MEDIENSPIEGEL 28.7.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Vorplatz: Drogenszene gepintot
- Rauchverbot: noch keine Bussen; Fumoir-Guide
- AJZ Solothurn: Antrag
- Kollektivhaftung für Kiffen an Demo
- Unia Tessin + Gianni Frizzo
- Scientology: Sektengegner von Polizei empfangen
- Klasse gegen Klasse: brennende Autos in Berlin
- Mühleberg-Umfrage; Anti-Atom-Fussmarsch

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REITSCHULE
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Do 30.07.09 
22.00 Uhr     Rössli - Jay Sanders (Jagged) - Cosmicdiskotek

Fr 31.07.09
21.00 Uhr - Vorplatz - The Kileaues (DE)

So 2.8.09
08.00 Uhr - Grosse Halle - Flohmarkt
19.00 Uhr - Vorplatz - BBQ@Vorplatz

Infos: www.reitschule.ch

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DROGENSZENE
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Bund 28.7.09

Die Drogenszene ist weg

Auf dem Vorplatz der Reitschule ist im Vergleich zum letzten Jahr Ruhe eingekehrt

Die Berner Drogensüchtigen haben sich weitgehend aus der öffentlichen Wahrnehmung entfernt. Eine offene Drogenszene wie im letzten Jahr gibt es nicht mehr.

Timo Kollbrunner

Auf dem Vorplatz der Reitschule, wo sich letztes Jahr eine offene Drogenszene gebildet hatte, halten sich in diesem Sommer kaum Abhängige auf. Mittels repressiver Mittel scheint es dieses Jahr gelungen zu sein, die Entstehung einer Szene gar nicht erst zuzulassen. Momentan besteht auch an keinem anderen Ort die Gefahr, dass sich eine dauerhafte Szene bildet. Dies brachte ein "Bund"-Reporter in Erfahrung, der das Team Pinto einen Abend lang begleitete. Pinto ist ein Projekt der Stadt Bern, mit dem das Zusammenleben von sozialen Gruppen im öffentlichen Raum gefördert werden soll. Sowohl Ines Bürge, die Leiterin der Kontakt- und Anlaufstelle, wie auch der Pinto-Leiter Silvio Flückiger gehen davon aus, dass vermehrt in privaten Räumen konsumiert wird. Nicht einig sind sich die beteiligten Akteure in der Frage, wie viel die längeren Öffnungszeiten der Anlaufstelle zu einer Entspannung der Lage im öffentlichen Raum beigetragen haben.

"Auf akzeptablem Niveau stabil"

Eine Szenebildung im Sinne von mehreren Drogenabhängigen, die sich während längerer Zeit am selben Ort aufhielten, gebe es zurzeit nicht, sagt Regula Müller, Drogenkoordinatorin der Stadt. Sie weist darauf hin, dass der Konsum von harten Drogen in der Öffentlichkeit mit vernünftigen Mitteln nicht vollständig verhindert werden könne. Grundsätzlich sei die Situation momentan aber "auf einem akzeptablen Niveau stabil".

Die Entstehung einer offenen Drogenszene beim Blutturm hatte kürzlich FDP-Stadtrat Philippe Müller beklagt. Dabei scheint es sich um eine kurzfristige Ansammlung von Abhängigen gehandelt zu haben. Bürge erklärt dies mit temporären Einlassbeschränkungen aufgrund der längeren Öffnungszeiten der Anlaufstelle. Bereits nach drei Tagen habe man mit Anpassungen reagiert, seither hielten sich nur noch vereinzelt Süchtige beim Blutturm und am Aarebord auf.

Seite 17

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Keine offene Drogenszene mehr in Bern

Die Drogenabhängigen in der Stadt Bern haben sich - mehr oder weniger - aus dem öffentlichen Blickfeld entfernt

Letztes Jahr erhitzte die Drogenszene auf dem Vorplatz der Reitschule die Gemüter. In diesem Sommer sind dort kaum Abhängige zu sehen. Doch wo sind sie nun? Ein Abend auf Tour mit Pinto.

Timo Kollbrunner

An diesem lauen Sommerabend kurz vor neun ist es ruhig auf dem Vorplatz der Reitschule. Bis zu hundert Drogenabhängige hielten sich Ende des vergangenen Sommers hier auf - unter der Eisenbahnbrücke wurde gedealt und gefixt. Nun trinken drei Männer Bier an der Rösslibar, die nicht zuletzt zur Belebung des Vorplatzes aufgebaut wurde. Unter der Brücke, dort, wo sich letzten Sommer eine offene Drogenszene zu bilden drohte, ist niemand. Oder doch?

Unterschiedliche Reaktionen

Tatsächlich: Hinten bei den Steinen sitzen zwei Männer. Silvio Flückiger, Leiter von Pinto (siehe Box), und sein Mitarbeiter gehen auf die beiden zu. Sie stehen auf, als sie die Pinto-Männer in den bordeauxroten Gilets kommen sehen. Einer der beiden nimmt noch schnell einen Zug von seiner Crack-Pfeife und macht sich dann davon. Der andere möchte mit Flückiger sprechen. Er habe einen Arbeitsunfall gehabt, erzählt er, und nun werde er zwischen der IV und der Suva hin und her geschoben. "Hier, schau!", sagts, hebt sein Hemd an und zeigt dem Pinto-Leiter eine breite Narbe über dem Steissbein. Flückiger fragt nach, versucht sich ein Bild von der Lage zu machen. Er solle mal im Büro vorbeikommen, schlägt er ihm vor. Später erzählt Flückiger, genau dieser Mann habe ihm vor wenigen Tagen "die Nase brechen" wollen. Der Umgang mit Drogensüchtigen habe seine Eigenheiten. Manche seien häufig kooperativ, aber ziemlich aggressiv, wenn sie "auf dem Aff sind", also starke Entzugserscheinungen haben. Besonders dann würde die Präsenz von Pinto als störend empfunden.

Keine Szene beim Blutturm

Etwas später, um neun, beim Blutturm unter der Lorrainebrücke: Stadtrat Philippe Müller (fdp) wollte kürzlich mittels einer dringlichen Interpellation vom Gemeinderat wissen, was dieser gegen die "offene Drogenszene" beim Blutturm unternehmen wolle. Heute Abend ist weder auf der Treppe zum Turm hinunter noch rund um den Blutturm ein Abhängiger zu sehen. Eine Spritze wird eingesammelt, andere Spuren gibt es nicht, die auf Drogenkonsum hindeuten würden. "Es halten sich immer wieder einzelne Drogenabhängige auf der Treppe und auch beim Turm auf", bestätigt Flückiger. Gerade wenn die Wartezeiten in der Anlaufstelle lang seien, begäben sich Abhängige manchmal an diese Orte, weil sie es nicht mehr aushielten, auf den nächsten "Schuss" zu warten. Von einer offenen Drogenszene könne allerdings nicht die Rede sein. Die weiteren Orte, wo sich erfahrungsgemäss manchmal Drogenabhängige aufhalten, sind heute menschenleer. An einigen Stellen finden die Pinto-Leute Alufolie, bei einem Altstadtbrunnen packen sie eine Nadel ein. In der Aarbergergasse treffen sie auf zwei Männer, die wohl auf der Suche nach Drogen sind. Die beiden sind auf Fahrrädern unterwegs. Das sei günstig, erklärt Flückiger. Menschen, die in Bewegung seien, kämen besser aneinander vorbei. Was Passanten und Anwohner wirklich störe, sei, wenn sich "Randständige" über längere Zeit in Gruppen am gleichen Ort aufhielten.

