MEDIENSPIEGEL 5.4.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (SLP, DS, Kino, Tojo)
- Schützenmatte: Urteil Tötungsprozess
- Centralweg Lorraine: Ruhe und Unordnung
- Revolutionärer 1. Mai Bern
- RaBe-Info 1.4.10
- Stadtrat 8.4.10
- Antifa-Demo Grosshöchstetten
- Burgdorf: Pogoschütz goes Cupola
- Burgdorf: Stadtentwicklung Gyrischachen
- Antirep Aarau: Soli in Genf
- Binz ZH wegweisend
- Club-Leben: Mokka + fair-clubbing
- Rauchverbot: Rauch in der Höll; Raucherclubs
- Billag: Boykottaufruf Gewerbeverband
- Delta Security: Hooligans in Uniform
- Big Brother Sport: Polizeikosten BS
- Big Brother Video: Beispiel LU
- Ausschaffungs-Tod: Erst ausschaffen, dann identifizieren
- 20 Jahre Neuchlen-Anschwilen
- Liechtenstein gegen ganz rechts
- Kopenhagen: Klimagipfel-Prozesse
- Stieg Larson: Millenium-Nr. 4
- Narrenkraut-Produzent Afghanistan
- Fussball-WM Südafrika: Rechtsextremist getötet; Kinderhatz
- Sachbuch: Über Marxismus hinaus
- Anti-Atom: gegen Atomwaffen; 35 Jahre Kaiseraugst-Besetzung

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REITSCHULE
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Di 06.04.10
20.30 Uhr - Kino - Uncut - Warme Filme am Dienstag: IL PRIMO GIORNO D'INVERNO - Der erste Tag im Winter; Italien 2008

Mi 07.04.10
19.00 Uhr - SousLePont - Veganer Pflanzenfresser Spezialitäten Abend
20.30 Uhr - Tojo - "Alleinsein ist immer zu kurz" ein Stück über Annemarie von Matt. Regie: Lilian Naef. Mit: Stine Durrer

Do 08.04.10
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter - elektronische Leckerbissen zu lesbisch-schwulem Chillen mit DJ Xylophee, DJ Dunch, DJ FRATZ, Mike, Nadja & DJ ELfERich
20.15 Uhr - Kino - Mitgliederversammlung Grundrechte.ch: Filmpremiere von Tele G: "20 Jahre Protest gegen den Schnüffelstaat: Wie war das damals, was ist davon geblieben?"
21.00 Uhr - Rössli-Bar- The Pharmacy (USA) - support: everest on tt

Fr 09.04.10
20.30 Uhr - Tojo - "Alleinsein ist immer zu kurz" ein Stück über Annemarie von Matt. Regie: Lilian Naef. Mit: Stine Durrer
21.00 Uhr - Kino - "Fressen und gefressen werden...": The Rocky Horror Picture Show, Jim Sharman, USA/UK 1975

Sa 10.04.10
20.30 Uhr - Tojo - "Alleinsein ist immer zu kurz" ein Stück über Annemarie von Matt. Regie: Lilian Naef. Mit: Stine Durrer
21.00 Uhr - Kino - "Fressen und gefressen werden?": The Rocky Horror Picture Show, Jim Sharman, USA/UK 1975
22.00 Uhr - Dachstock - Sophie Hunger (CH) & Band, Support: George Vaine
22.00 Uhr - SousLePont - Budget Boozers (Garage Trash Rock'n'Roll), Support: Shady & the Vamp (Garage Punk) und Sonic Angels (Garage Rock'nRoll)

So 11.04.10
21.00 Uhr - Dachstock - ISWHAT?! (Hyena/Discograph/Alive/USA), feat. Napoleon Maddox (Rap/BeatBox), Brent Olds (Bass), Cocheme'a Gastelum (Sax), Hamid Drake (Drums)

Infos: http://www.reitschule.ch

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kulturstattbern.derbund.ch 5.4.10

Benedikt Sartorius am Montag den 5. April 2010 um 06:15 Uhr

Kulturbeutel 14/10

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Frau Feuz empfiehlt:
Besuchen Sie die Budget Boozers am Samstag im Sous le Pont der Reitschule bei ihrer Plattentaufe. Heissen tut das Taufkind "Couldn't care less" und garantiert ordentlichen Garagenrock nach alter Schule.

(...)

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WoZ 1.4.10

20 Minuten 1.4.10

Headman im Dachstock

 Fr, 2.4., 23 Uhr, Discoquake, Dachstock.

 NEO-DISCO. Nur selten kommt es vor, dass der Schweizer Act auf einem Line-up international renommierter ist, als sein ausländisches Gegenstück. Im Fall der morgigen Discoquake ist das aber so. In Sachen internationalem Ruf muss sich das französische Disco-Duo Acid Washed vom Zürcher Headman schlagen lassen. Er ist ihnen mit Remixes für Franz Ferdinand, Scissor Sisters oder Placebo, die regelmässig auf den Decks der grossen DJs landen, aber auch mit den eigenen Releases auf Gomma um mehr als eine Nasenlänge voraus.

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WoZ 1.4.10

Fressen und ...

 Der Metzger freut sich. Es ist ein neuer Mieter ins Haus eingezogen, das heisst, es wird bald wieder frisches Fleisch geben … "Delicatessen" (1991), die wunderbar skurrile, rabenschwarze Komödie von Jean-Pierre Jeuent und Marc Caro, macht den Auftakt der Filmreihe "Fressen und gefressen werden" im Kino der Berner Reitschule. Während die einen Menschenfleisch essen (ohne es zu wissen), versucht der andere, sich tot zu hungern: Peter Liechtis grossartiger Film "The Sound of Insects - Record of a Mummy" (2009) erzählt vom Tagebuch eines Mannes, der in den Wald geht, um dort den Tod durch Verhungern zu finden. Liechti findet dazu passende Bilder und Norbert Möslang die angemessenen Klänge.

 Peter Greenaways "The Cook, the Thief, his Wife and her Lover" (1989) ist ein mit Symbolik beladenes pompöses Werk, das unter die Haut geht und bei dem einem am Ende der Appetit vergeht. Um die Hightechlandwirtschaft schliesslich geht es im Dokumentarfilm "Unser täglich Brot" (2006) von Nikolaus Geyrhalter, der ohne Kommentar oder Dialoge den Rhythmus der Fliessbänder und riesigen Maschinen wiedergibt. süs

 "Delicatessen" in: Bern Kino in der Reitschule, Fr/Sa, 2./3. April, 21 Uhr. Weitere Filme zu "Fressen und gefressen werden" bis Sa, 24. April. www.reitschule.ch

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Bund 1.4.10

Sounds Benga

 Die Sub-Bass-Massage

 In der Sturm-und-Drang-Periode der Technobewegung brauchte man sich um Innovationen in der elektronischen Musik keine Sorgen zu machen. Praktisch jede Woche wurde ein neuer Trend verkündet, es wurde be- und entschleunigt, es wurde im Hoch- und Tieftonbereich geforscht, die Beats wurden ein- und mehrfach übers digitale Knie gebrochen.

 Dieser kreative Strudel ist mittlerweile praktisch zum Stillstand gekommen - doch immerhin war der letzte schöpferische Akt der elektronischen Musik ein einigermassen nachhaltiger: Der Dubstep ist eine Synthese aus dem UK-Garage und dem Drum 'n' Bass, im Zentrum steht der analoge Sub-Bass, der dergestalt rhythmisch manipuliert wird, dass er physisch erlebbar zum Pulsieren kommt. Der Dubstep wummert seit mittlerweile etwa neun Jahren durch die Clubs mit ausreichend dimensionierten Basstönern, und in sämtlichen Chroniken taucht der Name Benga als einer der wichtigsten Schrittmacher der Szene auf.

 War der Dubstep in seinen Anfängen noch eng mit dem Garage verbandelt, war es Benga, der aus der Grundidee einen autarken Stil zu schnitzen vermochte. Der erst 23-jährige Londoner, der seine ersten Tracks noch auf einer Playstation produzierte, gilt heute zusammen mit Skream zu den Zeremonienmeistern der Tieffrequenzmusik, allerdings sind die beiden von jüngeren Exponenten wie etwa dem Schotten Kode 9 (er wird an der diesjährigen Bad-Bonn-Kilbi auftreten) in Sachen Innovation und Raffinesse längst überholt worden. Das letzte Benga-Werk "Diary of an Afro Warrior" krankt etwa am Eifer, die Düsternis seiner Beats mit harmonischen Einlagen brechen zu wollen.

 Für eine prima Tiefton-Massage taugen die DJ-Sets von Benga indes allemal. Die Dachstock-Techniker sollen im Vorfeld des Auftritts Lösungen gefunden haben, aus ihrer Tonanlage Frequenzen zu kitzeln, die tiefer denn je in die Magengrube schlagen. (ane)

 Reitschule Dachstock Samstag, 3. April, 23 Uhr.

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Bund 1.4.10

"Alleinsein . . ."

 In ein Frauenleben hineinhorchen

 Eine ungebändigte Kreativität, die ihre Urheberin in tiefe Seelenabgründe zog: Dies zeichnete die Innerschweizerin Annemarie von Matt aus. Stine Durrer und Lilian Naef nähern sich der 1967 verstorbenen Künstlerin und Schriftstellerin in ihrer szenischen Collage "Alleinsein ist immer zu kurz". Das Stück aus dem Jahr 2001 wird im Tojo-Theater nochmals gezeigt. (reg)

 Tojo-Theater Reitschule Mi, 7., Fr, 9. und Sa, 10. April, jeweils 20.30 Uhr.

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BZ 1.4.10

Unterwelt auf Bühne

 "Freue mich, wenn Ihr Einblick tun werdet, eines Tages in meine Unterwelt", schrieb die Innerschweizer Künstlerin Annemarie von Matt (1905-1967). Dieser Aufforderung sind die Theaterschaffenden Stine Durrer und Lilian Naef gefolgt. In "Alleinsein ist immer zu kurz" haben sie sich diesem aussergewöhnlichen Frauenleben angenähert. Entstanden ist eine Collage mit Texten von Annemarie von Matt und mit Berichten von Zeitgenossen, die mit den Grenzen zwischen Realität und Fiktion spielt. Von Matts ungebändigte Kreativität, die beunruhigte, und die Künstlerin selber in tiefe Seelengründe zog, steht im Mittelpunkt dieses Stücks.pdAufführungen: Mi, 7., Fr, 9., Sa, 10.April, jeweils um 20.30 Uhr, Tojo Theater Bern.

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WoZ 1.4.10

20 Jahre Fichenskandal

 Sie schnüffeln immer noch

 Vor zwanzig Jahren flog auf, mit welchem Eifer der Staatsschutz die Bürgerinnen und Bürger überwachte und noch die verrücktesten Begebenheiten dokumentierte. Als Folge des Fichenskandals entstand der Verein Grundrechte.ch. Dieser beschäftigt sich seither mit Ausbau und Modernisierung des Überwachungsstaates. Zum Jahrestag berichtet der Verein über die Wandlungen des Schnüffelstaates und dessen neuste Ausgeburt, die elektronische Versichertenkarte.

 Zwanzig Jahre nach dem Fichenskandal: Rückblick, Durchblick, Ausblick. Donnerstag, 8. April, 20.15 Uhr, Bern, Kino der Reitschule, Bollwerk.

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SCHÜTZENMATTE
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Bund 1.4.10

Zuschlagen als einzige Lösung

 Drei junge Männer wurden zu achteinhalb, sechseinhalb und sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Sie hatten auf dem Vorplatz der Reitschule einen Mann verprügelt, der an den Verletzungen starb.

 Anita Bachmann

 Sie sind jung, die Listen ihrer begangenen Delikte sind lang - und die Strafen sind hart. Zu achteinhalb, sechseinhalb und sechs Jahren wurden die drei Männer im Alter von 20 und 21 Jahren verurteilt, die im August 2008 auf dem Vorplatz der Reitschule einen Mann verprügelten. Sie richteten den geschwächten und kränkelnden 36-Jährigen mit Fusstritten und Faustschlägen so zu, dass er eine Woche später an einem Milzriss starb. Weil das Opfer den drei jungen Männern aus Serbien und Mazedonien zuvor Heroin von schlechter Qualität verkauft habe, hätten sie beschlossen, den Mann zu verprügeln, sagte Gerichtspräsident Hans-Peter Kiener gestern. Doch statt das Geld zurückzuverlangen, hätten sie sofort auf ihn eingeschlagen. "Obwohl das Opfer die 20 Franken trotzdem gleich in die Höhe streckte, schlugen sie auf den Mann ein", sagte Kiener. Selbst als das Geld bereits übergeben worden war, hätten sie das Opfer weiter traktiert.

 Das Opfer wäre behindert

 Die jungen Migranten mussten sich deshalb seit Anfang letzter Woche vor dem Gericht Bern-Laupen verantworten. Die Anklage lautete auf vorsätzliche Tötung oder vorsätzliche schwere Körperverletzung und fahrlässige Tötung. Das Gericht entschied sich für Letzteres. Denn die Verurteilten hätten keine gefährlichen Gegenstände benutzt und seien auch nicht zu sechst auf ein Opfer losgegangen, wie dies etwa im Postgasse-Fall geschehen sei. Auch hätten sie sich nicht das Ziel gesetzt, jemanden zusammenzuschlagen, bis er sich nicht mehr bewege, wie dies Skinheads in Frauenfeld getan hätten. Kiener beschönigte aber nichts: "Auch hier wurde mit grosser Heftigkeit zugeschlagen, und es gab Tritte gegen den Kopf." Selbst wenn der Mann die Attacke überlebt hätte, wäre er heute behindert.

 Beschäftigt hatte das Gericht zudem die verschiedenen Rollen der Verurteilten ("Bund" vom 23. März). Im Prozess hatten sie sich gegenseitig die Tatidee zugeschrieben. Übereinstimmend sagten sie aber, nur zwei hätten zugeschlagen. Im Sinne des Grundsatzes "im Zweifel für den Angeklagten" gehe man davon aus, dass er nicht zugeschlagen habe, obwohl Zeugen etwas anderes beobachtet hätten, sagte Kiener. Obwohl er sich zudem nicht aktiv zur Idee geäussert habe, sei er mitgegangen und habe damit signalisiert, dass er die Absicht unterstütze. Dass er gewusst habe, was dort gerade passiert sei, zeige sich dadurch, dass er zu Zeugen der Schlägerei gesagt habe: "Verreist, sonst geht es euch gleich wie dem." Dieser Angeklagte wurde im Gegensatz zu den anderen nicht wegen vorsätzlicher schwerer Körperverletzung und fahrlässiger Tötung, sondern wegen Gehilfenschaft zur vorsätzlichen schweren Körperverletzung verurteilt.

 Jahre läpperten sich zusammen

 Hätten die drei Männer sich einzig wegen diesem Verbrechen verantworten müssen, wären ihre Strafen weit geringer ausgefallen. Die beiden Täter wären zu Freiheitsstrafen von ungefähr vier und dreieinhalb Jahren und der Gehilfe wäre zu eineinhalb Jahren verurteilt worden. Strafverschärfend wirkten sich unter anderem eine versuchte schwere Körperverletzung und fünffacher Raub aus, was ebenfalls abgeurteilt wurde. Auf sechseinhalb Jahre kam das Gericht für den Gehilfen wegen zusätzlicher versuchter schwerer Körperverletzung und zweifachen Raubes. Beim Dritten kamen ebenfalls versuchte schwere Körperverletzung sowie Widerhandlungen gegen das Waffen- und das Betäubungsmittelgesetz dazu. Alle drei waren bereits vorbestraft.

 Strafe nicht bloss absitzen

 "Ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte", habe einer der Schläger auf die Frage des Richters gesagt, ob man denn so habe vorgehen müssen, um das Geld zurückzubekommen. "Hätte er gewusst, was man ausser hauen sonst noch tun könnte, wären wir nicht hier", sagte Kiener. Sie müssten nun lernen, damit es nicht wieder so weit komme, und dazu sollten sie die Zeit im Gefängnis nutzen und die Strafe nicht nur absitzen. Die achteinhalbjährige Freiheitsstrafe wird in diesem Zusammenhang zugunsten einer Massnahme für junge Erwachsene aufgeschoben, die vier oder sechs Jahre daure. "Eine solche Massnahme ist deutlich anstrengender als der Strafvollzug", sagte der Richter. Der Täter, der unter einer erheblichen Persönlichkeitsstörung leide, müsse hart an sich arbeiten. Die beiden anderen Verurteilten haben ihre Freiheitsstrafe zu verbüssen, wovon eine mit einer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung gekoppelt ist.

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BZ 1.4.10

Kreisgericht Bern-Laupen

 Reitschule-Schläger verurteilt

 6 Jahre, 6½ und 8½ Jahre Freiheitsstrafe: So lautet das Urteil für die drei jungen Männer, die einen Junkie zu Tode prügelten.

 Weil der für 20 Franken gekaufte Stoff nicht ihren Vorstellungen entsprach, verprügelten Ende August 2008 drei junge Männer aus Mazedonien und Kosovo vor der Reitschule einen Drogenabhängigen. Der 36-Jährige erlitt dadurch schwere innere Verletzungen und starb eine Woche später im Spital. Für diese Tat wurden die drei Männer gestern vom Kreisgericht Bern-Laupen zu Freiheitsstrafen zwischen 6 und 8½ Jahren verurteilt. Das Gericht kam zum Schluss, dass sich die beiden Haupttäter der vorsätzlichen schweren Körperverletzung und fahrlässigen Tötung schuldig gemacht haben und dass der dritte Täter wegen Gehilfenschaft schuldig sei. Da zwei der drei Täter zudem wegen brutaler Raubüberfälle vorbestraft sind, fielen die Strafen entsprechend hoch aus.

 Bei einem der Haupttäter wird die Freiheitsstrafe zu Gunsten einer sogenannten Massnahme aufgeschoben. Das bedeutet, dass der 21-Jährige in eine spezielle Einrichtung für junge Erwachsene eingewiesen wird. Eine solche Massnahme sei härter als der normale Strafvollzug, betonte der Gerichtspräsident. Ausserdem bestehe dadurch eine gewisse Möglichkeit, dass ein junger Mensch trotz einer Straftat noch auf den rechten Weg finde. mm

 Seite 22

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Tod vor der Reitschule

Freiheitsstrafen für alle drei Täter

 Zu Freiheitsstrafen zwischen 6 und 8,5 Jahren wurden gestern die drei jungen Männer verurteilt, die Ende August 2008 vor der Reitschule einen Drogenabhängigen derart verprügelt hatten, dass er später im Spital starb.

 "Musste man so vorgehen, um sein Geld zurückzuerhalten oder besseren Stoff zu bekommen?" Diese rhetorische Frage stellte Gerichtspräsident Hans-Peter Kiener gestern zu Beginn der Urteilseröffnung. Vorgegangen waren die drei Angeschuldigten in jener August-Nacht im Jahr 2008 mit grosser Gewalt. Sie schlugen den 36-jährigen Drogenabhängigen und Kleindealer M. derart zusammen, dass dieser eine Woche später im Spital seinen schweren inneren Verletzungen erlag. Der Auslöser für diesen Gewaltexzess: M. hatte den dreien für 20 Franken Heroin verkauft, das nicht ihren Vorstellungen entsprach (wir berichteten).

 Alle drei schuldig

 "Hätten die Täter damals darüber nachgedacht, dass man in dieser Situation auch etwas anderes machen kann, als den Mann ‹zusammenzubrätschen›, sässen wir heute nicht hier", sagte Gerichtspräsident Kiener. Das Kreisgericht Bern-Laupen sprach die beiden Haupttäter der vorsätzlichen schweren Körperverletzung und fahrlässigen Tötung schuldig, den dritten der Gruppe wegen Gehilfenschaft zur schweren Körperverletzung.

 Schon vorher straffällig

 Da zwei der drei Männer bereits wegen brutaler Raubüberfälle vorbestraft waren, war die Festlegung des Strafmasses kompliziert. Alle drei wurden zudem der versuchten schweren Körperverletzung an einem weiteren Opfer schuldig gesprochen. Bei diesem handelte es sich um einen Zeugen des ersten Vorfalls. Als die Schläger erfuhren, dass der Zeuge die Polizei alarmieren wollte, schlugen sie auch ihn zusammen. Er hatte Glück und wurde weniger schwer verletzt als das erste Opfer.

 Kein Vorsatz nachweisbar

 Mit den Vorstrafen sowie dieser zweiten Straftat resultierten für die drei Täter Freiheitsstrafen von 6 Jahren, 6,5 und 8,5 Jahren. Damit liegt das Gericht teilweise höher, als es der Staatsanwalt beantragt hatte. Es folgt jedoch nicht seinem Antrag, die beiden Haupttäter der vorsätzlichen Tötung schuldig zu sprechen. Das Kreisgericht kam zum Schluss, dass sich für eine Tötung kein Vorsatz nachweisen lasse.

 "Kein Computerspiel"

 Als erwiesen sieht es das Gericht hingegen an, dass die Dreiergruppe durchaus die Absicht hatte, den Drogendealer zu "verbrätschen" und ihn damit einzuschüchtern. "Sie wollten dem Mann eine Lektion erteilen." Diese Absicht endete für den Drogenabhängigen mit dem Tod. "Dass die Täter im Nachhinein beteuern, dass sie das nicht wollten, glauben wir ihnen sogar", sagte der Gerichtspräsident. Aber: "Der Tod ist definitiv. Und anders als bei einem Computerspiel gibt es im Leben keine ‹New Game›-Taste."

 Die Freiheitsstrafe des 21-jährigen Kosovaren, der als erster zugeschlagen hatte, wird zu Gunsten einer Massnahme aufgeschoben. Das heisst, dass der Mann in eine spezielle Einrichtung für junge Erwachsene eingewiesen wird. "Entgegen der landläufigen Meinung ist eine solche Massnahme deutlich anstrengender als der normale Strafvollzug", betonte der Gerichtspräsident. Die Täter müssten hart an sich arbeiten. Eine ambulante Therapie innerhalb des Vollzugs muss auch der zweite Haupttäter machen. Alle drei befinden sich bereits im Strafvollzug.

Mirjam Messerli

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20 Minuten 1.4.10

Tötungsdelikt Reitschule: 6 bis 8,5 Jahre Gefängnis

 BERN. Die drei damals 18- und 19-jährigen Männer, die im August 2008 vor der Reitschule einen Dealer totprügelten, sind gestern zu Freiheitsstrafen zwischen sechs und achteinhalb Jahren verurteilt worden. In einem Fall wurde der Vollzug der Strafe zugunsten einer Massnahme für junge Erwachsene aufgeschoben. Die drei hatten vom Dealer für 20 Franken Heroin gekauft. Als sie es rauchen wollten, ging es wohl wegen zu viel Streckmittel in Flammen auf. Die Männer aus dem Kosovo und Mazedonien knöpften sich den Dealer vor und verprügelten ihn. Der 36-jährige Schweizer starb an den Folgen eines Milzrisses.

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20min.ch 31.3.10

Reitschule

Dealer getötet - lange Haftstrafen

Die drei Männer, die im August 2008 vor der Berner Reitschule einen Dealer tot prügelten, sind vom Kreisgericht Bern-Laupen verurteilt worden. Sie erhielten Freiheitsstrafen zwischen sechs und achteinhalb Jahren.

