MEDIENSPIEGEL 30.3.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo, DS)
- RaBe-Info 29.+30.3.10
- Kino-Leben: Noch 2 Tage Splendid
- Club-Leben: Kofmehl wehrt sich
- Asyl: Sprachkurse gegen tödliche Langeweile
- Ausschaffungsknast ZH: Hungerstreik beendet
- Police CH: Zentralschweizer Polizeikonkordat
- Big Brother Video LU
- Squat LU: Anzeige gegen Geissmätteli-BesetzerInnen
- Friede den Hütten, klaut in den Palästen
- Delta Security: der Schlägertrupp des FCSG
- Grossstadt-Klassenkampf
- Anti-Atom: Keine Zeit für Demokratie beim AKW-Bau

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REITSCHULE
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Di 30.03.10
20.00 Uhr - Kino - The Mountain meets its Schadow (Im Schatten des Tafelberges), Alexander Kleider und Daniela Michel in Kooperation mit Romin Khan Kapstadt, Südafrika, D 2009. Anschliessend Gespräch mit den zwei Aktivisten der Anti Eviction Campaign aus Kapstadt, sowie den Filmemachern.
20.30 Uhr - Tojo - "Lustiger Dienstag 46" mehr als Variété!

Mi 31.03.10
19.00 Uhr - SousLePont - Luzerner Spezialitäten
22.00 Uhr - SousLePont - Offene Bühne #121

Do 01.04.10
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild East: Gypsy.cz (CZ) . Style: Gypsy Hiphop, Balkan Beats

Fr 02.04.10
23.00 Uhr - Dachstock - Diskoquake: Headman (Relish/Gomma/D) & Acid Washed (Record Makers/F), Support: Radiorifle (so). Style: Electro, Techno, Disko

Sa 03.04.10
23.00 Uhr - Dachstock - Dangerdubz. Style: Dubstep

Infos: http://www.reitschule.ch

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kulturagenda.be 1.4.10

"Ich wese ab", sagt die Eremitin von Matt

Annemarie von Matt gilt als Geheimtipp der Schweizer Kunst- und Literaturszene. In "Alleinsein ist immer zu kurz" schafft Regisseurin Lilian Naef eine szenische Annäherung an die eigenwillige Innerschweizer Künstlerin, gespielt von Stine Durrer.

Eine kauzige Gestalt, über die man im Dorf redete, fast eine Dorf hexe. So ist Annemarie von Matt (1905-1967), die Innerschweizer Autorin und Malerin, der Stanser Bevölkerung in Erinnerung geblieben. Auch die Schauspielerin Stine Durrer, die in Stans aufwuchs, kannte das Gerede hinter vorgehaltener Hand und war fasziniert von dieser Frau. Im Jahr 2001 ergab sich die Möglichkeit, von Matts Geschichte mit Lilian Naef für die Bühne umzusetzen. Für Naef, bekannt als Gründungsmitglied der Geschwister Pfister und für die Rolle der Vreni in "Die Herbstzeitlosen", war es damals die erste Regiearbeit. Seither wurde das Stück bereits gegen dreissig Mal aufgeführt, in Bern allerdings noch nie.

Verheimlichte Leidenschaft

Die Geschichte der Künstlerin ist die einer eigenwilligen Frau, die nicht so recht in ihre Zeit und ihre Umgebung passte. Annemarie von Matt unterhielt über Jahre eine aussereheliche Liebesbeziehung mit dem Priester Josef Vital Kopp - in der katholischen Innerschweiz noch heute ein Tabu, in den 30er-Jahren eine Katastrophe. Doch die Beziehung inspirierte und nährte ihr künstlerisches Schaffen.

Porträt mit Performance-Elementen

Von Matt litt unter den gesellschaftlichen Zwängen und Erwartungen und zog sich mit der Zeit von ihrem Mann, ihrem Geliebten und den Menschen allgemein zurück. Die junge Wilde wurde eigenbrötlerisch, verliess ihre Wohnung zuletzt nur noch nachts. Sie "verzettelte " sich, wie sie es selber ausdrückte, und bekritzelte Hunderte Zettel, mit denen sie ihre Wohnung buchstäblich zukleisterte. Sie schrieb beispielsweise: "Langeweile entsteht erst ab zwei Personen. Allein gibt es das nie."
Die einstündige Inszenierung Naefs ist eine Annäherung an das Leben und Schaffen der Künstlerin, jedoch ohne dokumentatorischen Anspruch. Es sei eine melancholische, menschliche Geschichte, die da erzählt werde. Eine männliche Erzählerstimme führt in Dialekt durch das Stück. Darin tritt Schauspielerin Stine Durrer mit Annemarie von Matt in einen Dialog, liest Zettel vor, spricht Tagebuchtexte und Gedichte und schlüpft zuweilen in die Figur von Matt. "Es ist fast eine Verquickung der beiden Persönlichkeiten", so Lilian Naef. "Denn auch Stine Durrer ist eine Sucherin, eine Sammlerin und Aufschreiberin."
Im Verlauf des Abends lässt die Schauspielerin auf einer Glaswand im hintern Teil der Bühne auch ein Bild entstehen. Mithilfe dieses performanceartigen Elements werde das bildnerische Schaffen der Künstlerin in das Stück einbezogen, so Naef. Auch Texte werden auf diese Weise sichtbar gemacht: Unzählige Aphorismen zeugen von der fast zwanghaft gelebten Lust von Matts, mit der Sprache zu spielen; so ist die Künstlerin denn nicht abwesend, sondern "west ab". Im Tojo wird sie an diesem Abend jedoch greif bar präsent.

Felicie Notter
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Tojo, Bern. Mi., 7., Fr., 9., und Sa., 10.4., jeweils um 20.30 Uhr
www.tojo.ch

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kulturagenda.be 30.3.10

Vier Musiker berauschen Sophie Hunger

Die Zürcher Sängerin Sophie Hunger legt ihr drittes Album vor, "1983". Zeit, sich einmal ihre hervorragende Band anzuschauen: Der Schlagzeuger behandelt sein Instrument wie einen Flügel, der Posaunist tut wie ein Gitarrist, der Gitarrist spielt eigentlich Flöte und der Bassist flickt auch mal Gitarren.

"1983". Emilie Welti alias Sophie Hunger hat das neue Album ihrem Jahrgang gewidmet. Auf dem Plattencover prangt die Zahl wie am Weinflaschenhals, als würde sie rufen: "Trink mich!" Oder: "Mein Bouquet hat sich über die letzten Jahre im Keller ausgebaut!"
Das Bouquet von Sophie Hungers Musik hat sich ausgebaut, ganz klar. Allerdings seit einiger Zeit nicht mehr in den kleinen Kellerclubs, sondern auf den grossen Bühnen. Die berührend schönen Popsongs und die ehrfurchtsame Stille in den Sälen hatten sich schnell herumgesprochen und lösten eine wahre Euphorie aus: Endlich ist wieder einmal eine Schweizer Musikerin von Weltrang da!

Hunger kann auch bis in die Beine grooven

Spätestens mit dem dritten Album ist nun klar, dass es sich bei der Bern-gebürtigen Zürcherin um mehr als einen Hype handelt. Sophie Hunger hat ihrer Musik einen neuen Drall verliehen und wiederum eine hervorragende Platte produziert. Aus der Folk-Singer-Songwriterin mit umgeschnallter Gitarre ist eine Popsängerin geworden, die ihren Bandsound gefunden hat. Zur Leichtigkeit des Jazz gesellt sich seit Neustem auch ein bisher ungehörter Hang zum Grooven. Der Song "Invisible" vom neuen Album zeugt davon. Da möchte man fast schon leichtfüssig herumtänzeln!

Weniger Sartorius, mehr Flury

Während auf dem Vorgängeralbum "Monday's Ghost" der Posaunist Michael Flury mit seinen Linien und Einwürfen dem Album noch eine bestimmende klangliche Charakteristik verlieh, ist er auf "1983" weniger zu hören. Dafür fällt auf, dass die Schlagzeugstimme abwechslungsreicher geworden ist und mehr in den Vordergrund tritt. Die Entwicklung seit der letzten Platte besteht darin, dass Hunger es gewagt hat, die bestens bewährte Klangstruktur zu erneuern, mit denselben Musikern. "Man kann nicht immer dasselbe machen. Ich habe mich im letzten Jahr auch verändert und habe mich zeitweise einfach mehr mit Beats und elektrischen Gitarren beschäftigt", begründet Sophie Hunger den Wandel. Die Verlagerung der Einflüsse ihrer Instrumentalisten nehmen wir zum Anlass, einmal die Band zusammen mit Sophie Hunger unter die Lupe zu nehmen.
Mit Julian Sartorius hat Sophie Hunger einen Ausnahmemusiker am Schlagzeug. Während viele seines Fachs entweder wie Sklaven den Rhythmus durchgrooven oder aber sich in der Bühnenonanie gefallen, spielt Sartorius nur so viel wie nötig. Das Prädikat des "banddienlichen Spiels" passt dennoch nicht zu ihm. Er ist mehr als eine zuverlässige, aber seelenlose Rhythmusmaschine. Das schätzt auch seine Chefin: "Julian Sartorius spielt dieses Instrument wie einen Flügel oder eine Posaune. Er ist ein Meister des Klanges", schreibt Sophie Hunger. "Ausserdem ist er ein aufregender Mitmusiker, da er sich ständig verändert und immer bewegt, er kann dadurch die ganze Band aufrütteln oder in eine neue Stimmung versetzen."

