MEDIENSPIEGEL 5.8.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (SLP)
- Neonazis + 1.8. Grenchen
- Gassenküche Solothurn etabliert
- Tierschutz vs Novartis: Wer war's?
- Anti-Atom: Verstrahlte Arbeiter in Beznau

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REITSCHULE
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Do 06.08.09
21.00 Uhr - SousLePont - Punk Night mit New Disaster (tex/usa) und local support

Sa 08.08.09
22:00 - Vorplatz - Culture Factory presents: Still Blazing (Reggae Jam) -  Zion Step (CH), Side By Cyde, Zion Sounds Int., Angle By Falle, Fi Meditation, Jonas Selekta

So 09.08.09
19.00 Uhr - Vorplatz - BBQ@Vorplatz
22.00 Uhr - SousLePont - Real McKenzies (Celtic-Punk), The Dreadnoughts (Pirate-Punk), DJ: Pat-Man & Scarlett O'Honey

Infos: www.reitschule.ch

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kulturagenda.be 6.8.09

Echter Punk mit billigem Whisky

The Real McKenzies kommen aus Vancouver und sind alte Hasen in der internationalen Punk-Szene. Seit Jahren ist die Band auch viel in den USA und in Europa unterwegs. Im Berner Sous le Pont heizen die Kanadier mit schottischem Folk-Punk ein.

Céilí, "Käi-lie" ausgesprochen, ist ein irischer Tanz. Aber auch das traditionelle irische Tanzfest nennt sich so. Für The Real McKenzies steht das gälische Wort für eine verrückte mehrtägige Party. Dieser Brauch war denn auch die Inspiration zur Gründung der keltischen Punkband. Frontmann Paul McKenzie wurde 1965 in Schottland geboren. Seine Familie wanderte Anfang der 70er-Jahre nach Vancouver aus. Als Teenager haute er für eine Weile von zu Hause ab, um in Detroit Punkkonzerte zu besuchen. Die Rebellion des Sängers hielt bis ins Erwachsenenalter an: McKenzie hat mit Alkoholexzessen schon öfters öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Aber der Sänger und seine Band sorgen auch musikalisch für Aufsehen: Auf der "North American Fat Tour" spielten The Real McKenzies 2003 über 30 ausverkaufte Konzerte. Es war die erfolgreichste Zeit der Kanadier, die nach wie vor im Zweijahresrhythmus ein neues Album auf den Markt bringen. Ihre letzte Platte, "Off the Leash", erschien 2008 bei ihrem Stammlabel Fat Wreck Chords. Seither sind sie wieder auf Tour.

Trauma und göttliche Vision

Die musikalische Ausrichtung von Paul McKenzie kommt nicht von ungefähr. Er soll als kleines Kind von seinen Eltern in einen Kilt gesteckt und gezwungen worden sein, zu traditioneller schottischer Musik zu singen und zu tanzen. Dieses Trauma habe er zu verarbeiten versucht, gab er in einem Interview zu Protokoll: Er rief aus purer Rache eine schottische Punkband ins Leben. So gründete er 1994 The Real McKenzies - dem Sänger zufolge aufgrund einer "göttlichen Vision ", die er hatte, während er sich gleichzeitig eine Platte der Sex Pistols und eine der schottischen Entertainerkoryphäe Andy Stewart anhörte. McKenzie greift vor allem auf alte schottische Volksweisen zurück, die er und seine Band mit der Energie des Punkrocks durchsetzen - der Dudelsack darf dabei natürlich nicht fehlen. McKenzie behauptet, dass die schottische Folkmusik ohne Unterstützung des Punk keine Zukunft habe. Traditionsbewusst ist aber nicht nur die Musik der Band, sondern auch ihr Bühnenoutfit: schottischer Kilt, inklusive Kniestrümpfen und Felltasche.

Keltische Seele in Bern

Zahlreiche Tourneen in den Staaten und in Europa verhalfen der Band zu einem soliden Namen in der internationalen Punkszene. Durch ihre exzessiven Auftritte laden sie das Publikum ein, zünftig mitzufeiern. Die aktuelle Tourneeroute der Real McKenzies führt diesen Sonntag auch nach Bern, wo sie sich im Sous le Pont der Reithalle ihre kanadische Keltenseele aus dem Leib rocken. Freunde von folkigem Punk à la The Pogues kommen dabei auf ihre Kosten. Übrigens geht der Bandname nicht (nur) auf den Gründer und Bandleader zurück, sondern steht für die billigste in Schottland erhältliche Whiskymarke.
Jamie Wong-Li

Reitschule, Sous le Pont, Bern
Im Vorprogramm: The Dreadnoughts
So., 9.8., 22 Uhr
www.souslepont.ch

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NEONAZIS GRENCHEN
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Solothurner Tagblatt 5.8.09

Bundesfeier

Wieder waren die Rechten da

Die Bundesfeier in Grenchen wurde auch heuer wieder von Rechtsextremen gestört. Am späten Abend beschimpfte einer, der sich selbst als Pnos-Mitglied bezeichnete, Stadtpräsident Boris Banga, der darauf hin Anzeige erstattete - das berichtete das Grenchner Tagblatt. Banga bestätigt die Anzeige gegenüber dieser Zeitung und erklärt: "Es ist schade, wenn eine Feier mit über 500 zufriedenen Gästen dadurch gestört wird." Es war nicht das erste Mal, das Rechtsextreme an der Bundesfeier in Grenchen aufkreuzten. Fernhalten kann man sie aber nicht, denn in diesen Fällen zieht der Wegweisungsartikel nicht, wie Grenchens Polizeikommandant Robert Gerber erklärt: "Präventiv kann man diesen Artikel nicht anwenden." Er führt aus: Wenn Rechtsextreme bei einem mehrtägigen Fest am ersten Tag Stunk machen würden, sei es möglich, sie für den Rest des Festes fernzuhalten. Denn dann werde eine Fernhalteverfügung ausgestellt, die aber höchstens für 30 Tage gelte. Sie von der Grenchner Bundesfeier zu vertreiben, wäre nur dann möglich, wenn sie gleich zu Beginn der Feier Probleme bereiten und dann sofort die Polizei gerufen wird.