Rückzug in Privaträume

Flückiger geht davon aus, dass sich Abhängige vermehrt in Privaträume zurückgezogen haben. "Ein Drogensüchtiger will in erster Linie Ruhe", sagt er. Für die Süchtigen sei es besser, dass es nicht mehr eine so konzentrierte Szene wie vor einem Jahr gebe: "Dadurch ist die Erhältlichkeit von Stoff eingeschränkt."

 Auch auf dem "Drogenstrich" an der Schwanengasse sei heute "nicht der Bär los", bemerkt Flückiger. Eine Drogenabhängige bietet ihre Dienste an. Neben ihr steht eine professionelle Prostituierte am Strassenrand. Das Geschäft im Salon läuft wohl schlecht. Einige Männer beobachten das Geschehen, angelehnt an eine Hausmauer. "Die sind immer da", erklärt Flückiger. Sie verstünden sich als eine Art Beschützer der Frauen und hätten ihr soziales Umfeld hier an der Schwanengasse.

Kurz vor elf ist die Tour beendet. Die beiden Pinto-Männer führen noch das tägliche Journal nach, in ihrem Büro an der Hodlerstrasse. Zu schreiben haben sie nicht viel heute.

Situation hat sich entschärft

Repräsentativ sind diese Beobachtungen nicht. Auf der Gasse ist kein Tag wie der andere. "So ruhig wie heute ist es lange nicht immer", sagt auch Flückiger. Was dennoch guten Gewissens festgestellt werden kann: Eine konstante, offene Szene, wie es sie letztes Jahr auf dem Vorplatz der Reitschule gab, hat sich dieses Jahr nicht gebildet - zumindest bisher. Weder bei der Reitschule noch beim Blutturm noch anderswo.

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Pinto - ein vielfältiges Aufgabengebiet

Pinto ist ein Projekt der Direktion für Bildung, Soziales und Sport der Stadt Bern. Der Name setzt sich zusammen aus den Begriffen Prävention, Intervention und Toleranz. Die Organisation versucht, das Zusammenleben von unterschiedlichen sozialen Gruppen im öffentlichen Raum zu fördern. "Häufig werden wir auf unsere ordnungsdienstlichen Aufgaben reduziert", sagt Flückiger. Das Aufgabengebiet sei jedoch vielfältig. So müsse etwa zwischen lärmenden Jugendlichen und Anwohnern vermittelt werden. Oder die Mitarbeiter suchten den Dialog, zum Beispiel mit den Alkoholikern, die sich auf der kleinen Schanze treffen.

Die Prioritäten müssen kurzfristig gesetzt werden. Im Büro hängt beispielsweise ein Zettel, ein Frauenname steht darauf geschrieben. Es ist der einer Achtzehnjährigen, die vor Kurzem begonnen hat, intravenös Drogen zu konsumieren. "Wenn wir die sehen, hat sie Vorrang", erklärt Flückiger. Bei Konsumenten, die kürzlich mit dem Konsum harter Drogen begonnen hätten, sei es meist noch eher möglich, entgegenzuwirken. Etwas vom Schwierigsten überhaupt an seiner Arbeit sei jedoch, dabei zuzusehen, wie ein junger Mensch mit harten Drogen beginnt "und man einfach nicht an ihn rankommt. Diese Machtlosigkeit ist manchmal schwer zu ertragen."

Ein heterogenes Team

Mit der Polizei pflege Pinto einen guten Austausch, erklärt der Leiter. Einerseits werde die Situation im öffentlichen Raum gemeinsam analysiert, andererseits ruft Pinto die Polizei an, wenn sich ein Konsument ihren Aufforderungen widersetzt. Denn Pinto arbeite ausschliesslich mit Kommunikation. "Alleine dadurch, Stellung zu beziehen, ist vieles möglich", erklärt Flückiger.

Für Pinto arbeiten Menschen mit ganz unterschiedlichem beruflichem Hintergrund: Sozialarbeiter, Personen mit Berufserfahrung im Gesundheits- oder Asylwesen, ein ehemaliger Pfarrer, aber auch Quereinsteiger. So vielfältig wie das Leben auf der Gasse solle auch sein Team sein, sagt Flückiger: "Es ist wichtig, dass wir ein differenziertes Bild bewahren und nicht in eine bestimmte Richtung denken." (tik)

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Beteiligte zur Situation in der Drogenszene

Unterschiedliche Erklärungen

Die Situation auf dem Vorplatz der Reitschule ist mit jener im letzten Sommer nicht vergleichbar. Warum, darüber sind sich die beteiligten Akteure nicht einig.

Wieso gibt es diesen Sommer auf dem Vorplatz keine Szene?

Die Situation im letzten Sommer auf dem Vorplatz der Reitschule sei "untolerierbar" gewesen, sagt Pinto-Leiter Silvio Flückiger. Dieses Jahr sei es Polizei, Securitas und Pinto mit repressiven Mitteln gelungen, die Bildung einer Szene gar nicht erst zuzulassen. "Die Polizei hat ein Schwergewicht auf den Vorplatz gelegt", bestätigt Franz Märki, Mediensprecher der Kantonspolizei Bern: "Es ist unser Auftrag, Szenenbildungen zu verhindern."

Ines Bürge, Leiterin der Kontakt- und Anlaufstelle Bern, weist darauf hin, sie hätten die Betroffenen in der Anlaufstelle auf die "Problematik Reitschule und Öffentlichkeit" angesprochen. "Die meisten Abhängigen sahen dies ein und veränderten möglicherweise ihr Verhalten, indem sie sich nicht mehr dort aufhalten."

Die Mediengruppe der Reitschule schreibt auf Anfrage, die Szene auf dem Vorplatz sei durch das repressive Verhalten der Polizei letzten Herbst "temporär zerschlagen bzw. verschoben" worden. Ausserdem habe sicher auch die Belebung des Vorplatzes mit einer Bar, Konzerten und Spielen durch die Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule Bern (Ikur) einen Beitrag zur Beruhigung der Lage geleistet. Die Reithalle-Betreiber vertreten die Meinung, dass die Szene auf dem Vorplatz letzten Sommer nur so gross werden konnte, "weil sie sonst überall vertrieben wurde". Sie gehen zudem davon aus, dass die Polizei in der Stadt nun endlich den "Ameisenhandel" dulde, den Handel mit kleinen Mengen harter Drogen also. "Das stimmt überhaupt nicht", entgegnet Märki. An der Praxis der Polizei habe sich nichts geändert. Verstösse gegen das Gesetz würden genau gleich geahndet wie bisher.

Die Anlaufstelle ist länger geöffnet. Was nützt das?

 Flückiger von Pinto ist der Meinung, die längeren Öffnungszeiten der Anlaufstelle hätten zu einer Entschärfung der Lage im öffentlichen Raum beigetragen. "Die Anpassung hat dazu beigetragen, dass sich die Situation relativ entspannt hat", findet auch Ines Bürge. Nicht geteilt wird diese Ansicht von der Mediengruppe der Reitschule: "Die Verlängerung der Öffnungszeiten von 45 Minuten täglich bringt wenig , und eine zweite Anlaufstelle ist nach wie vor unumgänglich."

