MEDIENSPIEGEL 25.3.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS)
- Schützenmatte Prügeltoter: Telebärn-Beitrag
- Altstadt: Unsicherheit
- Sexwork: Lorraine-Känzli-AnwohnerInnen gegen Wohnwagen
- Stadttauben: Bümpliz -Leist dagegen
- RaBe-Info 24.3.10
- Party-Thun: Sicherheitsdenken
- Party-Solothurn: Peitsche + Zuckerbrot
- Ausschaffungstod: Besuch im Ausschaffungs-Knast; Tendenziöser
Rundschau-Bericht
- SVP zu Gast bei Neonazis
- Mussolini in Ostermundigen
- Credit Suisse und die Sklaverei
- Big Brother Sport: Schnellverfahren SG
- Rauchverbot: Amtsstuben + Raucherclubs
- Party-Drogen: Mephedron
- KriminelleTürsteherInnen: Beschwerde an 20 Minuten
- Nestlé: Arbeitskämpfe + Umweltzerstörung
- Anti-Atom: Theater + Nachruf
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REITSCHULE
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Do 25.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio
Hof Heimenhaus,
Text: R. Dost / B. Rumpf "Wir sind ein Teil der Erde"
20.30 Uhr - Kino - Festmacher-Film
21.00 Uhr - Rössli-Bar - Capital Slam
23.00 Uhr - Rössli-Bar - chrisdubflow "LIVE
DUB-TECHNO"!!! After
DJ set by ZUKIE 173! Style: diggi techno dub
Fr 26.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio
Hof Heimenhaus,
Text: R. Dost / B. Rumpf "Wir sind ein Teil der Erde"
20.30 Uhr - Tojo - "Poland Polas" ein Theaterabend von
formation
poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.
21.00 Uhr - Kino - Migration - Leben in der Fremde:
Yasmin, Kenny
Gleenan, D/GB 2004
21.00 Uhr - Frauenraum - Tanzbar mit DJ Grisumel:
Standard und
lateinamerikanische Tänze
22.00 Uhr - Dachstock - DJ Revolution (USA), Reef the
Lost Cauze (USA),
Block Mc Cloud (USA), Lord Lhus (USA), Snowgoons (D), DJ?s L-Cut &
Kermit, Webba Showcase. Style: Hiphop
Sa 27.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio
Hof Heimenhaus,
Text: R. Dost / B. Rumpf "Wir sind ein Teil der Erde"
20.00 Uhr - Frauenraum - 10 Jahre Schulprojekt ABQ:
Apèro
20.30 Uhr - Tojo - "Poland Polas" ein Theaterabend von
formation
poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.
22.00 Uhr - Frauenraum - 10 Jahre Schulprojekt ABQ:
Party mit Madame
Léa (Pop), Mitternachtsshow und DJ PCB (Elektro)
23.00 Uhr - Dachstock - - Dachstock Darkside: Dom &
Roland (UK),
Deejaymf (Unreal/CH), VCA (Biotic/CH) - Support: Ryck (Rabass), Markee
(Confront) - Style: Drumnbass
Infos: http://www.reitschule.ch
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Bund 25.3.10
DJ Revolution
Gewichtige Hip-Hop-Mannsbilder
Eine geballte Ladung Hip-Hop-Testosteron reist in diesem Band-Bus
mit: Das Fuder, das da nach Bern gekarrt wird, besteht aus dem
honorigen DJ Revolution (Bild), der bereits bei Eminem und KRS-One am
Produzenten-Pult sass, dem in der Szene hochgeschätzten
Rap-Mannsbild Reef the Lost Cauze und dessen Freundeskreis. Zu erwarten
sind schwere Beats und flatternde Hosen. (ane)
Reitschule Dachstock Freitag, 26. März, 22 Uhr.
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SCHÜTZENMATTE
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Telebärn 22.3.10
Dealer zu Tode geprügelt
http://www.kyte.tv/ch/telebaern/dealer-zu-tode-geprugelt/c=84713&s=848277
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ALTSTADT
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Bund 25.3.10
Zwei Drittel fühlen sich nachts in der unteren Altstadt unsicher
Das Nachtleben in der unteren Altstadt habe teilweise die Grenze
des Erträglichen überschritten, sagt Leistpräsident Edi
Franz.
Christian Brönnimann
Die Bewohnerinnen und Bewohner der unteren Berner Altstadt sind
verunsichert. Eine Umfrage der Vereinigten Altstadtleiste (VAL) hat
ergeben, dass sich deutlich mehr als die Hälfte der Anwohner in
der Nacht erheblich oder unzumutbar in ihrem Sicherheitsgefühl
gestört fühlen. Zwischen 22 und 2 Uhr sind es 55 Prozent,
zwischen 2 und 7 Uhr morgens sogar 66 Prozent. Nicht einmal jeder
Zehnte beurteilt die Sicherheitslage nach Mitternacht als
unproblematisch. Mit einer Zustimmung von 50 bis 70 Prozent werden auch
die verwandten Problemkreise Verschmutzung, Vandalismus und Lärm
des Nachts als erheblich oder unzumutbar beurteilt. Die
Umfragebögen wurden Ende letzten Jahres in alle Briefkästen
der unteren Altstadt verteilt. An der Befragung teilgenommen haben 186
Personen.
Das Resultat habe ihn nicht überrascht, sagt Edi Franz,
Präsident des Rathausgass-Brunngass-Leists. Das Hauptproblem: In
den letzten Jahren hätten immer mehr Nachtclubs ihre Türen
auch ohne generelle Überzeitbewilligung bis in die frühen
Morgenstunden geöffnet. "Wer nicht in der Altstadt wohnt, weiss
häufig gar nicht, was hier nach Mitternacht alles los ist", sagt
Franz. Ein grosser Teil der Anwohner habe die Nase voll vom Treiben
nach Mitternacht. Gemäss der Umfrage haben sich mehr als die
Hälfte der Altstadtbewohner Gedanken darüber gemacht, aus der
Altstadt wegzuziehen.
Das Mass ist entscheidend
Es gehe nicht darum, das Nachtleben aus der Altstadt zu
drängen, sagt Edi Franz, doch habe das Ausmass in einigen Gassen
die Grenzen des Erträglichen überschritten. Zu den Hotspots
zählt Franz die untere Gerechtigkeitsgasse, die mittlere Rathaus-
und die Kramgasse sowie Teile der Münstergasse.
Mit der 2006 vom Volk angenommenen Bauordnung ist die Zahl der
generellen Überzeitbewilligungen in der unteren Altstadt
plafoniert worden. Derzeit haben 22 Betriebe in der untereren Altstadt
und der Matte eine solche Bewilligung. Problematisch sei, dass einige
Barbetreiber die Kontrollschwierigkeiten bei den temporären
Überzeitbewilligungen ausnützten und häufiger als 24 Mal
pro Jahr länger wirteten, erklärt Leistpräsident Franz.
"Wir wünschen von der Gewerbepolizei mehr Kontrollen."
Grundsätzlich sei den Behörden die Problematik bekannt. Erst
vor knapp zwei Wochen hat das Regierungsstatthalteramt einem Club die
generelle Überzeitbewilligung entzogen und verboten, bereits um 5
Uhr morgens zu öffnen.
"Der Befund der Umfrage deckt sich mit unserer
Einschätzung", sagt der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause
(cvp). Das Coupon-System für temporäre
Überzeitbewilligungen sei "eher missbrauchsanfällig". Der
Trick: Einige Barbetreiber schreiben eiligst erst dann das Datum auf
das vorbereitete Bewilligungsformular, wenn eine Kontrolle stattfindet.
Ohne Kontrolle sparen sie sich die Bewilligung. Das System sei in der
kantonalen Gesetzgebung verankert und liege nicht in der Kompetenz der
Stadt, sagt Nause. Die Gewerbepolizei könne mit dem derzeitigen
Sparauftrag kurz- und mittelfristig sicherlich nicht aufgestockt
werden. Mit der beschlossenen Verstärkung der Fusspatrouillen der
Kantonspolizei werde das Problem aber auch angegangen. In der Umfrage
sprachen sich rund vier von fünf Altstadtbewohnern für mehr
Polizeipräsenz in der Nacht und für Videoüberwachung an
neuralgischen Stellen aus.
Auch Clubbetreiber klagen
Eine andere Meinung vertritt der GFL-Stadtrat Manuel C. Widmer.
"Die Clubs brauchen mehr Rechts- und Planungssicherheit", sagt er.
Deshalb brauche es ein städtisches Ausgehkonzept. "Die
Stadtregierung müsste Ausgehzonen besser festlegen können",
sagt Widmer. Einige Lokale hätten vermehrt Probleme mit der
Polizei wegen Lärmklagen von Anwohnern, was zermürbend sei.
Das Regierungsstatthalteramt verdränge Clubs aus der unteren
Altstadt. Es brauche von beiden Seiten ein Entgegenkommen, so Widmer.
"Einerseits dürfen die Stadtbewohner nicht die gleiche Ruhe
erwarten, die sie auf dem Land hätten. Andererseits müssten
Clubbetreiber mithelfen, den Lärm auf den Gassen
einzuschränken, beispielsweise mit einem gemeinsam organisierten
Sicherheitsdienst."
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SEXWORK
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20 Minuten 25.3.10
Hickhack um Strassenstrich
BERN. Nachdem die CVP vorgeschlagen hat, den Strassenstrich bei
der Dreifaltigkeitskirche in Bern mit Wohnwagen auf das
Lorraine-Känzli zu verlegen, wehren sich nun die dortigen
Anwohner. Sie teilten der Partei mit, man werde sofort aktiv, sobald
der Standort Lorraine ernsthaft als Lösung für den
Strassenstrich in Betracht kommen sollte. Bereits vor der Fussball-EM
kam die Idee auf, das Känzli bei der Lorrainebrücke für
diesen Zweck zu nutzen.
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STADTTAUBEN
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BZ 25.3.10
Leist Bümpliz
Für Wegweisung der"Stadttauben"
Der Nordquartierleist Bümpliz hält an seiner Forderung
nach einer unmittelbaren Wegweisung der "Stadttauben" fest. Er
deponiert bei der Quartierkommission Bümpliz-Bethlehem (QBB) einen
Antrag zur Unterstützung seiner Anliegen. Der Leist wolle an
Lösungen für alternative Wohnformen im Rahmen des geltenden
Rechts aber mitarbeiten. pd
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RABE-INFO
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Mi. 24. März 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_24._Maerz_2010.mp3
- Hungerstreik und politische Vorstösse: die Folgen des tragischen
Todes eines Nigerianers bei der Ausschaffung aus der Schweiz
- SVP und BDP im Fokus: die beiden Parteien an den Bernischen
Grossratswahlen
- Biertrinken und Philosophieren: Bierglaslyrik bringt Texte vom
Stammtisch auf Papier
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PARTY-THUN
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Thuner Tagblatt 25.3.10
Sicherheit in der Stadt Thun
Komitee "Thun rockt!" erfreut über Beschluss
Das überparteiliche Komitee "Thun rockt!", das die
Interessen der Jugend vertritt, ist erfreut über das
Massnahmenpaket.
"Wir sind erfreut, dass der Thuner Gemeinderat in seinem
kürzlich vorgestellten Sicherheitskonzept ausgangsfeindliche
Vorschläge nicht aufgenommen hat", schreiben die Verantwortlichen
in ihrer Medienmitteilung. Der Gemeinderat habe nun "grösstenteils
sinnvolle und verhältnismässige Massnahmen" vorgeschlagen, um
Nachtlärm und Vandalismus in der Innenstadt zu bekämpfen (wir
haben berichtet). Das zeuge auch von einer Rücksichtnahme auf die
Bedürfnisse der Nachtschwärmerinnen und Nachtschwärmer.
"‹Thun rockt!› steht hinter einem Grossteil dieser Massnahmen",
hält das Komitee fest.