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GASSENKÜCHE SOLOTHURN
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Solothurner Tagblatt 5.8.09

Gassenküche

Sanfte Landung für Adler

Der Adler ist sanft in der Vorstadt gelandet. In den drei Monaten seit der Eröffnung der Gassenküche und der Kontakt- und Anlaufstelle im Restaurant Adler in der Vorstadt kam es erst zu einer einzigen Beschwerde. Auch die Stadtpolizei musste erst einmal eingreifen. "Ich finde, wir sind gut am neuen Standort angekommen", sagt Perspektive-Geschäftsführer Roberto Zanetti. Eine Auffassung, die er mit Martin Tschumi, Präsident der Vereinigung Pro Vorstadt, teilt. "Es ist eigentlich kein Problem", bilanziert er. Einige Anwohner zeigen sich aber nach wie vor "besorgt".rah

Seite 21

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Drei Monate Gassenküche in der Vorstadt

"Es ist eigentlich kein Problem"

Vor der Eröffnung der Gassenküche im Adler war der Widerstand der Anwohner heftig. Jetzt, drei Monate nach der Eröffnung, haben sich die Wogen geglättet. Die meisten Anwohner haben sich mit ihren neuen Nachbarn arrangiert.

Es war eine schwierige Landung. Fast fünf Jahre lang wurde um das "Adler"-Projekt gestritten. Bis vor Bundesgericht zogen einige Anwohner ihre Beschwerden gegen eine Gassenküche und eine Kontakt- und Anlaufstelle in ihrer Nachbarschaft. Jetzt, knapp drei Monate nachdem der Adler seine Tore geöffnet hat, scheinen sich die Anwohner mit ihren neuen Nachbarn mehrheitlich arrangiert zu haben.

Eine einzige Beschwerde

"Seit der Eröffnung ist bei mir eine einzige schriftliche Beschwerde eingegangen", sagt Perspektive-Geschäftsführer Roberto Zanetti. Einige betrunkene Adler-Gäste hätten zu viel Lärm veranstaltet, monierte ein Anwohner. Einmal hat sich zudem die Wirtin des Restaurants Sonne - direkt vis-à-vis vom Adler - telefonisch an Zanetti gewandt, weil es sich einige Adler-Gäste auf ihrem Fenstersims gemütlich gemacht haben. "Ich nehme diese Beschwerde sehr ernst", so Zanetti. Grundsätzlich ist er aber mit dem Start in der Vorstadt sehr zufrieden. "Ich finde, wir sind gut am neuen Standort angekommen."

Martin Tschumi, Präsident der Vereinigung Pro Vorstadt, teilt Zanetti s Auffassung. "Es ist eigentlich kein Problem", bilanziert er. Das "Adlervolk" sei jetzt halt vermehrt in der Vorstadt präsent, verhalte sich aber in der Regel anständig. Für die Hausbesitzer in der direkten Umgebung seien die neuen Nachbarn sicherlich nicht ideal, "aber der Drogenkonsum spielt sich ja zum Glück im Innern des Adlers ab", meint Tschumi und spricht Perspektive ein dickes Lob aus: "Sie haben ihre Leute im Griff."

Ein weiteres Lob erteilt Tschumi der neuen äusserlichen Erscheinung des Adlers. "Durch die Renovierung ist der Adler ein wahres Schmuckstück geworden. Solche schönen Fassaden tun der Vorstadt gut."

Mehr Dealer?

Ganz ohne Nebengeräusche gingen die ersten drei Monate für den Adler jedoch nicht vonstatten.

Wenn man sich bei den Nachbarn umhört, sagen einige, dass sich seit der Eröffnung mehr Dealer in der Vorstadt aufhalten würden als vorher. Auch wissen manche von störendem Verhalten von betrunkenen Adler-Gästen zu berichten. Einige Anwohner zeigen sich nach wie vor "besorgt", das "Schlimmste" sei aber nicht eingetroffen, so der Tenor unter den Besorgten.

Die Stadtpolizei hat in den letzten drei Monaten lediglich einmal wegen dem Adler ausrücken müssen, weiss Kommandant Peter Fedeli. Zu den Behauptungen wegen den Dealern meint er: "Es ist möglich, dass wegen unseren vermehrten Einsätzen beim Bahnhof und beim Gewerbeschulhaus eine Verlagerung stattgefunden hat."

Wirkung auf Amthausplatz

Bereits eine Woche nach der Eröffnung zeigte sich dank dem Adler ein positive Wirkung auf dem Amthausplatz. Die "Alki-Szene" war dort fast komplett verschwunden (wir berichteten). Eine Wirkung, die bis jetzt anhält, wie Fedeli sagt. "Die Leute wissen, dass wir dort keine Ansammlungen tolerieren und sie halten sich mehrheitlich auch sich an die Auflagen", so Fedeli. In zwei Fällen mussten allerdings Fernhalteverfügungen ausgesprochen werden.

Letzte Wochen hielten sich dennoch einige Male mehrere Randständige auf dem Amthausplatz auf. Die Erklärung dafür ist aber einfach: Die Gassenküche hatte ein Woche lang Betriebsferien.

Ralph Heiniger

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TIERSCHUTZ VS NOVARTIS
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Bund 5.8.09

Die Rächer der Ratten, Mäuse und Affen

Für die Angriffe auf Novartis-Chef Vasella sollen militante Tierschützer aus England verantwortlich sein - wer sind sie?

Der Arm der englischen Tierschutzguerilla reicht bis in die Schweiz. Sie ist netzwerkartig organisiert und lebt von Spendengeldern. Novartis glaubt, dass sie Vasellas Haus angezündet hat.

Dario Venutti

Sie fliegen für ein paar Tage oder Wochen aus England in die Schweiz, rekrutieren Studenten gegen Bezahlung für Demonstrationen und diskreditieren Mitarbeiter von Pharmaunternehmen öffentlich als Pädophile. Dann verschwinden sie wieder. Oder sie schicken Sympathisanten aus Belgien und Holland für Aktionen nach Basel und Genf.

Die englische Tierschutzguerilla verfährt seit Jahren nach diesem Muster. Ihr wird die Schändung des Grabs von Daniel Vasellas Mutter und die Brandstiftung in dessen Ferienhaus in Österreich angelastet. Welche Organisation explizit die Taten verübt hat, ist unklar, doch tragen sie die Handschrift von SHAC (Stop Huntingdon Animal Cruelty). Für SHAC ist Gewalt ein legitimes Mittel, die Stilllegung des in Europa grössten Tierversuchslabors in Huntingdon bei Cambridge zu erreichen. Dort werden jährlich Tests an rund 70000 Tieren vorgenommen, hauptsächlich an Ratten und Mäusen. Ungefähr 700 Versuche entfallen auf Hunde und Affen. Die Tiere werden meistens getötet.

