MEDIENSPIEGEL 5.8.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (SLP)
- Neonazis + 1.8. Grenchen
- Gassenküche Solothurn etabliert
- Tierschutz vs Novartis: Wer war's?
- Anti-Atom: Verstrahlte Arbeiter in Beznau
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REITSCHULE
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Do 06.08.09
21.00 Uhr - SousLePont - Punk Night
mit New Disaster (tex/usa) und local support
Sa 08.08.09
22:00 - Vorplatz - Culture Factory presents: Still Blazing (Reggae Jam) -
Zion Step (CH), Side By Cyde, Zion Sounds Int., Angle By Falle, Fi
Meditation, Jonas Selekta
So 09.08.09
19.00 Uhr - Vorplatz - BBQ@Vorplatz
22.00 Uhr - SousLePont - Real
McKenzies (Celtic-Punk), The Dreadnoughts (Pirate-Punk), DJ:
Pat-Man & Scarlett O'Honey
Infos: www.reitschule.ch
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kulturagenda.be
6.8.09
Echter Punk mit billigem Whisky
The Real McKenzies kommen aus Vancouver und sind alte Hasen in der
internationalen Punk-Szene. Seit Jahren ist die Band auch viel in den
USA und in Europa unterwegs. Im Berner Sous le Pont heizen die Kanadier
mit schottischem Folk-Punk ein.
Céilí, "Käi-lie" ausgesprochen, ist ein irischer
Tanz. Aber auch das
traditionelle irische Tanzfest nennt sich so. Für The Real
McKenzies
steht das gälische Wort für eine verrückte
mehrtägige Party. Dieser
Brauch war denn auch die Inspiration zur Gründung der keltischen
Punkband. Frontmann Paul McKenzie wurde 1965 in Schottland geboren.
Seine Familie wanderte Anfang der 70er-Jahre nach Vancouver aus. Als
Teenager haute er für eine Weile von zu Hause ab, um in Detroit
Punkkonzerte zu besuchen. Die Rebellion des Sängers hielt bis ins
Erwachsenenalter an: McKenzie hat mit Alkoholexzessen schon öfters
öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Aber der Sänger und seine
Band
sorgen auch musikalisch für Aufsehen: Auf der "North American Fat
Tour"
spielten The Real McKenzies 2003 über 30 ausverkaufte Konzerte. Es
war
die erfolgreichste Zeit der Kanadier, die nach wie vor im
Zweijahresrhythmus ein neues Album auf den Markt bringen. Ihre letzte
Platte, "Off the Leash", erschien 2008 bei ihrem Stammlabel Fat Wreck
Chords. Seither sind sie wieder auf Tour.
Trauma und göttliche Vision
Die musikalische Ausrichtung von Paul McKenzie kommt nicht von
ungefähr. Er soll als kleines Kind von seinen Eltern in einen Kilt
gesteckt und gezwungen worden sein, zu traditioneller schottischer
Musik zu singen und zu tanzen. Dieses Trauma habe er zu verarbeiten
versucht, gab er in einem Interview zu Protokoll: Er rief aus purer
Rache eine schottische Punkband ins Leben. So gründete er 1994 The
Real
McKenzies - dem Sänger zufolge aufgrund einer "göttlichen
Vision ", die
er hatte, während er sich gleichzeitig eine Platte der Sex Pistols
und
eine der schottischen Entertainerkoryphäe Andy Stewart
anhörte.
McKenzie greift vor allem auf alte schottische Volksweisen zurück,
die
er und seine Band mit der Energie des Punkrocks durchsetzen - der
Dudelsack darf dabei natürlich nicht fehlen. McKenzie behauptet,
dass
die schottische Folkmusik ohne Unterstützung des Punk keine
Zukunft
habe. Traditionsbewusst ist aber nicht nur die Musik der Band, sondern
auch ihr Bühnenoutfit: schottischer Kilt, inklusive
Kniestrümpfen und
Felltasche.
Keltische Seele in Bern
Zahlreiche Tourneen in den Staaten und in Europa verhalfen der Band zu
einem soliden Namen in der internationalen Punkszene. Durch ihre
exzessiven Auftritte laden sie das Publikum ein, zünftig
mitzufeiern.
Die aktuelle Tourneeroute der Real McKenzies führt diesen Sonntag
auch
nach Bern, wo sie sich im Sous le Pont der Reithalle ihre kanadische
Keltenseele aus dem Leib rocken. Freunde von folkigem Punk à la
The
Pogues kommen dabei auf ihre Kosten. Übrigens geht der Bandname
nicht
(nur) auf den Gründer und Bandleader zurück, sondern steht
für die
billigste in Schottland erhältliche Whiskymarke.
Jamie Wong-Li
Reitschule, Sous le Pont, Bern
Im Vorprogramm: The Dreadnoughts
So., 9.8., 22 Uhr
www.souslepont.ch
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NEONAZIS GRENCHEN
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Solothurner Tagblatt 5.8.09
Bundesfeier
Wieder waren die Rechten da
Die Bundesfeier in Grenchen wurde auch heuer wieder von Rechtsextremen
gestört. Am späten Abend beschimpfte einer, der sich selbst
als
Pnos-Mitglied bezeichnete, Stadtpräsident Boris Banga, der darauf
hin
Anzeige erstattete - das berichtete das Grenchner Tagblatt. Banga
bestätigt die Anzeige gegenüber dieser Zeitung und
erklärt: "Es ist
schade, wenn eine Feier mit über 500 zufriedenen Gästen
dadurch gestört
wird." Es war nicht das erste Mal, das Rechtsextreme an der Bundesfeier
in Grenchen aufkreuzten. Fernhalten kann man sie aber nicht, denn in
diesen Fällen zieht der Wegweisungsartikel nicht, wie Grenchens
Polizeikommandant Robert Gerber erklärt: "Präventiv kann man
diesen
Artikel nicht anwenden." Er führt aus: Wenn Rechtsextreme bei
einem
mehrtägigen Fest am ersten Tag Stunk machen würden, sei es
möglich, sie
für den Rest des Festes fernzuhalten. Denn dann werde eine
Fernhalteverfügung ausgestellt, die aber höchstens für
30 Tage gelte.
Sie von der Grenchner Bundesfeier zu vertreiben, wäre nur dann
möglich,
wenn sie gleich zu Beginn der Feier Probleme bereiten und dann sofort
die Polizei gerufen wird.
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GASSENKÜCHE SOLOTHURN
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Solothurner Tagblatt 5.8.09
Gassenküche
Sanfte Landung für Adler
Der Adler ist sanft in der Vorstadt gelandet. In den drei Monaten seit
der Eröffnung der Gassenküche und der Kontakt- und
Anlaufstelle im
Restaurant Adler in der Vorstadt kam es erst zu einer einzigen
Beschwerde. Auch die Stadtpolizei musste erst einmal eingreifen. "Ich
finde, wir sind gut am neuen Standort angekommen", sagt
Perspektive-Geschäftsführer Roberto Zanetti. Eine Auffassung,
die er
mit Martin Tschumi, Präsident der Vereinigung Pro Vorstadt, teilt.