Das war nicht immer so. Vor wenigen Wochen, anlässlich der
Einreichung der IGT-Altstadtstamm-Petition, kursierten noch Forderungen
nach einer Limitierung der Anzahl Gastrobetriebe in der Innenstadt, ein
Alkoholkonsumverbot auf öffentlichen Plätzen oder das
Entziehen sämtlicher Überzeitbewilligung in dieser und
ähnlicher Form. Positionen, die das Komitee "Thun rockt!" damals
schwer kritisiert hat.
pd/heh
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Hotelrevue 25.3.10
Thuner Regierung will mehr Ruhe und Ordnung
Der Thuner Gemeinderat hat Massnahmen gegen Lärm, Abfall und
Vandalismus beschlossen. So soll die Präsenz der Polizei
verstärkt werden. Vorgesehen sind auch Videoüberwachungen.
Die geplanten Standorte müssen aber erst im Anzeiger publiziert
sowie vom Kanton abgesegnet werden. Verändertes Ausgehverhalten,
das Rauchverbot sowie neue Lokale seien Gründe für Lärm
und Unordnung. Das Sicherheitskonzept soll 131000 Franken kosten, die
Wirte müssen sich je nach Betriebsgrösse mit monatlich 100
bis 160 Franken daran beteiligen.
saz
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PARTY-SOLOTHURN
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Solothurner Zeitung 25.3.10
Mit Peitsche oder Zuckerbrot?
Nachtleben Probleme gibt es vielerorts, angegangen werden diese
unterschiedlich
Regula Bättig
Nicht nur in Solothurn gibt es Stunk wegen nächtlichen
Lärms. Doch andernorts geht man das Problem anders an: Biel setzt
auf längere Öffnungszeiten, Thun auf mehr Kontrolle und auch
Olten macht sich so seine Gedanken.
Wo gefeiert wird, ist der Ärger vorprogrammiert: Anwohner
können nicht schlafen, es gibt Klagen wegen Drecks oder
Vandalismus. Nahezu jede Stadt schlägt sich mit diesen Problemen
herum, doch angepackt werden diese unterschiedlich: Während
Solothurn auf Repression setzt und Öffnungszeiten bis maximal 2
Uhr anpeilt, werden andernorts die Zügel gelockert.
Statt wie früher bis 3.30 Uhr, kann in Biel seit letztem
Herbst bis um 5 Uhr gefeiert werden - wenn das Lokal beim
zuständigen Regierungsstatthalter eine Bewilligung eingeholt hat.
Das heisse aber nicht, dass in Biel jede Bar und jeder Club bis um 5
Uhr geöffnet sei, sagt Regierungsstatthalter Werner Könitzer.
Im ganzen Verwaltungskreis seien dies lediglich fünf Betriebe.
Zudem ist noch nix fix. Bevor die Regelung definitiv in Kraft tritt,
will man testen, ob die Ausweitung der Öffnungszeiten den Anwohner
tatsächlich mehr Schlaf bringt. Könitzer setzt jedoch grosse
Hoffnungen auf die Neuregelung: "So verlassen die Gäste die Lokale
nach und nach und wir haben nie eine extreme Lärmspitze, wie dies
jetzt um halb vier der Fall ist, wenn viele aufs Mal rauskommen." Die
bis jetzt gemachten Erfahrungen seien durchaus positiv, sagt
Könitzer. "Natürlich ist der Lärm nicht verschwunden, er
wird aber nicht automatisch grösser." Und da es keine eigentlichen
Spitze mehr gebe, werde dieser für Anwohner eher zumutbar. Dennoch
hat er die Testphase bis Ende Juni verlängert. So könne man
die Situation über alle Jahreszeiten hinweg beobachten:
"Sommernächte verleiten eher dazu, nach dem Verlassen eines Lokals
irgendwo draussen stehen zu bleiben und sich zu weiter zu unterhalten."
Der Versuch, dem nächtlichen Lärm mit der
Einschränkung der Öffnungszeiten Herr zu werden, sei "nicht
das Gelbe vom Ei", glaubt Werner Könitzer. "Man muss versuchen,
sich den gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen." Bereits um
2 Uhr zu schliessen, sei seiner Ansicht wenig hilfreich. "Dann decken
sich die Jugendlichen am Kiosk mit Getränken ein und treffen sich
irgendwo im öffentlichen Raum, was wieder mehr
Polizeieinsätze notwendig macht", glaubt er. "Und dann kann man
sich schon fragen, ob es nicht sinnvoller ist, wenn sie irgendwo in
einem Lokal drin sind." Das gelte nicht nur in Bezug auf den Lärm,
sondern auch auf die Sicherheit und den Alkoholkonsum. "Jene Lokale,
die eine Bewilligung bis 5 Uhr erhalten, müssen strikte Auflagen
bezüglich Sicherheitsdienst erfüllen."
Nach der Anpassung des Gastgewerbegesetzes im Kanton Bern wurden
auch in Thun die Öffnungszeiten der Nachtlokale bis um 5 Uhr
ausgedehnt. Die halbjährige Testphase habe nun gezeigt, dass sich
die Anpassung in der Innenstadt nicht bewährt hat, sagt Peter
Siegenthaler, Vorsteher der Direktion Sicherheit in Thun. "Der
Lärm hat nicht abgenommen, dafür hat die Lärmzeitdauer
zugenommen: Jetzt herrscht bis halb sechs Betrieb."
Doch in der Innenstadt müsse um 3.30 Uhr Schluss sein,
findet Siegenthaler. "Von mir aus sogar früher." Denn in der
Altstadt treffe eine intensive Wohnnutzung auf Ausgangsmeile. "Die
Leute in den Lokalen drin sind nicht das Problem", sagt er - wohl aber
diejenigen draussen vor der Tür. "Das Rauchverbot macht die
Situation nicht einfacher." Hinzu komme die Enge der Gassen: "Selbst
Unterhaltungen in normaler Lautstärke sind weitherum zu
hören."
Dennoch ist es für Siegenthalter unbestritten, dass zu einer
Stadt auch ein Nachtleben gehört: Die Lokale ausserhalb sollen
daher weiterhin bis um 5 Uhr geöffnet bleiben. Dass der eine oder
die andere auf dem rund 20-minütigen Fussmarsch auf dumme Ideen
kommt und Velos in der Aare landen oder Abfallkübel demontiert
werden, damit müsse man "wohl oder übel leben", meint
Siegenthaler. Er macht aber keinen Hehl daraus, dass ihm der Lärm,
der Dreck und die Gewalt - Dinge, die mit dem Nachtleben einhergehen -
"in ihrer Dimension ablöschen". So könne er sich für
Thun durchaus repressivere Massnahmen vorstellen: "Ich denke da
beispielsweise an ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum ab einer
bestimmten Uhrzeit."
"Auch bei uns sind die Öffnungszeiten ein Thema",
bestätigt Oltens Sicherheitsdirektorin Iris Schelbert. "Wir
diskutieren, ob verkürzte oder ob verlängerte
Öffnungszeiten Besserung bringen." Sie glaube nicht, dass mit
einer Schliessung der Lokale um 2 Uhr die Lärmdiskussionen vom
Tisch wären: "Das mag das Problem vielleicht abschwächen, ob
es so wirklich gelöst wird, ist fraglich." Und bei einer
Verlängerung gehen nicht alle Leute gleichzeitig heim. In Olten
sorgen vor allem jene Betriebe für rote Köpfe, die um 4 Uhr
schliessen und um 5 Uhr wieder öffnen. Denn die Besucher gehen
während dieser Stunde nicht nach Hause, sondern warten draussen,
bis sie wieder rein können. Und das gibt Klagen: "Wegen
Lärms, Abfalls, Vandalismus oder weil an die Häuser gepinkelt
wird", führt Schelbert aus. Aber ähnlich wie in Solothurn ist
man es auch in Olten leid, die immer gleichen Diskussionen zu
führen - und Polizisten Bussen verteilen zu lassen, die mit einem
Schulterzucken bezahlt werden.
Die "Kofmehl"-Diskussionen in Solothurn hat Schelbert mit
Interesse verfolgt. "Tragisch", sei dies. Denn auch bei der Oltner
"Schützi" gebe es Reklamationen - wegen Vibration der Bässe.
Sie ist jedoch überzeugt, dass man einen Weg finde: "Wir
dürfen die ‹Schützi› auf keinen Fall verlieren, denn sie ist
für Olten ein wichtiger Kulturraum."
--
Alle gegen Stadtpräsident Kurt Fluri
Im Solothurner Gemeinderat wurde die überparteiliche Motion
zu den Öffnungszeiten der städtischen Nachtlokale nicht nur
mit 25 von 30 Stimmen für dringlich, sondern auch gleich erheblich
erklärt. Zuletzt hatte nur noch Stadtpräsident Kurt Fluri den
Finger gegen die Motion gehoben, nachdem auch die am Sonntag noch nicht
kontaktierte SVP den Vorstoss klar unterstützt hatte (vgl. letzte
zwei Ausgaben). Damit wird die Stadtverwaltung beauftragt, bis zu den
Sommerferien ein Konzept zum künftigen Nachtleben in Solothurn
vorzulegen und insbesondere das Regime einer Öffnung der Clubs bis
5 Uhr zu prüfen. Dies, nachdem die städtische Baukommission
eine Schliessung in der Kulturfabrik Kofmehl auf 2 Uhr verfügt
hatte.
"Es geht nicht um eine Lex Kofmehl, aber die Clubs brauchen
Planungssicherheit", hatte Motionär Marco Lupi (FDP) eingangs
begründet, warum Dringlichkeit gegeben sei. Das sah der
Stadtpräsident völlig anders: "Wir sind nicht zuständig,
denn die Baukommission stützt sich nicht auf kommunales, sondern
kantonales und Bundesrecht", argumentierte Kurt Fluri weiter. Und
rollte eine lange Reihe von Sitzungen mit Absichtserklärungen
einer "IG Nachtleben" von Clubbetreibern auf, die jedoch nie aktiv
geworden sei. Auch habe man sich im Gemeinderat darauf geeinigt, eine
Grundsatzdebatte erst zu führen, wenn über die Beschwerden
zweier Altstadtlokale gegen den "Zwei-Uhr-Entscheid" der Baukommission
befunden worden sei. Lupi und alle anderen Parteiensprecher waren sich
jedoch einig, dass jetzt nach dem Kofmehl-Entscheid ein Konzept her
müsse, auch wenn man nicht für die Öffnungszeiten
zuständig sei und Fluri monierte, das sei bis zu den Ferien gar
nicht möglich. "Der schnellste Weg wäre, eine andere
Öffnungszeit im Beschwerdeverfahren zu beantragen", gab der
Stadtpräsident noch juristischen Nachhilfeunterricht. (ww)
Solothurn und sein Gesetz
Laut kantonalem Wirtschaftsgesetz dürfen Gastro-Betriebe
"frühestens um 5 Uhr" öffnen und müssen "spätestens
um 00.30 Uhr geschlossen werden". Nachtlokale sind "spätestens um
4 Uhr zu schliessen". Doch in Olten sind Öffnungszeiten bis 5 Uhr
ein Thema, in Solothurn soll bereits um 2 Uhr Schluss sein. "Beides
geht", sagt Rudolf Tschachtli, Chef Amt für öffentliche
Sicherheit. Das kantonale Gesetz gelte nur, wenn die betreffende
Gemeinde keine anderslautende Bestimmung erlassen habe. Dies geschehe
im Rahmen der Bau- und Zonenordnung, sprich via Baubewilligung. "Damit
kann eine Gemeinde die Öffnungszeiten für einen Betrieb
losgelöst vom kantonalen Wirtschaftgesetz festlegen", so
Tschachtli.(rb)
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AUSSCHAFFUNGS-TOD
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Woz 25.3.10
Ausschaffung - Nach dem Tod eines Nigerianers in Ausschaffungshaft
besucht die WOZ-Reporterin einen Bekannten im Flughafengefängnis.
