MEDIENSPIEGEL 16.3.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturprogramm (Tojo)
- RaBe-Info 16.3.10
- Stadtrat 18.3.: Anti-Demo-Initiative; "Reitschule"-Todesfall
- Stadttauben: Westside-Story; Zukunft Centralweg 9
- Rauschknast: Löffel will KomatrinkerInnen einsperren; Basel skeptisch
- Rauchverbot: Bundesgerichtsentscheid zu SG-Fall
- Schnüffelstaat: Kritik am Polizeiaufgabengesetz
- PNOS: Leserinnenbrief von Denise Friedrich
- Langenthal: Komitee gegen "Islamisierung"
- Neonazis AG: Rausch der reaktionären Revolte
- Rassismus LU: Betroffene können sich wehren
- Kapo AG rechtfertigt Dauerrazzien in Asylheimen
- Wegweisung SG: Stapo gegen "Fehlverhalten"

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REITSCHULE
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Mi 17.03.10
19.00 Uhr - SousLePont   - Island Spezialitäten
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio Hof Heimenhaus, Text: Johanna Lier "Lagos"
20.00 Uhr - Rössli-Bar - Kevin K. Style: Punk

Do 18.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio Hof Heimenhaus, Text: Johanna Lier "Lagos"
20.30 Uhr - Kino - Dok am Donnerstag: Space Tourists, Christian Frei, CH 2009
22.00 Uhr - Rössli-Bar - Heu, Stroh und Hafer. Sonax 400 (live) (midilux, festmacher / be); Sarna (nice try records / zh) Racker (midilux, festmacher / be). Style: Minimal / Techno / House

Fr 19.03.10
19.00 Uhr - Tojo - "do you get me?" ein Popmusical des Singtheaters Musikschule Konservatorium Bern. Regie: Katharina Vischer
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio Hof Heimenhaus, Text: Johanna Lier "Lagos"
21.00 Uhr - Kino - Migration - Leben in der Fremde: Yasmin, Kenny Gleenan, D/GB 2004
23.00 Uhr - Dachstock - Waxolutionists (Sunshine Enterprises/Supercity/A) live! & TBA!!! Style: Hiphop, Electronica

Sa 20.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio Hof Heimenhaus, Text: Johanna Lier "Lagos"
19.00 Uhr - Tojo - "do you get me?" ein Popmusical des Singtheaters Musikschule Konservatorium Bern. Regie: Katharina Vischer
21.00 Uhr - Kino - Migration - Leben in der Fremde: Einspruch I-V, Rolando Coppola, CH 1999-2007. Nem-Nee - Asylrecht, Charles Heller, Schweiz 2005
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild East: RotFront (Essay Recs/D) & Gypsy Sound System (CH). Style: Emigrantski Raggamuffin, Gypsy Disco
23.00 Uhr - Frauenraum - Anklang - Streifzüge: Berybeat (Bärn), Auf Dauerwelle (Züri), Miss Melera (Holland). Für lesbisch-schwules & sonstig-tolerantes Volk

So 21.03.10
15.00 Uhr - Tojo - "do you get me?" ein Popmusical des Singtheaters Musikschule Konservatorium Bern. Regie: Katharina Vischer

Infos: http://www.reitschule.ch

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kulturagenda.be 18.3.10

Popmusical "Do You Get Me?" schmettert im Tojo

Gute Popmusik ist die Kunst, das Verlangen nach einem Mehr auszudrücken, auch bekannt als "bigger than life". Es ist die Sehnsucht nach einer erfüllten oder unkomplizierten Liebe, nach mehr Erfolg, mehr Selbstbewusstsein. Das Singtheater des Konservatoriums Bern hat die Wünsche nach dem Unerreichbaren zu einem Musical gebündelt.
Tojo Theater, Bern. Fr., 19.3., und Sa., 20.3., 19 Uhr, So., 21.3., 15 Uhr

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RABE-INFO
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Di. 16. März 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_16._Maerz_2010.mp3
- Marokko: Ausweisung dutzender ausländischer Christen
- Welttag der sozialen Arbeit: Menschenrechte in die Realität umsetzen
- Regierungsratskandidat: Polizei- und Militärdirektor Hans-Jürg Käser von der FDP

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STADTRAT
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Stadtratssitzung 18.3.10

1. Initiative "Keine gewalttätigen Demonstranten" (Vortrag sowie Abstimmungsbotschaft) (FSU: Streit / SUE: Nause) verschoben vom 4. und 11.03.2010   09.000162-1
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2009/09.000162-1/gdbDownload

(...)

21. Postulat Henri-Charles Beuchat (CVP) vom 11. September 2008: Sicherheitsprobleme spitzen sich zu - Todesfall vor der Reithalle (08.000293); Prüfungsbericht (SUE: Nause)    08.000293
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/08.000293/gdbDownload

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Bericht des Gemeinderats

Postulat Henri-Charles Beuchat (CVP) vom 11. September 2008: Sicherheitsprobleme spitzen sich zu - Todesfall vor der Reithalle (08.000293)

Mit SRB 010 vom 15. Januar 2009 hat der Stadtrat folgendes Postulat erheblich erklärt:

In der Nacht vom Freitag 29. August 2008 war es vor der Reithalle zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen gekommen, bei der ein 36-jähriger Mann erheblich verletzt wurde. Eine Woche nach dem Vorfall ist der Mann am Samstag, 6. September 2008 an den Folgen der Verletzungen im Spital verstorben.

In diesem Zusammenhang fordern wir eine lückenlose Aufklärung des Sachverhaltes.

Der Gemeinderat wird deshalb beauftragt folgende Massnahmen zu prüfen und darzulegen:

1. Die Verantwortlichen der Reithalle sind vorzuladen und an einer Krisensitzung ist eine verbindliche Vereinbarung zu treffen, mit welchen zusätzlichen zwingenden Massnahmen seitens der Reitschule die Situation verbessert werden kann. (Videoüberwachung, Polizeipräsenz, eigener Sicherheitsdienst usw...)

2. Da die Aussagen der Reithallen-Betreiber jene des Direktors für Sicherheit Umwelt und Energie und jene der Kantonspolizei voneinander abweichen prüft der Gemeinderat anhand der Polizeiprotokolle den einleitend erwähnten Sachverhalt und legt dem Stadtrat den Tatsächlichen Sachverhalt vor.

3. Der Gemeinderat prüft die Möglichkeit von unangekündigten Hausdurchsuchungen in der Reithalle.

4. Der Gemeinderat legt dem Stadtrat in einer tabellarisch chronologischen Übersicht dar, welche Vorfälle sich in den letzten 4 Jahren in und um die Reithalle ereignet haben. Der Bericht gibt Auskunft über Umfang, Struktur und Entwicklung sowie die nähere Ortsbezeichnung der Vorfälle der polizeilich registrierten Straftaten resp. Straftatengruppen in und um die Reithalle.

Bern, 11. September 2008

Dringliches Postulat Henri-Charles Beuchat (CVP), Reto Nause, Edith Leibundgut, Simon Glauser, Roland Jakob, Manfred Blaser, Philippe Müller, Dolores Dana, Christoph Zimmerli, Yves Seydoux, Peter Bernasconi, Rudolf Friedli, Jacqueline Gafner Wasem

Die Dringlichkeit wird vom Büro des Stadtrats bejaht.

Bericht des Gemeinderats

Der Gemeinderat hat bereits in seiner Antwort vom 26. November 2008 zum Dringlichen Postulat auf die verschärften Sicherheitsmassnahmen im Bereich der Reitschule hingewiesen. Sowohl diese Massnahmen wie auch die von der damaligen Regierungsstatthalterin geführten  Gespräche und die mit der Reitschule getroffene Vereinbarung haben Wirkungen zugunsten einer besseren Sicherheitssituation gezeigt. Auch die im 2008 festgestellte Lärmproblematik

im Bereich Reitschule konnte durch strengere Auflagen des Regierungsstatthalteramts im 2009 gelöst werden.

Zu Punkt 1:
Der Gemeinderat hat am 17. November 2009 die Vereinbarung über Abläufe und Kommunikation genehmigt, welche die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Bern und den Vereinen Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule (IKUR) und der Trägerschaft Grosse Halle verbindlich regelt. Die Vereinbarung umschreibt unter anderem das Vorgehen bei Grossanlässen und Lärmbeschwerden, definiert die Zuständigkeiten im Bereich der Sicherheit und schreibt regelmässige Gespräche vor. Der Gemeinderat ist überzeugt, dass die unter Vermittlung der damaligen Regierungsstatthalterin zustande gekommene Vereinbarung Gewähr bietet, dass die Probleme im Bereich Reitschule besser als bisher gelöst werden können.

Zu Punkt 2:
Der Vorfall sowie die Aufklärung des Sachverhalts fallen in die Zuständigkeit gerichtspolizeilicher Organe und der Justiz. Auf solche Ermittlungen und die Information darüber hat der Gemeinderat keinen Einfluss.

Zu Punkt 3:
Das Gesetz vom 15. März 1995 über das Strafverfahren des Kantons Bern (StrV; BSG 321.1) umschreibt die gesetzlichen Vorgaben für eine Hausdurchsuchung. Im Rahmen dieser Gesetzgebung hat die Kantonspolizei die Möglichkeit, Hausdurchsuchungen durchzuführen. Die Taktik und den operativen Einsatz bestimmt die Kantonspolizei Bern selbständig, unter Berücksichtigung des Sicherheitsauftrags zu Gunsten der Stadt Bern.

Zu Punkt 4:
Die ehemalige Stadtpolizei Bern sowie heute die Kantonspolizei Bern interveniert wegen unterschiedlichen Tatbeständen und Vorfällen in der Reitschule und in deren Umgebung (Reithalle [sämtliche Gebäudeteile]/Schützenmatte/Schützenmattstrasse/Neubrückstrasse [zwischen Bollwerk und Verzweigung Tiefenaustrasse]).