"Es
ist eigentlich kein Problem", bilanziert er. Einige Anwohner zeigen
sich aber nach wie vor "besorgt".rah
Seite 21
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Drei Monate Gassenküche in der Vorstadt
"Es ist eigentlich kein Problem"
Vor der Eröffnung der Gassenküche im Adler war der Widerstand
der
Anwohner heftig. Jetzt, drei Monate nach der Eröffnung, haben sich
die
Wogen geglättet. Die meisten Anwohner haben sich mit ihren neuen
Nachbarn arrangiert.
Es war eine schwierige Landung. Fast fünf Jahre lang wurde um das
"Adler"-Projekt gestritten. Bis vor Bundesgericht zogen einige Anwohner
ihre Beschwerden gegen eine Gassenküche und eine Kontakt- und
Anlaufstelle in ihrer Nachbarschaft. Jetzt, knapp drei Monate nachdem
der Adler seine Tore geöffnet hat, scheinen sich die Anwohner mit
ihren
neuen Nachbarn mehrheitlich arrangiert zu haben.
Eine einzige Beschwerde
"Seit der Eröffnung ist bei mir eine einzige schriftliche
Beschwerde
eingegangen", sagt Perspektive-Geschäftsführer Roberto
Zanetti. Einige
betrunkene Adler-Gäste hätten zu viel Lärm veranstaltet,
monierte ein
Anwohner. Einmal hat sich zudem die Wirtin des Restaurants Sonne -
direkt vis-à-vis vom Adler - telefonisch an Zanetti gewandt,
weil es
sich einige Adler-Gäste auf ihrem Fenstersims gemütlich
gemacht haben.
"Ich nehme diese Beschwerde sehr ernst", so Zanetti. Grundsätzlich
ist
er aber mit dem Start in der Vorstadt sehr zufrieden. "Ich finde, wir
sind gut am neuen Standort angekommen."
Martin Tschumi, Präsident der Vereinigung Pro Vorstadt, teilt
Zanetti s
Auffassung. "Es ist eigentlich kein Problem", bilanziert er. Das
"Adlervolk" sei jetzt halt vermehrt in der Vorstadt präsent,
verhalte
sich aber in der Regel anständig. Für die Hausbesitzer in der
direkten
Umgebung seien die neuen Nachbarn sicherlich nicht ideal, "aber der
Drogenkonsum spielt sich ja zum Glück im Innern des Adlers ab",
meint
Tschumi und spricht Perspektive ein dickes Lob aus: "Sie haben ihre
Leute im Griff."
Ein weiteres Lob erteilt Tschumi der neuen äusserlichen
Erscheinung des
Adlers. "Durch die Renovierung ist der Adler ein wahres
Schmuckstück
geworden. Solche schönen Fassaden tun der Vorstadt gut."
Mehr Dealer?
Ganz ohne Nebengeräusche gingen die ersten drei Monate für
den Adler jedoch nicht vonstatten.
Wenn man sich bei den Nachbarn umhört, sagen einige, dass sich
seit der
Eröffnung mehr Dealer in der Vorstadt aufhalten würden als
vorher. Auch
wissen manche von störendem Verhalten von betrunkenen
Adler-Gästen zu
berichten. Einige Anwohner zeigen sich nach wie vor "besorgt", das
"Schlimmste" sei aber nicht eingetroffen, so der Tenor unter den
Besorgten.
Die Stadtpolizei hat in den letzten drei Monaten lediglich einmal wegen
dem Adler ausrücken müssen, weiss Kommandant Peter Fedeli. Zu
den
Behauptungen wegen den Dealern meint er: "Es ist möglich, dass
wegen
unseren vermehrten Einsätzen beim Bahnhof und beim
Gewerbeschulhaus
eine Verlagerung stattgefunden hat."
Wirkung auf Amthausplatz
Bereits eine Woche nach der Eröffnung zeigte sich dank dem Adler
ein
positive Wirkung auf dem Amthausplatz. Die "Alki-Szene" war dort fast
komplett verschwunden (wir berichteten). Eine Wirkung, die bis jetzt
anhält, wie Fedeli sagt. "Die Leute wissen, dass wir dort keine
Ansammlungen tolerieren und sie halten sich mehrheitlich auch sich an
die Auflagen", so Fedeli. In zwei Fällen mussten allerdings
Fernhalteverfügungen ausgesprochen werden.
Letzte Wochen hielten sich dennoch einige Male mehrere
Randständige auf
dem Amthausplatz auf. Die Erklärung dafür ist aber einfach:
Die
Gassenküche hatte ein Woche lang Betriebsferien.
Ralph Heiniger
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TIERSCHUTZ VS NOVARTIS
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Bund 5.8.09
Die Rächer der Ratten, Mäuse und Affen
Für die Angriffe auf Novartis-Chef Vasella sollen militante
Tierschützer aus England verantwortlich sein - wer sind sie?
Der Arm der englischen Tierschutzguerilla reicht bis in die Schweiz.
Sie ist netzwerkartig organisiert und lebt von Spendengeldern. Novartis
glaubt, dass sie Vasellas Haus angezündet hat.
Dario Venutti
Sie fliegen für ein paar Tage oder Wochen aus England in die
Schweiz,
rekrutieren Studenten gegen Bezahlung für Demonstrationen und
diskreditieren Mitarbeiter von Pharmaunternehmen öffentlich als
Pädophile. Dann verschwinden sie wieder. Oder sie schicken
Sympathisanten aus Belgien und Holland für Aktionen nach Basel und
Genf.
Die englische Tierschutzguerilla verfährt seit Jahren nach diesem
Muster. Ihr wird die Schändung des Grabs von Daniel Vasellas
Mutter und
die Brandstiftung in dessen Ferienhaus in Österreich angelastet.
Welche
Organisation explizit die Taten verübt hat, ist unklar, doch
tragen sie
die Handschrift von SHAC (Stop Huntingdon Animal Cruelty). Für
SHAC ist
Gewalt ein legitimes Mittel, die Stilllegung des in Europa
grössten
Tierversuchslabors in Huntingdon bei Cambridge zu erreichen. Dort
werden jährlich Tests an rund 70000 Tieren vorgenommen,
hauptsächlich
an Ratten und Mäusen. Ungefähr 700 Versuche entfallen auf
Hunde und
Affen. Die Tiere werden meistens getötet.