Besteht die Gefahr einer offenenDrogenszene beim Blutturm?

FDP-Stadtrat Müller hatte kürlich beklagt, beim Blutturm habe sich eine offene Drogenszene gebildet. Ines Bürge bestätigt, dass die Probleme in der näheren Umgebung der Anlaufstelle in den ersten Juni-Tagen "massiv und sichtbar" gewesen seien. Sie erklärt dies so: "Da die Verlängerung der Öffnungszeiten in kostenneutralem Rahmen zu erfolgen hatte, stand tagsüber zeitweise weniger Personal zur Verfügung. Deshalb konnten nicht mehr durchgehend wie bis anhin 120 Abhängige eingelassen werden. Jene, die warten mussten, wichen insbesondere auf die Blutturmtreppe und an das Aarebord aus." Während dreier Tage sei es dort zu Szenenbildungen gekommen. Deshalb sei eine erneute Anpassung veranlasst worden, die am 4.Juni in Kraft trat (um eine Viertelstunde kürzere Öffnungszeiten und zeitweise Erhöhung der Einlasszahl). Darauf habe sich die Situation beruhigt. Wenn es in der Anlaufstelle längere Wartezeiten gebe, wichen auch jetzt Abhängige auf die Treppe aus. Auch seien dort zeitweise Personen anzutreffen, die in der Anlaufstelle nicht eingelassen werden (Ausserkantonale, Personen aus Thun/Oberland, Personen mit Hausverbot). "Die Ansammlungen sind jedoch nicht vergleichbar mit der Szenebildung letztes Jahr auf dem Vorplatz", so Bürge.

Wo sind die Abhängigen jetzt?

In der Innenstadt und in der unteren Altstadt sind immer wieder Drogensüchtige, meist in kleinen Gruppen, anzutreffen. Flückiger von Pinto vermutet auch, dass sich Abhängige vermehrt in Privaträumen aufhielten. Das glaubt auch Ines Bürge. Sie ist dabei nicht sicher, "ob in den Räumen, in denen sich teilweise mehrere Abhängige aufhalten, die Safer-Use-Regeln eingehalten werden". Die Reitschule-Betreiber schreiben: "In der Aarbergergasse, beim Blutturm, an der Hodlerstrasse oder auf der grossen Schanze findet ein reger Kleinhandel statt." Ausserdem werde am Wochenende unter der Eisenbahnbrücke auf der Neubrückstrasse mit harten Drogen gedealt. "Eine Szenebildung im Sinne von mehreren bis vielen Drogenabhängigen, die sich während längerer Zeit am selben Ort aufhalten, konsumieren und dealen, gibt es zurzeit nicht", sagt Regula Müller, Drogenkoordinatorin der Stadt. Natürlich hielten sich drogenabhängige Menschen, wie andere auch, im öffentlichen Raum auf. Der Konsum von harten Drogen in der Öffentlichkeit könne mit vernünftigen Mitteln nicht vollständig verhindert werden. Grundsätzlich sei die Situation allerdings momentan "auf einem akzeptablen Niveau stabil".(tik)

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RAUCHVERBOT
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Bund 28.7.09

Gäste rauchen vorerst noch draussen

Einen Monat nach Einführung des Rauchverbots im Kanton Bern: erst wenige Reklamationen und noch keine Bussen

Dank dem sommerlichen Wetter bereitet das Rauchverbot in öffentlich zugänglichen Gebäuden im Kanton Bern einen Monat nach seiner Einführung kaum Probleme. Bussen gab es bisher keine. Unzufrieden sind lediglich einige Wirte, die für den Herbst Umsatzeinbussen befürchten.

Während des Sommers könnten die Gäste zum Rauchen ins Freie gehen, sagt Gastro-Bern-Präsident Casimir Platzer. Probleme erwarte der bernische Hotelier- und Wirteverband für die Herbst- und Wintermonate. Zurzeit warteten viele Wirte auf einen Entscheid des Bundesgerichts. Die Beschwerde seines Verbands gegen gewisse Aspekte der Verordnung zum Rauchverbot ist immer noch hängig.

Platzer stört sich etwa daran, dass er die Zapfeinrichtung nicht verwenden darf, die im Fumoir seines Betriebs eingebaut ist. Um die Verordnung einzuhalten, musste er eine mobile Zapfanlage sowie den Kühlschrank in den Gang vor das Fumoir stellen. Gemäss dem Gesetz ist die Bedienung in Fumoirs erlaubt, nicht aber der offene Ausschank von Getränken.

Die Wirte kritisieren zudem, dass das Rauchverbot nicht überall gleich streng gehandhabt werde. Bei Wald- und Wiesenfesten oder Festivals sei die Kontrolle in den Festzelten weniger streng als in traditionellen Gastronomiebetrieben. Urs Mäder von der Regionalsektion Emmental von Gastro Bern zeigt sich zudem darüber erstaunt, dass das Rauchverbot in gewissen Kantinen der kantonalen Verwaltung offenbar nicht gelte.

Derzeit liegen dem Kanton Bern etwas über 230 Baugesuche für Fumoirs vor. Würden diese bewilligt, hätten im Kanton vier Prozent der Betriebe mit einer Gastgewerbebewilligung ein Fumoir. Bewilligungsbehörden sind die bernischen Regierungsstatthalter. Ihr Vorsitzender, Markus Grossenbacher, spricht nach einem Monat mit dem Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen von einer ruhigen Situation. Bei der Kantonspolizei sind bisher nur vereinzelt Reklamationen eingegangen, wie Sprecher Franz Märki sagt. Die Polizei könnte rauchende Gäste mit einer Busse von 40 Franken bestrafen und die Wirte anzeigen. Sie beschränkt sich jedoch im Moment auf Ermahnungen. (sda)

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BZ 28.7.09

Fumoirs in Restaurants

Restaurant-Lotse für Raucher

Seit einem Monat sind Berner Restaurants grundsätzlich rauchfrei. Der Online-Raucherguide des Berner Jungunternehmers Matthias Gutknecht zeigt, wo in Fumoirs trotzdem drinnen eine Zigarette angezündet werden darf.

Samstagabend in der Berner Innenstadt. Das Wetter ist mild, und die Leute ziehts auf die Strasse. Die Stühle der Strassencafés sind gut besetzt, und es wird getrunken, gegessen und geraucht. Seit dem ersten Juli gilt in Bern das neue Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen. Die Auswirkungen sind gut sichtbar. Kleine Gruppen von Rauchern stehen vor Bars und Restaurants zusammen und frönen ihrem Laster, dem Rauchen von Glimmstängeln. Drinnen herrscht reger Durchgangsverkehr zum Ein- und Ausgang. Denn nur einige Gastrobetriebe haben Raucherzonen, die sogenannten Fumoirs, eingerichtet.

