MEDIENSPIEGEL 14.2.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Bollwerk: Feinstaub-Hölle
- Police BE: Interner Stunk + Weicheier
- Rauchverbot CH
- Narrenkraut: Anbauschlachten
- Vokü Langenthal: Vegan + etabliert
- Sexwork: Businesspläne im Puff
- Gewerbeverband: Hausverbot für Billag
- Jimy Hofer: 150 Franken statt Prozess
- Staatsschutz: Mehr Überwachungen
- RTS ZH: Internet-Bürgerwehr; Reuige; Expertitis
- Sport: Buchtipp; Schnellgerichte; Fan-Skepsis
- Polizei-Pläne: Grenzwachtkorps gegen Innen
- Anzeige gegen Anti-Muslime-Schlüer
- PNOS: Germanen-Flugblatt nicht diskriminierend
- Sempach: Reclaim the Battlefield
- Festung Europa: "Ganz unten" als Kurde
- Anti-Atom: Gösgen meldete AKW-Unfall nicht
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REITSCHULE
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So 14.02.10
19.00 Uhr - Tojo - "Clyde & Bonnie" von Holger
Schober. Junge Bühne Bern. Regie: Sinje Homann. Schweizer
Erstaufführung.
21.00 Uhr - Rössli-Bar - Dachstock presents: Aucan
(I/Africantape). Support: duQtuç (CH)
Mi 17.02.10
19.00 Uhr - SousLePont - Route66
Spezialitäten
Do 18.02.10
20.30 Uhr - Tojo - "Etwas Über Leben" von Pasta del
Amore.
21.00 Uhr - Rössli-Bar - Air Waves (BROOKLYN)
Fr 19.02.10
20.30 Uhr - Tojo - "Etwas Über Leben" von Pasta del
Amore.
21.00 Uhr - Kino - Baskenland: La pelota vasca - La piel
contra la piedra, Julio Medem, Spanien 2003
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild East: Boban i Marko
Markovic Orkestar (RS); Support: Djane Deeba (BE)
Sa 20.02.10
20.30 Uhr - Tojo - "Etwas Über Leben" von Pasta del
Amore.
21.00 Uhr - Kino - Baskenland: La pelota vasca - La piel
contra la piedra, Julio Medem, Spanien 2003
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: BTK (Renegade
Hardware/BRA), Deejaymf (cryo.ch), VCA (Biotic Rec); Antart
(Loud&Dirty), Submerge (beatsandpics.ch)
Infos: http://www.reitschule.ch
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BOLLWERK
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Bund 13.2.10
Die Strassenschlucht Bollwerk liegt unter einer dicken
Feinstaubdecke
Die Ziele der Luftreinhaltung bleiben unerreicht. Der
Kanton Bern will Massnahmen verstärken.
Daniel Vonlanthen
Die Kampagne gegen verrauchte Innenräume hat ihre
Wirkung voll erzielt - die Kampagne gegen verschmutzte Aussenluft indes
ist vom Ziel noch weit entfernt: Die Grenzwerte für Feinstaub,
Stickstoffdioxid und Ozon werden noch immer häufig
überschritten. Dies schreibt der Kanton Bern in der gestern
veröffentlichten Bilanz zur Berner Luft 2009. Demnächst will
die Kantonsbehörde einen verschärften Massnahmenplan in Kraft
setzen.
Zwar habe sich die Luftqualität in den 1990er-Jahren
deutlich verbessert, heisst es im Bericht der
Volkswirtschaftsdirektion. Doch habe sich diese Entwicklung "in den
letzten Jahren nicht mehr fortgesetzt". Betriebliche und technische
Innovationen liessen nur noch graduelle Verbesserungen erwarten. Mit
andern Worten: Die Bevölkerung, insbesondere jene in dicht
besiedelten Gebieten, muss sich bis auf Weiteres mit einer
Schadstoffbelastung auf hohem Niveau abfinden.
Je Verkehr, desto Feinstaub
Der Feinstaub, also schwebende Mikropartikel (PM10), ist
zur beständigen Komponente der Stadtluft geworden. Wie in den
Vorjahren lag die Belastung mit PM10 an Standorten mit viel
motorisiertem Verkehr auch im letzten Jahr über dem
Jahresgrenzwert von 20 Mikrogramm pro Kubikmeter (siehe Grafik). In der
Agglomeration lag die Belastung insgesamt knapp über dem
Jahresgrenzwert. Je ländlicher das Gebiet, desto geringer die
Feinstaubbelastung.
Hoch ist sie auch während winterlicher
Inversionslagen. Der Tagesmittelwert für PM10 in Bern lag gestern
bei 76, in Ittigen bei 94 Mikrogramm pro Kubikmeter. Besonders hoch ist
die Belastung jeweils "in der schlecht durchlüfteten
Strassenschlucht" am Bollwerk in Bern. Im Gegensatz zum Vorjahr sei die
Luft aber nie so stark belastet gewesen, "dass die Bevölkerung
informiert und zu freiwilligen Massnahmen aufgerufen werden musste",
schreibt der Kanton. Gemäss Studien leben über 40 Prozent der
Bevölkerung in der Schweiz in Gebieten mit einer dauernden
Feinstaubbelastung von über 20 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die
gesundheitlichen Folgen sind dokumentiert und reichen von Asthma bis
Krebs.
Stickoxide sind immer da
Auch Stickstoffdioxid ist zu einer Konstanten der
städtischen Atemluft geworden. Der Kanton hält dies deutlich
fest: "Der Jahresgrenzwert von Stickstoffdioxid wurde im Jahr 2009 -
wie in den vergangenen Jahren - in den grossen Städten und entlang
der stark befahrenen Hauptverkehrsstrassen zum Teil deutlich
überschritten." Seit zehn Jahren ist dieser Befund laut der
Kontrollbehörde unverändert. In den Agglomerationen hingegen
lag die Belastung im Bereich des Grenzwerts oder darunter.
Sommerliches Reizgas Ozon
Das Ozon, das sich jeweils im Sommer in grosser Menge
bildet und sich anders ausbreitet als die übrigen Schadstoffe,
bleibt ebenfalls Dauerthema des Immissionsschutzes. Dank dem
wechselhaften Wetter mit häufigen Störungsdurchgängen
habe sich 2009 aber keine hohe und lang anhaltende Ozonbelastung
aufgebaut. An 43 Tagen registrierten die Messstationen aber dennoch
eine zu hohe Belastung mit Ozon. Am häufigsten wurde der Grenzwert
für das Reizgas in Zimmerwald überschritten. Am Bollwerk
hingegen traten nur vereinzelt Überschreitungen auf.
Der Kanton appelliert an das Verhalten der
Bürgerinnen und Bürger: "Ein ganzes Spektrum von kleinen
Änderungen im Verhalten jedes Einzelnen kann in der Gesamtmenge
einiges bewirken." Das Amt Beco Berner Wirtschaft veröffentlicht
dazu monatlich einen "Luft-Tipp" im Internet. Plattformen der
Gemeinden, des Kantons und des Bunds informieren über die
Schadstoffwerte.
In Perioden mit ausserordentlich grosser Belastung sei die
Sensibilität für Verhaltensänderungen grösser, sagt
Gerrit Nejedly, Leiter Immissionsschutz des Kantons. Auch triviale
Tipps erzeugten Wirkung. Ecodrive zum Beispiel reduziere den
Schadstoffausstoss um rund zehn Prozent.
Im September letzten Jahres schickte der Kanton
verschärfte Massnahmen zur Luftreinhaltung in die Vernehmlassung.
Der ergänzte Plan werde demnächst in Kraft gesetzt, sagt
Nejedly. Zu den 21 geltenden Forderungen und Regeln des Massnahmenplans
2000 bis 2015 werden weitere hinzu kommen.
Weitere Informationen: http://www.be.ch/luft
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POLICE BE
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BZ 13.2.10
Kantonspolizei
Druck auf Blättler nimmt zu
Der Kommandant der Kantonspolizei schwäche die
polizeiliche Versorgung der Stadt Bern gezielt:
Ein anonymer Polizist macht Stefan Blättler happige
Vorwürfe. Er belegt dies mit drei konkreten
Personalentscheiden.
Anfang Februar wies Stefan Blättler, Kommandant der
Kantonspolizei, anonyme Kritik über seinen Führungsstil aus
dem Polizeikorps kategorisch zurück. Das seien pauschale
Vorwürfe, zu denen er nichts sagen könne, entgegnete er im
Interview mit dieser Zeitung - "nennen Sie mir konkrete Beispiele",
forderte er die Redaktion auf.
Seit gestern liegen solche Beispiele vor. Auf dem
offiziellen Briefpapier der Kantonspolizei hat sich ein Polizist an die
Medien gewandt - allerdings ohne mit dem Namen hinzustehen: "Leider
muss auch dieser Schreibende aus Furcht vor Repressalien anonym
bleiben." Doch seine Kritik an Blättler ist sehr konkret - und
äusserst happig. Er wirft dem Kommandanten vor, mit
fragwürdigen Personalentscheiden die Versorgung der Stadt Bern
"gezielt" zu schwächen.
Wolkige Stellungnahme
Der Polizist verweist auf zwei Neubesetzungen von
Chefposten in der Regionalpolizei Bern und eine Umstrukturierung,
welche bei der Basis für Unmut sorgten. Alle drei Vorgänge
werden von Polizeiinsidern gegenüber dieser Zeitung
bestätigt. In einer schriftlichen Stellungnahme hat das Kommando
diese denn auch nicht dementiert, sondern bloss wolkig erklärt
(siehe rechts). Konkrete Antworten auf die 15 Fragen dieser Zeitung
bleibt die Stellungnahme meist schuldig.
Bei den zwei Chefposten wurde ehemalige Stadtpolizisten
durch frühere Kantonspolizisten ersetzt, welche die
Verhältnisse in der Stadt angeblich kaum kennen. Dies mit der
Begründung, zwei Jahre nach der Polizeifusion müsse die
Durchmischung der zwei Korps vorangetrieben werden. 2008 war die
Stadtpolizei in der Kantonspolizei aufgegangen. Die meisten
früheren Stadtpolizisten arbeiten seither in der Regionalpolizei
Bern, einer Abteilung der Kantonspolizei.
Leistungsabbau in Bern?
Noch immer ist der Groll unter den ehemaligen
Stadtpolizisten gross. Sie haben das Gefühl, "ihre" Stadtpolizei
sei das Opfer einer unfreundlichen Übernahme geworden. Durch die
jüngsten Personalentscheide von Stefan Blätter haben laut dem
anonymen Schreiben "Frust und Wut" zugenommen.
Blättler, welcher schon vor der Fusion Chef der
Kantonspolizei war, bevorzuge seine "kantonalen" Schützlinge und
vernachlässige die Belange der Stadt, kritisiert der anonyme
Polizist. Seit dem Zusammenschluss der beiden Korps seien die
Bürger der Stadt "ganz klar" die Verlierer dieser Situation.
Blättler würde die "ehemals auf die Stadt abgestimmte
Organisation" der Regionalpolizei "bewusst zerschlagen". Dies
führe zu einem "klaren Leistungsabbau" in der Region und der Stadt
Bern.
Moutier und Bern
Das ist besonders pikant, weil die Polizeiversorgung der
Stadt Bern gerade heiss diskutiert wird: Am 7.März stimmt die
Stadt Bern über die Sicherheitsinitiative der FDP und den
Gegenvorschlag des Gemeinderats ab. Beide Varianten brächten mehr
Polizei und würden die Stadt Millionen kosten. So heftig die
Debatte geführt wird, Einigkeit herrscht in der städtischen
Politik, dass der Kanton sich stärker für die Stadt
engagieren müsste. Stefan Blättler hat in dieser Diskussion
betont, dass er nicht bloss auf die Belange Berns schauen könne -
auch Moutier oder Langenthal bräuchten zusätzliche Polizisten.
Adrian Zurbriggen Jürg Spori
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Regionenchef Willi brüskiert
Ein Leistungsabbau in der Stadt und zwei falsche Chefs am
falschen Ort: die konkreten Vorwürfe im anonymen Brief.
Im Dezember wurden vier Stellen des
Betäubungsmitteldienstes und zehn der Regionalfahndung (die
frühere Kripo der Stadtpolizei) zur kantonalen Kriminalabteilung
verschoben. Die 14 Mitarbeitenden sind nicht mehr nur in der Stadt
Bern, sondern im ganzen Kanton tätig.
In einer schriftlichen Stellungnahme begründet das
Kommando der Kantonspolizei den Schritt mit dem Ziel, nach der
Polizeifusion Doppelspurigkeiten abzubauen und neuen
Kriminalitätsformen Rechnung zu tragen. "Dabei war der Blick auf
den ganzen Kanton ausgerichtet", heisst es in der Stellungnahme viel
sagend.
