MEDIENSPIEGEL 15.1.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Sicherheitswahn: Propaganda mit Opfern
- Anti-WEF: Tourismusdirektor gegen Demo in LU
- Neonazis: Prozess in Rheinfelden
- Aufrüstung: Hamburger Autonome mit Wasserwerfer
- Mode-Drag Queens in Japan
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REITSCHULE
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Fr 15.01.10
20.00 Uhr - Kino - Norient-Musikfilmfestival: É
Dreda Ser
Angolano, Dokumentarfilm von Fazuma, Angola/Portugal, 2007. Slingshot
HipHop, Dokumentarfilm von Jackie Reem Salloum,
U.S.A./Israel/Palästina, 2008
22.00 Uhr - Dachstock - NORIENT/DISKOQUAKE
präsentieren: Radioclit
feat MC MoLaudi (U.K.), DaladalaSoundz feat. Martin Pecheur
(DE/CH/Kamerun), DJ Mpula (Angola/Portugal), Funklore Deejay (Polen)
Sa 16.01.10
20.00 Uhr - Kino - Norient-Musikfilmfestival: Sou feia
mas tô na
moda - I'm Ugly but Trendy, Dokumentarfilm von Denise Garcia,
Brasilien, 2005 RiP: A REMIX MANIFESTO, Dokumentarfilm von Brett
Gaylor, U.S.A., 2009
22.00 Uhr - Dachstock - Da Sign & the Opposite
(live),
Plattentaufe: We sell you Tits and Glory, Are You Veda DJ-Team: Hermann
Mohn, Johnny Bango, Le SlapOn!, Princess P, Reverend M&M, Rudenko
Vladimir, Smatman, tintin
So 17.01.10
20.00 Uhr - Grosse Halle - INDIENFORUM: Förderverein
CESCI
präsentiert: Ekta Parishad und Jansatyagraha 2012
20:00 Uhr - Rössli - The Dreadnoughts (CAN) -
Folk-Punk-Rock
Infos: http://www.reitschule.ch
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SICHERHEITS-WAHN
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Bund 15.1.10
Mit Gewaltopfern und Schlagzeilen auf Stimmenfang
Das Komitee der Initiative "Für eine sichere Stadt Bern"
lanciert
die Abstimmungskampagne.
Mit Schlagzeilen wie "Brutale Schläger" oder "Mann in
der
Länggasse ausgeraubt" auf Flyern und Plakaten will das
Initiativkomitee "Für eine sichere Stadt Bern" auf Stimmenfang
gehen. Die Schlagzeilen seien echt und würden sich alle auf
Ereignisse in der Region Bern beziehen, sagte FDP-Stadtrat und
Komiteepräsident Philippe Müller an einer Medienkonferenz.
Die Initiative verlangt die Erhöhung der Polizeipräsenz von
45 000 auf 110 000 Stunden und mindestens 25 000 Stunden
Gewaltprävention pro Jahr. Beides soll in der Gemeindeordnung der
Stadt verankert werden. Die Erhöhung um umgerechnet 36
Polizeistellen solle etwa ermöglichen, dass auch in der Nacht
ständig grosse Einheiten von sechs, sieben Polizisten präsent
seien, die sich rasch verschieben können. Heute stehe in der Nacht
nur eine solche Einheit zur Verfügung, die bei Bedarf manchmal gar
aufgesplittet werde, erklärte Müller.
Unterstützt wird das Initiativkomitee von
gewaltbetroffenen
Personen, so etwa vom Bruder des Opfers des brutalen
Postgass-Überfalls vor sieben Jahren oder der Inhaberin des Kiosks
Tabakdose an der Länggasse. Zwei Mitarbeiterinnen der Tabakdose
seien in den letzten eineinhalb Jahren Opfer eines Überfalls
geworden, erzählte sie. Vor Kurzem selber Opfer eines Angriffs
wurde die Wirtin des Café Postgasse, Regula Hoffmann. Das
Initiativkomitee ist überzeugt, dass die Gewalt in der Stadt Bern
in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Der Berner Gemeinderat
hingegen vertritt die Ansicht, dass ein Rückgang der statistisch
erfassten Straftaten festzustellen sei und deshalb eine gestaffelte
Erhöhung um 20 000 Stunden Polizeipräsenz genug sei.
