MEDIENSPIEGEL 10.3.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Stadttauben: Spiel- statt Wagenplatz
- RaBe-Info 9.3.10
- Nothilfe-Demo ZH; Nothilfe-Vorstoss SG
- PNOS: Jaggi pfui; Lüthard ohne B&H-Auftritt
- Rausch-Knast ZH: 600-950.-- pro Nacht
- Anti-Atom: Mühleberg-Steuergemauschel; Beznau3
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REITSCHULE
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Mi 10.03.10
19.00 Uhr - SousLePont - Kartoffel Spezialitäten
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche:
dampfzentrale, Text: Pedro Lenz "Was wotter für morn?"
20.00 Uhr - Rössli-Bar - Daniel Kahn & The
Painted Bird. Style: Klezmer Cabaret Punk
20.30 Uhr - Tojo - "Bunbury" von Oscar Wilde. Berner
StudentInnentheater BeST.
20.30 Uhr - Holzwerkstatt - Zweites Kleines Festival der
anderen Art mit Myrta Amstad(ch): vocals; Ab Baars(nl): sax; Cristin
Wildbolz(ch): bass; Jack Wright(us): sax; Alberto Braida(i): piano;
Paed Conca(ch): clarinet
Do 11.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche:
dampfzentrale, Text: Pedro Lenz "Was wotter für morn?"
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter Special: "Far
Rockaway" CD-Taufe von Tina Kohler
21.00 Uhr - Rössli-Bar - K-Tharsis. Style: Urban Funk
20.30 Uhr - Tojo - "Bunbury" von Oscar Wilde. Berner
StudentInnentheater BeST.
Fr 12.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche:
dampfzentrale, Text: Pedro Lenz "Was wotter für morn?"
20.30 Uhr - Tojo - "Bunbury" von Oscar Wilde. Berner
StudentInnentheater BeST.
21.00 Uhr - Kino - Migration - Leben in der Fremde:
Wanakam, Thomas Isler, CH 2005
23.00 Uhr - Dachstock - Groovebox: Riccardo Ferri (live)
(Alchemy Records/I), Flavio Diaz (live) (AnalyticTrail, Loose/I),
Mastra (live) (Modular Club/be), Racker (Midilux, Festmacher/be).
Style: Minimal, Techno, House
Sa 13.03.10
14.00 Uhr - Frauenraum - AMIE -
Frauenkleidertauschbörse bis 16.00 Uhr. Women only.
17.00 Uhr - Frauenraum - Frauendemo-Party: Lounge mit
Barbetrieb
19.00 Uhr - Frauenraum - Frauendemo-Party: Feministische
Filme im Backstage
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche:
dampfzentrale, Text: Pedro Lenz "Was wotter für morn?"
20.30 Uhr - Tojo - "Bunbury" von Oscar Wilde. Berner
StudentInnentheater BeST.Sa 13.03.10 - 21.00 Uhr - Kino - Migration -
Leben in der Fremde: Por Amor, Isabelle Stüssi, CH 2009
21.30 Uhr - Frauenraum - Frauendemo-Party: Disco von Pop
bis Elektro mit DJanes Schultze und Schultze (Trash-Pop) und DJanes
Agnetta und Matilda (Elektrodääntspopnrollrock)
23.00 Uhr - Dachstock - Liquid Session: Makoto &
Deeizm MC (Human Elements). Support: Lockee (Rabass 95.6), TS Zodiac
(Liquid Sessions), Badboy MC (FMI). Style: Drumnbass
So 14.03.10
17.00 Uhr - Tojo - "Bunbury" von Oscar Wilde. Berner
StudentInnentheater BeST.
Infos: http://www.reitschule.ch
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STADTTAUBEN
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Bund 10.3.10
Die Polizei muss das besetzte Gelände in der Berner
Lorraine räumen
Bis die geplante Wohnüberbauung baureif ist, soll der
Platz durch einen Spielplatz belebt werden.
Bernhard Ott
Die Geschichte der ehemaligen Garage Alcadis am Centralweg
ist eine blamable Geschichte für die Stadt Bern. Vorläufige
Profiteure sind zurzeit die sogenannten Stadttauben, die letzten
Samstagnachmittag den Abgrenzungszaun aufgebrochen haben, um die seit
Mai 2009 leer stehende Brache mit einer Handvoll Wohnwagen in Besitz zu
nehmen. Ein derart langer Leerstand eines Geländes in einem
urbanen Quartier wie der Lorraine ist ein Risiko. So gesehen ist es
erstaunlich, dass das Gelände nicht schon früher besetzt
worden ist. Dabei hätte es durchaus Pläne und Ideen für
eine Zwischennutzung gegeben. Die städtische
Liegenschaftsverwaltung war jedoch nicht bereit, auf diese einzutreten.
Angst vor einem zweiten Paradisli
So hat der Lorraine-Breitenrain-Leist vor dem Abbruch der
Liegenschaft verlangt, dass eine Besetzung verhindert werden soll. Die
Stadt hätte den Vertrag mit der Garage Alcadis bis zum Vorliegen
eines baureifen Projektes verlängern sollen, sagte
Vizepräsident Edwin Stämpfli gegenüber der "Berner
Zeitung". Der eher alternativ angehauchte Verein Läbigi Lorraine
(VLL) wiederum hat einen Teilabriss befürwortet, um in den
einstigen Lagerräumlichkeiten der Garage einen Quartiertreff
einzurichten. Der VLL erhob gegen den Abbruch gar Einsprache, zog diese
aber wieder zurück. Laut VLL-Mitglied Catherine Weber wurde die
Einsprache fallen gelassen, weil die Stadt zunächst von einem
frühen Baubeginn im Herbst 2010 ausgegangen ist und eine
Zwischennutzung angesichts von Altlasten im Boden für bedenklich
hielt. Für das einstige Stadtratsmitglied ist jedoch klar: "Die
Liegenschaftsverwaltung wollte ein zweites Paradisli verhindern." Die
Angst vor einer Zwischennutzung mit anschliessendem jahrelangem
Rechtsstreit stecke der Verwaltung noch tief in den Knochen, sagt Weber.
Mit Weiden gegen eine Besetzung
Die Liegenschaftsverwaltung ist von der Besetzung am
letzten Samstag auf dem falschen Fuss erwischt worden. Laut Weber war
offenbar geplant, den Platz im Abstand von zwei Metern mit Weiden zu
bepflanzen. Weber weiss dies aus erster Quelle, weil sie am 5. Juni
einen Flohmarkt auf dem Gelände veranstalten wollte. Die Stadt
beschied der Veranstalterin jedoch, dass das Gelände mit den
besagten Weiden bepflanzt werden soll und dass sie ihr Gesuch für
die Fläche des Centralwegs stellen soll.
Die Weiden dürften nun aber doch nicht zum Zug
kommen. Gemeinderätin Barbara Hayoz (fdp) will die Besetzung nicht
dulden und Nägel mit Köpfen machen. Die Stadt habe Anzeige
erstattet und bei der Polizei die Räumung des Geländes
beantragt. "Ein Ultimatum haben wir nicht gesetzt. Das ist nun Sache
der Polizei", sagt Hayoz. Berns oberste Liegenschaftsverwalterin
bekräftigt nochmals, dass die Einrichtung eines Quartiertreffs in
der Garage wegen der Altlasten "gesundheitsschädigend" gewesen
wäre. Der Baubeginn für die Überbauung verzögere
sich, weil das Wettbewerbsverfahren geändert worden sei. Der
stadteigene Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik befürworte
nun einen offenen Wettbewerb, der länger dauere. Die Jury sei
mittlerweile bestimmt. "Bis zum Baubeginn dürfte es noch bis zu
anderthalb Jahre dauern", sagt Hayoz. Die Stadt plant einen Neubau mit
15 Wohnungen.
Thomas Fuchs droht mit Petition
Die Gemeinderätin hat Liegenschaftsverwalter Fernand
Raval den Auftrag gegeben, gemeinsam mit der Quartierkommission Dialog
Nordquartier und dem Leist eine Zwischennutzung zu prüfen. "Es
geht nicht um grosse Investitionen. Sinnvoll wäre etwa ein
Spielplatz oder eine Brätlistelle", sagt Hayoz. Bis anhin ist die
Liegenschaftsverwaltung beim Dialog Nordquartier aber noch nicht
vorstellig geworden, sagt Dialog-Sekretär Max Singer.
