MEDIENSPIEGEL 7.1.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (tojo)
- Plakatkrieg
- Kokainwarnung BE
- Beschaffungsklau BE
- Asyl: Autonome Schule ZH gerazzt; NEE-Alltag
- Teilgeständnis der Aarauer Gefangenen
- WEF: 5000 Soldaten, SVP gegen LU-Demo
- Cop Culture
- 1. Todestag libertäre AntifaschistInnen in Russland
- AKW Mühleberg: Bewilligt gefährlich

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REITSCHULE
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Do 07.01.10
20:00 Uhr - Rössli - Deine Jugend (DE) - Elektronische Tanzmusik

Sa 09.01.10
20.30 Uhr - Tojo - Spaceboard Galuga, Originalvideo live vertont. 20 Jahre Club 111
22.30 Uhr - Tojo - Spaceboard Galuga, Originalvideo live vertont. 20 Jahre Club 111

So10.01.10
14.00 Uhr - Frauenraum - "Sie kam und blieb"-Stube für Sonntagnachmittag-Gelangweilte
16.30 - Frauenraum - Skub-Stube: Konzi mit Voicensual (BE)
20.30 Uhr - Tojo - Spaceboard Galuga, Originalvideo live vertont. 20 Jahre Club 111

Infos: http://www.reitschule.ch

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kulturagenda.be 7.1.10

Club 111 spielt im Tojo "Uns geht's gut"

Held und Tyrann: Das Baby spielt die doppelte Hauptrolle in der rasanten Beziehungsgeschichte "Uns geht's gut". Der Nachwuchs bringt alles durcheinander, ist Ausgangspunkt von Familienschlachten und für Therapiestunden. Unter der Regie von Meret Matter spielt der Club 111 dieses "Boulevard-Drama" von Olivier Chiacchiari.
Tojo-Theater in der Reitschule, Bern. Mi., 13.1., und Do., 14.1., 20.30 Uhr

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Bund 7.1.10

"Spaceboard Galuga"

 Theater aus der Raumkapsel

(reg)

 Zwanzig Jahre ist es her, dass Meret Matter, Grazia Pergoletti und Rut Schwegler den Club 111 gründeten. Und fast ebenso lange, dass die Theatergruppe mit ihrer Sci-Fi-Soap "Spaceboard Galuga" weit über Bern hinaus bekannt wurde. Zum Geburtstag präsentiert der Club 111 nun einen live vertonten Videozusammenschnitt mit Originalaufnahmen aus der Theater-Raumkapsel.

Tojo-Theater Reitschule Samstag, 9. Januar, 20.30 und 22.30 Uhr. So, 10. Januar, 20.30 Uhr.

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WoZ 7.1.10

Theater

 36 Stunden

 Als Autor von "Geschichten aus dem Wiener Wald" oder "Kasimir und Karoline" ist Ödön von Horvath (1901-1938) einer der prägenden deutschsprachigen Dramatiker. Mit "36 Stunden" bringt eine Gruppe junger Theaterschaffender um Regisseurin Magdalena Nadolska eine eigene Stückfassung des eher unbekannten Romans von Horvath zur Schweizer Erstaufführung.

 Die Geschichte spielt in der Weltwirtschaftskrise im Jahre 1928, ProtagonistInnen sind zwei Arbeitslose: die schöne achtzehnjährige Näherin Agnes Pollinger und Eugen Reithofer, ein Kellner und notorischer Frauenheld. Aus der Verabredung am nächsten Tag wird jedoch nichts. Agnes versetzt Eugen zugunsten des Eishockeystars Harry Priegler, den sie am Nachmittag im Atelier eines Künstlers kennengelernt hat. In Harrys Sportwagen fahren die beiden an den Starnberger See. Auf dem Rückweg fällt der fiese Playboy über Agnes her und lässt sie stehen. Sieben Stunden marschiert die junge Frau durch die Nacht. Als sie vor ihrem Haus eintrifft, wartet dort Eugen auf sie. Er fragt sie aber nicht, warum sie ihr Wort gebrochen habe, sondern teilt ihr mit, dass er Arbeit für sie gefunden hat. Beste Voraussetzungen für eine Lovestory … adr

 "36 Stunden" in: Chur Klibühni, Di, 12. Januar, 20.30 Uhr, Premiere, sowie Do-Sa, 14.-16., und Fr/Sa, 22./23. Januar, 20.30 Uhr. BERN Tojo-Theater, Mi-Sa, 3.-6. Februar, 20.30 Uhr.

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PLAKATKRIEG
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BZ 6.1.10

Stadtrat

 Mehr Platz für Kleinplakate

 In der Stadt Bern soll es 70 zusätzliche Standorte für Kleinplakatierungen geben. Der Gemeinderat prüft derzeit noch die Kostenfolgen und will erst anhand eines detaillierten Kreditantrages definitiv entscheiden.

 Gute Nachrichten für Kulturveranstalter: Das städtische Tiefbauamt hat in Bern 70 zusätzliche Standorte für Kultur- und Kleinplakatierung ausgemacht. Dies zusätzlich zu den bereits bestehenden 50 Plakatstellen. Und: "Nach Möglichkeit sollte diese Zahl zu einem späteren Zeitpunkt erhöht werden können", schreibt der Gemeinderat in seiner Antwort auf die parlamentarischen Vorstösse von SP und GPB. Die zusätzlichen Anschlagstellen seien nach Konsultation der Vorschläge der Kleinplakatierungsfirma Passive Attack ergänzt worden, schreibt der Gemeinderat weiter.

 Standorte noch unklar

 Damit zeichnet sich im jahrelangen Streit um die Kleinplakatierung nun eine Lösung ab. Entsprechend erfreut zeigt sich Passive-Attack-Geschäftsführer Thomas Baumgartner: "Wir wissen zwar noch nicht, wo die Standorte sein werden und um wie viel Fläche es sich dabei handelt, sind aber mit dem Entscheid grundsätzlich zufrieden."

 Passive Attack hatte Vorschläge für 160 neue Plakatierungsstandorte eingereicht. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um bestehende Installationen wie Verteilerkästen und Kandelaber. "Wir hoffen natürlich, dass sich die 70 neuen Plätze vor allem in der Innenstadt befinden, weil die Plakate dort am wirkungsvollsten sind", so Baumgartner.

 Auch die Junge Alternative JA! begrüsst den Entscheid des Gemeinderates, weitere 70 Stellen für Kleinplakate zur Verfügung zu stellen. Wie die Partei in einer Pressemitteilung schreibt, gehe die Junge Alternative mit Passive Attack einig, dass nun zum einen noch abgewartet werden müsse, wo sich die Stellen genau befinden, und dass zum anderen die Anzahl der Standorte in den nächsten Jahren weiter erhöht werden müsse, wenn nichtkommerzielle Veranstalter nicht weiterhin diskriminiert werden sollten.

 Grundsätzlich ist in Bern die Plakatierung im öffentlichen Raum der Allgemeinen Plakatgesellschaft (APG) vorbehalten. Darin eingeschlossen sind 30 Standorte für Kulturplakate. Dieses Angebot vermochte die grosse Nachfrage allerdings nie zu befriedigen. Zudem können sich die wenigsten Kulturveranstalter Werbung via APG leisten. Diese hängt zudem keine kleinformatigen Plakate aus. Wer wie Passive Attack wild plakatierte, wurde von der Stadt regelmässig gebüsst. Weil die "Wilden" mit Repression jedoch nicht zu stoppen waren, schuf die Stadt 2008 50 neue Plakatstellen (wir berichteten).

 Wer zahlt die Reinigung?

 Ob die Stadt ihre Absicht auch in die Tat umsetzt, ist allerdings noch offen. Der Gemeinderat will erst noch prüfen, wie hoch die Investitionskosten sowie die wiederkehrenden Betriebskosten für die 70 neuen Standorte ausfallen. Heute kostet die Entfernung von Plakaten jährlich 50000 Franken. Ob sich die Kleinplakatierer künftig an diesen Kosten beteiligen, ist ebenfalls Gegenstand von Abklärungen. Inwieweit das Konzept umgesetzt werden kann, will der Gemeinderat deshalb erst entscheiden, wenn ein detaillierter Kreditantrag vorliegt.
 pd/as

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DROGEN
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Bund 7.1.10

Drogen: Bund warnt vor Verwechslung

 Wird Heroin mit Kokain verwechselt, kann dies tödlich enden - wie in einem Fall in Genf am 26. Dezember. Der Bund warnt die kantonalen Behörden, dass Händler auf den Strassen eine gefährliche Heroinsorte als Kokain verkauften. Der Lagebericht des Bundesamts für Polizei (fedpol) wurde bereits im Oktober veröffentlicht.