Gefragte Information

Wo darf noch geraucht werden? Ist der Raucherbereich klimatisiert? Wie viele Raucherplätze gibt es? Diese und weitere Fragen rund um den blauen Dunst soll in Zukunft der Raucherguide beantworten. Online kann sich auf Raucherguide.ch jeder Raucher ein Bild machen, in welchen Lokalen Rauchen möglich ist. Die Idee zu einem Restaurantführer für Raucher hatte der Berner Jungunternehmer Matthias Gutknecht. "In der Bevölkerung hat ein Umdenken stattgefunden: Wenn man sich früher bei einem Restaurant- oder Barbesuch nach Nichtraucherbereiche hat erkundigen müssen, so ist dies heute umgekehrt", meint der Geschäftsführer der Firma gutknecht-informatik.com GmbH.

Nun herrsche offensichtlich eine Nachfrage nach mehr Information, wo noch geraucht werden dürfe. Diese Plattform biete der Raucherguide. Auf der Homepage können Wirte ihr Lokal als raucherfreundlich kennzeichnen. Für einen Betrag von 75 Franken im Jahr, die ersten 30 Tage sind gratis, wird man ins Verzeichnis aufgenommen. Mit iphone kann in Zukunft die Liste auch mobil abgerufen werden. Ebenfalls geplant ist laut Gutknecht ein Aufkleber. Der sogenannte "smoking point" sei das Pendant zum früheren Nichtraucher-Aufkleber. So sei für jeden flanierenden Gast sofort ersichtlich, ob in einem Lokal geraucht werden darf. Dies schaffe für alle Gäste Transparenz.

Ebenfalls Transparenz schaffen will der 29-Jährige in Punkto Gesetzeslage. Deshalb gibts das neue Nichtraucher-Gesetz auf der Homepage zum Nachprüfen.

Keine Tabakwerbung

"Wir wollen niemand zum Rauchen animieren, unser Angebot richtet sich an bereits rauchende Erwachsene", beschwichtigt Gutknecht. Auch von der Tabaklobby erhalte seine Firma kein Geld. Der Raucherguide solle kostendeckend sein, das reiche. Wie zur Bestätigung prangt auf der Homepage vom Raucherguide ein Werbebanner: Mit dem Slogan "Raucherentwöhnung mittels Mentaltraining und Hypnose" wirbt ein Therapiecenter. Falls die Werbung hält, was sie verspricht, wird der Raucherguide sowieso überflüssig.

Tobias Marti

http://www.raucherguide.ch

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AJZ SOLOTHURN
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Solothurner Tagblatt 28.7.09

Antrag für ein AJZ

Die Gruppe "Autonome Freiraumbewegung" möchte in der ehemaligen Drogenanlaufstelle an der Dornacherstrasse ein alternatives Jugendzentrum (AJZ) betreiben. Wie die Gruppe in einer Mitteilung schreibt, habe sie bereits im Januar einen entsprechenden Antrag gestellt und diesen nun direkt an alle Repla-Mitglieder gemailt.

Rah

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DEMO-RECHT ZH
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Tagesanzeiger 28.7.09

Busse wegen Hanf und Musik an Demo

Weil die Teilnehmer einer Hanf-Demo gekifft haben, muss Veranstalter und Reggae-Sänger Elijah 580 Franken Busse zahlen.

Die Demonstration "Ja zur Hanfinitiative" vom vergangenen November hat ein juristisches Nachspiel. Der Organisator der Demo, Elia Salomon, der unter dem Namen Elijah als Reggae-Sänger auftritt, hat vom Stadtrichteramt eine Busse in der Gesamthöhe von 580 Franken aufgebrummt bekommen. Grund dafür ist, dass an der Demo entgegen der Auflagen der Polizei gekifft wurde und dass die politischen Reden in musikalischer Form vorgetragen worden sind.

Elijah erhebt Einsprache

Elijah reagierte empört auf die Bussenverfügung. Er habe dagegen bereits Einsprache erhoben und der Stadt Zürich in seinem Schreiben mehr Menschenverstand und Liebe zur Kultur angeraten, sagte er auf Anfrage. Schon vor der Demo habe er den Stadtbehörden erklärt, dass es sich bei den Veranstaltern um Musiker handle und diese ihre Botschaften in Form von Reggae übermitteln müssten. Auch glaubt Elijah nicht, dass sich jemand durch die Musik auf der Strasse gestört gefühlt habe. Die von der Polizei zugestandene Route habe nämlich "durch die abgestelltesten Strassen von ganz Zürich geführt."

Völlig unverständlich findet Elijah den Vorwurf, er habe zugelassen, dass an der Demo Drogen konsumiert worden seien. "Ich habe ins Mikrofon gesagt, die Polizei wolle nicht, dass während der Demo gekifft wird. Aber ich konnte die Leute ja nicht selber filzen. Es war unvermeidbar dass an einer Hanf-Demo gekifft wird", rechtfertigt er sich.

Elijah sieht die Meinungsäusserungsfreiheit gefährdet, wenn Demonstrationen nur mit Auflagen bewilligt werden, die man nicht einhalten könne. Michael Wirz, Sprecher der Stadtpolizei, hält dem entgegen, am Besammlungsort auf dem Helvetiaplatz sei während einer halben Stunde Musik erlaubt gewesen, nicht aber auf der Demoroute. "Indem auch unterwegs Musiker auftraten, wurde gegen die Bewilligungsauflagen verstossen, Punkt." (stes)

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UNIA TESSIN
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Bund 27.7.09

Gianni Frizzo - der Fall einer Ikone

Der SBB-Cargo-Streikführer aus dem Tessin wurde schweizweit bekannt - jetzt ist er Opfer in einem Streit innerhalb der Linken geworden

Gianni Frizzo war erfolgreicher SBB-Cargo-Streikführer. Jungen Tessinern galt er als Che Guevara der Südschweiz. Doch vor Kurzem wurde er aus dem Vorstand der Gewerkschaft Unia abgewählt. Im Tessin gehen die Wogen hoch.

Gerhard Lob, Locarno

Mit seinen bunt karierten Flanellhemden und seinem grauen Bart stieg Gianni Frizzo zum Helden auf. Als Streikführer im Arbeitskonflikt um die SBB-Werkstätten von Bellinzona vor einem guten Jahr heizte er seinen Kollegen vom Podium mit dem Sprechchor "Giù le mani dalle officine!" (Hände weg von den Werkstätten!) ein, bei Demonstrationen in Bellinzona und Bern gab er den Ton an. Er verhandelte mit Bundesrat Moritz Leuenberger, der SBB-Leitung und sass später mit Franz Steinegger am runden Tisch. Bei jungen Tessinern erreichte er Kultstatus - sozusagen als Che Guevara der Südschweiz. In den Medien war Frizzo omnipräsent.

Abgewählt an der Versammlung

Doch jetzt hat der Glanz Risse bekommen. Ausgerechnet seine Genossen in der kämpferischen Gewerkschaft Unia, die den Streik massgeblich mitorganisiert hatte, haben den 53-jährigen Frizzo aufs Abstellgleis gestellt. Er wurde als Präsident der Unia-Sektion Bellinzona und Misox bei der Jahresversammlung abgewählt - zusammen mit vier weiteren Mitgliedern des ehemaligen SBB-Cargo-Streikkomitees. Frizzo erhielt nur 43 Stimmen, mindestens 98 wären zur Wahl notwendig gewesen.

