MEDIENSPIEGEL 1.2.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo, Rössli)
- Progr rumorend im Umbruch
- Police BE rumorend unzufrieden
- Pnos: Namenswechsel
- Anti-WEF Basel: Festnahmen
- Das andere Davos: Lösungen von unten

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REITSCHULE    
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Mi 03.02.10
19.00 Uhr - SousLePont  - Sri Lanka Spezialitäten
20.30 Uhr - Tojo - "36 Stunden" nach Ödön von Horváth. Regie: Magdalena Nadolska.

Do 04.02.10
20.30 Uhr - Infoladen - Infoveranstaltung zu den Aarauer Geschehnissen
20.30 Uhr - Tojo - "36 Stunden" nach Ödön von Horváth. Regie: Magdalena Nadolska.
21.00 Uhr - Rössli-Bar - GUZ & Die Averells (CH)

Fr 05.02.10
19.00 Uhr - Infoladen - Diskussions-Abend mit der Gruppe Aktion Bleiberecht Freiburg (DE)
20.30 Uhr - Tojo - "36 Stunden" nach Ödön von Horváth. Regie: Magdalena Nadolska.
21.00 Uhr - Kino - Baskenland: Vacas, Julio Medem, Spanien 1992
23.00 Uhr - Dachstock - Danger Dubz: DJ Sumgii (London Zoo/Dented Rec/UK), Ben Danger (Future Music Intelligence/CH), Radioactiveman (Future Music Intelligence/CH), Blade (Nxtlvl/CH) und VJ CMP.IN (CH).

Sa 06.02.10
20.30 Uhr - Tojo - "36 Stunden" nach Ödön von Horváth. Regie: Magdalena Nadolska.
21.00 Uhr - Kino - Baskenland: Vacas, Julio Medem, Spanien 1992
22.00 Uhr - Dachstock - Sole & the Skyrider Band (Fake Four Inc/Anticon/USA)

So 07.02.10
09.00 Uhr - Grosse Halle - Flohmi und Brunch im SousLePont bis 16.00 Uhr
13.30 Uhr - Kino - Kinderfilme am Flohmi-Sonntag: Die Rote Zora, Peter Kahane, Deutschland/Schweden 2007

Infos: http://www.reitschule.ch

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kulturstattbern.derbund.ch

Kulturbeutel 05/10

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Signora Pergoletti empfiehlt:
"Travellers - zwei Stücke, ein Abend" der Choreographin Salome Schneebeli aus Zürich, Donnerstag bis Samstag im Schlachthaus, auch wegen der Musik, die unter anderem von Martin Gantenbein komponiert wurde, sowie "36 Stunden" nach Ödön von Horvàth, Mittwoch bis Samstag im Tojo, weil Horvàth der Grösste war. (Matto Kämpfs Kinderstück empfiehlt sie dezidiert NICHT, weil sie endlich auch einmal eine Chance haben will, einen Platz zu ergattern!)

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Herr Gnos empfiehlt:
Das Gastspiel des Urgesteins Olifr M. Guz mit seinen Averells im Rössli der Reitschule. Sein elektrischer Blues mit deutschen Texten kommt als Punkbastard daher, der neuerdings auch zarte Popzüge trägt und deshalb nur noch mehr verzaubert als sowieso schon. Diesen Donnerstag wieder in Bern zu geniessen. Und wer den grandiosen Howe Gelb trotzdem noch sehen möchte, reist nach Basel, Zürich, Aarau oder St. Gallen.

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PROGR
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Bund 1.2.10

Der Progr im Umbruch: Es rumort hinter den Kulissen

(len)

 Stadt Bern - Die Euphorie ist endgültig verflogen. Neun Monate nach dem Abstimmungserfolg der Künstlerinitiative wird heftig über den neuen Progr diskutiert - aber nur im Verborgenen. Gerüchte und Halbwahrheiten ranken sich um die Neuorganisation des ehemaligen Progymnasiums am Waisenhausplatz. Bislang ist es den Progr-Aktivisten nicht gelungen, Klarheit zu schaffen.

 Ebenso wenig wurden die drängenden Fragen zum Berner Künstlerhaus beantwortet. Etwa ob ein Kulturzentrum von der Grösse und der Ausstrahlung des Progr, wie nun vorgesehen, ohne ein Kuratorium auskommen kann. Oder ob es wirklich nicht mehr möglich ist, ein gemeinsames Monatsprogramm oder einen gemeinsamen Progr-Newsletter zu erstellen. Und dann ist da noch das Versprechen aus dem Wahlkampf: "Progr bleibt Progr." Daran müssen sich die Künstler messen lassen.