Die Polizei will sich zum weiteren Vorgehen und zu einem
allfälligen neuen Ultimatum nicht äussern. Derweil kochen die
politischen Süppchen rund um die Besetzung hoch. Die Stadttauben
selber weisen in einer Mitteilung darauf hin, dass sie
Unterstützung von "zahlreichen Nachbarn" erfahren hätten.
Dabei handelt es sich offensichtlich um andere Personen als die
"geschädigten Nachbarn", von denen in einer Mitteilung des
Lorraine-Leists die Rede ist. Diese wollen offenbar ihre
"Rechtsansprüche" durchsetzen, falls auf dem Gelände keine
rechtmässigen Verhältnisse hergestellt würden, schreibt
der Leist.
Die Vereinigung Bern Aktiv von Grossrat Thomas Fuchs (svp)
wiederum bezeichnet die Stadttauben als "Plage". Sie will mit einer
Petition im Lorraine-Quartier für Druck aus der Bevölkerung
sorgen, falls das Gelände nicht sofort geräumt werde. "Man
darf gespannt sein, ob bei nächtlichen Ruhestörungen bald
auch Berns Stadtpräsident mitgrölen wird", teilt Bern Aktiv
mit.
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Experimentelles Wohnen
Drei Gruppierungen in Bern
In Bern gibt es drei Gruppen, die experimentell wohnen:
das Zaffaraya im Neufeld, die Stadttauben in der Lorraine und die
Stadtnomaden. Letztere befinden sich zurzeit im Schermen auf einem
Gelände der Burgergemeinde, sagt Anwalt Daniel Kettiger,
Rechtsvertreter der Stadtnomaden. Gemäss einem Abkommen zwischen
Stadt, Kanton und Burgergemeinde wechseln sie dreimonatlich den
Standort. Dies soll so lange dauern, bis die Stadt die
planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Zone experimentellen
Wohnens geschaffen hat. Laut Kettiger hat die Stadtplanung erste
Entwürfe für diesen Sommer in Aussicht gestellt. Das
Zaffaraya wäre davon aber nicht betroffen. Es steht auf dem Boden
der Eidgenossenschaft und stellt einen "Spezialfall" dar, sagt
Kettiger. (bob)
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BZ 10.3.10
Lorraine
Gerangel um Besetzer
Thomas Fuchs, SVP-Grossrat und Bern-Aktuell-Aktivist,
forderte gestern ultimativ die Räumung der besetzten
städtischen Bauparzelle am Centralweg in der Lorraine. Sonst werde
man eine Petition lancieren. Die "Stadttauben" würden zur Plage,
schrieb er in einer Mitteilung. Damit provozierte er den Verein
Läbigi Lorraine (VLL) und die AGWohnen. Sie bot den Tauben ein
Nest an. "Wir sind davon überzeugt, dass sie das Quartier weder
stören noch belasten." Hingegen störe sie das konzeptlose
Vorgehen der Stadt bei der Entwicklung der Parzelle. Die Stadt habe,
als das Garagengebäude noch stand, ein Zwischennutzungsgesuch des
VLL abschlägig beantwortet und mit der Brache die Besetzung erst
möglich gemacht. Statt zu räumen, soll die Stadt über
Verhandlungen eine einvernehmliche Lösung anstreben.
cab
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Medienmitteilung von Verein Läbigi Lorraine (VLL) und AG
Wohnen
Bern, 9. März 2010
Ein Nest für die Stadttauben in der Lorraine
Es stört uns überhaupt nicht, dass sich die
"Stadttauben" auf der Brache am
Zentralweg in der Lorraine niedergelassen haben. Wir sind davon
überzeugt, dass
sie das Quartier weder stören noch belasten.
Uns stört vielmehr die konzeptlose Vorgehensweise der Stadt
auf dem nun besetzten
Areal. Die Liegenschaftsverwaltung war nicht in der Lage, einen
nahtlosen Übergang
zwischen Abbruch der alten Gebäude und dem geplanten Neubau
zu gewährleisten
und realistischerweise ist nicht vor 2012 mit einem Baubeginn zu
rechnen. Sie hat
sich aber auch den Bemühungen widersetzt, das leerstehende
Gebäude Centralweg
9 für eine Zwischennutzung dem Quartier zur Verfügung
zu stellen - und
entsprechende Angebote abschlägig beantwortet. Damit hat
sie die Voraussetzungen
erst geschaffen, damit die "Stadttauben" sich hier niederlassen
können.
Sie jetzt einfach polizeilich räumen zu lassen, ist
Verhältnisblödsinn.
Stattdessen fordern wir, dass die Stadt mit den BesetzerInnen
Verhandlungen
aufnimmt und nach einer Lösung sucht, die für alle
Seiten vertretbar ist.
Für den VLL Romano Manazza
Für die AG Wohnen Johannes Wartenweiler
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RABE-INFO
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Di. 9. März 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_9._Maerz_2010.mp3
- Höhere Renten für niedere Einkommen
- Die vielen Facetten des Glücks
- Wahlen im Kanton Bern: Bernhard Pulver will Regierungsrat
bleiben
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ASYL
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NZZ 10.3.10
"Nothilfe kann man nicht Hilfe nennen"
Demonstration in Zürich
lil. ⋅ Bei beissender Kälte haben sich am
Dienstagnachmittag zirka 80 Menschen auf dem Zürcher Helvetiaplatz
getroffen, um gegen die schlechten Nothilfe-Bedingungen und die
Ausgrenzung der Sans-Papiers zu demonstrieren. Von dort marschierten
die Demonstranten zum kantonalen Migrationsamt in Oerlikon. Laut den
Organisatoren vom Verein "Refugees Welcome" kann man diese Art der
Nothilfe nicht mehr Hilfe nennen.
Sie kritisierten namentlich, dass die Sans-Papiers nicht
arbeiten und ihr eigenes Geld verdienen dürften, was zu starker
psychischer Belastung führe. Um sich trotzdem ernähren zu
können, erhalten die Asylsuchenden täglich Gutscheine der
Migros im Wert von 8 Franken. In einem offenen Brief an das
Migrationsamt forderten die Demonstranten die Abschaffung des
Nothilfe-Programms, welches einzig dazu diene, die abgewiesenen
Asylsuchenden zur Rückkehr in ihre Herkunftsländer zu
bewegen. Oft würden dort jedoch die Menschenrechte immer noch
gleich missachtet wie vor der Flucht.
