MEDIENSPIEGEL 22.3.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS, Tojo)
- Prozess-Beginn Schützenmatte-Toter 2008
- Grosse Schanze: City Beach
- Wagenplätze: Ein Job für Mader
- KonfliktmanagerInnen für BE
- Kino-Leben: Quo vadis Bern?
- Club Leben: Pädu Anliker rechnet
- Big Brother Thun startet durch
- Stadt Bern Antira
- Sans-Papiers-Alltag
- Ausschaffungs-Tod ZH: Gefangene im Hungerstreik
- Sandkasten: Armee-Blattman vs Demos
- Neonazis: Roche verharmlost
- Big Brother CH: Kompetenzgerangel
- Drogenszene LU: Standortbestimmung
- Gefangenen-Info: EU-Terrorliste + die Folgen
- Anti-Atom: Mühleberg-Baustelle; Asse-Atomlager-Desaster;
Standort BE
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REITSCHULE
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Mi 24.03.10
19.00 Uhr - SousLePont - Guatemala
Spezialitäten
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio
Hof Heimenhaus, Text: R. Dost / B. Rumpf "Wir sind ein Teil der Erde"
20.30 Uhr - Tojo - "Poland Polas" ein Theaterabend von
formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.
Do 25.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio
Hof Heimenhaus, Text: R. Dost / B. Rumpf "Wir sind ein Teil der Erde"
20.30 Uhr - Kino - Festmacher-Film
21.00 Uhr - Rössli-Bar - Capital Slam
23.00 Uhr - Rössli-Bar - chrisdubflow "LIVE
DUB-TECHNO"!!! After DJ set by ZUKIE 173! Style: diggi techno dub
Fr 26.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio
Hof Heimenhaus, Text: R. Dost / B. Rumpf "Wir sind ein Teil der Erde"
20.30 Uhr - Tojo - "Poland Polas" ein Theaterabend von
formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.
21.00 Uhr - Kino - Migration - Leben in der Fremde:
Yasmin, Kenny Gleenan, D/GB 2004
21.00 Uhr - Frauenraum - Tanzbar mit DJ Grisumel:
Standard und lateinamerikanische Tänze
22.00 Uhr - Dachstock - DJ Revolution (USA), Reef the
Lost Cauze (USA), Block Mc Cloud (USA), Lord Lhus (USA), Snowgoons (D),
DJ?s L-Cut & Kermit, Webba Showcase. Style: Hiphop
Sa 27.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio
Hof Heimenhaus, Text: R. Dost / B. Rumpf "Wir sind ein Teil der Erde"
20.00 Uhr - Frauenraum - 10 Jahre Schulprojekt ABQ:
Apèro
20.30 Uhr - Tojo - "Poland Polas" ein Theaterabend von
formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.
22.00 Uhr - Frauenraum - 10 Jahre Schulprojekt ABQ: Party
mit Madame Léa (Pop), Mitternachtsshow und DJ PCB (Elektro)
23.00 Uhr - Dachstock - - Dachstock Darkside: Dom &
Roland (UK), Deejaymf (Unreal/CH), VCA (Biotic/CH) - Support: Ryck
(Rabass), Markee (Confront) - Style: Drumnbass
Infos: http://www.reitschule.ch
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Blick am Abend 19.3.10
Nightlife Tipp
Waxolutionists (A)
Fr, 22 Uhr, Reitschule Dachstock, Neubrückstr. 8
Die Waxolutionists sind ein Hip-Hop-Kollektiv aus Wien.
Bereits im Jahre 1999 haben sie mit "The Smart Blip Experience"ihr
erstes Album veröffentlicht. Zwei Jahre später erhielten sie
den österreichischen "]]Amadeus Award"in der Kategorie Bester FM4
Alternative Act. Das aktuelle Album der Waxolutionists heisst ".We
Paint Colours[[RIGHT DOUBLE ANGLE.
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Bund 19.3.10
Konsi führt eigenes Popmusical auf
(pd)
Die Sehnsucht nach dem Geliebten, der Abwesenden, der
Unerreichbaren, dem noch nicht erschienenen Traumprinzen: Das ist der
Stoff, aus dem ein guter Theaterabend gemacht ist. "Do you get me?" ist
von Anfang bis Schluss eine Eigenproduktion der Musikschule
Konservatorium Bern. Thema ist die Sprachlosigkeit der Jugendlichen in
Gefühls- und Beziehungsdingen, welche nur durch die Musik
überwunden werden kann. Der Chor besingt, eingebettet in eine
Rahmenhandlung, in zehn Popklassikern die eigene Befindlichkeit. Als
roter Faden dient das Motiv der Sehnsucht. Die Dialoge sind in Dialekt,
die Hauptrolle spielt die Musik. Regie führt Katharina Vischer,
die Leitung des Chors obliegt Aramea Müller.
Premiere im Tojo-Theater Reitschule Bern heute 19 Uhr,
weitere Aufführungen: Samstag 19 Uhr, Sonntag 15 Uhr. Karten:
office@konsibern.ch; 031 326 53 53.
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SCHÜTZENMATTE
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bernerzeitung.ch 22.3.10
Dealer tot geprügelt - wegen 20 Franken
Seit Montagmorgen stehen drei junge Männer vor Gericht, die
im August 2008 vor der Berner Reitschule einen Dealer zu Tode
geprügelt haben sollen. Bei dem Streit ging es offenbar um 20
Franken.
Für diesen Betrag hatte der 36-jährige Schweizer den
drei jungen Männern Heroin verkauft, wie aus dem
Überweisungsbeschluss hervorgeht. Als die drei das Heroin rauchen
wollten, verbrannte es, wahrscheinlich wegen zu viel Streckmittel im
Rauschgift.
Aus diesem Grund kehrten die beiden Mazedonier und der Kosovoare
zum Dealer zurück und traktierten ihn mit Faustschlägen und
Fusstritten - auch als der Mann bereits wehrlos am Boden lag.
Das Opfer starb mehrere Tage nach dem Vorfall im Spital an den
folgen eines Milzrisses. Einen weiteren Anwesenden schlugen die drei
Angreifer ebenfalls zusammen. Damit wollten sie verhindern, dass dieser
die Polizei alarmiert.
Die drei zur Tatzeit 18 und 19-jährigen Angreifer stehen
nun hauptsächlich wegen vorsätzlicher Tötung eventuell
vorsätzlicher schwerer Körperverletzung und fahrlässiger
Tötung vor dem Kreisgericht Bern-Laupen.
Der Prozess soll bis Mitte nächster Woche dauern. Die
Urteilseröffnung ist für kommenden Mittwoch geplant. (rdb/sda)
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20min.ch 22.3.10
Prozess in Bern
Wegen 20 Franken zu Tode geprügelt
Weil ein Dealer drei Männern schlechtes Heroin verkauft
haben soll, wurde auf ihn eingedrescht - bis er starb. Ab heute stehen
die Schläger in Bern vor Gericht.
Seit Montagmorgen stehen drei junge Männer vor Gericht, die
im August 2008 vor der Berner Reitschule einen Dealer zu Tode
geprügelt haben sollen. Bei dem Streit ging es offenbar um 20
Franken. Für diesen Betrag hatte der 36-jährige Schweizer den
drei jungen Männern Heroin verkauft, wie aus dem
Überweisungsbeschluss hervorgeht. Als die drei das Heroin rauchen
wollten, verbrannte es, wahrscheinlich wegen zu viel Streckmittel im
Rauschgift.
Aus diesem Grund kehrten die beiden Mazedonier und der Kosovare
zum Dealer zurück und traktierten ihn mit Faustschlägen und
Fusstritten - auch als der Mann bereits wehrlos am Boden lag.
Das Opfer starb mehrere Tage nach dem Vorfall im Spital an den
Folgen eines Milzrisses. Einen weiteren Anwesenden schlugen die drei
Angreifer ebenfalls zusammen. Damit wollten sie verhindern, dass dieser
die Polizei alarmiert.
Die drei zur Tatzeit 18- und 19-jährigen Angreifer stehen
nun hauptsächlich wegen vorsätzlicher Tötung eventuell
vorsätzlicher schwerer Körperverletzung und fahrlässiger
Tötung vor dem Kreisgericht Bern-Laupen.
Der Prozess soll bis Mitte nächster Woche dauern. Die
Urteilseröffnung ist für kommenden Mittwoch geplant.
(sda)
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http://www.jgk.be.ch/site/index/g_gerichte/g_gerichtskreis_viii/gerichte_erstinstanzliche_gk_08_strafabteilung/gerichte_erstinstanzliche_gk_verhandlungsplan.htm
MO bis MI, 22. bis 31.3.2010 **
8.15 Uhr / Audienzlokal 220
GP Hans-Peter Kiener
GS Ehrlich (031 634 32 66)
20-jähriger Bürger von Mazedonien
21-jähriger Bürger von Mazedonien
21-jähriger Bürger von Kosovo
wegen vorsätzlicher Tötung, evtl. vorsätzlicher
schwerer Körperverletzung und fahrlässiger Tötung, evtl.
Unterlassens der Nothilfe, versuchter schwerer Körperverletzung,
evtl. vorsätzlicher einfacher Körperverletzung an einem
Wehrlosen, begangen am 29.8.2008 in Bern, Vorplatz Reithalle, sowie
zusätzlich wegen Drohung und versuchter Nötigung,
Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz und teilweise
weiterer Delikte
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GROSSE SCHANZE
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Blick am Abend 18.3.10
"Wir werten die Schanze auf"
CITY-BEACH
David Stampfli spricht über seinen Kampf für den
Strand.
markus.ehinger@ringier.ch
Herr Stampfli, als SP-Vertreter der Länggasse haben
Sie sich für den City-Beach stark gemacht. Warum?
Viele Leute fühlen sich auf der Grossen Schanze
unsicher. Der City-Beach wertet diesen Ort auf. Beim letzten Runden
Tisch im Januar zur Problematik der Grossen Schanze sagten eigentlich
alle Ja zum City-Beach: Stadt, Quartier, SBB, Kanton und Uni.
Trotzdem gabs ein Nein.
Man hat lange nichts mehr vom City-Beach gehört und
dann machte es letzte Woche plötzlich "Peng". Ich konnte es zuerst
gar nicht richtig fassen, dass es ein Nein gegeben hat. Die Uni sperrte
sich plötzlich gegen den City-Beach.
Viele Leute wehrten sich gegen dieses Nein.
Überrascht Sie die heftige Reaktion?
Das überrascht mich überhaupt nicht. Es kann
doch nicht wahr sein, dass man eine so gute Sache ablehnt, die von
Privaten finanziert wird.
Der Kampf hat sich also gelohnt?
Auf jeden Fall. Ich wusste schnell, dass hier noch nicht
das letzte Wort gesprochen ist und man sich einsetzen muss. Dass der
City-Beach ein Bedürfnis ist, zeigt auch die Facebook-Gruppe, bei
der nun schon fast 5000 Leute dabei sind. Jetzt sagt auch die Uni Ja.
Ich freue mich auf den City-Beach, der die Grosse Schanze sehr beleben
wird.
Wie gehts danach auf der Grossen Schanze weiter?
Es wird wieder einen Runden Tisch geben. Vergittern und
Videoüberwachung halte ich für keine gute Idee. Am besten ist
es, wenn man diesen Ort belebt.
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WAGENPLÄTZE
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Junge Alternative JA! 22.3.10
JA! zu alternativen Wohnformen - NEIN zur
Burggrabenmentalität
Der Gemeinderat hat heute in einer Medienmitteilung
verkündet, dass die ehemalige Regierungsstatthalterin Regula Mader
damit beauftragt wurde, eine Lösung für mobile alternative
Wohnformen zu suchen.
Die Junge Alternative JA! begrüsst es, dass sich der
Gemeinderat anscheinend von der Abwehrhaltung, welche er seit Wochen
innehatte, verabschiedet hat und zumindest bereit ist, sich dem Thema
anzunehmen.
Unverständnis zeigt die JA! allerdings bezüglich der
Umständlichkeit, mit welcher der Gemeinderat an das Thema
herangeht. In der Medienmitteilung ist die Rede von vertraglichen
Vereinbarungen, gesetzlichen Sanktionierungsmöglichkeiten und auch
eine rechtliche Belehrung über die Illegalität von
Besetzungen ist zu finden.
Diese Haltung zeigte sich bereits beim gemeinderätlichen
Vorgehen in Zusammenhang mit der Besetzung am Centralweg durch die
Stadttauben. Die Ausbaggerung eines Grabens zeugt von einer
Hilflosigkeit, welche fast schon lächerlich ist.
In Bern muss es doch möglich sein, dass leere Wohnungen und
Plätze genutzt werden können. Die JA! fordert den
rot-grünen Gemeinderat auf, endlich mit den Zonen für
alternatives Wohnen vorwärts zu machen. Die aktuellen Ereignisse
sollten auch der Präsidialdirektion klar machen, dass das
Bedürfnis für solche Zonen keine Erfindung von links-aussen
ist, sondern real existiert.
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bernerzeitung.ch 22.3.10
Ex-Statthalterin Mader soll mit alternativen Wohngruppen
Lösung suchen
Für die Probleme der Stadt Bern mit alternativen
Wohngruppen soll nun die ehemalige Regierungsstatthalterin Regula Mader
eine Lösung finden.
Die Stadt hat ihr dafür ein Verhandlungsmandat erteilt.
Ziel der Stadt ist ein Vertrag mit allen Gruppen, damit künftig
Besetzungen verhindert werden können.
Bereits letzten Herbst trafen sich sich die Behörden an
einem runden Tisch mit alternativen Wohngruppierungen. Es wurde
entschieden, den Gruppen jeweils für drei Monate im
Rotationsprinzip ein Grundstück der Stadt, des Kantons oder der
Burgergemeine zur Verfügung zu stellen.
Der Verein "Alternative", die grösste der Gruppierungen,
hält sich nach Angaben der Stadt an diese Vorgabe. Andere
Gruppierungen tun dies nicht, so etwa die "Stadttauben", die
jüngst mit der Besetzung eines Areals am Centralweg von sich reden
machten.
Gegenwärtig befindet sich die Wagenburg der Stadttauben auf
einem Terrain in Bern-Brünnen, das sie Ende Mai verlassen
müssen.
Lösung gesucht
Mit der Mandatierung von Mader bietet die Stadt aus ihrer Sicht
Hand zu einer einvernehmlichen Lösung. Sie erwarte denn auch, dass
alle Gruppen das ihnen im Rotationsprinzip zur Verfügung gestellte
Grundstück gemeinsam nutzten, schreibt sie in einer Mitteilung vom
Montag.
Mader verfügt aus ihrer Zeit als Regierungsstatthalterin
über Erfahrungen in Verhandlungen mit alternativen Gruppierungen.
(vh/sda)
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bern.ch 22.3.10
Verhandlungsmandat an Regula Mader
Die Direktion für Finanzen, Personal und Informatik hat die
ehemalige Regierungsstatthalterin, Regula Mader, mit der Suche nach
einer Lösung für mobile alternative Wohnformen beauftragt.
Ziel ist die Verhinderung weiterer illegaler Besetzungen
öffentlicher und privater Grundstücke.
Die Direktion für Finanzen, Personal und Informatik hat
Frau Regula Mader mit der Suche nach einer Lösung für mobile
alternative Wohnformen auf Stadtgebiet beauftragt. Frau Mader
verfügt aus ihrer Zeit als Regierungsstatthalterin über
einschlägige Erfahrung in Verhandlungen mit den fraglichen
Gruppierungen. Im Fokus steht eine vertragliche Vereinbarung mit allen
heute existierenden mobilen alternativen Gruppen.
Runder Tisch zeigt Lösung vor
Im Oktober 2008 widmete sich unter der Führung des
Stadtpräsidenten ein Runder Tisch, bestehend aus Vertretenden von
Stadt Bern, Stadtbauten Bern, Energie Wasser Bern, Kanton Bern und
Burgergemeinde Bern dem Thema mobile alternative Wohngruppierungen. Es
wurde entschieden, den betreffenden Gruppen jeweils für drei
Monate im Rotationsprinzip ein Grundstück der Stadt, des Kantons
oder der Burgergemeinde zur Verfügung zu stellen.
Einbindung aller Gruppierungen
Der Verein "Alternative" als grösste Gruppierung hält
sich an den Kompromiss des Runden Tisches. Die "Stadttauben" haben
zuletzt mit der Besetzung eines städtischen Grundstückes am
Centralweg in der Lorraine Schlagzeilen gemacht. Gegenwärtig
befinden sie sich auf einem Terrain in Bern-Brünnen, das als
definitiver Standort nicht in Frage kommt und spätestens bis Ende
Mai 2010 verlassen werden muss.
Die Stadt Bern hält fest, dass Besetzungen von Immobilien,
seien es Grundstücke oder Liegenschaften, grundsätzlich
illegal sind. Mit der Mandatierung von Frau Mader bietet die Stadt
jedoch Hand zu einer einvernehmlichen Lösung. Die Stadt erwartet,
dass alle Gruppierungen das Ihnen im Rotationsprinzip zur
Verfügung gestellte Grundstück gemeinsam nutzen.
Hüttendorfzone oder gesetzliche
Sanktionierungsmöglichkeiten als Fernziel
Neben der mittelfristigen Lösung, die von der Stadt, dem
Kanton und der Burgergemeinde mitgetragen wird, hatte der Runde Tisch
auch das Fernziel formuliert, eine Hüttendorfzone oder gesetzliche
Sanktionierungsmöglichkeiten bei illegalen Besetzungen zu
schaffen. Die entsprechenden Aufträge wurden erteilt, deren
Umsetzung obliegt der Präsidialdirektion.
Direktion für Finanzen, Personal und Informatik
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KONFLIKT-MANAGEMENT
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Bund 19.3.10
Stadt schickt schnelle Konfliktmanager los
(dv)
Bern West - Um Konflikte im öffentlichen Raum zu
entschärfen, hat der Berner Gemeinderat für den Stadtteil
sechs versuchsweise ein neues Beschwerdemanagement gestartet. Eine
"Kerngruppe" von Angehörigen der Quartierkommission
Bümpliz-Bethlehem (QBB), der Kantonspolizei, der reformierten
Kirche, der Vereinigung für Beratung, Integrationshilfe und
Gemeinwesenarbeit (VBG), des Trägervereins für die offene
Jugendarbeit in der Stadt Bern (TOJ) unter der Leitung des Pinto-Teams
(Prävention, Intervention, Toleranz) soll bei Beschwerden rasch
aktiv werden und mit Betroffenen eine Lösung suchen. Bei Bedarf
sind auch repressive Massnahmen vorgesehen.
Der Versuch geht auf einen Vorstoss der QBB zurück,
ausgelöst durch Nutzungskonflikte im Fellergut und im
Bachmätteli, wie Geschäftsführerin Natalie Herren
erklärt. Rasches Handeln könne Eskalationen vermeiden.
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KINO-LEBEN
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kulturstattbern.derbund.ch 21.3.10
Roland Fischer am Sonntag den 21. März 2010 um 13:59 Uhr
Quo vadis Kinostadt Bern?
Die Nachrichten der letzten Monate waren nicht gut: Die
Kinokette Quinnie ist in argen Schwierigkeiten (adieu Splendid und
Cinemastar), und auch das Kino Kunstmuseum wird in Frage gestellt. Gut,
dass es da noch einen cinematographischen "Leuchtturm" gibt: Das
Lichtspiel hat sich in den zehn Jahren, die es den Verein nun schon
gibt, einen festen Platz in der Berner Kulturlandschaft erobert. Das
Jubiläum wird das ganze Jahr über gefeiert, im Programm sind
einige besondere Leckerbissen - hier stellvertretend herausgepickt: Der
Ur-Vampir Nosferatu von Murnau am 28. April.
Bereits heute abend gibt es eine andere runde Zahl zu feiern.
Jeden Sonntagabend zeigt das Lichtspiel Filme aus dem eigenen Archiv,
das inzwischen auf 14′000 Filme angewachsen ist. So hatte der
Kinobetrieb im Sammlungsdurcheinder überhaupt angefangen: Die
Lichtspieler visionierten die Woche über ihre Bestände, und
am Sonntag zeigte man die gehobenen Schätze. Heute findet dieses
archivarische Stelldichein genau zum 500. Mal statt - Anlass für
ein "Best of Lichtspiel-Archiv". Gezeigt werden die komischsten
Wochenschauen, die skurrilsten Werbespots und andere Absonderlichkeiten
aus der Kühlkammer.
Quo vadis heisst es übrigens auch für das Lichtspiel.
Das ganze Kehrichtverbrennungsareal, in dem auch die einmalige
Lichtspiel-Sammlung auf gut 1000 Quadratmetern einen Platz gefunden
hat, soll umgenutzt werden, sobald die neue Anlage fertig ist. Noch ist
nicht klar, ob das Lichtspiel in den bisherigen Räumen bleiben
kann. Ein Umzug wäre wohl eine logistische Knacknuss - würde
aber auch die Chance bieten, einer zentralen Kulturinstitution den ihr
gebührenden zentralen Platz in der Stadt zu verschaffen. Ob man
wohl noch enger mit dem Kino Kunstmuseum zusammenspannen muss? Wieviel
Raum ist eigentlich noch im Progr-Dachstock? Und wie wär's mit
einem richtigen Kinomuseum in Bern?
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CLUB-LEBEN THUN
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Thuner Tagblatt 20.3.10
Kolumne
Was uns Gewalt kosten kann!
Pädu Anliker
MC Anliker, Master of Ceremonies und Fahrradfahrer, betreibt
seit 1986 das Thuner Musikkultlokal Café Bar Mokka und lebt in
Thun.
Stadtbekannt sind wir ja mit unserer Bauerndisco
Café Bar Mokka schon länger, obwohl die Stadt, oder
zumindest ihre Bürger im Moment oder seit Monaten zunehmend, eher
keinen Gebrauch von unserem hochstehenden Konzertangebot macht und
damit unsere Kassen zunehmend leerer werden. Die letzten Monate waren
für die ganze Gastronomie in der Region ziemlich ruinös,
obwohl das niemand wirklich zugeben mag… Warum eigentlich nicht? Dass
die Krise überwunden sei, verkündeten die Konjunkturforscher
dieser Tage und lösten nicht nur bei mir, mit diesen
hypothetischen Aussagen, Aggressionen aus. Thun ist ziemlich am Arsch.
Im Detail: Ich habe in 24 Jahren Clubgeschichte noch keinen so fetten
Geschäftseinbruch erlebt, und vor lauter Zahlen anschauen vergesse
ich manchmal fast, dass ich ja Konzertveranstalter und nicht Buchhalter
bin. Eine Krise kommt ja meistens nicht alleine… Zunehmend hat unsere
Gesellschaft auch Probleme mit entarteten Mitbürgern, und diese
Probleme haben wir im Unterhaltungsgeschäft ja auch schon seit
längerer Zeit. Was aber in der Nacht vom Freitag, 26.Februar, auf
Samstag, 27.Februar 2010, 10 Minuten vor Feierabend bei uns in unserer
aussergewöhnlich gut besuchten Disco passiert ist, sprengt jeden
Rahmen einer Gesellschaft. Den meisten Lesern des "Thuner Tagblattes"
ist die Geschichte bekannt, und der Rest kann die Geschichte auf
www.mokka.ch unter "MC World" nachlesen. Es sind nun 20 Tage seit
dieser schlimmen Nacht vergangen, und alles ist immer noch sehr
präsent. In der Leidensgeschichte des Opfers werden diese 20 Tage
wohl nur ein verschwindend kleiner Teil bleiben. Die in
Untersuchungshaft sitzenden Schläger sitzen hoffentlich immer
noch, während ich diese Zeilen schreibe…
Das mit schwersten Hirnverletzungen liegen gelassene Opfer
liegt, nach 12 Tagen Intensivstation im Inselspital Bern, nun wieder im
Thuner Spital, das es ja nach gewissen Strategen auch nicht mehr
wirklich braucht… Die schweren Gehirnverletzungen des Opfers
führten dazu, dass der 22-jährige Mann aus Somalia nun keine
Fremdsprachen mehr verstehen kann, sprechen kann er nur sehr
beschränkt in seinem Dialekt, der genau von einem in der Region
Thun wohnhaften Somalier verstanden wird. Nach Angaben seiner
Landsleute wird er nach Basel in eine Rehaklinik überführt
werden müssen, sobald sein Zustand es erlaubt. Nach Angaben der
Ärzte wird er dort bis zu 18 Monate bleiben müssen, und es
wird sich erst in dieser langen Zeit zeigen, was er alles wieder lernen
kann und was für Schäden bleiben werden. Wir fühlen uns
sehr hilflos gegenüber solchen Fakten und werden das wenige tun,
was wir im Moment machen können: einen Spendenaufruf machen, um
die Leute, die ihn besuchen gehen, finanziell unterstützen zu
können, dies als kleiner, scheuer Beitrag zum Aufarbeiten dieser
elenden Geschichte. Was aber eine solche Geschichte für Kosten
verursacht, versuche ich hier einmal aufzuzeigen:
Ausgehend von 12 Tagen Intensivstation Inselspital Bern
à 12000 Franken pro Tag, Notfalleinsatzkosten von 10000 Franken,
Spitalkosten für 20 Tage à 1000 Franken und eventuelle
Rehabilitationskosten für 15 Monate à 1000 Franken im Tag,
kommen wir auf Gesamtkosten von 624000 Franken "nur" für die
Heilung des schwer verletzten Opfers! Spätere Invalidenrenten oder
andere Unterstützungen sind da noch nicht mitgerechnet, sind aber
zu erwarten. Es wurden aber bei dem Überfall mehrere Menschen
verletzt, es waren in der Tatnacht um die 50 Polizisten involviert,
Untersuchungsrichter und Kriminaltechniker wurden aufgeboten, alle mit
teurer Wochenendarbeit. Die umfangreichen Untersuchungen werden
wochenlang weitergehen, es werden Stapel von Aktenordnern mit Papier
gefüllt, die dann in einem Jahr oder später, an einer
mehrtägigen Gerichtsverhandlung mit dem Aufgebot von x Zeugen, von
einem Strafgericht minuziös durchgegangen werden. Die
Staatsanwaltschaft wird ihre Anklage stellen und begründen, was
gute 100 Stunden Arbeit bedeuten kann, eine Gerichtsverhandlung von 5
Tagen ist auch nicht gratis zu haben… Auf der Täterseite kommen
pro Inhaftierten mindestens 500 Franken pro Tag in der
Untersuchungshaft, dann kommen die Pflichtverteidiger der Täter,
es müssen die Frauen und Kinder der Häftlinge von den
ortszuständigen Sozialdiensten unterstützt werden. Da
Täter wie Opfer sicher mittellos sind, ist anzunehmen, dass die
gesamten immensen Kosten von der öffentlichen Hand getragen werden
müssen, und die öffentliche Hand sind wir, Sie, Ihr Nachbar,
Frau Mosimann vom Meisenweg und Celine Blattmann von der
Lerchenfeldstrasse. Wenn Sie keinen Taschenrechner zur Hand haben,
nehmen Sie den Rechner Ihres Mobiltelefones… dann macht dieses Teil
wenigstens einmal Sinn!
