MEDIENSPIEGEL 16.2.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Rössli)
- RaBe-Info 16.2.10
- Aarbergergasse: Wilde Zone
- Sport BE: Kein Internetpranger für Hooligans
- Randstand Thun: Mit Kameras gegen Alkis
- RTS ZH: Jagd nach Online-Bildern
- Billag-Revolte beim SGV
- Narrenkraut in Tschechien
- Drogen- / Waffenhandel Südamerika/Afrika

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REITSCHULE    
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Mi 17.02.10
19.00 Uhr - SousLePont   -  Route66 Spezialitäten

Do 18.02.10
20.30 Uhr - Tojo - "Etwas Über Leben" von Pasta del Amore.
21.00 Uhr - Rössli-Bar - Air Waves (BROOKLYN)

Fr 19.02.10
20.30 Uhr - Tojo - "Etwas Über Leben" von Pasta del Amore.
21.00 Uhr - Kino - Baskenland: La pelota vasca - La piel contra la piedra, Julio Medem, Spanien 2003
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild East: Boban i Marko Markovic Orkestar (RS); Support: Djane Deeba (BE)

Sa 20.02.10
20.30 Uhr - Tojo - "Etwas Über Leben" von Pasta del Amore.
21.00 Uhr - Kino - Baskenland: La pelota vasca - La piel contra la piedra, Julio Medem, Spanien 2003
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: BTK (Renegade Hardware/BRA), Deejaymf (cryo.ch), VCA (Biotic Rec); Antart (Loud&Dirty), Submerge (beatsandpics.ch)

Infos: http://www.reitschule.ch

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kulturstattbern.ch 15.2.10

Benedikt Sartorius am Montag den 15. Februar 2010 um 07:00 Uhr

Kulturbeutel 07/10

Herr Sartorius empfiehlt:
Heute Montagabend das Konzert des Quer-Gitarristen Eugene Chadbourne im Verbund mit dem Schlagzeuger Paul Lovens in der Dampfzentrale sowie, am Donnerstagabend, nach Real Estate einmal mehr milde Lieder, dieses Mal mit den Air Waves im Rössli der Reitschule. Kurz, das Gegengift zur Fasnacht.

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RABE-INFO
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Di. 16. Februar 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_16._Februar_2010.mp3
- Mehr Transparenz in der Herkuftsbezeichnung von Holz
- Sicher überleben mit dem sozio-ökologischen Wirtschaftskonzept Equilibrismus
- Die Diskriminierung der christlichen Minderheit der Kopten in Oberägypten

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AARBERGERGASSE
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BZ 16.2.10

Sicherheit in der Stadt Bern

 Polizei muss immer häufiger eingreifen

 Eine Messerstecherei, eine Pöbelei und eine Massenschlägerei innerhalb von sechs Stunden: Die Berner Aarbergergasse ist Ausgehmeile und Problemzone gleichzeitig. Selbst Polizisten werden verbal und tätlich angegriffen.

 Im Zusammenhang mit der am 7.März zur Abstimmung kommenden Sicherheitsinitiative der FDP wird kontrovers über die Sicherheitslage in Bern diskutiert. Diese Zeitung wollte es genauer wissen: Was passiert an einem zufällig ausgewählten Wochenende nachts in einer der städtischen "Problemzonen"?

 Die Versuchsanordnung: Ein Reporter steht von 23 Uhr bis 5 Uhr in der Aarbergergasse - laut Sicherheitsdirektor Reto Nause ein "Hotspot" - und protokolliert die Ereignisse. Letztes Wochenende, in der Nacht auf Sonntag, kam es in den sechs Stunden unter anderem zu einer Messerstecherei, einer Pöbelei und einer Massenschlägerei, bei welcher die Polizei in Bedrängnis geriet (siehe Ausgabe von gestern).

 War das nun eine ganz normale Nacht in der Ausgehmeile oder eine seltene Kumulierung der Ereignisse? "Polizeiliche Einsätze im Raum Aarbergergasse kommen seit geraumer Zeit regelmässig vor", sagt Manuel Willi, Regionenchef der Kantonspolizei. "Die Nacht auf den vergangenen Sonntag war eine intensive Nacht", ergänzt Willi. Es gebe auch bedeutend ruhigere Phasen. Häufungen wie letztes Wochenende kämen hie und da vor, seien aber nicht alltäglich.

 Für die Sanitätspolizei sind Einsätze in der Aarbergergasse wegen Alkohol und Drogen an den Wochenenden normal, sagt Martin Berger, Chef Logistik. "Nebst drei Einsätzen in der Aarbergergasse hatten wir vier weitere alkoholisierte Personen in der Innenstadt zu betreuen." Drei davon mussten hospitalisiert werden. Das Ausrücken wegen Messerstecherei und Schlägerei ist laut Berger weniger oft der Fall.

 Schliessungen gefordert

 Für Bernhard Hüsser, Präsident der Interessengemeinschaft Aarbergergasse und Wirt des Restaurants Moléson, war der letzte Samstag unterdurchschnittlich: "Bei warmem Wetter geht die Post noch mehr ab." Das Regierungsstatthalteramt solle Bar- und Klubbetreiber etwa mit temporären Schliessungen zur Rechenschaft zu ziehen.

 So sieht es auch Hans Gaberthüel, Besitzer der Liegenschaft, wo das "El Presidente" eingemietet ist. Vor diesem Klub kam es in der Nacht auf Sonntag zu drei Zwischenfällen. Weil Gaberthüel den Mietvertrag nicht auflösen kann, hat er beim Statthalteramt eine Beschränkung der Betriebszeiten verlangt (siehe Kasten). Regelmässig auf Kontrolle in der Gasse ist die Gewerbepolizei, welche die Verfügungen des Statthalteramts durchsetzen muss. Deren Chef Marc Heeb will zu einzelnen Ereignissen und Betrieben nicht Stellung nehmen. Er erwarte von der Kantonspolizei aber einen Bericht über die Ereignisse des Wochenendes.