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Tagesanzeiger 10.3.10
Kundgebung gegen Nothilfe
Zürich - Rund 100 bis 120 Menschen haben gestern
Nachmittag auf dem Helvetiaplatz für die Abschaffung der Nothilfe
protestiert. Als Reaktion auf die Kundgebung haben die Behörden
kurzerhand ab 14.30 Uhr "aus Sicherheitsgründen" das Migrationsamt
geschlossen, obwohl die Demonstration bewilligt war. Menschen
würden mit der Nothilfe ausgegrenzt und sozial isoliert, schreiben
die Demonstranten des Vereins Refugees welcome. (bg)
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refugees-welcome 9.3.10
Demo gegen das Nothilferegime - Das Migrationsamt macht blau
Heute haben wir - rund 100 bis 120 Papierlose - gegen das
Nothilferegime demonstriert. Damit wollen wir auf unsere
unerträgliche und unmenschliche Situation aufmerksam machen. Als
Reaktion auf unsere Kundgebung haben die Behörden kurzerhand ab
14:30 Uhr "aus Sicherheitsgründen" das Migrationsamt geschlossen.
Und das obwohl die Demonstration bewilligt war!!
Die Nothilfe, welche ursprünglich als temporäres
Druckmittel vom Gesetzesgeber gedacht war, ist für viele von uns
zu einem Dauerprovisorium geworden. Viele von uns leben seit Jahren nun
mit der Nothilfe und selbst wenn wir gar keine Unterstützung
bekämen und auf der Strasse leben müssten, wir würden
bleiben, weil die meisten von uns gar keine andere Wahl haben.
Es ist uns klar und auch offen deklariert, dass diese Massnahmen
dem Zweck dienen sollen, dass wir, deren Gesuche abgelehnt oder gar
nicht erst bearbeitet wurden die Schweiz "freiwillig" verlassen sollen.
Dem sind wir uns sehr wohl bewusst. Viele können nicht zurück
in ihre Herkunftsländer. Und von vielen, die durchaus Chancen auf
Asyl hätten, wurde das Gesuch gar nicht erst geprüft, weil
sie das Pech hatten erst nach Inkrafttreten des neuen Asylgesetzes in
der Schweiz angekommen zu sein.
Wir glauben, dass das Nothilfe-Regime nicht nur versagt hat,
sondern die Menschen quält und depressive, aggressive und kranke
isolierte Individuen produziert. Und wir wissen, dass das System ist,
Fragen uns aber je länger je mehr, was das für ein Land ist,
dass so gerne international mit den Menschenrechten und Humanität
prahlt, wo aber ein Grossteil der Bevölkerung keine Hemmungen mehr
kennt, wenn es darum geht gegen unten zu treten.
Darum stehen wir zusammen, gehen heute auf die Strasse und
fordern die damit beauftragten Beamten auf, für eine menschliche
und unbürokratische Lösung einzustehen und allesmögliche
zu tun um die ganze Situation im Asylbereich zu entschärften und
nach pragmatischen Lösungen zu suchen. Wir wollen keine Lügen
mehr, dass die Nothilfe funktionieren würde. Dass wir alles faule
Sozialschmarotzer seien, die nicht arbeiten wollen. Wir sind gerne
bereit unseren Beitrag an diese Gesellschaft zu leisten, wenn man uns
lassen würde.
Bilder von der Demo in hoher Auflösung
http://www.refugees-welcome.ch/index.php?option=com_phocagallery&view=categories&Itemid=13&lang=de
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St. Galler Tagblatt 10.3.10
Integration und Energie
Es ist nicht alltäglich, dass sich Politiker
verschiedener Parteien für einen Vorstoss zusammentun. Gestern
sind zwei solche Gemeinschaftswerke eingereicht worden.
Mit dem ersten interfraktionellen Postulat (wie das
technisch korrekt heisst) verlangen Maria Huber (CVP), Michaela Haenggi
(EVP), Albert Rüesch (FDP), Claudia Buess (Grüne), Karin
Winter (SVP) und Bettina Surber (SP) Auskunft über die
Integrationsbemühungen der Stadt. Nach mehr als fünf Jahren
seit Gutheissung des Integrationskonzeptes sei es richtig, Bilanz zu
ziehen, heisst es in der Begründung des Vorstosses. In einem
Bericht soll der Stadtrat zurückschauen, eine Standortbestimmung
vornehmen und Schwerpunkte der künftigen Tätigkeit der
Integrationsstelle skizzieren.
Das zweite Postulat über Parteigrenzen hinweg kommt
von Thomas Schwager (Grüne), Guido Keller (CVP) und Marcel Rotach
(FDP). Sie nehmen die Feststellung auf, dass es aufgrund
denkmalpflegerischer Bestimmungen oft schwierig ist, ältere
Gebäude energetisch wirkungsvoll zu sanieren. Damit die Ziele des
"Energiekonzeptes 2050" erreicht werden könnten, müssten in
den Verfahren etwa für Baubewilligungen Energieeffizienz und die
Nutzung erneuerbarer Energiequellen mehr Gewicht erhalten, fordern die
drei Postulanten. (vre)
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Haus fürs Solidaritätsnetz?
Eine Einfache Anfrage zum Solidaritätsnetz Ostschweiz
und seinen Aktivitäten hat René Frommenwiler (SVP) gestern
im Stadtparlament eingereicht. Die Organisation, die Asylbewerber
unterstützt, die von einer minimalen Nothilfe leben müssen,
will ein Solidaritätshaus eröffnen. Darin soll ein
Mittagstisch angeboten werden. Zudem sind darin
Unterkunftsmöglichkeiten für abgewiesene Asylbewerber
geplant. Vom Stadtrat will der SVPler nun wissen, ob die Stadt plant,
dem Solidaritätsnetz für diesen Zweck eine Liegenschaft
abzugeben, und wenn ja, welche Häuser dafür in Frage
kämen. Weiter verlangt er in seinem Vorstoss vom Stadtrat Auskunft
darüber, wie sichergestellt wird, dass Asylbewerber trotz des
Solidaritätshauses baldmöglichst ausreisen. (vre)
Fragen zum Glasfasernetz
Bettina Surber (SP) hat gestern im Parlament eine Anfrage
zum Glasfasernetz eingereicht. Sie will Auskunft zur Einigung der
Stadtwerke und der Swisscom in dem Bereich. Insbesondere interessiert
sie, ob die Vorlage, der das städtische Stimmvolk im Februar 2009
klar zugestimmt hat, alle Aspekte dieser Einigung abdeckt. Weiter
interessiert sie, ob die Stadt trotz Konzessionen an das
marktführende Schweizer Telekommunikationsunternehmen ihre
finanziellen Ziele fürs Glasfasernetz noch erreichen kann.
Vorgesehen ist, dass die Stadtwerke das Netz bauen. Sie werden vier
Fasern einziehen. Zwei erhält die Swisscom für eine einmalige
Entschädigung für eine bestimmte Zeit zur Verfügung
gestellt. (vre)
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PNOS
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Tagesanzeiger 10.3.10
Zuspruch für Jaggi im unteren Bereich
Morosoli Marco
Langnau - Bei den Gemeinderatswahlen am vergangenen
Sonntag schrieben 97 Langnauer Georg Jaggi auf ihren Wahlzettel (der TA
berichtete). Jaggi wurde im Vorfeld der Wahlen von der rechtsextremen
Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) ausgeschlossen. Sein
Stimmenanteil entspricht bei 2529 Wählenden knapp vier Prozent. Um
als Gemeinderat gewählt zu werden, hätte Jaggi allerdings
weit mehr als 1000 Stimmen machen müssen. Das absolute Mehr lag
bei 769 Stimmen.
"Der Zuspruch für Jaggi liegt an der unteren Grenze
für Kandidaten der äussersten Rechten", sagt Hans Stutz,
Beobachter der rechtsextremen Szene. Auch den Fall Jaggi verfolgte er
mit. Trete die SVP nicht an, könne der Wert der Zustimmung
für einen Rechtsaussen auch höher sein, sagt Stutz. Diese
Vorgabe traf für Langnau aber nicht zu. Die SVP trat zur
Gemeinderatswahl an.