Eine ortsspezifische Statistik wird nicht geführt. Für den Prüfungsbericht hat die Kantonspolizei die Anzahl Vorfälle für die Zeit vom 1. Januar 2008 (Tätigkeitsbeginn der Einheitspolizei) bis 27. November 2009 ausgewertet. Während diesem Zeitraum sind statistisch folgende Vorfälle bzw. Delikte erfasst:

- Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (Drogenverkauf und/oder Drogenkonsum) 97
- Widerhandlungen gegen das Bundesgesetz über Ausländerinnen und Ausländer 5
- Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsrecht Fahren unter Drogen bzw. Medikamenten 2

Entwicklungstrends können wegen der kurzen Zeitspanne der Auswertung nicht erkannt werden.

Die Auswertung wurde für das Gebiet rund um die Reitschule vorgenommen. Es muss aber festgehalten werden, dass die Delikte nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Reitschule stehen müssen.

Um einen expliziten Zusammenhang mit der Reitschule herauszufiltern, müsste jede einzelne Anzeige und Intervention überprüft und analysiert werden. Dabei müsste der Tatbestand, die involvierten Personengruppen, die genaue Örtlichkeit (Reithalle, Vorplatz, Neubrückstrasse, Parkplatz Schützenmatt, Bollwerk, etc.) sowie der mögliche Bezug zur Reitschule ausgewertet werden. Eine solche Auswertung wäre äusserst aufwändig. Ausserdem wäre dennoch oft nicht ersichtlich, ob der Vorfall überhaupt einen direkten Bezug zur Reitschule hat.

Folgen für das Personal und die Finanzen
Eine Auswertung nach Punkt 4 würde sich als äusserst aufwändig gestalten und müsste in derzeit nicht bezifferbarer Höhe an die Kantonspolizei abgegolten werden.

Bern, 13. Januar 2010
Der Gemeinderat

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STADTTAUBEN
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Bund 16.3.10

"Stadttauben" haben sich in Bümpliz eingerichtet

 Die alternative Wohngruppe ist an den Waldrand in Bümpliz gezogen. Das Grundstück im Winterhäli gehört der Stadt Bern.

 Simon Wälti

 Am Wochenende haben die "Stadttauben" das besetzte Gelände am Centralweg im Lorrainequartier geräumt und sind mit unbekanntem Ziel aufgebrochen (siehe auch "Bund" von gestern). Die Stadt Bern hatte der alternativen Wohngruppe zur Räumung des Geländes ein Ultimatum bis gestern Morgen gesetzt.

 Die "Stadttauben" haben sich nun mit ihren rund sechs Baustellenwagen am Waldrand an der Winterholzstrasse in Bümpliz eingerichtet. Das Grundstück im Winterhäli, das der Stadt Bern gehört, befindet sich nahe bei der Bahnlinie Bern-Neuenburg. Auf der anderen Seite der Gleise liegt das Einkaufszentrum Westside. Die Bauunternehmung Bautag AG hat übers Wochenende neue Nachbarn erhalten. "Wir haben es zur Kenntnis genommen und die städtische Liegenschaftsverwaltung orientiert", sagt Bautag-Geschäftsführer Hansrudolf Schneider. Die Freude über den unerwarteten Zuzug hält sich im Quartier in Grenzen. Man sei nicht einverstanden, heisst es zum Beispiel bei der Schreinerei Reist. Das Problem werde von einem Standort zum nächsten geschoben.

 Noch keine Räumung verlangt

 Die städtische Liegenschaftsverwaltung werde die "Stadttauben" während der nächsten Tage am neuen Standort dulden, sagt Liegenschaftsverwalter Fernand Raval. "Im Moment werden wir noch nicht die Räumung in die Wege leiten." Allerdings sei es nicht das Ziel, auf verschiedensten Parzellen in der Stadt "Wagenburgen" zu haben. Laut Raval befand sich bereits eine weitere Person mit mehreren Wohnwagen auf der betreffenden Parzelle in Bümpliz. Diese sei dort in Absprache mit dem Sozialdienst der Stadt geduldet worden.

 Die Stadt Bern hatte den "Stadttauben" ursprünglich vorgeschlagen, vorübergehend auf das Areal Wankdorf City zu ziehen. Dieses Angebot hatte die Gruppe aber abgelehnt.

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BZ 16.3.10

Lorraine, Centralweg 9

 "Tauben" sind weg - was nun?

 Die Stadt will einen Grill- und Spielplatz einrichten auf dem bis Samstag besetzten Centralweg 9. Die Begeisterung ist mässig.

 Am Samstag, zwei Tage vor Ablauf des Ultimatums, zogen die "Stadttauben" von dannen. Von der Lorraine tuckerten sie mit ihren Wohnwagen in Richtung Westen, wurden in Bethlehem noch einmal gesichtet, und danach verlor sich ihre Spur. Thomas Fuchs, SVP-Grossrat und Gegner solcher Wohnexperimente, blies darauf die angekündigte Petition ab und bereitete flugs ein Abwehrdispositiv in Bümpliz auf: "Ein vollgetankter Güllewagen wäre bereitgestanden", sagt er. Doch wahrscheinlich habe die Gruppe das Stadtgebiet verlassen.

 "Schildbürger am Werk"

 Das Gelände am Centralweg 9/9a liegt seither wieder brach. Der Verein Läbigi Lorraine (VLL) bedauert diese Entwicklung und hält nicht zurück mit Kritik an der Stadt, welcher die Parzelle gehört. Deren bisheriges Vorgehen hinterlasse nicht den Eindruck, als sei eine öffentliche Verwaltung am Werk, "eher schon ein paar Schildbürger".

 Die Finanzdirektion ist für die Entwicklung des Grundstücks zuständig. Sie schlägt einen Grill- und Spielplatz als Zwischennutzung vor, bis 2011 - aber wohl eher 2012 - mit dem Bau der geplanten Wohnungen begonnen werden kann.

 VLL: Stadt muss handeln

 Ob ein Brätliplatz gut ankommt bei den Nachbarn, bezweifelt VLL-Vorstandsmitglied Cathérine Weber. Für sie ist klar: "Jetzt muss die Stadt Geld in die Hand nehmen." Denn auf dem Schotter lasse sich sonst nichts Vernünftiges anstellen. Der VLL wollte einst die frei stehende Garage selber nutzen, blitzte aber bei der Stadt ab. Der Boden sei kontaminiert, zudem werde innert Jahresfrist gebaut. "Nun vergehen doch zwei, drei Jahre", moniert Weber. Der VLL werde jetzt nicht plötzlich zur Schaufel greifen. Dieser Zug sei abgefahren. Der Vorschlag des Leists wiederum, die damals abservierte Garage Alcadis bis auf weiteres Autos ausstellen zu lassen, komme ebenfalls nicht in Frage.

 Stadt: Gemeinsame Lösung

 Das von der Stadt anberaumte Treffen mit Quartiervertretern hat also einige Nüsse zu knacken. Fernand Raval, der als Leiter der Liegenschaftsverwaltung das Vorgehen koordiniert, räumt ein: "Die Zeitverzögerung ist eine längere Geschichte, für die es aber Gründe gibt." Nun wolle man gemeinsam mit Quartierorganisationen eine gute Lösung für die Zwischenzeit auf die Beine stellen.

 Christoph Aebischer

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RAUSCHKNAST
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BZ 16.3.10

Koma-Trinker sollen zahlen

 Wie in Zürich, so sollen auch in Bern Koma-Trinker die von ihnen verursachten Kosten tragen, fordert EVP-Grossrat Ruedi Löffel.

 Wer in Zürich betrunken pöbelt oder randaliert, riskiert in der neuen Zentralen Ausnüchterungsstelle zu landen. Und: Für die von ihm verursachten Kosten muss er selber aufkommen. Eine Lösung, die der EVP-Grossrat Ruedi Löffel auch für Bern fordert. Er will deshalb von Regierungsrat Hans-Jürg Käser wissen, ob Ausnüchterungsstellen im Kanton Bern rechtlich machbar wären. Der städtische Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) unterstützt Löffels Anliegen. as

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Koma-Trinken

 Betrunkene sollen selber zahlen

 Ausnüchterungszellen für Koma-Trinker: Was Zürich seit letzter Woche hat, wünscht sich Grossrat Ruedi Löffel auch für Bern. Ein Anliegen, das auch der städtische Polizeidirektor unterstützt. Einzig das Inselspital ist skeptisch.

 Die Notaufnahme des Inselspitals behandelt immer mehr Koma-Trinker. Eine Patientengruppe, die nur schon deshalb personalintensiv ist, weil die Betrunkenen oft randalieren oder gar Ärzte und Pflegende tätlich angreifen. In Zürich kommen solche Patienten seit letztem Freitag nicht mehr in die Spitäler, sondern in die Zentrale Ausnüchterungsstelle (ZAS). Dort werden sie von Sicherheits- und medizinischem Personal betreut. Und: Sie müssen die Kosten für ihre Behandlung selber bezahlen (siehe Ausgabe von gestern).

 Verursacher sollen bezahlen

 Eine Einrichtung, die auch für Bern wünschenswert wäre, findet der EVP-Grossrat Ruedi Löffel. Dies vor allem, weil so die Koma-Trinker die von ihnen verursachten Kosten selber tragen müssten. Auch hofft Löffel, dass eine ZAS die Notaufnahmen der Spitäler entlasten würde. Dass die Zürcher die Eltern minderjähriger Koma-Trinker verständigen und in die Pflicht nehmen, begrüsst der Grossrat ebenfalls. Der Arzt in der Notaufnahme dagegen muss sich an die Schweigepflicht halten, sofern der Patient ansprechbar ist.

 Löffel will deshalb in der Fragestunde der laufenden Grossratssession vom kantonalen Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (FDP) wissen, ob im Kanton Bern die rechtlichen Grundlagen vorhanden sind, um eine solche Ausnüchterungsstelle einzurichten. Zudem fragt Löffel, inwiefern eine ZAS die Notaufnahme des Inselspitals entlasten könnte.