In einem Fall wurde der Vollzug der Strafe zu Gunsten einer stationären Massnahme für junge Erwachsene aufgeschoben. Eine solche Massnahme sei für die Betroffenen oft happiger als ein Gefängnisaufenthalt im normalen Strafvollzug, betonte der Gerichtspräsident.

In der Massnahme würden die jungen Erwachsenen die ganze Zeit über eng begleitet und müssten hart an sich arbeiten. Diese Massnahme biete aber auch eine Chance, in jungem Alter noch auf den richtigen Weg zu kommen.

In einem zweiten Fall ordnete das Gericht eine ambulante Psychotherapie im Strafvollzug an. Die drei jungen Männer waren zur Tatzeit zwischen 18 und 19 Jahre alt. Sie gingen nach der Urteilsverkündung zurück in den Straf- und Massnahmenvollzug, den sie vorzeitig angetreten hatten.

Faustschläge und Fusstritte

Die drei hatten in jener Nacht vom Dealer für 20 Franken Heroin gekauft. Als sie dieses rauchen wollten, ging es wohl wegen zuviel Streckmitteln in Flammen auf.

Die drei Angreifer aus Kosovo und Mazedonien knöpften sich den Dealer vor, zwei von ihnen schlugen auf ihn ein. Sie traktierten den 36-jährigen Schweizer mit Faustschlägen und Fusstritten - auch als der Mann bereits wehrlos am Boden lag.

Das Opfer starb mehrere Tage nach dem Vorfall im Spital an den Folgen eines Milzrisses. Einen weiteren Anwesenden schlugen die Angreifer ebenfalls zusammen. Damit wollten sie verhindern, dass dieser die Polizei alarmiert.

Sofort zugeschlagen

Die drei seien nicht bloss zum Dealer zurückgekehrt, um ihn zur Rede zu stellen, sondern um ihn zu verprügeln und ihm "den Tarif durchzugeben", sagte der Gerichtspräsident am Mittwoch. Dafür gebe es Hinweise. Zeugen hatten ausgesagt, die jungen Männer hätten sofort zugeschlagen, ohne vorherigen Wortwechsel.

Die drei hätten davon ausgehen müssen, dass die Faustschläge und Fusstritte für das Opfer gefährlich seien. Mit dem Tod des Opfers hätten sie aber nicht unbedingt rechnen müssen, kam das Gericht zum Schluss.

Deshalb ging es in zwei Fällen vom Tatbestand der vorsätzlichen, schweren Körperverletzung und der fahrlässigen Tötung aus, in einem Fall von Gehilfenschaft zu vorsätzlicher, schwerer Körperverletzung.

(sda)

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LORRAINE
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WoZ 1.4.10

Stadtkultur - Lieber ein toter Fleck als ein lebendiger Quartiertreffpunkt. Oder: Wie die Stadt Bern für Ruhe sorgt. Eine kleine Geschichte aus der Lorraine.

 Frühling ohne Stadttauben

 Von Silvia Süess, Bern

 Der Gast hat schlechte Laune. Beim Frühstück beschwert er sich, er sei um sieben Uhr vom Lärm der Bagger geweckt worden. Ein Blick aus dem Küchenfenster klärt die Situation: Auf der anderen Strassenseite hat jemand hart gearbeitet. Entlang dem Grundstück gegenüber wurde ein Graben ausgegraben, etwa einen halben Meter tief und einen Meter breit. Die ausgegrabene Erde liegt aufgeschüttet daneben.

 Ein seltsamer Anblick: Fast sieht es aus wie ein Massengrab, bereit, um Leichen hineinzuwerfen und wieder mit Erde zu überdecken. Oder wie ein Schlossgraben, der das hübsche Schlossfräulein vor unerwünschtem Besuch schützen soll. Mit dem kleinen Unterschied, dass in der Mitte des Grundstücks kein Schloss und keine Burg steht und auch kein schönes Fräulein zu Hause ist. Denn da liegt nichts als Erde. Die aber scheint so wertvoll zu sein, dass sie mit einem Graben geschützt werden muss. Das zumindest meint die Stadt Bern, der das leere Grundstück inmitten des Wohnquartiers Lorraine gehört.

 Effizient und kostengünstig

 Die Geschichte hätte auch anders verlaufen können und nicht mit einem so hässlichen Graben enden müssen. Alles begann damit, dass die Stadt sich entschloss, auf dem Grundstück schicke Wohnungen zu bauen. Dazu musste die Garage Alcadis, die hier stand, abgerissen werden. Das war im letzten Oktober. Dann passierte lange nichts mehr. Das Land lag verlassen, der Winter kam und überdeckte die Brache mit Schnee.

 Bis eines kalten Morgens im März plötzlich Wohnwagen auf dem abgesperrten Grundstück standen. Die Stadttauben, eine Gruppe junger Menschen, die in Wohnwagen leben, liessen sich auf dem Grundstück nieder. Innert weniger Stunden hatten sie sich eingerichtet, das Klohäuschen aufgebaut, eine Küchennische installiert ... Es war schön, dass auf der toten Parzelle wieder Leben war.

 Doch es gab Leute in der Stadt, die sich daran störten - vor allem solche, die weit weg von der Lorraine leben: Die Stadttauben könnten ja Lärm machen, die NachbarInnen mit ihrem Verhalten stören oder gar Unrat hinterlassen ...

 Wer in einem Wohnwagen statt in einer Wohnung lebt, macht sich allein damit schon verdächtig. Normen und Konventionen sind eng heutzutage, weicht man nur ein klein wenig davon ab, gilt man als Freak oder randständig. Zumindest in Bern. Nach nur einer Woche - in der weder Lärm zu hören war noch Unrat auf der Strasse herumlag - verliessen die Stadttauben das Gelände wieder. Die Stadt hatte mit einer Räumung gedroht.

 Und dann hatte jemand von der städtischen Liegenschaftsverwaltung diese geniale Idee: der Graben! Einmal kurz baggern - und schon werden unerwünschte Personen vom Grundstück ferngehalten. Einfach, effizient und kos tengünstig. Eigentlich ist die Parzelle ja Wohnzone, und in ein paar Jahren sollten tatsächlich auch Menschen hier wohnen. Aber dann in schicken Wohnungen bitte und nicht in selbst umgebauten Wohnwagen. Bis dahin soll niemand die Parzelle nutzen können.

 Graben als Schwimmbad

 Ja, die Geschichte hätte auch anders verlaufen können. Der Verein Läbigi Lorraine wehrte sich nämlich gegen den Abbruch der Garage und schlug eine Zwischennutzung der Räumlichkeiten als Quartiertreff vor. Die Stadt aber lehnte ab und liess abreissen. Wann mit dem Bau der Wohnungen begonnen werden soll, ist unklar. Sicher nicht vor 2011, vielleicht erst 2012. Eine Zwischennutzung hätte sich längst gelohnt. Aber statt eines lebendigen Quartiertreffpunkts bevorzugt die Stadt Bern eine tote Parzelle. Und wir LorrainelerInnen müssen weiterhin in diesen Graben starren, der sich langsam mit Müll füllt.

 "Wir könnten den Graben mit Wasser füllen, damit unsere Kinder im Sommer darin baden können", schlägt eine Nachbarin vor. "Wir stellen in der Mitte der Parzelle ein paar Sonnenschirme, Liegestühle und Bänke auf. Das wird richtig gemütlich." An Ideen fehlt es nicht im Quartier. Und wenn die Stadt nichts unternimmt, werden die AnwohnerInnen das Gelände wohl diesen Sommer für sich nutzen.

 Die Stadttauben sind übrigens nach Bümpliz weitergeflogen, wo sie sich wieder auf einer städtischen Parzelle niedergelassen haben. Hier sollen sie bis Ende Mai geduldet werden. Vielleicht werden nachher auch dort Gräben ausgehoben.

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1. MAI BE
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Indymedia 4.4.10

Revolutionärer 1. Mai in Bern ::

AutorIn : Revolutionäres 1. Mai-Bündnis Bern         

Revolutionäres 1. Mai Programm in Bern:

Revolutionärer Block an der 1. Mai Kundgebung: Besammlung 16.00 Uhr, Kramgasse!
Revolutionäres Fest ab 17.00 Uhr auf dem Vorplatz der Reitschule. Mit Konzerten, Bar, Essens- und Infoständen, Afterparty und vielem mehr ... !     
    
Revolutionäres 1. Mai Plakat
http://ch.indymedia.org/images/2010/04/74784.jpg

Heraus zum 1. Mai!

Kapitalismus überwinden - nicht reformieren!

"Arbeit, Lohn und Rente statt Profit und Gier", so lautet die diesjährige Parole zum 1. Mai. Herausgegeben hat sie der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB).

Die Parole lässt tief blicken. Sie bringt das (Selbst-)Verständnis der System-Linken auf den Punkt. Arbeit, Lohn und Rente - das halten sie für etwas ganz Tolles, dafür wollen sie kämpfen. Der Widerspruch, dass gerade die Lohnarbeit für den Profit der Reichen verantwortlich ist, kann sie nicht davon abbringen. Genauso wenig die Tatsache, dass die kapitalistische Lohnarbeit die ArbeiterInnen verschleisst und dass es sie überhaupt nur wegen dem Profit gibt.

Nicht einmal in der Krise, in der die Zumutungen der kapitalistischen Wirtschaftsweise die ProletarierInnen aller Länder noch härter treffen als sonst, lässt sich die System-Linke dazu bewegen andere Töne anzuschlagen und auf den "gestrauchelten" Kapitalismus einzutreten. Sie hilft ihm lieber tatkräftig wieder auf die Beine.

GewerkschaftsführerInnen fordern Konjunktur- und Rettungspakete von einem starken Staat und geisseln gierige ManagerInnen und verantwortungslose PolitikerInnen.


Diese Ordnung hat System - und dieses System heisst Kapitalismus!

Auf "ihr" System, die freie Marktwirtschaft, lassen die System-Linken ums Verrecken nichts kommen. Das System würde ihrer Meinung nach offenbar schon ordentlich funktionieren - wenn bloss die FunktionärInnen der demokratischen Herrschaft und der Wirtschaft nicht so einen schlechten Charakter hätten.

Diese Haltung ist mehr als zynisch, man braucht schliesslich kein Denkriese zu sein, um zum Beispiel zu merken:

- dass gerade der starke Staat die herrschende Ordnung ins Recht setzt und dass nicht einzelne AbzockerInnen und gewissenlose PolitikerInnen dafür verantwortlich sind, dass täglich 100 000 Menschen an den Folgen von Hunger sterben, während andere Leute unermesslichen Reichtum anhäufen.

- dass ArbeiterInnen nicht entlassen werden, weil es nichts mehr zu tun gibt, sondern dann, wenn mit den Produkten, die sie herstellen zu wenig Profit gemacht wird.

- dass im Kapitalismus überschüssige Produkte, die nicht verkauft werden können, nicht an Bedürftige verteilt, sondern gezielt vernichtet werden.

- dass alle möglichen produzierten Dinge sich in der Krise nicht in Luft aufgelöst haben. Dass es im Gegenteil zu viele davon gibt! Nicht weil es keine Bedürfnisse nach guten Konsumgütern mehr gäbe, sondern weil es nicht genug kaufkräftige Bedürfnisse (Bedürfnisse, die bezahlt werden können) gibt.


Der Kapitalismus hat keine Fehler - er ist der Fehler!

Statt sich an der moralischen Kritik am fehlenden Anstand und der fehlenden Verantwortung der wirtschaftlichen und politischen Elite zu beteiligen, halten wir es für angebracht uns damit zu beschäftigen, wie der Kapitalismus tatsächlich funktioniert, die ökonomischen Verhältnisse zu kritisieren und eine soziale Revolution aufzugleisen!

Dafür wollen wir im Revolutionären Block gemeinsam einstehen! Schliess dich uns an!

Kapitalismus überwinden - nicht reformieren!
Heraus zum 1. Mai - hinein in den Revolutionären Block!

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RABE-INFO
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Do. 1. April 2010

- Neue Strategie: die Schweiz will die Armut im Land innert 10 Jahren halbieren
- Neue Internetseite: http://fair-clubbing.ch will Transparenz bei Schweizer Clubs schaffen
- Neuer Hype: Chatroulette im Selbsttest und von MedienexpertInnen kommentiert
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_1.April_2010.mp3

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STADTRAT
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Stadtratssitzung (Traktanden)
Donnerstag, 08. April 2010 17.00 Uhr und 20.30 Uhr
Sitzungssaal im Rathaus
Die Stadtratssitzungen sind öffentlich zugänglich (Besuchertribüne)

Traktanden

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7.  Motion Henri-Charles Beuchat (CVP): Wohnwagen-Bordell statt Strassenstrich: Legaler Sex auf zugewiesenem Parkplatz (SUE: Nause) verschoben vom 25. März 2010        09.000187
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2009/09.000187/gdbDownload

(...)

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ANTIFA-DEMO GROSSHÖCHSTETTEN
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Indymedia 31.3.10
http://ch.indymedia.org/de/2010/03/74727.shtml (mit Fotos)

Communiqué zur Spontandemo in Grosshöchstetten vom 31.03.10 ::

AutorIn : LAAK - LIBERTÄRE AKTION KONOLFINGEN         

Heute Abend gegen 20:00 Uhr versammelten sich rund 50 Personen am Bahnhof in Grosshöchstetten, um gegen Rassismus zu demonstrieren und auf die sich in letzter Zeit häufenden Übergriffe durch Rassist_innen auf Andersdenke aufmerksam zu machen.

Nachdem am Bahnhof eine Rede gehalten wurde, zogen die Demonstrierenden lautstark und selbstdiszipliniert via Bahnhofstrasse und Dorfstrasse durch den Ort. Unterwegs machten die Aktivist_innen Passant_innen immer wieder mit Parolen und kurzen Reden, aber auch im direkten Gespräch, auf die zunehmende Gefahr durch Rechtsextremismus, sei es durch politische Parteien wie die PNOS oder die SVP, oder auch durch rassistische Schläger(_innen) auf der Strasse, aufmerksam.

Die Gefahr durch rechtsextreme Übergriffe steigt seit den letzten Jahren besonders auch in der Region Konolfingen. Alleine in den letzten zwei Wochen gab es zwei gewalttätige Übergriffe durch rechtsextreme Schläger auf Jugendliche - auch auf Minderjährige - von denen zumindest eine danach mit Verletzungen und inneren Blutungen ins Spital musste. Diese Prügelorgien sind jedoch nur die logische Konsequenz rassistischen und autoritären Gedankenguts. Seit einiger Zeit steigt die Anzahl an Neonazis. Auch haben diese Neonazis vermehrt begonnen sich zu organisieren. Sei dies als Mitglieder der rechtsextremen "Partei National Orientierter Schweizer (PNOS)" oder derem gewaltbereiten Arm der "Helvetischen Jugend". Aber auch die "Freien Kameradschaften" und andere Formen des autonomen Nationalismus erfreuen sich zunehmender Beliebtheit.

Die logische Konsequenz solcher Tendenzen sind vermehrte Übergriffe durch rassistische Schläger_innen, sei es in Grosshöchstetten, Walkringen, Konolfingen oder wie letzten Mai in Biglen, als ein Jugendlicher von rechtsextremen Schlägern mit Baseballschlägern und Schlagringen zusammengeschlagen wurde und die Neonazis ein linkes Picknick angriffen.

Wir werden diesen Angriff auf unsere Strukturen und Lebensvorstellungen nicht kampflos akzeptieren. Schon gar nicht, wenn Neonazis unsere Freund_innen zusammenschlagen und bedrohen. Rechtsextreme haben auch in der Region Konolfingen nichts verloren und wir werden zusammenstehen und solchen Menschen, die schon lange auf die Müllhalde der Geschichte gehören, diese Region nicht widerstandslos überlassen.

Nie wieder Faschismus!

Faschistische Strukturen bekämpfen im Emmental und Überall!

Für eine freie und selbstbestimmte Gesellschaft, die diesen Namen auch verdient!

LAAK - LIBERTÄRE AKTION KONOLFINGEN

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POGOSCHÜTZ AKA CUPOLA
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BZ 1.4.10

Burgdorf

 Festival unter der Zeltkuppel

 Das Pogoschütz-Open-Air in Burgdorf gibt es nicht mehr. Die Organisatoren melden sich nun mit einem neuen Konzept zurück: Das Cupola-Festival wird Ende Mai ein Kuppelzelt mit Underground-Sound auf die "Schütz" bringen.

 Im Jahr 2007 gab es für die Organisatoren des musikalischen Underground-Open-Airs mit dem prägnanten Namen Pogoschütz den Kulturpreis der Burgergemeinde Burgdorf, dann war Schluss. Die siebte Austragung im Spätsommer 2008 fiel wegen Dauerregens buchstäblich ins Wasser, und für 2009 war nichts mehr geplant.

 Zum Sommerauftakt

 Jetzt melden sich die jungen Organisatoren zurück: Laut einem Artikel in der "Aemme Zytig" werden sie vom 27. bis 29.Mai erstmals das Cupola-Festival durchführen. Wiederum auf der Schützenmatte, aber nicht mehr als Open Air, sondern - der Name "Cupola" deutet es bereits an - unter den schützenden Kuppeln eines Dreifach-Archadoms. Archadome sind spezielle Zeltbauten, die in Oberburg hergestellt werden und sich an halbsphärischen Formen in der Natur orientieren. Der sogenannte Archa-Tridom des Cupola-Festivals fasst 600 Personen.

 Auf diese Weise bleibt der auf junges Publikum zugeschnittene Anlass vor unliebsamen Wetterlaunen verschont. Ihrer musikalischen Ausrichtung bleiben die Veranstalter treu: Vorgesehen ist ein Programmmix aus diversen subkulturellen Stilrichtungen und Bands, denn das Cupola-Festival richtet sich, wie vordem auch schon das Pogoschütz, vorab an die Liebhaber von nicht stromlinienförmiger Musik. Der Donnerstag ist heimischem Schaffen gewidmet, in den beiden darauffolgenden Tagen wird der Fächer geöffnet. Der Freitag steht im Zeichen von Elektro und Indie, während am Samstag Rock und Ska-Punk angesagt sind. Ab heute ist das Programm auf der Homepage aufgeschaltet.

 Die Regengüsse vom Pogoschütz-Open-Air 2008 bescherten den Organisatoren ein Defizit, dessen Aufarbeitung sie rund ein Jahr lang in Anspruch nahm. "Dann aber, als wir ein neues Konzept mit einem Zelt und einem in den Frühsommer vorverlegten Termin hatten, kam die Motivation zum Weiterfahren wieder auf", sagt Mitinitiant Christoph Aeschlimann gegenüber dieser Zeitung. Somit war "Cupola" geboren. Im Gegensatz zu den früheren Veranstaltungen richtet das Organisationsteam diesmal mit etwas kleinerer Kelle an; heuer können sie maximal mit 1800 Personen rechnen, während eine Pogoschütz-Durchführung gemäss Aeschlimann schon mal 3000 Leute auf die Schützenmatte brachte - "vorausgesetzt, das Wetter spielte mit".

 Firmen zahlen mit

 Für das erste Cupola-Festival rechnen die Veranstalter mit einem Budget in der Grössenordnung von 60000 Franken. Finanziell unterstützt werden sie von Sponsoren aus der lokalen Wirtschaft.

 Hans Herrmann

http://www.cupola-festival.ch

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STADTENTWICKLUNG
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WoZ 1.4.10

Stadtentwicklung - Mit dem Programm "Projets urbains" will der Bund Quartiere in kleineren und mittelgrossen ­Städten aufwerten. Im Gyrischachen in Burgdorf stösst das Projekt nicht nur auf Wohlwollen.

 "Was sollen wir auch tun?"

 Von Sonja Mühlemann

 Der Gyrimarkt hat zugemacht, das Plexiglas an der Bushaltestelle ist eingedrückt. An den grauen Hausfassaden leuchten bunte Graffitis. Die Wohnblöcke am Uferweg erinnern an Dominosteine, aufgereiht wie Klötze stehen sie schräg zur Emme. Das ist Gyrischachen, ein Quartier in Burgdorf. Knapp ein Viertel der BurgdorferInnen wohnt hier, 2220 Menschen aus über vierzig Nationen auf engstem Raum, eingeklemmt zwischen dem Gyrisberg, der sich im Norden erhebt, und dem Fluss Emme. Die eigentliche Stadt ist auf der anderen Seite.

 Gyrischachen gilt als Problemquartier. Die Stadt Burgdorf will es aufwerten und nimmt deshalb am Bundesprogramm "Projets urbains" teil (vgl. Kasten). Die Behörden wollen die HausbesitzerInnen überzeugen, ihre Liegenschaften zu sanieren. Sanft sollen sie das tun, damit das Quartier seinen Charakter behält. Und die QuartierbewohnerInnen sollen bei den geplanten Veränderungen mitreden dürfen. Das ist das Ziel von "Projets urbains".

 Neubau statt Sanierung

 "Merdivenleri temiz tutunuz, das Treppenhaus ist sauber zu halten", steht auf einem Schild im Haus Nummer 24 am Uferweg. Frieda Zingg hat mehr als die Hälfte ihres Lebens in diesem Haus verbracht. Hier ist es ihr wohl. Doch das Haus, in dem Frieda Zingg wohnt, soll abgerissen werden. "In den Sechzigern hatten wir hier schon warmes Wasser und ein WC im Haus", sagt sie, lächelt und nimmt ihren ersten Mietvertrag aus der Buffetschublade. An Weihnachten 1961 sind die Zinggs mit ihrer kleinen Tochter eingezogen. Die Wohnung kam Frieda Zingg vor wie ein Geschenk. "Hier müsst ihr mich raustragen", habe sie damals zu ihrem Mann gesagt. Der Uferweg war eine gute Adresse, zwei Wohnungen pro Stockwerk, vier Stöcke hoch. Das war modern. 152 Franken zahlten sie für die erste Miete, ihr Mann habe als Bundesbeamter 500 Franken im Monat verdient. Eine Wohnung näher an der Strasse hätte 85 Franken gekostet.

 Heute zahlt Frieda Zingg für die Dreizimmerwohnung 900 Franken. Viele der BewohnerInnen im Gyrischachen verdienen wenig und sind auf güns tige Mieten angewiesen. In den neunziger Jahren wurden die Wohnungen am Uferweg renoviert, man baute neue Badezimmer und Küchen ein.

 Die Blöcke mit den 133 Wohnungen gehören der Previs-Personalstiftung. Eine Sanierung lohne sich nicht, sagt Jürg Thomet, der Leiter des Previs-Immobilienbereichs: "Nach unserer Erfahrung kostet eine Sanierung bis zu 200 000 Franken pro Wohnung." Die Wasserleitungen seien über siebzig Jahre alt, die Wärmedämmung schlecht, der Schallschutz ungenügend. Die Dreizimmerwohnungen seien 52 Quadratmeter gross, heute liege der Standard bei 85. "Wir müssen davon ausgehen", sagt Thomet, "dass für diese kleinen Wohnungen auch nach einer Sanierung nicht wesentlich höhere Mieten erzielt werden können. Die Investition einer Sanierung zahlt sich so nicht aus." Deshalb schrieb die Previs zusammen mit der Stadt Burgdorf einen Architekturwettbewerb aus. Das Modell "Lungofiume" hat gewonnen. Neunzig Wohnungen mit zweieinhalb- bis fünfeinhalb Zimmern sind geplant, mit modernen Glasfronten, acht Stockwerke hoch.