Dass in Huntingdon zumindest früher Grausamkeiten verübt
wurden,
belegen Verurteilungen von Mitarbeitern in den 90er-Jahren und heimlich
gedrehtes Videomaterial. Unter dem Eindruck der im britischen Fernsehen
ausgestrahlten Bilder gründeten Tierschutzaktivisten 1999 SHAC.
Die
Organisation, die sich als Bewegung versteht, hat in der Zwischenzeit
ein weltweites Netzwerk errichtet. Dass sie in der Schweiz eine
ständige Vertretung hat, glaubt Jürg Bühler, Direktor
des
Inlandgeheimdienstes, allerdings nicht. SHAC arbeite mit andern
militanten Tierschutzorganisationen wie der ebenfalls englischen
Animals Liberation Front (ALF) zusammen. ALF habe mehr feste Aktivisten
in der Schweiz.
Unzimperliche Mittel
Laut einem Bericht des "Le Monde diplomatique" von 2004 behandelte das
Labor in Huntingdon die Tiere "nicht schlecht". SHAC genügte diese
Feststellung nicht. Die Organisation ging dazu über, die Kunden
des
Labors mit unzimperlichen Mitteln unter Druck zu setzen. Aktivisten
zündeten Autos an, legten Feuerbomben oder verprügelten
Kunden und
Mitarbeiter. Trotz der Militanz ist bis heute niemand ums Leben
gekommen oder schwer verletzt worden.
Als Folge der Aktionen kündigten zahlreiche Unternehmen ihre
Verträge
mit dem Tierversuchslabor - bis hin zum Taxiunternehmen, das lediglich
Kunden und Mitarbeiter bediente. Das Labor musste eine eigene
Wäscherei
aufbauen, eine eigene Kantine und einen eigenen Sicherheitsdienst. Rund
400 Opfer der Aktionen von SHAC organisierten sich in einer
Vereinigung, weil sie unter nervösen Störungen litten.
Novartis sei
seit Jahren kein Kunde des Labors mehr, sagt ein Sprecher des
Pharmariesen. Offensichtlich glaubt ihm das SHAC aber nicht.
SHAC geht es darum, das Labor in Huntingdon in den Konkurs zu treiben,
was der Organisation zu Beginn des Jahrtausends auch beinahe gelungen
wäre. Die Aktionäre des Unternehmens zogen sich zurück,
und die Banken
waren nicht mehr bereit, dem Unternehmen Geld zu leihen. SHAC hatte das
britische Aktienrecht ausgenutzt: Dieses schreibt vor, Namen und
Adressen von Aktionären offenzulegen. Also demonstrierten die
Tierschützer in den Vorgärten von Kleinanlegern, blockierten
die
Eingänge zu Investment-Banken und verwüsteten die
Privatwohnungen von
Grossaktionären. Der Staat hatte das Unternehmen retten
müssen.
Das Labor verlegte seinen Firmensitz in die USA, wo das Aktienrecht
weniger Transparenz vorschreibt. Es gewann neue Aktionäre und
erholte
sich allmählich. Das letzte Jahr schloss es mit einem "soliden
Profit"
ab, wie sein Chef Andrew Baker sagt. Ebenfalls 2008 schien SHAC vor dem
Ende zu stehen: Die Polizei verhaftete sieben führende Köpfe
der
Organisation, die teilweise zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt
wurden.
--
Roche aus Schusslinie
"Drop Huntington Life Sciences or you dead!", sprayten militante
Tierschützer im Frühling 2006 an ein Garagentor im Basler
Nobelquartier
Bruderholz. Das Garagentor gehörte dem Nachbarn einer Roche-Erbin.
Gleichentags klebten Unbekannte die Schlösser am Haus eines
Roche-Angestellten mit Leim zu und verschmierten das Haus mit Farbe.
Obwohl die Tierschützer aus dem Dunstkreis von SHAC (vgl.
Hauptartikel)
im Falle der Roche-Erbin danebensprayten, haben sie ihr Ziel
mittlerweile erreicht. Roche hat die Zusammenarbeit mit dem
umstrittenen Tierversuchslabor Huntingdon Life Sciences (HLS)
eingestellt. Laut SHAC hat "Roche nach einem Treffen mit
Tierschutzaktivisten erklärt, nicht mehr mit HLS
zusammenzuarbeiten,
und ist damit Exkunde". Auch ohne Roche bleiben den militanten
Tierschützern in der Schweiz genügend Ziele. SHAC führt
eine
detaillierte Liste von Pharma-Unternehmen, die mutmasslich Kunden von
HLS sind. Die Ermittlungen im Fall der Friedhofschändung und des
Brandanschlags auf Vasellas Jagdhütte laufen. Weder die Churer
Kantonspolizei noch das Tiroler Landeskriminalamt haben bisher eine
Zugehörigkeit der Täter zu englischen Extremistengruppen
nachweisen
können. (thi)
---
BZ 5.8.09
Militante Tierschützer
Die Spur führt nach England
Mitarbeitende des Pharmakonzerns Novartis leiden unter Anschlägen
und Drohungen. Jetzt ist auch der Chef davon betroffen.
Am frühen Montagmorgen ging das Jagdhaus von Novartis-Chef Daniel
Vasella in Flammen auf, vor Wochenfrist war das Grab seiner Eltern in
Chur geschändet worden. Offiziell hat noch niemand die
Verantwortung
übernommen, aber die Polizei geht davon aus, dass die
Anschläge auf das
Konto von militanten britischen Tierschützern gehen. Besonders die
Organisation Stop Huntingdon Animal Cruelty (SHAC) steht im Visier,
denn der Grabstein von Vasellas Eltern war mit den Worten beschmiert:
"Drop HLS now" - etwa: Lass sofort die Finger von HLS. Mit diesen
Kürzeln ist Huntingdon Life Sciences gemeint, eines der
grössten
Tierversuchsunternehmen Europas. Es steht seit Jahren im Fadenkreuz
britischer Tierschutzorganisationen wie Animal Liberation Front (ALF),
Animal Rights Militia oder eben SHAC, welche die Verantwortung für
die
Taten jedoch zurückweist.
Protest nur erster Schritt
Demonstrationen und öffentlicher Protest sind nur der erste
Schritt.
Mit sogenannten "direkten Aktionen" versuchen die Tierschützer den
Druck zu erhöhen, wobei auch sekundäre und tertiäre
Zielgruppen ins
Visier geraten wie Zulieferer und wiederum deren Geschäftskunden.
Die
Aktionen reichen von Bombenalarmen, Einschüchterung der
Mitarbeiter
durch die Veröffentlichung von Namen und Adressen im Internet
über
Sprengsätze unterm Auto bis zu Brandanschlägen auf
Häuser von
Führungskräften. SHAC hat in der Vergangenheit jedermann, der
in
irgendeiner Verbindung zu HLS stand, mit Repressalien gedroht und viele
ausgeführt.