 In der Stadt Zürich ermöglichen das kantonale Polizeigesetz und eine Verordnung des Stadtrats eine Weiterverrechnung von Sicherheitskosten. "Wer vorsätzlich oder grobfahrlässig einen Polizeieinsatz auslöst, kann finanziell belangt werden", sagt Robert Soos, Sprecher des Polizeidepartements der Stadt Zürich. Die Rechnung könne gleich bar oder per Einzahlungsschein beglichen werden.

 Nause für Zürcher Lösung

 Auch im Kanton Bern ist es möglich, von der Polizei erbrachte Leistungen dem Verursacher zu belasten - falls dies die Gesetzgebung vorsieht. Regierungsrat Hans-Jürg Käser will der Fragestunde im Grossen Rat nicht vorgreifen und äusserte sich gestern nicht zu Löffels Forderung.

 Unterstützung erhält Grossrat Ruedi Löffel vom städtischen Polizeidirektor Reto Nause (CVP). Auch er würde eine ZAS in Bern begrüssen. Es könne nicht angehen, so Nause, dass eine Minderheit von Koma-Trinkern so viele Kräfte binde. "Am Zürcher Beispiel gefällt mir, dass diese schwarzen Schafe zur Kasse gebeten werden." Santésuisse, der Branchenverband der schweizerischen Krankenversicherer, wünscht sich ebenfalls mehr Ausnüchterungsstellen nach dem Zürcher Modell. "Dadurch gibt es eine Filterwirkung, und nicht jeder Koma-Trinker kommt gleich in die Notaufnahme", sagt Santésuisse-Sprecher Paul Rhyn. "Dies würde unsere Kosten senken." Bei einer Einlieferung ins Spital übernehmen die Krankenkassen die Behandlungskosten.

 Deren Höhe lässt sich allerdings nur schwer beziffern, weil die Diagnosen und damit die Kosten meist von Fall zu Fall variierten, erklärt Insel-Sprecher Markus Hächler. Beispielsweise dann, wenn Alkoholpatienten auch wegen Sturz- oder anderer Wunden behandelt werden müssten.

 Beziffern lassen sich dagegen die Kosten der Berner Sanitätspolizei. Laut dem Kommandanten Peter Salzgeber kann der Transport eines Koma-Trinkers - je nachdem, wie lebensbedrohlich dessen Zustand ist - schnell einmal 950 Franken kosten. Kosten, welche die Sanitätspolizei den Betroffenen in Rechnung stellt. "In der Regel übernehmen die Krankenkassen die Hälfte davon, allerdings nur bis maximal 500 Franken pro Jahr", so Salzgeber. Allein letztes Jahr verzeichnete die Sanitätspolizei der Stadt Bern 700 Einsätze für Koma-Trinker.

 Intensive Überwachung

 Einzig im Inselspital gibt es Bedenken gegenüber der Ausnüchterungsstelle. Für Aris Exadaktylos, leitender Arzt am Notfallzentrum, ist es sicherer, stark alkoholisierte Patienten ins Spital zu bringen. Dies, weil in solchen Fällen oft erst nach mehreren Stunden klar sei, dass die Patienten an einer Mischvergiftung, also Alkohol und weitere Drogen, litten. Auch innere Sturz- oder andere Verletzungen könnten erst mit Verzögerung deutlich werden. Deshalb sei bei solchen Patienten eine intensive medizinische Überwachung nötig, sagt Exadaktylos. "In einer Notaufnahme stehen dafür rund um die Uhr Fachärzte und die Intensivstation zur Verfügung."

 Andrea Sommer

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20 Minuten 16.3.10

Suff ausschlafen soll teuer werden

 BERN. Seit dem letzten Wochenende ist in Zürich die schweizweit erste Zentrale Ausnüchterungsstelle (ZAS) in Betrieb. Dorthin werden stark Berauschte gebracht, um ihren Rausch auszuschlafen. Ein Aufenthalt kostet 600 bis 950 Franken. Damit werden die Notfallstationen der Spitäler und die Polizei entlastet.

 "Diese Idee scheint mir nachahmenswert", sagt EVP-Grossrat Ruedi Löffel. Er wird sie deshalb in der Fragestunde des Grossen Rats thematisieren. "Spannend finde ich das Ganze auch deshalb, weil die Kosten den Betrunkenen selbst in Rechnung gestellt werden." Zudem müssten die Eltern ihre Sprösslinge abholen, falls diese minderjährig sind. Vom Regierungsrat will Löffel nun wissen, was er von einer Berner Ausnüchterungsstelle hält.  sah

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Basellandschaftliche Zeitung 16.3.10

Ausnüchterung bleibt wohl gratis

 Die Basler SVP fordert Ausnüchterungszellen wie in Zürich. Fachleute sind skeptisch

Andreas Maurer

 Für einmal wirbt die SVP für eine engere Zusammenarbeit beider Basel: Die beiden Halbkantone sollen gemeinsam eine zentrale Ausnüchterungsstelle einrichten, fordert der Basler SVP-Grossrat Lorenz Nägelin. Dadurch will er erreichen, dass weniger Betrunkene ins Spital eingeliefert werden. Den Vorteil einer Ausnüchterungsstelle sieht er darin, dass die Kosten auf die Betrunkenen überwälzt werden könnten. Im Spital ist dies nicht möglich: Hier gelten Betrunkene rechtlich als Kranke. Daher kommen Kanton und Krankenkassen für die Kosten auf.

 In Basel sehen Polizei und Unispital aber keinen Handlungsbedarf. Die Zusammenarbeit funktioniere gut. Nur Betrunkene mit über 2,5 Promille landen auf der Notfallstation. Hier seien sie am richtigen Ort, da sie intensiv betreut werden müssen. Die Baselbieter Polizei ist ebenfalls skeptisch. Seite 17

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SVP-Idee berauscht nur wenige

 Eine zentrale Ausnüchterungsstelle wie in Zürich stösst in beiden Basel auf wenig Interesse

 SVP-Grossrat Lorenz Nägelin fordert eine Ausnüchterungsstelle für beide Basel. Die Polizei winkt ab. Der Baselbieter Kantonsarzt findet die Idee prüfenswert.

 Andreas Maurer

 Wer in Zürich eine Nacht in der neuen zentralen Ausnüchterungsstelle verbringt, bezahlt dafür 950 Franken. Ein Preis wie für eine Luxussuite eines noblen Hotels, allerdings inklusive medizinischer Betreuung. Trotzdem werden die zwölf neuen Ausnüchterungszellen voraussichtlich ein Defizit von 350000 Franken verursachen.

 Lorenz Nägelin, Basler SVP-Grossrat und Sanitäter, ist von dieser Idee angetan: "Möglicherweise würde der Kanton mit dieser Lösung günstiger fahren." In Basel werden jährlich rund 1000 Personen auf der Notfallstation des Universitätsspitals wegen übermässigem Alkoholkonsum behandelt. Die Betreuung eines Betrunkenen kostet pro Tag 2500 Franken. Der Kanton bezahlt daran rund 1500 Franken. Den Rest übernehmen die Krankenkassen. Der Betrunkene bezahlt nur den allfälligen Selbstbehalt.

 Bereits vor fünf Jahren forderte Nägelin einen Kurswechsel: Er verlangte im Grossen Rat, dass Betrunkene die Kosten für ihre Ausnüchterung selber bezahlen müssen. Der Vorstoss wurde abgelehnt. Werden Betrunkene auf die Notfallstation eingeliefert, handelt es sich rechtlich gesehen um Kranke. Daher können die Kosten nicht auf den Patienten überwälzt werden, argumentierte die Regierung. Mit dem Zürcher Modell wäre dies aber möglich, da die Ausnüchterung nicht im Spital stattfindet. Daher wagt Nägelin nun einen zweiten Anlauf: Er fordert eine gemeinsame Ausnüchterungsstelle beider Basel. Diese soll von privatem Sicherheits- und Medizinpersonal betreut werden. Eingerichtet werden soll sie aber in Gebäuden der Polizei.

Polizei ist skeptisch

 Die Basler Polizei sieht aber keinen Handlungsbedarf. "Die bisherige Zusammenarbeit zwischen der Polizei und dem Universitätsspital hat sich bewährt", erklärt Mediensprecher Martin Schütz. Betrunkene, die sich selbst oder andere gefährden und weniger als 2,5 Promille Alkohol im Blut aufweisen, werden von der Polizei zur Ausnüchterung in eine Zelle gesteckt. Wer diesen Wert überschreitet, wird auf der Notfallstation behandelt. Bei Jugendlichen wird die Grenze bei einem Promille gezogen. Die Polizei verfüge über genügend Kapazitäten für diese Aufgabe, sagt Schütz.

 Auch in der Baselbieter Sicherheitsdirektion wird die Idee skeptisch beurteilt. "Hinter die Annahme, dass Kosten gespart werden können, setzen wir ein Fragezeichen", sagt Generalsekretär Stephan Mathis. Nur rund zwanzig Mal Pro Jahr nehme die Baselbieter Polizei Betrunkene rein zum Zweck der Ausnüchterung in Gewahrsam. "Diese Zahl ist deshalb relativ tief, weil zuerst nach anderen Möglichkeiten gesucht wird, damit eine Person ihren Rausch ausschlafen kann", erklärt Mathis. Im Gegensatz zu Basel-Stadt ist eine Ausnüchterung auf einem Baselbieter Polizeiposten zudem nicht gratis zu haben. Eine Nacht in Polizei-Gewahrsam kostet 100 Franken, egal aus welchem Grund man verhaftet wird. "Dies entspricht ungefähr den realen Kosten", sagt Mathis.

 Nur der Kantonsarzt ist interessiert

 Die Spitäler werden hingegen stärker durch die Betreuung von Betrunkenen beansprucht. "Vom Schiff aus betrachtet könnte eine zentrale Ausnüchterungsstelle Sinn machen", meint der Baselbieter Kantonsarzt Dominik Schorr. Im Baselbieter Unispital ist man hingegen mit der jetzigen Lösung zufrieden. Denn das System mit der Promille-Regel sei ausgereifter als jenes von Zürich, urteilt Kristian Schneider von der Notfallstation.