 Der Progr ist für den Kulturstandort Bern "too big to fail" - eine öffentliche Debatte über das Zentrum ist unumgänglich. Eine Analyse.

Seite 27

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Es rumort im Progr

 Seit sechs Monaten gehört der Progr den Künstlern. Doch: Die Neuorganisation ist ins Stocken geraten, die Euphorie verflogen, und die Nebengeräusche nehmen bedrohlich zu. Ein Aufruf zur Debatte.

 Christoph Lenz

 Es war nur ein weiteres Newsletter-Mail im Postfach. Doch dieses hier, verschickt letzte Woche aus dem Progr, erzählte mehr über die Schwierigkeiten im jüngsten Berner Kulturhaus als alle Gerüchte, die es derzeit umnebeln. Den Empfängern des Newsletters wurde recht schmallippig mitgeteilt, dass sie bis auf Weiteres keinen Überblick über die Veranstaltungen im Progr mehr erhalten. Stattdessen wird im einstigen Progr-Infomail neu "ausschliesslich über Aktivitäten in der Ausstellungszone" informiert. Konzerte, Partys, Theater, Filmvorführungen, Festivals - Fehlanzeige.

 Gerade mal neun Monate ist es her, dass der Berner Öffentlichkeit beigebracht wurde, der Progr sei zu einem international beachteten Modell für ein zeitgenössisches Kulturzentrum geworden. Die erschwinglichen Mieten hätten eine neue kulturelle Vielfalt erblühen lassen. Das gemeinsame Dach garantiere einen befruchtenden Austausch zwischen den verschiedensten Kunstformen und -sparten. Progr bleibt Progr - und alles ist bestens finanziert, so lautete das Versprechen der Künstlerinitiative. Damit bodigte sie das Alternativprojekt, das Gesundheitszentrum des Zürcher Generalunternehmens Allreal. Jetzt, sechs Monate nach der offiziellen Hausübernahme durch die Stiftung Progr, ist zumindest für die Öffentlichkeit vieles anders geworden. Anders heisst vor allem: unübersichtlicher.

 Schrebergarten statt Biotop

 Das gedruckte Progr-Monatsprogramm, das alle Veranstaltungen im Haus aufführt, erscheint seit Januar nicht mehr. Die Termine sucht man seither auch auf der Progr-Homepage vergebens. Wo früher eine Online-Agenda einen Überblick verschaffte, wird der Besucher nun weitergeleitet auf die Homepages der im Progr wirkenden Veranstalter. Und nun sind die über 100 Künstler und Kulturvermittler im Progr also nicht einmal mehr in der Lage, einen gemeinsamen Online-Newsletter zu verschicken.

 Es scheint, als sei das viel beschworene Miteinander der Künstler im Progr einem banalen Nebeneinander gewichen. Statt eines blühenden kulturellen Biotops im Herzen der Berner Altstadt droht nun eine Schrebergartenanlage: Jeder Veranstalter, jeder Künstler schaut nur noch nach seiner Parzelle, nach seinem Pflänzchen. Der Besucher sieht zwar jede Menge Gärtner, sucht aber vergeblich den Koch, der die Ernte sinnstiftend zusammenbringt.

 Natürlich, der Progr befindet sich im Umbau, da gibt es Lärm und Staub. Die Stadt Bern hat die finanziellen und personellen Ressourcen, die den Betrieb im Provisorium ermöglichten, Ende Jahr abgezogen. Innert weniger Monate mussten Künstlerinitiative, Mieter und Veranstalter dem Haus neue Strukturen verleihen. Diese nehmen allmählich Gestalt an. Das gewählte Modell basiert auf einer strikten Trennung zwischen Gebäude und Innenleben.

 Die Hülle und das Innenleben

 Für die Hülle ist die Stiftung Progr verantwortlich. Der Stiftungsrat unter Präsident Peter Aerschmann stellt den Unterhalt, die Verwaltung und die Renovation des Gebäudes sicher. Dafür stehen insgesamt 12 Millionen Franken aus Spenden, Darlehen und Bankkrediten zur Verfügung. Vor Kurzem wurde eine Administrationskraft mit einem 50-Prozent-Pensum für Vermietungen und Koordination eingestellt.