Ähnliche Aktionen
Novartis' Beteuerung, keine Geschäftsverbindungen mehr mit HLS zu
haben, wird seitens der militanten Tierschützer offensichtlich
nicht
geglaubt. Schon vor zwei Jahren wurde die Firma zur Zielscheibe von
Aktivisten der Gruppe Animal Rights Militia. Diese behaupteten,
Hunderte Tuben von Novartis' antiseptischer Salbe Savlon vergiftet zu
haben. Zwar fand sich in keiner einzigen Gift, aber der wirtschaftliche
Schaden war angerichtet. Der Diebstahl der Urne von Vasellas Mutter
spiegelt den Fall von Gladys Hammond, deren sterbliche Überreste
von
SHAC 2004 aus dem Grab gestohlen wurden, um ihren Schwiegersohn dazu zu
bewegen, keine Meerschweinchen mehr für Versuchszwecke an HLS zu
verkaufen.
Im Mai 2007 wurde mit der sogenannten "Operation Achilles"
weitflächig
gegen militante Tierschützer in England, Belgien und den
Niederlanden
vorgegangen. Den Drahtziehern wurde der Prozess gemacht, sie erhielten
für ihre Terrorkampagnen Gefängnisstrafen zwischen vier und
elf Jahren.
Die Polizei schätzt, dass mittlerweile rund drei Viertel der
militantesten Tierschützer hinter Schloss und Riegel stecken.
Jochen Wittmann
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Tagesanzeiger 5.8.09
Warum Roche nicht mehr von Tierschützern bedroht wird
Pharmamulti Roche hat die Zusammenarbeit mit dem Tierversuchslabor HLS
eingestellt. Tierschützer hatten auch eine Roche-Erbin massiv
eingeschüchtert.
Von Maurice Thiriet
"Drop Huntingdon Life Sciences or you dead!", sprayten militante
Tierschützer Im Frühling 2006 an ein Garagentor im Basler
Nobelquartier
Bruderholz. Das Garagentor gehörte dem Nachbarn einer Roche-Erbin.
Gleichentags klebten Unbekannte die Schlösser am Haus eines
Roche-Angestellten mit Leim zu und verschmierten das Haus mit Farbe.
Obwohl die Tierschützer aus dem Dunstkreis von SHAC (siehe Bericht
oben) im Falle der Roche-Erbin danebensprayten, haben sie ihr Ziel
mittlerweile erreicht. Roche hat die Zusammenarbeit mit dem
umstrittenen Tierversuchslabor Huntingdon Life Sciences (HLS)
eingestellt. Laut SHAC hat "Roche nach einem Treffen mit
Tierschutzaktivisten erklärt, nicht mehr mit HLS
zusammenzuarbeiten,
und ist damit Ex-Kunde". Eine Roche-Sprecherin wollte sich auf Anfrage
zu "Verhältnissen mit Auftragnehmern generell nicht äussern".
Auch wenn Roche sich mittlerweile aus der Schusslinie der militanten
Tierschützer genommen hat, bleiben diesen in der Schweiz
genügend
Ziele. SHAC führt eine detaillierte Liste von Pharma-Unternehmen,
die
mutmasslich Kunden von HLS sind. 14 davon haben den Geschäftssitz
oder
eine Filiale in der Schweiz, darunter alle "Top Three Targets". Auf
ihrer Internetpräsenz ruft die SHAC dazu auf, die Firmen und ihre
Mitarbeiter per Telefon dazu aufzufordern, die Zusammenarbeit mit HLS
einzustellen. Einen expliziten Gewaltaufruf gibt es nicht. Nach
Einschätzung des Zürcher Anwalts Robert Briner, der auf
Internetrecht
spezialisiert ist, sind die Aktionsanleitungen auf der SHAC-Homepage
sorgfältig austariert. "Zwar findet sich kein justiziabler Aufruf
zur
Gewalt, aber es ist auf den ersten Blick klar, dass Gewalt nicht
verurteilt wird", sagt Briner.
Unter den solchermassen angepeilten Zielen von SHAC finden sich vier
grosse Basler Chemie-Multis. Die Basler Polizei übt sich trotz der
erhöhten Gefahrenlage - nach Anschlägen gegen Einrichtungen,
Mitarbeiter und CEO Daniel Vasella von Novartis (TA von gestern) - in
Gelassenheit. "Mit militanten Tierschützern haben wir seit
mehreren
Jahren zu tun. Wir stehen in ständigem Kontakt mit der
Pharmaindustrie", sagt Klaus Mannhart, Sprecher der Kantonspolizei
Basel-Stadt. Zwei der "Top Three Targets" befinden sich im Kanton Zug.
Auch dort ist man unaufgeregt. Bis auf einen Vorfall in Daniel Vasellas
Wohngemeinde Risch seien keine Übergriffe gegen Pharma-Mitarbeiter
angezeigt worden. Dennoch tauscht sich die Zuger Kantonspolizei nach
eigenen Angaben derzeit etwas reger mit dem Inlandgeheimdienst DAP
über
die militanten Tierschützer aus.
Die Ermittlungen im Fall der Friedhofschändung und des
Brandanschlags
auf Vasellas Tiroler Jagdhütte laufen. Weder die Churer
Kantonspolizei
noch das Tiroler Landeskriminalamt haben bisher eine Zugehörigkeit
der
Täter zu englischen Extremistengruppen nachweisen können.
Novartis hat
aber "keinen Zweifel daran, dass es sich bei den jüngsten
Anschlägen in
Tirol, Chur, Risch und zuvor in den vergangenen Monaten in der
Grossregion Basel um dieselbe militante Täterschaft handelt", wie
ein
Sprecher sagt.
---
NZZ 5.8.09
Jagdhaus des Novartis-Chefs niedergebrannt
Militante Tierschützer als Urheber des Feuers in Tirol vermutet
In der Nacht auf den Montag ist das Tiroler Jagdhaus des
Novartis-Chefs Daniel Vasella abgebrannt. Das Feuer war offenbar gelegt
worden. Der Verdacht richtet sich gegen militante britische
Tierschützer, die mit rabiaten Mitteln gegen Tierversuche
kämpfen.
cer. Wien, 4. August
Ein Brand im Jagdhaus des Novartis-Chefs Daniel Vasella inmitten
der
Tiroler Ortschaft Bach im Lechtal (Bezirk Reutte) hat in der Nacht auf
den Montag Sachschaden in unbekannter Höhe verursacht. Verletzt
wurde
niemand. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Dem Feuer waren andere
Aktionen vorangegangen, die ebenfalls gegen Novartis bzw. Vasella und
dessen Mitarbeiter gerichtet waren. Autos und auch eine firmeneigene
Sportanlage wurden in Brand gesteckt, ein leitender Angestellter des
Basler Pharmakonzerns wurde mit Sprayinschriften an seinem Wohnort des
Kindsmissbrauchs bezichtigt, und vor einer Woche schändeten
Unbekannte
das Grab von Vasellas Eltern auf einem Churer Friedhof. Sie stahlen die
Urne seiner Mutter und hinterliessen auf dem Grabstein die Warnung
"Drop HLS now" - lass HLS fallen!