Der Tod des Alex Uzowulu
Von Franziska Moor
Es gibt verschiedene Wege ins Flughafengefängnis. Man kann
mit dem 10er-Tram über Oerlikon zur Haltestelle Bäuler in
Glattbrugg fahren, von dort an der Kläranlage vorbei, durch ein
Wäldchen der Glatt entlang und über eine matschige Wiese
stapfen. Oder man kann, wie an diesem Morgen, die S-Bahn nehmen. Sich
am Flughafen durch das Rollköfferchenvolk drängen, einen
"Kaffee to go" im "Spettacolo" holen, vorbei an Check-in 3, Foodcourt
und Shopping Zone zum Bus 736 gehen, der ans andere Ende des Flughafens
fährt. Der Bus ist meistens leer.
An der Haltestelle Werkhof steige ich aus und komme am
"Spezialzentrum Rohr" vorbei, wo abgewiesene Asylsuchende in Containern
leben. Die Container scheinen verlassen, einer ist gar ausgebrannt.
Dahinter liegt das Flughafengefängnis. Im vierstöckigen Anbau
liegt die Abteilung "Ausschaffungshaft". Hier sitzt mein Bekannter S.
und wartet auf seine Ausschaffung. Ich kling le. Durch die
Gegensprechanlage fragt eine schnarrende Männerstimme nach meinem
Namen. Ich sage, wer ich bin und was ich hier will, und die zwei
Gittertore schieben sich langsam zur Seite. Im Hof ruft jemand "Hello"
durch ein vergittertes Fenster im zweiten Stock. Ich trete ein. Im
Vorraum sitzen zwei Beamte hinter Panzerglas. Hinter ihnen werden drei
Häftlinge in Handschellen reingeführt. Sie verschwinden in
Begleitung von Polizisten hinter einer Tür. Ich weise mich aus.
Der Beamte durchsucht meinen Notizblock, ob auch kein Geld darin
versteckt ist. Ich muss meine Schuhe und den Gürtel ausziehen und
durch den Metalldetektor gehen. Dann schliesst der Beamte die Tür
zum Besucherraum auf.
Zwei Tage Hungerstreik
Im Raum stehen vier Tische mit je vier Stühlen. Auf jedem
Tisch steht eine Rolle Haushaltspapier. Vielleicht, weil hier viel
geweint wird. An der einen Wand hängt eine Bastelarbeit mit
Styroporfischen. An einem Tisch liest ein älterer Mann einem
afrikanischen Teen ager aus der Bibel vor. Dann beten sie leise. S.,
den ich besuche, betritt den Besucherraum durch eine grüne
Gittertür am anderen Ende des Raumes und sagt: "Willkommen in
meinem Fünf-Sterne-Hotel." Er spricht gut Deutsch, weil er sechs
Jahre hier gelebt hat. Er erzählt, dass er zusammen mit anderen
Inhaftierten zwei Tage in den Hungerstreik getreten sei, nachdem sie
vom Tod des Nigerianers Alex Uzowulu erfahren hatten. Alex Uzowulu, so
heisst also der Mensch, der hier kürzlich während der
Vorbereitung zur Zwangsausschaffung gestorben ist.
Der junge Afrikaner vom Nebentisch erzählt mir später,
dass sie im vierten Stock weiterhin aus Protest im Hungerstreik seien.
S. ist im zweiten Stock untergebracht, wo auch der 29-jährige Alex
Uzowulu die letzten Tage seines Lebens verbracht hat. Kontakt hatte man
aber nicht. Die Stockwerke seien unterteilt, sagt S., ein Araber: "Auf
der einen Seite die Afrikaner und ein paar Jugoslawen, auf der anderen
die Araber und Asiaten." Der Hofgang findet getrennt statt. Man trifft
sich höchstens im Besucherraum oder im Kraftraum. Trotz strikter
Trennung spricht sich manches herum. Zum Beispiel, dass im vierten
Stock eine Frau mit einem Kleinkind sitze. Und im dritten Stock ein
Mann, der seit elf Jahren in der Schweiz lebt, hier arbeitete,
verheiratet war und Kinder hat und der nach der Scheidung seine
Aufenthaltsbewilligung und Arbeit verlor. Er wird die Schweiz nur noch
durch Gitterstäbe und dann aus einem runden Flugzeugfenster von
oben sehen. Im Kraftraum hat dieser Mann S. einmal gefragt: "Ich bin
nicht kriminell, nicht strafrechtlich verurteilt, warum sitze ich im
Gefängnis?"
Gefesselt in den "Bunker"
S. sagt, dass auch er einst wie Alex Uzowulu unter Anwendung von
Gewalt ausgeschafft werden sollte. Eines Morgens seien vier Polizisten
in seine Zelle gestürmt, hätten ihn aus dem Bett gerissen und
an die Wand gedrückt, an Händen und Füssen gefesselt,
ihm einen Helm aufgesetzt und ihn dann in einen fensterlosen Raum in
einem anderen Gebäude geschleppt - eine Isolationszelle, den
"Bunker", wie ihn die Ausschaffungshäftlinge nennen. Dort seien
seine Fesseln gelöst worden, und er habe seine Kleider gegen einen
Trainingsanzug tauschen müssen. Sechs Stunden habe er hier
verbracht. Dann sei er einfach ohne Erklärung wieder in seine
Zelle gebracht worden. Erst später habe er erfahren, dass es sich
bei der Aktion um einen gescheiterten Ausschaffungsversuch gehandelt
habe, gescheitert am fehlenden Laissez-passer seines Herkunftsstaates.
"Bis zu diesem Punkt kann ich nachvollziehen, wie es dem verstorbenen
Alex Uzowulu ergangen ist", sagt S. Was nachher geschah, das weiss nur
die Flughafenpolizei.
"Die meisten kommen ja wieder"
Eine elegante Schweizerin mit einem Baby auf dem Arm betritt den
Raum. Sie besucht ihren Ehemann. Der Mann nimmt das gemeinsame Baby auf
den Arm und hält die Hand seiner Frau. Er wird am nächsten
Tag nach Ostafrika ausgeschafft. Es bleibt nicht viel Zeit für den
Abschied. Um 11 Uhr ist die Besuchszeit um. Ich verabschiede mich von
S. Ein Beamter sagt, dass er das Sys tem manchmal auch nicht verstehe,
wieso ein verheirateter Familienvater ausgeschafft werden könne.
"Aber die meisten kommen ja sowieso wieder." Ich erhalte meinen Ausweis
zurück, Tür und Tore werden geöffnet. Jemand ruft aus
einen Zellenfenster: "Tschüss!" Eine Hand winkt zwischen den
Gitterstäben hindurch. Ich verlasse diesen häufig
verdrängten oder vergessenen Teil des Flughafens, kehre
zurück in den geschäftigen, geputzten Teil, zurück in
den Alltag.
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Rundschau 25.3.10
Umstrittene Ausschaffung
Nach dem Tod eines nigerianischen Rückschaffungshäftlings
sind die Schweizer Behörden einmal mehr in
Erklärungsnotstand. Doch was geschieht auf diesen
Sonderflügen wirklich? In der Rundschau erzählt erstmals ein
Polizist, was für schockierende Szenen sich in den Flugzeugen mit
Ziel Nigeria abspielen - es sind lebensbedrohliche Situationen für
die Beamten. Welche Zwangsmittel sind zulässig- und wie
schützt man die Polizisten?
http://videoportal.sf.tv/video?id=4f595917-7063-418c-a106-23827612c8c4&referrer=http%3A%2F%2Fwww.sf.tv%2Fsendungen%2Frundschau%2Findex.php
Forum: Zwangsausschaffung
In unserem Internetforum können Sie über dieses Thema
diskutieren. mehr …
http://www.sf.tv/sendungen/rundschau/forum/forum.php?forumid=2245
--
Stuhl: Urs von Arb
Leiter Abteilung Rückkehr Bundesamt für Migration
http://videoportal.sf.tv/video?id=a329e2e3-fbba-4612-817f-b61f56988386&referrer=http%3A%2F%2Fwww.sf.tv%2Fsendungen%2Frundschau%2Findex.php
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SVP FEAT. NEONAZIS
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Indymedia 25.3.10
SVP: Keine Berührungsängste mit deutschen Neonazis
AutorIn : Antifa Bern
Die SVP intensivierte in den letzten Monaten ihre Kontakte mit der
deutschen Pro-Bewegung, wie einem Newsletter der islamfeindlichen
Partei am rechten Rand zu entnehmen ist. Nächsten Samstag ist in
Gelsenkirchen der Auftritt eines Gastredners aus der Schweiz vor dem
strittigen Publikum angekündigt.
Im Rahmen der Konferenz in Gelsenkirchen findet im benachbarten
Duisburg ein Sternmarsch gegen die Merkez-Moschee statt. Für
diesen Marsch mobilisiert neben der Rechtsaussenpartei
Pro-Köln, auch die neonazistische Partei NPD. Laut eigenen
Angaben werden bis zu 1500 Demonstrierende erwartet. Wie die
Erfahrung des letzten Jahres gezeigt hat, wird sich dieser Mob
primär aus islamfeindlichen und neonazistischen Kreisen
zusammensetzen.
An der Konferenz soll auch ein Schweizer Referent, wahrscheinlich
ein Vertreter der SVP teilnehmen. In einem Rundmail vom 3.
März 2010 der Pro Köln Bewegung wird "ein
führender Repräsentant aus dem Initiatorenkreis des
erfolgreichen Schweizer Volksbegehrens für ein
Minarettverbot" als Redner angekündigt. Weiter ist dem Schreiben
zu entnehmen, dass "der Kontakt zwischen der Pro-Bewegung
und Repräsentanten der Schweizer Volkspartei [...] in jedem
Fall weiter ausgebaut werden" solle.
Schon im Vorfeld begrüsst SVP-Nationalrat Oskar Freysinger
die deutschen Neonazis in einer Botschaft mit den Worten:
"Liebe abendländische Freunde".
Den Grundstein für diese Verbindung zwischen den
islamfeindlichen Parteien Pro Köln/Pro NRW und der SVP legte
der Aargauer SVP-Grossrat Andreas Glarner mit seinem Beitritt in
die Partei Pro Köln im Dezember letzten Jahres. Auf Anfrage
der sda meinte Glarner damals noch, er werde sofort aus der
Bewegung austreten, falls sich herausstellen sollte, dass
Pro-Köln rechtsextrem sei. Diese Aussage bleibt eine Farce;
denn die politische Position der Pro-Bewegung ist seit Jahren
bekannt. Sie agiert am rechten Rand, ihr Mobilisierungspotential
liegt primär bei RassistInnen und Neonazis und sie werden
deswegen seit 2004 auch vom deutschen Verfassungsschutz
beobachtet.
Es zeigt sich, dass die SVP bei der Umsetzung ihres rassistischen
Programms auch das internationale Zusammengehen mit deutschen
Neonazis nicht scheut. Damit entpuppt sich einmal mehr, wo die
SVP mit ihren politischen Inhalten steht. Auf gleicher
Augenhöhe mit den europäischen Rechtspopulisten,
Rassisten und Neonazis.
Ein breites Bündnis aus Bürgerinitiativen und
antifaschistische Gruppen ruft für kommendes Wochenende zu
Gegenaktivitäten auf, um zum wiederholten mal die
Anti-Islam-Konferenz zu verhindern - im September 2008
gelang dies erfolgreich.
Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne per Mail zur Verfügung.
Lisa
Antifa Bern
Anhänge:
1. Grussbotschaft von Oskar Freysinger34
http://www.abendland-in-christenhand.de/?p=472
2. Plan der Routen der beiden Parteien
http://duisburgquer.blogsport.de/images/dssqflyerkarte_web.pdf
3. Newsletter der Partei Pro-Köln vom 3. März 2010
Gedankenaustausch zwischen Andreas Glarner (SVP) und Markus
Wiener (Pro-Bewegung)
Am Mittwoch kam es in Köln zu einem ersten persönlichen
Treffen zwischen dem Fraktionspräsidenten der Schweizer
Volkspartei (SVP) im Kanton Aargau, Andreas Glarner, und dem
Pro-NRW-Generalsekretär und stv. Pro-Köln-Vorsitzenden
Markus Wiener. In dem gut einstündigen Gespräch ging es
um aktuelle Fragen der deutschen und Schweizer Politik, die
Gefahren der Islamisierung in Europa und die Diskriminierung der
politischen Opposition rechts der Mitte in Nordrhein-Westfalen
und insbesondere Köln.