Noch eine kleine Hilfe zu ihrer heutigen
Staatskundelektion: Polizei-Einsatzstunden kosten nachts sicher 180
Franken, der Einsatz dauert pro Polizist 6 Stunden, ein Staatsanwalt
kostet etwa 500 Franken die Stunde, ein Pflichtverteidiger kostet um
350 Franken die Stunde, Sozialleistungen für Familien gehen
schnell in die Tausende von Franken im Monat, eine Gerichtsverhandlung
kostet pro Tag, je nach Aufwand, sicher 10000 Franken. Falls Sie auf
Gesamtkosten von 900000 Franken und mehr für diese einzige
Gewalttat mit einer Dauer von 4 Minuten und Auswirkungen von Wochen bis
Monate und Jahre kommen, werfen Sie Ihren Taschenrechner bitte nicht
weg, es ist nur die Realität unserer heutigen Welt, in der alle
die Verantwortung an irgendjemanden abgeben. Wählen Sie nicht SVP,
die kann das Blatt auch nicht zum Guten wenden, werden Sie nicht
Rassist, denn Sie wie ich wissen, dass so vieles, was unsere
Lebensqualität ausmacht, aus dem Ausland kommt und dass der
Kaffee, den Sie jetzt beim Lesen dieser Zeilen getrunken haben, sehr
wohl aus dem Hochland von Somalia oder Eritrea kommen kann. Die Welt
ist ein Dorf geworden, auf dessen Bühne zunehmend schlechteres
Theater gespielt wird, das Dorfblatt wird immer dürftiger, und mit
dem zunehmenden Zuckerkonsum unserer Dorfjugend, der niemand mehr
irgendeine Schranke zu setzen wagt, ist anzunehmen, dass die
nächste Gewalttat schon letzte Nacht passiert ist oder in der
kommenden Nacht passieren wird, eventuell wird der Fall nicht ganz so
teuer werden, wenn wir Dorfbewohner Glück haben.
Der Schaden, der uns als Betreiber des betroffenen Clubs
entstanden ist, wird schwer zu schätzen sein… Eins ist aber
klarzustellen: Ein Konzert- oder Discobesuch im Café Bar Mokka
ist immer noch ungefährlich und trotzdem spannend… Und: Wir
fordern die Staatsanwaltschaft und das Untersuchungsrichteramt Thun
auf, die Täter mit allen ihnen zur Verfügung stehenden
Mitteln ihrer verdienten Strafe zuzuführen, denn ihre
Brutalität darf nicht verharmlost werden. Falls Sie für die
Unterstützung des Opfers spenden wollen, schicken Sie uns eine
E-Mail. Ich hoffe nun, Ihnen die Wochenendstimmung nicht zu sehr
vermiest zu haben… Aber gerade an Wochenenden passieren auch hier in
Thun Schrecklichkeiten, die uns leider alle betreffen und die uns alle
sehr viel Geld kosten und die wir nicht "wegaperölen" können
und dürfen.
E-Mail: sucks@mokka.ch
redaktion-tt@bom.ch
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BIG BROTHER THUN
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Bund 20.3.10
Bald gehören Kameras zum Thu ner Nachtleben
Der Gemeinderat will fünf kritische Punkte in der
Stadt überwachen lassen.
Matthias Raaflaub
Seit Langem klagen Anwohner der Thuner Altstadt über
das rücksichtslose Verhalten einiger Nachtschwärmer.
Lärm in den Gassen, Vandalismus und unappetitliche Abfälle
vor den Haustüren hätten ein unerträgliches Mass
angenommen, klagten über 300 Betroffene im vergangenen Dezember
mit einer Petition. Die Botschaft ist angekommen. Gestern hat der
Thuner Gemeinderat und Sicherheitsdirektor Peter Siegenthaler (sp) vor
den Medien ein Massnahmenpaket der Stadtregierung vorgestellt. Dabei
setzt der Gemeinderat vor allem auf Repression. Neben mehr
Polizeipatrouillen sollen auch Videokameras zum Einsatz kommen.
Fünf Orte in der Stadt werden überwacht: die
obere und untere Hauptgasse, die Kyburgecke, der Kinderspielplatz
hinter dem Mühleplatz sowie der Vorplatz des Schorenfriedhofs.
Dort werden an Wochenenden gemäss der Kantonspolizei die Nachtruhe
gestört und Vandalenakte begangen. Beim Kinderspielplatz und dem
Schorenfriedhof treffen sich Jugendliche zu Trinkgelagen. Zur
Überwachung der fünf Standorte muss der Kanton noch
grünes Licht geben. Die Voraussetzungen dafür seien aber
erfüllt, sagte Erwin Rohrbach, Abteilungsleiter Sicherheit der
Stadt Thun. Die Videoüberwachung diene vorab der Prävention.
Die laufende Kontrolle der Aufnahmen, die sogenannte
Echtzeitüberwachung, ist für die Stadt keine Option. Die
Gerichtspolizei wird die Bänder nur nach einem Vorkommnis
prüfen, sagte der Thuner Polizeichef Hermann Jutzi gestern.
Überraschend einig begrüssen die grössten
Parteien diese Massnahme. Die FDP steht voll und ganz hinter der
Videoüberwachung, wie Fraktionschef Peter Dütschler auf
Anfrage sagte. "Ich vertraue den Institutionen, dass die gesammelten
Bilder vertraulich bearbeitet werden". SVP-Parteipräsident Ueli
Jost ist "zufrieden, dass unsere Forderung nach Videokameras endlich
umgesetzt wird". Die SP Thun hat die Videoüberwachung in einem
Positionspapier des Parteivorstands abgelehnt. Trotzdem reagiert sie
auf das Massnahmenpaket des Gemeinderats versöhnlich.
Parteipräsident Franz Schori schliesst nicht aus, dass die
begrenzte Überwachung in der Basis eine Mehrheit finden
könnte. Gemeinderat Siegenthaler stehe als Befürworter
jedenfalls nicht alleine.
Mehr Patrouillen
Der Gemeinderat baut auch die Patrouillen in der Altstadt
aus. Die Kantonspolizei wird dort häufiger anzutreffen sein und
will Verstösse konsequent ahnden. Beamte des privaten
Ordnungsdiensts sollen während des ganzen Jahrs patrouillieren und
Nachtfahrverbote durchsetzen. An den zusätzlichen Kosten, 130 000
Franken, werden sich die Wirte beteiligen. Schliesslich müssen die
von der Polizei angezeigten Ruhestörer künftig
persönlich beim Gewerbeinspektor Reto Keller erscheinen, um ihre
Vergehen - wortwörtlich - nüchtern zu besprechen. Tage nach
ihren Vergehen seien die Jugendlichen nämlich oft kaum
wiederzuerkennen, sagte Keller.
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Thuner Tagblatt 20.3.10
Gemeinderat präsentiert Massnahmen
Kameras und mehr Polizeipräsenz in Thun
Der Thuner Gemeinderat will verstärkt gegen Lärm
und Vandalen vorgehen: mit Videoüberwachung und mehr
Polizeipräsenz.
Die Stadt Thun setzt Zeichen gegen Auswüchse des
Nachtlebens in der Innenstadt: Sicherheitsvorsteher Peter Siegenthaler
(SP) präsentierte gestern vor den Medien verschiedene Massnahmen.
So will die Stadtregierung in Zukunft auf Videoüberwachung setzen
- und zwar an fünf Standorten. Noch fehlt dafür die
Bewilligung des Kantons. Aber bereits im Sommer könnten die
Kameras installiert werden. Zudem soll an den Wochenenden die sichtbare
Polizeipräsenz in der Innenstadt erhöht werden, und der
Ordnungsdienst wird ausgebaut. Erste Reaktionen auf die Massnahmen sind
positiv.
mik
Seite 25+27
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Massnahmenpaket des Gemeinderats für mehr Sicherheit in Thun
Videokameras an fünf Standorten
Der Thuner Gemeinderat will Videoüberwachung vorerst
an fünf Standorten: Vier in der Innenstadt sowie beim
Schorenfriedhof. Die Massnahme kostet über 100000 Franken - und
muss vom Kanton noch bewilligt werden.
Geht es nach dem Willen des Gemeinderats, werden in Thun
bald Videokameras aufgestellt - und zwar an folgenden fünf
Standorten: Obere Hauptgasse (Bereich "Borsalino"/"Saint Trop"), Untere
Hauptgasse (Bereich Kraftstoffbar), Coop Kyburg (Bereich Ecke
Aare-Kuhbrücke), Kinderspielplatz beim Stauffergässchen sowie
Vorplatz der Aufbahrungshalle beim Schorenfriedhof (siehe Grafik).
"Für die fünf Standorte rechnen wir mit Kosten von 100000 bis
125000 Franken", sagte Gemeinderat Peter Siegenthaler (SP) gestern an
der Medienkonferenz zu den Sicherheitsmassnahmen der Stadt Thun (vgl.
Seite 25).
"Rechtlich okay"
Laut Gesetz sind Videokameras im Kanton Bern nur an
Brennpunkten möglich, wo es in der Vergangenheit bereits zu
Übertretungen kam. "Das ist an diesen Standorten etwa mit den
Nachtruhestörungen in rauen Mengen der Fall. Die rechtlichen
Voraussetzungen sind erfüllt", betonte Erwin Rohrbach, Leiter der
Abteilung Sicherheit der Stadt Thun. Nicht vorgesehen sei eine
Echtzeitüberwachung der Videobilder - das wäre laut Rohrbach
zu personalintensiv. Allenfalls wäre ein Monitor in der
Einsatzzentrale der Polizei zu einem späteren Zeitpunkt eine
Option. Auswerten dürfe die Aufzeichnungen der Videokameras
sowieso nur die Polizei. "Es muss sich ein konkreter Vorfall ereignet
haben, der rechtfertigt, dass wir die Aufnahmen anschauen", führte
Hermann Jutzi, Chef Polizei Thun, aus. Laut Erwin Rohrbach könnten
die Aufzeichnungen in solchen Fällen Ermittlungsansätze bei
Straftaten sein. Zudem erhoffen sich die Behörden durch die
Kameras auch eine präventive Wirkung.
Bereits ab Sommer?
"Der Kanton muss die Standorte noch genehmigen", sagte
Gewerbeinspektor Reto Keller. Zudem werden die Standorte im
Amtsanzeiger publiziert - und Betroffene können Beschwerde
führen. Der Gemeinderat geht laut Peter Siegenthaler davon aus,
dass der Kanton die Kamerastandorte bewilligt: "Wir haben entsprechende
Vorabklärungen gemacht." Auch Erwin Rohrbach rechnet damit, dass
das Bewilligungsverfahren rasch abgewickelt werden kann. "Wenn es keine
Beschwerden gibt, könnten wir mit der Videoüberwachung wohl
etwa im Juli starten." Die technische Inbetriebnahme nehme nicht viel
Zeit in Anspruch.
Weitere Kameras?
Macht sich der Gemeinderat Überlegungen für
weitere mögliche Kamera-Standorte? "Ja", antwortete
Sicherheitsvorsteher Siegenthaler. Er nennt als Beispiele die
Mühlepassage zwischen Oberer Hauptgasse und Mühleplatz oder
die Schlosstreppe neben dem Restaurant Metzgern. "Aber jetzt wollen wir
zuerst den Versuch mit fünf Standorten machen und sauber
auswerten", betonte der SP-Gemeinderat.
Michael Gurtner
--
Lob von IGT, Altstadt und SVP
Mit den Sicherheitsmassnahmen reagiert die Stadt auch auf
eine Petition und ein Postulat. Die ersten Reaktionen sind positiv.
"Die Stossrichtung stimmt, der Gemeinderat nimmt unsere
Anliegen ernst", sagt Patrick Aeschbacher, Präsident der
Innenstadtgenossenschaft Thun (IGT). Diese hat mit dem Altstadt-Stamm
Ende 2009 die Petition für eine wohnlichere Altstadt mit 333
Unterschriften von Direktbetroffenen eingereicht (wir berichteten).
Gestern präsentierte der Gemeinderat seine Antwort. Die vermehrte
Polizepräsenz ist für Aeschbacher ein wichtiger Punkt.
Anderes sei aber eher schwammig formuliert. "Wir bleiben am Ball und
schauen, wie sich die Massnahmen auswirken", verspricht der
IGT-Präsident. Er stellt die Frage, ob nicht auch im
Ortspolizeireglement gewisse Verschärfungen möglich
wären. Regula Saameli vom Altstadt-Stamm betont: "Es ist toll,
dass jetzt etwas geht, dass sich die Stadt einsetzt und auf die
Anwohner hört." Sie hoffe, dass die Massnahmen auch durchgesetzt
werden könnten. Der Wille sei sicher da, aber die Stadt veweise in
der Petitionsantwort auch auf Schwierigkeiten und mache zum Teil
Abschwächungen.
"Teilweise befriedigt"
Ebenfalls Ende 2009 reichten im Stadtrat Franziska Gyger
und Christine Buchs (beide FDP) ein Postulat zur Ausgehzone Innenstadt
ein. Darin forderten sie etwa folgendes zu prüfen:
Zusätzliche WC-Anlagen, mehr Ausgehmöglichkeiten auch
für 16- bis 18-Jährige oder die Suche nach möglichen
weiteren Standorten für Kulturräume am Rand der Innenstadt.
Von der Antwort des Gemeinderats sind die Postulantinnen "teilweise
befriedigt", wie Christine Buchs erklärt. Die Antwort sei
"halbherzig". Den Nutzen von mehr öffentlichen WCs stellt die
Stadt in Frage. Gut findet Buchs, dass WC-Wegweiser an neuralgischen
Punkten geprüft werden. Den Punkt, dass die Stadt Einfluss nehmen
soll, damit auch 16- bis 18-Jährige in Lokalen Einlass erhalten,
lehnt der Gemeinderat ab. Buchs findet, hier sei das Postulat falsch
verstanden worden. Sie möchte, dass Lokale speziell für diese
Altersgruppe gefördert werden. "Es geht um zusätzliche
Möglichkeiten für Jüngere, irgendwo drinnen sein zu
können statt auf der Strasse", führt Christine Buchs aus.
"Wir helfen, Räume zu vermitteln, treten aber nicht selber als
Organisatoren auf", betonte Gemeinderat Peter Siegenthaler.
Genugtuung bei der SVP
Die Thuner SVP reagierte gestern mit einer
Pressemitteilung auf das Massnahmenpaket des Gemeinderats: Man nehme
mit Genugtuung von der neuen Sicherheitspolitik des Gemeinderats
Kenntnis: "Vermehrte sichtbare Polizeipräsenz und
Videoüberwachung sind seit langem Forderungen der SVP."
Mik
--
Richtung stimmt
Michael Gurtner
Wer in der Innenstadt wohnt, muss mehr aushalten
können, als Bewohner von ländlichen Gebieten. Doch alles hat
seine Grenzen. Und die wurden in Thun zuletzt mit Lärmexzessen,
Vandalenakten und Verbrechen sehr oft überschritten. Darunter litt
nicht zuletzt das Sicherheitsgefühl der Thunerinnen und Thuner.
Die Stadt reagiert (endlich) mit griffigen Massnahmen. Dafür
gebührt dem sozialdemokratischen Sicherheitsvorsteher Peter
Siegenthaler und seinen Mitstreitern ein dickes Lob: Die Richtung,
welche die Stadt einschlägt, stimmt. So ist zwar Prävention
wichtig - aber es ist ein Fakt, dass vor allem mehr Polizeipräsenz
wirkt.
Für Diskussionen dürfte die geplante
Videoüberwachung sorgen. Da tauchen Sorgen im Sinne von George
Orwells Überwachungsstaat - "Big Brother is watching you" - auf.
Nur: Wir leben in einer Zeit, wo ein Grossteil der Menschen den
"Grossen Bruder" freiwillig in sein Leben lässt - sei es mit
Cumulus-Karten oder Websites wie Facebook, wo der halben Welt die
privaten Ferienfotos unter die Nase gehalten werden. Klar muss die
Videoüberwachung zurückhaltend eingesetzt werden: Nur an
wirklichen "Hotspots" und mit klaren gesetzlichen Leitplanken. Dann
aber können die Kameras helfen, Verbrechen aufzuklären - oder
gar zu verhindern. Und wer nichts auf dem Kerbholz hat, hat durch die
Videoüberwachung auch nichts zu befürchten.m.gurtner@bom.ch
---
BZ 22.3.10
Stadt setzt auf Kameras
Der Thuner Gemeinderat will verstärkt gegen Lärm
und Vandalen vorgehen: Mit Videoüberwachung und mehr
Polizeipräsenz.
Im Mai 2009 hat der Berner Stadtrat den Einsatz von
Videokameras im öffentlichen Raum abgelehnt. Das Thema wird in
Bern aber nach wie vor heiss diskutiert. Die Stadt Thun setzt nun
definitiv auf Kameras, um gegen Vandalismus und Lärm anzugehen.
Der Gemeinderat will an fünf Standorten in der Stadt Kameras
installieren. Noch fehlt dafür die Bewilligung des Kantons. Aber
bereits im Sommer könnten die Kameras installiert sein. Thun
kündigte zudem weitere Massnahmen gegen Lärm und Vandalen an.
An Wochenenden soll die Polizeipräsenz erhöht werden. Zudem
wird der Ordnungsdienst ausgebaut.
mik/wrs
Seite 38
--
Kameras und mehr Polizeipräsenz
Videoüberwachung und mehr Polizisten: Thun will mehr Ruhe
und Ordnung. Die erhöhte Präsenz soll mit Umorganisation
erreicht werden. Der Gemeinderat kündet aber auch an, mehr
Steuergeld für die Polizei bereitstellen zu wollen.
Das Spannungsfeld ist riesig. Doch die Stadt Thun will
nicht von ihrer Strategie abrücken. "In der Innenstadt muss
Wohnen, Geschäften und Vergnügen gleichzeitig möglich
sein", sagt Gemeinderat Peter Siegenthaler (SP). Ohne Toleranz, Respekt
und Selbstverantwortung funktioniere es aber nicht. Dessen ist sich
Thuns Sicherheitsvorsteher bewusst. "Die Nachtschwärmer sind in
der Thuner Innenstadt. Sie haben sich aber anständig zu benehmen."
Weil der Anstand in den letzten Jahren immer mehr zu wünschen
übrig liess, sah sich die Stadt nun gezwungen, zu handeln.
Verschiedene Ansätze
Nach Gesprächen mit allen Beteiligten hat die Stadt
einen Strauss an Massnahmen beschlossen, den Siegenthaler gestern mit
dem Thuner Gewerbeinspektor Reto Keller, Polizeichef Hermann Jutzi und
Sicherheitschef Erwin Rohrbach vorgestellt hat:Videoüberwachung.
Der Thuner Gemeinderat plant eine Videoüberwachung an fünf
neuralgischen Punkten. Sie könnte bereits im Sommer
eingeführt werden (siehe Kasten)Sichtbare Polizeipräsenz. An
den Wochenenden soll ab Mitternacht bis 5 Uhr die sichtbare
Polizeipräsenz in der Innenstadt erhöht werden. "Wir werden
konsequenter und repressiver vorgehen", kündigte Jutzi an. Die
erhöhte Präsenz wird nicht mit mehr Personal, sondern mit
einer Umorganisation erreicht. Gemeinderat Siegenthaler stellte aber in
Aussicht, in Zukunft mehr Steuergelder für die Polizeiarbeit
bereitstellen zu wollen. Kein Lösungsansatz ist ein Polizeiposten
in der Altstadt, wie er von mehreren Seiten gefordert wurde. "Ein
Posten allein bringt nicht mehr Ruhe", sagte Jutzi. Es brauche auch das
Personal, um ihn zu besetzen.Ordnungsdienst. Der Ordnungsdienst in der
Innenstadt wird laut Gewerbeinspektor Reto Keller ab 1.April ausgebaut.
Neu patrouillieren die Sicherheitsleute das ganze Jahr - jeweils von
Donnerstag bis Sonntagmorgen. Bisher waren sie nur zwischen Mai und
Oktober im Einsatz. Zusätzlich wird nun auch das Nachtfahrverbot
überprüft. Die Absperrgitter werden jeweils zwischen 0.30 und
4.30 Uhr bewacht. Die Kosten für diesen Überwachungsauftrag
betragen 73000 Franken. Sie werden der Spezialfinanzierung
Parkinggebühren belastet. Die Wirte müssen sich je nach
Betriebsgrösse mit Beträgen zwischen 100 und 160 Franken pro
Monat an den Kosten des erweiterten Ordnungsdienstes beteiligen. Er
beläuft sich auf 131000 Franken jährlich. Die Stadt Thun wird
90000 Franken beitragen.Parkplatzkontrollen. Die nächtlichen
Kontrollen der parkierten Fahrzeuge werden weitergeführt, weil
nach wie vor mehrere hundert Parkbussen pro Monat ausgestellt werden.
Im Herbst wird analysiert
Störenfriede werden in Thun künftig nicht nur
verzeigt, sondern haben sich auch vor dem Gewerbeinspektor zu
erklären. Sie werden zu Gesprächen vorgeladen, die
während der Arbeits- oder Unterrichtszeit stattfinden. "Wir haben
die Erfahrung gemacht, dass sich die meisten renitenten Zeitgenossen
unter der Woche ganz vernünftig zeigen", sagte Reto Keller.
Geplant ist auch, dass auf dem Mühleplatz bis ans Aareufer
bewirtet wird, damit der Raum nicht mehr derart verschmutzt wird wie
bisher. Auch sollen die Reinigungszeiten der Innenstadt optimiert
werden. Und nicht zuletzt will man mit einer neuen Plakataktion
Nachtschwärmer sensibilisieren.Ob die Massnahmen den
gewünschten Erfolg bringen, wird im Spätherbst
überprüft. Dann soll es eine Analyse geben, auf Grund welcher
das weitere Vorgehen beschlossen wird. Angesprochen auf die Gefahr,
dass sich die Störenfriede nun an andere Orte verziehen
könnten, sagte Siegenthaler: "Wir werden uns bemühen, dass es
keine Verlagerung der Probleme gibt."
Roger Probst
--
Standorte der Kameras
In der Innenstadt und beim Friedhof
Thun will die Videoüberwachung vorerst an fünf
Standorten, vier davon liegen in der Innenstadt - an der Oberen
Hauptgasse (Bereich "Borsalino"/"Saint Trop"), der Unteren Hauptgasse
(Bereich Kraftstoffbar), beim Coop Kyburg (Bereich Ecke
Aare/Kuhbrücke) und beim Kinderspielplatz beim
Stauffergässchen. Fünfter Standort ist der Vorplatz der
Aufbahrungshalle beim Schorenfriedhof. "Für die fünf
Standorte rechnen wir mit Kosten von 100000 bis 125000 Franken", sagt
der Thuner Gemeinderat Peter Siegenthaler (SP).
Laut Gesetz sind Videokameras im Kanton Bern nur an
Brennpunkten möglich, wo es schon zu Übertretungen kam. "Das
ist an diesen Plätzen mit Nachtruhestörungen der Fall. Die
rechtlichen Voraussetzungen sind erfüllt", sagt Erwin Rohrbach,
Leiter der Abteilung Sicherheit der Stadt Thun. Nicht vorgesehen sei
eine Echtzeitüberwachung - das wäre laut Rohrbach zu
personalintensiv. Auswerten dürfe die Aufzeichnungen nur die
Polizei. "Es braucht Vorfälle, die rechtfertigen, dass wir die
Bilder anschauen", so Hermann Jutzi, Chef Polizei Thun.