Wesentlich weniger Langnauer haben Georg Jaggi als neuen
Gemeindepräsidenten gesehen. Bei dieser Ausmarchung legten 30
Langnauer den Namen Jaggi in die Urne. Peter Herzog, CVP-Kandidat
für dieses Amt, holte 841 Stimmen. Er verpasste damit das absolute
Mehr um nur zehn Stimmen. (mor)
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Indymedia 9.3.10
Grossratskandidat in übler Gesellschaft
AutorIn : Antifa Bern
Grossratskandidat Dominic Lüthard hätte als
Sänger der Schweizer Rechts-Rock-Band "Indiziert" am 6. März
2010 am rechtsextremen "No surrender"-Konzert im Osten Deutschlands
auftreten sollen. Die deutsche Polizei machte der Band einen dicken
Strich durch die Rechnung.
Flyer
http://ch.indymedia.org/images/2010/03/74240.png
Strammer Neonazi hinter biederer Fassade: Dominic Lüthard,
der sich, so die Wahlwerbung der Partei National Orientierter Schweizer
(PNOS), als "zweifacher Familienvater für Schweizer Familien
einsetzen" und "in Bern den alteingesessenen Parteinfilz
wachrütteln" will, nennt als Hobby "patriotische Musik".
Was darunter zu verstehen ist, demonstrierte Lüthard am
vergangenen Samstag zum wiederholten Mal: Das rassistische,
internationale Neonazi-Netzwerk "Blood & Honour", in Deutschland
seit Jahren verboten, rief zum grossen Konzertabend in Belgien. Auf dem
Mobilisierungsflyer, welcher bis zum 6. März 2010 auf der
Band-Website zu sehen war, prangt neben den einschlägig bekannten
Neonazi-Bands "Blue Eyed Devils" (USA), "Sturmwehr" (Deutschland),
"P.W.A." (Estland) und "Kahlkopf" (Deutschland) auch der Name
"Indiziert".
Auch Auftritt von "Amok" geplatzt
Laut eines der grössten deutschsprachigen Nazi-Foren wurde
der Event kurzfristig in den Osten Deutschlands verlegt, mehrere Bands
mussten deshalb absagen. Statt der erwarteten 1000 Rechtsextremen
trafen nur gut 200 Personen am Konzertort ein. Die deutsche Polizei
setzte dem Abend zudem ein frühzeitiges Ende. Der Auftritt von
"Indiziert" fiel ins Wasser, ebenso das Konzert der Schweizer "Blood
& Honour"-Band "Amok", die 2007/2008 mit üblen Songtexten und
gewalttätigen Übergriffen für Schlagzeilen sorgte.
Keine Stimme der PNOS!
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RAUSCH-KNAST ZH
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NZZ 10.3.10
Betrunkene werden zur Kasse gebeten
Am Freitag nimmt die Stadt Zürich die Zentrale
Ausnüchterungsstelle in Betrieb
Die Stadt Zürich geht mit einem Pilotprojekt gegen negativ
auffallende Betrunkene vor. Als Novum in der Schweiz wird ihnen der
Aufenthalt in einer Ausnüchterungszelle verrechnet.
Marc Tribelhorn
Wer am Wochenende in der Limmatstadt ausgeht, kennt das
Problem: Pöbeleien, Schlägereien oder Sachbeschädigungen
oftmals alkoholisierter Nachtvögel. Stark betrunkene und
anderweitig berauschte Jugendliche und Erwachsene, die in Zürich
die öffentliche Ordnung oder sich und andere gefährden,
werden ab dem kommenden Wochenende von der Polizei festgenommen und im
Zellentrakt der Hauptwache Urania ausgenüchtert. Die Kosten des
Aufenthalts werden erstmals in der Schweiz verrechnet: 600 Franken
müssen Personen bezahlen, die in weniger als drei Stunden wieder
auf den Beinen sind, 950 Franken alle anderen - Preise wie in einem
Luxushotel. Am Dienstag haben die demnächst abtretenden
Stadtratsmitglieder Esther Maurer und Robert Neukomm die wenig
prunkvoll eingerichtete Zentrale Ausnüchterungsstelle (ZAS) den
Medien vorgestellt.
Einbezug von Sicherheitsfirma
Die ZAS wird - vorläufig als einjähriges
Pilotprojekt - vom Polizeidepartement und von den städtischen
Gesundheitsdiensten betrieben. Die private Sicherheitsfirma Custodia
unterstützt die Polizei bei der Gewährleistung der
Sicherheit. Sämtliche Handlungen stünden aber unter Aufsicht
der Stadtpolizei, versicherte Maurer. Damit ging sie indirekt auf die
Anfang Jahr von Staats- und Verwaltungsrechtlern geäusserte Kritik
ein, wonach der Einsatz privater Sicherheitskräfte Grundrechte wie
die persönliche Freiheit und das staatliche Gewaltmonopol
tangiere. In der stadträtlichen Antwort auf eine
diesbezügliche dringliche Anfrage von Walter Angst (al.) wurde
bereits festgehalten, dass ein polizeilicher Einsatzleiter für
alle Betriebsabläufe verantwortlich sei und Zwangsmassnahmen
allein Sache der Polizei seien. Wollte man ausschliesslich Polizisten
einsetzen, würden diese jedoch an der Front fehlen.
Die medizinische Betreuung in der ZAS wird durch die
darauf spezialisierte Firma JDMT sichergestellt. Bei Jugendlichen
kontaktiert die für Prävention zuständige SIP Züri
die Eltern, die aufgefordert werden, ihre Sprösslinge in der ZAS
abzuholen. Dabei wird auch das Gespräch mit den Eltern und
Jugendlichen gesucht. Die ZAS ist jeweils von Freitag 22 Uhr bis
Sonntag 15 Uhr geöffnet. Die Polizei rechnet mit rund 600
Einlieferungen pro Jahr. Das Pilotprojekt kostet laut dessen Leiter
Beat A. Käch knapp eine Million Franken. Wie Polizeivorsteherin
Maurer sagte, habe die ZAS gegenüber der vorherigen Praxis im
Umgang mit Betrunkenen gewichtige Vorteile. Zum einen werde dadurch der
Ausgang in Zürich sicherer. Zum anderen würden die
festgenommenen Personen medizinisch besser betreut, als es zuvor in den
Ausnüchterungszellen der Regionalwachen der Fall gewesen sei. Wie
Neukomm ergänzte, sollen aber auch die Notaufnahmen der
Spitäler entlastet werden, die sich an den Wochenenden oft um
Betrunkene kümmern müssen.
Wer wird eingeliefert?
Der Ablauf der Einlieferung ist standardisiert. Bringt die
Polizei eine stark berauschte Person ins ZAS, so wird sie nach Waffen
durchsucht, administrativ erfasst und medizinisch untersucht. Wird eine
Verletzung diagnostiziert, kommt die Person ins Spital. Wenn nicht,
wird sie nach Abgabe der Effekten in eine der zwölf Zellen
gebracht, die lediglich mit einer Matratze und einer Toilette
ausgerüstet sind. Alle Zellen sind videoüberwacht, damit
allfällige Komplikationen sofort erkannt werden können. Pro
Schicht arbeiten in der ZAS ein Einsatzleiter der Stadtpolizei, drei
Sicherheitsleute und zwei medizinische Fachpersonen. Der Eintrag einer
in Gewahrsam genommenen Person wird nach einem Jahr wieder
gelöscht.