Biotechnologieunternehmen im Visier
HLS steht für das britische Biotechnologieunternehmen
Huntingdon Life
Sciences mit Sitz in Huntingdon bei Cambridge. Tatverdächtig ist
die
militante Tierschutzorganisation Stop Huntingdon Animal Cruelty (Shac),
die für die Schliessung von HLS kämpft (vgl. Kasten). Das
Unternehmen
führt im Auftrag verschiedener Pharmaunternehmen Tierversuche
durch.
Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur SDA lässt der Basler
Konzern
seit Jahren keine Studien oder Arbeiten mehr bei HLS ausführen.
Beim Brand schwer beschädigt wurde das zum Jagdhaus
gehörende
Wirtschaftsgebäude, insbesondere dessen mit Holzschindeln bedeckte
Fassade. In dem Gebäude befinden sich Kühlräume,
Magazine zur
Aufbewahrung von Jagdtrophäen und Garagen. Das Gebäude war
zum
Zeitpunkt des Brandes nicht bewohnt. Das Feuer war von einem deutschen
Feriengast entdeckt worden, der kurz nach drei Uhr morgens einen
dumpfen Knall vernommen und dann die Flammen gesehen hatte. Diese
hatten zu jenem Zeitpunkt bereits auf das Nachbarhaus
übergegriffen.
Der Mann alarmierte umgehend die Polizei; über hundert
Feuerwehrleute
bekämpften die meterhohen Flammen. Nach etwa einer Stunde konnten
sie
das Feuer, das sich explosionsartig ausgebreitet hatte, unter Kontrolle
bringen.
Polizei ermittelt in alle Richtungen
Der Leiter des Tiroler Landeskriminalamtes, Walter Pupp,
erklärte am
Dienstag gegenüber der österreichischen Nachrichtenagentur
APA, die
Polizei ermittle in alle Richtungen. Es wäre falsch, die
Nachforschungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf militante
Tierschützer
einzuengen, erklärte der Polizeichef. Bis jetzt gebe es keinen
konkreten Hinweis auf eine bestimmte Täterschaft. Pupp machte auch
keine Angaben zum Brandbeschleuniger, den die Täter eingesetzt
hatten.
Novartis selbst scheint von einer Verwicklung der militanten
britischen Tierschützer in die Feuersbrunst vom Montag sowie in
die
früheren Anschläge überzeugt zu sein. Es handle sich um
Brandstiftung
mit einem professionellen Brandbeschleuniger, bestätigte der
Konzern am
Dienstag Berichte von "Tages-Anzeiger" und "Blick".
Daniel Vasella flog am Montagmittag mit einem Helikopter ins
Lechtal,
um sich an Ort und Stelle ein Bild von den Schäden zu machen. Er
besitzt das Anwesen seit 2007. Er pachtet im Ausserfern ein 4000
Hektaren grosses Jagdrevier.
--
Zermürbungstaktik mit Drohungen und Verleumdungen
web. London, 4. August. Rufmord, Erpressung, Bedrohung und
falsche
Briefbomben - wenn es um Tierversuche geht, wird eine Minderheit der
britischen Tierschützer zu Rächern der Labormäuse und
terrorisiert
Firmen, die mit den Versuchen zu tun haben. Im Januar dieses Jahres
wurden sieben Mitglieder der Gruppe Stop Huntingdon Animal Cruelty
(Shac) zu Gefängnisstrafen zwischen vier und elf Jahren
verurteilt.
Während sechs Jahren hatten sie eine Kampagne gegen Unternehmen
geführt, die mit der Firma Huntingdon Life Sciences (HLS) in
Cambridgeshire in Verbindung standen. HLS ist eines der grössten
Tierversuchslabors Europas und testet pharmazeutische Produkte und
Gebrauchs-Chemikalien.
Shac hat sich zum Ziel gesetzt, die Geschäftspartner von HLS
so lange
zu bedrohen, bis sie ihre Beziehung zu dem Unternehmen abbrechen.
Anhänger der Organisation beschuldigten Manager der
Pädophilie,
bedrohten sie per Telefon und E-Mail, schickten Pakete mit falschen
Bomben, sandten ihnen gebrauchte Damenbinden, beschmierten Häuser.
Die
im Januar verurteilten Shac-Mitglieder wurden vom Gericht des Komplotts
zu einer Erpressung für schuldig befunden. "Nur des Komplotts zu
einer
Erpressung, aber nicht der Erpressung selber; eine solche Behauptung
wäre Rufmord", betont Debbie Vincent von Shac. Zum Anschlag auf
Daniel
Vasellas Jagdsitz in Tirol sagt die Sprecherin: "Shac hat damit nichts
zu tun, wir haben Tausende von Anhängern auf der ganzen Welt, wir
können nicht alle kontrollieren."
In einem Communiqué erklärt die Organisation, Shac
sei eine
Basisbewegung. Sollten unbekannte Anti-Vivisektionisten und
ähnlich
Gesinnte den Anschlag durchgeführt haben, sei dies aus
Verärgerung über
die Zusammenarbeit von Novartis mit HLS geschehen. Es folgt ein langes
Pamphlet gegen Tierversuche, das mit der Feststellung endet, man sei
gewillt, mit Novartis zusammenzusitzen und diese Anliegen zu
diskutieren, doch die Kampagne gegen das Unternehmen werde so lange
fortdauern, bis das Unternehmen aufhöre, HLS Aufträge zu
geben.
Shac wurde 1999 von Gregg Avery, dessen erster Frau Heather
Nicholson
und Natasha Dallemagne, später Averys zweiter Frau,
gegründet. Die drei
gehören zu den sieben im vergangenen Januar Verurteilten. Die
Gruppe
wuchs schnell, und die Kampagne gegen HLS stiess in Grossbritannien
zunächst auf grosse Unterstützung, denn wenige Jahre zuvor
hatte der
Fernsehsender Channel 4 über Missstände in der Tierhaltung
berichtet.
Der Organisation floss viel Geld zu, und sie vermochte einige Jahre
lang den Volkszorn gegen jegliche Art von Tierversuchen zu
schüren. Die
Universität Cambridge gab ihr Projekt für ein
Primatenforschungszentrum
auf, die Bauarbeiten am Labor von Oxford ruhten über ein Jahr
lang,
weil sich das Bauunternehmen aus Angst um die Arbeiter
zurückgezogen
hatte.
