MEDIENSPIEGEL 21.1.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Kino/DS-TdL)
- Tour de Lorraine 2010
- Antisexismus-Kampagne 2010
- Buchtipp Transsexualität
- Rauchverbot I: Durchsetzungsprobleme
- Rauchverbot II: Nur noch Ordnungsbusse für Kiffen
- Kino-Welt: Kinosterben BE; 30 Jahre Xenix ZH
- RaBe-Info 21.1.10
- Police BE: Fluktuation + neue Stellen
- Anti-WEF-Demo LU bewilligt
- Unsere Uni ZH geräumt
- Drahtzieher I: Vom Rädelsführer zum Stadtratspräsi
- Drahtzieher II: Zbinden-Bashing
- 125 Jahre Anarchismus BE
- Mumia Abu-Jamal: Entscheid verschoben
- Anti-Atom: Widerstand gegen Mühleberg-Arbeitersiedlung; GE vs Mühleberg

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REITSCHULE
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Do 21.01.10
20.00 Uhr - Grosse Halle - INDIENFORUM: Diskussionsrunde zum Thema: "Hunger - wie setzen wir das Menschenrecht auf Nahrung um?"
20.30 Uhr - Kino - Belarus Fokus: Kurzfilmprogramm, 78 Min
20.30 Uhr - Tojo - "Popeye's godda blues" Ein Theater Comix. 20 Jahre Club 111

Fr 22.01.10
20.00 Uhr - Grosse Halle - INDIENFORUM: Konzert: Markus Schori spielt Sarod
20.30 Uhr - Kino - Belarus Fokus: 89 Millimeter - Freiheit in der letzten Diktatur Europas, Sebastian Heinzel. Deutschland 2005
20.30 Uhr - Tojo - "Popeye's godda blues" Ein Theater Comix. 20 Jahre Club 111
23.00 Uhr - Tojo - Wild Wild East: Shantel (D), D J Residency

Sa 23.01.10 -  Tour de Lorraine "Alternativen säen"
11.00 Uhr - Frauenraum - Brunch anschliessend diverse Workshops "Alternativen säen".
14.00 Uhr - Grosse Halle - Interaktive Ausstellung mit Performance "Of all the people in all the world",
20:00 Uhr - Kino - "Au coeur de la proximité", Nicole Petitpierre, CH 2009, 39 min, F/d
20:30 Uhr - Frauenraum - "deR AbENd dEr gEsprOchEneN WOrTe", Weiberslam mit verschiedenen Slampoetinnen, Moderation: Mighty Meg
21:00 Uhr - Kino - "The Yes Men Fix the World", (CH-Premiere), Andy Bichlbaum und Mike Bonanno, USA 2009, 87 min, E/d
22.00 Uhr - Frauenraum - Sister's Funky Tongue Vol 7, Freestyle-Improvisation zu bewegten Bildern, ab 23:30 Disko mit Agnetta und Matilda
22.00 Uhr - Dachstock - Rock 'n Soul Rumble: The Fonxionaires feat. Miss Brandy Butler (Soul, Biel) & Theo's Fried Chicken Store (Rockabilly) Host: MC Igee, DJ's Hans Friedensbruch vs. Käpt'n Blaubär
22.00 Uhr - Tojo - Völlig losgelöst - the Real Eighties mit DJ-Kollektiv "Völlig losgelöst".
22.45 Uhr - Kino - "Strike Bike - eine Belegschaft wird rebellisch", Robert Pritzkow, Laines Rumpff und Jan Weiser, D 2008, 45 min
23.45 Uhr - Kino - "Superhelden", Janek Romero, D 2008, 65 min
01.00 Uhr - Kino - "Table Bed Chair", Robert Hack und Jakob Proyer, Ö 2007, 31 min, E/Hol/e
01.45 Uhr - Kino - Die längst fällige Tele G Retrospektive! Satirische Fernsehbeiträge von Guido Henseler
22.30 Uhr - SousLePont - Never BuilT Ruins (Punk; CH, D)
So 24.01.10 - 05.00 Uhr - SousLePont - Katerfrühstück Surprise

Infos: http://www.reitschule.ch

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Bund 21.1.10

Bühne "Erste Liebe"

Anbandeln mit Weissrussland

 Ob man sich in Zürich verliebt oder in Minsk, macht einen Unterschied. Das zeigt das Stück, welches das Theater Marie mit Schauspielern aus Belarus inszeniert .

 Regula Fuchs

 Man könnte von einem weissen Fleck sprechen. Denn viel erfährt man gemeinhin nicht von Weissrussland oder Belarus, dieser letzten Diktatur Europas, wie sie auch bezeichnet wird. Geschweige denn von ihrem Theater. Kaum etwas wusste auch Nils Torpus, der Regisseur und Leiter des Theaters Marie, als er 2007 zum ersten Mal nach Weissrussland reiste. Angst habe er gehabt, erzählt er, doch das habe sich dann bei den weiteren Besuchen geändert - als man am Leben der weissrussischen Schauspieler teilnahm, mit ihnen arbeitete und Feste feierte. Die Annäherung an das Fremde: Das war der ursprüngliche Beweggrund, der Torpus und sein Team veranlasste, den Kontakt mit Belarus zu suchen und daselbst ein Theaterprojekt zu lancieren. "Der Gedanke dazu kam uns, als Christoph Blocher noch im Bundesrat sass: Wir wollten ein Zeichen setzen, die Begegnung suchen und mit einer ausländischen Gruppe zusammenarbeiten", sagt Torpus.

 Klassisches Sprechtheater

 Dass es dann Weissrussland wurde, hat mit bestehenden Kulturkontakten des Kantons Aargau zu tun, die das Theater Marie schliesslich zum Zeitgenössischen Künstlerischen Theater Minsk führten. Zuvor hatte sich Torpus allerdings viele Inszenierungen angesehen - "der Stil mutet in unseren Augen altertümlich an, es ist klassisches Sprechtheater à la Stanislawski". Doch fasziniert hat Torpus die handwerkliche Qualität der Schauspieler - und das Fehlen von Ironie: "Wenn in Weissrussland eine Liebesszene gespielt wird, dann fliesst wirklich Herzblut auf der Bühne. Dort ist eine Liebeserklärung nicht wie bei uns ein augenzwinkernder Abklatsch aus einer Fernsehserie."

 Um Herzblut geht es auch in "Erste Liebe", dem Stück, das gemeinsam mit zwei weissrussischen Schauspielern und einer Ko-Regisseurin zustande gekommen ist. Darin erzählen die Akteure Alesia Samachavec, Yauheni Korniag, Francesca Tappa und Philippe Graber von ihrer ersten Liebeserfahrung, im Stil des Dokumentartheaters. Ein Übersetzer, der quasi als Figur agiert, vermittelt zwischen den Sprachen.

 Zensur und Subversion

 Dass das Thema unverfänglich ist, war Torpus bewusst - unverfänglich im positiven Sinn, wie er sagt. Er wollte bewusst nichts Politisches machen, denn er sei kein politischer Mensch. Und über die erste Liebe weiss jeder zu berichten, egal ob in Weissrussland oder in der Schweiz. Bei den ersten Proben habe man denn auch festgestellt, dass Menschen schnell miteinander vertraut werden, wenn sie über ihre erste Zuneigung sprechen. Fremd war den weissrussischen Künstlern zunächst höchstens der Arbeitsprozess - der Umstand, dass in der Schweiz ein Theaterstück oft erst während der Proben entwickelt wird. Denn in Weissrussland gibt es eine Zensur, die alles Regimekritische untersagt. Schon zum Vornherein muss ein Regisseur deshalb sein Stück dem Intendanten zur Genehmigung vorlegen; während der Proben wird daran nicht mehr viel verändert. In der Generalprobe dann wird das Stück von der Zensurbehörde abgenommen - und entweder freigegeben oder verboten. Kein Wunder, dass unter diesen Umständen manche Künstler eine subversive Raffinesse entwickelt haben und etwa, wenn sie über Religion sprechen, den Staat meinen.

 Was bin ich?

 Das Gesellschaftspolitische scheint auch bei "Erste Liebe" eher auf den zweiten Blick durch, und dennoch sagen auch die privaten, individuellen Liebesgeschichten viel aus über den Kontext, in dem sie möglich wurden. So erzählt Francesca Tappa von der Liebe zu ihrer Kindergärtnerin. Die Schauspielerin des Theaters Marie ging in der Roten Fabrik in die Vorschule, in den bewegten Achtzigerjahren, als die Kindergärtnerin mit ihren Schützlingen indianisch angehauchte Rituale machte und alles ziemlich wild zu und her ging. Auch die erste Liebe des Weissrussen Yauheni Korniag gedieh im Kindergarten, in einem Hort voller Disziplin und Gehorsam jedoch. Alesia Samachavecs erste Liebe war jene zu Gott, etwas Ungewöhnliches in einem Land, in dem noch heute die Meinung vorherrscht, der Glaube sei etwas für Dumme. "Als Alesia uns ihre Geschichte erzählte, weinte sie. Denn sie hatte sie vorher noch nie erzählt", erinnert sich Nils Torpus. "So etwas ist natürlich auf der Bühne nicht wiederholbar. Aber darum geht es uns auch: um die Frage, was eine Biografie ist, was wirklich wahr ist, woran man sich erinnert und wie man diese Erinnerungen verändert."

 Letzten November wurde "Erste Liebe" in Weissrussland gezeigt. Die Reaktionen waren unterschiedlich: Während das Publikum in Minsk angetan war, wurde das Stück in der Provinz, so Torpus, nicht verstanden: "Dort hat das Theater offenbar eine andere Aufgabe. Es soll Sehnsüchte abbilden, grosse Bilder finden für Träume und Hoffnungen. Hier in der Schweiz fühlt man sich mehr zum Klaren, Einfachen hingezogen. ,Erste Liebe hat uns bewusst gemacht, dass Theater immer aus der jeweiligen Gesellschaft heraus entsteht, in der man lebt."


 Schlachthaus-Theater Mittwoch, 27. Januar, 20.30 Uhr. Weiter: 29. und 30. Januar. Im Kino der Reitschule laufen unter dem Titel "Belarus im Fokus" Filme aus und über Weissrussland. Ab Freitag, 22. Januar.

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kulturstattbern.derbund.ch 18.1.10

Gisela Feuz am Montag den  18. Januar 2010 um 07:00 Uhr

Kulturbeutel 03/10

Frau Feuz empfiehlt:
 Am Samstag werden sich im Dachstock im Rahmen der Tour de Lorraine zwei Bands einen "battle of bands" liefern. The Foxionaires treten gegen Theo's Fried Chicken Store an, was so viel bedeutet wie: 60er-Soul mit wunderbarer Frauenstimme trifft auf Rock'n'Roll-Rockabilly-Swing. Die Entscheidung wird bestimmt nicht einfach werden, lustig wirds wohl alleweil, zumal mit Ansager inklusive Nummerngirl tief in die Entertainment-Kiste gegriffen wird.