Im Sommer 2009 quittierte die Chefin der Regionalfahndung
ihren Dienst. Ihr Stellvertreter führte danach die Abteilung
interimistisch, laut dem anonymen Schreiben tat er dies "hervorragend".
Er, ein ehemaliger Stadtpolizist, wurde deshalb von seinem
Vorgesetzten, Regionenchef Manuel Willi, als neuer Chef vorgeschlagen.
Doch Kommandant Stefan Blättler machte einen Polizisten der
ehemaligen Kantonspolizei aus einer anderen Abteilung vom Mitarbeiter
direkt zum Offizier. Damit habe er Willi und die Mitarbeitenden der
Region Bern "aufs Übelste brüskiert", kritisiert der anonyme
Schreiber.
Dazu sagt das Kommando, man habe "im ordentlichen
Verfahren die Stelle intern ausgeschrieben und die für diese
Funktion geeignetste Person" ausgewählt. Dies in der
"Gesamtbetrachtung der Neuausrichtung der
Kriminalitätsbekämpfung im Kanton und in der Stadt Bern". Der
interimistische Leiter wurde übrigens nicht nur bei der Chefwahl
übergangen: Er ist nicht mehr Stellvertreter.
Auch der Stützpunkt Ost, welcher bislang von einem
erfahrenen Stadtpolizisten geleitet wurde, ist neu in der Hand eines
Kantonspolizisten. Gewählt wurde ein Polizist aus dem Oberland,
welcher gemäss anonymem Schreiben die städtischen
Gegebenheiten nicht kennt. Auch hiezu schreibt das Kommando der Kapo,
man habe "im ordentlichen Verfahren die für diese Funktion
geeignetste Person" ausgewählt.
Zum grundsätzlichen Vorwurf, Kommandant Blättler
schwäche die Versorgung der Stadt Bern, heisst es in der
Stellungnahme, dass sich die Kantonspolizei auf die Bedürfnisse
der Bevölkerung ausrichte. Oberstes Ziel sei die
Gewährleistung der Sicherheit. "Dies im Wissen darum, dass die
Gegebenheiten auf dem Land und in der Stadt nicht dieselben sind."
azu/jsp
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BZ 13.2.10
Wahlpodium "Sicherheit" in Aarberg
SVP-Kandidat:"Polizisten sind Weicheier"
Am Wahlpodium in Aarberg zum Thema Sicherheit platzte
Regierungspräsident Hans-Jürg Käser (FDP) der Kragen.
Lehrer und SVP-Gemeinderat Fritz Affolter hatte
Polizisten als Weicheier tituliert.
Grossratskandidaten buhlen um die Gunst der Wähler
und kreuzen die parteipolitischen Klingen. Das war am Donnerstag auch
im Restaurant Krone in Aarberg der Fall. Eine Gruppe um Urs Gasser aus
Aarberg hatte Kandidaten aus verschiedenen Parteien zum Gespräch
geladen. Sie sollten ihre Sicht der Dinge zum Thema "Sicherheit im
Kanton Bern" darlegen. Fritz Affolter, Andreas Blank und Fritz Ruchti
stellten das schweizerische Rechtssystem und die Ausländer aus
SVP-Sicht an den Pranger.
Affolter wetterte als Lehrer gegen ausländische
Jugendliche, die keine Grenzen mehr einhalten würden, und Blank
sprach davon, dass man heute Glück habe, wenn man abends
überhaupt noch heil nach Hause komme. Die Gesetze müssten
verschärft werden, und die Polizei solle härter durchgreifen.
"Im Säli ists einfach"
Diese Aussagen mochte Corrado Pardini von der SP nicht so
stehen lassen. "Die grobschlächtigen Parolen der SVP helfen nicht
weiter", rief er in den Raum. Verunsicherung erreiche man auch, indem
man den Unmut der Leute schüre. Arnold Stalder von der FDP stimmte
dem indirekt zu. Es sei müssig, einfach über das Verhalten
einer Gruppe Menschen zu jammern, es gelte, die Probleme zu lösen.
Spätestens nach diesen Aussagen hielt der
"Arena"-Stil definitiv Einzug im Saal. Regierungspräsident
Hans-Jürg Käser (FDP) bekundete zunehmend Mühe mit der
Art und Weise, wie sich einzelne SVP-Mitglieder einbrachten: "Im
Säli des Löwen ist immer alles ganz klar und einfach. Man
wettert, bezahlt das Bier und geht." Wenn man Verantwortung
übernehme, sehe das etwas anders aus, da komme man mit diesem
Schwarz-Weiss-Denken nicht weiter, sagte Käser. Als Affolter gar
sagte, dass die Gesellschaft und die Polizei Weicheier seien, platzte
Käser der Kragen. Auf ein solches Diskussionsniveau lasse er sich
nicht herab, rief er Affolter zu.
"Übers Ziel hinaus"
Einig war man sich in der Runde schliesslich darüber,
dass die Umsetzung des neuen Strafrechts Unsicherheiten ausgelöst
habe und über das Ziel hinausgeschossen sei. Die
Ausschaffungsinitiative sei aber nicht die richtige Antwort darauf,
fand Adrian Kneubühler von der FDP, weitere Anwesende stimmten ihm
bei.
Käser führte den Lehrermörder von St.Gallen
als Beispiel auf: "Er wurde ausgeschafft und konnte so seiner Strafe
entgehen." Da liege genau die Schwäche dieser Initiative.
Parteikollege Kneubühler wiederum ortete das Hauptproblem nicht
bei den Ausländern, die im Gefängnis sitzen, sondern bei
denen, die ihre Kultur in der Schweiz voll ausleben. Die
Diskussionsteilnehmenden liessen das Publikum etwas ratlos zurück.
Es wurde klar, dass den Grossratskandidaten noch viel Arbeit bevorsteht.
Ursula Grütter
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RAUCHVERBOT
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NZZ am Sonntag 14.2.10
Arbeitsrecht
Kein Passivrauchen mehr für Angestellte
Zahlreiche Kantone kennen bereits heute Vorschriften, um
vor dem Passivrauchen zu schützen. Nun schafft der Bund eine
gesamtschweizerische Lösung für die Bevölkerung im
Allgemeinen und die Angestellten im Besonderen. Ab dem 1. Mai 2010
werden das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen (PRSG) und die
zugehörige Ausführungsverordnung des Bundesrates (PRSV) in
Kraft treten. Die einzelnen Kantone dürfen darüber
hinausgehen und strengere Vorschriften erlassen (Art. 4 PRSG) oder
dort, wo solche schon bestehen, diese selbstverständlich
aufrechterhalten.
Das neue Bundesgesetz findet Anwendung auf geschlossene
Räume, "die öffentlich zugänglich sind oder mehreren
Personen als Arbeitsplatz dienen" (Art. 1 Abs. 1 PRSG). In diesen
Räumen ist das Rauchen untersagt (Art. 2 Abs. 1 PRSG). Zu den
öffentlich zugänglichen Räumen gehören namentlich
Gebäude der öffentlichen Verwaltung, Bildungs- und
Sportstätten, Restaurations- und Hotelbetriebe sowie
Verkaufsgeschäfte und Einkaufszentren (Abs. 2). "Als Arbeitsplatz
mehrerer Personen gilt jeder Ort, an dem sich mehrere Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer dauernd oder vorübergehend zur Ausführung
der ihnen zugewiesenen Arbeit aufhalten müssen" (Art. 2 Abs. 2
PRSV). Ausgenommen vom Anwendungsbereich des Gesetzes sind allerdings
die privaten Haushaltungen (Art. 1 Abs. 3 PRSG).
Wer Räume betreibt, in denen das Rauchverbot gilt,
kann in besonderen Raucherräumen das Rauchen gestatten, sofern
diese von den übrigen "abgetrennt, besonders gekennzeichnet und
mit ausreichender Belüftung versehen sind" und darin keine
Angestellten beschäftigt werden. Von dem letzten Erfordernis
erlaubt das PRSG eine Ausnahme nur zugunsten von Restaurations- und
Hotelbetrieben. Sie dürfen Mitarbeiter in Raucherräumen
beschäftigen, falls die betreffenden Personen im Rahmen ihres
Arbeitsvertrages ausdrücklich ihr Einverständnis damit
erklärt haben (Art. 2 Abs. 2 PRSG).
Auf Gesuch hin können zudem Restaurationsbetriebe als
Raucherlokale bewilligt werden, wenn sie "eine dem Publikum
zugängliche Gesamtfläche von höchstens 80 Quadratmetern"
haben, "gut belüftet und nach aussen leicht erkennbar als
Raucherlokal bezeichnet" sind und nur Arbeitnehmer beschäftigen,
"die einer Tätigkeit im Raucherlokal im Arbeitsvertrag zugestimmt
haben" (Art. 3 PRSG). "Räumlichkeiten oder Betriebe, die
hauptsächlich der Verpflegung am Arbeitsplatz dienen wie
Personalrestaurants oder Kantinen" dürfen jedoch nicht als
Raucherlokale geführt werden (Art. 5 Abs. 3 lit. a PRSV).
Wer vorsätzlich oder fahrlässig namentlich gegen
das Rauchverbot verstösst oder Raucherräume ohne die
entsprechenden Voraussetzungen ausgibt, wird mit bis zu 1000 Franken
Busse bestraft (Art. 5 Abs. 1 PRSG). Bei Verstössen gegen den
Gesundheitsschutz der Angestellten schliesst die Anwendung der
Strafbestimmungen des Arbeitsgesetzes (Art. 59 bis 62) allerdings diese
Strafvorschrift aus (Art. 5 Abs. 3 PRSG).
Frank Emmel, Advokat
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NARRENKRAUT
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Bund 13.2.10
Hanfhersteller und Polizei spielen "Katz-Maus"
Der repressive Umgang mit Cannabis-Herstellern führt
zum Rückzug der Hanfproduktion in den Untergrund und in
Indoor-Anlagen. Das betrifft die Gross- als auch die Kleinproduktion
für den Eigenbedarf. Präventionsfachleute finden diese
Entwicklung bedenklich.
Rahel Bucher
"Im Keller wuchs Hanf", "Hanf-Pflanzer von Kapo ertappt
und angezeigt", "Razzia in Hanf-Indoor-Anlage im Emmental". So die
Zeitungsschlagzeilen zu den Räumungen von Hanf-Indoor-Anlagen,
welche die Berner Kantonspolizei diese Woche durchgeführt hat. Es
handelt sich dabei laut Polizei um die Sicherstellung von drei
professionell eingerichteter Hanf-Indoor-Anlagen auf dem Gebiet des
Kantons Bern. Dabei wurden über 1750 Hanfpflanzen und die
Infrastruktur der Anlagen vernichtet. Im Zusammenhang mit ihrer
Ermittlungsarbeit spricht die Polizei grundsätzlich nicht von
Zufall — auch nicht bei diesen Räumungen.
Etwas anders sieht das Michael Mosimann, Vorstandsmitglied
der Schweizer Hanf-Koordination: "Von einer Häufung kann man noch
nicht sprechen." Das seien 3 von schweizweit schätzungsweise rund
150 000 bis 200 000 Indoor-Anlagen. Gleicher Meinung ist Rudolf
Brenneisen, Pharmazieprofessor an der Universität Bern. Allerdings
könnten die Sensibilität der Thematik, das Medienecho und
eventuell auch die Jahreszeit erklären, wieso es zu den
Räumungen gekommen sei. "Trotzdem ist das Risiko, entdeckt zu
werden, beim Betreiben einer Indoor-Anlage kleiner als bei einer
Outdoor-Anlage", sagt Brenneisen. "Das ist ein Katz-Maus-Spiel, das
schon seit Jahren so geht", kommentiert Armin Bucher vom Team der
Hanfmesse CannaTrade die Räumungen. "Für jede Indoor-Anlage,
die geschlossen wird, gehen zwei neue auf".
Anbau vermehrt drinnen
Kenntnis vom Betrieb der Indoor-Anlagen hat die Polizei
einerseits aufgrund der eigenen Wahrnehmung und Ermittlungen, heisst es
in der Medienmitteilung der Kantonspolizei. Andererseits kämen
häufig Hinweise von Bürgern hinzu. So zum Beispiel in Biglen,
wo die Bevölkerung laut Polizei einen "entsprechenden Geschmack"
wahrgenommen hatte. "Es gibt immer Nachbarn, die nichts Besseres zu tun
haben, als Bürgerwehr zu spielen", sagt Mosimann. Daher und wegen
der zunehmenden Repression sei es auch verständlich, dass der
Anbau von Cannabis sich von draussen nach drinnen verlagert.
