MEDIENSPIEGEL 10.3.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Stadttauben: Spiel- statt Wagenplatz
- RaBe-Info 9.3.10
- Nothilfe-Demo ZH; Nothilfe-Vorstoss SG
- PNOS: Jaggi pfui; Lüthard ohne B&H-Auftritt
- Rausch-Knast ZH: 600-950.--  pro Nacht
- Anti-Atom: Mühleberg-Steuergemauschel; Beznau3

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REITSCHULE
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Mi 10.03.10
19.00 Uhr - SousLePont - Kartoffel Spezialitäten
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: dampfzentrale, Text: Pedro Lenz "Was wotter für morn?"
20.00 Uhr - Rössli-Bar - Daniel Kahn & The Painted Bird. Style: Klezmer Cabaret Punk
20.30 Uhr - Tojo - "Bunbury" von Oscar Wilde. Berner StudentInnentheater BeST.
20.30 Uhr - Holzwerkstatt - Zweites Kleines Festival der anderen Art mit Myrta Amstad(ch): vocals; Ab Baars(nl): sax; Cristin Wildbolz(ch): bass; Jack Wright(us): sax; Alberto Braida(i): piano; Paed Conca(ch): clarinet

Do 11.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: dampfzentrale, Text: Pedro Lenz "Was wotter für morn?"
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter Special: "Far Rockaway" CD-Taufe von Tina Kohler
21.00 Uhr - Rössli-Bar - K-Tharsis. Style: Urban Funk
20.30 Uhr - Tojo - "Bunbury" von Oscar Wilde. Berner StudentInnentheater BeST.

Fr 12.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: dampfzentrale, Text: Pedro Lenz "Was wotter für morn?"
20.30 Uhr - Tojo - "Bunbury" von Oscar Wilde. Berner StudentInnentheater BeST.
21.00 Uhr - Kino - Migration - Leben in der Fremde: Wanakam, Thomas Isler, CH 2005
23.00 Uhr - Dachstock - Groovebox: Riccardo Ferri (live) (Alchemy Records/I), Flavio Diaz (live) (AnalyticTrail, Loose/I), Mastra (live) (Modular Club/be), Racker (Midilux, Festmacher/be). Style: Minimal, Techno, House

Sa 13.03.10
14.00 Uhr - Frauenraum - AMIE - Frauenkleidertauschbörse bis 16.00 Uhr. Women only.
17.00 Uhr - Frauenraum - Frauendemo-Party: Lounge mit Barbetrieb
19.00 Uhr - Frauenraum - Frauendemo-Party: Feministische Filme im Backstage
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: dampfzentrale, Text: Pedro Lenz "Was wotter für morn?"
20.30 Uhr - Tojo - "Bunbury" von Oscar Wilde. Berner StudentInnentheater BeST.Sa 13.03.10 - 21.00 Uhr - Kino - Migration - Leben in der Fremde: Por Amor, Isabelle Stüssi, CH 2009
21.30 Uhr - Frauenraum - Frauendemo-Party: Disco von Pop bis Elektro mit DJanes Schultze und Schultze (Trash-Pop) und DJanes Agnetta und Matilda (Elektrodääntspopnrollrock)
23.00 Uhr - Dachstock - Liquid Session: Makoto & Deeizm MC (Human Elements). Support: Lockee (Rabass 95.6), TS Zodiac (Liquid Sessions), Badboy MC (FMI). Style: Drumnbass

So 14.03.10
17.00 Uhr - Tojo - "Bunbury" von Oscar Wilde. Berner StudentInnentheater BeST.

Infos: http://www.reitschule.ch

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STADTTAUBEN
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Bund 10.3.10

Die Polizei muss das besetzte Gelände in der Berner Lorraine räumen

 Bis die geplante Wohnüberbauung baureif ist, soll der Platz durch einen Spielplatz belebt werden.

 Bernhard Ott

 Die Geschichte der ehemaligen Garage Alcadis am Centralweg ist eine blamable Geschichte für die Stadt Bern. Vorläufige Profiteure sind zurzeit die sogenannten Stadttauben, die letzten Samstagnachmittag den Abgrenzungszaun aufgebrochen haben, um die seit Mai 2009 leer stehende Brache mit einer Handvoll Wohnwagen in Besitz zu nehmen. Ein derart langer Leerstand eines Geländes in einem urbanen Quartier wie der Lorraine ist ein Risiko. So gesehen ist es erstaunlich, dass das Gelände nicht schon früher besetzt worden ist. Dabei hätte es durchaus Pläne und Ideen für eine Zwischennutzung gegeben. Die städtische Liegenschaftsverwaltung war jedoch nicht bereit, auf diese einzutreten.

 Angst vor einem zweiten Paradisli

 So hat der Lorraine-Breitenrain-Leist vor dem Abbruch der Liegenschaft verlangt, dass eine Besetzung verhindert werden soll. Die Stadt hätte den Vertrag mit der Garage Alcadis bis zum Vorliegen eines baureifen Projektes verlängern sollen, sagte Vizepräsident Edwin Stämpfli gegenüber der "Berner Zeitung". Der eher alternativ angehauchte Verein Läbigi Lorraine (VLL) wiederum hat einen Teilabriss befürwortet, um in den einstigen Lagerräumlichkeiten der Garage einen Quartiertreff einzurichten. Der VLL erhob gegen den Abbruch gar Einsprache, zog diese aber wieder zurück. Laut VLL-Mitglied Catherine Weber wurde die Einsprache fallen gelassen, weil die Stadt zunächst von einem frühen Baubeginn im Herbst 2010 ausgegangen ist und eine Zwischennutzung angesichts von Altlasten im Boden für bedenklich hielt. Für das einstige Stadtratsmitglied ist jedoch klar: "Die Liegenschaftsverwaltung wollte ein zweites Paradisli verhindern." Die Angst vor einer Zwischennutzung mit anschliessendem jahrelangem Rechtsstreit stecke der Verwaltung noch tief in den Knochen, sagt Weber.

 Mit Weiden gegen eine Besetzung

 Die Liegenschaftsverwaltung ist von der Besetzung am letzten Samstag auf dem falschen Fuss erwischt worden. Laut Weber war offenbar geplant, den Platz im Abstand von zwei Metern mit Weiden zu bepflanzen. Weber weiss dies aus erster Quelle, weil sie am 5. Juni einen Flohmarkt auf dem Gelände veranstalten wollte. Die Stadt beschied der Veranstalterin jedoch, dass das Gelände mit den besagten Weiden bepflanzt werden soll und dass sie ihr Gesuch für die Fläche des Centralwegs stellen soll.

 Die Weiden dürften nun aber doch nicht zum Zug kommen. Gemeinderätin Barbara Hayoz (fdp) will die Besetzung nicht dulden und Nägel mit Köpfen machen. Die Stadt habe Anzeige erstattet und bei der Polizei die Räumung des Geländes beantragt. "Ein Ultimatum haben wir nicht gesetzt. Das ist nun Sache der Polizei", sagt Hayoz. Berns oberste Liegenschaftsverwalterin bekräftigt nochmals, dass die Einrichtung eines Quartiertreffs in der Garage wegen der Altlasten "gesundheitsschädigend" gewesen wäre. Der Baubeginn für die Überbauung verzögere sich, weil das Wettbewerbsverfahren geändert worden sei. Der stadteigene Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik befürworte nun einen offenen Wettbewerb, der länger dauere. Die Jury sei mittlerweile bestimmt. "Bis zum Baubeginn dürfte es noch bis zu anderthalb Jahre dauern", sagt Hayoz. Die Stadt plant einen Neubau mit 15 Wohnungen.