Über diesen Gegenvorschlag und die Initiative wird am 7. März
abgestimmt. Das Initiativkomitee bezeichnete den Gegenvorschlag als
"Augenwischerei" und "Alibivorschlag". (ba)
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BZ 15.1.10
Kampf für mehr Polizei
Der Abstimmungskampf ist lanciert: Gestern
präsentierte das
Komitee "Für eine sichere Stadt Bern" Opfer von Gewaltdelikten.
Wie viel Polizei braucht die Stadt Bern? Die Antwort geben
die
Bernerinnen und Berner am 7.März an der Urne. Dann befinden sie
über die Sicherheitsinitiative der FDP und den Gegenvorschlag der
Stadtregierung. Gestern eröffnete FDP-Stadtrat und Initiant
Philippe Müller den Abstimmungskampf. An einer Medienkonferenz
liess er vor allem Opfer von Gewaltdelikten zu Wort kommen. So etwa
Regula Hofmann, Wirtin des Postgasse-Cafés, die letzten Sommer
in der Kramgasse von Unbekannten niedergeschlagen wurde.
Die Initiative fordert rund 40 zusätzliche
Polizeistellen
und jährlich mindestens 110000 Stunden uniformierte
Polizeipräsenz für die Stadt Bern. Heute sind 65000 Stunden
budgetiert. Der Gegenvorschlag geht weniger weit. Danach sollen die
Polizeipräsenzstunden bis 2013 schrittweise um total 20000 Stunden
pro Jahr erhöht werden. Im Interview äussert sich Müller
zu den Mängeln der Initiative. as
Seite 19
--
Mehr Sicherheit in Bern
Opfer von Gewaltdelikten leiden noch immer
Das Komitee der Initiative "Für eine sichere Stadt
Bern" hat
Opfer und Angehörige von Gewalttaten zu Wort kommen lassen.
Zur gestrigen Lancierung des Abstimmungskampfes hat das
Komitee
"Für eine sichere Stadt Bern" direkt Betroffene von Gewalttaten
eingeladen.
So Pia Remund, die seit 16 Jahren an der Länggasse
Inhaberin
des Kioskes Tabakdose ist. Ihr Laden wurde in den letzten 18 Monaten
zweimal überfallen. "Meine beiden betroffenen Angestellten sind
noch heute traumatisiert", sagte sie. Sie sei hässig, weil die
Räuber einen enormen psychischen Druck bei ihren Angestellten
hinterlassen hätten. "Das sind bleibende Schocks." Die Stadt
müsse gegen solche Gewalt etwas unternehmen und mehr Polizisten
zum Schutz der Bevölkerung einsetzen.
Jetzt will Pia Remund in ihrem Geschäft auf eigene
Rechnung
Sicherheitsvorkehrungen in Höhe von 12000 Franken treffen. "Weil
mir das Leben meiner Angestellten wichtig ist, lasse ich eine
schusssichere Glaswand vor dem Tresen aufbauen", gab sie bekannt.
Mit Stuhlbein geschlagen
Auch Regula Hofmann, Wirtin vom Postgasse-Café, die
im
letzten Sommer auf dem Heimweg in die Kramgasse niedergeschlagen worden
war, schilderte den Gewaltakt und wie es ihr heute gehe:
"Männer griffen mich um 23 Uhr unter den Lauben der
Postgasse von hinten an und schlugen mit einem mit Nägeln
beschlagenen Stuhlbein gegen meinen Kopf." Und: "Obwohl meine Kopfwunde
noch immer nicht ganz ausgeheilt ist, bin ich froh, dass ich nicht
schwerere Verletzungen davongetragen habe", sagte sie.
Immer noch schreckhaft
Seit diesem Vorfall sei sie sehr schreckhaft, wenn ihr
unter den
Lauben eine Person zu nahe komme. Hofmann ist überzeugt: "Die drei
jungen Täter haben mich nicht gekannt, die haben mich einfach
zufällig ausgewählt." Deshalb forderte sie mehr
Polizeipatrouillen, die zu Fuss unterwegs sind.
