie einen Live-Stream der Überwachungskameras ins Büro?

Nein, die Sicherheitskräfte werten die Bilder aus und übermitteln sie anschliessend an uns.

Was passiert, wenn im Stadion wirklich die Post abgeht? Werden dann die Krawallbrüder im Fünfminutentakt abgeurteilt?

Bei heftigen Ausschreitungen können auch Schnellverfahren nichts ausrichten. Diese haben nur eine begrenzte Kapazität. Wie bisher würden wir anhand der Videoaufnahmen versuchen, die Täter zu ermitteln oder bei Bedarf im Internet zu veröffentlichen. "Schnellrichter" zielen nicht auf die grossen Ausschreitungen ab, sondern auf einzelne, lästige Übeltäter. Diese wollen wir gezielt aburteilen und damit verhindern, dass eine Radaukultur entsteht.


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GRASWURZEL TV
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Indymedia 11.7.09

G8: Graswurzel.tv ::

AutorIn : -         

"Letzter #g8 Film fertig und online. War mal wieder eine spannende und lehrreiche Zeit. Wir melden uns ab und bis bald!"

...so verabschieden sich die Menschen von  http://www.graswurzel.tv vom diesjährigen G8 Gipfel.     
    
Graswurzel.tv ist nach Italien gefahren, um von dort über die G8-Proteste zu berichten. Die Filme dazu gibt es unter:  http://www.graswurzel.tv/g8_2009


Diese Filme sind abrufbar:


L Aquila zwischen Erdbeben und G8

06.07.2009 Zwei Tage vor dem offiziellen Beginn des G8-Gipfels trifft Graswurzel.tv beim Austragungsort ein. Dieser ist aufgrund der solidarischen Geste Silvio Berlusconis vom ursprünglich geplanten Sardinien in die Abruzzen, nach L Aquila verlegt wurden. Die Stadt wurde Anfang des Jahres von dem seit 30 Jahren stärksten Erdbebens Italiens heimgesucht. Begründet wird die Verlegung mit der besseren Bündelung an Finanzmitteln, die jetzt nicht nur dem Gipfel, sondern auch den Opfern zugute kämen. Daneben hat der Ort für die Teilnehmer aber auch einen ganz anderen Vorteil: Er ist derzeit nahezu menschenleer, denn die Bewohner sind zu großen Teilen nach wie vor evakuiert. Außerdem sind die Zufahrtswege aufgrund der Bergregion und vieler zerstörter Wege stark limitiert, wodurch eine aufwendige physische Abschottung mit Sicherheitszäunen etc. nicht notwendig erscheint. Wer sich in diese Region bewegt, fällt bereits etliche Kilometer vor seinem eigentlichen Ziel auf.


Anti-G8-Protest Rome: Welcome to the leaders of the crisis.

07.07.2009 Anlässlich der Ankunft der G8-Staatschefs wurde einen Tag vor dem offiziellen Beginn des Gipfels zu einer Demonstration in Rom mobilisiert. Die ungefähr 1.000 TeilnehmerInnen verschiedener sozialer und politischer Bewegungen wollten die Staatschefs darauf aufmerksam machen, dass es neben der Wirtschaftskrise auch gravierende soziale Probleme und Menschenrechtsverletzungen in den eigenen Ländern gibt, deren Lösung scheinbar von der politischen Agenda verschwunden sind. Daneben richtet sich der Protest grundsätzlich gegen das Selbstverständnis der sich selbst "Grossen 8" nennenden Staatsführer, die für sich den Anspruch erheben, die Welt zu kontrollieren.


Free all prisoners!

08.07.2009 Mehrere hundert Demonstranten versammelten sich am Mittwoch, 8.Juli, vor dem römischen Gefängnis, in dem derzeit zehn AktivistInnen einsitzen, um ihre Solidarität mit diesen zu bekunden. Die Gefangegen hatten sich am Tag zuvor an einer Demonstration gegen den G8 beteiligt. Diese wurde von der Polizei angegriffen, die TeilnehmerInnen von der Polizei über mehrere Kilometer verfolgt. Insgesamt wurden dabei 36 Menschen verhaftet.


Protest against Identification and Expulsion Center Rome

09.07.2009 Berlusconis Regierung hat vor einigen Tagen einen so genannten Sicherheits Akt (pacchetto sicuezza) erlassen. Dieser macht den unerlaubten Aufenthalt auf italienischem Grund zu einer Straftat und berechtigt den Staat, die so Illegalisierten über mehrere Monate unter schlimmsten Bedingungen in Abschiebelager zu stecken. Am 9.Juli gingen über 400 Menschen vor einem solchen Lager in Rom demonstrieren.


Manifestation against G8 in LAquila

10.07.2009 Mehrere Tausen Menschen folgten dem Aufruf verschiedener politischer und sozialer Verbände zur großen Abschlusskundgebung am 10. Juli, dem letzten Tag des G8-Gipfels 2009, nach LAquila zu kommen. Hier demonstrierten sie gegen den G8 im Allgemeinen und insbesondere zeigten sie mit ihrer Anwesenheit und dem Protestmarsch Solidarität mit den Bürgerinnen und Bürgern der vom Erdbeben vor drei Monaten zerstörten Stadt LAquila. Noch immer leben dort mehr als 50.000 Menschen in provisorischen Zeltcamps.