MEDIENSPIEGEL 22.8.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Neonazis Oberland auf dem Vormarsch
- AJZ Solothurn: Forderungen der HausbesetzerInnen
- Squat Baden: Hauseigentümer will Zwischennutzung
- Wagenburg Luzern: Inti mit Bewohner
- Farner vs GsoA: Geheime Dokumente
- 70 Jahre 2. Weltkrieg: Aktiv statt Aktivdienst
- Hooligan-Grippe: Kantone und ihr Massnahmen
- Gipfel-Soli-News 21.8.09
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REITSCHULE
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Sa 22.08.09
22.00 Uhr - Rössli - *25*
(garaj-noise aus Marseille F)
So 23.08.09
19.00 Uhr - Vorplatz - BBQ
Di 25.08.09
22.00 Uhr - Hofkino - HOTEL VERY
WELCOME, Heiss Sonja, Deutschland, 2008, 94min, DVD, OV/d
20.30 Uhr - Tojo - "Venusfalle" von Junge Bühne Bern. Regie: Karin
Maurer.
Infos: http://www.reitschule.ch
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NEONAZIS BE
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Thuner Tagblatt 22.8.09
Neue Serie: Extremismus
Oberland: Die Neonazis sind auf dem Vormarsch
Neue Organisationen, neue Kanäle, mehr Mitglieder: Die
rechtsextreme Szene ist im Berner Oberland auf dem Vormarsch.
Rechtsradikale Gruppen wie die Pnos haben sich in den letzten Jahren im
Berner Oberland eingenistet. "Es ist eines der Zentren der Szene
geworden", sagt Hans Stutz, Journalist und Beobachter der Schweizer
Neonazi-Szene. Laut der Polizei hat die Zahl der Rechtsradikalen im
Kanton Bern in den letzten zwei Jahren um rund 50 Personen zugenommen.
Im Berner Oberland konnte die Pnos Mitglieder gewinnen. Ein Grund
für
den Zulauf ist, dass die Rechtsextremisten aktiver werden. Sie
gründen
Gruppen, beispielsweise die Helvetische Jugend Berner Oberland. Zudem
rühren sie die Werbetrommel mit Infoständen, Internetseiten
und
Konzerten. Sie versuchen auch, in der Politik Fuss zu fassen. Zugleich
scheint es so, als ob die Neonazis friedlicher werden: In den letzten
zwei Jahren sind weniger rassistisch-motivierte Delikte verzeichnet
worden als in den Vorjahren. Dennoch hält die Kantonspolizei fest:
"Nicht organisierte Cliquen sind nach wie vor gewaltbereit."
In einer dreiteiligen Serie thematisiert diese Zeitung die
extremistische Szene im Berner Oberland, sowohl die rechte als auch die
linke. chk
Seite 25
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Extremismus im Berner Oberland: Teil 1
Mehr Neonazis im Oberland
Die Pnos Berner Oberland gründete im Juni 2009 eine Jugendsektion
namens HJ. Ihre Mitgliederzahl ist gestiegen. Die Rechtsextremen sind
im Oberland im Vormarsch. Sie scheinen weniger kriminell, dafür
politischer zu werden.
"Das Berner Oberland ist eines der Zentren der rechtsextremen Szene in
der Schweiz", sagt Hans Stutz. Der Luzerner ist Journalist und
Beobachter der rechtsextremen Szene. "Diverse Gruppierungen, vor allem
die Pnos, organisieren immer wieder Anlässe hier. Verschiedene
Exponenten stammen aus dem Berner Oberland." Er stützt damit die
Beobachtungen von Linksaktivisten, wonach sich Rechtsextreme in der
Region etabliert haben. Die Autonomen Gruppen Oberland (AGO) haben
deshalb den August zum "antifaschistischen Aktionsmonat" erklärt.
Grund
für diese Zeitung, in einer dreiteiligen Serie die extreme Szene
im
Berner Oberland - sowohl die rechte als auch die linke - zu beleuchten
(vgl. Kasten).
Fakt ist, dass die Neonazis Zulauf haben. "Die bekannte rechtsextreme
Szene im Kanton Bern hat sich in den letzten beiden Jahren von zirka
200 auf rund 250 Personen erhöht", sagt Thomas Jauch, Sprecher der
Kantonspolizei. "Im Berner Oberland ist in den letzten zwei Jahren eine
leichte Zunahme bei den Mitgliedern der Pnos zu verzeichnen.
Insbesondere bei deren Mitläufern." Wie viele im Berner Oberland
jedoch
"braun" gesinnt sind, könne auf Grund der grossen Fluktuation
innerhalb
der Szene nicht bemessen werden. Hans Stutz fällt auf, dass die
Rechtsextremen vor allem für Veranstaltungen viele Personen
mobilisieren können. "Rund hundert Personen waren angeblich dabei,
als
die Pnos Sektion Berner Oberland vor einer Woche ihr dreijähriges
Bestehen feierte." Beispiele gibts auch aus dem Jahr 2008: In Wimmis
besuchten im März über hundert Neonazis ein Konzert. Die
Kantonspolizei
kontrollierte und fand verbotene Waffen und Feuerwerkskörper. Ein
Neonazi-Aufmarsch ging im selben Monat auch in Unterseen über die
Bühne: Ein deutscher Rechtsradikaler referierte vor 40 Personen.
Pnos soll etabliert werden
Ein Grund für die Zunahme bei den Mitgliederzahlen ist offenbar,
dass
die Pnos - die Abkürzung steht für Partei national
orientierter
Schweizer - aktiver wird. Laut Hans Stutz hat die Pnos Berner Oberland
am 25.Juli an einem Stand in Spiez Flugblätter verteilt. Es sind
auch
schon CDs mit Neonazi-Rockmusik an Schüler und Passanten in Thun,
Spiez, Interlaken angeboten worden. Ob die Pnos dahinterstand, ist
unbekannt.
Die Partei versucht auch, mit Internetseiten, Konzerten, einem
Versandhandel und Demonstrationen auf sich aufmerksam zu machen. Laut
der Polizei greift die Pnos in letzter Zeit vermehrt politische Themen
auf und veröffentlicht Parolen für bevorstehende
Abstimmungen. "Das
Ziel dürfte eine Etablierung als offizielle Partei sein."
HJ im Juni gegründet
Weiter bemüht sich die Pnos vermehrt darum, Jugendliche für
ihr
Programm zu gewinnen. Im Juni ist die Helvetische Jugend Oberland
gegründet worden. Der Name wird von den Initianten mit HJ
abgekürzt.
Das stand einst auch für Hitlerjugend, die Jugendorganisation in
Nazideutschland. Mit solchen Unter- und Jugendgruppen sichere sich die
Pnos nicht nur den nötigen Einfluss bei jungen Leuten, sondern
baue
auch ganz allgemein den Interessentenkreis immer weiter aus, hält
die
Polizei fest.
Die Oberländer Neonazis pflegen auch Kontakte zur Szene in
Nachbarländern. Laut Polizei vor allem zur Nationaldemokratischen
Partei in Deutschland. Eine eigentliche Zusammenarbeit gibt es offenbar
nicht, aber gegenseitige Besuche.
Trotz diverser Verknüpfungen scheinen die Neonazi-Verbünde
nicht
besonders straff organisiert zu sein. Auffallend ist, dass es immer
wieder zu Wechseln in den Vorständen kommt, auch bei der Pnos im
Oberland. Mario Friso, der stellvertretende Vorsitzende, ist im Juni
zurückgetreten. Seine Nachfolge trat der erst 18-jährige
Marcel Gafner
aus Einigen an. Laut der Polizei sind abgetretene
Pnos-Vorstandsmitglieder trotz des Rücktritts fast immer noch im
Hintergrund aktiv. "Teilweise haben sie sich gar zu eigentlichen
Ideologen der Pnos gemausert."
