MEDIENSPIEGEL 17.8.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Beratungsstelle Militärverweigerung schliesst
- Rentyhorn: Petitionseinreichung
- Intersexualität: Demo vor Inselspital
- AJZ Solothurn: Hausbesetzung
- Squat in Baden
- Hooligan-Datenbank "Gamma"
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REITSCHULE
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Di 18.08.09
22.00 Uhr - Hofkino - BROTHER, WHERE
ART THOU?, Joel Coen, USA 2000, 106min, DVD, OV/d
Sa 22.08.09
22.00 Uhr - Rössli - *25*
(garaj-noise aus Marseille F)
So 23.08.09
19.00 Uhr - Vorplatz - BBQ
Di 25.08.09
22.00 Uhr - Hofkino - HOTEL VERY
WELCOME, Heiss Sonja, Deutschland, 2008, 94min, DVD, OV/d
20.30 Uhr - Tojo - "Venusfalle" von Junge Bühne Bern. Regie: Karin
Maurer.
Infos: http://www.reitschule.ch
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DIENSTVERWEIGERUNG
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Sonntag 16.8.09
Berner Anarchisten geben den Kampf auf
Die recht eigenwillige Beratungsstelle für
Militärdienstverweigerung in Bern hat ihren Betrieb nach 28 Jahren
eingestellt
Die Berner galten als die "Anarchisten" unter den Armeegegnern. Doch
mit der Abschaffung der Gewissensprüfung für den Zivildienst
kam das
Ende der Beratungsstelle für Militärdienstverweigerung.
Von Patrick Furrer
Die ideologischen Grabenkämpfe um Sinn und Unsinn einer
allgemeinen
Dienstpflicht sind seltener geworden. Früher wurden die jungen
Verweigerer ins Gefängnis gesteckt oder zumindest
militärstrafrechtlich
verfolgt. In den 60ern kamen als Reaktion auf den Anstieg der
Verurteilungen die Beratungsstellen auf. Die Vereine oder die
Mitarbeiter sollen vom Staat überwacht worden sein. So auch die
Berner
Beratungsstelle für Militärdienstverweigerung.
Die Beratungsstelle hat ihren Ursprung laut dem ehemaligen Leiter
Daniel Costantino (Bild) in der "Brasserie" in der Lorraine, am
ehemaligen "Verweigerer-Stammtisch". "Damals hatte die Polizei nebenan
Wohnungen gemietet, aber sie fanden nur heraus, dass wir nichts
Illegales gemacht haben", sagt der 49-jährige Stadtberner. 18
Jahre war
Costantino als Sekretär des zugehörigen Vereins aktiv.
Nach 28 Jahren ist nun für die Berner Beratungsstelle Schluss.
Schon
seit längerem zeichnete sich ein Besucherschwund ab, wie
Costantino in
der letzten Ausgabe des linken Magazins "friZ" schrieb.
Tatsächlich war
er in der Endphase der letzte und alleinige Berater in Bern, abgesehen
von zwei Ferienaushilfen. In Spitzenzeiten sollen acht Mitarbeiter
dabei gewesen sein; keine ausgebildeten Juristen, sondern selber
Verweigerer. Seit damals ist die monatlich behandelte Anzahl Fälle
auf
weniger als die Hälfte geschrumpft.
Mit der Abschaffung der Gewissensprüfung im April und dem
einfachen
Zugang zum Zivildienst wurden die Arbeiten eingestellt. Die Beratungen
wegen "Gewissensverweigerung" machten rund 60 Prozent aus. Er habe nur
bei der Umsetzung von Entscheiden geholfen, sie aber nie für die
Klienten getroffen, sagt Costantino. Nur einmal habe er eine Ausnahme
gemacht und "einer verzweifelten Mutter gesagt, sie solle ins Auto
hocken, losfahren und ihren Sohn sofort aus der RS holen. Er war
psychisch zusammengebrochen und suizidal geworden, aber die Ärzte
und
Vorgesetzten wollten ihn nicht nach Hause schicken. Die Mutter hat es
getan, sie hatten sich heimlich in der Nähe der Kaserne
verabredet, der
Sohn kam zu ihr geschlichen und sie brausten davon."
Costantino schrieb (und schreibt) ausserdem für
militärkritische
Magazine. Und die Beratungsstelle für
Militärdienstverweigerung stellte
2003, nach der Einführung des dreitägigen
Rekrutierungsverfahrens, die
Rekrutentests ins Internet. Und er kritisierte sogar den Zivildienst,
dessen Einführung vor 20 Jahren ein zentrales Ziel vieler
Verweigerer-Beratungsstellen gewesen war, aber durch die
Gewissensprüfung "beschämend" gewesen sei. Von
"Erbsenzählern,
Betonköpfen, Gesinnungsschnüfflern" schrieb er.
Rund ein Dutzend Beratungsstellen dürfte es einmal in der Schweiz
gegeben haben. Die grössten in Zürich, St. Gallen und Bern,
kleinere in
Zofingen und Solothurn. Von diesen fünf gibt es nur noch diejenige
in
Zürich. Stellenleiter Piet Dörflinger weiss, dass er
mitverantwortlich
ist für das Ende des Berner Büros. "Viele aus der Region Bern
und
Solothurn kamen nach Zürich. Wir sind halt auch von den
Präsenzzeiten
besser verfügbar", erklärt er.
