MEDIENSPIEGEL 8.4.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS)
- RaBe-Info 7.+8.4.10
- Bollwerk: Anlaufstelle Strafvollzug in der Speichergasse
- Revolution: Umzug in die Altstadt
- 1. Mai: Umzug vor die Reitschule
- Demorecht BE: Abstimmung am 13.6.10
- Homohass: Pink Cross + LOS zum Walliser Urteil
- GsoA: Wehrpflicht fällen
- Kontainern mit der WoZ
- Ost-Fussball: FCSG verbietet Choreos
- Delta Securities randalierten am 1. Mai ZH
- Asyl: 7 Flüchtlinge frei wegen ausschaffungstodbedingter Flugsistierung
- Antifa Freiburg: Web-Asyl in Island
- Anti-Atom: Kaiseraugst; Gorleben

----------------------
REITSCHULE
----------------------

Do 08.04.10
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter - elektronische Leckerbissen zu lesbisch-schwulem Chillen mit DJ Xylophee, DJ Dunch, DJ FRATZ, Mike, Nadja & DJ ELfERich
20.15 Uhr - Kino - Mitgliederversammlung Grundrechte.ch: Filmpremiere von Tele G: "20 Jahre Protest gegen den Schnüffelstaat: Wie war das damals, was ist davon geblieben?"
21.00 Uhr - Rössli-Bar- The Pharmacy (USA) - support: everest on tt

Fr 09.04.10
20.30 Uhr - Tojo - "Alleinsein ist immer zu kurz" ein Stück über Annemarie von Matt. Regie: Lilian Naef. Mit: Stine Durrer
21.00 Uhr - Kino - "Fressen und gefressen werden...": The Rocky Horror Picture Show, Jim Sharman, USA/UK 1975
21.00 Uhr - Rössli - Katharina Nuttall & Band (NOR/SWE) - Alternative, Songwriting, Rock

Sa 10.04.10
20.30 Uhr - Tojo - "Alleinsein ist immer zu kurz" ein Stück über Annemarie von Matt. Regie: Lilian Naef. Mit: Stine Durrer
21.00 Uhr - Kino - "Fressen und gefressen werden?": The Rocky Horror Picture Show, Jim Sharman, USA/UK 1975
22.00 Uhr - Dachstock - Sophie Hunger (CH) & Band, Support: George Vaine
22.00 Uhr - SousLePont - Budget Boozers (Garage Trash Rock'n'Roll), Support: Shady & the Vamp (Garage Punk) und Sonic Angels (Garage Rock'nRoll)

So 11.04.10
21.00 Uhr - Dachstock - ISWHAT?! (Hyena/Discograph/Alive/USA), feat. Napoleon Maddox (Rap/BeatBox), Brent Olds (Bass), Cocheme'a Gastelum (Sax), Hamid Drake (Drums)

Infos: http://www.reitschule.ch

---

Bund 8.4.10

Angaben zur Person Sophie Hunger

 Mein Wunsch: Der Aufstand der Massen

 Meine früheste Erinnerung in Sachen Kultur:

 Tischmanieren.

 Das letzte Buch, das mir Tränen in die Augen trieb:

 Christian Kracht: "Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten".

 Wen ich auf den Mond schiessen würde:

 Niemanden.

 Warum ich geworden bin, was ich bin:

 Die Vollziehung biologisch-physikalischer Naturgesetze.

 Was ich nie mehr verpassen möchte:

 Die Premiere von einem Eugénie- Rebetez-Stück.

 Wohin ich eine neue Liebschaft ausführen würde:

 Vor den Altar.

 Mein letzter peinlicher Auftritt:

 Als ich im Studio in Paris Lenny Kravitz' Freundin sagte, sie  solle ihr dummes Grinsen ablegen.

 Würde ich nie anziehen:

 Flipflops.

 Das bereitet mir Ohrenweh:

 Silberbesteck in meinem Mund führt bei mir zu Ohrenschmerzen.

 Hier trifft man mich garantiert nicht an:

 Ich möchte mir meine Bewegungsfreiheit durch die Publikation eines voreiligen Entschlusses nicht unnötig einschränken.

 Das mache ich an einem verregneten Sonntag:

 Ich bereite mich auf den Verlust unseres exorbitanten Wohlstandes vor und lerne Chinesisch.

 Wenn ich mein Schaffen überblicke - darauf bin ich stolz:

 Den Junioren-Schweizer-Meister-Titel im Unihockey mit dem UHC Köniz, 1995.

 Das tue ich in der Pause:

 Ich schaue TED Talk Videos.

 www.ted.com.

 Mein Wunsch:

 Der Aufstand der Massen.

 Und das steht auf meiner Kulturagenda:

  "Gina" - ein Spektakel von Eugénie Rebetez, man darf das nicht verpassen.

 Im Berner Schlachthaus vom 14. bis 17. April! (ane)

 Sophie Hunger Die Sängerin hat soeben ihr drittes Album "1983" (Two Gentlemen) veröffentlicht und tritt am Samstag, 10. April im Dachstock der Reitschule, am Sonntag, 11. April in der Dampfzentrale auf. Beide Konzerte sind ausverkauft.

---

Bund 8.4.10

Iswhat?!

 Jazz und Hip-Hop in der Paartherapie

 Der einst so verheissungsvolle Flirt zwischen Jazz und Hip-Hop ist in einem Stadium abgebrochen worden, in dem noch längst nicht alles gesagt war. Die Amerikaner von Iswhat?! nehmen den Faden wieder auf, und zwar dermassen vielversprechend, dass sich neben dem Fela-Kuti-Sohn Femi auch der Tenorsax-Altmeister Archie Shepp regelmässig zum Jam meldet und im letzten Jahr eine dieser Sessions gar auf CD bannte. (ane)

 Dachstock Reitschule So, 11. April, 21 Uhr.

---------------------
RABE-INFO
---------------------

Do. 8. April 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_8._April_2010.mp3
- Kirgistan: Ausnahmezustand und Flucht des Präsidenten
- Parteiprogramm: die SP will nach wie vor den Kapitalismus überwinden
- Internet: sicher Surfen ohne Spuren zu hinterlassen

---

Mi. 7. April 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_7.April_2010.mp3
- Umorganisieren in Bern:
die Sozialberhörde soll anders werden
- Hausbesetzung in Biel: Idee der autonomen Schule macht Schule
- Free Music Week: Musikpiraten schaffen Öffentlichkeit

--------------------
BOLLWERK
--------------------

BZ 8.4.10

Speichergasse
 
Umbau für Straftäter

Das Parterre des Gebäudes an der Speichergasse 8 wird zur Anlaufstelle für den Strafvollzug von Kleinkriminellen umgebaut.