 Thomas Fuchs droht mit Petition

 Die Gemeinderätin hat Liegenschaftsverwalter Fernand Raval den Auftrag gegeben, gemeinsam mit der Quartierkommission Dialog Nordquartier und dem Leist eine Zwischennutzung zu prüfen. "Es geht nicht um grosse Investitionen. Sinnvoll wäre etwa ein Spielplatz oder eine Brätlistelle", sagt Hayoz. Bis anhin ist die Liegenschaftsverwaltung beim Dialog Nordquartier aber noch nicht vorstellig geworden, sagt Dialog-Sekretär Max Singer.

 Die Polizei will sich zum weiteren Vorgehen und zu einem allfälligen neuen Ultimatum nicht äussern. Derweil kochen die politischen Süppchen rund um die Besetzung hoch. Die Stadttauben selber weisen in einer Mitteilung darauf hin, dass sie Unterstützung von "zahlreichen Nachbarn" erfahren hätten. Dabei handelt es sich offensichtlich um andere Personen als die "geschädigten Nachbarn", von denen in einer Mitteilung des Lorraine-Leists die Rede ist. Diese wollen offenbar ihre "Rechtsansprüche" durchsetzen, falls auf dem Gelände keine rechtmässigen Verhältnisse hergestellt würden, schreibt der Leist.

 Die Vereinigung Bern Aktiv von Grossrat Thomas Fuchs (svp) wiederum bezeichnet die Stadttauben als "Plage". Sie will mit einer Petition im Lorraine-Quartier für Druck aus der Bevölkerung sorgen, falls das Gelände nicht sofort geräumt werde. "Man darf gespannt sein, ob bei nächtlichen Ruhestörungen bald auch Berns Stadtpräsident mitgrölen wird", teilt Bern Aktiv mit.

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 Experimentelles Wohnen

 Drei Gruppierungen in Bern

 In Bern gibt es drei Gruppen, die experimentell wohnen: das Zaffaraya im Neufeld, die Stadttauben in der Lorraine und die Stadtnomaden. Letztere befinden sich zurzeit im Schermen auf einem Gelände der Burgergemeinde, sagt Anwalt Daniel Kettiger, Rechtsvertreter der Stadtnomaden. Gemäss einem Abkommen zwischen Stadt, Kanton und Burgergemeinde wechseln sie dreimonatlich den Standort. Dies soll so lange dauern, bis die Stadt die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Zone experimentellen Wohnens geschaffen hat. Laut Kettiger hat die Stadtplanung erste Entwürfe für diesen Sommer in Aussicht gestellt. Das Zaffaraya wäre davon aber nicht betroffen. Es steht auf dem Boden der Eidgenossenschaft und stellt einen "Spezialfall" dar, sagt Kettiger. (bob)

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BZ 10.3.10

Lorraine

Gerangel um Besetzer

 Thomas Fuchs, SVP-Grossrat und Bern-Aktuell-Aktivist, forderte gestern ultimativ die Räumung der besetzten städtischen Bauparzelle am Centralweg in der Lorraine. Sonst werde man eine Petition lancieren. Die "Stadttauben" würden zur Plage, schrieb er in einer Mitteilung. Damit provozierte er den Verein Läbigi Lorraine (VLL) und die AGWohnen. Sie bot den Tauben ein Nest an. "Wir sind davon überzeugt, dass sie das Quartier weder stören noch belasten." Hingegen störe sie das konzeptlose Vorgehen der Stadt bei der Entwicklung der Parzelle. Die Stadt habe, als das Garagengebäude noch stand, ein Zwischennutzungsgesuch des VLL abschlägig beantwortet und mit der Brache die Besetzung erst möglich gemacht. Statt zu räumen, soll die Stadt über Verhandlungen eine einvernehmliche Lösung anstreben.
 cab

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Medienmitteilung von Verein Läbigi Lorraine (VLL) und AG Wohnen

Bern, 9. März 2010

Ein Nest für die Stadttauben in der Lorraine

Es stört uns überhaupt nicht, dass sich die "Stadttauben" auf der Brache am
Zentralweg in der Lorraine niedergelassen haben. Wir sind davon überzeugt, dass
sie das Quartier weder stören noch belasten.

Uns stört vielmehr die konzeptlose Vorgehensweise der Stadt auf dem nun besetzten
Areal. Die Liegenschaftsverwaltung war nicht in der Lage, einen nahtlosen Übergang
zwischen Abbruch der alten Gebäude und dem geplanten Neubau zu gewährleisten
und realistischerweise ist nicht vor 2012 mit einem Baubeginn zu rechnen. Sie hat
sich aber auch den Bemühungen widersetzt, das leerstehende Gebäude Centralweg
9 für eine Zwischennutzung dem Quartier zur Verfügung zu stellen - und
entsprechende Angebote abschlägig beantwortet. Damit hat sie die Voraussetzungen
erst geschaffen, damit die "Stadttauben" sich hier niederlassen können.

Sie jetzt einfach polizeilich räumen zu lassen, ist Verhältnisblödsinn.

Stattdessen fordern wir, dass die Stadt mit den BesetzerInnen Verhandlungen
aufnimmt und nach einer Lösung sucht, die für alle Seiten vertretbar ist.

Für den VLL Romano Manazza
Für die AG Wohnen Johannes Wartenweiler

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RABE-INFO
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Di. 9. März 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_9._Maerz_2010.mp3
- Höhere Renten für niedere Einkommen
- Die vielen Facetten des Glücks
- Wahlen im Kanton Bern: Bernhard Pulver will Regierungsrat bleiben

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ASYL
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NZZ 10.3.10

"Nothilfe kann man nicht Hilfe nennen"

Demonstration in Zürich

 lil. ⋅ Bei beissender Kälte haben sich am Dienstagnachmittag zirka 80 Menschen auf dem Zürcher Helvetiaplatz getroffen, um gegen die schlechten Nothilfe-Bedingungen und die Ausgrenzung der Sans-Papiers zu demonstrieren. Von dort marschierten die Demonstranten zum kantonalen Migrationsamt in Oerlikon. Laut den Organisatoren vom Verein "Refugees Welcome" kann man diese Art der Nothilfe nicht mehr Hilfe nennen.

 Sie kritisierten namentlich, dass die Sans-Papiers nicht arbeiten und ihr eigenes Geld verdienen dürften, was zu starker psychischer Belastung führe. Um sich trotzdem ernähren zu können, erhalten die Asylsuchenden täglich Gutscheine der Migros im Wert von 8 Franken. In einem offenen Brief an das Migrationsamt forderten die Demonstranten die Abschaffung des Nothilfe-Programms, welches einzig dazu diene, die abgewiesenen Asylsuchenden zur Rückkehr in ihre Herkunftsländer zu bewegen. Oft würden dort jedoch die Menschenrechte immer noch gleich missachtet wie vor der Flucht.