Der Kanton muss die Standorte noch genehmigen. Zudem
werden sie im Anzeiger publiziert - und Betroffene können
Beschwerde führen. Im Sommer könnten die Kameras
frühestens den Betrieb aufnehmen. Der Gemeinderat prüft zudem
weitere Standorte, wie die Mühlepassage oder die Schlosstreppe.
Mik
---
Langenthaler Tagblatt 20.3.10
Videoüberwachung und mehr Polizei
Thun Kontrollen und Repression sollen Oberländer
Jugendliche an Wochenenden wieder zur Räson bringen
Auch in Thun beschäftigt die Sicherheit. Aber noch
mehr der nächtliche Lärm. Als Reaktion auf den Unmut von
Altstadt-Bewohnern setzt die Stadt nun auf Videoüberwachung und
mehr Polizei.
Samuel Thomi
Mit dem Stadtleben ist das so eine Sache. Läuft zu
wenig, ist schnell einmal die Rede von einer "Geisterstadt". Wird aber
dauernd Party gefeiert und hält sich entsprechend viel Volk in den
Gassen auf, laufen dagegen nicht selten Anwohner Sturm.
Ein gutes bernisches Anschauungsbeispiel in Sachen
Lärm-streit ist die Thuner Innenstadt. Auf engem Raum leben dort
Hunderte Personen zwar zentral, in schmucken Altstadtwohnungen und nahe
der Aare. Doch der Quai, und besonders der beliebte und belebte
Mühliplatz am lauschigen Flussufer, bietet zur wärmeren
Jahreszeit fast jedes Wochenende Anlass zu Ärger. "Praktisch
laufend kommt es da zu Übertretungen und Vergehen", kommentierte
Hermann Jutzi gestern vor den Medien.
Benimmregeln durchsetzen
Mit einem Massnahmenpaket, das ab 1. April greifen soll,
will der Gemeinderat nun Gegensteuer geben; zugleich Vorstösse aus
dem Stadtrat umsetzen und einer Anfang Winter eingereichten Petition
von Anwohnern Rechnung tragen (wir berichteten). Jutzi, Chef Region
Thun der Kantonspolizei, erklärte auf Nachfrage, seine Mitarbeiter
würden den neuen Auftrag des Gemeinderates - zwischen Mitternacht
und 5 Uhr früh stets mit mindestens einer Patrouille in der
Innenstadt präsent zu sein - im Rahmen des Leistungsvertrages
umzusetzen versuchen. Im Gegensatz zur Polizei in der Stadt Bern sehe
er kein Problem darin, dass sich seine Mannen und Frauen nun öfter
um Benimmregeln und Littering kümmern sollten, statt auf
"Verbrecherjagd" zu gehen.
"Querulanten" vorladen
"Uniformierte und bewaffnete Beamte haben eine
grössere Glaubwürdigkeit als privates Sicherheitspersonal",
sagte dazu Thuns Gewerbeinspektor Reto Keller. Dennoch wird der
bisherige Ordnungsdienst in den Sommermonaten von Donnerstag- bis
Samstagnacht aufs ganze Jahr und die ganze Woche mit zwei Zweierteams
patrouillieren. Daran beteiligen sich auch die Wirte. Die Leistungen
der Polizei dagegen sollen die Stadt nicht mehr kosten; es würden
nur neue Schwerpunkte in der Polizeiarbeit gesetzt. Als Versuch will
Keller zudem "Querulanten" am darauf folgenden Tag zu sich ins
Büro bitten. "Da werde ich sie zur Rede stellen und sie auf
grundlegende Anstandsregeln hinweisen."
Spielplatz und Friedhof filmen
Als weitere Direktmassnahme beantragt die Stadtregierung
laut Sicherheitsvorsteher Peter Siegenthaler Videokameras an fünf
neuralgischen Standorten. Er rechnet für deren Installation mit
Kosten von bis zu 135000 Franken. Echtzeit-Überwachung solls nicht
geben. Als Standorte vorgesehen sind beispielsweise ein
Kinderspielplatz nahe des Mühliplatzes - der nächtens als
Toilette missbraucht werde - oder das Entrée einer
Aufbahrungshalle auf dem etwas abseits gelegenen Schoren-Friedhof: "Da
kommt es leider immer wieder zu Alkohol-Exzessen."
Siegenthaler, der sich von der Thuner SP nächste
Woche zum Stapi-Kandidaten für die Wahlen vom November aufstellen
lässt, ist wichtig, dass trotzdem nicht nur auf Repression gesetzt
wird: "Wir müssen auch Lokalbetreiber, Supermärkte und den
Statthalter als Bewilligungsbehörde in die Verantwortung nehmen."
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ANTIRASSIMUS
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bern.ch 22.3.10
In der Stadt Bern hat Rassismus keinen Platz
"Zum Bedienen bin ich ok, aber nicht als Schwiegersohn". Mit
solchen Zitaten von Migrantinnen und Migranten in der Schweiz macht die
Stadt Bern auf rassistische Diskriminierung aufmerksam. Gemeinsam mit
der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus EKR und dem gggfon
(Gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus) führt die Stadt Bern heute
einen Aktionstag zum Internationalen Tag gegen Rassismus durch.
Die Stadt Bern hat sich zum Ziel gesetzt, den Internationalen
Tag gegen Rassismus als wichtigen Termin im Kampf gegen
Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung zu etablieren. Deshalb führt
sie dieses Jahr erstmals einen Aktionstag durch: Den ganzen Tag ist
heute Samstag der Stopp-Rassismus-Kiosk auf dem unteren Waisenhausplatz
stationiert. Hier können Interessierte mit Fachleuten ins
Gespräch kommen und sie erhalten Informationen und Unterlagen.
Gleichzeitig sind mobile Equipen in der Innenstadt unterwegs. Mit
filmischen Szenen machen sie Passantinnen und Passanten auf
rassistische Diskriminierung aufmerksam.
Direkt und öffentlich über Rassismus reden
Am Point de Presse warnte Gemeinderätin Edith Olibet davor,
das Problem Rassismus zu tabuisieren: "Auch deshalb lancieren wir die
heutige Aktion - um direkt und öffentlich darüber zu
sprechen, was nicht sein darf, aber doch zu häufig passiert." Es
gehe dabei nicht nur um die Hautfarbe, sondern auch um die Ausgrenzung
aufgrund der Sprache, der Religion, des Namens oder des Aussehens. Und
Ausgrenzung sei schädlich, behindere und verhindere die
Integration.
Edith Olibet erinnerte daran, dass die Stadt Bern im letzten
Jahr der Europäischen Städte-Koalition gegen Rassismus
beigetreten ist und in diesem Rahmen einen Aktionsplan gegen Rassismus
umsetzt. Bern versteht das Engagement gegen Rassismus als eine
langfristige Aufgabe. So soll in Zukunft der Internationale Tag gegen
Rassismus genutzt werden, um die Menschen in Bern für das Thema
rassistische Diskriminierung zu sensibilisieren.
Direktion für Bildung, Soziales und Sport
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SANS-PAPIERS
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Work 19.3.10
Die Studentin T. lebt ohne Papiere in Lausanne. Ihre Maxime:
"Nur ja nicht auffallen!"
Sans-papiers dürfen jetzt in der Stadtverwaltung von
Lausanne eine Berufslehre machen. An die Uni dürfen sie nicht.
Studentin T.* geht trotzdem hin.
Helen Brügger
Die Erleichterung in Lausanne ist gross: Am 3. März
hat der Nationalrat beschlossen, dass Schulabgängerinnen und
Schulabgänger ohne gültige Papiere Zugang zu einer
Berufslehre haben sollen. Das eidgenössische Parlament stärkt
damit der Lausanner Stadtregierung den Rücken. Diese hat
nämlich Mitte Februar beschlossen, jugendlichen Sans-papiers eine
Lehre in der Gemeindeverwaltung zu ermöglichen. Byron Allauca vom
Waadtländer Unterstützungskomitee für die Sans-papiers
freut sich: "Das ist ein erster Schritt."
Rechtlose Existenz
Allauca war selber ein Papierloser. Und erinnert sich noch
genau an diese Zeit. Das Schlimmste sei die Angst beim Verlassen der
Wohnung: "Werde ich nach der Arbeit meine Familie wiedersehen?"
Jahrelang sass ihm diese Angst im Nacken. Jetzt sind er und seine
Familie legal in der Schweiz. Der gebürtige Ecuadorianer muss
nicht mehr schwarz als Kellner arbeiten. Er ist jetzt in
verantwortungsvoller Position für die Sicherheit der neuen
Lausanner Métro zuständig. Seine beiden Söhne machen
eine Ausbildung. Einer wird Handelsangestellter, der andere
Rechtsanwalt.
Auch T.* kennt diese Angst. Denn auch sie hat keine
Papiere. Trotzdem studiert sie an der Universität Lausanne. "Die
Uni drückte beide Augen zu, als ich mich ohne gültige Papiere
anmeldete", erzählt sie. Die Studentin ist sich bewusst, dass es
ohne die diskrete Intervention der Lehrerinnen und Lehrer nie so weit
gekommen wäre. Ihr Berufswunsch? "Journalistin", sagt sie. Und
zögert. Denn als Sans-papier wird sie trotz Uniabschluss keine
Zukunft als Journalistin haben. Ihr droht das Schicksal aller
Sans-papiers: kein Name an der Wohnungstüre, keine legale
Existenz, rechtlos. Aber gefragt als Putzfrau, Babysitterin,
Serviceangestellte, billige Arbeitskraft. "Man hat in meiner Situation
nicht einmal den Mut, von einer Zukunft zu träumen", sagt T.
Vorbildliches Lausanne
Kinder von Sans-papiers sind nach der obligatorischen
Schulzeit doppelt diskriminiert: Als Sans-papiers haben sie nicht die
gleichen Rechte wie ihre Altersgenossen. Und jene, die nicht an die
Universität gehen konnten, sind gegenüber intellektuell
Begabten benachteiligt.
Die Stadt Lausanne ist fest entschlossen, diese doppelte
Diskriminierung zu beseitigen. Sie will darum papierlosen
Schulabgängern die Möglichkeit geben, eine Lehre in der
Gemeindeverwaltung zu machen. Rechtlich geht das eigentlich nicht. Denn
ein Lehrvertrag setzt einen Arbeitsvertrag voraus. Und der wiederum ist
von gültigen Papieren abhängig. Lausanne hat mit dem
Beschluss, das Gesetz zu brechen, eine riesige Polemik ausgelöst.
Die Kantonsregierung droht mit Sanktionen. Die SVP mobilisiert ihre
Truppen. Doch die mutige Stadtregierung hat auch Unterstützung
erhalten. Die Stadt Genf will im nächsten Herbst ebenfalls
Sans-papiers als Lehrlinge anstellen (siehe Box).
T. freut sich für ihre ehemaligen Schulkameraden.
"Was gibt es Besseres für uns Papierlose als das Recht auf eine
Ausbildung?" Ihr selbst war immer klar, dass sie studieren wollte. Wie
ihr Vater. Nach dem frühen Tod des Vaters kam die Mutter mit den
beiden Kindern in die Schweiz. Ohne Papiere. Die gelernte Buchhalterin
kommt als "illegale" Putzfrau für die Familie auf und schafft es,
den Kindern ein Studium zu ermöglichen. "Meine Mutter liebt
Aufrichtigkeit und Korrektheit über alles, deshalb liebt sie auch
die Schweiz", sagt die Tochter voller Hochachtung.
Nur Teil der Lösung
T. lebt seit neun Jahren in Lausanne. Sie fühlt sich
als Schweizerin. Auch wenn es für sie nicht möglich war,
einen Sprachaufenthalt in der deutschen Schweiz zu absolvieren. Auch
wenn ein Studiensemester an einer europäischen Universität
ausgeschlossen ist. Auch wenn Ferienreisen mit Freundinnen nicht
drinliegen und sie von einem Fahrausweis nur träumen kann. "Das
alles sind Dinge, auf die ich verzichten muss."
Im Alltag fühlt sich T. nicht bedroht, weil sie
perfekt französisch spricht und ihre Hautfarbe nicht verrät,
woher sie kommt. Trotzdem droht stets die Gefahr einer polizeilichen
Kontrolle. "Nicht auffallen!" heisst ihre Maxime, und: "Korrektes
Verhalten in allen Situationen". Nicht einmal ihrer besten
Studienkollegin gesteht sie, dass sie keine Papiere hat: "Das ist zu
persönlich."
Der Sicherheitsbeauftragte Byron Allauca nennt es "ein
himmelschreiendes Unrecht, dass Kinder von Sans-papiers für die
Situation ihrer Eltern den Kopf hinhalten müssen". Der Zugang zur
Berufslehre sei für Kinder von Sans-papiers gut, aber noch keine
Lösung. Allauca findet es absurd, den Kindern eine Ausbildung zu
ermöglichen, sie jedoch nachher auf die Strasse zu stellen. Der
Staat investiere und verzichte dann auf ihre Arbeitskraft. "Wie lange
geht es wohl noch, bis die Schweiz über ihren Schatten springt und
Sans-papiers regularisiert, die seit Jahren hier leben und arbeiten?"
* Name der Redaktion bekannt.
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Sans-Papiers
Genf zieht nach
Auch in Genf sollen junge Sans-papiers künftig eine
Lehre absolvieren können. Dies sagte Sandrine Salerno (SP) von der
Genfer Stadtregierung in einem Interview mit der Genfer Tageszeitung
"Le Courrier". Wie Lausanne sei auch Genf vom Kanton abhängig, der
die Lehrverträge unterzeichnet und die Diplome verteilt, sagte
sie. Die Stadt brauche daher die Unterstützung des Kantons, der
seinerseits vom Bund abhängig sei.
Salerno kann sich vorstellen, dass den jungen Papierlosen
eine provisorische Arbeitsbewilligung erteilt wird.
Die Stadt Genf bildet zurzeit gut 60 Lehrlinge aus. Sie
will die Anzahl Ausbildungsplätze nun auf 80 aufstocken.
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AUSSCHAFFUNGS-TOD ZH
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tagesanzeiger.ch 22.3.10
Nach Tod bei Ausschaffung liegen erste Obduktionsergebnisse vor
Von Maria Rodriguez
Woran der 29-jährige Nigerianer plötzlich verstarb,
bleibt ein Rätsel. Einvernahmen und weitere Tests sollen Klarheit
bringen.
Flughafengefängnis in Kloten: Hier war der Nigerianer vor
seinem plötzlichen Tod am Flughafen.
Wie die untersuchende Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland in
einer Mitteilung schreibt, wurde die Obduktion am 19. März
durchgeführt. Die bisherigen Ergebnisse "erlauben keine sicheren
Rückschlüsse auf vorbestehende Erkrankungen oder
Fremdeinwirkung", ist im Communiqué zu lesen. Damit bleibt die
Ursache, welche zum Tod des 29-jährigen
Ausschaffungshäftlings geführt hat, offen. Ebenso ist die
Rolle, welche die an der Ausschaffung beteiligten Polizisten gespielt
haben, unklar.
Mehrere Einvernahmen seien bereits durchgeführt worden.
Auch die Polizisten, die an der Zwangsausschaffung beteiligt waren,
wurden durch den Staatsanwalt einvernommen. Zum Inhalt dieser
Befragungen wird momentan nichts gesagt. Zudem stehen weitere
Befragungen an: "Die Ermittlungen betreffen sowohl die konkreten
Abläufe bei der Ausschaffung als auch die Vorgeschichte", sagt
Rainer Angst, Sprecher der untersuchenden Staatsanwaltschaft.
Nigerianer rufen zu Kundgebung auf
Der Nigerianer hätte am Mittwoch dem 17. März 2010 mit
weiteren Häftlingen in einem Sonderflug nach Nigeria ausgeschafft
werden sollen. Er verstarb auf dem Flughafengelände, nachdem er
davor in den Hungerstreik getreten war.
Der Leichnam des 29-jährigen Nigerianers befindet sich
immer noch in der Schweiz. Ob der Verstorbene hier oder in seinem
Heimatland bestattet wird, hängt von seiner Familie ab: "Die
Kontaktaufnahme mit den Angehörigen wurde bereits vergangene Woche
veranlasst. Wir werden uns nach ihren Wünschen richten", so Angst
weiter.
Inzwischen kündigte die nigerianische Gemeinschaft in der
Schweiz eine Demonstration an. Sie soll diesen Freitag, am 26.
März 2010, auf dem Bundesplatz in Bern stattfinden. Auch
Nigerianer aus dem Ausland werden aufgerufen an der Kundgebung
teilzunehmen. (Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)
--
Verstorbener 29-Jähriger war "mehrere Wochen" im
Hungerstreik
Maria Rodriguez
Der nigerianische Ausschaffungshäftling, der am
Flughafen verstarb, hatte offenbar schon länger nichts gegessen.
Im Flughafengefängnis sind weitere Häftlinge in den
Hungerstreik getreten.
Der 29-Jährige war offenbar vor seinem Tod - anders
als die Behörden in einer Mitteilung schrieben - nicht erst seit
ein paar Tagen im Hungerstreik gewesen: "Wir wissen, dass das Opfer
mehrere Wochen im Hungerstreik war, nicht wie von offizieller Seite
behauptet, erst ein paar Tage. Wir wissen, dass er gefesselt wurde und
sich gewehrt hat, das Flugzeug zu besteigen. Wir gehen davon aus, dass
das Opfer in der Folge der Zwangsmassnahme erstickt ist", ist auf der
Homepage des Vereins Refugees Welcome zu lesen.
Rainer Angst, Sprecher der untersuchenden
Staatsanwaltschaft Winterthur-Unterland kann diese Angaben nicht
bestätigen: "Wir wissen, dass er sicher einige Tage die
Nahrungsaufnahme verweigerte. Die Dauer des Hungerstreiks und die
genaue Todesursache werden untersucht." Der Nigerianer verstarb am 17.
März am Flughafen Zürich während der Ausschaffung durch
die Polizei. Er hatte sich der Rückführung widersetzt und war
gewaltsam gefesselt worden.
Fünf bis zehn essen nichts
Um den Häftlingen ihre Solidarität zu bekunden,
versammelten sich rund 150 Menschen gestern Sonntagnachmittag zu einem
spontanen Protestmarsch, der vor dem Flughafengefängnis endete.
Dabei riefen gemäss einer Medienmitteilung der
Menschenrechtsorganisation Augenauf verschiedene Häftlinge aus den
Zellenfenstern, viele von ihnen befänden sich seit vergangenen
Mittwoch im Hungerstreik - aus Protest gegen Zwangsausschaffungen.
Auch der Verein Refugees Welcome hat von der
Solidaritätsaktion erfahren, sagt Sprecher Michael Stegmaier: "Wir
haben die Information erhalten, ein grosser Teil der
Ausschaffungshäftlinge des Flughafengefängnisses sei im
Hungerstreik."
Beim Amt für Justizvollzug beobachte man die
Situation genau: "Fünf bis 10 Ausschaffungshäftlinge schicken
die angebotenen Mahlzeiten zurück", sagt Rebecca de Silva,
Mediensprecherin des Amts für Justizvollzug Kanton Zürich auf
Anfrage von Tagesanzeiger.ch. Von einem flächendeckenden
Hungerstreik könne jedoch nicht die Rede sein.
---
Rundmail 22.3.10
http://www.facebook.com/event.php?eid=111124715567635&ref=nf
PEACEFUL MASS DEMONSTRATION FOR THE WRONGFUL DEATH OF A NIGERIAN
Date: Friday, March 26, 2010
Time: 11:30am - 2:30pm
Location: BERN HOUSE OF PARLIAMENT IN BERN, SWITZERLAND.
DescriptionPLEASE JOIN NIGERIANS ON A PEACEFUL
DEMONSTRATION CONCERNING THE
WRONGFUL DEATH OF A NIGERIAN
DEPORTEE FROM ZURICH SWITZERL
AND ON MARCH 17, 2010.
This will be held in Bern, Switzerland
on Friday March 26, 2010
at Bern House of Parliament from 11:30 – 17:30.
Be sure to dress warm! PLEASE BE SURE
TO NOT BRING ITEMS THAT WOULD BE
MISCONSTRUED AS WEAPONS.
Please bring with you posters, banners, and
even Nigerian flags! There would be
NIGERIAN AMERICANS FLYING TO SWITZERLAND
for this demonstration; hence we are expecting
that most Nigerians living in UK, IRELAND,
AND/OR other EU nations SHALL join us.
NOW IS THE TIME FOR US TO COME
TOGETHER AS ONE [AND NOT AS SEPARATE
EVENTS] TO SAY WE HAVE HAD ENOUGH!
Please RSVP this event and invite Nigerian well wishers;
we thank you in advance for your participation!
---
20 Minuten 22.3.10
Proteste nach Tod von Häftling
ZÜRICH. Am Wochenende ist es zu mehreren
Protestaktionen wegen des Todes eines Ausschaffungshäftlings
gekommen. 150 Personen demonstrierten gestern vor dem Zürcher
Ausschaffungsgefängnis beim Flughafen, und rund 500 Personen
forderten am Samstag an einer Kundgebung in Zürich einen
sofortigen Ausschaffungsstopp für Flüchtlinge. Die Insassen
des Ausschaffungsgefängnisses Zürich seien in einen
Hungerstreik getreten, meldete Tele Top gestern. Am Mittwoch letzter
Woche war ein nigerianischer Ausschaffungshäftling (29) vor der
Rückführung auf dem Flughafengelände gestorben.
---
Bund 22.3.10
Ausschaffungen mit unabhängigen Beobachtern
Bei Zwangsausschaffungen von abgewiesenen Asylbewerbern
kommen bald unabhängige Beobachter zum Einsatz. Grund für die
Änderung des Vorgehens ist nach Angaben des Bundes nicht der Tod
eines Nigerianers in der vergangenen Woche in Kloten, sondern eine
EU-Richtlinie. "Es ist davon auszugehen, dass in Zukunft ein
unabhängiger Beobachter bei einer zwangsweisen
Rückführung dabei sein wird", bestätigte Jonas Montani,
Sprecher des Bundesamts für Migration, eine Meldung der "NZZ am
Sonntag". Dies sehe eine Richtlinie der EU vor, welche die Schweiz als
Schengen-Staat übernehme. Solche Beobachter verlangt Amnesty
International seit Längerem.
Protestkundgebung in Zürich
Rund 500 Personen haben am Samstag an einer Kundgebung in
Zürich einen sofortigen Ausschaffungsstopp für
Flüchtlinge gefordert. Eine Sprecherin der
Menschenrechtsorganisation Augenauf fordert die "sofortige Schliessung
der Ausschaffungsgefängnisse". Die Kundgebung sei friedlich und
problemlos verlaufen, sagte ein Polizeisprecher. (sda)
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refugees-welcome.ch 21.3.10
AUSSCHAFFUNG IST MORD!
Heute Nachmittag sind etwa 150 Personen zum
Ausschaffungsgefängnis beim Flughafen Kloten marschiert. Wir
demonstrierten gegen die Ausschaffungen von Flüchtlingen, die in
der Schweiz gestrandet sind.
Wieder ist am vergangenen Mittwoch bei einem
Ausschaffungsversuch ein 29-jähriger Nigerianer ums Leben
gekommen. Es sind noch keine genauen Angaben zu den Umständen, den
Beteiligten und den Ursachen gemacht worden. Das entspricht der
gängigen Informationspraxis der Behörden. Wir wissen, dass
das Opfer mehrere Wochen im Hungerstreik war, nicht wie von offizieller
Seite behauptet, erst ein paar Tage. Wir wissen, dass er gefesselt
wurde und sich gewehrt hat, das Flugzeug zu besteigen. Wir gehen davon
aus, dass das Opfer in der Folge der Zwangsmassnahme erstickt ist.
Wir lassen uns nicht abspeisen und ablenken von den angeblichen
Straftaten des Opfers. Damit soll ihm die Schuld untergeschoben werden.
Tatsache ist, dass er im Anschluss an die Entscheide des Migrationsamt,
der angeordneten Ausschaffungshaft und die im Vollzug angewendeten
Zwangsmassnahmen gestorben ist.
Daraus wird deutlich: Es ist das rechtliche System und der
behördliche Vollzug, der für diesen Tod verantwortlich ist.
Die Verantwortlichen werden versuchen, sich im Dickicht von
Vollzugspflicht und Bagatellisierung zu verstecken, sich sogar
erdreisten, ihr Bedauern über diesen tragischen Ausnahmefall zu
bekunden. Doch wir sagen, dieser Tod war absehbar. Nicht als einzelner,
aber als Konsequenz der bestehenden Logik, in der mit
unerwünschten Migrantinnen und Migranten verfahren wird.
Es war der Staat, der diesen Tod verursacht hat. Wir wehren uns
gegen die blinde Wut, den Rassismus und den Hass, der in diesem System
wütet. Wir fordern die Abschaffung der Ausschaffungshaft, den
sofortigen und dauerhaften Stopp von Ausschaffungen, die
uneingeschränkte Bewegungsfreiheit für alle.
AUSSCHAFFUNG IST FOLTER! AUSSCHAFFUNG IST MORD!
NO BORDER, NO NATION - STOP DEPORTATION!