 Am Stephanstag war in Genf ein 31-jähriger Mann gestorben, nachdem er Heroin gesnifft hatte. Den Stoff hatte ihm ein Dealer als Kokain verkauft. Bis heute lägen keine Angaben über weitere Opfer vor, sagte eine Fedpol-Sprecherin auf Anfrage. Bei der Heroinsorte handelt es sich um Heroin-Hydrochlorid. Die Salzform des Heroins ist deutlich stärker als das übliche Heroin. Aufmerksam wurde das Fedpol darauf, als es einem Schmuggelversuch auf die Spur kam. Weil das Verfahren dazu noch laufe, macht das Fedpol keine weiteren Angaben. (sda)

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CRIME NEWS
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bernerzeitung.ch 6.1.10

Playstation zum Schnäppchenpreis vor Drogenanlaufstelle

pd / tan

 Eine Playstation oder ein Markenparfum zum Schnäppchenpreis gibt es nicht nur im Ausverkauf. Drogensüchtige verkaufen immer öfter ihre Hehlerware auf Berner Strassen. Die Polizei ist auf der Hut.

 In einem Interview mit der Gratiszeitung "20 Minuten" erzählt ein Berner Drogensüchtiger am Mittwoch, wie er regelmässig gestohlene Ware zu Schnäppchenpreisen vor der Berner Drogenabgabestelle verkaufe. Doch nicht nur bei interessierten Käufern, sondern auch bei der Polizei ist der Ort bekannt.

 Die Berner Polizei hat jeden Tag mit kriminellen Drogensüchtigen zu tun. Vorallem Männer finanzieren sich die meist teuere Drogensucht mit Ladendiebstählen. Die Drogenanlaufstelle an der Hodlerstrasse gehöre klar zu den neuralgischen Punkten in der Stadt Bern: "Wir sind jeden Tag sehr präsent an der Hodlerstrasse rund um die Drogenabgabestelle" sagte Stefan von Below vom Mediendienst der Berner Kantonspolizei.

 Hehlerware nicht dabei

 Viel Hehlerware werde dort aber nicht beschlagnahmt: "Bei der Drogenanlaufstelle wird nur ein Termin für die Übergabe vereinbart. Die Ware selber haben die Täter meistens nicht dabei, denn der eigentliche Handel findet dann an einem versteckten Ort statt", so von Below.

 Für die Polizei gleicht das Festnehmen von Drogensüchtigen, die gestohlen haben, einer Sissiphusarbeit. Denn die Diebe erhalten als Strafe eine Geldbusse, die sie meistens nicht bezahlen können. Nach mehreren unbezahlten Bussen müssen sie für einige Zeit hinter Gitter. Sobald sie wieder auf freiem Fuss sind, beginnt das Spiel von vorne.

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20 Minuten 6.1.10

Ex-Koch: "Ich verdiene mein Geld mit Ladendiebstählen"

 BERN. Das Getümmel im Ausverkauf ist für den Berner Ex-Koch und Profi- Ladendieb Andreas L.* (28) ideal: An Spitzentagen stiehlt er Waren im Wert von bis zu 600 Franken.

 Wie oft stehlen Sie?

 Seit vier Jahren täglich. Ich finanziere mir damit meine Drogensucht, die mich sehr viel Geld kostet. Die Sozialhilfe reicht dafür nicht aus.

 Was stecken Sie ein?

 Querbeet von Parfüms über Elektrogeräte bis hin zu Markenkleidern. Meine wertvollste Beute war eine Playstation 3.

 Was machen Sie damit?

 Ich verkaufe sie vor der Drogenanlaufstelle. Es gibt Leute, die extra für diese Schnäppchen dort hinkommen - nicht nur Drögeler.

 Wie viel "verdienen" Sie dabei?

 An einem guten Tag klaue ich Ware im Wert von 500 bis 600 Franken. Dies kommt aber nicht mehr so häufig vor, da ich mittlerweile in vielen Geschäften der Stadt Hausverbot habe.

 Sie wurden also schon oft erwischt.

 Ja, immer wieder. Ich war bereits zehn Monate in einer Strafanstalt, weil ich die vielen Bussgelder nicht bezahlen konnte. Ziemlich sicher muss ich bald wieder dorthin.

 Macht Ihnen das keine Angst?

 Nein, da bin ich ziemlich abgestumpft. Abgesehen davon ist das Leben dort nicht schlechter als mein Alltag mit dem ständigen Druck zum Klauen.

 Nicht mal Securitys schrecken Sie ab?

 Doch, die noch am ehesten. Aber nur wegen ihrem Umgang. Privatdetektive sind viel angenehmer.  

Bigna Silberschmidt

 *Name der Redaktion bekannt

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 Diebe lieben den Ausverkaufsrummel

 BERN. "Der Ausverkauf ist für Ladendiebe wie zweite Weihnachten", sagt Privatdetektiv Pavel Müller. Die Langfinger würden in den Massen der Schnäppchenjäger besonders oft zuschlagen, weil sie sich weniger beobachtet fühlen. Den Läden ist das Problem aber bestens bekannt: "An Tagen mit grosser Frequenz schauen wir den Leuten stärker auf die Finger", sagt Loeb-Mediensprecherin Madeleine Elmer. Auch in anderen Berner Geschäften ist man für die Ausverkaufszeit vorbereitet. "Wir verschärfen dann die Sicherheitsvorkehrungen", sagt etwa ein Mitarbeiter des Interdiscount im Wankdorf-Center.

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ASYL
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Indymedia 7.1.10

Autonome Schule Zürich wird geräumt!!!

AutorIn : reader         

!!! Die Autonome Schule Zürich wird in diesem Moment (7.1.10 / Vormittag) von Bullen angegriffen und geräumt. Solidarität ist gefordert. Alle an die Ringstrasse 57!!!

Info gefunden unter:
http://www.aufbau.org/index.php?option=com_content&task=view&id=736&Itemid=69&mosmsg=Beitrag+erfolgreich+gespeichert.

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WoZ 7.1.10

Asyl - Seit Asylsuchende mit Nichteintretensentscheid als Illegale gelten, wachsen viele Kinder zwischen Asylheim und Gefängnis auf. Eine Geschichte aus Basel.

 Ein abgrundtiefer Zorn

 Von Anni Lanz

 "Aus welchem Land kommen Sie?", fragte der basellandschaftliche Richter für Zwangsmassnahmen im Oktober 2009 Hassan S.* "Ich dachte, mein Vater sei Iraker", antwortete Hassan. "Aber die irakische Botschaft hat dies verneint. Wenn ich könnte, würde ich meine Papiere beschaffen, denn ich möchte heiraten. Ich habe keine Ahnung, woher ich komme. Ich rede nicht mehr mit meinem Vater, die Sache macht mich sauer. Zuerst hiess es Irak, dann Libanon und jetzt Türkei."

 Hassan und seine zwei jüngeren Brüder Hussein und Kalil zogen mit ihren Eltern vor neunzehn Jahren nach Deutschland. Kalil war damals noch ein Säugling, Hussein und Hassan Kleinkinder. Dort kam dann ihre Schwester Zaynab zur Welt. Vor elf Jahren reiste die Familie in die Schweiz und stellte ein Asylgesuch, das aber abgelehnt wurde.

 "Ich bin multikulti"

 In Deutschland und auch in der Schweiz besuchte Hussein die Schule. In den letzten Schuljahren schnupperte er in den Ferien in verschiedenen Betrieben. "Das war super. Nach dem neunten Schuljahr hätte ich sehr gerne eine Attestlehre als Koch gemacht. Doch der Fremdenpolizist sagte mir, ich sei illegal und dürfe keine Lehre machen." Hussein musste die Schule drei Wochen vor dem Abschluss abbrechen. Er hat kein Abschlusszeugnis erhalten. "Damit wurden mir alle Hoffnungen zerstört."

 Nachdem Husseins Traum von einer Lehre geplatzt war, hing er nur noch rum. Die Familie wurde, wie schon vorher, von einem Heim ins andere geschoben. "Seit ich mich erinnern kann, hat meine Familie immer in Heimen gelebt." Das Schwierigste sei für ihn gewesen, immer wieder neue Freunde zu suchen. "Sobald ich welche fand, mussten wir schon wieder weiterziehen, manchmal viermal im Jahr. Und es ist ja nicht einfach, Freundschaften zu schliessen. Als ich Schulkollegen nach Hause nahm, wurde ich nachher in der Schule ausgelacht - weil sie gesehen habe, wie ich im Heim wohnte."

 Seit April 2009 sitzen Hassan, Hussein und Kalil nun im Ausschaffungsgefängnis in Basel. Das Gute am Ausschaffungsgefängnis sei, dass er nun das Amt des Kalfaktors bekommen hätte und dreimal pro Woche im Gefängnis kleinere Hilfsarbeiten erledigen dürfe, sagt Hassan. Er hat aber auch Angst, dass er wieder ohne Perspektive dasteht, wenn er aus dem Gefängnis kommt: Arbeits- und Ausbildungsverbot, Eingrenzung auf den Kanton Baselland, immer zusammen mit den Eltern wohnen - und das, obwohl er schon 21-jährig ist.

 Der jüngste der drei Brüder, der 19-jährige Kalil, antwortete vor Gericht auf die Frage nach seiner Herkunft: "Ich weiss nicht, woher ich komme, ich bin multikulti. Gewiss bin ich Araber. Am ehesten bin ich Libanese." Hussein, der mittlere Sohn, auf dieselbe Richterfrage: "Ich denke, meine Heimat ist der Irak. So habe ich es von den Eltern erfahren." Die Frage, ob er bereit sei, die Botschaften zu kontaktieren, bejahte er.