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Tagesanzeiger 10.3.10

Kundgebung gegen Nothilfe

 Zürich - Rund 100 bis 120 Menschen haben gestern Nachmittag auf dem Helvetiaplatz für die Abschaffung der Nothilfe protestiert. Als Reaktion auf die Kundgebung haben die Behörden kurzerhand ab 14.30 Uhr "aus Sicherheitsgründen" das Migrationsamt geschlossen, obwohl die Demonstration bewilligt war. Menschen würden mit der Nothilfe ausgegrenzt und sozial isoliert, schreiben die Demonstranten des Vereins Refugees welcome. (bg)
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refugees-welcome 9.3.10

Demo gegen das Nothilferegime - Das Migrationsamt macht blau
 
Heute haben wir - rund 100 bis 120 Papierlose - gegen das Nothilferegime demonstriert. Damit wollen wir auf unsere unerträgliche und unmenschliche Situation aufmerksam machen. Als Reaktion auf unsere Kundgebung haben die Behörden kurzerhand ab 14:30 Uhr "aus Sicherheitsgründen" das Migrationsamt geschlossen. Und das obwohl die Demonstration bewilligt war!!

Die Nothilfe, welche ursprünglich als temporäres Druckmittel vom Gesetzesgeber gedacht war, ist für viele von uns zu einem Dauerprovisorium geworden. Viele von uns leben seit Jahren nun mit der Nothilfe und selbst wenn wir gar keine Unterstützung bekämen und auf der Strasse leben müssten, wir würden bleiben, weil die meisten von uns gar keine andere Wahl haben.

Es ist uns klar und auch offen deklariert, dass diese Massnahmen dem Zweck dienen sollen, dass wir, deren Gesuche abgelehnt oder gar nicht erst bearbeitet wurden die Schweiz "freiwillig" verlassen sollen. Dem sind wir uns sehr wohl bewusst. Viele können nicht zurück in ihre Herkunftsländer. Und von vielen, die durchaus Chancen auf Asyl hätten, wurde das Gesuch gar nicht erst geprüft, weil sie das Pech hatten erst nach Inkrafttreten des neuen Asylgesetzes in der Schweiz angekommen zu sein.

Wir glauben, dass das Nothilfe-Regime nicht nur versagt hat, sondern die Menschen quält und depressive, aggressive und kranke isolierte Individuen produziert. Und wir wissen, dass das System ist, Fragen uns aber je länger je mehr, was das für ein Land ist, dass so gerne international mit den Menschenrechten und Humanität prahlt, wo aber ein Grossteil der Bevölkerung keine Hemmungen mehr kennt, wenn es darum geht gegen unten zu treten.

Darum stehen wir zusammen, gehen heute auf die Strasse und fordern die damit beauftragten Beamten auf, für eine menschliche und unbürokratische Lösung einzustehen und allesmögliche zu tun um die ganze Situation im Asylbereich zu entschärften und nach pragmatischen Lösungen zu suchen. Wir wollen keine Lügen mehr, dass die Nothilfe funktionieren würde. Dass wir alles faule Sozialschmarotzer seien, die nicht arbeiten wollen. Wir sind gerne bereit unseren Beitrag an diese Gesellschaft zu leisten, wenn man uns lassen würde.

Bilder von der Demo in hoher Auflösung
http://www.refugees-welcome.ch/index.php?option=com_phocagallery&view=categories&Itemid=13&lang=de

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St. Galler Tagblatt 10.3.10

Integration und Energie

 Es ist nicht alltäglich, dass sich Politiker verschiedener Parteien für einen Vorstoss zusammentun. Gestern sind zwei solche Gemeinschaftswerke eingereicht worden.

 Mit dem ersten interfraktionellen Postulat (wie das technisch korrekt heisst) verlangen Maria Huber (CVP), Michaela Haenggi (EVP), Albert Rüesch (FDP), Claudia Buess (Grüne), Karin Winter (SVP) und Bettina Surber (SP) Auskunft über die Integrationsbemühungen der Stadt. Nach mehr als fünf Jahren seit Gutheissung des Integrationskonzeptes sei es richtig, Bilanz zu ziehen, heisst es in der Begründung des Vorstosses. In einem Bericht soll der Stadtrat zurückschauen, eine Standortbestimmung vornehmen und Schwerpunkte der künftigen Tätigkeit der Integrationsstelle skizzieren.

 Das zweite Postulat über Parteigrenzen hinweg kommt von Thomas Schwager (Grüne), Guido Keller (CVP) und Marcel Rotach (FDP). Sie nehmen die Feststellung auf, dass es aufgrund denkmalpflegerischer Bestimmungen oft schwierig ist, ältere Gebäude energetisch wirkungsvoll zu sanieren. Damit die Ziele des "Energiekonzeptes 2050" erreicht werden könnten, müssten in den Verfahren etwa für Baubewilligungen Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energiequellen mehr Gewicht erhalten, fordern die drei Postulanten. (vre)

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 Haus fürs Solidaritätsnetz?

 Eine Einfache Anfrage zum Solidaritätsnetz Ostschweiz und seinen Aktivitäten hat René Frommenwiler (SVP) gestern im Stadtparlament eingereicht. Die Organisation, die Asylbewerber unterstützt, die von einer minimalen Nothilfe leben müssen, will ein Solidaritätshaus eröffnen. Darin soll ein Mittagstisch angeboten werden. Zudem sind darin Unterkunftsmöglichkeiten für abgewiesene Asylbewerber geplant. Vom Stadtrat will der SVPler nun wissen, ob die Stadt plant, dem Solidaritätsnetz für diesen Zweck eine Liegenschaft abzugeben, und wenn ja, welche Häuser dafür in Frage kämen. Weiter verlangt er in seinem Vorstoss vom Stadtrat Auskunft darüber, wie sichergestellt wird, dass Asylbewerber trotz des Solidaritätshauses baldmöglichst ausreisen. (vre)

 Fragen zum Glasfasernetz

 Bettina Surber (SP) hat gestern im Parlament eine Anfrage zum Glasfasernetz eingereicht. Sie will Auskunft zur Einigung der Stadtwerke und der Swisscom in dem Bereich. Insbesondere interessiert sie, ob die Vorlage, der das städtische Stimmvolk im Februar 2009 klar zugestimmt hat, alle Aspekte dieser Einigung abdeckt. Weiter interessiert sie, ob die Stadt trotz Konzessionen an das marktführende Schweizer Telekommunikationsunternehmen ihre finanziellen Ziele fürs Glasfasernetz noch erreichen kann. Vorgesehen ist, dass die Stadtwerke das Netz bauen. Sie werden vier Fasern einziehen. Zwei erhält die Swisscom für eine einmalige Entschädigung für eine bestimmte Zeit zur Verfügung gestellt. (vre)

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PNOS
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Tagesanzeiger 10.3.10

Zuspruch für Jaggi im unteren Bereich

Morosoli Marco

 Langnau - Bei den Gemeinderatswahlen am vergangenen Sonntag schrieben 97 Langnauer Georg Jaggi auf ihren Wahlzettel (der TA berichtete). Jaggi wurde im Vorfeld der Wahlen von der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) ausgeschlossen. Sein Stimmenanteil entspricht bei 2529 Wählenden knapp vier Prozent. Um als Gemeinderat gewählt zu werden, hätte Jaggi allerdings weit mehr als 1000 Stimmen machen müssen. Das absolute Mehr lag bei 769 Stimmen.

 "Der Zuspruch für Jaggi liegt an der unteren Grenze für Kandidaten der äussersten Rechten", sagt Hans Stutz, Beobachter der rechtsextremen Szene. Auch den Fall Jaggi verfolgte er mit. Trete die SVP nicht an, könne der Wert der Zustimmung für einen Rechtsaussen auch höher sein, sagt Stutz. Diese Vorgabe traf für Langnau aber nicht zu. Die SVP trat zur Gemeinderatswahl an.