Eine Beobachtung, die Bucher bedenklich findet:
"Früher wurde viel mehr draussen angebaut, doch mit der
zunehmenden Repression seit 2001 werden die Anlagen nach drinnen
verlegt." Zudem führe die Repression zu einem schlechteren Angebot
und steigenden Preisen auf der Strasse, sagt Brenneisen. Damit gehe die
Rechnung der Produzenten wieder auf.
Ökonomisch gesehen seien Indoor-Anlagen zudem viel
effizienter als Outdoor-Anlagen, sagt Brenneisen: "Die Ausbeute ist
grösser, man ist nicht abhängig von den Jahreszeiten, und
auch die Qualität ist in der Regel besser." Mit der Qualität
bezieht sich Brenneisen auf den THC-Gehalt. Laut einer von ihm
durchgeführten Studie aus den Jahren 2002 bis 2004 (Brenneisen R.
et al., Chemisches Profiling von Cannabis aus Schweizer Produktion,
Universität Bern und Bundesamt für Gesundheit, 2004) hatte
Indoor-Cannabis damals einen durchschnittlichen THC-Gehalt von 13
Prozent, während Outdoor-Cannabis einen THC-Wert von
durchschnittlich 10 Prozent aufwies. Auch die Polizei bestätigt,
dass es sich bei den auf dem Schwarzmarkt befindlichen Hanfblüten
um "eine gute bis sehr gute Qualität" handelt. "Die Qualität
auf der Strasse ist zurzeit extrem schlecht", sagt dagegen Mosimann.
Obwohl es schwierig ist, Cannabis-Produkte zu strecken, gibt es laut
Mosimann vermehrt gestrecktes Gras in der Schweiz.
Voll professionelle Anlagen
Diese Entwicklungen zeigen laut Bucher, dass Repression
nichts bringe. "Trotzdem gibt es noch eine halbe Million Kiffer, die
rauchen wollen", sagt er. Zudem seien die zunehmende Kriminalisierung
und der damit verbundene Rückzug in den Untergrund sowohl
wirtschaftlich, sozial als auch ökologisch gesehen der falsche
Weg, findet er. Ähnlich argumentiert Alwin Bachmann, Mitarbeiter
von "Rave It Safe", einem Präventionsangebot der Suchtfachstelle
Contact-Netz Bern. "Aus Präventionssicht ist der Prozess, der seit
einigen Jahren abläuft, nicht gerade förderlich." Das Angebot
sei einseitig, weil kaum noch Outdoor-Gras auf dem Markt zu bekommen
sei und Jugendliche zwangsmässig zu hoch dosiertem THC-Gras (siehe
Kasten) greifen müssten, sagt er weiter.
Eine weitere Beobachtung bezüglich der
Indoor-Produktion ist die vermehrte Professionalisierung der Anlagen,
wie die Polizei und Brenneisen sagen. Dies trifft laut Polizei vor
allem bei sehr grossen Anlagen zu. "Automatisch geschaltete
Bewässerungs-, Beleuchtungs- und Be- bzw. Entlüftungsanlagen,
teilweise sogar mit automatischer Düngerzufuhr, werden vielfach
von spezialisierten Fachpersonen eingebaut", schreibt die
Kantonspolizei. Der Nachteil der Indoor-Anlagen beschreibt Brenneisen
wie folgt: "Sie brauchen mehr Strom und Chemie als die Produktion im
Freien." Im Moment versuchten Produzenten laut Mosimann vor allem
energieeffizienter zu arbeiten, also weniger Strom zu verbrauchen. Denn
zu hohe Stromrechnungen sind oft auch Anlass für Polizeivisiten.
Obwohl Produktion, Konsum und Handel von Drogen-Cannabis
verboten sind, gibt es laut Brenneisen und Bucher noch genug
Möglichkeiten, das nötige technische Material zum Anbau und
Konsum von Cannabis zu kaufen.
Mehr kleine Indoor-Anlagen
Bezogen auf die Produktion beobachtet Mosimann eher eine
Tendenz weg von grossen Indoor-Anlagen hin zu kleinen Anlagen für
die Eigenproduktion. Also auch bei der Produktion für den
Eigenkonsum eine Verlagerung nach drinnen, "vom Balkon ins Zimmer",
sagt er. Diese Entwicklung stellt ebenso die Kantonspolizei fest.
"Cannabis-Konsumenten installieren oft kleine oder Kleinstanlagen in
ihren Wohnungen", schreibt sie. Der Verband Schweizer Hanf Koordination
wünscht sich nach wie vor, dass der Eigenkonsum entkriminalisiert
wird und dass endlich ein Grenzwert für das Autofahren festgelegt
wird.
--
Es droht eine "desaströse Überraschung"
Infos der Präventionsfachstelle
Alwin Bachmann, Mitarbeiter von "Rave It Safe", einem
Angebot von Contact-Netz Bern, macht im Zusammenhang mit dem
Cannabiskonsum auf folgende Risiken aufmerksam: - Beim Mischkonsum von
Alkohol und Cannabis --vor allem auch mit hoher THC-Konzentration - ist
Vorsicht geboten. Die Wechselwirkungen können zu "desaströsen
Überraschungen" führen.
- Insbesondere der regelmässige und/oder
situationsunangepasste Konsum (z. B. während Schule, oder beim
Autofahren) birgt Risiken und ist problematisch.
- Häufiger Konsum von Cannabis beeinträchtigt
(temporär) das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie
die Gedächtnisleistung.
- Personen mit psychischen Problemen sollten kein Cannabis
konsumieren. Regelmässige Kiffer haben ein höheres Risiko
für psychische Beschwerden. (reh)
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VOKÜ LANGENTHAL
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Sonntag 14.2.10
Alternative Küche stopft hungrige Mäuler
Vor dem Langenthaler Choufhüsi hat sich die
wöchentliche vegane Volksküche etabliert - schräge
Blicke gibts jedoch immer wieder
Von Julian Perrenoud (Text und Bild)
Die im Herbst 2008 lancierte Aktion "Pflanzentopf" vor dem
Choufhüsi in Langenthal erntet oft schräge Blicke: Die von
Freiwilligen im Kulturzentrum Lakuz zubereiteten Menüs sind
nämlich alle vegan. Wir warfen einen Blick in die Kochtöpfe.
Seit über einem Jahr stehen sie jeden Montagabend da,
für anderthalb Stunden. Bei Sonne, bei Regen, bei klirrend kalter
Winterbise. Sie harren der Menschen, die da kommen werden - oder eben
nicht. Die Handvoll Männer und Frauen sehen sich als Kollektiv,
ihre Namen nennen wollen sie nicht, auf ein Foto noch viel weniger. In
dicke Jacken und Mützen eingepackt, schöpfen sie aus
grünen Militärkanistern dampfenden Eintopf für
Bedürftige. Doch nicht heute, heute schwatzen und rauchen sie nur
auf dem Pflasterstein vor dem Choufhüsi. Und warten.
Die Volksküche in Langenthal ist keine
Gassenküche im eigentlichen Sinn. Die von Freiwilligen im
Kulturzentrum Lakuz zubereiteten Menüs sind allesamt vegan. Kein
Fleisch, keine Milch, keine Eier. Doch Menschen auf der Gasse brauchen
etwas Nahrhaftes zwischen den Zähnen; Körner, Soja und Tofu
reichen nach meinem Empfinden nicht. Aber anscheinend tun sies. Die
zwei vegan lebenden Köchinnen erwecken kaum den Eindruck, als
stünden sie kurz vor dem Organversagen. "Unsere Gerichte sind
nicht beschränkter", sagt die eine. Aus Reis, Gemüse,
Teigwaren und Hülsenfrüchten liessen sich immer wieder neue
Varianten kreieren. Heute stehen Tomaten-Aubergine-Eintopf mit Linsen
und Soja-Klössen, Salat, Brot, Früchte und warmer Tee auf der
Menükarte.
Schräge Blicke der Vorbeieilenden ernten die
alternativen Köche immer wieder. Ein junger Mann mit
Dächlikappe, der zu uns tritt, meint zu wissen, warum: "Vielleicht
denken sie, wir sind irgendein christlicher Verbund." Es gibt
Berührungsängste, auch seitens der Bedürftigen. Die
Initianten der "Aktion Pflanzentopf", wie die Volksküche heisst,
verteilte in den ersten Wochen Flyer, etwa bei der jeden Donnerstag
stattfindenden "Gassechuchi" hinter dem Coop. Mittlerweile kommen die
meisten hungrigen Mäuler von dort oder aus dem linksalternativen
Umfeld. Einige holen bloss einen Tee, andere essen und diskutieren mit
den Köchen über Gott, die Welt - und den Veganismus. Einer
lässt sich seine Portion immer in ein Tupperware schöpfen,
für zu Hause. Und einer beschwert sich regelmässig, weshalb
diese Küche kein Fleisch anbiete.
Kurz nach sechs Uhr abends. Noch immer lässt sich vor
dem Choufhüsi niemand blicken. Ich entschliesse mich, vom Eintopf
zu kosten. Teller und Besteck nehmen die Initianten selber mit.
Manchmal helfen ein paar Randständige, diese im Lakuz zu waschen.
Die Linsen schmecken würzig, die Soja-Klösse sind fein-fasrig
wie geschnetzeltes Poulet. Das ist wirklich kein Fleisch, frage ich
ungläubig. Eine der beiden Frauen lacht, schüttelt den Kopf.
Sie muss Alternativen suchen, will sie in der Küche ohne
Tierprodukte auskommen. Der Mann mit Dächlikappe findet es
spannend, wie viele Möglichkeiten die vegane Küche bietet.
Auch Desserts wie Cremeschnitten sollen kein Problem sein. So ganz
vorstellen kann ich mir das nicht.
Esswaren erhält die "Aktion Pflanzentopf" von der
Schweizer Tafel (siehe Kasten). Ausser Soja. Das kaufen sie selber ein.
Die Reaktionen der regelmässigen Esser seien gut, sie hätten
gar nicht gewusst, dass veganes Essen derart gut schmecken kann. Fallen
Regentropfen, verlegen sie den Stand unter die Arkaden des
Choufhüsi. Manchmal kommt fast niemand vorbei. Dann und wann sind
es aber 20 und mehr, so viele, dass den Köchen das Geschirr
ausgeht, so wie letzte Woche. Bisher ist nur ein gross gewachsener Mann
erschienen, er fragte nach einem Tässchen Eisenkrauttee. Ein
anderer ruft beim Vorübergehen: "Ich komme später noch
vorbei!"
Die Volksküche kostet nicht viel, Passanten spenden
dann und wann eine Zehnernote, damit, sagt der Mann mit Käppi,
könnten sie viel Reis kaufen. Der Aufwand allerdings ist
beträchtlich: Jeden Montag wenden die Beteiligten im
Rotationsprinzip mehrere Stunden auf. Lohn sind zwischenmenschliche
Beziehungen. "Das reicht", sagt die Frau mit den langen blonden Haaren.
Solange sich genug Leute an der Aktion beteiligen, wird "Pflanzentopf"
weiter bestehen. Lanciert hatte sie im Herbst 2008 die
Tierbefreiungsaktion Bern. Ein Zeichen gegen die kapitalistische Welt,
die tonnenweise einwandfreie Lebensmittel wegwirft, heisst es auf der
Website des Lakuz. Mit Veganismus wollen die Initianten den Menschen
gerecht werden, die aus ethnischen und kulturellen Gründen keine
Tierprodukte verzehren. Der Eintopf hat mich positiv überrascht.
Auf Sonntagszüpfe mit Butter und Honig aber werde ich wohl nie
verzichten können.
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Schweizer Tafel: Lebensmittel verteilen statt wegwerfen
Die Schweizer Tafel hat eine Vision: Die
überschüssigen Lebensmittel sollen nicht mehr weggeworfen,
sondern an armutsbetroffene Menschen in der Schweiz verteilt werden. In
elf Regionen holt sie Produkte bei Grossverteilern, Produzenten und
Detaillisten ab und verteilt sie gratis an soziale Institutionen. Die
Schweizer Tafel ist ein Projekt der Stiftung Hoffnung für Menschen
in Not. Um die Lebensmittel zu sammeln und zu verteilen, setzt sie 29
Kühlfahrzeuge ein. Zehn Festangestellte, freiwillige Helfer,
Personen aus Arbeitslosenprogrammen, Zivildienstleistende und
Sozialhilfebezüger stehen dafür im Einsatz. (JPW)
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Aktion Pflanzentopf - Vegane Volksküche Langenthal
http://www.lakuz.ch/pflanzentopf/pflanzentopf.html
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SEXWORK
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BZ 13.2.10
Sex-Gewerbe
Massageöl läuft unter Investitionskosten
Was steht im Businessplan einer Prostituierten? Welche
Dienstleistungen sie anbietet, aber auch, was sie investieren muss.