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TOUR DE LORRAINE
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Bund 21.1.10

Tour de Lorraine

 Das Fest im Arbeiterquartier

(ane)

 Am Samstag lohnt es sich wieder einmal, nächtens durch die Gassen der Lorraine und der angrenzenden Stadt zu ziehen. Auf der Tour de Lorraine ist so manch Punkiges und Garage-Punkiges zu entdecken. Besonders ans Herz gelegt seien die Konzerte des Elektro-Art-Pop-Alleinunterhalters Namosh (23 Uhr, Turnhalle) und der kurzweiligen Soul-Funk-Band Fonxionaires (23 Uhr, Dachstock).

Diverse Lokale Samstag, 23. Januar. Programm: http://www.tourdelorraine.ch.

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ANTISEXISMUS
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2010 - Jahr des Antisexismus ::

AutorIn : fight sexism! @ reitschule bern und überall

"...kein Sexismus*...keine physischen oder sexuellen Übergriffe..." so steht dieses Bekenntnis zu einem respektvollen Umgang der Geschlechter im Manifest der Reitschule. Leider bleibt es noch viel zu oft beim schönen Vorsatz. Deshalb haben wir 2010 zum Jahr des Antisexismus erklärt, um diesen wichtigen Grundsatz mit Inhalt zu füllen, um zu kritisieren und zu informieren.

In der Reitschule geschehen täglich sexistische Übergriffe: Dumme Sprüche, abwertende Bemerkungen (die "nicht so gemeint" sind) und gewollt ungewollte Berührungen, wenn wir in einer gedrängteren Masse stehen, sind nur einige Beispiele dafür. Bei den Texten egal welcher Musikrichtung ist es oft besser, wenn mensch die Sprache nicht allzu gut versteht. Doch obwohl Sexismus allgegenwärtig ist, wird kaum darüber gesprochen. Auch ansonsten politisch bewusste Männer und Frauen nehmen Sexismus oft nicht als POLITISCHES Thema wahr, das sie etwas angeht. Schliesslich erleben sie sich ja als Kämpfer_innen gegen Ungerechtigkeit und merken nicht, wenn sie selbst aufgrund des Geschlechts unterdrücken oder sich nicht dagegen auflehnen. Und allzu viele Frauen und Männer glauben, sich von Feminismus und "Emanzentum" distanzieren zu müssen - glauben sie im Ernst, alles sei erreicht?

Dies ist alles kein Zufall. Denn die Strukturen unserer Gesellschaft sind sexistisch. Dass Frauen weniger verdienen, ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Tätigkeiten des Haushalts und der Kinderbetreuung, die nach wie vor hauptsächlich von Frauen verrichtet werden, sind "selbstverständlich" gar nicht entlöhnt. Es ist nach wie vor so wie seit (mindestens) Tausenden von Jahren: Unser Zugang zu Macht und Einfluss wird wesentlich von unseren Geschlechtsorganen mitbestimmt. Und wir alle, ob wir uns nun selbst als Mann, Frau, etwas dazwischen oder einfach als Mensch sehen, stehen unter Druck, uns gemäss den herrschenden Geschlechternormen zu verhalten: Die richtigen Gefühle zu zeigen, im richtigen Moment Lust auf die vorgesehene Art von Sex zu haben, unsere Körper den vorherrschenden Vorstellungen bzw. Verrücktheiten anzupassen und vieles mehr.

Wir werden das alles nicht mit ein paar gut gemeinten Texten, toll gebastelten Transparenten und bunten Aufklebern ändern. Aber wir wollen etwas tun. Wir sind bereit Zeit, Energie und Kreativität zu investieren, damit Realität wird, was heute noch zu häufig billigster Etikettenschwindel ist.

Interessiert sich wirklich jemand NICHT für dieses Thema? Ist die Reitschule tatsächlich der Ort, um Antisexismus bequem und/oder feige für überholt oder gar erreicht zu erklären? Wir glauben, dass die Reitschule all das nicht ist: bequem, feige, fatalistisch und hilflos gegenüber dem sexistischen Mainstream, von dem wir ein Teil sind - ob wir wollen oder nicht. Die wenigen Möglichkeiten, die wir haben, um Veränderungen zu bewirken, sollten wir nicht ungenutzt lassen, um es später zu bereuen.

Wir sind überzeugt: Wenn es in der alten Patrizierstadt Bern einen Platz gibt, wo vielleicht unbequeme, aber nötige Impulse gesetzt werden, dann ist sie es, die Reitschule.

Antisexismus-Kampagne @ Reitschule Bern

* Sexismus bedeutet Diskriminierung oder Unterdrückung aufgrund des Geschlechts, im weiteren Sinn auch den Zwang, sich wie eine normale Frau, ein normaler Mann zu verhalten.

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TRANSSEXUALITÄT
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WoZ 21.1.10

Sachbuch
 
Transsexualität

Nahe am Normkörper

 Der "schwangere Mann" Thomas Beatie machte 2008 international Schlagzeilen. Die vielen kruden Kommentare dazu - nicht nur auf Onlineforen, sondern auch in der deutschen "taz" - zeigen, dass die Akzeptanz von Transsexuellen noch lange nicht selbstverständlich ist.

 Dabei ist Transsexualität nichts Neues: "Für Menschen, die körperlich eindeutig als weiblich oder männlich gelten, sich aber diesem Geschlecht nicht zugehörig fühlen, gab und gibt es in vielen Kulturen und historischen Epochen einen Platz, mal eher am Rande, mal in der Mitte der Gesellschaft", schreibt Robin Bauer in der Broschüre "Ihre Eltern dachten, dass sie ein Junge wäre". Er romantisiert die Kulturen, die einen offenen Umgang mit dem Thema hatten, jedoch nicht: "Die Möglichkeit des Geschlechterwechsels stellt in der Regel nicht das System der Zweigeschlechtlichkeit in Frage." Das tun allerdings auch viele Transsexuelle nicht. Das jedoch machen ihnen andere, die sich meist Transgender statt transsexuell nennen, zum Vorwurf. Robin Bauer lehnt solche Grabenkämpfe ab und bezeichnet alle mit dem heute in der Szene gebräuchlichen Begriff "Trans*".

 Im ersten Teil der Broschüre zeichnet der Autor die jüngere Transgeschichte nach. Die ersten geschlechtsangleichenden Operationen fanden um 1930 im Berliner Institut für Sexualwissenschaft statt, das später von den Nationalsozialisten verwüstet wurde. In den folgenden Jahren gab es nicht viel Spielraum für abweichende Sexualitäten und Identitäten - bis in den sechziger Jahren US-amerikanische Transfrauen offensiv an die Öffentlichkeit traten. Inzwischen ist es in den meisten westlichen Ländern möglich, das Geschlecht hormonell, ope rativ und rechtlich zu verändern. Allerdings geht dem ein langes Prozedere mit psychiatrischen Gutachten voraus, und "das Ergebnis der medizinischen Massnahmen soll einem weiblichen beziehungsweise männlichen Normkörper möglichst nahekommen". Bis heute haben viele Gutachter starre Geschlechterbilder im Kopf ("Was, Sie wären auch mit kleinen Brüsten zufrieden? Alle Transsexuellen, die ich kenne, wollen aber möglichst grosse!"). Kein Wunder, dass Transmenschen den Ärzt innen oft genau das erzählen, was diese hören wollen - und so Stereotypen verstärken.

 Bauer liefert einen guten Überblick über die aktuellen Diskussionen, Konflikte und Kämpfe. Die Broschüre ist empfehlenswert auch für Eltern, Jugendarbeiterinnen und Lehrer. Schade nur, dass ein Glossar fehlt. Denn wer im Thema bewandert ist, vergisst schnell, dass das Wörterlernen am Anfang nicht einfach war.  Bettina Dyttrich


 Robin Bauer: "Ihre Eltern dachten, dass sie ein Junge wäre. Transsexualität und Transgender in einer zweigeschlechtlichen Welt". Männerschwarm Verlag. Hamburg 2009. 48   Seiten. Fr. 10.90.

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RAUCHVERBOT I
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Bund 21.1.10

Wirte umgehen Rauchverbot mit Tricks und Kniffen

 Die Kantone haben Mühe, das Rauchverbot in Restaurants durchzusetzen. Wirte nutzen allerlei Tricks - oder üben schlicht zivilen Ungehorsam.

 Erwin Haas

 Die Mehrheit der Bevölkerung und der Wirte akzeptiere das Rauchverbot, sagen Kantone wie Bern und Uri, die es letztes Jahr eingeführt haben. Allerdings gibt es Nester des Widerstands und "Grauzonen". Im Kanton Uri haben Raucher in öffentlichen Lokalen ohne Fumoir seit September 2009 ausgepafft, doch ein halbes Dutzend Wirte nutzt ein Schlupfloch. Sie haben ihr Restaurant zum Privatklub erklärt oder hängen ab 21 Uhr ein Schild an die Tür: "Geschlossene Gesellschaft".

 In Bern, rauchfrei seit letztem Juli, rief Rock-Legende Polo Hofer im Restaurant Lorenzini mit einer Zigarette im Mund zum zivilen Ungehorsam auf. Der unkonventionelle parteilose Stadtrat Jimy Hofer, der in der Berner Matte die Broncos-Loge betreibt, sagt öffentlich, dass er sich nicht an das "unsinnige Gesetz" halte. Auch in der Rössli-Bar der Reithalle wird weiter geraucht. Die Gewerbepolizei hat laut "Berner Zeitung" nicht genug Mittel, um die 660 Gastrobetriebe in der Bundesstadt lückenlos zu kontrollieren.

 "Schwarze Schafe" in der Kritik

 In Uri hat der Gesetzgeber unzureichend definiert, was ein "öffentlich zugängliches Lokal" ist. Laut der Hospentaler Hotelière und Gastro-Uri-Präsidentin Carmen Bundi geben Wirte und Barbesitzer in Andermatt und Altdorf für zehn Franken eine Klubmitgliederkarte ab. Dafür gibt es freien Zugang zum Raucherlokal und zwei Getränke gratis. Solche Tricks haben gemäss Branchenkennern bei Wirten, die sich an das Verbot halten, zu harschen Reaktionen geführt. Sie haben angekündigt, sich auch nicht mehr ans Gesetz zu halten, wenn der Kanton nicht für gleich lange Spiesse sorge.

 Laut Roland Hartmann, dem Urner Gesundheitsamtschef, sind bisher zwölf Hinweise auf Unregelmässigkeiten eingegangen. Die Polizeiberichte lägen zurzeit bei der Staatsanwaltschaft. Bussen - für Wirte bis 10 000, für rauchende Gäste 50 Franken - wurden bisher noch keine ausgesprochen.

 Am 1. Mai wird das Rauchverbot in geschlossenen öffentlichen Räumen gemäss dem neuen Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen landesweit eingeführt. Nur Lokale, die weniger als 80 Quadratmeter gross sind, dürfen noch Raucherbeizen sein - falls das schärfere kantonale Recht nicht auch dies verbietet. Oder sie müssen ein Fumoir einbauen. Um Missbräuche zu verhindern, werde Uri die Regeln bis spätestens 1. Mai präzisieren, sagt Gesundheitsamtschef Hartmann. Doch Uri wolle keinen Sonderzug fahren. Was unklare Begriffe wie "öffentlich zugänglich", "geschlossene Räume" und "gute Lüftung" betrifft, sollten sich die Kantone auf gemeinsame Definitionen einigen.