 SVP-Grossrat Nägelin ist von den zurückhaltenden Antworten enttäuscht. Er erhofft sich vor allem auch eine präventive Wirkung. Wer für seine Ausnüchterung fast 1000 Franken bezahlen muss, werde daraus eine Lehre ziehen. Doch auch dieser Aspekt wird von Fachleuten kritisch beurteilt. "Wenn man jemanden in eine Ausnüchterungszelle steckt, behandelt man damit nicht die Ursache des Alkoholkonsums, sondern das Symptom", betont Gerhard Gerster, Geschäftsführer des Blauen Kreuzes Basel-Stadt. Möchte man die Ursache des Problems behandeln, empfiehlt er fachliche Beratung. Diese sei wirkungsvoller.

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RAUCHVERBOT
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St. Galler Tagblatt 16.3.10

Rauchen lassen kostet das Patent

 Der Wirt des "Le Bistro" im St. Galler Neumarkt erhält sein Patent auch vom Bundesgericht nicht zurück. Die kantonalen Behörden hatten es ihm entzogen, weil er duldete, dass in seinem Lokal geraucht wurde.

Urs-Peter Inderbitzin

 ST. GALLEN. Im Kanton St. Gallen gilt seit Oktober 2008 ein grundsätzliches Rauchverbot in Restaurants. Viele Wirte und auch Gäste ärgern sich über dieses Verbot; vereinzelt setzten sich Wirte auch über das Rauchverbot hinweg. So liess es der Wirt des "Le Bistro" in der St. Galler Innenstadt zu, dass Gäste in seinem Lokal rauchten. Auf den Tischen lagen Merkblätter. Diese machten die Gäste zwar auf das Rauchverbot aufmerksam, überliessen ihnen aber gleichzeitig die Verantwortung für das verbotene Paffen: "Sollten sie dennoch hier rauchen, bestellen sie einen Aschenbecher. Sie könnten allerdings gebüsst werden."

 Rauchende Gäste angetroffen

 Im Oktober und November 2008 traf die St. Galler Polizei bei Kontrollen mehrmals rauchende Gäste an; dabei standen Aschenbecher bzw. Unterteller auf den Tischen. Im Januar 2009 büsste die Polizei nicht nur rauchende Gäste, sondern entzog dem Wirt auch mit sofortiger Wirkung das Patent. Ende Januar 2009 wurde das Lokal geschlossen und später von einem andern Gastwirt betrieben. Weil das Volkswirtschaftsdepartement und das Verwaltungsgericht den Entzug des Wirtepatents schützten, rief der Wirt das Bundesgericht an.

 Wirt in die Pflicht genommen

 Sein Argument in Lausanne: Das staatliche Rauchverbot richte sich an die Gäste und nicht an den Wirt. Ihm obliege es deshalb nicht, anstelle des Staates das Gesundheitsgesetz zu vollziehen und rauchende Gäste unter Polizeigewalt wegzuweisen. Der Entzug des Patents sei deshalb unzulässig gewesen. Das Bundesgericht hat diese Argumentation klar verworfen: Es sei Aufgabe und Pflicht eines Wirts, rauchende Gäste aufzufordern, entweder im Rauchzimmer oder - wenn keines vorhanden ist - draussen vor dem Lokal zu rauchen. Wirte haben mit andern Worten die gesetzliche Pflicht, das Notwendige vorzukehren, damit die nichtrauchenden Gäste vor Passivrauch geschützt werden. Laut dem Urteil aus Lausanne verstösst ein Rauchverbot weder gegen die Wirtschaftsfreiheit, noch ist es unverhältnismässig: Der Schutz der Bevölkerung vor Passivrauchen stellt, so das Bundesgericht, ein gewichtigeres Interesse dar als das private Interesse des Wirts an seiner Existenz.

 Keine Raucherbeiz

 Auch eine zweite Beschwerde des Wirts blieb erfolglos. Darin hatte er um die Bewilligung gekämpft, sein Lokal in einen Raucherbetrieb umzuwandeln. Die St. Galler Stadtpolizei hatte ein entsprechendes Gesuch abgewiesen. Nach dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen hat nun auch das Bundesgericht den Entscheid des Stadtpolizei bestätigt. Der Wirt muss die Gerichtskosten von insgesamt 5000 Franken bezahlen.

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 BEFRAGT

 "Das Gastgewerbe wurde mir vergrault"

 Herr Ilg, was halten Sie vom Bundesgerichtsurteil?

 Hanns-Ulrich Ilg: Es ist für mich eine riesige Enttäuschung. Das Urteil stellt mich auf die gleiche Stufe wie etwa einen Drogenhändler. Es ist eine Frage der Verhältnismässigkeit. Dass mir das Wirtepatent entzogen wurde, ist übertrieben. Die Behörden und Gerichte haben auch nie überprüft, ob ein Raucherzimmer zumutbar wäre. Ein Raucherabteil wäre sehr teuer geworden.

 Wie lange haben Sie im Le Bistro gewirtet?

 Ich war über sieben Jahre im Le Bistro. Bis das Rauchverbot kam, gab es nie Klagen, das wurde mir sogar von der Gewerbepolizei attestiert. Bis dahin hatte ich auch einen ordentlichen Zahltag, nachher litt das Geschäft. Denn die Raucher sind diejenigen, die konsumieren. Ende August 2009 habe ich die Beiz selber geschlossen und musste alle acht Mitarbeitenden entlassen. Ob dies richtig ist mitten in der Finanzkrise, ist fraglich.

 Was haben Sie jetzt für Pläne?

 Jetzt habe ich Zeit, meine Gesundheit zu pflegen, die hat auch gelitten. Beruflich werde ich mich neu orientieren müssen. Ich bin 47 Jahre alt, da ist es noch zu früh für eine Pensionierung. Ins Gastgewerbe gehe ich wohl nicht mehr, das wurde mir vergrault. Eine Beiz ist im Moment kein Thema. (ybu)

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NZZ 16.3.10

Bundesgericht

Rauchverbot nicht durchgesetzt

SDA (sda)

 (sda) ⋅ Die Stadt St. Gallen hat einem Wirt zu Recht das Patent entzogen, weil er das Rauchverbot in seinem Lokal nicht durchgesetzt hatte. Die gegen den Patententzug gerichtete Beschwerde wurde vom Bundesgericht abgewiesen. Nach Inkrafttreten des kantonalen Rauchverbots führte die Polizei Kontrollen in jenem Lokal durch und traf mehrfach auf rauchende Gäste. Es wurden auch Bussen ausgesprochen. Auf den Tischen des Restaurants hatte die Polizei Merkblätter des Wirtes gefunden, mit denen er zwar auf das Rauchverbot aufmerksam machte. Allerdings wies er gleichzeitig darauf hin, dass Gäste einen Aschenbecher verlangen könnten, wenn sie trotzdem rauchen und eine Busse in Kauf nehmen wollten. Das Bundesgericht hält fest, dass mit dem Rauchverbot auch die Wirte selber in die Pflicht genommen werden. Sie hätten zum Schutz der nicht rauchenden Gäste das Verbot ohne Ausnahme durchzusetzen. Raucher seien aufzufordern, entweder das Raucherzimmer aufzusuchen oder nach draussen zu gehen.

 Urteil 2C_627/2009 vom 23. 2. 10.

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bger.ch 15.3.10
http://jumpcgi.bger.ch/cgi-bin/JumpCGI?id=23.02.2010_2C_627/2009

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
 
{T 0/2}
2C_627/2009
 
Urteil vom 23. Februar 2010
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Errass.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________, Restaurant A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Stephanie Bialas,
 
gegen
 
Politische Gemeinde St. Gallen,
Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St. Gallen.
 
Gegenstand
Entzug des Gastwirtschaftspatents,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 19. August 2009.
 
Sachverhalt:
 
A.
X.________ betrieb in der St. Galler Innenstadt seit dem Jahre 2002 ein Restaurant, welches etwa über 90 Sitzplätze verfügte. Am 1. Oktober 2008 traten die Regelungen zum Schutz vor dem Passivrauchen (Art. 52quater und Art. 52quinquies) des Gesundheitsgesetzes des Kantons St. Gallen vom 28. Juni 1979 (GesG; sGS 311.1) in Kraft. Danach ist das Rauchen in allgemein zugänglichen, geschlossenen Räumen verboten, ausgenommen in sogenannten Rauchzimmern. Unter bestimmten Voraussetzungen konnten gastgewerbliche Betriebe als Raucherbetriebe geführt werden.
 
B.
Nach Inkrafttreten des GesG führte die Polizei in der Stadt St. Gallen Kontrollen durch. Dabei stellte sie bei X.________ mehrmals Verstösse gegen das GesG fest: Am 2., 3. und 4. Oktober sowie am 15. und 17. November 2008 wurden rauchende Gäste angetroffen; dabei standen Aschenbecher bzw. Unterteller auf den Tischen. Am 14. Januar 2009, dem letzten Kontrolltag, sprach die Polizei Ordnungsbussen gegen rauchende Gäste aus. Auf den Tischen lagen Merkblätter, welche die Gäste auf das geltende Rauchverbot aufmerksam machten; sie trugen gleichzeitig den Hinweis, die Gäste sollten einen Aschenbecher bestellen, falls sie trotz des Verbots im Lokal rauchen wollten, und sie könnten dabei gebüsst werden. Mit Verfügung vom 21. Januar 2009 entzog die Stadtpolizei X.________ das Gastwirtschaftspatent mit sofortiger Wirkung; ausserdem wurde einem allfälligen Rekurs die aufschiebende Wirkung entzogen. X.________ musste das Lokal ab dem 30. Januar 2009 geschlossen halten; mittlerweile wird das Lokal von einem anderen Gastwirt geführt. Gegen die Verfügung vom 21. Januar 2009 erhob X.________ Beschwerde beim Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St. Gallen. Dessen abweisenden Entscheid stützte das Verwaltungsgericht.
 