Dabei habe man in fast allen Punkten "100 Prozent
Übereinstimmung erzielt", so das pro-Köln- und
SVP-Doppelmitglied Glarner und der Pro-Generalsekretär
Wiener im Anschluss an das Treffen. Auch die Aktivitäten der
deutschen Behörden als "Hehler" von gestohlenen Schweizer
Bankdaten verurteilten Glarner und Wiener einmütig.
"Steueroasen kann es immer nur dort geben, wo es auch
Steuerwüsten gibt2, kommentierte Glarner treffend den
ausufernden Bürokratismus und die hohe Steuerlast in
Deutschland.
Der Kontakt zwischen der Pro-Bewegung und Repräsentanten der
Schweizer Volkspartei solle in jeden Fall weiter ausgebaut
werden. In diesem Zusammenhang versicherte Glarner auch, dass aus
dem Initiatorenkreis des erfolgreichen Schweizer Volksbegehrens
für ein Minarettverbot ein führender Repräsentant
auf der Anti-Minarett-Konferenz der Pro-Bewegung am 27. März
im Schloss Horst in Gelsenkirchen als Referent auftreten wird.
Besonders nachdenklich stimmten Glarner die Schilderungen der
unglaublichen Diskriminierung von pro Köln und pro NRW im
politischen Alltag in Nordrhein-Westfalen. Übereinstimmend
kam man zu dem Ergebnis, dass solche Zustände wie z.B.
während des 1. Anti-Islamisierungskongresses 2008 in
Köln einem entwickelten Rechtsstaat und einer gefestigten
Demokratie nicht würdig seien. Die damalige Willkür
offizieller Stellen und der Kölner Polizeiführung
hätten europaweit Besorgnis über die Zustände in
Deutschland ausgelöst, so auch bei Andreas Glarner, der
für die SVP - der größten Schweizer Partei nicht
nur als Fraktionspräsident im Parlament des Kanton Aargau
tätig ist, sondern auch seiner Heimatgemeinde als
Bürgermeister mit oberster Polizeibefugnis vorsteht.
Nach dem sehr angenehmen gut einstündigen Gedankenaustausch
vereinbarten die beiden patriotischen Politiker abschließend
ein baldiges Wiedersehen und eine weitere enge Zusammenarbeit.
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MUSSOLINI BE
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Bund 25.3.10
Mussolini
Der Duce hat in Bern agitiert und gemauert - hat er auch Endo Anacondas
"Hasenhöhle" in Ostermundigen errichtet?
Handlanger und Heisssporn
Simon Wälti
Endo Anaconda lebt in schauerlichem Gemäuer: Der Sänger
von Stiller Has hat eine Wohnung in einem Haus in Ostermundigen
bezogen, an dem Benito Mussolini als junger Muratore und Handlanger
mitgearbeitet haben soll. So bezeugte es Endo Anaconda in einem
Interview mit der "SonntagsZeitung." Auf den Vorwurf, er habe sich das
mit Mussolini nur ausgedacht, sagt er: "Ich lüge ja gern, aber das
stimmt wirklich. Fragen Sie meine Sekretärin, sie wohnt auch hier
im Haus."
Einige verbürgte Fakten: Als junger Spund kam Benito
Mussolini im Frühling 1903 nach Bern, er war noch nicht einmal 20.
Er arbeitete vorübergehend bei der Baufirma Froidevaux & Co.
im Fischermätteliquartier und wohnte an der Cäcilienstrasse
20. Mussolini galt als verdächtiges Subjekt: Er wurde von der
Polizei beschattet, weil er sich bereits in Lausanne in sozialistischen
Kreisen bewegt hatte und als Gewerkschaftsfunktionär tätig
war. So erschien am 1. Mai 1903 in einer Sonderausgabe der Zeitschrift
"Avvenire del Lavoratore" eine gereimte Lobhudelei auf den
französischen Frühsozialisten François Baboeuf. Am 4.
April soll er in Thun vor Arbeitern aufgetreten sein. Zudem habe er in
der "Spysi" günstige Suppen gelöffelt. Nicht ganz klar ist,
ob Mussolini bei Reden vor der italienischen Arbeiterschaft in Bern
auch Revolution und Anarchie gepredigt hat. Auf jeden Fall war das Auge
des Gesetzes wachsam: Wachtmeister Mollet heftete sich an seine Fersen.
Mussolini schwang nicht nur eine grosse Klappe, sondern zuweilen
auch die Maurerkelle. Wie gross die Arbeitsleistung gewesen ist, weiss
man nicht. Es heisst jedoch, er habe beim Wohnungsbau in Bümpliz
mitgeholfen. Auf jeden Fall kann er nicht ganze Quartiere erbaut haben,
denn der nachmalige Faschistenführer und Diktator wurde bereits im
Juni 1903 wegen mangelnder Schriften von der Polizei einvernommen und
verhaftet. Am 19. Juni wird Mussolini vermessen und fotografiert. Er
ist 1,69 Meter gross, auch seine Fingerabdrücke werden genommen.
Nach zehn Tagen Haft wird Mussolini nach Luzern spediert, von dort aus
geht es per Eisenbahn zurück nach Italien. Später ist er
wieder in Lausanne anzutreffen. Die Jahre in der Schweiz seien für
die Bildung der Persönlichkeit des Duce wichtig, ja prägend
gewesen, wird vermutet. In seinen Erinnerungen schreibt Mussolini, der
Aufenthalt sei voller harter Momente gewesen. - 1913 gab Mussolini noch
einmal ein Gastspiel als Redner. Weil er aber befürchten musste,
dass die Polizei ihn, beträte er wieder Berner Boden, dingfest
machen würde, trat er ennet der Kantonsgrenze im Hotel
Moléson in Flamatt im Kanton Freiburg auf. Hier hielt er eine
Rede vor mehreren hundert italienischen Einwanderern. Die Berner
Polizei avisierte die Freiburger Amtskollegen. Der abkommandierte Agent
war jedoch des Italienischen nicht mächtig, weshalb er über
den Inhalt der Rede keine Angaben machen konnte.
Zurück nach Ostermundigen. Milena Zala, Anacondas
Sekretärin, kann keine Beweise vorlegen. Aber: "Die Geschichte hat
sich hartnäckig behauptet und wurde von älteren Leuten im
Quartier erzählt." Anaconda wohnt im Morosoli-Quartier. Die
Häuser wurden von Severin Morosoli erbaut. In einem Artikel
schrieb der "Bund" im Jahr 2004 : "Das Gerücht, Mussolini habe
damals als Maurer eigenhändig am Morosoli-Quartier gebaut, liess
sich nicht erhärten." Eigentlich sprechen die Jahreszahlen
dagegen: Die Häuser wurden in den Jahren 1908 bis 1916 errichtet.
Mussolini war aber 1903 in Bern. Man kann spekulieren, Mussolini habe
sich, unbemerkt von der Polizei, auch später in Bern aufgehalten.
So wird erzählt, er habe auch beim Bau der Halenbrücke
zwischen 1911 und 1913 mitgewirkt. Es dürfte sich jedoch um
Legenden handeln, denn 1912 war Mussolini bereits Chefredaktor des
sozialistischen Parteiorgans "Avanti!" und eine Schlüsselfigur der
Partei.
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SKLAVEREI
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WoZ 25.3.10
Zürcher Sklavereiakten - Der Streit um die gesperrten Dokumente
bei der Credit Suisse ist mehr als ein Streit unter HistorikerInnen.
Was der Leu mit Afrika zu tun hat
Von Hans Fässler
Dorothy Tillman war nicht nur für ihre modischen Hüte
bekannt. Die schwarze Bürgerrechtsaktivistin, die im
Stadtparlament von Chicago die South Side vertrat, stammte aus Alabama
und marschierte als 18-Jährige mit Martin Luther King. Sie setzte
sich für Reparations zahlungen an ehemalige SklavInnen ein und
schrieb 2002 Geschichte, als der Chicagoer Stadtrat ihren
Gesetzesvorschlag annahm. Dieser verlangte, dass jede Firma, die mit
der Stadt Verträge abschliesst, ihre Beziehungen zur Sklaverei
offenlegt. Hier kommen die UBS und ein St. Galler Kaufmann ins Spiel.
Missglückte Reinwaschung
2003 holte das Gesetz die Investmentbank Lehman Brothers ein, die
offenlegen musste, dass die Gebrüder Lehman in Montgomery Sklaven
besessen hatten. 2005 war Wachovia dran. Deren Vorgängerbank
besass 100 Sklaven und war mit Sklavenhandelsprofiten aufgebaut worden.
Auch die Bank of America und JP Morgan mussten Sklavereigeschäfte
eingestehen. 2006 erschien dann in der "Chicago Sun-Times" der Artikel
"UBS gesteht Sklavereiverbindungen". Bei der Finanzierung einer Piste
des Chicagoer Flughafens O'Hare durch die UBS Securities LLC waren
Hinweise aufgetaucht, dass der St. Galler Jakob Laurenz Gsell
(1815-1896), Gründer der UBS-Vorfahrin Deutsch-Schweizerische
Creditbank, in Brasilien Sklaven gehalten habe.
Aus Angst vor dem Vorwurf, ihre Sklavereivergangenheit verstecken
zu wollen - ein solcher Vorwurf hatte 2005 Wachovia getroffen und deren
Beteili gung an einem Bauprojekt gefähr det -, liess die UBS den
Historiker Urs Alfred Müller-Lhotska die Biografie von Gsell
aufarbeiten. Im Klappentext des im NZZ-Verlag erschienenen Buches steht
als verschämter Hinweis auf den Autor: "Leitet das Konzernarchiv
einer grossen Schweizer Bank." Um herauszufinden, dass es sich um die
UBS handelt, benötigt man im Internet sieben Sekunden. Pikantes
Detail: Müller-Lhotska war angetreten, Gsell vom Vorwurf
reinzuwaschen, Sklavenhändler gewesen zu sein. In seinem Buch
musste er aber schliesslich darlegen, dass Gsell nicht nur Sklaven
besessen und für einen Freund eingekauft, sondern diese auch
eigenhändig gezüchtigt hatte.
Was der UBS ihr Hofhistoriker Müller-Lhotska, ist der CS
Joseph Jung. Der 55-jährige "Head Corporate History" scheint auf
Firmengeschichten (SKA, Winterthur, Leu) und die Familie Escher
(Alfred, Lydia) abonniert und hat für seine Jubiläumsschrift
von 2005 Zugang zum Firmenarchiv bekommen. Ebenfalls Zugang bekamen
früher die bürgerlichen Historiker Julius Landmann (1905) und
Hans Conrad Peyer (1968) sowie vermutlich der Bankenhistoriker Herbert
Lüthy (1959). Nicht so Konrad Kuhn von der Uni Zürich. Als
dieser im Kontext des Postulats "Verbindungen der Stadt Zürich und
von Zürchern zu Sklavenhandel und Sklaverei" bei der CS anfragte,
bekam er im August 2007 zur Antwort, der Archivzugang sei für
unabhängige Forscher unmöglich.
Keine Chance hatte auch Alex Larsen, dänischer TV-Journalist
und Sklavereiexperte. Sein Argument, Dänemark sei die
Sklavereination Nummer 7 gewesen und habe diese Position nur "dank
Banken wie der Ihrigen" erreicht, verfing ebenso wenig wie das von
Karfa Diallo. Der senegalesische Präsident der Gruppe Divers
Cité in Bordeaux, die sich um die Aufarbeitung der Rolle der
Stadt beim Sklavenhandel bemüht, gab vergebens zu bedenken, es sei
für seine Organisation wichtig, Zugang zu Archiven zu haben, um
das Menschheitsverbrechen Sklaverei verstehen zu können.
