MEDIENSPIEGEL 22.7.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Fraktionszwang im Übungskeller
- Nazi 2.0: Rechtsextreme Internetpropaganda

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REITSCHULE
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Mi 22.07.09
19.00 Uhr - SousLePont - Basler Spezialitäten

Do 23.07.09
22.00 Uhr - Rössli - DJ CHRISDUB, PRINCE POLO - Deep roots dubstep

Sa 25.07.09
21.00 Uhr - Vorplatz - Madame P (I) - Live Elektronik

So 26.07.09
19.00 Uhr - Vorplatz - BBQ@Vorplatz

Infos: www.reitschule.ch


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FRAKTIONSZWANG
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Bund 22.7.09

Body und Soul im Stadtrat

Auf einem Bauernhof im Freiburgischen übt sich die Berner Stadtrats-Band Fraktionszwang in Harmonie

Noch lebt der Sound der Band Fraktionszwang vor allem vom harten Rhythmus, den FDP und SVP-Vertreter angeben. Doch die grünen Sängerinnen sorgen für den Soul.

Bernhard Ott

Kein Zweifel, die Frau hat eine fulminante Stimme: Wenn Su Elsener (gfl) loslegt wie einst Janis Joplin in "Me and Bobby McGee", ist Woodstock wieder da, in einem Übungsraum bei Düdingen im Sommer 2009. Fraktionszwang ist wohl die einzige Band in der neueren Musikgeschichte, die bereits vor ihrem ersten Auftritt von den Medien überrannt wird. Bis anhin haben die musizierenden Politiker im Musikraum eines Schulhauses in Bern West geübt. "Weil Tele-Bärn den Proberaum ausfindig machen konnte, mussten wir aufs Land ausweichen", sagt der inoffizielle Bandleader Martin Schneider (Fraktion BDP/CVP).

SVP-Glauser und die freie Liebe

Ganz so ernst hat Schneider dies wohl nicht gemeint. Denn auch Tele-Bärn und weitere Medien haben den Weg zum Übungslokal auf dem Bauernhof gefunden. Ein Zweck des von Kleinklassen-Lehrer Schneider initiierten Projekts Fraktionszwang ist es denn auch, Berührungsängste abzubauen. Bei Simon Glauser (svp) hat dies bereits Wirkung gezeigt. "Herr Glauser, ,Bobby McGee‘ ist eine Hymne auf die freie Liebe und den Rock 'n' Roll. Haben Sie als SVPler nicht Mühe damit?", fragt die Radioreporterin. "Da habe ich keine Mühe. Ich bin dabei", antwortet der einstige Fraktionschef der SVP, der in der Partei einen schwereren Stand zu haben scheint als in der Band. Seit den letzten Wahlen habe sich die Stimmung im Rat verändert, die rot-grünen Parteien seien nicht mehr so dominant. "Wir sind uns nähergekommen", sagt Glauser.

"Zuerst der Töff, dann die Musik"

"Es haben sich Freundschaften über die Parteigrenzen hinweg ergeben", sagt auch der parteilose Ex-Rocker Jimy Hofer, der in der SVP-Fraktion politisiert. Mit Leuten aus der SP wäre er sonst nie länger zusammengesessen. Politische Debatten gebe es in der Band nur vor oder nach dem Üben. "Solange wir Musik machen, ist Harmonie", sagt Hofer. Musik mache mehr Spass als Politik. "Zuerst kommt der Töff, dann die Musik, dann die Politik."

Die romantische Ader der FDP

An Sprüchen vor und nach den Sets herrscht in der Tat kein Mangel. "Dieses Lied kannst du vor der Budgetrunde nicht bringen", sagt Mario Imhof (fdp) zu Schneider, als dieser zum Fototermin den Evergreen "Kiosk" von Rumpelstilz anstimmt. Aline Trede (gb) musste gar Acht geben, dass sie nicht in Imhofs Offroader zum Bauernhof fährt. "Sonst hätte ich mir deshalb viele Sprüche anhören müssen." Trotz den Sticheleien trägt aber das musikalische Zusammenspiel bereits erste politische Früchte. Trede jedenfalls ist überzeugt, dass der Rat ihrem Vorstoss für einen "autofreien Erlebnistag" 2010 nur deshalb Dringlichkeit gewährt hatte, weil man sie nun auch auf bürgerlicher Seite kenne. "Da viele rot-grüne Ratsmitglieder den Saal bereits verlassen hatten, müssen auch Bürgerliche für meinen Vorstoss gestimmt haben", sagt Trede. Berührungsängste seien bei der Zusammenstellung des Repertoires abgebaut worden. "Die SVP wollte zuerst nur Hardcore, die FDP nur Romantik. Jetzt haben wir uns aber gefunden."

[i]

Auftritte
von Fraktionszwang: Do, 23. Juli, ca. 19.30 Uhr, Orange Cinema, Grosse Schanze. Ein weiterer Gig ist am Mattefest geplant (3. bis 5. September)

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Regionaljournal DRS Bern

Fraktionszwang - die Berner Stadtratsband (2:16)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe7v722072009.rm?start=00:01:15.699&end=00:03:31.999

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NAZI 2.0
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Süddeutsche Zeitung 22.7.09

Rechtsextreme im Netz

Von Johann Osel

Mit Propagandaseiten werben Rechtsextremisten im Internet Jugendliche an - die Behörden sind machtlos. Nationales Recht ist im globalen Netz schwer durchsetzbar.