C.
X.________ beantragt vor Bundesgericht, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 19. August 2009 aufzuheben und festzustellen, dass ihm das Gastwirtschaftspatent zu Unrecht entzogen wurde, eventuell die Sache zur Neubeurteilung ans Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht und die Direktion Soziales und Sicherheit der Stadt St. Gallen beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St. Gallen verzichtet auf eine Stellungnahme.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1 Die Beschwerde ist innert der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereicht worden und richtet sich gegen den Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG), die unter keinen Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG fällt.
 
1.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er das strittige Gastwirtschaftspatent infolge Schliessung und Räumung des Betriebs nicht mehr benötige; er beabsichtige aber, in Zukunft wieder ein Lokal zu eröffnen, weshalb er an einer Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheids interessiert sei.
Zwar ist zur Beschwerde nur legitimiert, wer u.a. ein schutzwürdiges aktuelles und praktisches Interesse an der Beurteilung seiner Eingabe hat (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG), doch verzichtet das Bundesgericht ausnahmsweise darauf, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 135 I 79 E. 1.1 S. 81; Urteil 1C_89/2007 vom 13. Juli 2007 E. 1.3). Dies trifft auch auf den vorliegenden Fall zu: Aufgrund der dargelegten Sachlage rechtfertigt es sich, auf das aktuelle und praktische Interesse zu verzichten. Der Entzug des Gastwirtschaftspatentes mit der Aufforderung zu sofortiger Räumung des Betriebs, mit welchem zudem gleichzeitig die aufschiebende Wirkung der Beschwerde entzogen worden ist, hätte nie rechtzeitig überprüft werden können, weshalb es im öffentlichen Interesse liegt, diesen Entzug auf seine Rechtmässigkeit zu überprüfen. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
 
1.3 Feststellungsbegehren sind vor Bundesgericht nur dann zulässig, wenn das schutzwürdige Interesse nicht ebensogut mit einem rechtsgestaltenden Begehren gewahrt werden kann (BGE 126 II 300 E. 2c S. 303). Nach dem Entzug des Gastwirtschaftspatents sowie der Schliessung und Räumung des Lokals kann der Beschwerdeführer seine schutzwürdigen Interessen nicht mehr mit einem rechtsgestaltenden Begehren wahrnehmen. Das Feststellungsbegehren ist deshalb zulässig.
 
1.4 Mit der Beschwerde kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich der verfassungsmässigen Rechte) gerügt werden (Art. 95 Abs. 1 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem Recht allerdings nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
 
2.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit: zum einen sei die gesetzliche Grundlage nicht ausreichend und zum andern sei das Verhältnismässigkeitsprinzip verletzt.
 
2.1 Art. 27 BV gewährleistet die Wirtschaftsfreiheit. Diese schützt jede privatwirtschaftliche (selbständige) Tätigkeit, die der Erzielung eines Gewinns oder Erwerbs dient. Sie umfasst insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung. Das Führen eines Gastwirtschaftsbetriebs fällt in den Schutzbereich von Art. 27 BV. Die Wirtschaftsfreiheit gilt allerdings nicht schrankenlos, sondern sie kann, sofern es sich um Massnahmen handelt, die sich nicht gegen den Wettbewerb richten (Art. 94 Abs. 4 BV), gestützt auf Art. 36 BV eingeschränkt werden. Andernfalls wäre zusätzlich eine Bundesverfassungsnorm oder ein kantonales Regalrecht notwendig (Art. 94 Abs. 4 BV); beides trifft vorliegend nicht zu.
 
2.2 Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, dass das staatliche Rauchverbot an die Gäste und nicht an den Wirt gerichtet sei. Ihm obliege es daher nicht, an Stelle des Staates das GesG zu vollziehen und seine Gäste unter Polizeigewalt wegzuweisen. Dem Entzug des Patentes für gastgewerbliche Tätigkeiten fehle deshalb nach dem kantonalen Gastwirtschaftsgesetz vom 26. November 1995 (GWG; sGS 553.1) die gesetzliche Grundlage.

2.3
2.3.1 Nach Art. 52quater Abs. 1 GesG ist das Rauchen in allgemein zugänglichen, geschlossenen Räumen verboten, ausgenommen in Rauchzimmern. Abs. 2 umschreibt diese allgemein zugänglichen Räume; darunter fallen nach lit. h auch gastgewerbliche Betriebe. Rauchzimmer sind Räume, die von anderen Räumen des Gebäudes und deren Belüftung getrennt und als solche gekennzeichnet sind sowie keinem anderen Zweck dienen (Abs. 3). Nach Art. 52quinquies Abs. 1 GesG sind in gastgewerblichen Betrieben Rauchzimmer auf höchstens einem Drittel der Schankfläche in geschlossenen Räumen zulässig, wenn für diese Räume ein Patent für einen Betrieb nach dem Gastwirtschaftsgesetz vom 26. November 1995 erteilt wurde (lit. a) und für angrenzende, allgemein zugängliche Räume der Schutz vor Passivrauchen gewährleistet ist, insbesondere wenn der Zugang über gastgewerblich genutzte Räume erfolgt (lit. b). Abs. 2 regelt die Voraussetzungen für einen Raucherbetrieb, welcher nach Abs. 3 zu kennzeichnen ist.

2.3.2 Wie der Beschwerdeführer zu Recht hervorhebt, richtet sich das Rauchverbot nach Art. 52quater Abs. 1 GesG in erster Linie an jedermann. Der Gastwirt wird allerdings - dies verkennt der Beschwerdeführer - nach Art. 52quinquies GesG in die Pflicht genommen: So sind in gastgewerblichen Betrieben Rauchzimmer auf höchstens einem Drittel der Schankfläche zulässig, wenn u.a. für die angrenzenden Räume der Schutz vor Passivrauchen gewährleistet ist. Daraus folgt, dass der Gastwirt dafür zu sorgen hat, dass in "Nicht-Rauchzimmern" der Schutz vor Passivrauch garantiert wird, was mit Blick auf Art. 52quater Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 lit. h GesG nur heissen kann, dass dem Gastwirt eine Pflicht zukommt, zum Schutz der nichtrauchenden Gäste das Rauchverbot ohne Ausnahme durchzusetzen; das ausnahmsweise Rauchen ist nur in den gesetzlich vorgesehenen Fumoirs zulässig. Der Gesetzgeber verstärkt diese Pflicht zudem durch den Hinweis, dass Rauchzimmer und Raucherbetriebe gekennzeichnet werden müssen (Art. 52quater Abs. 3 und Art. 52quinquies Abs. 3 GesG). Dies ist Aufgabe des Gastwirts. Auch daraus folgt, dass ihm die Pflicht zukommt, rauchende Gäste aufzufordern, entweder im Rauchzimmer oder - wenn keines vorhanden ist - draussen zu rauchen. Dabei treten die Wirte - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht als Vollzugsbehörde an Stelle des Staates auf, sondern sie sind selbst Adressaten einer gesetzlichen Pflicht: sie haben das Notwendige vorzukehren, damit die nichtrauchenden Gäste vor Passivrauch geschützt werden. Sie werden nur dann von ihrer Pflicht entbunden, wenn ihnen die Befugnis zusteht, einen Raucherbetrieb zu führen. Dies trifft vorliegendenfalls nicht zu. Der Beschwerdeführer ist - wie sich aus den Akten ergibt - dieser Pflicht offenkundig und des öftern nicht nachgekommen.
 
2.4
2.4.1 Nach Art. 3 Abs. 1 lit. a GWG bedürfen gastgewerbliche Tätigkeiten eines Patentes. Dieses wird für einen bestimmten Betrieb erteilt (Art. 4 Abs. 1 lit. a GWG), wenn nach Art. 7 Abs. 1 GWG der Gesuchsteller handlungsfähig (lit. a), charakterlich geeignet (lit. b) und zur Nutzung des Betriebs berechtigt ist (lit. d) sowie Gewähr für eine einwandfreie Betriebsführung bietet (lit. c). Nach Art. 8 Abs. 1 GWG bietet Gewähr für eine einwandfreie Betriebsführung insbesondere, wer Kenntnisse in der Lebensmittelhygiene und in der Suchtprävention hat (lit. a), welche in Abs. 2 konkretisiert werden, und wer in den letzten zwei Jahren nicht wiederholt oder in schwerwiegender Weise Vorschriften der Gesundheits-, der Lebensmittel-, der Fremden-, der Wirtschaftspolizei, des Arbeitsrechts oder der Betäubungsmittelgesetzgebung verletzt hat (lit. b). Das Patent wird nach Art. 13 Abs. 2 Ziff. 1 GWG entzogen, wenn die Voraussetzungen der Erteilung nicht mehr erfüllt sind.

2.4.2 Die Voraussetzungen für eine einwandfreie Betriebsführung werden in Art. 8 GWG nur beispielhaft aufgezählt, wie das Wort "insbesondere" nahelegt. Dies wird auch durch Art. 20 GWG bestätigt, welcher mit "Betriebsführung" überschrieben ist und somit eine weitere Konkretisierung des Begriffs "Einwandfreie Betriebsführung" (Art. 8 Abs. 1 Einleitungssatz GWG) darstellt. Auch Art. 21 GWG, auf den sich die Vorinstanzen stützten, ist nichts mehr als eine Konkretisierung des erwähnten Begriffs, indem er den Patentinhaber darauf aufmerksam macht, dass er die gesetzlichen Vorschriften nach Art. 8 Abs. 1 lit. b GWG zu beachten und darum in seinem Betrieb für Ordnung zu sorgen hat (Art. 21 Abs. 1 und 2 GWG). Sorgt er nämlich nicht dafür, so stört er die Nachbarn in ihrer Nachtruhe (Art. 21 Abs. 2 lit a. und b GWG), verletzt das Gebot von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr (Art. 21 Abs. 2 Bst. d GWG) oder die oben dargelegte Pflicht, nichtrauchende Gäste vor Passivrauch (Art. 52quater und 52quinquies GesG) zu schützen. Kommt der Beschwerdeführer dieser Pflicht nach Art. 21 GWG nicht nach, so verletzt er die gesetzlichen Vorschriften und gewährleistet nicht die einwandfreie Betriebsführung nach Art. 8 GWG. Insofern besteht eine genügende gesetzliche Regelung, auf deren Grundlage dem Beschwerdeführer das Gastwirtschaftspatent entzogen werden kann (Art. 13 Abs. 2 Ziff. 1 GWG i.V.m. Art. 21 und 8 GWG i.V.m. Art. 52quater und Art. 52quinquies GesG).