 "Vereinslokale" in Basel

 In Basel-Stadt wird das Rauchverbot am 1. April eingeführt. Auch dort drohen Vollzugsprobleme. Er werde sich jedenfalls nicht ans Verbot halten, sagt der "Stadthof"-Wirt und Wirteverbandspräsident Josef Schüpfer. Der Verband werde Widerspenstige unterstützen und sei an einem Musterprozess interessiert. Auch Oberwalliser Wirte wollen Bussen bis vor Bundesgericht anfechten. Zwei Beschwerden in Bern haben die Bundesrichter im November allerdings bereits abgewiesen: Das Rauchverbot sei zumutbar und beeinträchtige die Gewerbefreiheit nicht. Endgültige Klarheit schafft vielleicht erst die nationale Initiative der Lungenliga für ein totales Rauchverbot in öffentlichen Räumen; die Liga hat schon beinahe 100 000 Unterschriften gesammelt.

 Der Wirt der Basler "Schluggstube" hat seine Bar vorsorglich in ein nicht-öffentliches Vereinslokal umgewandelt. Vereinslokale sind in Basel laut Bauinspektoratschefin Luzia Wigger Stein allerdings eine Restaurantkategorie mit Beschränkungen: Sie dürfen nur sechs Stunden und maximal vier Tage pro Woche offen haben und müssen um Mitternacht schliessen. Laut Maurus Ebneter vom Basler Wirteverband gibt es 270 Vereinslokale in der Stadt. Raucher hätten aber noch andere Ausweichmöglichkeiten: "Viele Gäste werden ins Private abwandern oder in den Untergrund - so wie in den 80er-Jahren, bevor die Polizeistunde und die Bedürfnisklausel fielen. Wenn die ersten Treffpunktlokale schliessen und Arbeitsplätze verloren gehen, schwingt das Pendel hoffentlich wieder zurück."

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RAUCHVERBOT II
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Tagesanzeiger 21.1.10

Kiffen soll nicht krimineller sein als Schwarzfahren

 Wer Cannabis konsumiert, soll nur noch mit einer Ordnungsbusse bestraft werden. Das findet sogar die SVP gut. Die Drogenfachleute sind skeptisch.

 Kiffen kann teuer sein. Wer in der Öffentlichkeit von der Polizei mit einem Joint erwischt wird, muss mit einer Verzeigung rechnen und wird mit bis zu 100 Franken gebüsst. Hinzu kommen Gebühren von weit über 100 Franken für die Befragung und den Rapport. Und der Gesetzesbrecher wird in der polizeilichen Datenbank registriert.

 Damit soll bald Schluss sein. Geht es nach dem Willen der Gesundheitskommissionen von National- und Ständerat, soll Cannabiskonsum künftig im Ordnungsbussenverfahren geahndet werden (TA vom Mittwoch). Kiffer würden also gleich behandelt werden wie Falschparkierer oder Schwarzfahrer. Das Ziel der Politiker ist klar: Kiffen soll zwar weiterhin strafbar sein, aber entkriminalisiert werden. Im Fokus stehen vor allem die vielen jugendlichen Cannabiskonsumenten.

 In St. Gallen bereits erprobt

 St. Gallen hat als einziger Kanton bereits Erfahrungen mit einem solchen Modell. Es wurde vor vier Jahren eingeführt, gilt für Jugendliche ab 15 Jahren, und die Busse beträgt 50 Franken. Der von der Polizei ertappte Kiffer bezahlt den Betrag gegen Quittung an Ort und Stelle. Seine Personalien werden nicht aufgenommen. Erst wer wiederholt auffällt oder mehr als fünf Gramm Cannabis bei sich hat, wird angezeigt.

 Aus polizeilicher Sicht sei der Systemwechsel ein Erfolg, sagt Eugen Rentsch, Leiter der St. Galler Drogenfahndung: "Unsere Arbeit ist einfacher geworden, und die Kosten sind geringer." Gleichzeitig sei die Zahl verhängter Bussen mit 60 bis 90 pro Monat in etwa gleich geblieben - "obwohl das Kiffen billiger geworden ist und von der Busse niemand etwas erfährt".

 Auch der Erste St. Galler Staatsanwalt, Thomas Hansjakob, zieht eine positive Bilanz. Der Nachteil sei allerdings, dass Jugendliche unter 18 Jahren, die ein echtes Drogenproblem hätten, weniger rasch erfasst würden. "Bei diesen Fällen liegt es am Frontpolizisten, dass er richtig reagiert und wir die Jugendanwaltschaft einschalten können." Gefährdete Jugendliche müssen einen Präventionskurs für Kiffer besuchen.

 Für Jugendschutz ungeeignet

 Beim Thema Frühintervention setzt auch die Kritik von Drogenexperten an. "Ordnungsbussen dürfen nicht dazu führen, dass sich der Staat um die Prävention foutiert", sagt Markus Theunert, Sekretär des Verbands der Schweizer Suchtfachleute. Der neue Ansatz trage zwar zur Entstigmatisierung der Konsumierenden bei. Doch punkto Jugendschutz biete er keine Lösung. Theunert warnt zudem davor, die Bussen im Wiederholungsfall zu erhöhen: "Bussen eignen sich nicht als didaktische Massnahme."

 Genau dies fordert hingegen Toni Bortoluzzi. "Die Busse muss so hoch sein, dass sie den Jungen weh tut", sagt der SVP-Nationalrat. Mit 50 Franken erreiche man dieses Ziel nicht. Vom Ansatz her begrüsst Bortoluzzi aber das neue Modell. "Dass Jugendliche manchmal ein Gesetz übertreten, ist nicht falsch. Nur darf man es nicht tolerieren." Der Konsum von Cannabis müsse auf jeden Fall verboten bleiben.

 Bortoluzzi war einer der schärfsten Gegner der Hanfinitiative, die 2008 an der Urne scheiterte. Als Kompromiss zwischen Legalisierung und Totalverbot brachten darauf linke Politiker das Ordnungsbussenmodell aufs Tapet. Es stammt ursprünglich von der CVP.
 
Antonio Cortesi

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KINO-WELT
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BZ 21.1.10

Kinos

 Zu viele Säle für kleines Publikum

 Trotz steigender Besucherzahlen verliert Bern voraussichtlich drei Innenstadtkinos. Eine paradoxe Entwicklung? Nein. Das Arthouse-Angebot in Bern ist übervertreten. Zudem wird die Luft für klassische Autorenfilme dünner.

 Arthouse-Kinos sind Pilgerstätten für Liebhaber des klassischen Autorenfilms. Das sind Werke, bei denen der Regisseur zugleich als Drehbuchautor zeichnet und - im Gegensatz zum Mainstreamkino - für eine persönliche Handschrift bürgt. Aktuelle Beispiele sind "Whatever Works" von Woody Allen, "Das weisse Band" von Michael Haneke oder "Bright Star" von Jane Campion.

 In Bern laufen diese Filme ausschliesslich in den Arthouse-Kinos der Quinnie-Kette. Doch bald wird bei Quinnie die Leinwanddichte geringer; drei von zehn Kinos werden wohl verschwinden (siehe Ausgabe vom 12.Januar). Als Hauptgründe werden Besucherrückgänge und fehlende Investitionslust für Renovierungsarbeiten vermutet. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit: Die Krise bei Quinnie ist vor allem auf Veränderungen im Publikumsgeschmack sowie eine überproportionale Kinodichte in Bern zurückzuführen.

 Zu viele Arthouse-Kinos

 Ein Vergleich zeigt: Letztes Jahr wurden in Bern (inklusive Westside) fast halb so viele Kinobilletts gekauft wie in Zürich, obwohl die Bundesstadt zwei Drittel weniger Einwohner hat. Das spricht für Bern als florierende Kinostadt - im Gegensatz zu Basel, das gemessen an seinen Einwohnern bescheidene Eintrittszahlen vorzuweisen hat. Vergleicht man aber die Arthouse-Kino-Leinwände, beziehungsweise die verfügbaren Sitzplätze in Arthouse-Kinos, liegen Bern und Zürich fast gleichauf. Oder anders gesagt: In Zürich ist etwa jedes sechste Kino ein Arthouse-Kino, in Bern fast jedes dritte.

 Das lässt nur einen Schluss zu: Gemessen an der Anzahl Einwohner und den Kinoeintritten ist das Arthouse-Angebot in Bern mit zehn Sälen von Quinnie und dem Kellerkino klar übervertreten. Selbst nach der voraussichtlichen Schliessung der Splendid-Säle und des Cinema Star wird Bern als Arthouse-Kino-Stadt im Vergleich besser dastehen als Basel und Zürich.

 Doch das ist nicht alles. Für die Krise im Arthouse-Sektor ist auch das seit Jahren anhaltende Siechtum des klassischen Autorenfilms verantwortlich; das Renommee einst hoch geachteter Regisseure scheint immer mehr zu verblassen. So vermochten letztes Jahr selbst polarisierende Werke wie "Antichrist" von Lars von Trier oder "Le silence de Lorna" von den Brüdern Dardenne in der Schweiz nur je 19000 Besucher in die Kinos zu locken. Nun lässt sich einwenden, dass es auch Autorenfilmer wie Quentin Tarantino gibt, die in "Inglorious Bastards" erfolgreich mit Versatzstücken des Mainstreamkinos spielen. Nur: Solche Filme laufen in Bern meist in den mainstreamorientierten Kinos (Westside, Kitag).
 Koerfer war Autorenfilmer

 Diese Entwicklungen müssten Thomas Koerfer, dem Betreiber der Quinnie-Kinos, zu denken geben. Der in Bern geborene und aufgewachsene Koerfer, laut "Magazin" einer der reichsten Schweizer, war früher selbst Autorenfilmer. "Der Gehülfe" (1976) und "Glut" (1982) liefen sogar an den Filmfestivals von Cannes, Berlin und Venedig. Nachdem Koerfer mit dem acht Millionen Franken teuren Riesenprojekt "Der grüne Heinrich" (1993) jedoch Schiffbruch erlitt, wechselte er die Seiten. Der passionierte Kunstsammler gründete 1994 in Zürich den Filmverleih Frenetic und übernahm 2000 die Quinnie-Cinemas in Bern.

 Jetzt hat Koerfer die eigene Vergangenheit eingeholt: Der ehemalige Autorenfilmer muss dringend Wege finden, um einen weiteren Niedergang seiner Arthouse-Säle abzuwenden. Ende Januar will Koerfer über "eine Neuaufstellung der Kinokette für die nächsten fünf Jahre" informieren.

 Hans Jürg Zinsli

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Zürichsee Zeitung 21.1.10

Kino Xenix: Ort des gemeinsamen Erlebens

 Thomas Loosli

 Das Kino Xenix ("Gseh nix") feiert seinen 30. Geburtstag. Seit der Zeit des Autonomen Jugendzentrums hat sich viel verändert.