Schliesslich erhielten auch der Angolaner Mandu dos Santos Pinto aus
Zürich und der Sklaverei- und Reparationsaktivist Shelley Moorhead
aus St. Croix eine Abfuhr. Ersterer ist Präsident der Plattform
Sankofa für Menschen afrikanischen Erbes, Letzterer fordert als
Nachfahre von Sklaven auf den US Virgin Islands Gerechtigkeit. Es ist
also irreführend, wenn in der Presse von einem "Historikerstreit"
die Rede ist. Es geht ebenso sehr darum, dass die Nachfahren der
Sklavereiopfer Zugang zu ihrer Geschichte bekommen.
Kopfschütteln und Gelächter
Im Dezember 2007 kam es im Zürcher Gemeinderat zu einer
Debatte, die aus heutiger Sicht wie ein vorgezogener Abwehrkampf gegen
die aktuelle Aufhebung des Bankgeheimnisses wirkt. Es ging um ein
Postulat der Alternativen Liste, das die Stadt verpflichten wollte, bei
der CS den Zugang zu den Akten der 1990 von ihr übernommenen Bank
Leu in Bezug auf die Sklaverei durchzusetzen. Dies wurde insbesondere
damit begründet, dass die 1755 gegründete "Zinskommission
Leu" eine halbstaatliche Bank gewesen sei.
Nebst dem klassischen und letztlich post kolonial-rassistischen
Argument, man könne ja nicht alles Unrecht der Welt aufarbeiten
und man müsse doch jetzt nach vorne schauen, sorgte vor allem ein
FDPler für Kopfschütteln und Gelächter. Jeder
anständige Mensch wäre in den Ausstand getreten, wenn seine
Interessenbindung so offensichtlich gewesen wäre wie bei Monjek
Rosenheim, Mitglied der Bankdirektion Clariden-Leu. Der aber votierte:
"Da gibt es auch noch einen Persönlichkeitsschutz, meine Damen und
Herren, und zwar letztlich eben auch zurück ins 18.
Jahrhundert, weil Sie heute Familien haben, die nach wie vor Nachkommen
haben. Wenn Sie natürlich meinen, man könne jetzt da
namentlich alles aufdecken und machen und tun - das Bankgeheimnis
erlischt nicht mit dem Tod eines Bankkontoinhabers!"
"Grosse Verärgerung"
Auf alten Karten steht im Inneren Afrikas: "Hic sunt leones".
Dass es dort nicht nur Löwen gab, die sich die Bank Leu für
ihr Wappen auswählte, sondern dass von dort die SklavInnen kamen,
die in Amerika den Reichtum Europas begründeten, wusste man in
gebildeten Kreisen schon Mitte des 18. Jahrhunderts. Voltaires
"Candide" mit dem berühmten Satz über den Sklaven, der in der
Zuckermühle die Hand verloren und dem man ein Bein abgehackt hatte
("Um diesen Preis esst ihr Zucker in Europa!"), erschien gerade vier
Jahre nach der Gründung der Zinskommission Leu.
Dass die CS via die 1990 übernommene Bank Geschäfte mit
der Sklaverei gemacht hat, ist durch bürgerlich-unverdächtige
Historiker belegt. Die Bank Leu hielt Aktien der französischen
Compagnie des Indes, die über 40 000 AfrikanerInnen deportierte.
Sie gewährte Dänemark eine Anleihe, mit der es drei
Antilleninseln als wichtigen Umschlagsplatz für Sklaven erwarb.
Und sie akzeptierte für ein Darlehen als Sicherheit die
Verpfändung einer Schuldverschreibung auf einer Sklavenplantage
auf der dänischen Antilleninsel St. Croix.
Man darf gespannt sein, wie der Bürgermeister von Chicago,
der vor kurzem einen Brief aus der Schweiz bekommen hat, auf all dies
reagiert. Beziehungsweise all die US-Städte und Bundesstaaten, die
über ähnliche Gesetze wie den "Slavery Era Disclosure Act"
verfügen und allenfalls mit der CS Geschäfte tätigen
wollen: Los Angeles, Detroit, New York, North Carolina, Cleveland,
Philadelphia, Oakland, Massachusetts und Maryland. Die Aussage im
"Tages-Anzeiger", der Brief über die Sklavenvergangenheit der CS
habe "innerhalb der Bank grosse Verärgerung ausgelöst",
lässt schon mal hoffen.
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BIG BROTHER SPORT
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WoZ 25.3.10
Fussballfans
Schnellverfahren
Kürzlich erschien in einer Schweizer Boulevardzeitung ein
Artikel, der Basler Fussballfans klarmachte: In St. Gallen kriegt ihr
per Schnellverfahren euer Fett ab. Gut unterrichtete Quellen sagen, bei
der St. Galler Polizei habe man getobt: Bisher hätten sie mit den
Baslern keine Probleme gehabt, und jetzt heize ein Artikel unnötig
die Stimmung an.
Tatsächlich gab es dann am Sonntag, als der FC Basel in St.
Gallen gastierte, Probleme. Wie so oft soll der Grund der Eskalation
Pyro gewesen sein. Solche wurden bei den Eingangskontrollen gefunden.
Daraufhin kam es zur Schlägerei zwischen Fans und Securitas. Zehn
Personen wurden verhaftet und im Schnellverfahren dem Staatsanwalt
Thomas Hansjakob vorgeführt. Im Interview mit der WOZ erklärt
der Schnellverfahren-erfinder, was ein solches Verfahren von einem
konventionellen unterscheidet, warum ihm die "Ultras" Angst machen und
warum er im Fussball die drastische Internetfahndung nach blossen
Sachbeschädigern befürwortet. dr
--
Der Schnellrichter - Nach dem Spiel FC St. Gallen gegen FC Basel
mussten zehn Basel-Anhänger die Nacht in St. Galler Zellen
verbringen. Der St. Galler Staatsanwalt Thomas Hansjakob über
seine Erfindung, das Schnellverfahren.
"Verboten ist verboten"
Von Daniel Ryser (Text) und Daniel Ammann (Foto)
WOZ: Herr Hansjakob, Sie sind als Staatsanwalt in St. Gallen
zuständig für Schnellverfahren an Fussballspielen. Am Sonntag
gab es vor dem Spiel FC St. Gallen gegen den FC Basel zehn
Verhaftungen. Was war los?
Thomas Hansjakob: Beim Gästeeingang gab es eine
Schlägerei mit Securitas-Mitarbeitern. Die mutmasslichen Basler
Schläger wurden verhaftet. Sie blieben über Nacht hier.
Und befinden sich nun in einem Schnellverfahren?
Ja. Nach konventioneller Methode hätte man sie heimgeschickt
und dann in ein paar Wochen wieder aufgeboten. Nun erledigen wir die
Fälle in einem Zug. Sie bleiben über Nacht in der Zelle. Tags
darauf werden sie befragt. Wenn es gut läuft, haben wir die Sache
innerhalb von 24 Stunden abgeschlossen. Bei einer Übertretung,
etwa einem Verstoss gegen das Vermummungsverbot, können wir die
Bussenverfügung sofort ausstellen. Bei einem Vergehen oder
Verbrechen geht das nicht so schnell. Wir müssen die Leute
anhören.
Sie sind vor Ort, noch bevor klar ist, ob etwas passieren wird.
Warum?
Ich muss mir ein Bild machen können. Den Marsch der
Gästefans verfolge ich von einer Aussichtsplattform, die
Eingangskontrolle in der Einsatzzentrale. Dort sah ich am Bildschirm
auch die Schlägerei. Nach den Krawallen von GC-Fans im letzten
Oktober sagten Festgenommene, sie seien zufällig in der
randalierenden Gruppe gewesen. Weil ich von Anfang an vor Ort war und
nicht erst kam, als es schon geknallt hatte, konnte ich die Lage
richtig einschätzen und wusste: Die Randalierer waren eine
geschlossene, extrem aggressive Gruppe. Niemand war zufällig dort.
Dann waren alle geständig?
Ja. Wenn wir den Leuten konkret sagen können: Sie haben dort einen
Stein geworfen, gegen den Zaun getreten, bei der Festnahme waren sie
vermummt - dann bestreitet das niemand mehr.
Wie können Sie den Leuten die Taten derart genau zuordnen?
Die Polizei hat ihre Strategie geändert. Sie macht nicht
mehr bloss Ordnungsdienst, sondern arbeitet mit Greifern, die gezielt
Leute festnehmen. Leute, die eingebracht werden, hat man vorher
zwischen dreissig Sekunden und zwei Minuten lang beobachtet. Bei jedem
Zugriff habe ich mindestens einen Beamten, der mir genau sagen kann,
was die Person gemacht hat.
Das war bisher nicht der Fall?
Man machte Ordnungsdienst, Festnahmen waren Zufall. Wenn es ging,
nahm man den einen oder anderen mit auf den Posten. Aber bis er dort
war, wusste keiner mehr, wieso genau. Dann hiess es: Landfriedensbruch.
Das konnte schnell kompliziert werden. Es gab viele Einstellungen,
Freisprüche. Die neue Strategie in Zusammenhang mit den
Schnellverfahren, dem Untersuchungsrichter vor Ort, hat die Effizienz
massiv erhöht.
Sie greifen also jemanden, legen ihm eine belastende Aussage vor
und stellen ihm einen Strafbefehl aus. Wo bleibt da das rechtliche
Gehör?
Wir halten uns exakt an geltendes Recht. Über ihre Rechte
kläre ich die Leute als Erstes auf. Will einer Akteneinsicht,
kriegt er sie. Er kann sich alles anschauen, was wir gegen ihn haben.
Das Recht auf einen Anwalt?
Auch darauf weise ich die Leute hin. Bisher wollte keiner einen.
Keiner?
Nein. Weil der Fall immer absolut klar war. Besteht der
Eingebrachte auf einen Anwalt, drücke ich ihm eine Anwaltslis te
in die Hand. Wenn der Anwalt dar auf besteht, bei der Einvernahme dabei
zu sein, machen wir einen Termin aus. Am selben Tag oder am
nächsten. Das Schnellverfahren ist nicht weniger genau, es ist
bloss viel effizienter. Wir haben von Anfang gesagt: Wir machen die
Schnellverfahren nur, wenn uns die Polizei genau sagen kann, was dem
Betroffenen vorgeworfen wird. Und das klappt.
Der Kanton St. Gallen ist Vorreiter, wenn es um neue
Polizeimethoden geht: Zuerst Internetfahndung nach Hooligans und
Randalierern, nun Schnellverfahren. Warum?
Da gibt es keinen grösseren Plan. Wir waren geschockt, als
der FC St. Gallen 2008 in der Barrage-Runde gegen Bellinzona verlor und
abstieg und es im Stadion schwere Krawalle gab. Man verhaftete zwar
dreissig bis vierzig Leute, war aber völlig überfordert: Wer
hatte was getan? Hatten sie überhaupt etwas gemacht? Wir hatten
Aufnahmen von Rädelsführern, die wir nicht hatten verhaften
können. Also haben wir uns für die Internetfahndung
entschieden.
Sie haben in erster Linie nach jugendlichen Sachbeschädigern
gefahndet - und das ganze Land an der Fahndung beteiligt.
Das war gerechtfertigt. Es ging um massive Gewalt gegen Beamte,
die keiner der Beteiligten kontrollieren konnte. Es geht um Leute, die
nur in der anonymen Masse delinquieren. Wenn sie merken, dass die
Anonymität sie nicht mehr schützt, dann machen sie es auch
nicht mehr. Das sind keine Leute, die grundsätzlich gewaltbereit
wären, sie sind es in der Gruppe. Es ist ein Massenphänomen,
und diese Leute haben in den letzten fünf Jahren gelernt, dass
ihnen an Fussballspielen nichts geschieht, dass sie Steine auf Menschen
werfen können, und es passiert ihnen einfach nichts.