 An der Speichergasse 8, wo in der Galerie Bischoff während der letzten fünf Jahre Kunstwerke ausgestellt waren, sollen bald Kleinkriminelle ein und aus gehen. Nach der Publikation im Anzeiger Region Bern soll das Parterre dort für die neue Regionalstelle für den Straf- und Massnahmenvollzug umgenutzt und umgebaut werden. Bisher wurden Kleinkriminelle zum Absitzen ihrer Strafe vom Regierungsstatthalter eingewiesen. Das wird sich ab dem nächsten Juli ändern. Ab diesem Datum wird hier die neue geschaffene Regionalstelle für den Straf- und Massnahmenvollzug untergebracht sein.

  "Hier entstehen keine Gefängniszellen, sondern Räume für den administrativen Ein- und Austritt von Kleinkriminellen, die selber zum Strafvollzug kommen oder entlassen werden", sagt Martin Kraemer, Vorsteher vom Kantonalen Amt für Freiheitsentzug und Betreuung. Der Strafvollzug erfolgt in den Zellen des angrenzenden Regionalgefängnisses.
 jsp

-----------------------
REVOLUTION
----------------------

Bund 8.4.10

Kulturnotizen Kunstprojekt zur Revolution

Umzug in der Berner Altstadt und Finissage

 Das Kunstexperiment "Die Revolution in Bern muss verschoben werden", das seit Februar im Bollwerk 17/19 stattfindet, wird morgen Freitag mit einem Umzug durch die Berner Altstadt abgeschlossen. Die Route führt vom Waisenhausplatz (Treffpunkt: 18.30 Uhr) bis zum Ausstellungslokal. Unterwegs wird ein Manifest vorgetragen, das bis zum Umzugsbeginn auf der Website der Berner Neuen Galerie (www.neuegalerie.ch) für jedermann einseh- und veränderbar ist. Verantwortlich für das Projekt ist der Zürcher Künstler Marcel Meury. (len)

--------------------
1. MAI BERN
--------------------

20 Minuten 8.4.10

Steht Bern vor heissem 1. Mai?

 BERN. Der revolutionäre Block ruft auf dem Internetportal Indymedia zur Demo am 1. Mai mit Treffpunkt in der Kramgasse auf. Er kritisiert im Vorfeld die Haltung der Gewerkschaften gegenüber dem Kapitalismus. "Kritik an der Position der Gewerkschaften gab es immer wieder", sagt Nico Lutz von der Unia. Er rechnet nicht damit, dass der antikapitalistische Block innerhalb des offiziellen 1.-Mai-Umzugs mitlaufen wird. Danach wollen sich die "Revolutionäre" zum Fest auf das Reithallen-Areal zurückziehen. Auch Sicherheitsdirektor Reto Nause rechnet nicht "mit zürcherischen Zuständen", wie er auf Anfrage sagt. "Der Aufruf des revolutionären Blocks ist uns aber bekannt." Die Stadt werde auf jeden Fall vorbereitet sein.

 Gelassen bleiben auch die Ladenbesitzer an der Kramgasse. "Verbarrikadieren werden wir uns sicher nicht", sagt Leist-Präsident Nicolas Adamek.  sah

---

Mail 8.4.10 (siehe auch http://ch.indymedia.org/de/2010/04/74783.shtml)

Revolutionäres 1. Mai Programm in Bern:

Revolutionärer Block an der 1. Mai Kundgebung: Besammlung 16.00 Uhr,  Kramgasse!
Revolutionäres Fest ab 17.00 Uhr auf dem Vorplatz der Reitschule. Mit  Konzerten (u.A. Mani Porno (ohne Tschäppät), Ballast Existenz (Punk  SO/BE), ProtonProd (HipHop/Lausanne) und NoRMAhL (Punk/DE)) , Bar,  Essens- und Infoständen, Afterparty und vielem mehr ... !


Heraus zum 1. Mai!

Kapitalismus überwinden ? nicht reformieren!

"Arbeit, Lohn und Rente statt Profit und Gier", so lautet die  diesjährige Parole zum 1. Mai. Herausgegeben hat sie der  Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB).

Die Parole lässt tief blicken. Sie bringt das (Selbst-)Verständnis der  System-Linken auf den Punkt. Arbeit, Lohn und Rente - das halten sie  für etwas ganz Tolles, dafür wollen sie kämpfen. Der Widerspruch, dass  gerade die Lohnarbeit für den Profit der Reichen verantwortlich ist,  kann sie nicht davon abbringen. Genauso wenig die Tatsache, dass die  kapitalistische Lohnarbeit die ArbeiterInnen verschleisst und dass es  sie überhaupt nur wegen dem Profit gibt.

Nicht einmal in der Krise, in der die Zumutungen der kapitalistischen  Wirtschaftsweise die ProletarierInnen aller Länder noch härter treffen  als sonst, lässt sich die System-Linke dazu bewegen andere Töne  anzuschlagen und auf den "gestrauchelten" Kapitalismus einzutreten.  Sie hilft ihm lieber tatkräftig wieder auf die Beine.

GewerkschaftsführerInnen fordern Konjunktur- und Rettungspakete von  einem starken Staat und geisseln gierige ManagerInnen und  verantwortungslose PolitikerInnen.

Diese Ordnung hat System - und dieses System heisst Kapitalismus!

Auf "ihr" System, die freie Marktwirtschaft, lassen die System-Linken  ums Verrecken nichts kommen. Das System würde ihrer Meinung nach  offenbar schon ordentlich funktionieren - wenn bloss die  FunktionärInnen der demokratischen Herrschaft und der Wirtschaft nicht  so einen schlechten Charakter hätten.

Diese Haltung ist mehr als zynisch, man braucht schliesslich kein  Denkriese zu sein, um zum Beispiel zu merken:

- dass gerade der starke Staat die herrschende Ordnung ins Recht setzt  und dass nicht einzelne AbzockerInnen und gewissenlose PolitikerInnen  dafür verantwortlich sind, dass täglich 100 000 Menschen an den Folgen  von Hunger sterben, während andere Leute unermesslichen Reichtum  anhäufen.

- dass ArbeiterInnen nicht entlassen werden, weil es nichts mehr zu  tun gibt, sondern dann, wenn mit den Produkten, die sie herstellen zu  wenig Profit gemacht wird.

- dass im Kapitalismus überschüssige Produkte, die nicht verkauft  werden können, nicht an Bedürftige verteilt, sondern gezielt  vernichtet werden.