Der Gitarrist unter den Posaunisten

Der zweite bereits erwähnte Musiker ist Posaunist Michael Flury, der auf "1983" etwas weniger zu hören ist. Das soll sich auf der Bühne wieder ändern. "Das Fantastische an Michael Flury ist, wie er die Studiomusik live umsetzen kann. Er hat mittlerweile mehr Effektpedale als alle anderen und spielt über einen Fender Bass-Amp. Er ist also sozusagen ein Gitarrist auf der Posaune geworden." Flury ist also keineswegs ins zweite Glied zurückgetreten - seine gefühlvoll gespielten Töne, die er zwischen Posaune und Dämpfer rausdrückt, werden nicht fehlen. Dass Flurys Spiel beeindruckt, untermalt Hunger mit einer Anekdote: "Wir haben letztes Jahr an einem Open Air in Frankreich mit TV on the Radio ein paar Songs gespielt. Die waren so beeindruckt von seinen Sounds, dass er für ihre Show gleich auf der Bühne bleiben musste."

Ein Multiinstrumentalist und ein Mechaniker

Der Dritte im Bunde ist Christian Prader, ein wahrer Multiinstrumentalist. Der studierte Barockflötist spielte jahrelang in einer Folkband Gitarre und Piano und war Sänger. In Hungers Band spielt er oft Gitarre, manchmal Flöte und ist auch an den Tasten einsetzbar. Erstaunlich ist bei ihm, dass er alle seine Instrumente auf einem vergleichbar hohen Niveau beherrscht. Sophie Hunger: "Er kann einfach alles und kennt die Tradition. In seinem Rucksack sind 400 Jahre Musikgeschichte."
Bleibt noch der Bassist Simon Gerber. Vor seinem Engagement bei Sophie Hunger hatte er bereits drei CDs aufgenommen, war Chansonsänger, komponierte Orchesterstücke und war lange Jazzbassist, unter anderem beim Vera Kappeler Trio. Hunger verrät weitere Talente: "Er ist ein sehr guter Mechaniker! Er baut unsere Pedalboards und flickt unsere Gitarren auf der Tournee."

Michael Feller
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Dachstock, Bern. Sa., 10.4., 20.30 Uhr
Dampfzentrale, Bern. So., 11.4., 20 Uhr
Beide Konzerte sind ausverkauft.
www.sophiehunger.ch

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RABE-INFO
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Di. 30. März 2010

- Referendum gegen Arbeitslosenversicherungsgesetz
- Ernährungssouveränität als friedenspolitisches Instrument
- Trauriger Umsatzrekord des Caritas-Marktes
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_30._Maerz_2010.mp3

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Mo. 29. März 2010
- Rot- Grüne Regierung bestätigt, BDP hält Sitz
- Wahlsieg für die Rechten und Bürgerlichen im Grossen Rat
- Wahlanalyse mit Politologe Werner Seitz
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_29._Maerz_2010.mp3

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KINO-LEBEN
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kulturstattbern.derbund.ch 30.3.10

Roland Fischer am Dienstag den 30. März 2010 um 00:31 Uhr

Cinema? Splendid Idea!

Nun, das gilt offenbar nicht mehr. Noch zwei Tage ist das Kino Splendid offen, Grund genug für ein grosszügiges Abschiedsgeschenk (siehe Foto).
http://newsnetz-blog.ch/kulturstattbern/files/2010/03/S73F0676.jpg

Man mag von dem seltsamen Pseudo-Art-Deco-Filmtempel halten was man will - nach der Schliessung des ursprünglichen grossen Saals 1988 war nicht mehr als das Foyer übriggeblieben -, es ist nun einmal schade, dass Bern ab Donnerstag zwei Säle weniger haben wird, in denen gute Filme über die Leinwand laufen. Und in zwei Monaten soll dann auch im Cinestar der Projektor ausgestöpselt werden.

Ich habe mir heute "Crazy Heart" mit dem oscarprämierten Jeff Bridges als abgetakeltem Country-Star angeschaut. Ein Film ganz wie ein guter Countrysong: nicht zu kompliziert, ehrlich und schön, und ein wenig rauh - aber nicht allzu sehr. Sehr zu empfehlen für einen Abend, an dem man sich nichts Verqueres antun will. Die Musik von T-Bone Burnett allein ist den Besuch eigentlich schon wert, für die es übrigens, das ging im Endlich-ein-Oscar-für-Jeff-Bridges-Jubel komplett unter, auch ein Goldmännchen gab.

Ansonsten noch im Programm bis Mittwoch: "Partir" im Lunchkino, eine französische Beziehungsgeschichte, die eher durchzogene Kritiken bekommen hat, "Die Friseuse" von Doris Dörrie sowie "Invictus" des sehr unterschätzten Clint Eastwood. Wer Gran Torino gesehen hat, weiss was ich meine - ich hab den mal in Italien gesehen, synchronisiert, und sogar so entstellt hat das sehr gut funktioniert.

Also hingehen, Kinomontag geht diese Woche bis Mittwoch. Und dann letzter Abspann…

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CLUB-LEBEN
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Grenchner Tagblatt 30.3.10

Im Streit kehrt keine Ruhe ein

 Kulturfabrik Kofmehl Beide Parteien ziehen das Urteil der städtischen Baukommission weiter

 Die Öffnungszeiten der Kulturfabrik Kofmehl entwickeln sich definitiv zum Juristenfutter: Beide Parteien ziehen das Urteil der Baukommission weiter. Betreiber wie Anwohner zeigen sich zuversichtlich, mit ihren Argumenten beim Bau- und Justizdepartement Gehör zu finden.

Regula Bättig

 So nicht: Das war für die Anwohner der Kulturfabrik Kofmehl klar, als der Entscheid der Baukommission eintraf. Eine Beschränkung der Öffnungszeiten bis um zwei Uhr ohne Einschränkung der Anzahl Grossanlässe löse das Problem nicht, sagt Anwohner-Vertreter Urs Tschaggelar: Es sei das Zusammenspiel dieser beiden Komponenten, welche die Intensität des Lärms bestimmten. "Den Anwohnern bringt es wenig, wenn die Anlässe zwar um zwei Uhr enden, dafür aber jede Woche von Donnerstag bis Samstag Betrieb herrscht." Formell habe die Baukommission korrekt entschieden, "materiell wurden die Schlüsse jedoch nicht konsequent gezogen". Tschaggelar zeigt sich denn auch zuversichtlich, was den Weiterzug betrifft: "Wir stehen gut da", glaubt er. Und notfalls sei man auch bereit weiterzukämpfen. "Bei einer abschlägigen Beurteilung durch das Bau- und Justizdepartement werden wir das Urteil an das Verwaltungsgericht weiterziehen."

 Eines betont Tschaggelar jedoch: "Wir sind nicht gegen das ‹Kofmehl› an sich, aber so wie der Betrieb jetzt läuft, ist er für die Umgebung unzumutbar." Probleme bereite ja nicht nur der Lärm: "Ein Grossteil der ‹Kofmehl›-Besucher benimmt sich korrekt, ein paar wenige sorgen aber für grosse Probleme." Tschaggelar, der unter anderem die Besitzerin des Aareparks mit 108 Wohnungen vertritt, berichtet von Sachbeschädigungen oder zerschlagenen Flaschen - "obwohl sich die Betreiber der Kulturfabrik enorm Mühe geben, dies zu verhindern". Die Situation habe für die Hausbesitzer mittlerweile handfeste Folgen: "Wohnungen bleiben leer, und es gibt Forderungen nach Mietzinsreduktion." Dass in dieser Sache beide Seiten ihre Interessen hätten, sei unbestritten. "Aber ob die Lösung der Baukommission der Weisheit letzter Schluss ist, bleibt dahingestellt."

 "2 Uhr ist nicht tragbar"

 So nicht, lautet auch die Reaktion der Gegenpartei. Die Beschränkung der Öffnungszeiten auf zwei Uhr sei als Massnahme "untauglich", sagt Jean-Claude Cattin, Vertreter der Kulturfabrik. "Im Lärmgutachten wurde festgestellt, dass in der Zeit zwischen drei und halb vier Uhr am meisten Lärm herrscht." Schliesse man bereits um zwei Uhr, werde das Problem eher schlimmer, weil dann noch mehr Besucher unterwegs seien. Eine Schliessung um 0.30 Uhr, wie es die Anwohner fordern, sei noch weniger realistisch: "Das wäre das Ende der Kulturfabrik", so Cattin, "da die meisten Jugendlichen nicht vor elf unterwegs sind und dann vermutlich gar nicht mehr kämen." Seiner Ansicht nach wäre 5 Uhr "wahrscheinlich ideal".

 Wie die Anwohner zeigen sich auch die Betreiber der Kulturfabrik überzeugt, im Streit mit guten Karten dazustehen, "wobei nach wie vor gilt, dass wir die Sache lieber einvernehmlich und in gutem Konsens gelöst hätten".

 Doch scheinen die Fronten verhärtet: Eine Lockerung der Öffnungszeiten ist für die Anwohner kein gangbarer Weg. "Das steht in krassem Gegensatz zu unserem Begehren", so Tschaggelar. Dass sich der Lärm verteile und weniger störe, sei kein Argument. "Lieber einmal Unruhe, und dann ist es vorbei, als die ganze Nacht hindurch dauernd etwas."

 Vorerst wird sich rund um die Kulturfabrik sicher nichts ändern: Die Beschwerden haben aufschiebende Wirkung, daher gelten bis zum Urteil des Bau- und Justizdepartements die "alten" Öffnungszeiten. Vor drei Uhr gehen die Lichter also auch an diesem Wochenende nicht an.

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20 Minuten 30.3.10

Kofmehl reicht Beschwerde ein

 SOLOTHURN. Die Kulturfabrik Kofmehl akzeptiert den Entscheid der Baukommission nicht und reicht eine Beschwerde gegen diese Verfügung ein. Diese hatte entschieden, dass das Kofmehl künftig um 2 statt um 3 Uhr schliessen muss. Daraufhin gingen junge Partygänger in Solothurn gar auf die Strasse, um zu demonstrieren. "Wir sind nach wie vor bereit, uns mit der Gegenpartei an einen Tisch zu setzen", so Chrigu Stuber vom Kofmehl.