Ausserdem sei die Zeit der grossen Kämpfe vorbei, man gehe die
Dinge
heute offener an, nicht zuletzt, weil der ideologische Nachwuchs fehlt.
"Grob vereinfacht", sagt Dörflinger, "war die Berner Stelle
weniger
pragmatisch als die unsere. Sie haben Missstände pointierter und
aggressiver angesprochen." Das finde er zwar richtig, aber das sei in
Verhandlungen mit Behörden und Politik nicht immer förderlich
gewesen.
Aber: "Wir fanden dieses ‹Mit-der-Friedensflagge-Wehen› irgendwie
korrupt", sagt Costantino. Hätte man gross sein wollen und
bestehen
bleiben, wären Kompromisse nötig gewesen. Die eingehen
wollten die
Berner nie.
Vielleicht deshalb waren und sind Beratungsstellen auch bei
Militärbehörden nicht sonderlich beliebt. "Spezielle Leute"
seien das,
Pazifisten und sogar Parasiten wurden sie während der Recherchen
dieser
Zeitung genannt.
Dementsprechend werden die Behörden nicht unfroh über die
Schliessung
der Stellen sein, deren es nun nur noch wenige in der Schweiz gibt. Und
schliesslich hat auch die Zürcher Beratungsstelle Probleme.
Über 4000
Beratungen hat sie im letzten Jahr gemacht, doch die Einnahmen sind
wegen der Wirtschaftskrise, dem Spendenstopp und der schlechten
Zahlungsmoral drastisch gesunken. Momentan ist die Stelle laut Leiter
Piet Dörflinger noch bis etwa im September gesichert. "Die Lage",
so
Dörflinger, "bleibt prekär." Da hilft es wenig, dass jetzt
noch ein
paar Berner mehr nach Zürich gehen.
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RENTYHORN
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Rundmail 17.8.09
Rentyhorn/Agassizhorn: Einreichung der Petition
Sehr geehrte Damen und Herren
Im Sinne einer Voranzeige möchten wir Sie darauf aufmerksam
machen,
dass am Freitag, 4. September 2009 die Petition "Rentyhorn" zur
Umbenennung des nach dem rassistischen Schweizer Geologen Louis Agassiz
benannten Agassizhorns (BE/VS, 3942 m.ü.M.) eingereicht wird
(siehe
http://www.rentyhorn.ch/?lang=de).
Der kongolesische Sklave Renty
Es dürften dannzumal über 2500 Unterschriften aus rund 75
Ländern sein,
welche um 14.00 beim Bundeshaus und um 15.00 bei der Staatskanzlei Bern
übergeben werden.
Dabei sein werden in Vertretung des Komitees "Démonter Louis
Agassiz":
=> Carlo Sommaruga. Nationalrat und Interpellant (Genf)
=> Sasha Huber, schweizerisch-haitianische Künstlerin (Helsinki)
=> Roger Buangi Puati, reformierter Pfarrer mit kongolesischen
Wurzeln und Historiker (Lausanne)
=> Kanyana Mutombo, Journalist mit kongolesischen Wurzeln und
Direktor der "Afrikanischen Volksuniversität" (Genf)
=> Hansruedi Fricker, Künstler und Networker (Trogen AR)
=> Hans Barth, Kenner des Rassismus von Louis Agassiz (Fribourg)
=> Hans Fässler, Historiker, Buchautor und Gründer des
Komitees (St.Gallen)
Wir würden uns freuen, wenn Sie über diese Einreichung
berichten
würden. Dürfen wir Sie bitten, uns eine Kontaktperson
für weitere
Informationen zu benennen oder dieses Mail an die geeignete Person
weiterzuleiten. Für telefonische Auskünfte stehe ich gerne
zur
Verfügung: 071 288 39 52.
Mit herzlichem Dank und Grüssen
Hans Fässler
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INTERSEXUALITÄT
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Bund 17.8.09
"Zur Frau umgebastelt"
Gestern demonstrierte eine Gruppe Zwitter vor dem Inselspital Bern -
unter ihnen: Daniela Truffer
Daniela Truffer wurde als Zwitter geboren und zum Mädchen
umoperiert.
Heute kämpft sie für das Recht zwischengeschlechtlicher
Menschen auf
Selbstbestimmung.
Christine D'Anna-Huber
Gestern hat Daniela Truffer mit einem Grüppchen Gleichgesinnter
vor dem
Berner Inselspital protestiert. Es ist der Ort, wo ihr Leben kaputt
gemacht wurde, wie sie sagt. Dort habe man sie "zurechtgestutzt" und
"zur Frau umgebastelt". Gegen solche Zwangsoperationen richtet sich die
Aktion der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org. Sie will die
Öffentlichkeit über die Langzeitfolgen solcher Eingriffe
aufklären:
dass solche Operationen lebenslängliche, die Gesundheit
schädigende
Hormonersatz-Therapien notwendig machen. Dass sie das sexuelle
Empfinden der Betroffenen vermindern oder gänzlich zerstören.
Und dass
sie nach Meinung namhafter Experten ethische Grundsätze verletzen
und
auch strafrechtlich nicht haltbar sind.
Daniela Truffer ist ein Zwitter, ein Hermaphrodit, eine Intersexuelle.