 Wenn man das Kino Xenix auf dem Kanzleiareal betritt, taucht man immer auch in eine nostalgische Welt des Films ein. Zwar gibt es im Kinosaal nicht mehr wie früher die alten Sofas aus dem Brockenhaus, aber Sofas stehen in den vordersten Reihen immer noch und machen einen Besuch im Xenix immer wieder von Neuem einmalig. Das Einzigartige besteht vor allem im Programm. "Das Xenix ist und bleibt ein Programmkino", erklärt Beat Schneider, der abwechselnd mit René Moser die Filme des Kino Xenix auswählt.

 Die Programmgestaltung ist eine äusserst aufwendige Arbeit, da manche Ideen sich nicht umsetzen lassen. Bis zu 500 Euro verlangen einige Vertreiber für das einmalige Abspielen eines Films. Eine Summe, die sich das Xenix nicht leisten kann und deshalb immer wieder um die Preise feilschen muss. Die Programmgestaltung ist eine Daueraufgabe, dafür gehen die beiden auch an Festivals, um sich über die neuesten Filme zu informieren. Die Programmmacher sind autonome Entscheidungsträger, ähnlich wie die Kuratoren eines Museums, ergänzt Mirko Vaiz, der seit fünf Jahren für Marketing und Kommunikation des Xenix zuständig ist.

 Der Vorläufer des Xenix-Kinos war die AJZ-(Autonomes Jugendzentrum)-Kino-Arbeitsgruppe, die 1980 von einigen euphorischen Filmbewegten gegründet wurde. Das AJZ-Kino zeigte Filme auf einer weiss gestrichenen Gipswand, die Sitzgelegenheiten brachte man selber mit! Das damalige Kino war fast rein politisch motiviert und entsprang der rebellischen Bewegung der 80er Jahre. 1982 wurde das autonome Jugendzentrum definitiv geschlossen, aber die AJZ-Kino AG überlebte und zog vorerst an die Lavaterstrasse beim Tessinerplatz. Der Filmclub hiess von nun an Xenix ("Gseh nix") und fand 1984/1985 seinen jetzigen Standpunkt, das Kanzleiareal, das damals zum Quartier- und Kulturzentrum wurde. Von da an entwickelte sich das Xenix unaufhaltsam zu einem bedeutenden Kulturkino und zum Medienliebling.

 Biertrinker als Kultursponsoren

 Das Xenix wird von der Stadt Zürich nur mit einem kleinen Kostenbeitrag unterstützt, welcher ungefähr 5 Prozent des Gesamtbudgets ausmacht. Das Kino hat einige Sponsoren und lebt zu einem beachtlichen Teil von der Xenix-Bar, welche im Sommer grosse Einnahmen generiert. "Die vielen Biertrinker finanzieren unsere Kultur", verrät Beat Schneider lachend. Früher war man auf die Gratisarbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeit angewiesen. Die Verwaltung des Xenix funktionierte basisdemokratisch. Heute hat das Xenix die Struktur eines Vereins mit einer

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RABE-INFO
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RaBe-Info 21. Januar 2010
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2010-01-21-55113.mp3
- Der Grosse Rat will mehr Frauen in Kaderpositionen - aber ohne starre Frauenquoten
- Randständige im öffentlichen Raum: eine neue Studie bringt Licht ins Dunkel
- Politischer Rap aus dem palästinensischen Flüchtlingslager Nahar Al Bäred http://a-films.blogspot.com/

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POLICE BE
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20 Minuten 21.1.10

Unzufriedene Polizisten kehren Korps den Rücken

 BERN. Schlechte Entlöhnung und fehlende Freizeit: Viele Berner Polizisten werfen entnervt den Bettel hin und wandern in die Privatwirtschaft ab.

 "Zwei ehemalige Polizisten mit langjährigen Kripo-Erfahrungen bieten professionelle und diskrete Dienstleistungen im Bereich Überwachungen u.s.w. an." So lautet das Inserat, das gestern in der lokalen Presse erschienen ist. "Vor allem die ewigen Überstunden und Wochenendeinsätze machen einen fertig", klagt ein Ex-Ordnungshüter. Auf die Dauer hätten der Verdienst und die geforderten Leistungen nicht mehr übereingestimmt.

 "Bei mir beklagen sich Polizisten mit Familien, sie könnten die Krankenkassenprämien nicht mehr bezahlen", sagt Grossrat Markus Meyer (SP). Seit acht Jahren amtet er als Präsident des Polizeiverbandes. "Drei erfahrene Leute, die 2009 den Hut genommen haben, kenne ich persönlich. Gute Kräfte sind in der Privatwirtschaft begehrt."

 Besserung ist zwar in Sicht - ab 2011 ist eine Aufstockung des Polizeikorps in Etappen geplant - aber das reicht Meyer nicht: "Damit der Job wieder attraktiver wird, fordere ich noch dieses Jahr auf politischer Ebene die Wiedereinführung des Erfahrungsaufstiegs beim Lohn."

 Dass hier Handlungsbedarf besteht, bestätigt auch die Kapo: "Im Lohnvergleich mit anderen Polizeikorps stehen wir schlecht da", sagt der stellvertretende Personalchef Hans Rütti.  

Alessandro Meocci

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be.ch 21.1.10

Der Regierungsrat schafft zusätzliche Stellen für die Kantonspolizei

Das Korps der Kantonspolizei Bern soll bis ins Jahr 2016 um 130 Stellen und zusätzlich um 9 Stellen für den Ausgleich der Nachtzeitgutschrift verstärkt werden. Dies beabsichtigt der Regierungsrat. Diese Bestandeserhöhung soll gestaffelt erfolgen. Eine erste Erhöhung um 25 Stellen hat der Regierungsrat für das Jahr 2012 beschlossen. Darin enthalten sind die 9 Stellen für den Ausgleich der Nachtzeitgutschrift. Somit kann die Kantonspolizei bereits im ersten Halbjahr 2010 die Rekrutierung der geeigneten Personen vornehmen, die im nächsten Jahr die Ausbildung absolvieren müssen, damit sie 2012 die Stelle antreten können. In den Jahren von 2013 bis 2016 ist eine Bestandeserhöhung von jährlich zwischen 20 und 34 Personen vorgesehen. Die dazu erforderlichen Mittel sind im Finanzplan eingestellt. Die Erhöhung des Bestandes der Kantonspolizei ist auch mehrmals im Grossen Rat bei der Überweisung von verschiedenen Vorstössen mit grossem Mehr unterstützt worden.

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ANTI-WEF LUZERN
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NLZ 21.1.10

Stadt bewilligt Anti-WEF-Demo

 red. Acht Forderungen stellt die Stadt Luzern an die Organisatoren der Anti-WEF-Demonstration, die am Samstag über die Bühne geht. Unter Berücksichtigung dieser Auflagen hat die Stadt gestern grünes Licht für die Kundgebung gegeben, die sich gegen das Weltwirtschaftsforum Davos richtet. Laut Sicherheitsdirektorin Ursula Stämmer ist eine Genehmigung der Demo die bessere Variante, als eine illegale Kundgebung zu riskieren. Die Organisatoren sind mit einer Auflage nicht einverstanden: Sie sollen die Kosten für Räumungs- und Reinigungsarbeiten übernehmen.

 Seite 21

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Anti-WEF-Kundgebung

 Die Stadt macht strenge Auflagen

Von Noémie Schafroth

 Luzern willigt in die Durchführung der Anti-WEF-Demo ein. Allerdings nur unter bestimmten Bedingungen und nicht auf der ursprünglich geplanten Route.

 Die Stadt Luzern hat entschieden, die auf Samstag angesetzte Anti-WEF-Kundgebung zu erlauben. Laut Sicherheitsdirektorin Ursula Stämmer-Horst wurde "die Situation analysiert und das Risiko beurteilt". Zu den Gründen, die den Ausschlag für die Kundgebungsbewilligung gegeben haben, meint Stämmer: "Wir müssen die Grundrechte Meinungs- und Versammlungsfreiheit achten." Zudem sei es vor allem für die Arbeit der Polizei berechenbarer, eine Demonstration unter Auflagen zu bewilligen statt eine illegale Kundgebung zu riskieren, die womöglich ausser Kontrolle gerate. "Man muss ja nicht meinen, dass die Demonstranten nicht auftauchen würden, bloss weil wir den Anlass verbieten." Die Kundgebung durchzuführen, sei darum "die beste unter allen möglichen Lösungen".

 Klare Ansagen über Megafon

 Die Liste der Auflagen, die die Stadt Luzern an die Organisatoren stellt, ist lang. Hier ein Auszug der acht Punkte umfassenden Forderungen:

- Die Gesuchsteller - es handelt sich um ein Kollektiv, das der Stadt bekannt ist - sind für die "ordnungsgemässe Durchführung der Veranstaltung" verantwortlich und müssen an der Demonstration mitlaufen.

- Die Verantwortlichen haben vor und nach der Demonstration die Teilnehmer per Megafon "klar und unmissverständlich darauf aufmerksam zu machen, dass illegale Handlungen strafrechtlich verfolgt werden".

- Es gilt während der ganzen Dauer der Veranstaltung zwischen 14 und 17 Uhr ein Vermummungsverbot.

- Die Organisatoren der Demonstration müssen einen eigenen Ordnungsdienststellen.

- Die Kosten für Räumungs- und Reinigungsarbeiten gehen zu Lasten der Gesuchsteller.

 Sollten die Auflagen verletzt werden, so könnte das laut Stämmer einen Abbruch der Demonstration nach sich ziehen. "Darüber entscheidet aber letztlich die Polizei."

 Ursprüngliche Route verlegt

 Die Demo-Organisatoren wollten ursprünglich durch die Rössligasse, Weggisgasse und Hertensteinstrasse marschieren und auf dem Kapellplatz eine Schlusskundgebung abhalten. Dieser Route habe man aus Sicherheitsüberlegungen nicht stattgegeben, sagt Stämmer. "Am Samstagnachmittag halten sich in diesen Gassen viele Passanten auf. Wir mussten die unterschiedlichen Ansprüche gegeneinander abwägen." Stattdessen umfasst die Strecke jetzt die Stationen Theaterplatz, via Pfistergasse zur Geissmattbrücke, durch die Altstadt über die Seebrücke und schliesslich zum Theaterplatz (siehe Grafik). Dass die Seebrücke vorübergehend gesperrt wird, hält Stämmer für gerechtfertigt. "Wir sprechen da von einem Zeitraum von ungefähr 15 Minuten." Man rechne mit einer grösseren Demonstration, und da sei eine Sperrung wie in diesem Ausnahmefall nötig. Wie viele Personen sich am Samstag mit ihrer Präsenz gegen das in Davos vom 27. bis 31. Januar stattfindende Weltwirtschaftsforum wehren, kann Stämmer nicht sagen.

 Dass die Anti-WEF-Demonstration von der Stadt erlaubt wurde und die Seebrücke vorübergehend gesperrt werden muss, sorgt bei den Gewerbetreibenden für Unmut. Franz Stalder, Präsident der City-Vereinigung, spricht von "Umsatzeinbussen und einem Imageschaden, wenn etwas passiert". Man wolle den Leuten zwar nicht Angst machen, betont Stalder: "Aber unterschätzen dürfen wir die Gefahren auch nicht."