Seit Oktober kontrolliert die Fremdenpolizei der Stadt
Bern auch die Businesspläne von Prostituierten (Kasten). Eine neue
Regelung, die Fragen aufwirft. Etwa jene, wie ein Businessplan einer
Prostituierten aussieht und wie dessen Inhalt kontrolliert wird.
Was sind "Feinmassagen"?
Alexander Ott, Chef der städtischen Fremdenpolizei,
erklärt anhand eines anonymisierten Beispiels, was die Frauen an
schriftlichen Auskünften beibringen müssen. Zunächst
wollen die Behörden wissen, welche Dienstleistungen die Frauen
anbieten. In Otts Beispiel schreibt eine Ungarin, dass sie neben
Ganzkörper- und Fussreflexzonen- auch Feinmassagen anbietet.
"Unsere Mitarbeiterinnen fragen, was dies beinhalte", erklärt Ott.
Nicht, weil sich die Behörde als Moralapostel aufspiele. "Wir
wollen herausfinden, ob sich die Vorstellungen der Frauen mit dem
decken, was im Plan steht." Denn nicht jede der Frauen spreche
genügend Deutsch, um einen Businessplan zu schreiben. "Kann sie
glaubhaft machen, dass sie dessen Inhalt kennt und damit einverstanden
ist, akzeptieren wir Unterlagen, die nicht von ihr verfasst wurden." Im
von ihm zitierten Beispiel bietet die Ungarin unter "Feinmassagen"
Geschlechtsverkehr und Oralsex an.
Auch müssen die Frauen einen Mietvertrag beilegen.
Die Ungarin aus Otts Beispiel hat in Bern ein Studio für 800
Franken im Monat gemietet. Der Zins muss laut Ott ortsüblich sein.
Die Stadt verlangt von den Prostituierten zudem einen Kontoauszug.
Dies, um sicherzustellen, dass sich die Frauen aus eigener Kraft
über Wasser halten können. "Wir kontrollieren auch die
persönlichen Angaben der Frauen in deren Heimatländern", sagt
Ott.
1662 Franken investiert
Im Businessplan müssen die Frauen die Preise für
ihre Dienstleistungen sowie Investitionskosten angeben. Die Ungarin
benötigt einen Massagetisch, Tücher, zwei Lampen und
Massageöl im Wert von total rund 1662 Franken. Monatlich erwartet
die Frau einen Bruttoumsatz von 4000 Franken. Dem stehen Ausgaben in
der Höhe von 1960 Franken gegenüber. Damit verdient sie netto
2040 Franken im Monat. Abzüglich der Investitionen entspricht dies
einem Jahresumsatz von netto 22818 Franken.
Auf diesem Betrag muss die Ungarin Steuern bezahlen. Hier
gilt es allerdings noch, eine Lücke zu schliessen. Zwar
müssen die Prostituierten die Anmeldung bei der Steuerverwaltung
beilegen. Wenn die Steuern fällig werden, sind die meisten Frauen
bereits wieder in ihrer Heimat. "Auf Grund internationaler Abkommen
dürfen wir die Rechnung nicht ins Ausland senden", sagt Moritz
Jäggi, Leiter der Steuerverwaltung. Und Quellensteuer gelte nur
für unselbstständig Erwerbende.
Problem Steuerpflicht
Derzeit suchen Stadt und Kanton nach einer einheitlichen
Lösung, damit die Frauen ihrer Steuerpflicht nachkommen. Ein
mögliches Szenario ist jenes, das bis letzten Oktober mit Erfolg
im Bordell Hotel Schloss in Nidau angewandt wurde. Laut dem Bieler
Regierungsstatthalter Werner Könitzer mussten die Frauen dort
Abrechnungen erstellen, die zur Ermittlung des steuerbaren Einkommens
dienten. Den Steuerbetrag übergaben die Prostituierten dem Wirt zu
treuhänderischen Zwecken. Dieser beglich damit die
Steuerrechnungen.
Andrea Sommer
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Münchenbuchsee
Die stillen Tage im Bordell
Zurzeit ist nicht viel los im neu eröffneten Bordell
im ehemaligen Motel an der Lyssstrasse bei Münchenbuchsee. Der
Schnee dämpft nicht nur die Reiselust. Der Chef des Clubs Paradiso
hat zur Betriebsbesichtigung eingeladen.
"Eigentlich möchte ich lieber in einem Altersheim
arbeiten", sagt Nastasia Frei. "Aber hier ist es auch gut." Sie ist
gebürtige Bulgarin mit Schweizer Pass. Und Prostituierte im Club
Paradiso bei Münchenbuchsee.
Diese Zeitung berichtete, dass im früheren Motel
wieder Prostituierte arbeiten. Letztes Jahr schlossen die Behörden
dort den Club 3000. Die Justiz wirft den Betreibern des Clubs 3000 vor,
das Gastwirtschaftsgesetz gebrochen zu haben.
Der Geschäftszweck im neuen Club Paradiso ist der
gleiche: Sex. Das Geschäftsmodell aber ist anders. Früher
waren die Sexarbeiterinnen angestellt. Jetzt sind sie
selbstständig. Alles sei legal, schrieb diese Zeitung, doch sei
der Betreiber nicht auffindbar. Nun hat sich Daniel Reinhard gemeldet
und zum Besuch eingeladen.
Ohne Prozente
Die Stimmung in der Kontaktbar ist wie erwartet:
schummrig. Eine Minibühne hats und drauf tatsächlich eine
Stange. "Halt, hier wird nicht mehr getanzt", sagt Daniel Reinhard und
erklärt, was hier abgeht: Die Frauen bezahlen 100 Franken pro Tag
fürs Zimmer. Dafür bekommen sie Hotelservice ohne
Frühstück: Die Putzfrau bringt täglich neue Bett- und
Frotteewäsche. Er schliesse keine Verträge mit den Frauen,
sagt Reinhard. Er beeinflusse ihr Angebot nicht und nehme keine
Prozente. Die Sexarbeiterinnen wiederum seien nicht am Umsatz der Bar
beteiligt.
Reinhard ist ein kleiner, rundlicher Mann, fröhlich
und freundlich. So stellt man sich einen Wirt vor. Er wirkt eher wie
ein Altrocker als wie ein Bordellbetreiber, kein Goldketteli, kein
fetter schwarzer BMW. Er sei gelernter Koch, sagt er. Die letzten Jahre
habe er in Nightclubs gearbeitet. Nun leitet er wieder einen
Erotikbetrieb. 5 Franken kostet das Bier an der Bar, 25 Franken das
Cüpli.
Nachtklubpreise sind das. Aber von der grossen
sündigen Nightlife-Ambiance ist nicht viel zu spüren. Auch
die Zimmer sind eher miefiger Durchschnitt als Lasterhöhlen der
Fleischeslust. 30 Räume hat das Motel. Die Hälfte hat
Reinhard renovieren lassen. Zwischen fünf und zehn Lokale sind
vermietet, am Ende der Woche ist mehr los als am Anfang. Um die Zimmer
und Betten zu füllen, werben die Frauen über Sexportale. Ihre
Tarife beginnen bei 150 Franken und sind nach oben ziemlich unbegrenzt.
Ohne Zuhälter
Nastasia Frei arbeitet und lebt fünf Tage pro Woche
hier. Sie hat eine Wohnung in Luzern, geht ins Fitness, bezahlt
Steuern. Sie hat einen AHV-Ausweis. Aber keinen Zuhälter. "Wozu
auch", sagt sie. "Der Chef macht das gut." "Stimmt" bestätigt ihre
Kollegin mit dem Künstlernamen Valentina Brigitta. Ein
Bordellbetreiber habe einst von ihr Sex gewollt. Na und? "Ohne
Bezahlung!"
Im Rotlichtmilieu ist nicht alles im grünen Bereich.
"Bei mir schon", wirbt Reinhard. "Keine Drogen, kein Menschenhandel,
keine Zuhälter." Man muss es ihm glauben, kontrollieren kann man
es nicht. Schwierigkeiten mit Kunden habe er kaum. "Und wenn, werde ich
selbst mit ihnen fertig."
Ein halbes Dutzend Autos standen vor dem Besuch auf dem
Parkplatz, die Kleinwagen der Sexarbeiterinnen. Jetzt, am Schluss, sind
ein paar weitere da, Mittelklasse. "Schade, heute ist wenig Betrieb",
sagt Nastasia Frei. "Mieses Wetter." Der Schnee dämpft Reiselust
und Triebe.
Peter Steiger
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BILLAG
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Sonntag 14.2.10
Hausverbot für Billag-Schnüffler
Der Schweizerische Gewerbeverband lanciert Musterbrief mit
einem Aufruf zum zivilen Ungehorsam
Von Nadja Pastega
Mit drastischen Mitteln will der grösste Schweizer
Wirtschaftsverband die Billag stoppen. Er fordert seine Mitglieder auf,
den Gebühreneintreibern das Betreten des Firmengeländes zu
verbieten. Die Anleitung dazu gibt es im Internet.
Das gab es noch nie: Der Schweizerische Gewerbeverband
(SGV) ruft seine Mitglieder zum zivilen Ungehorsam auf. Nächste
Woche lanciert er im Internet einen Musterbrief - mit einem Hausverbot
für die Billag-Detektive. Die 300000 SGV-Mitglieder können
das Schreiben herunterladen und an die Billag schicken. Damit will der
Gewerbeverband den "Gebührenwahnsinn" stoppen.
Wörtlich heisst es in dem Brief: "Um einem
unverhältnismässigen Verwaltungsaufwand Ihrerseits (zum
Beispiel Detektivarbeit) zuvorzukommen, erlassen wir an Ihren
Verwaltungsrat, an Sie und an alle Ihre Mitarbeiter sowie Beauftragten
ein Hausverbot, das sich aufunser gesamtes Areal erstreckt."
Das gleiche Hausverbot, so ist im Brief weiter zu lesen,
gelte für alle Mitarbeiter und Beauftragten der
Urheberrechtsgesellschaft Suisa. Die Billag treibt auch für die
Monopolbehörde SuisaGebühren ein. "Die
Gebührenschnüffler haben kein Recht, Firmengelände und
-räumlichkeiten zu betreten", sagt Patrik Kneubühl,
Rechtsexperte des SGV: "Das Eigentum ist im Rechtsstaat
Schweiznämlich geschützt."
Bei Den Gewerblern brodelt es. Seit einigen Monaten
fordert die Billagflächendeckend kleine und mittlereBetriebe auf,
Empfangsgebühren fürRadio- und TV-Geräte zu zahlen.
130000 KMU hat das Inkassobüro angeschrieben, darunter auch
Einmannfirmen wie Taxifahrer oder Coiffeursalons. Im Januar startete
die Billag eine neue Wel-le - jetzt bekommen auch Gärtnereien Post
von der Billag. Für besonderen Unmut sorgt, dass die Rechnungen
sogar rückwirkend ausgestellt werden.
Mit dem Hausverbot will der Wirtschaftsverband die gut
geölte Gebührenmaschinerie ins Stottern bringen. "Es fehlt
jede Rechtsgrundlage, dassBillag-Mitarbeiter in die Firma kommen und
detektivisch herumschnüffeln", sagt Hans-Ulrich Bigler, Direktor
des Gewerbeverbands. "Bei Haushalten gilt übrigens das Gleiche:
Auch Private müssen die Billag-Fahnder nicht ins Haus lassen."
Der SGV-Brief fordert das Inkassobüro auf, den Firmen
eine beschwerdefähige Verfügung zuzustellen, die bei
Verwaltungsgericht angefochten werden kann. Zudem wird das Bundesamt
für Kommunikation als Aufsichtsbehörde aufgefordert, "im
Rahmen der Dienstaufsicht ein Beschwerdeverfahren einzuleiten". Zu
diesem Zweck sollen die Gewerbler eine Kopie des Schreibensdirekt an
das Bundesamt schicken.
"Wir wehren uns dagegen, dass KMU Billag-Gebühren
zahlen müssen", sagt Verbandsdirektor Bigler: "Ein Betrieb kann
nicht fernsehen." Was die Billag betreibe, sei eine "ungerechtfertigte
Abkassiererei". Der SGV rechnet damit, dass die Aktion "eine Flut von
Briefen" auslösen wird. Die Stimmung bei den Gewerblern sei
geladen. "Viele KMU-Chefs werden der Billag die Stirn bieten", sagt
Verbandsjurist Kneubühler.
Bereits Ende Januar verabschiedete die Gewerbekammer - das
Parlament des Verbands - eine geharnischte Resolution. Darin wird die
Billag aufgefordert, ihre Betriebsrechnung offenzulegen und ihre
Verwaltungskosten auf 5 Prozent des Umsatzes zu beschränken.
Dieses Limit gilt auch für die Suisa - die 20 Prozent der
eingetriebenen Gebühren in die Verwaltung und die Kaderlöhne
buttert.