"Gewaltbereite Cliquen"
Auch wenn die rechtsextreme Szene wächst, fristet sie in der
Schweiz
ein Nischendasein. So stellt sich die Frage, ob von ihr überhaupt
eine
Gefahr ausgeht. "Nicht organisierte Cliquen sind, besonders in der
direkten Konfrontation mit Linksextremen und Ausländern, nach wie
vor
gewaltbereit", sagt Polizeisprecher Thomas Jauch. In den letzten
zwölf
Monaten seien im Berner Oberland mehrere rassistische Vorfälle von
der
Polizei untersucht worden. Hermann Jutzi, Polizeichef in Thun,
ergänzt:
"Es gibt zwischendurch kleinere Rempeleien." Inwieweit es sich um
rassistische Auseinandersetzungen handle, sei aber schwierig
abzuschätzen. Anders noch 2003. Damals machten Neonazi-Trupps das
Thuner Nachtleben unsicher, es kam zu mehreren Schlägereien und
anderen
Delikten. In Erinnerung bleibt auch der Mord an Marcel von Allmen in
Unterseen im Jahr 2001, verübt durch den Geheimbund Orden der
arischen
Ritter.
Auch national nahm die Anzahl der Delikte in den letzten zwei Jahren
ab. Das besagen zumindest die Berichte der Stiftung gegen Rassismus und
Antisemitismus und des Bundesamtes für Polizei. "Die Anzahl
rechtsextrem motivierter Ereignisse nahm im Jahr 2008 im Vergleich zu
2007 um rund 30 Prozent ab", schreibt das Bundesamt im Bericht zur
inneren Sicherheit. Doch Hans Stutz warnt. Gefahr drohe nicht nur von
gewalttätigen Mitläufern, sondern vor allem auch von
Aktivisten in der
Politik. "Die Szene hat es an einigen Orten sogar geschafft,
Parlamentssitze zu erringen." Beispielsweise im Stadtrat von
Langenthal. "So wird das diskriminierende Gedankengut in politische
Gremien getragen. Und das ist eine unerfreuliche Entwicklung."
Christoph Kummer
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AJZ SOLOTHURN
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Solothurner Tagblatt 22.8.09
Die Hausbesetzer stellen weitere Forderungen
Nun stellen die Solothurner Hausbesetzer ihrerseits neue Bedingungen.
Die Stadt geht nicht darauf ein. Der Ausgang ist offen.
Gestern nahm die Geschichte der Hausbesetzung in der Solothurner
Vorstadt eine neue Wendung: Die Hausbesetzer haben auf das Ultimatum
und das Angebot der Stadt reagiert - allerdings nicht so, wie sich dies
die Stadt vorgestellt hatte. Die Besetzer stellten ihrerseits neue
Forderungen. Per Mail teilten sie der Stadt und den Medien mit: "Sie
verstehen jedoch sicher, dass wir konkrete Angaben bezüglich
Termin,
Ort und beteiligter Personen verlangen, um auch unsererseits eine
Sicherheit auf das Stattfinden des Gespräches zu haben. Des
Weiteren
wollen wir, dass dieses Gespräch in Anwesenheit der Medien
stattfindet."
Stadtpräsident Kurt Fluri hatte sich persönlich verpflichtet,
Gespräche
über ein mögliches "Autonomes Jugendzentrum" zu initiieren.
Er will auf
die neue Forderung der Besetzer nicht eingehen. Die Stadt verlangt
weiterhin, dass das Haus bis am Mittwoch geräumt wird. Ihr Angebot
wurde gemeinhin als grosszügig bezeichnet: Falls die Besetzer
kooperieren, werden sie nicht einmal angezeigt.
Auch sonst fällt das Verhalten der Besetzer auf. So liessen sie
zum
Beispiel verlauten, es sei bei ihnen im Haus wie im "Paradies", weil
die Stadt Wasser und Strom nicht abstelle, was sonst in derartigen
Fällen üblich sei. Zudem wollen sie am Wochenende in der Tat
Partys im
besetzten Haus veranstalten.
fab
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Hausbesetzung
Die Stadt gibt nicht nach
Die Besetzer des Hauses an der Dornacherstrasse forderten von der Stadt
genauere Angaben zum angebotenen Gespräch und feiern am Wochenende
eine
Party. Die Stadt verhandelt bis zur Räumung nicht.
Die Hausbesetzer an der Dornacherstrasse sind am Donnerstagabend mit
einem Brief an Stadtpräsident Kurt Fluri und Stadtschreiber
Hansjörg
Boll gelangt. Sie reagierten auf das Gesprächsangebot, welches die
Stadt den Besetzern am Mittwoch im Zusammenhang mit dem
einwöchigen
Ultimatum zur friedlichen Räumung des Hauses unterbreitet hatte
(wir
berichteten).
Im Brief bedanken sich die Besetzer für das Gesprächsangebot
und
fordern konkrete Angaben bezüglich Termin, Ort und beteiligter
Personen. Ausserdem wollen sie, dass dieses Gespräch in
Anwesenheit der
Medien stattfindet.
"Keine Verhandlungen"
Die Antwort des Stadtpräsidiums kam gestern gegen 17 Uhr. Es
scheine,
die Besetzer hätten etwas missverstanden, schreibt Kurt Fluri. Es
werde, solange die Besetzung im Gange ist, zu keinen Verhandlungen
kommen - auch nicht über Ort, Zeit und Teilnehmer. Eine
Zusicherung
müsse genügen. Kurt Fluri lässt sich von der Forderung
der Aktivisten
nicht irritieren: "Es passt zum bisherigen Stil der Besetzer", sagt er.
Man müsse von vornherein klarstellen, dass man nicht nachgebe. Und
das
sei am Mittwoch mit dem Ultimatum geschehen. Weiter sagt Kurt Fluri,
dass Medienpräsenz während des Gesprächs gar nicht in
Frage komme.
Party am Wochenende
Gegenüber der "Solothurner Zeitung" haben die Hausbesetzer gesagt,
sie
fühlten sich "wie im Paradies" im besetzten Haus. Weil sie Strom
und
Wasser haben, liesse es sich gut leben.
Wie wohl ihnen in der ehemaligen Drogenanlaufstelle ist, zeigen die
Besetzer auch damit, dass sie für gestern und heute dort eine
grössere
Party angekündigt haben. "Das macht es für sie schlussendlich
nicht
einfacher", sagt dazu Kurt Fluri. Die Besetzer müssten jetzt
aufpassen,
dass der Groll nicht wachse.
Um die Forderungen der Stadt zu erfüllen müssen die
Besetzer auch an
den Partys dafür sorgen, dass es zu keinen Sachbeschädigungen
kommt.
Zudem gilt: Wenn es zu Anzeigen wegen Nachtruhestörung kommt, ist
es
für die Hausbesetzer dahin mit der völligen Straffreiheit,
auch bei
Einhaltung der anderen Punkte des Ultimatums.
Bei der Stadtpolizei ist klar, dass sie bei Reklamationen wegen
Nachtruhestörung beim besetzten Haus gleich handeln wird wie bei
allen
anderen Festen auch.
Eva Berger
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SQUAT BADEN
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Aargauer Zeitung 22.8.09
"Kann mir Nutzung vorstellen"
Eigentümer will Haus zur Verfügung stellen
Die friedfertige Hausbesetzung an der Mellingerstrasse 33 hat etwas
bewirkt: Eigentümer B. R. hat sich aufgrund des AZ-Kommentars
gemeldet.