 Ladeninhaber als Gewinner

 Einer der Gesuchsteller, der anonym bleiben möchte, kann der Kritik der Geschäftsbesitzer wenig Verständnis abringen und sieht diese gar eher als Gewinner an: "Die Stadt Luzern hat dem Druck der Ladeninhaber nachgegeben und unsere ursprünglich geplante Route abgeändert." Zu den Auflagen meint er, dass diese im "gegenseitigen Einverständnis" mit der Polizei und den Behörden getroffen worden seien. Noch offen sei für die Organisatoren allerdings, wie man mit der Kostenübernahme für allfällige Reinigungs- und Räumungsarbeiten umgehen soll: "Es kann ja nicht sein, dass wir das vollumfänglich bezahlen müssen."

 Bei der Luzerner Polizei nimmt man "aus einsatztaktischen Gründen" keine Stellung zur Anzahl Polizisten und ob auch ausserkantonale Ordnungshüter eingesetzt werden. Auf die Frage, ob auswärtige Chaoten - beispielsweise vom Schwarzen Block - an der Luzerner Demonstration teilnehmen könnten, sagt Mediensprecher Urs Wigger: "Wir haben gegenwärtig keine Hinweise dafür und auch nicht auf Ausschreitungen allgemein."

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 Express:

 Am Samstag wird in Luzern gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos demonstriert.

 Laut Polizei gebe es keine Hinweise für Ausschreitungen.

So reagieren die Parteien

 Die Jungen Grünen sind der Demonstration gegenüber sehr kritisch eingestellt. "Wir rufen nicht zur Demo auf, weil gewisse Vandalen regelmässig eigentlich friedliche Demonstrationen als Bühne zur Gewaltausübung missbrauchen."

 Michael Zeier-Rast, der Präsident der CVP Luzern-Littau, findet die Demonstrationsbewilligung durch die Stadt "problematisch". Die Erfahrung mit Anti-WEF-Demonstrationen in anderen Städten zeige leider, dass Ausschreitungen an der Tagesordnung seien.

 Luzia Mumenthaler, Co-Präsidentin der SP,geht davon aus, dass "sich der Stadtrat sicherlich Gedanken gemacht hat bei der Bewilligung der Demonstration". Sie selbst hat keine Mühe mit dem Entscheid.

 Kein Problem mit der Demonstrationsbewilligung hat auch Stefan Sägesser, Präsident der Grünliberalen."Es ist ein legitimes Mittel, um sich auszudrücken." Solange es keine Gewalt gebe, müsse die Meinungsfreiheit gewährleistet sein.

 "Demonstrieren ist ein Grundrecht", sagt Christian Hochstrasser, Präsident der Grünen,"und aufgrund der Bewilligung geht der Stadtrat wohl davon aus, dass die Demo geordnet über die Bühne geht." Mit den Bedingungen, dass die Veranstalter persönlich für Reinigungsarbeiten belangt werden können, hat er aber Mühe.

 Kein Verständnis für die Kundgebung zeigen SVP und FDP. Die Liberalen bedauern den Entscheid, weil sie Ausschreitungen befürchten.

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20 Minuten 21.1.10

Anti-Wef-Demo bewilligt - Altstadtbewohner besorgt

 LUZERN. Der Stadtrat hat gestern die Anti-Wef-Demo vom nächsten Samstag bewilligt. Der Entscheid erntete umgehend Kritik.

 Die Bewilligung für die Demonstration ist an Auflagen geknüpft. Ausserdem wurde die ursprüngliche Route geändert: Sie führt nun vom Theaterplatz durch das Hirschmattquartier via Pfistergasse zur Geissmattbrücke; dann dem Löwengraben und der Grabenstrasse entlang und darauf via Grendel und Seebrücke zurück zum Theaterplatz. Die Demo dauert von 14 bis 17 Uhr; die Seebrücke wird vorübergehend gesperrt.

 Kein Verständnis für diesen Entscheid hat Robert Casagrande, Geschäftsmann und Vorstandsmitglied des Quartiervereins Altstadt: "Ich befürchte, dass die Stadt diese Demo verharmlost." Der Quartierverein habe sich im Vorfeld vergeblich um ein Gespräch mit der Sicherheitsdirektion bemüht. "Wir wurden nicht eingeladen, mit der Begründung, dass die Route nicht durch die Altstadt führe", so Casagrande. Viele Bewohner und Geschäfte hätten jetzt Angst, dass es zu Sachbeschädigungen kommen könnte. Zudem fehle nun die Zeit, um sich genügend vorbereiten zu können.

 Sicherheitsdirektorin Ursula Stämmer-Horst sagte gestern, sie verstehe diese Ängste. "Unsere Aufgabe ist es aber, alles möglichst im Griff zu haben." Dank der erteilten Bewilligung habe man die Route bestimmen und den Organisatoren klare Auflagen machen können. So dürften die Teilnehmer etwa keine gefährlichen Gegenstände und Farbbeutel auf sich tragen.

Daniela Gigor

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Blick am Abend 20.1.10

Anti-Wef-Demo ist bewilligt

 GRÜNES LICHT

 Weil die Stadt eine unbewilligte Demo fürchtet, bewilligte sie diese. Mit Auflagen.

 martin.messmer@ringier.ch

 Das Anti-Wef-Bündnis Luzern 2010 darf am nächsten Samstag in der Stadt ofziell eine Demonstration durchführen. Obwohl Cityvereinigung und SVP verlangten, Luzern solle den Anlass verbieten, erteilten die Behörden heute eine Bewilligung - die Stadt beruft sich auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. "Wir mussten zudem davon ausgehen, dass die Demo auch ohne Bewilligung stattgefunden hätte. Deshalb hat die Luzerner Polizei aus Sicherheitsgründen empfohlen, die Demo zu bewilligen und gleichzeitig klare Aufl agen zu machen", sagte Daniel Deicher von der Sicherheitsdirektion der Stadt heute zu Blick am Abend. Diese Ansicht hätten auch ein Teil der Vertreter von Gewerbe und Quartiervereinen unterstützt, sagte Deicher. Die Stadt hat unter anderem folgende Auflagen gemacht:

 Die ursprünglich verlangte Route durch die Hauptgeschäftsachsen der Altstadt wurde verboten. Nun zieht die Demo ab 14 Uhr durch das Hirschmatt-Quartier und später via Löwengraben und Seebrücke zum Theaterplatz, wo die Schlusskundgebung stattfi ndet Die Seebrücke wird zeitweise gesperrt.

 Die Veranstalter müssen einen Ordnungsdienst stellen und informieren, dass kein strafrechtliches Verhalten geduldet würde. Erwartet werden 200 bis 500 Teilnehmer.

 Für die Demonstranten herrscht Vermummungsverbot.

 Die Demonstranten dürfen keine gefährlichen Gegenstände mitführen.

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UNSERE UNI ZH
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Indymedia 21.1.10

Raum von Studi-Bewegung wird geräumt! ::

AutorIn : reader         

Erst gestern hat unsereuni in Zürich einen offenen Brief veröffentlicht (siehe unten). Heute morgen schon hat Rektor Fischer die Schlösser auswechseln lassen und die Bullen geschickt. Kommt alle!

gefunden auf:
http://www.aufbau.org/index.php?option=com_content&task=view&id=746&Itemid=69   
    
Liebe Medienschaffende, lieber Rektor

Am 17. November 2009 besetzten über 400 Studierende den grössten Hörsaal der Universität Zürich. Im Zuge dieser Besetzung bildeten wir die Bewegung Unsereuni, um gemeinsam gegen die Ökonomisierung der Bildung, den Kahlschlag im Bildungswesen und die Elitarisierung der Universität zu protestieren. Die Unileitung versprach, unsere Forderungen ernst zu nehmen und stellte uns für die Weiterführung unserer Arbeit den Pavillon HIM zur Verfügung, mit der Auflage, dass dieser Raum auch wirklich für eine intensive politische Arbeit genutzt wird.

Diese Arbeit führen wir noch immer engagiert und erfolgreich fort. Unser Veranstaltungskalender ist bis Ende März belegt. Wir organisieren Seminare, Kolloquien, Lesezirkel und rege besuchte Vollversammlungen. In Arbeitsgruppen vertiefen wir unsere politische Arbeit und entwickeln unsere Forderungen weiter. Zudem hat sich ein offener und selbstbestimmter Raum entwickelt, in dem sich alle Interessierten an kritischen Diskussionen beteiligen und alternative Lern- und Lehrformen erproben können. Kurz, der Pavillon bietet die Möglichkeit, die vielfältigen Anliegen, die sich während der Unibesetzung artikuliert haben, auszuformulieren und für eine kontinuierliche politische Auseinandersetzung zu festigen.

Vor dem Hintergrund dieser erfreulichen Entwicklung irritiert uns der Beschluss der Unileitung sehr, uns den Pavillon HIM nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Der Vorschlag, wir sollen uns stattdessen im Rahmen der bestehenden Strukturen studentischer Mitbestimmung betätigen, verkennt völlig die Tragweite und den dynamischen Charakter unserer Bewegung. Viele von uns haben bereits eingehende Erfahrungen mit den integrierten studentischen Einrichtungen gemacht, und sind von deren äusserst beschränkten Handlungsmöglichkeiten vollständig ernüchtert. Gerade deshalb engagieren wir uns ja für neue Formen der Mitbestimmung. Wir meinen, dass der Pavillon der Bewegung einen Rahmen gibt, in dem ihr offener und lebhafter Charakter gewahrt wird und dennoch konfrontative Situationen vermieden werden können. Trotz der unkonventionellen Struktur von Unsereuni bleibt ihre organisatorische Verlässlichkeit jederzeit gewährleistet: Die Kommunikation mit dem Rektorat verlief stets reibungslos und für beide Seiten zufriedenstellend, und es gab bisher keinerlei Beschwerden über die Nutzung des Pavillons.

Es besteht also auch aus administrativer Sicht keinerlei Anlass, dieses Projekt zu beenden. Sollte die Unileitung dies anders sehen, ist sie selbstverständlich eingeladen, allfällige Probleme an einer unserer Vollversammlungen einzubringen, es wird sich gewiss eine gute Lösung finden. Im Vorgehen der Unileitung erkennen wir den Versuch, unsere Kampagne möglichst sang und klanglos abzuklemmen. Dies ist völlig unangemessen; wir stehen erst am Anfang einer überfälligen breiten Auseinandersetzung mit bildungspolitischen Problemen, welche ein Engagement von allen erfordert, die in den universitären Prozess eingebunden sind. Unsereuni muss als Repräsentantin der studentischen Unzufriedenheit bei allen kommenden Gesprächen handlungsfähig bleiben und ernst genommen werden. Dafür ist es unabdingbar, dass wir über die dafür notwendige Infrastruktur weiterhin verfügen können. Wir erhoffen uns für die weitere politische Zusammenarbeit auch von der Universitätsleitung ein initiatives Vorgehen, welches über blosse Lippenbekenntnisse hinausgeht. Die breite Unterstützung, die wir auch von Seiten der Dozierenden erfahren haben, macht deutlich, dass unsere Anliegen keine rein studentischen sind und eine tiefgreifende Veränderung auf allen universitären Ebenen unbedingt wünschenswert ist. Gerne nutzen wir den Pavillon HIM weiter und hoffen, dass die Universitätsleitung uns dabei unterstützt.