- dass alle möglichen produzierten Dinge sich in der Krise nicht in  Luft aufgelöst haben. Dass es im Gegenteil zu viele davon gibt! Nicht  weil es keine Bedürfnisse nach guten Konsumgütern mehr gäbe, sondern  weil es nicht genug kaufkräftige Bedürfnisse (Bedürfnisse, die bezahlt  werden können) gibt.

Der Kapitalismus hat keine Fehler ? er ist der Fehler!

Statt sich an der moralischen Kritik am fehlenden Anstand und der  fehlenden Verantwortung der wirtschaftlichen und politischen Elite zu  beteiligen, halten wir es für angebracht uns damit zu beschäftigen,  wie der Kapitalismus tatsächlich funktioniert, die ökonomischen  Verhältnisse zu kritisieren und eine soziale Revolution aufzugleisen!

Dafür wollen wir im Revolutionären Block gemeinsam einstehen! Schliess  dich uns an!

Kapitalismus überwinden - nicht reformieren!
Heraus zum 1. Mai - hinein in den Revolutionären Block!

Plakat: http://ch.indymedia.org/images/2010/04/74784.jpg

---------------------------
DEMORECHT BE
---------------------------

bernerzeitung.ch 8.4.10

Stadtberner Stimmbürger entscheiden über Demo-Initiative

sda / met

 In der Stadt Bern wird am 13. Juni unter anderem über eine Initiative abgestimmt, die ein härteres Vorgehen gegenüber gewalttätigen Demonstranten fordert.

 Die Initianten verlangen, dasss das Stadtberner Kundgebungsreglement mit einem so genannten Entfernungsartikel ergänzt wird. Damit müssten sich Teilnehmer von einer Kundgebung entfernen, sobald die Polizei sie dazu auffordert. Wer trotzdem bleibt, dem drohen Bussen von bis zu 5000 Franken.

 Der Gemeinderat wollte die Initiative annehmen, das Stadtparlament sprach sich jedoch dagegen aus. Deshalb findet sich in der Botschaft an das Stimmvolk eine ablehnende Empfehlung.

 Im Mai 2008 eingereicht

 Die Initiative aus dem bürgerlichen Lager wurde im Mai 2008 mit über 5000 beglaubigten Unterschriften eingereicht. Bern war in den letzten Jahren immer mal wieder Schauplatz von Kundgebungen, die in Gewalttätigkeiten ausarteten. Das Fass zum Überlaufen brachten heftige Ausschreitungen im Oktober 2007 im Zusammenhang mit einer SVP-Kundgebung und einer Gegendemonstration.

 Neben der "Demo"-Initiative werden die Stimmbürger im Juni auch über den Zonenplan Mingerstrasse und die Übertragung von zusätzlichen Aufgaben an die Regionalkonferenz Bern Mittelland befinden.

-----------------------
HOMOHASS
-----------------------

WoZ 8.4.10

Diesseits und Jenseits

Communiqué

Heftige Attacken

  "Arschficker-Miliz", "wildgewordene Irre" oder auch harmloser "Tunten" - mit derartigen Ausdrücken bedachte die Walliser Junge SVP 42 KlägerInnen, die sich gegen homophobe Schmähschriften auf der Internetseite der Partei wehrten. Das Walliser Kantonsgericht hat die Klage als teilweise unzulässig abgelehnt. Die Kläger Innen überlegen sich einen Weiterzug ans Bundesgericht. Am 15. Juli 2009 reichten 42 Personen Klage ein gegen homophobe Schmähschriften, die die Führung der Jungen SVP des Kantons Wallis am 17. Mai und am 3. Juni publiziert und deren Äusserungen sie seither mehrfach wiederholt hatte, zuletzt in ihrem Communiqué vom 30. März 2010. Die Klägerschaft repräsentiert alle LGBT-Gruppen der Romandie wie auch der nationalen Dachorganisationen (LGBT steht für Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender). Anlass für die Klagen gaben insbesondere die zahlreichen und immer heftigeren Attacken der Beschuldigten gegen die KlägerInnen.

 Zur Erinnerung: Die KlägerInnen wurden auf dem Internet regelmässig mit schockierenden Ausdrücken eingedeckt, die massive und systematische Diskriminierungen gegenüber allen homosexuellen Personen darstellen. Die Junge SVP spricht von der "Regenbogen-Miliz", der "Sturmspitze der Organisationen der mit Federn verzierten Abnormalen", von "wildgewordenen Irren", der "Arschficker-Miliz" (mi lice pédoncule) und "Tunten", um nur einige der benutzten Ausdrücke auf Deutsch zu übersetzen. (Pédoncule bezeichnet eigentlich den Stängel einer Pflanze - hier handelt es sich um ein Wortspiel aus pédé = Schwuchtel und cul = Arschloch, Entschuldigung.)

 In der Optik der Autoren der Schmähschriften, will diese "A***-Miliz" nur jene bestrafen, die sich nicht von hinten f*** lassen wollen. Die "Pédoncules" - um beim gewählten Vokabular zu bleiben - werden dargestellt als psychisch Kranke, Opfer einer "krankhaften Abweichung", die sie dazu zwingt, allen ihre Abscheulichkeiten vor Augen zu führen. Oder wahlweise als "Verkorkste, die von allen Dächern verkünden, dass sie es gerne mit dem Werkzeug treiben, das eurem gleicht ..."

 Darüber hinaus, um bei den Vorwürfen der Beschuldigten zu bleiben, werden von der "Rosa-Khmer-Lobby" "Gestapo-Methoden" eingesetzt, um die Meinungsfreiheit abzuschaffen. Der Verweis auf die Gestapo ist in diesem Zusammenhang, da auf deren Geheiss auch Zehntausende Homosexuelle gefoltert und in Konzentrationslager deportiert wurden, umso schockierender. Sämtliche Äusserungen machen eines klar: Es wird versucht, homosexuellen Personen die Menschlichkeit abzusprechen, damit man sie ungestraft massiv diskriminieren darf.

Aus der Sicht von LOS und Pink Cross dürfen solche Angriffe auf keinen Fall toleriert werden, und die KlägerInnen müssen auf  jeden Fall unterstützt werden bei der Verteidigung ihres Grundrechts der persönlichen Ehre und im Kampf gegen derartige Diskriminierung. Die Tatsache, dass das Strafrecht keine Handhabe bietet gegen die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, stellt dabei kein Hindernis dar - die Klägerschaft hofft zumindest, sowohl in ihrer persönlichen Ehre als auch als soziale Gruppe geschützt zu werden.