Hans Ulrich Bratschi, der Bruder des Lehrers, der im Jahr
2003 in
der Postgasse von Jugendlichen überfallen und schwer verletzt
worden war, kam gestern auch zur Medienkonferenz: "Mein Bruder wurde
halb tot geschlagen", erzählte er. Er habe bleibende Schäden,
sei invalid - er könne deshalb seinen Beruf nie mehr aufnehmen,
sagt er.
Seither seien 7 Jahre vergangen - "und nichts ist
passiert",
sagte der Arzt. "Statt, dass die Stadt etwas gegen die Gewalt
unternommen hat, wurden in den Gassen Poller aufgestellt." Er empfehle,
die Initiative anzunehmen, weil die Stadtregierung einen
ungenügenden Gegenvorschlag gemacht habe, um die Initiative zu
torpedieren.
Jürg Spori
Prominentes Unterstützungskomitee: Ständerat
Werner
Luginbühl (BDP), die Regierungsräte Christoph Neuhaus (SVP)
und Urs Gasche (BDP), die Berner Gemeinderätin Barbara Hayoz,
diverse Nationalräte wie Norbert Hochreutener (CVP) und Christian
Wasserfallen (FDP), alt Regierungsrätin Elisabeth Zölch
(BDP), alt Gemeinderätin Ursula Begert (BDP),
Burgergemeindepräsident Franz von Graffenried und viele mehr.
--
Sicherheit in der Stadt Bern
"Darüber sprechen reicht nicht"
Wie viel Polizei braucht die Stadt Bern? Am 7.März
stimmt
die Bevölkerung über die Sicherheitsinitiative der FDP und
den Gegenvorschlag der Regierung ab. Stadtrat Philippe Müller
äussert sich zu den Mängeln "seiner" Initiative.
Philippe Müller, eigentlich könnten Sie doch
zufrieden
sein: Dank der Initiative ist Sicherheit heute in der Stadtberner
Politik kein Tabu mehr. Auch linke Politiker sprechen offen von
Problemzonen, und der Gemeinderat hat sich der Sache angenommen.
Philippe Müller: Die Opfer von Gewaltverbrechen haben
nichts
davon, wenn man nur "darüber spricht" - das macht man schon zu
lange. Man muss etwas tun. Der Gegenvorschlag des Gemeinderats ist eine
Alibiübung: Dessen Ziel ist nicht die Verbesserung der
Sicherheitslage, er soll bloss unsere Initiative abschiessen.
Fakt ist: Der Gegenvorschlag brächte mehr
Polizeipräsenz.
Aber auf völlig ungenügendem Niveau: Der
Gemeinderat
will umgerechnet 14 zusätzliche Polizisten. Das sind bloss zwei
Prozent mehr - verteilt auf 30 Jahre, in denen die Polizei nicht
verstärkt wurde. Die Zahl der Delikte gegen Leib und Leben stieg
in dieser Zeit ums Dreifache.
Es ist eine Illusion, zu glauben, mit mehr
Polizeipräsenz
könne man alle Sicherheitsprobleme lösen.
Das behaupten wir gar nicht. Die Initiative will nicht
bloss mehr
Polizeipräsenz, sondern auch mehr Gewaltprävention. Das kommt
im Gegenvorschlag übrigens nicht vor. Im Gegensatz zum
Gegenvorschlag waren wir an das Gebot der "Einheit der Materie"
gebunden: Eine Initiative darf nur ein Thema haben, sonst ist sie
ungültig. Aber die Initiative schliesst flankierende Massnahmen
nicht aus, das würden wir sogar begrüssen.
Der problematischste Punkt der Initiative ist, dass sie
die
Polizeipräsenzstunden in der Gemeindeordnung festschreiben will.
In die "Verfassung" der Stadt gehören nicht solche Zahlen.
Mit einer Volksinitiative hat man schlicht keine andere
Möglichkeit. Die Systemwidrigkeit wird uns von unseren Gegnern
immer vorgeworfen. Aber niemand hat je gesagt, wie wir es anders
hätten machen können. In die Bauordnung gehören die
Zahlen jedenfalls auch nicht.
Die Festlegung in der Gemeindeordnung ist aber auch
unpraktikabel, weil man nicht auf veränderte Umstände wird
reagieren können. Was zum Beispiel, wenn sich die Situation nicht
bessert?