Zwitter ist der Ausdruck, den sie bevorzugt. Weil er direkt und ehrlich
ist. Nach Jahrzehnten von Schmerz und Scham hat sie sich dazu
durchgerungen, "die elende Last der Lüge" nicht länger auf
sich zu
nehmen, sondern die Dinge beim Namen zu nennen. So hat Truffer die
Selbsthilfeorganisation Zwischengeschlecht.org mitbegründet.
"Kastriert hat man mich"
Und sie erzählt ihre Geschichte: Wie sie 1965 ohne "eindeutige
Geschlechtsmerkmale" geboren wird - mit einem männlichen
Chromosomensatz, einem Mikropenis und einem wenig ausgebildeten
Hodensack, der Schamlippen ähnlich sieht. Wie andere Zwitterkinder
wird
sie so früh wie möglich einem bestimmten Geschlecht
zugewiesen - für
ihr Wohl, damit sie in Familie und Gesellschaft ihren Platz finden
kann. Meist entscheiden sich die Ärzte in solchen Fällen
für das
weibliche Geschlecht, weil diese Operation einfacher ist. Daniela
entfernt man mit nur zweieinhalb Monaten die gesunden Hoden. "Kastriert
hat man mich", sagt sie. Als Daniela 7 ist, wird der Mikropenis zur
Klitoris verkürzt, mit 18 bekommt sie eine künstliche
Scheide. Es sind
schmerzhafte Eingriffe, die nie mehr rückgängig zu machen
sind.
Die Eltern wissen, dass mit dem Kind etwas nicht stimmt. Sie
schämen
sich und geben diese wortlose Scham an Daniela weiter. Diese sieht
selbst, wie verschieden sie von ihrer Schwester ist und verinnerlicht,
dass über all das, was immer es ist, nicht gesprochen werden darf.
Zu
Hause nicht und erst recht nicht vor Aussenstehenden.
Die Ärzte speisen die Familie mit Halbwahrheiten ab. Die erste
Operation wird mit "verkümmerten Eierstöcken" erklärt,
die entfernt
werden mussten. Mit den fehlenden Eierstöcken wird später
begründet,
dass das Mädchen ab 12 Jahren Hormone schlucken muss. Als Daniela
im
Auftrag der Mutter es einmal wagt, den Hausarzt zu fragen, ob die
Entfernung der Eierstöcke wirklich nötig gewesen sei,
schleudert der
ihr an den Kopf, es seien ihr ja die Hoden wegoperiert worden, und
stürmt aus dem Raum. In der Krankenakte, die er liegen lässt,
sieht
Daniela erstmals schwarz auf weiss bestätigt, was sie längst
vermutet
hat: "Pseudohermaphroditismus masculinus" steht da. Abartig ist sie
also. Abnormal. Wertlos.
Im Internet entdeckt Truffer, dass sie mit ihrem Leid nicht allein ist.
Dass einer von rund 2000 Menschen intersexuell geboren wird - in der
Schweiz sind es pro Jahr um die 40. Dass ein Drittel der Betroffenen
Selbstmord begeht. Dass es Zwitter-Selbsthilfegruppen gibt. Sie
fängt
eine Psychoanalyse an und findet aus ihrer selbstzerstörerischen
Scham
heraus. Sie verliebt sich, lernt, "aussen hübsch und
unauffällig, nur
innen ruiniert", einen Mann kennen, der sie als Frau sieht, aber auch
als Zwitter akzeptiert.
Vielleicht wäre sie Vater geworden
Nie wird sie wissen, wie es gewesen wäre, mit dem Körper zu
leben, der
ihr genommen wurde. Wie sie wäre, wäre sie nicht als
Mädchen
sozialisiert worden und hätte nicht jahrelang weibliche Hormone
schlucken müssen. Grösser wahrscheinlich, muskulöser,
kantiger,
männlicher. Vielleicht wäre die Spermaproduktion
genügend gross
gewesen, damit das Zwitterwesen, das sie einst war, Vater geworden
wäre. Es sind Möglichkeiten, die man ihr vorbehalten hat. Und
die Wut
darüber gibt ihr die Kraft, dafür zu kämpfen, dass in
Zukunft kein
Zwitter ohne seine Einwilligung operiert wird. Es ist kein vergeblicher
und kein einsamer Kampf: In Deutschland hat eine Intersexuelle letzte
Woche in dritter Instanz den Prozess gegen den Arzt gewonnen, der ihr
die Fortpflanzungsorgane wegoperiert hatte. Andere Prozesse sind in
Vorbereitung.
Viele Spitäler betonen, heute werde niemand mehr zwangsoperiert.
Truffer bestreitet dies. Es werde immer noch unnötig eingegriffen.
Natürlich gebe es Fälle, wo Operationen nötig sind, um
das Leben eines
Kindes zu erhalten, sagt Tuffer. Wenn beispielsweise die Harnröhre
verkümmert und der Harnabfluss verhindert ist. Doch in den meisten
andern Fällen könne mit einem "geschlechtszuordnenden
Eingriff"
zugewartet werden, bis die Betroffenen im Stande sind, sich selber zu
entscheiden.: "Nur das", sagt Truffer, "wäre Liebe und Respekt vor
dem
Leben."