 Mehr Polizeieinsätze

 Bei der Polizei beobachtet man die nächtliche Gewalt in den "Problemzonen" mit Sorge: "Namentlich am Wochenende hat die Zahl der Einsätze wegen Gewaltdelikten zugenommen", sagt Willi. Diese Entwicklung mache auch vor Polizisten nicht Halt: "Sie sehen sich des Öfteren mit verbalen und physischen Angriffen konfrontiert." Darum stünden neben den regulären Kräften in der Stadt Bern auch sicherheitspolizeiliche Elemente im Einsatz. "So war es am Wochenende innert kürzester Zeit möglich, die Situation in der Aarbergergasse unter Kontrolle zu bringen", sagt Willi.

 Jürg Spori Adrian Zurbriggen

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 Klub El Presidente

 Verfahren gegen Betreiber hängig

 Zu drei Zwischenfällen kam es in der Nacht auf Sonntag vor dem Klub El Presidente. Gegen den Betrieb ist ein Verfahren beim Statthalteramt hängig, wie Recherchen dieser Zeitung zeigen. Verlangt wird eine Beschränkung der Öffnungszeiten bis 0.30 Uhr. Momentan schliesst das Lokal um 5 Uhr früh. Das Gesuch um "Verfügung von Verwaltungszwangsmassnahmen" gestellt hat der Hausbesitzer Hans Gaberthüel. Er habe keine andere Wahl, weil der zehnjährige Mietvertrag erst 2014 auslaufe und sowohl eine Aussprache als auch ein Schlichtungsverfahren ergebnislos geblieben seien.

 Laut Gesuch habe sich die Situation um das "El Presidente" seit Ende 2008 massiv verschlechtert, nachdem die Pächter gewechselt hatten. "Neben der starken Lärmbelästigung wurde auch von Schlägereien und Belästigungen von Passanten und Anwohnern durch betrunkene Gäste berichtet", heisst es in dem Gesuch. Von den Störungen sei die ganze Gasse betroffen, schreibt Gaberthüel und dokumentiert dies mit zahlreichen Schreiben an das Regierungsstatthalteramt und Reklamationen an seine Adresse.

 Das Regierungsstatthalteramt hat im Falle des "El Presidente" bereits letzten Mai Massnahmen verfügt. Dabei ging es um eine Beschränkung des Schallpegels den Tag über und das Bereitstellen eines Security-Dienstes.

 Die Kantonspolizei wollte gestern zu einzelnen Lokalitäten keine Stellung nehmen.
 azu/jsp

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ONLINE-KOMMENTARE

 Schlägereien in der Berner Aarbergergasse

 In der Ausgehmeile Aarbergergasse vergeht kein Wochenende ohne Pöbeleien, Schlägereien und Raubüberfälle. Der Artikel in der gestrigen Berner Zeitung zu diesem Thema sorgte auf der Online-Plattform www.bernerzeitung.ch für zahlreiche Kommentare. Hier eine Auswahl:

 Philippe Müller: Bessere Erziehung wäre gut. Was aber, wenn sie nicht stattfindet? Oder wenn sie - wie bei einem 23-jährigen Messerstecher - wohl etwas zu spät käme? Was tun wir dann? - Nichts? Die Reportage zeigt übrigens sehr schön, dass der "Gegenvorschlag" des Gemeinderats so ungenügend ist, dass er nicht einmal ausreichen würde, dieses Ereignis zu bewältigen, geschweige denn mehr und an mehreren Tagen…

 Ruth Schindler: Was mich am meisten aufregt an diesen "Alkoholleichen" ist, dass diese ins Spital geführt werden, dort meistens auch noch randalieren und am Schluss die ganzen Kosten auf die Krankenkasse gehen. Wenn diese Kinder schon keine Kinderstube genossen haben, sollen wenigstens die Eltern für die Folgekosten aufkommen.

 Adriano Valentino: Fehlende Lebensperspektiven und alltäglicher Stumpfsinn verursachen halt bei manchen ZeitgenossInnen das berühmte Saturday Night Fever. Wer will es ihnen verübeln, dass sie sich wenigstens einmal pro Woche im Mittelpunkt fühlen, zum People gehören wollen, um sich bei seichter Wut-Musik über beide Ohren mit Alkoholika vollaufen zu lassen. Am Montag gehts dann wieder ans Regalauffüllen im Supermarkt.

 Ulrich Scheidegger: Das Abbild unserer Gesellschaft hält überall Einzug - auch in Bern. Alles wirkt wie in Filmen, in denen vieles vorgezeigt und dargestellt wird, was sich nun in der realen Welt manifestiert. Trotz allen Massnahmen und Verboten steuern wir ohnmächtig dem Wahnsinn zu. Und dieser Wahnsinn ist in allen Gesellschaftsschichten omnipräsent.

 P. Gerber: Das ist das Resultat rot-grüner Politik und linker Kuscheljustiz.

 Bernhard Sievermann: Nein, P. Gerber, Sie liegen falsch! Das ist einzig das Resultat einer verfehlten Erziehung. Wenn den Kindern und später den Jugendlichen die Werte nicht vermittelt werden, die uns Menschen von den Tieren unterscheiden, ist das - unterstützt durch das unsinnige "Unterhaltungsangebot" - die logische Konsequenz und hat mit links und rechts überhaupt nichts zu tun. Noch ist es eine Minderheit!

 Toni Bürki: An P. Gerber. Ich frage mich gerade, was das mit rot/grün zu tun hat. Wenn sich Halbwüchsige wie Boxer oder Gangster aus den Filmen aufführen hat das nur was mit Erziehung und Intelligenz zu tun. Und mit der Werbung, Viedeoclips, Viedospielen und ganz viel Alkohol!