 Das Innenleben wird bestimmt von mehreren Gruppen. Einerseits vom Mieterverein, der die Mieterschaft gegenüber der Stiftung vertritt und derzeit etwa über die Bedingungen für Fremdvermietungen von Veranstaltungsräumen wie der Aula verhandelt. Andererseits sind da diverse kleinere Teams, die sich vorgenommen haben, den Progr mitzugestalten. Es gibt eine Leitbildgruppe und eine Programmgruppe. Ferner eine Hof-Gruppe, die Kultur im Innenhof anbieten will. Ausserdem eine Gang-Gruppe, die Kultur in den Fluren des Progr ermöglichen soll, und so weiter.

 Nur eines gibt es nicht: eine Kuratorin, eine Integrationsfigur oder eben - einen Koch. Und noch etwas fehlt: eine öffentliche Auseinandersetzung über den Progr der Zukunft.

 "Das sind die zwei Hauptprobleme", sagt Christian Pauli, Präsident des Dachverbands der Berner Kulturveranstalter (Bekult) und Ko-Leiter des Kulturzentrums Dampfzentrale. Vor zehn Tagen hat er mit einem Eintrag im "Bund"-Blog "KulturStattBern" einen Versuch unternommen, eine Progr-Diskussion anzustossen. Und geäussert, dass der Progr eine Leitung und eine Figur benötige, die auch für künstlerische Inhalte und nicht nur für Administration hinsteht.

 Aber: Ist es denn überhaupt zulässig, solche Ansprüche an ein selbständiges, privat finanziertes Künstlerhaus zu stellen? Ja, aus drei Gründen. Erstens hat der Progr die Topografie der Kulturstadt Bern grundlegend und nachhaltig verändert. Ein öffentliches Interesse an Mitsprache ist schon dadurch gegeben. Zweitens haben die Berner Stimmbürger den gerechten Anspruch, zu erfahren, ob das Versprechen "Progr bleibt Progr" eingelöst wird. Und drittens ist der Kultur-Koloss Progr ganz einfach "too big to fail". Dass solche Akteure einer besonderen Kontrolle durch Staat, Medien und Öffentlichkeit bedürfen, ist inzwischen unbestritten.

 Zurück zu Christian Pauli. Er habe sehr viele Rückmeldungen auf seinen Blog-Eintrag erhalten, erzählt er, auch aus dem Umfeld des Progr. "Die meisten waren positiv." Nur der Stiftungsrat habe bislang geschwiegen.

 In der Gerüchteküche brodelt es

 Überhaupt, dieses ohrenbetäubende Schweigen. Fast täglich schiessen im Progr neue, immer abenteuerlichere Gerüchte ins Kraut. Dieser Veranstalter wolle den Bettel hinschmeissen. Jener Stiftungsrat bereite seinen Rücktritt vor. Die Turnhalle sei eine Goldgrube. Die Turnhalle sei in ihrer Existenz bedroht wegen der neuen Mietzinse. Der Finanzierungsplan für das ganze Haus stehe auf der Kippe. Obwohl dieses Knäuel aus Halbwahrheiten dem Progr die Luft abzudrücken droht, hat sich bis jetzt niemand berufen gefühlt, den Gerüchten entgegenzutreten. Vom "Bund" auf die Probleme angesprochen, verweisen Künstler und Veranstalter auf laufende Prozesse und schweigen. Die Stiftung Progr liess die auf Mitte Januar in Aussicht gestellte erste Medienorientierung platzen, ohne Verschiebedatum. Auf Druck des "Bund" soll nun am Freitag ein "Mediengespräch" stattfinden.

 Unterlassen wurde in den letzten Monaten nicht nur die Information der Öffentlichkeit. Im "Bund"-Blog meldete sich eine Darlehensgeberin zu Wort. Enttäuschend sei, schreibt sie, dass sie von der Stiftung keine Informationen erhalte. So könne sie auf Progr-kritische Kommentare in ihrem Umfeld nicht eingehen. "Die mangelnde Kommunikation", schreibt die Darlehensgeberin, "fördert nicht gerade das Vertrauen." Die Kommunikation, das ist ganz offensichtlich die dritte Grossbaustelle im Progr.