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ASYL
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Aargauer Zeitung 30.3.10

Wenn die Worte fehlen

 Zweimal pro Woche treffen sich in Aarau Asylbewerber, die Deutsch lernen wollen

Sabine Kuster

 Manchmal sieht man sie auf der Strasse. Noch viel öfter sind sie in den Kurznachrichten der Zeitungen präsent. Als Drogendealer und Diebe. Beim Wort "Asylbewerber" denken hierzulande viele statt an Flüchtlinge an Kriminelle.

 Das Parterre im katholischen Pfarrhaus Aarau ist jeden Dienstag- und Donnerstagabend voll mit rund hundert Asylbewerbern. Sie sind dunkelhäutig, sie reden Unverständliches, viele Frauen tragen Kopftücher.

 In einem Zimmer sitzen 28 von ihnen eng um ein paar Tische. Hefte liegen darauf. Für eineinhalb Stunden sind die Anwesenden Schüler. Sie halten Kugelschreiber in den Händen und schauen nach vorne zu Max Heimgartner. Er ist einer der Freiwilligen, die hier unterrichten - ohne Ausbildung, aber mit viel Herzblut.

 "Sie sind neu?", fragt er eine Frau mit Kopftuch. Diese lächelt scheu. "Come on, zu Christine", sagt Heimgartner und weist ihr den Weg ins Nebenzimmer, wo Neuankömmlinge ausgerüstet werden mit Heft und Kugelschreiber und den wichtigsten Vokabeln. Einen Franken kosten das Heft und der Kugelschreiber. "Das ist viel, wenn man pro Tag nur 10 Franken zur Verfügung hat", sagt Heimgartner, "doch wir wollen, dass sie mit dem Material sorgfältig umgehen."

 Heute lernen die Deutsch-Anfänger als Erstes: "Ich habe meine Karte zu Hause vergessen. Ich - habe - meine - Karte - zu Hause - vergessen", wiederholt Heimgartner. Jene, die den Satz verstehen, lachen. Auf der Karte stehen die wichtigsten gelernten Wörter und die Anwesenheit wird eingetragen. Pro Kurs gibts einen Stempel.

 "Haben Sie Geschwister?", fragt Heimgartner nun und ein junger Iraner antwortet: "Ich habe ein Bruder. Ein gestorben." Heimgartner korrigiert ihn: "Einer ist gestorben." Dann fügt er an: "Das tut mir leid." Eine Frau formuliert mühsam: "Mein Vater lebt in Somalia." Das Klassenzimmer schrumpft zu einem winzigen Punkt auf dem Globus. Immer wieder muss Heimgartner einige ermahnen, nicht einzuflüstern. Eine Frau aus Sri Lanka bewegt die Lippen und sagt lautlos die Antwort, an der ein anderer rumstudiert. Jemand verwechselt "e" mit "i", aus "lebt" wird "liebt", doch nur Heimgartner schmunzelt - die Schüler kennen das Verb noch nicht. Es fehlen ihnen ohnehin noch eine Menge Worte, um richtig zu erzählen.

 Dann, im Café des katholischen Pfarrhauses nach dem Unterricht, sind schon die wenigen Worte eine Überforderung für die Journalistin. Sie wollte ein paar Zitate, Stoff für die Reportage über Deutschkurse für Asylbewerber, das Übliche. Nun brechen mit den deutschen und englischen Sprachfetzen Geschichten über sie herein, die sonst nur das Fernsehen erzählt.

 Ein junger Iraner will, dass die Journalistin seine Geschichte notiert. Er habe als Ruderer an den Olympischen Spielen 2008 in Peking teilgenommen, nun aber flüchten müssen. Er spricht von der Polizei, von einer Pistole, mit der ein anderer in Teheran einen Mord begangen habe, der ihm angelastet werde. Er kann Persisch, Kurdisch, Türkisch, Arabisch, etwas Englisch und Deutsch, aber die Zeit reicht nicht, um die Geschichte zu verstehen.

 Zu deutlich wird plötzlich die Geschichte einer Eritreerin. Sie steht hinter der Bar des Cafés und wäscht ab. Seit Januar ist sie in der Schweiz, sie kann noch kaum Deutsch, dafür Englisch und Italienisch. Sie lacht viel. Unüberlegt stellt die Journalistin die Smalltalk-Frage nach dem Beruf und übersieht den Arm, der schlaff an ihrer Seite hängt. "Ich war eine Kämpferin gegen Äthiopien", sagt die Frau auf Englisch, "eine Kugel traf mich hier." Sie deutet auf eine Delle in der Stirn. Sie habe das Sprechen neu lernen müssen, sagt sie. Sie will nie mehr aufhören damit. "Ich muss kommunizieren", sagt sie, "deswegen komme ich hierher."

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 Viele Kurse aufgrund privater Initiative

 Die Treffpunkte für Asylsuchende und Einheimische "Contact" wurden 2004 lanciert und gehören seit 2006 zum Verein Netzwerk Asyl Aargau. Es gibt sie in Aarau, Muri, Nussbaumen und Rheinfelden. Seit 2005 organisiert der Verein Deutschkurse in Aarau, weil Asylsuchende oft lange auf den Zugang zu einem kantonalen Kurs warten. An mittlerweile 12 Standorten unterrichten rund 30 Helfer unentgeltlich lernwillige Asylbewerber. Die Kurse wurden meist von Frauen aus eigenem Antrieb gestartet. Netzwerk Asyl zählt 150 Mitglieder. Seit kurzem bezahlt der Verein Deutschkurs-Teilnehmern die Fahrspesen zum Beispiel aus dem Wynen- und Suhrental. Dazu ist er auf Spenden angewiesen. (kus)

 Netzwerk Asyl Aargau "Deutschkurse" PC-Konto 50-19424-1

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"Nur warten, warten, das macht verrückt"

 Asylverfahren dauern bis zu vier Jahre - Beschäftigung gibt es selbst bei Jugendlichen nur für die wenigsten

 "Nur essen und schlafen", sagt Hassan. Er ist 15 Jahre alt, kommt aus Afghanistan, ist seit drei Monaten in der Schweiz und wohnt im Asylzentrum Buchs. Sein Vater sei tot, übersetzt jemand, er stamme aus Kabul. Mehr will Hassan nicht sagen, solange die anderen Männer aus Afghanistan zuhören. Nur eines sagt er immer wieder: Er wolle in die Schule. Bis jetzt besucht er viermal in der Woche für drei Stunden den Deutschkurs des Kantons Aargau. Doch im April, nach vier Monaten, wird der zu Ende sein.

 Dabei hat Hassan noch Glück: Mit 15 Jahren hat er ein Recht auf Schule. Bei seinem um ein Jahr älteren Landsmann Rhimi sieht es düsterer aus. Mit 16 Jahren ist er bald nicht mehr schulpflichtig. Vater, Mutter und Geschwister seien ums Leben gekommen, als eine Bombe ins Haus einschlug. Ein Onkel, der in England lebe, habe ihm geraten, in die Schweiz zu gehen: "Afghanistan - Iran - Türkei - Griechenland - Mazedonien - Serbien - Ungarn, Gefängnis, kein Pass - Österreich - Deutschland - Schweiz", zählt er die Stationen seiner Flucht auf.

 Noch keine Lösung für Jugendliche

 Hassan und Rhimi fühlen sich unwohl im Asylzentrum in Buchs. Es sei voll von erwachsenen Männern, nur mit wenigen Familien. "Mafia, Drogen", sagt Rhimi. Der Kanton ist sich bewusst, dass es problematisch ist, wenn alleinstehende Minderjährige in Männerunterkünften leben. Im Unterschied zu Kantonen wie Basel-Stadt oder Zürich hat er noch keine Lösung für die so genannten UAM (Unaccompanied Minors). "Eine solche Einrichtung ist ein Thema bei uns", sagt Balz Bruder vom Sozialdepartement. "Der Entscheid wird in den nächsten Wochen fallen."

 Obligatorische Kurse in Basel

 Auch in anderen Punkten macht der Aargau im Vergleich mit Basel und Zürich weniger für die zugeteilten Asylbewerber. In Zürich werden alle Asylbewerber schon in den Erstaufnahmezentren über die hiesigen Gepflogenheiten unterrichtet. "Es geht zum Beispiel um die Benutzung von Kehrichtsäcken und den öffentlichen Verkehr", sagt Ruedi Hofstetter vom Sozialamt Zürich. "Und es geht darum, die Leute auf das Leben in den Gemeinden vorzubereiten."

 In Basel gilt gar ein Deutschkurs-Obligatorium: "Die Leute werden gebüsst, wenn sie den Grundkurs nicht besuchen", sagt Renate Gäumann vom Asyl- und Flüchtlingswesen Basel Stadt. Doch auch hier gibt es wie im Aargau lange Wartelisten bei den Beschäftigungsprogrammen. Im Aargau können laut dem Verein Netzwerk Asyl rund 7 Prozent der Asylbewerber für die Stollenwerkstatt, für Heks oder die Stiftung Wendepunkt arbeiten.

 Gemäss dem Bundesamt für Migration sind von den rund 2500 Asylsuchenden im Aargau knapp 450 zwischen 16 und 23 Jahren alt. Hinzu kommen rund 350 Jugendliche mit einem abgewiesenen Asylantrag. Erwachsene können sich in Wettingen und Aarau für einen Deutschkurs anmelden und werden auf eine Warteliste gesetzt. "Die Zulassungskriterien sind unergründlich", sagt Max Heimgartner vom Netzwerk Asyl, "es gibt Leute, die selbst nach drei Jahren Aufenthalt noch keinen Kurs des Kantons besucht haben." Die Anreise nach Wettingen und Aarau wird nicht bezahlt.