 Wesentlich weniger Langnauer haben Georg Jaggi als neuen Gemeindepräsidenten gesehen. Bei dieser Ausmarchung legten 30 Langnauer den Namen Jaggi in die Urne. Peter Herzog, CVP-Kandidat für dieses Amt, holte 841 Stimmen. Er verpasste damit das absolute Mehr um nur zehn Stimmen. (mor)

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Indymedia 9.3.10

Grossratskandidat in übler Gesellschaft

AutorIn : Antifa Bern         

Grossratskandidat Dominic Lüthard hätte als Sänger der Schweizer Rechts-Rock-Band "Indiziert" am 6. März 2010 am rechtsextremen "No surrender"-Konzert im Osten Deutschlands auftreten sollen. Die deutsche Polizei machte der Band einen dicken Strich durch die Rechnung.     

Flyer
http://ch.indymedia.org/images/2010/03/74240.png

Strammer Neonazi hinter biederer Fassade: Dominic Lüthard, der sich, so die Wahlwerbung der Partei National Orientierter Schweizer (PNOS), als "zweifacher Familienvater für Schweizer Familien einsetzen" und "in Bern den alteingesessenen Parteinfilz wachrütteln" will, nennt als Hobby "patriotische Musik".

Was darunter zu verstehen ist, demonstrierte Lüthard am vergangenen Samstag zum wiederholten Mal: Das rassistische, internationale Neonazi-Netzwerk "Blood & Honour", in Deutschland seit Jahren verboten, rief zum grossen Konzertabend in Belgien. Auf dem Mobilisierungsflyer, welcher bis zum 6. März 2010 auf der Band-Website zu sehen war, prangt neben den einschlägig bekannten Neonazi-Bands "Blue Eyed Devils" (USA), "Sturmwehr" (Deutschland), "P.W.A." (Estland) und "Kahlkopf" (Deutschland) auch der Name "Indiziert".

Auch Auftritt von "Amok" geplatzt

Laut eines der grössten deutschsprachigen Nazi-Foren wurde der Event kurzfristig in den Osten Deutschlands verlegt, mehrere Bands mussten deshalb absagen. Statt der erwarteten 1000 Rechtsextremen trafen nur gut 200 Personen am Konzertort ein. Die deutsche Polizei setzte dem Abend zudem ein frühzeitiges Ende. Der Auftritt von "Indiziert" fiel ins Wasser, ebenso das Konzert der Schweizer "Blood & Honour"-Band "Amok", die 2007/2008 mit üblen Songtexten und gewalttätigen Übergriffen für Schlagzeilen sorgte.

Keine Stimme der PNOS!

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RAUSCH-KNAST ZH
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NZZ 10.3.10

Betrunkene werden zur Kasse gebeten

 Am Freitag nimmt die Stadt Zürich die Zentrale Ausnüchterungsstelle in Betrieb

Die Stadt Zürich geht mit einem Pilotprojekt gegen negativ auffallende Betrunkene vor. Als Novum in der Schweiz wird ihnen der Aufenthalt in einer Ausnüchterungszelle verrechnet.

 Marc Tribelhorn

 Wer am Wochenende in der Limmatstadt ausgeht, kennt das Problem: Pöbeleien, Schlägereien oder Sachbeschädigungen oftmals alkoholisierter Nachtvögel. Stark betrunkene und anderweitig berauschte Jugendliche und Erwachsene, die in Zürich die öffentliche Ordnung oder sich und andere gefährden, werden ab dem kommenden Wochenende von der Polizei festgenommen und im Zellentrakt der Hauptwache Urania ausgenüchtert. Die Kosten des Aufenthalts werden erstmals in der Schweiz verrechnet: 600 Franken müssen Personen bezahlen, die in weniger als drei Stunden wieder auf den Beinen sind, 950 Franken alle anderen - Preise wie in einem Luxushotel. Am Dienstag haben die demnächst abtretenden Stadtratsmitglieder Esther Maurer und Robert Neukomm die wenig prunkvoll eingerichtete Zentrale Ausnüchterungsstelle (ZAS) den Medien vorgestellt.

 Einbezug von Sicherheitsfirma

 Die ZAS wird - vorläufig als einjähriges Pilotprojekt - vom Polizeidepartement und von den städtischen Gesundheitsdiensten betrieben. Die private Sicherheitsfirma Custodia unterstützt die Polizei bei der Gewährleistung der Sicherheit. Sämtliche Handlungen stünden aber unter Aufsicht der Stadtpolizei, versicherte Maurer. Damit ging sie indirekt auf die Anfang Jahr von Staats- und Verwaltungsrechtlern geäusserte Kritik ein, wonach der Einsatz privater Sicherheitskräfte Grundrechte wie die persönliche Freiheit und das staatliche Gewaltmonopol tangiere. In der stadträtlichen Antwort auf eine diesbezügliche dringliche Anfrage von Walter Angst (al.) wurde bereits festgehalten, dass ein polizeilicher Einsatzleiter für alle Betriebsabläufe verantwortlich sei und Zwangsmassnahmen allein Sache der Polizei seien. Wollte man ausschliesslich Polizisten einsetzen, würden diese jedoch an der Front fehlen.

 Die medizinische Betreuung in der ZAS wird durch die darauf spezialisierte Firma JDMT sichergestellt. Bei Jugendlichen kontaktiert die für Prävention zuständige SIP Züri die Eltern, die aufgefordert werden, ihre Sprösslinge in der ZAS abzuholen. Dabei wird auch das Gespräch mit den Eltern und Jugendlichen gesucht. Die ZAS ist jeweils von Freitag 22 Uhr bis Sonntag 15 Uhr geöffnet. Die Polizei rechnet mit rund 600 Einlieferungen pro Jahr. Das Pilotprojekt kostet laut dessen Leiter Beat A. Käch knapp eine Million Franken. Wie Polizeivorsteherin Maurer sagte, habe die ZAS gegenüber der vorherigen Praxis im Umgang mit Betrunkenen gewichtige Vorteile. Zum einen werde dadurch der Ausgang in Zürich sicherer. Zum anderen würden die festgenommenen Personen medizinisch besser betreut, als es zuvor in den Ausnüchterungszellen der Regionalwachen der Fall gewesen sei. Wie Neukomm ergänzte, sollen aber auch die Notaufnahmen der Spitäler entlastet werden, die sich an den Wochenenden oft um Betrunkene kümmern müssen.

 Wer wird eingeliefert?

 Der Ablauf der Einlieferung ist standardisiert. Bringt die Polizei eine stark berauschte Person ins ZAS, so wird sie nach Waffen durchsucht, administrativ erfasst und medizinisch untersucht. Wird eine Verletzung diagnostiziert, kommt die Person ins Spital. Wenn nicht, wird sie nach Abgabe der Effekten in eine der zwölf Zellen gebracht, die lediglich mit einer Matratze und einer Toilette ausgerüstet sind. Alle Zellen sind videoüberwacht, damit allfällige Komplikationen sofort erkannt werden können. Pro Schicht arbeiten in der ZAS ein Einsatzleiter der Stadtpolizei, drei Sicherheitsleute und zwei medizinische Fachpersonen. Der Eintrag einer in Gewahrsam genommenen Person wird nach einem Jahr wieder gelöscht.