Mit freundlichen Grüssen
Unsereuni     

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Medienmitteilung von Uni

Medienmitteilung vom 21.01.2010

HIM-Pavillon steht wieder für Lehrbetrieb zur Verfügung

Am Donnerstagmorgen hat die Universität Zürich den leer stehenden HIM-Pavillon an der Schienhutgasse abgeschlossen. Er wird jetzt gereinigt und wieder für den Lehrbetrieb hergerichtet.

Die Universität Zürich hatte der Gruppierung "Unsereuni" den Pavillon vom 29.11. bis 13.12.2009 und in einer Verlängerung bis 15.1.2010 zur Verfügung gestellt. Der Gruppierung wurde so die Gelegenheit gegeben, ihren Forderungskatalog auszuarbeiten. Nachdem "Unsereuni" diese Arbeiten abgeschlossen, am Dienstagabend jedoch entschieden hat, den Pavillon nicht zu verlassen, wurde er jetzt geschlossen. Er wird für die Nutzung im Rahmen des Lehrbetriebes gereinigt und hergerichtet. Das der Gruppierung gehörende Mobiliar und weiteres persönliches Eigentum können die rechtmässigen Besitzerinnen und Besitzer in einem extra eingerichteten Depot abholen.

Um den Dialog fortzuführen ist es für die UZH unabdingbar, dass "Unsereuni" sich - analog der unzähligen andern studentischen Organisationen - als Verein mit Rechten und Pflichten organisiert. Als gemeldeter studentischer Verein kann die Gruppierung Seminarräume für Veranstaltungen und Workshops beantragen.

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WoZ 21.1.10

"Unsere Uni"

 Rausgeworfen

 Nach dem Ende der Studentenprotes te Anfang Dezember räumte die Bewe gung Unsere Uni in Zürich den Hörsaal KOH B10, und die Universitätsleitung stellte im Gegenzug den sogenannten HIM-Pavillon auf unbestimmte Zeit zur Verfügung. Doch nun sollen die Student Innen den Pavillon bereits wieder räumen. Ein Ultimatum ist bislang folgenlos verstrichen.

 "Unsere Uni" hätte bis spätestens am 15. Januar draussen sein sollen. Doch die Student Innen bleiben. Ges tern haben sie der Universitätsleitung und den Medien einen offenen Brief zukommen lassen. Das Ziel ist politischer Druck. "Wir brauchen einen Raum für unsere Vollversammlungen, den gibt es sonst nirgends an der Uni", sagt ein Aktivist. Damit sei beiden Seiten unbürokratisch gedient: Die Universitätsleitung habe Ruhe vor weiteren Protesten, die Bewegung einen Raum. Diese Aussage impliziert eine Fortführung der Proteste, falls das Rektorat den Pavillon tatsächlich räumen lassen sollte.
 Andreas Fagetti

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DRAHTZIEHER I
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WoZ 21.1.10

Urs Frieden - Der WOZ-Redaktor der ersten Stunde amtet als Berner Stadtratspräsident. Ausserparlamentarisch setzt der 53-Jährige im Fussballstadion antirassistische Akzente.

 Drahtzieher im Hintergrund

 Von Nick Lüthi

 Er spricht behutsam, oft etwas leise, ein Hauch von Diskretion umgibt seine Ausführungen. Überraschend für jemanden, der in Stadtrat und Stadion seine politische Bühne gefunden hat. Die Zurückhaltung hat Urs Frieden als Journalist gelernt. Für den langjährigen Redaktor der WOZ gehörte es zur professionellen Haltung, schweigen zu können, Quellen zu schützen und die Enthüllungen zu den Kalten Kriegereien in Bundesverwaltung und Armee erst dann zu veröffentlichen, wenn die Fakten hieb- und stichfest waren.

 "Am hartnäckigsten habe ich wohl geschwiegen, als ich nach der Publikation von Dritter-Weltkrieg-Szenarien der Schweizer Armee in der WOZ 1984 in Haft genommen wurde und der Untersuchungsrichter acht Stunden lang erfolglos versuchte, den Namen meines Informanten zu erfahren", erinnert sich Frieden. Auch auf seinem weiteren beruflichen Werdegang, sei es beim Schweizer Fernsehen oder als stellvertretender "Blick"-Sportchef, blieb Frieden vielmehr Drahtzieher im Hintergrund als Hampelmann an der Front.

 Kreative Fussballfans

 In den achtziger und neunziger Jahren führten Friedens journalistische Recherchen immer wieder in die wenig friedlichen Niederungen von Rechtsextremismus und Rassismus. Aus nächs ter Nähe konnte er die Aktivitäten der rechten Glatzköpfe im Berner Wankdorf stadion beobachten, wo Frieden einst als Junior der Young Boys selbst den Ball getreten hatte. Neonazis in "seinem" Stadion: Da musste er handeln.

 Mit 160 000 Spendenfranken boten sich Frieden und ein paar Gleichgesinnte 1996 dem klammen Fussballklub erfolgreich als Trikotsponsoren an. Während einer halben Saison prangte auf der Brust der YB-Kicker "Gemeinsam gegen Rassismus", und auf den Tribünen zeigte sich alsbald ein freundlicheres Bild - bis heute; für Frieden nicht unbedingt überraschend: "Bern ist eine moderne, rot-grün regierte Stadt mit einem relativ grossen Poten­zial an antirassistisch gestimmten Leuten und kreativen Fussballfans, die einen Match als positiven, geselligen Anlass erleben wollen. Unsere Idee hat einfach ‹gezündet› und tut das auch weiterhin." Aus diesem Umfeld stammt wohl auch die Kernwählerschaft, die Frieden mit ihren Stimmen zu einem Sitz im Berner Stadtparlament verholfen hat.

 Zuerst als Fussballer, später als WOZ-Journalist wurde Frieden zu einer öffentlichen Person, gefragt war zunehmend sein Fachwissen zu Fanarbeit sowie Fussball und Rassismus. "Das ging so weit, dass ich Stadträten Vorstösse zu formulieren half und mich daraufhin die Verwaltung anfragte, ob ich dazu die Antwort schreiben könne." In diesem Moment, sagt Frieden, sei ihm klar geworden: "Das kann ich auch selbst."
 Rückkehr ins Rathaus

 Urs Frieden, der das Rathaus als "Bewegter" bereits vor dreissig Jahren von innen gesehen hatte, damals lärmend und protestierend auf der Tribüne, sitzt seit fünf Jahren für das Grüne Bündnis im Berner Stadtrat. Dass er nun Stadtratspräsident ist, will er nicht überbewertet wissen. Der Turnus für das Amt sei an seiner Partei gewesen und er als Einziger bereit, den Posten zu bekleiden. Akzente setzen will er bei der Jugend. Das verkündete Frieden mit Verweis auf seine eigene Politisierung in der Jugendbewegung der achtziger Jahre. Aus seiner Vergangenheit hat er noch nie ein Hehl gemacht.

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DRAHTZIEHER II
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WoZ 21.1.10

Entlassung in Bern

 Rekurs abgelehnt

 Ein Berufsschullehrer demonstriert gegen die SVP. Er wird deswegen entlas sen - nach 25-jährigem Unter richten an derselben Schule. Nun wird die Kündigung vom bernischen ­Verwaltungsgericht gestützt. Das Gericht lehnt den Rekurs des Berufsschullehrers und Stadtrates der Partei der Arbeit (PdA), Rolf Zbinden, gegen seine Entlassung an der Gewerblich-Industriellen Berufsschule Bern ab.

 Zbinden hatte am 6. Oktober 2007 an der Demo gegen den "Marsch auf Bern" der SVP teilgenommen. Die Justiz warf ihm daraufhin vor, an der unbewilligten Demonstration gewalttätig geworden zu sein - verschiedene Zeug Innen bestreiten das. In ihrer Medienmitteilung vom 18. Januar schreibt die PdA, Zbinden habe lediglich zu einer Sitzblockade aufgerufen. Ein Jahr nach der Demo wurde Zbinden in erster Instanz wegen Landfriedensbruch und Nötigung verurteilt. Unmittelbar danach wurde ihm die Lehrerstelle an der Gewerblich-Industriellen Berufsschule Bern trotz attestiertem gutem Leistungsausweis gekündigt. Er verletze den Ruf der Schule, hiess es. Lehrerinnen und Schüler lancierten eine Petition gegen die in ihren Augen willkürliche Entlassung.
 
Patrik Maillard

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ANARCHISMUS
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WoZ 21.1.10

Anarchismus

 Berner Sprengsatz

 "Einisch ir Nacht won i spät no bi gloffe / D Bundesterrasse z düruf gäge hei / Han i e bärtige Kärli atroffe / Und gsee grad, dass dä sech dert, jemers nei / Dass sech dä dert zu nachtschlafener Zyt / Am Bundeshus z schaffe macht mit Dynamit."

 Das melancholische Lied "Dynamit" des Berner Chansonniers Mani Matter hat eine historisch verbürgte Vorgeschichte. Vor 125 Jahren, am 26. Januar 1885, erhielt der damalige Bundespräsident Karl Schenk einen Brief, in dem ein angeblich zu Vernunft gekommener Anarchist enthüllte, das Bundeshaus solle in die Luft gesprengt werden. Während Mani Matters Anarchist wegen eines patriotischen Vortrags über Rütli, Freiheit und Demokratie von seinem Vorhaben ablässt, mobilisierte Schenk damals die Bundesanwaltschaft, um die anarchistische Gefahr zu bannen. rw

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Staatsschutz vor 125 Jahren - Wollten anarchistische Kreise im Winter 1885 tatsächlich das Bundeshaus in die Luft sprengen? Dem Bundesrat zumindest kam die Serie von Briefen, die das behauptete, entgegen: Er initiierte flächendeckende Repression.

 "Es dynamitiert gewaltig"

 Von Nino Kühnis

 Als Bundespräsident Karl Schenk am 26. Januar 1885 wie jeden Tag seine Briefpost durchsah, dürfte er grosse Augen gemacht haben. "Schon seit der Ausweisung des Anarchisten Schulze hegten wir den Plan, das Bundesrathhaus während einer Sitzung des vollzählig anwesenden Bundesrathes in die Luft zu sprengen", musste er lesen. Nun sollte es soweit sein. "Nummer 5", Autor der Warnung, selbst erklärter Anarchist und offenbar Teil des Plans, hatte kalte Füsse bekommen. Mit einer Serie von Warnbriefen weihte er Schenk in die Pläne seiner Genossen ein. Er selbst distanzierte sich vom Vorhaben - "auf Drängen meines lieben Weibes" hin, wie er präzisierte.

 Bundespräsident Karl Schenk nahm die Sache ernst. Schliesslich lebte er in einer Zeit, in der AnarchistInnen die Propaganda der Tat, also den Griff zu "Feuer und Eisen", als probates Mittel betrachteten, die anarchistische Sache vorwärtszubringen und dem Ziel einer Gesellschaft ohne Herrschaft und Zwang näher zu kommen. In ganz Eu ropa und in den USA gab es in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts eine Häufung anarchistisch motivierter Attentate.