Wir schreiben nicht eine fixe Stundenzahl in die
Gemeindeordnung,
sondern ein Minimum, welches die Politik nicht so rasch wieder
ausradieren kann. Erhöhen kann man jederzeit.
Die Stadt Bern hat die höchsten Polizeikosten im
Kanton: Pro
Kopf bezahlt sie 231 Franken. Mit der Initiative wären es 278
Franken. Biel berappt bloss 187 Franken pro Einwohner, Thun 88 Franken.
Der Kanton müsste mehr in die Sicherheit Berns investieren.
Bern hat als grösste Stadt und als Hauptstadt
naturgemäss die höchsten Kosten in vielen Bereichen, auch bei
der Sicherheit. Ich bin einverstanden, dass dies nicht nur hausgemacht
ist und der Kanton die Zentrumslasten mittragen muss. Doch als
Stadtparlamentarier kann ich das nicht lösen. Wir haben ein
Sicherheitsproblem, das rasch entschärft werden muss. Die
Finanzierung ist sekundär. Alles andere wäre zynisch den
Opfern von Gewaltdelikten gegenüber.
Wenn die Stadt freiwillig mehr Polizei bezahlt, wieso
sollte da
der Kanton noch mitziehen wollen? Die Verhandlungsposition der Stadt
wäre arg geschwächt.
Das sehe ich nicht so. Je grösser das
Missverhältnis
der Pro-Kopf-Kosten, desto augenfälliger. Im Übrigen ist es
Sache des Gemeinderats, gut zu verhandeln.
Bei Annahme der Initiative müsste der
Ressourcenvertrag mit
dem Kanton neu ausgehandelt werden. Beim Gegenvorschlag bräuchte
es bloss eine Zusatzvereinbarung.
Das ist doch ein Scheinargument! Auch eine
Zusatzvereinbarung
muss ausgehandelt werden - beides ist juristisch eine Änderung des
Vertrages. Reden muss man immer miteinander.
Ein weiterer Haken der Initiative ist die Umsetzungsfrist.
Die 40
zusätzlichen Polizisten hat der Kanton nicht in der Hinterhand.
Polizeidirektor Hans-Jürg Käser hat mir
versichert:
"Wenn ihr die zusätzlichen Polizisten bestellt, kriegt ihr sie."
Natürlich nicht von heute auf morgen. Aber in drei Jahren, was
eine vernünftige Umsetzungsfrist ist. Auch der Gegenvorschlag
würde erst in drei Jahren komplett umgesetzt.
Die Annahme der Initiative würde jährlich
über
fünf Millionen Franken kosten. Die müsste die Stadt
andernorts einsparen. Wo?
Durch die Fusion von Stadt- und Kantonspolizei sparen wir
jährlich über sechs Millionen. Diesen Fusionsgewinn hat der
Kanton grosszügig der Stadt überlassen. Er soll nun in die
Erhöhung der Polizeipräsenz fliessen.
Das ist blauäugig. Dieses Geld ist längst
anderweitig
eingesetzt.
Dann muss man bei der Kultur und beim Sozialen ansetzen.
Dorthin
fliesst der Fusionsgewinn. Wenn die Polizeiausgaben in den letzten 30
Jahren so stark gestiegen wären wie die Sozialausgaben,
würden wir jetzt nicht von 40 zusätzlichen Polizeistellen
sprechen, sondern von über 2000.
Interview: Adrian Zurbriggen
--
Abstimmung 7.März Darum geht es
Initiative:
- Mind. 110000 Stunden Präsenz der uniformierten
Polizei pro
Jahr. Keine zeitliche Umsetzungsvorgabe. Momentan sind 65000 Stunden
budgetiert.
- Mind. 25000 Stunden Gewaltprävention pro Jahr.
- Personal: ca. 40 zusätzliche Polizeistellen (+6%;
heute
640).
- Kosten: 5,8 Mio. Franken.
Gegenvorschlag:
- Präventive Fusspatrouillenpräsenz wird bis
2013
schrittweise um total 20000 Stunden pro Jahr erhöht.
- Ausbau der Gassenarbeit von Pinto um 2,4 Stellen auf
Mitte 2010.
- Personal: 14 zusätzliche Polizeistellen ab 2013
(+2%).