[@]
http://www.zwischengeschlecht.org
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BZ 17.8.09
Inselspital
Intersexuelle protestieren
Jedes 2000.Kind kommt intersexuell zur Welt: Es hat weibliche und
männliche Geschlechtsmerkmale. Gestern haben vor dem Inselspital
Betroffene dagegen protestiert, dass solche Kinder per Operation zu
Mädchen oder zu Jungen gemacht werden. Daniela Trauffer, die
Organisatorin des Protests, wurde einst in der Insel zum Mädchen
operiert - sie leidet noch heute an den Folgen. azu
Seite 19
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Intersexualität
Das verwaltete Geschlecht
Gestern demonstrierte die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org
vor dem Inselspital gegen Zwangsoperationen an Intersexuellen. Auch die
Organisatorin Daniela Truffer wurde einst in der Insel zum Mädchen
gemacht.
Bub oder Mädchen? In seltenen Fällen haben weder Eltern noch
Ärzte
darauf eine Antwort, weil das Neugeborene weder eindeutig männlich
noch
weiblich ist. Was die Medizin "Disorders of Sex Development" nennt,
heisst politisch korrekt Intersexualität. Umgangssprachlich
spricht man
von Zwittern oder Hermaphroditen.
Weil Eindeutigkeit her müsse, richte sich die Medizin auch heute
noch
nach den Grundsätzen des US-Sexualforschers John Money, sagt die
Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org. Money stellte in den
50er-Jahren den Grundsatz auf, Ärzte und Eltern sollten einem
intersexuellen Kind ein Erziehungsgeschlecht zuweisen und operativ
Tatsachen schaffen. Dies, möglichst ohne dem Kind davon zu
erzählen.
"Unter den psychischen und physischen Folgen leiden die Betroffenen
lebenslang", sagt Daniela Truffer, Gründungsmitglied der
Menschenrechtsgruppe.
Als Säugling kastriert
Gegen solche "Zwangsoperationen" protestierte die Menschenrechtsgruppe
gestern nachmittag vor dem Inselspital. Und dafür, dass die
Politik das
dritte Geschlecht in amtlichen Dokumenten anerkennt. Auch Daniela
Truffer ist betroffen. Sie kam 1965 zur Welt - mit einem schweren
Herzfehler und uneindeutigem Geschlecht. Nach der Geburt wurde sie drei
Monate lang im Inselspital untersucht. Erst Jahrzehnte später,
nach
langen Kämpfen um die Herausgabe ihrer Krankenakte, erfuhr
Truffer, was
damals mit ihr geschah. "In meinem Bauch fanden die Ärzte gesunde
Hoden. Zudem stellten sie fest, dass ich über einen
männlichen
Chromosomensatz verfügte." Truffer hatte auch einen kleinen Penis.
Oder, worauf sich die Ärzte einigten, eine vergrösserte
Klitoris. Sie
beschlossen, aus dem Kind ein Mädchen zu machen. "Trotz meines
lebensbedrohenden Herzfehlers wurde ich im Alter von zweieinhalb
Monaten kastriert", sagt Truffer.
Das Schweigen der Ärzte
Erst verschwiegen die Ärzte den Eltern die Operation. Aus Truffers
Krankenakte: "Entgegen dem früheren Entschluss, den Eltern nichts
über
die genitale Situation zu sagen, kamen wir nach reiflicher
Überlegung
überein, den wahren Sachverhalt trotzdem mit den Eltern zu
besprechen,
(…)." Zudem wiesen sie die Eltern an, wie sie ihr Kind zu erziehen
hätten. "Das Kind ist ein Mädchen (…), die ganze Erziehung
hat sich
danach zu richten. Mit niemandem ausser den Eltern und dem Arzt (…)
soll über die Geschlechtsfrage weiter diskutiert werden." Die
verantwortlichen Ärzte sind inzwischen verstorben.
Blick zwischen die Beine
Durch die Kastration produzierte Daniela Truffers Körper keine
lebenswichtigen Hormone. Seit sie 12 Jahre alt ist, schluckt sie
deshalb künstliche Hormone. Mit sieben Jahren operierten die
Ärzte das
Kind endgültig zum Mädchen. Glück im Unglück: Bei
der Operation wurde
Daniela Truffers Penisschaft, nicht aber die Eichel entfernt, sexuelle
Gefühle sind möglich. Sie leidet jedoch an der inneren
Zerrissenheit
und an den gesundheitlichen Folgen der Hormonpräparate.
Daniela Truffers Jugend war vom Blick zwischen ihre Beine geprägt.
Ständig wurde sie untersucht, "begrapscht" und nach den
Operationen im
Genitalbereich von Schmerzen geplagt. "Ich wusste, dass mit mir etwas
nicht stimmt. Darüber gesprochen hat niemand." Die Folgen
vergleicht
Truffer mit jenen eines sexuellen Missbrauchs. "Sexualität, mein
weibliches Geschlecht, das wurde für mich zu etwas Dunklem. Ich
habe
mich vor mir selber geekelt."
Heute lebt die 44-Jährige in einer Beziehung mit einem Mann, der
ihre
Öffentlichkeitsarbeit im Kampf um Wiedergutmachung und Anerkennung
für
Intersexuelle unterstützt.