 Für Frieda Zingg und die 400 anderen UferwegbewohnerInnen bedeutet dies: ausziehen. Viele Jahrzehnte lebten vor allem SchweizerInnen und Italiener Innen in den sandfarbenen Blöcken, die man auf der rechten Seite sieht, wenn man mit dem Zug von Olten her in Burgdorf einfährt. "Ich kenne die meisten Nachbarn nur von den Namen an den Briefkästen", sagt Frieda Zingg. Früher war das anders, "doch viele sind weggegangen, ins Altersheim oder dann halt verstorben".

 Keine Probleme aufkommen lassen

 Pro Jahr ziehen im Gyrischachen fünfzehn Prozent der MieterInnen um. "Aus der kurzen Mietdauer schliessen wir, dass viele Mieter nur als Übergangslösung am Uferweg wohnen", sagt Jürg Thomet von der Previs. In anderen Quartieren suchen sich gemäss einer grossen Burgdorfer Liegenschaftsverwaltung etwa zehn Prozent der MieterInnen pro Jahr eine neue Wohnung. Die häufigen MieterInnenwechsel sind auch der Stadt aufgefallen. "Wir müssen Probleme angehen, bevor die Abwärtsspirale zu drehen beginnt", sagt Baudirektor Martin Kolb. "Im Gyrischachen leben viele Nationen auf engstem Raum, und der Zustand der Häuser ist nicht optimal. Ich will nicht von einem Problemquartier reden, aber wenn ein Mosaiksteinchen herausbricht, könnte das in einigen Jahren zu Problemen führen."

 Am Programm "Projets urbains" nehmen elf Schweizer Städte teil, unter anderem Spreitenbach, Renens und Olten. "Die Ziele für die Entwicklungen haben wir bewusst allgemein gehalten, denn jedes Quartier hat andere Probleme", sagt Georg Tobler, Leiter der interdepartementalen Programmsteuerung der "Projets urbains". "Die jeweiligen Gemeinden wissen am besten, wo Probleme bestehen, und gehen die se selber an." Mehrere Bundesämter, wie jene für Raumentwicklung, Migra tionsfragen und Wohnungswesen, unterstützen die Projektstädte mit ihrem Wis sen - und im Burgdorfer Fall mit 100  000 Franken. Bei gewissen Fragen stehen die zuständigen Bundesämter den Projektstädten mit Ratschlägen zur Seite. Die Städte sollen zudem aus den Erfahrungen der anderen lernen und tauschen sich zweimal im Jahr bei Treffen aus.

 Georg Tobler betont: "Es ist wichtig, dass die Quartierbewohner das Projekt mitgestalten können und regelmässig einbezogen werden." Die Stadt Burgdorf hat das mit Informa tionsanlässen umgesetzt. Dabei wurde den GyrischachenbewohnerInnen das Siegermodell des Architekturwettbewerbs zum Neubau am Uferweg vorgestellt. Auch Hans Ulrich Willi, einer der Einfamilienhausbesitzer im Quartier, hat es sich angesehen. Sein Haus liegt direkt hinter den Uferweg-Blöcken. Das Wohnzimmerfenster im ersten Stock bietet Aussicht auf das Burgdorfer Schloss. Auf dieser Seite der Emme, aus der Distanz, scheint es mächtiger als sonst. An der Modellvernissage erfuhr Willi, dass zwischen seinem Haus und dem Neubau ein Park mit darunter liegender Garage angelegt werden soll. Willi rührt aufgeregt in seiner Kaffeetasse: "Wir dürfen nur mitbestimmen, welche Baumsorten gepflanzt werden. Das ist doch lächerlich. Wir Quartierbewohner werden vor vollendete Tatsachen gestellt. Das ist nicht mein Verständnis von Demokratie."

 Für Baudirektor Martin Kolb ist der neue Park jedoch der eigentliche Trumpf des Neubauprojektes. "Durch den Park entsteht mehr Grünfläche. Dieses Naherholungsgebiet in unmittelbarer Nähe zur Emme ist der eigentliche Mehrwert für alle Gyrischachenbewohner."

 Langsam formiert sich Widerstand

 Baudirektor Kolb weiss aber auch, dass durch den Abriss der Uferweg-Blöcke günstiger Wohnraum verschwindet. "Heute rächt sich, dass vor zwanzig oder dreissig Jahren in Burgdorf kaum gebaut wurde." Diese Blöcke wären heute billige Mietwohnungen. "Nicht jeder Mieter wird auf die Sozialdirektion angewiesen sein, um eine neue Wohnung zu finden. Aber es wird einige Härtefälle geben." Die Stadt und die Previs seien sich ihrer Verantwortung bewusst. Doch es sei noch zu früh, um einen genauen Plan auszuarbeiten. "Wir hoffen, dass einige Mieter eine Wohnung in einem Nachbargebäude finden", sagt Kolb.

 Mit dem Neubau soll es frühestens in drei bis vier Jahren losgehen, wenn die Uferweg-Parzellen umgezont sind und achtstöckig gebaut werden kann. Aber langsam formiert sich Widerstand. Einige QuartierbewohnerInnen, zu denen auch Hans Ulrich Willi gehört, haben sich in der IG Uferweg zusammengeschlossen. Gemeinsam wollen sie die Bevölkerung auf die Pläne der Stadt und der Previs aufmerksam machen. "Die meisten Leute sind kaum informiert. Wir wollen verhindern, dass sie erst merken, was geschieht, wenn die Bauprofile schon stehen", sagt Willi. Die IG Uferweg könne nicht verstehen, warum mit den Blöcken sozial verträglicher Wohnraum verschwinden müsse, warum die jetzigen Blöcke nicht saniert werden können. "Der Neubau gleicht einem Riegel, der die Sicht auf die Zähringerstadt verbaut. Wir wollen keine Zonenplanänderung - und keinen achtstöckigen Neubau."

 Auch die SP der Stadt Burgdorf hat gehört, dass am Uferweg günstiger Wohnraum abgerissen werden soll. Stadtrat Nadaw Penner wuchs im Gyrischachen auf und kennt die Situa tion der Leute. Gegen das Neubauprojekt an sich hat er kaum Einwände. "Es handelt sich ja um eine Zone mit Planungspflicht, das heisst, es müssen verschiedene Vorschriften eingehalten werden, beispielsweise der Minergie-Standard. Zudem dürfen keine Luxus wohnungen gebaut werden." Noch sind die Mietpreise für die neuen Wohnungen nicht berechnet. "Erfahrungsgemäss wird eine Dreizimmerwohnung zwischen 1500 und 2000 Franken kos­ten", sagt Jürg Thomet von der Previs. Für die jetzigen BewohnerInnen unbezahlbare Mieten. Genau diese Entwicklung macht Stadtrat Nadaw Penner Sorgen: "Meine Befürchtung ist, dass das Projekt nicht die Durchmischung der gesellschaftlichen Schichten im Gyrischachen vorantreibt, sondern das Quartier in einen reicheren und einen ärmeren Teil spaltet."

 Jetzt muss aber erst einmal umgezont werden. Der Burgdorfer Gemeinderat hat das Neubauprojekt zur Mitwirkung öffentlich aufgelegt. "Jeder Burgdorfer kann daran teilnehmen. Grundsätzlich kann man alles wünschen. Danach werden die Eingaben mit der Bauordnung und den Wünschen der Previs als Bauherrin abgeglichen", sagt Baudirektor Martin Kolb. Die SP will laut Stadtrat Nadaw Penner bald auf die GyrischachenbewohnerInnen zugehen und ihre Anliegen vertreten. Langfristig müsse aber eine Stadtentwicklungsstrategie ausgearbeitet werden, die den Bedürfnissen an günstigem Wohnraum gerecht werde. "Wir müssen Vorstösse erarbeiten, die die Stadt zur Schaffung, Erhaltung und Förderung von güns tigem Wohnraum verpflichten."

 Wenig Hoffnung

 Frieda Zingg verbringt die Tage meist zu Hause. Dann strickt sie oder sieht fern. Mit der Lupe studiert sie das Fernsehheftchen. Im Gyrischachen ist es nachmittäglich ruhig. Die Sonne scheint durchs Wohnzimmerfenster auf die sorgfältig zusammengelegte Strickdecke auf dem Sofa. Frieda Zingg und ihre NachbarInnen sind unsicher, wie es weitergehen soll. "Was sollen wir auch tun? Ändern können wir sowieso nichts." Am jüngsten Orientierungs­abend gab es zu wenig Stühle - und zu wenig Informationen darüber, wann genau sie ausziehen müssen. Frieda Zingg hat sich vorsorglich im Altersheim angemeldet. Nächstes Jahr wird sie neunzig Jahre alt. "Ich hoffe, ich sterbe, bevor ich ausziehen muss."

 Sonja Mühlemann ist Studentin im Masterstudiengang Journalismus an der Schweizer Journalistenschule MAZ.

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ANTIREP AARAU
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Indymedia 31.3.10

Solianlass für die Aarauer Aktivisten am 10. April in Genf ::

AutorIn : Action Autonome  |  übersetzt von : der Wind         

Wir organisieren diesen Abend zur Unterstützung im Rahmen der Solidaritätsbewegung, die entstanden ist nach der Verhaftung und der schweren Zeit im Knast von Ivo und Philipp, zwei Aktivisten, die bis zu drei Jahren Gefängnis riskieren wegen Brandstiftung, Gefährdung von Leben und Sachbeschädigung, obwohl ihre Schuld nicht klar erwiesen ist.

Flyer:
http://ch.indymedia.org/images/2010/03/74684.jpg

SOIRÉE DE SOUTIEN AUX ACTIVISTES D AARAU
SAMEDI 10 AVRIL
AU MOLOKO (USINE)
ENTREE PRIX LIBRE DES 20H

SOUND OF DA POLICE (DJ HIPHOP, GE)
SKYZOMINUS (RAP, FR)
BANZAI (PUNK, JU)

BAR A SHOTS ET PINATA
UNE ETOILE MERCEDES = UNE BIERE GRATUITE

Am 14. November 2009 wurden unsere anarchistischen Freunde Philipp und Ivo von der Spezialeinheit der Aargauer Polizei verhaftet. Das Kommando brach die Tür zum Haus der Eltern von Philipp gegen fünf Uhr morgens auf. Während der Verhaftung wurden beide mit Schusswaffen bedroht. Die Polizei erlaubte sich ein derartiges Aufgebot, weil die beiden Aktivisten von der Polizei gesehen und identifiziert wurden, während sie durch das damals stark überwachte Zelgliquartier liefen. Tatsächlich wurden seit Mai sieben Luxus- und ein Polizeiauto angezündet und etliche Tags angebracht (bei einem Sachschaden von 250 000 Fr. für die Brände und 100 000 Fr. für die Graffitis).
Angeklagt wegen Sachbeschädigung und mehreren Brandstiftungen (davon zwei mit Gefährdung von Leben) wurden sie in Gewahrsam genommen (einer im Kantonsgericht und der andere im Posten der KAPO), wobei der Untersuchungsrichter und die Kantonspolizei alles taten, um ihnen das Leben schwer zu machen. Am 30. Dezember, nach mehr als einem Monat (seit dem 14. Nov.), wurden sie schliesslich aus der Untersuchungshaft entlassen. Sie gaben ihre Verantwortung für den letzten Brand zu, sind aber trotzdem von Staatsanwalt wegen fünf weiteren angeklagt, ohne Beweise.

Um sie dazu zu bringen, zu gestehen, wurde ihnen das Leben in der (schon langen) Haftzeit so schwer wie möglich gemacht: Trennung und Isolation, um jegliche Kollusionsgefahr zu vermeiden, nur eine halbe Stunde Besuchszeit pro Woche, höchstens 30 Minuten Spaziergang täglich, Zurückhaltung von Briefen, die die beiden Gefangenen während drei Wochen abschichten und erhielten, sowie die absichtliche Nichtbeachtung der veganen Überzeugungen von einem der beiden Angeklagten. Zudem zählt der Untersuchungsrichter Gautschi (SVP), der für das Dossier verantwortlich ist, zum Freundes- oder Kollegenkreis von einigen der Geschädigten der Brände. Die Untersuchungen werden diesen Sommer abgeschlossen sein und der Prozess wird nächsten Winter stattfinden.

Organisieren wir die Solidarität!

Ein Mercedesstern = ein Freibier

Im Moloko, Usine, 4, Place des Volontaires, Genf

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BINZ ZH
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20 Minuten 1.4.10

Wegweiser

 Zahlreiche Wegweiser mit der Aufschrift "Binz" sind diese Woche in der Stadt Zürich installiert worden - und weisen in alle möglichen Richtungen. Hinter der Aktion steckt die "Familie Schoch", die ein Fabrikareal in der Binz besetzt: "Die Wegweiser zeigen mögliche Orte an, an denen widerständige und alternative Lebensformen jederzeit entstehen können", so die "Schochs".

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CLUB-LEBEN
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Thuner Tagblatt 1.4.10

"Mokka" Thun

 Sicherheitskonzept wird erarbeitet

 Nach der brutalen Schlägerei: Die Stadt erarbeitet ein Sicherheitskonzept für den Ausgangsperimeter rund ums "Mokka".

 Die brutale Schlägerei vom 27.Februar im Café Mokka hat eine Aussprache zum Thema Gewalt in diesem Ausgangsperimeter mit sich gezogen (wir berichteten). Die Beteiligten, darunter "Mokka"-Betreiber Pädu Anliker, Fachpersonen aus den Direktionen von Gemeinderätin Ursula Haller (Bildung und Entwicklung) und Gemeinderat Peter Siegenthaler (Sicherheit) sowie die Polizei, haben beschlossen, dass nun ein Sicherheitskonzept ausgearbeitet wird. Dieses soll im Juni, also vor dem Start der Sommersaison vorliegen. Danach werden erste Entscheide über notwendige Massnahmen gefällt.

 Bald ein Security-Dienst?

 "Nebst anderen Bereichen stehen die Fragen rund um Sicherheit und Security-Dienst im Zentrum", sagt Ursula Haller auf Anfrage. Dies betreffe den Perimeter zwischen "Alpenrösli", "Mokka", Notschlafstelle, Hegebe (Zentrum für heroingestützte Behandlung) und Ratteloch-Bar am Rex-Kreisel. "Diese Institutionen befinden sich zwischen den neuen Selve- und Emmi-Überbauungen mit ‹Puls Thun› und ‹Rex Thun› in einem künftig noch sensibleren Bereich", ergänzt Haller als Sprecherin der Beteiligten. Die Finanzierung sei auch Teil der Abklärungen. "Doch allen ist klar, dass ein allfälliger Securitydienst keine neuen Kredite seitens der öffentlichen Hand auslösen dürfen."

 Schliessung kein Thema

 Als weitere Massnahme werden Gespräche und Aussprachen zwischen dem "Mokka"-Betreiber und dem "Alpenrösli"-Wirt initiiert, um auch dort eine Beruhigung zu erwirken. Hingegen sei eine Schliessung des Café Mokka als Folge der Schlägerei kein Thema. "Denn", betont Haller, "Gewalt ist kein ‹Mokka›- oder Thun-spezifisches Problem, sondern hat leider mit der zunehmenden Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft zu tun."

 Franziska Streun

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20 Minuten 1.4.10

Secondo-Partei plant Bericht über die gefährlichsten Clubs

 BERN. Nach rassistischen Einlasskontrollen und Gewaltexzessen in und vor Clubs handelt Second@s Plus: Via Website sammelt die Partei Vorfälle - und erstellt einen Bericht über die gefährlichsten Clubs der Schweiz.

 Der Tod von Michi R. (17) vor dem Zürcher Club Q vor gut zwei Wochen war der tragische Höhepunkt einer langen Liste von Gewalttaten im Nachtleben. Und er brachte das Fass für die Partei Second@s Plus zum Überlaufen. "Wir fordern, dass die Betreiber vermehrt in die Pflicht genommen werden, dass sie sich darum kümmern, was sich in und auf dem Areal des Clubs ereignet", sagt Vizepräsident Ivica Petrušic. Deshalb wurde heute die Website http://www.fair-clubbing.ch aufgeschaltet. Personen aus der ganzen Schweiz sollen darauf in allen Details berichten, in welcher Lokalität es zu Gewalttätigkeiten kommt. Auch diskriminierende Einlassverweigerungen sollen Betroffene rapportieren. "Wir werden all diese Meldungen sammeln, anonymisieren, den Wahrheitsgehalt prüfen und die Vorfälle in einer Liste und einem Bericht zuhanden der Kantonsregierungen zusammenfassen", so Petrušic. Die friedlichen und fairen Clubs würden mit einem Fair-Clubbing-Award ausgezeichnet.

 Die geplante Gewalt- und Rassismusliste ist im beschränkten Rahmen ein Ersatz für die so genannte Crime-Map, die alle Delikte erfasst, räumlich zuordnet und via Karte visualisiert. Sie ist in Grossstädten inzwischen Standard, Schweizer Kantone verzichten jedoch auf deren Erstellung - oder wie etwa die Stadt Zürich auf deren Veröffentlichung.

 "Wir werden die Infos auf der Website mit Interesse verfolgen", sagt Stapo-Medienchef Marco Cortesi. Es werde für die Betreiber aber schwierig sein, die geschilderten Vorfälle ohne polizeiliche Abklärungen richtig einordnen zu können.  

Nico Menzato

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RAUCHVEBOT
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Sonntag 4.4.10

Muotathal

 In der "Höll" wird geraucht

Von Andrea Schelbert

 Bruno Suter aus Muotathal stellt sich quer gegen ein "sinnloses, einfältiges Gesetz". Dies, obwohl er mitten im Wahlkampf steht.

 Das neue Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen freut nicht alle Wirte: "In meinem Betrieb wird bis auf weiteres ohne Bewilligung geraucht", sagt Bruno Suter. Erstaunlich dabei: Der 59-jährige Wirt des Restaurants Hölloch in Muotathal kandidiert zum vierten Mal für einen Sitz im Regierungsrat - für die unabhängige Mehrheitsparty.

 Das Bundesgesetz, das am 1. Mai in Kraft tritt, sieht ein Rauchverbot in geschlossenen Räumen vor, die öffentlich zugänglich sind oder mehreren Personen als Arbeitsplatz dienen.

 "Blödsinn"

 Suters "Höll", wie die Muotathaler die Beiz nennen, dürfte problemlos ein Raucherlokal bleiben. Das Restaurant hat eine Fläche von knapp 70 Quadratmetern. Und kleinere Restaurants, deren Gesamtfläche höchstens 80 Quadratmeter beträgt, können eine Bewilligung als Raucherlokal beantragen. Doch dagegen sträubt sich Suter. "Ich verstehe nicht, dass man wegen einem Blödsinn ein paar Betriebe opfert." Von seinem Servicepersonal hat er zwar die Einwilligung für ein Raucherlokal eingeholt. Nicht aber von der Gemeinde, bei der er eine Bewilligung beantragen müsste. "Mein Betrieb wird als Raucherbetrieb gekennzeichnet", stellt er klar.

 Man könnte auf den ersten Blick meinen, sein Verhalten entspräche einer ausgeklügelten Wahlkampf-Taktik. Doch dem ist nicht so: Suter hat bereits am 14. Mai 2009 einen eigenen Gesetzesentwurf zur Raucherthematik geschrieben. Und im Dezember 2009 diskutierte er darüber mit mehreren Regierungsräten. Damals war noch nicht bekannt, dass im Kanton Schwyz Erneuerungswahlen stattfinden werden.

 Warum also kämpft der Mann, der von den Medien etwa als "Behördenschreck" oder "Querdenker" bezeichnet wird, so konsequent gegen das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen? "Ich tue das aus Solidarität mit Betrieben, deren Räume zu gross sind und die nicht die Möglichkeit haben, einen Teil ihrer Lokalität mit Raucherabteilen auszustatten." Der Regierungsratskandidat nennt das neue Gesetz "sinnlos und einfältig. Die Schwyzer Regierung hätte den Mut haben sollen, noch zwei Jahre mit dem Vollzug zuzuwarten". Vier Regierungsräte hätten ihm persönlich gesagt, dass die getroffene Lösung unbefriedigend sei. "Das hat die Regierung aber nicht daran gehindert, sich für die schlechteste aller Möglichkeiten zu entscheiden." Suter würde ein absolutes Rauchverbot widerstandslos akzeptieren. "Es stört mich aber, dass man in einem Restaurant rauchen darf und in einem anderen nicht."

 "Polizei ist zuständig"

 Was passiert ab dem 1. Mai mit Wirten wie Bruno Suter? "Sie werden kontrolliert. Es ist Sache der Polizei, wie man damit umgeht", sagt Irene Truttmann vom kantonalen Arbeitsinspektorat. Es könne natürlich auch vorkommen, dass einer der Gäste reklamiere und Anzeige erstatte. "Auch in diesem Fall ist die Polizei zuständig."

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20 Minuten 1.4.10

Raucherclubs: Bund spielt nicht mit

 BASEL. Die Pläne des Vereins Fümoar gehen zum Teil in Rauch auf: In Club-Wirtschaften darf gemäss Bundesgesetz nur eine Person arbeiten.

 Weiterrauchen in Cafés und Beizen ist ab heute nur noch in zwei Ausnahmefällen möglich. Einige Betriebe haben sich für die Option unbedientes Fumoir entschieden - wie viele ist unklar. "Wir haben zwölf Baugesuche erhalten - der grosse Renner sind Fumoirs bei den Wirten nicht", sagt Nadja Bloch vom Bauinspektorat. Die zweite Möglichkeit ist, das Lokal in einen Raucherverein zu verwandeln. Gemäss kantonalem Gesetz ist dies einfach - wenn am 1. Mai aber das Bundesgesetz greift, wirds heikel: Dann darf der Raum nur noch einer Person als Arbeitsplatz dienen, so das Bauinspektorat.

 Grösseren Lokalen, die sich dem Verein Fümoar angeschlossen haben, macht dieser Passus ein Strich durch die Rechnung. Fümoar-Sekretär Thierry Julliard widerspricht: "Die haben etwas falsch zusammengestückelt - was das Personal betrifft, sehe ich überhaupt kein Problem." Das Bundesgesetz beinhalte eine Ausnahme bei Zustimmung der Angestellten - dies gelte auch in Basel-Stadt. Das glaubt auch Jurist André Auderset, nach dessen Idee sieben kleine Baizen zu unabhängigen Rauchervereinen wurden. Das Bauinspektorat hatte bislang noch keinen Kontakt mit den Fümoar-Initianten, kündigte aber an, das Vereinsvorgehen "zu gegebener Zeit" zu überprüfen.  