 Doch wann wird eine Person von der Polizei in Gewahrsam genommen und zur Ausnüchterung in die ZAS übergeführt? Gemäss Maurer werden Leute, die im "gesellschaftlich verträglichen Rahmen" im öffentlichen Raum Alkohol trinken, sicher nicht von der Polizei festgenommen. Aufgegriffen würden nur diejenigen, die im Rausch sich selbst, andere oder Sachen gefährden. Mögliche "Klienten" seien aber auch alkoholisierte Personen, die etwa im Rahmen einer Sportveranstaltung straffällig würden. Denn auch diese müssten nach der Festnahme medizinisch überwacht werden. Bereits jetzt ist absehbar, dass es bezüglich der Ausnüchterung und deren Verrechnung wohl zu Rechtsstreitigkeiten kommen wird.

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Tagesanzeiger 10.3.10

Diese Zelle kostet Betrunkene 950 Franken pro Nacht

 Zwölf Ausnüchterungszellen nimmt die Zürcher Stadtpolizei kommendes Wochenende in Betrieb. Wer sich dorthin säuft, nimmt neben der Blamage und dem Kater auch eine gesalzene Rechnung in Kauf.

 Von Liliane Minor

 Zürich - Dass die Polizei in ihren Zellen Betrunkene ihren Rausch ausschlafen lässt, ist an sich nichts Ungewöhnliches. Aus medizinischer Sicht ist das allerdings heikel: Voll Alkoholisierte sind anfällig für Herz- und Atemstillstand; gefährlich kann es nur schon werden, wenn sie sich übergeben.

 In der Zentralen Ausnüchterungsstelle (ZAS), die ab kommenden Freitag jedes Wochenende in Betrieb ist, sollen solche Komplikationen möglichst vermieden werden. Die Klienten werden permanent videoüberwacht; zwei medizinisch geschulte Fachleute sind vor Ort, um im Notfall Hilfe zu leisten.

 Die ZAS ist ein landesweites Pilotprojekt. Die verantwortlichen Stadträte Robert Neukomm und Esther Maurer (beide SP) stellten es gestern vor. Ursprünglich hatte die Idee darin bestanden, in den zwölf Zellen der Polizeiwache Urania nur jugendliche Säufer aufzunehmen - statt sie nach Hause zu den Eltern zu bringen. Im Zuge der Abklärungen zeigte sich aber rasch, dass voll betrunkene Erwachsene nicht weniger problematisch sind als Jugendliche. "Bis jetzt landen diese Leute meist in den Notfallstationen und machen dort den ganzen Laden verrückt", sagte Gesundheitsvorstand Neukomm. Das mache wenig Sinn: "Anderen Patienten stehen dadurch weniger Pflegende und Ärzte zur Verfügung." Stossend sei auch, dass die Kosten von der Krankenkasse getragen werden müssen.

 Künftig sollen Betrunkene nur noch dann ins Spital eingewiesen werden, wenn sie verletzt sind oder sonst ein Gesundheitsrisiko droht. Alle anderen werden zur Ausnüchterung in die Zentrale Ausnüchterungsstelle gebracht. Neukomm und Maurer rechnen pro Jahr mit rund 600 eingeschlossenen Trunkenbolden. Typische Klientensind laut Maurer Leute, die stockbetrunken randalieren, Straftaten begehen oder sich selbst gefährden. "Dazu können auch Frauen gehören, denen wegen ihres Vollrauschs sexuelle Ausbeutung droht", sagte Maurer.

 Trennwände aus Karton

 In die ZAS gebracht werden die Betrunkenen von der Polizei - und zwar in Handschellen. Dort werden sie gefilzt, müssen Schuhe, Gürtel und alle per-sönlichen Gegenstände abgeben. Anschliessend werden sie medizinisch untersucht. Dann landen sie in einer Zelle, die speziell für Betrunkene eingerichtet - oder vielmehr ausgeräumt - ist: Nur eine mit Plastik überzogene Matratze und eine Kloschüssel befinden sich darin. Kein Tisch, kein Stuhl, kein Bettgestell, nichts, woran man sich verletzen könnte. Selbst das Trennwändchen zwischen WC und Schlafmatte ist nur ein Karton, der in einem Schlitz in der Wand steckt.

 Solche Sicherheitsvorkehrungen seien mehr als nötig, sagt Neukomm. Betrunkene entwickelten mitunter brachiale Kräfte. Einem Mann sei es kürzlich gar gelungen, die Kloschüssel abzureissen und damit die Panzerglasscheibe der Zellentür einzuschlagen.

 Um Zwischenfälle zu vermeiden, stehen im Ausnüchterungstrakt permanent sechs Personen im Dienst: ein Einsatzleiter der Polizei, zwei Mitarbeiter einer privaten Medizinalservice-Firma sowie drei Sicherheitsleute eines Privatunternehmens. Letzteres hatte im Vorfeld für Kritik gesorgt. Mauer versicherte gestern, dass die Einsatzleitung in jedem Fall bei einem vereidigten Polizisten bleibe.

 Der Betrieb der ZAS wird rund 950 000 Franken pro Jahr kosten. Einen Teil davon werden die Klienten selbst berappen. Wer nach drei Stunden wieder draussen ist, kommt mit 600 Franken davon - das dürfte vor allem Jugendliche betreffen, die von ihren Eltern abgeholt werden. Wer länger bleiben muss, zahlt 950 Franken.

 Eltern müssen zum Gespräch

 Eltern, die ihre Sprösslinge in der ZAS abholen, müssen erst einmal zu einem Gespräch mit Sozialarbeitern der Stadt antraben. Und das ist noch nicht alles, wie Maurer klarmachte: "Wir legen grossen Wert auf die Nachbetreuung. Die städtischen Sozialarbeiter nehmen nach einer Woche noch einmal Kontakt mit den Eltern und ihren Kindern auf und vermitteln ihnen, wenn nötig, weitere Hilfsangebote." Ziel: Die Jugendlichen sollen nie mehr in der ZAS landen.

 Die Zentrale Ausnüchterungsstelle ist fürs Erste ein Provisorium, auf ein Jahr befristet. Bis nächsten Frühling soll ein definitiver Ort gefunden werden. Dann sollte auch klar sein, wie gross der Raum- und Personalbedarf effektiv ist. Wenn möglich soll die ZAS mit dem Vermittlungs- und Rückführungszentrum für Drogenabhängige zusammengelegt werden.

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Landbote 10.3.10

Den Rausch ausschlafen für 950 Franken

Anna Wepfer

 Ab nächstem Freitag verwahrt die Zürcher Stadtpolizei betrunkene Pöbler in ihrer neuen Ausnüchterungszentrale. Die Kosten, die dabei entstehen, hat der Verursacher zu bezahlen. Das ist teuer - und in der Schweiz einzigartig.

 Zürich - Kahle Wände, kaum Tageslicht, eine Maträtzchen mit Kunststoffbezug und eine notdürftig abgetrennte WC-Schüssel: Einladend sind die zwölf Zellen der Zentralen Ausnüchterungsstelle (ZAS) der Zürcher Stadtpolizei nicht. Nur funktional müssen sie sein, erklärt Gesundheitsvorstand Robert Neukomm. Und das heisst: mit wenig Aufwand zu reinigen - "am liebsten mit dem Schlauch" - und vor allem so eingerichtet, dass sich die Aufenthalter möglichst nicht selbst verletzen können.