 Der Druck ist gross

 Die vierte ist - wenig überraschend - das Kapital. Der finanzielle Druck, der auf der Stiftung lastet, ist gross. Wohl verfügt sie über ein Vermögen von über 12 Millionen Franken, dieses reicht aber nicht aus, um die Sanierung und den Unterhalt des Gebäudes zu finanzieren. Die weiteren erforderlichen Mittel müssen aus dem Betrieb des Progr generiert werden - durch Anhebung der Mieten für Ateliers, Veranstaltungsräume und die Turnhalle, aber auch für eingemietete Festivals wie Auawirleben oder Shnit.

 Dies gestaltet sich offenbar schwieriger als angenommen. Die Verhandlungen mit der Turnhalle, dem umsatzstärksten Akteur im Progr, konnten noch nicht abgeschlossen werden. Selbiges gilt auch für Bee-Flat, den aktivsten Veranstalter im Haus. Warum diese Verzögerungen? Die Betroffenen halten sich bedeckt. Dafür kann es eigentlich nur einen Grund geben: Die Stiftung braucht mehr Geld, als Turnhalle und Bee-Flat aufzubringen bereit sind. Nun liegt es an der Stiftung: Pokert sie hoch, droht sie ihre zugkräftigsten Spieler Turnhalle und Bee-Flat zu verlieren - ein Eklat. Geht die Stiftung auf die Anliegen von Bee-Flat und Turnhalle ein, könnte dies den Finanzplan gefährden.

 Kommt hinzu, dass im Businessplan die Schaffung einer Kuratorenstelle nicht vorgesehen ist. Sollte sich dies als unumgänglich erweisen, müssten weitere Mittel herbeigeschafft werden.

 Die Stadt will nur Mieterin sein

 Veronica Schaller, Leiterin der Abteilung Kulturelles der Stadt Bern, relativiert. "Im Moment gibt es im Progr viele Diskussionen. Aber wenn es ganz schräg laufen würde, hätten wir das bestimmt schon vernommen." Bislang sei die Stadt Bern von keinem Mieter angerufen worden, eine Vermittlerrolle zu übernehmen. "Wir drängen uns da aber auch nicht auf. Wir stehen im Hintergrund."

 Für die Stadt Bern ist eine finanzielle Unterstützung des Progr kein Thema. "Wir treten im Progr nur als Mieterin auf", sagt Veronica Schaller. Seit Januar verfügt die Abteilung Kulturelles über drei Ausstellungsräume im Erdgeschoss, drei Ateliers und eine Wohnung, für das "Artist in Residence"-Angebot. Alle diese Aktivitäten wurden vom Berner Stadtrat im letzten Herbst zur Kenntnis genommen.

 Wohl habe die Stadt ein grosses Interesse daran, dass Veranstalter wie Bee-Flat, Auawirleben, Shnit und so weiter im Progr unterkommen könnten, sagt Schaller. Diese Fragen müssten aber Progr-intern gelöst werden. "Es kann jedenfalls nicht sein, dass die Stadt einzelnen Organisationen oder Veranstaltern Mietzuschüsse gewährt. Eine verdeckte Quersubventionierung des Progr kommt nicht infrage."

 Grollen und Rumoren

 Nochmals: Im Progr sind grosse Umwälzungen im Gang - vom staatlich gehegten Künstlerhaus zur privaten Kulturfabrik. Dies mag einige der derzeitigen Schwierigkeiten erklären. Gut möglich auch, dass der Progr schon in einem Jahr als gefestigtes Zentrum dasteht, mit funktionierenden Strukturen und einer positiven Aussenwirkung. Die Energie ist vorhanden, das Potenzial ohnehin. Allein, es fehlt bislang die ordnende Kraft, es fehlt die Transparenz, und schliesslich fehlt auch die Bereitschaft zur Diskussion.

 Die Künstler und Kulturvermittler sollten diese Probleme zügig anpacken. Nur so kann es dem Progr gelingen, die durch das ständige Grollen und Rumoren am Waisenhausplatz irritierte Öffentlichkeit weiter im Boot zu behalten.

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 Der neue Progr Die vier grossen Baustellen

 Der Progr befindet sich im Umbau. Dies sind nach Einschätzung des "Bund" die vier grossen Baustellen:

 Das Kuratorium: Im neuen Progr wird aus Kostengründen auf ein Kuratorium verzichtet. Ob sich die kreative Energie im ehemaligen Progymnasium ohne ordnende Kraft sinnstiftend entladen kann, wird von vielen Kulturschaffenden infrage gestellt. Auch der Ruf nach einer Person, die den Progr gegen aussen hin repräsentiert, wird immer lauter.