 Daraufhin verlängerte der Richter die Ausschaffungshaft für die drei Jugendlichen Hassan, Hussein und Kalil um weitere drei Monate. Begründet wird die Haftverlängerung mit der Untätigkeit der drei Jugendlichen: Sie sollen "verstärkt bei ihrem Vater auf die Herausgabe von Informationen bezüglich des Heimatlandes der Familie drängen".

 Kalil und Hussein haben aus dem Gefängnis verschiedene Botschaften angeschrieben und um Hilfe bei der Abklärung ihrer Nationalität gebeten. Aber eine Antwort ist nie eingetroffen. Die Fremdenpolizei lässt das unbeeindruckt: Sie will nun eine Durchsetzungshaft beantragen, um die Informationen zu erzwingen.

 Zaynab, der Schwester, die mit der schwer depressiven Mutter im Heim wohnt, geht es kaum besser: "Die Schweiz will uns loswerden", beschreibt sie ihr eintöniges Leben, "ich habe keine Zukunft, weder hier noch anderswo. Ich kenne meine Heimat nicht."

 Wenigstens Englisch büffeln

 Seit Juni 2009 erhalten Hassan, Hussein und Kalil regelmässig Besuch von MitarbeiterInnen des Solidaritätsnetzes Basel. Etwas zu lernen war der grosse Wunsch von Kalil und Hussein. Seither büffeln sie mit Begeisterung Englisch und folgen zweimal pro Woche den vom Solinetz erteilten Englischlektionen. Ich kannte die Geschwister schon vom Notzentrum in Muttenz her - das war vor vier Jahren. Es war ein schreckliches Zentrum. Vor der Tür standen Junkies, die von einigen Insassen regelmässig mit Stoff versorgt wurden. Schon damals litten die vier Jugendlichen darunter, dass ihnen jede Tätigkeit verboten war. In ihnen steckt ein abgrundtiefer Zorn.

 Seit sechs Jahren, als Asylsuchende mit Nichteintretensentscheid zu Illegalen erklärt wurden, stehen die vier unter Arbeits- und Ausbildungsverbot, leben von viel zu geringer Nothilfe und unterstehen rigoroser Ausgrenzung. Es sind die ersten Jugendlichen, die ich so heran wachsen sehe. Künftig werden noch viel mehr Kinder und Jugendliche unter ähnlichen Umständen aufwachsen - solange die Illegalisierungsregel fortbesteht. Eine kaputte Generation, die nie eigene Fähigkeiten entwickeln durfte. Eine Generation ohne Heimat und ohne Wurzeln - ähnlich den Sans-Papiers-Jugendlichen, die heimlich in der Schweiz leben, im Gegensatz zu ihnen aber vertraut mit dem Gefängnisleben und permanenten Strafbefehlen. Ein minimales gesellschaftliches Wohlwollen für illegalisierte Kinder gibt es nicht mehr.

 * Alle Namen geändert

 Anni Lanz (64) ist Soziologin und engagiert sich seit 25 Jahren in der Asylbewegung.

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GEFANGENE
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Aargauer Zeitung 7.1.10

Politisch motivierte Anschläge

Aarauer Autobrandserie: Die beiden Linksautonomen legten in U-Haft Teilgeständnis ab

Einen Brandanschlag gaben sie zu, in fünf Fällen ist die Beweislage erdrückend. Die Aarauer sassen sechs Wochen in U-Haft - doch das nicht zum ersten Mal. Nun drohen den 20-Jährigen drei Jahre Gefängnis.

Michael Spillmann

 Insgesamt 46 Tage mussten die zwei Schweizer - beide Angehörige der Linksautonomenszene - in Untersuchungshaft schmoren. Einer - Ex-Juso und 2007 Nationalratskandidat - im Polizeikommando, sein Kollege im Bezirksgefängnis. Mit "Knastspaziergängen" solidarisierten sich Gleichgesinnte mit den "Anarchisten", auf einschlägigen Internetseiten lief eine Hetzjagd gegen den zuständigen Untersuchungsrichter Dieter Gautschi, zudem kam es in anderen Kantonen wegen der "Isolationshaft" zu Brand- und Farbanschlägen. Doch die Untersuchungsbehörden liessen sich nicht erpressen.

 Während die jungen Männer 17 Sachbeschädigungen ( Sprayereien mit einem Sachschaden von 100000 Franken) eingestanden, wiesen sie eine Beteiligung an den acht Brandanschlägen stets von sich. Als es die Beweislage kurz vor Weihnachten nicht mehr zuliess, kam das Geständnis: Sie gaben zu, Mitte November 2009 die Fahrzeuge des SVP-Ortsparteipräsidenten angezündet zu haben.

 Zwei Fälle bleiben ungeklärt

 Wie Bezirksamtmann Dieter Gautschi gestern an einer Medienkonferenz sagte, können den zwei Linksautonomen fünf weitere Brandstiftungen "aufgrund der Beweise" zugeordnet werden. Dabei sei "eine politische Motivation" klar erkennbar. Polizeikommandant Stephan Reinhardt sprach von einer "kriminellen Energie" und "konspirativer" Planung. Zwei Brandstiftungen bleiben ungeklärt. Der Gesamtsachschaden beziffert sich auf 250000 Franken. Nach dem Teilgeständnis wurden die zwei mutmasslichen Brandstifter am 30. Dezember auf freien Fuss gesetzt. Eine Flucht- oder Kollusionsgefahr bestehe nicht, so Gautschi.

 Bereits die zweite U-Haft

 Wie Recherchen zeigen, hatten die jungen Männer bereits vor der Brandserie mit der Justiz zu tun. Sie sassen sogar in Untersuchungshaft. "Es ging dabei um Sachbeschädigungen - um Sprayereien", bestätigte Bezirksamtmann Dieter Gautschi. So ist einer vor etwa zwei Jahren, der andere vor einem Jahr vorübergehend festgenommen worden. Zu einem Strafregistereintrag kam es aber nicht.

 Die Ermittlungen im aktuellen Fall seien im Sommer abgeschlossen, vor Gericht kommen die zwei Aarauer frühestens im Herbst. Da in zwei Fällen Gefahr für Leib und Leben drohte, läuft ein Verfahren wegen qualifizierter Brandstiftung. Das Gesetz fordert dafür eine Freiheitsstrafe von nicht unter drei Jahren.

 Quartier nächtelang überwacht

 Bevor die mutmasslichen Täter der Polizei im November in flagranti ins Netz gingen, hatten die Stadtpolizei und die Kapo das Quartier nächtelang überwacht. Wie Polizeikommandant Stephan Reinhardt ausführte, habe die Serie "bei den Bewohnern Angst und Schrecken" ausgelöst. "Wir sind an die Grenzen der Möglichkeiten gestossen", so Reinhardt. Aus einem ersten Kreis Verdächtiger blieben die 20-Jährigen übrig. Polizisten haben das Duo darauf "punktuell" überwacht. Doch den Brandstiftern hätte unter Umständen bereits früher das Handwerk gelegt werden können - Mitte Oktober. So hatten die Ermittler Informationen über einen geplanten Brandanschlag bekommen. Ein Polizist legte sich in der Folge in der Nacht auf den 18. Oktober bei einem Haus im Zelgli-Quartier auf die Lauer. Als er sich nur kurz entfernte, schlugen die Brandstifter zu. Eine sofort eingeleitete Fahndung blieb ohne Erfolg.

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 Update

 In Aarau brannten im Zeitraum zwischen Mai und November 2009 im Zelgli-Quartier insgesamt acht Autos - vornehmlich der gehobeneren Klasse. Am 14. November konnte die Polizei zwei 20-jährige, im gleichen Quartier wohnhafte Schweizer verhaften. Das Bezirksamt Aarau ermittelte wegen mehrfacher qualifizierter Brandstiftung und Sachbeschädigung. (SPI)

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Auto: Die neue Zielscheibe

Auch in der Schweiz setzen immer mehr Jugendliche Autos in Brand

In Frankreich und Deutschlandstehen brennende Autos auf derTagesordnung. Der Funke springt auch auf die Schweiz über. Im Kanton Zürich haben sich die Fälle innerhalb der letzten zwei Jahre von vierzig auf achtzig verdoppelt.

Michele Coviello

Es bleibt nicht bei der 1.-Mai-Demo: Brandstiftungen an Autos sind keine Einzelfälle mehr. Die jüngsten Beispiele stammen von der Silvesternacht in Zürich. Nicht nur zahlreiche Feuerwerkkörper brennen. Auch ein Smart und ein Volvo gehen im Kreis 12 in Flammen auf. Die beiden Totalschäden sind das Ergebnis von Brandstiftung, vermutet die Polizei.