Doch die Stimmung in der Öffentlichkeit scheint seit einigen
Jahren
umzuschlagen, vor allem nach der Verhaftung der Drahtzieher. Diese
haben allerdings nicht selbst die Giftfedern geführt - das Drohen
und
Zündeln überliessen sie andern. Die Website von Shac gibt
lediglich die
Adressen jener Unternehmen bekannt, welche die Organisation ins Visier
genommen hat.
---
20min.ch 4.8.09
Attacke auf Novartis
"Die Gruppe ist extrem gefährlich"
von Désirée Pomper
Thomas Cueni, Geschäftsführer der Interpharma*, über den
Konflikt zwischen der Pharmaindustrie und militanten Tierschützern.
Herr Cueni, überraschen Sie die Angriffe gegen Novartis-CEO Daniel
Vasella?
Thomas Cueni: Absolut. Politische Diskussionen werden in der Schweiz
nicht auf diese Art und Weise geführt. Es wurden massiv Grenzen
überschritten und die Privatsphäre von Herrn Vasella verletzt.
Bei den Tätern handelt es sich laut Novartis wohl um die militante
englische Tierschutzorganisation SHAC. Wie schätzen Sie deren
Gewaltpotential ein?
Es handelt sich um eine extrem gefährliche Gruppe. Bei
Brandanschlägen
auf Häuser oder Autos können durchaus auch Menschen zu
Schaden kommen.
Wie sollen Unternehmen auf solche Attacken reagieren?
Das Einzige, was man machen kann, ist sich zu schützen. Denn ein
Dialog
mit solchen Extremisten ist schlicht unmöglich. Auf
gesetzgeberischer
Ebene werden militante Tierschützer viel zu milde angepackt. Die
Branche wünscht sich dringend klare Zeichen seitens des Bundes.
Erstens
müssen schärfere Strafmassnahmen eingeführt werden:
Diese Leute gehören
ins Gefängnis. Zweitens dürften ausländische Aktivisten
schon gar nicht
erst ins Land gelassen werden.
Wie viele Tierversuche gibt es jährlich in der Schweiz?
Ungefähr 731 000. Das sind über 70 Prozent weniger als vor
25 Jahren.
* Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz
--
Novartis spricht von Eskalation
Vor gut einer Woche wurde das Grab seiner Mutter geschändet. Am
Montag
nun wurde das Jagdhaus von Novartis-Chef Daniel Vasella in Tirol in
Brand gesteckt.
"Auf Grund der Spuren gehen wir von Brandstiftung aus", sagte der
Tiroler Polizeichef Walter Pupp. Kon krete Hinweise auf die Täter
oder
ein Motiv würden allerdings noch fehlen. Novartis dagegen hat
"keinen
Zweifel", dass die militante britische Tierschutzorganisation SHAC
hinter dem Brandanschlag steckt. Deren Ziel ist es, Pharmakonzerne von
Tierversuchen abzuhalten. "Die Situation mit SHAC ist endgültig
eskaliert", so Novartis-Sprecher Satoshi Sugimoto.
Gemäss des polizeilichen Inlandnachrichtendienstes (DAP) passt das
Vorgehen der Tat zur SHAC. DAP-Direktor Jürg Bühler
befürchtet, dass
"wir es jetzt möglicherweise mit einer neuen Kampfphase der
Tierschützer zu tun haben". SHAC-Mitarbeiterin Deb bie Vincent
wies die
Vorwürfe zurück: "Das ist nicht wahr."
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Info-Box
Bodyguard für Vasella
Nach den Aktionen gegen Daniel Vasella verstärkt Novartis jetzt
den
Personenschutz. Ein Mitarbeiter der Firma Vip-Security weiss: "Vasella
hatte bisher nur an öffentlichen Anlässen einen
Begleitschutz. Deshalb
rate ich ihm und seiner Familie, sich nun auch im Privatleben einen
24-Stunden-Bodyguard zuzulegen." Währenddessen ist auch die Zuger
Polizei um die Sicherheit des Novartis-Chefs besorgt: "Wir sind mit
Herrn Vasella und seinem Sicherheitsdienst in Kontakt", sagt Sprecher
Marcel Schlatter. Und weiter: "Wir sind jederzeit bereit." (dp)
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20min.ch 4.8.09
Britische Aktivisten
Der Terror der militanten "Tierfreunde"
von Peter Blunschi
Grossbritannien ist das Mutterland des militanten Tierschutzes.
Radikale Gruppen greifen dabei zu immer rabiateren Methoden. Das
Repertoire reicht von Brandanschlägen über
Leichenschändung bis zu
Pädophilie-Vorwürfen.
Hinter den Angriffen auf Novartis-Chef Daniel Vasella stecken
vermutlich britische Aktivisten. Das erstaunt nicht, denn nirgends ist
der Tierschutz-Gedanke so tief verankert wie auf der Insel. Bereits im
19. Jahrhundert, als sich im Rest der Welt noch kaum jemand für
die
Rechte des Tieres interessierte, gab es in Grossbritannien eine aktive
Bewegung. Sie wurde im Laufe der Zeit immer lautstärker und
militanter.
Bekannt ist etwa die Organisation PETA, die mit spektakulären und
meist
friedlichen Aktionen für Aufsehen sorgt.
Daneben hat sich eine gewaltbereite Szene entwickelt, für die vor
allem
die in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts gegründete Animal
Liberation Front (ALF) steht. Sie verfolgt ihre Ziele auf zwei Wegen:
die Befreiung von Tieren - wie es der Name sagt - aus Labors, Farmen
oder auch Zirkussen und Sabotageakte gegen Einrichtungen, die irgendwie
mit Tieren zu tun haben. Dazu gehören chemische Betriebe,
Schlachthöfe,
Tierhandlungen und Restaurants, die tierquälerische Produkte wie
Gänseleber anbieten.
Erfolge blieben nicht aus, die ALF brachte etwa die Pelztierzucht in
Grossbritannien zum Erliegen. Doch dabei blieb es nicht, vielmehr
gerieten zunehmend Menschen ins Visier der militanten "Tierfreunde".
1980 wurde die Garage eines Angestellten des Chemiekonzerns Glaxo
Wellcome verwüstet - dies gilt als erster direkt gegen eine
Einzelperson gerichteter Angriff der Aktivisten. Allerdings betonte die
ALF stets, dass bei ihren Aktionen weder Menschen noch Tiere zu Schaden
kommen sollen.