Nach neun Jahren Psychotherapie kann Daniela Truffer nun auch mit sich
selber leben. Das Verhältnis zu den Eltern ist wieder inniger. Auf
die
Frage, ob sie sich als Frau oder als Mann fühlt, findet sie nur
schwer
eine Antwort. "In meiner Fantasie habe ich mich immer als Vater
gesehen", sagt sie, die weder Kinder zeugen noch empfangen kann. Den
Raum, sich zu fragen, wer sie ist, hatte sie nie. "Ich bin
zwangsoperiert", sagt Daniela Truffer. "Meine Genitalien, etwas vom
Intimsten überhaupt, wurden mir genommen und verwaltet."
Andrea Sommer
• http://www.zwischengeschlecht.org
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"Betroffene sollen wählen"
Die Chefärztin der Bieler Kinderklinik Wildermeth wehrt sich gegen
den Zwang zum eindeutigen Geschlecht.
In ihrer Aktion vor dem Inselspital von gestern prangerte die
Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org die Praxis der
Zwangsoperationen an. Auch heute noch würden Kleinkinder unklaren
Geschlechts mit dem Skalpell und ohne ihre Einwilligung zu Mädchen
oder
Buben gemacht.
Dass es auch anders geht, zeigt die Kinderklinik Wildermeth in Biel.
Chefärztin Christine Aebi ist auf Kinderendokrinologie
spezialisiert,
also auf die Lehre der Hormone. Aebi wehrt sich gegen den Zwang zum
eindeutigen Geschlecht. "Ob Mann oder Frau, das wird nicht allein durch
das äussere Geschlecht bestimmt, sondern auch durch den Gender,
also
das innere Fühlen als Frau oder Mann."
Bei Säuglingen mit unklarem Geschlecht werde eine
Chromosomenanalyse
durchgeführt, die Aufschluss darüber gebe, ob das Kind eher
ein Bub
oder ein Mädchen ist, sagt Aebi. "Unabhängig vom Resultat
raten wir den
Eltern, zu warten, bis ihr Kind sein Geschlecht selber wählen
kann."
Die Eltern würden dies akzeptieren, sagt Aebi. "Natürlich
brauchen sie
dann Begleitung durch Fachleute." Laut Aebi ist eine Operation einzig
aus gesundheitlichen Gründen angebracht. "Etwa dann, wenn es durch
die
Ausbildung der Geschlechtsorgane zu Infektionen der Nieren kommt oder
der Stuhlgang behindert wird."
Aebi ist seit zehn Jahren Chefärztin der Kinderklinik Wildermeth.
Davor
praktizierte sie länger in Kanada. "Dort ist die Politik jene,
dass man
die Kinder sein lässt, wie sie geboren wurden, bis sie selber
entscheiden können", so Aebi. In anderen Kulturen seien
intersexuelle
Menschen akzeptierter als in unseren Breitengraden. Etwa in Indien.
Aebi: "Dort geht man davon aus, dass der Mensch gespalten wurde und das
Weibliche und Männliche wieder in sich vereinen muss. Kommt ein
zwischengeschlechtliches Kind zur Welt, dann ist dies ein Geschenk."
as
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Justiz
Deutscher Arzt verurteilt
Das Landgericht Köln verurteilte am Mittwoch einen Arzt zur
Schmerzensgeldzahlung von 100000 Euro. Geklagt hatte eine als Kind
operierte Intersexuelle. "Eine geschlechtszuweisende Operation ist ein
Eingriff in das Persönlichkeitsrecht", sagt Andrea Büchler,
Rechtsprofessorin der Uni Zürich. Ob die gesetzlichen Vertreter
eines
Kindes die Einwilligung erteilen können, hänge davon ab, ob
der
Eingriff für die Gesundheit des Kindes nötig und in seinem
Interesse
sei. "Wenn nicht, ist mit dem Eingriff zuzuwarten, bis das Kind
urteilsfähig ist."
as
--
Offener Brief
Kritik an Insel-Ärzten
Mit der gestrigen Aktion vor dem Inselspital protestierte die
Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org auch gegen Aussagen von
zwei Insel-Ärzten in den Medien. Zacharias Zachariou, Direktor der
Kinderchirurgie, erklärte vor Jahresfrist in der "NZZ am Sonntag",
dass
eine geschlechtsangleichende Operation für die Identität des
Kindes
wichtig sein könne. Primus Mullis, Abteilungsleiter für
pädiatrische
Endokrinologie, sagte letzten November im "Bund", dass in "kosmetischer
Hinsicht" Operationen teilweise nötig seien.
azu
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AJZ SOLOTHURN
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Solothurner Tagblatt 17.8.09
Solothurn
Hausbesetzung als Druckmittel
Am Wochenende sind Aktivisten in ein Haus an der Dornacherstrasse in
Solothurn eingestiegen und haben dieses besetzt.
Das Haus, in welchem früher die Drogenanlaufstelle untergebracht
war,
gehört der Stadt Solothurn und steht leer. In der Nacht auf
Samstag
wurde es von Aktivisten besetzt, die ein autonomes Jugendzentrum
fordern. Mit der Besetzung wollen sie die Diskussion mit den
Stadtbehörden erzwingen. Für den Stadtpräsidenten Kurt
Fluri ist dies
jedoch der falsche Weg. Er verhandle nicht mit Leuten, die sich illegal
verhielten, sagt er. Ob und wann das Haus geräumt wird, soll in
den
nächsten Tagen entschieden werden. eva
Seite 19
--
Dornacherstrasse
Besetzer wollen Druck ausüben
In der Nacht von Freitag auf Samstag sind Aktivisten in das Haus der
ehemaligen Drogenanlaufstelle an der Dornacherstrasse eingestiegen und
besetzten dieses. Sie fordern ein autonomes Jungendzentrum.