2.4.3 Der Beschwerdeführer führt dazu aus, dass er nicht nach Art. 21 Abs. 2 lit. e GWG die Wegweisung mit Hilfe der Polizei durchsetzen könne, da anderntags keine Gäste mehr zu ihm kommen würden. Zunächst ist darauf aufmerksam zu machen, dass Art. 21 Abs. 2 lit. e GWG ein mehrstufiges Vorgehen festlegt. Die Beanspruchung der Hilfe der Polizei ist nur letzte Massnahme. In erster Linie obliegt es dem Wirt, darauf hinzuwirken, dass Ordnung im Betrieb herrscht, indem er im vorliegenden Fall etwa die Gäste mit einem Zeichen auf das Rauchverbot aufmerksam gemacht und/oder die Aschenbecher weggeräumt und draussen vor dem Betrieb installiert hätte. Würde dies nicht zum Erfolg führen, wären Gespräche mit den Gästen in Betracht zu ziehen, allenfalls eine eigene Wegweisung anzuordnen. Der Beschwerdeführer hat nichts derartiges unternommen. Vielmehr hat er gerade gegenteilig gehandelt und somit nicht für die gesetzlich vorgesehene Ordnung in seinem Betrieb gesorgt. "Gastfreundlich sein" - wie der Beschwerdeführer sich ausdrückt - kann der Wirt auch, indem er das Rauchverbot akzeptiert und die sachgerechten Massnahmen selbst anordnet.
 
2.5 Der Beschwerdeführer rügt zudem eine Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips. Dem Entzug kann unbestritten die Eignung zur Durchsetzung des Gesundheitsschutzes nicht abgesprochen werden. Was die Zumutbarkeit betrifft, so hat die Behörde bereits während längerer Zeit mildere Massnahmen als den Entzug verfügt: Hinweis auf seine Pflicht, für Ordnung zu sorgen, Androhung des Entzugs des Gastwirtschaftspatents, Strafanzeige. Offensichtlich haben diese milderen Massnahmen den Beschwerdeführer nicht überzeugt, seinen Pflichten aus dem Gastwirtschaftspatent nachzukommen. Er vertrat stattdessen die Auffassung, dass ihn keine Pflicht aus dem GesG treffe, sondern dass danach lediglich die Gäste verpflichtet wären, in seinem Betrieb nicht zu rauchen. Schliesslich ist der Entzug auch zumutbar. Das private Interesse an der Aufrechterhaltung des Gastwirtschaftspatentes ist gewiss gross, geht es doch um die Existenz des Beschwerdeführers als Gastwirt. Der Schutz der Bevölkerung vor Passivrauch stellt allerdings ein gewichtigeres Interesse dar, was sich auch im strikten Rauchverbot innerhalb eines Betriebs zeigt, es sei denn bauliche Massnahmen wären so beschaffen, dass die nichtrauchenden Gäste nicht beeinträchtigt werden. Insofern ist auch der Einwand, verbotenerweise zu rauchen oder die Gäste rauchen zu lassen, sei lediglich ein Bagatelldelikt, nicht geeignet, das Gewicht des öffentlichen Interesses zu schmälern.
 
3.
3.1 Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen.
 
3.2 Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 65 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 23. Februar 2010
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Müller Errass

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SCHNÜFFELSTAAT
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NZZ 16.3.10

Kritik am Polizeiaufgabengesetz

 "Zu viel Ermessensspielraum"

 (sda) ⋅ Das neue Polizeiaufgabengesetz wird in der Vernehmlassung massiv kritisiert. Der Erlass, der die Polizeiaufgaben unter einem Dach bündeln sollte, sei zu schwammig formuliert, gebe den Akteuren zu grossen Ermessensspielraum und gefährde die Grundrechte, lautet der Grundtenor der Kritik, so der Schweizerischen Datenschützer und von Amnesty International. Besonders stören sich die Kritiker daran, dass zum Zweck der "Erkennung und Bekämpfung des organisierten Verbrechens" Daten von Personen gesammelt werden dürfen, ohne deren Wissen, ohne konkrete Strafverfolgung oder Tatverdacht.

 Die Idee, im neuen Polizeiaufgabengesetz geltendes Recht unter ein Dach zu bringen, wird von Parteien und Polizeidirektoren begrüsst. Das sei indes nicht gelungen; nach wie vor werde auf Spezialgesetze verwiesen, schreibt beispielsweise die FDP. Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) bedauert, dass die polizeilichen Aufgaben des Grenzwachtkorps im neuen Gesetz ausgeklammert werden. Während sich die Stellungnahme der SP um eine Woche verzögert, lehnt die SVP das neue Gesetz ab, weil es dem Beitritt zu internationalen polizeilichen Organisationen Tor und Tür öffne. Einzig die CVP begrüsst das Gesetz, das zu mehr Transparenz und einer besseren Übersicht führe.

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20 Minuten 16.3.10

Polizeigesetz kam schlecht an

 BERN. Daran dürfte Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf keine Freude haben: Das neue Polizeigesetz, das der Bundeskriminalpolizei mehr Macht geben soll, ist in der Vernehmlassung zerpflückt worden: Parteien und Organisationen befürchten einen Angriff auf die Grundrechte. Sie stören sich daran, dass zur Bekämpfung des "organisierten und internationalen Verbrechens" Daten über Personen gesammelt werden dürfen - ohne deren Wissen und selbst ohne Tatverdacht. Auch dass Personen an allgemein zugänglichen Orten verdeckt beobachtet werden dürfen sollen, kam nicht gut an. Das Fedpol will nun sämtliche Stellungnahmen analysieren und dem Bundesrat eine Auswertung unterbreiten.

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PNOS
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BZ 16.3.10

Leserbrief

"Fehlende Argumente"

 Ausgabe vom 12.März

 "Pnos-Frau angezeigt"

 Einem Artikel mit der Überschrift "Pnos-Frau angezeigt" ist zu entnehmen, dass Herr Althof (Gründer der Aktion "Kinder des Holocausts") gegen mich eine Strafanzeige eingereicht hat. Es geht dabei um einen Text, der auf der Sektionsseite der Pnos Basel vor einigen Monaten veröffentlicht wurde. Gegen den Vorsitzenden der Sektion läuft nun bereits ein Strafverfahren. Die erneute Strafanzeige von Herrn Althof gegen meine Person ist deshalb völlig aus der Luft gegriffen und unhaltbar.

 1. Warum zeigt Herr Althof nur mich und nicht den ganzen Bundesvorstand an?

 2. Die Veröffentlichung von Texten auf den Sektionsseiten obliegt in der Verantwortung der jeweiligen Sektionsvorsitzenden. Die Sektionen sind autonom und bestimmen selber, welche Meldungen sie veröffentlichen. Als Bundesvorstand trage ich lediglich die Verantwortung für die Hauptseite.

 3. Gegen den verantwortlichen Sektionsvorsitzenden läuft bereits ein Verfahren.

 Weshalb also zeigt Herr Althof mich, trotz der fehlenden Grundlagen, einige Monate nach der Veröffentlichung des vermeintlich strafbaren Textes und einige Monate nach der Anzeige gegen die Sektion Basel "zufälligerweise" drei Wochen vor den Wahlen an? Dass diese Aktion ein hinterhältiger Versuch ist, mich zu kriminalisieren und somit als Kandidatin für den Grossrat unwählbar zu machen, liegt auf der Hand.

 Für mich ist diese haltlose Anzeige ein Beweis für Althofs fehlende Argumente gegenüber meinen politischen Standpunkten.

Denise Friederich
Grossratskandidatin,Burgdorf

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ISLAMOPHOBIE
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Bund 16.3.10

Langenthal

Komitee gegen "Islamisierung"

 Das Aktionskomitee "Stopp Minarett Langenthal" gründet ein Komitee mit dem Namen "Gegen die strategische Islamisierung der Schweiz", wie die Vereinigung mitteilt. Der Grund dafür seien "Forderungen der islamischen Verbände in der Schweiz". Der nach dem Ja zum Minarettverbot angewendeten Strategie islamischer Organisationen - etwa die Forderung nach islamkonformen Friedhöfen - müsse entgegengewirkt werden, damit keine Parallelgesellschaft entstehe, welche der christlich-abendländisch geprägten Kultur gefährlich werde. Das Komitee will ab Sommer in Schweizer Städten "Informationsveranstaltungen" durchführen. (pd)

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NEONAZIS AG
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Aargauer Zeitung 16.3.10

Nach vier Liter Bier schlugen sie zu

Zwei ehemals rechtsradikale Schweizer müssen für ihre gewalttätige Vergangenheit büssen

 Das Bezirksgericht Lenzburg beurteilte die Schlägereien zweier junger Männer als gravierend. Dennoch konnte Gerichtspräsident Daniel Aeschbach nur eine Geldstrafe aussprechen.

 Sabine Kuster

 Schwer betrunken waren zwei Mitglieder der rechtsradikalen Szene im Ausgang jeweils gewalttätig geworden. Die zwei jungen Schweizer, ein Maurer und ein Zimmermann, standen letzte Woche wegen insgesamt zehn Vergehen von Dezember 2006 bis September 2007 vor dem Bezirksgericht Lenzburg.