"" mehr Fotos
http://www.refugees-welcome.ch/index.php?option=com_phocagallery&view=categories&Itemid=13&lang=de
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NZZ am Sonntag 21.3.10
Neutrale Beobachter bei Ausschaffungen
Bund vollzieht Vorgabe der EU - Hilfswerke kritisieren
späten Zeitpunkt der Umsetzung
Das Bundesamt für Migration will bei
Zwangsausschaffungen künftig unabhängige Beobachter zulassen.
Noch immer unklar ist, wie auf dem Zürcher Flughafen ein
Ausschaffungshäftling ums Leben kam.
Lukas Häuptli
"Es ist davon auszugehen, dass in Zukunft ein
unabhängiger Beobachter bei einer zwangsweisen
Rückführung dabei sein wird", sagt Jonas Montani,
Pressesprecher des Bundesamts für Migration (BfM), auf Anfrage.
"Diese Neuerung ergibt sich, weil die Schweiz die sogenannte
EU-Rückführungsrichtlinie übernimmt." Die
Rückführungsrichtlinie war im Juni 2008 vom Europäischen
Parlament verabschiedet worden und sieht unter anderem vor, dass alle
Schengen-Staaten (zu denen die Schweiz seit Dezember 2008 gehört)
"ein System zur Überwachung von Ausschaffungen" einrichten
müssen. Noch ist allerdings unklar, wie das BfM diese
Überwachung im Einzelnen ausgestalten und wann es sie genau
einführen will.
Todesursache unklar
Nichtregierungsorganisationen wie die Schweizerische
Flüchtlingshilfe oder Amnesty International fordern seit Jahren,
dass neutrale Personen bei Zwangsausschaffungen dabei sein dürfen.
"Dass das Bundesamt für Migration jetzt unabhängige
Beobachter zulassen will, begrüssen wir", sagt Daniel Graf,
Pressesprecher von Amnesty International Schweiz. "Allerdings stellt
sich die Frage, weshalb das Bundesamt das nicht schon viel früher
erlaubt hat. Womöglich hätte so der Todesfall vom letzten
Mittwoch verhindert werden können."
Am Mittwoch war auf dem Zürcher Flughafen ein
29-jähriger Nigerianer bei einer Zwangsausschaffung ums Leben
gekommen. Die Umstände des Todesfalls sind noch immer unklar.
"Wegen der laufenden Ermittlungen kann ich dazu zurzeit nichts sagen",
hält Rainer Angst, Sprecher der Staatsanwaltschaft Zürich,
fest. Sicher ist lediglich, dass sich der Mann vor seinem Tod mehrere
Tage im Hungerstreik befand, dass er bei der Ausschaffung gefesselt war
und ein Netz tragen musste, damit er nicht um sich spucken konnte.
Daneben sind zahlreiche Fragen offen. Unklar ist etwa, ob der Mann vor
seinem Tod medizinisch untersucht worden war. Das sieht das
Zwangsanwendungsgesetz vor, "wenn eine erhebliche gesundheitliche
Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden kann". Zudem steht
nicht fest, wie viel Gewalt bei der Ausschaffung angewendet wurde und
ob der Einsatz des Spuck-Netzes rechtmässig war. Das Gesetz
verbietet Hilfsmittel, "welche die Atemwege beeinträchtigen
können".
Beim 29-jährigen Nigerianer soll es sich um einen
Asylsuchenden mit einem sogenannten Nichteintretensentscheid (NEE)
handeln. Ein NEE kommt einer sofortigen Ablehnung eines Asylgesuchs
gleich. Der Verstorbene war offenbar kurz vor der Ausschaffung
verhaftet und ins Ausschaffungsgefängnis Zürich Flughafen
gebracht worden. Am Donnerstag hatte die Kantonspolizei mitgeteilt, der
Mann sei "polizeilich wegen Drogenhandels verzeichnet" gewesen. Ob er
wegen eines Drogendelikts rechtskräftig verurteilt worden war,
wollten am Freitag allerdings weder die Polizei noch die
Staatsanwaltschaft bekanntgeben. Der Staatsanwaltschafts-Sprecher
Angst: "Abgesehen vom Gesundheitszustand spielt das Vorleben des
Verstorbenen bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft keine Rolle."
Drei Tote bei Ausschaffungen
Der Nigerianer hätte am Mittwochabend zusammen mit
anderen Ausschaffungshäftlingen per Sonderflug in die
nigerianische Hauptstadt Lagos ausgeschafft werden sollen.
Sonderflüge werden bei Häftlingen eingesetzt, die sich
vehement gegen eine Ausschaffung wehren. Das Bundesamt für
Migration stoppte alle Zwangsausschaffungen unmittelbar nach dem
Todesfall, bis dessen Umstände abgeklärt sind. In den letzten
zehn Jahren sind bei zwangsweisen Rückführungen drei Personen
ums Leben gekommen.
Seit 2001 werden jedes Jahr zwischen rund 100 und 400
Ausschaffungshäftlinge per Sonderflug aus der Schweiz
ausgeschafft, unter anderem nach Afrika, nach Kosovo und in die
Türkei. Das BfM beziffert die Kosten einer Zwangsausschaffung auf
knapp 10 000 Franken pro Person.
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Indymedia 20.3.10
Schon wieder müssen wir von einem Tod sprechen ::
AutorIn : Flyer
Dieser Flyer zirkulierte an der heutigen Demonstration ("Gegen
Ausgrenzung") unter Teilnehmern und Passanten gemeinsam mit jenem
Flyer, der schon bei anderen Gelegenheiten verteilt wurde ("Bis die
Welt der Papiere in Flammen aufgeht" - http://ch.indymedia.org/de/2010/03/74254.shtml).
Flyer
http://ch.indymedia.org/media/2010/03//74485.pdf
Schon wieder müssen wir von einem Tod sprechen, von einem
Menschen, der durch die Zwänge und Gesetze der Herrschenden zu
Fall gebracht wurde, ermordet vom Staat und seinen Haftanstalten, in
den Händen von Bullen, Gefängniswärtern und Ihren
Handlangern. Am Mittwochabend ist auf dem Flughafen Kloten ein
29-jähriger Nigerianer bei einem gewaltsamen Ausschaffungsversuch
gestorben. Gewiss nicht der erste und wohl kaum der letzte Tod, den die
Ausschaffungsmaschinerie fordert. Doch morgen Überschwappt uns
schon wieder die alltägliche Informationsflut, worin tausend
Belanglosigkeiten gleichgültig jene Meldungen verjagen, die uns
vielleicht noch hätten aufrütteln können. Damit wir gar
nicht erst darüber nachdenken, was hier eigentlich passiert, was
mit dieser erdrückenden Scheisswelt eigentlich passiert, die schon
so viele Menschen unter ihrem Joch in den Tod trieb. Ganz zu schweigen
von der Leblosigkeit, die den gesamten Alltag durchdringt.
Nein, wir vergessen diese durch den "normalen" Verlauf des
kapitalistischen Elends Zurückgelassenen nicht; auf dass sich die
Wut in Revolte verwandelt; auf dass sie sich gegen alles wendet, was
uns unterdrückt und einschliesst! Was die Medien sagen,
interessiert uns einen Dreck. Es interessiert uns einen Dreck, ob
dieser Mann kriminell war oder nicht, ob juristisch bewiesen werden
kann, inwiefern zu seinem Tod aktiv beigetragen wurde (die
Umstände sind ziemlich offensichtlich), oder ob es schlicht die
Folgen einer auf wenige Quadratmeter reduzierten Existenz sind, die ihn
letztendlich umgebracht haben. Es ist eine ganze Gesellschaftsordnung,
die diesen Mann erstickt hat, es ist die akzeptierte Existenz von
Ausschaffungen und Knästen, von Bullen und Funktionären, von
Staaten und Grenzen. Nur zu gut sehen wir immer wieder, wie mit Leuten
umgegangen wird, die nicht resignieren, die diesen bedrohlichen Drang
nach Revolte verspühren, vor dem sich die Herrschenden so
fürchten. Dieses ewige Potential mit ihrem Zugriff auf uns zu
brechen, um die bestehenden Verhältnisse im Denken und im Handeln
in Frage zu stellen.
Auch jener Ausschaffungshäftling gab sich seinem Schicksal
nicht einfach hin, schon Tage zuvor trat er in Hungerstreik und noch
während man ihn gefesselt ins Flugzeug zerren wollte, setzte er
sich zur Wehr. Gesundheitlich geschwächt, in Fesseln liegend und
umgeben von Bullen fand er den Tod. Die Vorstellung ist grausam und
verächtlich...
Ja, in diesem klimatisierten Warenparadies der verallgemeinerten
Belanglosigkeit:
Wir sind wütend!
Und gerade weil es hierzulande so fern scheint dies zu sagen,
ist es umso notwendiger: Unter der heuchlerischen Oberfläche des
sozialen Friedens schwelt ein rieg. Jener seit jeher andauernde Krieg
zwischen den Eignern dieser Welt und denjenigen, die sie zu ertragen
haben; zwischen den Reichen und Mächtigen, die ihre Privilegien zu
verlieren haben, und den Armen und Unterdrückten, die, in einem
Aufstand voller Wut und Liebe, alles zu gewinnen haben.
MÖGEN DIE AUSSCHAFFUNGSKNÄSTE GEMEINSAM MIT DER
ORDNUNG, DIE SIE BENÖTIGT, IN UNSEREM MEER AUS VERACHTUNG
UNTERGEHEN! FREIHEIT FÜR ALLE!
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Tagesschau 20.3.10
Aussschaffungspolitik
In Zürich haben etwa 700 Menschen gegen Unterdrückung
und Ausgrenzung demonstriert. Die Demonstranten forderten einen
Ausschaffungsstopp für Flüchtlinge.
http://videoportal.sf.tv/video?id=2200897f-94da-4972-af3f-af8c27c677df
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sf.tv.ch 20.3.10
Demonstration gegen die Aussschaffungspolitik
sf/hjw
Einige Hundert Personen haben im Rahmen einer
Demonstration gegen die "Repressions- und Ausgrenzungsmaschinerie"
friedlich in der Zürcher Innenstadt demonstriert. Der Anlass
erhielt durch den tragischen Tod eines nigerianischen Flüchtlings
auf dem Zürcher Flughafen eine sehr aktuelle Komponente.
Zu der Kundgebung aufgerufen hatten mehrere
Organisationen, darunter das Kollektiv Bleiberecht Zürich und die
Autonome Schule Zürich/Bildung für alle. Etwa 700 Personen,
darunter auch einige aus dem sogenannten schwarzen Block folgten dem
Aufruf und versammelten sich um 14 Uhr beim Landesmuseum.
Aktueller Anlass
Mit dem Tod des 29-jährigen Flüchtlings aus
Nigeria am Abend des 17. März auf dem Zürcher Flughafen,
erhielt die Demonstration einen aktuellen Anlass. Für die
Veranstalter "ein Grund mehr, gemeinsam unseren Widerstand gegen
Repression und Ausgrenzung auf die Strasse zu tragen", wie in einem
Communiqué zu lesen ist. Der Vorfall auf dem Flughafen zeige
einmal mehr "die Brutalität und Skrupellosigkeit der staatlichen
Repressionsmaschinerie".
Alle sollen bleiben dürfen
Unter anderem forderten die Demonstranten einen sofortigen
Ausschaffungsstopp, Schluss mit dem Nothilferegime und die kollektive
Regularisierung alles Sans-Papiers mit einem Bleiberecht für alle.
Die Schlusskundgebung der Demonstration fand ihren friedlichen
Abschluss auf dem Helvetiaplatz statt.
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NZZ 20.3.10
Fragen nach Tod von Ausschaffungshäftling
Medizinische Verantwortung im Fokus der
staatsanwaltschaftlichen Abklärungen
Wie sich die verweigerte Nahrungsaufnahme auf den
Gesundheitszustand des am Mittwoch gestorbenen
Ausschaffungshäftlings ausgewirkt hat, wird untersucht. Für
die medizinische Betreuung ist der Kanton zuständig.
-yr. ⋅ Pikanterweise war der neue Direktor des Bundesamts
für Migration, Alain du Bois-Reymond, am Mittwochabend zugegen,
als am Flughafen Zürich ein 29-jähriger
Ausschaffungshäftling aus Nigeria tot zusammenbrach. Er habe sich
ein Bild machen wollen über Zwangsausschaffungen, erklärte du
Bois-Reymond gegenüber einzelnen Medien. In einem Fernsehinterview
sagte er, nur gesunde Personen sollten ausgeschafft werden. Trotz dem
Hungerstreik gehe er davon aus, dass der Nigerianer gesund gewesen sei.
Dieser hatte seit einigen Tagen die Nahrungsaufnahme verweigert.
Kanton Zürich zuständig
Für die Abklärungen zum aussergewöhnlichen
Todesfall ist Christian Philipp von der Staatsanwaltschaft
Winterthur/Unterland zuständig. Bis zum Vorliegen des Berichts des
Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich
über die exakte Todesursache will sich der Staatsanwalt nicht
äussern. Die Abklärung der medizinischen Verantwortlichkeit
dürfte aber eine zentrale Stellung in den Ermittlungen einnehmen.
Koordiniert werden die sogenannten Sonderflüge, die
als letzte Stufe bei besonders renitenten Ausschaffungshäftlingen
zur Anwendung kommen, vom Bundesamt für Migration. Es sammelt die
Bedürfnisse der Kantone und organisiert die entsprechenden
Flüge. Verantwortlich für die einzelnen
Ausschaffungshäftlinge bleiben aber die zuständigen Kantone.
Der verstorbene Nigerianer befand sich in der Obhut des Kantons
Zürich.
Laut Auskunft von Urs von Arb, dem Chef Rückkehr im
Bundesamt für Migration, ist vorgesehen, dass die Auszuschaffenden
an ihrem letzten Standort, zumeist in einem
Ausschaffungsgefängnis, medizinisch kontrolliert werden. Im
konkreten Fall handelte es sich um das Flughafengefängnis.
Informationen über medizinische Unregelmässigkeiten, aber
auch über Depressionen oder Suizidversuche werden an die
Verantwortlichen des Sonderflugs weitergeleitet. Im Flugzeug wiederum
ist neben den Polizisten aus den verschiedenen kantonalen Korps immer
auch ein Arzt dabei. Dieser wird vom Bundesamt für Migration
gestellt. Auf dem Flughafengelände selber hingegen, wo in einem
Hangar die erforderlichen Zwangsmassnahmen für den Einstieg ins
Flugzeug vorgenommen werden, ist laut von Arb keine reguläre
medizinische Versorgung vorgesehen. Als sich am Mittwochabend der
Gesundheitszustand des Nigerianers plötzlich rapide
verschlechterte, wurde die Ambulanz des Flughafens zu Hilfe gerufen.
Im Interview mit der "Aargauer Zeitung" sagte Amtsdirektor
du Bois-Reymond, er habe nicht gesehen, wie der Häftling gestorben
sei, auch habe er keine Gewalttätigkeiten feststellen können.
Andere Quellen besagen, der später Verstorbene sei wegen seines
besonders lauten und aggressiven Verhaltens von der übrigen Gruppe
separiert worden. Es wurden ihm Hand- und Fussfesseln angelegt sowie
ein Kopfschutz mit einer Art Bienennetz, wie es Imker tragen. Dieses
sollte die Polizisten vor Spuckattacken schützen.
Im vergangenen Jahr wurden laut Auskunft des Bundesamts
für Migration 43 Sonderflüge mit insgesamt 360
Ausschaffungshäftlingen durchgeführt. In diesem Jahr waren es
bis anhin 5 Flüge mit insgesamt 27 Personen. Bis die Todesursache
geklärt ist, sind keine weiteren Sonderflüge geplant.
Für die Charterflüge werden verschiedene Fluggesellschaften
beauftragt, am Mittwoch war es Hello von Moritz Suter.
Letztmals zu einem Todesfall bei einer Zwangsausschaffung
war es 1999 gekommen. Damals erstickte ein 27-jähriger
Palästinenser, als ihm der Mund mit einem Pflaster zugeklebt
wurde. Der zuständige Arzt wurde später wegen
fahrlässiger Tötung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von
drei Monaten verurteilt. Hingegen wurden drei von der
Staatsanwaltschaft ebenfalls angeklagte Polizisten aus dem Kanton Bern
freigesprochen. Als Konsequenz des damaligen Vorfalls wurde die
Mundknebelung verboten.
Unabhängige Beobachter
Wie Urs von Arb erläutert, soll die Forderung
verschiedener Organisationen nach einer Anwesenheit unabhängiger
Beobachter bei Zwangsausschaffungen Anfang nächsten Jahres
umgesetzt werden. Dies geschehe aufgrund von verbindlichen Richtlinien
der EU. Noch offen ist, welche Institutionen diese Funktion wahrnehmen
werden. In Frage kommen etwa das Rote Kreuz oder kantonale
Ombudsstellen.
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Zürichsee-Zeitung 20.3.10
Ausschaffungshaft
Der Amtschef war vor Ort
Der Tod eines Ausschaffungshäftlings am Flughafen
wird genau untersucht. Die Ergebnisse werden die Ausschaffungspraxis
beeinflussen.
Der Direktor des Bundesamts für Migration (BFM) war
anwesend, als ein nigerianischer Ausschaffungshäftling am
Mittwochabend auf dem Flughafen Zürich starb. Er habe dabei keine
Gewalttätigkeiten der Polizei feststellen können, sagte Alard
Du Bois-Reymond.
In einem Interview in der "Mittelland-Zeitung" vom Freitag
erklärte der BFM-Chef, seine Anwesenheit beim tragischen Tod des
29-Jährigen sei rein zufällig gewesen. Er habe sich "eine
Zwangsausschaffung genau ansehen" wollen.
Massnahmen eventuell anpassen
"Ich habe nicht gesehen, wie der Häftling gestorben
ist. Ich habe aber gesehen, wie sie die Leute, und auch den später
Verstorbenen, gefesselt und für den Flug vorbereitet haben." Nur
diese eine Person habe offenbar Probleme verursacht. Dann sei alles
sehr schnell gegangen. Gleich vor Ort habe er zusammen mit dem Chef der
Flughafenpolizei die ganze Ausschaffung gestoppt, sagte Du Bois-Reymond
weiter. Dass der Ausschaffungshäftling möglicherweise durch
seinen Hungerstreik geschwächt war, sei Spekulation. Das
müssten die Staatsanwaltschaft und die Gerichtsmedizin jetzt genau
abklären.
Wenn nun die Untersuchungen zeigten, dass der Tod nicht
durch die Fesselung an Händen und Füssen mit Manschetten
verursacht wurde, werde man die Ausschaffungen wieder aufnehmen. "Dann
wäre es einfach ein unglücklicher Unfall gewesen." Wenn sich
aber zeige, dass der Tod als Folge der Zwangsmassnahmen eintrat, dann
müssten diese Massnahmen angepasst werden. Sollten Fehler im
Ablauf geschehen sein, werde das BFM die Weisungen zusammen mit der
Polizei "so anpassen, dass solche tragischen Vorfälle nicht mehr
passieren können".
Keine schnellen Ergebnisse
"10 vor 10" des Schweizer Fernsehens hatte am
Donnerstagabend berichtet, dass der BFM-Chef bei der Ausschaffung vor
Ort war. Die Polizei habe diese "sehr professionell gehandhabt", sagte
er in der TV-Sendung. Trotz des Hungerstreiks gehe er "davon aus, dass
die Person gesund war. Es sollte so sein, dass nur gesunde Personen
ausgeschafft werden."
Wie lange der Stopp für die Ausschaffung per
Sonderflüge dauert, hänge davon ab, wie lange die
Untersuchung des Todesfalls dauere, sagte Montani. Marcel Strebel, Chef
der Informationsabteilung der Kantonspolizei Zürich, sagte gestern
auf Anfrage, er rechne nicht mit einem schnellen Ergebnis. 2009 wurden
laut BFM-Sprecher Montani 360 besonders renitente Personen in 43
Sonderflügen aus der Schweiz ausgeschafft. Zu den für 2010
geplanten Rückführungen auf Sonderflügen gebe es keine
Zahlen. (sda
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Indymedia 19.3.10
"Lagebedingter Erstickungstod"
* Bleiberecht-Demo, 20.3., 14.00 Uhr beim Landesmuseum *
Gestern Abend: Abgewiesener Flüchtling stirbt durch
"lagebedingten Erstickungstod" vor der Ausschaffung
Die Gruppe augenauf ist schockiert über den Tod eines
Nigerianers, der am Abend des 17. März auf dem Zürcher
Flughafengelände während der Zwangsausschaffung sein Leben
lassen musste. Wie so oft wurde in den ersten Presseberichten als
erstes das Bild eines kriminellen, renitenten Asylbewerbers und
Drogendealers gezeichnet. Zwar steht in der offiziellen Bekanntgabe der
Kantonspolizei, dass der 29 jährige Mann polizeilich lediglich
wegen Drogenhandels "verzeichnet" - also nicht verurteilt gewesen sei.
Aber der Bericht der KAPO und des Bundesamt für Migration zeigt
einmal mehr auf - wie gezielt man ein Opfer zum Täter macht, um
damit den gewaltsamen Tod eines afrikanischen Flüchtlings in den
Hintergrund zu verdrängen.
augenauf weist seit Jahren darauf hin, dass bei Level 3 und 4
Zwangsausschaffungen polizeiliche Zwangsmassnahmen angewendet werden,
die sehr schnell zum Tod eines Ausschaffungsgefangenen führen
können und die leider auch billigend in Kauf genommen werden.
* Bereits am 3. März 1999 starb Khaled Abuzarifeh beim
zweiten Ausschaffungsversuch. Auch dem 27-Jährigen
Palästinenser waren Beruhigungsmittel verabreicht worden, um ihn
dann gefesselt und mit Klebeband geknebelt in einem Rollstuhl
festzuschnallen.
Er erlitt beim Transport zum Flugzeug eine Panikattacke und
erstickte qualvoll. Im Prozess wurden die beteiligten Polizisten
freigesprochen. Gegen den Arzt, der anstatt sofort die Atemwege frei zu
machen und die Mundfesseln zu entfernen die Zeit mit Blutdruckmessen
vergeudet hatte, wurde eine dreimonatige Freiheitsstrafe auf
Bewährung verhängt.
* Am 1. Mai 2001 erlag im Wallis der Nigerianer Samson Chukwu
noch in der Ausschaffungshaft an den ihm von Beamten einer
Anti-Terror-Einheit zugefügten Misshandlungen. Einer der
Polizisten setzte sich auf den Oberkörper des am Boden liegenden
Asylbewerbers und verdrehte die Arme auf den Rücken um ihm
Handschellen anzulegen. Durch diese Lage bekam Samson Chukwu nicht
genügend Luft und erstickte.
Der 27-Jährige starb noch in seiner Zelle an
Positionsasphyxie - am lagebedingten Erstickungstod. Zu diesem Schluss
kam auch die gerichtsmedizinische Untersuchung dieses Todesfalls im
Walliser Ausschaffungszentrum von Granges. Das Ermittlungsverfahren
gegen die beiden Polizisten wegen fahrlässiger Tötung wurde
vom Untersuchungsrichter im Oktober 2001 eingestellt. Die
Polizeibeamten hätten nicht wissen können, dass die von ihnen
angewendeten Griffe gefährlich sein könnten, so die
Begründung!
Seit 1991 sind im europäischen Raum weitere
Flüchtlinge bei ihrer Ausschaffung durch massive Polizeigewalt
getötet worden.
Erschreckende Beispiele sind hierfür die Fälle von
Aamir Ageebs aus Deutschland, Marcus Omofuma aus Österreich, Joy
Gardner aus Grossbritannien und Semira Adamu aus Belgien.
* Am 28. Juli 1993 erstickte die Jamaikanerin Joy Gardner in
ihrer Wohnung, als sie zur Erzwingung ihrer Ausschaffung von fünf
Polizisten und einem Beamten der Einwanderungsbehörde auf den
Boden geschleudert, mit Handschellen und einem Ledergürtel
gefesselt und bewegungsunfähig gemacht, sowie mit vier Meter
Klebeband geknebelt wurde. Ihr fünfjähriger Sohn musste mit
ansehen wie seine Mutter misshandelt wurde und qualvoll erstickte.
* Der 25-jährige Nigerianer Marcus Omofuma wurde am 1. Mai
1999 mit Handschellen und Klebeband gefesselt und geknebelt auf dem
Wiener Flughafen an Bord eines Flugzeugs gebracht. Dort wurde er
nochmals mit zehn Meter Klebeband an den Sitz fest angegurtet und
festgeklebt.
*Hamid Bakiri, gab sich einen Tag vor der Ausschaffung im
Gefängnis Chur selbst den Tod. Seine Angst vor der Rückkehr
nach Algerien war zu gross, er musste in seinem Herkunftsland mit
sofortiger Inhaftierung rechnen.
* Ein Mann aus Sierre Leone, wohnhaft gewesen in St. Gallen,
starb nach einem 24-stündigen Hin-und-wieder-zurück-Flug
einen qualvollen Tod im Zürcher Polizeigefängnis.
* Abdi Daud starb im März 2008 mangels medizinischer
Betreuung nach mehreren Monaten Ausschaffungshaft in einem Zürcher
Spital.