Dass in Huntingdon zumindest früher Grausamkeiten verübt wurden, belegen Verurteilungen von Mitarbeitern in den 90er-Jahren und heimlich gedrehtes Videomaterial. Unter dem Eindruck der im britischen Fernsehen ausgestrahlten Bilder gründeten Tierschutzaktivisten 1999 SHAC. Die Organisation, die sich als Bewegung versteht, hat in der Zwischenzeit ein weltweites Netzwerk errichtet. Dass sie in der Schweiz eine ständige Vertretung hat, glaubt Jürg Bühler, Direktor des Inlandgeheimdienstes, allerdings nicht. SHAC arbeite mit andern militanten Tierschutzorganisationen wie der ebenfalls englischen Animals Liberation Front (ALF) zusammen. ALF habe mehr feste Aktivisten in der Schweiz.

Unzimperliche Mittel

Laut einem Bericht des "Le Monde diplomatique" von 2004 behandelte das Labor in Huntingdon die Tiere "nicht schlecht". SHAC genügte diese Feststellung nicht. Die Organisation ging dazu über, die Kunden des Labors mit unzimperlichen Mitteln unter Druck zu setzen. Aktivisten zündeten Autos an, legten Feuerbomben oder verprügelten Kunden und Mitarbeiter. Trotz der Militanz ist bis heute niemand ums Leben gekommen oder schwer verletzt worden.

Als Folge der Aktionen kündigten zahlreiche Unternehmen ihre Verträge mit dem Tierversuchslabor - bis hin zum Taxiunternehmen, das lediglich Kunden und Mitarbeiter bediente. Das Labor musste eine eigene Wäscherei aufbauen, eine eigene Kantine und einen eigenen Sicherheitsdienst. Rund 400 Opfer der Aktionen von SHAC organisierten sich in einer Vereinigung, weil sie unter nervösen Störungen litten. Novartis sei seit Jahren kein Kunde des Labors mehr, sagt ein Sprecher des Pharmariesen. Offensichtlich glaubt ihm das SHAC aber nicht.

SHAC geht es darum, das Labor in Huntingdon in den Konkurs zu treiben, was der Organisation zu Beginn des Jahrtausends auch beinahe gelungen wäre. Die Aktionäre des Unternehmens zogen sich zurück, und die Banken waren nicht mehr bereit, dem Unternehmen Geld zu leihen. SHAC hatte das britische Aktienrecht ausgenutzt: Dieses schreibt vor, Namen und Adressen von Aktionären offenzulegen. Also demonstrierten die Tierschützer in den Vorgärten von Kleinanlegern, blockierten die Eingänge zu Investment-Banken und verwüsteten die Privatwohnungen von Grossaktionären. Der Staat hatte das Unternehmen retten müssen.

Das Labor verlegte seinen Firmensitz in die USA, wo das Aktienrecht weniger Transparenz vorschreibt. Es gewann neue Aktionäre und erholte sich allmählich. Das letzte Jahr schloss es mit einem "soliden Profit" ab, wie sein Chef Andrew Baker sagt. Ebenfalls 2008 schien SHAC vor dem Ende zu stehen: Die Polizei verhaftete sieben führende Köpfe der Organisation, die teilweise zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.

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Roche aus Schusslinie

"Drop Huntington Life Sciences or you dead!", sprayten militante Tierschützer im Frühling 2006 an ein Garagentor im Basler Nobelquartier Bruderholz. Das Garagentor gehörte dem Nachbarn einer Roche-Erbin. Gleichentags klebten Unbekannte die Schlösser am Haus eines Roche-Angestellten mit Leim zu und verschmierten das Haus mit Farbe. Obwohl die Tierschützer aus dem Dunstkreis von SHAC (vgl. Hauptartikel) im Falle der Roche-Erbin danebensprayten, haben sie ihr Ziel mittlerweile erreicht. Roche hat die Zusammenarbeit mit dem umstrittenen Tierversuchslabor Huntingdon Life Sciences (HLS) eingestellt. Laut SHAC hat "Roche nach einem Treffen mit Tierschutzaktivisten erklärt, nicht mehr mit HLS zusammenzuarbeiten, und ist damit Exkunde". Auch ohne Roche bleiben den militanten Tierschützern in der Schweiz genügend Ziele. SHAC führt eine detaillierte Liste von Pharma-Unternehmen, die mutmasslich Kunden von HLS sind. Die Ermittlungen im Fall der Friedhofschändung und des Brandanschlags auf Vasellas Jagdhütte laufen. Weder die Churer Kantonspolizei noch das Tiroler Landeskriminalamt haben bisher eine Zugehörigkeit der Täter zu englischen Extremistengruppen nachweisen können. (thi)

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BZ 5.8.09

Militante Tierschützer

Die Spur führt nach England

Mitarbeitende des Pharmakonzerns Novartis leiden unter Anschlägen und Drohungen. Jetzt ist auch der Chef davon betroffen.

Am frühen Montagmorgen ging das Jagdhaus von Novartis-Chef Daniel Vasella in Flammen auf, vor Wochenfrist war das Grab seiner Eltern in Chur geschändet worden. Offiziell hat noch niemand die Verantwortung übernommen, aber die Polizei geht davon aus, dass die Anschläge auf das Konto von militanten britischen Tierschützern gehen. Besonders die Organisation Stop Huntingdon Animal Cruelty (SHAC) steht im Visier, denn der Grabstein von Vasellas Eltern war mit den Worten beschmiert: "Drop HLS now" - etwa: Lass sofort die Finger von HLS. Mit diesen Kürzeln ist Huntingdon Life Sciences gemeint, eines der grössten Tierversuchsunternehmen Europas. Es steht seit Jahren im Fadenkreuz britischer Tierschutzorganisationen wie Animal Liberation Front (ALF), Animal Rights Militia oder eben SHAC, welche die Verantwortung für die Taten jedoch zurückweist.

Protest nur erster Schritt

Demonstrationen und öffentlicher Protest sind nur der erste Schritt. Mit sogenannten "direkten Aktionen" versuchen die Tierschützer den Druck zu erhöhen, wobei auch sekundäre und tertiäre Zielgruppen ins Visier geraten wie Zulieferer und wiederum deren Geschäftskunden. Die Aktionen reichen von Bombenalarmen, Einschüchterung der Mitarbeiter durch die Veröffentlichung von Namen und Adressen im Internet über Sprengsätze unterm Auto bis zu Brandanschlägen auf Häuser von Führungskräften. SHAC hat in der Vergangenheit jedermann, der in irgendeiner Verbindung zu HLS stand, mit Repressalien gedroht und viele ausgeführt.