Anna Luethi

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 Auch Rauchern drohen Bussen

 BASEL. Sich nicht ans Rauchverbot zu halten, kann teuer werden: Wirten drohen kostenpflichtige Verwarnungen bis zu 1000 Franken und im Extremfall der Entzug der Betriebsbewilligung. Zudem riskieren illegal rauchende Personen nach Bundesrecht - also ab 1. Mai - eine Busse von bis zu 1000 Franken. Kontrollen soll die Polizei im Zuge von ohnehin notwendigen Polizeieinsätzen durchführen, spezifische Raucherkontrollen soll es laut Polizeisprecher aber nicht geben.

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Nur wenige Wirte bauen Fumoirs

 ZÜRICH. In genau einem Monat wird das Rauchen in Bars und Restaurants landesweit verboten. Die Mehrheit der Lokale im Kanton Zürich wird wohl ganz rauchfrei werden und die Raucher vor die Tür schicken. In der Stadt Zürich seien nur wenige Gesuche für den Bau eines Fumoirs eingereicht worden, so eine Sprecherin des Hochbaudepartements. Genaue Zahlen kann sie wegen der dezentralen Erfassung nicht nennen. In Winterthur erhielt das Baudepartement gerade mal 15 Gesuche - obwohl die Stadt rund 200 Bars, Restaurants und Clubs zählt. Ernst Bachmann, Präsident von Gastro Zürich, sagt: "Viele Wirte schicken die Raucher diesen Sommer nach draussen - ein teures Fumoir kann man auch später noch bauen." Viele Wirte würden zudem einen separaten Raum mit Lüftung zum Fumoir umbauen - dafür müsse man die Stadt ja nicht um Erlaubnis fragen.

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BILLAG
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Bund 1.4.10

Gewerbeverband empfiehlt Hausverbot und Boykott der Billag

 Der Gewerbeverband rät seinen Mitgliedern, Radio- und Fernsehgeräte aus den Betrieben zu entfernen und Billag-Angestellte nicht ins Haus zu lassen.

 Hans Galli

 Seit dem vergangenen Herbst herrscht im Gewerbe Unmut. Auslöser war ein Brief, den die Billag an 110 000 Betriebe verschickt hat. Darin macht sie die Gewerbetreibenden darauf aufmerksam, dass sie Radio- und Fernsehgebühren zahlen müssen, falls solche Geräte in ihren Betrieben stehen.

 Der Schweizerische Gewerbeverband hat an der gestrigen Jahresmedienkonferenz grobes Geschütz aufgefahren. Er empfiehlt seinen Mitgliedern, ein Hausverbot gegen die Mitarbeiter der Gebühreneintreiberin Billag zu erlassen. Gleichzeitig ruft der Verband jene Gewerbler, welche bisher die Konzession bezahlt haben, zum Boykott der Billag auf. Zu diesem Zweck hat er im Internet einen Musterbrief aufgeschaltet. Darin steht unter anderem: "Das Vorgehen der Billag gegen die kleineren und mittleren Unternehmungen (KMU) einerseits und die im Vergleich zum Ausland klar überteuerten Gebühren andererseits haben uns bewogen, sämtliche Geräte im Betrieb zu entfernen. Damit sind wir nach Artikel 68 Absatz 5 des Radio- und TV-Gesetzes (RTVG) von der Gebührenpflicht befreit."

 Falls die Billag überprüfen wolle, ob die Geräte tatsächlich verschwunden seien, gelte selbstverständlich das Hausverbot, betont der Gewerbeverband. Wenn sich ein Inspektor nicht daran halte, soll er wegen Hausfriedensbruch angezeigt werden.

 Die Billag beschäftige keine Inspektoren, sondern Aussendienstmitarbeiter, sagt Billag-Sprecher Jonny Kopp. Ihre Aufgabe sei die Information. Sie seien angewiesen, Privatpersonen und Betriebsinhaber auf die Pflicht aufmerksam zu machen, sich bei der Billag anzumelden. Die Mitarbeiter hätten dagegen kein Recht, ohne ausdrückliche Einladung eine Wohnung oder ein Betriebsareal zu betreten. Das vom Gewerbeverband lancierte Zutrittsverbot sei somit überhaupt nicht nötig.

 Hausdurchsuchung droht

 Beim begründeten Verdacht, dass jemand ohne Konzession ein Radio- oder Fernsehgerät benütze, erstatte die Billag Meldung an das Bundesamt für Kommunikation (Bakom), betont Kopp. Der Gewerbetreibende, welcher der Billag den Zutritt verwehrt, riskiert deshalb schärfere Massnahmen. Im Gegensatz zur Billag darf das Bakom Zwangsmassnahmen wie beispielsweise Hausdurchsuchungen in Polizeibegleitung durchführen, wie Bakom-Sprecher Roberto Rivola bestätigt.

 In einem Punkt ist man sich offensichtlich nähergekommen: Gemäss Gesetz muss jemand unbezahlte Gebühren während maximal fünf Jahren nachzahlen. Laut Gewerbeverband hat Billag-Präsident Werner Marti zugesichert, dass die Gebühr maximal ab dem 1. Januar 2009 nachgezahlt werden müsse. Auch das Bakom als Aufsichtsbehörde habe der Billag empfohlen, sich kulant zu zeigen, wenn sich ein Betrieb neu anmelde: Die Gebühr soll erst ab dem Anmeldedatum verrechnet werden, sagt Bakom-Sprecher Rivola.

 Mit ihrem Brief vom vergangenen Herbst habe die Billag eine Bestimmung des am 1. April 2007 in Kraft getretenen neuen Radio- und Fernsehgesetzes umgesetzt, sagt Billag-Sprecher Kopp. Demnach wird zwischen gewerblichem und kommerziellem Empfang unterschieden. Gewerblich bedeutet, dass das Radio- und Fernsehgerät nur in den Produktionsräumen steht und dort nur von den Mitarbeitenden genutzt wird. Kommerziell ist der Empfang dann, wenn das Radiogerät beim Coiffeur die Kunden mit Musik berieselt, wenn das Fernsehgerät im Restaurant steht oder wenn die Hotelgäste Radio- und Fernsehsendungen nutzen können.

 Der Gewerbeverband argumentiert, der Betriebsinhaber zahle die Gebühr bereits für den privaten Anschluss in seiner Wohnung. Er dürfe nicht doppelt zur Kasse gebeten werden.

 Laut Gesetz muss er dann nicht zweimal bezahlen, wenn er beispielsweise als Goldschmied allein in seinem Atelier arbeitet. Sobald er aber Angestellte beschäftigt oder Kunden empfängt, schuldet er die Gebühr für gewerbliche oder kommerzielle Nutzung.

 Der Gewerbeverband strebt jedoch an, dass die Konzessionsgebühren für gewerbliche Nutzung ganz aufgehoben werden. Das bedinge allerdings eine Gesetzesänderung, räumt Gewerbeverbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler ein.

 Der Protest des Gewerbeverbands hängt mit der politischen Diskussion um die Radio- und Fernsehgebühren zusammen. Der Bundesrat schlägt in einem Bericht eine geräteunabhängige Abgabe vor. Damit trägt er dem Umstand Rechnung, dass Radio- und Fernsehsendungen heute auch mit dem Computer empfangen werden können.

 Gesetz wird überarbeitet

 Gestützt auf den Bundesratsbericht hat die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats am 23. Februar eine Motion angenommen. Sie fordert darin, dass grundsätzlich alle Betriebe und alle Haushalte die Konzessionsgebühr entrichten. Der Bundesrat soll aber Vorschläge unterbreiten, welche Personen und Betriebe aus sozialpolitischen oder andern Gründen von der Abgabe zu befreien seien. Der Gewerbeverband macht Druck in der Hoffnung, dass die Gewerbebetriebe befreit werden.

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 Neue Gewerbezeitung

 Wie bei der Billag äussert sich der Gewerbeverband auch bei andern politischen Themen in jüngster Zeit sehr pointiert. Künftig kann er seine Meinungen noch breiter streuen: Die "Schweizerische Gewerbezeitung" wird ab Freitag, 9. April, jede Woche allen Mitgliedern zugestellt. Bisher musste sie abonniert werden. Die Auflage der deutschen Ausgabe steigt von 15 000 auf 100 000 Exemplare. Jene der französischsprachigen Ausgabe wird von 8000 auf 50 000 Exemplare erhöht. (-ll-)

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DELTA SECURITY
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Bund 3.4.10

Ein verkappter Hooligan im Sicherheitsdienst

 Als Delta-Angestellter benutzte er Schlagstöcke gegen Fussballfans und prahlte damit auf Facebook. Das wurde ihm zum Verhängnis, die Sicherheitsfirma hat ihn diese Woche entlassen.

 Von Dario Venutti

 Eigentlich wäre Reto Steiner* für die Sicherheit in Fussballstadien zuständig gewesen. Als Mitglied der Delta-Elitetruppe Advanced Team wurde er für so genannte Hochrisikospiele aufgeboten. Zum eigenen Schutz trug er einen Panzer und Helm und durfte Pfefferspray einsetzen. Mit Bewilligung der Polizei konnte er sich auch vermummen.

 Doch Steiner freute sich vor allem, wenn es knallte. Wenn er beispielsweise mit seinem Teleskopschlagstock, auch "Totschläger" genannt, dreinschlug. Das zeigt ein Eintrag auf seinem (jetzt gelöschten) Facebook-Profil, den der "Blick" diese Woche veröffentlichte: "Danke Jungs. Hat mal wieder richtig Spass gemacht mit euch", schrieb Steiner am Tag nach dem Fussballspiel FC St. Gallen gegen FC Basel am 20. März.

 Vor dem Match war es beim Stadioneingang zu einem heftigen Einsatz der Deltas gegen Basler Fans gekommen, die pyrotechnisches Material ins Stadion schmuggelten und sich bei der Kontrolle mit Gewalt wehrten. Die Bilanz unter den Anhängern: Zahlreiche Rissquetsch- und Platzwunden am Kopf, blutüberströmte T-Shirts, zehn Verhaftete. Von den Sicherheitskräften wurde niemand verletzt. "Am (nächsten, Anm. d. Red.) Samstag ficken wir die Inzuchtbuben vom Rhein gleich nochmals", schrieb Steiner.

 Das ist ihm jetzt zum Verhängnis geworden, wie Recherchen des "Tages-Anzeigers" ergeben haben. Die Firma Delta hat ihn am Mittwoch entlassen: Nicht wegen seines harten Vorgehens, sondern wegen der Einträge auf Facebook. "Sein Handeln widerspricht aufs Schärfste unseren Weisungen bezüglich Verschwiegenheit und Benehmen ausserhalb von Delta-Einsätzen", sagt Markus Biedermann, CEO des Sicherheitsdienstes.

 Dem TA liegen Dokumente vor, die belegen, dass Steiner mindestens dreimal hart dreinschlug und sich damit auf Facebook brüstete. Den Fans aus der Südkurve des FC Zürich drohte er einmal: "Wer Wind sät, wird Sturm ernten! Wir kriegen euch alle!!" Und er war nicht allein: An den Prahlereien auf Facebook beteiligten sich drei weitere und ein früherer Delta-Angestellter.

 Nachdem er durch einen von ihnen von einem harten Einsatz erfahren hatte, an dem er selber nicht beteiligt war, schrieb er zurück: "Jo has ghört! Mal gucken dass die do im Mittelland chöme cho spiele. De chani au mitchriege." Die drei andern Delta-Angestellten sind "disziplinarisch zur Rechenschaft gezogen worden", so CEO Biedermann. Wie, wollte er nicht sagen.

 Muskeln und Gewalt

 In Steiners Leben dreht sich vieles um Muskeln und Gewalt. Der 29-Jährige nimmt an Wettkämpfen von Strongman teil: einem Kraftsport, bei dem 150Kilo schwere Steine gehoben, Lastwagen mit Seilen gezogen oder Lastwagenpneus gerollt werden. Und Steiner mag Filme über Auftragskiller ("Crank"), Hooligans ("Rise of the Footsoldiers") und über Kriege. Er bevorzugt Kleider der Marke Stone Island, die bei Hooligans und Neonazis beliebt ist. Der frühere Delta-Angestellte ist ein Kunde von Thor Steinar, ebenfalls eine Kleidermarke, die gerne von Faschisten getragen wird.

 Ob Steiner ein Doppelleben als Delta-angestellter und Hooligan geführt hat, ist unklar. Sicher ist, dass er sich als Letzterer gebärdet hat und deren Sprache spricht: Steiner bezeichnet sich als "gepflegt-arrogant". Der Ausdruck ist eine Selbstcharakterisierung von Hooligans und meint hohe Gewaltbereitschaft bei gleichzeitig gepflegtem Auftreten in Markenkleidern.

 Auf seinem Facebook-Profil veröffentlichte Steiner das Bild einer bewaffneten und vermummten Gruppe, die wie eine Antiterroreinheit aussieht. Darunter stand: "Wir machen auch Hausbesuche." Der Satz ist als Drohung zu verstehen und wird von verschiedenen subkulturellen Gruppierungen benutzt, auch von Hooligans. Gemeint ist Selbstjustiz.

 "Korrekt verhalten"

Delta-CEO Markus Biedermann wollte sich zur Frage, wie Reto Steiner den Sprung in die Eliteeinheit Advanced Team geschafft hatte, nicht äussern. Das sei eine firmeninterne Angelegenheit. Ob Delta-Mitarbeiter ausserdem auch an den letztjährigen 1. Mai-Ausschreitungen zwischen Linken und Hooligans beteiligt waren, will er untersuchen lassen.

 Für den St. Galler Staatsanwalt Thomas Hansjakob ändern die bislang unbekannten Informationen über Steiner und die anderen drei Delta-Angestellten nichts an seiner Einschätzung zu deren Einsatz vor dem Spiel FC St. Gallen gegen Basel. "Aufgrund dessen, was ich gesehen habe, haben sich die Deltas nichts zuschulden kommen lassen." Wolfram Manner, Geschäftsleiter des Verbandes der privaten Sicherheitsfirmen (VSSU), deren Mitglied auch die Delta ist, bezweifelt das. Der Verband überlege sich, eine Untersuchung gegen Delta einzuleiten. * Name der Redaktion bekannt

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WoZ 1.4.10

Delta Security - Ein Mitarbeiter der Sicherheitsfirma prahlt, wie er Fussballfans verdrischt. Das wirft Fragen auf.

Prügler mit Halstuch

Von Carlos Hanimann

 Sie sind schwarz gekleidet, tragen Schutzpanzer, Helme, Schlagstöcke und Pfefferspray. Wenn es im Stadion knallt, sind sie sofort zur Stelle: die Eingreiftruppe der Thurgauer Sicherheitsfirma Delta Security, in mehreren Schweizer Stadien für die Sicherheit zuständig. In Fankreisen haben die Deltas einen zweifelhaften Ruf: "Schlägertruppe" und "Rambos" nennt man sie. Die se Woche wurde der Eindruck bestätigt. Der "Blick" schrieb über den "gefährlichsten Sicherheitsmann der Schweiz" - einen Delta-Mann, der nach den Ausein andersetzungen zwischen Basler Fans und Sicherheitskräften vom 21. März in St. Gallen auf Facebook prahlte: "Den Hurensöhnen haben wir es gegeben." Dann rief er dazu auf, "die Inzuchtbuben vom Rhein" beim nächsten Spiel in Sion gleich nochmals zu "ficken". Auf seinem Facebook-Profil bezeichnet er sich als "gepflegt arrogant", eine Anspielung auf eine gleichnamige Hooligan-Website.

 "Energische Deltas"

 Vor zwei Wochen versuchten Basler Anhänger in St. Gallen Feuerwerk ins Stadion zu schmuggeln. Zehn Personen wurden verhaftet. Dabei kam es zu einer Schlägerei zwischen Fans und Securitas-Mitarbeitern. Dann griffen die Deltas ein. Die Basler beklagten sich später über die Brutalität der Deltas. Laut dem Fanprojekt Fanarbeit Basel gab es mehrere Verletzte, sämtliche Kameras und Handys wurden vorübergehend eingezogen, die Fotos und Videos gelöscht.

Thomas Hansjakob, Erster Staatsanwalt in St. Gallen, äusserte sich daraufhin in der WOZ Nr. 12/10 zu den Ausschreitungen und seiner Erfindung: den Schnellverfahren gegen Hooligans. Wirft die Tatsache, dass sich jetzt ein Delta-Mann im Internet rühmt, Basler verdroschen zu haben, ein eues Licht auf die Vorfälle in St. Gallen? "Es ist zwar ein offenes Geheimnis, dass die Deltas relativ energisch eingreifen", sagt Hansjakob. Allerdings sei es in St. Gallen nicht um die Deltas, sondern um Securitas gegangen. "Die Deltas griffen erst ein, als die Securitas-Leute schon angegriffen worden waren."

 Vermummung als Schutz

 Dennoch stellen sich nach den neuen Erkenntnissen über den Prügel-Delta Fragen zur Rolle privater Sicherheitsfirmen: Welche Kompetenzen haben sie? Sind sie - wie gesetzlich vorgeschrie­ben - klar von der Polizei zu unterscheiden? Und: Warum treten sie vermummt auf? Beim besagten Spiel trugen laut verschiedenen Quellen mehrere Delta-Mitarbeiter Sturmhauben und schwarze Tücher im Gesicht. Nicht zum ersten Mal - und dies obwohl in St. Gallen ein Vermummungsverbot gilt; der Verstoss dagegen ist ein Offizialdelikt. Staatsanwalt Hansjakob wehrt ab. Es gehe nicht um den Wortlaut, sondern um Sinn und Zweck des Gesetzes. Und dieses ziele auf Leute, die sich vermummten, um unerkannt zu randalieren. Er hat Verständnis für die Deltas. "Einige Ultras versuchen mit zerbrochenen Plastikfahnenstangen in den vom Helmvisier ungeschützten Halsbereich zu stechen. Da kann ich verstehen, dass sich die Deltas mit einem Tuch um den Hals schützen wollen."

 Die Delta Security war bis zum Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

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BIG BROTHER SPORT
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Basellandschaftliche Zeitung 1.4.10

FCB zahlt für ausserkantonale Polizisten

 Wenn die Polizei bei Heimspielen des FCB Hilfe aus den Nachbarkantonen anfordert, zahlt der FCB die Rechnung

 Bei der Partie gegen Sion von heute Abend kommt die Basler Polizei ohne Unterstützung aus.

 Reto Anklin

 Das massive Polizeiaufgebot am vergangenen Mittwoch beim Spiel des FCBasel gegen den FC Zürich im St.Jakob-Park hat sich gelohnt. Die befürchteten Krawalle sind ausgeblieben. Aus finanzieller Sicht sieht die Bilanz weniger rosig aus. Und wenn die Polizei wie am letzten Mittwoch gar Unterstützung aus den Nachbarkantonen anfordert, erhält auch der FC Basel eine saftige Rechnung.

 "Die aus dem Konkordat angeforderten Polizeileute kosten 600 Franken pro Mann", sagt Klaus Mannhart, Sprecher der Basler Polizei. Diese Kosten würden dem FC Basel in Rechnung gestellt. Wie teuer der Einsatz der Polizei letzten Mittwoch insgesamt war und wie viele Leute im Einsatz standen, wollte Mannhart gestern nicht sagen. Auch die Polizeisprecher der Kantone Bern und Solothurn geben aus "taktischen Gründen" keine Zahlen bekannt. Für das Spiel von heute Abend gegen Sion hat die Basler Polizei keine Verstärkung angefordert. Dies geschieht gemäss Mannhart nur bei Hochrisikospielen.

 Die Kosten bleiben trotzdem hoch. Wie der Basler Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass letztes Jahr bekannt gab, muss die Polizei bis zu einer Viertelmillion Franken pro Spiel budgetieren. In der Saison 2007/2008 waren es insgesamt 3,394 Millionen Franken. Davon werden dem FCB 16 Prozent in Rechnung gestellt (bz vom 17.4.). Sicherheitsdirektor Gass will den Anteil erhöhen. "Die nächste Sitzung findet diesen Monat statt", sagt Mannhart.

 FCB-Sprecher Josef Zindel zieht eine nationale Regelung vor; mit gleichen Bedingungen für alle Clubs. "Die Young Boys zahlen meines Wissens lediglich einen Pauschalbeitrag von 60000 Franken pro Jahr" sagt Zindel. Der FCB habe hingegen in den letzten zehn Jahren 20 Millionen Franken für Sicherheitsmassnahmen ausgegeben. Zudem verursache der FCB nicht nur Kosten: "Er bietet auch einen Mehrwert für die Wirtschaft der Region und das Wohlbefinden der Bevölkerung."

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 Baselbiet verlangt mehr

 Die Sicherheit rund um das Stadion St. Jakob Park ist Sache der Basler Polizei. Die Heimspiele des FC Basel bescheren aber auch den Baselbieter Kollegen zusätzliche Arbeit. Diese sind für die Sicherheit und Verkehrsführung in den umliegenden Baselbieter Gemeinden Birsfelden, Muttenz und Münchenstein zuständig. Der FC Basel zahlt gemäss einer früheren Angabe der Baselbieter Polizei zwischen 33 und 40 Rappen pro Zuschauer und übernimmt damit fast 42 Prozent der Kosten. (ra)

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BIG BROTHER VIDEO
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NLZ 1.4.10

Videoverordnung

 Ja zu Kameras, nein zu "Big Brother"

Markus Zwyssig

 Der Landrat sagte gestern klar Ja zur Videoverordnung. Die Bedenken von links-grüner Seite fanden aber nur wenig Gehör.

 Da werde mit Kanonen auf Spatzen geschossen, so Alf Arnold Rosenkranz (Grüne Uri, Altdorf). "Studien belegen, dass die Wirkung der Videoüberwachung sehr bescheiden ist." Viel eher sollte man auf Rezepte wie die offene Jugendarbeit setzen, die in Altdorf bereits Früchte getragen habe.

 Alf Arnold war von der Antwort der Regierung auf seine Interpellation nur teilweise befriedigt. Mit seinem Vorstoss wollte er erreichen, dass ein Entscheid des Bundesgerichts über das Zürcher Polizeigesetz bei den Beratungen in Uri mitberücksichtigt wird. Das ist ihm gelungen. Im vergangenen Oktober war die Videoverordnung daher von der Traktandenliste gestrichen worden. "Es war klug vom Landrat, die Verordnung an die Regierung zurückzuweisen, damit diese im Licht des Bundesgerichtsurteils überprüft werden konnte."

 Anträge waren chancenlos

 Im Rahmen der Beratung über die Videoverordnung brachten SP/Grüne Uri gestern verschiedene Anliegen vor. So stellte Toni Moser (SP, Bürglen) den Antrag, Bild- und Tonaufzeichnungen im öffentlichen Register aufzuführen. Der Antrag zur Dokumentationspflicht hatte keine Chance. Ebenso wenig ein Anliegen von Armin Braunwalder (Grüne Uri, Erstfeld) explizit aufzuführen, dass Videoüberwachungen die Ultima Ratio darstellten, wenn andere Schutzmassnahmen nicht den gewünschten Erfolg bringen würden.

 "Die Videoverordnung setzt für die Kantonspolizei und die Gemeindebehörden verbindliche Leitplanken", so Max Clapasson, Präsident der landrätlichen Sicherheitskommission. "Sie schafft rechtliche Voraussetzungen, damit Ruhe, Ordnung und Sicherheit gewährleistet werden können."