* Der 23 jährige sudanesische Flüchtling Aamir Ageeb
starb am 28. Mai 1999 an Bord einer Lufthansa-Maschine von Frankfurt
nach Khartum. Im Flugzeug wurden ihm noch zusätzlich zur Fesselung
seine Beine an dem Sitz mit Klettband fixiert und man setzte ihm einen
Motorradhelm auf.
* Der Tamile Arumugan Kanapathipillai kollabierte 1991 auf dem
Pariser Flughafen Roissy infolge seiner Fesselung und Knebelung und
verstarb kurze Zeit später in einem Krankenhaus. Gegen die
Polizisten, die die Ausschaffung durchführten, wurde nie ein
Ermittlungsverfahren eingeleitet.
* Am 30. August 1994 erstickte in Deutschland der Nigerianer
Kola Bankole an Bord einer Lufthansamaschine an einem Knebel. Dem
Nigerianer waren zuvor Beruhigungsmittel gespritzt worden. Ein
Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, da die Staatsanwaltschaft
meinte, die getroffenen Massnahmen hätten im Einklang mit den
Gesetzen gestanden.
* Am 18. Dezember 2000 starb der Kameruner Christian Ecole Ebune
in Ungarn nach einem gescheiterten Abschiebungsversuch. Der Pilot der
Linienmaschine hatte sich geweigert, den an Händen und Füssen
gefesselten und auf einem Gepäckwagen zum Flugzeug transportierten
Kameruner mitzunehmen da er sich gegen seine Abschiebung wehrte.
Zurück im Flughafengebäude soll der 31-Jährige von den
Polizisten geschlagen worden sein und eine durch Panik und Stress
ausgelöste tödliche Herzattacke erlitten haben.
* Am 30. Dezember 2002 starb in Frankreich der Argentinier
Ricardo Barrientos, als die ihn begleitenden Beamten während des
Fluges seinen Oberkörper zwischen seine Knie drückten und
seine Hände hinter dem Rücken mit Handschellen fesselten, um
seinen Widerstand gegen die Ausschaffung zu brechen.
* Keine drei Wochen später wurde ebenfalls in Frankreich
der 24-jährige Somalier Mariame Getu Hagos auf die gleiche Weise
gefesselt und verbogen wie Ricardo Barrientos. Dabei fiel er ins Koma
und starb zwei Stunden nach seiner Einlieferung in ein Krankenhaus.
Wir verlangen nach wie vor:
- Sofortiger Ausschaffungsstopp
- Keine Zwangsausschaffungen
- Unabhängige Untersuchung gegen die betroffenen Ämter
und Polizeien
Des weiteren:
- Kollektive Regularisierung der Sans-Papiers
- sofortige Umsetzung des Härtefallartikels und das Recht
auf Familienzusammenführung
- Keine Ausschaffungsknäste - Bleiberecht für alle
DEMO: SAMSTAG 14:00 LANDESMUSEUM - KOMMT ALLE!!!!!!!!!!!!!!!
AutorIn: Mail-Leser
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Bund 19.3.10
Nach Tod am Flughafen fordern Hilfswerke mehr Kontrolle
Die Ausschaffung endete für einen 29-jährigen
Nigerianer tödlich. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
René Donzé
Ein 29-jähriger Nigerianer ist am Mittwochabend auf
dem Flughafen Zürich verstorben. Er war eine von 16 Personen, die
mit einem Sonderflug nach Nigeria ausgeflogen werden sollten. Wie die
Kantonspolizei mitteilte, befand sich der Mann seit Tagen im
Hungerstreik und widersetzte sich der Ausschaffung.
Laut Polizeisprecher Marcel Strebel konnte er nur "unter
Anwendung von Gewalt" gefesselt werden. "Er muss sich ziemlich stark
gewehrt haben." Die Kantonspolizisten mussten den Mann daraufhin mit
Kunststoffmanschetten und Kabelbindern an Händen und Füssen
fesseln. Sie setzten ihm eine Art Boxer-Trainingshelm auf, um seinen
Kopf zu schützen. Und sie stülpten ihm ein Netz über,
weil er um sich spuckte.
Kurz bevor die Polizisten mit ihrem Häftling das
Gebäude verlassen wollten, stellten sie fest, dass er "nicht mehr
richtig ansprechbar war", so Strebel. "Sein Zustand hat sich rapide
verschlechtert." Ein Sanitäter versuchte, den Mann zu reanimieren
- vergeblich: Er starb auf dem Flughafengelände. Die Todesursache
ist noch unklar. Aufschlüsse soll eine Obduktion ergeben. Der
Vorfall wird von der Staatsanwaltschaft untersucht. Das Bundesamt
für Migration hat alle Sonderflüge bis auf Weiteres gestoppt.
Regierungsrat wartet ab
Menschenrechtsorganisationen haben scharf auf den Vorfall
reagiert. Amnesty International fordert, dass der Zürcher
Regierungsrat eine unabhängige Person einsetzt, welche die
Untersuchung begleitet. "Es ist heikel, wenn die Staatsanwaltschaft
gegen die Polizei ermittelt, mit der sie sonst eng zusammenarbeitet",
sagt Amnesty-Sprecher Daniel Graf. Doch Justizdirektor Markus Notter
(sp) und Polizeidirektor Hans Hollenstein (cvp) gehen auf die Forderung
nicht ein. In einer gemeinsamen Mitteilung bedauern sie den Vorfall
zwar, wollen aber die Untersuchung abwarten, bevor sie sich weiter dazu
äussern.
"Polizei geht an die Grenzen"
Laut Daniel Graf werden bei Zwangsausschaffungen sehr oft
Massnahmen eingesetzt, die Menschenleben gefährden. "Oft gehen
Polizisten an die Grenzen oder darüber." Im Jahre 1999 erstickte
auf dem Flughafen ein Palästinenser, dem die begleitenden Berner
Kantonspolizisten den Mund mit Klebeband zugeklebt hatten. 2001 starb
ein Nigerianer im Wallis an lagebedingter Erstickung: Ein Polizist
hatte sich auf den liegenden Mann gesetzt und ihm die Hände auf
dem Rücken gefesselt.
Unter anderem wegen dieser Vorfälle hat der Bund das
Zwangsanwendungsgesetz erlassen. Es ist seit einem Jahr in Kraft.
Für die Flüchtlingshilfe und für Amnesty bietet es zu
wenig Schutz. Sie fordern, dass jede Zwangsausschaffung von einer
unabhängigen Person begleitet wird. 2009 wurden 360 Personen mit
Sonderflügen ausgeflogen. "Eine Begleitperson könnte den
Polizisten helfen, in heiklen Fällen eine Ausschaffung
abzubrechen", sagt Graf. Die Organisation Solidarité sans
frontières will sogar, dass ganz auf Zwangsausschaffungen
verzichtet wird, und hat für heute Freitag zu einer Kundgebung auf
dem Bundesplatz aufgerufen.
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NZZ 19.3.10
Ausschaffungshäftling am Flughafen gestorben
Nigerianer hat vor Sonderflug in die Heimat die
Nahrungsaufnahme verweigert
Nach dem Tod eines 29-jährigen
Ausschaffungshäftlings am Flughafen Zürich sind die
problembeladenen Sonderflüge bis auf weiteres gestoppt worden.
-yr. ⋅ Am Mittwochabend ist auf dem Flughafen Zürich
ein 29-jähriger Nigerianer kurz vor der zwangsweisen Ausschaffung
in seine Heimat gestorben. Der Nigerianer hatte einige Tage vor dem
Sonderflug die Nahrungsaufnahme verweigert. Laut Kantonspolizei
versuchte er sich bis zuletzt der Ausschaffung zu widersetzen und
konnte nur unter Anwendung von Gewalt gefesselt werden. Gecharterte
Sonderflüge werden bei Ausschaffungen als letzte von vier Stufen
bei besonders renitenten Häftlingen angewendet.
Welche Zwangsmittel bei einem Sonderflug eingesetzt werden
dürfen, ist im Zwangsanwendungsgesetz geregelt. Seit dem
Erstickungstod eines Palästinensers 1999, ebenfalls am Flughafen
Zürich, ist die Mundknebelung nicht mehr erlaubt. Nachdem 2001 im
Kanton Wallis ein nigerianischer Ausschaffungshäftling wegen
lagebedingter Erstickung starb, ist die Bauchlage bei der Fesselung
untersagt. Beim aktuellen Todesfall vom Mittwochabend wurde der
Nigerianer laut Auskunft der Kantonspolizei mit Manschetten an
Händen und Füssen gefesselt. Zudem wurde ihm zum Schutz vor
Selbstverletzungen ein Kopfschutz aufgesetzt. Die Manschetten wurden
wieder gelöst, als der Ausschaffungshäftling plötzlich
gesundheitliche Probleme zeigte. Er sei von Sanitätern sofort
reanimiert worden, starb aber wenig später noch auf dem
Flughafengelände. Die genaue Todesursache wird vom Zürcher
Institut für Rechtsmedizin abgeklärt.
Marcel Strebel, Kommunikationschef der Kantonspolizei,
bedauert den tragischen Vorfall, der alle Beteiligten sehr betroffen
mache. Bei einem Sonderflug stehen pro Ausschaffungshäftling
mindestens zwei Polizisten aus verschiedenen Korps im Einsatz.
Insgesamt belaufen sich die Kosten für eine solche Ausschaffung
auf gegen 10 000 Franken. Mit dem Charterflug nach Lagos hätten am
Mittwoch 16 Nigerianer in ihre Heimat zurückgeführt werden
sollen. Nach dem Todesfall wurde der Flug abgesagt, bis auf weiteres
sind sämtliche Sonderflüge gestoppt worden.
Bei einem solchen Sonderflug wurden im vergangenen
November die mitfliegenden Polizisten in Lagos von
Ausschaffungshäftlingen attackiert, nachdem ihnen die Fesselung
abgenommen worden war. Erst nigerianische Sicherheitskräfte
brachten die Situation unter Kontrolle. Dass es mit Nigerianern
gehäuft Schwierigkeiten gibt, führt Urs von Arb, Chef
Rückkehr im Bundesamt für Migration, darauf zurück, dass
es sich oft um Kleinkriminelle mit einem schwierigen Umfeld handle. Der
Verstorbene war 2005 in die Schweiz eingereist, auf sein Asylgesuch
wurde nicht eingetreten. Laut Kantonspolizei war er wegen Drogenhandels
vorbestraft.
In einer Stellungnahme fordert Amnesty International,
Zwangsausschaffungen müssten von unabhängigen Beobachtern
begleitet werden. Zudem verlangt die Menschenrechtsorganisation eine
unabhängige Untersuchung des Todesfalls. Die eingeleitete
Untersuchung wird von der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland
geführt. Nach dem Todesfall von 1999 war ein Arzt, der bei der
Ausschaffung Dienst gehabt hatte, wegen fahrlässiger Tötung
zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden.
---
Aargauer Zeitung 19.3.10
"Ich habe die Ausschaffung sofort gestoppt"
Chef des Bundesamtes für Migration war beim Tod des
Nigerianers dabei
Niklaus Ramseyer
Herr Du Bois-Reymond, Sie waren dabei, als es auf dem
Flughafen Zürich zum tragischen Tod eines
Ausschaffungshäftlings kam. Weshalb waren Sie da?
Alard Du Bois-Reymond: Es war rein zufällig. Im
Rahmen der Einführung in meine Arbeit als Direktor des
zuständigen Bundesamtes wollte ich mir an diesem Tag in Begleitung
des Chefs der Flughafenpolizei eine Zwangsausschaffung genau ansehen.
Und was ist dann genau passiert?
Du Bois: Ich habe nicht gesehen, wie der Häftling
gestorben ist. Ich habe aber gesehen, wie sie die Leute - und auch den
später Verstorbenen - gefesselt und für den Flug vorbereitet
haben.
War das eine brutale Szene?
Du Bois: Nein, es war eigentlich sehr ruhig. Nur diese
eine Person verursachte offenbar Probleme. Aber ich konnte keine
Gewalttätigkeiten feststellen.
Und wie kam es dann zum tragischen Tod?
Du Bois: Das war sehr überraschend. Plötzlich
stellte man fest, dass es dem Mann offenbar schlecht ging. Sein Puls
wurde schwach. Die zuvor schon alarmierte Ambulanz kam. Aber es war
schon zu spät. Es ist alles sehr schnell gegangen.
Spielte die Tatsache mit eine Rolle, dass der
Häftling durch seinen Hungerstreik schon geschwächt war?
Du Bois: Das sind Spekulationen. Das kann mit ein Grund
gewesen sein. Aber das müssen die Staatsanwaltschaft und die
Gerichtsmedizin jetzt genau abklären.
Und Sie haben dann gleich vor Ort sofort die ganze
Ausschaffung gestoppt?
Du Bois: Ja. Die Leute waren ja schon im Flugzeug. Und
zusammen mit dem Polizeikommandanten haben wir entschieden, dass die
Operation unter diesen Umständen sofort abgebrochen wird.
Und was passiert jetzt, bevor die Ausschaffungen wieder
weitergehen?
Du Bois: Es gibt zwei Möglichkeiten. Wenn die
Untersuchungen zeigen, dass dieser tragische Tod nicht durch die
Zwangsmassnahmen verursacht worden ist, werden wir diese Ausschaffungen
wieder aufnehmen. Dann wäre es einfach ein unglücklicher
Unfall gewesen.
Aber der Mann ist ja während der Zwangsausschaffung
gestorben.
Du Bois: Wenn es sich aber herausstellt, dass der Tod des
Häftlings als Folge der Zwangsmassnahmen eingetreten ist, dann
müssen diese Massnahmen angepasst werden. Sollten Fehler im Ablauf
geschehen sein, werden wir die entsprechenden Weisungen zusammen mit
der Polizei so anpassen, dass solche tragischen Vorfälle nicht
mehr passieren können.
--
Tod bei Ausschaffung
Ein 29-jähriger Nigerianer ist gestern kurz vor der
Ausschaffung auf dem Flughafen Zürich gestorben. Er hatte sich
offenbar in einem Hungerstreik befunden. Der Mann habe nur unter
Anwendung von Gewalt gefesselt werden können. Kurze Zeit
später habe er plötzlich gesundheitliche Probleme gezeigt,
worauf die Fesseln gelöst worden seien. Trotz
Reanimationsmassnahmen verstarb er. (sda)
---
Indymedia 19.3.10
ORS - scheiben kaputt ::
AutorIn : Tod im Transit
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag, ein Tag nach dem Tod
eines Ausschaffungshäftlings in Kloten, sind ca. 5 Fenster beim
Hauptbüro der ORS (Privatfirma und Verwalterin des
Transit-Gefängnisses) zerschlagen worden.
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10vor10 18.3.10
Todesfall bei der Ausschaffung
Kurz bevor er die Schweiz hätte verlassen müssen, ist
ein 29-jähriger Nigerianer gestorben. Er soll die Nahrungsaufnahme
seit einigen Tagen verweigert haben. Er starb, als die Polizei ihn
gestern für die Ausschaffung zum Flugzeug bringen wollte.
"10vor10" geht der Frage nach, was bei der geplanten Ausschaffung genau
passiert ist.
http://videoportal.sf.tv/video?id=227f60b8-22fd-45f6-afe5-bb581a2ffe02
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News-Clip (20.28) 18.3.10
BFM-Direktor zu Tod des Ausschaffungshäftlings
Ein Ausschaffungshäftling ist am Mittwochabend am Flughafen
Zürich kurz vor dem Start eines Sonderfluges ins nigerianische
Lagos verstorben. Just an diesem Abend wollte sich der Direktor des
Bundesamtes für Migration (BFM), Alard Du Bois-Reymond, ein Bild
davon machen, wie Zwangsausschaffungen ausgeführt werden. Warum
der 29-jährige Nigerianer starb, kann aber auch er sich nicht
erklären, wie "10vor10" berichtet.
http://videoportal.sf.tv/video?id=283819dc-5345-418e-bdd9-926ae74e4e06
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Tagesschau (19.30) 18.3.10
29-Jähriger stirbt bei Ausschaffung - vor den Augen des
BFM-Direktors
Ein nigerianischer Ausschaffungshäftling ist am
Zürcher Flughafen gestorben. Offenbar hatte er versucht, sich mit
Gewalt seiner Ausschaffung zu widersetzen.
http://videoportal.sf.tv/video?id=df667fa2-f726-4674-94d2-09447a4fd41d
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Schweiz aktuell 18.3.10
29-Jähriger stirbt bei Ausschaffung - vor den Augen des
BFM-Direktors
Ein 29-jähriger Nigerianer ist kurz vor der Ausschaffung
auf dem Flughafen Zürich gestorben. Er hatte sich offenbar im
Hungerstreik befunden.
http://videoportal.sf.tv/video?id=c9e8e2bf-676f-4289-b40d-0eba863c70ed
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Blick am Abend 18.3.10
Asylbewerber tot bei Ausschaffung
HUNGERSTREIK
Nigerianer stirbt am Flughafen Kloten - Bund stoppt
Ausschaffungen.
Drama um einen abgewiesenen Asylbewerber: Der
29-Jährige wehrte sich gestern gegen seine Ausschaffung nach
Lagos. Mit Hungerstreik und renitentem Verhalten. Jetzt ist er tot. Was
ist passiert?
Der wegen Drogendelikten polizeilich bekannte Nigerianer
habe mehrere Tage nichts mehr gegessen, sagte die Polizei. Als ihn die
Beamten gestern gewaltsam fesselten, hatte er plötzlich
"gesundheitliche Probleme". Die Sanität konnte den Nigerianer
nicht mehr retten: Er starb kurz darauf auf dem Gelände des
Zürcher Flughafens.
Wegen des Todesfalls hat das Bundesamt für Migration
jetzt alle Sonderflüge zur Ausschaffung von abgewiesenen
Asylsuchenden per sofort gestoppt. Manbedaure den "Vorfall", heisst es
in einer Mitteilung.
Bei den sogenannten Sonderflügen werden die
Asylsuchenden, die sich früheren Rückführungen
widersetzt haben, in ihr Heimatland gebracht. Dabei ist es üblich,
dass die Menschen gefesselt werden. Zu ihrer eigenen Sicherheit, so die
Polizei. Rechtsmediziner sollen nun die Todesursache ermitteln. noo
---
Tagesschau (13.00) 18.3.10
Ein nigerianischer Ausschaffungshäfling ist am Zürcher
Flughafen gestorben. Offenbar hatte er während Tagen versucht,
durch einen Hungerstreik seine Ausschaffung zu verhindern.
http://videoportal.sf.tv/video?id=c73c0b2e-c0f4-4fe7-9742-e92b2ec524b9
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kapo.zh.ch 18.3.10
Zürich-Flughafen: Ausschaffungshäftling verstorben
Ein Ausschaffungshäftling ist am Mittwochabend (17.3.2010)
im Flughafen Zürich kurz vor dem Start des Sonderfluges nach
Lagos/Nigeria verstorben. Der 29-Jährige, auf dessen Asylgesuch
das Bundesamt für Migration nicht eingetreten war, hatte nach
bisherigen Erkenntnissen seit einigen Tagen die Nahrungsaufnahme
verweigert und versuchte sich der Ausschaffung zu widersetzen. Er
konnte nur unter Anwendung von Gewalt gefesselt werden. Kurze Zeit
später zeigte er plötzlich gesundheitliche Probleme, worauf
die Fesseln gelöst wurden und das Begleiterteam und die sofort
beigezogene Sanität Reanimationsmassnahmen einleiteten. Trotzdem
verstarb er wenig später auf dem Flughafengelände.
Der 29-jährige Nigerianer, der polizeilich wegen
Drogenhandels verzeichnet war, sollte am Mittwochabend zusammen mit
weiteren 15 Ausschaffungshäftlingen mit einem Sonderflug nach
Nigeria ausgeschafft werden. Mit Sonderflügen werden diejenigen
Auszuschaffenden zurückgeführt, die sich früheren
Rückführungen widersetzt haben. Zur Gewährleistung der
Sicherheit werden die Rückzuführenden auf diesen
Sonderflügen gefesselt.
Wegen des Todesfalls wurde in Absprache mit dem Bundesamt
für Migration auf die Durchführung des Sonderflugs verzichtet
und die anderen Ausschaffungshäftlinge in die einzelnen Kantone
zurückgeführt.
Die Umstände des Todes werden durch die zuständige
Staatsanwaltschaft untersucht. Für die Abklärung der
Todesursache wurde das Institut für Rechtsmedizin beigezogen.
Kantonspolizei Zürich
Chef Informationsabteilung / Tel. 044 247 36 36
Marcel Strebel
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SANDKASTEN
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Sonntag 21.3.10
Armeechef Blattmann sieht Demonstranten als Bedrohung
Seine Folienpräsentation schürt die
Befürchtung, er wolle die Armee gegen Kundgebungen einsetzen
Bern Offenbar erwägt Armeechef André
Blattmann, die Armee auch gegen Demonstranten in der Schweiz
einzusetzen. Diese Befürchtung hat er bei Politikern mit einer
Folie geweckt, die er kürzlich in der Sicherheitspolitischen
Kommission des Nationalrats präsentierte. Unter dem Titel
"Bedrohungen/Risiken für die Schweiz" zeigte Blattmann acht Fotos
- darunter eines, auf dem ein Demonstrationszug durch die Berner
Innenstadt zu sehen ist. Das Transparent, das die Kundgebungsteilnehmer
tragen, trägt die Aufschrift "Für die soziale Revolution".
Blattmanns Absicht, die Armee gegen Demos einzusetzen, sei
"völlig unhaltbar", sagen sowohl SP-Nationalrätin Evi
Allemann als auch der grüne Nationalrat Jo Lang. Seit den blutigen
Armee-Einsätzen gegen streikende Arbeiter und Demonstranten in der
ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts seien derartige
Einsätze "tabu", findet Allemann. Ihr Parteikollege Max Chopard
hat letzte Woche eine Motion eingereicht, in der er den Bundesrat
auffordert, die noch bestehende Rechtsgrundlage für solche
Einsätze aufzuheben.
Blattmann, der letzte Woche bereits mit seiner
Europa-Gefahrenkarte für Aufregung gesorgt hatte, äusserte
sich vor der Kommission nicht direkt zum Demo-Foto. Zu den entstandenen
Befürchtungen mag er keine Stellung beziehen. Sein Sprecher sagt,
er könne den Eindruck, die Armee solle auch gegen Demos eingesetzt
werden, "weder bestätigen noch dementieren".
Andreas Windlinger
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Sonntag 21.3.10
Armeechef zeigt Bedrohungs-Foto mit Demonstranten
André Blattmanns Folien-Präsentation
enthält heikles Bild
Von Othmar von Matt
Die umstrittene Folienpräsentation von Armeechef
André Blattmann vor der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK)
enthält nicht nur eine Gefährdungskarte von Europa - sondern
auch ein brisantes Foto, auf dem zivile Demonstranten bei einer
Manifestation in Bern zu sehen sind.
Demonstranten als Bedrohung, die zu einem Armee-Einsatz
führen könnte? Der SiK-Vizepräsident und Aargauer
SP-Nationalrat Max Chopard ist alarmiert. Das Demo-Bild beweise, dass
offenbar noch immer Szenarien entwickelt würden, die Armee im
Falle sozialer Unruhen im Innern einzusetzen. Chopard: "Dieses Szenario
erinnert mich an die 30er-Jahre, ist historisch schwer belastet und hat
mit der Realität von 2010 gar nichts zu tun." Da tauche das alte
"Feindbild des Zivilen auf - die Armee gegen Zivile". Weder Blattmann
noch Verteidigungsminister Ueli Maurer wollten sich zum zivilen
Bedrohungsszenario äussern.
Max Chopard hat inzwischen eine Motion eingereicht, mit
der er Ordnungsdienst-Einsätze der Armee gegen die
Zivilbevölkerung in Friedenszeiten verbieten will. "Der Bundesrat
wird eingeladen, die Rechtsgrundlagen so anzupassen", steht im
Vorstoss, "dass der bewaffnete Einsatz der Armee gegen die eigene
Bevölkerung in der Schweiz ausgeschlossen ist." Chopard: "Der
Einsatz in Friedenszeiten gegen die eigene Bevölkerung ist ein
alter Zopf, der abgeschnitten gehört. Das ist Aufgabe der Polizei.
Sie kennt die Gefahren der Eskalation, weiss, wie sie damit umgehen
muss und ist professionell ausgerüstet."
Gemäss zwei Quellen hat Bundesrat Maurer seinem
Armeechef einen Maulkorb erteilt. Blattmann ist aber nicht
gefährdet.
> Seite 5
--
Demo-Verbot für Armee?
Ein Berner Demo-Bild auf der Risiko-Präsentation von
Armeechef André Blattmann erregt die Gemüter
von Othmar von Matt
Ein Demo-Bild auf Armeechef Blattmanns
Risiko-Präsentation weckt alte Ängste. SiK-Vizepräsident
Max Chopard (SP) will nun Armee-Einsätze gegen die
Zivilbevölkerung in Friedenszeiten verbieten lassen.
Als André Blattmann der Sicherheitspolitischen
Kommission (SiK) des Nationalrats seine umstrittene Risiko-Folien
präsentierte, stockte linken Sicherheitspolitikern der Atem. Links
der umstrittenen Europa-karte waren acht Bilder zu sehen, die in vier
Kategorien die Gefahren visualisieren, welche Blattmann ausmacht:
Kriege, Terrorismus, Wirtschaftskrise und soziale Unruhen.