 In seinem Entscheid vom 29. März 2010 bestätigt das Walliser Kantonsgericht die Unzulässigkeit der Klage, insoweit sich diese auf das Communiqué der JSVP Valais Romand vom 17. Mai 2009 stützt. Das Gericht zieht weiter in Erwägung, dass sämtliche anderen in der Klage erwähnten Vorgänge Gegenstand eines Strafverfahrens sind, das weiterhin bei der zuständigen Walliser Untersuchungsbehörde hängig ist. Dementsprechend ist das Ziel der eingereichten Klage weiterhin erreichbar, und die Klägerschaft erwartet von den Untersuchungsbehörden, dass sämtliche fraglichen Äusserungen überprüft und die verantwortlichen Personen zur Verantwortung gezogen werden. In jedem Fall kann der Entscheid des Walliser Kantonsgerichts vom 29. März an das Bundesgericht weitergezogen werden. Die Klägerschaft prüft momentan die Möglichkeiten einer entsprechenden Beschwerde.

 Pink Cross (Schweizerische Schwulenorganisation) und LOS (Lesbenorganisation Schweiz)

-----------
GSOA
-----------

WoZ 8.4.10

Wehrpflicht - Der Militärminister und sein Armeechef handeln kopflos, an der Basis laufen die Soldaten davon: Die Armee steckt tief in der Krise. Ein guter Moment für die GSoA, die allgemeine Wehrpflicht zu Fall zu bringen?

Das nächste Tabu

Von Beat Grossrieder

 Als Ueli Maurer Ende 2008 neuer Verteidigungsminister wurde, jauchzte er vor Freude in die Pressemikrofone und versprach, "die beste Armee der Welt" auf die Beine zu stellen. Jetzt, anderthalb Jahre später, steht der SVP-Bundesrat vor einem Scherbenhaufen. Das Militärbudget wird vom Parlament Jahr für Jahr gekürzt, sodass Material und Immobilien inzwischen schwere Mängel aufweisen.

 Damit nicht genug, sorgen Armeechefs wie Roland Nef oder André Blattmann entweder mit privaten Eskapaden oder mit pikanten Äusserungen für Kritik und Kopfschütteln. Blattmann etwa denkt eigenmächtig über den "WK auf Abruf" nach und skizziert Bedrohungskarten, auf denen europäische Länder wie Spanien, Frank reich, Italien oder Griechenland als Risikostaaten auftauchen. Der seit Jahren debattierte Kauf neuer Militärjets wird von Ueli Maurer selbst gebremst und von der Volksinitiative "Gegen neue Kampfflugzeuge" torpediert; und gegen die Tradition, das Armeegewehr zu Hause im Kleiderschrank aufzubewahren, steht die "Initiative gegen Waffengewalt" bereit. Auch an der Basis bröckelt der Wehrwille massiv: Die Zahl der Diensttauglichen sinkt, jene der Dienstabbrecher und Zivildienstler aber steigt. CVP-Ständerat Bruno Frick brachte es vor dem Parlament sorgenvoll auf den Punkt: "Der Armee laufen die Leute davon."

 Soldatenschwund

 Und jetzt noch das: Der Vorstand der Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) wird der Vollversammlung vom 17. Ap ril (vgl. Kasten) beantragen, eine Initiative zur Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht zu lancieren. Wann mit der Sammlung der Unterschriften begonnen wird, hängt vom Sicherheitspolitischen Bericht ab, den Maurer längst vorlegen müsste. Je nachdem, wie der Kauf neuer Kampfflieger darin thematisiert wird, hält die GSoA an ihrer abstimmungsreifen Kampfjetinitiative fest oder zieht diese zurück, um sich ganz auf die Wehrpflichtabschaffung zu konzentrieren. "Die militärische Wehrpflicht bedeutet die Pflicht, das Töten zu lernen; deshalb ist sie grundsätzlich abzulehnen", begründet GSoA-Vorstand und Nationalrat Jo Lang (Grüne). Die Wehrpflicht aufzuheben sei auch die angemessene Reaktion auf die sinkende Wehrbereitschaft der jungen Männer. Doch anstatt sich grundsätzliche Gedanken zum zeitgemässen Zweck einer Armee zu machen, übten sich konservative PolitikerInnen und die Militärspitze in "Rückzugsgefechten": Sie wollen den Zugang zum Zivildienst nach nicht einmal einem Jahr bereits wieder erschweren.

 Erst seit 1996 gibt es in der Schweiz einen zivilen Ersatzdienst für Personen, die keinen Militärdienst leisten wollen (zuvor wurden Dienstverweigerer kriminalisiert). Zunächst war dafür ein aufwendiges Verfahren zu überstehen; Gesuchsteller mussten eine schriftliche Begründung einreichen und sich persönlich von einer Kommission durchleuchten lassen. Im April 2009 wur de diese Gewissensprüfung fallen gelas sen - seither gilt der "Tatbeweis": Der zivile Dienst dauert anderthalbmal so lange wie der militärische. Trotzdem schlagen immer mehr Dienstpflichtige diesen Weg ein; 2008 zählte man erst 1900 Zivildienstgesuche, im letzten Jahr waren es bereits 7200. Diese Entwicklung hat das Parlament veranlasst, den Bundesrat aufzufordern, das Zivildienstgesetz umgehend wieder zu verschärfen. "Wir wehren die Offensive der Militärköpfe auf den Zivildienst ab", kontert Jo Lang, "indem wir sagen: Nicht der Zivildienst ist das Problem, sondern die tiefe Krise der militärischen Wehrpflicht und der Armee überhaupt."

 Diese Krise hat verschiedene Facetten. Das beginnt bereits bei der "Wehrgerechtigkeit", welche die allgemeine Wehrpflicht suggeriert - demnach ist jeder Schweizer wehrpflichtig, Punkt. In der Realität aber drücken sich viele um den Dienst. Entweder sie brechen die Rekrutenschule ab; rund 17 Prozent der Einrückenden werden aus medizinischen oder psychischen Gründen entlassen. Oder sie beschaffen sich ein Arztzeugnis und lassen sich vorgängig ausmustern ("blauer Weg"), was sie mit happigen Pflichtersatzzahlungen büssen. Laut Verteidigungsdepartement VBS liegt die Tauglichkeitsrate insgesamt zwischen 61 und 66 Prozent. Doch die Schwankungen nach Regionen sind enorm: Die Tauglichkeit variiert zwischen 40 Prozent (Basel-Stadt, 2004) und 84 Prozent (Appenzell Innerrhoden, 2009). Medizinische Gründe können eine solche Differenz nicht erklä ren - die Basler leben nicht dermassen viel ungesünder als die Appenzeller. Jo Lang vermutet, dass der Bildungsgrad den Ausschlag gibt: "Die Wehrpflicht gilt in der Schweiz nur noch für die Söhne aus Arbeiter-, Angestellten- und Bauernfamilien sowie für Secon dos. Kinder aus besser gestellten und bildungsnahen Familien finden den blauen Weg viel leichter."