Ähnliche Aktionen

Novartis' Beteuerung, keine Geschäftsverbindungen mehr mit HLS zu haben, wird seitens der militanten Tierschützer offensichtlich nicht geglaubt. Schon vor zwei Jahren wurde die Firma zur Zielscheibe von Aktivisten der Gruppe Animal Rights Militia. Diese behaupteten, Hunderte Tuben von Novartis' antiseptischer Salbe Savlon vergiftet zu haben. Zwar fand sich in keiner einzigen Gift, aber der wirtschaftliche Schaden war angerichtet. Der Diebstahl der Urne von Vasellas Mutter spiegelt den Fall von Gladys Hammond, deren sterbliche Überreste von SHAC 2004 aus dem Grab gestohlen wurden, um ihren Schwiegersohn dazu zu bewegen, keine Meerschweinchen mehr für Versuchszwecke an HLS zu verkaufen.

Im Mai 2007 wurde mit der sogenannten "Operation Achilles" weitflächig gegen militante Tierschützer in England, Belgien und den Niederlanden vorgegangen. Den Drahtziehern wurde der Prozess gemacht, sie erhielten für ihre Terrorkampagnen Gefängnisstrafen zwischen vier und elf Jahren. Die Polizei schätzt, dass mittlerweile rund drei Viertel der militantesten Tierschützer hinter Schloss und Riegel stecken.

Jochen Wittmann

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Tagesanzeiger 5.8.09

Warum Roche nicht mehr von Tierschützern bedroht wird

Pharmamulti Roche hat die Zusammenarbeit mit dem Tierversuchslabor HLS eingestellt. Tierschützer hatten auch eine Roche-Erbin massiv eingeschüchtert.

Von Maurice Thiriet

"Drop Huntingdon Life Sciences or you dead!", sprayten militante Tierschützer Im Frühling 2006 an ein Garagentor im Basler Nobelquartier Bruderholz. Das Garagentor gehörte dem Nachbarn einer Roche-Erbin. Gleichentags klebten Unbekannte die Schlösser am Haus eines Roche-Angestellten mit Leim zu und verschmierten das Haus mit Farbe. Obwohl die Tierschützer aus dem Dunstkreis von SHAC (siehe Bericht oben) im Falle der Roche-Erbin danebensprayten, haben sie ihr Ziel mittlerweile erreicht. Roche hat die Zusammenarbeit mit dem umstrittenen Tierversuchslabor Huntingdon Life Sciences (HLS) eingestellt. Laut SHAC hat "Roche nach einem Treffen mit Tierschutzaktivisten erklärt, nicht mehr mit HLS zusammenzuarbeiten, und ist damit Ex-Kunde". Eine Roche-Sprecherin wollte sich auf Anfrage zu "Verhältnissen mit Auftragnehmern generell nicht äussern".

Auch wenn Roche sich mittlerweile aus der Schusslinie der militanten Tierschützer genommen hat, bleiben diesen in der Schweiz genügend Ziele. SHAC führt eine detaillierte Liste von Pharma-Unternehmen, die mutmasslich Kunden von HLS sind. 14 davon haben den Geschäftssitz oder eine Filiale in der Schweiz, darunter alle "Top Three Targets". Auf ihrer Internetpräsenz ruft die SHAC dazu auf, die Firmen und ihre Mitarbeiter per Telefon dazu aufzufordern, die Zusammenarbeit mit HLS einzustellen. Einen expliziten Gewaltaufruf gibt es nicht. Nach Einschätzung des Zürcher Anwalts Robert Briner, der auf Internetrecht spezialisiert ist, sind die Aktionsanleitungen auf der SHAC-Homepage sorgfältig austariert. "Zwar findet sich kein justiziabler Aufruf zur Gewalt, aber es ist auf den ersten Blick klar, dass Gewalt nicht verurteilt wird", sagt Briner.

Unter den solchermassen angepeilten Zielen von SHAC finden sich vier grosse Basler Chemie-Multis. Die Basler Polizei übt sich trotz der erhöhten Gefahrenlage - nach Anschlägen gegen Einrichtungen, Mitarbeiter und CEO Daniel Vasella von Novartis (TA von gestern) - in Gelassenheit. "Mit militanten Tierschützern haben wir seit mehreren Jahren zu tun. Wir stehen in ständigem Kontakt mit der Pharmaindustrie", sagt Klaus Mannhart, Sprecher der Kantonspolizei Basel-Stadt. Zwei der "Top Three Targets" befinden sich im Kanton Zug. Auch dort ist man unaufgeregt. Bis auf einen Vorfall in Daniel Vasellas Wohngemeinde Risch seien keine Übergriffe gegen Pharma-Mitarbeiter angezeigt worden. Dennoch tauscht sich die Zuger Kantonspolizei nach eigenen Angaben derzeit etwas reger mit dem Inlandgeheimdienst DAP über die militanten Tierschützer aus.

Die Ermittlungen im Fall der Friedhofschändung und des Brandanschlags auf Vasellas Tiroler Jagdhütte laufen. Weder die Churer Kantonspolizei noch das Tiroler Landeskriminalamt haben bisher eine Zugehörigkeit der Täter zu englischen Extremistengruppen nachweisen können. Novartis hat aber "keinen Zweifel daran, dass es sich bei den jüngsten Anschlägen in Tirol, Chur, Risch und zuvor in den vergangenen Monaten in der Grossregion Basel um dieselbe militante Täterschaft handelt", wie ein Sprecher sagt.

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NZZ 5.8.09

Jagdhaus des Novartis-Chefs niedergebrannt

Militante Tierschützer als Urheber des Feuers in Tirol vermutet

 In der Nacht auf den Montag ist das Tiroler Jagdhaus des Novartis-Chefs Daniel Vasella abgebrannt. Das Feuer war offenbar gelegt worden. Der Verdacht richtet sich gegen militante britische Tierschützer, die mit rabiaten Mitteln gegen Tierversuche kämpfen.

 cer. Wien, 4. August

 Ein Brand im Jagdhaus des Novartis-Chefs Daniel Vasella inmitten der Tiroler Ortschaft Bach im Lechtal (Bezirk Reutte) hat in der Nacht auf den Montag Sachschaden in unbekannter Höhe verursacht. Verletzt wurde niemand. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Dem Feuer waren andere Aktionen vorangegangen, die ebenfalls gegen Novartis bzw. Vasella und dessen Mitarbeiter gerichtet waren. Autos und auch eine firmeneigene Sportanlage wurden in Brand gesteckt, ein leitender Angestellter des Basler Pharmakonzerns wurde mit Sprayinschriften an seinem Wohnort des Kindsmissbrauchs bezichtigt, und vor einer Woche schändeten Unbekannte das Grab von Vasellas Eltern auf einem Churer Friedhof. Sie stahlen die Urne seiner Mutter und hinterliessen auf dem Grabstein die Warnung "Drop HLS now" - lass HLS fallen!