"Wir sind fest entschlossen aus diesem ungenutzten Gebäude, das
der
Stadt Solothurn gehört, ein Autonomes Jugendzentrum, kurz AJZ, zu
machen", verkünden die Hausbesetzer auf Flugblättern und im
Internet.
Seit über zwei Jahren versuchten viele Jugendliche in Solothurn
ein
selbstverwaltetes Jugendzentrum zu realisieren, würden aber immer
wieder abgeschoben und nicht ernst genommen, heisst es weiter. Deshalb
ergreife man jetzt Eigeninitiative und versuche "die Behörden und
Volksvertreter zum Dialog zu zwingen." Zum Teil vermummte Aktivisten
standen gestern Nachmittag auf dem Balkon des besetzten Hauses
während
auf dem Dornacherplatz eine schwach besuchte Kundgebung stattfand.
Zwei Aktivistinnen, die nach eigenen Angaben nicht zu den Hausbesetzern
gehören, gaben Auskunft. Ihre Namen wollten sie nicht nennen,
ebenso
wenig, wer die Hausbesetzer sind und wie viele davon sich im
Gebäude
aufhalten. Nur so viel: Bei der kurzen Besetzung des leerstehenden
Gebäudes auf dem Gloria Areal Ende März seien teilweise die
gleichen
Leute beteiligt gewesen.
Obwohl die "Autonome Freiraumbewegung" noch Ende letzten Monats eine
Mitteilung mit der Forderung nach einem AJZ an der Dornacherstrasse
verschickt hat, schrieb die Bewegung gestern in einem Email ans
Solothurner Tagblatt, dass sie sich klar von der Besetzung abgrenze,
jedoch ihre Solidarität bekunde.
Fluri verhandelt nicht
"Wir sind frustriert, wollen jetzt aber endlich ernst genommen werden",
sagen die zwei jungen Frauen. "Ein Gespräch mit dem
Stadtpräsidenten
wäre immerhin ein Anfang". Dessen Aussage gegenüber Radio 32
am
Samstag, er halte von der Besetzung nichts, sei sehr enttäuschend
gewesen. "Wir lassen es uns nicht mehr gefallen, dass wir nicht
angehört werden. Schliesslich sind wir auch ein Teil dieser
Stadt",
meinen die Frauen.
Dass die Besetzung nicht der richtige Weg sei, machte Kurt Fluri aber
auch gestern klar: "Ich verhandle nicht mit Leuten, die sich illegal
verhalten", sagte er. Die Stadt habe bereits einmal die Forderung nach
einem AJZ entgegen genommen doch mit einer Hausbesetzung könne man
keinen Druck ausüben. Die Besetzer sollten das Haus jetzt
möglichst
geordnet verlassen und zeigen, dass man vernünftig mit ihnen reden
könne, rät der Stadtpräsident. Goodwill zu schaffen sei
jetzt das
konstruktivste.
Dennoch: Im Haus der ehemaligen Drogenanlaufstelle wird es in
nächster
Zeit auch so kein AJZ geben, denn dort sind Asylbewerberwohnungen
vorgesehen, wie Kurt Fluri erklärt. "Die Stadt hat zur Zeit keine
freien Liegenschaften", sagt er. Weiter müsse klar gemacht werden,
dass
ein Haus nicht gratis zur Verfügung gestellt werden könne und
es so
etwas wie "rechtsfreien Raum" nicht gebe.
Bisher friedlich
Die Meldung über die Besetzung war um 1.30 Uhr in der Nacht
auf
Samstag bei der Stadtpolizei eingegangen. Bis gestern Abend gab es laut
Kommandant Peter Fedeli aber keinen Grund einzuschreiten. Die Polizei
behält die Aktion zwar im Auge, die Besetzung und die gestrige
Kundgebung seien aber soweit friedlich verlaufen. Zur Räumung
braucht
die Polizei den Auftrag der Stadt und dieser sei bisher nicht
eingegangen. "Wir werden in den nächsten Tagen besprechen was zu
tun
ist", erklärt Peter Fedeli das weiterre Vorgehen.
Für die Aktivisten ist aber klar: Freiwillig werden sie das Haus
nicht
verlassen. "Die Aktion wird so lange dauern, wie sie dauern muss",
zeigt sich eine der zwei Auskunftspersonen entschlossen.
Eva Berger
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Solothurner Zeitung 17.8.09
"AJZ statt Ramada"
Seit Freitagabend halten Jugendliche die ehemalige Drogenanlaufstelle
in Solothurn besetzt. Sie fordern ein Autonomes Jugendzentrum. Auf
einem Flyer mit dem Titel "AJZ statt Ramada" verkünden die
Besetzer,
dass sie die Behörden zum Dialog zwingen wollen. Man fühle
sich nicht
ernst genommen. Stadtpräsident Kurt Fluri entgegnet, es seien eben
nicht alle Wünsche erfüllbar. Heute wollen die Polizei und
die Stadt
als Liegenschaftsbesitzerin über das weitere Vorgehen entscheiden.