Er kann sich eine Zwischennutzung vorstellen. Aber: "Ich möchte
kein
Polizei-, kein Feuerwehr- und kein Krankenauto vor dem Haus haben",
sagt B. R. und hat klare Vorstellungen von einer Mieterschaft, die auch
mit der Nachbarschaft auskommen muss: "Ich stelle mir Leute vor, die
sowohl Eigeninitiative als auch Eigenverantwortung haben. Ich
möchte
wissen, wie und wozu man das Gebäude nutzt." B. R. macht auch
klar,
dass er nicht etwa den Hausmeister oder den Abfuhrmann spielen will.
Und: "Ein Nein heisst bei mir auch nein."
B. R. hat bereits Erfahrungen mit einem Projekt einer Zwischennutzung
gemacht. Das Pro jekt wurde indes abgebrochen. Dennoch ist B. R. bereit
für einen erneuten Versuch. Er möchte einer Zwischennutzung
oder
Hausbesetzung nicht vorgreifen, darum werden hier weder der volle Namen
noch der Ort des Hauses näher bezeichnet. Jetzt soll über die
AZ einmal
ein Kontakt geknüpft werden. (-rr-)
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WAGENBURG LU
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Aargauer Zeitung 22.8.09
"Wir arbeiten und zahlen Steuern wie alle andern auch"
Die illegale Wagenburg in Luzern lässt die Stadt verzweifeln. Ein
Bewohner kommt aus Menziken
Thomas Hunziker lebt seit über einem Jahr in einem umgebauten
Bauwagen
mitten in Luzern. Ein Le-ben ohne Luxus › dafür mit jeder Menge
politischem Zündstoff.
Katja Schlegel
Thomas Hunziker sitzt in seinem "Wohnzimmer", wie er die mit einer
Zeltblache überdeckte Festbankgarnitur liebevoll nennt. Ein
schattiges
Plätzchen zwischen meterhohen Profilstangen mitten auf einem
Kiesplatz
hinter dem Luzerner Bahn-hof. An einer Bockleiter hängt frische
Wäsche,
die im warmen Wind flattert. Auf dem Platz verteilt, stehen zehn
umgebaute Bauwagen, dazwischen Töpfe mit Basilikum und
Tomatenstauden.
So sieht also die berüchtigte Wagenburg aus.
Thomas, warum ziehst du das Leben in einem Bauwagen ohne fliessendes
Wasser und ohne Strom einem Leben in einer normalen Wohnung vor?
Thomas Hunziker: Weil es mir gefällt, ganz einfach. Es ist aber
nicht
so, dass wir ohne Strom und ohne fliessendes Wasser leben wollen. Wir
verzichten nicht bewusst darauf, das bringt diese Wohnform teilweise
einfach mit sich und ich nehme diesen Verzicht gerne in Kauf. Es sollte
in der Schweiz möglich sein, so leben zu können, wie man
will. Dafür
kämpfe ich.
Wie weit gehst du, um deinen Lebensraum zu verteidigen?
Hunziker: Es geht so weit, dass wir uns unseren Platz einfach nehmen,
mit allen Konsequenzen.
Was für Konsequenzen?
Hunziker: Wir wurden jeweils angezeigt. Dann wurde uns gedroht, dass
der Platz geräumt und die Wagen abgeschleppt werden.
Die Stadt Luzern hat euch innert eines Jahres zweimal per
Gerichtsentscheid verjagt. Warum geht ihr immer bis zum Äussersten?
Hunziker: Die Stadt will partout nicht mit uns reden. Wir würden
jeweils sofort gehen, wenn sie nur einmal persönlich mit uns reden
würden. Die Behörden sind ausserdem nicht bereit dazu,
irgendwelche
Kompromisse einzugehen. Sie fühlen sich für unser Anliegen
nach einem
Wagenplatz nicht verantwortlich und sagen, sie könnten nicht
für jede
Lebensform oder Lebensvorstellung Raum und Platz bieten.
Wäre es für euch keine Alternative, auf einen Standplatz
für Fahrende zu gehen?
Hunziker: Wir sind keine Fahrenden. Die Fahrenden leben nicht in
Bauwagen und dürfen nicht länger als drei Monate auf dem
Platz stehen.
Wir wollen aber an einem Ort bleiben und nicht von Stadt zu Stadt
ziehen.
Warum ist die Situation mit der Stadt so verfahren? Eine andere
Wagenburg steht bereits seit Jahren in Luzern › ohne ständige
Reibereien.
Hunziker: Den Unterschied definiert die Luzerner Baudirektion
folgendermassen: Die erste Wagenburg hat eine Anfrage für einen
Standplatz eingereicht und die Wagen erst dann auf stadteigenem
Gelände
platziert. Wir hingegen haben unsere Wagen aufgestellt, ohne vorher zu
fragen.
Eigentlich ist es verständlich, dass sich die Stadt wehrt › wenn
sich jeder einfach nehmen würde, was er will . . .
Hunziker: Wir nehmen es ja nicht einfach so, wir wollen für den
Platz Miete bezahlen.
Was hältst du von Hausbesetzungen?
Ich halte sie für legitim. Ich sehe nicht ein, warum leerer
Wohnraum nicht genutzt werden darf.
Mir kommt ein Sprichwort in den Sinn: "De Gschiiter git no, de Esel
bliibt stoh."
Hunziker: Der Gescheitere kann in dieser Sache nicht nachgeben.
Warum nicht?
Hunziker: Wir sind ja ganz klar die Gescheiteren (lacht). Und wir
wollen ja, eben weil wir gescheiter sind, Freiräume haben in
dieser
Stadt. Und für die muss man kämpfen.
Dieser Kampf zwischen Stadt und Wagenburg ist in den innerschweizer
Medien präsent. Wie sind die Reaktionen aus der Bevölkerung?
Hunziker: Ich habe das Gefühl, dass die Bevölkerung auf
unserer Seite ist. Das spürt man beim Kontakt mit den Leuten.
Wie sieht dieser Kontakt aus?
Hunziker: Wir haben die Nachbarn eingeladen. Auf den beiden
Plätzen in
Kriens und hier in Luzern sind jeweils 20 bis 30 interessierte Leute
gekommen. Eine Nachbarin hat uns schon Kuchen gebracht.
Habt ihr auch schon negative Erfahrungen gemacht?
Hunziker: Ja, am ersten Tag auf dem Platz im Krienser Schlund kam ein
merkwürdiger Kerl vorbei. Er hat uns beschimpft und gedroht, die
Polizei zu holen. Wir haben ihm gesagt, dass die Polizei längst
Bescheid wisse. Aber er hat uns nicht zugehört und noch lange
weiter
gewettert.
Hast du Angst vor solchen Reaktionen?
Hunziker: Angst nicht. Wenn du Angst hast, könntest du so nicht
leben.
Aber man muss sich bewusst sein, dass dieses Leben auch gefährlich
sein
kann.
Wurdet ihr schon angegriffen?
Hunziker: Es ist schon vorgekommen, dass plötzlich Leute ums
Gelände
schlichen. Passiert ist nichts, aber auf ein Schild am Eingang haben
sie einen Davidstern gemalt.
Verstehst du die Aufregung um euch?
Hunziker: Nein. Viele Leute haben das Gefühl, wir seien asoziale
Punks,
die Lärm und Dreck machen. Und dann staunen sie, wie ruhig wir
eigentlich sind und wie wir uns anpassen. Ausserdem arbeiten und
bezahlen wir Steuern, wie jeder andere auch.