Sie haben bei der Internetfahndung nicht unterschieden zwischen
Leuten, die Polizisten attackierten, und solchen, die ein Tor
auseinanderschraubten - das ja nicht mehr gebraucht wurde, weil das
Stadion danach abgebrochen wurde.
Nein.
Warum nicht?
Weil jeder, der sich in solch einer Masse bewegt und
Gewalttätigkeiten begeht, den anderen unkontrolliert
Gewalttätigkeiten ermöglicht.
Derjenige, der in einem abbruchreifen Stadion ein Tor
auseinanderschraubt, ist für jenen verantwortlich, der einen
Polizisten angreift?
Jeder, der in solch einer Situation gegen das Gesetz
verstösst, kann dies nur im Schutz der Masse tun. Er begeht
Straftaten, geringere oder schwerere, und ermöglicht es damit
anderen, ebenfalls Straftaten zu begehen. Jeder weiss, dass er nicht
kontrollieren kann, wie weit die anderen gehen. Er nimmt als
Sachbeschädiger Gewalt gegen Menschen in Kauf. Somit ist er
strafrechtlich mitverantwortlich. Deshalb ist auch das
Vermummungsverbot so wichtig. Es zeigt, dass die meisten einfach
mitlaufen.
Wie meinen Sie das?
Ein Beispiel: Als der FC St. Gallen den FC Luzern empfing,
entstiegen hundert vermummte Luzerner dem Extrazug. Der Einsatzleiter
sagte per Megafon: "Guten Tag, willkommen in St. Gallen. Bitte denken
Sie daran, dass hier ein Vermummungsverbot gilt, wer dagegen
verstösst, riskiert eine Busse von 800 Franken." Dann ist etwas
Erstaunliches passiert. Neunzig Prozent der Leute zogen ihre Haube ab.
Wenn von hundert plötzlich neunzig nicht mehr vermummt sind,
begeht keiner mehr Sachbeschädigungen. Deshalb ist es
gerechtfertigt, wenn man auch jene Leute voll zur Verantwortung zieht,
die in der gewaltbereiten Gruppe bloss eine Randfunktion haben, aber es
der Gruppe ermöglichen, Straftaten zu begehen. Wir sind in St.
Gallen auf einem guten Weg. Ein bisschen Optimierung braucht es noch.
Wo?
Bei den Kameras etwa. Man hat in der AFG-Arena ein ausgebautes
System, aber beim Eingang sind es viel zu wenige. Man könnte auch
auf den Tribünen mehr machen im Kampf gegen Feuerwerk. Die Kameras
müssen dazu dienen, einzelne Leute zu identifizieren.
Das Fussballstadion - ein Ort der totalen Überwachung.
Diese vermummten, militärisch auftretenden Gruppen finde ich
beängstigend. Dadurch werden Allmachtsfantasien ausgelebt: Man
tritt in der Gruppe auf und fühlt sich unbesiegbar. Und dieses
Feuerwerk ist sehr gefährlich. Nirgendwo sonst würde man so
was tolerieren.
Am 1. August toleriert man es.
Aber nicht auf derart engem Raum. Von mir aus könnte man
aber auch 1.-August-Feuerwerk verbieten. Zu Pyro kann ich nur sagen:
Verboten ist verboten.
Wie sind Sie auf die Idee mit den Schnellverfahren gekommen?
Ausschlaggebend dafür waren nicht Hooligans, sondern die
"Chügelidealer". Kleindealer also, meist Asylbewerber, die auf der
Strasse Kokain verkaufen. Wir kamen mit konventionellen Mitteln nicht
dagegen an, die Szene wurde immer grösser. Wir setzten
polizeiliche Käufer ein. Ein Polizist kauft ein Chügeli,
Sekunden später wird der Dealer angehalten. Dann hat er die
nummerierte Banknote des Polizisten in der Tasche, der Polizist hat das
Chügeli mit der DNA des Dealers. Das war wirkungsvoll. Dann aber
standen wir vor dem Problem, dass die Kleindealer, sofern es sich bei
ihnen um Asylbewerber gehandelt hat, keinen festen Wohnsitz hatten.
Wenn wir zwei Wochen später versuchten, eine Vorladung oder einen
Strafbefehl zuzustellen, hat das ein Puff gegeben. Also haben wir - die
St. Galler Untersuchungsbehörden - ein Schnellverfahren entwickelt
und so das Problem gelöst: Scheinkauf, Festnahme, Verhör,
Strafbefehl. In einem Guss.
Sie sagen auf Dealer wie auf Fans bezogen: Der veränderte
Polizeieinsatz erhöht die Verhaftungsquote, die veränderte
Taktik der Strafuntersuchungsbehörden, die Schnellverfahren,
erhöhen die Effizienz.
Ja, und das war beim Fussball wichtig. Denn der Druck war gross.
Welcher Druck? Von der Politik?
Nein, von der Polizei. Die Beamten leis ten jedes zweite
Wochenende Ordnungsdienst, werden dort regelmässig attackiert,
beschimpft. Da haben sich eine Menge Leute gefragt: Ist es nötig,
dass ich mich so behandeln lassen muss? Seit wir mit den
Schnellverfahren arbeiten, sind die Leute wieder motiviert. Die
Polizisten sehen, dass jene, die an vorderster Front randalieren, zur
Rechenschaft gezogen werden können. Ich weiss, das ist jetzt nicht
die Linie der WOZ ...
Was ist nicht die Linie der WOZ?
Das, was ich hier sage. Die Polizisten sind überzeugte
Polizisten, die ihre Arbeit lieben. Und das ist aus eurer Sicht wohl
etwas suspekt ...
Der überzeugte Polizist?
Ja. Aber Sie müssen sehen: Das sind normale
Familienväter, die am Sonntag nachmittag auch lieber etwas anderes
machen würden, als sich mit Bier und Steinen bewerfen zu lassen.
--
Thomas Hansjakob: Hanf, Hooligans, Holenweger
Der ehemalige SP-Kantonsrat Thomas Hansjakob (54) ist seit 2007
Erster Staatsanwalt des Kantons St. Gallen. Davor war er während
fast zwanzig Jahren Untersuchungsrichter mit Spezialgebiet
Betäubungsmitteldelikte, was ihm im unerbittlichen Kampf gegen
Hanfshops den Spitznamen "Hanfjakob" einbrachte. Unter SP-Genossen gilt
er als "scharfer Hund". Er selbst äusserte im Vorfeld Bedenken,
von der WOZ als "repressives Arschloch" dargestellt zu werden, was er
nicht sei, "und Sie werden das merken, wenn Sie mir zuhören". Als
stellvertretender Eidgenössischer Untersuchungsrichter hat
Hansjakob Ende 2009 Anklage gegen den Zürcher Privatbankier Oskar
Holenweger erhoben. Der Fall Holenweger, bei dem es um
Geldwäscherei geht, hatte 2007 grossen Wirbel ausgelöst und
massgeb lich zur Absetzung von Bundesanwalt Valentin Roschacher
beigetragen.
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RAUCHVERBOT
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BZ 25.3.10
Amtsstuben bald rauchfrei
Wegen des nationalen Rauchverbots wollte der Bund die ganze Verwaltung
mit Fumoirs ausrüsten. Nun bricht er die Übung ab.
Die Angestellten des Kantons Bern müssen seit bald einem
Jahr vor die Tür, wenn sie sich eine Zigarette anstecken wollen.
Ihre Kollegen vom Bund werden es ihnen ab dem 1.Mai gleich tun. Dann
nämlich tritt das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen in
Kraft. Lange sah es danach aus, als könnten die 12000 rauchenden
Mitarbeiter des Bundes in den Verwaltungsgebäuden weiterqualmen.
Denn es gab Pläne, ihnen für rund 5 Millionen Franken
flächendeckend Fumoirs zur Verfügung zu stellen. Nun, gut
einen Monat bevor das neue Gesetz in Kraft tritt, bricht das
Finanzdepartement das Projekt aus Spargründen ab.
Kritiker monieren allerdings, dass der Bund die Rechnung ohne die
Raucher gemacht habe. Wenn diese für jede Zigarette auf die
Strasse gehen würden, schlage der Arbeitsausfall höher zu
Buche, als wenn man ihnen Raucherecken baue.
pas
Seite 3
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Schutz vor Passivrauchen
Bund setzt rauchende Beamte an die Luft
Ab 1.Mai tritt das neue Gesetz zum Schutz vor dem Passivrauchen
in Kraft. In 100 Verwaltungsgebäuden sollten Fumoirs eingerichtet
werden. Doch daraus wird nun nichts. Der Bund gibt die nötigen
Mittel nicht frei.
Seit letztem Sommer gilt im Kanton Bern in allen
öffentlichen Gebäuden ein striktes Rauchverbot. Nur in den
Amtsstuben der Bundesverwaltung wird weiterhin munter Tabak abgebrannt.
Schliesslich, so argumentierte der Amtsschimmel, sei nur der kleinste
Teil der Gebäude öffentlich zugänglich und falle somit
unter die kantonalen Bestimmungen. Es gebe darum keinen Grund, die
Aschenbecher aus Büros und Kantinen zu entfernen.
Doch ab dem 1.Mai gibt es den Grund. Dann nämlich tritt das
neue Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen in Kraft, das beim
Nichtraucherschutz einen schweizweit einheitlichen Mindeststandard
vorgibt. Wie das kantonale Regelwerk sieht es ein Rauchverbot vor
für geschlossene Räume, die öffentlich zugänglich
sind: Kinos, Schulen, Museen, Einkaufszentren oder
Verwaltungsgebäude. In Artikel 1a geht es jedoch noch einen
kleinen, aber entscheidenden Schritt weiter: Das nationale Verbot gilt
auch in Räumen, "die mehreren Personen als Arbeitsplatz dienen",
steht da. "Im Klartext bedeutet das, dass im besten Fall nur noch in
Einzelbüros weiterhin geraucht werden darf", sagt Martin
Frösch vom Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL). "Und da
solche Büros die Ausnahme sind, ist die Bundesverwaltung generell
vom neuen Gesetz betroffen."
12000 Beamte rauchen
Im Wissen darum, dass rund 30 Prozent der Bundesbeamten
Raucherinnen und Raucher sind, sucht Martin Frösch bereits seit
2007 nach Lösungen, wie deren Bedürfnis weiterhin entsprochen
werden könnte. "Eine Erhebung zeigte, dass in rund 260 Objekten
der zivilen Bundesverwaltung rund 12000 Rauchende arbeiten", sagt er.
In manchen Gebäuden bestünden Raucherecken. "In rund 100
Gebäuden aber orteten wir Bedarf für Massnahmen". Und pro
Massnahme veranschlagte man 50000 Franken. Kein Pappenstiel, aber die
peniblen Ausführungen des Gesetzes erlauben keine einfachen
Lösungen. Die Raucherkabinen müssen mit Quellenabsaugung
ausgestattet sein wie Gefahrenstoff-Arbeitsplätze in Laboratorien.
Und zur Trennung der Raucherecke in der Kantine sind selbstschliessende
Türen Vorschrift.
Am 11.Februar schickte das BBL den "Antrag zur Umset-zung der
Verordnung zum Schutz vor dem Passivrauchen" an das Eidgenössische
Finanzdepartement (EFD) und ersuchte um den nötigen
5-Millionen-Franken-Kredit. "Nun haben wir die Antwort erhalten", sagt
Frösch. Eine negative. Der Bund verfüge angesichts der
angespannten Finanzlage über keine Mittel, um den Wünschen
der rauchenden Belegschaft entsprechen zu können, hiess es aus dem
EFD.
"Wo es keine entsprechenden Einrichtungen gibt, müssen die
Raucher künftig also an die frische Luft", sagt Frösch.
Der Bund gewinnt doppelt
BBL-Mitarbeiter Martin Frösch zeigt Verständnis
für die abschlägige Antwort aus dem Hause Merz. Kein Wunder.