Doch wann wird eine Person von der Polizei in Gewahrsam
genommen und zur Ausnüchterung in die ZAS übergeführt?
Gemäss Maurer werden Leute, die im "gesellschaftlich
verträglichen Rahmen" im öffentlichen Raum Alkohol trinken,
sicher nicht von der Polizei festgenommen. Aufgegriffen würden nur
diejenigen, die im Rausch sich selbst, andere oder Sachen
gefährden. Mögliche "Klienten" seien aber auch alkoholisierte
Personen, die etwa im Rahmen einer Sportveranstaltung straffällig
würden. Denn auch diese müssten nach der Festnahme
medizinisch überwacht werden. Bereits jetzt ist absehbar, dass es
bezüglich der Ausnüchterung und deren Verrechnung wohl zu
Rechtsstreitigkeiten kommen wird.
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Tagesanzeiger 10.3.10
Diese Zelle kostet Betrunkene 950 Franken pro Nacht
Zwölf Ausnüchterungszellen nimmt die
Zürcher Stadtpolizei kommendes Wochenende in Betrieb. Wer sich
dorthin säuft, nimmt neben der Blamage und dem Kater auch eine
gesalzene Rechnung in Kauf.
Von Liliane Minor
Zürich - Dass die Polizei in ihren Zellen Betrunkene
ihren Rausch ausschlafen lässt, ist an sich nichts
Ungewöhnliches. Aus medizinischer Sicht ist das allerdings heikel:
Voll Alkoholisierte sind anfällig für Herz- und
Atemstillstand; gefährlich kann es nur schon werden, wenn sie sich
übergeben.
In der Zentralen Ausnüchterungsstelle (ZAS), die ab
kommenden Freitag jedes Wochenende in Betrieb ist, sollen solche
Komplikationen möglichst vermieden werden. Die Klienten werden
permanent videoüberwacht; zwei medizinisch geschulte Fachleute
sind vor Ort, um im Notfall Hilfe zu leisten.
Die ZAS ist ein landesweites Pilotprojekt. Die
verantwortlichen Stadträte Robert Neukomm und Esther Maurer (beide
SP) stellten es gestern vor. Ursprünglich hatte die Idee darin
bestanden, in den zwölf Zellen der Polizeiwache Urania nur
jugendliche Säufer aufzunehmen - statt sie nach Hause zu den
Eltern zu bringen. Im Zuge der Abklärungen zeigte sich aber rasch,
dass voll betrunkene Erwachsene nicht weniger problematisch sind als
Jugendliche. "Bis jetzt landen diese Leute meist in den
Notfallstationen und machen dort den ganzen Laden verrückt", sagte
Gesundheitsvorstand Neukomm. Das mache wenig Sinn: "Anderen Patienten
stehen dadurch weniger Pflegende und Ärzte zur Verfügung."
Stossend sei auch, dass die Kosten von der Krankenkasse getragen werden
müssen.
Künftig sollen Betrunkene nur noch dann ins Spital
eingewiesen werden, wenn sie verletzt sind oder sonst ein
Gesundheitsrisiko droht. Alle anderen werden zur Ausnüchterung in
die Zentrale Ausnüchterungsstelle gebracht. Neukomm und Maurer
rechnen pro Jahr mit rund 600 eingeschlossenen Trunkenbolden. Typische
Klientensind laut Maurer Leute, die stockbetrunken randalieren,
Straftaten begehen oder sich selbst gefährden. "Dazu können
auch Frauen gehören, denen wegen ihres Vollrauschs sexuelle
Ausbeutung droht", sagte Maurer.
Trennwände aus Karton
In die ZAS gebracht werden die Betrunkenen von der Polizei
- und zwar in Handschellen. Dort werden sie gefilzt, müssen
Schuhe, Gürtel und alle per-sönlichen Gegenstände
abgeben. Anschliessend werden sie medizinisch untersucht. Dann landen
sie in einer Zelle, die speziell für Betrunkene eingerichtet -
oder vielmehr ausgeräumt - ist: Nur eine mit Plastik
überzogene Matratze und eine Kloschüssel befinden sich darin.
Kein Tisch, kein Stuhl, kein Bettgestell, nichts, woran man sich
verletzen könnte. Selbst das Trennwändchen zwischen WC und
Schlafmatte ist nur ein Karton, der in einem Schlitz in der Wand steckt.
Solche Sicherheitsvorkehrungen seien mehr als nötig,
sagt Neukomm. Betrunkene entwickelten mitunter brachiale Kräfte.
Einem Mann sei es kürzlich gar gelungen, die Kloschüssel
abzureissen und damit die Panzerglasscheibe der Zellentür
einzuschlagen.
Um Zwischenfälle zu vermeiden, stehen im
Ausnüchterungstrakt permanent sechs Personen im Dienst: ein
Einsatzleiter der Polizei, zwei Mitarbeiter einer privaten
Medizinalservice-Firma sowie drei Sicherheitsleute eines
Privatunternehmens. Letzteres hatte im Vorfeld für Kritik gesorgt.
Mauer versicherte gestern, dass die Einsatzleitung in jedem Fall bei
einem vereidigten Polizisten bleibe.
Der Betrieb der ZAS wird rund 950 000 Franken pro Jahr
kosten. Einen Teil davon werden die Klienten selbst berappen. Wer nach
drei Stunden wieder draussen ist, kommt mit 600 Franken davon - das
dürfte vor allem Jugendliche betreffen, die von ihren Eltern
abgeholt werden. Wer länger bleiben muss, zahlt 950 Franken.
Eltern müssen zum Gespräch
Eltern, die ihre Sprösslinge in der ZAS abholen,
müssen erst einmal zu einem Gespräch mit Sozialarbeitern der
Stadt antraben. Und das ist noch nicht alles, wie Maurer klarmachte:
"Wir legen grossen Wert auf die Nachbetreuung. Die städtischen
Sozialarbeiter nehmen nach einer Woche noch einmal Kontakt mit den
Eltern und ihren Kindern auf und vermitteln ihnen, wenn nötig,
weitere Hilfsangebote." Ziel: Die Jugendlichen sollen nie mehr in der
ZAS landen.
Die Zentrale Ausnüchterungsstelle ist fürs Erste
ein Provisorium, auf ein Jahr befristet. Bis nächsten
Frühling soll ein definitiver Ort gefunden werden. Dann sollte
auch klar sein, wie gross der Raum- und Personalbedarf effektiv ist.
Wenn möglich soll die ZAS mit dem Vermittlungs- und
Rückführungszentrum für Drogenabhängige
zusammengelegt werden.
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Landbote 10.3.10
Den Rausch ausschlafen für 950 Franken
Anna Wepfer
Ab nächstem Freitag verwahrt die Zürcher
Stadtpolizei betrunkene Pöbler in ihrer neuen
Ausnüchterungszentrale. Die Kosten, die dabei entstehen, hat der
Verursacher zu bezahlen. Das ist teuer - und in der Schweiz einzigartig.
Zürich - Kahle Wände, kaum Tageslicht, eine
Maträtzchen mit Kunststoffbezug und eine notdürftig
abgetrennte WC-Schüssel: Einladend sind die zwölf Zellen der
Zentralen Ausnüchterungsstelle (ZAS) der Zürcher Stadtpolizei
nicht. Nur funktional müssen sie sein, erklärt
Gesundheitsvorstand Robert Neukomm. Und das heisst: mit wenig Aufwand
zu reinigen - "am liebsten mit dem Schlauch" - und vor allem so
eingerichtet, dass sich die Aufenthalter möglichst nicht selbst
verletzen können.