 Landrat will informiert werden

 Mit der vorliegenden Verordnung sei der Rahmen, um Missbräuchen vorzubeugen, eng gesteckt, so Toni Brand (SP, Silenen). "Trotzdem erwarten wir, dass der Landrat informiert wird, wer wo wann welche Überwachung angeordnet und aufgestellt hat." Georg Simmen (parteilos, Realp) zeigte sich namens der FDP zufrieden mit den klaren Regeln, die beim Kamera-Einsatz gelten. Alois Zurfluh (CVP, Attinghausen) sprach von einer guten Vorlage. Sensible Fragen (Zuständigkeit, Anordnen und Bearbeiten) seien klar definiert. "Die Herausforderung hat darin bestanden, eine Verordnung zu schaffen, die den Behörden Kompetenzen gibt, aber auch die Privatsphäre der Bevölkerung so gut wie möglich schützt", so Walter Gisler (SVP, Erstfeld). Das sei der Regierung mit der Vorlage gelungen.

 Die Videoverordnung ermöglicht es der Polizei, bei öffentlichen Veranstaltungen und Kundgebungen Bild- und Tonaufnahmen zu machen. Sie darf dies aber nur, wenn klare Anzeichen für strafbare Handlungen bestehen. Somit sind Aufnahmen beispielsweise von einer 1.-August-Feier auf dem Rütli inskünftig auf eine klare Grundlage gestellt. Kantonspolizei und Gemeinden können an öffentlichen Plätzen Videokameras ohne Ton aufstellen. Dies wird möglich, wenn es erforderlich erscheint, um die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten. Denkbar wären Kameras beispielsweise auf dem Altdorfer Lehnplatz. "Wir wollen aber nicht ‹Big Brother› spielen", so Sicherheitsdirektor Josef Dittli. Man halte sich strikt an die strengen Rahmenbedingungen.

 Die Videoverordnung wurde gestern im Landrat - mit wenigen Gegenstimmen und einzelnen Enthaltungen - klar angenommen. Sie unterliegt dem fakultativen Referendum.

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AUSSCHAFFUNGS-TOD
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bleiberecht.ch 4.4.10

Erst ausschaffen, dann identifizieren?!

Dass die Schweiz Zwangsausschaffungen um jeden Preis durchführt, mag nichts wirklich Neues sein. Doch wer es bisher nicht glaubte, bekommt die Bestätigung nun von der NZZ, jedenfalls indirekt: Dort wird nämlich eine Mitteilung des Bundesamts für Migration zitiert. Darin steht, dass der 29-jährige Nigerianer, der kurz vor seiner Zwangsausschaffung gestorben ist (wohl genauer: gestorben wurde), mittlerweile identifiziert ist. Sprich: Man hatte sich offenbar nicht die Mühe gemacht, seine Identität festzustellen, bevor die Zwangsausschaffung angesetzt wurde.

Auch andere Vorgänge rund um das Ausschaffungsgefängnis sind höchst zweifelhaft. So teilte eine Sprecherin des kantonalen Justizvollzuges laut Medienberichten mit, dass der Hungerstreik im Ausschaffungsgefängnis beendet wurde. Was nicht erwähnt wird: Mehrere Häftlinge wurden kurzerhand in andere Gefängnisse verlegt, um den Widerstand zu brechen.

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Landbote 3.4.10

Toter Häftling war nicht der, der er war

 Der Ausschaffungshäftling, der Mitte März starb, hätte unter einer falschen Identität abgeschoben werden sollen.

Zürich/Bern - "Verstorbener Ausschaffungshäftling identifiziert", meldete das Bundesamt für Migration (BFM) am Donnerstag. Die nigerianischen Behörden hätten die entsprechenden Abklärungen vorgenommen und dem BFM Name und Familienzugehörigkeit mitgeteilt. Der Mann war Mitte März auf dem Flughafengelände gestorben. Er hätte mit 15 anderen Ausschaffungshäftlingen nach Nigeria ausgeschafft werden sollen.

 Die Meldung des BFM wirft Fragen auf, denn die Identität des Mannes schien klar. Immerhin schrieb die Kantonspolizei schon in der ersten Mitteilung von einem 29-Jährigen, auf dessen Asylgesuch das BFM nicht eingetreten war.

 Ein BFM-Sprecher erklärt: Der Mann, ein Sans-Papier, hatte bei seinem Asylantrag eine falsche Identität angegeben. Darum hatten die Schweizer Behörden einen falschen Namen registriert. Pikant: Die nigerianische Botschaft bestätigte diese Angaben. Nämlich dann, als die Schweiz Ersatz-Reisepapiere organisierte, wie das vor der Ausschaffung abgewiesener Sans-Papiers üblich ist. Nach dem Tod sei aufgrund von Recherchen von Menschenrechtsorganisationen ein zweiter Name ins Spiel gekommen, so der Sprecher. Dies sei nun definitiv bestätigt. Die nigerianischen Behörden hätten aufgrund von Fotos die wahre Identität herausgefunden.

 Weshalb der Mann starb, ist unklar. Er hatte vor der Rückführung nichts mehr gegessen und sich heftig gegen die Ausschaffung gewehrt. Der Fall beschäftigt nun auch den Regierungsrat. Zwei Kantonsräte reichen einen Vorstoss ein. Darin stellen sie detaillierte Fragen, unter anderem zur Fesselung der Ausschaffungshäftlinge auf Sonderflügen. (flu)

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Zürichsee Zeitung 3.4.10

Flughafen Zürich

 Toter Häftling ist identifiziert

 Der Ausschaffungshäftling, der am 17. März kurz vor der Rückführung nach Nigeria auf dem Gelände des Flughafens Zürich starb, ist identifiziert. Das teilte das Bundesamt für Migration am Donnerstag mit. Die nigerianischen Behörden hätten Abklärungen vorgenommen und dem Bundesamt für Migration (BFM) Name und Familienangehörigkeit des Verstorbenen mitgeteilt, heisst es in der Mitteilung. Es handle sich um einen abgewiesenen Asylbewerber ohne gültige Reisepapiere, der mit einem Sonderflug nach Lagos zurückgeführt werden sollte. Der 29-jährige Nigerianer habe sich unter falschem Namen in der Schweiz aufgehalten, sagte Urs von Arb, Chef Abteilung Rückkehr im BFM, auf Anfrage. Mit Hilfe von Fotos sei es den nigerianischen Behörden gelungen, die wahre Identität des Mannes abzuklären.

 Laut BFM müssen Personen, die über keine Reisepapiere verfügen oder sich solcher wissentlich entledigen, vor einer Rückführung von den Behörden des Herkunftslandes als Staatsangehörige identifiziert werden. Anschliessend erhielten sie dann Ersatz-Reisepapiere. Der Nigerianer, auf dessen Asylgesuch das BFM nicht eingetreten war, starb kurz vor dem Flug auf dem Flughafengelände.

 Untersuchungen laufen noch

 Die Todesursache sei noch nicht geklärt, sagte von Arb. Die rechtsmedizinischen Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen. Bis das Ergebnis vorliege, werde auf weitere Sonderflüge verzichtet. Die Menschenrechtsorganisation "Augen auf" hat nach eigenen Angaben unabhängig vom BFM die Familie des Verstorbenen ausfindig gemacht. Man stehe schon seit mehreren Tagen mit dieser Familie in Kontakt. (sda)
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Indymedia 2.4.10

Proteste nach Tod bei Ausschaffung - R.I.P. Alex Uzuwulu

AutorIn : Rassismus tötet: http://no-racism.net/racismkills

Nachdem Alex Uzuwulu bei einer versuchten Zwangsausschaffung am Flughafen Zürich Kloten umgebracht wurde, gab es zahlreiche Proteste. Zentrale Forderung ist dabei ein sofortiger Stopp aller Ausschaffungen. Der Hungerstreik im Ausschaffungsgefängnis Kloten wurde laut Medienberichten mittlerweile beendet.     

Alex Uzuwulu starb am 17. März 2010. In den darauf folgenden Tagen kam es zu zahlreichen Protesten, sowohl innerhalb des Ausschaffungsgefängnisses Kloten als auch in verschiedenen schweizerischen Städten.

Am Freitag, 19. März gab es eine Mahnwache auf dem Bundesplatz in Bern, organisiert von Solidarité sans frontières.  http://www.sosf.ch/cms/front_content.php?idcatart=3289?=1&client=1

Am Samstag, 20. März demonstrierten ca. 1.000 Leute im Rahmen einer schon seit längerem geplanten Bleiberecht-Demo in Zürich.
Aufruf: http://ch.indymedia.org/de/2010/03/74318.shtml
Fotos: http://ch.indymedia.org/de/2010/03/74571.shtml

Knastspaziergang von Zürich nach Kloten am Sonntag, 21. März 2010. Es wird bekannt, dass Gefangene aus allen Stockwerken des Ausschaffungsgefängnisses in Hungerstreik getreten sind, siehe:  http://no-racism.net/article/3296

In einem Interview mit Radio RaBe am 25. März 2010 wiederholte der Generalsekretär von Solidarité Sans Frontières die Forderung, in Zukunft ganz auf Zwangsausschaffungen zu verzichten. Im Interview wird über die Durchführung von Zwangsausschaffungen und die dabei angewendete Gewalt gesprochen. Die geplante Einbeziehung von Menschenrechtsbeobachter_innen bei Ausschaffungen wird diese nicht verhindern, da Zwangsausschaffungen immer mit Gewalt durchgeführt werden.
http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=33070

Im zweiten Teil des Interviews wird kritisiert, dass die Staatsanwält_innenschaft die Ermittlungen zur Aufklärung des Todes leite. Von mehreren Organisationen wird eine unabhängiger Untersuchungsinstanz gefordert. Dies geht den linken Fraktionen im Zürcher Kantonsparlament zu weit, sie sprechen sich aber dafür aus, dass unabhängige Stellen in die Untersuchung miteinbezogen werden.
http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=33071

Am 27. März haben in Bern laut Medienberichten über 100 Personen gegen den Tod eines Ausschaffungshäftlings im Kanton Zürich protestiert. Sie prangerten die rassistische Vorfälle in der Schweiz an. Zu dieser Demonstration hatten Nigerianische Organisationen in der Schweiz aufgerufen. Die Route ging von der Genfergasse beim Hauptbahnhof Bern über die Neuengasse zum Waisenhausplatz.
Aufruf: http://ch.indymedia.org/de/2010/03/74619.shtml
Bericht und Fotos im Tagesanzeiger:  http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Nigerianer-demonstrieren-gegen-Rassismus-und-Gewalt/story/18518120

Die Gefangenen im Ausschaffungsgefängnis Kloten gingen in Hungerstreik.
Siehe: http://no-racism.net/article/3296

Laut augenauf "beteiligen sich, so die Informationen aus dem Gefängnis, Gefangene in allen Stockwerken des Gefängnisses am Hungerstreik. Sie machten keine Angaben über die geplante Dauer des Hungerstreiks. Im vierten Stock des Gefängnisses soll auch ein einjähriges Kleinkind (zusammen mit der Mutter) einsitzen, sagte ein Gefangener."
 http://www.augenauf.ch/index.php?option=com_content&task=view&id=104&Itemid=30

Die Behörden versuchten von Anfang an, den Hungerstreik möglichst klein zu reden. Laut NZZ vom 29. März haben die "Häftlinge des Ausschaffungsgefängnisses beim Flughafen Zürich haben ihren Hungerstreik beendet. Wie eine Sprecherin des kantonalen Justizvollzuges am Montag auf Anfrage der SDA erklärte, verweigern die Ausschaffungshäftlinge die Mahlzeiten nicht mehr."
Mehr dazu: http://no-racism.net/article/3296http://no-racism.net/article/3311

Von Linken Fraktionen im Kanton Zürich wurde nun ein Antrag betreffend Abschiebepraxis eingebracht. augenauf schreibt dazu: "Markus Bischoff (AL) und Matthias Kestenholz (Grüne) haben am 29. März beim Kantonsrat des Kantons Zürich eine Interpellation zum Ausschaffungsvollzug eingereicht. Die beiden Interpellanten stellen unter anderem Fragen zu den Zwangsausschaffungen allgemein und zu der - am 17. März geplanten und abgebrochenen Zwangsausschaffung von 16 afrikanischen Flüchtlingen - wo ein nigerianischer Mann ums Leben kam. Der Regierungsrat muss die Antworten innerhalb von zwei Monaten liefern."
Die Interpellation als pdf:  http://www.augenauf.ch/pdf/Interpellation%20ausschaffung.pdf

Neben den hier erwähnten gab es noch zahlreiche weitere Aktionen und Proteste gegen Zwangsausschaffungen nach dem Tod von Alex Uzuwulu. Mehr dazu in folgenden Berichten:

Schweiz: Weitere Proteste nach Tod bei Ausschaffung (02. Apr 2010)
Nachdem Alex Uzuwulu bei einer versuchten Zwangs- Ausschaffung am Flughafen Zürich Kloten umgebracht wurde, gab es zahlreiche Proteste. Ein Hungerstreik im Abschiebegefängnis Kloten wurde laut Medienberichten mittlerweile beendet.
http://no-racism.net/article/3311

Alex Uzuwulu, gestorben mit 29 Jahren - kurz vor der Zwangsausschaffung (23. Mar 2010)
Eine Geschichte über rassistische Stereotype, Widersprüche, Zwangsgewalt und Sonderflüge für Abschiebehäftlinge, Widerstand, Gefängnisse, Hungerstreiks und weitere Proteste
http://no-racism.net/article/3298

Zahlreiche Reaktionen nach Tod bei Abschiebung am Flughafen Zürich (20. Mar 2010)
Am 17. März 2010 starb ein 29jähriger abgewiesener Asylwerber im Zuge der angewendeten Zwangs- maßnahmen bei einer sog. Level 4 Ausschaffung. Mit zahlreichen Protesten und in Stellungnahmen wird ein sofortiges Ende von zwangsweisen Abschiebungen gefordert.
http://no-racism.net/article/3293

Rassismus tötet.
Unvollständige Dokumentation von Todesfällen bei Deportationen und in Polizeigewahrsam.
http://no-racism.net/racismkills

Weitere Informationen bei:
http://www.augenauf.ch
http://www.sosf.ch
http://www.refugees-welcome.ch
http://bleiberecht.ch     

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1 Inhaltliche Ergänzung:

falscher Name

03.04.2010 13:31  

Gemäss Recherchen der African Mirror Foundation lautet der richtige Name des Toten anders, nämlich Joseph Ndukaku Chiakwa.
(siehe auch: http://a-films.blogspot.com/2010/03/10mar31de.html#1)

AutorIn: a-films

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st.tv. 1.4.10

Bei Ausschaffung verstorbener Nigerianer identifiziert

 Der Ausschaffungshäftling, der am 17. März kurz vor der Rückführung nach Nigeria auf dem Gelände des Flughafens Zürich starb, ist identifiziert. Das teilte das Bundesamt für Migration mit. Noch nicht geklärt ist die Todesursache.

sda/godc

 Die nigerianischen Behörden hätten Abklärungen vorgenommen und dem Bundesamt für Migration (BFM) Name und Familienangehörigkeit des Verstorbenen mitgeteilt, heisst es in der Mitteilung. Es handle sich um einen abgewiesenen Asylbewerber ohne gültige Reispapiere, der mit einem Sonderflug nach Lagos zurückgeführt werden sollte.

 Der 29-jährige Nigerianer habe sich unter falschem Namen in der Schweiz aufgehalten, sagte BFM-Sprecher Urs von Arb. Mit Hilfe von Fotos sei es den nigerianischen Behörden gelungen, die wahre Identität des Mannes abzuklären.

 Identität müsste eigentlich im Voraus geklärt sein

 Laut BFM müssen Personen, die über keine Reisepapiere verfügen oder sich solcher wissentlich entledigen, vor einer Rückführung von den Behörden des Herkunftslandes als Staatsangehörige identifiziert werden. Anschliessend erhielten sie dann Ersatz-Reisepapiere.

 Der Nigerianer, auf dessen Asylgesuch das BFM nicht eingetreten war, starb kurz vor dem Sonderflug auf dem Flughafengelände, nachdem er sich gegen seine Rückführung gewehrt hatte. Er sollte zusammen mit weiteren 15 Ausschaffungshäftlingen in sein Heimatland  ausgeschafft werden. In den Tagen vor seinem Tod hatte er die Nahrungsaufnahme verweigert.

 Bis auf weiteres keine Sonderflüge

 Die Todesursache sei noch nicht geklärt, sagte von Arb weiter. Die rechtsmedizinischen Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen. Bis das Ergebnis vorliege, werde auf weitere Sonderflüge verzichtet.

 Mit Sonderflügen werden Personen zurückgeführt, die sich früheren Rückführungen widersetzt haben. Zur Gewährleistung der Sicherheit werden sie auf diesen Sonderflügen gefesselt.

 Amnesty International ist eingeschaltet

 Die Menschenrechtsorganisation "Augen auf" hat nach eigenen Angaben unabhängig vom BFM die Familie des Verstorbenen ausfindig gemacht. Man stehe schon seit mehreren Tagen mit dieser Familie in Kontakt, sagte ein Sprecher. Zusammen mit Amnesty International habe man ihr juristischen Beistand angeboten.

 Das werde dann von Bedeutung sein, wenn sich herausstellen sollte, dass der Tod etwas mit Handlungen der Ausschaffungsbehörden zu tun habe. Sehr erstaunt zeigte sich "Augen auf" vom Umstand, dass offensichtlich Leute ausgeschafft würden, ohne deren Identität genau zu kennen.

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bfm.admin.ch 1.4.10

Verstorbener Ausschaffungshäftling identifiziert

Medienmitteilungen, BFM, 01.04.2010

Bern. Ein nigerianischer Ausschaffungshäftling ist am 17. März kurz vor dem Start eines Sonderfluges nach Nigeria (Lagos) auf dem Flughafengelände verstorben. Die Identität des Verstorbenen steht nun fest.

Die nigerianischen Behörden haben die entsprechenden Abklärungen vorgenommen und dem Bundesamt für Migration Name und Familienzugehörigkeit des Verstorbenen mitgeteilt.

Bei dem Verstorbenen handelte es sich um einen abgewiesenen nigerianischen Asylbewerber ohne gültige Reisepapiere (Pass, Identitätskarte), der mit einem Sonderflug nach Nigeria (Lagos) zurückgeführt werden sollte. Personen, die über keine Reisepapiere verfügen, bzw. sich dieser willentlich entledigen, müssen im Vorfeld eines Sonderfluges von den Behörden des Herkunftsstaats als Staatsangehörige identifiziert werden. Anschliessend erhalten sie Ersatz-Reisepapiere (Laisser-Passer). Die Ersatzreisepapiere sind auf den von ihnen angegebenen Namen ausgestellt.

Das BFM ist weiterhin in engem Kontakt mit den nigerianischen Behörden. Auf die Durchführung von Sonderflügen wird weiterhin verzichtet.

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NEUCHLEN-ANSCHWILEN
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St. Galler Tagblatt 1.4.10

Neuchlen-Anschwilen: Als die Armee den Naturschutz entdeckte

 Mit einer friedlichen Blockade wollten Umweltschützer und Pazifisten um Ostern 1990 in Neuchlen-Anschwilen die Bagger stoppen. Den Bau des Waffenplatzes verhinderten sie nicht. Die Armee wurde aber gezwungen, den Naturschutz zu "entdecken".

Michael Nyffenegger/sda

 Gossau. "Wir bleiben, bis ihr geht", lautete die Devise. Einige dutzend, später einige hundert Aktivisten blockierten das Baugelände und die Zufahrten zur Armee-Baustelle oberhalb von Gossau. Sie liessen sich von Polizisten wegtragen. Tauchte ein Helikopter am Himmel auf, wurde er mit Luftballons begrüsst.

 Zu den Waffenplatzgegnern der ersten Stunde gehörte der damalige Kantonsrat Hansueli Trüb aus St. Gallen. Trüb, "der Grüne mit dem Auto", chauffierte die Waffenplatzgegner vom Bahnhof Gossau nach Neuchlen-Anschwilen und wohnte wochenlang im Widerstands-Camp im Wald.

 Es sei "eine Verzweiflungstat" gewesen, sagt Trüb heute, 20 Jahre später. Die Waffenplatzgegner hatten ohne Erfolg Kundgebungen organisiert, Petitionen lanciert, parlamentarische Vorstösse eingereicht, Mahnfeuer entfacht und die "Aktion zur Rettung von Neuchlen-Anschwilen" (Arna) ins Leben gerufen.

 Militärisches "Betondenken"

 Auf der Gegenseite herrschte "Betondenken, Abblocken, Durchdrücken auf Teufel komm raus", so Trüb. "Der Kalte Krieg war damals in den Köpfen vieler Offiziere und Politiker noch lange nicht überwunden." Wer für die Natur, für weniger Landschaftsverschandelung und für den Frieden war, stiess auf taube Ohren.

 Laut Trüb hat Neuchlen-Anschwilen die Jugend politisiert und eine landesweite Bewegung ausgelöst. "Dass diese in der Zwischenzeit abgeflacht ist und vieles heute mit der Faust im Sack geschluckt wird, ist eigentlich schade", findet der Kulturschaffende, der heute im Aargau lebt. Während die Polizei in Neuchlen-Anschwilen Waffenplatzgegner festnahm, tobte in den Medien eine Propagandaschlacht. An vorderster Front fochten der spätere FDP-Nationalrat, PR-Unternehmer und Major Peter Weigelt und seine "Interessengemeinschaft für eine sinnvolle und glaubwürdige Armee-Ausbildung" (ISGA).

 Die Stimmung sei "sehr, sehr gereizt" gewesen, erinnert sich der St. Galler alt Nationalrat heute, wenn er an Ostern 1990 zurückdenkt. Pazifisten, Linke und Grüne hätten eine "unheilige Allianz" gebildet und in Neuchlen-Anschwilen einen "Stellvertreter- Krieg gegen die Armee überhaupt" geführt.

 Mit den Naturschutz-Argumenten der Gegner habe er immer Mühe gehabt, sagt Weigelt. Neuchlen-Anschwilen sei ein Musterbeispiel dafür, wie militärische Nutzung und Naturschutz nebeneinander möglich seien. Dem pflichten selbst kritische Umweltschützer bei. Die Landschaft des Waffenplatzes habe sich "in den letzten zehn Jahren zum Guten entwickelt", schrieb der Ehrenpräsident des Naturschutzvereins der Stadt St. Gallen, Christian Zinsli, im Jahr 2008.

 Armee denkt um

 Dazu brauchte es ein "grünes" Umdenken in Armeekreisen. Dort wurde die Bedeutung des Umweltschutzes nicht erst seit der Lancierung der Volksinitiative "40 Waffenplätze sind genug - Umweltschutz auch beim Militär" im Sommer 1990 erkannt.

 Unter Zeitdruck setzte die Armee in Neuchlen-Anschwilen ein Öko-Konzept: Mit externer Aufsicht von Umweltfachleuten wurden auf dem 240 Hektaren grossen Areal Naturschutzräume ausgeschieden, Bäche freigelegt und Dächer begrünt. Das Eidgenössische Militärdepartement sprach später einen Kredit von einer Million Franken.