- Kosten: 2,2 Mio. Franken.
azu
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ANTI-WEF
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20 Minuten 15.1.10
Wef-Gegner mobilisieren bereits für Demo in Luzern
LUZERN. "Kapitalismus abfackeln": Mit diesem drastischen
Motto
wird in Luzern auf Plakaten bereits für die Anti-Wef-Demo
mobilisiert. Diese ist allerdings noch gar nicht bewilligt.
Auch auf einschlägigen Seiten im Internet wird
für die
Demo vom 23. Januar in Luzern Stimmung gemacht. Dabei ist diese noch
nicht bewilligt. "Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen", sagte
Rico De Bona, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen, gestern auf
Anfrage. Zurzeit sei man mit verschiedenen Stellen in Verhandlung. Mehr
wollte er dazu nicht sagen.
Die Organisatoren zeigen sich optimistisch: "Wir sind auf
gutem
Weg, die Bewilligung zu erhalten", so David Roth, Sprecher der Luzerner
Juso. Zum Anti-Wef-Bündnis Luzern 2010 gehören weiter die
Unia Schweiz und die Jungen Grünen Luzern. Zur Drohung auf dem
Plakat sagt Roth: "Die Plakate stammen von einzelnen Personen. Das
Bündnis ist sich einig, dass gewaltbereite Leute nicht
erwünscht sind."
Mittlerweile regt sich aber breiter Widerstand gegen die
Demo.
"Wir befürchten Ausschreitungen von Vermummten", sagt
Tourismusdirektor Marcel Perren. Die allfälligen negativen
Schlagzeilen würden dem Image der weltoffenen Stadt schaden.
Perren hat sich deshalb mit einem Brief an die Stadt gewandt. Auch die
City-Vereinigung wehrt sich in einem Schreiben an die Stadt vehement
gegen eine Bewilligung. Die zuständige Stadträtin Ursula
Stämmer konnte gestern keine Stellung nehmen.
Daniela Gigor
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NEONAZIS
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Aargauer Zeitung 15.1.10
Aus dem braunen Sumpf aufgetaucht
22-Jähriger stand wegen versuchter Brandstiftung vor
dem
Bezirksgericht Rheinfelden
Aus Fremdenhass hatte er einen Molotowcocktail gegen ein
Asylantenheim geworfen, doch die Bewohner hatten Glück - und der
Täter auch: Er fand milde Richter.
Rosmarie Mehlin
Ein Geläuterter sass vor dem Bezirksgericht
Rheinfelden.
Jeans, Pulli, Spitzbärtchen, ein paar blonde Mèches im
braunen Haar: Thomas (Name geändert), 22-jährig, versicherte
glaubhaft, der rechtsextremen Szene abgeschworen zu haben. Noch vor
zwei Jahren hatte ein Bild von Rudolf Hess nebst Hakenkreuzfahne und
weiteren Nazi-Emblemen in seinem Zimmer gehangen. Und da hatte er, in
der Nacht zum Ostersonntag 2008, etwas getan, das ganz schlimm
hätte ausgehen können.
Thomas, der schulisch Probleme gehabt, dessen Lehrvertrag
vom
Meister aufgelöst worden war und der sich mit Temporärstellen
durch das Leben schlug, hatte sich mit Kumpeln getroffen. Auf einem
Bänkli in Stein hatte man den ganzen Nachmittag herumgehangen, zu
viert 24 Halbliterdosen Bier getrunken, war gegen Abend in ein Lokal
disloziert und hatte weitergebechert. Gut fünf Liter Bier hatte
jeder intus, als gegen 00.30 Uhr an einer Tankstelle eine Flasche mit
Benzin gefüllt wurde. Ein Papiertaschentuch war in den
Flaschenhals gesteckt, angezündet und das Ganze gegen ein Fenster
geworfen worden: ein Fenster der Asylunterkunft. Glücklicherweise
zerbarst die Flasche im Bereich des Fenstersturzes und das Benzin
verbrannte auf dem Boden.
Im Zug bewusstlos geschlagen
Thomas und seine Kumpel hatten sich auf- und davongemacht.