 Die Kontroverse: Wie der Progr der Zukunft aussehen soll, ist von grossem öffentlichem Interesse. Und ein entscheidender Faktor in der Weiterentwicklung der Kulturstadt Bern. Die Progr-Aktivisten müssen sich dieser Debatte stellen.

 Die Kommunikation: Kein gemeinsames Programm, keine gemeinsame Agenda, kein gemeinsamer Newsletter: Der Progr scheint in seine Einzelteile zu zerfallen. Dieser Eindruck wird verstärkt durch die Gerüchte und Halbwahrheiten, die derzeit unwidersprochen kursieren. Die Progr-Aktivisten müssen möglichst bald Transparenz schaffen und dem Getuschel entgegentreten, sonst ist der Vertrauensvorschuss der Stimmbürger sehr bald aufgezehrt.

 Das Kapital: Der finanzielle Druck, der auf der Stiftung Progr lastet, ist gross. Es gibt ferner Hinweise darauf, dass sich der Finanzierungsplan nicht so einfach umsetzen lässt wie angenommen. Die Stiftung wird die Suche nach weiteren Mitteln intensivieren müssen. (len)

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POLICE BE
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20 Minuten 1.2.10

Polizisten sind mit Korps unzufrieden

Bern. Mobbing, sexuelle Belästigung und schlechte Ausbildung: Nach der Lohndebatte prangern Berner Polizisten in einem anonymen Schreiben jetzt weitere Missstände an.

 Kaum noch Freizeit und wenig Lohn: Nachdem 20 Minuten über die Situation der Berner Kantonspolizisten berichtete, haben sich nun weitere Korps-Angehörige zu Wort gemeldet. In einem Schreiben an die Redaktion erheben sie schwere Vorwürfe gegen ihre Vorgesetzten.

 Die Rede ist unter anderem von einer Verschlechterung der Ausbildung, sexueller Belästigung, die unter den Teppich gekehrt werde, und Mobbing. So müssten etwa unbequeme Mitarbeiter unpopuläre Dienste verrichten und würden bei Weiterbildungen übergangen. Wer hinter dem anonymen Schreiben steckt, ist unklar. Der Brief trägt aber Logo und Briefkopf der Kapo.

 Deren Mediensprecher Jürg Mosimann hält von den anonymen Anschuldigungen nichts. "Schade, dass die Vorwürfe ohne konkrete Angaben sind. So kann man auf die einzelnen gar nicht eintreten."

 Grundsätzlich sei jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter eingeladen, aus seiner Anonymität zu treten und dem Kommandanten seine Probleme zu unterbreiten; seine Tür sei immer offen. Mosimann: "Tatsache ist, dass wir weitere Anstrengungen unternehmen, um als Kantonspolizei auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu sein. Das ist aber nicht ganz einfach."

Nina Jecker

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 Lohn-Frust auch beim Gefängnispersonal

Bern. Nicht nur bei der Kapo brodelt es. Auch das Gefängnispersonal im Kanton Bern beschwert sich. "Die Mitarbeiter vermuten, dass der Kanton Bern im Vergleich tiefe Löhne zahlt", so Matthias Burkhalter, Geschäftsführer Staatspersonalverband und SP-Grossrat. Gleichzeitig würden die Anforderungen steigen: "Das Einschliessen der Gefangenen reicht nicht mehr. Es braucht viel Betreuung." Per Vorstoss fordert er eine Überprüfung des Lohns der Mitarbeiter.

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PNOS
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Langenthaler Tagblatt 1.2.10

PNOS Sektion Langenthal wird zu "Oberaargau"

 Die 2004 von der Partei national orientierter Schweizer (PNOS) gegründete Sektion Langenthal wird zugunsten der neu gegründeten Sektion Oberaargau aufgelöst. Angeblich, weil der Aktivistenkreis grösser geworden sei. Der Vorstand der PNOS Oberaargau setzt sich aus dem Roggwiler Dominic Lüthard (Vorsitzender), Raphael Würgler (Stellvertreter/Lotzwil) und dem Langenthaler Stadtrat Tobias Hirschi zusammen. Lüthard und Würgler kandidieren für den Grossen Rat. (uz)

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ANTI-WEF BASEL
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Basler Zeitung 1.2.10

Momente blinder Zerstörungswut

 Basel. 300 Personen demonstrierten gegen das WEF - einige mit Gewalt

 David Weber

 An der Anti-WEF-Demo vom Samstag kam es zu Sachbeschädigungen. Die Staatsanwaltschaft hat gegen drei Personen Verfahren wegen Sachbeschädigung und Brandstiftung eingeleitet.