Die Aufenthalter werden Jugendliche und Erwachsene sein,
die sich unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen nicht mehr im Griff
haben. Ab nächstem Freitag wird die Stadtpolizei alkoholisierte
Randalierer und Pöbler verhaften und in der ZAS verwahren, bis sie
wieder nüchtern sind. "Wir wollen keine öffentlichen
Besäufnisse und brauchen Einrichtungen, um betrunkene Personen von
der Strasse zu holen", erklärt Neukomm.
Das bedeutet aber nicht, dass in Sachen Alkohol in der
Zürcher Öffentlichkeit ab sofort Nulltoleranz herrscht, wie
Polizeivorsteherin Esther Maurer versichert. Die Klienten (wie sie
offiziell heissen) seien nicht Leute, die Alkohol in einem
gesellschaftlich verträglichen Rahmen konsumierten. "Und auch das
kann mal laut und im öffentlichen Raum stattfinden", so Maurer. Im
Fokus stehen jene, die für sich oder andere zur Gefahr werden.
Risiko: Atemstillstand
Dass die Polizei Betrunkene zum Ausnüchtern mitnimmt,
ist an sich nichts Neues. Schweizweit einzigartig ist jedoch, dass die
Stapo in der ZAS mit medizinisch geschultem Personal einer Privatfirma
zusammenspannt. Denn bei stark alkoholisierten Personen bestehen
gesundheitliche Risiken: Krämpfe oder gar ein Atemstillstand sind
mögliche Komplikationen. Da sei es wichtig, dass Fachpersonen die
Betroffenen beaufsichtigten und betreuten und sie notfalls ins Spital
einliefern liessen, sagt Maurer.
Mittels Überwachungskameras werden die Klienten in
den umfunktionierten Gefängniszellen permanent beobachtet.
Für den Fall, dass sie sich aggressiv verhalten, sind nebst dem
medizinischen Personal auch Vertreter einer privaten Sicherheitsfirma
im Einsatz. Sie alle unterstehen dem Einsatzleiter der Stadtpolizei.
Abgesehen von Gesundheit und Sicherheit der Betrunkenen
hat die Betreuung im ZAS einen weiteren willkommenen Effekt: Betrunkene
landen nicht mehr wie bisher oft auf den Notfallstationen der
Spitäler. Einerseits werden so die Notaufnahmen entlastet,
andererseits - und auch das ist ein Novum in der Schweiz - gehen die
Betreuungskosten nicht mehr zulasten der Krankenkassen, sondern der
Verursacher.
950 Franken für eine Nacht
Denn wer in der ZAS ausnüchtert, wird dafür auch
zur Kasse gebeten: 600 Franken kostet es für jene, die innert drei
Stunden wieder fit sind. Längere Aufenthalte schlagen mit 950
Franken zu Buche. Zum Vergleich: Für ungefähr denselben
Betrag gibt es laut Homepage von "Zürich Tourismus" eine Nacht in
der Junior-Suite De Luxe im Alden-Hotel Splügenschloss, in den
Doppelzimmern De Luxe von Baur au Lac und Widder oder im Doppelzimmer
Superior im Dolder Grand.
Ein Jahr dauert das Pilotprojekt ZAS (siehe Kasten).
Für diesen Zeitraum rechnet die Stapo mit rund 600 Klienten. Bei
Minderjährigen kontaktiert die Polizei umgehend die Eltern. Sie
müssen die saftige Rechnung begleichen und ihren Sprössling
nach der Ausnüchterung nach Hause holen. Aber nicht nur das: "Wir
setzen nebst Repression auch auf Prävention", so Maurer. Darum
führen Mitarbeiter des Sozialdepartements immer ein Gespräch
mit den Eltern und versorgen sie mit Adressen von Beratungsstellen -
für den Fall, "dass sie mit der pubertierenden Jungmannschaft
überfordert sind". Das soll verhindern, dass Jugendliche zu
ZAS-Stammgästen werden.
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Zentrale für Betrunkene und Drogenkonsumenten
Das Projekt einer Ausnüchterungszentrale (ZAS) ist in
der Task-Force Jugendgewalt entstanden, die vor nicht ganz zwei Jahren
gegründet wurde. Ursprünglich war geplant, eine Zentrale nur
für Jugendliche und junge Erwachsene zu schaffen. In der jetzigen
Form stehen die Zellen aber allen Altersklassen zur Verfügung. Die
Zentrale befindet sich bis zum Ablauf der einjährigen Pilotphase
im alten Zellentrakt der Urania-Wache am Bahnhofquai. Danach will die
Stadt die Erfahrungen auswerten und die ZAS mit dem
Rückführungszentrum für Drogenabhängige (VRZ)
zusammenlegen. Das VRZ ist aktuell in der alten Kaserne untergebracht.
Ein gemeinsamer Standort sei sinnvoll, weil man dann Synergien nutzen
könne, sagt Projektleiter Beat Käch. Die Suche nach
geeigneten Räumlichkeiten läuft, gestaltet sich aber
schwierig.
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20 Minuten 10.3.10
Ab Freitag kann ein Vollsuff teuer werden
ZÜRICH. Stark Berauschte landen in Zürich
künftig in der Ausnüchterungsstelle. Die 950 Franken
dafür muss jeder selber zahlen - anders als im Spital.
Wer im Vollrausch am Boden liegt, randaliert oder sich
gefährdet, riskiert, in der Zentralen Ausnüchterungsstelle
bei der Urania-Wache zu landen. Am Freitag gehts los. Künftig
werden dort jedes Wochenende in 12 Zellen die stark Berauschten
aufgenommen. "Damit wollen wir die Notfallstationen der Spitäler
und die Polizei entlasten", sagte Polizeivorsteherin Esther Maurer (SP)
gestern vor den Medien. Besetzt ist die schweizweit einmalige
Einrichtung mit jeweils fünf privaten Security-Mitarbeitern und
zwei medizinisch geschulten Personen - einzig der Einsatzleiter ist ein
Polizist. Pro Ausnüchterung verrechnet die Stadt 600 Franken
für einen Kurzaufenthalt und gar 950 Franken für über 3
Stunden - das ist fast so teuer wie eine Nacht in einem Deluxe-Zimmer
des Dolder Grand. Den Betrag müssen die Betrunkenen selber
bezahlen. "Es handelt sich um Sicherheitskosten, die nicht
krankenkassenpflichtig sind", so Santésuisse-Sprecher Paul Rhyn,
"bei bisherigen Einlieferungen ins Spital übernahm die Kasse
alles." Ob die Stadt das Geld allerdings problemlos eintreiben kann,
ist fraglich: "Rechtsstreitigkeiten sind nicht ausgeschlossen",
räumt Stapo-Medienchef Marco Cortesi ein.
Der Aufenthalt in der neuen Einrichtung bleibt
polizeiintern während 12 Monaten registriert. Die
Ausnüchterungsstelle soll vorerst ein Jahr in Betrieb sein und
kostet fast eine Mio. Franken. Für eine dauerhafte Lösung
sucht die Stadt eine geeignete Halle.
Roman Hodel
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ANTI-ATOM
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Bund 10.3.10
BKW hilft Gemeinden bei Steuerteilung
Noch ist unklar, ob der Energiekonzern BKW in
Mühleberg jemals ein neues Atomkraftwerk bauen kann. Trotzdem
reden die Gemeinden aus der Region heute zum ersten Mal darüber,
wie sie den Steuerkuchen, den ein neues AKW bringen würde,
aufteilen könnten - heute kommt das Geld nur der Standortgemeinde
Mühleberg zugute. Brisant an der Geschichte ist, dass die BKW
selbst mögliche Szenarien für die Aufteilung der Steuern
erarbeitet hat und sie nun den Kommunen zur Verfügung stellt.