Als
die Polizei vier Tage später bei Thomas aufgekreuzt war, hatte der
reinen Tisch gemacht: Er könne sich zwar nicht so recht erinnern,
aber er glaube schon, dass er die Idee mit der Flasche gehabt und sie
auch geworfen habe. Seine jüngeren Kumpel wurden vom Jugendrichter
abgeurteilt. Thomas wurde angeklagt der versuchten qualifizierten
Brandstiftung, wofür der Staatsanwalt den 22-jährigen mit
4½ Jahren bestraft sehen wollte. Als Zeugen schilderten die
Mutter, die Ex-Freundin und ein Sportclub-Kamerad von Thomas diesen als
liebenswert und inzwischen völlig gewandelt. Seit der
zweiwöchigen U-Haft sei er in sich gekehrt, nachdenklich; heute
könne man wieder normal mit ihm reden. Seit einem Jahr hat er auch
wieder eine Lehrstelle. Und sein Zimmer: "Ich habe restlos alles in den
Müll geschmissen", versicherte Thomas vor Gericht.
Er sei durch Kumpel in die Nazi-Szene hineingeraten. Und
nachdem
er im Juni 2007 im Zug grundlos von drei Dunkelhäutigen bewusstlos
geschlagen worden war, habe ihn dies in seinem Fremdenhass
bestärkt. "Die Flasche habe ich damals geworfen, um den Asylanten
Angst zu machen, um zu zeigen, dass wir sie hier nicht haben wollen."
Was hätte passieren können, habe er erst im Nachhinein
überlegt. "Es tut mir leid", sagte Thomas. Sein Verteidiger
plädierte auf eine bedingte Strafe von 18 Monaten: Erstens sei nur
geringer Sachschaden entstanden und zweitens habe Thomas nicht wissen
können, dass sich Menschen in dem Gebäude befanden.
Bedingt mit langer Probezeit
Dieser Ansicht war das Gericht unter Vorsitz des 2.
Präsidenten Christoph Lüdi nicht. Thomas habe Licht im Haus
sehen und auch sonst wissen müssen, dass es bewohnt war. Weil der
Schaden aber gering war, vor allem aber, weil Thomas seine Gesinnung
geändert hat, liess das Gericht Milde walten: 2 Jahre bedingt, so
das Verdikt, allerdings mit der längstmöglichen Probezeit von
5 Jahren. Ausserdem muss Thomas die Gerichtskosten tragen und es wurde
eine bedingte Geldstrafe wegen Pornografie von 2400 Franken widerrufen.
Zusammen mit einer Zivilforderung von 2000 Franken muss Thomas, der als
Stift 750 Franken monatlich verdient, gut und gerne 8000 Franken
berappen. Auch kein schlechter Denkzettel.
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AUFRÜSTUNG
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Tagesanzeiger 15.1.10
Polizei und Alternative in Deutschland besorgen sich neue
Wasserwerfer.
Wettrüsten zur Strassenschlacht
Maurice Thiriet
Das deutsche Innenministerium hat eben 50 neue
Wasserwerfer
für die Polizeikorps im ganzen Bundesgebiet bestellt, 78 sollen es
insgesamt werden. Der Wawe 10 000 ist der Traum jedes polizeilichen
Einsatzleiters bei unbewilligten oder aus dem Ruder gelaufenen
Kundgebungen: Um ein Drittel höherer Wasserdruck als
herkömmliche Modelle. 3300 Liter Maximalausstoss pro Minute.
Martialisches Erscheinungsbild, überall gut abgeschrägt,
damit keine Molotow-Cocktails liegen bleiben. Aussen gepanzert und mit
Klimaanlage innen. Kostenpunkt: Knapp eine Million Euro pro Stück.
Am 18. Dezember fuhren die Wasserwerfer zum ersten Mal in
Hamburg
St. Pauli auf, blieben aber unbenutzt und diskret im Hintergrund. Die
Kundgebung der Bauwagen-Gemeinschaft "Bambule", die gegen
Immobilienspekulation und steigende Mieten auf St. Pauli demonstrierte,
verlief friedlich und ganz ohne Wasserwerfer.
Anders Ende November: Damals protestierte die gleiche
Bauwagen-Gemeinschaft gegen die Räumung ihres Standplatzes. Im
Vorfeld der Kundgebung machte sich unter den Hamburger
Bereitschaftspolizisten plötzlich eine nervöse Unruhe breit.