Denn das BBL wird durch das totale Rauchverbot in seinen Liegenschaften
erhebliche Einsparungen tätigen können. Das
Reinigungspersonal wird keine Aschenbecher mehr leeren müssen,
geteerte Büros müssen nicht mehr so fleissig gestrichen
werden, und das Mobiliar bleibt dank weniger Brandlöchern
länger im Einsatz. Zum Vergleich: Der Schweizer Verband
öffentlicher Verkehr (VöV) meldete ein Jahr nach der
Einführung eines Rauchverbots in allen Zügen, dass dank
massiv gesunkenen Reinigungskosten jährlich gegen 2 Millionen
Franken eingespart werden könnten.
Geht die Rechnung auf?
Hans Müller vom Personalverband des Bundes macht allerdings
eine andere Rechnung. "Wenn man bedenkt, wie viel Arbeitszeit verloren
geht, wenn jeder Arbeitnehmer für seine Zigarette auf die Strasse
ren-nen muss, erweist sich die ‹Sparmassnahme› des Bundes mit
Sicherheit als Eigentor", sagt er. Fumoirs wären darum wohl die
einfachere und günstigere Lösung als die "fundamentalistische
Raucherausgrenzung", sagt der überzeugte Nichtraucher.
Pascal Schwendener
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Blick am Abend 24.3.10
Schon 67 Wirte pfeifen aufs Rauchverbot
KEIN SCHERZ
Um ab 1. April das Rauchverbot zu umgehen, verwandeln sie Baizen
in Privatclubs.
ronny.wittenwiler@ringier.ch
Basels Baizen werden rauchfrei. So will es das Gesetz. Allerdings
wurde die Rechnung ohne ein paar clevere Wirte gemacht. Dank ihnen
können Basler in Restaurants weiter rauchen.
So funktioniert der Zigi-Trick: Die Baizer traten dem im Hinblick
aufs Rauchverbot gegründeten Verein "Fümoar" bei. Damit
nutzen sie eine Gesetzeslücke. Dem Verein angehörend,
können Wirte nämlich ihr Lokal als "nicht öffentlich
zugängliches Lokal deklarieren", eine Art Privatclub. Rein kommt
nur noch, wer Mitglied von "Fümoar" ist. Und da das Rauchverbot
nur in öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten gilt, kann
man in den "Fümoar"-Baizen weiter rauchen.
Bis heute haben sich 67 Wirte für eine Mitgliedscha -
angemeldet, wie Vereinssekretär Thierry Julliard sagt. Sie werden
in den Verein aufgenommen, wenn sie ihr Lokal mit einem
"Fümoar"-Türschild kennzeichnen und Ausweiskarten für
ihre Gäste bezogen haben. Warum das Ganze? "Wir fürchten,
dass viele Betriebe wegen des Rauchverbots Umsatzrückgänge in
Kauf nehmen müssen. Raucherbaizen wie etwa dem Schafeck würde
die Schliessung drohen."
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Raucherbaizen kämpfen um ihre Existenz.
Rauchen für 10 Fr. im Jahr
Wer in "Fümoar"-Baizen ab 1. April Zutritt haben
möchte, bekommt für zehn Franken eine Jahresmitgliedschaft,
für fünf Franken eine Monatskarte. Die Ausweise geben die
Baizer vor Ort ab. Auch an Nichtraucher, die ihre Stammbaizen trotz des
blauen Dunstes weiter besuchen möchten. Eingetragene
"Fümoar"-Baizen, die ihre Gäste weiter rauchen lassen, sind
unter anderem "Annie's Bar", das "Schafeck", und das "Torstübli".
rw
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PARTY-DROGEN
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20 Minuten 25.3.10
"Ich war jeden Tag bis zu 6 Stunden auf Mephedron"
ZÜRICH. Mephedron hat in Grossbritannien innert einer Woche
drei Todesopfer gefordert. Trotzdem wird die Partydroge bei uns im
grossen Stil verkauft - ganz legal. Politiker sind empört.
"Ich war jeden Tag bis zu sechs Stunden auf Mephedron - ohne
Schmerzen, Müdigkeit, dafür mit stundenlangem Sex", schreibt
ein User auf der Drogen-Plattform Eve-rave.ch. Diese Droge erfreut sich
in der Schweiz immer grösserer Beliebtheit. In England ist die
Substanz bereits die viertbeliebteste Droge. Mit tödlichen Folgen:
Allein letzte Woche starben mindestens drei Briten nach
Mephedron-Konsum. Zahlreiche Länder haben längst die
Notbremse gezogen: Deutschland, Schweden, Norwegen, Israel, Estland und
Australien haben Mephedron verboten. Gestern kündigte auch der
englische Premierminister Gordon Brown "sofortiges Handeln" an.
Nicht so die Schweiz: "Mephedron untersteht aktuell noch nicht
dem Betäubungsmittelgesetz", sagt Nicole Disler vom Bundesamt
für Gesundheit (BAG). So verkauft etwa die Internetfirma
MephResearch mit Sitz in Zürich "hochreines" Mephedron -
völlig legal. 1000 mg kosten dort gerade mal 25 Franken. Verkauft
wird die hochriskante Droge als Kaktusdünger. "Gerade der Fakt,
dass die Droge legal und leicht erhältlich ist, macht sie
unglaublich gefährlich", so ein Internet-User. Ein Zustand, der
viele Politiker stört: "Swissmedic hätte die Droge schon
längst aus dem Verkehr ziehen sollen", sagt CVP-Nationalrätin
Ruth Humbel. Ähnlich äussert sich Alex Kuprecht,
Präsident der ständerätlichen Gesundheitskommission.
Immerhin wurde Mephedron auf eine Liste mit Betäubungsmitteln
gesetzt, die möglicherweise verboten werden. Allerdings läuft
dazu noch bis im Juni ein Anhörungsverfahren: "Wenn keine
negativen Stellungnahmen eingehen, steht dem Verbot von Seiten des BAG
nichts mehr im Wege", so Disler.
Desiree Pomper/Deborah Rast
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"Ein Verbot ist unerlässlich"
ZÜRICH. Hugo Kupferschmidt, Direktor des Toxikologischen
Informationszentrums Tox-Zentrum, warnt ausdrücklich vor dem
Konsum der Droge Mephedron: "Die Todesfälle in England zeigen: Bei
Mephedron muss man extreme Vorsicht walten lassen. Ein Verbot ist
unerlässlich." Laut einem Merkblatt der Jugendberatung Streetwork
Zürich gehören starke Euphoriegefühle, starker Rededrang
und veränderte Sinneswahrnehmungen zu den Wirkungen von Mephedron,
das ein starkes psychisches Abhängigkeitspotential hat. Der Konsum
der Droge kann Herzrasen, Durchblutungsstörungen und einen
erhöhten Blutdruck zur Folge haben. Hohe Dosen können
Paranoia hervorrufen und das Gedächtnis beeinträchtigen.
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TÜRSTAND
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20 Minuten 25.3.10
Schlechte Erfahrungen mit Türstehern?
Das Türsteherleben ist keine leichte Existenz. Man
schlägt sich mit den unangenehmsten Gästen herum und weiss
nie, ob der nächste Gast zum Messer greift. Kommt dazu, dass die
Arbeit kaum honoriert wird - weder mit Ansehen noch mit viel Geld.
Manche versuchen Letzteres jedoch mit krummen Geschäften zu
erreichen, indem sie mit dem Verkauf von Drogen ihr Gehalt aufbessern
(20 Minuten Online berichtete). Aber auch Fälle von brutalen
Security-Leuten wie jener in der Starlight-Bar in Domat/Ems, wo ein
25-Jähriger am Sonntagmorgen ins Koma geprügelt wurde, sorgen
für Schlagzeilen.
Haben Sie auch schon Erfahrungen mit kriminellen Türstehern
gemacht? Dann schreiben Sie uns. Senden Sie ein E-Mail mit dem Betreff
TÜRSTEHER an
feedback@20minuten.ch
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NESTLÉ
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WoZ 25.3.10
Nestlé-Kampagne I
Diskriminierungen
Die Internationale Gewerkschaftsunion der Lebens- und
Genussmittelarbeiter (IUL) hat eine Kampagne gegen den Schweizer
Nahrungsmittelmulti Nestlé gestartet. Dieser gibt sich gegen
aussen gerne als Vorzeigekonzern, in den Unternehmensgrundsätzen
heisst es unter anderem, das Ziel sei "ein konstruktiver Dialog mit
Arbeitnehmervertretungen". In der Realität sieht das freilich
anders aus. Nestlé verweigere seinen Angestellten zunehmend ihre
Rechte und diskriminiere GewerkschaftsaktivistInnen, moniert die IUL
und publiziert auf ihrer Website zahlreiche Vorfälle: In Panjang,
Indonesien, verweigert Nestlé der Gewerkschaft der dortigen
Beschäftigten seit zwei Jahren ihr Grundrecht auf
Lohnverhandlungen. Im russischen Domodedovo, wo sich im November 2009
die Angestellten gewerkschaftlich zu organisieren begannen, um gegen
sinkende Löhne und schlechtere Arbeitsbedingungen vorzugehen,
reagierte die Betriebsleitung mit zahlreichen Schikanen, die Ende
Januar in der fristlosen Entlassung des stellvertretenden
Gewerkschaftsvorsitzenden gipfelten. Und auch an
Nestlé-Produktionsstandorten in Britannien, Spanien, Ungarn und
Tunesien kam es in den letzten Wochen zu Arbeitskämpfen.
Jan Jirát
http://www.nespressure.org
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WoZ 25.3.10
Nestlé-Kampagne II
Umweltzerstörung
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat den Schweizer
Nahrungsmittelmulti Nestlé letzte Woche in einer Kampagne heftig
wegen seines Palmöllieferanten kritisiert. Die indonesische Firma
Sinar Mas vernichte für ihre Palmölplantagen
grossflächig Regenwälder und zerstöre damit unter
anderem die Lebensgrundlage der bedrohten Orang-Utans. Nestlé
verwendet das Palmöl aus Indonesien unter anderem für die
Herstellung des Schokoriegels Kitkat. Laut Greenpeace hat Nestlé
seinen Bedarf an Palmöl in den letzten Jahren auf 320 000 Tonnen
verdoppelt. Der Nahrungsmittelmulti reagierte umgehend auf die scharfe
Kritik. Er liess das Greenpeace-Kampagnenvideo auf Youtube wegen
Urheberrechtsverletzungen kurzzeitig sperren und zensierte
Einträge erboster UserInnen auf der firmeneigenen Facebook-Seite.
Unterdessen hat Nestlé aber auch zugesichert, in Zukunft kein
Palmöl mehr direkt von Sinar Mas zu beziehen. Für Greenpeace
reicht das längst nicht aus; die Organisation will den Konzern
dazu bringen, auch die Zusammenarbeit mit Zwischenhändlern zu
beenden, die mit Sinar Mas zusammenarbeiten.
Jan Jirát
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ANTI-ATOM
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WoZ 25.3.10
"Die leuchten in der Nacht" - Das neue Stück von Gerhard Meister
und dem Theater Marie spielt vierzig Jahre nach dem Unfall in einem
Schweizer AKW. Ein Versuch, die Folgen eines Super-GAUs vorstellbar zu
machen.
Allein mit der Katastrophe
Von Adrian Riklin
"Kaliumiodid 65 mg Armeeapotheke ist ein Notfallmittel, das in
der angegebenen Dosierung die Schilddrüse sättigt und damit
bei einer Gefährdung durch Radioaktivität die Aufnahme von
radioaktivem Iod in die Schilddrüse verhindert."