Trotzdem tanzt ihr aus der Reihe. Seid ihr stolz auf dieses
"Anderssein"?
Hunziker: Es ist schon so, dass das ein Gruppengefühl gibt.
Ist diese revolutionäre Art eine Modeerscheinung?
Hunziker: Das ist eine böse Behauptung. Es kann sein, dass gewisse
Leute so reinrutschen. Aber das ist ja auch nicht schlimm, wenn es dann
von einer Mode zu etwas Ernsthaftem wird. Und wenn es nicht ernsthaft
gemeint war, sind sie schnell wieder weg. Für die, die das
wirklich
leben, ist die Einstellung keine Modeerscheinung.
Ist es nicht mühsam, seinen "abnormalen" Wohnstil immer wieder
verteidigen zu müssen?
Hunziker: Man muss sich nur sich selbst gegenüber rechtfertigen.
Und
ich sehe nicht ein, warum ich mich mit den gegebenen
Verhältnissen, dem
"normalen" Wohnen, zufrieden geben sollte. Aber die meisten Leute
würden gar nicht erst auf die Idee kommen, in einem Bauwagen zu
leben.
Vielleicht, weil man seine Komfort-Ansprüche nicht runterschrauben
will?
Hunziker: Nein, das kommt ja erst nachher. Erst muss man auf die Idee
kommen, dass es noch etwas anderes als die Dreizimmerwohnung für
eineinhalbtausend Franken gibt. Hier muss ich nur einen Bruchteil
meines Lohnes fürs Wohnen ausgeben und kann den Rest für
anderes
gebrauchen. Das ist mir wichtig. Ich verstehe nicht, wieso man tausend
Franken erarbeiten muss, nur, damit man wohnen kann.
Ginge es dir schlecht, wenn du in einer Wohnung leben müsstest?
Hunziker: Ich bin recht skeptisch gegenüber Wohnungen. Ich konnte
mir das nie richtig vorstellen, in einer zu leben.
Was ist daran schlimm, in einer Wohnung zu leben?
Hunziker: Für mich hat das etwas Einengendes. Oben, unten, links
und
rechts hat es Leute, mit denen du nichts zu tun hast. Vielleicht sogar
solche, mit denen du nicht auskommst. Hier lebe ich in der Natur, die
Natur ist mein Wohnzimmer. So bist du dem Wetter mehr ausgesetzt und
bekommst alles mit. Das ist herrlich.
Apropos Wetter: Wie hast du den Winter überstanden?
Hunziker: Dieser Winter war angenehm, weil es richtig kalt war und
nicht matschig. Ausserdem hat jeder Wagen einen eigenen Ofen. Feuert
man richtig ein, herrschen Temperaturverhältnisse wie in einer
Sauna.
Was sagt deine Mutter dazu, dass du so wohnst?
Hunziker: Sie findet das cool, hat keine Probleme damit. Aber sie
bietet mir immer wieder an, bei ihr zu wohnen. Ich biete ihr im
Gegenzug an, einen eigenen Wagen zu kaufen und zu mir zu kommen.
Was würdest du machen, wenn du dich in eine Frau verlieben
würdest, die selber nicht in einem Bauwagen wohnen möchte?
Hunziker: Dann stelle ich den Wagen bei ihr in den Garten (schmunzelt).
Gibt es ein Luxusgut, auf das du trotz allem nicht verzichten kannst?
Hunziker: Bei dieser Hitze › eine Wasserglace. Aber schlussendlich gibt
es nichts, worauf ich nicht verzichten könnte. Oder doch: Mein
Recht
auf ein Stück Boden.
--
Illegal wohnen im Aargau
In den grösseren Städten des Kantons Aargau kommt es immer
wieder zu
Hausbesetzungen › eine andere Form von alternativem Wohnen als es
Thomas Hunziker in seinem Bauwagen pflegt.
Der jüngste Fall einer illegalen Hausbesetzung spielte sich
vergangenes Wochenende an der Mellingerstrasse in Baden ab, wo eine
Gruppe von jungen Männern und Frauen eine leerstehende
Kantonsliegenschaft eingenommen hat. Der Eigentümer lehnt eine
Zwischennutzung des Abbruchobjekts ab.
In Aarau datiert der jüngste Fall einer Hausbesetzung vom
Mai dieses
Jahres, wie Stadtpolizeichef Daniel Riniger auf Anfrage sagt. Das
Privathaus an der Hohlgasse wurde polizeilich geräumt, schreibt
die
Gruppe Klaustrophobia auf aargrau.ch.
Hier ist weiter die Rede von
einem misslungenen Besetzungsversuch am 11. Juli an der Ecke
Gönhardweg/ Augustin-Keller-Strasse. Klaustrophobia hofft, "dass
es in
Aarau weitergeht". (trö)
ZUR PERSON
Thomas Hunziker (24) ist in Aarau und Menziken aufgewachsen. Er hat
eine Ausbildung als Sozialagoge abgeschlossen. 2006 begleitete er
während einer Saison den Zirkus Pipistrello. Damals kaufte er
seinen
Bauwagen und baute ihn um. 2007 zog er nach Luzern, wo er bis vor
kurzem als Moderator bei Radio 3fach arbeitete. Diesen Sommer begleitet
er als Betreuer verschiedene Lager für behinderte Erwachsene. (ksc)
DIE GRUPPE "SOUS LE PONT"
Seit Juni 2008 lebt Thomas Hunziker mit der Gruppe "sous le pont" in
der Wagenburg. Die sechsköpfige Gruppe wohnte illegal in Luzern
und
einigen Vororten. Seit April lebt die Gruppe legal auf einem
Privatgrundstück in Luzern. Der Mietvertrag wurde jetzt aber
gekündigt
› die Gruppe sucht nun erneut einen Standplatz. (ksc)
Katja Schlegel
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FARNER VS GSOA
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sf.tv 22.8.09
GSoA-Affäre: Dokumente belasten PR-Agentur
10v10/sidd
Im November stimmt das Schweizer Volk über eine Initiative der
Gruppe
Schweiz ohne Armee (GSoA) ab, die sämtliche Kriegsmaterial-Exporte
stoppen will. Hinter den Kulissen rüsten sich Initianten und
Gegner für
den Abstimmungskampf. Jetzt taucht der Vorwurf auf, die Initianten
seien bespitzelt worden.
"10vor10" ist bei Recherchen auf interne Strategie-Papiere der
PR-Agentur Farner gestossen. Darin wird die "Observation von
Aktivisten-Gruppen durch die Agentur" als Massnahme erwähnt. Auch
ist
die "öffentliche Desavouierung von Aktivisten-Gruppen durch die
Agentur" als weitere Massnahme umschrieben. In einem anderen
Farner-Papier ist als Sofortmassnahme die "Verdeckte Aufklärung in
der
Verwaltung" thematisiert.
Die Agentur Farner erstellte die Papiere schon Ende 2005 / Anfang 2006,
gleich nachdem die GSoA bekannt gab, dass sie eine Initiative gegen
Kriegsmaterial-Exporte lancieren werde.
GSoA schockiert
GSoA-Sekretär Tom Cassee zeigte sich gegenüber "10vor10"
schockiert
über die Farner-Dokumente: "Es zeigt, dass Farner wirklich
Spitzelmethoden anwendet." Die Agentur Farner wollte zu den Papieren
keine Stellung nehmen.