"Bambule" habe einen eigenen Wasserwerfer, hiess es. Und zwar einen
grossen. Ja, doch. Es stimme. Und in den Köpfen der Beamten
machten sich bange Fragen breit: Brechen die jetzt tatsächlich ein
Wettrüsten in Sachen Wasserwerfer vom Zaun? Tut so ein
Wasserstrahl nicht weh? Und: Was machen wir denn jetzt?
Am Tag der Demo wurden die Befürchtungen der
Polizisten dann
bestätigt. "Bambule" führte zuvorderst im Demonstrationsumzug
einen Wasserwerfer mit. Die Demonstranten hatten am Ende eines langen
Kneipenabends zusammengelegt und für kolportierte 7000 Euro auf
einer Auktion in München ein eindrucksvolles Ungetüm
osteuropäischer Provenienz erstanden. Baujahr irgendwann in den
Siebzigern. Zwei steuerbare Spritzdüsen. Überall
abgeschrägt, damit keine Molotow-Cocktails liegen bleiben.
Technische Werte weitgehend unbekannt oder nicht mehr entzifferbar.
Es heisst, dass das Gefährt - liebevoll "Unsa
Wasserwerfer"
genannt - in den Reihen seiner neuen Besitzer ähnlich viel Unrast
ausgelöst habe, wie in denjenigen der Polizei. Und ähnlich
viele bange Fragen: Wer darf fahren? Warum? Wie lange? Wer darf vorne
sitzen? Wer muss hinten? Alles Dinge, die in hierarchiefeindlichen
Gemeinschaften schwierig zu klären sind. Nur über das
Tenü der Wasserwerfer-Mannschaft war man sich schnell einig: Blaue
Overalls sollten es sein.
So führte der autonome Wasserwerfer den
"Bambule"-Demonstrationszug an, und das Begleitpersonal erklärte
gegenüber lokalen Medien, "Unsa Wasserwerfer kommt nun öfter
ma' zum Einsatz".
Die Hamburger Polizei wollte sich zu diesen unverhohlenen
Drohungen nicht äussern. Sie liess aber ausrichten, man sei nicht
beunruhigt. Verständlicherweise: Schliesslich ist man mit mehreren
brandneuen Wawe 10 000 immer noch im Vorteil gegenüber einem
einzigen Unsa-Wasserwerfer. Kommt hinzu: Dessen Besatzung hat es dem
Vernehmen nach bis dato noch immer nicht hinbekommen, die seit den
80er-Jahren zugerostete Druckpumpe wieder in Gang zu bringen.
Maurice Thiriet
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DRAG
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St. Galler Tagblatt 15.1.10
Feminine Söhne der Samurai
Ein neuer Trend in Japan: Junge Männer treten immer
öfter als Mädchen verkleidet in der Öffentlichkeit auf.
Und die eher konservative Gesellschaft nimmt dieses Phänomen
gelassen hin.
Angela Köhler
Tokio. Sie haben lange blonde Haare mit riesigen rosa
Schleifen
darin, tragen puppenhaftes Make-up und ebensolche Kleider. Ihre
Gäste im "Maid-Café" Hibari-tei bedienen sie mit
äusserster Grazie und Demut. Sie sind wie die zuckersüssen
Kellnerinnen in jedem anderen der angesagten "Maid-Cafés" im
Tokioter Elektronik- und Hipp-Viertel Akihabara, die mit Kostümen
und Aufmachung beliebte und berühmte Comicfiguren kopieren. Mit
einer Ausnahme: die sexy Mädchen im "Hibari-tei" sind allesamt
junge Männer, die sich zumindest stimmlich keine Mühe geben,
ihre Identität zu verbergen.