 Peter Zimmermann: Was soll das alles mit Kuscheljustiz und gefärbter Politik? Kriminalität ist immer die Visitenkarte unserer Gesellschaft. Herr Gerber, auch schwarz/blau/hellbraun können die Strömungen nicht einhalten. Sie und wir müssen Alternativen aufzeigen. Wir alle sind gefordert 'Gesetz vor Macht' zu stellen. (Reform 91)

 Hans Müller: Die Gesetze wären da, werden aber kaum durchgesetzt. Wie kann es sein, dass ein Drogendealer, nach einer Übernachtung im Knast, an nächsten Morgen schon wieder locker hinkend seinen Stoff verkauft? Alles ruft nach einer Bürgerwehr. Es kann nicht sein, dass ich abends in der Hauptstadt nicht sicher vor solchem Gesindel bin! Die Politiker allen voran Cüpli-Tschäppät betreiben Schönfärberei!

 Martin Lerch: Einfache Lösungen: Polizeistunde um 23.30 Uhr während der Woche und 00.30 Uhr am Samstag = weniger Besoffene in der Innenstadt. Konsequente Durchsetzung des Ausländerrechtes = wesentlich weniger Gewalttäter. Sofortiger vorzeitiger Strafantritt, nach 48 Stunden vom Untersuchungsrichter verfügt. Dies funktioniert in der Waadt.

 Fernando Acosta: An alle, die glauben, es handle sich um ein "Ausländerproblem": Im Ausland gehören solche Szenen schon fast zur Tagesordnung. Aber dort sind es "Inländer", die betrunken neben Brunnen schlafen oder sich prügeln. Eine frühe Polizeistunde bringt übrigens auch nichts, siehe England. Die Kiddies sind damit nur früher besoffen.

 Freddy Luger: Und am Sonntagabend trinken sie wieder Milch! Aufgestauter Drang nach Freiheit wird am Freitag- und Samstagabend ausgelebt, dann herrscht wieder das Pendlerleben.

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SPORT
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BZ 16.2.10

Kein Pranger für Hooligans

 Die Regierung des Kantons Bern will keinen Internetpranger für Hooligans. Dies schreibt der Regierungsrat in der Antwort auf eine Motion zweier SVP-Grossräte. Die beiden Grossräte - Christian Hadorn und Samuel Graber - fordern in ihrem Vorstoss, dass Fotos von Hooligans im Internet veröffentlicht werden. Die beiden Politiker sind überzeugt, dass diese Massnahme eine abschreckende Wirkung auf Täter hätte, weil sie dann damit rechnen müssten, dass ihr Arbeitgeber von ihren Taten erfährt. Die Motionäre fordern auch eine kantonale Datenbank für Hooligans. Auf Anfrage dieser Zeitung erklärt Hadorn, dass er sich eine Datenbank nach dem Vorbild der Stadt Zürich wünscht. Im Gegensatz zum nationalen Hooliganregister werden dort sogar Personen registriert, die nur als "Gewalt suchend" auffallen.
 ma

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20 Minuten 16.2.10

Keine Notmittel gegen Hooligans

 BERN. Die Berner Kantonsregierung will keine eigene Hooligan-Datenbank einführen. Es brauche kein spezielles Register, da der Bund bereits ein solches führe, heisst es in der Antwort auf einen von der SVP eingereichten Vorstoss. Auch den Vorschlag, sämtliche Gewalttäter rund um Sportanlässe im Internet an den Pranger zu stellen, lehnt die Regierung ab - dazu fehle die gesetzliche Grundlage. Ebenfalls wenig hält sie von Schnellverfahren gegen Hooligans.

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be.ch/gr 10.2.10
http://www.be.ch/gr/VosData/Gwd/Parlamentarische%20Vorstoesse/Motionen/2009/20100215_075840/DOCSSTA-330301-v1-M_308_2009_Graber_SVP_Hadorn_SVP_vom_10_09_2009_5731.pdf

M 308/2009 POM 10. Februar 2010 POM C
Motion
0226 Graber, Horrenbach-Buchen (SVP)
Hadorn, Ochlenberg (SVP)
Weitere Unterschriften: 26 Eingereicht am: 10.09.2009

Hooliganismus wirksam bekämpfen

Der Regierungsrat wird beauftragt, dafür zu sorgen, dass Hooligans mit geeigneten Massnahmen nachhaltig von ihrem Tun abgeschreckt werden können, insbesondere durch
- Festnahme der Gewalttäter zur Abklärung des Tatverdachts
- gezielte polizeiliche Beweisaufnahmen durch Videoüberwachungen
- rasche und den Strafnahmen ausschöpfende Aburteilungen
- Zeugenaufrufe im Internet zur Identifizierung der Täterschaft
- öffentliche Bekanntgabe der Täter im Internet und Führung eines Hooliganregisters

Begründung

Gewaltexesse rund um grössere Anlässe, namentliche Sportveranstaltungen sind ein Ärgernis, ebenso die damit verbundenen Kosten für die Sicherheit. Es genügt nicht, nur darüber zu debattieren, auf wen diese Kosten abgewälzt werden können. Gewaltexesse entstehen ja nicht, weil ein Anlass organisiert wird, sondern weil es gewaltbereite Personen sind, solche Anlässe missbrauchen, um Gewalt auszuüben.
Es gehört zu den Kernaufgaben des Staates, für Sicherheit zu sorgen. Damit die Kosten für die Sicherheit aber bezahlbar sind, ist durch geeignete präventive Massnahmen dafür zu sorgen, dass es gar nicht zu Exessen kommt. Das heisst, potentielle Gewalttäter müssen die Lust an ihrem Tun verlieren. Dies ist mit abschreckenden Massnahmen am besten zu erreichen, insbesondere mit Massnahmen, welche es den Tätern verunmöglichen, ihre Gewaltneigungen am Wochenende auszuleben und unter der Woche unerkannt ihrer Arbeit nachzugehen. Mit der öffentlichen Bekanntgabe der Täter, der Führung eines Hooliganregister, gezielter Zeugenaufrufe im Internet zur Täteridentifiezierung, Videoüberwachungen zu Beweiszwecken sowie der Festnahme der Täter bis zur Abklärung des Tatverdachts und der raschen, den Strafrahmen auszuschöpfenden Aburteilungen könnte dies erreicht werden.