Gewalt gegen Menschen
Dies genügt den noch radikaleren Elementen nicht. In den 80er
Jahren
tauchte die Animal Rights Militia (ARM) auf. Ihr Emblem erinnert an die
deutsche Terrororganisation Rote Armee Fraktion (RAF), nur dass es
grün
statt rot ist. Ihre Anhänger glauben, dass die ALF "nicht weit
genug
geht", sie schliessen Gewalt gegen Menschen nicht aus. Gleich der erste
Anschlag sorgte für Aufsehen: Im Namen der ARM wurden 1982
Briefbomben
an Premierministerin Margaret Thatcher, den Innenminister und die Chefs
der drei Oppositionsparteien gesandt. Ein Mitarbeiter Thatchers erlitt
leichte Verbrennungen.
Weitere Anschläge folgten, und 1985 liess die ARM gegenüber
einer
Zeitung verlauten: "Wir werden bis zum Äussersten gehen, um die
mörderischen Aktivitäten der Tierschänder zu verhindern.
Wenn dies die
Tötung eines Menschen bedeutet, werden wir nicht davor
zurückschrecken." So weit kam es allerdings nie, und seit den 90er
Jahren haben sich die Aktivitäten der Extremisten vermehrt auf
Psychoterror verlagert.
Langjährige Haftstrafen
So wurden zwei Brüder, die Meerschweinchen für das Tierlabor
Huntington
Life Sciences züchteten, mit einer sechsjährigen Kampagne
regelrecht
zermürbt. Der Leichnam der Schwiegermutter eines Bruders wurde von
einem Friedhof gestohlen und in einem Wald vergraben. Der andere Bruder
wurde der Pädophilie bezichtigt. Solche "Erfolge" stacheln die
Aktivisten an, und die Familien der "Tierschänder" werden nicht
verschont, sie werden Opfer von Telefonterror und anderen
Einschüchterungsversuchen.
Die Behörden blieben keineswegs untätig. Zahlreiche militante
Tierschützer wurden als Brandstifter oder Bombenleger zu teils
langjährigen Haftstrafen verurteilt. Zudem gibt es Bestrebungen in
Grossbritannien und den USA, Organisationen wie die ALF als
terroristische Vereinigungen einzustufen. Denn längst haben sie in
anderen Ländern Nachahmer gefunden, auch in der Schweiz.
"Tiermissbrauch geschieht zu jeder Zeit in jeder Ecke der Welt. Wo wir
ihn finden, müssen wir ihn bekämpfen", erklärte Greg
Avery, Gründer von
Stop Huntington Animal Cruelty (SHAC), 2006 aus dem Gefängnis.
Seine
Organisation gilt als mögliche Urheberin der Aktionen gegen Daniel
Vasella.
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Link-Box
Chronik der ALF-Aktivitäten
http://en.wikipedia.org/wiki/Timeline_of_Animal_Liberation_Front_actions
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ANTI-ATOM
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Aargauer Zeitung 5.8.09
Schlechte Koordination im AKW Beznau
Der Zwischenfall mit zwei verstrahlten Mitarbeitern im Kernkraftwerk
Beznau ist weitgehend geklärt: Bei der Revision von Block 2 sind
zwei
Arbeiten gleichzeitig statt gestaffelt durchgeführt worden.
Dadurch
stieg die Radioaktivität in einem Raum unterhalb des
Reaktordruckbehälters sprunghaft auf 1500 Millisievert pro Stunde
an.
Beim Montieren einer Überwachungskamera bekam der eine Mitarbeiter
37,8, der andere eine Strahlendosis von 25,4 Millisievert. Erlaubt
wäre
eine Jahresdosis von 20 Millisievert. Gesundheitliche Folgen sind aber
nicht zu befürchten. (Lü.) Seite 21
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Schwerster Fall der letzten Jahre
Warum zwei Arbeiter im Atomkraftwerk Beznau 2 eine zu hohe
Strahlendosis erhielten
Zum Zwischenfall im AKW Beznau 2 kam es bei der Revision: Unterhalb des
Reaktors haben zwei Mitarbeiter eine Strahlendosis von 37,8 und 25,4
Millisievert erhalten. Erlaubt wären nur 20 mSv im Jahr.
Hans Lüthi
Die schlechte Nachricht: Das hätte nicht passieren dürfen, es
geschah
typischerweise während der Revision von Block 2 im AKW Beznau.
Für die
eineinhalb Monate Stillstand seit Ende Juli sind neben den 500
Beznau-Mitarbeitern 300 von Fremdfirmen für die aufwändige
Revision im
Einsatz. Das erschwert die Koordination, der Zwischenfall geschah am
Montag um 9.30 Uhr (MZ von gestern). Zwei Arbeiten wurden gleichzeitig
ausgeführt, die man gestaffelt hätte machen müssen.
Für die
Druckprüfung des Primärkreises müssen alle zehn Jahre
Prüfungen auch
unterhalb des Reaktordruckbehälters gemacht werden.
Plötzlich eine sehr hohe Strahlung
Die zwei Männer, 49 und 58 Jahre alt, waren in einem Raum damit
beschäftigt, eine Überwachungskamera zu installieren. Zur
gleichen Zeit
wurden von einem anderen Raum aus die Innenrohre eines Doppelrohrs aus
dem Reaktordruckbehälter gezogen. Weil diese stark strahlen,
schnellte
die Dosisleistung unvermittelt auf 1500 Millisievert pro Stunde. "Dem
Elektrotechniker des KKB stand ein Strahlenschützer einer externen
Firma zur Seite. Sein Messgerät schlug Alarm, worauf die beiden
Männer
den Raum sofort verliessen. Sie waren rund 90 Sekunden der Strahlung
ausgesetzt." So umschreibt Markus Straub von der Aufsichtsbehörde
"das
punkto Strahlenbelastung schwerste Vorkommnis in den letzten Jahren".
Straub leitet die Sektion für Recht, Information, Forschung und
Internationales beim Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat
(Ensi). Die Reaktion der sofort informierten Behörde: "Wir haben
ein
Inspektorenteam vor Ort geschickt und verlangen vom Betreiber eine
genaue Analyse, damit es nicht mehr zu einer vergleichbaren Situation
kommen kann", betont Straub.
Keine gesundheitlichen Schäden
Die gute Nachricht: Das Ereignis hat keine gesundheitlichen Folgen
für
die Mitarbeiter, sie mussten nicht einmal einen Arzt aufsuchen.
Allerdings besteht eine berufliche Einschränkung; bis Ende Jahr
dürfen
sie jetzt nicht mehr als ein Millisievert erhalten. Für das
Personal
der AKW gilt in der Schweiz eine tief angesetzte Personen-Jahresdosis
von 20 Millisievert. "Damit sind wir auf der sicheren Seite, denn bis
100 Millisievert sind keine direkten gesundheitlichen Folgen zu
erwarten", erklärt Markus Straub.