 Die heute 24-Jährigen präsentierten sich als geläutert und auf dem richtigen Weg. Der Maurer erschien mit seiner Freundin, mit der er seit fünf Jahren zusammen ist; der langjährige Arbeitgeber des Zimmermanns wohnte der Gerichtsverhandlung ebenfalls bei. Beide Angeklagten haben eine Antabus-Behandlung hinter sich - ein Wirkstoff, der eine starke Alkoholunverträglichkeit bewirkt. Der Maurer liess sich das Tatoo mit Hakenkreuzen übertätowieren und "SS" wegmachen, der Zimmermann löschte die unter der Nazi-Zahl "88" gespeicherten Adressen aus seinem Natel.

 Sieben Anklagepunkte

 Die ehemals guten Kollegen bekräftigten, sie hätten nicht nur keinen Kontakt mehr zur rechtsradikalen Szene, sondern auch nicht mehr zueinander. Doch ihre gewalttätige Vergangenheit führte die beiden am Dienstag noch einmal zusammen. Sie waren in sieben beziehungsweise acht Fällen wegen insgesamt acht Strafhandlungen angeklagt - unter anderem der mehrfachen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte und der mehrfachen einfachen Körperverletzung.

 Zweimal hatten sich die damaligen Rechtsradikalen gemeinsam betrunken und waren gegen Punks und Ausländer massiv aggressiv geworden. Dabei scheint das politische Motiv weniger die Ursache gewesen zu sein als viel mehr die vier Liter Bier, die sie jeweils intus hatten.

 Hitlergruss auf der Bühne

 An der "Schlossgeisterfasnacht" in der Mehrzweckhalle Schützenmatte in Lenzburg im Januar 2007 waren die beiden mit rund 20 Kollegen der rechtsextremen Szene auf die Bühne gesprungen und hatten dort mit dem Hitlergruss provoziert. Dies kann ihnen nicht einzeln nachgewiesen werden, weswegen sie auch nicht angeklagt waren. Als die Polizisten die beiden jedoch identifizieren und auf den Posten mitnehmen wollten, rasteten sie aus und weigerten sich.

 Die zweite Ausschreitung fand acht Monate später beim Aperto am Bahnhof Aarau statt. Die beiden Angeklagten verliessen an einem Sonntagabend die Bar Penny Farthing und gingen zur Bahnhofunterführung, im Wissen darum, dass nach dem Fussballmatch noch "etwas abgehen" könnte. Der Maurer erblickte eine Gruppe Punks und entschloss sich, den erstbesten über den Haufen zu rennen, sodass dieser zu Boden fiel. Der Angegriffene erlitt eine leichte Gehirnerschütterung und Prellungen. Dem Maurer wurde ausserdem vorgeworfen, einem anderen Punk eine Flasche an den Kopf geworfen zu haben.

 Der Zimmermann seinerseits verfolgte einen der Flüchtenden und schlug diesen zu Boden, wobei er sich Prellungen zuzog.

 Gegen Juden und Polizisten

 Bei anderen Gelegenheiten betitelte der Maurer vorbeigehende Polizisten mit "Judenschweinen" oder zwang in einem Zug in Deutschland einen Mitfahrer gewaltsam, sein T-Shirt auszuziehen, auf dem "Good Night white Pride" (Gute Nacht weisser Stolz) stand.

 Auch der Zimmermann wurde nicht nur an der "Schlossgeisterfasnacht" und vor dem Aperto in Aarau gewalttätig. Nach einem Fasnachtsball in Strengelbach schlug er einem israelisch-schweizerischen Doppelbürger die Faust ins Gesicht, sodass dieser blutete.

 Angeklagte bereuen die Tat

 Die Angeklagten zeigten sich für ihre Taten reuig. "Ich habe Scheiss gemacht, ich habe die Strafe verdient", sagte der Maurer. Der Zimmermann bilanzierte eher nüchtern: "Es hätte nicht sein müssen, dass ich so viel Polizeikontakt hatte", denn es sei mühsam, dass die Polizei ihn heute bei einer Kontrolle anders behandle als einen normalen Bürger. Er befürchtete, mit einer Freiheitsstrafe seinen langjährigen Job zu verlieren.

 Bezahlen statt absitzen

 Seinen Job wird der Zimmermann behalten können - allerdings wird er einen guten Teil seines Lohns für die Abzahlung der Strafe brauchen: Die beiden wurde in den meisten Punkten schuldig gesprochen. Der Antrag hatte in beiden Fällen auf 8 Monate unbedingte Freiheitsstrafe gelautet. Da der Einzelrichter jedoch beide gestern in einem bzw. zwei Punkten freisprach, musste das Strafmass reduziert werden. Da das Bundesgericht bei Strafen bis zu sechs Monaten keine Gefängnisstrafen zulässt, kommen die jungen Schweizer mit einer Geldstrafe weg. Der Zimmermann wurde mit 23000 Franken plus 200 Franken Busse, der Maurer mit 23400 Franken plus 500 Franken Busse bestraft. Die Hälfte davon müssen sie sofort bezahlen, die andere wird ihnen erlassen, wenn sie sich in den nächsten vier Jahren nichts zuschulden lassen kommen und sich ihre Entwicklung zu rechtschaffenen Bürgern bestätigt.

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RASSISMUS LU
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NLZ 16.3.10

Stadt Luzern

 "Türsteher müsste seinen Chef anschwärzen"

Interview Silvia Weigel

 Kein Zutritt - Clubs können Ausländer ungestraft diskriminieren. Die Rassismuskommission will den Spiess umdrehen.

 "Du darfst hier nicht rein!" Diskriminierung von Ausländern an Clubeingängen ist nicht nur in Luzern, sondern in der ganzen Schweiz weit verbreitet. Auch aus diesen Gründen hat sich etwa die Securitas ganz aus dem Türsteher-Geschäft zurückgezogen (Ausgabe von gestern). Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus hat zu diesem Thema 2009 eigens eine Tagung veranstaltet. Rechtsanwalt Marco Mona* erklärt, wie man sich als Betroffener wehren kann.

 Marco Mona, Luzerner Clubbetreiber verweigern Ausländern offenbar immer wieder den Zutritt zu ihren Lokalen - zum Teil ohne Angabe von Gründen. Ist das rechtens?

 Marco Mona: Eine Begründungspflicht seitens der Clubbetreiber besteht nicht. Der Eintritt in einen Club ist eine öffentlich angebotene private Dienstleistung, die ohne Angabe von Gründen verweigert werden kann. Aber wenn jemand aufgrund seiner Herkunft abgewiesen wird, ist das Diskriminierung und verboten.

 Wie kann es sein, dass das Problem so weit verbreitet ist, ohne dass die Clubbetreiber bestraft werden?

 Mona: Zum einen muss der Beweis geführt werden, dass der Clubbetreiber die rassistisch motivierte Weigerung angeordnet hat. Das heisst, der Türsteher müsste seinen Chef anschwärzen. Ausserdem müsste man unvoreingenommene Zeugen haben, die bestätigen, dass man aus rassistischen Gründen nicht eingelassen wurde. Diskriminierung nachzuweisen ist aber sehr schwierig. Deshalb empfiehlt die Rassismuskommission eine Umkehrung der Beweispflicht. Wo ein rassistischer Hintergrund zu vermuten ist, müsste der Clubbetreiber nachweisen, dass die Weigerung nicht rassistisch motiviert gewesen ist.

 Gibt es bisher überhaupt Anzeigen und Verurteilungen wegen rassistischer Einlasskriterien bei Clubs?

 Mona: Es gibt wenige Anzeigen und noch weniger Verurteilungen. Das letzte Verfahren im Kanton Luzern wurde 2001 eingestellt. Einer Wirtin wurde damals vorgeworfen, dass sie den Alkoholausschank an Schwarze verweigert hatte.

 Welche Möglichkeiten haben Betroffene, sich zu wehren?

 Mona: Wenn man wegen seiner Herkunft von einem Türsteher abgewiesen wird, sollte man sich einen zweiten Zeugen mit den gleichen Merkmalen holen. Er sollte dann versuchen, in den Club zu kommen und allenfalls nachfragen, warum ihm der Eintritt verweigert wird. Man sollte sich das alles mitanhören und sich anschliessend Notizen machen. Damit sollte man zur Polizei gehen und Anzeige erstatten - und sich bloss nicht abwimmeln lassen.

 Kommt es denn oft vor, dass solche Anzeigen abgewimmelt werden?

 Mona: Ja. Ich kenne den Fall eines Clubbesuchers, der dreimal versucht hat, Anzeige zu erstatten und immer abgewiesen wurde. Aber die Polizei ist verpflichtet, Anzeigen entgegenzunehmen. Dass Polizisten vor solchen Klagen warnen, geschieht meist ohne böse Absicht. Die Polizei warnt vor der Chancenlosigkeit solcher Fälle vor Gericht und vor den Folgekosten.

 Aber Sie raten trotzdem dazu, in solchen Fällen Anzeige zu erstatten?

 Mona: Ja, bei einer strafrechtlichen Klage entstehen erst mal keine Kosten, da man dafür keinen Anwalt braucht. Erst wenn das Verfahren abgewiesen wird und man die Klage weiterziehen will, braucht man einen Anwalt. Dann muss man gut abwägen, ob sich das finanzielle Risiko lohnt.

 Fall: Mehr zum Diskriminierungsfall, der 2001 in Luzern eingestellt wurde, auf www.zisch.ch/bonus

 Hinweis: * Marco Mona ist Rechtsanwalt in Zürich und Mitglied der eidgenössischen Kommission gegen Rassismus.

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RAZZIEN AG
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Aargauer Zeitung 16.3.10

"Kanton duldet keine Straftaten"

 Kantonspolizei und Gesundheitsdepartement zu Kontrollen von Asylbewerberunterkünften

 Seit Anfang 2010 gibt es viele Razzien und Kontrollen in den Asylbewerberunterkünften. Kantonspolizei und Gesundheitsdepartement nennen die Gründe.