Anfang Dezember brennts in einem Zürcher Nobelquartier unterhalb des Zürichbergs. Die Opfer: ein Mercedes CLS und ein Land Rover. Sie waren nicht die einzigen. Im ganzen Kanton Zürich loderten letztes Jahr rund 80 Fahrzeuge wegen Brandstiftung. Davon steckten die Täter dreissig Wagen in der Stadt Zürich in Brand, fünf in Winterthur. Wie Silvia Mülli vom Mediendienst der Kantonspolizei Zürich dieser Zeitung mitteilte, haben sich die Fälle von Brandstiftung an Autos in den letzten zwei Jahren verdoppelt: 2007 waren es noch vierzig gewesen, 2008 fünfzig.

Täter unbekannt

Die Polizei ermittelt. Die Chance, die Täter zu finden, ist klein. "Es brennt an verschiedensten Orten und es betrifft unterschiedliche Klassen - vom Kleinwagen bis zum Luxusauto", sagt Silvia Mülli. Deshalb gehe die Polizei von Einzelfällen aus, deshalb sei es schwierig,präventiv etwas zu unternehmen. Die Polizei konnte ein Brüderpaar (22/26) festnehmen, das eine Serie an Autoeinbrüchen getätigt und im Parkhaus Zürich Nord einen Brand gelegt hatte.

Auch in weiteren Teilen der Deutschschweiz brennen Autos. Von August bis November vernichten zwei Aarauer acht Wagen, im Emmental werden im Juni 2008 fünf Personenwagen abgefackelt. Das Baselbiet wurde zwischen 2005 und 2008 durch etliche Brandstiftungen terrorisiert: Mindestens 16 Autos verkohlen in Therwil und Oberwil, bei weiteren 21 Anschlägen waren neben Wagen auch Haustüren betroffen. Solothurn wurde in der Nacht vom 14. Dezember von einem Brand an zwei Mercedes und einem BMW aufgewühlt. Solche Fälle kämen vor, sagt Peter Schluep, Mediensprecher der Kantonspolizei Solothurn, "zum Glück sind sie nicht an der Tagesordnung". Das sind sie in Berlin und Hamburg. Über 500 Anschläge gab es allein im letzten Jahr. Dies, obwohl in Berlin jede Nacht ein zwei- bis dreistelliges Polizeiaufgebot dies zu verhindern versucht. In einem Interview mit der "Tageszeitung" spricht ein anonymer Täter von einem Krieg gegen Leute mit Geld, die ärmere aus der Innenstadt verdrängten. Doch es handelt sich vermehrt um jugendliche Täter, die aus Frust und ohne politischen Hintergrund handeln, wie Jugendpsychologe Allan Guggenbühl im Interview sagt (siehe rechts). Den traurigen Rekord hält Frankreich mit jährlich 40000 brennenden Autos.

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Blick 7.1.10

Er ist Veganer und terrorisierte mit einem Komplizen Aarau

 Brandstifter jammert über Brot im Knast

 Von  Ralph Donghi

 Ivo L. glaubte, Autos anzünden sei politischer Kampf. Die Polizei schnappte ihn. Das bekam ihm gar nicht.

 Der Aarauer Kantischüler Ivo L.* (20). Nachdem er 2007 für die Juso vergebens als Nationalrat kandidiert, geht es bergab. "Er war schon vor der letztjährigen Autobrandserie aktenkundig", sagt Bezirksamtmann Dieter Gautschi (61) gestern an einer Pressekonferenz.

 Sachbeschädigungen und Sprayereien hat Ivo L. bereits auf dem Kerbholz. Verübt mit seinem ebenfalls im Zelgli-Quartier wohnhaften Kumpel Philipp G.* (20), einem Stift.

 Mit ihm beginnt Ivo L. am 23. Mai 2009 auch das eigene Viertel zu terrorisieren. Sie zünden Luxusautos an: Zwei Mercedes, einen BMW und ein Polizei-Auto.

 Nachdem die beiden am 18. Oktober den Range Rover eines SVP-Einwohnerrates in Brand gesteckt haben, überwacht die Kapo Aargau das Quartier. "Ein Riesen-Aufwand", sagt der Aargaur Polizeikommandant Stephan Reinhardt. "Er hat sich gelohnt!"

 Als Ivo L. und Philipp G. am 14. November den Volvo des örtlichen SVP-Parteipräsidenten Marc Dübendorfer (46) anzünden, greift die Polizei ein. Verhaftet beide. "Wir werden den beiden Mitgliedern der Linksautonomen-Szene alle Taten beweisen, obwohl sie alles abstreiten", sagt Bezirksamtmann Dieter Gautschi im Dezember zu BLICK.

 Ab diesem Zeitpunkt wird Gautschi bedroht. Und 30 Kumpels von Ivo L. und Philipp G. demonstierten in Bern und in Aarau "gegen den Überwachungsstaat". Die Kapo Aargau nimmt 20 Leute vorübergehend fest.

 Ivo L. und Philipp G. sind in U-Haft "nicht kooperativ." Ivo jammert. Das Essen im Knast passt ihm nicht. Weil er gar nichts Tierisches isst, fühlt er sich von den Vollzugsbeamten schikaniert.

 "Er ist Veganer und war frustriert", sagt sein Anwalt Reto Leiser zu BLICK. "Man gab ihm unter anderem Brot, in dem auch Milch verarbeitet war. Obwohl er ausdrücklich gesagt hat, was er essen kann und was nicht."

 Ivo L. und Philipp G. geben immer nur das zu, was ihnen die Ermittler beweisen können. "Sie haben nur die letzte Tat gestanden", sagt Gautschi. "Fünf weitere, die wir ihnen mit Spuren und Fakten zuordnen, streiten sie ab."

 Weil keine Kollusionsgefahr mehr bestehe, habe man die beiden am 30. Dezember freigelassen. Anwalt Leiser: "Ivo L. hat mir gesagt, dass er kein Auto mehr anzünden wird." Sein Praktikum ist er trotzdem los. Und er muss sich mit Philipp G. wegen qualifizierter Brandstiftung vor Gericht verantworten. Weil in zwei Fällen Leib und Leben bedroht waren, liegt die zu erwartende Strafe bei mindestens drei Jahren Knast. Zudem dürfte Ivo L. und Philipp G. der Sachschaden von 350 000 Franken aufgebrummt werden.

 * Namen der Redaktion bekannt.

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NZZ 7.1.10

"SVP-Autos" von Linksautonomen angezündet

 Teilgeständnis von zwei jungen Männern in Aarau

 Die Serie von Brandstiftungen an acht Autos in Aarau ist weitgehend geklärt. Zwei junge Männer aus dem linksautonomen Milieu gestanden, ein Auto in Brand gesetzt zu haben. Angelastet werden ihnen fünf weitere Brandstiftungen.

 Martin Merki

 In Berlin werden nachts immer häufiger Autos in Brand gesteckt. In der Schweiz ist das kriminelle Phänomen noch ziemlich neu. Zwischen Mai und November zündeten Unbekannte im Aarauer Zelgli-Quartier acht Autos an, hochwertige Fahrzeuge der Marken Mercedes, BMW oder Range Rover. Fünf Brandstiftungen konnten den beiden mutmasslichen Tätern zugeordnet werden. Zwei weitere Brandstiftungen konnten nicht rechtsgenügend nachgewiesen werden. Den beiden 20-jährigen Aarauern drohen Freiheitsstrafen von mindestens drei Jahren, weil bei den Brandstiftungen in zwei Fällen wegen der Nähe von Gebäuden auch eine Gefahr für Leib und Leben bestanden hatte. - Bei den mutmasslichen Tätern, die am 30. Dezember aus der Untersuchungshaft entlassen worden sind, handelt es sich um zwei zwanzigjährige Schweizer aus der linksautonomen Szene. Sie stammen laut Behörden "aus gutem Haus" und wohnen im gleichen Quartier wie die Opfer. Gegen die beiden Männer war bereits in früheren Jahren wegen Sachbeschädigungen ermittelt worden. Einer der beiden mutmasslichen Täter kandidierte vor zwei Jahren als Nationalrat auf der Liste der Aargauer Juso, ist nun aber nicht mehr Mitglied der Partei. Der Präsident der Juso Schweiz, der Aargauer Nationalrat Cedric Wermuth, distanzierte sich von den Gewalttaten.

 Der linksautonome Hintergrund der Tatverdächtigen ist gemäss Behörden "unübersehbar". Die beiden gaben zu, Farbanschläge und Sprayereien mit antifaschistischen Parolen begangen zu haben. Die beiden einzigen Politiker, die ins Visier der Täter kamen, waren ein SVP-Einwohnerrat und der SVP-Präsident der Stadt Aarau. Beide Brandanschläge waren am Ende der Serie verübt worden, am 18. Oktober und 14. November. Während der Untersuchungshaft erhielten die beiden "Genossen" Unterstützung und Solidaritätsbekundungen auf Websites. Zudem fand in Aarau eine Demonstration von Linksautonomen zugunsten der Inhaftierten statt. Briefe an die beiden konnten an die Adresse "Infoladen Reitschule, Postfach, Bern" gesendet werden. Dass in Winterthur am 7. Dezember zwei Autos und in Solothurn Mitte Dezember drei Autos in Brand gesetzt worden sind, wurde in Zusammenhang mit den Brandstiftungen in Aarau gebracht.