Zum Vergleich: Die durchschnittliche Jahresdosis einer
Schweizerin
oder eines Schweizers beträgt 4 Millisievert, primär aus
natürlicher
Radioaktivität und medizinischen Anwendungen. Die berufsbedingte
Strahlendosis der Beznau-Mitarbeitenden lag 2008 bei durchschnittlich
0,6 Millisievert. Die Revision von Block 2 im AKW Beznau geht
inzwischen termingemäss weiter.
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Tagesanzeiger 5.8.09
Beznau: Leckes Ventil, luftiges Dach, verstrahlte Arbeiter
Die angejahrten Beznauer Reaktoren verzeichnen viel mehr Pannen als
andere AKW. Für die Betreiberin Axpo ist die Häufung "nicht
ausserordentlich".
Von Thomas Knellwolf, Basel
Die 2009er-Serie von Pleiten, Pech und Pannen im Atomkraftwerk Beznau
reisst nicht ab: Im Januar hatte ein fehlerhaftes Messgerät im
Kamin
von Block 1 falschen Alarm ausgelöst. Im März stellten
Sicherheitsfachleute fest, dass "bei Windgeschwindigkeiten von mehr als
120 Kilometern pro Stunde einzelne Bauteile des Dachstuhls des
Maschinenhauses überbeansprucht werden können". Die
"ungenügende
Festigkeit" hatte seit 1993 bestanden, "als die ursprüngliche
Dachhaut
durch eine leichtere ersetzt worden war". 16 lange Jahre hatte niemand
das Sicherheitsrisiko bemerkt. Damit nicht genug: Im Mai wurde "eine
erhöhte Jod- und Edelgas-Aktivität" im Beznau-1-Kamin
gemessen. Ein
undichtes Ventil war die Ursache der radioaktiven Verschmutzung, die
nicht ins Freie gelangte. Und vorgestern wurden zwei Arbeiter im
Beznau-2-Reaktor verstrahlt (TA von gestern). Laut dem
Eidgenössischen
Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) hatte die AKW-Crew bei ihrer
grossen Sommerrevision zwei Arbeitsgänge "ungenügend
koordiniert".
"Während zwei Arbeiter unterhalb des Reaktordruckbehälters
eine
Überwachungskamera anbrachten", erklärt Ensi-Sprecher Markus
Straub,
"zog ein anderes Team stark strahlende Rohre aus dem
Druckbehälter."
Das Inspektorat verortet die jüngste Panne auf der internationalen
Ereignisskala (Ines) immerhin auf Stufe 1: als Anomalie, die zu einer
vorübergehenden Risikoerhöhung führte. Die beiden
Arbeiter kamen -
zumindest kurzfristig - ohne gesundheitliche Schäden davon.
Mit vier "Vorkommnissen" im laufenden Jahr sind Beznau 1 und 2 einsame
Spitzenreiter in der Pannenrangliste. Die drei weiteren Schweizer AKW
vermeldeten 2009 bislang keine Zwischenfälle. Die beiden
Druckwasserreaktoren an der Aare sind sogar drauf und dran, ihren
gemeinsamen Rekord aus dem Jahr 2007 zu egalisieren. Damals hatte die
Aufsichtsbehörde des Bundes in den beiden fast 40-jährigen
Blöcken acht
"Vorkommnisse" verzeichnet - so viel wie nie zuvor in der Geschichte
der Schweizer Atomindustrie. 2008 waren es vier. Trotzdem attestiert
der Bund Beznau eine "gute Betriebssicherheit".
"Juristische Beurteilung im Gang"
Beznau-Besitzerin Axpo stellt nur eine "geringe Zahl von Vorkommissen"
fest, die laut Sprecherin Anahid Rickmann auch "nicht ausserordentlich
oder dramatisch sind". Leo Scherer von der Umweltorganisation
Greenpeace spricht hingegen von "dummen, groben und banalen Fehlern"
und meint weiter: "Offensichtlich sind die Betreiber des AKW Beznau
nicht imstande, die elementaren Sicherheitsvorschriften für ihre
Angestellten einzuhalten." Dies sei "nicht gerade Vertrauen erweckend
für eine Industrie, die einen Ausbau von Atomkraftwerken anstrebt".
Die Aufsichtsbehörde verlangt nun eine Analyse. Zudem droht ein
Strafverfahren. "Die juristische Beurteilung ist im Gang und
Bestandteil der Abklärungen über dieses Vorkommnis", sagt
Ensi-Sprecher
Straub. Im März war ein Beznau-Mitarbeiter gebüsst worden,
der ohne
korrekteDeklaration radioaktive Abfälle ins Zwischenlager
Würenlingen
geschafft hatte.
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NZZ 5.8.09
Mängel bei Arbeiten im AKW Beznau
Aufsichtsbehörde untersucht Arbeitsunfall
Döttingen, 4. Aug. (sda) Die Verstrahlung zweier
Mitarbeiter bei der
Jahresrevision im Block 2 des AKW Beznau am Montag ist auf
"ungenügende
Koordination der Arbeiten" zurückzuführen. Dies geht aus den
ersten
publizierten Erkenntnissen des Eidgenössischen
Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) hervor. Um eine Wiederholung
eines ähnlichen Falls zu verhindern, müssen im Werk nun
Massnahmen
erarbeitet werden. Bei den betroffenen zwei Personen handle es sich um
einen Mitarbeiter des AKW und um einen externen Mitarbeiter, der
für
die Revisionsarbeiten hinzugezogen worden sei, teilte der
Energiekonzern Axpo am Dienstag mit - die AKW-Betreiberin
Nordostschweizerische Kraftwerke AG gehört zur Axpo. Wo die beiden
Mitarbeiter nun eingesetzt werden, ist noch offen. Die bei ihnen
gemessenen Werte liegen bei 37,8 und 25,4 Millisievert (mSv). Für
beruflich strahlenexponierte Personen ist eine Strahlendosis von 20 mSv
pro Jahr zugelassen. Es bestehe für die Betroffenen indes keine
gesundheitliche Gefährdung, hiess es.
Der Block 2 war am Freitag für die Jahresrevision abgestellt
worden.
Das Schwergewicht der Arbeiten gilt den Hauptkomponenten des nuklearen
Teils. Gemäss dem ENSI war es am Montag bei den Vorbereitungen
für die
Druckprüfung des Primärkreises zum Zwischenfall gekommen.
Zwei
Mitarbeiter brachten im Raum unterhalb des Reaktordruckbehälters
eine
Kamera an. Während die beiden Personen unterhalb des
Reaktordruckbehälters arbeiteten, wurden von einem anderen Raum
aus
strahlende Rohrstücke aus dem Reaktordruckbehälter gezogen.
Ein
Messgerät warnte die beiden Mitarbeiter vor der stark
erhöhten
Strahlung. Sie verliessen die Arbeitsumgebung so rasch wie möglich.