 Budgetschwund

 Werden auch die zunehmende Zahl der Zivildienstler und Dienstabbrecher mitgerechnet, so ist es mit der allgemeinen Wehrpflicht nicht mehr weit her: "Insgesamt absolvieren nur noch vierzig Prozent der Stellungspflichtigen den Militärdienst bis zum Schluss", sagt GSoA-Sekretär Patrick Angele. Deshalb stelle die allgemeine Wehrpflicht nur mehr einen Mythos dar; nach der Armeeabschaffungsabstimmung von 1989 breche die GSoA jetzt auch dieses Tabu. "Die Armee hat als ‹Schule der Nation› längst ausgedient, die einst vermittelten Werte wie Disziplin und Gehorsam sind überholt", meint Angele. Dass sich die Schweiz derart schwertue, eine wirklich freie Wahl zwischen militärischem und zivilem Dienst zu gewähren, gründe in der "tiefen Angst, die konservative Kreise vor dem mündigen, freien Bürger haben", analysiert Angele. Jo Lang geht noch einen Schritt weiter: "Spätestens seit der Zeit der Geistigen Landesverteidigung hat das Militärische ein besonderes Gewicht in der Schweiz. Dies erklärt sich aus dem paradoxen Umstand, dass die Schweizer Armee militärisch eine eher marginale Rolle spielte. Umso grösser war die politische und gesellschaftliche Rolle."

 Neben der fehlenden Wehrgerechtigkeit und der überholten Mythenbildung sprechen auch profane Gründe für die Aufhebung der allgemeinen Wehrpflicht. So wird seit Jahren lamentiert, die Armeebestände seien zu gross, die Truppen müssten schlanker und güns tiger werden. Heute leisten 120 000 Aktive und 80 000 Reservisten Dienst, laut Bundesrat Maurer würden bis ins Jahr 2020 nur mehr 80 000 Aktive und 40 000 Reservisten benötigt. Betrug das jährliche Armeebudget 1990 noch 5,13 Milliarden Franken, sind es 2010 rund eine Milliarde weniger. Der Armee fehlt es an vielem, selbst an Fahrzeugen, um die Soldaten sicher von der Kaserne zum Übungsplatz zu bringen. "Es gibt Soldaten, die mit Minenwerfern im Postauto auf den Susten fahren müssen, weil wir sie nicht transportieren können", beklagte Maurer im November 2009 vor der Presse und warnte: "Gebäude zerfallen zu Ruinen, vielen Fahrzeugen geht der Schnauf schneller als erwartet aus, weil sie zu häufig benutzt werden." Und in einem Arbeitspapier zur Finanzierung der Armee heisst es schwarz auf weiss: "Stehen die notwendigen finanziellen Mittel nicht rechtzeitig zur Verfügung, droht ernsthaft eine ‹Verlotterung› und Zwangsschliessung von Immobilien und Standorten."

  "Um den Armeebestand und die Militärkosten massiv zu reduzieren, gibt es keine einfachere Methode als die Abschaffung der Wehrpflicht", sagt Nationalrat Lang dazu. Die Wehrpflicht binde personelle und finanzielle Ressourcen, die gescheiter für zivile Lösungen im In- und Ausland eingesetzt wür den - denkbar sei ein freiwilliger Friedens-, Sozial- und Umweltdienst, der sowohl Männern, Frauen wie auch ausländischen MitbürgerInnen offenstünde. Die allgemeine Wehr- durch eine allgemeine Dienstpflicht zu ersetzen, hält Lang jedoch für keine gute Idee: "Eine allgemeine Dienstpflicht lehnen wir aus menschenrechtlichen und gewerkschaftlichen Gründen ab. Sie widerspricht dem Verbot von Zwangsarbeit durch die Europäische Menschenrechtskonvention. Und wenn zu viele Leute solche Dienste leisten, drücken sie die Löhne, wie das heute etwa im deutschen Gesundheitswesen bereits der Fall ist."

 Hinterherhinken

 Die Krise der Schweizer Armee zeigt sich auch im Vergleich zur Situation in den europäischen Staaten. Pro Kopf der Bevölkerung leistet sich die Schweiz nach wie vor das grösste und teuerste Heer weit und breit. Die meisten Länder Europas haben die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft oder sistiert. Warum ist das der Schweiz bisher nicht gelungen? Die Antwort kommt nicht von links, sondern von Karl W. Haltiner, der an der ETH Zürich Soziologie und Militärsoziologie lehrt: "Das Schweizer Volk ist und war in Militärfragen immer konservativ eingestellt. Darum hinken wir im positiven wie im negativen Sinn häufig hinter der europäischen Entwicklung her." Der Militärexperte gibt sich aber zuversichtlich: "Ich würde die Prognose wagen, dass wir innert fünf Jahren die Wehrpflicht abschaffen", meinte er im Sommer 2008 gegenüber den Medien, schränkte dann aber ein: "Vielleicht dauert es noch ein paar Jahre länger."

 Beim Sparen sei die Schmerzgrenze erreicht, meint Haltiner, als Alternative komme nur eine verkleinerte Miliz mit etwa 25 000 Freiwilligen um einen Kern von etwa 5000 Profis in Frage. "Gemessen an den Kosten und den neuen Bedrohungen wäre das eine angemessene Wehrform", sagt Haltiner, der bei seinem Modell von einer Halbierung der Armeeausgaben ausgeht. Wer Militärdienst leis ten will, meldet sich freiwillig für eine Vertragsdauer von fünf bis fünfzehn Jahren. Er bekommt eine Grundausbildung und verpflichtet sich, jährlich einen WK zu leisten, als zusätzliche Anreize gibt es einen Lohn sowie Krankenkassen- oder Steuerermässigungen. Die Freiwilligenmiliz würde wie heute nur mobilisiert, wenn man sie braucht - und die ungelösten Fragen der Wehrgerechtigkeit und der allgemeinen Wehrpflicht wären ein für alle Mal vom Tisch.

--

Schützenhilfe von links

 An der Vollversammlung der GSoA im Hotel Kreuz in Solothurn am Samstag, 17. April, 10 Uhr, stehen die Initiativen "Gegen neue Kampfjets" und "Schutz vor Waffengewalt" im Zentrum. Zudem wird der Vorstand beantragen, eine Initiative zur Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht zu lancieren.