 Der Aargauer Kantonspolizei gelang es am 14. November, die zwei jungen Männer auf frischer Tat festzunehmen, als sie versuchten, ein Auto in Brand zu setzen. Die beiden hätten sich nach der Festnahme "in keiner Weise kooperativ" gezeigt, sagte der Untersuchungsrichter am Mittwoch vor den Medien. Deshalb habe die Untersuchungshaft 46 Tage gedauert, was von der Szene kritisiert worden war. Der Sachschaden an den Autos beläuft sich auf 250 000 Franken, jener an den Häusern durch die Sprayereien auf 100 000 Franken. Die Untersuchung wird voraussichtlich im Sommer abgeschlossen.

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Bund 7.1.10

Politisch motivierte Brandserie

 Die Brandanschläge auf Luxusautos in Aarau ist weitgehend geklärt. Zwei 20-Jährige gestanden bisher aber nur eine Brandstiftung.

 Erstmals brannte im vergangenen Mai ein Auto. Danach wurden im Laufe der Zeit weitere sieben Autos angezündet, wie der Aargauer Bezirksamtmann Dieter Gautschi sagte. Nach einer intensiven Fahndung konnte die Polizei Mitte November zwei Männer verhaften, als diese daran waren, ein Auto anzuzünden. Die Täter seien sehr professionell vorgegangen. Die beiden 20-Jährigen, die beide im Aarauer Quartier wohnen, wo sie die Brandstiftungen legten, wurden unter dringendem Tatverdacht in Untersuchungshaft genommen. Geständig sind sie nur im letzten Fall, als sie von der Polizei beim Brandlegen beobachtet worden seien.

 Hoher Sachschaden

 Die Polizei geht davon aus, dass die mutmasslichen Täter für mindestens fünf weitere Brandanschläge verantwortlich sind. Sie wurden erst Ende Dezember, nach 46 Tagen, aus der Untersuchungshaft entlassen. Die beiden sind gemäss Ermittlungsbehörden der linksautonomen Szene zuzurechnen. Es bestehe unübersehbar ein politischer Hintergrund, sagte Gautschi. Dies zeigten unter anderem auch 17 Fälle von Farbanschlägen vor allem an Gebäuden des Kantons oder der Stadt. Die Beschuldigten hätten aber keine Aussagen zum Motiv gemacht.

 Der Sachschaden an den Fahrzeugen beläuft sich auf rund 250 000 Franken. Dazu kommen Schäden wegen Sprayereien und Sachbeschädigungen von rund 100 000 Franken. Weil bei den Brandstiftungen in zwei Fällen auch eine Gefahr für Leib und Leben bestanden hatte, droht den Männern eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren.

 Der Fall scheint einmalig - im Aargau und schweizweit. In Deutschland und Frankreich kommt es dagegen häufig zu Brandanschlägen auf Autos. (sda)

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NLZ 7.1.10

Brandserie in Aarau

Autonome fackeln Autos ab

In Aarau wurden letztes Jahr gleich serienweise noble Autos abgefackelt. Dem Brandstifterduo drohen bis zu drei Jahre Haft. Einer wollte früher Juso-Nationalrat werden.

ap. Die Brandserie von Luxusautos in Aarau ist weitgehend geklärt. Zwei 20-jährige Männer gestanden bisher zwar nur eine Brandstiftung; sie wurden aber nach 46 Tagen aus der Untersuchungshaft entlassen.

In flagranti erwischt

Erstmals brannte im vergangenen Mai ein Auto. Danach wurden im Laufe der Zeit weitere sieben Autos angezündet, wie Bezirksamtmann Dieter Gautschi gestern vor den Medien in Aarau sagte. Nach einer intensiven Fahndung konnte die Polizei Mitte November zwei Männer verhaften, als diese daran waren, ein Auto anzuzünden. Die Täter seien sehr professionell vorgegangen. Die beiden 20-Jährigen, die beide im Quartier wohnen, wo sie die Brände legten, wurden unter dringendem Tatverdacht in Untersuchungshaft genommen. Die Männer hätten sich äusserst unkooperativ verhalten, sagte Gautschi. Geständig seien sie nur im letzten Fall gewesen, als sie von der Polizei beim Brandlegen beobachtet worden seien. Dabei versuchten sie gemäss "Blick online", das Auto des örtlichen SVP-Präsidenten Marc Dübendörfer abzufackeln.

Die Polizei geht davon aus, dass die mutmasslichen Täter für mindestens fünf weitere Brandanschläge verantwortlich sind. Sie wurden erst Ende Dezember, nach 46 Tagen, aus der Untersuchungshaft entlassen. Die beiden sind gemäss Ermittlungsbehörden der linksautonomen Szene zuzurechnen. Es bestehe unübersehbar ein politischer Hintergrund, sagte Gautschi. Dies zeigten unter anderem die 17 Fälle von Farbanschlägen. Diese seien vor allem an Gebäuden des Kantons oder der Stadt verübt worden. Die Beschuldigten hätten aber keine Aussagen zum Motiv gemacht. Einer der beiden mutmasslichen Brandstifter kandidierte für die Juso als Nationalrat.

350 000 Franken Sachschaden

Der Sachschaden an den Fahrzeugen beläuft sich auf rund 250 000 Franken. Dazu kommen Schäden wegen Sprayereien und Sachbeschädigungen von rund 100 000 Franken. Weil bei den Brandstiftungen in zwei Fällen auch eine Gefahr für Leib und Leben bestanden hatte, droht den Männern eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren.

Laut Gautschi ist dieser Fall bisher einmalig im Kanton Aargau. Auch generell in der Schweiz habe er keine Kenntnis von einem ähnlichen Fall. In Deutschland dagegen komme dies relativ häufig vor. Zum weiteren Vorgehen sagte der Bezirksamtmann, die polizeilichen Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen. Anschliessend stünden auch noch Schlusseinvernahmen auf dem Programm. Er rechne mit dem Abschluss nicht vor Sommer dieses Jahres.

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Weltwoche 7.1.10

Kriminalität

Die harte Linie hat sich bewährt

Von Andreas Kunz

In Aarau haben zwei Linksextreme mehrere Luxusautos in Brand gesetzt. Die Polizei griff durch. Mit Erfolg. Nach wochenlanger Untersuchungshaft gestanden die Täter.

Ein paar Tage vor Silvester, nach sechs Wochen Untersuchungshaft, kam das Geständnis. Ivo L., Gymnasiast, Ärztesohn und ehemaliger Nationalratskandidat der Juso, und Philipp G., Lehrling, gaben zu, im feinen Aarauer Wohnquartier Zelgli zwei Autos des lokalen SVP-Präsidenten Marc Dübendorfer in Brand gesteckt zu haben. Der zuständige Untersuchungsrichter Dieter Gautschi bestätigt, dass die Täter "in zwei Fällen von qualifizierter Brandstiftung (Anschlag gegen Leib und Leben), in vier bis fünf weiteren Fällen von einfacher Brandstiftung sowie wegen Sachbeschädigung angeklagt werden".

Fast ein halbes Jahr lang waren die beiden Zwanzigjährigen frühmorgens um die Häuser gezogen, hatten teure Autos abgefackelt und Hauswände mit politischen Parolen verschmiert. Mitte November steckte die Polizei die beiden in Untersuchungshaft. Doch sie stritten jegliche Beteiligung an den Anschlägen ab. Vor dem Gefängnis kam es zu wütenden Protesten der verbündeten "Genossen", es wurden Parolen skandiert, Feuerwerke gezündet, weitere Wände verschmiert. Auf dem linken Internetforum Indymedia erschienen sogar Adresse und Telefonnummer des Untersuchungsrichters Gautschi (SVP) - mitsamt einem Aufruf zu "kreativen" Massnahmen, um "der Wut Ausdruck zu verleihen".

Polizei sieht oft tatenlos zu

Über die Festtage drohte die Sache zu eskalieren, als sogar ein "Mordaufruf" gegen Gautschi veröffentlicht wurde. Doch der Untersuchungsrichter blieb stur und behielt die beiden Männer in Haft. Mit Erfolg: Es kam zum ersten Fall in der Geschichte des neueren Schweizer Linksextremismus, bei dem die Täter konsequent verfolgt, verhaftet und überführt worden sind.

Seit Jahren sieht die Polizei oft tatenlos zu, wie Linksextreme in Städten wie Zürich, Winterthur oder Bern öffentliche Gebäude verschmieren, Fenster einschlagen, Hinweisschilder zerstören, Briefkästen zumüllen, illegal demonstrieren, Drohungen publizieren und am 1. Mai randalieren und Autos in Brand setzen. Die Taten häuften sich, wie der Inlandgeheimdienst DAP in seinen jährlichen Sicherheitsberichten belegte, doch immer noch galten die Anschläge meistens als Kavaliersdelikte oder Lausbubenstreiche. Sie fanden in den Medien einen Bruchteil der Beachtung, die Rechtsextreme für ähnliche Übergriffe einheimsen würden, und oft scheuten die Polizeikorps den Ermittlungsaufwand, um die Täter zu fassen.