(szr) Seite 18
Urs Lindt
--
Haus in Solothurn besetzt
Jugendliche wollen in ehemaliger Drogenanlaufstelle ein AJZ einrichten
- Stadt sagt Nein
Seit Freitagabend halten Jugendliche die ehemalige Drogenanlaufstelle
am Dornacherplatz in Solothurn besetzt. Sie fordern die Schaffung eines
Autonomen Jugendzentrums (AJZ). Die Stadt als Liegenschaftsbesitzerin
lässt sie vorerst gewähren.
Franz Schaible
Von der Liegenschaft vis-à-vis des Dornacherplatzes tönt
laute Musik,
vermummte Besetzer stehen auf dem Balkon. Auf dem Dornacherplatz wird
ein Flyer verteilt: "AJZ statt Ramada". Seit über zwei Jahren
versuchten viele Jugendliche in Solothurn ein selbst verwaltetes
Jugendzentrum zu realisieren, erklärt eine junge Frau, die ihre
Solidarität mit den Besetzern zeigt. "Leider wurden wir nicht
ernst
genommen", sagt die Kontakt-Frau, die ihren Namen nicht nennen will.
Erst noch im Juli habe die Autonome Freiraum Bewegung (AFB) Kontakt
gehabt mit der Regionalplanungsgruppe (Repla) betreffend einer
Neunutzung der ehemaligen Drogenanlaufstelle als AJZ. Der Kontakt sei
inzwischen wieder abgebrochen.
"Kein Platz für rechtsfreie Zone"
"Jetzt haben Jugendliche Eigeninitiative ergriffen und versuchen, die
Behörden und Volksvertreter zum Dialog zu zwingen", heisst es im
Flyer
weiter. Nach Angaben der jungen Auskunftsperson seien die Besetzer
teilweise dieselben, welche vor kurzem das alte Gloria-Areal kurz in
Beschlag nahmen. Man wolle nun so lange bleiben, bis die Stadt eine
Lösung anbiete oder zumindest das Gespräch suche. Warum nur
rund zehn
Personen an der Aktion auf dem Dornacherplatz teilnahmen,
begründete
sie mit "der Kurzfristigkeit und der Spontaneität der Aktion".
Stadtpräsident Kurt Fluri weist den Vorwurf, die
Jugendlichen nicht
ernst zu nehmen, zurück. "Die Stadt habe vom Anliegen sehr wohl
Kenntnis. Aber nicht immer sind alle Wünsche erfüllbar", sagt
Fluri.
Fakt sei, dass es "in der Stadt für eine rechtsfreie Zone weder
räumlich noch politisch Platz hat." Auch nicht in der ehemaligen
Drogenanlaufstelle? Nein, betont Fluri und verweist auf die Pläne
der
Stadt, das Haus für Asylbewerberwohnungen umzubauen.
Man lasse sich nicht unter Druck setzen und werde höchstens
"über den
Auszug der Besetzer verhandeln". Heute Montag, so Fluri weiter, werde
die Stadt als Liegenschaftsbesitzerin mit der Polizei das weitere
Vorgehen besprechen. Den Besetzern werde für die Räumung des
Hauses
wohl ein Ultimatum gesetzt.
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SQUAT BADEN
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Aargauer Zeitung 17.8.09
Neue Hausbesetzung in Baden
"Das Kollektiv hat entschieden, dass wir der Presse keine Auskunft
geben", sagten die jungen Männer, die aus den Fenstern des Hauses
an
der Mellingerstrasse 33 schauten. Seit Freitag haben sie die
leerstehende Kantonsliegenschaft besetzt. Auf einem Flyer, den sie aus
einem Fenster der Journalistin zuwarfen, steht: "Es ist nicht
nachvollziehbar, dass in Zeiten der Ressourcenknappheit und Wohnungsnot
solche Wohn- und Nutzflächen einfach so brachliegen. Wir wollen
Raum
schaffen für freidenkende Menschen, die in Baden keinen Platz
finden."
Die Hausbesetzer wollten nicht sagen, wer sie sind. Offenbar
gehören
sie zu keiner politischen Partei. (som)
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HOOLIGAN-GRIPPE
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Aargauer Zeitung 17.8.09
Sport möglichst ohne Krawall
Stadtzürcher Volksabstimmung über die Hooligan-Datenbank
"Gamma"
Bereits heute führen die Hooligan-Spezialisten der Zürcher
Stadtpolizei
eine Kartei über gewaltbereite Personen, die an Fussball- oder
Eishockey-Spielen negativ in Erscheinung treten. Für die Erfassung
in
einer elektronischen Datenbank braucht es aber eine neue
Rechtsgrundlage. Linkskreise laufen dagegen Sturm.
Alfred Borter
In etwas mehr als einem Monat, am 27. September, ist das Zürcher
Stimmvolk aufgerufen, die neue Rechtsgrundlage zu schaffen, damit die
Polizei die "Gamma" genannte Datenbank in Betrieb nehmen kann. In
dieser Datenbank sollen Leute verzeichnet werden, von denen die Polizei
weiss oder mindestens mit guten Gründen annimmt, dass es sich um
gewaltbereite, organisierte Hooligans handelt. Aber auch Personen,
welche Sportveranstaltungen spontan dazu benutzen, um Krawalle
anzuzetteln oder daran teilzunehmen, wobei es zum Beispiel zu Gewalt
zwischen Fangruppen oder auch gegenüber friedlichen
Veranstaltungsbesuchern kommt.