Antwort des Regierungsrates:

Der Regierungsrat teilt die Einschätzung des Motionärs, dass die wiederkehrenden gewalttätigen Ausschreitungen anlässlich von Sportveranstaltungen ein Ärgernis darstellen und nicht hingenommen werden können. Die damit zusammenhängenden Polizeieinsätze belasten die Mitarbeitenden der Kantonspolizei über Gebühr und führen zu Ressourcenengpässen in anderen, ebenso wichtigen Themengebieten. Vor diesem Hintergrund ist es dem Regierungsrat ein grosses Anliegen, im Rahmen des rechtlich Zulässigen, die tatsächlich bestehenden Möglichkeiten auszuschöpfen, um Gewalttätigkeiten einzudämmen. Dementsprechend begrüsst er die am 13. November 2009 von der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) verabschiedete Policy gegen Gewalt im Sport1, welche zu einem einheitlichen und konsequenten Vorgehen gegen Gewalt im Umfeld von Sportveranstaltungen führen soll.

Die vom Motionär erwähnten, insbesondere repressiven Massnahmen dienen dem Ziel durchaus. Nicht vergessen werden darf jedoch, dass eine erfolgreiche Strategie gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen auch Massnahmen auf anderen Ebenen und mit anderem, namentlich präventivem Ansatz erfordert.

Zu den einzelnen, vom Motionär aufgeführten Punkten nimmt der Regierungsrat wie folgt
Stellung:

Zu den Ziffern 1 und 2:

Die Kantonspolizei Bern richtet ihre jeweilige ereignisbezogene Organisation immer darauf aus, erkannte Gewalttäter und Gewalttäterinnen oder einer solchen Tat dringend Verdächtigte anzuhalten und festzunehmen. Dies gilt insbesondere bei Sportveranstaltungen, bei welchen mit Gewalttätigkeiten gerechnet werden muss. Der gezielte Einsatz von Videoaufnahmetechnik zwecks Beweissicherung gehört bei Polizeieinsätzen anlässlich von Sportveranstaltungen mit Gewaltpotential selbstverständlich dazu.

Zu Ziffer 3:

Bezüglich der Forderung nach einer raschen Aburteilung von Gewalttätern und -täterinnen wird darauf verwiesen, dass die Polizei und die Strafjustiz bereits heute grundsätzlich in der Lage sind - innerhalb der durch das bernische Strafverfahren auferlegten Grenzen - rasch zu reagieren. Die Arbeitsgruppe Hooligans, welche am 20. Januar 2010 erstmals getagt hat, sieht die Hauptschwierigkeit nicht primär bei der Möglichkeit zur raschen Reaktion, sondern vielmehr bei der Erstellung eines für einen Schuldspruch genügenden Beweisfundaments.

Was das Anliegen nach einer Ausschöpfung des Strafrahmens betrifft, wird das Prinzip der Gewaltenteilung in Erinnerung gerufen, welches einer Einflussnahme von Politik und Verwaltung auf die Justiz - insbesondere im konkreten Einzelfall - zu Recht entgegensteht.

Zu Ziffer 4:

Zum Thema Einbezug des Internets zu Fahndungszwecken wird auf die Antwort des Regierungsrates vom 16. September 2009 auf die Interpellation I 242/2009 (Pardini, Lyss, SP-JUSO) vom 10. Juni 2009 verwiesen. Demnach können Veröffentlichungen im Internet im Sinne einer Öffentlichkeitsfahndung gemäss Artikel 71 Absatz 3 des Gesetzes über das Strafverfahren (StrV; 321.1) zur Aufklärung von schweren Straftaten ausnahmsweise eingesetzt werden, wenn zur Ergreifung der Täterschaft Informationen aus der Öffentlichkeit eingeholt werden müssen. In Absprache mit den zuständigen Untersuchungsbehörden hat die Kantonspolizei Bern von dieser Möglichkeit in der Vergangenheit immer dann Gebrauch gemacht, wenn hierfür die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren. Für die vom Motionär geforderte generelle öffentliche Bekanntgabe der Täterschaft im Internet fehlt eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Darüber hinaus schätzte der Regierungsrat ein solches Vorgehen generell als rechtsstaatlich bedenklich ein.

Zu Ziffer 5:

Bezüglich des vom Motionär ebenfalls angesprochenen Hooliganregisters kann auf Art. 24a des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120) hingewiesen werden. Demnach betreibt das Bundesamt für Polizei (Fedpol) ein elektronisches Informationssystem, in das Daten über Personen aufgenommen werden, die sich anlässlich von Sportveranstaltungen im In- und Ausland gewalttätig verhalten haben. Dieses Informationssystem steht auch den Polizeibehörden der Kantone über ein Abrufverfahren zur Verfügung. Um Doppelspurigkeiten zu vermeiden, lehnt der Regierungsrat die Schaffung eines kantonalen Hooliganregisters ab. Gegen die geforderte Veröffentlichung eines Hooliganregisters im Internet sprechen wiederum das Fehlen einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage sowie Bedenken in Bezug auf die Verhältnismässigkeit und die Wahrung des Kerngehalts der Persönlichkeitsrechte (vgl. Antwort zur Ziffer 4).