Seither gehen die Wogen hoch. Die abgewählten SBB-Arbeiter sprechen von Wahlmanipulation und undemokratischer Beeinflussung der Mitglieder. 10 Fragen hat man der Unia-Leitung gestellt, die bisher nicht beantwortet wurden. Linke SP-Vertreter, Grüne und SBB-Arbeiterfrauen protestierten. Eine externe Kommission untersucht die Vorfälle, während die Unia versuchte, Frizzo eine Hintertür zu öffnen. Durch den Rücktritt eines neu gewählten Vorstandsmitglieds wollte man einen Platz zum Nachrücken frei machen. "Gianni Frizzo ist in der Unia willkommen", titelte die Gewerkschaft eine Medienmitteilung. Der gedemütigte Frizzo lehnte ab.

Zu stark auf SBB fixiert

Die Fragen um das Wahlprozedere lenken indes von den eigentlichen Problemen ab. In Wahrheit geht es darum, dass Frizzo & Co. vorgeworfen wurde, sich einzig um die Officine zu kümmern. Wichtige Sektoren wie die Baubranche oder der Detailhandel fühlten sich von ihm nicht vertreten. Auch Neid, der vor einem Jahr während des Streiks und im Zeichen der Solidarität unter dem Deckel blieb, machte sich breit. Denn Arbeiter aus der Privatwirtschaft halten SBB-Angestellte eigentlich für Privilegierte.

Streit unter den Linken

Dazu kommt ein politischer Konflikt. Die ehemaligen Streikführer stehen alle der linken Bewegung für Sozialismus (BFS) nahe. Das missfällt der sozialdemokratisch dominierten Gewerkschaft. Die ewige Auseinandersetzung zwischen gemässigten und radikalen Kräften in der Linken flammt auf. Für den Tessiner Alt-Nationalrat Franco Cavalli (SP) ist der Konflikt um die Abwahl von Gianni Frizzo daher weit mehr als eine gewerkschaftsinterne Streitigkeit: "Auch innerhalb der SP scheint die Stimmung zu kippen. Es gibt eine Auseinandersetzung zwischen rechten und linken Sozialdemokraten", sagte er der "Wochenzeitung". Cavalli hat selber nie einen Hehl daraus gemacht, dass er die offizielle SP-Politik für "verschlafen" hält. Und Frizzo? Verschiedene linke Tessiner Politiker verlangten in einem offenen Brief an die Unia, dass die Wahl des Unia-Vorstands wiederholt werde. Affaire à suivre.

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SCIENTOLOGY
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Tagesanzeiger 27.7.09

Scientology-Kritiker von Polizei empfangen

Sektengegner der Bewegung Anonymous demonstrierten vor dem Scientology-Zentrum in Albisrieden. Scientologen und Polizei waren aber schneller.

Von Hugo Stamm

Zürich. - Die von Scientologen organisierte Bürgerkommission für Menschenrechte (CCHR) besass für den vergangenen Samstag die Bewilligung, einen Informationsstand vor der Pestalozzi-Wiese zu betreiben. Scientologen haben darin Erfahrung, man trifft sie doch über zwei Dutzend Mal pro Jahr an der Bahnhofstrasse oder an andern Orten der Stadt.

Für die Aktivisten von Anonymous (siehe Kasten) ist dies ein Affront. Die Sektenkritiker verstehen nicht, dass Scientologen auf öffentlichem Grund werben dürfen. Deshalb wollten sie am Samstag die Passanten mit Transparenten und Flugblättern warnen und sie darauf aufmerksam machen, dass hinter CCHR Scientologen stecken.

Die Überraschung der Anonymous-Aktivisten war aber gross, als sie auf der Bahnhofstrasse eintrafen. Der übliche Infostand mit der Aufschrift "Psychiatrie zerstört Leben" von CCHR war nirgends zu sehen. Hatten die Scientologen die Kundgebung geahnt und deshalb den Stand nicht aufgestellt, fragten sich die Demonstranten.

Nach kurzer Beratung entschloss sich die kleine Anonymous-Gruppe, den Protest vor das Scientology-Zentrum in Albisrieden zu verlegen. Als sie dort in die Freilagerstrasse einbogen, wurden sie zu ihrer Überraschung von Polizisten und einem hochrangigen Scientologen empfangen. Die Vermutung der Anonymous-Leute schien sich zu bestätigen, dass sie an der Bahnhofstrasse beobachtet und danach überwacht worden waren.

Die Polizisten verlangten die Ausweise der Demonstranten und gaben die Daten per Funk an die Zentrale weiter. "Wir kennen das Prozedere von Demos aus andern Städten", sagte eine Aktivistin, zückte ein Papier und gab es einer Polizistin. Es war die Bewilligung der Polizei, die es den Anonymous-Aktivisten erlaubte, mit Masken zu demonstrieren.

Als die Polizisten abzogen, ohne Sanktionen zu ergreifen, verstand der Scientologe die Welt nicht mehr. "Sie nehmen uns ernst und fürchten uns", stellte ein Aktivist zufrieden fest und verschwand.

Anonymous bleibt am Scientologen Tom Cruise dran

In vielen Ländern formiert sich Widerstand gegen Scientology. Dieses Ungemach haben sich die Scientologen selbst eingebrockt. Es begann mit einem Video, das den berühmten Muster-Scientologen Tom Cruise während einer Sektenveranstaltung zeigt. Der Schauspieler preist darin Scientology in den höchsten Tönen. In der Pose eines Führers trägt Cruise theatralisch Aussagen vor, die Sektengründer Hubbard immer wieder vorgebetet hatte.

Das Video landete auf Umwegen auf der Internet-Plattform Youtube und wurde zum Renner. Die plakative und entlarvende Werbeleier von Cruise wirkte auf Uneingeweihte peinlich. Deshalb zwang Scientology Youtube auf dem Rechtsweg, die Cruise-Beichte aus dem Internet zu entfernen.

Das war kein schlauer Schachzug. Im Netz brach ein Sturm der Entrüstunglos. Anonymous, eine weltweite lose Internet-Interessengemeinschaft, kämpfte gegen die Bevormundung und integrierte das verbotene Cruise-Video immer wieder in Youtube, wo es heute noch zu sehen ist.

Gleichzeitig befassten sich die Anonymous-Aktivisten näher mit Scientology. Ihre Erkenntnisse bestürzten viele. Sie entschlossen sich, auch ausserhalb des Internets gegen Scientology zu kämpfen. Um sich vor Repressionen zu schützen, treten sie anonym auf und tragen Masken. (sta.)

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KLASSE GEGEN KLASSE
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NZZ 27.7.09

Künstliche Aufregung oder Eskalation linksautonomer Gewalt?

Brennende Autos in Berlin lassen alte Diskussionen aufflammen und neue Frontlinien entstehen

Von Ulrich Schmid

 In Berlin werden nachts immer häufiger Autos in Brand gesetzt. Polizei, Politiker und Medien vermuten die Täter im linksautonomen Milieu. Hier gibt man sich aber ratlos bis abwehrend, ja abwiegelnd. Viele Linke sehen das Problem in einer gezielt alarmistischen Berichterstattung.