 "Die 10 Franken sind ein Gefängnis"

 Abbas Aqeel, einer der Gäste im "Contact"-Café in Aarau, stammt aus Pakistan und dort offensichtlich aus gehobener Schicht. Er spricht fliessend Englisch und hat Spanisch studiert. In zwei Wochen geht er wieder zurück. Er ist nicht niedergeschlagen, obwohl für einen Schiiten wie ihn die Lage gefährlich sei, sagt er. "In Pakistan sterbe ich vielleicht, aber hier sterbe ich jeden Tag ein bisschen", sagt er. Er wohne mit vier Fremden in einem Raum und es gebe nichts zu tun. "Waiting, waiting, people get crazy!" Die 10 Franken pro Tag seien wie ein Gefängnis. Es reicht fürs Essen, mehr nicht.

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"Viele sind stolz auf den Deutschkurs"

 Netzwerk Asyl kritisiert Aargauer Asylpolitik

 Valentin Emmenegger (32) ist Sozialarbeiter und ausgebildeter Psychologe. Der Badener arbeitet zu rund 30 Prozent ehrenamtlich im Vorstand des Vereins Netzwerk Asyl.

 Die Integration von Asylsuchenden ist im Schweizer Ausländergesetz nicht vorgesehen. Der Verein Netzwerk Asyl widersetzt sich dem mit seinem Angebot.

 Valentin Emmenegger: Es ist nicht verboten, es bedeutet einfach, dass wir kein Geld vom Staat kriegen. Wir sind überzeugt, dass alle Ausländer für die Zeit, die sie hier leben, integriert sein müssen.

 Muss es denn das Ziel sein, dass sie Teil der Gesellschaft sind?

 Emmenegger: Unbedingt, sonst gibt es Probleme. Die zwei, drei Jahre, die sie in der Schweiz sind, sollen keine tote Zeit sein, in der sie psychisch kaputtgehen und depressiv werden.

 Warum werden manche depressiv?

 Emmenegger: Die Leute kommen mit viel Hoffnung. Sie haben das Bild der humanitären Schweiz im Kopf. Nach ein paar Monaten kommt die Krise, die Leute sind enttäuscht oder wütend. Sie teilen das Zimmer mit Fremden, leben mit 10 Franken pro Tag und verstehen die Sprache nicht. Sie leben monate- oder jahrelang mit der Ungewissheit: Werde ich abgelehnt oder aufgenommen?

 Was ist Ihre Erfahrung, wie lange dauert es, bis sie eine Antwort bekommen?

 Emmenegger: Das Bundesamt für Migration behandelt die aussichtslosen Fälle prioritär. Jene, bei denen man davon ausgeht, dass sie bleiben können, müssen zwei Jahre warten - oder länger, wenn jemand nach einer Ablehnung ein Wiedererwägungsgesuch macht.

 Was ist das Ziel des "Contact"-Cafés?

 Emmenegger: Die Asylbewerber können andere Leute treffen an einem Ort, wo man ihnen wohlgesinnt ist. Wir hören oft einfach zu. Und sie können ihre ersten Deutschkenntnisse anwenden.

 Gibt es keine negativen Erlebnisse?

 Emmenegger: Es gibt schon jene, die hier vor allem Geld verdienen wollen und den Kontakt zur Bevölkerung nicht suchen. Doch weil unser Angebot freiwillig ist, sind jene rund hundert Personen, die jeweils zu uns kommen, sehr interessiert und höflich. Sie wollen hier ein neues Leben aufbauen. Wir sind nur Freiwillige, die mit einfachsten Mitteln unterrichten, aber die Leute sind sehr stolz, dass sie zu uns in den Deutschkurs gehen, und haben das Gefühl, sie würden eine gute Schule besuchen.

 Was müsste sich Ihrer Ansicht nach im Aargauer Asylwesen ändern?

 Emmenegger: Es müsste Tagesstrukturen geben in den Unterkünften. Zwar werden 80 Prozent der Asylanträge abgelehnt, aber in der Realität bleiben viele langfristig in der Schweiz. Somalier zum Beispiel kriegen oft kein politisches Asyl, weil sie nicht vom Staat verfolgt werden, denn es gibt den Staat gar nicht. Sie werden aber vorläufig aufgenommen, weil man sie nicht zurückschicken kann, denn es gibt keine Behörde, keinen Flughafen, wo man sie abladen könnte. Dann warten sie hier. Ohne Deutschkenntnisse oder Wissen, wie man sich für eine Stelle bewirbt.

 Das Problem liegt also im System?

 Emmenegger: Nicht nur. Das Bild der Asylbewerber in der Bevölkerung ist sehr schlecht. Selbst die anständigen Ausländer erfahren von der Bevölkerung Angst und Ablehnung. Das erschwert ihnen die Integration enorm. Tipps zum Leben und Umgangsformen sind deswegen wichtig. Doch das muss früh geschehen. Man kann sie nicht zwei Jahre lang frustrieren - da geht zu viel kaputt. (kus)

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AUSSCHAFFUNGS-TOD
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NZZ 30.3.10

Hungerstreik beendet

Häftlinge essen wieder

 (sda) - Die Häftlinge des Ausschaffungsgefängnisses beim Flughafen Zürich haben ihren Hungerstreik beendet. Wie eine Sprecherin des kantonalen Justizvollzuges am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA erklärte, verweigern die Ausschaffungshäftlinge die Mahlzeiten nicht mehr. Am Hungerstreik teilgenommen hatten rund 10 von insgesamt 93 Ausschaffungshäftlingen. Auslöser war der Tod eines 29-jährigen Nigerianers, der am 18. März kurz vor der Rückführung in seine Heimat gestorben war. Der Nigerianer, der polizeilich wegen Drogenhandels registriert war, hätte zusammen mit weiteren 15 Nigerianern nach Lagos geflogen werden sollen. Um gegen seine Ausschaffung zu protestieren, hatte er mehrere Tage die Nahrung verweigert.

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20 Minuten 30.3.10

Hungerstreik im Knast beendet

 ZÜRICH. Die Häftlinge des Ausschaffungsgefängnisses beim Flughafen Zürich haben ihren Hungerstreik beendet. Sie würden die Mahlzeiten nicht mehr verweigern, sagte eine Sprecherin gestern. Am Streik teilgenommen hatten zehn von insgesamt 93 Ausschaffungshäftlingen. Auslöser war der Tod eines Nigerianers (29) am 18. März kurz vor seiner Rückführung.

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POLICE CH
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NLZ 30.3.10

Polizeikonkordat

 Neuer Anlauf für engere Zusammenarbeit

 Die Zentralschweizer Polizeien sollen enger kooperieren. Das Konkordat sieht auch vor, dass Luzerner Polizisten in Schwyz Bussen verteilen.

 kwi. Die 1.-August-Feier auf dem Rütli bedeutet für die Polizei einen Grosseinsatz. Die Urner können ihn kaum aus eigener Kraft leisten und sind auf die Hilfe ihrer Kollegen aus anderen Zentralschweizer Kantonen angewiesen.

 Grundlagen geschaffen

 Um solche Unterstützungseinsätze zu vereinfachen, wollen die sechs Zentralschweizer Kantone das neue Polizeikonkordat Zentralschweiz einführen. Mit diesem müssen die rechtlichen Grundlagen für die Zusammenarbeit nicht jedes Mal neu geregelt werden. Die Parlamente der beteiligten Kantone befinden in den nächsten Monaten über den Beitritt zum Konkordat, das die Grundlagen für die Zusammenarbeit der Polizeien legt. Luzern hat seine Botschaft gestern publiziert.

 Vorgesehen ist eine Hilfeleistung bei ausserordentlichen Ereignissen, beispielsweise Grossanlässen, Gewaltverbrechen und Katastrophen. Für solche Unterstützungseinsätze braucht es keine zusätzliche Vereinbarung; die angefragten Kantone müssen sie leisten, sofern sie nicht dringlichere eigene Aufgaben erledigen müssen. Die Einsätze werden abgegolten. Das Konkordat schafft die Grundlage für konkrete Zusammenarbeitsprojekte. Diese müssen in separaten Vereinbarungen geregelt werden. Auch schafft das Konkordat die Voraussetzungen, um Leistungen bei anderen Kantonen einzukaufen, beispielsweise von der Seepolizei oder vom Kriminaltechnischen Dienst.

 Festnahmen in anderen Kantonen

 Die Vorlage regelt auch Handlungen der Polizei in anderen Kantonen. Danach können Polizeibeamte Beschuldigte oder Verurteilte in dringenden Fällen auch auf dem Gebiet eines anderen Kantons verfolgen und festnehmen. Die Polizei, die für das Gebiet zuständig ist, muss baldmöglichst informiert werden. Auch dürfen Polizeiangehörige unter gewissen Voraussetzungen im ganzen Konkordatsraum selber Massnahmen treffen. So können zum Beispiel Luzerner Polizisten auf dem Weg in die Luzerner Seegemeinden einen Autofahrer in Küssnacht verzeigen, der die Sicherheitslinie überfährt. Sie müssen also nicht warten, bis die Schwyzer Polizei vor Ort ist.

 Ursprünglich sollte das Konkordat weitere Bereiche der Zusammenarbeit regeln. Doch der erste Entwurf, der vor vier Jahren vorlag, kam in der Vernehmlassung schlecht an und wurde überarbeitet. Das aktuelle Konkordat sieht weder eine interkantonale Polizeieinheit noch eine generelle Entschädigung zwischen den Kantonen vor. Auch erhalten die Korps keinen direkten elektronischen Zugriff auf Daten anderer Polizeikorps. Die Zentralschweizer Polizeidirektorenkonferenz hat das Konkordat im letzten November verabschiedet. Danach hat die Zentralschweizer Regierungskonferenz die Vorlage zur Genehmigung an die beteiligten Kantone überwiesen.