 Biotechnologieunternehmen im Visier

 HLS steht für das britische Biotechnologieunternehmen Huntingdon Life Sciences mit Sitz in Huntingdon bei Cambridge. Tatverdächtig ist die militante Tierschutzorganisation Stop Huntingdon Animal Cruelty (Shac), die für die Schliessung von HLS kämpft (vgl. Kasten). Das Unternehmen führt im Auftrag verschiedener Pharmaunternehmen Tierversuche durch. Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur SDA lässt der Basler Konzern seit Jahren keine Studien oder Arbeiten mehr bei HLS ausführen.

 Beim Brand schwer beschädigt wurde das zum Jagdhaus gehörende Wirtschaftsgebäude, insbesondere dessen mit Holzschindeln bedeckte Fassade. In dem Gebäude befinden sich Kühlräume, Magazine zur Aufbewahrung von Jagdtrophäen und Garagen. Das Gebäude war zum Zeitpunkt des Brandes nicht bewohnt. Das Feuer war von einem deutschen Feriengast entdeckt worden, der kurz nach drei Uhr morgens einen dumpfen Knall vernommen und dann die Flammen gesehen hatte. Diese hatten zu jenem Zeitpunkt bereits auf das Nachbarhaus übergegriffen. Der Mann alarmierte umgehend die Polizei; über hundert Feuerwehrleute bekämpften die meterhohen Flammen. Nach etwa einer Stunde konnten sie das Feuer, das sich explosionsartig ausgebreitet hatte, unter Kontrolle bringen.

 Polizei ermittelt in alle Richtungen

 Der Leiter des Tiroler Landeskriminalamtes, Walter Pupp, erklärte am Dienstag gegenüber der österreichischen Nachrichtenagentur APA, die Polizei ermittle in alle Richtungen. Es wäre falsch, die Nachforschungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf militante Tierschützer einzuengen, erklärte der Polizeichef. Bis jetzt gebe es keinen konkreten Hinweis auf eine bestimmte Täterschaft. Pupp machte auch keine Angaben zum Brandbeschleuniger, den die Täter eingesetzt hatten.

 Novartis selbst scheint von einer Verwicklung der militanten britischen Tierschützer in die Feuersbrunst vom Montag sowie in die früheren Anschläge überzeugt zu sein. Es handle sich um Brandstiftung mit einem professionellen Brandbeschleuniger, bestätigte der Konzern am Dienstag Berichte von "Tages-Anzeiger" und "Blick".

 Daniel Vasella flog am Montagmittag mit einem Helikopter ins Lechtal, um sich an Ort und Stelle ein Bild von den Schäden zu machen. Er besitzt das Anwesen seit 2007. Er pachtet im Ausserfern ein 4000 Hektaren grosses Jagdrevier.

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 Zermürbungstaktik mit Drohungen und Verleumdungen

 web. London, 4. August. Rufmord, Erpressung, Bedrohung und falsche Briefbomben - wenn es um Tierversuche geht, wird eine Minderheit der britischen Tierschützer zu Rächern der Labormäuse und terrorisiert Firmen, die mit den Versuchen zu tun haben. Im Januar dieses Jahres wurden sieben Mitglieder der Gruppe Stop Huntingdon Animal Cruelty (Shac) zu Gefängnisstrafen zwischen vier und elf Jahren verurteilt. Während sechs Jahren hatten sie eine Kampagne gegen Unternehmen geführt, die mit der Firma Huntingdon Life Sciences (HLS) in Cambridgeshire in Verbindung standen. HLS ist eines der grössten Tierversuchslabors Europas und testet pharmazeutische Produkte und Gebrauchs-Chemikalien.

 Shac hat sich zum Ziel gesetzt, die Geschäftspartner von HLS so lange zu bedrohen, bis sie ihre Beziehung zu dem Unternehmen abbrechen. Anhänger der Organisation beschuldigten Manager der Pädophilie, bedrohten sie per Telefon und E-Mail, schickten Pakete mit falschen Bomben, sandten ihnen gebrauchte Damenbinden, beschmierten Häuser. Die im Januar verurteilten Shac-Mitglieder wurden vom Gericht des Komplotts zu einer Erpressung für schuldig befunden. "Nur des Komplotts zu einer Erpressung, aber nicht der Erpressung selber; eine solche Behauptung wäre Rufmord", betont Debbie Vincent von Shac. Zum Anschlag auf Daniel Vasellas Jagdsitz in Tirol sagt die Sprecherin: "Shac hat damit nichts zu tun, wir haben Tausende von Anhängern auf der ganzen Welt, wir können nicht alle kontrollieren."

 In einem Communiqué erklärt die Organisation, Shac sei eine Basisbewegung. Sollten unbekannte Anti-Vivisektionisten und ähnlich Gesinnte den Anschlag durchgeführt haben, sei dies aus Verärgerung über die Zusammenarbeit von Novartis mit HLS geschehen. Es folgt ein langes Pamphlet gegen Tierversuche, das mit der Feststellung endet, man sei gewillt, mit Novartis zusammenzusitzen und diese Anliegen zu diskutieren, doch die Kampagne gegen das Unternehmen werde so lange fortdauern, bis das Unternehmen aufhöre, HLS Aufträge zu geben.

 Shac wurde 1999 von Gregg Avery, dessen erster Frau Heather Nicholson und Natasha Dallemagne, später Averys zweiter Frau, gegründet. Die drei gehören zu den sieben im vergangenen Januar Verurteilten. Die Gruppe wuchs schnell, und die Kampagne gegen HLS stiess in Grossbritannien zunächst auf grosse Unterstützung, denn wenige Jahre zuvor hatte der Fernsehsender Channel 4 über Missstände in der Tierhaltung berichtet. Der Organisation floss viel Geld zu, und sie vermochte einige Jahre lang den Volkszorn gegen jegliche Art von Tierversuchen zu schüren. Die Universität Cambridge gab ihr Projekt für ein Primatenforschungszentrum auf, die Bauarbeiten am Labor von Oxford ruhten über ein Jahr lang, weil sich das Bauunternehmen aus Angst um die Arbeiter zurückgezogen hatte.