Damit erkaufe sich der Konzern AKW-Befürworter, sagen Kritiker.
Tatsache ist: In anderen Kantonen halten sich die Energieversorger bei
der Frage der Steuerteilung raus.
(sn) — Seite 19
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"Die BKW scheint AKW-Befürworter kaufen zu wollen"
Der Energiekonzern hilft Gemeinden rund um Mühleberg
beim Steuernteilen.
Sarah Nowotny
Ob in Mühleberg jemals ein neues Atomkraftwerk (AKW)
gebaut wird, steht in den Sternen. Sollte es aber so weit kommen,
erhoffen sich viele Gemeinden rund um den Reaktor eine strahlende
finanzielle Zukunft. Das dürfte in der Natur der Sache liegen und
ist an sich nicht besonders beunruhigend. Brisant ist aber, dass der
federführende Energiekonzern BKW selbst Vorschläge erarbeitet
hat, wie der Steuerkuchen, der in einigen Jahren vielleicht gebacken
wird, unter den Gemeinden aufgeteilt werden könnte. Heute setzen
sich die Gemeindeoberhäupter mit der BKW zusammen - erstmals wird
die sogenannte Begleitgruppe zum Mühleberg-Ersatz über das
Thema Steuerteilung sprechen. Geteilt würde freiwillig, denn
rechtlich gesehen profitiert vom AKW, wie auch heute schon, nur die
Standortgemeinde Mühleberg - und das nicht zu knapp: 1,5 Millionen
Franken fliessen jährlich in die kommunale Kasse. Mühlebergs
Steuerfuss liegt bei 1,25 Einheiten, die Nachbargemeinde Radelfingen
kommt dagegen nicht unter 1,69 Einheiten.
"Liefern nur Grundlagen"
Aus Mühleberg hagelt es weder Kritik noch
Einsprachen. Dass dies auch mit Geld zu tun haben könnte,
stösst einigen sauer auf. "Die BKW kauft sich in der Region ein -
so etwas erinnert mich an Dürrenmatts ,Besuch der alten Dame‘. Die
Einmischung untergräbt auch das Primat der Politik in
Steuerfragen", sagt die bernische SP-Präsidentin Irène
Marti. Zudem zeige das Verhalten des Konzerns, wie gross die Angst vor
Widerstand gegen einen AKW-Neubau sei. Als nicht "besonders
problematisch" stuft dagegen FDP-Grossrat und Energieexperte Adrian
Haas die Vorkommnisse ein: "Ob nun die BKW oder jemand anderes die
Gemeinden bei der Steuerteilung berät, ist nicht zentral - solange
Letztere danach unvoreingenommen entscheiden."
BKW-Sprecher Antonio Sommavilla weist den Vorwurf des
Sich-Einkaufens "scharf" zurück. "Wir wurden von den Gemeinden
angefragt und stellen ihnen nun Grundlagen zur Verfügung.
Natürlich liegt die Federführung aber bei ihnen." Ob eine
Verteilung des Steuerkuchens an mehrere Gemeinden die BKW teurer zu
stehen kommt und ob die Region etwa auch durch Entschädigungen an
einem neuen AKW verdienen könnte - "dazu kann ich mich heute noch
nicht äussern", sagt Sommavilla.
Kritik am Umgang der BKW mit den Gemeinden - und umgekehrt
- ist indes auch innerhalb des vermeintlichen Speckgürtels rund um
das Kraftwerk zu vernehmen. "Die BKW scheint sich AKW-Befürworter
kaufen zu wollen - und unsere Gemeinde kommt ihr zu stark entgegen. So
denken hier viele Menschen", sagt Rainer Zur Linde, der in Radelfingen
wohnt. Für skandalös hält er etwa die Unterlagen zur
Gemeindeversammlung vom 15. März. Dort steht, es solle "offen
informiert und diskutiert" werden, aber eine Debatte über
Notwenigkeit und Nebenwirkungen von Atomenergie sei nicht
erwünscht.
"Kein Kommentar"
Im beigelegten Fragenkatalog spielt Geld eine zentrale
Rolle: Etliche Fragen, die Radelfingen von der BKW beantwortet haben
möchte, drehen sich um Entschädigungen, Wertverlust und
Steuern. "Die fassbaren Auswirkungen des AKWs auf die Gemeinde sind nun
einmal wichtig. Deshalb wollen wir an der Gemeindeversammlung vor allem
darüber sprechen. Radelfingen ist aber nicht bestechlich", sagt
Vize-Gemeindepräsident Urs Martin Kuhn. Verkehr und Lärm, die
ein AKW-Bau mit sich bringe, rechtfertigten ein Stück des
Steuerkuchens für die Gemeinde. Ähnlich klingt es in Golaten,
Wileroltigen, Seedorf und Frauenkappelen.
Da sich natürlich keine Gemeinde für
käuflich erklärt, stossen sich die Oberhäupter auch
nicht an der Unterstützung durch die BKW. "So eine Steuerteilung
ist nun einmal kompliziert", sagt etwa Cristoforo Motta, Präsident
von Frauenkappelen. "Und sie führt möglicherweise zu
Konflikten zwischen den Gemeinden", fügt sein Wileroltiger
Amtskollege Daniel Schwaar an. Diese Befürchtung könnte sich
bewahrheiten, lautet doch die Replik zur Steuerteilung aus
Mühleberg: "Kein Kommentar."
Die konfliktträchtige Frage, wie eine Region mit
"ihrem" AKW umgehen soll, stellt sich auch andernorts. Jenseits der
Kantonsgrenzen halten sich die Energiekonzerne aber zurück. In den
1970er-Jahren einigten sich zehn solothurnische Gemeinden rund ums AKW
Gösgen freiwillig darauf, der Standortgemeinde Däniken zwei
Drittel der Steuern zu überlassen, und beanspruchten im Gegenzug
ein Drittel für sich. "Wir waren damals nur Zuschauer, der Ball
lag bei den Gemeinden", heisst es bei der Alpiq. "Steuerfragen sind
rein politischer Natur", konstatiert die Axpo - rund um ihr Aargauer
Kraftwerk Beznau streiten sich die Gemeinden heute im Hinblick auf
einen Neubau ebenfalls um den Steuerkuchen.
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Kommentar
Unkluge Einmischung der BKW
Sarah Nowotny
Profitieren wollen alle, wenn die BKW in Mühleberg
ein neues Atomkraftwerk bauen darf. Dass nur die Standortgemeinde etwas
vom Steuersegen abbekommen soll, nehmen die Nachbarn zu Recht nicht
hin. Während der jahrelangen Bauzeit würden auch sie unter
Verkehr, Baustellen und Lärm leiden. Weil rund um Steuern und
Entschädigungen Streit droht - wie im Aargau und in Solothurn -,
ist es sinnvoll, schon jetzt miteinander zu reden, egal ob man für
oder gegen ein neues AKW ist. Nun wurde aber bekannt, dass die BKW
selbst Varianten für die Aufteilung der Steuern erarbeitet hat,
die sie den Gemeinden als Diskussionsgrundlage zur Verfügung
stellt. Auch wenn die Kommunen den Konzern gebeten haben, sie bei
dieser steuerrechtlich komplexen Aufgabe zu unterstützen, ist dies
bedenklich. Die Unterstützung durch die BKW wirkt ähnlich
unpassend, wie wenn Pharmafirmen den Krankenkassen die Grundlagen
für ihre Tarife liefern würden. Mühleberg hinterfragt
sein AKW nicht, die Nachbargemeinde Radelfingen hat indes gegen die
unbefristete Betriebsbewilligung des Werks Einsprache eingereicht. Dies
lässt sich eigentlich nur damit erklären, dass Mühleberg
allein von Geld und Arbeitsplätzen profitiert. Geld darf aber
nicht kritische Fragen zu potenziellen Risiken der Atomkraft verstummen
lassen. Seit dem gescheiterten AKW-Projekt Kaiseraugst fürchten
die Energiekonzerne lokalen Widerstand. Alpiq und Axpo gehen mit ihrer
Furcht aber klüger um als die BKW: Sie mischen sich nicht in
politische Fragen wie Steuerteilungen ein.