 Debatte für Mai geplant

 Im Kanton Luzern findet die erste Lesung voraussichtlich in der Kantonsratssession vom 10. und 11. Mai statt. Gegen den Beitritt kann das Referendum ergriffen werden. Das Konkordat ersetzt jenes von 1978.

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20 Minuten 30.3.10

Für Polizeikonkordat

 LUZERN. Der Luzerner Regierungsrat hat gestern beim Parlament den Beitritt zum neuen Polizeikonkordat Zentralschweiz beantragt. Dieses ermöglicht den Polizeikorps eine bessere Zusammenarbeit.

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BIG BROTHER VIDEO
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NLZ 30.3.10

Videoüberwachung

 Löschdatum der Videobilder umstritten

Von Thomas Oswald

 Überwachungsfilme 100 Tage lang speichern: Das ist umstritten. Ob wirklich alle Bilder dann tatsächlich gelöscht werden, kann der Datenschützer gar nicht prüfen.

 Mit der geplanten Änderung des Datenschutzgesetzes steht dem Kanton Luzern eine Diskussion über Persönlichkeitsrechte und den Umgang mit Bildern aus Überwachungskameras bevor. Gestern publizierte die Regierung ihre Botschaft zur Videoüberwachung. Die wichtigsten Punkte der Regelung:

 • Kompetenz:Neben den Gemeinden können neu Kantonsbehörden - Departemente und oberste Gerichte - Videoüberwachungen im öffentlichen Raum anordnen, um Straftaten zu verhindern oder zu ahnden. Gemäss Regierungsrätin Yvonne Schärli gibt es derzeit keine konkreten Projekte. "Grundsätzlich möglich wären aber etwa die Überwachung einer kantonalen Schule, der Gerichts- und Regierungsgebäude."

-  Aufbewahrungsdauer:Bilder müssen nach 100 Tagen gelöscht werden.

-  Kamerastandorte:müssen gekennzeichnet und auf einer Liste für jeden einsehbar sein.

- Einsicht in die Aufzeichnungen: erhalten Behörden nur in einem Straf-, Zivil- oder Verwaltungsverfahren.

 Kontrolle nur bei Hinweisen

 Ob Behörden und Private gespeicherte Bilder wieder löschen, darüber hat der kantonale Datenschützer keine umfassende Gewissheit. "In der Realität ist es so, dass ich nur kontrolliere, wenn ein bestimmter Hinweis eingeht. Eine proaktive Nachprüfung meinerseits liegt nicht drin", sagt Amédéo Wermelinger. 90 Stellenprozente für den Datenschutz würden nicht ausreichen.

 In der Vernehmlassung war unter anderem die Aufbewahrungsdauer der Bilder umstritten. "Wir sind der Ansicht", so die Regierung, "dass, wenn schon Bilder aufgenommen werden, diese der Strafverfolgung auch in optimaler Weise zur Verfügung stehen sollen." Eine zu kurze Dauer berge die Gefahr, dass bei einer späteren Entdeckung einer Straftat die Aufzeichnungen bereits gelöscht seien. Die Regierung will darum "den verfassungskonformen Rahmen von 100 Tagen" ausschöpfen. Sie rechtfertigt das auch damit, dass die Daten nur auf Verdacht hin ausgewertet würden.

 SP und Grüne sowie der Datenschützer plädieren für eine kürzere Speicherdauer, etwa von 96 Stunden oder 30 Tagen. "Eine längere Zeit bringt in der Regel nichts", sagt der Datenschutzbeauftragte Amédéo Wermelinger. "Bei einer Straftat erstattet ein Opfer entweder sofort Anzeige oder dann kaum mehr." Je länger die Daten gespeichert würden, desto grösser werde aber die Wahrscheinlichkeit, dass Unbefugte die Bilder anschauen.

 Gemeinden reagieren positiv

 Neben Luzern haben auch Emmen und Reiden Kameras zur Überwachung von öffentlichen Plätzen und Gebäuden aufgestellt. Die Zahl der Vandalenakte sei daraufhin zurückgegangen, so die Gemeinden. Datenschützer Wermelinger ist nicht grundsätzlich gegen Videoüberwachung. Er relativiert aber: "In England ist mit 5 Millionen Kameras keine Reduktion der Kriminalität erreicht worden." Vandalenakte würden einfach anderswo begangen. Kameras könnten auch Personen provozieren: So hätten Jugendbanden vermummt Leute vor Kameras zusammengeschlagen, um zu sehen, ob die Bilder nachher irgendwo veröffentlicht würden.

 Der Gesetzesentwurf zur Videoüberwachung geht auf einen Vorstoss von Kantonsrat Patrick Graf (Grüne, Kriens) von 2007 zurück. Der Kantonsrat berät das Gesetz voraussichtlich im Mai.

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 Kameras

 Hier überwachen die Gemeinden

-  Stadt Luzern: Seit gut einem Jahr überwachen Kameras den Bahnhofplatz (6 Kameras), die Kapellbrücke (10; Brandschutz), Spreuerbrücke (9; Brandschutz), Stadtbibliothek (7; Lesesaal, Bücherausgabe, Kasse), Sozialzentrum REX (6), Stadthaus und -park (8).

-  Emmen: hat seit 2006 knapp 30 Kameras. Interessierte können sich über die Standorte bei der Gemeindeverwaltung informieren.

-  Reiden:"Mehrere Kameras" überwachen seit kurzem die Johanniterturnhalle sowie die Schulhäuser Walke und Pestalozzi.

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20 Minuten 30.3.10

Luzern: Nein zu Big Brother

 LUZERN. Im Kanton Luzern soll es bei der Videoüberwachung keinen Wildwuchs geben: Der Regierungsrat hat eine Änderung des Datenschutzgesetzes an das Parlament überwiesen. Demnach werden flächendeckende Aufzeichnungen nicht ermöglicht. Zudem müssen Kameras klar gekennzeichnet sein. Der Kantonsrat hatte 2007 einen Vorstoss der Grünen für erheblich erklärt, der rechtliche Grundlagen für die Videoüberwachung verlangt hatte.

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SQUAT LU
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NLZ 30.3.10

"Geissmättli"

 Stadt zeigt Hausbesetzer an

 sy. Das von einer anonymen Gruppe besetzte "Geissmättli" in der Stadt Luzern soll so schnell wie möglich polizeilich geräumt werden. Dies erklärte Daniel Bernet, Stabschef der Baudirektion ad interim, auf Anfrage unserer Zeitung. Gestern habe die Stadt eine Anzeige beim Amtsstatthalteramt erstattet, da die Gruppe, welche das Gebäude seit Donnerstagabend besetzt hält, die Liegenschaft nach wie vor nicht geräumt hat.

 Räumungstermin noch offen

 Laut Simon Kopp, dem Sprecher der Luzerner Strafuntersuchungsbehörden, ist bisher allerdings noch keine Anzeige eingegangen. Daher stehe ein Termin für eine allfällige Zwangsräumung noch nicht fest. "Wir werden sicher zuerst versuchen, eine gütliche Lösung zu finden", so Kopp. Dazu sollen Gespräche mit den Besetzern aufgenommen werden. "Wenn es gar kein Entgegenkommen gibt, wird die Zwangsräumung unumgänglich sein." Wann diese stattfinde, entscheide der Amtsstatthalter zusammen mit der Polizei.

 Das "Geissmättli", in dem bis Ende August 2008 der Fixerraum untergebracht war, steht seit dessen Umzug in die Gassenküche leer. In der vergangenen Woche wurde der künftige Pächter bekannt: Bruno Rampinelli will mit seinem Lokal Grottino 1313 von der Industriestrasse ins Geissmättli ziehen. Die Eröffnung ist für Herbst vorgesehen.

 Bis zur Neueröffnung beziehungsweise bis zum Beginn des dafür notwendigen Umbaus wollen die Besetzer das "Geissmättli" als "Kulturcafé" nutzen, wie sie mitteilen. Um über den "kulturellen Raumnotstand der nicht etablierten Kultur" zu diskutieren, haben sie Stadtpräsident Urs W. Studer für heute zu Gesprächen eingeladen. Dieser wollte sich gestern nicht dazu äussern.

 Frist für die Wagenburg

 Auch den Bewohnern der Wagenburg, die derzeit neben dem Südpol in Kriens auf städtischem Grund steht, droht die Räumung durch die Polizei. Den Bewohnern wurde laut Daniel Bernet von der Stadt Luzern eine Frist eingeräumt, innert der sie das Gelände räumen müssen. Diese läuft am Mittwoch ab.

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20 Minuten 30.3.10

Anzeige gegen die Geissmättli-Besetzer

 LUZERN. Die Stadt Luzern hat gegen die Besetzer des Geissmättli beim Amtsstatthalteramt Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch eingereicht. Die Besetzer waren bereits am Freitagmorgen aufgefordert worden, die Liegenschaft umgehend zu verlassen. "Jetzt verlangen wir die sofortige Räumung", sagt Daniel Bernet, Jurist bei der Baudirektion Luzern. Die Gruppe Jugendlicher, die das Gebäude seit Donnerstagabend besetzt, lässt sich davon nicht beeindrucken. Sie will im Geissmättli bleiben, wie ein Besetzer auf Anfrage bestätigt: "Wir glauben immer noch, dass Verhandlungen über eine Zwischennutzung möglich sind." Die Jugendlichen möchten das Geissmättli zumindest bis im Sommer als kulturellen Begegnungsraum und Café nutzen. Mehrmals haben sie versucht, Stadtpräsident Urs W. Studer einzuladen und direkt mit ihm zu sprechen - bisher erfolglos. Wann die polizeiliche Räumung stattfinden soll, ist noch offen.  DST

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FRIEDE DEN HÜTTEN...
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Indymedia 29.3.10

Ladendiebstahl lohnt sich doch! ::

AutorIn : KlauKlau

Sicher ist es dir auch schon passiert, dass du durch einen Laden spaziert bist und gedacht hast: "Ach, das hätte ich jetzt gerne, ich kann es mir aber nicht leisten.” Wieso aber sollen die einen sich massenhaft Scheisse kaufen, um ihre Villen auszustatten, während die anderen sich nicht mal das Nötigste um zu überleben leisten können?
Wir finden, dass Klauen absolut berechtigt ist. Es ist eine einfache Möglichkeit, dem System ans Bein zu pissen, indem man sich einfach nimmt, was man braucht.
In dieser Broschüre gehen wir nur auf den Diebstahl im Laden ein. Natürlich gibt es auch sonst überall viel Praktisches zu holen (Baustellen, Restaurants, Container...), doch es ist sinnvoll, sich zu überlegen, was man braucht und wo man es sich wie beschaffen kann.
    