Es war das Bild mit einem Demonstrationszug, das den
Linken ins Auge stach. Er marschiert in Bern am Zytglogge vorbei die
Kramgasse Richtung Bärengraben hinunter. Um welche Demo es sich
handelt, bleibt unklar. Das Bild ist zu klein. Vielleicht um eine
1.-Mai-Demo, vielleicht um einen antifaschistischen Spaziergang,
vielleicht um die unbewilligte Gegendemo zum SVP-Wahlaufmarsch vom 6.
Oktober 2007. Das VBS will nichts sagen. "Zum Foliensatz äussern
wir uns in keiner Form", sagt Christian Burri vom Bereich Verteidigung.
"Dieses Szenario erinnert mich an die 30er-Jahre, ist geschichtlich
schwer belastet und hat mit der Realität von 2010 gar nichts zu
tun", sagt SP-Nationalrat Max Chopard. Da tauche erneut das alte
Feindbild des Zivilen auf - "die Armee gegen Zivile".
Dagegen kämpft Chopard nun mit einer Motion
entschieden an. "Der Bundesrat wird eingeladen, die Rechtsgrundlagen so
anzupassen", steht in der Motion, "dass der bewaffnete Einsatz der
Armee gegen die eigene Bevölkerung in der Schweiz ausgeschlossen
ist." Das Demo-Bild beweise, dass offenbar noch immer Szenarien
entwickelt würden, die Armee im Falle sozialer Unruhen im Innern
einzusetzen. Die Vorstellung sei "unerträglich", dass Schweizer
Soldaten gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt würden und
dabei sogar von der Schusswaffe Gebrauch machen könnten. Chopard:
"Das wäre ein unglaubliches Drama für ein demokratisches Land
mit einer Milizarmee." Deshalb will er das Militärgesetz
ändern, das in Artikel 1 (durch die Bundesversammlung) oder in
Artikel 77 (dringlich durch den Bundesrat) den bewaffneten Einsatz der
Armee im Ordnungsdienst nach wie vor zulässt. Chopard: "Diesen
alten Zopf gilt es abzuschneiden." Die Milizarmee sei damit
überfordert, "das Risiko eines Desasters ist zu gross".
Die Schweiz hat eine leidvolle Geschichte im Einsatz der
Armee im Ordnungsdienst gegen die Zivilbevölkerung. 45 Tote gab es
zwischen 1848 und 1995, wie ein Vortrag von Juri Jaquemet aufzeigt,
Historiker und Doktorand an der Uni Bern. In schlechter Erinnerung ist
vor allem der Einsatz der Armee im Landesstreik von 1918 (drei Tote).
Doch zu einem eigentlichen Desaster war es am 9. November 1932
gekommen: Für eine Arbeiterdemonstration gegen Rechtsextremismus
forderte der Kanton Genf die Armee an. Diese entsandte eine
Rekrutenschule. Die Rekruten verloren die Nerven, schossen in die
Menge. Die traurige Bilanz: 13 Tote, 65 Verletzte.
Bilder, die Chopard nie wieder sehen will. Genau so, wie
auch sein verstorbener Vater. Alt Nationalrat Max Chopard hatte
Armee-Einsätze gegen Zivile schon 1984 zu verbieten versucht. Mit
einer parlamentarischen Initiative.
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NEONAZIS
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Sonntag 21.3.10
Denunziation ging daneben
Ein angeblich rechtsextremer Roche-Lehrling kommt mit
einem Verweis seines Arbeitgebers davon
Von Bojan Stula
Weil er von linksautonomen Kreisen als Neonazi denunziert
wurde, führte die Roche bei einem 18-jährigen
Chemielaboranten-Lehrling aus Bad Säckingen eine umfassende
Untersuchung durch.
Als Neonazi blossgestellt wurde der 18-jährige
Roche-Lehrling Christoph R.* von linksautonomen Aktivisten der
Freiburger "Antifa" (siehe "Sonntag bz" vom 21.Februar). Dazu gingen
anonym versandte Warn-Mails an seinen Arbeitgeber, seine Eltern und
einen Klassenkollegen an der Allgemeinen Gewerbeschule Basel ein. Ziel
dieser Kampagne war es, die angeblichen Umtriebe des äusserlich
unscheinbaren Bad Säckingers in der Kameradschaft "Sturm
Hochrhein" an die Öffentlichkeit zu zerren - ein typisches
Vorgehen im derzeit eskalierenden Konflikt zwischen Links- und
Rechtsextremen im südbadischen Raum.
Die Roche und die Allgemeine Gewerbeschule Basel (AGS)
haben diese Hinweise ernst genommen und - im Fall der Roche - eine
"umfassende Untersuchung" durchgeführt, wie Mediensprecherin
Martina Rupp bestätigt. Auch AGS-Rektor Hans-Ruedi Hartmann nahm
sich persönlich dieser Geschichte an. Christoph R. soll sich laut
"Antifa" in rechtsextremen Foren damit gebrüstet haben, in der
Roche die Bombenherstellung aus Chemikalien zu erlernen und vom
Schulcomputer aus auf Neonazi-Seiten im Internet zu surfen.
"Fast alle Vorwürfe sind falsch", sagt
Roche-Sprecherin Rupp nach Abschluss der Untersuchung. Zudem könne
ein Roche-Laborant nach Feierabend nicht einfach mit gefährlichen
Chemikalien unter dem Arm aus dem Betrieb spazieren. Völlig
ungeschoren kommt der 18-jährige Lehrling trotzdem nicht davon: Da
die Überprüfung seines Computers ergeben habe, dass Christoph
R. übermässig viel Arbeitszeit für den privaten
Computergebrauch abzweigte, erhält er von der Roche eine
offizielle Verwarnung. Sein Lehrvertrag wird dennoch
weitergeführt. "Der Betroffene hat sich bei der Untersuchung sehr
offen und kooperativ gezeigt", sagt Rupp, "zudem sind seine
Lehrlingsleistungen gut".
Dass es sich bei Christoph R. tatsächlich um einen
potenziell gefährlichen Neonazi handelt, hält auch
Gewerbeschule-Rektor Hans-Ruedi Hartmann für unwahrscheinlich:
"Die Schulleistungen und sein Verhalten in der Klasse sind
unauffällig. Während der Schulzeit hat er vom Schulcomputer
aus nichts gemacht." Das Thema will der frühere Spitzenhandballer
dennoch im Auge behalten; sowohl was die Person von Christoph R. angeht
als auch die allgemeine Bedrohungssituation an seiner Schule. "Das
Bedrohungsmanagement an Schulen hat sich in den letzten 20 Jahren
deutlich gewandelt", sagt Hartmann. Niemand wolle sich heutzutage den
Vorwurf gefallen lassen, vor einer potenziellen Gefahr wie
Amokläufern oder Gewalttätern zu lange die Augen verschlossen
zu haben. Unabhängig vom Vorfall mit Christoph R. wird sich die
AGS-Lehrerschaft demnächst im Rahmen einer dreitägigen
Lehrerfortbildung mit dem Themenkomplex "Bedrohung und Sicherheit"
auseinandersetzen.
Was hingegen den illegalen Gebrauch von Schulcomputern
angeht, sieht der AGS-Rektor keine rasche Patentlösung. Das
schuleigene WLAN-Netz und die Internetanschlüsse im
Schülerraum seien in den Pausen nur schwer kontrollierbar. "Die
Jungen sind in solchen Dingen derart versiert, dass sie
Kontrollmechanismen wohl problemlos aushebeln können."
Damit ist der vermeintliche Neonazi Christoph R.
wesentlich glimpflicher davon gekommen als der Vorsitzende der Basler
Pnos Philippe Eglin, dem im vergangenen November wegen rechtsradikaler
Aktivitäten bei Novartis gekündigt wurde. Ärgern wird
das in erster Linie die "Antifa"-Bewegung, die sich sehr viel auf den
Wahrheitsgehalt ihrer Neonazi-Entlarvungen einbildet. Um an ihre
Informationen zu gelangen, hacken sich die Breisgauer Linksautonomen
illegal in Computer von Besuchern rechtsradikaler Interseiten ein. Wie
selektiv aber die Wahrnehmung der Linksautonomen sein kann, beweist die
Berichterstattung über die jüngste Basler
Anti-WEF-Demonstration auf der "Antifa"-eigenen Homepage: Die vom
linksradikalen "Schwarzen Block" verursachten Schäden am
Gebäude der Basler Kantonalbank werden mit keinem Wort
erwähnt.
*Name geändert
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BIG BROTHER
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Sonntag 21.3.10
"Der Bund kann nicht tun und lassen, was ihm gefällt"
Der Basler FDP-Nationalrat Peter Malama fordert vom Bund,
bei der inneren Sicherheit die Kompetenzen zwischen Bund und Kantonen
endlich klar zu regeln
Von Daniel Ballmer
Das Bundesamt für Polizei will mehr Kompetenzen:
Bürger sollen an öffentlichen Orten gefilmt, abgehört
oder kontrolliert werden dürfen - bevor ein Ermittlungsverfahren
eröffnet wird, und bevor es zum ordentlichen Strafverfahren kommt.
Das neue Polizeigesetz wurde in der nun abgeschlossenen Vernehmlassung
zerpflückt. Befürchtet wird ein eigentlicher Angriff auf die
Grundrechte. Die wachsende Zentralisierung der Polizeigewalt stehe im
klaren Widerspruch zur revidierten Bundesverfassung. Gleich
grundsätzlich über die Bücher bei der Inneren Sicherheit
will der Basler FDP-Nationalrat Peter Malama. Per Postulat fordert er
den Bundesrat auf, die Kompetenzen zwischen Bund und Kantonen zu
klären.
Herr Malama, steht es so schlecht um die innere
Sicherheit, dass der Bundesrat grundlegend über die Bücher
muss?
Peter Malama: Sicher, die innere Sicherheit unseres Landes
ist zurzeit gewährleistet. Das System zur Gewährleistung der
inneren Sicherheit der Schweiz stammt aber in seinen wesentlichen
Teilen aus der ersten Bundesverfassung von 1848. Damals wie heute
unterscheidet die Verfassung zwischen äusserer und innerer
Sicherheit. Den Schutz der inneren Sicherheit weist sie primär den
Kantonen zu, jenen der äusseren Sicherheit dem Bund. In den
letzten 160 Jahren hat sich die Welt aber deutlich verändert und
mit ihr auch die Bedrohungsformen. Es ist daher notwendig, die geltende
Kompetenzordnung von Grund auf zu überdenken.
Der Bund will die Polizeigewalt zentralisieren. Das ist
für die Kantone doch begrüssenswert. Sie könnten Kosten
sparen.
Nach heutigem Recht ist die innere Sicherheit primär
Sache der Kantone. Sollte man dem Bund hier mehr Kompetenzen
zugestehen, muss das in der Bundesverfassung klar geregelt werden. Der
Bund kann nicht tun und lassen, was ihm gefällt. So sehen es die
Regeln unseres liberalen Rechtsstaates vor. Gerade in einem so
sensiblen Bereich wie der inneren Sicherheit, die letztlich dem Schutz
unser aller Freiheit dient, darf das Recht nicht aus Kostengründen
gebogen, darf die Verfassung nicht "geritzt" werden.
Welche Nachteile befürchten Sie?
Reisst der Bund Aufgaben ohne Verfassungsgrundlage an
sich, so ist dies rechtlich schlicht unzulässig.
An welchen konkreten Schnittstellen treten heute Probleme
auf?
Zu nennen sind etwa Massnahmen gegen Hooliganismus, die
Gestaltung der Sicherheitsdienste, des öffentlichen Verkehrs oder
die Erfüllung von Aufgaben zum Schutz der inneren Ordnung durch
die Armee. Es gäbe noch zahlreiche weitere Bereiche wie das
Vorgehen gegen die organisierte Kriminalität, die Auslagerung
hoheitlicher Sicherheits- und Polizeiaufgaben an Private, die
Organisation des Staatsschutzes in Bund und Kantonen oder der Schutz
von Grossanlässen und internationalen Konferenzen, in denen
aufgrund der heute geltenden Kompetenzordnung Unklarheiten und Probleme
auftreten. Teilweise ist es sachlich falsch, den Kantonen Aufgaben
aufzubürden, die diese von Anfang an überfordern; so etwa bei
der Internetkriminalität.
Kantonale Korps sind heute teilweise überlastet.
Über Konkordate werden zu Anlässen Polizisten aus
verschiedenen Kantonen zusammengezogen. Warum also muss jeder Kanton
überhaupt ein umfassendes Polizeikorps führen?
Tatsächlich stossen die kantonalen Polizeikorps vor
allem in personeller Hinsicht vermehrt an ihre Grenzen. Schon in
eigentlich alltäglichen Situationen - etwa bei Fussballspielen
oder grösseren Veranstaltungen - muss auf Polizisten aus anderen
Kantonen zurückgegriffen werden. An Anlässen wie dem
jährlichen WEF stehen neben der Kantonspolizei Graubünden und
den Polizeikonkordaten sogar die Armee sowie ausländische
Polizisten im Einsatz. Gerade ein Einsatz der Armee im Innern ist aber
in unserer Verfassung nur für Notfälle vorgesehen. Zudem hat
ein Miliz-Soldat, der WK leistet, niemals eine auch nur annähernd
so gute polizeiliche Ausbildung wie ein Kantonspolizist. Die Frage nach
der Notwendigkeit von 26 kantonalen Polizeikorps könnte im Rahmen
einer Klärung der Kompetenzen im Bereich der inneren Sicherheit
bestimmt gestellt werden. Für eine Antwort ist es jetzt aber noch
zu früh.
Wo könnte eine Bundespolizei die Kantone entlasten?
Die Bundespolizei verfolgt schon heute spezielle Delikte
wie etwa Sprengstoffvergehen. Das ist sinnvoll. Auch das
Grenzwachtkorps leistet im Grenzraum einen massgeblichen Beitrag zur
Gewährleistung der inneren Sicherheit; hier stellt sich allerdings
die Frage, wo die Grenze aufhört. Auch die Armee, vor allem die
Verbände der Militärischen Sicherheit, können die
kantonalen Behörden ausnahmsweise entlasten. Soll die Schweiz aber
über eine eigentliche Bundessicherheitspolizei verfügen,
bedarf diese einer verfassungsmässigen Grundlage. Eine solche
fehlt heute. Und sie lässt sich mit einem einfachen Gesetz auch
nicht ersetzen.
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DROGEN LU
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NLZ 20.3.10
Kommt jetzt die Kokain-Grossoffensive?
Von Jérôme Martinu und Emanuel Thaler
Das grosse Hanfgeschäft ist zerschlagen - so
bilanziert die Staatsanwaltschaft die auslaufende "Greenfire"-Aktion.
Doch was ist mit dem boomenden Kokainhandel?
"Die Luzerner Strafuntersuchungsbehörden hatten
bisher noch nie eine Aktion mit so grossem Aufwand zu verarbeiten." Das
sagt der geschäftsleitende Luzerner Staatsanwalt Daniel Burri zur
Aktion "Greenfire". Bei dieser holten Polizei und
Strafuntersuchungsbehörden ab Ende 2003 zum grossen Schlag gegen
den Cannabishandel aus, nachdem dieses Geschäft zunehmend
professioneller und vernetzter geworden war. Die Aktion zog Kreise bis
in die Kantone Uri, Schwyz, Aargau, Bern und Solothurn. Erst in diesen
Tagen kommen die letzten Fälle mit einigen der mutmasslichen
Drahtzieher vor Gericht (siehe gestrige Ausgabe).
Die Dimensionen der Ermittlungsaktion "Greenfire" sind
enorm:
• 990 kg Hanfpflanzen, Marihuana und Haschisch im Wert von
rund 10 Millionen Franken wurden beschlagnahmt.
• Es gab fast 200 Hausdurchsuchungen, rund 260 involvierte
Personen wurden ermittelt und angezeigt.
• Bankkonten mit insgesamt 3 Millionen Franken wurden
blockiert.
• 50 Hanf-Indooranlagen wurden geräumt und 14
Hanfläden geschlossen.
Spezialbüro geht Ende Jahr zu
Anfang 2006 wurde ein spezialisiertes Büro, bestehend
aus einem Untersuchungsrichter und einem -beamten, eingesetzt. Der
grösste Teil der Verfahren ist inzwischen abgeschlossen. Daniel
Burri: "Wir rechnen damit, dass das Büro Ende Jahr seine Arbeit
einstellen kann." Dass die Beweislage der Fälle stabil war, zeigt
diese Tatsache: Vor Kriminalgericht gab es bisher keinen einzigen
Freispruch. Zurzeit sind noch Verfahren gegen 17 Personen hängig.
Stellt sich die Frage, was "Greenfire" aus Sicht der
Strafuntersuchungsbehörden gebracht hat. Der
geschäftsleitende Staatsanwalt Burri ist überzeugt: "Der
Aufwand hat sich gelohnt. Die Aktion war ein erfolgreicher und
nachhaltiger Schlag gegen den gewerbs- und bandenmässigen
Cannabishandel." Drogenhanf sei nicht mehr einfach in einem Laden zu
kaufen.
Kritik aus der Öffentlichkeit
Das Vorgehen von Polizei und Untersuchungsbehörden
hatte indes in Teilen der Öffentlichkeit auch für Kritik
gesorgt, die bis heute anhält. Dies auch vor dem politischen
Hintergrund der 2006 eingereichten, Ende 2008 letztlich aber klar
verworfenen Volksinitiative zur Hanflegalisierung. Kritikpunkte: Die
Hanfläden hätten sich an Regeln gehalten, hätten keinen
Stoff an Jugendliche verkauft, und Mehrwert- und Einkommenssteuer
bezahlt. Heute würden Deals im Versteckten stattfinden, so sei
nicht einmal mehr ein Minimum an Jugendschutz möglich.
Daniel Burri lässt diese Argumentation nicht gelten.
Drogenhanf sei mehrfach auch an Jugendliche verkauft worden. Und:
"Steuerertrag hin oder her: Tatsache ist, dass der Handel mit
Drogenhanf nach wie vor strafbar ist. Die Shop-Betreiber erzielten in
Kenntnis des Verbotes exorbitante Gewinne."
Im Drogenhandel hat sich der Fokus inzwischen
bekanntermassen hin zur Modedroge Kokain verschoben. "Greenfire" hat
Ermittlungsbehörden und Justiz aber auf Jahre hinaus
beschäftigt. Grund dafür, dass jetzt Ressourcen fehlen, um
Kokaindealer zu verfolgen? Daniel Burri verneint: "Wir richten das
Hauptaugenmerk beim Betäubungsmittelhandel nach wie vor auf die
Verfolgung von harten Drogen wie Heroin und Kokain." Fast
wöchentlich kommt es zu Verfahren gegen Kokaindealer und
-konsumenten.
Kokain: Andere Strukturen
Startet also demnächst eine Kokain-Grossaktion
"Whitepowder"? Bei den Untersuchungsbehörden hält man den
Ball flach. Weil der Kokainhandel ganz anders als das Hanfgeschäft
organisiert sei, sei auch die Vorgehensweise anders. "Beim Hanf konnten
die Ermittler relativ direkt auf Händler und Produzenten los. Die
Kiffer standen nie primär im Fokus. Beim Kokain hingegen
führt der Weg via Konsument Schritt für Schritt nach oben",
erklärte Daniel Burri. Ob Grossaktionen durchgeführt werden,
hänge von der Strategie der Untersuchungsbehörden ab.
"Möglich ist dies immer."
Mit dem aktuellen Personalbestand sind die Luzerner
Strafuntersuchungsbehörden derzeit aber "hart an der
Belastungsgrenze". Während die Polizei in den nächsten Jahren
40 neue Stellen besetzen kann und auch die Gerichte personell ausbauen,
stehen die Zeichen bei der Staatsanwaltschaft auf "Halten". Burri: "Von
unserer Reorganisation per Anfang 2011 erhoffen wir uns einen gewissen
Effizienzgewinn. Wir wollen nicht auf Vorrat ausbauen." Allerdings sei
man dann darauf angewiesen, dass in Akutsituationen auch
zusätzliche Mittel und/oder Personal zur Verfügung gestellt
würden. Der geschäftsleitende Staatsanwalt ist
zuversichtlich: "Von den politischen Behörden haben wir klare
Signale, dass wir auch in Zukunft auf Unterstützung zählen
können."
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Kiffer R. S. (26): "Einstieg war früher sicher
leichter"
Eine genaue, aktuelle Zahl der Cannabis konsumierenden
Personen im Kanton Luzern gibt es nicht. Gemäss einer
regierungsrätlichen Antwort auf einen Vorstoss geht man von rund
20 000 Konsumenten aus. Diese Schätzung datiert vom Mai 2002.
Der Luzerner R. S.* kifft seit seinem 17. Lebensjahr. Der
Berufstätige konsumiert täglich, "jeweils am Abend, nie
während der Arbeit." Angefangen hat der heute 26-Jährige
damals nicht zuletzt deswegen, weil Cannabis ohne Probleme
verfügbar war - in den zahlreichen, sogenannten Hanfläden in
Luzern. "Es war einfach, an Gras zu kommen", erzählt R. S.
Allerdings: Die Alterskontrollen in den Shops seien relativ konsequent
gewesen. Erst ab 18 Jahren habe man Drogenhanf erhalten. "Am Anfang hat
man dann halt einen älteren Kollegen vorgeschickt", so R. S.
Nachschub: Kurzzeitig schwierig
Nach der Aktion "Greenfire" sei es kurzzeitig schwierig
gewesen, an Gras zu kommen, sagt R. S. "Am Anfang ging es zurück
auf die Strasse, und die Dealer hatten nicht nur Hasch dabei." Er
selber habe aber nie Kokain oder Pillen genommen, versichert er. Davor
habe er stets Respekt gehabt, sagt der 26-Jährige. Zur Zeit der
Hanfshops sei gemunkelt worden, dass es dort auch Drogenpilze, so
genannte "Magic Mushrooms", gebe, er habe das selber aber nie gesehen.
Dass die Polizei den Hanfmarkt eingedämmt hat, glaubt R. S. nicht.
"So wie ich es erlebe, kiffen heute immer noch gleich viele Personen,
darunter auch Jugendliche. Im Gegensatz zur Zeit vor ‹Greenfire› merke
ich keinen Unterschied."
Dealernummern im Handy
Mittlerweile habe er die Nummern von Dealern im Handy
gespeichert, keiner handle im grossen Stil. "Einer bessert sich sein
Gehalt auf, der andere finanziert so seinen eigenen Konsum." Zwar
würden die Telefonnummern von Zeit zu Zeit wechseln, dass einer
seiner Dealer aber je verhaftet worden wäre, ist R. S. zumindest
nicht bekannt.
"Es war bequem"
Eine leichte Verschärfung hat S. bei den Preisen
bemerkt: "Wobei es schwierig ist, das genau zu beziffern." Ob er sich
die Hanfläden zurückwünscht? R. S. überlegt
länger: "Es war in erster Linie bequem, der Einstieg war sicher
leichter. Und man wusste auch, was man bekommt."
* Name der Redaktion bekannt
--
Nachgefragt
Sind die Cannabis- preise gestiegen?
Wie hat sich aus Sicht der Luzerner Polizei die Aktion
"Greenfire" auf den Hanfmarkt ausgewirkt?
Urs Wigger: Die Aktion bewirkte, dass es offiziell keine
Hanfläden mehr gibt. Vor allem Jugendliche hatten es vorher sehr
einfach, in Hanfläden illegale Drogen zu kaufen.
Wurde Cannabis seither teurer?
Wigger: Der Preis ist gestiegen. Ob weniger konsumiert
wird, können wir nicht feststellen. Öffentlich sichtbar wird
aber weniger gekifft.
Welche Rolle spielen Hanfdealer und Kiffer heute im
Polizeialltag? Ist das "Gras" nachgewachsen?
Wigger: Die Situation hat sich stark verbessert. Nach wie
vor gibt es Hinweise auf den Hanfhandel, welchen nachgegangen wird.
Sporadisch werden weiterhin Indoor-Anlagen ermittelt und ausgehoben. Im
Verhältnis zu früher sind es aber wenige.
Ist ein Umstieg auf andere Rauschmittel zu beobachten?
Wigger: Nein.
Wie schätzt man die aktuelle Lage bei der Modedroge
Kokain ein?
Wigger: Der Kokainmarkt ist sehr markant und wird von der
Polizei im Rahmen der vorhandenen Mittel, mit dem entsprechenden
Ermittlungsaufwand, bekämpft.
Kennt man die Hintermänner und Umschlagplätze?
Wigger: Der Handel mit Kokain liegt zur Hauptsache in den
Händen von schwarzafrikanischen Banden. In Luzern gibt es auf
Strassen und Gassen keine grösseren Umschlagplätze. Es wird
vermehrt in Wohnungen gehandelt, wo Kleindealer ihren Stoff kaufen und
ihn nachher auf der Strasse umsetzen. Die Luzerner Polizei hat schon
mehrmals Kokainringe ausgehoben und die "Hintermänner" der Justiz
zugeführt.