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JIMY HOFER
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Bund 13.2.10
Wasserwerk-Betreiber zieht Klage gegen Jimy Hofer zurück
Stadtrat Jimy Hofer erklärte sich in einem Vergleich
vor Gericht bereit, Clubbetreiber Albert Gomez 150 Franken zu bezahlen.
Der Vorfall sorgte für Schlagzeilen: Kurz nach der
Eröffnung des Mattefestes im September letzten Jahres soll der
Ex-Bronco-Chef Jimy Hofer den Wasserwerk-Betreiber Albert Gomez
tätlich angegriffen haben ("Bund" vom 5. September 2009). Eine
Angestellte des Restaurants Cinématte sagte gegenüber den
Medien, dass Gomez mit blutender Nase ins Lokal gestürmt sei, um
sich vor Hofer und den Broncos zu schützen. Wie gestern bekannt
wurde, hat Gomez im Nachhinein tatsächlich Klage gegen Hofer wegen
Körperverletzung und Tätlichkeit eingereicht. Diese Klage
habe sich aber "in Rauch aufgelöst", teilte Hofer mit. Gomez habe
seine Klage vollumfänglich zurückgezogen.
Sofortige Einigung vor Gericht
Klubbetreiber Gomez wollte gegenüber dem "Bund" nicht
Stellung nehmen. Beim Strafeinzelgericht war zu erfahren, dass es zu
einem Vergleich zwischen Hofer und der Klägerschaft gekommen sei.
Richterin Andrea Müller war aber nicht erreichbar. Hofer selber
spricht von einem "riesigen Theater", das Gomez veranstaltet habe.
Dieser habe nicht nur ihn selber, sondern auch zwei Mitglieder der
Broncos mit einer Klage bedacht. Gleich zu Beginn der Verhandlung habe
Gomez' Anwältin aber angeboten, die Klagen zurückzuziehen,
falls die Beklagten dem Kläger 150 Franken für eine neue
Jacke bezahlen würden. Hofer hatte bereits im September
dementiert, Gomez angefasst zu haben. "Gomez hatte meine Leute
angepöbelt und ich habe ihm bloss meine Meinung gesagt." Weil
Letzteres relativ lautstark erfolgt sei, habe es sofort einen grossen
Publikumsaufmarsch gegeben, sagt Hofer. Wenn er zugeschlagen
hätte, wäre Gomez nicht mehr imstande gewesen, ins Restaurant
Cinématte zu fliehen. "Hätte ich tatsächlich
zugeschlagen, hätte Gomez keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen
können", sagt Hofer.
Gewerbler ärgerten sich über Fest
Gomez hatte vor dem Fest eine richterliche Verfügung
gegen Hofer und die Organisatoren erwirkt. Diese wurden verpflichtet,
bei den Eingängen in die Festzone den Erwerb des
zehnfränkigen Festivalbändels als freiwillig zu deklarieren.
Gomez hatte den Eindruck, dass die Organisatoren dieser Bestimmung
nicht nachgekommen seien. Er hatte sich bei ihnen beklagt, wodurch es
zum Streit gekommen ist. Gomez und weitere Gewerbler befürchteten
grössere Umsatzeinbussen während des Mattefestes. (bob)
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BIG BROTHER
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Sonntag 14.2.10
Big Brother hört öfter mit
11000 Telefonüberwachungen
von Benjamin Weinmann
2009 kam es zu 11164 Telefonüberwachungen in der
Schweiz. Dies entspricht einer starken Zunahme von rund 20Prozent. Dies
zeigen die neusten Zahlendes Eidgenössischen Justizdepartements
(EJPD), die dem "Sonntag" vorliegen.
Bei rund der Hälfte der Schnüffelattacken ging
es laut EJPD-Generaldirektor Guido Balmer um Drogendelikte. Ein
Fünftel betraf Diebstähle. Der Rest wurde wegen Delikten
gegen Leib und Leben, gegen die sexuelle Integrität, wegen
Pornografie, Mitgliedschaft in kriminellen Organisationen,
Vermögensdelikten und Menschenhandel angeordnet.
Telefonüberwachungen können nur von der
Staatsanwaltschaft, einem Untersuchungsrichter oder von anderen
Strafverfolgungsbehörden in Auftrag gegeben werden. Über das
EJPD werdendie Aufträge an die Telekomfirmen weitergeleitet. Am
häufigsten verlangen die Behörden rückwirkend
Verbindungsdaten, um Verbrechern auf die Spur zu kommen.
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Verspätet, aber optimistisch
Beim Staatsschutz stehen Änderungen in Aussicht
Einmal mehr. Die Untersuchung der
Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) des Bundesparlaments
über die Staatsschutzfichen verzögert sich weiter. Grund sind
dringliche Abklärungen rund um die Finanzkrise. Dennoch zeigt sich
GPDel-Präsident Claude Janiak zufrieden: "Das Geschäft ist
nicht mehr so dringlich", sagt der Binninger SP-Ständerat. Denn
noch in diesem Jahr wolle Bundesrat Ueli Maurer eine Vorlage "light"
zur Revision des Bundesgesetzes zur Wahrung der Inneren Sicherheit
vorlegen mit den Punkten, die bei der Vorlage BWIS II nicht bestritten
waren.
So zeichne sich gerade bei der Aufsicht über die
Tätigkeit des Staatsschutzes in den Kantonen eine Lösung ab.
Maurer habe zugesichert, dass diese nun gesetzlich geregelt werde.
Bisher sei die Aufsicht praktisch inexistent, so Janiak. Basel-Stadt
hatte denn auch eine Verordnung zur stärkeren Kontrolle angeregt,
was aber bisher beim Bund auf wenig Echo stiess. Auslöser für
die umfassende Inspektion aber war nicht die Basler Fichenaffäre,
sondern die steigende Anzahl Einträge auf mittlerweile über
110000 Fichen. Janiak: "Doch nun ist einiges im Gang, auch dank
Regierungsrat Hanspeter Gass, der sich für eine Aufsicht in den
Kantonen einsetzt." Auch Auskunfts- und Einsichtsrecht bezüglich
der Fichen sollen neu geregelt werden. (db)
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RECLAIM THE STREET ZH
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Sonntag 14.2.10
Internet-Bürgerwehr jagt Zürcher Chaoten
Nach Krawallnacht schalten Gewerbler virtuellen Pranger auf
von Claudia Marinka und Nadja Pastega
Die gewalttätigen Ausschreitungen vom letzten Samstag
in Zürich haben politische Folgen: Der Stadtzürcher
SVP-Fraktionschef Mauro Tuena und betroffene ne Gewerbler wollen Fotos
der Chaoten und Aufnahmen von Überwachungskameras ins Internet
stellen. Mit dem virtuellen Pranger soll der Druck auf die Polizei
erhöht werden, selber in diese Richtung aktiv zu werden.
"Ich werde anlässlich der nächsten
Gemeinderatssitzung einen Vorstoss einreichen und fordere darin die
Polizei auf, entsprechende Bilder und Aufnahmen zur Fahndung im
Internet zu veröffentlichen", kündigt Tuena gegenüber
dem "Sonntag" an: "Wenn Straftäter unter 18 Jahren darunter sind,
müssen die Eltern den Schaden bezahlen. Zusätzlich sollen die
Jugendlichen zu gemeinnützigen Arbeiten verdonnert werden."
Rückhalt für das Vorgehen kommt von Jakob
Büchler (CVP/SG), Präsident der nationalrätlichen
Sicherheitskommission: "Die Veröffentlichung von Täterfotos
im Internet ist richtig." Die Zerstörungswut war enorm, wie eine
neue Schätzung zeigt: "Zurzeit sind Schadenmeldungen von rund
einer halben Million Franken eingegangen", sagt Marco Cortesi,
Medienstchef der Stapo Zürich. > Seite 4
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Nach Krawall-Nacht: Gewerbler wollen Fotos von Chaoten ins Netz
stellen
SVP-Fraktionschef Mauro Tuena und Ladenbesitzer drohen mit
virtuellem Pranger, um Druck auf die Polizei auszuüben
von Nadja Pastega und Claudia Marinka
Die Schadenmeldungen des Saubannerzuges in Zürich
belaufen sich auf eine halbe Million Franken. Die Gewerbler und
Politiker haben die Nase voll.
Ein Stein der Demonstranten verfehlte knapp ein kleines
Mädchen, das am Samstagabend mit ihrer Mutter im Restaurant zu
Gast war. Als der Stein durch die Fensterscheibe flog, konnten sichdie
beiden durch die Hintertür retten. "Die Mutter stand unter
Schock", erzählt Lesvi Gatorno, Geschäftsführer vom
"Hooters". Vergangenen Montag hat er Strafanzeige gegen Unbekannt
eingereicht.
Der Stadtzürcher SVP-Fraktionschef Mauro Tuena und
betroffene Gewerbler wollen nun Fotos der Chaoten und Aufnahmen von
Überwachungskameras ins Internet stellen. Mit dem virtuellen
Pranger soll der Druck auf die Justizund Polizei erhöht werden,
selber in diese Richtung aktiv zu werden. Tuena hat auch schon einen
griffigen Namen für seine neue www-Waffe: Chaotenwanted.ch!
Gewerbler Oliver Fux von Fux AG ist begeistert: "Wenn eine
solche Homepage initiiert werden sollte, wären wir sicher
kooperativ und würden entsprechendes Bildmaterial zur
Verfügung stellen", sagt er. "Wenn sich die Geschädigten
zusammentun und die Bilder ins Netz stellen, werde ich mich an dieser
Aktion beteiligen", sagt auch Juwelier Christian Celik und
Frisörin Corinne Diggelmann gibt sich ebenfalls kämpferisch:
"Natürlich bin ich dabei, es muss jetzt ein Zeichen gesetzt
werden."
Tuena will so Chaoten und Querulanten vor Arbeitgeber und
Freunden blossstellen. "Ich werde anlässlich der nächsten
Gemeinderatssitzung einen Vorstoss einreichen und fordere darin die
Polizei auf, entsprechende Bilder und Aufnahmen zur Fahndung im
Internet zu veröffentlichen", sagt Tuena. "Wenn Straftäter
unter 18 Jahren darunter sind, sollen die Eltern den Schaden bezahlen.
Zusätzlich sollen die Jugendlichen zu gemeinnützigen Arbeiten
verdonnert werden", sagt Tuena.
Zurzeit schliesst die Stadtpolizei eine Internet-Fahndung
noch aus. "Wir haben derzeit aufgrund der gesetzlichen Grundlagen keine
Möglichkeit, die Bilder ins Netz zu stellen", sagt Marco Cortesi,
Medienchef der Stadtpolizei Zürich, "es sei denn, die
Staatsanwaltschaft beurteilt das anders." Die Polizei-Gewerkschaft
begrüsst jedenfalls die Idee. "Die Internet-Fahndung ist ein gutes
und adäquates Mittel, um Straftätern ein Gesicht zu geben",
sagt Präsident Heinz Buttauer.
Rückendeckung erhält SVP-Politiker Mauro Tuena
auf Bundesebene: "Die Veröffentlichung von Täterfotos im
Internet ist richtig und offenbar auch nötig. Es kann nicht
länger geduldet werden, dass Randalierer Personen- und
Sachschäden verursachen und nachher in der Menge verschwinden. Mir
ist jedes Mittel recht, um solche Täter zur Verantwortung zu
ziehen", sagt Jakob Büchler (CVP/SG), Präsident der
nationalrätlichen Sicherheitskommission (SIK). Er fordert gar eine
"spezielle Eingreiftruppe", welche in solch brenzligen Situationen
sofort einschreiten könnte. Ebenso will er eine grössere
verdeckte Ermittlung: "Sie ist nötig, um vorbeugen zu
können." Büchler spricht sich zudem für Schnellgerichte
wie bei Fussballspielen aus. So könnten Kriminelle bereits vor Ort
härter angepackt werden. Ein härteres Vorgehen fordert auch
Peter Malama (FDP/BS). "Die Polizei soll die Bilder
veröffentlichen. Wenn Sachbeschädigungen und Übergriffe
wie die letzte Woche in Zürich neuerdings über SMS, Facebook
und Twitter organisiert werden, darf sichdie Strafverfolgung bei der
Aufklärung ebenso moderner Medien und Methoden bedienen", sagt er.
Hart ins Gericht geht auch Ursula Haller (BDP/BE): "Die
Polizei soll die Täterfotos ins Netz stellen. Jeder potenzielle
Täter muss wissen, dass er mit dieser Fahndung zur
öffentlichen Persona non grata werden kann und keinen Anspruch
mehr auf Persönlichkeits- und Datenschutz haben wird." Und
für einmal findet selbst die Linke klare Worte. Evi Allemann
(SP/Bern) sagt: "Die Veröffentlichung von Täterfotos kann in
der Tat bei der Ermittlung hilfreich sein."