Wahrscheinlich haben auch die beiden Aargauer Polit-Vandalen nie mit einer Verhaftung gerechnet, denn sie stellten sich nicht gerade clever an, als sie für ihre Brandanschläge das Aarauer Wohnquartier auswählten, in dem sie selber noch bei ihren Eltern wohnten. Seit Ende Mai zogen sie an den Wochenenden um die Nachbarschaft und setzten dabei eine alte Corvette, einen Alfa Romeo, BMW und Mercedes in Brand. Prestigeträchtige Automarken; für die Sozi-Pyromanen Symbole des Kapitalismus.

Bald brannte auch ein Auto der Stadtpolizei, und als am 18. Oktober der Range Rover eines SVP-Einwohnerrats in Flammen aufging, begann die Kantonspolizei Aargau, das Zelgli-Quartier mit zivilen Polizisten und technischen Hilfsmitteln intensiv zu überwachen. Am 14. November war es so weit: Ivo L. und Philipp G. hatten soeben die beiden Autos des örtlichen SVP-Präsidenten Dübendorfer "gegrillt", wie es im linken Jargon heisst, und das Feuer hätte beinahe auf das angrenzende Wohnhaus übergegriffen. Kurz danach, morgens um sechs Uhr, holte eine Spezialeinheit der Polizei die Täter aus den Betten ihres Elternhauses und steckte sie in Untersuchungshaft.

Üblich wäre nun gewesen, dass die beiden Delinquenten alles abstreiten und nach wenigen Tagen wieder auf freien Fuss kommen, ohne sich jemals vor Gericht verantworten zu müssen. Die Polizei besass zwar Indizien, aber keine Beweise für ihre Schuld. Doch Untersuchungsrichter Gautschi vertraute auf die laufende Ermittlungsarbeit der Spurensicherung, die mit diversen chemischen Verfahren die insgesamt acht Brandanschläge analysierte und die Täter zu überführen versuchte. Und er vertraute wohl vor allem auch auf den Kulturschock, den die beiden Söhne aus reichem Haus im Gefängnis erlebten.

"Freiheit für alle Gefangenen"

Wochenlang beteuerten sie ihre Unschuld, beklagten sich aber über die Haftbedingungen (ein Fernseher pro Zelle, eine halbe Stunde Auslauf, Bibliothek, aber keine Zeitungslektüre). "Sehr schlecht" gehe es ihnen, schrieben sie ihren "Genossen" in der Freiheit. Als Vegetarier respektive Veganer erhielten sie immer wieder Fleisch und Käse zum Essen und mussten sich mit den Beilagen begnügen, was in zornigen Internetaufrufen tatsächlich als "physische und psychische Folter seitens der Polizei" interpretiert wurde.

Es kam zu "Knastspaziergängen", bei denen Dutzende Demonstranten vor den Aargauer Gefängnissen Parolen wie "Freiheit für alle Gefangenen" skandierten. Es kam zu den Drohungen und dem Mordaufruf gegen Untersuchungsrichter Gautschi, der deswegen unliebsame Sicherheitsvorkehrungen treffen musste. Dann aber kam Weihnachten, das ungewohnt beharrliche Vorgehen der Behörden zeigte Wirkung, und die beiden Brandstifter gestanden.

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ANTI-WEF
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Blick 7.1.10

WEF 2010

Davos wird wieder eingezäunt

Davos GR

Stahlblauer Himmel, eine wunderschön verschneite Landschaft, aber klirrende Kälte - und ein wichtiger Einsatz. Soldaten haben damit begonnen, Davos für das WEF sicher zu machen. Es gibt noch viel zu tun, bis am 27. Januar der Touristenort für das Weltwirtschaftsforum ( WEF) bereit ist. Die Armee ist einmal mehr an vorderster Front mit dabei. Von den eidgenössischen Räten ist die Mitarbeit von bis zu 5000 Mann bewilligt worden. Die Soldaten werden neben dem Aufbau vor allem im Objekt- und Personenschutz sowie zur Wahrung der Lufthoheit und Sicherheit im Luftraum eingesetzt. Das WEF findet vom 27. bis zum 31. Januar statt. Die Eröffnungsrede wird der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy halten (im BLICK). Er wird nur für die Rede in Davos erscheinen und an keinerlei Treffen teilnehmen.

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NLZ 7.1.10

Gesuch für WEF-Demo

Das Anti WEF Bündnis Luzern 2010 hat am Dienstag bei der Polizei Luzern ein Bewilligungsgesuch für eine Demonstration am 23. Januar gegen das Weltwirtschaftsforum ( WEF) eingereicht. Dies schreibt das Bündnis in einer Mitteilung. Das Weltwirtschaftsforum findet vom 27. bis 31. Januar in Davos statt. Die SVP Stadt Luzern indes stellte sich gestern in einer Mitteilung gegen das Vorhaben und appellierte an die Stadt, die Bewilligung zu verweigern. (red)

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20 Minuten 7.1.10

SVP gegen die Anti-Wef-Demo

 LUZERN. Die SVP der Stadt Luzern ist klar gegen die geplante Anti-Wef-Demonstration und bittet die Verantwortlichen, diese Kundgebung nicht zu bewilligen. Die SVP argumentiert mit den hohen Kosten für das benötigte Polizeiaufgebot von bis zu 250 000 Franken. Zudem könne auch dieses eingeschlagene Schaufenster und brennende Container nicht verhindern. Falls eine Demo trotzdem illegal durchgeführt würde, fordern die SVP, die Teilnehmer zu verhaften und auf Schadenersatz zu verklagen.

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20 Minuten 6.1.10

Anti-Wef-Demo in Luzern geplant

 LUZERN. Das Anti-Wef- Bündnis Luzern 2010 hat ein Gesuch für eine Demo am 23. Januar eingereicht. Laut einem Experten sei mit Ausschreitungen zu rechnen.

 Gut möglich, dass dieses Jahr Luzern zur Bühne einer grossen Anti-Wef-Demo wird. "Wir haben am Montag ein Bewilligungsgesuch für den 23. Januar eingereicht", sagt ein Verantwortlicher vom Anti-Wef-Bündnis Luzern 2010. Mit dabei sind zurzeit die Unia Schweiz, die Juso Luzern und die Jungen Grünen Luzern. Geplant ist eine friedliche Demo im grossen Stil: "Wir haben überregional mobilisiert", sagen die Organisatoren, die mit einer Bewilligung rechnen.

 Für Pius Segmüller, Sicherheitsexperte und Ex-Kommandant der Stadtpolizei Luzern, ist klar: Wird die Demo bewilligt, wird Luzern wie zuvor schon Zürich und Bern zur Zielscheibe für Anti-Globalisierungschaoten: "Es gab bisher noch keine Anti-Wef-Demo ohne Ausschreitungen." Es müsse damit gerechnet werden, dass gewalttätige Linksextreme vom berüchtigten Schwarzen Block auftauchten.

 Ob die Demo bewilligt wird, entscheiden die Behörden in nächster Zeit: "Wir werden mit der Polizei und dem Gesuchsteller zusammensitzen, um die Konditionen auszuhandeln", so Armin Roth, Leiter des Stadtrauminspektorats. Höchste Priorität für die Stadt habe auf jeden Fall die Sicherheit. "Wir wollen das Risiko von Ausschreitungen natürlich möglichst klein halten", sagt Roth.

Clarissa Rohrbach

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Indymedia 10.12.09

23.01.10 Anti- WEF Demonstration Luzern

AutorIn : Lagota     

Und es ist wieder soweit: Die gutbetuchten Damen und Herren aus Wirtschaft und Politik treffen sich im Rahmen des Weltwirtschaftsforum ein weiteres Mal in Davos.

flyer klein
http://ch.indymedia.org/media/2009/12//72769.pdf

Wie aus früheren Jahren bereits bestens bekannt, ziehen sie gerne einen gut aussehenden Schleier über ihre üblen Machenschaften. Ganz nach dieser Losung lautet das diesjährige Motto des WEF: "Improve the State of the World: Rethink, Redesign, Rebuild."

Was wollen wir, als globalisierungskritische Bewegung, für Schlüsse daraus ziehen?

Eine radikale Änderung braucht es durchaus. Denn wer will schon weiter mit ansehen, wie etliche Menschen in den Hungertod getrieben werden, weil das Land in dem sie leben, gezwungen wird ein profitables Produkt für den Weltmarkt zu produzieren, um ihre Schuldzinsen abzuzahlen.
Wer will schon weiter mit ansehen, wie das einzelne Individuum immer mehr zu einem reinem Produktionsobjekt umfunktioniert wird, welches zu jeder Zeit an jedem Ort die ihm aufgetragene Arbeit zu erledigen hat. Gleichzeitig werden Sozialleistungen und Gesetzgebungen für den Schutz der Arbeiterschaft aufgeweicht und abgebaut.
Die "Global Leaders" streben einen Welthandelsmarkt an, welcher sich über bestehende Gesetze und Menschenrechte hinwegsetzt.