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GEFANGENEN-INFO
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Indymedia 21.3.10
Die EU-Terrorliste und die Folgen ::
AutorIn : Redaktion des Gefangenen Info: http://www.political-prisoners.net
....über die Manifestierung des Feindstrafrechts in
Deutschland
"...Obwohl es ein "Anti-Terror-Verfahren" ist, geht es hierbei
nicht um die Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands. Es
geht um die Verteidigung Ankaras in Düsseldorf, einem Folter- und
Mörderregime und dessen Freiheiten. Die gleiche Freiheit oder die
"westlichen Werte" werden auch genauso am Hindukusch verteidigt. So
benennen sie ihren Krieg..."
(Cengiz Oban, JVA Düsseldorf)
In den politischen Prozessen gegen anatolische Linke in
Deutschland kommt nun ein neuer Paragraph zum tragen, dessen Vorgabe
die sog. EU-Terrorliste ist. Es handelt sich hierbei um eine Liste, die
allein auf den Informationen aus den verschiedenen europäischen
Geheimdiensten beruht und in nichtöffentlicher Sitzung vom
EU-Ministerrat beschlossen wird.
Menschen, die z.B. Spenden für politische Gefangene oder
gar soziale Projekte sammeln, können so, wie die Angeklagten
Cengiz Oban, Ahmet Istanbullu und Nurhan Erdem im demnächst
beginnenden Prozeß kriminalisiert werden. Allein ein Umstand wie
dieser, im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Mitgliedschaft in der
DHKP-C soll nun reichen, diese Menschen langfristig hinter Gitter zu
stecken. Der §4 Abs.4 des Außenwirtschaftsgesetzes stellt
genau das unter Strafe. Der Strafumfang kann bei gemeinschaftlichem
Verstoß bis zu 15Jahren Haft betragen. Dies geht somit weit
über das Strafmaß hinaus, um dass es bei einer alleinigen
Verurteilung nach §129b geht.
So reicht die Tatsache, dass die DHKP-C auf der EU-Terrorliste
steht aus, um Menschen denen keine wirkliche Straftat zur Last gelegt
werden kann, einfach wegzusperren. Eine verbindliche rechtliche
Prüfung, inwieweit Gruppen und Einzelpersonen "zurecht" auf der
Liste stehen ist nicht vorgesehen. Genauso wie Abwägungen im Sinne
des Völkerrechts, ob eine Organisation z.B. sich Mitteln legitimer
Selbstverteidigung gegen ein Terrorregime bedient. Wie willkürlich
solche Zuschreibungen sind zeigt der Umgang mit dem
südafrikanischen ANC und den Irakisch-Kurdischen Organisationen
wir der PUK. Beide Parteien wurden zu Beginn ihrer Aktivitäten
international als "terroristisch" eingestuft und zwischenzeitlich als
Befreiungsorganisationen geführt. Mittlerweile sind sie an der
Regierungsmacht in ihren Ländern beteiligt.
Selbst das höchste europäische Gericht, der
europäische Gerichtshof, dessen Entscheidungen für
Regierungen und nationale Gerichte bindend sind, kritisiert das
Verfahren der Erstellung der EU-Terrorliste als undemokratisch und
ausserhalb jeder juristischen Kontrolle. Nationale Gerichte haben keine
Möglichkeit gegen die Listung vorzugehen, selbst wenn betroffene
Menschen, in ihren elementarsten Menschenrechten beschnitten werden.
Der Sonderermittler des Europarats Dick Marty beschrieb in einer
Stellungnahme 2007, was die Aufnahme in die Terrorliste konkret
bedeutet: Die Betroffenen wurden nicht verständigt sondern
erfuhren davon, wenn sie über ihr Bankkonto verfügen wollten
oder eine Grenze überschritten. Es gab keine Anklage, keine
offizielle Benachrichtigung, kein rechtliches Gehör, keine
zeitliche Begrenzung und keine Rechtsmittel, gegen diese
Maßnahme. Wer einmal auf der Liste steht, hat kaum mehr eine
Chance auf ein normales Leben. Er ist Quasi vogelfrei, wird politisch
geächtet, wirtschaftlich ruiniert und sozial isoliert. Dazu kommen
Überwachungs- und Ermittlungsmaßnahmen, nicht nur gegen die
gelisteten Personen sondern auch gegen deren gesamtes Umfeld. Das kann
auch Personen betreffen, die ohne ihr eigenes Wissen in
geschäftlichen oder privaten Kontakt mit gelisteten Personen oder
Organisationen geraten. Die Betroffenen tragen schon heute ein erstmal
noch unsichtbares Stigma. Wenn selbst Teile des EU-Apparats wie Herr
Marty und der Europäische Gerichtshof kein gutes Haar an der
EU-Terrorliste lassen, wie kann es sein dass in Deutschland
migrantische Linke auf dieser Grundlage angeklagt werden?
Die Anwort gibt der sog. "Rechtsstaat", in dem er seine eigenen
Prinzipien so offensichtlich über Bord wirft, dass hinter dieser
Fassade das zum Vorschein tritt, was diesen Staat geschichtlich
geprägt hat und was heute wieder mehr und mehr zum Thema wird.
Es wird hier ein Grad politischer Justiz erreicht, dass dem
Feindstrafrecht entspricht. Freund und Feind sind klar auszumachen. Der
gemeinsame Kampf mit dem Folterregime der Türkei gegen aus guten
Gründen nach Deutschland immigrierte Linke wird
grenzübergreifend durchexerziert. Die guten Beziehungen zum
NATO-Partner Türkei und die gemeinsame wirtschaftliche und
politische Zusammenarbeit werden gepflegt, auch wenn sich der deutsche
Staat mit Folterern gemein macht.
Nicht zuletzt werden Folterspezialisten, wie der Chef der
Istanbuler Anti-Terror-Abteilung, als Zeugen der Anklage zu den
§129b-Prozessen in Stuttgart-Stammheim und Düsseldorf
eingeladen. Heute geht es erstmal "nur" um in Deutschland lebende
Migrant_innen. Wenn die Bundesanwaltschaft aber mit diesen
Anklagepunkten durchkommt, kann demnächst eine Spendensammlung von
Internationalist_innen mit fortschrittlichen oder andernorts von
Repression betroffenen Projekten ausreichen, um lange Jahre weggesperrt
zu werden. Jeder Beitrag für die Prozesskosten eines Gelisteten,
ob durch eine Spende oder die Veranstaltung einer Soliparty könnte
dann kriminalisiert werden. Öffentliche Aktionen wie das Sammeln
von Geld für die sandinistische Revolution in den 80ern, die
damals als "Waffen für El Salvador"-Kampagne unter anderem in der
TAZ beworben wurden, wären heute Grund genug alle Beteiligten
(inkl. den presserechtlich Verantwortlichen der TAZ) jeder materiellen
Lebensgrundlage zu berauben.
"Wenn das von der Bundesanwaltschaft angestrebte Vorgehen in
diesem Prozess in einer Art Präzedenzurteil bestätigt
würde, besteht die Gefahr, dass damit jegliche unerwünschte
politische Arbeit oder finanzielle Interaktion ohne angemessene
juristische und demokratische Kontrolle kriminalisiert werden
könnte." (Auszug aus einer Pressemitteilung der Anwältinnen
von Cengiz Oban)
Dieser Text ist in der der neuen Ausgabe des Gefangenen Info 353
erschienen.
Liebe Leserinnen und Leser,
diese Ausgabe steht wieder im Zeichen des 18. März, dem Tag
der politischen Gefangenen. Wir möchten uns an dieser Stelle
zunächst bei den Gefangenen bedanken, die uns aus diesem Anlass
Briefe geschrieben haben. Diese haben wir gerne aufgenommen und
abgedruckt. Briefe, die es aufgrund der schikanösen Kontrollen
noch nicht geschafft haben, in unseren Briefkästen anzukommen,
werden wir natürlich in der kommenden Ausgabe unterbringen.
Mittlerweile wurden wir über den anstehenden Prozess gegen
unsere Zeitung in Kenntnis gesetzt. Dieser findet am 21. April 2010 vor
dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin statt. Näheres dazu und zu
unserer Mobilisierung gegen die Einschüchterungs- und
Zensurversuche könnt ihr auf Seite 6 nachlesen.
Eine erfreuliche Nachricht in diesem Kontext ist der Freispruch
der Internetzeitung "scharf-links", die wegen derselben
Verleumdungsklage zu 12.000 Euro Strafe verdonnert werden sollte.
Und ebenfalls im selben Kontext steht der Schwerpunkt dieser
Ausgabe. Denn neben den laufenden §129b-Verfahren in
Stuttgart-Stammheim und Düsseldorf, der geplanten Auslieferung von
Faruk Ereren (sein Bild haben wir auf unserer Titelseite platziert) und
der Kriminalisierung der Gegenöffentlichkeit in Form von
Verleumdungsklagen beginnt am 11. März 2010 in Düsseldorf ein
weiterer §129b-Prozess. Und damit nicht genug; die
Solidaritätsbewegung sieht sich mit massiver Repression
konfrontiert. Kurz vor unserem Redaktionsschluss fand erneut eine
bundesweite Repressionswelle statt, bei der wieder zwei Personen wegen
angeblicher Mitgliedschaft in der DHKP-C verhaftet wurden. Wir haben
versucht, den uns zur Verfügung stehenden Platz
mit den wichtigsten Informationen zu füttern.
Aus aktuellem Anlass haben wir dem Appell gegen das
Gewerkschaftsverbot der anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft FAU auf
Seite 9 Platz eingeräumt. Da im Zuge der sozialen und
ökonomischen Krise Arbeitskämpfe an Heftigkeit zunehmen
werden, werden sich auch die Repressalien gegen
(Noch-)Beschäftigte mehren. Diese Entwicklung wollen wir als
GI-Redaktion im Auge behalten, ohne dass sich allerdings der Charakter
dieser Zeitschrift dadurch grundlegend verändern wird. Hinter den
Knastmauern sind Arbeitszwang und Niedrigstentlohnung Alltag; Elemente
dieses Knastalltags werden offensichtlich mehr und mehr
"vergesellschaftet".
Neben zwei Texten in unserer internationalen Rubrik, die das
Thema Folter behandeln, haben wir aus Italien die erste Erklärung
des kommunistischen Gefangenenkollektivs Aurora abgedruckt. Dem
Kollektiv gehören die revolutionären Gefangenen aus dem PC-pm
Prozess an. Des weiteren kündigen wir mit einem Interview den
Stuttgarter Antifa-Prozess und mit einem redaktionellen
Beitrag den Prozess gegen die österreichischen
TierrechtlerInnen an.
Wir bedanken uns schließlich noch bei Eva Haule, die uns
für unsere Aktivitäten zum 18. März in Berlin ihre
"Fotos gefangener Frauen" zur Verfügung gestellt hat und die wir
auf unserer Seite 20 ankündigen.
Wir verbleiben mit herzlichsten, solidarischen Grüßen
und beenden unser Vorwort mit unseren Parolen für den
diesjährigen 18. März:
Knastkampf ist Klassenkampf!
Freiheit für alle politischen und sozialen Gefangenen!
Die Redaktion
Das Gefangenen Info erscheint alle 6 Wochen ist zu beziehen
über: vertrieb@gefangenen.info
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ANTI-ATOM
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NZZ 22.3.10
Ein Tunnel und ein Arbeiterdorf für eine AKW-Baustelle
Planungsarbeiten für neue Atomkraftwerke werden
konkreter - obwohl ein Projekt "zu viel" vorliegt
Die Baustellen für neue AKW würden die
Dimensionen von Neat-Werkplätzen erreichen. Für den Standort
Mühleberg sind die Planungsarbeiten schon weit fortgeschritten.
Vorgesehen sind ein Tunnelbau, Brücken und ein Autobahnanschluss.
Davide Scruzzi
Die Stromunternehmen Axpo, BKW und Alpiq sind sich bei den
Verhandlungen um neue Atomkraftwerke ein grosses Stück
nähergekommen, wie kürzlich bei einer Ständeratsdebatte
zu hören war. Das Ziel des gemeinsamen Betriebs der Werke
erscheint damit klar erreichbar. Über die genauen
Beteiligungsverhältnisse, die entsprechenden Modalitäten und
insbesondere über eine allfällige Priorisierung von
Standorten hin zu zwei derzeit als nötig erachteten Anlagen wird
hingegen noch verhandelt. Alpiq setzt im Übrigen für die
Standort-Einigung weiterhin in hohem Masse auf die Ergebnisse der
behördlichen Prüf- und Vernehmlassungsverfahren.
1750 Arbeiter
Die drei Projekte Beznau (Axpo) und Mühleberg (BKW)
einerseits und Gösgen (Alpiq) andererseits werden somit weiter
parallel vorangetrieben - und es werden schon riesige Baustellen
geplant. Der Aufwand für die AKW-Vorhaben ist bereits jetzt gross.
Allein bei der Resun, der Projektgesellschaft von Axpo und BKW,
arbeiten 30 Mitarbeitende, hinzu kommen etwa Spezialisten bei den
Mutterkonzernen, welche ebenfalls einbezogen werden. Der weitere
Projektverlauf wird den Personalbestand erhöhen. Die Dimensionen
eines modernen Kernkraftwerk-Projekts sind eindrücklich. Am
weitesten vorangeschritten ist die Planung der Bauphase am BKW-Standort
Mühleberg. Für die Baustelle würde an der Autobahn 1 ein
eigenes Anschlusswerk erstellt. Südlich der Autobahn wird ein
externer Logistikplatz mit Lagerhallen und Werkstätten gebaut, 9
Hektaren gross (das entspricht 12,5 Fussballfeldern). Östlich
davon ist eine 10 Hektaren grosse temporäre Arbeitersiedlung
geplant, die in Spitzenzeiten 1750 Personen Unterkunft und
Freizeitmöglichkeiten bieten kann. Nördlich der Autobahn soll
der Weg von Arbeitern und Baumaterial nach einer Zugangskontrolle durch
einen 400 Meter langen neuen Tunnel führen, unter den Runtigerain
zum eigentlichen Bauplatz beim jetzigen AKW an der Aare. Der Baubereich
(mit Betonwerken) wird ungefähr 13 Hektaren gross. Jenseits der
Aare, mit einer Brücke verbunden, wird ein Zwischenlager für
das Aushubmaterial eingerichtet.
All dies erfolgt freilich auf Kosten der Bauherren. Die
Verantwortlichen weisen darauf hin, dass Teile dieser Bauinfrastruktur
auch für den Rückbau des jetzigen AKW Mühleberg
verwendbar ist. - Gegen die Anlagen für den Neubau, der innerhalb
von rund acht Jahren vollbracht sein dürfte, hat sich jedenfalls
bereits Unmut unter den Grundeigentümern geregt. Der jetzige, vom
Gemeinderat akzeptierte Plan basiere auf Workshops mit Vertretern der
Gemeinde und Interessengruppen, heisst es bei der BKW. In den
nächsten Monaten gelte es, "Differenzen" zu diskutieren.
Natürlich sind auch Entschädigungen für die
Grundeigentümer ein Thema.
Wie bei der Resun zu erfahren ist, werden Axpo und Resun
demnächst auch Kontakt mit den Gemeinden um das geplante neue Werk
Beznau aufnehmen und dortige Bedürfnisse hinsichtlich der
Baustellengestaltung abklären. Seitens der Alpiq wird mitgeteilt,
dass man für den Standort Gösgen noch keine solchen
Gespräche führe, da dort das Gelände schon erschlossen
sei.
Auch Schweizer Firmen
Schweizer Unternehmen kommen bei einer Realisierung von
AKW als Lieferanten von Teilbereichen oder für Bauarbeiten in
Frage. Am Standort Mühleberg errechnete eine Studie bei einem
Gesamtinvestitionsvolumen von 4 Milliarden Franken allein eine im
Kanton Bern selbst resultierende Wertschöpfung von 1,3 Milliarden
Franken. Die Berücksichtigung einheimischer Firmen werde ein
wichtiger Gegenstand der Verhandlungen zwischen den ausländischen
Lieferanten und den Schweizer Stromkonzernen sein, sagt Cindy
Mäder von der Resun. Die Auftragsvergabe erfolge gemäss
kantonalen öffentlichen Ausschreibungsregeln, zumal sich die
Stromfirmen mehrheitlich in kantonalem Besitz befinden.
Neben dem Vorbereiten der Baubewilligungsgesuche erfolgen
auch erste reaktortechnische Abklärungen bei möglichen
Lieferfirmen der Gesamtsysteme, etwa bei Areva (Frankreich), GE Hitachi
(USA und Japan) oder bei der Westinghouse Electric Company (Hauptsitz
in den USA). Auch die Mitarbeiter des Eidgenössischen
Nuklearsicherheitsinspektorats (Ensi) sammeln derzeit Wissen über
die verschiedenen Reaktortypen, um allfällige Gesuche um
Baubewilligung nach einer ab 2013 zu erwartenden Volksabstimmung
rascher beurteilen zu können. Je mehr die hiesigen Stromfirmen auf
im Ausland schon wohlbekannte Systeme zurückgreifen, desto rascher
könnte das Erstellen jener Gutachten erfolgen. Derzeit prüft
das Ensi die drei eingereichten Rahmenbewilligungsgesuche. Im Oktober
sollen dann entsprechende Gutachten zur grundsätzlichen Eignung
der drei Standorte präsentiert werden. Ob daraus Präferenzen
für einen Ort interpretierbar sein werden, ist offen.
Für die avisierte Einigung auf eine provisorische
Standort-Reihenfolge dürften im Übrigen weiterhin die
kantonalen Finanzdirektoren gefordert sein - denn jeder Kanton ist an
den Steuereinnahmen aus einem neuen AKW interessiert, so dass ein
interkantonaler Verteilschlüssel gewünscht wird. Im Kanton
Bern verhandeln mittlerweile auch die Gemeinden um Mühleberg
über die Verteilung allfälliger Steuergelder.
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Süddeutsche Zeitung 20.3.10
Verstrahlt, vergraben, vergeigt - das Desaster des Atomlagers
Asse
Weil nichts die Kernenergie hemmen durfte, ließen
Forscher und Beamte den Atom müll der ersten Jahre in ein marodes
Bergwerk kippen. Nun droht die Grube einzustürzen, es ist die
größte deutsche Umweltkatastrophe. Eine Chronik des
Versagens, [...]
Von Michael Bauchmüller, Martin Kotynek, Nicolas Richter
und Ralf Wiegand
Weil nichts die Kernenergie hemmen durfte, ließen
Forscher und Beamte den Atom müll der ersten Jahre in ein marodes
Bergwerk kippen. Nun droht die Grube einzustürzen, es ist die
größte deutsche Umweltkatastrophe. Eine Chronik des
Versagens, die für das geplante Endlager Gorleben eine Warnung ist.
Walter Randig nennt es zuwei- len "die Sache da
draußen".
Er ist 88 Jahre alt, deutet bei- läufig zum
Küchenfenster.
Da draußen liegen sein Garten, der Ort Groß
Vahlberg, dahinter Felder und die Asse — ein sanft gewölbter
Hügel. Dort, hunderte Meter tief, lagern 125 797 Fässer mit
strahlendem Gift, man hat sie in einem Bergwerk entsorgt. Randig ist
nur Bitterkeit geblieben, er ist bitter, weil er vor der Katastrophe
gewarnt hat und ihn keiner hören wollte. Die Bundesregierung hat
den Atommüll hier abladen lassen; etliche ihrer Experten haben die
Leute im Dorf glauben lassen, das Salzbergwerk Asse II sei immer
trocken gewesen und werde es bleiben. Es war eine Lüge.
Walter Randig wusste es.
Am 9. Juli 1964 erschien sein Leserbrief in der Zeitung.
Er warnte, Wasser dringe ein in das alte Bergwerk, man könne dort
keinesfalls strahlende Abfälle lagern. Im Dorf hielt man ihn
für einen Störenfried.
Er solle mit seinem Gefasel aufhören, forderten die
Bergleute nach dem Tischtennisspielen, sonst riskiere er eine Tracht
Prügel. Er sei ja nur der Erdkunde-Lehrer. Die Wissenschaftler
hingegen wüssten schon, was sie da machten.
Heute ffießen jeden Tag 12 000 Liter Wasser in das
Bergwerk. Irgendwann wird der Salzstock Asse II kollabieren, er wird
absaufen. Im schlimmsten Fall könnte das Gebirgö dann
kontaminierte Salzlauge nach oben drücken, hin zum Gnmdwasser.
Randig hat Angst davor, recht zu behalten.
Die Asse ist die größte Umweltkatastrophe
Deutschlands und ein Lehrstück über die Folgen blinden
Glaubens an neue Technologien; eine Hinterlassenschaft von Forschern,
Beamten und Politikern der jungen Bundesrepublik, einer euphorischen
Generation, die gründlich sein wollte, aber dem Leichtsinn erlag.
Seit Monaten befasst sich ein Untersuchungsausschuss in
Hannover mit dieser Geschichte. Die Süddeutsche Zeitung hat die
Dokumente ausgewertet und mit Zeitzeugen gesprochen. Sie erzählen
von Rausch und Versagen im Angesicht politischer ural industrieller
Interessen.
Die Lehren aus dem Desaster Asse sind auch heute von
Belang: Vor allem für Gorleben, jenem Salzstock im Wendiland, in
dem eines Tages die hochaktiven Abf älle der deutschen
Atommdustrie lagern sollen. Gorleben, ein jungfräulicher
Salzstock, wird jetzt nach längerer Pause wieder erforscht. Wie
auch die Asse war Gorleben stets Sache von Politik, Wissenschaft und
Wirtschaft, nie eine der Bürger. Diese Philosophie ist geblieben,
und so stehen die beiden Endlager außerhalb der Gesellschaft —
bis heute.
Bonn, 1957 Atomdebatte im Parlament. Bundesatomminister
Siegfried Balke, CSU, kann der neuen Technologie nur Gutes abgewinnen,
als Problem sieht er allenfalls die Zögerlichkeit der
Bundesrepublik. "Wir stehen nun vor der Aufgabe, den weiten
Rückstand von 10 bis 15 Jahren möglichst schnell aufzuholen",
referiert der Atomminister, "um die Lebensgruridlagen unseres Volkes zu
sichern." Deutschland braucht Energie für die
Wirtschaftswunderjahre. Der Bund plant seit zwei Jahren ein
Atomprogramm, es soll bald beginnen und die neue Technologie
keinesfalls behindern. "Kostspielige Schutzmaßnahmen können
die Wirtschaftliähkeit einer Reaktoranlage völlig
vernichten", warnt Balke. Knapp anderthalb Stunden redet er, von
Atommüll spricht er nicht. Der Bundestag stimmt den
Atomplänen zu.
Monte Carlo, 1959 Das Salzwasser wogt vor der Stadt, es
schaukelt die Yachten, wälzt sich gegen die Felsen des
Fürstentums Monaco. Hunderte Atomexperten aus 30 Ländern
treffen sich im Ozeanographischen Museum von Monte Carlo. In dem
Prachtbau hoch über der Brandung träumen sie von einer
goldenen Zukunft. Es sind leichte Tage am Meer, abends eilt die
Atom-Elite von Empfang zu Empfang.
Tagsüber erörtern die Experten die
Schattenseiten. "Die Konferenz hat sehr deutlich gezeigt, dass die
Beseitigung des radioaktiven Abfalls ein — wenn nicht das —
Schiüsselproblem der friedlichen Nutzung der Kernenergie ist",
fasste der damals anwesende deutsche Chemiker Hans Wolfgang Levi
zusammen. Der Umgang mit diesem Müll also wird darüber
entscheiden, ob die neue Energie so günstig ist, dass sie eine
Zukunft hat.
Manche sind da noch sehr unbekümmert. Die Briten
kippen strahlende Abf älle ins Meer, wo sie sich angeblich
auflö-sen. Andere wollen die Fässer im Polareis verstecken,
wieder andere scheren sich nicht darum. In Deutschland prüfen
Forscher und Beamte etliche Optionen, bis sich plötzlich eine
Gelegenheit bietet. Wie Schnäppchenjäger greifen sie zu.
Salzbergwerk Asse II, 1964 Am 29. Januar 1964 besichtigen
Beamte aus dem Forschungsministerium ein Bergwerk in Niedersachsen. Es
liegt unter den Hügeln der Asse, bei Wolfenbüttel. Mehr als
50 Jahre lang hat die Wintershall-Tochter Burbach hier Satz abgebaut.
Nun bleiben nur Löcher, Tunnel und Schächte im
Gestein. Wintershall möchte die Anlage loswerden.
Die Leute aus Bonn fahren mit dem-Aufzug Hunderte Meter
nach unten. Die Luft ist salzig trocken. Dann rollt ein
VW-Kü-beiwagen immer tiefer ins Bergwerk, durch die Erdgeschichte,
vorbei an Schichten von Salz und Stein.
Die Besucher sind berauscht. In ersten Gutachten ist von
einem einzigartigen Objekt die Rede. "Eine solche Gelegenheit
dürfte kaum wiederkehren". Nach derBesichtigung notiert ein
Experte: "Positiv zu werten ist vor allem der Preis" — 600 000 Mark.