Die Agentur arbeitet auch für den Arbeitskreis Sicherheit und
Wehrtechnik. Deren Co-Präsident, der Schwyzer Ständerat Bruno
Frick,
verteidigte gegenüber "10vor10" die Agentur Farner: "Wir legen
Wert
darauf, dass die Firma Farner im Rahmen des Rechtsstaates fair handelt
- und ich sehe keinen Verstoss der Firma Farner."
Die Agentur Farner teilte "10vor10" schriftlich mit, sie betrachte die
"von der GSoA konstruierte Aktion als einen politisch motivierten
Versuch der Verunglimpfung der Agentur." Den Verdacht der verdeckten
Ermittlung weist die Agentur zurück
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10vor10 21.8.09
Interne Dokumente werfen Fragen auf
Im November stimmen wir über eine Volksinitiative der Gruppe
Schweiz
ohne Armee ab, die sämtliche Exporte von Kriegsmaterial stoppen
will.
Hinter den Kulissen rüsten sich Initianten und Gegner für den
Abstimmungskampf. Jetzt taucht der Vorwurf auf, die Initianten seien
bespitzelt worden.
http://videoportal.sf.tv/video?id=1d9bc649-51c7-49df-b013-23061dab69cb
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AKTIV STATT AKTIVDIENSTFEIER
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Tagesanzeiger 22.8.09
Armeegegner, SP und Grüne machen gegen die Weltkriegsfeiern mobil
Die Linke rüstet gegen die Erinnerungsanlässe der
Aktivdienstler. Statt
an die 42 000 Armeepferde erinnert sie an 55 Millionen Kriegsopfer.
Von Thomas Knellwolf
70 Jahre nachdem Hitler Polen überfiel, liefert sich die Schweiz
eine
währschafte Auseinandersetzung um das richtige Geschichtsbild
jener
schwierigen Jahre. Anfang September gedenken konservative Kreise gleich
doppelt des Aktivdiensts und der Alpenfestung: Am 2. September, dem
Jahrestag der Generalmobilmachung, lädt die Vereinigung Pro
Libertate
auf Schloss Jegenstorf bei Bern, wo General Guisan während des
Kriegs
residierte. Auf dem ehemaligen Kommandoposten will die SVP-nahe
Organisation nicht nur erinnern, sondern auch politische Lehren
für die
Gegenwart ziehen. "Die Aktivdienstgeneration hat", so heisst es in der
Einladung, "ihre Opfer nicht erbracht, damit unser Land heute
möglichst
unauffällig im internationalen Gewässern mitschwimmen kann."
Drei Tage
später hält SVP-Bundesrat Ueli Maurer die "Festansprache" an
einer
Gedenkfeier der Aktion Aktivdienst, die davon überzeugt ist, dass
nur
die Armee unser Land damals vor dem Krieg bewahrte. Auf dem
"Festgelände" beim Militär- und Festungsmuseum im
aargauischen
Full-Reuenthal am Rhein erwarten die Veteranen 5000 Schaulustige.
Gegen "nationalistische Nabelschau"
Der Linken stösst das kollektive Erinnern an die Mobilmachung
sauer
auf. "Die Kriegsausbruch-Feiern und die TV-Réduit-Serie zeigen,
dass in
der Schweiz beim Thema Zweiter Weltkrieg noch heute eine
nationalistische Nabelschau betrieben wird", sagt der grüne Zuger
Nationalrat Jo Lang. "Wir wollen etwas tun gegen den kollektiven
Autismus jener Kreise, denen es Mühe bereitet, über die Opfer
des
Kriegs auch nur zu reden." Denn dann, erklärt Lang, "käme
auch die
schweizerische Mitverantwortung an der grössten Katastrophe der
Menschheitsgeschichte zur Sprache".
Statt vor Ort zu demonstrieren, rüstet die Gruppe Schweiz ohne
Armee
(GSoA) zur "Gegenveranstaltung" mit dem Titel "Wir gedenken der Opfer".
Am 4. September, dem Vorabend der Feier in Full, will sie an die 55
Millionen Opfer des Kriegs und an die systematische Vernichtung von 6
Millionen Juden erinnern. Zur Sprache kommt auch, dass die Schweiz "die
Kriegsmaschinerie der Nazis mit Gütern höchst einseitig
unterstützte"
und mit der Rückweisung von Flüchtlingen in den sicheren Tod
"der
Humanität zuwiderhandelte". Die Armeegegner empört es, dass
die Aktion
Aktivdienst in ihrer Einladung zu "den Millionen von Opfern, die der
Zweite Weltkrieg gekostet hat, kein Wort verliert": "Erwähnung
finden
dafür die 42 000 Pferde, die damals aufgeboten wurden."
Diskussion wie vor 20 Jahren
Unterstützt von der Sozialdemokratie, den Grünen, dem
Friedensrat und
dem Christlichen Friedensdienst will die GSoA einen Kontrapunkt setzen
"zugunsten der grenzüberschreitenden Solidarität". An ihrer
"Gegenveranstaltung" in der französischen Kirche in Bern wird
Zeitzeugin Louise Schneider ihre "kritische Sicht von damals und von
heute" mit einem Referat einbringen. Danach spricht der emeritierte
Lausanner Geschichtsprofessor Hans-Ulrich Jost über die
"Wirtschafts-
und Rüstungskollaboration der Schweiz mit Nazi-Deutschland".
Historiker
Stefan Mächler nimmt sich abschliessend der schweizerischen
Flüchtlingspolitik an.
Somit wiederholt sich - im kleineren Rahmen - Anfang September die
Zeitgeschichte: Vor zwanzig Jahren stand die Eidgenossenschaft stark in
der Kritik, als sie als einziger Staat weltweit mit den Diamant-Feiern
des Kriegsausbruchs gedachte. Linke, aber auch Bürgerliche
protestierten im Jahr des Mauerfalls mit einer Gegenkampagne.
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HOOLIGAN-GRIPPE
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BZ 22.8.09
Berner Regierung will kantonales Fanprojekt
Die Regierung des Kantons Bern möchte die Gewalt bei
Sportanlässen auch mit einem eigenen Fanprojekt eindämmen.
"Die Fans dürfen nicht einfach sich selbst überlassen
werden", findet
der SP-Grossrat Ueli Arm (Burgdorf). Er hat im Grossen Rat des Kantons
Bern eine Motion eingereicht, mit der er die Regierung beauftragen
will, ein kantonales Fanprojekt zu schaffen. Arm will die Gewalt bei
Fussball- und Eishockeyspielen nicht länger akzeptieren. Weil er
findet, dass der Kanton Bern "in hohem Mass" an einer Lösung
interessiert sein müsse, habe er in dieser Frage eine
"Leaderrolle" zu
übernehmen. Mit einem kantonalen Fanprojekt, findet Arm,
könnte die
Kommunikation zwischen den Vereinen, den Fanclubs, den
Sicherheitsverantwortlichen und den Transportunternehmen verbessert
werden.
Die Regierung will helfen
Der Berner Polizeidirektor Hans-Jürg Käser will dem Grossen
Rat
beantragen, die Motion anzunehmen. Die Regierung hält zwar in der
Antwort auf den parlamentarischen Vorstoss klar fest, dass es
primär
Aufgabe der Verbände sei, Fanclubs bei der Erarbeitung von
Grundlagen,
Leitplanken und Pflichtenheften zu unterstützen. Und die heute
noch
mehrheitlich fehlenden verbindlichen Strukturen seien auf nationaler
Ebene zu schaffen. Aber: "Der Regierungsrat ist bereit, ein kantonales
Fanprojekt zu schaffen mit dem Ziel, die Schnittstelle zwischen den
nationalen und lokalen Aktivitäten sicherzustellen und damit die
zunehmende Gewalt bei Sportanlässen einzudämmen."