Die Auswirkungen, des sich ausbreitenden Neoliberalismus sind bereits heute an zahlreichen Stellen zu spüren. Arbeitsplätze werden in Billiglohnländer ausgelagert, Werkschliessungen gehören immer mehr zum Alltag und die Angestellten, welche nicht entlassen werden, müssen in Kurzarbeitsverhältnissen weiter arbeiten.
All diese Punkte haben eines gemeinsam: Die Arbeiter_innen werden ihrer Sicherheit und ihrer Grundlage beraubt wobei gleichzeitig, für die herrschende Schicht der Arbeitgeber_innen, immer höhere Profite raus schauen.
So wird ein geeigneter Nährboden für Ausbeutung, Unterdrückung und Fremdenhass geschaffen.

Diese Entwicklung ist nicht länger tragbar, geschweige denn anzustreben. Doch ist keine Änderung zu erwarten, solange wir uns nicht zusammenschliessen und unsere Stimmen erheben. Der Glaube, dass der Staat eine Verbesserung für uns anstrebt ist genauso falsch wie der Glaube, dass die Natur endlos ausgebeutet werden kann.

Eine "Verbesserung" der Lage der Welt ist tatsächlich von Nöten. Doch eine wirkliche Verbesserung ist erst dann zu erwarten, wenn sie von allen Menschen gestaltet wird und die herrschenden Klassenverhältnisse überwindet.

Wir rufen deshalb zur Demonstration gegen das WEF am 23. Januar in Luzern auf.

Überdenken wir die Lage der Welt. Streben wir gemeinsam eine radikale Umgestaltung an und bauen eine neue, solidarische Gesellschaft auf!

Lagota AG WEF

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COP CULTURE
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Radio Corax (Halle) 6.1.10

Cop Culture - informelle Polizeikultur, Gespräch mit Martin Herrnkind

Spätestens mit der vor 8 Jahren erschienenen Dissertation "Cop Culture" des ehemaligen hessischen Bereitschaftspolizisten und heutigem Soziologieprofessor an der Polizeiakademie Niedersachsen, Rafael Behr, begründete sich eine Sichtweise auf ein immanentes Problem bei der Polizei - dem strukturellen Gewaltproblem bei spezifischen Polizeieinheiten. So stehen sich das offizielle Bild der Befehlsstruktur von oben nach unten und eine parallel dazu existierende informelle Kultur des Polizeicorps gegenüber. Die so genannte cop culture, getragen von den ausführenden Abteilungen der Polizeiorganisation. Dieser Typus von Polizeibeamten hat ein spezifisches Selbstverständnis und eine eigene Sicht auf seine Umwelt. Wir haben mit dem Diplomkriminologen Martin Herrnkind über die cop culture gesprochen. Herrnkind ist seit 30 Jahren Polizeibeamter und arbeitet als Fachlehrer in der polizeilichen Fortbildung. Er beschäftigt sich seit zwanzig Jahren unter anderem mit Themen rund um Polizeiübergriffe und Rassismus bei der Polizei. Ehrenamtlich recherchiert er für Amnesty International Fälle illegaler Polizeigewalt und gehörte der so genannten Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen und Polizisten an. Bevor er uns Gestalt und Auswirkungen von cop culture schildert steht die Frage nach der Bundesarbeitsgemeinschaft ...
http://www.freie-radios.net/mp3/20100106-copculture-31468.mp3

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ANTIFA RUS
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Indymedia 5.1.10

Aktionstag zum Todestag von Markelov und Baburova ::

AutorIn : ich         

Am 19. Januar 2009 wurde der libertäre Aktivist Stanislav Markelov und die antifaschistische Anarchistin Anastasia Baburova von radikalnationalen Terroristen in Moskau auf offener Straße erschossen. Das "Komitee 19. Januar" ruft zum ersten Todestag der beiden zu einer Demonstration in Moskau und weltweiten solidarischen Aktionen gegen Faschismus und Rassismus auf. Angesichts der Eskalation der Ereignisse des letzten Jahres, der zunehmenden Kontakte zwischen staatsloyalen Parteien und Jugendorganisationen, die nun mehr auch mit offen rassistischen und militanten Gruppen zusammenarbeiten, sowie einer aggressiv nationalistischen Atmosphäre in Russland, ist Solidarität mehr als notwendig!     
    
Schon im Jahr 2008 ermordeten Nazis in Russland prominente antifaschistische Aktivist_innen. So wurde am 10. Oktober 2008 Fjedor Filatov, einer der Mitbegründer der Moskauer Trojan Skin Bewegung, vor seinem Haus von einer Horde Nazis aufgelauert und erstochen. Er war allerdings nur einer von zahlreichen Opfern. Im Jahr 2008 starben, nach Angaben des Informations- und Analysezentrum "Sova" 110 Menschen. 486 wurden verletzt. Im vergangenen Jahr wurden 60 Menschen ermordet und 306 verletzt. Unter ihnen waren, neben Markelov und Baburova, der bekannte Moskauer Antifaschist Ilja Dzhaparidze, der libertäre Aktivist und Musiker Andrej Mal'chenko aus Krasnodar und der Moskauer R.A.S.H. Ivan Chutorskoi, der am 16. November offenbar ebenfalls von einer rechtsterroristischen Zelle hingerichtet wurde. Der Anschlag auf den "Newski Express" Ende November vergangenen Jahres muß wahrscheinlich ebenfalls Naziterroristen zugerechnet werden.

Damit gab es zwar weniger Übergriffe, was allerdings keineswegs für eine Entspannung spricht. Vielmehr radikalisiert sich die nationale Bewegung in Russland zunehmend und greift seit Jahren offen zum politischen Terror gegen Menschenrechtler_innen, Gewerkschafter_innen, Antifaschisti_innen, die alternative Subkultur aber auch die russischen Bevölkerung selbst. Hinzu kommt, daß staatsloyale Jugendorganisationen und Offizielle der regierenden Partei "Edinaja Rossija" (Einiges Russland) sowie Sicherheitsorgane in einer zunehmend nationalistischen Atmosphäre in Russland sich vermehrt bei Demonstrationen und Veranstaltungen radikaler Nationalisten zeigen. Berührungsängste zu militanten Nationalisten gibt es hierbei offenbar nicht mehr.

Der Mord an Markelov und Baburova am 19. Januar markierte den Beginn einer ganzen Reihe von Angriffen von Nazi Terroristen im vergangenen Jahr. Der mediale Aufschrei im Westen hielt sich allerdings in Grenzen. Die Motive des Anschlags auf Markelov wurde eher in seinem Engagement gegen die Opfer staatlicher Willkür insbesondere in Chechnya gesehen. Sein offener Antifaschismus und seine Beteiligung an aktuellen antimilitaristischen und antipatriotischen Diskursen wurde regelmäßig verschwiegen. Nastia Baburova, eine aktive Antifaschistin und anarchistische Aktivistin, wurde ebenfalls zur lediglich kremlkritischen Journalistin entschärft. Ihre Beteiligung an verschiedenen antirassistischen und ökologischen Projekten sowie ihr Engagement in Antirepressionsinitiativen und bei der libertärkommunistischen Zeitschrift "Avtonom" blieben unerwähnt.

Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß in Deutschland die Meldung über die Festnahme der Mörder von Stanislav Markelov und Anastasia Baburova Anfang November 2009 kaum zur Kenntnis genommen wurde. Schließlich werden die Eheleute Nikita Tichonov und Evgenija Chasis, die für den Tod der beiden Aktivist_innen verantwortlich sein sollen, einer rechtterroristischen Zelle zugerechnet, die in weitere Morde verwickelt sein soll. (siehe ).

In dem Manifest des Komitee 19. Januar setzt sich das breite Bündnis mit verschiedenen Formen des "Faschismus", radikalen Nationalismus und Xenophobie auseinander und kommt zu dem Ergebnis, daß "Barrieren zwischen verschiedenen politischen Aktivisten überwunden werden" müssen. Ähnliches gilt aber auch, so das Komitee, für "Aktivisten und diejenigen, die Politikern misstrauen und sich nicht aktiv in politische Prozesse einbringen". Die Initiative möchte deshalb Menschen mit unterschiedlichen Ansichten und Bürgerpositionen zusammenbringen, aber auch diejenigen sensibilisieren, die sich als "apolitisch" bezeichnen, sich jedoch sicher sind, dass der Anstieg faschistischer Tendenzen in Russland eine klar verständliche Antwort erfordert. Das vorrangige Ziel der Initiative ist es zur Zeit offen agierende Nazis und Rassist_innen und solchen, die sich hinter gemäßigteren Positionen verstecken, die Unterstützung durch Staatsbeamte zu entziehen. Außerdem sollen Vertreter_innen der extremen Rechten aus der offiziellen Politik verdrängt werden.

Egal, wie kritisch dieser Ansatz einer "antifaschistischen Zivilgesellschaft" zu bewerten ist, dürfen die Zustände in Russland nicht vergessen werden. Die aggressiv nationalistische und chauvinistische Atmosphäre muß gebrochen werden.

Solidarität mit Antifaschistischen Strukturen! Überall!