 Dieses Anliegen vertritt auch die SP seit einem Grundsatzentscheid von 2001. SP-VertreterInnen haben im Parlament mehrfach die Aufhebung der Wehrpflicht gefordert, dafür aber bisher keine Mehrheit gefunden. Zurzeit ist eine Parlamentarische Initiative von SP-Nationalrätin Evi Allemann hängig, die ebenfalls darauf abzielt, den Vollzug der Wehrpflicht auf Gesetzesebene zu sistieren.

  "Die SP will keine Profiarmee, sondern eine Freiwilligenmiliz", sagt Mediensprecher Andreas Käsermann auf Anfrage. Die Schweizer Armee sei "grotesk überrüstet" und weise im internationalen Vergleich viel zu hohe Bestände aus. Für die SP stehe aber die Initiative zur Wehrpflichtabschaffung im Moment nicht an erster Stelle, obwohl man politisch "zu hundert Prozent" hinter der Forderung stehe. Zunächst konzentriere man sich auf den Kampf für den Schutz vor Waffengewalt und gegen neue Kampfflugzeuge. Für die SP sei es wichtig, dass eine allfällige Initiative für die Aufhebung der Wehrpflicht "breit diskutiert und von einer breiten Koalition getragen werden müsste", meint Käsermann.

http://www.gsoa.ch

------------------------------------------------------------------
KONTAINERN
------------------------------------------------------------------

WoZ 8.4.10

Aus dem Müllcontainer frisch auf den Tisch

 Täglich werden weltweit Tausende Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Überschüssige Lebensmittel, Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen sind, die man aber trotzdem noch essen kann. In wohlhabenden europäischen Ländern und in den USA wanderten zwischen dreissig und fünfzig Prozent aller Nahrungsmittel in den Abfall, sagt Tristram Stuart, Absolvent der Elite universität Cambridge, Kleinbauer und Autor des Buchs "Waste".

 In der Schweiz dürfte der Wert der jährlich wegen abgelaufenen Mindesthaltbarkeitsdatums aus dem Handel genommenen Lebensmittel über eine Milliarde Franken betragen. Warum kann diese Ware nicht an wohltätige Organisationen oder Bedürftige abgegeben werden? Die Einhaltung der hygienischen Vorschriften würde einen zu grossen logistischen Aufwand erfordern. Nach Ablauf der Konsumationsfrist geben deshalb die Grossverteiler die Nahrungsmittel als Tierfutter an BäuerInnen oder zertifizierte Schweinemästereien ab, der Rest wird vernichtet, das Fleisch landet in der Verbrennung. Auch Caritas-Läden dürfen solche Esswaren und Getränke nicht verkaufen. Da sie der Lebensmittelverordnung unterstehen, müssen sie gleich strenge Bestimmungen erfüllen wie jeder Supermarkt.

 Die Menschen, die essbare Lebensmittel aus Containern fischen, werden in den USA - die Bewegung entstand in Boston - Dumpster Divers genannt, wörtlich übersetzt Müllcontainertaucher. Die TaucherInnen putzen das Essen, bereiten es zu, verteilen es an Obdachlose. In New York organisierten Dumpster Divers sogenannte "Food Not Bombs", Gassenküchen für Obdachlose.

 Auf dieser Seite ist die Ausbeute einer Gruppe Dumpster Divers zu sehen, die der Fotograf Mario Hipleh einen Abend durch Zürich begleitet hat. Die Stadt sei eine regelrechte Fundgrube, sagt Hipleh: "Die Container, in denen Läden und Grossverteiler Lebensmittel entsorgen, sind meistens leicht zugänglich und nicht abgeschlossen", sagt er. "Wir trafen uns, fuhren in ein Aussenquartier und fanden als Ers tes einen Container voller T-Shirts, die offenbar nicht mehr gebraucht wurden. In einem Container in einer offenen Garage fanden wir Gemüse, an einem anderen Ort Scooby-Doo-Schleckwaren. Einer war voller Wurst, einer voller Brot." Die Funde jenes Abends wurden in einem besetzten Haus in Zürich auf einen Tisch gepackt: "Free Food!"

 Was im Müll landet, gehört denen, die es herausholen. Rechtlich sei das kein Problem, liess sich die Basler Staatsanwaltschaft 2008 gegenüber dem Strassenmagazin "Surprise" verlauten: "Was weggeworfen wird und nicht für Dritte bestimmt ist, gehört niemandem mehr. Wenn man nicht über einen Zaun steigen oder ein Schloss aufbrechen muss, um an die Waren heranzukommen, dann ist gegen das Containern nichts einzuwenden."

  "Als wir von der dritten zur vierten Station fuhren, entstand im Auto ein ziemlich intensiver, gewöhnungsbedürftiger Essensgeruch", sagt Fotograf Hipleh. "Aber dann daheim, mit all den aufgereihten feinen Dingen, dem Schinken, den Biojoghurts, dem Gemüse, Salat, Brot, dachte ich: Was für ein Schlaraffenland!" fm

--------------------------
OST-FUSSBALL
--------------------------

20 Minuten 8.4.10

Pyro-Schmuggel? Verbot von Choreos für FCSG-Fans

 ST. GALLEN. Der FCSG hat die Bussen wegen Pyros im Stadion satt. Nun macht VR-Präsident Michael Hüppi Ernst: Ab sofort herrscht in der Arena ein Choreo-Verbot. Für die Fans ist dies ein Affront.

  "Die Vorfälle am Cup-Halbfinal am Montag haben das Fass zum Überlaufen gebracht", so Michael Hüppi. Während des Spiels waren Pyros abgebrannt worden - im Nachhinein hagelte es Kritik von Sponsoren. Wegen der Vorfälle wird der Club erneut vom SFV gebüsst: "In der laufenden Saison sind es schon 80 000 Franken an Bussgeld", so Hüppi. Das toleriere man nicht mehr. Der Verwaltungsrat hat darum an der gestrigen Sitzung ein Choreo-Verbot erlassen - mit sofortiger Wirkung. "Wir haben bemerkt, dass während der Installation der Choreos Pyros ins Stadion gelangen", begründet Hüppi den Beschluss. Und er geht noch einen Schritt weiter: Auch die primitive Spruch- und Gesangsart im Stadion wolle man nicht mehr länger dulden, so Hüppi gegenüber Tele Ostschweiz. Man behalte sich auch da Massnahmen vor.