Nicht doppelspurig
In einer anderen Motion fordert Ueli Arm auf kantonaler Ebene einen
"runden Tisch", damit die Gewalt rund um Sportanlässe dank
"griffigeren
Massnahmen und einer besseren Vernetzung" eingedämmt werden
könne. Hier
zeigt sich die Regierung zurückhaltender. Nicht alle Massnahmen,
die in
der Stadt Bern sinnvoll seien, könnten unbesehen auch an
Sportanlässen
in Biel, Thun, Langenthal oder Langnau angewendet werden. Ein
kantonaler "runder Tisch" müsste somit auf einer ähnlich
allgemein
verbindlichen Ebene angesiedelt werden wie das bestehende Bundesprojekt
"Sicherheit im Sport". Die Regierung befürchtet Doppelspurigkeiten.
Mit der eigens geschaffenen "Task Force Sport" lege die Kantonspolizei
zudem gegenwärtig die Grundsätze für ein einheitliches
Vorgehen bei
Sportanlässen im Kanton Bern fest. Werde diese Task Force dereinst
in
ein kantonales Fanprojekt überführt, werde sich zeigen, ob
ein
kantonaler "runder Tisch" noch notwendig sei. Die Regierung ist darum
bereit, Arms zweite Forderung in der weniger verbindlichen Form eines
Postulats entgegenzunehmen. Der Grosse Rat entscheidet in der
Septembersession.
sgs
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NZZ 22.8.09
Mehr Härte gegen gewalttätige Fussballfans
Erkenntnisse einer Auslandreise der Polizeidirektorenkonferenz
In der Schweiz sind die Gesetze vorhanden, um gegen
Fussball-Hooligans
vorzugehen - aber sie werden zu wenig entschlossen angewendet. Die
Polizeidirektorenkonferenz will dies ändern.
mbm. Gewaltexzesse rund um Fussball- und Eishockeyspiele
haben in der
Schweiz in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Es wird zwar schon
seit langem um Lösungen zur Bekämpfung des Problems gerungen,
doch
Fortschritte sind kaum zu verzeichnen. Um dies zu ändern und um
neue
Ansätze kennenzulernen, unternahm eine Delegation der Konferenz
der
kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD)
eine Reise nach England, Belgien, Deutschland und in die Niederlande.
An einer Medienkonferenz am Freitag in Zürich haben die
Delegationsmitglieder ihre Erkenntnisse dargelegt und ihre Erfahrungen
geschildert.
Null-Toleranz-Strategie
Wie Delegationsleiterin und Regierungsrätin Karin
Keller-Sutter (St.
Gallen) ausführte, habe man bewusst Länder ausgewählt,
in denen der
Hooliganismus ein grosses Problem war oder immer noch ist. In allen
vier Ländern habe sich gezeigt, dass bei der Bekämpfung der
Gewalt im
Sport klar entschlossener und härter vorgegangen werde als in der
Schweiz. Behörden und Klubs betrieben mehr Aufwand bei der
Identifikation von Personen, die gegen die Stadionordnung verstossen,
und bei der Sanktionierung von fehlbaren Fans. Dabei sei die
Zusammenarbeit aller Beteiligten enger und strukturierter. Zudem wird
laut Keller-Sutter der gesetzliche Strafrahmen viel rascher
ausgeschöpft, und die Auflagen an Klubs und Stadionbetreiber seien
strenger. Sowohl in England, Belgien als auch in den Niederlanden gelte
eine Null-Toleranz-Strategie, was dazu geführt habe, dass die
Gewalt
abnahm und der Polizeiaufwand zurückging. Überall liege die
Führung bei
der Politik und der Polizei.
Für Keller-Sutter hat sich klar gezeigt, dass strengere
Regeln und
konsequente Sanktionen Erfolge bringen. In den besuchten Ländern
werde
die Freiheit des Einzelnen zugunsten der Sicherheit aller weniger
gewichtet als hierzulande. Da müsse man in der Schweiz die
Rechtsgüterabwägung überdenken. An den Gesetzen liege es
nicht: In den
vier Ländern würden Massnahmen angewendet, welche die hiesige
Gesetzgebung auch kenne. Der Unterschied liege in der Konsequenz der
Anwendung und im höheren Strafrahmen. In England würden etwa
lebenslängliche Stadionverbote ausgesprochen, die für das
ganze Land
gälten und nie zurückgenommen würden. Eine zweite Chance
gebe es
nirgends.
SC Freiburg als leuchtendes Beispiel
Der Berner Regierungspräsident Hans-Jürg Käser
berichtete von
rigorosen Zutrittskontrollen, von vorgegebenen Grössen der Fahnen,
von
konsequentem Alkoholverbot und davon, dass die Klubs bestimmen, wer wo
im Stadion sitzt, und dass man sich ausweisen muss, wenn man ein
Billett kauft. Wer im Stadion Feuerwerk zünde, werde sofort aus
der
Menge gepflückt und bestraft. Laut Regierungsrat Hanspeter Gass
(Basel-Stadt) ist in Deutschland der SC Freiburg ein weitherum
leuchtendes Beispiel. Der Klub mache, was die Polizei sage - bis hin zu
baulichen Belangen. Alkoholisierte Fans würden - unabhängig
von ihrem
Verhalten - in Gewahrsam genommen. Transparente auf den Rängen,
Choreografien, Megafone, Vorsänger, Fan-Märsche seien nicht
erlaubt.
Verstösse dagegen würden hart geahndet.
Keller-Sutter betonte, dass die KKJPD Gewalt im Sport nicht mehr
als
Tatsache hinnehmen und nicht mehr so viel Polizei zulasten der
Steuerzahler bereitstellen will. Konkrete Massnahmen gebe es noch
nicht, zuerst brauche es den Willen, etwas zu ändern. Dafür
soll an der
KKJPD-Herbstversammlung eine Willenserklärung eingeholt, dann die
Zusammenarbeit mit dem VBS und dem EJPD gesucht und eine gemeinsame
Handlungsweise entwickelt werden. Diese soll Grundsatzentscheide zu den
Themen Alkohol, Ticketing, Beteiligung der Klubs an den
Sicherheitskosten sowie Identifizierung und Sanktionierung von
Gewalttätern enthalten und ab Beginn der nächsten
Fussballsaison
umgesetzt werden.
---
Basler Zeitung 22.8.09
Keine Transparente, keine Getränke
Polizeidirektoren lassen sich von ausländischen Rezepten für
sichere Spiele inspirieren
Timm Eugster, Zürich
Was in Fussballnationen wie England, Holland und Deutschland
funktioniert, soll auch in der Schweiz möglich sein:
Fussballspiele
praktisch ohne Gewalt.
"Hooligans und Ultras triffts im Ausland härter." Dies ist die
Erkenntnis, mit welcher der Basler Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass,
seine St. Galler Kollegin Karin Keller-Sutter und sein Berner Kollege
Jürg Käser von ihrer Reise durch die Stadien von London,
Amsterdam,
Brüssel, Antwerpen und Freiburg im Breisgau zurückgekehrt
sind. Der
sommerliche Tapetenwechsel hat ihnen offensichtlich gutgetan: Sie
gingen ermüdet von der Enttäuschung über die seit Jahren
ausbleibenden
Fortschritte im Kampf gegen Gewalt rund um Fussball- und
Eishockeyspiele, über vage Resultate an runden Tischen und
Schwarz-Peter-Spiele zwischen allen Beteiligten - und kamen voller Elan
und Tatendrang zurück. "Bis jetzt ging es schleppend voran. Aber
jetzt
sind wir entschlossen, die Wende zu schaffen", sagte Karin
Keller-Sutter als Vizedirektorin der Konferenz der kantonalen
Polizeidirektoren gestern in Zürich.