 Die Aufenthalter werden Jugendliche und Erwachsene sein, die sich unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen nicht mehr im Griff haben. Ab nächstem Freitag wird die Stadtpolizei alkoholisierte Randalierer und Pöbler verhaften und in der ZAS verwahren, bis sie wieder nüchtern sind. "Wir wollen keine öffentlichen Besäufnisse und brauchen Einrichtungen, um betrunkene Personen von der Strasse zu holen", erklärt Neukomm.

 Das bedeutet aber nicht, dass in Sachen Alkohol in der Zürcher Öffentlichkeit ab sofort Nulltoleranz herrscht, wie Polizeivorsteherin Esther Maurer versichert. Die Klienten (wie sie offiziell heissen) seien nicht Leute, die Alkohol in einem gesellschaftlich verträglichen Rahmen konsumierten. "Und auch das kann mal laut und im öffentlichen Raum stattfinden", so Maurer. Im Fokus stehen jene, die für sich oder andere zur Gefahr werden.

 Risiko: Atemstillstand

 Dass die Polizei Betrunkene zum Ausnüchtern mitnimmt, ist an sich nichts Neues. Schweizweit einzigartig ist jedoch, dass die Stapo in der ZAS mit medizinisch geschultem Personal einer Privatfirma zusammenspannt. Denn bei stark alkoholisierten Personen bestehen gesundheitliche Risiken: Krämpfe oder gar ein Atemstillstand sind mögliche Komplikationen. Da sei es wichtig, dass Fachpersonen die Betroffenen beaufsichtigten und betreuten und sie notfalls ins Spital einliefern liessen, sagt Maurer.

 Mittels Überwachungskameras werden die Klienten in den umfunktionierten Gefängniszellen permanent beobachtet. Für den Fall, dass sie sich aggressiv verhalten, sind nebst dem medizinischen Personal auch Vertreter einer privaten Sicherheitsfirma im Einsatz. Sie alle unterstehen dem Einsatzleiter der Stadtpolizei.

 Abgesehen von Gesundheit und Sicherheit der Betrunkenen hat die Betreuung im ZAS einen weiteren willkommenen Effekt: Betrunkene landen nicht mehr wie bisher oft auf den Notfallstationen der Spitäler. Einerseits werden so die Notaufnahmen entlastet, andererseits - und auch das ist ein Novum in der Schweiz - gehen die Betreuungskosten nicht mehr zulasten der Krankenkassen, sondern der Verursacher.

 950 Franken für eine Nacht

 Denn wer in der ZAS ausnüchtert, wird dafür auch zur Kasse gebeten: 600 Franken kostet es für jene, die innert drei Stunden wieder fit sind. Längere Aufenthalte schlagen mit 950 Franken zu Buche. Zum Vergleich: Für ungefähr denselben Betrag gibt es laut Homepage von "Zürich Tourismus" eine Nacht in der Junior-Suite De Luxe im Alden-Hotel Splügenschloss, in den Doppelzimmern De Luxe von Baur au Lac und Widder oder im Doppelzimmer Superior im Dolder Grand.

 Ein Jahr dauert das Pilotprojekt ZAS (siehe Kasten). Für diesen Zeitraum rechnet die Stapo mit rund 600 Klienten. Bei Minderjährigen kontaktiert die Polizei umgehend die Eltern. Sie müssen die saftige Rechnung begleichen und ihren Sprössling nach der Ausnüchterung nach Hause holen. Aber nicht nur das: "Wir setzen nebst Repression auch auf Prävention", so Maurer. Darum führen Mitarbeiter des Sozialdepartements immer ein Gespräch mit den Eltern und versorgen sie mit Adressen von Beratungsstellen - für den Fall, "dass sie mit der pubertierenden Jungmannschaft überfordert sind". Das soll verhindern, dass Jugendliche zu ZAS-Stammgästen werden.

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 Zentrale für Betrunkene und Drogenkonsumenten

 Das Projekt einer Ausnüchterungszentrale (ZAS) ist in der Task-Force Jugendgewalt entstanden, die vor nicht ganz zwei Jahren gegründet wurde. Ursprünglich war geplant, eine Zentrale nur für Jugendliche und junge Erwachsene zu schaffen. In der jetzigen Form stehen die Zellen aber allen Altersklassen zur Verfügung. Die Zentrale befindet sich bis zum Ablauf der einjährigen Pilotphase im alten Zellentrakt der Urania-Wache am Bahnhofquai. Danach will die Stadt die Erfahrungen auswerten und die ZAS mit dem Rückführungszentrum für Drogenabhängige (VRZ) zusammenlegen. Das VRZ ist aktuell in der alten Kaserne untergebracht. Ein gemeinsamer Standort sei sinnvoll, weil man dann Synergien nutzen könne, sagt Projektleiter Beat Käch. Die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten läuft, gestaltet sich aber schwierig.

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20 Minuten 10.3.10

Ab Freitag kann ein Vollsuff teuer werden

 ZÜRICH. Stark Berauschte landen in Zürich künftig in der Ausnüchterungsstelle. Die 950 Franken dafür muss jeder selber zahlen - anders als im Spital.

 Wer im Vollrausch am Boden liegt, randaliert oder sich gefährdet, riskiert, in der Zentralen Ausnüchterungsstelle bei der Urania-Wache zu landen. Am Freitag gehts los. Künftig werden dort jedes Wochenende in 12 Zellen die stark Berauschten aufgenommen. "Damit wollen wir die Notfallstationen der Spitäler und die Polizei entlasten", sagte Polizeivorsteherin Esther Maurer (SP) gestern vor den Medien. Besetzt ist die schweizweit einmalige Einrichtung mit jeweils fünf privaten Security-Mitarbeitern und zwei medizinisch geschulten Personen - einzig der Einsatzleiter ist ein Polizist. Pro Ausnüchterung verrechnet die Stadt 600 Franken für einen Kurzaufenthalt und gar 950 Franken für über 3 Stunden - das ist fast so teuer wie eine Nacht in einem Deluxe-Zimmer des Dolder Grand. Den Betrag müssen die Betrunkenen selber bezahlen. "Es handelt sich um Sicherheitskosten, die nicht krankenkassenpflichtig sind", so Santésuisse-Sprecher Paul Rhyn, "bei bisherigen Einlieferungen ins Spital übernahm die Kasse alles." Ob die Stadt das Geld allerdings problemlos eintreiben kann, ist fraglich: "Rechtsstreitigkeiten sind nicht ausgeschlossen", räumt Stapo-Medienchef Marco Cortesi ein.

 Der Aufenthalt in der neuen Einrichtung bleibt polizeiintern während 12 Monaten registriert. Die Ausnüchterungsstelle soll vorerst ein Jahr in Betrieb sein und kostet fast eine Mio. Franken. Für eine dauerhafte Lösung sucht die Stadt eine geeignete Halle.

Roman Hodel

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ANTI-ATOM
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Bund 10.3.10

BKW hilft Gemeinden bei Steuerteilung

 Noch ist unklar, ob der Energiekonzern BKW in Mühleberg jemals ein neues Atomkraftwerk bauen kann. Trotzdem reden die Gemeinden aus der Region heute zum ersten Mal darüber, wie sie den Steuerkuchen, den ein neues AKW bringen würde, aufteilen könnten - heute kommt das Geld nur der Standortgemeinde Mühleberg zugute. Brisant an der Geschichte ist, dass die BKW selbst mögliche Szenarien für die Aufteilung der Steuern erarbeitet hat und sie nun den Kommunen zur Verfügung stellt. Damit erkaufe sich der Konzern AKW-Befürworter, sagen Kritiker. Tatsache ist: In anderen Kantonen halten sich die Energieversorger bei der Frage der Steuerteilung raus.