 Allein in den eineinhalb Jahren vor den Warnbriefen verübten in der Schweiz wohnhafte Anarchisten im nahen Ausland sieben Attentate: Sie erschossen Polizeikommandanten, erschlugen Juweliere oder versuchten, gekrönte Häupter von ihren Thronen zu sprengen. Auch anarchistische Zeitungen wie die damals viel gelesene "Freiheit" waren voll des Lobes für die zu allem entschlossenen Märtyrer. In apologetischen Artikeln versuchten die Blätter, ihre LeserInnen zu weiteren Attentaten zu ermutigen und so potenzielle Adressaten in Angst und Schrecken zu versetzen. "Hütet Euch!", warnte die "Freiheit" im Februar 1885, also praktisch zeitgleich mit der Serie von Warnbriefen an den Bundesrat: "In England dynamitiert es bereits gewaltig. Die Schweiz kann uns nicht entgehen."

 Wenn Furcht regiert …

 Bewegungseigene Zeitungen waren aber nicht die einzigen, die das Bild des blutrünstigen Anarchisten schufen und unterhielten. Stärker noch arbeiteten bürgerliche und sozialdemokratische Zeitungen daran, anarchistische Begriffe zu Reizwörtern umzubauen - aus politischem Kalkül. So verquickten die bürgerlichen Kräfte den kollektiv diabolisierten Anarchismus mit der Sozialdemokratie, um deren Glaubwürdigkeit zu untergraben. Die sozialdemokratischen Kleinparteien ihrerseits sahen sich in der Folge gezwungen, sich gegen links abzugrenzen, um überhaupt für breitere Schichten wählbar zu sein. Beide Seiten reduzierten den alternativen Gesellschaftsentwurf der AnarchistInnen in diesem Zug auf eine brutale, gewissenlose Bedrohung.

 In genau dieselbe Kerbe schlugen die Fakten in den Warnbriefen von "Nummer 5": Mit "genug Sprengmaterial, um ganz Bern zu vernichten", sollte das Bundeshaus zerlegt werden. Das Dynamit dazu werde via Österreich aus New York eingeschmuggelt und in Arbeiterkleidung versteckt. "Nummer 5" wusste sogar noch mehr: Im dritten und letzten Warnbrief vom 17. Februar 1885 wies er Bundespräsident Schenk an, einen postlagernden, nicht abgeholten Brief zu beschlagnahmen. Dieser liege in der nahen Post Wabern und enthalte nähere Instruktionen zum Ablauf der Sprengung. Schenk befolgte den Ratschlag   - und tatsächlich: Der Brief war noch da, genau wie beschrieben. Details zum Ablauf der Aktion waren ebenso darin zu lesen wie hingekrakelte Fluchtrouten und eine Anleitung, wie der Zünder zu positionieren sei.

 Die Lektüre des Wabern-Briefs dürfte bei Karl Schenk ein zweites Mal für grosse Augen gesorgt haben. Allerdings eher aus Erleichterung denn aus Entsetzen. Einerseits ähnelte die Adressierung des beschlagnahmten Wabern-Briefes nämlich denjenigen der drei Warnbriefe geradezu verblüffend, obwohl sie angeblich von verschiedenen Personen stammten. Andererseits war es doch sehr erstaunlich, dass ein Komplott wie die Sprengung des Bundeshauses via Postversand organisiert wurde. Vor allem, weil es im ersten Warnbrief hiess, dass sämtlicher Briefverkehr über Dienstmädchen und Dirnen laufe. Zweifel ob der Echtheit der Briefe waren also durchaus angebracht, zumal auch Fachpersonen wie der damalige Zürcher Polizeihauptmann Jakob Fischer die Affäre ins Reich der Mythen verwiesen.

 Ob und wie diese Indizien und Expertenmeinungen Schenk beeinflusst haben, ist nicht überliefert. Tatsache ist, dass Informationen zum angeblichen Sprengungsvorhaben zur Presse durchgedrungen waren und das Klima von Unsicherheit in der Bevölkerung verschärften. Noch mehr Nahrung erhielt diese Angst, als weitere Drohbriefe eintrafen, die zwar mit immer neuen Namen unterzeichnet, aber alle in einer ähnlichen Handschrift adressiert waren. Das arbeitete dem Bundespräsidenten in die Hände. Denn nun konnte Schenk einleiten, was ihm bisher zumindest heikel erschien: eine Untersuchung, deren Beweggrund ein elementares Bürgerrecht verletzte. Als der Bundesrat am 26. Februar 1885 die "Untersuchung betreffend die anarchistischen Umtriebe in der Schweiz" verabschiedete, geriet nämlich nicht nur ins Visier, wer verdächtigt wurde, irgendetwas mit der nie erfolgten Bundeshaussprengung zu tun zu haben. Gegenstand der Untersuchung wurden vielmehr alle Personen, die vom Recht der politischen Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht und ihre Sympathien gegenüber dem Anarchismus bekundet hatten. Nationalrat Eduard Müller wurde zum Bundesanwalt ernannt und mit der Durchleuchtung des anarchistischen Milieus der Schweiz be traut - auf dünner Beweislage und mit mangelhaften Aktenkenntnissen, wie Müller im späteren Bericht selbst festhielt.

 Von Ende Februar bis Anfang Juni 1885 verhörte die Polizei hinlänglich bekannte Anarchisten und steckte sie zum Teil mehrere Monate lang in Untersuchungshaft. Mehrtägige Hausdurchsuchungen und Einvernahmen mussten aber auch Personen über sich ergehen lassen, von denen die ausführenden Kantonspolizeien in Eigenregie annahmen, sie seien Anarchisten. Schlüssige Definitionen, wer und was Anarchist­Innen seien, fehlten nämlich. Das war für die Betroffenen gefährlich, für die Behörden aber durchaus nützlich. Denn so stand einem gründlichen Durchkämmen der anarchistischen Bewegung nichts mehr im Weg, auch wenn sie vor allem in den Medien gross und gefährlich geschrieben worden war.

 Ein Coiffeur namens Wilhelm Huft

 Hinweise auf eine geplante Bundeshaussprengung fand die Bundesanwaltschaft bei allem Durchforsten von Druckereien, Vereins- und Wirtschaftslokalen nicht. Im Lauf der Untersuchung stellte sich vielmehr heraus, dass "Nummer 5" kein Anarchist mit kalten Füssen war, sondern ein Coiffeur namens Wilhelm Huft, der über eine blühende Fantasie verfügte. Huft gestand allerdings nie: Nach vier Verhören erhängte er sich noch während der Untersuchungshaft am Türgriff seiner Zelle - mit einem Taschentuch. Im abschliessenden Bericht von Bundesanwalt Müller wird Wilhelm Huft aufgrund graphologischer Gutachten und widersprüchlicher Aussagen als Urheber der Briefserie identifiziert. Seine Freude am Erfinden und am Schreiben sei mit ihm durchgegangen, heisst es darin.

 Für die Behörden stand ohnehin weniger die Aufdeckung des ziemlich handgestrickten Komplotts im Vordergrund. Viel grössere Sorgfalt verwandten sie darauf, Manuskripte und Broschüren, Zeitungen, Mitgliederlisten und Verzeichnisse von Deckadressen zu konfiszieren, um anarchistischen Netzwerken in der Schweiz auf die Spur zu kommen. In der Regel fanden die Polizisten aber kaum mehr als einige Bündel von Zeitungen, die im benachbarten Ausland verboten waren und deshalb via Schweiz geschmuggelt wurden. In diesem Zug relativierte sich auch das Bild der wild mordenden Horden von AnarchistInnen. Bundesanwalt Müller kam zum Schluss, dass die Gefahr der anarchistischen Bewegung nicht in deren Masse lag - schweizweit konnten knapp 150 Aktive ausgemacht werden. Zudem seien die meisten Akteure Ausländer, derer sich die Schweiz mit den bestehenden gesetzlichen Mitteln elegant entledigen könne. Und damit würde sich auch das Problem der flammenden Reden und Artikel erledigen.

 Ein Fazit der Affäre der versuchten Bundeshaussprengung scheint nur im ersten Moment durchzogen. Klar, die Behörden waren einem Scherzbriefeschreiber üblerer Sorte aufgesessen, wie peinlich. Andererseits konnte der Schweiz aus staatsschützerischer Perspektive nichts Besseres passieren: Sie erhielt so eine eigentliche Carte blanche in die Hand, um die Privatleben politisch missliebiger Personen auf den Kopf zu stellen. Personen, deren einziges Verbrechen es bis dato gewesen war, sich für eine herrschaftsfreie Gesellschaft einzusetzen und ab und an eine anarchistische Zeitung zu lesen oder zu schmuggeln.

 Als die Untersuchung am 7. Juli 1885 mit der Ausweisung von 21 Anarchisten zu einem Abschluss kam, stand die Schweiz als Gewinnerin da. Die Behörden hatten wichtige Einblicke in Personal und Struktur der Bewegung gewonnen, das Bundeshaus stand noch, und die umliegenden Monarchien hatten mit der zuweilen aktionistisch anmutenden Untersuchung besänftigt werden können. Bundespräsident Schenk dürfte ein drittes Mal grosse Augen gemacht haben.

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 Anarchismus in der Schweiz

 Die Schweiz war seit den 1840er Jahren gern gewählte Heimat von antiautoritären KämpferInnen für eine herrschaftsfreie Gesellschaft. Anders als im europäischen Umland wurden hierzulande anarchistische Zeitungsprojekte, Kongresse, ­Schulen und Versammlungen zumeist geduldet. Auch wenn der ­Anarchismus der Schweiz grundsätzlich eher lästig war. Ab den 1870er Jahren machte sich auch öffentlich eine antianarchistische Stimmung breit, die sich zunehmend verschärfte. Sie äusserte sich in Misstrauen, lückenloser Überwachung, in Entlassungen, Ausweisungen und in speziellen Anarchistengesetzen 1894 und 1906. Ihre Spitze erreichte die missgünstige Stimmung nach dem tödlichen Attentat des Anarchisten Luigi Lucheni auf die österreichische Kaiserin Elisabeth (Sisi) 1898 in Genf.

 Dem staatlichen und gesellschaftlichen Gegenwind zum Trotz blieb die Schweiz   - und speziell Zürich - bis ins 20. Jahrhundert hinein aber einer der wichtigsten europäischen Standorte für Anarchist Innen im Exil.

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MUMIA ABU-JAMAL
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Indymedia 21.1.10

Mumia-Entscheid verschoben! ::

AutorIn : Free Mumia!         

Mumia weiter in Gefahr!

Infos: http://www.freedom-now.de     
    
Am Dienstag kurz nach 10 Uhr Ortszeit gab der Oberste Gerichtshof der USA die seit langem erwartete Entscheidung im Fall des 1982 zum Tode erurteilten Bürgerrechtlers Mumia Abu-Jamal bekannt. Das Gericht gab em Berufungsantrag der Staatsanwaltschaft statt, bestätigte aber nicht das Todesurteil, sondern verwies den Fall zunächst an das 3. Bundesberufungsgericht in Philadelphia zurück. Dort soll die Frage, ob die Geschworenen ausreichend über die Berücksichtigung mildernder Umstände belehrt worden sind, noch einmal neu behandelt werden. Das Bundesgericht wird aufgefordert, nach diesen rechtlichen Erörterungen den Fall neu zu entscheiden.