Mut
Denn was die Polizeidirektoren angetroffen hatten, machte ihnen Mut:
Mit den richtigen Rezepten ist es möglich, das Problem in den
Griff zu
kriegen. Dabei kommen die ausländischen Behörden ohne
schärfere Gesetze
als jene in der Schweiz zum Ziel - dafür setzen sie die
bestehenden
konsequent um und haben eine mit allen Beteiligten abgestimmte,
national einheitliche Strategie. Eine solche wollen die
Polizeidirektoren jetzt auch für die Schweiz: Schon zu Beginn der
Saison 2010 soll sie mit den Verbänden und dem Bund ausgehandelt
sein
und zu greifen beginnen. Dabei könnten die Polizeidirektoren auch
Druck
ausüben, indem sie die Kosten stärker als heute auf die Clubs
überwälzen, wenn diese sich etwa gegen ein Alkoholverbot oder
gegen gut
dotierte eigene Sicherheitsdienste sträuben. Vorbildliche Clubs
könnten
hingegen durch eine Übernahme der verbleibenden Kosten belohnt
werden.
Das Ziel ist aber vor allem, die Kosten generell zu senken. Besonders
beeindruckt hat die Polizeidirektoren, dass in den besuchten
Ländern
auch an Hochrisikospielen nur wenige Polizisten notwendig sind. In
Freiburg im Breisgau etwa sind es bloss 50 - in Basel bis zu 400. Das
wichtigste Rezept der Freiburger ist laut Gass die enge Zusammenarbeit
zwischen der Polizei und dem SC Freiburg. "Wir machens, wie die Polizei
sagt" - dies sei der Grundsatz, nach dem der Clubpräsident
funktioniere. "Das kann ich nur bewundern", so Gass in einem kleinen
Seitenhieb an den FCB. Polizei und der SC unternähmen alles, um
die
Rahmenbedingungen bewusst "ultra-unfreundlich" zu gestalten, so Gass.
Die Szene bestehe denn auch nur noch aus 60 Personen, von denen 20 ein
Stadionverbot hätten.
Ideen
Welche Rezepte die Polizeidirektoren in der Schweiz übernehmen
wollen,
sagten sie gestern noch nicht. Aber an Ideen mangelt es ihnen nach der
Reise nicht. Eine Auswahl:
> Vorsänger und Megafone sind in Freiburg im Gästebereich
verboten
und im Heimbereich nur mit strengen Auflagen erlaubt. Aktuell
dürfen
nur zwei Fans als Vorsinger fungieren, wobei ihnen vorgeschrieben ist,
was gesungen werden darf.
> Transparente oder Choreografien sind im Freiburger Stadion
verboten, damit sich Fans nicht dahinter verstecken können, um
Pyros
abzubrennen.
> In England bestimmt der Club, welcher Fan wo sitzt - und kennt ihn
mit Namen.
> In englischen Stadien ist nicht nur Bier verboten, sondern alle
Getränke.
> In Belgien dürfen bei Risikospielen nur Gästefans ins
Stadion, die
sich mit dem Bus in einen abgesperrten Bereich direkt vor dem Stadion
fahren lassen.
> Staatlich unterstützte Fanprojekte hingegen gibt es in den
besuchten Städten keine. In Freiburg heisst es gar, wo es solche
gebe,
seien die Probleme besonders gross. Für Gass ist aber eine
Kürzung der
staatlichen Mittel für Fanarbeit kein Thema.
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St. Galler Tagblatt 22.8.09
Kein Raum mehr für Gewalt
England, Holland und Belgien fahren einen Nulltoleranz-Kurs gegen
gewaltbereite Fussballfans. Diese Gangart streben die kantonalen
Polizeidirektoren nun auch in der Schweiz an. Ausserdem fordern sie ein
national koordiniertes Vorgehen.
Andreas Fagetti
In der Schweiz geht der Staat seit einiger Zeit gegen Gewaltexzesse in
und um die Fussballstadien ebenfalls entschlossener vor.
Hooligan-Datenbank, Stadion- und Rayonverbote, neuerdings
Internetfahndung, Schnellrichter und drakonische Gerichtsurteile gegen
gewaltbereite Fans sollen die Exzesse zum Verschwinden bringen. Dennoch
kommt es immer wieder zu Ausschreitungen und Schlägereien,
mittlerweile
auch losgelöst von Fussballspielen wie jüngst am St. Galler
Fest. Dort
fielen GC-Anhänger über St. Galler her.
Delegation auf Auslandreise
Jetzt wollen die kantonalen Polizeidirektoren die Gangart nochmals
verschärfen, den Lead in der Gewaltbekämpfung im Sport an die
Politik
und Polizei delegieren, das Vorgehen vereinheitlichen und besser
koordinieren. Eine Delegation der Konferenz der Kantonalen Justiz- und
Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) informierte sich auf einer
Arbeitsreise nach London, Amsterdam, Brüssel, Antwerpen und
Freiburg im
Breisgau über Lösungsansätze im Ausland.
Delegationsleiterin Karin
Keller-Sutter zog gestern in Zürich vor den Medien folgendes
Fazit: Die
Bekämpfung der Gewalt im Sport sei in den vier besuchten
Ländern
deutlich entschlossener als in der Schweiz - und das bei vergleichbaren
Rechtsgrundlagen. Die in einem "Länderbericht" zusammengetragenen
Erkenntnisse zeichnen ein Bild vom kompromisslosen Vorgehen der Politik
und Polizei in den besuchten Ländern - und von den Erfolgen in der
Gewaltbekämpfung im Sport, insbesondere im Fussball.
Aus der Anonymität holen
In England, dem Mutterland des Hooliganismus, gab es in der
Vergangenheit Dramen mit Toten, welche die Behörden erst zu
entschlossenem Handeln bewegten. Die Gewalt zumindest in den oberen
Ligen ist seither deutlich rückläufig. Die Palette der
Massnahmen
reicht von lebenslangem Stadionverbot, verdeckter Polizeiarbeit,
ausgetüftelten Deanonymisierungs-Strategien bis hin zum Verbot von
Choreographien und Transparenten in den Stadien. Besonders in England,
Holland und Belgien geben die Politik und die Polizei den Ton bei der
Gewaltbekämpfung an. Die Zusammenarbeit aller Beteiligter ist
enger und
besser koordiniert als in der Schweiz.
Enger zusammenarbeiten
Der Trend zu mehr Gewalt müsse auch in der Schweiz gebrochen
werden,
fordern die St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter und
ihre
Regierungsrats- und Delegationskollegen aus Basel-Stadt und Bern. Die
Gewalt im Umfeld von Fussball- und Eishockeyspielen wollen sie nicht
mehr länger als "gesellschaftliche Tatsache" hinnehmen. Es
müsse wieder
ein friedliches Umfeld geschaffen werden, in dem auch Familien mit
Kindern Spiele besuchen können, "ohne mit einer Gewalt- und
Hasskultur
konfrontiert zu werden".
Schweizweit die gleichen Regeln
Karin Keller-Sutter weist ausserdem darauf hin, dass die
Polizeidirektorinnen und Polizeidirektoren die mit hohen Kosten
verbundenen grossen Polizeieinsätze nicht mehr weiter hinnehmen
werden.