Antrag:

Ziffern 1 und 2: Annahme unter gleichzeitiger Abschreibung
Ziffer 3: Ablehnung
Ziffer 4: Ablehnung
Ziffer 5: Ablehnung

An den Grossen Rat

1 http://www.kkjpd.ch/images/upload/091113%20Medienmitteilung%20d.pdf
http://www.kkjpd.ch/images/upload/091112%20Bericht%20Policy%20Gewalt%20im%20Sport%20d.pdf

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RANDSTAND THUN
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Thuner Tagblatt 16.2.10

Mit Kameras gegen die Alki-Szene

 Der Thuner Gemeinderat denkt laut darüber nach, beim "Kyburg" Videokameras gegen die Randständigen einzusetzen.

 Sie sind vielen Leuten seit längerem ein Dorn im Auge: Die randständigen Alkoholiker, die sich im Coop Kyburg mit Billigbier eindecken und dieses vor dem Laden konsumieren. Der Gemeinderat hat den Druck auf diese Szene bereits verschärft (wir berichteten) und denkt nun daran, noch einen Zacken zuzulegen. Wie er in der Antwort auf eine Interpellation der SP-Stadtratsfraktion schreibt, möchte er dort Videokameras einsetzen. Bei Vorfällen könnten die Überwachungsbänder im Nachhinein ausgewertet und als Beweismittel gegen die Beteiligten verwendet werden. mi

 Seite 23

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Randständige in Thun: Gemeinderat will massnahmen ausweiten

 Videokameras beim "Kyburg"?

 Der Thuner Gemeinderat möchte beim Coop Kyburg Videokameras installieren. Grund sind die Randständigen, die sich dort aufhalten und vielen Leuten ein Dorn im Auge sind. Denkbar ist aber auch eine härtere Gangart.

 An der nächsten Sitzung des Stadtrates wird der Thuner Gemeinderat gleich zwei Interpellationen zum Thema Randständige und Sozialhilfe beantworten.

 Im Brennpunkt des einen Vorstosses steht das Gebiet um das Coop Kyburg, das seit längerem zum Treffpunkt von Leuten geworden ist, die sich beim Grossverteiler mit Billigbier eindecken und dieses dann vor dem Geschäft konsumieren. Letztes Jahr hätten 39 Personen eine Fernhalteverfügung für dieses Gebiet erhalten, steht in der schriftlichen Antwort auf den Vorstoss der SP-Fraktion, die wissen will, wie die Stadtregierung die Situation rund um die Randständigenszene zu entschärfen gedenke. Der Gemeinderat denkt zudem darüber nach, dort Videokameras zu installieren - dies im Wissen, dass solche Szenen auf Störmassnahmen reagieren und sich meistens einen anderen Aufenthaltsort suchen. Doch sei auch eine härtere Gangart denkbar: "Sollte sich keine Entspannung oder gar eine Verschärfung einstellen, wird eine zeitweise Intensivierung der repressiven Kontrollen im Sinne eines polizeilichen Schwerpunktes angeordnet", schreibt der Gemeinderat in der Antwort auf die SP-Interpellation.

 Leidensdruck noch zu klein

 "Welche Verantwortung sollen Geschäfte übernehmen, die Alkohol verkaufen?" So lautet eine weitere Frage, die die SP-Fraktion in ihrem Vorstoss an den Gemeinderat richtet. Dieser antwortet unverblümt: Die Geschäfte würden sich oftmals weigern, Randständigen keinen billigen Alkohol mehr zu verkaufen. Ihr Argument: In einem solchen Fall würden die Randständigen einfach anderswo einkaufen. Diese Geschäfte, schreibt der Gemeinderat, seien "erst bereit zu handeln, wenn ihnen die Ansammlungen soviel Normalkundschaft fernhalten und Umsatzeinbussen verursachen, dass der Bierverkauf schadet." Doch das sei im Gebiet Kyburg offenbar (noch) nicht der Fall; die Ansammlungen würden von Coop noch als geschäftsverträglich erachtet. Immerhin habe Coop Kyburg im Dezember das billigste Bier versuchsweise aus dem Sortiment genommen und zugesichert, bauliche Anpassungen zur Entschärfung der Szenenproblematik zu prüfen.

 Sozialgeld wird gekürzt

 In der Interpellation der SVP-Fraktion des Thuner Stadtrates geht es um das Modell Passage der Stadt Winterthur. Wer dort Sozialhilfe beantragt, muss zuerst einen einmonatigen Arbeitseinsatz leisten. Ob es in Thun etwas ähnliches gebe, wollen die SVP-Stadträtinnen und -Stadträte wissen. Der Gemeinderat antwortet, eine derartige Lösung sei zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgesehen. Doch die Sozialdienste würden sich im Alltag pragmatisch behelfen, wenn Gesuchsteller den Eindruck erwecken, ihre Eigenverantwortung nicht wahrnehmen zu wollen. "Die Leitung der Dienststelle Einsatzprogramme vermittelt ihnen auf Antrag der Sozialdienste sehr kurzfristig eine Arbeitsmöglichkeit in einem Einsatzprogramm", schreibt der Gemeinderat. Daran teilzunehmen sei Pflicht; andernfalls werde das Geld für den Grundbedarf von den Sozialdiensten um 15 Prozent gekürzt. Im Wiederholungsfall kann die finanzielle Unterstützung sogar ganz gestrichen werden.

 Der Effekt sei ähnlich wie in Winterthur: Einige Leute würden eine Tätigkeit auf dem normalen Arbeitsmarkt vorziehen. Andere würden gar nicht erst im Einsatzprogramm auftauchen und auf Hilfe der öffentlichen Hand verzichten. Bei einigen zeige sich aber auch, dass ihre fehlenden Qualifikation es unmöglich mache, sie in einem Beschäftigungsprogramm zu integrieren.