 Am Ende gab es sie doch, die Momente blinder Zerstörungswut. Am Schluss der Demoroute warfen militante WEF-Gegner Eier und Dreckbeutel gegen die Fassade des Nobelhotels Les Trois Rois. Einige Meter weiter schlugen die Chaoten mit einem Hammer Scheiben der Kantonalbank ein, ein Security-Mann vertrieb die Vermummten mit Pfefferspray (siehe Foto). Bei fünf Autos wurde die Windschutzscheibe eingeschlagen, bei einem Mercedes eine Pyrofackel ins Innere geworfen. Die Krawallmacher lösten sich jeweils blitzschnell aus der Spitzengruppe des Demonstrationszugs, der aus rund 40 Vermummten bestand, die sich hinter Transparenten versteckten. "Keine Gesichter in den Medien", warnten sie die Fotografen.

 Drei Verfahren

Es waren diese kurzen Aktionen einiger Chaoten, welche die Schlussbilanz der sonst friedlichen Kundgebung des Anti-WEF-Bündnisses Basel gegen das Weltwirtschaftsforum trüben. Zuvor demonstrierten knapp 300 WEF-Kritiker in der Innenstadt. "Internationale Solidarität" skandierend und mit Transparenten auf denen "Eine neue Welt des Sozialismus" stand, störten sie das geschäftige Treiben in den Einkaufsstrassen kaum. Vereinzelt kam es zu Schmierereien, so bei der Bank Julius Bär in der Freien Strasse. Zudem hatten Unbekannte bereits in der Nacht auf Samstag den Eingang der UBS am Bankenplatz mit Farbbeuteln beworfen.

 Den Demonstrationszug begleiteten auch Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass und Polizeikommandant Gerhard Lips, der die Bewilligung für die Demonstration erteilt hatte. Einsatzkräfte der Polizei hielten sich im Hintergrund bereit. Sie mussten aber nicht eingreifen. Abgesehen von den Sachschäden sprach das Justiz- und Sicherheitsdepartement in einer Medienmitteilung von einer "weitgehend geordnet verlaufenden Kundgebung".

 Die Polizei kontrollierte im Nachhinein drei Personen. Die Männer, zwei Erwachsene und ein Minderjähriger, wurden am Samstagabend gegen 21 Uhr wieder entlassen, wie Markus Melzl von der Basler Staatsanwaltschaft sagte. Gegen sie wurde je ein Verfahren wegen Sachbeschädigung und Brandstiftung eingeleitet.

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20 Minuten 1.2.10

Sachschaden nach Anti-Wef-Demo

Basel. Rund 300 Personen haben am Samstagnachmittag an der Anti-Wef-Demonstration teilgenommen. Der Umzug dauerte rund eineinhalb Stunden und verlief weitgehend friedlich. Die Polizei hielt sich diskret im Hintergrund. Nach rund einer Stunde drohte im Bereich Blumenrain die Stimmung einen kurzen Moment lang zu kippen. Erst wurde das Nobelhotel Les Trois Rois mit Eiern und mit mit Farbe gefüllten Robidog-Säckchen beworfen, danach wurden auf der gegenüberliegenden Seite mehrere Scheiben der Basler Kantonalbank eingeschlagen und einige Autos demoliert. Ein Löschzug der Feuerwehr musste einschreiten, weil eine brennende Signalfackel in ein Auto geworfen worden war. Die Aktionen dürften für einige der Chaoten noch ein Nachspiel haben. Zwei Basler und ein Auswärtiger wurden nach der Demo angehalten - gegen sie wurden Verfahren eröffnet.  HYS/SDA

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DAS ANDERE DAVOS
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Basellandschaftliche Zeitung 1.2.10