 Zunächst die Fakten. Seit Monaten werden in Berlin - in geringerem Ausmass auch in anderen deutschen Grossstädten - Autos angezündet. Die Polizei erteilt ausgesprochen freundlich und ausführlich Auskunft: 2007 kam es zu 113 Brandanschlägen, im letzten Jahr zu 73. Der Trend für dieses Jahr ist klar: Bis zum 7. Juli zählte man bereits 85 Anschläge. Der Berliner Senat hat bekanntgegeben, dass im Bundesland seit 2005 mehr als 1000 Autos brannten. Der einzige Politiker, der bisher ins Visier der Täter kam, war Robbin Juhnke, ein christlichdemokratisches Mitglied des Abgeordnetenhauses. Vor seinem Haus wurden zwei Fahrzeuge Unbeteiligter angezündet; die am Tatort gefundene Selbstbezichtigung stellte den Anschlag laut der Polizei aber in einen "Themenzusammenhang" mit dem Abgeordneten Juhnke. Festnahmen gab es in diesem Jahr bisher 10; daraus resultierten 4 Haftbefehle. Alle anderen Festgenommenen wurden auf Verfügung der Staatsanwaltschaft oder des Haftrichters wieder entlassen. In allen Fällen dauern die Ermittlungen des zuständigen Kommissariats an.

 Opfer in allen Schichten

 Für die meisten Politiker und Medien ist klar, dass die Täter aus dem linksautonomen Milieu kommen. Die Polizei hält sich, was diese Frage betrifft, an die ihr vorliegenden Selbstbezichtigungsschreiben, aus denen hervorgeht, dass die Täter "Nobelkarossen" nicht mögen oder es generell erfreulich finden, "Reiche" zu schädigen. "Angegriffen" wurden laut der Polizei aber auch Fahrzeuge, die von den Tätern in einer Strasse offenbar als die hochwertigsten angesehen wurden, "ohne es tatsächlich zu sein". Ein kleiner Giftpfeil soliden polizeilichen Fachverstands auf die im Korps verhassten Chaoten? Andere Taten richteten sich nicht primär gegen die Autos, sondern gegen deren Halter: gegen Rechtsextreme, Wirtschaftsführer oder Mitglieder von Polizei und Ordnungsämtern. Einige Anschläge erscheinen unter jeder Prämisse grotesk. Vor einigen Tagen etwa brannten in Lichtenberg 10 Lieferwagen, mit denen Essen für Kindertagesstätten (Kitas) ausgefahren wurde. Laut dem Bekennerschreiben versorgte der "Globalplayer", zu dem die Firma gehört, auch Gefängnisse.

 Sind die Täter wirklich Linksautonome oder Linksradikale? Aufmerksame Beobachter bejahen die Frage fast durchwegs, die Bürgerlichen emphatisch und mit einem guten Schuss Entrüstung, Linke meist zögerlich, grollend und mit der Anmerkung, diese Leute seien ja wohl keine wirklichen Linken, sondern einfach "Durchgeknallte". Ein Augenschein in der Szene hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. An der Liebigstrasse 34 in Friedrichshain, wo die Antifa ein Büro unterhält, ist um 11 Uhr 45 alles still. AJZ-Nostalgie steigt hoch: In der Mittagssonne döst ein antifaschistischer Hund, auf dem Sims steht dreckiges Geschirr, die Wände sind interessant und farbig. Ton, Steine, Scherben.

 René, ein vorbeischlendernder Sympathisant, überzeugt uns, vor 2 Uhr sei hier ganz sicher niemand zu erwarten, man habe gefestet. Dafür ist er auskunftsfreudig. Für ihn sind die brennenden Autos das Werk von Rechtsextremisten mit dem Ziel, die Linke "generell kaputtzumachen". René findet zwar Gewalt gegen Sachen grundsätzlich in Ordnung; ziemlich stolz und ungefragt gibt er zu, sie am 1. Mai jeweils auch anzuwenden. Aber in diesem Falle sind's keine Linken, da ist er sicher. Indizien für seine Theorie hat er keine.

 Der radikale Chic der Grünen

 René ist isoliert, selbst in der Szene. Die meisten Berliner Linken vermuten die Täter durchaus in ihrem autonomen Milieu. Das Entscheidende in diesen Kreisen ist aber nicht die Täterschaft, sondern die Frage, wie man ihre Aktionen bewertet. Und da dominiert die Sympathie. Mach kaputt, was dich kaputtmacht - in der Berliner Schickeria, die etwas betörend Vorgestriges ausstrahlt, findet man kaum jemanden, der Rio Reisers alten Satz nicht zumindest "irgendwie" gut fände. Zur Tat aber würden die wenigsten schreiten.

 Vertreter der Parlamentsparteien, die auf Stimmen angewiesen sind, kokettieren zwar seit Jahren immer wieder mit ungesetzlichen und verbotenen Aktionen, wie etwa mit der von der Polizei verhinderten Besetzung des Geländes des stillgelegten Flughafens Tempelhof am 20. Juni. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Franziska Eichstädt-Bohlig, beispielsweise spielte die Besetzung, bei der es dann zu handfesten Ausschreitungen kam, als "zivilen Ungehorsam" herunter, und Evrim Baba, Abgeordnete der Linkspartei und frauenpolitische Sprecherin ihrer Fraktion, bezeichnete sie als "legitim". Mit der Aktion wollten Linksautonome die geplante Nutzung des Geländes für "Reiche" verhindern.

 Die halbherzige Solidarisierung vor allem der Grünen mit diesen Aktionen kommt in der Szene gar nicht etwa gut an. Warum ausgerechnet die Grünen, die die reichste Klientel aller Parteien stellen, so tun, als hätten sie irgendetwas mit den armen Linksautonomen gemein, bleibt in der Tat unergründlich - René grimassiert vor Abscheu. Andere Gruppen kommen bei ihm besser weg, vor allem die Linkspartei, vermutlich, weil sie das Derbe, Proletarische hat, das den Grünen fehlt. Doch nicht einmal die stalinistische Zeitung "Junge Welt", die etwa im Falle von Kurdistan oder dem Irak Gewalt als Mittel gegen Kapitalismus und Imperialismus durchaus gutheisst, kann mit Renés Konspirationstheorie etwas anfangen. Chefredakteur Arnold Schölzel und sein Stellvertreter Rüdiger Göbel betonen, hier gehe es "bestenfalls um Randale". Dies sei kein politischer Vorgang; die Täter seien vermutlich ganz einfach krank. Die "Junge Welt" verteidigt oder relativiert gerne die Machtstrukturen der untergegangenen DDR; ihr scheint das Autoritäre eher zu liegen als das Spontane, Anarchische. Autos anzünden ist denen eindeutig zu wild.

 Verhasste Yuppies

 Die in den Bekennerschreiben angeführten Motive der Brandstifter versteht man in der linken Szene bestens, auch wenn man die Taten verurteilt. Kritisiert wird hier vor allem die "gentrification", manchmal auch "Yuppisierung" genannt: die gezielte bauliche Umgestaltung und Aufwertung eines Quartiers. Alte Häuser werden teuer renoviert, Arme gehen, Reiche kommen, was einst "echt", da arm, war, wird teuer und chic. Wie einst im Greenwich Village. In Berlin betrifft diese Entwicklung Gegenden wie Kreuzberg, den Prenzlauer Berg oder Friedrichshain. In schicken Apartments leben hier inzwischen Tausende von Yuppies - und natürlich gehörten nicht wenige von ihnen einst selber zur Szene, die nun ihre Fenster mit Farbbeuteln bewirft.