(sn) — Seite 19

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"Die BKW scheint AKW-Befürworter kaufen zu wollen"

 Der Energiekonzern hilft Gemeinden rund um Mühleberg beim Steuernteilen.

 Sarah Nowotny

 Ob in Mühleberg jemals ein neues Atomkraftwerk (AKW) gebaut wird, steht in den Sternen. Sollte es aber so weit kommen, erhoffen sich viele Gemeinden rund um den Reaktor eine strahlende finanzielle Zukunft. Das dürfte in der Natur der Sache liegen und ist an sich nicht besonders beunruhigend. Brisant ist aber, dass der federführende Energiekonzern BKW selbst Vorschläge erarbeitet hat, wie der Steuerkuchen, der in einigen Jahren vielleicht gebacken wird, unter den Gemeinden aufgeteilt werden könnte. Heute setzen sich die Gemeindeoberhäupter mit der BKW zusammen - erstmals wird die sogenannte Begleitgruppe zum Mühleberg-Ersatz über das Thema Steuerteilung sprechen. Geteilt würde freiwillig, denn rechtlich gesehen profitiert vom AKW, wie auch heute schon, nur die Standortgemeinde Mühleberg - und das nicht zu knapp: 1,5 Millionen Franken fliessen jährlich in die kommunale Kasse. Mühlebergs Steuerfuss liegt bei 1,25 Einheiten, die Nachbargemeinde Radelfingen kommt dagegen nicht unter 1,69 Einheiten.

 "Liefern nur Grundlagen"

 Aus Mühleberg hagelt es weder Kritik noch Einsprachen. Dass dies auch mit Geld zu tun haben könnte, stösst einigen sauer auf. "Die BKW kauft sich in der Region ein - so etwas erinnert mich an Dürrenmatts ,Besuch der alten Dame‘. Die Einmischung untergräbt auch das Primat der Politik in Steuerfragen", sagt die bernische SP-Präsidentin Irène Marti. Zudem zeige das Verhalten des Konzerns, wie gross die Angst vor Widerstand gegen einen AKW-Neubau sei. Als nicht "besonders problematisch" stuft dagegen FDP-Grossrat und Energieexperte Adrian Haas die Vorkommnisse ein: "Ob nun die BKW oder jemand anderes die Gemeinden bei der Steuerteilung berät, ist nicht zentral - solange Letztere danach unvoreingenommen entscheiden."

 BKW-Sprecher Antonio Sommavilla weist den Vorwurf des Sich-Einkaufens "scharf" zurück. "Wir wurden von den Gemeinden angefragt und stellen ihnen nun Grundlagen zur Verfügung. Natürlich liegt die Federführung aber bei ihnen." Ob eine Verteilung des Steuerkuchens an mehrere Gemeinden die BKW teurer zu stehen kommt und ob die Region etwa auch durch Entschädigungen an einem neuen AKW verdienen könnte - "dazu kann ich mich heute noch nicht äussern", sagt Sommavilla.

 Kritik am Umgang der BKW mit den Gemeinden - und umgekehrt - ist indes auch innerhalb des vermeintlichen Speckgürtels rund um das Kraftwerk zu vernehmen. "Die BKW scheint sich AKW-Befürworter kaufen zu wollen - und unsere Gemeinde kommt ihr zu stark entgegen. So denken hier viele Menschen", sagt Rainer Zur Linde, der in Radelfingen wohnt. Für skandalös hält er etwa die Unterlagen zur Gemeindeversammlung vom 15. März. Dort steht, es solle "offen informiert und diskutiert" werden, aber eine Debatte über Notwenigkeit und Nebenwirkungen von Atomenergie sei nicht erwünscht.

 "Kein Kommentar"

 Im beigelegten Fragenkatalog spielt Geld eine zentrale Rolle: Etliche Fragen, die Radelfingen von der BKW beantwortet haben möchte, drehen sich um Entschädigungen, Wertverlust und Steuern. "Die fassbaren Auswirkungen des AKWs auf die Gemeinde sind nun einmal wichtig. Deshalb wollen wir an der Gemeindeversammlung vor allem darüber sprechen. Radelfingen ist aber nicht bestechlich", sagt Vize-Gemeindepräsident Urs Martin Kuhn. Verkehr und Lärm, die ein AKW-Bau mit sich bringe, rechtfertigten ein Stück des Steuerkuchens für die Gemeinde. Ähnlich klingt es in Golaten, Wileroltigen, Seedorf und Frauenkappelen.

 Da sich natürlich keine Gemeinde für käuflich erklärt, stossen sich die Oberhäupter auch nicht an der Unterstützung durch die BKW. "So eine Steuerteilung ist nun einmal kompliziert", sagt etwa Cristoforo Motta, Präsident von Frauenkappelen. "Und sie führt möglicherweise zu Konflikten zwischen den Gemeinden", fügt sein Wileroltiger Amtskollege Daniel Schwaar an. Diese Befürchtung könnte sich bewahrheiten, lautet doch die Replik zur Steuerteilung aus Mühleberg: "Kein Kommentar."

 Die konfliktträchtige Frage, wie eine Region mit "ihrem" AKW umgehen soll, stellt sich auch andernorts. Jenseits der Kantonsgrenzen halten sich die Energiekonzerne aber zurück. In den 1970er-Jahren einigten sich zehn solothurnische Gemeinden rund ums AKW Gösgen freiwillig darauf, der Standortgemeinde Däniken zwei Drittel der Steuern zu überlassen, und beanspruchten im Gegenzug ein Drittel für sich. "Wir waren damals nur Zuschauer, der Ball lag bei den Gemeinden", heisst es bei der Alpiq. "Steuerfragen sind rein politischer Natur", konstatiert die Axpo - rund um ihr Aargauer Kraftwerk Beznau streiten sich die Gemeinden heute im Hinblick auf einen Neubau ebenfalls um den Steuerkuchen.

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Kommentar

 Unkluge Einmischung der BKW

Sarah Nowotny

 Profitieren wollen alle, wenn die BKW in Mühleberg ein neues Atomkraftwerk bauen darf. Dass nur die Standortgemeinde etwas vom Steuersegen abbekommen soll, nehmen die Nachbarn zu Recht nicht hin. Während der jahrelangen Bauzeit würden auch sie unter Verkehr, Baustellen und Lärm leiden. Weil rund um Steuern und Entschädigungen Streit droht - wie im Aargau und in Solothurn -, ist es sinnvoll, schon jetzt miteinander zu reden, egal ob man für oder gegen ein neues AKW ist. Nun wurde aber bekannt, dass die BKW selbst Varianten für die Aufteilung der Steuern erarbeitet hat, die sie den Gemeinden als Diskussionsgrundlage zur Verfügung stellt. Auch wenn die Kommunen den Konzern gebeten haben, sie bei dieser steuerrechtlich komplexen Aufgabe zu unterstützen, ist dies bedenklich. Die Unterstützung durch die BKW wirkt ähnlich unpassend, wie wenn Pharmafirmen den Krankenkassen die Grundlagen für ihre Tarife liefern würden. Mühleberg hinterfragt sein AKW nicht, die Nachbargemeinde Radelfingen hat indes gegen die unbefristete Betriebsbewilligung des Werks Einsprache eingereicht. Dies lässt sich eigentlich nur damit erklären, dass Mühleberg allein von Geld und Arbeitsplätzen profitiert. Geld darf aber nicht kritische Fragen zu potenziellen Risiken der Atomkraft verstummen lassen. Seit dem gescheiterten AKW-Projekt Kaiseraugst fürchten die Energiekonzerne lokalen Widerstand. Alpiq und Axpo gehen mit ihrer Furcht aber klüger um als die BKW: Sie mischen sich nicht in politische Fragen wie Steuerteilungen ein.