 Doch die Stimmung in der Öffentlichkeit scheint seit einigen Jahren umzuschlagen, vor allem nach der Verhaftung der Drahtzieher. Diese haben allerdings nicht selbst die Giftfedern geführt - das Drohen und Zündeln überliessen sie andern. Die Website von Shac gibt lediglich die Adressen jener Unternehmen bekannt, welche die Organisation ins Visier genommen hat.

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20min.ch 4.8.09

Attacke auf Novartis

"Die Gruppe ist extrem gefährlich"

von Désirée Pomper

Thomas Cueni, Geschäftsführer der Interpharma*, über den Konflikt zwischen der Pharmaindustrie und militanten Tierschützern.

Herr Cueni, überraschen Sie die Angriffe gegen Novartis-CEO Daniel Vasella?

Thomas Cueni: Absolut. Politische Diskussionen werden in der Schweiz nicht auf diese Art und Weise geführt. Es wurden massiv Grenzen überschritten und die Privatsphäre von Herrn Vasella verletzt.

Bei den Tätern handelt es sich laut Novartis wohl um die militante englische Tierschutzorganisation SHAC. Wie schätzen Sie deren Gewaltpotential ein?

Es handelt sich um eine extrem gefährliche Gruppe. Bei Brandanschlägen auf Häuser oder Autos können durchaus auch Menschen zu Schaden kommen.

Wie sollen Unternehmen auf solche Attacken reagieren?

Das Einzige, was man machen kann, ist sich zu schützen. Denn ein Dialog mit solchen Extremisten ist schlicht unmöglich. Auf gesetzgeberischer Ebene werden militante Tierschützer viel zu milde angepackt. Die Branche wünscht sich dringend klare Zeichen seitens des Bundes. Erstens müssen schärfere Strafmassnahmen eingeführt werden: Diese Leute gehören ins Gefängnis. Zweitens dürften ausländische Aktivisten schon gar nicht erst ins Land gelassen werden.

Wie viele Tierversuche gibt es jährlich in der Schweiz?

Ungefähr 731  000. Das sind über 70 Prozent weniger als vor 25 Jahren.

* Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz

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Novartis spricht von Eskalation

Vor gut einer Woche wurde das Grab seiner Mutter geschändet. Am Montag nun wurde das Jagdhaus von Novartis-Chef Daniel Vasella in Tirol in Brand gesteckt.

"Auf Grund der Spuren gehen wir von Brandstiftung aus", sagte der Tiroler Polizeichef Walter Pupp. Kon krete Hinweise auf die Täter oder ein Motiv würden allerdings noch fehlen. Novartis dagegen hat "keinen Zweifel", dass die militante britische Tierschutzorganisation SHAC hinter dem Brandanschlag steckt. Deren Ziel ist es, Pharmakonzerne von Tierversuchen abzuhalten. "Die Situation mit SHAC ist endgültig eskaliert", so Novartis-Sprecher Satoshi Sugimoto.

Gemäss des polizeilichen Inlandnachrichtendienstes (DAP) passt das Vorgehen der Tat zur SHAC. DAP-Direktor Jürg Bühler befürchtet, dass "wir es jetzt möglicherweise mit einer neuen Kampfphase der Tierschützer zu tun haben". SHAC-Mitarbeiterin Deb bie Vincent wies die Vorwürfe zurück: "Das ist nicht wahr."

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Info-Box

Bodyguard für Vasella

Nach den Aktionen gegen Daniel Vasella verstärkt Novartis jetzt den Personenschutz. Ein Mitarbeiter der Firma Vip-Security weiss: "Vasella hatte bisher nur an öffentlichen Anlässen einen Begleitschutz. Deshalb
rate ich ihm und seiner Familie, sich nun auch im Privatleben einen 24-Stunden-Bodyguard zuzulegen." Währenddessen ist auch die Zuger Polizei um die Sicherheit des Novartis-Chefs besorgt: "Wir sind mit Herrn Vasella und seinem Sicherheitsdienst in Kontakt", sagt Sprecher Marcel Schlatter. Und weiter: "Wir sind jederzeit bereit." (dp)

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20min.ch 4.8.09

Britische Aktivisten

Der Terror der militanten "Tierfreunde"

von Peter Blunschi

Grossbritannien ist das Mutterland des militanten Tierschutzes. Radikale Gruppen greifen dabei zu immer rabiateren Methoden. Das Repertoire reicht von Brandanschlägen über Leichenschändung bis zu Pädophilie-Vorwürfen.

Hinter den Angriffen auf Novartis-Chef Daniel Vasella stecken vermutlich britische Aktivisten. Das erstaunt nicht, denn nirgends ist der Tierschutz-Gedanke so tief verankert wie auf der Insel. Bereits im 19. Jahrhundert, als sich im Rest der Welt noch kaum jemand für die Rechte des Tieres interessierte, gab es in Grossbritannien eine aktive Bewegung. Sie wurde im Laufe der Zeit immer lautstärker und militanter. Bekannt ist etwa die Organisation PETA, die mit spektakulären und meist friedlichen Aktionen für Aufsehen sorgt.

Daneben hat sich eine gewaltbereite Szene entwickelt, für die vor allem die in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts gegründete Animal Liberation Front (ALF) steht. Sie verfolgt ihre Ziele auf zwei Wegen: die Befreiung von Tieren - wie es der Name sagt - aus Labors, Farmen oder auch Zirkussen und Sabotageakte gegen Einrichtungen, die irgendwie mit Tieren zu tun haben. Dazu gehören chemische Betriebe, Schlachthöfe, Tierhandlungen und Restaurants, die tierquälerische Produkte wie Gänseleber anbieten.

Erfolge blieben nicht aus, die ALF brachte etwa die Pelztierzucht in Grossbritannien zum Erliegen. Doch dabei blieb es nicht, vielmehr gerieten zunehmend Menschen ins Visier der militanten "Tierfreunde". 1980 wurde die Garage eines Angestellten des Chemiekonzerns Glaxo Wellcome verwüstet - dies gilt als erster direkt gegen eine Einzelperson gerichteter Angriff der Aktivisten. Allerdings betonte die ALF stets, dass bei ihren Aktionen weder Menschen noch Tiere zu Schaden kommen sollen.