Weitere Informationen beim Komitee 19. Januar

analyse * kritik * aktion

Quelle, Bild, Sticker:  http://linksunten.indymedia.org/de/node/15269

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ANTI-ATOM
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WoZ 7.1.10

Atomkraftwerk Mühleberg - Das Berner AKW erhält eine unbefristete Betriebsbewilligung. Aber erst in einem Jahr wird man wissen, wie der marode Meiler sicher werden soll.

 Bewilligt gefährlich

 Von Susan Boos

 Es war ein schlauer Schachzug, die Neuig keit im Festtagstrubel zu versenken: Das Atomkraftwerk Mühleberg erhält eine unbefristete Betriebsbewilligung. Moritz Leuenbergers Umwelt- und Energiedepartement (Uvek) hatte dies am 17. Dezember beschlossen, doch publiziert wurde der Entscheid erst am Montag vor Weihnachten, als viele schon in den Ferien weilten oder hektisch Christbäume suchten.

 Gutes Timing, wenn man vermeiden möchte, dass debattiert wird, wie gemeingefährlich dieses Kraftwerk ist, das so unauffällig neben der Aare steht, seit 38 Jahren Strom erzeugt und kaputter ist als ein betagter Deux-Chevaux.

 Risse im Kernmantel

 Wenn kein politisches Wunder geschieht, darf dieses Atomkraftwerk nun ewig laufen. Und davor sollten wir uns fürchten. Warum? Zum Beispiel, weil das AKW Mühleberg Risse im Kernmantel hat. Viele Betreiber ausländischer AKWs, die mit demselben Problem kämpften, waren vorsichtiger: Sie haben den Kernmantel ausgetauscht, was teuer ist. Oder sie haben, weil man diese Kosten scheute, die Anlagen stillgelegt. In Mühleberg hat man versucht, die Risse mit Klammern, so genannten Zugankern, zu flicken. Das kann nur ein Provisorium sein: Die Risse wachsen weiter, manche gehen schon fast ganz durch die Wand. Je grösser die Risse werden, desto weniger können die Zug anker den Kernmantel zusammenhalten. Zudem findet man immer wieder neue Risse.

 "Gut möglich, dass bei einem heftigen Erdbeben die Kühlleitungen abreissen, der Kernmantel nicht dichthält, die Brennstäbe freigelegt werden und es zur gefürchteten Kernschmelze kommt", warnt die atomkritische Organisation Fokus Anti-Atom, die sich seit Jahren mit Mühleberg beschäftigt.

 Und dann geschähe, was sich niemand vorstellen will: ein Super-GAU - wenn der Wind von Westen bläst, würde alles zwischen Bern, Luzern, Schaffhausen und Bodensee radioaktiv verseucht. Bis zu drei Millionen Menschen müssten ein neues Zuhause suchen.

 Viele gefährliche Pendenzen

 Die Atomaufsichtsbehörde, das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi, das bis vor kurzem HSK hiess) weiss schon seit zwanzig Jahren von Mühlebergs Problemen. 2007 veröffentlichte es eine "Sicherheitstechnische Stellungnahme zur periodischen Sicherheitsüberprüfung des Kernkraftwerks Mühleberg", die letztlich als Basis für den Uvek-Entscheid diente.

 Darin schreibt das Ensi: "Das im Rahmen der Nachweise für den Langzeitbetrieb vom KKM [Kernkraftwerk Mühleberg] eingereichte und hier bewertete Konzept der Klammervorrichtung kann von der HSK nicht als endgültige Instandsetzung des Kernmantels anerkannt werden." Danach formuliert die Aufsichtsbehörde ihre Forderung: "Um den sicheren Betrieb des rissbehafteten Kernmantels für den Langzeitbetrieb zu gewährleisten, sind neue Sicherheitskonzepte notwendig, die die Anforderungen des nationalen und internationalen Regelwerks berücksichtigen." Danach folgt allerdings ein Schlusssatz, der alles relativiert: "Das Kernkraftwerk Mühleberg hat der HSK bis am 31. Dezember 2010 ein überarbeitetes Instandhaltungskonzept für den rissbehafteten Kernmantel einzureichen."

 Das Berner Energieunternehmen BKW, das Mühleberg betreibt, erhält also ein Jahr, bevor es dargelegt hat, wie es die kaputte Anlage sicher machen will, für ebendiese eine unbefristete Betriebsbewilligung. Kruder geht es nicht.

 Fokus Anti-Atom hat den Ensi-Bericht durchgeackert und fand eine lange Liste von offenen Pendenzen, die sicherheitsrelevant sind. Die Liste zeige, wie nachlässig die Behörde mit ihrer Aufsichtspflicht umgehe, sagt Jürg Joss von Fokus Anti-Atom: "Reale Gefahren werden zuerst lange rechnerisch auf ihr Risiko hin überprüft. Echte Sicherheitsmassnahmen bleiben während Jahren aus. Dies betrifft unter anderem die Sicherung gegen Erdbeben, Flugzeugabsturz, interne Überflutung, Brandschutztrennung und anderes mehr."

 Schabernack mit dem Risiko

 Das alles hielt Leuenbergers Departement nicht davon ab, dem AKW eine unbefristete Betriebsbewilligung zu erteilen. Das Uvek schreibt in seiner Medienmitteilung, es gebe keinen Grund, Mühleberg eine unbefristete Bewilligung zu verweigern, da alle andern Schweizer AKWs bereits über eine solche verfügten. "Kernkraftwerke dürfen in der Schweiz nur so lange betrieben werden, als ihre Sicherheit gewährleistet ist", argumentiert das Uvek. Wenn ein Kernkraftwerk die Bewilligungsvoraussetzungen nicht oder nicht mehr erfülle, "muss es ausser Betrieb genommen werden beziehungsweise ist ihm die Bewilligung zu entziehen". Dafür wäre das Ensi zuständig - aber genau das hat es noch nie getan. Vielmehr verhält es sich seit Jahren notorisch betreiberfreundlich.

 So drückt es sich unter anderem davor, klare Abschaltkriterien zu definieren. Konkret könnte das Ensi zum Beispiel festlegen, dass der Reaktor abgeschaltet werden muss, wenn die Risse im Kernmantel eine bestimmte Länge haben. Das wäre einfach und logisch - passiert aber nicht. Solange es keine Abschaltkriterien gibt, lässt sich die Sicherheit eines jeden Reaktors schönrechnen.

 Eine typische Geschichte ereignete sich im letzten Jahr beim AKW Beznau. Das älteste Atomkraftwerk der Schweiz war im letzten September vierzig Jahre alt geworden. Der Meiler hat Altersbeschwerden: Risse im Reaktordruckbehälter, eine mangelnde Notstromversorgung, abgenutzte Rohrleitungen - womit es auch in Beznau höchst ungemütlich werden kann. Im Herbst wurde bekannt, dass die Axpo, die Beznau betreibt, die dringend notwendigen Nachrüstungen erst 2011 ausführen möchte.

 Das Ensi wusste davon, tat aber nichts. Worauf Fokus Anti-Atom zusammen mit der Organisation Nie Wieder Atomkraftwerke (NWA), der SP und den Grünen beim Uvek eine Aufsichtsbeschwerde einreichte. Darin wurde das Uvek aufgefordert, die "unverzügliche Ausserbetriebnahme zu verfügen", weil Beznau wegen der fehlenden Nachrüstung nicht in der Lage sei, einen schweren Unfall zu meistern. Inzwischen hat das Uvek die Aufsichtsbeschwerde gegen das Ensi entgegengenommen. Dieses muss nun Stellung beziehen. Ein Entscheid wird im Frühling erwartet.

 Ans Bundesverwaltungsgericht?

 Zurück zu Mühleberg. 1900 Personen und Parteien hatten im letzten Sommer Einsprache gegen die unbefristete Betriebsbewilligung von Mühleberg erhoben. Im Kanton Waadt kam es im November sogar zu einer Abstimmung, wobei zwei Drittel der Stimmberechtigten gegen Mühleberg votierten. Das alles half nichts. Wie es weitergeht, ist noch unklar.

 Grundsätzlich gibt es die Möglichkeit, den Entscheid ans Bundesverwaltungsgericht weiterzuziehen. Die Frist läuft bis Ende Monat. Die Einsprecher Innen treffen sich noch diese Woche, um das weitere Vorgehen zu beschliessen.

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Bund 7.1.10

AKW Mühleberg
 Mehr Strom produziert als jemals zuvor

(pd) (sn) (ap)

 Das Atomkraftwerk (AKW) Mühleberg hat im Jahr 2009 mit 3092 Millionen Kilowattstunden (kWh) so viel Strom produziert wie noch nie seit seiner Inbetriebnahme Anfang der 1970er-Jahre. Im Vorjahr hatte Mühleberg 3088 Millionen kWh Strom geliefert, wie der Betreiber BKW mitteilt. Das AKW lieferte das ganze Jahr über Strom, mit Ausnahme der planmässigen Revision im August und einer kurzen Abschaltung im September. Bei der Revision wurden der Prozessrechner und das Datenerfassungssystem "auf den neusten Stand der Technik gebracht". Zudem standen Arbeiten an einer Speisewasserpumpe, an der Hauptkühlwasserleitung und an einem der beiden Generatoren an.