 Sicher gibt es Projekte, die stören. "Carloft"-Gebäude etwa warten mit einem in die Wohneinheit integrierten Autoabstellplatz auf und sind nur für sehr Begüterte erschwinglich - warum sie ausgerechnet in Kreuzberg gebaut werden müssen, kann man sich tatsächlich fragen. "Gentrification" ist das, was die Szene Anfang Juni mit ihrer "action week" bekämpfen wollte, und die zahlreichen Kurse, die zur Vorbereitung belegt werden konnten - "Basteln gegen Gentrifizierung" -, zeigen, dass es nicht beim Keksebacken blieb. Man darf davon ausgehen, dass die wenigsten in diesem Milieu etwas dagegen haben, wenn ab und zu einmal ein Auto in Brand gesteckt wird.

 Der Antipode von Menschen wie René, Schölzel, Göbel, Eichstädt-Bohlig oder Baba heisst Björn Matthias Jotzo und ist Vize-Fraktionsvorsitzender der Liberalen im Abgeordnetenhaus. Der junge Anwalt neigt nicht zur Verharmlosung. Die brennenden Autos deutet er als Indiz für einen grundsätzlichen gesellschaftlichen Wandel und für eine besorgniserregende Zunahme der Gewaltbereitschaft im linken Spektrum. Jotzo nimmt Anstoss daran, dass die Anschläge gegen Autos in der linken Szene "gewürdigt" werden, und er erinnert daran, dass im umgekehrten Fall, also wenn es um Rechtsextreme geht, von linker Seite stets nachdrücklich und vollkommen zu Recht an das Motto "Wehret den Anfängen" erinnert wird.

 Gegen Linksextreme solle man mit gleicher Entschiedenheit vorgehen, sagt er. Das werde nicht getan; der rot-rote Senat von Oberbürgermeister Klaus Wowereit diene sich im Gegenteil der Linken an. Politiker und Politikerinnen wie Evrim Baba, die auch schon gegen das Grundgesetz demonstriert hat oder sich von der Polizei an einer Demonstration wegtragen liess, finden beim eloquenten Jotzo keine Gnade. Wowereits Sozialdemokraten, die mit der Linkspartei koalieren, ebenso wenig.

 Wowereit unter Druck

 Man kann sich beim Politisieren im Umfeld der brennenden Autos gehörig die Finger verbrennen. Schwer hat es in erster Linie die Linkspartei, die einerseits in der Regierungsverantwortung steht, gleichzeitig aber auch Partisanen vom Schlage einer Evrim Baba in ihren Reihen weiss, die ihre Führung offen desavouieren. Wowereit seinerseits sieht sich heftigen Angriffen der Bürgerlichen ausgesetzt, die ihm eine lasche Haltung und in Ausnahmefällen gar heimliche Sympathien für die Täter vorwerfen. Die hat er mit Sicherheit nicht - die Stellungnahmen des Oberbürgermeisters lassen an Klarheit ebenso wenig zu wünschen übrig wie die seines Innensenators Erhart Körting oder die des Polizeipräsidenten Dieter Glietsch. In der CDU, die in Berlin zu einer ziemlich üblen Apparatschik-Partei verkommen ist, sieht man das allerdings anders. "Rot-Rot" sei auf dem linken Auge blind, meinte jüngst der CDU-Fraktions- und -Parteichef Frank Henkel. Andere sprechen erbost von einer Kapitulation vor linker Gewalt.

 Die Fronten sind damit leidlich klar. Die meisten Linken verurteilen die Anschläge, glauben aber, die Bürgerlichen blähten sie bewusst und alarmistisch auf in der Absicht, den rot-roten Senat zu diskreditieren. Unionspolitiker wiederum betonen das Prinzipielle und wittern Sitten- und Staatszerfall. Dass die Angelegenheit von beiden Seiten politisch instrumentalisiert wird, steht ausser Frage - niemandem ist entgangen, mit welcher Inbrunst sich die Springer-Presse auf das Thema der Anschläge gestürzt hat und wie routiniert sie in ihrer Berichterstattung immer wieder unter die Gürtellinie zielt.

 Dass es zwischen dem Polizeikorps und dem Senat zu argen Spannungen kam, ist sicher nicht ausschliesslich, aber eben auch eine Folge der bewussten Zuspitzung auf allen Seiten. Gewalt polarisiert. Aus der Gewerkschaft der Polizei war beispielsweise zu hören, durch Fehler der Einsatzleitung seien die Ordnungshüter am 1. Mai faktisch "der Steinigung preisgegeben" worden. Nach derartig emotionalen Ausbrüchen ist es schwer, das Vertrauen zwischen Politik und Administration wiederherzustellen.

 Auffallend bleibt bei alledem, dass in der öffentlichen Diskussion die Frage nach dem geistig-moralischen Hintergrund der Gewaltexzesse kaum je angerührt wird. Das verblüfft, denn gerade Sozialdemokraten behaupten ja oft und gerne, dass beispielsweise der Rassismus vor allem dann zum Blühen komme, wenn sich im bürgerlich-parlamentarischen Milieu das Vokabular verändert, wenn der Ruf nach Durchgreifen, nach härterer Strafgesetzgebung oder einem Einwanderungsstopp wohlfeil wird. Dass ähnliche Phänomene auch auf der Linken zu beobachten sind, wird verdrängt. Dabei sind sie evidenter denn je.

 Hetze gegen die "Reichen"

 Politiker wie Oskar Lafontaine oder Sarah Wagenknecht treten stets in einer Atmosphäre auf, zu der nur noch das Motto "Reiche sind Schweine" so richtig passen will, und selbst auf sozialdemokratischen Parteitagen sind inzwischen geifernde Attacken gegen "Reiche" die Regel. Die Hatz beschränkt sich nicht auf die Politik. Auch in den Talkshows der Fernseh- und Radioanstalten kommen Besserverdienende böse unter die Räder. Jeder, der solche Tiraden abliefert, wird mit Applaus bedacht; wer sie in jener charmanten Unbeholfenheit vorträgt, die "Authentizität" suggeriert, darf mit Ovationen rechnen. Die deutsche Gesellschaft weiss - wieder einmal - sehr genau, was gerecht und gut ist.

 Ob diese anklagende Grundhaltung der gewaltbereiten linksautonomen Szene das Leben und das Zuschlagen erleichtert, ob sie enthemmend und legitimierend wirkt - das wäre die Frage, die es zu erörtern gälte. Doch diese Chance wird verpasst. Linke schieben die These in der Regel unwirsch weg, ohne Gegenargumente zu liefern. Bürgerliche wiederholen sie zwar gerne, aber fast immer nur vor eigenem Publikum, und auch da eher verschämt, denn mittlerweile ist selbst die CDU an dem Punkt angekommen, wo sie sich fragt, ob es nicht sinnvoll wäre, die "Reichen" als Klientel generell abzustossen. Trösten können sich die Bürgerlichen vorläufig nur damit, dass sich die Kluft zwischen der veröffentlichten und der öffentlichen Meinung auch in Berlin unerbittlich weitet. Umfrage um Umfrage belegt, dass die Reichen-Schelte nicht verfängt und dass die Linke bisher aus der Wirtschaftskrise keinen Profit gezogen hat.