 Als "Bio-Kaserne" verspottet

 1993 schickte das Schweizer Volk die Waffenplatz-Initiative mit 55 Prozent Nein-Stimmen bachab. Bei der Einweihung 1997 wurde Neuchlen-Anschwilen von Kritikern als "unterbelegte Bio-Kaserne" verspottet. 2001 zeichnete die Stiftung "Natur und Wirtschaft" den Waffenplatz als Naturpark aus.

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 Artenvielfalt nahm zu

 Gemäss aktuellen Zahlen des Waffenplatz-Kommandos Herisau-Gossau sind die Kasernen mit ihren 400 Betten übers Jahr zu 90 Prozent ausgelastet. Gemäss einem Kontrollbericht aus dem Jahr 2008 hat der Naturschutz Früchte getragen: Die Artenvielfalt habe in Neuchlen-Anschwilen zugenommen, heisst es. (sda)

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LIECHTENSTEIN GANZ RECHTS
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St. Galler Tagblatt 3.4.10

Liechtenstein bekämpft Rechtsradikale

 Liechtensteiner Regierung geht gegen Rechtsextremismus vor: Mit einer Kampagne wird die Bevölkerung gegen Gewalt von Seiten Rechtsradikaler sensibilisiert. Und Mitglieder der Szene erhalten Unterstützung für den Ausstieg.

Günther Meier

 Vaduz. Kurz vor der Eröffnung eines Kebab-Ladens explodierten Sprengkörper, zerstörten die Einrichtung und machten das Lokal unbrauchbar. Unbekannte hatten Scheiben mit Steinen eingeschlagen und Molotow-Cocktails in das Ladenlokal geworfen. Die Polizei ermittelt seit März, hält sich aber zurück mit Mutmassungen über die Täterschaft.

 Ein Anschlag rechtsextremer Kräfte könnte es gewesen sein, lautet die offizielle Version, doch seien andere Tatmotive nicht ausgeschlossen. Ebenso tappt man noch im dunkeln, wer im November 2009 einen Brandsatz gegen ein Haus schleuderte und damit einen erheblichen Sachschaden verursachte. Ungeklärt blieb bisher auch, wer einen Briefkasten bei einem Wohnhaus gesprengt und vor den Trümmern einen Schafskopf deponiert hatte.

 Ungeachtet der noch ungeklärten Fälle hat die Regierung dem Rechtsextremismus den Kampf angesagt. Innenminister Hugo Quaderer stellte am Donnerstag vor den Medien die Massnahmen vor: Geplant ist eine Sensibilisierungskampagne gegen rechtes Gedankengut und rechte Gewalt mit dem Ziel, Liechtenstein als Land mit weltoffenen Werthaltungen darzustellen.

 Die Illusion von der Mehrheit

 "Mit der Kampagne soll klargestellt werden", unterstrich Hugo Quaderer, "dass rechtsextreme Positionen wie Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Gewalt keine Akzeptanz in unserem Land finden." Die Illusion der rechtsextremen Szene, mit ihrer Ideologie und ihren Taten die Unterstützung einer schweigenden Mehrheit in Liechtenstein zu haben und diese zu repräsentieren, soll mit der Kampagne als Selbsttäuschung entlarvt werden.

 Die von der Regierung vorgestellten Massnahmen stützen sich auf eine Studie, die 2009 zum Thema "Rechtsextremismus in Liechtenstein" erstellt worden ist. Die Studie schlug eine Sensibilisierung der Bevölkerung vor, um die Anzeigenbereitschaft bei rechtsextremen Auftritten und Gewaltakten zu erhöhen. Solange Rechtsextreme das Gefühl hätten, im Auftrag der Bevölkerung zu handeln, legitimierten sie sich als informelle Ordnungshüter und begründeten damit auch den Einsatz von Gewalt. In diesem Zusammenhang erwähnt die Studie, dass bei einer Schlägerei zwischen Rechtsextremen und türkisch-stämmigen Jugendlichen auch Erwachsene in den Raufhandel eingegriffen und die Rechtsextremisten angefeuert hätten.

 Repression und Prävention

 Ebenso sollten laut Studie rechtsextreme Phänomene und Übergriffe, ob es sich um körperliche Gewalt, um Anlässe, Flugblätter oder Beschmierungen handle, öffentlich verurteilt werden. Gefordert wurde auch eine Mischung aus Repression und Prävention, um dem Rechtsextremismus entgegenzutreten. Der Massnahmenkatalog der Regierung umfasst deshalb neben der Sensibilisierung auch die "konsequente Verfolgung von rechter Gewalt durch Justiz und Polizei".

 Zahlenmässig scheint sich der Rechtsextremismus in Liechtenstein in den letzten Jahren kaum verändert haben. Die Landespolizei geht von einem "harten Kern" der rechtsextremen Szene von 30 bis 40 Mitgliedern aus, die namentlich bekannt sind.

 Viele Sympathisanten

 Der Kreis der Sympathisanten ist nach Polizeiangaben schwer einzuschätzen, dürfte aber ein Mehrfaches der Kerngruppe betragen. Die von der Regierung eingesetzte Gewaltschutzkommission registrierte in den letzten Jahren jeweils ein halbes Dutzend Vorfälle wie tätliche Streitereien, Sachbeschädigungen oder Drohungen, in die Angehörige der bekannten rechten Szene involviert waren. Für diesen Kreis beabsichtigt die Regierung ein Beratungskonzept für Aussteigewillige sowie sozialpädagogische Angebote bereitzustellen, um der Bewährungshilfe ein gezielteres Arbeiten mit straffälligen Rechtsextremen zu ermöglichen.

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 Chronik der rechten Szene

 Anfang der 90er-Jahre tauchen rechtsradikale Skinheads in Liechtenstein auf. 1996 wird die Polizei auf eine "geschlossene Gesellschaft" von Neonazis in einem Gastlokal aufmerksam. 1998 werden vier Personen beim Jahrmarkt in Schaan von Neonazis verletzt. 2000 treten 20 Rechtsextreme bei einem Fest in Schellenberg auf ("Hier marschiert der nationale Widerstand"). 2004 kommt es beim Fasnachts-Monsterkonzert in Schaan zu einer Massenschlägerei mit Skinheads. 2005 erhalten viele Haushalte ein "Merkblatt" mit Nazi-Inhalt. 2006 werden Plakate der Arbeitsgruppe gegen Rassismus mit Hakenkreuzen übersprüht. 2007 werden Wahlplakate der Freien Liste verschmiert. 2008 liefern sich Rechtsextreme und türkische Jugendliche eine Massenschlägerei (Liste nicht vollständig).

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Liechtensteiner Vaterland 3.4.10

"Rechtsextremismus ist in keiner Form zu tolerieren"

 Innenminister Hugo Quaderer hat anlässlich der Präsentation des Massnahmenkatalogs gegen Rechtsextremismus erneut unmissverständlich festgehalten, dass die Regierung jede Form von Rechtsextremismus verurteilt und gezielt bekämpft.

 Von Günther Fritz

 Vaduz. - Regierungsrat Hugo Quaderer erinnerte an die Vorgeschichte des Massnahmenkatalogs, den er zusammen mit dem Vorsitzenden der Gewaltschutzkommission, Kripo-Chef Jules Hoch, am vergangenen Donnerstag nun den Medien in Vaduz vorstellen konnte.

 Auf Basis der Studienergebnisse

 Im Jahr 2007 hatte die Regierung eine Studie über Rechtsextremismus in Liechtenstein in Auftrag gegeben. So hatte ein Forscherteam der Fachhochschule Nordwestschweiz in den Jahren 2008/09 eine Studie zur Ergründung der Ursachen für Rechtsextremismus in Liechtenstein durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Studie wurden von der Regierung im Herbst des letzten Jahres zur Kenntnis genommen. Gleichzeitig beauftragte die Regierung die Gewaltschutzkommission, konkrete Massnahmen vorzuschlagen, wie man die Empfehlungen der Studie am besten in einer für Liechtensteins Verhältnisse grössenverträglicher Art umsetzen könnte. Dafür bekam die Gewaltschutzkommission vonseiten der Regierung Zeit bis Ende März 2010.

 Vier Zielgruppen im Visier

 Regierungsrat Hugo Quaderer dankte der Gewaltschutzkommission, dass sie diesen Termin eingehalten hat. So konnte die Regierung den von der Gewaltschutzkommission erarbeiteten Massnahmenkatalog gegen Rechtsextremismus am vergangenen Dienstag verabschieden und die Gewaltschutzkommission wiederum mit den Umsetzungsmassnahmen betrauen. Der Chef der Kriminalpolizei, Jules Hoch, erklärte, dass die Gewaltschutzkommission verschiedene Workshops durchgeführt und vier Zielgruppen (siehe Kästen unten) definiert habe, auf welche die Massnahmen ausgerichtet sind.

 Sensibilisieren und beraten

 Neben einer kontinuierlichen Beobachtung und Dokumentation rechtsextremistischer Vorfälle wird nach den Ausführungen von Jules Hoch eine Sensibilisierung der Gesamtbevölkerung für die Gefahren von Rechtsextremismus angestrebt. Angehörige und Bezugspersonen von rechtsextremen Personen sollen ein konkretes und fundiertes Beratungs- und Unterstützungsnetz erhalten. Sozialtätige, Pädagogen, Justiz- und Polizeibeamte sowie privates Sicherheitspersonal sollen durch gezielte Weiterbildungsangebote für einen professionelleren Umgang mit rechtsextremen Tätern befähigt werden. Hierzu gehört auch die Bereitstellung spezifischer sozialpädagogischer Angebote für straffällige Rechtsextreme, damit die Bewährungshilfe gezielter mit verurteilten rechtsextremen Tätern arbeiten kann - auch im Rahmen der Diversion. Schliesslich soll die konsequente Verfolgung von rechter Gewalt durch Justiz und Polizei beibehalten werden.

 "Es braucht Zivilcourage"

 Regierungsrat Hugo Quaderer liess - wie bereits anlässlich eines Mediengesprächs von Anfang März - keinen Zweifel daran, dass die Regierung rechtsextreme Einstellungen, die weit in die Mitte der liechtensteinischen Gesellschaft reichen, aufs Schärfste verurteilt. "Rechtsextremismus ist in keiner Form zu tolerieren", betonte Hugo Quaderer am vergangenen Donnerstag erneut vor den Medien in Vaduz. Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus seien jedoch Prob- leme, welche nicht mit einer Einzelmassnahme von heute auf morgen gelöst werden könnten. Dafür seien die Ursachen viel zu komplex. Nicht nur der Staat, die Justiz und die Behörden müssten sich bei der Lösung dieser Probleme engagieren, sondern dazu sei die gesamte Bevölkerung aufgerufen: "Wir müssen uns als Staat und als Gesellschaft klar gegen Rechtsextremismus positionieren. Bei entsprechenden Vorfällen gilt es, hin- statt wegzusehen. Wir sind jeden Tag aufs Neue gefordert, Mut und Zivilcourage zu zeigen."

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GLOBAL
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WoZ 1.4.10

Dänemark - In Kopenhagen hat ein Prozess gegen AktivistInnen begonnen, die während des Klimagipfels im letzten Dezember verhaftet wurden. Ihnen drohen über zwölf Jahre Haft.

 Tatwaffe aus Pappmaché

 Von Jan Jirát

 Die 34-jährige Australierin Natasha Verco steht seit Mitte März gemeinsam mit dem 27-jährigen US-Amerikaner Noah Weiss in Kopenhagen vor Gericht; angeklagt wegen "Anstiftung zu Gewalt gegen Polizeibeamte" sowie "schwerer Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung". Die beiden waren während des Klimagipfels im letzten Dezember von der Polizei verhaftet und rund drei Wochen in Untersuchungshaft gehalten worden. Im schlimmsten Fall drohen ihnen bis zu zwölfeinhalb Jahre Haft - die ihnen angelasteten Straftaten will die Staatsanwaltschaft unter das Anti-Terror-Gesetz stellen.

 Dabei konnten sowohl Verco wie auch Weiss während des Klimagipfels gar keine Straftaten begehen. Sie waren nämlich beide vorbeugend verhaftet worden: Verco am 13. Dezember, Weiss bereits zwei Tage zuvor. Die dänische Polizei hatte im Vorfeld des Klimagipfels Telefonate von mindestens neunzehn KlimaaktivistInnen abgehört und deren SMS-Verkehr gespeichert. Auf dieser Grundlage kam es schliesslich zur Festnahme wie auch zur Anklageschrift. Das Vorgehen von Polizei und Justiz war legal: Das dänische Parlament hatte im Vorfeld des Klimagipfels seine Anti-Terror-Gesetze massiv verschärft und dabei unter anderem die vorbeugende Untersuchungshaft erlaubt.

 Ein Teilerfolg für die Angeklagten

 Die Staatsanwältin Line Steffensen rechtfertigte in dänischen Zeitungen die Anklageschrift: Weil die Planungen bekannt waren, seien gewalttätige Aktionen verhindert worden. Sie bezog sich dabei hauptsächlich auf die geplante Kundgebung Reclaim Power vom 16. Dezember: Climate Justice Action (CJA), ein antikapitalistisches und klimaaktivistisches Netz, dem die beiden Angeklagten angehören, war massgeblich an der Organisation beteiligt. Ziel der Kundgebung war ein Marsch zum Bella Center, dem Tagungsort des Klimagipfels, um dieses mit Mitteln des "gewaltfreien zivilen Ungehorsams" für einen Tag zu besetzen. Die dänische Polizei verhinderte das Vorhaben mit einem Grossaufgebot. Und sie hatte im Vorfeld der Kundgebung nicht bloss Verco und Weiss, sondern ein weiteres Dutzend AktivistInnen verhaftet. Diese werden sich in Kopenhagen ebenfalls vor Gericht verantworten müssen.

 Die Planung der Kundgebung - von der Staatsanwaltschaft aus Gesprächsfetzen, SMS und Daten aus dem konfiszierten Notebook von Verco rekonstruiert - stand im Zentrum des Prozesses. Das führte gleich zu einem peinlichen Moment für die Staatsanwaltschaft, als sie Näheres über einen "grossen Bolzenschneider" wissen wollte, der in einer Notebooknotiz auftauchte. Unter grossem Gelächter brachten befreundete AktivistInnen von Verco besagten Bolzenschneider in den Gerichtssaal: Die potenzielle Tatwaffe erwies sich als Kunstwerk aus Pappmaché und Karton. Es sollte auf einer geplanten Demonstration als Symbol mitgeführt werden und auf die prekäre Situation von Klimaflüchtlingen aus dem Süden hinweisen, die in Europa gestrandet sind.

 Kritik am dänischen Vorgehen

 Nach bisher zwei Prozesstagen am 16. und 18. März wurde noch kein Urteil gefällt. Die Verhandlungen werden in der letzten Augustwoche fortgesetzt. Für Verco und Weiss endete der erste Teil ihres Prozesses dennoch mit einem Teilerfolg: Sie sind nicht mehr wegen begangener, sondern wegen versuchter strafbarer Taten angeklagt.

 Ein Schweizer Klimaaktivist kritisiert die repressive Linie der dänischen Polizei und Justiz im Umgang mit KlimaaktivistInnen. "Die Klimabewegung bestand bisher aus offenen Strukturen und Netzwerken. Die verdeckten Ermittlungen und präventiven Festnahmen könnten dazu führen, dass Klimaschützer vermehrt in geschlossenen Gruppen und klandestin operieren." Hinzu komme der Frust innerhalb der Klimabewegung über das Scheitern von Kopenhagen, das "die Klimalösung in noch weitere Ferne gerückt hat". Der Aktivist, der nicht namentlich genannt werden will, befürchtet, dass sich nun einige wenige von der Gewaltfreiheit verabschieden könnten. "Dann hätte die Anwendung von Terrorgesetzen genau das bewirkt, was sie angeblich verhindern sollte."

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STIEG LARSON
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Aargauer Zeitung 3.4.10

"Es gibt einen vierten ‹Millennium› -Teil"

 Stieg Larssons Lebenspartnerin Eva Gabrielsson enthüllt im Gespräch mit dieser Zeitung, dass sie aktiv an der Entstehung der Erfolgsbücher "Millennium" beteiligt war.

André Anwar, Stockholm

 Frau Gabrielsson, nachdem Sie sehr lange geschwiegen haben, kündigen Sie jetzt ein Buch an. Stimmt es, dass Sie eine Biografie über Stieg Larsson verfasst haben?

 Eva Gabrielsson: Nein, in "Das Jahr nach Stieg" geht es darum, wie es für mich war, als Stieg starb. Wie man durch einen solchen Verlust, einen solchen Schock jemand völlig anderes wird. Aber natürlich geht es in gesonderten Kapiteln auch um die Entstehung der Krimis und den Erbstreit mit Stiegs Familie.

 Es wurde heftig spekuliert, ob Sie die Bücher zusammen mit Larsson geschrieben haben. Sind Sie Co-Autorin?

 Gabrielsson: Über meine Rolle gibt es keine eindeutige Antwort. Eigentlich möchte ich gar nichts dazu sagen. Weil jede Antwort gewiss wieder falsch ausgelegt wird. In einem Kapitel meines Buches geht es um die Entstehung der "Millennium"-Bücher.

 Bisher hiess es, Sie hätten nur Korrektur gelesen und mit ihm diskutiert. Brauchen Sie dafür ein Buchkapitel?

 Gabrielsson: Ich habe nicht nur Korrektur gelesen, das ist ein Missverständnis. Stieg und ich haben 32 Jahre zusammengelebt. Wir unterschieden nie zwischen "Stieg" und "Eva", das war in allen Lebensbereichen einfach nur ein "Wir", das alles umfasste: unseren Sprachgebrauch, unsere Werte, unsere Beobachtungen, alles.

 Also auch die Arbeit an den Krimis?

 Gabrielsson: Ich war aktiv beteiligt. Wenn ich heute in den Büchern lese, kann ich manchmal nur schwer unterscheiden, was ausschliesslich von Stieg war und was ausschliesslich von mir, das betrifft den Stil und den Inhalt. Es war eindeutig Stiegs Buch, aber es ging uns nie darum, wer von uns beiden was beigetragen hat. Das war nicht wichtig. Wir hatten ja keinen Schimmer, wie erfolgreich die Bücher sein würden.

 Stieg Larssons Vater sagt, wenn Sie Mitverfasserin gewesen wären, hätte Ihr Name in dicken Buchstaben auf dem Umschlag gestanden. Warum traten Sie nicht als Co-Autorin auf?

 Gabrielsson: Der einzige Grund, warum ich nicht mit auf dem Buchumschlag stehe, ist, dass Stieg und ich unsere Namen prinzipiell nicht zusammen genannt sehen wollten. Es war zu riskant. Wir hielten uns akribisch an die Trennung. Deshalb war auch nicht an Heirat zu denken, nie und nimmer! Nur mein Name stand an der Wohnungstür, alle Rechnungen gingen an mich. Stiegs Leben wurde von Rechtsextremen bedroht. Er stand auf bestimmten Rache-Listen ganz weit oben, weil er die (schwedischen) Nazi-Organisationen und deren Strukturen im Detail beschrieb.

 Gab es konkrete Angriffe?

 Gabrielsson: Nein, aber das war Zufall. Mehrere Male waren die in unserem Haus, aber sie wussten nicht, wo Stieg genau wohnte, bei dem knappen Dutzend Mietwohnungen. Mich gab es nicht im Zusammenhang mit ihm. Rechtsextreme nahmen damals an, dass Stieg homosexuell war. Immer wieder hatten sie unterschiedliche Männer als seine Partner in Verdacht. Wer weiss, hätten wir nicht so viele Vorsichtsmassnahmen getroffen, gäbe es heute die drei Bücher gar nicht. Die Nazi-Szene war sehr militant in Schweden, es gab einige Morde.

 Hätten Sie die Kapazität, in einer anderen Situation, die "Millennium"-Serie fortzuschreiben? Viele Fans würden sich sicher sehr freuen.

 Gabrielsson: Die Kapazität hätte ich mit Sicherheit, aber ob ich will, ist eine andere Frage. Noch einmal so viel Zeit in etwas investieren, bei dem andere Personen einem alles wegnehmen? Die Frage steht nicht zur Debatte, das sind unnötige Spekulationen.

 Bisher sind drei Krimis erschienen, alle sind weltweit Bestseller geworden. Es heisst, es gebe einen vierten Teil, den Sie versteckt halten.

 Gabrielsson: Ja, es gibt tatsächlich einen vierten Teil mit Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist. Er ist in Stiegs verschwundenem Macbook gespeichert. Es gibt darüber eine rechtliche Auseinandersetzung. Wo der Laptop jetzt ist, weiss ich nicht. Dieser vierte Teil ist nicht ganz fertig.

 Haben Sie eine Vermutung, wo dieses Macbook sein könnte?

 Gabrielsson: Es gab eine grosse Auseinandersetzung darüber. Ich kann nur sagen, ich weiss nicht, wo er ist.

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NARRENKRAUT
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Basler Zeitung 1.4.10

Afghanistan grösster Haschischproduzent

 Wien. Afghanistan ist nicht nur der weltgrösste Produzent von Opium, sondern auch von Haschisch. Dies ergab die erste "Afghanistan Cannabis"-Studie, die gestern vom Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung UNODC in Wien präsentiert wurde. Mit einer geschätzten Jahresproduktion zwischen 1500 bis 3500 Tonnen lasse das Land am Hindukusch Marokko als zweitgrösstes Anbauland von Cannabis weit hinter sich

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unodc.org 31.3.10

Afghanistan leads in hashish production

31 March 2010 - Afghanistan, the world's biggest producer of opium, is also a major producer of cannabis. These are the findings of the Afghanistan Cannabis Survey, the first ever UNODC report on cannabis in Afghanistan, which was released today. The Survey estimates that between 10,000 and 24,000 ha of cannabis plant are grown in Afghanistan every year.

"While other countries have even larger cannabis cultivation, the astonishing yield of the Afghan cannabis crop (145kg/ha of hashish, the resin produced from cannabis, as compared to around 40 kg/ha in Morocco) makes Afghanistan the world's biggest producer of hashish, estimated at between 1,500 and 3,500 tons a year", said UNODC Executive Director Antonio Maria Costa.

The Survey is based on data from 1,634 villages in 20 provinces. It shows that there is large-scale cannabis plant cultivation in half (17 of 34) of Afghanistan's provinces.

The gross income gained per hectare of cannabis plant (US$ 3,900) is higher than that of opium poppy (US$ 3,600). Cannabis is also cheap to harvest and process: in Afghanistan, it is three times cheaper to cultivate a hectare of cannabis plant than a hectare of opium poppy. As a result, the net income of a hectare of cannabis plant is US$ 3,341 compared to US$ 2,005 per hectare of opium poppy.

The Survey shows that opium poppy is still favoured over cannabis plant among Afghan farmers: unlike opium poppy, cannabis plant has a short shelf life and grows in summer, when less water is available for irrigation. In the aggregate, the value of cannabis resin in Afghanistan was estimated at between US$ 39 million and US$ 94 million, about 10-20 per cent of the farm-gate value of opium (US $438 million in 2009).