Zuerst die jungen Frauen
Es ist ein neuer Trend im Trend im comic- und
modeflippigen
Japan. Erst kamen die "Mädchen-Cafés" mit elfengleichen
Puppen aus Animationsbestsellern als Servicepersonal; sie kamen beim
Publikum grossartig an. Jetzt ist die Reihe an den Burschen in gleicher
thematischer Aufmachung. Und wie sich zuerst die Töchter Nippons
im Gefolge dieser gastronomischen Geschäftsidee in Heerscharen
"kawaii" - ach, so niedlich - verkleideten, folgen nun die Söhne
der Samurai in gleichen Outfits. Japans junge Männer entfliehen an
Wochenenden auf den mittlerweile weltweit bekannten Laufstegen der
Eitelkeit rund um den Glitzerboulevard Omotesando ihren grauen
Geschäftsanzügen. Sie flanieren ganz ungeniert in
Mädchenkleidern durch diese bizarre Gegend. Bye-bye Samurai?
Grössere Toleranz
Der Tick, so urteilen die Medien, sei kein
gesellschaftlicher
Aufschrei in einem Land der noch immer strikten Rollenteilung. Auch
keine feministische Welle im nach wie vor frauenfeindlichen
fernöstlichen Inselreich und auch keine Demonstration wachsender
Homosexualität oder Transvestie, die in Japan lange als tabu
galten.
Japans Männlichkeit verkleide sich einfach aus Lust an der
Mode
zunehmend oft als Frau, und die eigentlich sehr konservative
Gesellschaft sei heute bereit, dieses Phänomen zu tolerieren. Dies
schreibt die Tageszeitung "Japan Times".
Wie so oft begann alles eher als Zufall. Vor zwei Jahren
steckte
der Besitzer des Cafés Hibari-tei erstmals einen jungen Mann in
ein Comic-Kostüm, als eine reguläre Kellnerin
überraschend gekündigt hatte. Der Versuch, einen
hübschen Burschen in Mädchenkleidern bedienen zu lassen,
wurde ein sensationeller Hit, obwohl oder weil über 60 Prozent der
Gäste männlich sind. Die zuweilen verklemmte Kundschaft
fühlte sich wohl, mit gleichgeschlechtlichen Kellnern sprechen zu
können und gleichzeitig den geliebten Anblick angehimmelter
Animationsfiguren zu haben. Den Auftritt erleichtert der Umstand, dass
zumindest die jungen japanischen Männer oft beneidenswert schlank
und grazil daherkommen.
Bereits gibt es Ratgeber
Das Hibari-tei-Café jedenfalls stellte die
Belegschaft um.
Für die männlichen "Maid"-Stellen bewarben sich über 100
junge Männer, von denen 15 ausgesucht und angestellt wurden.
Manche betreiben den Job nur als Spass am Wochenende wie Reina, der
unter der Woche im Angestelltenanzug in einer Technologiefirma
arbeitet. Samstags und am Sonntag klebt sich der schmale Mann
künstliche Fingernägel und Wimpern an, schnallt sich einen
Büstenhalter um und zwängt sich in Stöckelschuhe.
Seine Freundin weiss nichts von diesem Zweitjob. Er aber
geniesst
diese Auftritte. "Ich werde ein ganz anderer Mensch und baue dabei den
Arbeitsstress ab." Generell aber fühle er sich als Mann und will
den "Maid"-Spass nach der Hochzeit beenden. Es gibt genug Nachfolger
und vor allem Ratgeber für diese neue Rolle. Schon 2008
veröffentlichte ein Verlag in Osaka einen detaillierten
Führer, in dem jungen Männern mit Anleitungen und Fotos
demonstriert wird, wie sie Strumpfhosen anziehen, Make-up auflegen und
die passende Kleidung auswählen. Das Buch wurde so populär,
dass inzwischen eine Neuauflage auf den Markt kam.
Männer müssen schön sein
Ein weiterer Bestseller dazu: "Verkleidet als Frau und
Japaner".
Die Autorin Junko Mitsuhashi von der Tama-Universität schreibt der
Öffentlichkeit ebenfalls wachsende Toleranz zu und macht Japans
Söhnen Mut. "Die Wertvorstellungen werden immer vielfältiger
und die Auffassung von Männlichkeit hat sich in den vergangenen
Jahren verändert."
Natürlich gibt es inzwischen auch die passende
Unterwäsche. Japaner würden Männer in Frauenkleidung
nicht mehr schräg ansehen, meint Junko Mitsuhashi. "Diese
Männer werden akzeptiert unter der Bedingung, dass sie schön
aussehen. Mit der Fülle der Informationen und Angebote sind die
Männer wirklich dramatisch besser geworden."