A4-Faltblatt als PDF zum beidseitg Ausdrucken
http://ch.indymedia.org/media/2010/03//74675.pdf

Kameras und LadendetektivInnen

In den meisten grösseren Ladenketten gibts Kameras in allen Farben und Formen. Achte bereits bei einer Erkundigung vorher oder spätestens beim Betreten des Ladens auf Kameras. Wo sind sie installiert? In welche Richtung zeigen sie?

Verschiedene Kameratypen:
- Kamera mit manuellem Zoom
- Als Rauchmelder getarnt ("für diskrete Raumüberwachung”)
- 360° schwenkbar, die Richtung ist aber durch das Gehäuse nicht sichtbar
- Aussenkamera

Diese Kameras werden von LadendetektivInnen dazu benutzt, um dich beim Eink(l)auf zu überwachen. Die Kameras werden meist gezielt bei teuren Sachen platziert und direkt überwacht, um dich in flagranti zu erwischen. Deshalb: Waren in den Einkaufskorb und beispielsweise erst beim Tierfutter einstecken.

Wenn der gesamte Laden mit Kameras überwacht ist, verhalte dich unauffällig und such dir vorher eine verdeckte Ecke, wo du das Zeug einstecken kannst. Ist auch das nicht möglich, dreh dich von der Kamera ab und steck das Ding in die Tasche, sodass es die Kamera nicht aufnehmen kann. Es kann auch von Vorteil sein, zwei gleiche Artikel aus dem Regal zu nehmen, eines einzustecken und das andere wieder zurückzulegen. Dann sieht es aus, als hättest du es dir kurzerhand anders überlegt.

Pass auf, dass dich möglichst niemand beobachtet, denn die DetektivInnen laufen auch im Laden frei umher. Oft werden auch gezielt Frauen für diesen Job eingesetzt. KundInnen, die was merken, sagen zwar meistens nichts, aber man läuft einfach Gefahr, verpfiffen zu werden.

Kleinere Läden setzen auch gerne Spiegel ein, um das Sichtfeld zu erweitern. Zwar starrt da nicht permanent jemand drauf, aber man sollte sie nicht ganz ausser Acht lassen.
Wichtig ist: Bleib ruhig, verhalte dich unauffällig, aber halte trotzdem die Augen offen. Je öfters du klaust, desto besser klappt das.

Pieper

Viele Läden, vor allem solche, die Klamotten oder Elektrozeug verkaufen, schützen sich mit Piepern in allen Formen. Diese funktionieren mit Funkwellen, die von den Schleusen am Ausgang empfangen werden, damit es piept wenn du rausgehst. Die Funkwellen von den Piepern können unterbrochen werden, wenn sie in Aluminium eingepackt sind.

Klamottenpieper:

Alu-Aschenbecher sind äusserst praktisch, um die Pieper von Klamotten auszuschalten. Zwei Aschenbecher und etwas doppelseitiges Klebeband genügen. Allerdings kann es sein, dass die Pieper auch Farbe enthalten, also zum definitiv entfernen eine Zange verwenden und nicht mit Kraft aufreissen.

Spiralen oder Metallstreifen sind oft auf der Rückseite von Etiketten angebracht.
Meist lassen sich diese Etiketten einfach abziehen. Bei Spiralen reicht es, sie in einer Ecke zu zerstören, so dass alle Fäden durchtrennt sind. Sie können dann nicht mehr senden.

Diese Strichcode-Pieper sind dicker und müssen ganz entfernt werden oder durch Alu (von allen Seiten) abgeschirmt werden. Manchmal sind sie in Verpackungen versteckt oder an Produkten angebracht, wo man sie sicher nicht erwarten würde (z.B. Zigarettenpackungen).
In Zukunft wird es auch Sicherunssysteme mit RFID-Chips geben, diese sind sehr klein und könnten z.B. in Kleideretiketten eingearbeitet werden. Aktuell werden diese jedoch höchstens in Testläufen eingesetzt. (Stand Feb. 10)

Taschen, Rucksäcke, etc.

Am Besten eignen sich Umhängetaschen zum Klauen, vorzugsweise solche die du verschliessen kannst. In offene wollen VerkäuferInnen manchmal reinschauen. Du kannst aber auch deinen Rucksack so präparieren, dass er eine Öffnung in der Rückseite hat oder sogar gegen Pieper mit Alu auskleiden.

Wenn es kälter ist, eignen sich Winterjacken hervorragend. In die grossen Taschen lassen sich handliche Dinge einfach reinschieben, die dicke Jacke versteckt die Umrisse.

Alibi-Kauf

Durchs Drehrad am Eingang herauszugehen, kann auffallen. Wenn du dich also (noch) nicht traust, ohne etwas zu bezahlen an der Kasse vorbeizugehen, dann kaufe dir einige Dinge, die billig oder gross sind, wie Gemüse, Brot, Nudeln, …

Lefthanding

Einmal ausprobiert, merkt man schnell, wie einfach es eigentlich ist, Sachen völlig ohne sie einzustecken mitzunehmen. LadendetektivInnen achten eigentlich auf Leute, die Sachen einstecken, weswegen es manchmal schlauer ist, das vollkommen zu unterlassen. Wer rechnet schon damit, dass jemand mit einem vollen Einkaufskorb aus dem Laden spaziert - ohne zu bezahlen?

Vier Augen sehen mehr als zwei

Zu zweit macht klauen nicht nur mehr Spass, sondern man kann sich im Laden gegenseitig über die Schulter schauen und sich gegenseitig Sichtschutz geben. Dazu brauchts aber ein wenig Vertrauen und Achtung: In Gruppen fallt ihr auch viel schneller auf.

Dresscode

Achte darauf, dass du nicht zu sehr nach dem "kriminellem Strassenkind” aussiehst. Dann geht es viel einfacher, denn Detektive und VerkäuferInnen achten weniger auf dich. Also Klamotten ohne Aufnäher und Nieten, besser Strickpullover und Jeans als Kapuzi und Baggies, Piercings und Buttons abmachen, auffällige Frisuren unter Mützen verstecken.

Wenn du erwischt wirst

Grundsätzlich wird Diebstahl natürlich strafrechtlich verfolgt. Erste Regel also:
Lass dich nicht erwischen!

Ist es dann doch einmal soweit, sind die Folgen stark davon abhängig, wie teuer die Sachen waren, die bei dir gefunden wurden und wie oft du schon erwischt worden bist. Grundsätzlich gilt auch hier: Alles was du dazu zu sagen hast, kannst du auch später in aller Ruhe und ohne Stress überlegen oder am Besten mit einem Anwalt besprechen. Lass dich nicht einschüchtern, wenn sie dir z.B. sagen: "Wir haben Aufnahmen der Überwachungskamera”, oder "der Detektiv hat gesehen, wie du dies und das eingesteckt hast”.

Beim ersten Erwischtwerden gibts normalerweise eine Busse und ein Hausverbot für die Ladenkette, dann gehen deine Daten auch nicht an die Bullen.
Wenn sie dich noch drinnen anhalten, kannst du behaupten, du hättest alles bezahlen wollen; etwas anderes können sie dir nicht nachweisen. Halten sie dich draussen an, kannst du erstmal den entsetzten Bürger spielen, so tun als hättest du vergessen zu bezahlen oder laut weinen, etc. Halt so als wärs keine Absicht gewesen.

Fuck Copyright

Wir haben grosses Interesse daran, dass die hier abgedruckten Informationen möglist weit gestreut werden. Scheue dich also nicht, diese Broschüre zu reproduzieren, zu verbessern, etc. und all deinen FreundInnen, Verwandten usw. davon zu erzählen.

Du willst es? Du hast es!
Eigentum ist Diebstahl!     

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DELTA SECURITY
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Blick 30.3.10

BLICKSPORT

 "F..... wir die Inzuchtbuben vom Rhein!"

 Prügel-Aufruf von Sicherheitsmann

 Von  Alfred Hugentobler  und  Volker Hanselmann

 BLICK stellt vor: Das ist der gefährlichste Sicherheitsmann der Schweiz. Er fordert im Internet seine Sinnesgenossen auf, Basler Fans zu verdreschen.

 Die Oberarme sind furchterregend. Gemacht zum Zuschlagen. Auf der Internet-Plattform Facebook prahlt Jürg M.* mit seinen Waffen aus Fleisch und Blut. Jürg M. ist Angestellter des angesehenen Schweizer Sicherheits-Unternehmens Delta Security. Die stämmigen Delta-Leute bewachen unter anderen Ottmar Hitzfelds Fussballer, die Gäste der Credit Suisse oder VIPs beim Weltfussballverband Fifa.

 Jürg M. hat eine spezielle Vorliebe: Er liebt es, Basler Fussball-Anhänger zu verprügeln. Auf Facebook schreibt der Mann mit den unglaublichen Oberarmen: "Am Samstag ficken wir die Inzuchtbuben vom Rhein gleich nochmals!!! Auf jetzt!!!" (siehe Ausschnitt). Und später: "Am Samstag werden die Basler in Sion wieder bluten!"