At a press conference in Kabul, UNODC Representative in Afghanistan, Jean-Luc Lemahieu, said "Alternatives are essential. Yesterday farmers' gained income from illicit crops. Tomorrow we must move them to licit livelihoods. Today is the challenge. Development will not come in a day, you cannot serve asphalt for dinner on the family table".

"In the past five years, cannabis cultivation has shifted away from the north to the south of Afghanistan. Like opium, cannabis cultivation is now concentrated in regions of instability, namely the south of the country", said Mr. Costa. Illustrative of this trend is the steep increase in cannabis prices in Balkh province - once notorious for its Mazari (Balki) cannabis - due to a governor-led crackdown on drug cultivation since 2007.

Staffan de Mistura, Special Representative of the Secretary General in Afghanistan also at the Kabul press conference stressed: "When I meet with Afghans, they always mention two issues they are faced with: One is security, the other is corruption. The UN is here to assist the government so that corruption is also tackled with the proper methods. It is in the interest of the international community as well as the Afghans. If corruption is not tackled, there is less incentive to give the ressources so much needed for development."

Profits from the drug trade fuel corruption. It is no surprise that the anti-corruption drive goes hand in hand with the counter narcotics campaign.

Political leadership is required to deal with the illicit drug production in Afghanistan. "Afghanistan's drug problem is even more complex than just the opium trade", said Mr. Costa. "Yet the remedy remains the same. By improving governance and development in Afghanistan's drug-producing regions, we can knock out the world's biggest supplies of both hash and heroin", said Mr. Costa.
Related information:

Afghanistan Cannabis Survey (Full report) (pdf)
http://www.unodc.org/documents/crop-monitoring/Afghanistan/Afghanistan_Cannabis_Survey_2009.pdf

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FUSSBALL-WM
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Newsnetz 5.4.10

"Das ist eine Kriegserklärung an die Weissen"

oku

 Nach dem Mord am südafrikanischen Rechtsextremen Eugène Terre'Blanche kündigen seine Anhänger Rache an. Sie warnen gar davor, die Fussball-WM zu besuchen.

 "Vom ersten Moment an", schreibt der Südafrika-Korrespondent der britischen BBC, "wusste ich, dass dies kein gewöhnlicher Mord ist." Mehr als 3000 weisse Farmer seien auf ihren einsamen Bauernhöfen seit dem Ende der Apartheid 1994 umgebracht worden. Doch dieser hier könnte das Land in eine tiefe Krise stürzen: Eugène Terre'Blanche, der seit Jahren für einen eigenen Staat für die Weissen kämpfte, wurde auf seiner Farm in Ventersdorp erschlagen. Von zwei Schwarzen. "Dieser Mord könnte die tief sitzenden Dämonen des Rassenhasses von der Leine lassen", so der Korrespondent.

 Sofort nach Terre'Blanches Tod beeilten sich die Behörden zu betonen, der Mord sei die einfache Tat zweier Angestellter, 28 und 15 Jahre alt. Sie hätten ihren Chef wegen ausstehender Löhne getötet. Am Dienstag sollen die beiden Verdächtigen vor Gericht erscheinen, der Fall bald erledigt sein.

 "Tötet den Buren"

 Doch im Land brodelt es. Denn die Menschen vermuten hinter der Tat etwas anderes einen gewöhnlichen Mord: Eine kalte, von Rassenhass getriebene Rache an Südafrikas bekanntestem Neonazi. Das nervöse Verhalten der Behörden bestärkt die Öffentlichkeit in dieser Wahrnehmung. Die Ankläger im Prozess sind zwei der höchsten Staatsanwälte Südafrikas. Es war Polizeiminister Nathi Mthetwa persönlich, der die Tat sofort als trivialen Mord darstellte. Und es war der Präsident Jacob Zuma, der wenige Stunden nach der Tat vor die Medien trat und zur Ruhe aufrief.

 Die Anhänger des überzeugten Rassisten Terre'Blanches machen die Regierungspartei ANC für den Mord verantwortlich. Ihre Jugendorganisation, insbesondere der Julius Malema, würden systematisch zur Gewalt gegen Weisse aufrufen. Tatsächlich ist Malema im März von einem Gericht aufgefordert worden, nicht mehr öffentlich das alte Befreiungslied "Kill the Boer" ("Tötet den Buren") zu singen. Malema kommentierte das so: "Das ist der Gerichtsentscheid der weissen Männer in Südafrika, wir werden ihn nicht befolgen." Der ANC hat in der Vergangenheit argumentiert, das Lied sei Teil der Geschichte Südafrikas und nicht wörtlich zu nehmen.

 Zuma braucht alle Kraft

 Zurzeit ist Malema in Zimbabwe. Er streitet ab, mit dem Tod Terre'Blanches etwas zu tun zu haben. Doch die Rechtsextremisten der Afrikaner Weerstandsbeweging AWB, die Terre'Blanche gegründet hatt, kündigen Rache an: "Die Tat ist eine Kriegserklärung der Schwarzen an die Weissen", sagte Führungsmitglied Andre Visagie am Montag. Visagie warnt Ausländer davor, zur Fussball-Weltmeisterschaft nach Südafrika zu kommen.

 Präsident Zuma braucht im Moment alle Kraft, um die Bevölkerung zu beruhigen. Er kondolierte Terre'Blanches Tochter Bea persönlich und wandte sich in einer Fernsehansprache an die Südafrikaner. Sie dürften nicht zulassen, dass "Provokateure diese Situation ausnutzen, um Rassenhass anzustacheln", mahnte Zuma. Polizeiminister Mthethwa und Militärchef Bheki Cele reisten nach Vendersdorp, um die Menschen vor Ort zu beruhigen.

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Newsnetz 4.4.10

Südafrikas bekanntester Neonazi erschlagen

sda / oku

 Der Burenführer Terre'blanche ist im Schlaf auf seiner Farm zu Tode geprügelt worden. Die Regierung fürchtet eine Eskalation des Rassenhasses wenige Wochen vor der Fussball-WM.

 Der Führer der rechtsextremen Burengruppierung Afrikaner Weerstandsbeweging (AWB, Eugène Terre'blanche, ist auf seiner Farm getötet worden. "Er ist im Schlaf überrascht und zu Tode geschlagen worden", sagte ein Mitglied der AWB am Samstag.

 Terre'blanche hatte die AWB mitgegründet und angeführt. Die Gruppe versuchte Anfang der 1990er Jahre gewaltsam, das Ende der Rassentrennung in Südafrika zu verhindern.

 Gewalttätiger Rassist

 Der 1941 geborene Neonazi geriet mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt. 2001 musste er für drei Jahre wegen versuchten Mordes ins Gefängnis. Terre'blanche hatte 1996 einen schwarzen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma fast zu Tode geprügelt.

 Lokalen Medienberichten zufolge nutzten die Männer, die Terre'Blanche töteten, Macheten und Schlagstöcke. Die örtliche Polizei von Ventersdorp sagte, sie habe zwei junge Männer - einen 21-Jährigen und einen 15-Jährigen - festgenommen. Sie befinden sich in Untersuchungshaft.

 Präsident ruft zur Ruhe auf

 Polizeisprecherin Adele Myburgh sagte, die beiden hätten in einer ersten Vernehmung angegeben, sie seien für ihre Arbeit auf der Farm nicht bezahlt worden. Terre'blanche und die beiden seien zur Tatzeit allein auf der Farm gewesen. Die Festgenommenen würden in Kürze einem Gericht vorgeführt. Ihnen drohe ein Mordanklage.

 Die Regierung Südafrikas verurteilte die Tötung des Rechtsextremisten. Der Minister für öffentliche Sicherheit im Nordwesten Südafrikas, Howard Yawa, sprach von einem "gefühllosen Mord", wie die Nachrichtenagentur Sapa berichtete. Präsident Jacob Zuma rief die Bevölkerung auf, ruhig zu bleiben. In einer Erklärung warnte er vor Provokationen, "die Rassenhass nähren" könnten.

 Die Tötung Terre'blanches fällt in eine für Südafrika kritische Zeit. Im Land gärt es. Die Fussball-Weltmeisterschaft beginnt in wenigen Wochen und viele sind wegen der zunehmenden Rassendiskriminierung beunruhigt. In den Slums des Landes kommt es immer wieder zu Ausschreitungen.

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Sonntagsblick 4.4.10

Südafrika säubert seine Städte für die WM

 Die Kinderjäger

Von Max Kern

Wie Abfall

 Nur noch 67 Tage bis zur Fussball-WM. Landstreicher, Strassenkinder und Bettler. Die Polizei vertreibt sie wenn nötig mit Gewalt aus den WM-Städten.

 Durban, Südafrika. Die Stadt am Indischen Ozean. Der Ort, wo die Mannschaft von Ottmar Hitzfeld am 16. Juni mit dem Spiel gegen Spanien in die Fussball-WM startet. Es sind 30 Grad im Schatten.

 Die Sonne brennt auf einen Panzerwagen. Aus dem Innern des Polizei-Lastwagens sind wimmernde Stimmen zu vernehmen. Acht Kinder, die mit zwei Erwachsenen in den Wagen gepfercht wurden, flehen um Hilfe. Sie sind Opfer einer Säuberungs-Kampagne.

 Die obdachlosen Kinder werden von der Polizei aufgegriffen und mit Lastwagen aus den Grossstädten gefahren. Der Schweizer Ben Jakob (60), ehemaliger Geschäftsführer des Kinderhilfswerks World Vision, ist Augenzeuge. Der Berner zu SonntagsBlick: "Ich habe in meiner Laufbahn ja schon vieles gesehen. Kinder im Sudan, die an der Mutterbrust starben. Leichen im Fluss in Ruanda. Aber so etwas, dass Kinder wie Ware behandelt werden, ist mir neu. Wahnsinn, sie werden wie Abfall eingesammelt, damit die Strassen für den Fussball sauber sind."

 Die südafrikanische Kinderhilfsorganisation Umthombo schreibt auf ihrer Homepage: "Den Kindern wird Pfefferspray in die Augen gespritzt, Kinder mit blutverschmierten Gesichtern schreien aus den Vans." Bei Umthombo (www. umthombo.ch) kümmern sich ehemalige Strassenkinder um traumatisierte und notleidende Kinder.

 Jakob ist am Rande der Street Child World Championship, der Fussball-WM der Strassenkinder, mit einem Journalisten-Team der englischen Zeitung "The Sun" unterwegs. Vor der Metro Police Station in Parkview Marine Parade stossen die Europäer in Durban auf den mit Strassenkindern vollgepferchten Panzerwagen.

 Marc Giddings, der Fotograf, schiesst Bilder. Nicht ungestraft. Giddings wird verhaftet. Normalerweise hätte der englische Fotograf 48 Stunden hinter Gittern verbringen müssen. Jakob: "Da wir am Abend zuvor an einem Empfang Bürgermeister Obed Mlaba kennengelernt haben, brachten wir Giddings schon nach zwei Stunden wieder raus."

 Der Fotograf musste vor den Augen der Polizisten Beweisbilder löschen. Wie er es fertiggebracht hat, im Innern der Metro Police Station ein Plakat abzulichten, bleibt sein Berufsgeheimnis. Auf dem Plakat sind alle und alles aufgelistet, die in der sogenannten "Beach Cleaning Operation" entsorgt werden sollen: Landstreicher, Strassenkinder, Bettler, Abfall.

 Die englische Zeitung "Metro" zitiert einen südafrikanischen Regierungssprecher: "Du musst zuerst dein Haus aufräumen, bevor du Gäste einlädst."

 Die Südafrikanerin Bulelwa Ngantweni (28), die mit ihrem englischen Gatten Tom Hewitt "Umthombo" leitet, sagt: "Die Säuberungen sind sinnlose Aktionen. Anstatt die Kids in Lastwagen aus den Städten zu fahren, sollten sie diese besser zu uns bringen. Wir könnten mit ihnen an den Strand fahren und Fussball spielen."

 Jakob: "Die Strassenkinder-Fussball-WM brachte das Einsammeln der Strassenkinder in Durban ans Tageslicht. Daraus entwickelte sich zum Glück eine positive Zusammenarbeit zwischen den Hilfswerken und den städtischen Behörden, damit die Strassenkinder wieder in die Gesellschaft integriert werden können."

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 Das sagt die Fifa

 Ist der Weltfussballverband Fifa über das Kinder-Säuberungsprogramm "Beach Cleaning Operation" informiert?

 Fifa-Sprecher Nicolas Maingot: "Gemäss unseren Informationen hat das keinen Bezug zum 2010 Fifa World Cup. Sondern ist Teil eines Sozialprogrammes, das von örtlichen Behörden geleitet wird."

 Gab die Fifa der Südafrikanischen Polizei den Auftrag, die Strassenkinder zu jagen?

 "Natürlich nicht."

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MARX
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WoZ 1.4.10

Sachbuch

 "Über Marx hinaus" - Ein Sammelband mit Positionen von den unorthodoxen Rändern des Marxismus kommt zum Schluss: Marx analysierte die Logik des Kapitals, aber kaum die Situation arbeitender Leute.

 Mit Marx aufs weite Meer

 Von Mischa Suter

 Es ist nicht lange her, da haben viele Bücher bang gefragt, was noch übrig bleibe von marxistischen Perspektiven. Übrig blieb auf jeden Fall Marx' Problemstellung: die Widersprüche des Kapitalismus. Heute steckt der in der Krise, und die halbe Welt spricht deshalb von einer Rückkehr zu Marx. Nur: zu welchem Marx? Und zu was für einem Theoriegebäude?

 Als Karl Marx 1867 den ersten Band des "Kapitals" veröffentlicht hatte, lief etwas schief. Seine Kritik der politischen Ökonomie war auf sechs Bände angelegt. Nach dem Buch über das Kapital plante er je eines zur Lohnarbeit, zum Grundeigentum, zum Staat, zum auswärtigen Handel und zum Weltmarkt. Aber schon die Vollendung des nächs ten Teilbands des ersten Buchs zögerte Marx immer wieder hinaus, weil er angesichts der Wirtschaftskrise der 1870er Jahre seine Hypothesen überprüfen und erweitern wollte: das Theoriewerk als Buch in Echtzeit. Marx' Wettlauf gegen die Zeit endete im rasenden Stillstand. Die Bände zwei und drei erschienen erst nach seinem Tod, herausgegeben von Friedrich Engels, der als Einziger die handschriftlichen Notizen lesen konnte. "Das Kapital" ist der gewaltige Torso aus dem Nachlass eines prekarisierten Privatgelehrten.

 Das heisst nicht, dass hinter der fragmentarischen Aufzeichnung keine zusammenhängende Theorie steckte. Doch ist "Das Kapital" gerade für unorthodoxe MarxistInnen Anlass zum Weiterdenken gewesen. Die Sozialhistoriker Marcel van der Linden und Karl Heinz Roth fügen sich nicht einfach in die herrschende Marx-Renaissance. Für sie bedeutet von Marx auszugehen vielmehr, "über Marx hinaus"zugehen, wie ein jetzt von ihnen herausgegebener Sammelband heisst.

 Erfrischend und überrissen

 Umrahmt von einem Problemaufriss und einer Bilanz, wird in achtzehn Beiträgen Marx als Startpunkt der Überlegungen genommen, wird seine Theorie inspiziert und geschichtlich situiert. Die Herausgeber hatten ihre Anfragen 2007, also noch vor Ausbruc h der aktuellen Krise, versandt. Die BeiträgerInnen stammen aus den linksradikalen Strömungen nach 1968: Manche kommen aus der neuen Frauenbewegung; andere sind geprägt vom Operaismus, einer mit den italienischen Fabrikkämpfen der 1960er Jahre entstandenen sozialen Bewegung, welche die Subjektivität und die Handlungsmacht der ArbeiterInnen ins Zentrum stellte. Wieder andere betreiben eine vom englischen Sozialhistoriker Edward P. Thompson angeregte "Geschichte von unten". Das Buch vereinigt ein weites Spektrum von Positionen, auch wenn die erfrischend selbstbewusste Behauptung der Herausgeber überrissen ist, hier werde (mit ganz wenigen Abstrichen) eine Gesamtschau des nichtorthodoxen Marxismus vorgelegt.

 Mit dem "Kapital" steht ein Teil fürs Ganze. Damit bildete Marx' Hauptwerk nur eine Seite des Gegensatzes kapitalistischer Gesellschaften ab, finden die Herausgeber des Sammelbandes. Das "Kapital" handelt im Wesentlichen von, nun, dem Kapital und nicht von arbeitenden Leuten. Zwar kommen dar in ArbeiterInnen vor, in quellengesättigten Fussnoten und als schemenhafte Gestalten, die mit der Arbeitskraft ihre Haut verkauft und in der Fabrik nichts anderes zu erwarten haben als "die Gerberei", wie es im ersten Band heisst. Aber Marx, so die Herausgeber, habe die Vielfalt und Widersprüchlichkeit der Lebenslagen und Ausbeutungssituatio nen von ArbeiterInnen nicht zum Ausdruck gebracht.

 Roth und van der Linden richten sich deshalb gegen eine beschränkte Auffassung von der ArbeiterInnenklasse, die einem bestimmten Segment eine privilegierte Rolle zuschreibt. Sie sprechen von "Arbeitsgeschichte" als der Geschichte wandelbarer, aktiver Tätigkeiten, statt vom (prototypisch männlichen) "freien Lohnarbeiter", der seine Ware Arbeits kraft auf dem Markt verkauft. So gehört die von Frauen geleistete Reproduk tionsarbeit ebenso zur Arbeitsgeschichte wie die riesige Spannbreite unfreier Arbeit, die von Sklaverei über Schuldknechtschaft und Kontraktverhältnisse bis zur Kinderarbeit reicht.

 Eine solche Arbeitsgeschichte entgrenzt Prozesse der Proletarisierung räumlich, zeitlich und begrifflich. Das entstehende Proletariat lässt sich in vorindustriellen Epochen finden. Der Blick wird dabei auf die ganze Welt und ihre Meere geweitet. Hierhin, auf die europäischen Kriegsschiffe des 18. Jahrhunderts, verschlug es etwa landlose junge Männer, als das Gemeindeland eingehegt wurde. Krieg und Gewalt waren nicht allein zur Unterwerfung der Bevölkerung in neue Produktionsverhältnisse zentral. Sondern die Gewalt selbst war "eine ökonomische Potenz" (Marx), ein Wirtschaftssektor, der den Kapitalismus anschob. Diese Perspektive lässt an weitere neuere Forschungen anknüpfen, welche die Rolle von Gewaltmärkten hervorheben. Doch die Ozeane eröffneten auch Horizonte proletarischer Solidarität über Herkunfts- und vormalige Statusgrenzen hinweg. Ideen und Kampfformen zirkulierten zwischen den Kontinenten. Und zudem bewegte sich auf den Meeren ein Strom von Menschen in die Neue Welt, zunächst versklavt, später getrieben von den Verhältnissen: die irische Hungersnot der 1840er Jahre, die Verelendung italienischer BäuerInnen, die Flucht russischer JüdInnen vor Diskriminierung und Pogromen. Heute schliesslich ist die grösste Binnenmigration der Industriegeschichte im Gang, wenn über hundert Millionen chinesische WanderarbeiterInnen, vor allem junge Frauen, in die Industriestädte der Südküste ziehen. Der globale Prozess eines sich immer wieder neu formierenden Proletariats nimmt kein Ende. Die Herausgeber schreiben deshalb von einem "Multiversum" der ArbeiterInnenklasse.

 Die Logik der Revolten

 Marx selbst verfolgte dabei einen Prozess mit, der seine Theorie tief geprägt hat: das Ende der europäischen Brotunruhen in den 1840er Jahren. Ahlrich Meyer betont in seinem Beitrag, dass Marx' Theorie die Logik der "sozialen Forderungen von unten" nicht erfassen konnte. In den Hungerrevolten setzten die Massen "gerechte" Preise fest. Damit forderten sie ein Recht auf Existenz ein, das direkt mit den Marktgesetzen kollidierte. In Marx' Modell aber bestritt der (männlich gedachte) Arbeiter sein Leben komplett unter Marktbedingungen. Marx war blind für die von Frauen geleistete Reproduktionsarbeit, für Formen der Familien- und Subsistenzökonomie: Bei ihm geschah Reproduktion allein durch das Kapitalverhältnis.

 Doch zugleich nahm er mit seiner theoretischen Unterwerfung der ArbeiterInnen unter das Kapital etwas vorweg. Tatsächlich war nach den gescheiterten Revolutionen von 1848 auch die Zeit der Hungerrevolten in Europa vorbei. Dies hatte, sagt Meyer, wieder Rückwirkungen auf Marx' Theoriebildung: "Das Pathos einer Theorie der Revolution war der nüchternen Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft gewichen." Im "Kapital" hat Marx die Moderne begrifflich seziert, ohne der revolutionären Subjektivität einen sys tematischen Platz einzuräumen. Aber die Hungerrevolten kehren in spätmodernen Verhältnissen wieder: für Brot, Reis oder Benzin, wie 2008 in Ägypten, Haiti und Bangladesch.

 Die Ausblendung der Reproduktionsarbeit hat der Marxismus von der bürgerlichen Geschlechterordnung übernommen. Heute wird die Pflegearbeit viel diskutiert, stets aber als reiner Kostenfaktor behandelt oder als unbezahlte Hausarbeit abgewertet. Silvia Federici, feministische Philosophin aus der Lohn-für-Hausarbeit-Bewegung der 1970er Jahre, erläutert dies in einem Artikel über Altenpflege und die Grenzen des Marxismus. Pflege- und Sorgearbeit als entstofflicht "immaterielle" oder "affektive" Arbeit zu verstehen, wie es heute manche DenkerInnen tun, würde nicht über diese Grenzen hinausgehen. Denn die Reproduktionsarbeit verlange ein umfassendes Sicheinlassen, das eben nicht "immateriell" genannt werden könne, sondern eine grundlegende Verbindung emotionaler und körperlicher Aspekte beinhalte. Für Federici gilt das auch in der politischen Arbeit: Sie vertritt die Position, dass eine politische Bewegung, die keine Antworten auf die Fragen der Reproduktion findet, letztlich sich selbst - politisch - nicht reproduzieren wird und zum Scheitern verurteilt ist. Federicis Beitrag ist ein gutes Beispiel, wie Überlegungen, die zum Teil vor Jahrzehnten angestellt wurden, eine heutige Debatte bereichern können.

 Auch Detlef Hartmanns Text entzündet sich an einer aktuellen Auseinandersetzung. Anhand des Streiks der Flugzeug-Catering-Firma (und Ex-Swiss air-Tochter) Gate Gourmet von 2007 zeigt er, wie ArbeiterInnen sich gegen den unternehmerischen Griff nach ihrer Subjektivität wehren. Herz und Verstand sind in der sogenannten Wissensgesellschaft verstärkt zu Schauplätzen des Klassenkampfs geworden. Um diese Kämpfe zu erfassen, hilft ein tätiger Begriff von Erfahrung, von einem alltäglichen Wissen in den informatisierten Kreisläufen des heutigen Kapitalismus.