 Hans Lüthi

 Schlag auf Schlag geht es seit Anfang Jahr gegen Unterkünfte von Asylbewerbern: Am 21. Januar nimmt die Kantonspolizei in der Schäferwiese Aarau 13 Schwarzafrikaner wegen Drogenhandels fest, am 2. Februar kommt es zur Grossrazzia mit 50 Polizisten im Casa Torfeld in Buchs. Weitere Einsätze folgen, der jüngste letzte Woche. Stimmt der Eindruck, der Kanton ziehe die Schrauben im oft illegalen Umfeld der Asylbewerber an? "Solche Kontrollen gehören seit Jahren zur polizeilichen Arbeit", relativiert Bernhard Graser, Sprecher der Kantonspolizei Aargau. Bisher habe man aber die Ermittlungen mehr im Hintergrund geführt und weniger berichtet. Die Polizei wisse genau, von wo aus der Drogenhandel erfolge, und wolle zeigen, dass sie keine offene Szene dulde - wie früher am Bahnhof Aarau. "Bei Strukturermittlungen können wir das natürlich nicht bekannt geben", erklärt Graser. Für die Einsätze benötige die Polizei zwar sehr viele Leute, aber wirklich aufwändig seien die tiefgreifenden Überprüfungen danach.

 Einsätze von Securitas

 Mit Personalmangel bei der Polizei habe der Einsatz von Securitas-Leuten bei einer Kontrolle kürzlich in Buchs nichts zu tun. Diese hätten im Auftrag des Kantonalen Sozialdienstes Abklärungen gemacht. "Aber wir waren auch präsent und hätten notfalls einschreiten können", versichert Bernhard Graser. Der Drogenhandel selber finde in ganz Europa statt, dieses Problem könne der Aargau nicht allein lösen. Aber: "Diese Leute suchen den Weg des geringsten Widerstandes, wenn wir den Druck erhöhen, werden sie ausweichen", meint Graser. In diesem Sinn werde die Aargauer Polizei "auf allen Ebenen die Augen weiterhin offen halten".

 "Keinen Regierungsbeschluss"

 Kommt der Druck auf Asylbewerberunterkünfte von ganz oben? "Es gibt dazu keinen Beschluss der Aargauer Regierung", sagt Kommunikationsleiter Balz Bruder vom Departement Gesundheit und Soziales (DGS). "Es ist nicht so, dass es mehr Kontrollen gibt", aber diese seien durch Medienberichte öffentlicher geworden. Klar sei für das Departement von Gesundheitsdirektorin Susanne Hochuli dies: "Es muss Ordnung herrschen, wir dulden in den Unterkünften und darum herum keine Straftaten", stellt Bruder deutlich klar. Wenn man Drogen-Umschlagplätze ausmerzen wolle, brauche es koordinierte und konzentrierte Aktionen. "Die Einsätze bleiben nicht ohne Wirkung", versichert Balz Bruder, bei der jüngsten Kontrolle im Torfeld in Buchs sei kein einziger Fremdschläfer aufgegriffen worden.

 Letztes Jahr sind dem Aargau rund 1000 Asylbewerber zugewiesen worden, die Situation ist noch immer angespannt, geschlossene Unterkünfte mussten wieder geöffnet werden. Verschärft wird die Situation durch 330 Weggewiesene, die nur Nothilfe erhalten und dennoch hier bleiben.

 Ruf nach mehr Kontrollen

 Das Thema kommt heute auf die politische Bühne: Die Regierung solle künftig für mehr Polizeikontrollen in allen Aargauer Asylunterkünften sorgen. Das fordert Grossrat René Kunz (Reinach) per Postulat. Der Aargau werde von Asylsuchenden überschwemmt, vor allem afrikanischer Herkunft. Sie kümmerten sich nicht um unsere Rechtsordnung und betrieben oft Drogenhandel. Diese Situation sei unzumutbar, "die Verunsicherung ist gewaltig", so Kunz.

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WEGWEISUNG SG
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St. Galler Tagblatt 16.3.10

Immer mehr Wegweisungen

 Innert Jahresfrist verfügte die Stadtpolizei St. Gallen doppelt so viele Wegweisungen. Grund dafür seien nicht mehr Kontrollen, sondern zunehmendes Fehlverhalten.

 Ralf Streule

 St. Gallen. Die Stadtpolizei macht Jahr für Jahr zunehmend Gebrauch vom 2006 eingeführten "Wegweisungsartikel". Im vergangenen Jahr sprach die Polizei 431 Wegweisungen und Fernhaltungen aus. Dies sind 232 Fälle mehr als noch 2008. Bereits in den zwei Jahren zuvor hatte sich diese Zahl jeweils etwa verdoppelt.

 Gemäss Auskunft von Polizeisprecher Benjamin Lütolf liegt dieser Zunahme keine Änderung der polizeilichen Wegweisungspraxis zugrunde. Vielmehr habe die erhöhte Zahl mit "zunehmendem Fehlverhalten" zu tun. Zum Beispiel hätten beim Bohl und im Kantipark Ansammlungen von Drogenabhängigen und Dealern zugenommen. Alleine an diesen beiden Orten habe die Polizei 240 Wegweisungen aussprechen müssen, damit eine offene Drogenszene habe verhindert werden können.

 Auch im Zusammenhang mit Fussballspielen in der AFG Arena wurden 2009 mehr Wegweisungen ausgesprochen. 64 gewaltbereite Fans wurden von der Polizei weggewiesen.
St. Gallen 33

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Polizei rechtfertigt Wegweisung

Die St. Galler Stadtpolizei verfügte 2009 doppelt so viele Wegweisungen wie 2008. Der massive Anstieg habe nichts mit der Wegweisungspraxis zu tun, heisst es bei der Stadtpolizei. Vielmehr reagiere man konsequent auf Fehlverhalten.

Ralf Streule

 Die Stadtpolizei verfügt immer mehr Wegweisungen und Fernhaltungen. Die Zahlen, welche sie kürzlich publiziert hat (Tagblatt vom 5. März), sind überdeutlich: Im Vergleich zu 2008 hat sich die Zahl im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. 2009 gab es insgesamt 431 Fälle (269 Wegweisungen und 162 Fernhaltungen), 2008 waren es total 199 gewesen (89 Fernhaltungen und 110 Wegweisungen).

 Diese Tendenz hin zu mehr Wegweisungen ist nicht neu. Seit der Einführung des Wegweisungsartikels 2006 hat sich die Zahl der verhängten Wegweisungen und Fernhaltungen Jahr für Jahr etwa verdoppelt. Die aktuellen Zahlen dürfte besonders die politische Linke aufhorchen lassen. Diese hatte im Stadtparlament bereits 2007 kritisch nach den Gründen der Zunahme gefragt.

 "Polizeipraxis nicht verschärft"

 Damals wie heute begründet die Stadtpolizei die Erhöhung der Fallzahlen nicht etwa mit einer Verschärfung der polizeilichen Vorgehensweise. Viel mehr seien im vergangenen Jahr ganz einfach mehr Wegweisungen und Fernhaltungen nötig geworden, erklärt Polizeisprecher Benjamin Lütolf auf Anfrage. "Die Zahl der Wegweisungen richtet sich nach dem Verhalten der Leute."

 Zum Beispiel sei der Kantipark und der Bohl noch stärker als zuvor von Dealern und Drogenkonsumenten frequentiert worden. Mit einer konsequenten Wegweisungspraxis wolle die Stadtpolizei dort eine offene Drogenszene verhindern. Lütolf betont, dass es nicht darum gehe, die Randständigen aus dem Kantipark zu vertreiben, sondern darum, den Drogenumschlag einzudämmen. Das "Instrument Wegweisung" habe sich als sehr wirksames Mittel erwiesen, um im öffentlichen Raum gegen den Missbrauch und den Handel mit Drogen vorzugehen, erklärt er. 2009 wurden 240 Personen weggewiesen, welche sich beim Bohl oder im Kantipark aufhielten.

 Neu auch gegen Einzelpersonen

 Lütolf begründet die massive Zunahme der Fallzahlen zudem damit, dass die Wegweisungen und Fernhaltungen nicht mehr nur gegen Personen in Ansammlungen, sondern auch gegen Einzelpersonen ausgesprochen werden können (siehe Kasten). Zudem habe die Polizei bei Heimspielen des FC St. Gallen in der AFG Arena konsequent reagiert und so im vergangenen Jahr 64 Wegweisungen gegen "gewaltbereite Fussballfans" ausgesprochen. Laut Lütolf wurden auch im Zusammenhang mit mutwilligen Belästigungen, aggressivem Betteln sowie Gewaltanwendungen unter Alkoholeinfluss mehr Wegweisungen und Fernhaltungen gesprochen als in anderen Jahren. 2009 waren es insgesamt 62.

 Lütolf geht nicht davon aus, dass sich die Entwicklung der Wegweisungszahlen in den nächsten Jahren im gleichen Mass fortsetzen wird. Er rechne damit, dass sich die Zahlen nun auf dem aktuellen Niveau einpendeln würden. Der Grundsatz für die Polizei sei aber klar: "Wo notwendig, wird weggewiesen."

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 Wegweisungen auch im Kanton

 Eine Gruppe von Menschen, welche im öffentlichen Raum die Sicherheit oder Ordnung stört, kann von der Polizei weggewiesen werden. Diese Regelung wurde in der Stadt St. Gallen im Jahr 2006 unter dem Namen "Wegweisungsartikel" ins Polizeireglement aufgenommen. Wer weggewiesen wird, darf sich in den folgenden 24 Stunden nicht mehr am betreffenden Ort aufhalten. Wer sogar eine Fernhaltung verhängt bekommt, darf sogar in den darauffolgenden 30 Tagen nicht an den Ort zurückkehren.

 Seit dem 1. Januar 2009 kennt auch das kantonale Polizeigesetz einen Wegweisungsartikel. Dessen Einführung ist gemäss Polizeisprecher Benjamin Lütolf mit ein entscheidender Grund für die massive Zunahme der Wegweisungen und Fernhaltungen in der Stadt St. Gallen im vergangenen Jahr. Das kantonale Polizeigesetz sieht vor, dass Wegweisungen und Fernhaltungen nicht mehr nur gegen Personen in Ansammlungen, sondern auch gegen Einzelpersonen verfügt werden können. (rst)