 Im Basler Umfeld fand man den prügelwütigen Sicherheitsmann bereits letzte Woche im Internet. Er prahlte damals nach einem Einsatz beim Spiel zwischen St. Gallen und dem FC Basel. Auf Facebook schreibt er über die Basler Anhänger: "Den Hurensöhnen haben wir es gegeben." Ein Facebook-Freund antwortet: "Sie werded weder lätsche am Sa.!!!"

 Heute muss er beim Arbeitgeber vortraben

 Am Sonntag, 21. März, war es bei St. Gallen vs. Basel (2:4) vor und nach dem Spiel zu Auseinandersetzungen zwischen Basler Anhängern und den Sicherheitskräften gekommen. Leute von Delta unterstützten die Polizei bei den Eingangskontrollen. Zwölf Basler, welche die Eingänge stürmen wollten, wurden festgenommen und darauf dem Schnellrichter überführt.

 Bei diesen Auseinandersetzungen muss auch Delta-Mann Jürg M. kräftig zugeschlagen haben. So fest, dass er Lust auf mehr bekommen hat. "Am Samstag ficken wir die Inzuchtbuben vom Rhein gleich nochmals!!! Auf jetzt!!!"

 BLICK informierte Jürg M.s Arbeitgeber am letzten Freitag über das Treiben seines Angestellten. Markus Biedermann, CEO der Delta, antwortete: "Grundsätzlich verurteilen wir solche - wie von Ihnen uns zugespielte - Einträge in Social Networks aufs Schärfste." Und, der Delta-Chef schrieb gestern noch: "Der fehlbare Mitarbeiter wird noch heute Abend ein persönliches Gespräch mit dem Leiter des Personalwesens führen. Entsprechende Konsequenzen-Varianten sind vorbereitet und werden noch diese Woche vollzogen. Deren Inhalt ist ausschliesslich Sache von Delta und ihrem Mitarbeiter."

 Anzunehmen ist, dass Schläger Jürg M. wegen der Recherche von BLICK bereits am letzten Samstag von seinem Arbeitgeber aus dem Verkehr gezogen wurde. Bei Sion vs. Basel gabs keine Zwischenfälle.

 * Name der Redaktion bekannt

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Blick am Abend 29.3.10

"Es ging hart zu und her"

 Nach Vorwürfen

 Sprecher der Delta-Sicherheitsfirma nimmt seine Leute in Schutz.

 daniel.steiner@ringier.ch

 Fussball-Fans üben harte Kritik am Delta-Sicherheitsdienst, welcher im St. Galler Fussballstadion für Ordnung und Sicherheit sorgen soll. Leserbriefschreiber berichten von "Möchtegern-Rambos, die einfach nur dreinschlagen". Thomas Gander, Co-Leiter der Fanarbeit Basel, beschreibt das Verhalten der Delta-Sicherheitsleute beim Spiel St. Gallen gegen Basel als "aggressiv und kontraproduktiv".

 Ein Mitglied der Geschäftsleitung der Delta Group kontert jetzt die Vorwürfe und spricht von einem korrekten Vorgehen seiner Sicherheitsleute. "Es ging hart zu und her. Der Einsatz gegen einzelne Basler Fans war notwendig. Sie wollten sechsmal den Eingang stürmen. Wir haben sie gemeinsam mit der Securitas davon abgehalten", sagt der Delta-Sprecher. Die Mitarbeiter seien für Hochrisiko-Spiele gut gerüstet, halten sich bewusst im Hintergrund. Aggressionen seien von ihrer Seite keine ausgegangen. "Unsere Mitarbeiter greifen nur durch, wenn es zu Problemen kommt. Schlussendlich wurden zehn FCB-Fans vor dem Schnellgericht verurteilt."

 Rückendeckung erhält die Sicherheitsfirma vom St. Galler Staatsanwalt Thomas Hansjakob. "Ich habe mir den Einsatz nochmals auf Video angeschaut und muss die Mitarbeiter loben. Die Deltas sind entsprechend ausgerüstet und gehen zur Sache, wenn sie bei den notwendigen Kontrollen angegriffen werden."

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St. Galler Tagblatt 23.3.10

Nach den Krawallen

Steinhagel aus dem Extrazug, Notbremse, blockierte Gleise: Dennoch hält die Stapo daran fest, Auswärtsfans in Winkeln zu empfangen - auch wenn am nächsten Samstag der FCZ kommt.

Urs-Peter Zwingli

St. Gallen. Gut eine Stunde nach Ende des Spiels FC St. Gallen - FC Basel war am Sonntagabend rund um die AFG Arena kaum mehr ein Mensch zu sehen - dafür ging es am Bahnhof Winkeln umso mehr zur Sache: Einige der 650 mit dem Extrazug angereisten Anhänger des FC Basel lieferten sich mit der Polizei eine veritable Schlacht. "Sie bombardierten uns aus dem ganzen Zug massiv mit Schottersteinen", sagt Benjamin Lütolf, Mediensprecher der Stapo St. Gallen. Das polizeiliche "Grossaufgebot" habe sich zuerst zurückgezogen, um "nicht als Sparringpartner dazustehen", so Lütolf. Daraufhin hätten einige FCB-Anhänger begonnen, am Bahnhof Winkeln verschiedene Einrichtungen in Brand zu setzen. Ausserdem sei Pyro gezündet und herumgeworfen worden, so Lütolf. "Daraufhin mussten wir eingreifen." Was folgte, war ein längeres Scharmützel, an dessen Ende die Polizei die Basler unter Einsatz von Tränengas und Gummischrot in den Extrazug zurückgedrängt habe. Zwei Basler wurden dabei festgenommen. Im Laufe der Auseinandersetzung war zudem im Zug mehrmals die Notbremse gezogen worden. Um etwa 20.30 Uhr fuhr der Extrazug schliesslich mit gut zwei Stunden Verspätung in Richtung Basel ab.

 Kritik an Polizei und "Deltas"

 Grund für die Zug-Blockade war, dass die Basler auf zehn ihrer Mitglieder warten wollten, die vor dem Spiel bei der Eingangskontrolle wegen Pyro-Besitz und Raufhandel verhaftet worden waren. "Das hatten wir der Polizei auch so kommuniziert", sagt Thomas Gander, Co-Leiter der Fanarbeit Basel. Während der gesittet verlaufenden Verhandlungen sei die Polizei dann aber unvermittelt auf den Zug gestürmt, habe mit Gummischrot geschossen und "Tränengas in den Zug geleitet", so Gander. Er bezeichnet das Vorgehen der St. Galler Polizei als "unverhältnismässig" - sie habe mit ihrem Einsatz auch normale Fussball-Fans getroffen.

 Gander kritisiert zudem das "aggressive Auftreten" des privaten Sicherheitsdienstes "Delta" bei der Eingangskontrolle zum Gästesektor der AFG Arena. Dies sei kontraproduktiv: "In der Fanszene spricht sich rum, dass in St. Gallen rigoros durchgegriffen wird - und das zieht auch Leute an, die den Konflikt suchen." Gegen einige der Verhafteten wird es laut Staatsanwalt Thomas Hansjakob zu Schnellverfahren kommen. Wie viele Verfahren eingeleitet werden, war gestern noch unklar. Auch sassen einige der am Sonntag festgenommenen Personen gestern noch in Haft.

 Bruggen ist keine Alternative

 Durch das Scharmützel am Bahnhof Winkeln verspäteten sich 51 Züge zwischen vier bis sieben Minuten, für eine halbe Stunde wurden die Gleise gar in beide Richtungen gesperrt. Die SBB richteten zwischen Gossau und St. Gallen einen temporären Bus-Ersatz ein. Trotz der Vorkommnisse vom Sonntag sieht Stapo-Sprecher Lütolf keine Alternativen zum Bahnhof Winkeln als Haltestelle der Extrazüge. Über den Bahnhof Bruggen etwa könnten nur zahlenmässig kleine Fan-Gruppen anreisen - Vereine wie der FC Zürich, der am nächsten Samstag in St. Gallen antritt, werden aber von mehreren hundert Anhängern begleitet. Auch die Idee, Auswärtsfans nur noch in Cars direkt zum Stadion fahren zu lassen, sieht Lütolf nicht als Lösung: "Früher kamen oft Gruppen in Cars - aber auch dort wurde randaliert."

 Die Polizei konzentriere sich darauf, gegnerische Anhänger strikte zu trennen. Das sei auch dank des Gitterzauns in letzter Zeit gut gelungen. "Zudem haben sich die St. Galler Anhänger seit dem Herbst geradezu vorbildlich verhalten und keine Auseinandersetzungen gesucht", so Lütolf.

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GROSSSTADT
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Frankfurter Allgemeine 30.3.10

Brandsätze, Erklärungen und Weichspüler

 Berliner Parteien distanzieren sich von linksextremer Gewalt

Von Mechthild Küpper

 BERLIN, 29. März. Im Umgang mit politisch motivierter Gewalt von links hat die Berliner FDP dieser Tage erreicht, was in der werbenden Wirtschaft anerkennend "Alleinstellungsmerkmal" genannt wird: Vier Fraktionsvorsitzende verabschiedeten eine gemeinsame Erklärung: "Brandanschläge sind kriminell und kein Ausdruck politischen Handelns." Die FDP hat zwar einen Antrag zum Thema "Für ein tolerantes Berlin, gegen politischen Extremismus (1) — Linke Gewalt endlich wirksam bekämpfen" ins Abgeordnetenhaus eingebracht. Doch die "rot-rot-grünschwarze Weichspülerklärung gegen linke Gewalt" erklärte sie für "inakzeptabei", ihr Fraktionsvorsitzender Christoph Meyer unterzeichnete sie nicht. Sie enthalte "kein Wort zu Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch, nicht mal zu Mordversuch oder Körperverletzung", die CDU habe sich "auch hier komplett von Rot-Rot-Grün umarmen und einlullen" lassen, sagt Meyer.