Gleich mit drei lachenden Gesichtern versieht ein junger Mann den Beitrag im Internetforum. Es war ein unfassbar niederträchtiger Text, in dem es um Juden, KZ und Goldzähne geht. In diesem Umfeld ist derlei nicht verpönt, im Gegenteil: Ungeniert darf hier gegen Minderheiten gehetzt und Geschichte verdreht werden, ganz nebenbei können Internetnutzer Veranstaltungen organisieren, sich austauschen, Freunde oder gar Beziehungen finden.

"NS-Treff" heißt die Seite, die als rechtsextremes Pendant zum Online-Kontakt-Netzwerk Facebook bereits im Frühjahr erstmals auftauchte. Der Internetanbieter hatte dem Portal damals schnell den Saft abgedreht, da seine Geschäftsbedingungen "rassistische, volksverhetzende oder allgemein rechtswidrige Inhalte" verbieten. Nun ist der Nazi-Treff wieder ans Netz gegangen, und zwar offenbar von einem ausländischen Server aus - eine Strategie, der die Behörden oft machtlos gegenüberstehen.

"Das Internet ist für Rechtsextremisten inzwischen die Propaganda-Plattform Nummer eins", sagt Stefan Glaser, Experte der Initiative "jugendschutz.net", die im Auftrag der Bundesländer unter anderem Hass-Seiten im Internet beobachtet.

Glasers Team zählte zuletzt etwa 1600 deutschsprachige Internetseiten mit rechtsradikalem Inhalt pro Jahr - so viele wie noch nie seit Beginn der Beobachtungen vor neun Jahren. Zudem mischen sich Neonazi-Profile oder Musik zunehmend auf kommerziellen Seiten unter die Nutzerschaft. Und kaum gelöscht, tauchen solche Inhalte an anderer Stelle wieder auf. Etwa zehn Prozent davon sind laut Verfassungsschutz "strafrechtlich relevant".

Das Hauptproblem: Trotz einer "Mindestharmonisierung von Strafvorschriften" in Europa bleibt Recht national, das Internet hingegen ist global. Im Inland funktioniert die Zusammenarbeit mit Internetanbietern mittlerweile ganz gut. Aber es gibt auch viele Länder, in denen Hass-Seiten schlichtweg nicht sanktionierbar sind. Wie im Fall von NS-Treff lässt sich dann problemlos ein zweiter Anlauf von einem ausländischen Server aus starten.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries nannte dies kürzlich auf einer Fachtagung in Berlin "eine Hase-Igel-Problematik". Sie sagte: "Wenn wir es nicht schaffen, die Zivilgesellschaft in den Kampf gegen den Hass im Internet miteinzubeziehen, werden wir scheitern." Neben Mut gegen rechts generell bleibt nur die Möglichkeit, ausländische Provider auf ihre neuen Kunden hinzuweisen und sie um eine Reaktion zu bitten. Das kann laut "jugendschutz.net" funktionieren - oder auch nicht. "Gute Kooperationsansätze" seien zumindest vorhanden.

Neue Strategien sind jedenfalls gefragt: Der "Nazi 2.0" passt mit dem Bild von rechtsextremen Kahlrasierten, die polternd durch die Straßen marschieren, nicht mehr zusammen. Im Visier der Cyber-Rechten sind Jugendliche - die mit graphisch teils sehr ansprechenden Angeboten gelockt werden sollen. Die erste Version des NS-Treffs hatte schnell die 1000-Mitglieder-Marke geknackt, nun waren es binnen weniger Tage schon knapp 700 User, Tendenz steigend.

Die NPD sitzt schon mit im Boot

Aufgemacht ist die Seite wie ein herkömmliches soziales Netzwerk - mit Foren, in denen zum nationalen Widerstand aufgerufen wird ("Still und heimlich nimmt der Volkstod seinen Lauf") oder schmalzig-rassistische Heimat-Gedichte ihren Platz finden. Musiktipps wie das Album "Waffenweihe" der Gruppe Heldentum werden empfohlen. Verlinkt sind Seiten etwa der radikalen Gruppen Aktionsfront Mittelsachsen oder Aktionsgruppe Essen. Andere nutzen das Portal als Freunde- oder Partnerbörse und stellen sich in Steckbriefen vor - "Lieblingszitat: letzte Worte von Rudolf Hess", "Hobbies: Sportschießen, Demos, Kegeln, Kameraden" oder "Lieblingsbücher: lese selten" ist da etwa über Mitglieder zu erfahren.

Die tatsächliche Bedeutung für den Zusammenhalt der politisch organisierten Szene ist schlecht messbar. Doch es gibt einerseits Ratschläge nachzulesen, wie man zum Beispiel am geschicktesten eine Mahnwache organisiert. Andererseits sitzt die NPD indirekt schon mit im Boot: bei den Werbeeinblendungen.

Der Szeneversand des Schweriner NPD-Abgeordneten Birger Lüssow macht Werbung für seine Produkte sowie andere Akteure im Dunstkreis der Partei - die Spur führt unter anderem in den NPD-Kreisverband Ostvorpommern, wo die Partei in fast allen Ausschüssen des Kreistages sitzt. Die Sperrung solcher Seiten kann aber auch einen schwerwiegenden Nachteil haben: Es fehlte dann die Gelegenheit, die Szene zu beobachten.

Nicht-Nationalisten, vom Verfassungsschutz bis zur Presse, werden bei der Anmeldung für das Portal vorab mit "Hausverbot" belegt. Da die Registrierung dennoch gelingen kann, warnt einer im Forum davor, "vertrauliche Informationen bezüglich unserer Bewegung" zu verraten. Hetze zählt ganz offensichtlich nicht dazu.

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