Die Frau auf dem Einwohneramt hatte mir die Medikamentenpackung
mit einer Broschüre zur Stadt, diversen Gutscheinen und einem
gastfreundlichen Lächeln über die Schaltertheke geschoben. Ab
sofort war ich in Biel nicht nur stimm- und wahlberechtigt. Sondern
auch in unmittelbarer Nähe zu einem Atomkraftwerk wohnhaft. Die
Packung mit den zwölf Iodtabletten liegt seither griffbereit im
Küchenschrank. Fast täglich erinnert sie mich an das ein paar
Kilometer entfernte AKW Mühleberg.
Schlimmstmögliche Wende
Gefahrenzone 2. So richtig beunruhigen tut mich das nicht. Es
gibt Schlimmeres. Und so sitze ich im Kleintheater in der historischen
Tuchlaube in der beschaulichen Aarauer Altstadt, mitten im schönen
Atomkanton - und schaue mir das Stück an, das Gerhard Meister im
Auftrag des Theaters Marie geschrieben hat. Ausgangspunkt: ein Unfall
in einem Schweizer AKW. So ein Unfall und seine Folgen, das kann man
sich eigentlich gar nicht vorstellen, schreiben die Theaterleute. Und
fügen hinzu: Also, versuchen wir es.
Die Aufgabe, die sich Regisseur Nils Torpus und die
SchauspielerInnen Miriam Japp, Francesca Tappa, Philippe Graber und
Herwig Ursin gestellt haben, war schwierig: Nicht nur, dass sich die
Folgen eines solchen Unfalls tatsächlich nur mit viel Fantasie und
dem nötigen Wissen vorstellen lassen (Meis-ter ist im Rahmen
seiner Recherchen bis nach Tschernobyl gereist). Für hundert
Minuten die Normalisierung des latenten Ausnahmezustands aufzubrechen
und das Tor in jene Bewusstseinsregion zu öffnen, in der die
Ausnahme zur Regel und die Katastrophe zur Realität wird - dieses
Vorhaben ist eigentlich von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Schlimmstmögliche Wenden verkommen auf der Bühne leicht zum
Abklatsch kollektiver Vorstellungen, die von den Bildern
einschlägiger Filme vorgestanzt sind. Die Permanenz der
Katastropheninszenierung, diese Geilheit - sie ist Teil der
Verdrängung.
Gerhard Meister weiss das. Er platziert das Geschehen nicht ins
Spektakel der Hysterie unmittelbar nach dem fatalen Schmelzen des
Reaktors. Die vier Figuren in "Und die leuchten in der Nacht" halten
ihre Monologe "Jahrzehnte nach dem grossen Unfall" - allein mit der
Katastrophe, allein in der sozialen Wüste: die Journalistin
(Miriam Japp), die sich auf dem Weg zu einem Interview im ehemaligen
Zürcher Hotel Dolder, in dem der "Diktator über die Gebiete
östlich der Reuss" residiert, in die verstrahlte Zone wagt - und
doch distanzierte Beobachterin bleibt; die Touristin (Francesca Tappa),
die bei einem Heliskiing-Ausflug in die Schweizer Alpen notlanden muss
- und den Aufenthalt im verseuchten Gebiet als "krasses Erlebnis"
beschreibt; der Todkranke (Herwig Ursin), der weitab von allen Menschen
vegetiert - und nur noch vor sich hin halluziniert; und schliesslich
ein Zyniker (Philippe Graber), der sich gar nicht erst auf die Idee
einlässt, dass da ein Super-GAU passiert sein könn te - und
sich in seiner Wohnung einigelt.
Wenn etwa Tappa die Erzählung der Touristin in einlullend
sich wiederholender Melodie vorträgt oder Japp in stupender
Nüchternheit das Geschehen rapportiert, sind das magische Momente
der Vergegenwärtigung, wie sie am ehesten im Theater möglich
sind: Zwischen den Worten entfaltet sich ein durch die gemeinsame
Vorstellung entstandenes Bild. Der Unfall in einem Schweizer AKW und
seine Folgen - er wird annähernd vorstellbar.
Verharmlosungsetüden
Das Bühnenbild, die Leuchtlämpchen, das alles
hätte es dazu nicht gebraucht. Ein leerer Raum hätte die
Imagination noch weiter getrieben: in die abgründigen Tiefen weit
hinter dem Reden über die Katastrophe. Gezeigt wird umso
eindrücklicher, wie katastrophal tief die Verdrängung sitzt -
und wie weit sie gehen kann. Als hätten wir die
Verharmlosungsetüden über all die Jahre nur deshalb so
fleissig geübt, um dereinst den tatsächlichen Super-GAU noch
virtuoser verdrängen zu können.
Das Ausmass der kollektiven Verdrängung ist vor allem
politisch interessant - und wirtschaftlich: "Es gibt einen einzigen
politischen Entscheid, mit dem die Zerstörung des ganzen Landes
bewusst in Kauf genommen wird: den Entscheid, Atomkraftwerke zu
betreiben oder neu zu bauen", schreibt Meis-ter zu seinem Stück.
Wenn der Wind von Westen kommt
Ausgerechnet der Klimawandel hat der Atomindustrie einen Joker in
die Hand gespielt. Das Energieunternehmen Axpo hat unlängst eine
Bilanz veröffentlicht, die belegen will, wie umweltfreundlich das
AKW Beznau sei (sie he WOZ Nr. 8/10). Derzeit sind beim Bundesrat drei
Gesuche für den Bau neuer Atomkraftwerke hinterlegt. Als
stimmberechtigter Bewohner des Kantons Bern darf ich mich 2011 zu einem
neuen AKW äussern - in einer konsultativen Abstimmung.
Bereits hat Kurt Rohrbach, der Direktionspräsident der
Bernischen Kraftwerke, seiner Überzeugung Ausdruck verliehen, dass
das Berner Volk Ja zu einem neuen AKW in Mühleberg sagen wird. Die
Atomindustrie ist zuversichtlich: Das bisherige Kraftwerk erhielt im
vergangenen Dezember eine unbefristete Betriebsbewilligung - obwohl
längst bekannt ist, dass die Risse im Kernmantel ungebremst
weiterwachsen: "Gut möglich, dass bei einem heftigen Erdbeben die
Kühlleitungen abreissen, der Kernmantel nicht dichthält, die
Brennstäbe freigelegt werden und es zur Kernschmelze kommt",
schreibt die Organisation Forum Anti-Atom (siehe WOZ Nr. 1/10). Sollte
dann der Wind von Westen her blasen - lese ich im Zug zurück
nach Biel, vorbei an Gösgen -, wäre das Gebiet von Bern
über Luzern und bis an den Bodensee radioaktiv verseucht.
Über drei Millionen Menschen leben in diesem Gebiet. Alle
müssten sie langfristig umgesiedelt werden. "Jede Umsiedlung
dieser Grössenordnung wäre eine massive Kolonisierung der
lateinischen Schweiz durch die katastrophenvertriebenen
Deutschschweizer", schrieben Hans-Peter Meier und Rolf Nef in ihrer
Studie "Grosskatastrophe im Kleinstaat" aus dem Jahre 1990. Aber auch
das werde ich problemlos verdrängen. Anstrengungslos automatisch.
Zu Hause in Gefahrenzone 2 öffne ich den Küchenschrank.
Sie sind noch da.
"Die leuchten in der Nacht" in: Aarau Theater Tuchlaube, Fr/Sa,
26./27. März, 20.15 Uhr. Zürich Theater Winkelwiese, Do, 1.,
Sa, 3., Do bis Sa, 8. bis 10., Do bis Sa, 15. bis 17. April, 20.30 Uhr.
Bern Schlachthaus-Theater, Mi, 21., Fr/Sa, 23./24. April, 20.30 Uhr.
www.theatermarie.ch
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WoZ 25.3.10
Diesseits und Jenseits
Konradin Kreuzer (1921-2010) - Der ehemalige Nationalrat Hansjürg
Weder zum Tod eines Freundes aus der Anti-AKW-Bewegung.
Mutig und weitsichtig
Konradin Kreuzer war in der Anti-AKW-Bewegung eine prägende
Figur. Er war als Chemiker jahrelang für die Sandoz tätig,
stieg aber 1973 aus der Branche aus und gründete das Forum
für verantwortbare Anwendung der Wissenschaft. Konradin Kreuzer
ist Ende Februar, fast neunzigjährig, an seinem Wohnort Flüh
SO verstorben. Der Basler Hansjürg Weder, der von 1983 bis 1995
für den Landesring der Unabhängigen im Nationalrat sass und
einer der profiliertesten Gegner des in Kaiseraugst geplanten
Atomkraftwerks war, hat diesen Nachruf auf seinen Weggefährten
Konradin Kreuzer verfasst.
Es trauern viele Atomkraftwerkgegner und -gegnerinnen des
Nordwestschweizerischen Komitees gegen Atom kraftwerke (NWA) und der
Gewaltfreien Aktion Kaiseraugst (GAK) um Konradin Kreuzer. Er war ein
engagierter Mitkämpfer, ein lieber Freund und ein wunderbarer
Kollege. Auf ihn war immer Verlass, und auf sein Wissen und seine Treue
konnten wir immer zählen.
Es fällt mir als ehemaligem Präsidenten des NWA und als
Exnationalrat sehr schwer, mich von Konradin Kreuzer zu verabschieden.
Ich danke Frau Kreuzer vielmals, dass sie Konradin so viel Freiraum
überliess, den er brauchte, um uns zu stärken und mit uns
gegen Atomkraftwerke zu kämpfen.
In den sechziger und siebziger Jahren brauchte es viel Mut und
vor allem Weitsicht, allen Widrigkeiten zum Trotz zu bestehen und
weiterzumachen, auch wenn sich die sogenannte "schweizerische
Prominenz" gegen uns verschworen hatte. Inzwischen kann sich kaum noch
jemand an die kleinen und grösseren Grabenkämpfe innerhalb
unserer Organisationen erinnern. Das missfiel Konradin zutiefst,
unerschrocken und weitsichtig stellte er die eigentlichen Probleme in
den Mittelpunkt und trat ein für die Einheit und für die
Geschlossenheit unserer Organisationen.
Die AtomkraftwerkgegnerInnen der Schweiz haben Konradin viel zu
verdanken. Sie dürfen "das Feld nicht mehr der AKW-Lobby
überlassen, denn Atomkraft und Atombombe sind siamesische
Zwillinge", meinte er in seinem Forum für verantwortbare Anwendung
der Wissenschaft. Übrigens: Mit der Gründung des
erwähnten Forums hat Konradin die intellektuelle Seite unseres
Kampfes entschieden verstärkt.
Heute weiss man noch nicht einmal, so schrieb er seinerzeit, wie
man Atommülllager beschriften soll, die Zehntausende von Jahren
überwacht werden müssen. Führende amerikanische
WissenschaftlerInnen kamen übereinstimmend zur Auffassung, "dass
die Erdenbewohner in 10 000 Jahren, also 300 Generationen nach uns, die
heutigen Sprachen und Schriften nicht mehr verstehen werden".
Das amerikanische Energiedepartement empfahl unter anderem die
Schaffung einer "atomaren Priesterschaft", die die Kunde vom
Atommüll nach dem Modell religiöser Lehren überliefern
soll. Ein anderer Vorschlag besteht in der Anlage von Steinringen -
nach dem Muster des englischen Stonehenge zur Markierung von
Nuklearfriedhöfen. Solche aufsehenerregende Tatsachen hat Konradin
Kreuzer in seiner eigenen Zeitschrift "nux" publiziert, und niemand hat
ihm widersprochen!
Die AKW-Gegner und -Gegnerinnen des NWA und der GAK - heute
vereint in der Organisation Nie Wieder Atomkraftwerke (NWA) - verbeugen
sich vor Konradin Kreuzer. Sie trauern um einen zielstrebigen und
aufrichtigen Menschen, dem sie für seinen Einsatz ganz herzlich
danken und den sie sehr vermissen werden.
In vielen Herzen der AtomkraftwerkGegnerinnen und -Gegner der
Region Basel wird Konradin Kreuzer weiter leben, so wie er war -
zielstrebig, weitsichtig und liebenswert.
Hansjürg Weder