 Die FDP kritisiert, dass e~ nur die Vorsitzenden sind, nicht ihre Fraktionen oder ihre Parteien, die die Erklärung abgeben. SPD und Grüne halten das für vorgeschoben. Das sollte ja gerade der Witz sein, sagte der Grünen-Vorsitzende Volker Ratzmann, wenn derartig verschiedene Vorsitzende eine gemeinsame Erklä-rung abgäben. Bis jede Fraktion und jede Partei eine solche Erklärung beschließe, vergehe leicht ein Jahr, sagte der Sprecher der SPD-Fraktion. Weiter gehende Schritte blieben der FDP ja unbenommen.

 "Mit großer Besorgnis", heißt es in der Erklärung der Fraktionsvorsitzenden, sei festzustellen, dass die Zahl der linksextremistisch motivierten Straftaten "enorm angestiegen ist", neben denen auf Autos gebe es "Angriffe auf Polizeistationen, Johcenter und Baustellen". nur durch Glück sei bislang niemand verletzt worden.

 Die unerwartet brutale Gewalt am 1. Mai vergangenen Jahres und die andauernden Brandanschläge auf Autos und Einrichtungen bewirkten, dass in Berlin weit über den bisher üblichen Teilnehmerkreis hinaus eine Diskussion über linke Gewalt entstanden ist. Ratzmann bescheinigte der Berliner Polizei schon im Sommer 2009 ausdrücklich, sie habe am 1. Mai "gut und richtig gehandelt". Nach einem Gespräch mit Polizisten ergriff er im Winter die Initiative zu einer gemeinsamen Erklärung. Die Grünen lehnen Gewalt als Mittel der Politik ab, die Linkspartei distanzierte sich scharf von einem ihrer Politiker, der die Demonstration angemeldet hatte, von der seinerzeit die Gewalt ausging. In der Erklärung der Fraktionsvorsitzenden heißt es: "Wir werden uns dafür einsetzen, dass diejenigen, die ihr kriminelles Handeln politisch verbrä-men, keine Möglichkeit zur Legitimation und Rechtfertigung haben. Berlin darf nicht zum Schauplatz für gewaltsame politische Aktionen werden. Wer sich anmaßt, anderen vorzuschreiben, wo und wie sie in unserer Stadt zu leben haben, wird im gesamten demokratischen Spektrum auf entschiedene Ablehnung sto-ßen." Objektiv ist Berlin die Hauptstadt des militanten Linksradikalismus: Hier leben 1100 der 6300 den Behörden bekannten gewaltbereiten Linksextremisten.

 Die größten Schnittmengen zwischen Programm und Milieu linker Parteien und linker militanter Szene gibt es in der Stadtentwicklung und -planung: Die Nutzung des stillgelegten Flughafens Tempelhof oder die durch Mieterhöhungen in beliebten Wohnquartieren eintretende Verdrängung Armer aus der Innenstadt, also Bürgerbeteiligung und "Gentrifizierung", sind heiße Themen — auch innerhalb der Parteien. Polizeipräsident Dieter Glietsch sagte im vergangenen Sommer: "Solange Demokraten sagen, wir lehnen zwar Gewalt ab, machen aber trotzdem mit Gewaltbereiten gemeinsame Sache, wenn wir es politisch für opportun halten, wird sich nichts ändern."

Eine der Demonstrationen, von der beim kommenden 1. Mai wieder Gewalt ausgehen könnte, soll in diesem Jahr von Kreuzberg in den Nachbarbezirk Neukölln und zurück führen, so dass die Chancen steigen, dass das Kreuzberger Straßenfest von Krawallmachern unbehelligt bleibt. Während unter den dort ansässigen Kommunalpolitikern noch Freude darüber herrschte. wurde bekannt. dass am Freitag auf das Auto der Linkspartei-Abgeordneten Evrim Baba ein Brandanschlag verübt und dass am Montagmorgen Fensterscheiben der Berliner Zentrale der Landes-SPD in der Müllerstraße eingeworfen wurden. Auf fast 300 Autos wurden 2009 Brandanschläge verübt. Seiten gibt es Festnahmen, noch seltener eine Verurteilung. Während einer Tagung zum Thema hatte der Verfassungsschutz Ende 2009 eine Studie zu "Linker Gewalt in Berlin" vorgestellt, im Auftrag des Innensenators hat der Kriminologe Klaus Hoffmann-Holland die Gewaittaten des 1. Mai 2009 untersucht. Sein Befund, nach dem Zuschauer unter dem Einfluss von Alkohol oder einer Gruppe auch zu Gewalttätern werden, deckt sich mit bekannten Beobachtungen. Seine Feststellung aber, dass Festnahmen bei Beobachtern Sympathie für die Festgenommenen und Skepsis gegenüber den Beamten erzeugten, die bei solchen Großereignissen nach eigenem Verständnis den Rechtsstaat schützen, hinterließ spürbar Ratlosigkeit in der Politik.

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ANTI-ATOM
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Bund 30.3.10

Kantone fürchten um Mitsprache beim AKW-Bau

 Zum Bau neuer AKWs können sich auch die Kantone äussern. Einige müssen dazu die Meinung des Volkes einholen. Doch dafür reicht die Zeit gar nicht.

 Daniel Friedli

 Der Zeitplan war von Anfang an eng, für gewisse Kantone wie Bern und die Waadt zu eng, wie sich nun zeigt. Wie alle 26 Stände haben auch sie das Recht, sich im kommenden Herbst in einer frühen Phase zum Bau neuer Atomkraftwerke in der Schweiz zu äussern. Der Bund wird dann eine Vernehmlassung eröffnen, in welcher die Kantone zu den drei eingereichten Rahmenbewilligungsgesuchen für Beznau (AG), Gösgen (SO) und Mühleberg (BE) Stellung beziehen können.

 Drei Monate reichen nicht

 Im direktdemokratischen Föderalismus der Schweiz ist dies indes einfacher gesagt als getan. Denn viele Kantone müssen, bevor sie ihre Stellungnahme ins Bundeshaus schicken, ihr Stimmvolk konsultieren. Wie eine Aufstellung des Instituts für Föderalismus an der Universität Freiburg zeigt, müssen die Waadt und der Jura zu ihrer Vernehmlassungsantwort zwingend eine Volksbefragung durchführen. In Genf, Neuenburg und dem Wallis ist ein fakultatives Referendum möglich; die Berner Regierung hat gestützt auf besondere Regelungen bereits angekündigt, sie möchte das Volk über diese sensible Frage abstimmen lassen. Dem Verdikt des Berner Volkes kommt darum eine besondere Bedeutung zu, weil der Kanton mit Mühleberg selber einen potenziellen Standort für ein Ersatz-AKW im Rennen hat.

 Hier beginnt nun das Problem: All die Abstimmungen werden im vorgegebenen Zeitrahmen kaum durchzuführen sein. Das Bundesrecht setzt den Kantonen nämlich für ihre Stellungnahmen eine Frist von gerade einmal drei Monaten. Lange ging man davon aus, dass dieser Zeitraum allenfalls verlängert wird. So rechnete Energieminister Moritz Leuenberger noch im Januar damit, dass diese Frage das ganze Verfahren verzögern könnte. Und auf früheren Zeitplänen des Bundes war vermerkt, man werde den tatsächlichen Zeitbedarf für die kantonalen Abstimmungen noch ermitteln.

 Doch nun hat das Bundesamt für Energie (BFE) gemäss Recherchen des "Bund" anders entschieden. Den Kantonen wurde unlängst mitgeteilt, dass sich die Kantone an die Frist von drei Monaten zu halten hätten. Als Ausweg schwebt dem BFE offenbar vor, dass die betroffenen Kantone innert dreier Monate eine provisorische Stellungnahme abgeben - und die vom Volk abgesegnete später nachliefern.

 Betroffene Kantone wehren sich

 Dieses Vorgehen stösst auf Widerstand. "Wir sind ziemlich erstaunt über diese strikte Haltung", sagt Christian Albrecht, Generalsekretär der Berner Energiedirektion. Beim Bau der neuen AKWs gehe es um eine wichtige Frage, zu der sich die Kantone seriös und demokratisch einwandfrei äussern müssten. "Die Frist von nur drei Monaten verunmöglicht uns eine saubere Stellungnahme", sagt Albrecht.

 Ähnlich sieht man dies in der Waadt, wo das zuständige Amt derzeit krampfhaft einen Weg sucht, um Bundes- und Kantonsgesetz einigermassen in Einklang zu bringen. Hier steht die Option einer fristgerechten, wenn auch noch provisorischen Stellungnahme durch die Regierung im Vordergrund. Allerdings ist der Kanton in dieser Sache ein gebranntes Kind: Als sich das Waadtländer Stimmvolk letzten Herbst in einem ähnlichen Verfahren zur Betriebsverlängerung des AKW Mühleberg äusserte, empfahl die Regierung ein Ja - und musste sich später von der Bevölkerung an der Urne aber korrigieren lassen. "Ich bin nicht sicher, ob das eine gute Idee ist", sagt darum ein zuständiger Beamter in der Waadtländer Verwaltung.

 Gesetz ist Gesetz

 Das BFE stellt sich derweil auf den Standpunkt, dass die Frist vom Gesetz vorgegeben sei und man das Rahmenbewilligungsverfahren möglichst rasch und effizient abwickeln möchte. Um den korrekten Ablauf des Verfahrens zu gewährleisten, habe man auch die Kantone frühzeitig über den Fahrplan informiert. Zudem sichert das Amt zu, dass der Bundesrat auf die definitiven Stellungnahmen warten wird, bevor er seine Botschaft vorlegt.

 Damit geben sich die betroffenen Kantone aber nicht zufrieden: Das letzte Wort in dieser Sache, heisst es, sei noch nicht gesprochen.