 Der Dachverband 1879, der die Choreos organisiert, ist entrüstet: "Die Vorwürfe stimmen nicht! Im Choreo-Material gelangen keine Pyros ins Stadion", sagt Michi Blatter. Erste Reaktionen gibt es auch im Fan-Forum: Hier wird bereits über einen Streik während des Spiels gegen Luzern am Sonntag diskutiert.  

Tobias Bolzern

---

St. Galler Tagblatt 8.4.10

FC St. Gallen verhängt Verbot von Choreographien

 Der FC St. Gallen reagiert auf das jüngste Fehlverhalten seiner Fans mit einem Verbot. Zudem droht er mit weiteren Konsequenzen. Der St. Galler Fan-Dachverband spricht von einer "Kurzschlussreaktion".

Markus Scherrer

 Ab sofort sind in der AFG Arena keine Choreographien mehr erlaubt. Mit diesem Verbot reagiert der Verwaltungsrat der FC St. Gallen AG auf die Vorfälle im Espenblock beim Cup-Halbfinalspiel gegen Lausanne-Sport. Die Fans warfen nicht nur ein neun Zentimeter langes Sackmesser und vier Feuerzeuge aufs Feld, sondern zündeten auch ein weiteres Mal Rauchbomben und Fackeln. "Dieses Mal haben sie übermarcht", sagt Verwaltungsratspräsident Michael Hüppi und fügt bei: "Wir sagen, was in der AFG Arena abgeht."

 Hüppi begründet den Entscheid, in Zukunft Choreographien zu verbieten, damit, dass der Zeitraum, in dem diese installiert wurden, zum Pyro-Schmuggel missbraucht worden sei. Die Fackeln seien unter anderem in Behältern versteckt worden. Der Fan-Dachverband DV1879 spricht von einer "Kurzschlussreaktion", wehrt sich gegen die Anschuldigung und wirft dem Verwaltungsrat vor, "sich in ein gutes Licht rücken zu wollen".

 Die Verantwortlichen des FC St. Gallen drohen den Fans im Espenblock mit weiteren Konsequenzen. "Sollten die Schiedsrichter weiterhin mit Sprechchören übel beschimpft werden, behalten wir uns vor, die Lautsprecheranlage im Espenblock wieder zu entfernen, das Megaphon zu verbieten und den Capo mit einem Stadionverbot zu belegen", sagt Hüppi.

Sport 17 Ostschweiz 25

--

St. Galler Tagblatt Ostschweiz

 Choreographien abgefackelt

 In der AFG Arena sind ab sofort Choreographien nicht mehr erlaubt. Mit diesem Verbot reagiert der FC St. Gallen auf das jüngste Fehlverhalten seiner Anhänger. "Es ist ein Schuss vor den Bug", sagt Verwaltungsratspräsident Michael Hüppi.

 Markus Scherrer

 St. Gallen. "Der Verwaltungsrat der FC St. Gallen AG lässt sich nicht alles bieten", sagt Michael Hüppi, der dem Gremium vorsteht. Die Vorfälle anlässlich des Cup-Halbfinalspiels vom Ostermontag zwischen St. Gallen und Lausanne-Sport haben das Fass zum Überlaufen gebracht. Neben vier Feuerzeugen flog auch ein neun Zentimeter langes Sackmesser aus dem Espenblock auf den Platz. Zudem wurden während der Partie Rauchbomben und Fackeln gezündet. All das ist fein säuberlich im Sicherheitsbericht des Schweizerischen Fussballverbandes (SFV) aufgelistet, in dessen Besitz Hüppi seit gestern ist. Dass jetzt auch noch Messer fliegen, sei "einfach eine Katastrophe", sagt er.

 Bussen von 80 000 Franken

 Wegen des jüngsten Fehlverhaltens seiner Anhänger wird der Club einmal mehr vom SFV gebüsst werden. "In dieser Saison mussten wir schon 80 000 Franken wegen Fackeln und anderer Fan-Verfehlungen bezahlen", sagt Hüppi und fügt an: "Allein die 45 Fackeln in Bellinzona kosteten uns 7500 Franken." Nach den Vorfällen vom Ostermontag wollen die Clubverantwortlichen nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. "Sich nun wieder mit den Verantwortlichen des Fan-Dachverbandes an einen Tisch zu setzen und zu sagen, es sei nicht gut gewesen, was vorgefallen ist, bringt nichts mehr."

 Deshalb hat der Verwaltungsrat an seiner gestrigen Sitzung Entscheide gefällt, die Hüppi als "einen Schuss vor den Bug" bezeichnet. Ab sofort und bis auf weiteres sind Choreographien in der AFG Arena nicht mehr erlaubt. "Wir haben festgestellt, dass jeweils im Zeitraum, in dem die Choreographien installiert wurden, auch Pyros hineingeschmuggelt und Fackeln in Behältern versteckt wurden", sagt der Verwaltungsratspräsident. Aus diesem Grund sei nun das Verbot ausgesprochen worden.

  "Wir sagen, was abgeht"

 Während des Cup-Halbfinalspiels wurde auch der Schiedsrichter mit Sprechchören übel beschimpft. Auch dies sind die Verantwortlichen nicht zu akzeptieren gewillt. Es gehe nicht an, sagt Hüppi, den Referee zu diffamieren. "Wenn das in Zukunft erneut vorkommen sollte, behalten wir uns vor, die Lautsprecheranlage im Espenblock wieder zu entfernen, das Megaphon zu verbieten und den Capo mit einem Stadionverbot zu belegen", sagt der Verwaltungsratspräsident.

 Aus Hüppis Sicht haben "die sogenannten Fans übermarcht". Mit dem Entscheid, Choreographien zu verbieten, und der Androhung weiterer Konsequenzen will der Verwaltungsrat dokumentieren, "dass wir sagen, was in der AFG Arena abgeht", so Hüppi. Dennoch will er die regelmässig stattfindenden Gespräche mit den Vertretern des Dachverbandes fortsetzen.