Widerstand organisieren

 Gegenveranstaltung zum WEF an der Uni Basel

 Eine "radikal wirklich demokratische Gestaltung der Welt" streben jene Gewerkschafter, Wissenschafter und Vertreter politischer Bewegungen an, die sich am Wochenende in der Uni Basel zum Forum "Das andere Davos" trafen. In Konferenzen und Workshops diskutierten rund 600 Teilnehmende internationaler Herkunft die globale Existenzsicherungs-Krise, die zunehmend nicht nur Arbeitslose, sondern auch Leute mit einem Job betrifft. Diese wird durch die aktuelle Wirtschaftskrise noch verschärft. Wie immer in Rezessionen nehme unter dem verschärften Konkurrenzdruck die Feindlichkeit gegen Migranten zu, was sich aktuell in der Angst vor dem Islam ausdrücke. Dagegen müsse man Widerstand organisieren. (dh) Seite 19

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Auf der Suche nach "Lösungen von unten"

 Die Gegenkonferenz zum WEF in Davos diskutierte an der Universität Basel über Alternativen zum Krisen-System

 In der Universität Basel wurde am Wochenende der Zustand der Welt aus der Sicht der Krisenopfer und Ausgegrenzten diskutiert.Ziel war, Alternativen zu Ausbeutung und Rassismus zu formulieren und Formen des Widerstands zu suchen.

 Daniel Haller

 "Der ‹Geist von Davos›, wie er am World Economic Forum (WEF) hinter Stacheldraht unter enormem Polizeieinsatz und unter Militärpräsenz beschworen wird, ist der Geist der Unterdrückung", erklärte Sarah Schilliger, Soziologie-Assistentin an der Universität Basel, an der Eröffnungkonferenz von "Das andere Davos". Sie grenzte die globalisierungskritische Veranstaltung deutlich ab von der Kapitalismuskritik, die der französische Präsident Nicolas Sarkozy in Davos geäussert hatte: "Sie wollen uns weis machen, dass die, die uns in die Krise geführt haben, auch die Lösung wissen. Doch Lösungen können nur von unten erdacht werden."

 Mit diesem Ziel diskutierten Gewerkschafter, Professoren, Vertreterinnen und Vertreter von Bleiberechts- und anderen Migrationsorganisationen, Mitarbeitende alternativer Bildungsprojekte und aus Basisprojekten an acht Workshops in teils überfüllten Hörsälen mit sich bis zur Erschöpfung verausgabenden Dolmetscherinnen in mindestens sechs Sprachen darüber, wie eine andere Welt aussehen müsste.

 Ein Beispiel dieser "Leuchttürme des Widerstands", wie es Meg Wompel vom deutschen Labournet formulierte, zeigte die bolivianische UNO-Botschafterin Angélica Navarro auf: "Erstmals waren in Bolivien an der Erarbeitung einer neuen Verfassung auch die indigene Bevölkerungsmehrheit und die Frauen beteiligt." So wird bereits in der Präambel Pachamama (Mutter Erde) gleichrangig mit Gott erwähnt. Dass dieses indianische ökologische Verständnis ernst gemeint ist, macht sie mit der Einladung zu einer Klimakonferenz im April in Bolivien deutlich - "einer Konferenz der Völker, nachdem die Regierungen an der UN-Konferenz in Kopenhagen versagt haben."

 Ausbeutung, Migration, Islamophobie

 Im "Globalen Unterbietungswettbewerb" mit den entsprechenden Wertschöpfungsketten, wie es die deutsche Soziologin Christa Wichterich ausdrückte, wird den Frauen die unterste Stufe zugewiesen: als Wanderarbeiterin in Elektronikfabriken in China, als Näherin in der Textilindustrie Südostasiens, als Wander-Haushaltshilfe in Hongkong und anderswo. Sie zeigte auf, dass diese Frauen aber nicht einfach eine "weibliche Arbeiterklasse" bilden und mehr Lohn verlangen. Vielmehr fordern sie in ihren Kämpfen auch die Anerkennung als Person und ihrer Würde. Auch Kleinbäuerinnen, die sich gegen die Patentierung ihres über Generationen erworbenen lokalen Wissens durch Agrartechnik- und Lifescience-Konzerne wehren, verteidigen nicht nur ihre materielle Existenzgrundlage, sondern auch ihre Kultur.