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Keine Wasserwerfer
Samstagnacht waren keine Wasserwerfer im Einsatz. Der
Grund: Sie waren leer und mussten erst aufgefüllt werden. Denn sie
würden erst dann bereitgestellt, wenn man sie wirklich brauche.
"Man kann die Wasserwerfer nicht tagelang beladen herumstehen lassen,
sonst gehen sie kaputt", sagt Marco Cortesi, Medienchef der
Stadtpolizei Zürich. Die Wasserwerfer würden mehrere tausend
Liter fassen. "Das braucht eine gewisse Vorlaufzeit. Zudem
benötigt es eine speziell ausgebildete Mannschaft, ein
eingespieltes Team. Es kann nicht jeder Polizist auf einem Wasserwerfer
mitfahren", sagt er. Dass keine Wasserwerfer zum Einsatz kamen, sei
"ein zeitliches Problem", gewesen, "wie alles an diesem Abend".
Wasserwerfer werden als Einsatzmittel zur Gefahrenabwehr bei
gewalttätigen Ausschreitungen am Rande von Demonstrationen oder
Sportveranstaltungen eingesetzt.
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"Damit hat keiner von uns gerechnet"
Organisatoren zeigen Reue
So hat sich die Aktion niemand vorgestellt. Wie ein
Mitorganisator gegenüber dem "Sonntag" sagt, habe man vergangene
Woche erwägt, eine Medienmitteilung herauszulassen. Doch daraus
ist dann doch nichts geworden. Zu gross ist die Scheu der
Organisatoren, jetzt ins Scheinwerferlicht zu treten. "Mit dieser
Zerstörungswut hat keiner von uns gerechnet", sagt S.F.*, der
selber am letz-ten Samstag mitgelaufen ist und im Vorfeld ebenfalls zur
Aktion aufgerufen hat. "Die Sachbeschädigungen waren nicht
nötig. Man hätte dafür sorgen sollen, dass die Stimmung
mehr auf Party und weniger auf Aggressiv-Sachen-kaputt-Machen bleibt."
Dafür hätte man die Leute beruhigen und stehen bleiben
sollen, anstatt weiter herumzulaufen. Die Wut der Gewerbler stosse bei
vielen Teilnehmern auf Verständnis. S. sagt: "Ich kann ihre Wut
gut verstehen."
"Reclaim the Streets", was auf Deutsch so viel wie "Holt
euch die Strasse zurück" bedeutet, ist eine europäische
Bewegung. Sie will mit Aktionen den öffentlichen Raum
zurückerobern. So auch letzten Samstag in der Stadt Zürich.
"Eigentlich haben wir mit einem grossen Polizeiaufgebot gerechnet und
waren erstaunt, als wir nur wenige Polizisten gesehen haben", sagt S.
"Reclaim the Streets" hatte die Aktion Wochen vorher
geplant. Die Kommunikation fand an Partys und via Mundpropaganda statt.
Eine Woche vorher seien Aufkleber verteilt worden. "Sie lagen in der
Volksküche auf und klebten an Strassenlaternen", sagt S. Hinzu
kamen Flyer, die verteilt worden sind. Ausser kurzfristig auf Facebook
sei im Internet hingegen nichts publiziert worden. Die letzte
Mobilisierung am Samstag sei per SMS erfolgt. "Es war schon Strategie,
dass man es nicht an die grosse Glocke hängt." Genau daran
scheiterte auch die Polizei: denn alles Elektronische, wie E-Mail,
Facebook oder SMS, bekommt die Polizei nicht mit. Darum habe sie am
Samstag nicht besser reagieren können.
Der Ausgang des ursprünglich friedlich anberaumten
Aktionszuges hat nun selbst Mitorganisatoren schockiert. "Das
Verheerende war, dass viele der Chaoten, die dann gewalttätig
wurden, nicht gross aus der Menge stachen, bis sie zuschlugen." Claudia
Marinka
* Name der Redaktion bekannt
--
Editorial
Maurers Steinzeit-Methoden
Sandro Brotz ist stellvertretender Chefredaktor.
DREI TAGE LANG hat die Zürcher Polizeichefin Esther
Maurer geschwiegen, um dann doch nur Plattitüden von sich zu
geben: "Die Polizei hat mit den zur Verfügung stehenden
Einsatzkräften das Optimum bei der Schadenbegrenzung erreicht."
Das Optimum erreicht? Angesichts eines Sachschadens von
einer halben Million Franken, keiner einzigen Verhaftung und
frustrierten Ladenbesitzern eine etwas gar beschönigende Bilanz.
In den Ohren der betroffenen Gewerbler, die auf einem Scherbenhaufen
sitzen gelassen wurden, muss Maurers Kommentar zur Krawallnacht von
Zürich wie Hohn geklungen haben.
FAKT IST: Die Zürcher Polizei hat sich von ein paar
hundert Chaoten vorführen lassen. Was jeder Feuerwehrmann und
jeder Handwerker hat - ein Alarmierungssystem via Pager über die
Einsatzzentrale -, ist bei der Stadtpolizei Zürich noch immer in
Prüfung. Aber eben, um Maurers kruder Logik zu folgen, sei es
"etwa sieben Jahre her, seit eine solche Aktion ‹Reclaim the streets›
das letzte Mal zu Ausschreitungen geführt hat". Ausgerechnet jene
Stadt, die mit wiederkehrenden 1.-Mai-Gewaltorgien eigentlich nicht auf
dem falschen Fuss erwischt werden sollte, zeigte sich von einem "neuen
Phänomen" überrascht. Dass die Zeit nicht gereicht haben
soll, um die Wasserwerfer aufzufüllen, ist in dieser peinlichen
Chronologie des Versagens ein kleines, aber bezeichnendes Detail.
Mit Steinzeit-mEthoden kann eine aufgeputschte Allianz aus
Autonomen, Hooligans und Szenegängern jedenfalls nicht gestoppt
werden. Nach dieser behördlichen Fehlleistung sind Rufe nach mehr
Polizisten, mehr Überwachung und mehr Gesetzen nicht weit. Eine
reine Aufrüstungspolitik, die einem Polizeistaat Vorschub leisten
würde, ist jedoch fehl am Platz. Wenn es aber darum geht, Personen
verhaften zu können, die fremdes Eigentum mutwillig zerstören
und Unbeteiligte in Gefahr bringen, müssen auch neue
Kommunikationsmittel eingesetzt werden. Der Internet-Pranger mag ein
unsympathisches Instrument sein, aber er ist bestimmt ein
wirkungsvolles. Nur gehört die Fahndung - ob auf der Strasse oder
im Netz - nicht in die Hände von Privaten, sondern muss vom Staat
ausgeübt werden.
sandro.brotz@sonntagonline.ch
---
Sonntagsblick 14.2.10
Experte und Buchautor Danel Ryser über de jüngsten
Krawalle in Zürich
Die Legende von den Polit-Hooligans
Von Danel Ryser
Sind Linksautonome und Hooligans plötzlich
verbrüdert? Quatsch! Ein Schläger mit FCZ-Schal macht noch
keinen Hooligan.
Am "Reclaim the Streets", einer illegalen Strassenparty in
Zürich vor einer Woche, kam es zu gewaltigen Sachschäden.
Mitschuldig sollen neben Autonomen und Leuten aus der Graffiti-Szene
FCZ-Hooligans gewesen sein. Diese hätten während des
FCZ-Spiels mit Flyers zur Demo aufgerufen. Später habe man diese
an den FCZ-Schals erkannt. Fakt ist aber: Ein Hooligan trägt
niemals einen Fanschal. Der "Casual"-Dresscode wird in der Szene strikt
eingehalten.
Es gibt das Abc der Fan-Einteilung: A steht für
normale Fans. B für die so genannten Ultras. Und C für die
gewaltbereiten Hooligans. Letztere Gruppe wird in der Schweiz immer
kleiner. "Sie ist eine aussterbende Art", sagt Christoph Vögeli,
Leiter der Zentralstelle Hooliganismus in Zürich. Man habe mit
diesen Leuten an den Spieltagen wenig Probleme, "weil die Szene
überschaubar ist, wir kennen die Leute, sprechen sie an".
Die Hooligans verabreden sich immer öfter zu
Schlägereien auf Feldern, Wiesen und in Wäldern. Sie befolgen
einen Rat von Anti-Hooligan-Polizisten: "‹Ich sagte ihnen: ‹Macht den
Seich doch in der Allmend›", erzählt Adolf Brack, erster
Hooligan-Polizist der Schweiz. "Meine Priorität war immer, dass es
ruhig ist um das Stadion."
Wenn in den Medien also von Pyros zündenden und
prügelnden Hooligans die Rede ist, sind in Wirklichkeit meist
Ultras gemeint. Sie sind seit zehn Jahren die tonangebende Bewegung in
den Schweizer Stadien. Die Szene ist bunt gemischt: Vom SVP-Schreck zum
SVP-Wähler ist alles dabei. Das verbindende Element ist die
bedingungslose Unterstützung des Clubs mit Gesängen, Fahnen,
Choreografien und Feuerwerk.
Die Szene zieht auch Gewalttäter an. Anders als
Hooligans kann man Ultras jedoch nicht auf Gewalttäter reduzieren.
Ultra ist, wer bereit ist, den Verein jedes Wochenende vorbehaltlos zu
unterstützen. Eine Losung dabei ist: Keine Politik im Stadion.
Trotzdem gibt es immer wieder Probleme, meistens in
Zusammenhang mit Feuerwerk: Die Ultras bestehen darauf, dass die
verbotenen Pyros Teil ihrer Fankultur sind. Sie kämpfen um das
"kontrollierte Abbrennen", wie sie es nennen. Dieser Wunsch ist in
weite Ferne gerückt, seit ein Teil der Gewaltbereiten unter den
Ultras nicht davor zurückschreckt, mit Pyros andere Matchbesucher
zu attackieren.
Neue Probleme haben alte abgelöst. Die Ultras haben
zwar Pyros in die Stadien gebracht. Sie haben aber etwas erreicht, was
die Liga in zwanzig Jahren nicht schaffte: Mit dem Aufkommen der Ultras
in der Schweiz um die Jahrtausendwende verschwand der früher offen
zelebrierte Rassismus aus den Stadien. Keine fliegenden Bananen mehr,
kaum noch Affengeräusche gegen schwarze Spieler.
Hooligan-Experte Christoph Vögeli sagt: "Die
Hooliganszene ist eine rechte Domäne mit linken Ausnahmen. Bei den
Ultras ist das eher umgekehrt." Verändert hat sich laut
Vögeli auch Folgendes: "Früher ging man an den
Antifaschistischen Abendspaziergang, heute geht man an den
Fussballmatch."
Oder, wie der letzte Samstag beweist, eben an beides.
Dass jene Ultras, die während des FCZ-Spiels
Demo-Flyer verteilten, zwingend zum gewaltbereiten Teil der Szene
gehören, bestätigt auch die Polizei nicht. Denn Anlässe
wie "Reclaim the Streets" sind in den letzten Jahren meist friedlich
verlaufen. Wer daran teilnimmt, ist noch nicht unbedingt gewaltbereit.
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Autor recherchierte im Hooligan-Milieu
Am Freitag ist das Buch "Feld-Wald-Wiese. Hooligans in
Zürich" von Daniel Ryser erschienen. Im Artikel wird teilweise
daraus zitiert. Auf das Thema stiess der Autor im Herbst 2008, als er
Fotos erhielt, die den Präsidenten der Sicherheitskommission der
Schweizer Fussballliga inmitten einer Hooligan-Party zeigen. Die
Recherchen führten Ryser in die Zürcher Szene, wo er
Männer traf, die sich zu Kämpfen weit weg von Stadien treffen.
"Feld-Wald-Wiese. Hooligans in Zürich". Echtzeit Verlag.
Preis: 27 Franken. http://www.echtzeit.ch.
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SPORT
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Sonntagszeitung 14.2.10
Sachbuch
Was sind das für Menschen, die sich stolz Hooligans
nennen und sich in abgelegenen Wäldern mit Gleichgesinnten
prügeln? Ausser Klischees ist über die Szene wenig bekannt -
auch deshalb, weil die Hooligans die Öffentlichkeit konsequent
meiden. Daniel Ryser, einem Reporter der "Wochenzeitung", ist es
gelungen, tief in die Szene einzutauchen. In seinem Buch
"Feld-Wald-Wiese" skizziert er das Innenleben der Zürcher
Hooligans. Erwachsene Männer, die dafür leben, im Kampf Mann
gegen Mann ihren Kick zu bekommen.
Sie reisen wie eine Fussballmannschaft zum Spiel, Hunderte
Kilometer nach Deutschland - "für eine Minute Action". Sie treffen
sich abseits der Stadien, "keine Polizei, keine Zeugen.