 Für die Kämpfe von heute

 Solche Bezüge auf aktuelle Praxis bleiben in dem Buch aber die Ausnahme. Besonders deutlich wird das im Beitrag von Maria Mies. Es ist ein eigentlich erhellender Rückblick auf die feministische These der Hausfrauisierung der Arbeit, der aber um die Jahrtausendwende geschrieben und kaum überarbeitet wurde. Das heisst nicht, dass die grundsätzlichen Überlegungen veraltet sind, im Gegenteil. Aber Mies bezieht ihre Ausführungen direkt auf die Antiglobalisierungsbewegung der 1990er Jahre, in der sie die neuste und eine entscheidende Entwicklung sieht. Das geht an der zyklischen Dynamik sozialer Bewegungen vorbei: "Seattle" war vor elf Jahren, und auch die Zeit der Sozialforen scheint vorüber zu sein. Das Problem sind nicht überholte Begriffe, sondern vielmehr, sich damit in hier und heute stattfindende Auseinandersetzungen vorzuwagen. Da wird es rasch sehr blass. So sieht Carlo Vercellone mit viel Theorie heute den "kognitiven Kapitalismus" am Werk - und endet mit der sozialdemokratischen Forderung nach einer gemeinsamen Rückkehr zum Wohlfahrtsstaat.

 Der Spruch von der Theorie, die als "Werkzeugkasten" taugen soll, mag im Digitalzeitalter nach veralteter Bastelei klingen. Er sei hier trotzdem riskiert: Aufs Ganze gesehen gibt das Buch wenig begriffliche Instrumente an die Hand. Es liefert kaleidoskopische Einblicke und gerade in den geschichtlichen Texten enorm interessante Erweiterungen. Eine Summe entsteht daraus aber nicht. So gesehen könnte man sagen, dass die AutorInnen zwar alle über Marx hinausgehen, aber kaum über ihre eigenen Positionen, die sie vor zwanzig, manchmal vor über dreissig Jahren entwickelt haben. Das macht die Aufsatzsammlung zu grossen Teilen selbst zu einem historischen Dokument, was völlig legitim ist. Aber es lässt jene, die Marx - oder einen bestimmten Zugang zu Marx - als "Wetzstein" (so Ben Diettrich in seinem Beitrag) für die Kämpfe der Gegenwart nutzen wollen, etwas ratlos zurück.

 Das hängt damit zusammen, dass in diesem Buch über das globale Proletariat kaum etwas vom Multiversum und dessen politischen Formen steht. Man liest fast nichts von Programmen, Strategien oder Organisationsvorschlägen. Dabei sind es vor allem auch solche kollektiven Artikulationen, die das, was man "Marxismus" nennen kann, zu einer Einheit von Theorie und Praxis machen, an der Abermillionen kämpfender Frauen, Männer und Jugendlicher auf der ganzen Welt teilnehmen.

 Marcel van der Linden, Karl Heinz Roth (Hg.) unter Mitarbeit von Max Henninger: "Über Marx hinaus. Arbeitsgeschichte und Arbeitsbegriff in der Konfrontation mit den globalen Arbeitsverhältnissen des 21. Jahrhunderts". Verlag Assoziation A. Berlin und Hamburg 2009. 608   Seiten. Fr.   49.90.

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ANTI-ATOM
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sf.tv 4.4.10

Europäische Proteste gegen US-Atomwaffen

sda/afp/halp

 In Belgien sind mehr als 400 Friedensaktivisten vorübergehend festgenommen worden. Die Demonstranten wollten auf das Gelände eines vermutlich mit US-Atomwaffen ausgestatteten Fliegerhorstes eindringen. Nach Angaben der belgischen Nichtregierungsorganisation Action pour la Paix reisten rund 300 Demonstranten aus allen Landesteilen mit Bussen zum Armee-Stützpunkt in Kleine Brogel.

 800 weitere Aktivisten hätten sich der Militärzone durch den Wald genähert und versucht, auf das Gelände zu gelangen.

 Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden 431 Menschen vorübergehend in Gewahrsam genommen. Am Einsatz waren laut Behörden 900 Soldaten und 250 Polizisten beteiligt.

 "Gewaltfreier" Protest

 Einige Anti-Atomwaffen-Demonstranten wurden Ministeriumsangaben zufolge in unmittelbarer Nähe des Stützpunktes von Polizisten festgenommen; die Soldaten hätten diejenigen ergriffen, die über den Stacheldrahtzaun auf das Gelände des Fliegerhorstes geklettert seien.

 Der Protest im Rahmen des Europäischen Tages gegen Atomwaffen war vor mehreren Tagen angekündigt worden und verlief "gewaltfrei", wie eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums sagte. Ihren Angaben zufolge kostete der Einsatz der Sicherheitskräfte rund 150'000 Euro.

 Die Friedensaktivisten wollten mit ihrer Aktion nach eigenen Angaben auf Druck auf die NATO ausüben, die ihr strategisches Konzept überarbeiten will.

 Noch über 200 US-Atombomben in Europa?

 Die Allianz war einst das Verteidigungsbollwerk des Westens gegen den von der Sowjetunion dominierten Warschauer Pakt. Seit dem Ende des Kalten Krieges hat sie sich zunehmend zu einem weltweit tätigen Bündnis entwickelt, das etwa in Afghanistan im Kampf gegen die radikalislamischen Taliban und den internationalen Terrorismus im Einsatz ist.

 Aus der Zeit des Kalten Krieges sollen heute noch etwa 240 US-Atombomben in Europa lagern.

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Basler Zeitung 3.4.10

70 Pflöcke für eine Zukunft ohne AKW

Kaiseraugst. AKW-Gegner der ersten Stunde wollen Kampf gegen Kernkraft fortsetzen

Franziska Laur

 Am 1. April 1975 begann die Besetzung des AKW-Geländes in Kaiseraugst. Das Komitee "Nie Wieder Atomkraftwerke Aargau" rief am Donnerstag damalige Besetzer und junge AKW-Gegner zusammen - um sie für die bevorstehenden Auseinandersetzungen zu mobilisieren.

 "Auch vor 35 Jahren war das Wetter garstig", sagte Peter Scholer, Besetzer des AKW-Geländes in Kaiseraugst anno 1975, am Donnerstag - und wies auf eine Wolkenwand am Horizont. Mehrere Dutzend Menschen hatten sich am Ort des Widerstandes versammelt, um sich am Erfolg der Vergangenheit für den Kampf der Zukunft zu stärken. "AKW sind heute noch fehlerhaft - und die Betreiber wissen nicht, wohin mit dem Müll", so Scholer.

 Ältester Teilnehmer war der 91-jährige Hans Berner, Confiseur aus Rheinfelden. Von der ersten Stunde an habe er die Besetzer damals mit Schokolade und Kaffee versorgt, erzählt er. Mit dabei sind auch Kathrin Scholer und Dora Gebhardt. Sie erinnern sich an die nasskalte Zeit, an den dicken Schlamm auf dem Gelände und an die Bagger von Motor Columbus, denen sie sich entgegenstellten: "Es war eine wilde Zeit. Wir haben uns mit Leib und Leben eingesetzt." Und noch heute denken sie gerührt an die Welle der Solidarität, die ihnen entgegenschwappte: an hohe Politiker, die ihnen Hilfe versprachen, an Ernst Beyeler, der sie finanziell unterstützte, und an die Bauern der Region, die mit warmer Suppe und aufmunternden Worten vorbeikamen.

 Auch Ruedi Rechsteiner, Ex-SP-Nationalrat und streitbarer Kämpfer für erneuerbare Energien, blickt zurück: "In der Schule hatten wir einen Alarmdienst eingerichtet für den Fall, dass die Polizei räumen sollte. Als er losging, eilten wir mit unserem Griechischlehrer auf das Gelände - doch es war ein Fehlalarm." An Pfingsten gab Motor Columbus dem Druck nach und zog die Bagger ab. Der Rest ist Geschichte.

Optimismus

Die Atomkraftgegner stärken sich noch heute an diesem historischen Erfolg und sie geben der Atomkraft keine Überlebenschance: "Wenn wir über AKW abstimmen, werden 72 Prozent der Bevölkerung Nein sagen", ist Rechsteiner überzeugt. Und er rechnet vor, dass die erneuerbaren Energiequellen reichen würden, um den Strombedarf der Schweiz zu decken. Ja, er hat schon ein Datum vor Augen: Bis 2030 werde sich die Schweiz selbst aus erneuerbaren Energien versorgen. Doch die Entwicklung von Wind- und Solarkraft würde politisch durch die Atomlobby blockiert.

Auch Hansjörg Weder, damals ebenfalls unter den Besetzern, hat das unfreundliche Wetter nicht gescheut und ist auf das ehemalige AKW-Gelände gekommen. Die heutigen AKW-Gegner sollten nicht zurückschrecken, mit dem Szenario in Tschernobyl zu operieren, sagt er. Er selbst sei im Jahr 1990, vier Jahre nach der Katastrophe, dorthin gereist. "Es war eine sterbende Stadt", sagte er. "Wir können dankbar sein, dass wir in der Schweiz noch nichts Ähnliches erlebt haben. Doch wir sitzen am Kraterrand", warnte er.

 Auch Vertreter von deutschen Organisationen sprachen vor Ort und sicherten den Schweizer Genossen ihre Unterstützung zu. Und einträchtig schlugen junge und alte AKW-Gegner auf dem Gelände 70 Pflöcke ein: Daran angebracht sind Mahnungen an die düsteren Seiten der AKW und Argumente für die Energiezukunft ohne Atomkraft.

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Aargauer Zeitung 3.4.10

Fricktal

 Kaiseraugst: AKW-Gegner

Walter Christen

 Am 1. April 1975 besetzten in Kaiseraugst Atomkraftgegner das Gelände und verhinderten den Baubeginn für das AKW. Nach 35 Jahren trafen sich Aktivisten von damals an diesem1.April zu einer Kundgebung. Auf dem Areal wurde im Rahmen einer Aktion mit 70 Schrifttafeln "gegen die Atomkraft" und für eine "Schweiz ohne Atomstrom" hingewiesen. (chr)Seite 25

 Regos-Nebenstandort Zeihen wird aufgelöst

 Es gibt Klassen an der Kreisschule Oberes Fricktal (Gemeinden Bözen, Effingen, Elfingen, Hornussen und Zeihen), die einen Schülermangel aufweisen. Auf das Schuljahr 2010/2011 wird deshalb der Nebenstandort Zeihen aufgehoben. (az)Seite 27

 Forum Gansingen als Vertretung fürs Volk

 Themen aus dem Gemeinderat werden im Forum Gansingen diskutiert. Das Forum vertritt das Volk. (az)Seite 27

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"Schweiz in 35 Jahren ohne Atomstrom"

 Kundgebung in Kaiseraugst zur Erinnerung an die Besetzung des AKW-Geländes durch Aktivisten am 1. April 1975

 Die Besetzer des Geländes in Kaiseraugst verhinderten vor 35 Jahren den Bau des Atomkraftwerks. Aktivisten von damals sind überzeugt: "Die Schweiz ist in 35 Jahren frei von Atomstrom."

 Walter Christen

 Am 1. April, dem 35. Jahrestag des Beginns der Besetzung des AKW-Geländes in Kaiseraugst, schlugen sie wieder Pflöcke ein, die Aktivisten von damals. Sie setzen sich dafür ein, dass die Schweiz in 35 Jahren für die Stromproduktion keine Atomenergie mehr verwendet.

 Den Bau des AKW verhindert

 Als "Mann der ersten Stunde" wurde Peter Scholer aus Rheinfelden von der Gruppe versammelter Atomkraftgegner aus dem In- und Ausland in Kaiseraugst begrüsst. Scholer, damals Präsident der Gewaltfreien Aktion Kaiseraugst (GAK), stand am 1. April 1975 um 6 Uhr morgens auf dem Gelände, wo er mit 60 weiteren Aktivisten den Baubeginn für das AKW zu verhindern vermochte. Die Besetzung des Geländes erstreckte sich über längere Zeit und war ein deutliche Signal des entschlossenen und formierten Widerstands gegen den 1000-Megawatt-Meiler. Der stets wachsende Protest gegen die Atomkraftwerkpläne führte mehr als ein Jahrzehnt später dazu, dass die Kernkraftwerk Kaiseraugst AG auf den Bau verzichtete und dafür vom Bund mit 350 Millionen Franken entschädigt wurde.

 In Kaiseraugst,auf dem Areal der Aurica AG, Aarau, der Rechtsnachfolgerin der Kernkraftwerk Kaiseraugst AG, platzierten die Atomkraftgegner an diesem 1. April während rund zwei Stunden 70 Informationstafeln: 35 "gute Gründe gegen Atomkraft" (Beispiele: "Schweizer AKW, sicher wie das Bankgeheimnis" und "Strom-Lücke? Nein: Uran-Lücke") sowie 35 "noch bessere für eine Zukunft ohne AKW" (etwa "Nirgends ein Kaiseraugst" oder "Kühe und Schweine sind Kraftwerke"). Denn: "Die Atom-Lobby will ein weiteres Kapitel öffnen - es sind drei Rahmenbewilligungsgesuche für Atomkraftwerke eingereicht worden - und drängt zudem auf eine rasche politische Lösung in der Frage der Atommüll-Lagerung", wie es hiess.

 Lotty Fehlmann Stark, Präsidentin des Vereins NWA (Nie Wieder Atomkraftwerke), Regionalgruppe Aargau, ermutigte die Aktivisten, im Kampf gegen die Weiterverbreitung der Atomenergie nicht nachzulassen.

 Der Basler SP-Nationalrat Rudolf Rechsteiner und Co-Präsident von NWA Schweiz, forderte an der Kundgebung in Kaiseraugst, dass die Schweiz voll einsteigen müsse bei der Nutzung von erneuerbaren Energien: "Erneuerbar statt atomar" lautet sein Credo.

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Basellandschaftliche Zeitung 3.4.10

35 Thesen gegen die Atomenergie

AKW-Gelände vor 35 Jahren besetzt

 Am 1. April 1975 ist das Baugelände des Atomkraftwerks Kaiseraugst besetzt und schliesslich der Neubau verhindert worden. Am Tag des 35-jährigen Jubiläums haben Atomkraftgegner auf dem historischen Gelände zwei Mal 35 Tafeln aufgestellt - 35 Tafeln mit Aussagen gegen die Kernenergie und 35 Tafeln mit alternativen Vorschlägen. Damit wollen sie klar machen, dass sie weiterhin gegen den Bau von neuen Kernkraftwerken kämpfen werden. Wenn das Parlament die Rahmenbewilligung für ein neues AKW erteilt, wollen die Gegner das Referendum ergreifen. Das Volk werde dann den Bau von neuen AKWs ablehnen, sagen sie. (bz)Seite 25

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Ergraut und trotzdem laut

 Aktion 35 Jahre nach der Besetzung des AKW-Geländes in Kaiseraugst

 Exakt 35 Jahre nach Beginn der Besetzung in Kaiseraugst findet der Verein "Nie wieder Atomkraftwerke" bei der Jubiläumsfeier immer noch markige Worte. "Pflöcke einschlagen für eine Energiezukunft ohne AKW" lautet sein Motto.

 Leif Simonsen

 Etwas ergraut, aber keineswegs weniger laut als damals war die Versammlung auf dem AKW-Gelände in Kaiseraugst. Vor genau 35 Jahren hatte die Besetzung des Areals angefangen. Mit dem damals utopisch scheinenden Ziel, den Bau des umstrittenen Kernkraftwerks zu verhindern, blockierten linke Politiker und Aktivisten die Bauarbeiten.

 Aktion auf historischem Grund

 Am 1. April kehrten Einige an den geschichtsträchtigen Ort zurück und wurden mit Stolz erfüllt. "Die Erinnerung an diese Zeit ist eine grosse Genugtuung", sagte Ruedi Rechsteiner, Co-Präsident von "Nie wieder Atomkraftwerke" Schweiz (NWA). Der eben zurückgetretene SP-Nationalrat ging damals noch zur Schule - kein Grund, nicht trotzdem gegen den Bau zu kämpfen.

 Der Verein NWA wollte aber am 1. April nicht nur in Erinnerungen schwelgen. Die Redner - insgesamt war das Durchschnittsalter an der Veranstaltung recht hoch - schlugen auch kämpferische Töne an. Dass derzeit schweizweit drei Rahmenbewilligungen für neue Kernkraftwerke am Laufen sind, stösst den Mitgliedern der NWA sauer auf.

 Ruedi Rechsteiner nannte die schwarzen Schafe beim Namen: "Der Bau von AKW ist eventualvorsätzliche Tötung. CVP, FDP und SVP sind mit Millionen geschmiert. Sie sind alle korrupt!" Dass die neuen Atomkraftwerke deshalb vom Parlament durchgewinkt werden, darüber waren sich die rund 40 Anwesenden einig.

 Referendum gegen AKW

 "Aber wir werden das Referendum ergreifen. Wir zweifeln nicht daran, dass das Volk gegen neue Atomkraftwerke stimmt", sagte Lotty Fehlmann, Präsidentin NWA Aargau. Rechsteiner schlug in die selbe Kerbe: "Ich erwarte 72 Prozent Nein-Stimmen. Sogar im Kanton Aargau werden die Atomkraftwerke abgelehnt werden." Nie waren AKW überflüssiger als heute, findet die NWA.

 Erneuerbare Energien seien "unbegrenzt und im Vergleich zu den AKW ökologischer und wirtschaftlicher", meinte Fehlmann. Gerade der letzte Punkt ist in Fachkreisen umstritten. Für Fehlmann aber ist die Sache eindeutig: "Ein Atomkraftwerk kostet über zehn Milliarden Franken. Dass sich hierfür keine privaten Investoren finden, zeigt schon vieles."

 Die Veranstalter haben die Kernargumente an ihrem Jubiläumsakt zu 35 teilweise provozierenden Aussagen ausgebaut. "Uran=Krebs" oder "Entsorgung? Jahrhundertlüge!" stand auf den Plakaten, die auf dem Gelände aufgestellt wurden. Gegenüber diesen Thesen wurden Plakate mit Alternativen aufgestellt. "Mit Solaranlagen CO2 sparen" oder "Mit Biogas Gas geben" lauteten hier die Parolen. "Die 35 Tafeln symbolisieren Jahreszahlen", sagte Fehlmann. "Vor 35 Jahren kämpften wir erfolgreich gegen den Bau dieses Kraftwerks. In 35 Jahren werden wir nur noch erneuerbare Energien haben", hofft sie.

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Auswirkungen für die ganze Schweiz

 Der lokale Widerstand im Epizentrum Kaiseraugst erschüttert die Energielandschaft bis heute

 Die Besetzung in Kaiseraugst ist vorbei und das geplante Atomkraftwerk vom Tisch. Doch der Widerstand wirkt weiter und hat etliche Gesetze beeinflusst.

 Walter Brunner

 Die Besetzung des AKW-Geländes 1975 war keine spontane Aktion, keine kurz einberufene Demo als Happening gegen die Langeweile. "Wir haben die Besetzung trainiert und angekündigt", sagt Peter Scholer, ein Besetzer der ersten Stunde. Der damalige Liestaler SP-Politiker betont, dass die "Gewaltfreie Aktion Kaiseraugst" bewusst mit dem Ziel gegründet worden war, um gewaltfrei Widerstand zu leisten. So gab es schon ein Jahr vor der Besetzung eine Probebesetzung. "Das wurde lächelnd zur Kenntnis genommen", sagt Scholer heute.

 Transparent und vorbereitet

 Gemäss den Grundsätzen des gewaltfreien Widerstandes sei die Besetzung vorher angekündigt worden. "Alle anderen Bemühungen waren juristisch und politisch am Ende angelangt", sagt Scholer, der später 20 Jahre lang als SP-Stadtrat in Rheinfelden tätig war. Er rechnete damals damit, dass die Besetzer höchstens eine Nacht ausharren mussten, dann komme die Räumung. "Wir sind eigentlich davon überrascht worden, dass die Besetzung schliesslich elf Wochen dauerte." Die Unterstützung war so gross, dass es immer genug zu essen gegeben habe - trotz Kälte, Regen und Schneeschauern.

 Die gute Vorbereitung, die Gewaltfreiheit und die Unterstützung lohnten sich: Die Atomkraftbetreiber mussten erkennen, dass sich in der Nordwestschweiz kein AKW bauen lässt.

 Moratorium und Gesetze

 In der Folge von Kaiseraugst haben die Kantone Baselland und Basel-Stadt in der Verfassung verankert, dass sie sich gegen den Bau eines Atomkraftwerkes in der Nordwestschweiz wehren müssen. Damit sind die Regierungen praktisch verpflichtet, den "Geist von Kaiseraugst" beizubehalten.

 Die Widerstandsbewegung führte mit zum Programm Energie Schweiz. Jetzt will der Bundesrat dieses bis 2010 befristete "Programm für Energieeffizienz und erneuerbare Energien" bis im Jahr 2020 fortführen. Ebenfalls im Sinne der Widerstandskämpfer von 1975 ist die Moratoriumsinitiative, die 1990 vom Volk angenommen wird und den Bau neuer AKW zehn Jahre verboten hat.

 Sollten Bundesrat und Parlament einem Kernkraftwerk die Rahmenbewilligung erteilen, kann das Referendum ergriffen werden und das Volk über ein neues AKW abstimmen. Die Nordwestschweiz dürfte das kaum betreffen. Für Peter Scholer ist klar: "Ich habe keine Zweifel, dass sich der Widerstand wieder regen würde."

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Chronologie

 1963 kauft die Motor Columbus (MC) den Asphof in Kaiseraugst und plant ein ölthermisches Kraftwerk, dann ein Atomkraftwerk. Im Laufe der Planung wird es immer grösser. Die Stimmbürger von Kaiseraugst bewilligen den Zonenplan für ein AKW. 1970 wird die NAK gegründet, heute NWA ("Nie wieder Atomkraftwerke"). Die Gruppe informiert eifrig und wächst schnell. 1972 lehnen die Stimmbürger von Kaiseraugst das AKW mit Kühltürmen ab. Es wimmelt in jenen Jahren von Gutachten, Petitionen, Standesinitiativen, Berichten und rechtlichen Schritten. 1973 wird die "Gewaltfreie Aktion Kaiseraugst" (GAK) gegründet. Das Projekt in Kaiseraugst und der Widerstand dagegen werden zum öffentlichen Thema. Der Bau wird bewilligt, gegen den Willen der Einwohner und der Parlamente in beiden Basel. Im März 1975 beginnt man mit den Aushubarbeiten. Am 1. April 1975 besetzen etwa 80 Personen das Gelände und die Baumaschinen, bald sind es rund 500 Personen. Eine Kundgebung lockt trotz miserablem Wetter 16000 Personen an. Der Bau des Kraftwerkes wird vorerst aufgeschoben. Am 11. Juni 1975 verlassen die Besetzer das Gelände. Das Projekt wird erneut bewilligt, es wird erneut protestiert, zuweilen von 20000 Personen. Am 26. April 1986 geschieht die Reaktor-Katastrophe in Tschernobyl. Am 26. September 1988 gibt Motor-Columbus-Verwaltungsrat Christoph Blocher den Verzicht auf das AKW in Kaiseraugst bekannt. Motor Columbus wird mit 350 Mio. Fr. aus Steuergeldern entschädigt. (bru)

 Chronologie von Hans Schneider-Lübke, http://www.nwa-schweiz.ch