 "Was tut Ihr in der Schweiz, damit wir in Afrika nicht mehr von zu Hause weggehen müssen", fragte ein Afrikaner im Publikum. In der Tat: Der freie Waren- und Kapitalverkehr schafft riesigen Reichtum in wenigen Händen, stürzt aber andererseits die Mehrheit der Menschen in die "globale Existenzsicherungskrise" (Meg Wompel).

 Alain Bihr, Professor an der Universität Besançon, erläuterte, dass sich die Löhne besser drücken lassen, wenn nicht alle, die um knapper werdende Jobs konkurrieren, die gleichen Rechte haben. Deshalb erfülle die Ausgrenzung von Migranten die Funktion, den Arbeitsmarkt zu Gunsten der Arbeitgeber zu regulieren. Gilbert Achcar, Professor an der Universität London, zeigte, dass dies jeweils in Krisen durch Rassismus ergänzt wird, der sich aktuell als Roma-Verfolgung in Italien oder als Islamophobie (Angst vor dem Islam) darstellt.

 "Neue Gewerkschaftsbewegung"

 Dazu zählte Achcar auch die Minarett-Abstimmung in der Schweiz. "Dabei ist der kulturverändernde Einfluss des Islam in der Schweiz kleiner als beispielsweise der Einfluss von Nestlé in den islamischen Ländern." Er wies darauf hin, dass ein grosser Teil der Islamophoben auch Antisemiten seien.

 Meg Wompel stellte zufrieden fest, dass sich in den Diskussionen eine neue Gewerkschaftsbewegung abzeichne, die ihre Basis auch ausserhalb der Inhaber immer knapperer Lohnarbeitsjobs werde suchen müssen, etwa in sozialen Emanzipationsbewegungen. Denn die Probleme der Existenzsicherung werden zunehmend sowohl Leute mit als auch solche ohne Arbeit treffen. "Dazu müssen wir die Spaltungen überwinden und die soziale Infrastruktur demokratisieren, statt sie zu privatisieren."

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 Analysieren und vernetzen

 "Das andere Davos" versteht sich als Gegenveranstaltung zumWorld Economic Forum (WEF) in Davos und fand am Wochenende erstmals in Basel statt. Die früheren Foren - dieses war das zehnte - wurden in Zürich und einmal in Bern organisiert. Das Organisationskomitee stammt vorwiegend aus der Deutschschweiz und rekrutiert sich aus globalisierungskritischen Organisationen wie Attac Schweiz oder der Bewegung für den Sozialismus. In die Organisation des diesjährigen Forums hat sich auch die Studentenbewegung eingeklinkt, die im November mit einer Besetzung ihre Kritik an der Universität manifestierte.

 Mit rund 600 Besucherinnen und Besuchern - aus dem Tessin und der Nordwestschweiz, aus Norditalien und Frankreich sind sie teilweise per Car angereist - sind die Erwartungen der Organisatoren übertroffen worden. "Die Veranstaltung ist der öffentlich sichtbare Teil von ‹Das andere Davos›. Dazwischen geht die Vernetzungsarbeit informell weiter", erklärt Peter Streckeisen, Soziologe an der Universität Basel. (dh)

 Widerstand in der Schweiz

 Die Schweiz habe lange von den weltweiten Handelsverhältnissen profitiert, was weiten Kreisen Teilhabe am Wohlstand ermöglichte, erklärte Soziologieprofessor Ueli Mäder. Zunehmende Weltmarkt-Konkurrenz führten zu Erwerbslosigkeit und einseitigerer Verteilung: "Die untersten 10Prozent haben seit den 90er Jahren 18Prozent Reallohnverlust erlitten, während nun 3 Prozent der Steuerpflichtigen gleich viel besitzen wie der Rest." Für den Widerstand sei es nötig, dass die Armen die Schuld nicht mehr bei sich selber suchen, sondern sich stärker für ihre Interessen einsetzen. Zugleich stellte Mäder fest, dass viele Halt bei autoritär-populistischen Tendenzen suchen. Dies mache es schwierig, gegen den Wirtschafts- den politischen Liberalismus zu stärken und eine Ausgewogenheit zwischen Kapital und Arbeit zu erreichen. "Die Menschen müssen in eigenen Strukturen unabhängig werden anstatt sich in etwas integrieren zu wollen, das keinen Zusammenhalt mehr garantiert." Dafür sei neben der wirtschaftlichen auch die persönliche Ebene wichtig. (dh)

Martin Töngi