Gewalttäter unter sich". In einem Waldstück gehen 20
Zürcher auf 20 Deutsche los, schlagen aufeinander ein. Alles
verabredet, nach klaren Regeln. Wer am Boden liegt, wird nicht mehr
geschlagen. Nach kaum einer Minute ist alles vorbei, an der
nächsten Raststätte das Blut abwaschen, nach Hause fahren.
Am stärksten ist Rysers Buch an den Stellen, wo er
Zitate von Hooligans zu einer Erzählung montiert, ganz ohne
Kommentar. Etwas enttäuscht stellt man nach 80 Seiten fest, dass
die Erzählung bereits zu Ende ist. Gerade, weil Ryser nah dran ist
und den Blick auf eine fremde Welt ermöglicht, hätte man
gerne noch 80 Seiten weiter gelesen. DAVID BAUER
Daniel Ryser, "Feld-Wald-Wiese", Echtzeit, 84 S., 27 Franken
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BZ 13.2.10
Hooligans in Sportstadien
Klares Ja zu Schnellrichtern
Bei Berner Sportklubs ist man begeistert, dass
künftig bei Hochrisikospielen in den Stadien Untersuchungsrichter
sitzen. Diese sollen dann gewalttätige Hooligans in einem
gerichtlichen Schnellverfahren verurteilen.
Gross ist die Zustimmung, ja Freude, dass jetzt auch die
Berner Justiz bei Ausschreitungen an Fussball- und Eishockeyspielen
hart durchgreift und Gewalttätige zur Rechenschaft zieht (siehe
gestrige Ausgabe). "Ich finde es gut, wenn die Justiz aktiv wird und
Fehlbare bestraft", betont Marc Lüthi, CEO der SCB Eishockey AG.
Dies sei auch darum positiv, weil bisher nach Ausschreitungen immer
zuerst die Sportklubs in die Pflicht genommen worden seien.
Zustimmung zum Einsatz von Untersuchungsrichtern bei
Hochrisikospielen in Sportstadien signalisiert auch Albert Staudenmann,
Mediensprecher von YB und Stade de Suisse: "Diese Massnahme zielt in
die richtige Richtung, um die Gewaltbereitschaft in den Stadien
einzudämmen." Zum Glück seien die Super-League-Spiele im
Stade de Suisse bisher stets geordnet und ohne Gewaltdelikte verlaufen.
Komme dazu, "dass wir mit der Stadt Bern zahlreiche Massnahmen
vereinbart haben, an die wir uns selbstverständlich halten",
ergänzt Staudenmann. Nicht erreichbar für eine Stellungnahme
war gestern der Verein Fanarbeit Bern. Dessen Zweck ist es, eine
nachhaltige professionelle Fanarbeit und konstruktive Fankultur in und
um Sportveranstaltungen, in erster Linie im Fussball, zu fördern
und zu unterstützen.
Wie läuft das Verfahren ab?
Dass die Berner Kantonspolizei künftig bei
Hochrisikospielen in Fussball- und Eishockeystadien, bei denen mit
Ausschreitungen zu rechnen ist, Untersuchungsrichter beiziehen kann,
ist für Thomas Hansjakob, erster Staatsanwalt des Kantons
St.Gallen, "schön und gut". Denn: "Wir haben ein Interesse, dass
diese Praxis in allen Kantonen gleich gehandhabt wird."
In der Schweiz waren die St.Galler die ersten, die bei
Fussballspielen in der AFG-Arena gerichtliche Schnellverfahren
durchführten. Am Ort des Geschehens kommen Untersuchungsrichter
zum Einsatz, damit sich diese selbst ein Bild von den Gewalttaten
machen können. In St.Gallen wurden Tatverdächtige von der
Polizei angehalten und - samt Beweisen - dem Untersuchungsrichter
zugewiesen. Dieser führte die Einvernahmen binnen 48 Stunden
durch, gewährte den Betroffenen rechtliches Gehör und stellte
Verurteilten bei der Entlassung bereits den Strafbescheid samt Rechnung
aus.
Zehn Verurteilungen
Swiss Olympic ist überzeugt, dass das Vorgehen der
St.Galler Justiz und Polizei "bereits Früchte getragen hat". Laut
Staatsanwalt Thomas Hansjakob kam es in St.Gallen bisher zu elf
Schnellverfahren. Dabei führte die strafrechtliche Fallbearbeitung
zu zehn Verurteilungen. Dies wegen Landfriedensbruch und oder Gewalt
und Drohung gegen Behörden und Beamte.
Ja zu einem Rayonverbot
Von besonderem Interesse ist für Swiss Olympic, "dass
den Verurteilten neben der Strafe zusätzlich per Weisung ein
mehrjähriges Verbot zum Besuch von Fussball- und teilweise auch
Hockeyspielen der oberen Ligen sowie von internationalen Spielen
auferlegt wurde". Dass die kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren
planen, Hooligans nach einem schweren Gewaltdelikt gleich mit einem
schweizweit geltenden Rayonverbot bei Sportstadien zu belegen (siehe
gestrige Ausgabe), begrüsst YB- und Stade-de-Suisse-Mediensprecher
Albert Staudenmann: "Der Gewalttourismus stellt ein Problem dar, dem
man nur mit schweizweiten Rayonverboten Rechnung trägt."
Urs Egli
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Schweizweite Rayonverbote
Rechtsgrundlage fehlt
"Grundsätzlich ist gegen Schnellverfahren nichts
einzuwenden", schreibt Fansicht auf ihrer Website. Fansicht ist die
Vereinigung der Fanklubs folgender Fussballklubs: Aarau, Basel, GC
Zürich, FC Zürich, Luzern, Sion, St.Gallen, Winterthur und
Young Boys Bern. Allerdings kam Fansicht im letzten November zum
Schluss, dass das in St.Gallen angewendete gerichtliche
Schnellverfahren "rechtsstaatlich bedenklich" sei.
Fansicht stört sich zudem an den von der St.Galler
Justiz verfügten "nicht durchführbaren, unüberlegten und
höchst fragwürdigen" Stadion- und Rayonverboten. Solche
Verbote seien "allenfalls sogar verfassungswidrig".
Weil bis heute die rechtliche Grundlage für
schweizweite Rayonverbote tatsächlich nicht vorhanden ist, wollen
die kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren dies mit einem Konkordat
korrigieren.
ue
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POLICE CH
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Sonntagszeitung 14.2.10
Grenzwächter gegen Chaoten
Polizeikommandant will Teile des Grenzwachtkorps auf
Kantone verteilen
Von Matthias Halbeis
Zürich Nach den gewalttätigen Krawallen vom
vergangenen Wochenende in Zürich rechnet Pierre Nidegger, der neue
Präsident der Polizeikommandanten und damit "oberster" Polizist im
Land, mit einer Zunahme von solchen spontanen und extrem
gewalttätigen Ausschreitungen (vgl. Interview). Zudem bezweifelt
er, ob überhaupt ein kantonales Polizeikorps in der Lage ist,
jederzeit genügend Personal aufzubieten, um solche Situationen in
den Griff zu bekommen.
Deshalb will Nidegger Bestandeslücken der Polizei mit
Grenzwächtern auffüllen und fordert die Aufteilung des
Grenzwachtkorps (GWK): "Aus meiner Sicht sollten 1000 bis 1200
Grenzwächter proportional auf die Kantonspolizeikorps verteilt
werden."
Seine Forderung begründet Nidegger damit, dass mit
dem Beitritt der Schweiz zu Schengen das GWK einen Teil seiner Aufgaben
verloren hat. Die Ausdehnung der Tätigkeiten des GWK in neue
Aufgabenfelder führe zu Doppelspurigkeiten mit den Polizeikorps.
Letztes Beispiel ist laut Nidegger der Plan des GWK, eigene
erkennungsdienstliche Zentren aufzubauen: "Das ist eine ureigene
Tätigkeit der Polizei." Demgegenüber gebe es bei den
Kantonspolizeien einen Unterbestand von gegen 1000 Mann, sagt Nidegger,
Kommandant der Freiburger Kantonspolizei und seit September
Präsident der Polizeikommandanten-Konferenz (KKPKS).
Durch steigende Einsatzstunden bei Sportveranstaltungen
wird die Problematik der Unterbestände bei mehreren Polizeikorps
markant verstärkt. Dazu kommt die Belastung der Korps durch immer
häufiger stattfindende Grossanlässe - beispielsweise am WEF
in Davos oder während der Euro 08. Die Folge sind jeweils
Zehntausende von Überstunden, die kaum abgebaut werden
können. Genau für solche gesamtschweizerischen Anlässe
könnten die vom GWK zu den Kantonspolizeien transferierten Beamten
jeweils zusammengezogen werden, findet Nidegger: "So würde die
Grundversorgung in den Kantonen durch die Grosseinsätze nicht mehr
beeinträchtigt."
Einsatz als Zivilbeamte in Passagierflugzeugen
Gemäss Nideggers Konzeption sollen die GWK-Polizisten
eine gesamtschweizerische Einsatzreserve bilden, die der Bund weiter
finanziert. Weil er diese Polizisten aber nur ab und zu für
Grossanlässe benötigt, könnten sie in der restlichen
Zeit in den Kantonen die Unterbestände füllen.
Auch den Rest des GWK will Nidegger stärker in die
Pflicht nehmen: Neben den Zollaufgaben soll sich das GWK um
Bundesaufgaben kümmern, welche heute Ressourcen der Kantone
belasten. Dazu gehöre der Einsatz von Zivilbeamten in
Passagierflugzeugen oder von Spezialisten bei Rückschaffungen von
Asylbewerbern. Für Nidegger ist klar: "Es gibt Arbeit für
alle Partner der Sicherheit. Aber eine präzisere Verteilung der
Aufgaben zwischen GWK und Polizei ist notwendig."
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"Ein massives Aufgebot ist notwendig"
Pierre Nidegger über Gewaltbereitschaft und die
Zunahme der Ausschreitungen
Herr Nidegger, am vergangenen Wochenende kam es in
Zürich zu einer spontanen und gewalttätigen Demonstration.
Wie muss die Polizei in einem solchen Fall reagieren?
Sie muss sofort intervenieren mit den Mitteln, die im
Dienst sind. Was sie meines Wissens gemacht hat. Ein massives Aufgebot
von Polizisten ist nachher notwendig, um einen solchen Gewaltausbruch
in den Griff zu bekommen.
Die Stadtpolizei wurde überrascht und hatte zu wenig
Beamte im Dienst.
Wenn zu wenig Personal zur Verfügung steht, muss ein
Korps schnell weitere Leute aufbieten. Polizisten, die beispielsweise
im Urlaub, auf Pikett sind oder an anderen Orten Dienst tun. Bei einem
Ereignis von der Dimension wie in Zürich bin ich mir aber nicht
sicher, ob in der Schweiz überhaupt ein Polizeikorps die
notwendige Anzahl von Polizisten so kurzfristig aufbieten könnte.
Bleiben solche Demonstrationen die Ausnahme?
Ich bin überzeugt, dass die Polizei in Zukunft immer
mehr mit derartigen Ausschreitungen konfrontiert sein wird. Weil sie
spontan passieren und sich durch grosse Gewaltbereitschaft auszeichnen,
muss sich die Polizei darauf einstellen, mit massiven Aufgeboten zu
reagieren. (EIS)
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SVP
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Sonntagszeitung 14.2.10
Anzeige gegen Ulrich Schlüer
Muslimische Organisation sieht Verstoss gegen
Rassismus-Strafnorm
Flaach ZH Muslime nehmen Ulrich Schlüer ins Visier.
Die "Union des organisations musulmans de Genève" hat bei der
Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland Strafanzeige gegen den
SVP-Nationalrat und Verleger eingereicht. Die Anzeige sei erfolgt, weil
Schlüer in seiner "Schweizerzeit" gegen die Antirassismusstrafnorm
verstossen habe, bestätigt Rechtsanwalt Andreas Meili.
Anfang November hatte Schlüer als Chefredaktor einen
Aufsatz abgedruckt, der zur "Massenausschaffung der Muslime" aus der
Schweiz aufruft. Der Koran, so der Text, verlange von den Muslimen
bedingungslos Gewalt und Mord an den Ungläubigen. Muslime seien
deshalb eine Gefahr für eine nicht muslimische Gesellschaft,
sobald sie eine gewisse Zahl erreichten, und müssten deshalb
ausgeschafft werden.
Der Aufsatz sei als Aufruf zu Hass oder zur
Diskriminierung einer religiösen Gruppe zu verstehen, wie ihn die
Antirassismusstrafnorm verbietet, argumentieren die Muslime.