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Aargauer Zeitung 10.3.10
Den Platz für Beznau3 schaffen
Regierung gibt Änderung des Richtplans für
Atomkraftwerk in die Vernehmlassung
Mit dem Eintrag in den Richtplan will der Aargau den Raum
für das neue Atomkraftwerk sichern. Dazu können sich
Bevölkerung und Politik jetzt äussern.
Hans Lüthi
Die Fakten sind klar: Beznau1 hat als ältestes
Atomkraftwerk im Land den 40.Geburtstag gefeiert und wird in
spätestens 20 Jahren vom Netz gehen. Als Ersatz hat die
Betreiberin Axpo das Gesuch um die Rahmenbewilligung für Beznau3
eingereicht. Das jahrelange Verfahren ist Sache des Bundes, der Aargau
kann erstmals Anfang 2011 Stellung nehmen und die Anliegen des
Standortkantons einbringen.
Die Weichen frühzeitig stellen
Grundsätzlich sei die Regierung dafür, "Beznau3
möglichst schnell zu bauen", hielt Landammann Roland Brogli am
Jubiläum in Döttingen fest. Das vorgezogene kantonale
Richtplanverfahren gebe der Bevölkerung Gelegenheit, "zu den
raumplanerischen Standortfragen Stellung zu nehmen". Und der Grosse Rat
könne mit dem Beschluss die Anforderungen und Massnahmen
bestimmen, die der Bund bei seinen Bewilligungen für Beznau3 zu
berücksichtigen habe. Geplant ist ein Kraftwerk mit 1200 bis 1600
Megawatt Leistung. Das neue AKW ist auf der Insel dort geplant, wo sich
heute die Schaltanlage befindet. Der Entwurf für die Anpassungen
im Richtplan liegt in den tangierten Gemeinden Döttingen,
Böttstein, Klingnau, Villigen und Würenlingen vom 15.
März bis 14. Juni öffentlich auf. Alle Interessierten
können Stellung nehmen, eine Information ist auf den 16.
März, Beginn um 19.30 Uhr, in Döttingen (Turnhalle Bogen)
angesetzt.
Die Regierung stellt gleich klar, dass es nicht um die
Frage geht, ob in der Schweiz weitere Atomkraftwerke gebaut werden
dürfen oder nicht. Für die Sicherheit und die Zukunft der
Kernanlagen sei der Bund allein zuständig, beim Richtplan gehe es
nur um die kantonalen Kompetenzen. Das Schweizervolk wird jedoch bei
einem Ja des Bundesrates zur Rahmenbewilligung ebenfalls Stellung
nehmen können. In der Beznau geht es parallel zum AKW auch um den
Ersatz des über 100 Jahre alten Wasserkraftwerks. Das markante
Bauwerk soll abgerissen und durch einen Neubau im Oberwasserkanal
ersetzt werden. (Infos zum Richtplan: www.ag.ch/raumentwicklung).
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Radiologischer Altlast auf der Spur
Beim Kernkraftwerk Beznau haben Probebohrungen von
Schwimmplattform aus begonnen
Soll die radiologische Altlast aus den Anfängen des
Atomkraftwerks Beznau entfernt oder abgedeckt werden?
Gegenwärtiglaufen die Abklärungen.
Michael Hunziker
Die Schwimmplattform vor dem Kernkraftwerk Beznau (KKB)
ist nicht zu übersehen. Rund 60Bohrungen mit einem Durchmesser von
etwa 10 Zentimetern werden in den nächsten 2 bis 3Wochen einen
Meter tief in den Grund des Oberwasserkanals getrieben. Die Proben
werden im Labor untersucht. Im Einsatz stehen sowohl Mitarbeiter des
KKB als auch Vertreter von externen Firmen.
Das Ziel ist klar: Es wird abgeklärt, wo sich die
radiologische Altlast - es handelt sich um belasteten Kies - aus der
Bauzeit des Atomkraftwerks genau befindet und welche Ausdehnung die
betroffene Fläche hat. Inder Folge wird entschieden, welche
Massnahmen getroffen werden. "Die Auswertungen der Untersuchungen
bilden die Grundlage für einen Bewilligungsantrag für eine
nachhaltige Sanierung", erklärt Axpo-SprecherRoland Keller.
Böschung bereits saniert
Bei den Probebohrungen, die am Montag begonnen haben,sei
die Personensicherheit von grösster Bedeutung, ergänzt
Projektleiter Max Ritter und erwähnt als Herausforderungen die
tiefen Temperaturen und die Tätigkeiten an einem
Fliessgewässer. Die Arbeiten wurden von der Aufsichtsbehörde
bewilligt, dem eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi.
Angekündigt wurden die Massnahmen im September 2009
(die AZ berichtete). Bereits im letzten Jahr saniert wurde ein rund 20
Quadratmeter grosser Bereich der Böschung, über die der Kies
damals eingebracht worden ist.
"Grenzwerte eingehalten"
Der Vorfall liegt rund 40 Jahre zurück: Beim Bau von
Beznau II trat aus einer Verbindungsleitung radioaktive
Flüssigkeit aus. Der Untergrund wurde leicht kontaminiert. In
Absprache mit der Behörde wurde ein Teil des Kieses im
Oberwasserkanal eingebracht. Die freigesetzte Radioaktivität
betrug 1,4 Prozent der zulässigen Jahreslimiten. "Es wurden
sämtliche Grenzwerte eingehalten", sagt Keller. Untersuchungen
haben laut dem Axpo-Sprecher gezeigt, dass in der Umgebung heute keine
erhöhte Radioaktivität gemessen werden kann, da der Kies von
5 bis 6 Meter Wasser überdeckt sei. Am Flussgrund aber seien die
Reste nach wie vor messbar.
Obwohl vom abgelagerten Kies keine Gefährdung
für Mensch oder Umwelt ausgehe, sei mit der geplanten
Neukonzessionierung und Modernisierung des Wasserkraftwerks Beznau die
radiologische Altlast zum Thema geworden, hält Keller fest.
Vorgesehen sei, die Angelegenheit zu bereinigen.
Nach den Messungen und Auswertungen wird, so Keller,
zuhanden der Geschäftsleitung ein Antrag unterbreitet.
Voraussichtlich Ende Juni soll ein Bewilligungsantrag vorliegen.
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Update
Das Wasserkraftwerk Beznau wurde zwischen 1898 und 1902
erbaut. Geplant ist eine Neukonzessionierung und Modernisierung. Die
Mitwirkungsunterlagen zum Wasserkraftwerk liegen vom 15. März bis
14. Juni in Döttingen und Böttstein sowie bei derAbteilung
Raumentwicklung auf. Für das Atomkraftwerk ist das Wasserkraftwerk
von grosser Wichtigkeit: Es stellt die Notstromversorgung sicher. (mhu)