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Aargauer Zeitung 10.3.10

Den Platz für Beznau3 schaffen

 Regierung gibt Änderung des Richtplans für Atomkraftwerk in die Vernehmlassung

 Mit dem Eintrag in den Richtplan will der Aargau den Raum für das neue Atomkraftwerk sichern. Dazu können sich Bevölkerung und Politik jetzt äussern.

 Hans Lüthi

 Die Fakten sind klar: Beznau1 hat als ältestes Atomkraftwerk im Land den 40.Geburtstag gefeiert und wird in spätestens 20 Jahren vom Netz gehen. Als Ersatz hat die Betreiberin Axpo das Gesuch um die Rahmenbewilligung für Beznau3 eingereicht. Das jahrelange Verfahren ist Sache des Bundes, der Aargau kann erstmals Anfang 2011 Stellung nehmen und die Anliegen des Standortkantons einbringen.

 Die Weichen frühzeitig stellen

 Grundsätzlich sei die Regierung dafür, "Beznau3 möglichst schnell zu bauen", hielt Landammann Roland Brogli am Jubiläum in Döttingen fest. Das vorgezogene kantonale Richtplanverfahren gebe der Bevölkerung Gelegenheit, "zu den raumplanerischen Standortfragen Stellung zu nehmen". Und der Grosse Rat könne mit dem Beschluss die Anforderungen und Massnahmen bestimmen, die der Bund bei seinen Bewilligungen für Beznau3 zu berücksichtigen habe. Geplant ist ein Kraftwerk mit 1200 bis 1600 Megawatt Leistung. Das neue AKW ist auf der Insel dort geplant, wo sich heute die Schaltanlage befindet. Der Entwurf für die Anpassungen im Richtplan liegt in den tangierten Gemeinden Döttingen, Böttstein, Klingnau, Villigen und Würenlingen vom 15. März bis 14. Juni öffentlich auf. Alle Interessierten können Stellung nehmen, eine Information ist auf den 16. März, Beginn um 19.30 Uhr, in Döttingen (Turnhalle Bogen) angesetzt.

 Die Regierung stellt gleich klar, dass es nicht um die Frage geht, ob in der Schweiz weitere Atomkraftwerke gebaut werden dürfen oder nicht. Für die Sicherheit und die Zukunft der Kernanlagen sei der Bund allein zuständig, beim Richtplan gehe es nur um die kantonalen Kompetenzen. Das Schweizervolk wird jedoch bei einem Ja des Bundesrates zur Rahmenbewilligung ebenfalls Stellung nehmen können. In der Beznau geht es parallel zum AKW auch um den Ersatz des über 100 Jahre alten Wasserkraftwerks. Das markante Bauwerk soll abgerissen und durch einen Neubau im Oberwasserkanal ersetzt werden. (Infos zum Richtplan: www.ag.ch/raumentwicklung).

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Radiologischer Altlast auf der Spur

 Beim Kernkraftwerk Beznau haben Probebohrungen von Schwimmplattform aus begonnen

 Soll die radiologische Altlast aus den Anfängen des Atomkraftwerks Beznau entfernt oder abgedeckt werden? Gegenwärtiglaufen die Abklärungen.

 Michael Hunziker

 Die Schwimmplattform vor dem Kernkraftwerk Beznau (KKB) ist nicht zu übersehen. Rund 60Bohrungen mit einem Durchmesser von etwa 10 Zentimetern werden in den nächsten 2 bis 3Wochen einen Meter tief in den Grund des Oberwasserkanals getrieben. Die Proben werden im Labor untersucht. Im Einsatz stehen sowohl Mitarbeiter des KKB als auch Vertreter von externen Firmen.

 Das Ziel ist klar: Es wird abgeklärt, wo sich die radiologische Altlast - es handelt sich um belasteten Kies - aus der Bauzeit des Atomkraftwerks genau befindet und welche Ausdehnung die betroffene Fläche hat. Inder Folge wird entschieden, welche Massnahmen getroffen werden. "Die Auswertungen der Untersuchungen bilden die Grundlage für einen Bewilligungsantrag für eine nachhaltige Sanierung", erklärt Axpo-SprecherRoland Keller.

 Böschung bereits saniert

 Bei den Probebohrungen, die am Montag begonnen haben,sei die Personensicherheit von grösster Bedeutung, ergänzt Projektleiter Max Ritter und erwähnt als Herausforderungen die tiefen Temperaturen und die Tätigkeiten an einem Fliessgewässer. Die Arbeiten wurden von der Aufsichtsbehörde bewilligt, dem eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi.

 Angekündigt wurden die Massnahmen im September 2009 (die AZ berichtete). Bereits im letzten Jahr saniert wurde ein rund 20 Quadratmeter grosser Bereich der Böschung, über die der Kies damals eingebracht worden ist.

 "Grenzwerte eingehalten"

 Der Vorfall liegt rund 40 Jahre zurück: Beim Bau von Beznau II trat aus einer Verbindungsleitung radioaktive Flüssigkeit aus. Der Untergrund wurde leicht kontaminiert. In Absprache mit der Behörde wurde ein Teil des Kieses im Oberwasserkanal eingebracht. Die freigesetzte Radioaktivität betrug 1,4 Prozent der zulässigen Jahreslimiten. "Es wurden sämtliche Grenzwerte eingehalten", sagt Keller. Untersuchungen haben laut dem Axpo-Sprecher gezeigt, dass in der Umgebung heute keine erhöhte Radioaktivität gemessen werden kann, da der Kies von 5 bis 6 Meter Wasser überdeckt sei. Am Flussgrund aber seien die Reste nach wie vor messbar.

 Obwohl vom abgelagerten Kies keine Gefährdung für Mensch oder Umwelt ausgehe, sei mit der geplanten Neukonzessionierung und Modernisierung des Wasserkraftwerks Beznau die radiologische Altlast zum Thema geworden, hält Keller fest. Vorgesehen sei, die Angelegenheit zu bereinigen.

 Nach den Messungen und Auswertungen wird, so Keller, zuhanden der Geschäftsleitung ein Antrag unterbreitet. Voraussichtlich Ende Juni soll ein Bewilligungsantrag vorliegen.

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 Update

 Das Wasserkraftwerk Beznau wurde zwischen 1898 und 1902 erbaut. Geplant ist eine Neukonzessionierung und Modernisierung. Die Mitwirkungsunterlagen zum Wasserkraftwerk liegen vom 15. März bis 14. Juni in Döttingen und Böttstein sowie bei derAbteilung Raumentwicklung auf. Für das Atomkraftwerk ist das Wasserkraftwerk von grosser Wichtigkeit: Es stellt die Notstromversorgung sicher. (mhu)