Der Text stammt von Willy Schmidhauser, Präsident der
Schweizer Demokraten des Kantons Thurgau. Die Anzeige richtet sich auch
gegen ihn. Schlüer sei aber als Chefredaktor mitverantwortlich.
Schlüer war gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Der SVP-Politiker ist sich aber mindestens im Nachhinein der
Problematik des Textes bewusst geworden. Nachdem die SonntagsZeitung
über die Veröffentlichung berichtet hatte, beendete
Schlüer die Zusammenarbeit mit Schmidhauser. Dieser schreibt nicht
mehr für die "Schweizerzeit."
Denis von Burg
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PNOS
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Tagesanzeiger 13.2.10
Jaggi-Flugblatt nicht diskriminierend
Langnau - Das Ende Januar in die Langnauer Haushalte
verteilte Flugblatt von Georg Jaggi, Kandidat für Gemeinderat und
Gemeindepräsidium, wird aus juristischer Sicht nicht als
Rassendiskriminierung beurteilt. Die Staatsanwaltschaft trete nicht auf
eine entsprechende Anzeige der Gemeinde ein, teilt Gemeindeschreiberin
Ingrid Hieronymi mit.
Jaggi kandidierte ursprünglich für die
rechtsextreme Pnos, diese hat sich inzwischen vom 46-jährigen
arbeitslosen Werkzeugmacher distanziert. Jaggi schrieb im Flugblatt:
"Es bekümmert mich sehr, dass die Germanen aussterben und die
nicht germanischen Rassen sich so sehr vermehren, dass es immer mehr
Menschen gibt und das Leben wegen Überbevölkerung immer
unerträglicher und immer qualvoller wird." Laut Staatsanwaltschaft
verletzt eine pauschale Herabsetzung aller Nichtgermanen Bestimmungen
im Schweizerischen Strafgesetzbuch über die Würde und
Gleichheit des Menschen in seiner Eigenschaft als Angehöriger
einer bestimmten Ethnie nicht. Deshalb seien die Voraussetzungen
für die Eröffnung einer Strafuntersuchung nicht gegeben. (nus)
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SEMPACH
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Zürichsee Zeitung 13.2.10
Rückspiegel
Reclaim the Battlefield
Unter dem Motto "Reclaim the Streets" haben an
verschiedenen Orten in Europa meist friedliche Veranstaltungen
stattgefunden. Vor einer Woche ist eine Veranstaltung in Zürich
allerdings von alkoholisierten und überhormonisierten Jugendlichen
missbraucht worden. Die SVP Luzern scheint unter dem - leicht
abgewandelten - Motto "Reclaim the Battlefield" ein neues
Betätigungsfeld gefunden zu haben. Sie lancierte am Dienstag eine
Petition mit der Forderung, die Sempacher Schlachtfeier solle weiter im
gewohnten Rahmen stattfinden. In den letzten Jahren entwickelte sich
die Feier, die an die Schlacht von 1386 erinnert, zu einem Treffpunkt
von Rechtsextremen. 2009 organisierten die Juso deswegen eine
Demonstration. Damit sich die Gruppen nicht in die Quere kamen, war ein
Polizeiaufgebot nötig, das 300 000 Franken kostete. Der Luzerner
Regierungsrat will deshalb eine Denkpause einlegen und mit einem neuen
Konzept verhindern, dass die Feier zu einer verpolitisierten Plattform
verkommt. Dagegen wehrt sich die SVP. Sie fordert in ihrer Petition die
Regierung auf, die Schlachtfeier im gewohnten Rahmen durchzuführen
und sich gleichzeitig für die "schweizerische Kultur und unsere
historische Vergangenheit" einzusetzen. (sts)
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FESTUNG EUROPA
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NZZ 13.2.10
Als Kurde unterwegs
Fabrizio Gattis Undercover-Bericht "Bilal"
Jonathan Fischer ⋅ "Laut Statistik", schreibt Fabrizio
Gatti in seinem Buch "Bilal. Als Illegaler unterwegs nach Europa",
"sind allein von den 180 Passagieren des LKW, auf dem ich war, jetzt 22
tot. Mit dem nächsten sind es 44, mit dem übernächsten
schon 66." Doch was können Zahlen von den täglichen
Tragödien vermitteln, die sich auf hoffnungslos
überfüllten Lastwagen in der Wüste abspielen, wo
diejenigen, die geschwächt herunterfallen, erkranken oder kein
Geld mehr haben, ihrem Schicksal überlassen werden und man die
anderen an jeder Polizeisperre ausraubt?
Der italienische Journalist und Chefreporter des
Wochenmagazins "L'Espresso" hatte schon jahrelang "undercover" das
Schicksal von Flüchtlingen und Illegalen in Europa dokumentiert,
bevor er sich auf den Migrantentreck durch die Sahara begab. Als
"Kosovo-Albaner" war er von der Schweizer Polizei inhaftiert und mitten
im Krieg in seine vermeintliche Heimat deportiert worden. Oder er
deckte in der Rolle des Landarbeiters auf, zu welch schikanösen
Bedingungen Illegale auf Italiens Tomatenplantagen schuften. Es lag
also für Gatti auf der Hand, die Vorgeschichte dieser "modernen
Sklaven" zu erforschen: ihren Weg aus Afrika durch die Wüste und
übers Meer bis ins italienische Flüchtlingslager Lampedusa zu
dokumentieren.
Sein Reisebericht "Bilal" erhellt nicht nur, dass es sich
beim Menschenhandel um ein hochprofitables Geschäft handelt. Er
führt dem Leser auch eindringlich Einzelschicksale vor Augen: Im
Busbahnhof von Agadez etwa, wo jeden Tag 4 oder 5 alte
Militärlastwagen mit je bis zu 200 Menschen durch die Wüste
Richtung Mittelmeer losfahren. "Ihre Aussenwände sind
vollständig mit Wasserkanistern bedeckt. Auf jedem ist mit
schwarzer Farbe der Name oder das Kürzel des Besitzers vermerkt:
Madou, Hilal, Kiz . . ." An diesen Kanistern hängt das
Überleben der Menschen. Gatti gewinnt das Vertrauen einiger dieser
"stranded people": Viele von ihnen sind gut ausgebildet oder gar
Akademiker. Aber Bürgerkrieg und Jobmangel haben ihnen jede
Hoffnung geraubt, ihre Familie durch Arbeit zu ernähren oder das
Schulgeld der Kinder bezahlen zu können. Jetzt ernähren sie
sich seit Tagen und Wochen allein von Zuckerwasser. Und sparen ihr
weniges Geld für die Chance zur Weiterfahrt.
Sie erzählen von einem Freund, gerade 24 Jahre alt,
der letzte Nacht im Busbahnhof krepiert ist. Wenn Gatti auch
erklärt, dass er diese Männer als "moderne Helden"
betrachtet, so ist doch klar, dass sie vor allem die Verzweiflung
treibt. "Das ist Afrika, Bruder", erklärt ihm einer. "In Europa
hätte man einen Krankenwagen geholt." Gattis Bericht berührt
gerade da am meisten, wo der Autor die Distanz aufgibt - und die eigene
Ohnmacht angesichts der beobachteten Grausamkeiten eingesteht.
Zwar muss der Italiener kurz vor der libyschen Grenze
kehrtmachen. Doch dank zwei nigerianischen Reisegefährten, die es
nach Libyen geschafft haben, setzt er seine Recherchen per
E-Mail-Austausch fort. Gerade hat sich Berlusconi um die internationale
Rehabilitation des libyschen Diktators Ghadhafi bemüht - im
Gegenzug soll Libyen jede illegale Immigration nach Europa unterbinden.
Was das bedeutet, schildern James und Joseph dem italienischen
Journalisten: Die Polizei macht Jagd auf Illegale, setzt sie in der
Wüste aus, wo viele von ihnen verhungern oder verdursten. Wer in
den Auffanglagern landet, wird gefoltert. Die Überlebenden machen
sich freiwillig auf den Heimweg, auch wenn er Monate und Jahre dauern
kann.
"Das ist nicht mein Land", notiert Gatti an der Endstation
seiner Reise, dem Flüchtlingslager auf Lampedusa. Journalisten
haben hier keinen Zutritt. Gatti aber hat sich, als
schiffbrüchiger Kurde Bilal getarnt, aus dem Meer fischen lassen.
Und findet nicht das "Fünf-Sterne-Resort" vor, als das der
Lega-Nord-Politiker Mario Borghezio das Flüchtlingslager einmal
bezeichnet hatte. Stattdessen watet er durch knöchelhohen Kot und
Urin, schläft in der hoffnungslos überfüllten Anstalt
auf Handtüchern oder Tischen und wird Zeuge willkürlicher
Gewalt und Demütigung vonseiten der Carabinieri. Immerhin hat
Gattis Buch bei der Erstveröffentlichung 2005 eine
parlamentarische Untersuchung in Italien ausgelöst. Viel wichtiger
noch: "Bilal" gibt den namenlosen Leichen und Gestrandeten, über
die in Zeitungsmeldungen aus Lampedusa oder den Kanaren berichtet wird,
ein Gesicht. Sie werden als Menschen kenntlich, die Hunger,
Erniedrigungen, den Verlust von Familie und Heimat auf sich nehmen, nur
um ein wenig an den Privilegien teilzuhaben, die wir als unsere
selbstverständlichen Rechte erachten.
(zz)
Das Politische Buch
Fabrizio Gatti: Bilal. Als Illegaler auf dem Weg nach
Europa. Aus dem Italienischen von Rita Seuss. Verlag Antje Kunstmann,
München 2010. 460 S., Fr. 42.90.
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ANTI-ATOM
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Sonntagszeitung 14.2.10
Doppelter Ausfall in Gösgen
Sicherheitsrelevante Gleichrichter funktionierten nicht -
trotzdem meldete das AKW den Vorfall nicht
Von Catherine Boss
Brugg AG Das Eidgenössische
Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) prüft ein Strafverfahren
gegen die Alpiq. Es besteht der Verdacht, dass die Betreiberin des AKW
Gösgen einen gefährlichen Vorfall nicht
vorschriftsgemäss gemeldet hat. Im Juni 2008 sind beim
Wiederanfahren des Reaktors gleich zwei sicherheitsrelevante
Gleichrichter ausgefallen. Gleichrichter sind Geräte zur
Umwandlung von Wechselspannung in Gleichspannung. Nach der Behebung der
Störung setzte das AKW Gösgen das Anfahren des Reaktors fort,
obwohl die Ursache des doppelten Ausfalls nicht bekannt war, schreibt
das Ensi in einem Mitte Januar publizierten Bericht.
Das Inspektorat kritisiert nun diese Sorglosigkeit scharf:
Damit habe das AKW Gösgen einen zentralen Grundsatz der
Sicherheitsvorsorge verletzt. Obwohl die Kernenergieverordnung
vorschreibt, dass jeder Vorfall unverzüglich oder spätestens
innert 24 Stunden gemeldet werden muss, erfuhr das Ensi von diesem
Störfall erst acht Monate später.
Jetzt droht eine Busse von bis zu 10 000 Franken
Gösgen spielt den Fall herunter. "Kein
Sicherheitssystem ist ausgefallen, es gab keinen Spannungsunterbruch",
sagt Gösgens Betriebsleiter Bruno Elmiger. Nach den damaligen
Richtlinien sei es kein meldepflichtiges Ereignis gewesen.
Dem widerspricht Wolfgang Jeschki, Berater in nuklearen
Sicherheitsfragen: Die Sicherheit wäre in einem Notfall
beeinträchtigt gewesen, der Vorfall unterstehe somit nach
Kernenergieverordnung, die über den Richtlinien stehe, klar der
Meldepflicht. Das Kernkraftwerk Gösgen hätte vor dem
Wiederanfahren die Ursache klären und das Ensi darüber
informieren müssen, sagt Jeschki, ehemaliger Direktor der HSK,
Vorgängerin der Ensi.
Mittlerweile ist die Ursache bekannt. Bereits 2005 hatte
ein Lieferant die Gleichrichter falsch eingebaut. Der Fehler bestand
somit seit vier Jahren.
"Das zeigt einmal mehr, dass heute in den Werken, aber
auch bei den externen Lieferanten, Kompetenzen fehlen, um die Anlagen
richtig beurteilen und prüfen zu können", sagt Walter Wildi,
Nuklearexperte und Professor an der Universität Genf.
Aufgrund des Vorfalls in Gösgen hat das Ensi nach
eigenen Angaben die Inspektionstätigkeit vor Ort in den letzten
Monaten intensiviert. Sollte es zur Strafklage kommen, droht Alpiq eine
Busse bis zu 10 000 Franken.
Dies wäre bereits die zweite Ensi-Klage innert
weniger Monate. Seit letztem Herbst läuft ein Verfahren gegen die
Axpo, weil im AKW Beznau zwei Mitarbeiter verstrahlt worden waren.