Eine billige Entsorgungsstätte unter Tage. "Bei längerer
Stand.zeit des Bergwerks und höheren Abfailmengen" nähmen die
Lagerkosten sogar ab, jubeln Forscher der "Studiengruppe für
Tieflagerung". Es ist das Zeichen, auf das die Industrie hofft, und das
der Staat allzu gern geben möchte. Am 12. März 1965 erwirbt
die "Gesellschaft für Strahlenforschung", kurz GSF, im Auftrag des
Forschungsministeriums den Salzstock.
Allen Warnungen zum Trotz.
Denn schon bei der Besi~htigimg fällt den Beamten
auf, dass der alte, ausgebeutete Salzstock feucht ist. In 750 Meter
Tiefe sehen sie ein Sammelbecken für Lauge, jeden Tag
ifießen 700 Liter zu. Man hat vor Augen, was im Bergwerk Asse 1
geschehen ist: Weil das Satz rabiat ausgebeutet wurde bis zu den
Wasseradern im Gestein, lief die Grube 1906 bis oben voll. Dasselbe
geschah mit Asse III. Im Ministerium überlegt man deswegen,
für Atommüll eine frische Grube zu graben.
Doch es gibt Gutachter, die an Asse II glauben, und dann
findet auch das Ministerium das Risiko gering: Ein Beamter sagt im
Bundestag, sollte das Bergwerk doch untauglich sein, könne man
wieder verkaufen. Alles-nur ein harmloses Experiment.
Karlsruhe, 1965 Der Zug in die Ära der Kernenergie
ist nicht mehr aufzuhalten. In Karlsruhe und Jülich sind
Forschungszentren entstanden. Am 4. August 1965 wenden sich die
Geschäftsführer des Karisruher Zentrums an den Asse-Inhaber
GSF: Ihre Anlage wachse, es häufe sich atomarer Abfall. "Bis zum
Spätherbst dieses Jahres werden unsere Lagerhallen gefüllt
sein." Noch 1965 müsse die "Versuchseinlagerung" in der Asse
beginnen.
Auch die Wirtschaft drängt. Am 8. November 1966
trifft sich ein Ministerialbeamter mit einem Vertreter von Siemens.
Der Mann aus der Industrie klagt: Sein Lagerpiatz für
Atommüll gehe zur Neige, ein Neubau würde 230 000 Mark
kosten. Es ist eigentlich das Problem von Siemens.
Aber der Staat will helfen.
Wie hatte Minister Balke doch erklärt: Es geht um
"die Lebensgrundlagen unseres Volkes"~ Der Beamte bietet an, den
Siemens-Müll in der Asse einzulagern. Ahnliche Anfragen erreichen
Regierung und GSF bald zuhauf. Auch AEG baut Reaktoren und schreibt an
die Betreiber der Asse: Man brauche die feste Zusage, dass
schwachaktive Abf alle "jederzeit" abgenommen würden, und zwar
bitte günstig.
Längst ist die Asse kein Experiment mehr, sondern
Bedingung für den Erfolg eines ganzen Wirtschaftszweigs. "Die
Industrie", schreibt der Historiker Detlev Möller, "wurde
systematisch von Abf ällen und damit verbundenen Ausgaben
entlastet".
Salzbergwerk Asse II, 1967 Am 4. April 1967 kommen die
ersten Fässer. Klaus Kühn kann sich an den Tag gut erinnern:
Er hat Geburtstag, und auch sonst ist es für den jungen
Bergbau-Ingenieur ein Fest. Kühn arbeitet bei der GSF, also
für die Inhaberin der Asse. Der junge Ingenieur darf an einem
großen Experiment teilhaben, und von der Kernenergie ist er
ohnehin überzeugt.
Die gelben Fässer sinken im Förderkorb nach
unten. "Diese Last wird niemals wieder ans Tageslicht
zurückkehren, denn dort unten ist quasi die erste bundesdeutsche
Grabkammer für Atommüll", meldet die Lokalzeitung.
Kammer 4 ist so groß wie eine Dorfkirche, die Decke
domartig gewölbt, es ist 30 Grad heiß. Vier Fässer
lagern die Arbeiter zunächst ein, stehend senkrecht auf einander.
Zwischen zwei Fassreihen muss ein Gang bleiben, so kann man Wischproben
nehmen und nachsehen, ob die Fässer rosten. So akkurat wird es
nicht bleiben.
Wenig später soll Kühn erklären, wie
standsicher Asse II ist. Es gab neue Warnungen: Wände wandern,
könnten einstürzen. Kühn verkleinert die Gefahren, er
schreibt: "Unter normalen Umständen keinerlei Gefährdung"
oder "praktisch eine absolute Wasserabdichtung". Die Laien glauben ihm,
dem Experten. "Der stillgelegte Schacht ist so sicher, wie es sich der
Laie einfach nicht vorstellen kann", schreiben Reporter.
Narren Kühn und andere Wissenschaft-1er und Beamte
die Republik? Blenden die Forscher Gefahren aus? Sind sie so berauscht
von ihrer Forschung, dass sie auch jeden Zweifel einlagern? Es scheint
so zu sein. Denn gleichzeitig bestreitet keiner, dassdie Asse
allenfalls auf mittlere Sicht dicht sein wird. Wenn man aber ein
Jahrhundert vorausschaut, oder Hunderte Jahre, so ist die Prognose
etlicher Experten eindeutig: "In der Grube wird kein Raum trocken
bleiben". stellen Oberbergamt, Ministerium und GSFim November 1967 fest.
Trotzdem lagert man weiter Müll ein.
Schlimmstenfalls geht man davon aus, dass er irgendwann in
einer unterirdisehen Salzlaugenblase gefangen wäre.
Bonn, 1972 Klaus von Dohnanyi, Minister für Bildung
und Wissenschaft im Kabinett Willy Brandts, hat zuweilen ein
merkwürdiges Gefühl. Er fragt Mitarbeiter, ob sie
wüssten, "was hier in Bonn vor 3000 Jahren war". Er will
verdeutlichen, über welche Zeiträume man spricht, wenn man
über Atommüll entscheidet. Es dauere ja 30 000 Jahre, sagt
Dohnanyi, bis sich die Strahlung des Atommülls halbiere. Eine
Ewigkeit. Dohnanyi zweifelt an der Atomkraft; aber er nennt es "eher
ein Bauchgefühl, keine Gegnerschaft".
Trotz aller Zweifel verkündet Dohnanyi in dieser Zeit
im Bundestag, was die Asse-Forscher zuvor nach oben meldeten: Wasser
könne so gut wie nicht eindringen, auf jeden Fall sei das
Grundwasser sicher. Es klingt, als spreche Kühn.
Was Dohnanyi zu unterschreiben hat, das unterschreibt er,
zwar mit diesem Gefühi. im Bauch, aber, wie er sagt, nach bestem
Wissen und Gewissen.
In der SPD, die Jahrzehnte später den .A.tomausstieg
beschließen wird, gebe es da noch eine "hymnische Verehrung
für die Atomkraft", sagt Dohnanyi. Im Godesberger
Grundsatzprogramm der Partei von 1959 heißt es, der Mensch
könne im atomaren Zeitalter sein Leben "von Sorgen befreien".
Natürlich leisten einige Widerstand.
Der Erdkunde-Lehrer Randig aus Groß Vahlberg ballt
die Fäuste, wenn er heute davon erzählt. Er weiß von
einem Kuhhirten, der gesehen hat, wie Bergleute schon in den vierziger
Jahren Wasser aus der Asse gefahren und in den Höllebach gekippt
haben. Bevor der Bund das Bergwerk kaufte, hat Randig die Bergleute
gefragt, warum sie die Anlage aufgeben. Eine der Antworten: "Seit
Jahren kämpfen wir mit Wassereinbrüchen, wir kriegen die
Grube einfach nicht dicht." Auch die Frauenverbände der Region
verstanden schon in den sechziger Jahren genau, was gespielt wurde.
Uberall würden Atommeiler geplant, weswegen die Asse kein
Provisorium, sondern eine "ständig wachsende Gefahr" sei.
Aber in den Ministerien gelten solche Leute jahrzehntelang
als ahnungslose, ängstliche Gegner des Fortschritts,
womöglich verunsichert durch die Zerstö-rungskraft der
Atombombe. Franz Josef Strauß diagnostiziert eine landesweite
"Atompsychose". Die Beamten in Bonn teilen die Verfasser von
Protestbriefen in drei Kategorien ein: "die besorgten Eltern", "die
Querulanten", und "Menschen, die skurrile Vorschläge machen".
Rechtlich ist es eh nicht vorgesehen, dass das Volk
mitredet. Asse II wird unter Bergrecht verwaltet, dieses Recht verlangt
nicht, dass man die Bürger fragt.
Salzbergwerk Asse II, 1977 Es kracht und tropft und
sickert. Decken brechen ein. Das Gestein wandert, unter Tage
verschieben sich die Pfeiler um bis zu drei Meter. Die Experten
beschäftigen sich wieder mit einer Erkenntnis, die ziemlich alt
ist, aber lange verdrängt wurde: Das Bergwerk besteht stellenweise
aus dem hochlöslichen Carnallit. Ein Einfallstor für Wasser.
Ein örtlicher Verantwortlicher will 1977 schon Leitungen im
Schacht verlegen — um zu steuern, wie schnell welche Räume
volllaufen. Kühn spielt es herunter, sagt, dafür sei es noch
zu früh.
Ein Beamter im Innenministerium dagegen liest den Vermerk
und schreibt an den Rand nur ein Wort: ‚Hilfe!" Aber im Bergwerk
herrscht Hochbetrieb. Die Asse ist zwar faktisch längst ein
Endlager, rechtlich aber noch nicht. 1976 erlässt der Bund
erstmals ein Gesetz, das den Betrieb von Endlagern regelt, das
Atomgesetz. Daraufhin will das Land Niedersachsen nicht länger das
alte Bergrecht auf die Asse anwenden. Das Land fordert ein ordentliches
Planfeststellungsverfahren — mit Beteiligung der Bürger. Kein
Zweifel, diese Hürde ist zu hoch: Spätestens im Dezember 1978
wird Schluss sein mit der Einlagerung. Es ist ein Ende mit Ansage.
Kraftwerksbetreiber und Forscher verfallen in Eile. In den
letzten 24 Monaten vor der Schließung allein kommen mehr als 50
000 Fässer. Viel Arbeit für Bergleute wie Robert Ahrens. "Die
ersten Lastzüge standen schon morgens früh auf dem Hof, sogar
in der Nacht schon. Wir haben um 5.45 Uhr mit dem Entladen angefangen",
erinnert er sich.
Manche Fässer brechen auf, strahlender Schlamm
ergießt sich auf den Boden.
Unter Tage kippt man die Fässer einen Hang hinunter
und schüttet Salz dar-über. Für die Arbeiter ist das
gut, sie müssen die Fässer nicht berühren, und es geht
schneller. Der Andrang ist oft so groß, dass die Arbeiter abends
nicht einmal mehr Zeit haben, die Fahrzeuge zu dekontaminieren.
Die neue Abkipptechnik macht die Asse im Wortsinne zur
Müllkippe. Der Experte Kühn sagt im Nachhinein: "Es war ein
psychologischer Fehler. Hier wurde einfach weggeschmissen." Am 31.
Dezember 1978 wird das letzte Fass angenommen. Vergeblich hatte der
Bund das Land Niedersachsen gedrängt, die weitere Endlagerung zu
genehmigen — mit allen Mitteln. "Das waren für mich eigentlich so
die negativsten Stunden eines Verwaltungsbeamten" ‚ erinnert sich einer
aus der niedersächsischen Landesregierung, "weil mit sehr viel
persönlicher Diskreditierung gearbeitet wurde." Seither wird
Atommüll in oberirdischen Sammelstellen in den Bundesländern
gelagert. So etwa im schleswig-hoisteinischen Geesthacht. Dort tritt um
die Jahrtausendwende aus einigen Fässern strahlende
Flüssigkeit aus; die Fässer waren eigentlich für Asse II
bestimmt. 28 davon werden geöffnet. Ergebnis: Nur zwei sind
korrekt deklariert.
Auch in der Asse dürfte deutlich mehr Gift sein als
bekannt. Zwar kam jedes Fass mit Begleitschein, doch die Angaben wurden
nur oberflächlich überprüft. Erst kürzlich wurde
bekannt, dass im Bergwerk weit mehr gefährliches Plutonium lagert,
als in den Papieren steht.
Neuherberg, 1988 In Neuherberg bei München liegt die
GSF, die das Bergwerk Asse II betreibt.
Es ist eine Art Outsourcin.g: Das Forschungsministerium
hat die Verantwortung ausgelagert an den engen Zirkel von Forschern und
Ingenieuren. Mit gutem Grund, wie sich erweist. 1988 erfährt der
Asse-Forscher Kühn, dass in das Bergwerk Salzlauge eingebrochen
ist. Im nächsten GSF-Jahresbericht steht darüber kein Wort.
Er habe vermutet, "dass dieser Laugenzutritt wieder versiegt",
erklärt Kühn später. Das Beschwichtigen dauert an,
wieder wird die Offentlichkeit auf Abstand gehalten.
Von Problemen soll das Volk nichts wissen.
Später wird der Präsident des Bundesamtes
für Strahlenschutz, Alexander Kaul, das tJmweltministerium in
einem Brief warnen, dass unkontrolliert einbrechendes Wasser in Asse II
auch alle anderen Endlager im Salz in Frage stellen würde. Dann
wäre auch Gorleben gefährdet, schreibt Kaul. Der Salzstock im
Wendland soll eines Tages den hochaktiven Müll der Atommeiler
aufneh-. men. Inzwischen weiß man, dass die Salzlauge, die ins
Bergwerk fließt, zum Teil verseucht ist: Auf ihrem Weg nimmt sie
Radioaktivität aus kaputten Fässern auf.
Remlingen, 1990 Kühn hat sich mittlerweile zum
einflussreichsten Experten entwickelt, die Asse ist das Reich seiner
Forschung. Erbittert kämpft er darum, das Bergwerk nicht zu
schließen. Seine eigentliche Mission aber ist der Salzstock
Gorleben: Die Experimente in der Asse sollen zeigen, dass sich Salz
auch für den hochaktiven und heißen Atommüll eignet.
Versuchsweise will die GSF solchen Müll sogar in der Asse lagern,
zwölf Jahre nachdem dort das l~tzte Fass angekommen ist.
Doch die Menschen rund um die Asse werden misstrauisch.
Mehr als tausend Dorfbewohner bilden eine Menschenket-~ te am Zaun der
Anlage, sie wollen von dieser Art Forschung nichts mehr wissen. Die
letzten Pläne der GSF scheitern.
Berlin, März 2007 Später Abend im Deutschen
Bundestag. Die Grünen-Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl verlangt,
alle Abfälle aus der Asse zu holen. Bis dahin weiß die
breite Öffentlichkeit wenig von der Katastrophe unter Tage. Zwar
hätten die Fraktionen unterschiedliche Ansichten, sagt sie.
Alle aber müssten sich darin einig sein, dass der
Bevölkerung an der Asse Unerträgliches zugemutet werde.
Die GSF, die jetzt Helmholtz-Zentrum heißt, will den
Müll unten lassen und wohl auch die Debatte über ihr eigenes
Versagen. Ein "Schutzfluid" soll das Grubengebäude für immer
~f1uten. Das findet auch der Karisruher Unions-Abgeordnete Axel Fischer
gut. "Im Erf olgsf all wäre die Schachtanlage 2013 geschlossen,
die Abfälle dauerhaft entsorgt", sagt Fischer. "Sozusagen:. Klappe
zu, Affe tot." E~ soll anders kommen. In den Monaten darauf wird
ruchbar, dass das Helmholtz-Zentrum ohne Erlaubnis radioaktive Lauge in
die tiefsten Bereiche des Bergwerks pumpte. Immer neue
Ungeheuerlichkeiten kommen ans Licht. Am 1 Januar 2009 30 Jahre nach
Ende der Einlagerung, übernimmt das Bundesumweltministerium den
Problemfall. Nicht mehr Forscher führen die Asse, sondern das
Bundesamt für Strahlenschutz. Erstmals bekommen Sorgen der
Anwohner Gewicht. Bald wird der neue Minister, Norbert Röttgen,
CDU, davon sprechen, den Müll aus dem Bergwerk zu holen.
Hannover, 2010 Die Mitglieder des Parlamentarischen
Untersuchungssausschusses zur Asse im Landtag von Hannover werden gut
versorgt. Jede Stunde nimmt eine Bedienung die Bestellungen auf und
schiebt dann einen vollen Servierwagen in den Leibniz-Saal. Kaffee,
Obstsalat, Sandwiches — die stundenlangen Sitzungen sind auch eine Art
tjberlebenstraining.
Der linke Flügel des Ausschusses würde gerne das
aktuelle politische Personal aus Berlin in den Zeugenstand, besser, auf
eine Anklagebank bekommen.
Die Konservativen wollen wenigstens verhindern, dass das
Desaster auch noch das Endlager Gorleben beschädigt. -Es geht, wie
so oft bei der Atomkraft, nur vordergründig um die Sache.
Tatsächlich stehen hier Philosophien gegeneinander, Lebenswerke,
Biographien. Eine Euphorie lässt sich nicht einfach stoppen. Sie
wirkt fort in den Köpfen ihrer Protagonisten.
Kühn warnt den Ausschuss davor, heute alles besser
wissen zu wollen. Dass Asse II aber ein Fehler war, sagt jetzt auch er:
"Ich würde auf keinen Fall mehr ein Gewinnungsbergwerk, welches 60
oder 80 Jahre in Betrieb gewesen ist, für die Endlagerung
aussuchen." Epilog Im Bergwerk sind die meisten Fässer unsichtbar,
versteckt unter dem Salz, das man später über sie
gehäuft hat. Geschieht nichts, wird das Salz irgendwann zuwachsen,
wird sich die Fässer einverleiben ai,if alle Zeit. Es wird sich um
sie legen wie ein wucherndes Gewächs, während es andernorts
millimeterweise wandert und die Statik des ganzen Bergwerks
verändert. Gleichzeitig bahnt sich das Wasser seinen Weg durch die
Südflanke. In einer Wanne wird es aufgef angen, mittlerweile 12
000 Liter am Tag.
Tanklastwagen transportieren die Lauge ab. Woher das
Grundwasser kommt, ist unbekannt. Sicher ist nur, dass es den Stein
auswäscht .- und den Weg bereitet für das endgültige
Absaufen der Grube.
Also wird man die Fässer wohl entf ernen müssen.
Doch wohin mit dem Müll? Es ist kein Ausweg in Sicht: Wer durch
die Dörfer fährt, findet an vielen Häusern ein
großes, gelbes A, es steht für "Aufpassen". Die Bewohner
schauen jetzt ganz genau hin. Lange Zeit war das Thema in den
Dörfern tabu, doch im vergangenen Jahr demonstrierten 15000
Menschen. Auch anderswo will man den Müll nicht haben. In
Salzgitter, wo gera-~de das Endlager Schacht Konrad gebaut wird, das
erste ordentliche Endlager auf deutschem Boden, wehren sich die
Stadtväter gegen die Fässer aus der Vergangenheit.
Günstig wird es so oder so nicht werden. Zwischen zwei und vier
Milliarden Euro kostet die Bergung der Fässer, grob
geschätzt. Und nur, wenn alles gutgeht.
Es ist ein Dilemma. Walter Randig, der Erdkundelehrer,
weiß auch nicht, was ihm lieber ist: Werden die Fässer
geborgen, wäre das Problem an der Oberflä-che, die Laster mit
den Fässern würden vielleicht auch durch sein Dorf fahren.
Bleiben sie aber unten, lagert 750 Meter unter der Erde
ein Blindgänger. Ob, wann und wie er hochgeht — das weiß
keiner so genau. Und denen, die vorgeben es zu wissen, traut keiner
mehr.
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Bund 19.3.10
Wirtschaft
"Bei einem Nein hätte der Standort Mühleberg
schlechtere Karten"
Die Bevölkerung des Kantons Bern wird sich 2011 zu
einem neuen Atomkraftwerk äussern können - unverbindlich. Ein
Nein wäre laut BKW-Direktionspräsident Kurt Rohrbach aber ein
sehr negatives Signal.
Interview: Hans Galli
Herr Rohrbach, nach wie vor sind beim Bund drei Gesuche
für neue Atomkraftwerke hängig. Mehr als zwei werden sicher
nicht gebaut. Wann werden sich Alpiq, Axpo und BKW auf zwei Standorte
einigen?
Wir arbeiten nach wie vor daran.
Haben die drei Konzerne tatsächlich noch die Absicht,
sich zu einigen? Oder überlassen sie den Entscheid dem Bund?
Die Einigung ist nach wie vor das Ziel. Es ist ja im
Grunde auch beruhigend, wenn wir über drei Standorte
verfügen, die infrage kommen. Alle drei Unternehmen betonen, dass
sie Partnerwerke bauen werden. Die Beteiligungsverhältnisse
dürften so sein, dass wir in der Stromproduktion ungefähr
dieselben Positionen haben werden wie heute. Wer ein AKW zuerst ausser
Betrieb nehmen muss, wird einen gewissen Vorrang erhalten für den
Ersatz der stillgelegten Menge.
Im Kanton Bern ist bereits im ersten Halbjahr 2011 eine
Konsultativabstimmung geplant. Es geht um die Vernehmlassung zur
Rahmenbewilligung für Mühleberg. Haben Sie Angst vor diesem
Volksentscheid?
Nein. Unsere Aufgabe wird sein, die Bevölkerung
umfassend zu informieren. Wir müssen die Zusammenhänge
aufzeigen sowie die Auswirkungen sowohl eines Ja als auch eines Neins.
Wenn uns dies gelingt, habe ich keine Angst vor der Abstimmung.
Sind Sie überzeugt, dass das Berner Volk Ja sagen
wird?
Wenn wir nicht überzeugt wären, müssten wir
unsere Planungsarbeiten einstellen.
Angenommen, das Volk sagt trotzdem Nein - was passiert
dann? Wird die BKW Energie AG ihre Pläne für ein neues AKW
Mühleberg bei einem Nein schubladisieren, obwohl es sich nur um
eine Konsultativabstimmung gehandelt hat?
Das entscheiden wir nicht im Voraus. Aber bei einem Nein
oder gar einem klaren Nein hätte der Standort Mühleberg
deutlich schlechtere Karten, das ist klar.
Falls in Mühleberg nicht gebaut werden kann: Wird
sich die BKW dann einfach stärker an einem neuen AKW im
aargauischen Beznau oder im solothurnischen Gösgen beteiligen?
Das ist ein mögliches Szenario.
Spielt es für die BKW überhaupt eine Rolle, ob
in Mühleberg gebaut wird?
Natürlich spielt es eine Rolle. Bei einem neuen Werk
in Mühleberg werden wir bei der Projektierung stärker in
Erscheinung treten. Weiter geht es darum, ob wir in unserem
Versorgungsgebiet ein paar Hundert Arbeitsplätze mehr oder weniger
haben werden und ob wir in unserem Versorgungsgebiet eigenen Strom
haben werden. Wir haben grosses Interesse daran, dass "Mühleberg"
in Mühleberg ersetzt werden kann.
Wie ist es aber beim Netz? Ohne AKW wären in
Mühleberg keine derart starken Leitungen nötig wie heute.
Wir benötigen in der Nähe von Bern auf jeden
Fall einen Knotenpunkt im Netz. Natürlich ist es viel effizienter,
wenn es dort auch einen Einspeisepunkt für den Strom gibt. Das
Netz wäre aber keineswegs entwertet, auch wenn es da kein KKW mehr
gäbe.
Wie gross wäre die Wertschöpfung des neuen AKWs
Mühleberg für den Kanton Bern?
Es wird mehrere Hundert Arbeitsplätze geben. Das
heutige Werk bietet rund 300 Stellen an. Beim Ersatzwerk werden es
sicher mehr sein. Diese Zahl der direkten Arbeitsplätze kann man
mit 2,5 multiplizieren, da ja auch in Zulieferbetrieben nachhaltige
Stellen geschaffen werden. In der Bauphase werden es noch viele
zusätzliche Arbeitsplätze sein. Ein Teil der Angestellten
dürfte möglicherweise auch in den Kantonen Freiburg und Waadt
wohnen.
Kürzlich gab es Schlagzeilen rund um die
künftigen Steuern und um die Steuerteilung zwischen den Gemeinden.
Wie hoch wird das Steueraufkommen des neuen Werks sein?
Wir wissen es heute nicht. Die direkten Steuern des AKWs
sind das eine. Wichtig sind auch die Einkommenssteuern der Angestellten
an deren Wohnort.
Wären die Abschreibungen auf dem alten Standort
Mühleberg wesentlich höher, falls es kein neues Werk
gäbe?
Nein, es gibt keine zusätzlichen Abschreibungen. Die
Anlage ist ja seit 1972 in Betrieb und wir gehen von einer
Betriebsdauer von rund 50 Jahren aus. Mit der Stilllegung wird sie
zurückgebaut werden. Dafür bilden wir Rückstellungen
unter anderem auch im Stilllegungs- und Entsorgungsfonds. Am Schluss
haben wir dort, wo das AKW jetzt steht, wieder grüne Wiese. Daran
ändert sich nichts, ob ein neues Werk gebaut wird oder nicht. Wenn
ein neues Werk gebaut wird, ist der Rückbau des bestehenden
insofern einfacher, als die gleiche Erschliessung benutzt werden kann.