In einer ersten Stellungnahme erklärte Robert R. Bryan, Abu-Jamals Hauptverteidiger, gegenüber junge Welt: "Die Entscheidung ist nicht schlecht, weil wir Zeit gewonnen haben. Wir gehen einen Schritt zurück und verhandeln erneut über das Todesurteil vor einem unteren Gericht."
Mumia Abu-Jamal sei aber weiterhin zum Tode verurteilt und im Todestrakt. "Sein Leben ist weiter in Gefahr! Der Zeitpunkt der endgültigen Entscheidung ist nur aufgeschoben", so der Anwalt.

Am 9. Dezember 1981 war der Radiomoderator und Präsident der Vereinigung schwarzer Journalisten Mumia Abu-Jamal in Philadelphia von einer Polizeikugel lebensgefährlich verletzt worden, als er seinem Bruder zu Hilfe kommen wollte, der in einer Verkehrskontrolle von dem weißen Polizisten Daniel Faulkner mißhandelt wurde. Am Ende des bis heute gerichtlich nicht wirklich aufgeklärten Vorfalls lag auch der Polizeibeamte Faulkner schwerverletzt am Boden und verstarb. Sicher ist nur, daß mehrere Zeugen einen Unbekannten flüchten sahen, der offensichtlich in den Schußwechsel mit Faulkner verwickelt war.

Schon im Juli 1982 folgte das Todesurteil nach kurzem Prozeß, über den die Menschenrechtsorganisation Amnesty International feststellte, daß "zahlreiche Aspekte dieses Falles eindeutig gegen die internationalen Mindeststandards zur Gewährleistung eines fairen Prozesses verstoßen".

Doch alle von den erst seit 1992 für Abu-Jamal tätigen Vertrauensanwälten vorgelegten Unschuldsbeweise wurden abgeschmettert und die Wiederaufnahme des Verfahrens bis hin zum Supreme Court abgelehnt. Nur zwei Bundesgerichtsentscheidungen räumten 2001 und 2008 ein, wegen möglicher Rechtsfehler bei der Auswahl und Belehrung von Geschworenen solle die Todesstrafe in lebenslange Haft umgewandelt werden. Doch die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein, weshalb Abu-Jamals Todesurteil bestehen blieb und er 28 Jahre im Todestrakt verbringen mußte. Nun hat die Anklagebehörde zwar insofern einen Rückschlag erlitten, als der Oberste Gerichtshof den Weg zum Henker noch nicht freigegeben hat, aber Sprecher der Staatsanwaltschaft kündigten schon an, man werde weiter auf die Hinrichtung Mumia Abu-Jamals hinarbeiten.

Dagegen wird die internationale Solidaritätsbewegung, die schon seit Monaten zu verstärkten Protesten aufruft, weiter mobilisieren. Allerdings teilten Sprecher der Free-Mumia-Bündnisse bei jW-Redaktionsschluß mit, die weiteren Aktivitäten würden zunächst neu beraten.

Nach Danielle Mitterand und Günter Grass haben in den letzten Tagen gut 8000 Menschen aus vielen Ländern eine Petition unterschrieben, die US-Präsident Obama auffordert, sich gegen das Todesurteil von Abu-Jamal und die weltweite Todesstrafe auszusprechen (siehe jW vom 15. Januar: "Der Todestrakt ist ein einsamer Ort").

Kopiert von:  http://www.aufbau.org/index.php?option=com_content&task=view&id=744&Itemid=69

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ANTI-ATOM
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BZ 21.1.10

Mühleberg

Widerstand gegen Arbeitersiedlung

 Landbesitzer aus Mühleberg gründeten eine Interessengemeinschaft (IG). Sie wehren sich gegen eine Bauarbeitersiedlung in der Salzweid. Diese würde zur Infrastruktur beim Bau des Ersatzkernkraftwerks gehören.

 Um das Bauernhaus der Familie Schären in der Salzweid liegen unverbaute Wiesen und Äcker. Vielleicht nicht mehr lange. Gemäss Vorstellungen derBKW FMW Energie AG und der Gemeinde Mühleberg wäre das Land um den Weiler Salzweid ideal für eine temporäre Arbeitersiedlung. Während des Auf- und Abbaus für ein neues Kernkraftwerk würden am östlichen Rand von Mühleberg auf rund10 Hektaren bis zu 1700 Arbeitnehmer leben. Dies teilte die BKW der Bevölkerung am 23.Dezember in einem Brief mit. "Ein richtiges Weihnachtsgeschenk", ärgert sich Friederich Schären. Zusammen mit 15 Mitstreitern gründete er die IG Salzweid. Deren Vorsitz übernahm der Landwirt Christian Minder. Er ist einer der Eigentümer der Felder, auf denen die Arbeitersiedlung aufgebaut werden soll, und lebt in Frauenkappelen.

 "Informationen fehlen"

 Die BKW hat lediglich Grundeigentümer im November über die geplante Bauarbeitersiedlung informiert. Danach habe man nichts mehr gehört. "Wir wurden einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Nähere Informationen fehlten", sagt Christian Minder. "Kommt diese Siedlung, kann ich mein Land Jahrzehnte nicht bewirtschaften." So lange würden die Auf- und Abbauarbeiten sowie die Wiederherstellung dauern. Bis es allerdings so weit ist, vergeht noch viel Zeit (siehe Kasten).

 Die IG Grundeigentümer und Anwohner Salzweid hat sich nun mit einem Brief an die Gemeinden Mühleberg und Frauenkappelen sowie an die BKW gewendet. Die IG zeigt sich kompromissbereit. Man hofft, dass eine Lösung gefunden werden kann, zu der alle Ja sagen können. Tatsache sei: "Diese Siedlung stört überall. Aber wer sich nicht wehrt, kriegt den Schwarzen Peter", sagt Friederich Schären. Die IG findet, die BKW solle für die Siedlung und den Logistikplatz auf ihre eigenen Landreserven zurückgreifen. Dort seien bereits Wasser- und Abwasserleitungen vorhanden.

 "Ein möglicher Standort"

 Eigentlich möchte der Mühleberger Gemeindepräsident Kurt Herren (SVP) die Vorwürfe der IG Salzweid nicht kommentieren. Er lässt sich nur dies entlocken: "Von der Gemeinde aus gesehen ist die Salzweid ein möglicher Standort für die geplante Bauarbeitersiedlung." Es sei aber klar, dass mit den Anwohnern und Grundeigentümern verhandelt werde, bevor konkrete Schritte eingeleitet werden, so Herren weiter.

 Auch Antonio Sommavilla, Medienverantwortlicher der BKW versichert, dass mit den betroffenen Anwohnern und Landbesitzern das Gespräch gesucht werde. "Es ist unsere Absicht, gemeinsam Lösungen zu suchen", sagt er. Natürlich seien noch nicht alle Fragen geklärt. Es gelte, den Dialog zu vertiefen. Im März sei vorgesehen, einen Informationsabend durchzuführen, wo die BKW Genaueres mitteilen werde. Sommavilla äussert Verständnis für die von der IG angesprochenen Punkte. Aber er gibt zu bedenken: "Von so einer Siedlung kann auch das ansässige Gewerbe profitieren." Ist das vielleicht die Chance für Salzweid-Anwohner und Bäcker Max Winkelmann? Nicht aber für Familie Schären nebenan, die nichts mehr produziert. Allerdings erhoffte sich Friederich Schären nach der Schliessung der angrenzenden Deponie Teuftal etwas Ruhe in der Salzweid. "Wir haben die Deponie, die Autobahn und die Hochspannungsleitung. Und jetzt noch diese Siedlung?"

 Vorläufig sind die Felder in der Salzweid aber noch unverbaut. Die schmale Zufahrtsstrasse verschwindet im Nebel.
 Laura Fehlmann   

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Ersatzwerk  Das Volk kann mitreden

 Ob das Ersatzkernkraftwerk in Mühleberg gebaut wird, ist unklar. Derzeit prüfen die Behörden das 1000-seitige Rahmenbewilligungsgesuch. Nach dessen Publikation entscheiden Bundes-, National- und Ständerat darüber. Ein Referendum gegen den Entscheid sei "sehr wahrscheinlich", meint die BKW. Voraussichtlich wird das Volk 2013 an der Urne über das Projekt abstimmen. Bei einem Ja kann die BKW das Baugesuch für ein Ersatzwerk einreichen. Bezüglich Infrastruktur des Bauplatzes hat sich die IG Buttenried bereits erfolgreich engagiert. Sie erreichte, dass die BKW sich bereit erklärte, die Zufahrtsstrasse in Tunnels zu verlegen.
 lfc

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Tribune de Geneve 21.1.10

La Ville combattra la centrale nucléaire de Mühleberg

FaasFaas

 Si la Municipalité ne peut agir elle-même, elle soutiendra des associations le pouvant.

 Le Conseil municipalde la Ville n'a pas eu besoin de forcer la main à ses magistrats. Avant même le début des débats d'hier soir, l'Exécutif avait pris sa décision à l'unanimité: il combattra, par tous les moyens à sa disposition, l'autorisation d'exploitation illimitée accordée par la Confédération à la centrale nucléaire bernoise de Mühleberg. "Nous n'avons pas le choix. Nous sommes obligés d'agir en vue de préserver les intérêts de notre population", expose le maire Rémy Pagani.

 La résolution d'A gauche toute!, qui demande que la Ville recoure contre la décision fédérale, séduit sans mal l'Alternative. "C'est la plus vieille centrale de son type et, selon une étude publiée dans la presse alémanique, elle est fissurée, affirme la Verte Claudia Heberlein. Poursuivre son exploitation, c'est jouer à la roulette russe. " Salika Wenger (AGT) force le trait. "Elle va nous péter à la gueule!"

 La droite, elle, s'oppose au texte. "Il est indispensable de s'engager dans les énergies renouvelables, mais il appartient au canton de faire recours. Le Conseil municipal doit s'occuper des problèmes dont il a la compétence", juge Marie Chappuis (PDC). Le radical Olivier Fiumelli, lui, assure que son groupe est "majoritairement antinucléaire". Mais il s'étonne que la résolution prévoie aussi de débloquer 150 000 francs pour les frais d'expertises scientifiques et d'avocats. "La gauche est incapable de prendre une décision sans ouvrir son porte-monnaie. " Les libéraux, enfin, jugent prématuré de se passer du nucléaire, faute de mieux. La Verte Valérie Bourquin riposte. "La production de la centrale de Mühleberg correspond exactement à la consommation des appareils électriques suisses en mode veille. Avant de songer à remplacer l'énergie, il faut l'économiser. "

 Reste à connaître les moyens d'action dont disposera la Ville. La possibilité de recourir contre une telle autorisation étant une première en Suisse, sa qualité pour agir est mal définie. "Il y a lieu de clarifier cela, dit Rémy Pagani. Nous risquons d'être déboutés parce que nous nous situons trop loin de la centrale. " Qu'à cela ne tienne. "Nous nous associerons alors aux habitants de Mühleberg ou aux associations qui pourront recourir. " C'est alors à eux que les 150 000 francs votés reviendraient.