 Marc Imboden

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RECLAIM THE STREET ZH
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Blick am Abend 15.2.10

Die Täter sind bereits online

 RECLAIM THE STREETS

 Tuena fordert Internet-Pranger - illegal, sagt die Polizei.

 reda.elarbi@ringier.ch

 Man muss der Polizei in den Arsch treten, damit die vorwärts machen", sagt Stadtratskandidat Mauro Tuena (SVP) zur Begründung seiner Forderung nach einem Internet-Pranger für die Randalierer der "Reclaim the Streets"-Aktion. "Auf Überwachungsvideos, unveröfentlichten Fernsehbildern und Handyaufnahmen sind die Täter zu sehen." Jetzt soll die Polizei die Aufnahmen sammeln und ins Internet stellen. "Sonst machen das die geschädigten Gewerbetreibenden selbst."

 Oliver Fux, als Besitzer des Bang &Olufsen-Shops an der Stauf acherstrasse ein Geschädigter, will seine Kameraaufnahmen zur Verfügung stellen: "Solche Internet-Pranger wirken abschreckend. In London wird die ganze Stadt mit Kameras überwacht, das nützt gegen Chaoten."

 Die Stadtpolizei rät davon dringend ab. "Es muss klar ein Verbrechen vorliegen, damit uns die Staatsanwaltschaft grünes Licht gibt, solche Bilder zu veröfentlichten", sagt Judith Hödl von der Stadtpolizei. Ein Vergehen oder eine Übertretung würden für diese Art der Fahndung nicht ausreichen. "Wenn Private selbstständig Bilder ins Netz stellen, ist das rechtlich problematisch." Unschuldige könnten sich so plötzlich auf einer solchen Seite wiederfinden. Persönlichkeitsrechte und Datenschutz könnten verletzt werden.

 Aber: Es sind bereits Bilder online.

 Die Fahnder berücksichtigen bei ihren Ermittlungen etwa die Filmchen, die bei Youtube hochgeladen wurden. Und die Polizei steht auch in Kontakt mit Ladenbesitzern, deren Überwachungskameras eventuell Täter ablichteten.

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BILLAG
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Bund 16.2.10

Der Gewerbeverband ruft zum zivilen Ungehorsam auf

 Der neuste Angriff auf die unbeliebten Eintreiber von Radio- und TV-Gebühren kommt vom Gewerbeverband. Er erteilt Billag-Kontrolleuren Hausverbot.

 Erwin Haas

 Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) hat die Nase voll. Er fordert seine fast 300 000 Mitglieder zum zivilen Ungehorsam auf. Sie sollen Billag-Kontrolleure vom Firmenareal weisen und sich mit einem Musterbrief zur Wehr zu setzen - mit Kopie ans Bundesamt für Kommunikation (Bakom) als Dienstaufsichtsbeschwerde.

 Das Protestschreiben, das der SGV zum Herunterladen auf seiner Homepage anbietet, hält als Seitenhieb auf den Billag-Verwaltungsaufwand von jährlich 53 Millionen Franken auch fest: "Um einem unverhältnismässigen Verwaltungsaufwand Ihrerseits (beispielsweise Detektivarbeit) zuvorzukommen, erlassen wir an Sie und alle Ihre Mitarbeitenden ein Hausverbot." Dasselbe gelte für die Suisa, die Urheberrechtsgebühren für Musik einzieht. Sollte die Billag das Hausverbot missachten, werde der SGV strafrechtliche Schritte einleiten.

 Bakom sucht das Gespräch

 Bakom-Direktor Martin Dumermuth will den Streit im direkten Gespräch mit dem Gewerbeverband lösen und äussert sich daher nicht zum Vorgehen des SGV. Die rechtliche Lage sei aber klar: Wer einen betriebsbereiten Radio, TV oder Computer mit Internetanschluss besitzt, ist gebührenpflichtig. Das gelte auch für Betriebe. Durch das Hausverbot wird die Kontrolle laut Dummermuth einfach hinausgezögert: "Wenn die Billag glaubt, es seien Geräte vorhanden, und Anzeige erstattet, haben wir notfalls ein Recht auf eine Hausdurchsuchung."

 Ausgelöst wurde die Kontroverse durch den neusten flächendeckenden Versuch der Billag, bisher vorenthaltene Gebühren einzutreiben: Mit mehr als 130 000 Briefen an kleine und mittlere Unternehmen hat die viel geschmähte Inkassostelle des Bundes in den letzten Monaten Druck gemacht. Wer sich bisher nicht als Konsument geoutet hat, muss teils rückwirkend bis 2005 mit Nachgebühren rechnen. Das betrifft viele Betriebe. Denn nur jeder vierte hat bisher den Radiokonsum deklariert - und gar nur jeder zehnte ein Fernsehgerät.

 Doch den Gewerbeverband stört etwas ganz anderes: Es fehle jede Rechtsgrundlage dafür, dass Billag-Mitarbeiter in Firmen oder zu Privaten nach Hause kämen "und detektivisch herumschnüffeln", wie SGV-Direktor Hans-Ulrich Bigler gegenüber der Zeitung "Sonntag" sagte. Mit der Aktion wolle man den Gebührenwahnsinn" stoppen und "der Billag die Flügel stutzen". Es sei ohnehin ein Affront, zu denken, ein Maler könne es sich leisten, seine Arbeitstage mit Fernsehen zu verbringen, ergänzt SGV-Jurist Patrik Kneubühl.