Jetzt wollen die Polizeidirektoren die Gewaltbekämpfung im Sport
schweizweit einheitlich regeln und dazu alle beteiligten Parteien wie
VBS, EJPD und Vereine mit ins Boot holen. Ziel ist es, dass diese neuen
Regeln ab der nächsten Fussballsaison schrittweise umgesetzt
werden.
--
Lebenslänglich Stadionverbot
In England, Holland und Belgien setzen Politik, Polizei und Vereine
eine Nulltoleranz-Strategie unter anderem mit folgenden Mitteln durch:
• In englischen Stadien tolerieren die Behörden keine rechtsfreien
Räume. Selbst schlechtes Benehmen sanktionieren die
Verantwortlichen
mit Stadionverbot. Dieses wird für mindestens drei Jahre
ausgesprochen
und kann sogar lebenslänglich gelten.
• In England, Holland und Belgien wurden sogenannte Kombitickets
eingeführt: Nur Gästefans, welche die organisierten
Fanzüge oder -busse
benützen, erhalten Tickets im Gästesektor. Bei einem
Risikospiel in
Belgien, das die Delegation besuchte, wurden zehn Busse mit
Gästefans
direkt in einen abgesperrten Bereich vor dem Stadion gefahren. Von dort
gelangen die Fans in ihren Sektor, ohne mit einheimischen Supportern in
Berührung zu kommen (auch beim Match gegen den FC Sion in St.
Gallen
angewendet). Im Einsatz waren bloss 20 Polizisten und 75 Stewards des
Clubs.
• In England bestimmt der Club, wer auf welchem Platz sitzt. Eine
Fankurve kann sich so erst gar nicht bilden.
• In England gilt in den Stadien ein generelles Alkoholverbot - in
Holland sogar in Fanbussen und -zügen. Stewards kontrollieren die
Fans
beim Einsteigen in Anwesenheit der Polizei. In Belgien und Holland
dürfen generell keine Getränke auf die Ränge genommen
werden.
• Mit Ausnahme von Belgien unterhalten alle besuchten Länder
Datenbanken. Holland handhabt dabei den Datenschutz locker. Zugriff auf
die Datenbank, in der etwa Gerichtsentscheide oder Stadionverbote
erfasst sind, haben neben der Polizei auch die Clubs und der nationale
Fussballverband. (fa)
--
Freiburg im Breisgau ist Ultra-unfreundlich
Ultra-unfreundlich
Fussball-Staatsanwalt
Fanshop verboten
Ennet der Grenze, unweit von Basel, wird die Fussballwelt mit
erheblichen Mitteln in Ordnung gehalten. Was der Basler Regierungsrat
Hanspeter Gass von dort zu berichten hat, dürfte die Vereine,
Politiker
und Fankurven in der Schweiz aufhorchen lassen. Mit vielfältigen
Mitteln gehen sie gegen gewaltbereite Fans vor. Sicherheitsfragen sind
hier Chefsache. So stellt sich der polizeiliche Einsatzleiter
demonstrativ und ungeschützt in den Gästesektor und
überwacht den
Einsatz von dort aus. Der Clubpräsident hält sich an den
Grundsatz:
"Wir machen's, wie die Polizei es sagt."
Mit dieser engen Zusammenarbeit verfolgen Polizei und Club eine klare
Strategie: Sie wollen die Hooliganszene auflösen und mit
Ultra-unfreundlichen Rahmenbedingungen im und ums Stadion die Bewegung
unterdrücken. Wie es scheint, mit Erfolg: Aktuell zählen
bloss 60
Personen zur Ultra-Bewegung. Andernorts in Deutschland zählt die
Bewegung bis zu 1000 Fans, von denen viele via Clubmitgliedschaft
erheblichen Einfluss auf die Politik der Fussballvereine ausüben
können.
In Freiburg kümmert sich ausserdem ein Staatsanwalt
ausschliesslich um
Delikte von Fussballfans. Unerbittlich sind die Massnahmen gegen die
Ultra-Bewegung: Vorsänger und Megaphone sind im Gästebereich
verboten
und im Heimsektor nur mit strengen Auflagen erlaubt. Beleidigungen von
Spielern oder gegnerischen Fans werden nicht toleriert. Wer gegen die
Stadionordnung verstösst, hat mit Bussen bis zu 5000 Euro zu
rechnen.
Transparente und Choreographien sind im Stadion untersagt. Grund: Die
Fans würden sich oft dahinter verbergen, um sich gegen
Videoaufnahmen
zu schützen - beispielsweise, um ein Feuerwerk unerkannt
abzubrennen.
Die Ultras erhalten in der Stadionzeitung keine Auftritte. Sie
dürfen
keinen Fanshop gründen. Damit wird ihnen eine Einnahmequelle
verstopft,
die den Ultras ansonsten Geld und damit mehr Einfluss bringen
würde.
Den Spielern des SC ist es ausserdem untersagt, den Ultras zu huldigen
- in Interviews dürfen sie es nicht, nicht beim Torjubel und auch
nicht
auf der Abschiedsrunde nach dem Spiel.
Auch die Fanmärsche begleitet die Polizei eng. Polizisten in Zivil
mischen sich unter die Fans und kennzeichnen Personen, die sich nicht
korrekt verhalten, mit roten Klebepunkten oder schicken Beschreibungen
per SMS an ihre uniformierten Kollegen. Diese fangen Täter
später am
Stadioneingang ab.
--
Kommentar
Gewalt im Keim ersticken
Wer selbst schon Fussballspiele in unseren Nachbarländern besucht
hat,
weiss, wovon die kantonalen Polizeidirektoren sprechen, wenn sie nach
ihrer Visite nun eine härtere Gangart gegen Hooligans anstreben.
Diese
Nulltoleranz-Strategie zeigte sich zum Beispiel an der
Fussball-Weltmeisterschaft in Deutschland: Freundliche Polizisten
wiesen friedlichen Anhängern den Weg, während deren Kollegen
mit Helm
und Schlagstöcken jeden Ansatz von Gewalttätigkeit im Keime
erstickten.
In der Schweiz und gerade in St. Gallen wurden die Gewaltexzesse
dagegen immer häufiger. So gesehen ist die Stossrichtung der
Polizeidirektoren sicher richtig. Zu überprüfen ist die Art
der
Massnahmen, denn diese strafen nicht nur die Hooligans. Das Verbot von
Transparenten und Choreographien ist der Stimmung in den Stadien nicht
förderlich, aber Videokameras können Gewalttäter nur
filmen, wenn sie
sich nicht hinter Stoff und Papier verstecken können. Noch mehr
schmerzen wird das Alkoholverbot. Muss sich der friedliche
Matchbesucher wegen der Chaoten Bier und Bratwurst vergällen
lassen?
Die gewalttätige Kerngruppe wird sich davon kaum beeindrucken
lassen,
die sowieso schon alkoholisiert zum Stadion kommt. In gewissen
Situationen kann der enthemmend wirkende Alkohol das Fass aber zum
Überlaufen bringen - bei Risikospielen ist diese Massnahme zu
vertreten. Noch wichtiger ist aber die konsequente Zusammenarbeit
zwischen Polizei und Clubs, dazu gehört auch der Datenaustausch.
Und
nicht mehr sehen wollen wir Trainer und Spieler, die sich halt "nur
aufs Sportliche konzentrieren" und sich nicht deutlich von den falschen
"Fans" distanzieren. Bruno Knellwolf
b.knellwolf@tagblatt.ch
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GIPFEL-SOLI-NEWS
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gipfelsoli.org/Newsletter
21.8.09
21.8.2009 Strasbourg/ Baden-Baden
- Hausdurchsuchung gegen ein Mitglied des Rostocker
Friedensbündnisses
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