Nicht nur Schläger
Verzeichnet sind in dieser Datenbank also nicht allein Personen, denen
man Gewalttaten nachweisen konnte, sondern auch solche, die sich schon
in gewaltbereiten Pulks aufgehalten haben, ohne dass die Polizei sie
als Schläger oder als Verursacher von Sachbeschädigungen hat
namhaft
machen können. Laut Aussagen des Stadtrats geht man mittlerweile
von
etwa 700 bis 800 meist jugendlichen Personen oder jungen Erwachsenen
auf dem Platz Zürich aus, die zu dieser Risikogruppe gezählt
werden.
Ausserdem soll es etwa 80 bis 100 aktive Hooligans geben.
Wer in der Datenbank "Gamma" registriert wird, erhält von der
Polizei
eine entsprechende Mitteilung. Die Behörden sind der Meinung, dass
Personen, die registriert sind und wissen, dass man sie als
mögliche
Randalierer einstuft, sich eher von Krawallen fernhalten. Man spricht
dabei von Deanonymisierung und meint damit, dass registrierte Personen
eher von Gewalttaten absehen, da sie das Risiko, erkannt und verhaftet
zu werden, als zu gross einstufen werden. Möglich ist es auch,
aufgrund
von Bundesvorschriften gewissen Personen zu verbieten, sich
während der
Spiele in der Nähe des Stadions aufzuhalten.
"Die Gewalt rund um Sportveranstaltungen wird abnehmen", schreibt der
Stadtrat in seiner Weisung an die Stimmbürger, und bittet um ein
Ja zur
Verordnung.
Kritik schon im Gemeinderat
Auch der Gemeinderat stimmte der Datenbank zu, und zwar mit 74 zu 46
Stimmen. Die Grünen, die Alternativen und ein Teil der
Sozialdemokraten
sprachen sich allerdings gegen "Gamma" aus, in der Meinung, der Begriff
der "gewaltsuchenden" Personen sei viel zu schwammig gefasst. Es
könne
ja so gut wie jedem Besucher einer Sportveranstaltung einmal passieren,
dass er oder sie unfreiwillig neben einer Person stehe, die
verbotenerweise Feuerzeug abbrenne oder eine Fackel werfe. Zusammen mit
einigen SVP-Gemeinderäten, die ohnehin finden, es brauche nicht
mehr
Gesetze und Verordnungen, sondern die heutigen Vorschriften
genügten
durchaus, haben sie erfolgreich das Behördereferendum ergriffen,
weshalb jetzt das Volk das letzte Wort hat.
Schranken gegen Missbrauch
Der Stadtrat ist allerdings, wie die Gemeinderatsmehrheit, der Meinung,
die Fichierung sei nicht nur ein wirksames Mittel gegen die Gewalt an
Sportveranstaltungen, sondern sie sei auch verhältnismässig
und
rechtsstaatlich abgesichert. Die Stadtregierung hat auf Verlangen des
Gemeinderats denn auch eine ganze Reihe von Mitteln eingebaut, die
verhindern sollen, dass die Datenbank missbraucht werden könnte.
So hat
nur ein halbes Dutzend Hooligan-Spezialisten der Stadtpolizei auf
"Gamma" Zugriff. Wer nicht weiter negativ auffällt, dessen Daten
werden
nach zwei Jahren automatisch wieder gelöscht. Ausserdem ist die
ganze
Angelegenheit vorerst bis Ende 2010 befristet. Polizeivorsteherin
Esther Maurer liess verlauten, "Gamma" sei sicher kein Allheilmittel,
aber doch ein sehr nützliches Instrument im Kampf gegen Gewalt an
Sportveranstaltungen.
Die SP hat bereits ihre Abstimmungsempfehlung abgegeben:
Befürworter
und Gegner hielten sich an der Delegiertenversammlung ungefähr die
Waage, sodass man Stimmfreigabe beschloss. Die FDP ist klar für
ein Ja,
die andern Parteien legen die Parole erst später fest.
Auf einer andern Ebene ist die Hooligan-Datenbank Hoogan angesiedelt,
nämlich beim Bund. Dort werden aber nur Personen erfasst, gegen
die ein
Stadionverbot oder ein Rayonverbot ausgesprochen worden sind.
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Die weiteren Vorlagen
Die Stadtzürcher Stimmbürgerschaft hat überdies zu
folgenden Vorlagen Stellung zu nehmen:
· Objektkredit von 139,4 Millionen Franken für den Umbau
von Gebäuden
der Firma Siemens-Albis, die neu als Hauptstandort der Organisation und
Informatik der Stadt Zürich (OIZ) dienen sollen. Dieser wird
höchste
Standards an Datensicherheit und Energieeffizienz erfüllen und
genügend
Raumreserven für den wachsenden Bedarf an Flächen
sicherstellen.
· Rahmenkredit von 180 Millionen Franken für den Bau von
Anlagen des
Geschäftsfeldes "Energiedienstleistungen" des
Elektrizitätswerkes der
Stadt Zürich.
· Objektkredit von 50 Millionen Franken für den Bau einer
städtischen Quartierverbindung zwischen Alt- und Neu-Oerlikon.
(abr.)