 Anti-Billag-Versicherung

 Das Hausverbot des Gewerbeverbands ist nur eine von zahlreichen Aktionen, mit denen das Volk gegen die Radio- und Fernsehgebühren protestiert. In der Innerschweiz hat sich im letzten Dezember ein Verein gebildet, der eine Anti-Billag-Versicherung anbietet: Statt der TV-Gebühren zahlen die Mitglieder 500 Franken, damit sie gegen Bussen versichert sind, falls sie als Schwarzseher erwischt werden.

 Auch politisch geraten die Gebühren unter Druck. Die Volksinitiative Bye-bye-Billag ("Billag in die Wüste schicken") will die Gebühren via Steuern eintreiben und die Summe dank dem vereinfachten Inkasso auf weniger als die Hälfte reduzieren - für Radio und TV für eine Familie mit zwei Kindern auf 200 Franken. Auf Facebook fanden die Initianten bereits 41 000 Freunde von Gebührenhassern.

 Die Zürcher Nationalrätin Natalie Rickli (SVP) wiederum verlangt den freien Radio- und Fernsehkonsum via Handy und Computer. Und sie will, dass nicht der Bundesrat, sondern das Parlament die Gebühren festlegt. Die Landesregierung hingegen schlägt vor, die Gebühren künftig nicht mehr an Empfangsgeräte zu knüpfen, sondern alle mit einer Einheitsabgabe zu belasten. Das gälte nicht nur für die Haushalte, sondern auch für alle Betriebe.

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NARRENKRAUT
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Bund 16.2.10

5 Hanfpflanzen und 15 Gramm Marihuana - die neue Freiheit

 Seit Anfang Jahr wird in Tschechien der Besitz geringer Drogenmengen nicht mehr bestraft. Wird das Land jetzt zum Drogensupermarkt Europas?

 Bernhard Odehnal, Prag

 Die Ernte ist eingebracht, aber Zdenka Beneová* wirkt nicht sehr zufrieden. Die Luftfeuchtigkeit sei zu hoch gewesen, sagt die 32-Jährige und hält sich einen kleinen braungrünen Knollen vor die Nase: Das Gras rieche leicht verfault. Um den Absatz muss sich Beneová dennoch nicht sorgen. Die Mutter einer dreijährigen Tochter ist eine von vielen kleinen Hanfzüchtern in Prag, die für den eigenen Bedarf und Freunde produzieren. Sie verkauft das Marihuana aus den selbst angebauten Cannabispflanzen seit Jahren an Stammkunden. Die würden ihr treu bleiben, ist sie sicher: "Sie akzeptieren auch mal etwas schlechtere Qualität."

 Exekutive und Justiz in der Tschechischen Republik behandelten kleine Drogenproduzenten und Konsumenten wie Beneová schon bisher mit Nachsicht. Wer Mengen für den Eigenbedarf bei sich trug, wurde selten bestraft. Allerdings blieb die Definition von "Eigenbedarf" lokalen Ermittlern und Richtern überlassen. Die konnten in Brünn anders entscheiden als in Ostrava.

 Ein seit dem 1. Januar gültiges Gesetz schafft Klarheit: Die Drogen werden nicht legalisiert, aber der Besitz von genau definierten Mengen ist straffrei. Wer bis 15 Gramm Marihuana, 5 Gramm Haschisch, 1,5 Gramm Heroin, 4 Ecstasy-Pillen oder 2 Gramm Methamphetamin bei sich trägt, bricht zwar weiterhin das Gesetz, muss aber keine Strafverfolgung fürchten. Höchstens eine Verwarnung durch die Polizei. Straffrei ist auch der Besitz von 5 Cannabis-Pflanzen und bis zu 40 Pilzen mit Halluzinogenen (Magic Mushrooms). Das neue Gesetz hat in tschechischen, aber auch ausländischen Medien wilde Spekulationen ausgelöst: Löst Prag jetzt Amsterdam als Zentrum des Drogentourismus ab? Wird die Tschechische Republik zum neuen Drogensupermarkt Europas?

 Lockerer Umgang mit Gesetzen

 Jakub Frydrych ist nicht gerade erfreut, wenn er solche und ähnliche Behauptungen in den Zeitungen liest. Oder wenn ihm ein holländischer TV-Reporter Ratschläge geben will, wie man am besten Coffeeshops eröffnet. Einerseits sei das neue Gesetz eine Hilfe, sagt der Leiter der Antidrogeneinheit bei der tschechischen Polizei, "denn wir haben jetzt einen klaren rechtlichen Rahmen, in dem wir uns bewegen können". Anderseits aber hält der Drogenfahnder die neue Regel für moralisch problematisch. Die Tschechen hätten traditionell nicht viel Respekt vor dem Gesetz, "und wenn die jungen Menschen nun sehen, dass sie für ein Vergehen nicht bestraft werden, verlieren sie jeden Respekt vor dem Recht".

 Die Tschechen sind stolz auf ihre liberale Gesellschaftspolitik. Das gilt auch für ihre Haltung zu Drogen. Der grüne Bildungsminister sprach in einer Schule offen über seine Erfahrungen mit Marihuana, ein liberaler Justizminister versprach auf Plakaten, weiche Drogen zu legalisieren. Keine Partei, ausser einer kleinen, sehr katholischen, tritt für eine Verschärfung der Drogenpolitik ein. Deshalb habe die Tschechische Republik noch lange nicht das liberalste Drogengesetz in Europa, betont Frydrych: In Deutschland sei der Besitz bis 30 Gramm Marihuana straffrei, in Tschechien nur bis 15 Gramm.