Gewalt gegen Menschen

Dies genügt den noch radikaleren Elementen nicht. In den 80er Jahren tauchte die Animal Rights Militia (ARM) auf. Ihr Emblem erinnert an die deutsche Terrororganisation Rote Armee Fraktion (RAF), nur dass es grün statt rot ist. Ihre Anhänger glauben, dass die ALF "nicht weit genug geht", sie schliessen Gewalt gegen Menschen nicht aus. Gleich der erste Anschlag sorgte für Aufsehen: Im Namen der ARM wurden 1982 Briefbomben an Premierministerin Margaret Thatcher, den Innenminister und die Chefs der drei Oppositionsparteien gesandt. Ein Mitarbeiter Thatchers erlitt leichte Verbrennungen.

Weitere Anschläge folgten, und 1985 liess die ARM gegenüber einer Zeitung verlauten: "Wir werden bis zum Äussersten gehen, um die mörderischen Aktivitäten der Tierschänder zu verhindern. Wenn dies die Tötung eines Menschen bedeutet, werden wir nicht davor zurückschrecken." So weit kam es allerdings nie, und seit den 90er Jahren haben sich die Aktivitäten der Extremisten vermehrt auf Psychoterror verlagert.

Langjährige Haftstrafen

So wurden zwei Brüder, die Meerschweinchen für das Tierlabor Huntington Life Sciences züchteten, mit einer sechsjährigen Kampagne regelrecht zermürbt. Der Leichnam der Schwiegermutter eines Bruders wurde von einem Friedhof gestohlen und in einem Wald vergraben. Der andere Bruder wurde der Pädophilie bezichtigt. Solche "Erfolge" stacheln die Aktivisten an, und die Familien der "Tierschänder" werden nicht verschont, sie werden Opfer von Telefonterror und anderen Einschüchterungsversuchen.

Die Behörden blieben keineswegs untätig. Zahlreiche militante Tierschützer wurden als Brandstifter oder Bombenleger zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt. Zudem gibt es Bestrebungen in Grossbritannien und den USA, Organisationen wie die ALF als terroristische Vereinigungen einzustufen. Denn längst haben sie in anderen Ländern Nachahmer gefunden, auch in der Schweiz. "Tiermissbrauch geschieht zu jeder Zeit in jeder Ecke der Welt. Wo wir ihn finden, müssen wir ihn bekämpfen", erklärte Greg Avery, Gründer von Stop Huntington Animal Cruelty (SHAC), 2006 aus dem Gefängnis. Seine Organisation gilt als mögliche Urheberin der Aktionen gegen Daniel Vasella.

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Link-Box
Chronik der ALF-Aktivitäten
http://en.wikipedia.org/wiki/Timeline_of_Animal_Liberation_Front_actions

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ANTI-ATOM
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Aargauer Zeitung 5.8.09

Schlechte Koordination im AKW Beznau

Der Zwischenfall mit zwei verstrahlten Mitarbeitern im Kernkraftwerk Beznau ist weitgehend geklärt: Bei der Revision von Block 2 sind zwei Arbeiten gleichzeitig statt gestaffelt durchgeführt worden. Dadurch stieg die Radioaktivität in einem Raum unterhalb des Reaktordruckbehälters sprunghaft auf 1500 Millisievert pro Stunde an. Beim Montieren einer Überwachungskamera bekam der eine Mitarbeiter 37,8, der andere eine Strahlendosis von 25,4 Millisievert. Erlaubt wäre eine Jahresdosis von 20 Millisievert. Gesundheitliche Folgen sind aber nicht zu befürchten. (Lü.) Seite 21

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Schwerster Fall der letzten Jahre

Warum zwei Arbeiter im Atomkraftwerk Beznau 2 eine zu hohe Strahlendosis erhielten

Zum Zwischenfall im AKW Beznau 2 kam es bei der Revision: Unterhalb des Reaktors haben zwei Mitarbeiter eine Strahlendosis von 37,8 und 25,4 Millisievert erhalten. Erlaubt wären nur 20 mSv im Jahr.

Hans Lüthi

Die schlechte Nachricht: Das hätte nicht passieren dürfen, es geschah typischerweise während der Revision von Block 2 im AKW Beznau. Für die eineinhalb Monate Stillstand seit Ende Juli sind neben den 500 Beznau-Mitarbeitern 300 von Fremdfirmen für die aufwändige Revision im Einsatz. Das erschwert die Koordination, der Zwischenfall geschah am Montag um 9.30 Uhr (MZ von gestern). Zwei Arbeiten wurden gleichzeitig ausgeführt, die man gestaffelt hätte machen müssen. Für die Druckprüfung des Primärkreises müssen alle zehn Jahre Prüfungen auch unterhalb des Reaktordruckbehälters gemacht werden.

Plötzlich eine sehr hohe Strahlung

Die zwei Männer, 49 und 58 Jahre alt, waren in einem Raum damit beschäftigt, eine Überwachungskamera zu installieren. Zur gleichen Zeit wurden von einem anderen Raum aus die Innenrohre eines Doppelrohrs aus dem Reaktordruckbehälter gezogen. Weil diese stark strahlen, schnellte die Dosisleistung unvermittelt auf 1500 Millisievert pro Stunde. "Dem Elektrotechniker des KKB stand ein Strahlenschützer einer externen Firma zur Seite. Sein Messgerät schlug Alarm, worauf die beiden Männer den Raum sofort verliessen. Sie waren rund 90 Sekunden der Strahlung ausgesetzt." So umschreibt Markus Straub von der Aufsichtsbehörde "das punkto Strahlenbelastung schwerste Vorkommnis in den letzten Jahren". Straub leitet die Sektion für Recht, Information, Forschung und Internationales beim Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi). Die Reaktion der sofort informierten Behörde: "Wir haben ein Inspektorenteam vor Ort geschickt und verlangen vom Betreiber eine genaue Analyse, damit es nicht mehr zu einer vergleichbaren Situation kommen kann", betont Straub.

Keine gesundheitlichen Schäden

Die gute Nachricht: Das Ereignis hat keine gesundheitlichen Folgen für die Mitarbeiter, sie mussten nicht einmal einen Arzt aufsuchen. Allerdings besteht eine berufliche Einschränkung; bis Ende Jahr dürfen sie jetzt nicht mehr als ein Millisievert erhalten. Für das Personal der AKW gilt in der Schweiz eine tief angesetzte Personen-Jahresdosis von 20 Millisievert. "Damit sind wir auf der sicheren Seite, denn bis 100 Millisievert sind keine direkten gesundheitlichen Folgen zu erwarten", erklärt Markus Straub.