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ANTI-ATOM
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Bund 28.7.09

Zustimmung für neues AKW

Mühleberg Die Bevölkerung der Region rund um das heutige Atomkraftwerk (AKW) Mühleberg unterstütze mehrheitlich das Vorhaben des bernischen Energieversorgers BKW, in Mühleberg ein Ersatzkraftwerk zu bauen, wie die BKW mitteilt. Sie stützt sich dabei auf eine Studie des Meinungsforschungsinstituts Demoscope, das schon bei anderen Studien zum Schluss gekommen war, die Bevölkerung in Bern, Freiburg und Neuenburg stehe hinter AKWs. Für die neuste repräsentative Erhebung wurden 1892 Menschen befragt. In Ferenbalm stimmten 61 Prozent der Menschen dem Projekt zu, in Frauenkappelen 55, in Golaten 65, in Laupen 59, in Mühleberg und Wileroltigen 65, in Seedorf 60, in Wohlen 50 und in Radelfingen 46.

Kritiker solcher Studien monieren, dass andere Resultate erzielt werden, je nachdem wie die Fragen formuliert sind. Mühleberg profitiert zudem finanziell stark von der BKW: 1,5 Millionen Franken steuert der Energieversorger jährlich zu den Finanzen der Gemeinde bei. Für dieses Jahr konnte der Steuerfuss von 1,35 auf 1,25 Einheiten gesenkt werden. In Radelfingen beträgt er dagegen 1,88 Einheiten. (sn)

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BZ 28.7.09

Kernkraftwerk

Über die Hälfte stimmt zu

Die BKW hat die Bevölkerung rund um Mühleberg zum Ersatzkernkraftwerk befragt. Nun ist das Resultat bekannt.

Zwischen 46 und 65 Prozent der an der Befragung beteiligten Personen sagen Ja zu einem neuen Kernkraftwerk in Mühleberg. Liegt die Zustimmung in Mühleberg, Golaten und Wileroltigen bei 65 Prozent, so halten sich Zustimmung und Ablehnung in Wohlen die Waage. Dort hat nämlich nur die Hälfte der Befragten mit Ja geantwortet. In Radelfingen fällt die Ja-Quote sogar auf 46 Prozent. In ihrer Medienmitteilung hat die BKW bei der Zustimmungsrate in den neun Gemeinden einen Durchschnittswert von 55 Prozent errechnet.

"Für uns ist es wichtig, zu wissen, wie wir von der näheren Umgebung unterstützt werden", sagt BKW-Mediensprecher Sebastian Vogler auf Anfrage. Man wolle so auch die Bevölkerung einbeziehen. "Wir sind uns aber durchaus bewusst, dass die letzte Entscheidung über ein Ersatzkernkraftwerk in Mühleberg in einer nationalen Abstimmung fallen wird." Wichtig sei aber auch die Akzeptanz am bisherigen Standort. "Dass es dabei auch um Einnahmen und um Arbeitsstellen geht: Auch das ist uns klar", erklärt Vogler. In der Vernehmlassungsphase würden die Gemeinden sicher noch einmal Stellung nehmen können.

Die Umfrage wurde telefonisch durchgeführt. Das Institut Demoscope war von der BKW beauftragt, die Meinung bei rund 2400 Personen in den Gemeinden der Region rund um Mühleberg zu erfragen. Die Resultate sind öffentlich.
cng

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St. Galler Tagblatt 28.7.09

Mit Fussmarsch den Weg zur erneuerbaren Energie aufzeigen

Der Basler Arzt Martin Vosseler kämpft für alternative Energien und gegen Atomenergie. Dafür macht er derzeit auf seinem Fussmarsch rund um die Schweiz mobil. Er machte unter anderem in Arbon Station, durchlief Rorschach und das Rheintal.

Rudolf Käser

Rorschach. Der 61jährige Martin Vosseler wanderte schon von Basel nach Bethlehem oder von der West- an die Ostküste in den USA. Er war auch Hauptinitiator für das Projekt PSR/IPPNW (Ärztinnen und Ärzte für soziale Verantwortung) oder die Ärzte-Aktion "Luft ist Leben". Dass seine Aktivitäten Beachtung finden, beweisen Treffen mit Bundesrätin Micheline Calmy-Rey, Bundesrat Moritz Leuenberger und mit dem Nobelpreisträger Al Gore.

Lauf für den Sonnenpfad

Der in Elm GL wohnhafte Basler Arzt stellt seinen Lauf über rund 1700 Kilometer (von Basel nach Basel) unter das Motto "Sonnenpfad 2009" Er möchte auf seinem Weg kommunizieren, dass der Energieumbau in der Schweiz (auf erneuerbare Energie) die grosse Chance für das Gewerbe und den Export ist. "Die Chance wird vertan. Denn Stromwirtschaft, Bundesrat und Parlament setzen immer noch auf den Atompfad, trotz aller Nachteile", kritisiert er.

Er setzt sich auf seinem Weg mit Leuten auseinander, macht sie darauf aufmerksam, dass nicht der Atompfad, sondern der Sonnenpfad der einzige richtige Weg sei. Die Frage, ob der Zeiger in der Umweltbelastung durch die fossilen Energien noch vor zwölf stehe, beantwortet er so: "Es braucht ein Wunder und ich glaube an dieses Wunder, wenn es jetzt passiert, zu 100 Prozent auf den Sonnenpfad umzustellen."

Suggerierte Stromlücke

Auch auf seinem Durchmarsch vom Romanshorn über Arbon nach Rorschach, Altenrhein, weiter ins Rheintal konnte Martin Vosseler Menschen immer wieder bewusst machen, dass wir beides - Sonnenpfad und Atompfad - nicht haben können. Doch eine millionenschwere Propaganda-Kampagne rolle derzeit an, mit grossen Plakaten und Inseraten in der ganzen Schweiz. "Geht uns erst ein Licht auf, wenn Strom knapp wird?" wird die Meinungsbildung im Hinblick auf die in einigen Jahren bevorstehende Volksabstimmung über neue Atomkraftwerke beeinflusst. Es werde suggeriert, dass eine Stromlücke auf uns zukomme, die nur mit Atomstrom gedeckt werden könne.

Zum Glück sei dem nicht so. "Dank Verminderung der gigantischen Energieverschwendung, Ausbau der erneuerbaren Energien und einem sinnlich reicheren, gesünderen Lebensstil mit geringem Energieverbrauch wird die Energieversorgung der Schweiz zu 100 Prozent erneuerbar. Wenn wir das wollen und umsetzen", so Vosseler. Allein die Sonne könne in einem kurzen Zeitraum den gesamten Energiebedarf unseres Planeten abdecken.

Sympathien gefunden

Details über Projekte oder Auswüchse bezüglich Energieversorgung in der Region Rorschach sind dem Kämpfer für erneuerbare Energie weniger bekannt. Doch er habe einige Sympathien erfahren und zahlreiche seiner Flyers verteilen können.

Eine nette Begebenheit erlebte Martin Vosseler beim Marschhalt vor der Rorschacher Badhütte. Eine Bewohnerin eines gegenüberliegenden Wohnhauses wollte von ihrem Balkon aus wissen, für was er denn wandere. Die Antwort von Vosseler begeisterte sie. "Da würde ich am liebsten mit ihnen laufen." Das freute den Umweltaktivisten. Doch die Einladung zu einer Tasse Kaffee musste er dankend ablehnen. Denn vor ihm lag noch die Strecke über Altenrhein bis nach Oberriet.