 Wie viele Hanfpflanzen in der tschechischen Hauptstadt in Glashäusern und unter Alufolien wachsen, weiss niemand. Viele lassen, wie Zdenka Beneová, vier bis fünf Pflanzen in einem Hinterzimmer wachsen. Der Verkauf von Gras bringt ihr an die 6000 Kronen monatlich (350 Franken). Das alleine wäre zu wenig, um zu leben, aber es helfe, die Fixkosten abzudecken, sagt die Alleinerziehende. Gesichert ist allerdings, dass nirgends in Europa so viel Marihuana und Haschisch konsumiert wird wie in der Tschechischen Republik. 50 Prozent der Tschechen zwischen 15 und 24 Jahren geben an, die Drogen mindestens probiert zu haben. 28 Prozent greifen regelmässig zum Joint. Unter jungen Müttern sei die Nachfrage sehr gross, sagt Beneová: "Es wirkt entspannend und ersetzt das Gläschen Wein am Abend."

 Eher als Partydroge beliebt ist hingegen die synthetische Droge Methamphetamin, die in Tschechien unter dem Namen Pervitin bekannt ist und schon vor der Wende in grossen Mengen konsumiert wurde. Pervitin ist eine tschechische Erfindung und im ganzen Land könnte es bis zu 300 Produktionsstätten geben, schätzt die Polizei. Drogentourismus fürchtet Jakub Frydrych allerdings nicht. Weite Reisen lohnten sich einfach kaum, sagt der oberste Drogenfahnder, "der Stoff ist ohnehin überall in Europa zu bekommen".

 Das sieht Ivan Douda etwas anders. Der Psychologe leitet eine mit Schweizer Unterstützung Anfang der Neunzigerjahre aufgebaute Drogenberatungsstelle namens "Drop In" im Zentrum Prags und glaubt, dass die strengeren Gesetze in den Nachbarländern Slowakei, Ungarn oder Deutschland durchaus Drogenkonsumenten in die Tschechische Republik locken könnten: keine Süchtigen, sondern junge Menschen, die Drogen probieren, mit ihnen experimentieren wollten. Und das sei nicht einmal so schlecht: "Gleich nach der Wende kosteten wir die neuen Freiheiten in Deutschland oder Österreich", sagt Douda, "jetzt können wir dem Westen neue Freiheiten bieten."

 Knappe Mittel für Prävention

 Douda lobt die Drogenpolitik der Stadt: Es werde viel für Prävention getan und für die Betreuung der Süchtigen. So sei es zum Beispiel gelungen, die Verbreitung von HIV unter Drogensüchtigen fast zu stoppen. Das neue Gesetz orientiere sich an der Realität. Allerdings veröffentlichte die Zeitung "Prague Post" unlängst Zahlen, die kein gutes Haar an der staatlichen Drogenpolitik lassen: Die Niederlande gaben 2008 73 Euro pro Einwohner für Drogenprävention aus und 18 Euro pro Einwohner für die Behandlung von Süchtigen. Im selben Jahr investierte die Tschechische Republik 2,2 Euro pro Einwohner in Prävention und einen Euro in die Behandlung von Süchtigen.

 Ob in Tschechien nun wirklich die neue Drogenfreiheit Einzug halte, werde erst in ein bis zwei Jahren erkennbar sein, meint Ivan Douda. Noch sei überhaupt nicht klar, wie Polizei und Gerichte die neue Regel anwenden würden. Der Drogenexperte sieht allerdings das Problem, dass das neue Gesetz den Richtern weniger Spielraum lasse. Auch sei mancher Widerspruch enthalten: So dürfe man fünf Pflanzen haben, aus denen man bei guter Ernte mindestens 100 Gramm Marihuana gewinnen könne. Aber geduldet würden nur 15 Gramm.

 Solche Sorgen quälen Zdenka Beneová nicht. In der Szene sei das neue Gesetz mit einer grossen Gleichgültigkeit aufgenommen worden, sagt die Hanfpflanzerin. Sie glaubt nicht an einen Drogenboom in ihrem Land. Im Gegenteil: Die Grosshändler fänden keine Abnehmer mehr und die unter 20-Jährigen hätten gar kein Interesse mehr an Marihuana: "Der Markt ist gesättigt", sagt Beneová, "das Interesse an Drogen wird eher zurückgehen."

 *Name geändert

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DROGENHANDEL
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Newsnetz 16.2.10

Südamerikaner kaufen afrikanische Waffen mit Drogen

sda / tan

 Die UNO-Drogenbehörde (UNDOC) weiss von Verbindungen zwischen lateinamerikanischen Drogenkartellen und terroristischen Gruppen in Westafrika.

 Dies sagte UNDOC-Direktor Antonio Maria Costa am Dienstag dem britischen Sender BBC. Die Drogenkartelle hätten seit Jahren Kontakte zu Gruppen in Westafrika aufgebaut, die Drogen gegen Waffen tauschten. Auch zu terroristischen Gruppen gebe es nach Erkenntnissen seiner Gruppe Kontakte, sagte Costa am Rande einer Regionaltagung zur Drogenbekämpfung im senegalesischen Dakar.

 In den vergangenen Monaten haben in einer Reihe von Staaten der Region, etwa in Mali und Niger, radikalislamische Gruppen ihre Aktivitäten verstärkt. Die Organisation von al-Qaida im nordafrikanischen Maghreb tötete im vergangenen Jahr einen in Mali entführten britischen Touristen und hält derzeit einen Franzosen als Geisel.

 Drogen kommen via Afrika nach Europa

 Die Drogenmafia aus Kolumbien und anderen südamerikanischen Staaten schmuggelt seit Jahren Kokain über Westafrika nach Europa. Politische Instabilität und weit verbreitete Korruption begünstigen den Schmuggel.

 Schon seit Jahren warnt UNDOC, dass sich die Drogenlords in Ländern wie Guinea Bissau straffrei fühlen können und politischen und wirtschaftlichen Einfluss gewonnen haben.

 "Afrika hatte Jahre lang kein grosses Drogenproblem, aber nun steigt der Drogenkonsum auch in den Staaten, über die Kokain nach Europa geschmuggelt wird", sagte Costa.