 Zum Vergleich: Die durchschnittliche Jahresdosis einer Schweizerin oder eines Schweizers beträgt 4 Millisievert, primär aus natürlicher Radioaktivität und medizinischen Anwendungen. Die berufsbedingte Strahlendosis der Beznau-Mitarbeitenden lag 2008 bei durchschnittlich 0,6 Millisievert. Die Revision von Block 2 im AKW Beznau geht inzwischen termingemäss weiter.

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Tagesanzeiger 5.8.09

Beznau: Leckes Ventil, luftiges Dach, verstrahlte Arbeiter

Die angejahrten Beznauer Reaktoren verzeichnen viel mehr Pannen als andere AKW. Für die Betreiberin Axpo ist die Häufung "nicht ausserordentlich".

Von Thomas Knellwolf, Basel

Die 2009er-Serie von Pleiten, Pech und Pannen im Atomkraftwerk Beznau reisst nicht ab: Im Januar hatte ein fehlerhaftes Messgerät im Kamin von Block 1 falschen Alarm ausgelöst. Im März stellten Sicherheitsfachleute fest, dass "bei Windgeschwindigkeiten von mehr als 120 Kilometern pro Stunde einzelne Bauteile des Dachstuhls des Maschinenhauses überbeansprucht werden können". Die "ungenügende Festigkeit" hatte seit 1993 bestanden, "als die ursprüngliche Dachhaut durch eine leichtere ersetzt worden war". 16 lange Jahre hatte niemand das Sicherheitsrisiko bemerkt. Damit nicht genug: Im Mai wurde "eine erhöhte Jod- und Edelgas-Aktivität" im Beznau-1-Kamin gemessen. Ein undichtes Ventil war die Ursache der radioaktiven Verschmutzung, die nicht ins Freie gelangte. Und vorgestern wurden zwei Arbeiter im Beznau-2-Reaktor verstrahlt (TA von gestern). Laut dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) hatte die AKW-Crew bei ihrer grossen Sommerrevision zwei Arbeitsgänge "ungenügend koordiniert". "Während zwei Arbeiter unterhalb des Reaktordruckbehälters eine Überwachungskamera anbrachten", erklärt Ensi-Sprecher Markus Straub, "zog ein anderes Team stark strahlende Rohre aus dem Druckbehälter." Das Inspektorat verortet die jüngste Panne auf der internationalen Ereignisskala (Ines) immerhin auf Stufe 1: als Anomalie, die zu einer vorübergehenden Risikoerhöhung führte. Die beiden Arbeiter kamen - zumindest kurzfristig - ohne gesundheitliche Schäden davon.

Mit vier "Vorkommnissen" im laufenden Jahr sind Beznau 1 und 2 einsame Spitzenreiter in der Pannenrangliste. Die drei weiteren Schweizer AKW vermeldeten 2009 bislang keine Zwischenfälle. Die beiden Druckwasserreaktoren an der Aare sind sogar drauf und dran, ihren gemeinsamen Rekord aus dem Jahr 2007 zu egalisieren. Damals hatte die Aufsichtsbehörde des Bundes in den beiden fast 40-jährigen Blöcken acht "Vorkommnisse" verzeichnet - so viel wie nie zuvor in der Geschichte der Schweizer Atomindustrie. 2008 waren es vier. Trotzdem attestiert der Bund Beznau eine "gute Betriebssicherheit".

"Juristische Beurteilung im Gang"

Beznau-Besitzerin Axpo stellt nur eine "geringe Zahl von Vorkommissen" fest, die laut Sprecherin Anahid Rickmann auch "nicht ausserordentlich oder dramatisch sind". Leo Scherer von der Umweltorganisation Greenpeace spricht hingegen von "dummen, groben und banalen Fehlern" und meint weiter: "Offensichtlich sind die Betreiber des AKW Beznau nicht imstande, die elementaren Sicherheitsvorschriften für ihre Angestellten einzuhalten." Dies sei "nicht gerade Vertrauen erweckend für eine Industrie, die einen Ausbau von Atomkraftwerken anstrebt".

Die Aufsichtsbehörde verlangt nun eine Analyse. Zudem droht ein Strafverfahren. "Die juristische Beurteilung ist im Gang und Bestandteil der Abklärungen über dieses Vorkommnis", sagt Ensi-Sprecher Straub. Im März war ein Beznau-Mitarbeiter gebüsst worden, der ohne korrekteDeklaration radioaktive Abfälle ins Zwischenlager Würenlingen geschafft hatte.

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NZZ 5.8.09

Mängel bei Arbeiten im AKW Beznau

Aufsichtsbehörde untersucht Arbeitsunfall

 Döttingen, 4. Aug. (sda)  Die Verstrahlung zweier Mitarbeiter bei der Jahresrevision im Block 2 des AKW Beznau am Montag ist auf "ungenügende Koordination der Arbeiten" zurückzuführen. Dies geht aus den ersten publizierten Erkenntnissen des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) hervor. Um eine Wiederholung eines ähnlichen Falls zu verhindern, müssen im Werk nun Massnahmen erarbeitet werden. Bei den betroffenen zwei Personen handle es sich um einen Mitarbeiter des AKW und um einen externen Mitarbeiter, der für die Revisionsarbeiten hinzugezogen worden sei, teilte der Energiekonzern Axpo am Dienstag mit - die AKW-Betreiberin Nordostschweizerische Kraftwerke AG gehört zur Axpo. Wo die beiden Mitarbeiter nun eingesetzt werden, ist noch offen. Die bei ihnen gemessenen Werte liegen bei 37,8 und 25,4 Millisievert (mSv). Für beruflich strahlenexponierte Personen ist eine Strahlendosis von 20 mSv pro Jahr zugelassen. Es bestehe für die Betroffenen indes keine gesundheitliche Gefährdung, hiess es.

 Der Block 2 war am Freitag für die Jahresrevision abgestellt worden. Das Schwergewicht der Arbeiten gilt den Hauptkomponenten des nuklearen Teils. Gemäss dem ENSI war es am Montag bei den Vorbereitungen für die Druckprüfung des Primärkreises zum Zwischenfall gekommen. Zwei Mitarbeiter brachten im Raum unterhalb des Reaktordruckbehälters eine Kamera an. Während die beiden Personen unterhalb des Reaktordruckbehälters arbeiteten, wurden von einem anderen Raum aus strahlende Rohrstücke aus dem Reaktordruckbehälter gezogen. Ein Messgerät warnte die beiden Mitarbeiter vor der stark erhöhten Strahlung. Sie verliessen die Arbeitsumgebung so rasch wie möglich.