--

"Eine Kurzschlussreaktion"

 Der St. Galler Fan-Dachverband DV1879 erfuhr erst durch die Anfrage unserer Zeitung vom neuen Verbot. In einer Stellungnahme schreibt der DV1879 von einer "Kurzschlussreaktion". Es sei bedenklich, wenn der Verwaltungsrat (VR) "aus der Luft gegriffene Anschuldigungen, die Choreos würden zum Pyro-Schmuggel missbraucht, dazu nützt, sich in der Öffentlichkeit in ein gutes Licht zu rücken". Laut DV1879 versucht der VR, "vom sportlichen Desaster abzulenken" bzw. die Schuld am Cup-Out zum Teil auf die Fans zu schieben. Dies sei untragbar, zumal Choreographien einen wichtigen Teil der Fankultur darstellten, in die viel Zeit und Geld investiert werde: "Die Hingabe jedes einzelnen, die sich darin spiegelt, wird schlicht ignoriert." (upz)

--

KOMMENTAR

 Verzweifelter Versuch

 Auf das Fehlverhalten der Fans im Espenblock beim Cup-Halbfinalspiel haben die Verantwortlichen des FC St. Gallen mit einem Verbot reagiert. Weil die Anhänger ein Sackmesser und vier Feuerzeuge aufs Feld warfen, ein weiteres Mal Rauchbomben und Fackeln zündeten, sind ab sofort in der AFG Arena Choreographien nicht mehr erlaubt. Und sollten in Zukunft die Schiedsrichter weiterhin mit Sprechchören übel beschimpft werden, droht der Club mit weiteren Konsequenzen.

 In dieser Saison musste der FC St. Gallen wegen Fackeln und anderer Fan-Verfehlungen bereits Bussen in der Höhe von 80 000 Franken bezahlen. Das ist viel Geld für einen chronisch klammen Club. Da ist zu verstehen, dass die Verantwortlichen nach vielen Gesprächen mit den Anhängern nun durchgreifen. Doch treffen sie mit dem Verbot auch die wahren Übeltäter? Bestrafen sie nicht einfach jene, die viel Geld und Zeit in die schön anzusehenden Choreos investieren? Verwaltungsratspräsident Michael Hüppi sagt, dass das Installieren der Choreographien missbraucht worden sei, um Fackeln ins Stadion zu schmuggeln. Mit dem Verbot will der Club den Schmuggelweg unterbinden. Dass deswegen ab sofort im Fan-Sektor keine dieser ohne Zweifel gefährlichen Pyros mehr gezündet werden, darf bezweifelt werden. Es gibt nach wie vor andere Wege, um die Fackeln in die Arena zu schmuggeln. Dessen sind sich die Verantwortlichen bewusst. Deshalb sprechen sie wohl auch von einem "Schuss vor den Bug". Und eines sollten sie nicht vergessen: Dass es vor einigen Jahren die Vereine selber waren, die ihre Fans animierten, Pyros zu zünden. Jetzt werden sie die Geister, die sie riefen, nicht mehr los. Auch mit diesem Verbot nicht.

Markus Scherrer

 m.scherrer@tagblatt.ch

------------------------------
DELTA SECURITY
------------------------------

Tagesanzeiger 8.4.10

Delta-Angestellte randalierten am 1. Mai in Zürich

 Zwei Mitarbeiter der Sicherheitsfirma haben bei den letztjährigen Krawallen gemeinsam mit Hooligans zugeschlagen.

 Von Dario Venutti

 Angestellte der privaten Sicherheitsfirma Delta prügelten vor dem Match FC St. Gallen gegen FC Basel am 20. März so hart auf Basler Fans ein, dass diese Rissquetschwunden und Prellungen am Kopf davontrugen. Weil der Delta-Mitarbeiter Reto Steiner* damit auf Facebook prahlte, wurde er entlassen (TA vom letzten Samstag).

 Recherchen des TA zeigen nun, dass die gleichen Delta-Angestellten, die für die Sicherheit in Fussballstadien zuständig wären, die Nähe zur Hooliganszene suchten. Auf einem Video der letztjährigen Krawalle am 1. Mai in Zürich ist zu sehen, wie einschlägig bekannte Hooligans der Gruppierung "Zürichs kranke Horde", ein Zusammenschluss von FCZ- und GC-Hooligans, einen Linken verprügeln. Auch Reto Steiner ist an dieser Schlägerei beteiligt: Er tritt dem Opfer mit voller Wucht ins Gesäss, während dieses, benommen von Faustschlägen und Fusstritten, bereits am Fallen ist.

 Markus Biedermann, CEO der Delta, sagte dem TA, er habe neben Reto Steiner auch einen zweiten Delta-Angestellten erkannt, der sich an den Randalen beteiligte. Zudem seien zwei weitere Sicherheitsangestellte und drei ehemalige als Gaffer am Strassenrand gestanden. Den Mitarbeitern droht jetzt ein disziplinarisches Verfahren, allenfalls die Entlassung.

Delta bewacht Nati-Training

 Die Firma Delta ist in verschiedenen Schweizer Fussballstadien für die Sicherheit zuständig, so in St. Gallen, Zürich, Sitten und Schaffhausen. Auch die Trainings der Fussballnationalmannschaft werden von "Deltas" bewacht. Christian Schöttli, ehemaliges Mitglied der Delta-Geschäftsleitung, sitzt in der Sicherheitskommission der Liga. Er bildet unter anderem die Sicherheitsbeauftragten der Klubs aus.

 Ulrich Pfister, Sicherheitschef des Fussballverbandes, will weiterhin mit Delta zusammenarbeiten. "Man kann wegen einzelner Missetäter nicht eine ganze Firma bestrafen", sagt er. Einstweilen verlangt er von Delta-CEO Biedermann eine schriftliche Zusicherung, dass die Mitarbeiter gründlicher ausgewählt werden.

Name geändert
 
-----------
ASYL
-----------

Bund 8.4.10

Sieben abgewiesene Asylsuchende auf freiem Fuss

 Die Lausanner Friedensrichter haben entschieden, sieben abgewiesene Asylsuchende aus der Ausschaffungshaft zu entlassen. Dies, weil der Bund seit dem Tod eines Mannes auf dem Flughafen Zürich-Kloten alle Ausschaffungsflüge sistiert hat. Es sei zurzeit unmöglich, die Leute zurückzuschicken, wie es das Ausländergesetz verlange, begründete Richter Perrinjaquet den Entscheid. "Uns blieb also gar nichts anderes übrig", bestätigte er einen Bericht der Freiburger Zeitung "La Liberté". (sda)

---

NZZ 8.4.10

Freigelassen statt ausgeschafft

 (sda) Sieben abgewiesene Asylsuchende sind, statt ausgewiesen zu werden, aus der Ausschaffungshaft entlassen worden.   Die Lausanner Friedensrichter haben so entschieden. Der Entscheid wird damit begründet, dass seit dem Tod eines Mannes auf dem Flughafen Zürich-Kloten der Bund alle Ausschaffungsflüge sistiert hat.

 Es sei zurzeit unmöglich, die Leute zurückzuschicken, wie es das Ausländergesetz verlange, begründete Richter Nicolas Perrinjaquet gegenüber der Nachrichtenagentur SDA den Entscheid. Einige der sieben Asylsuchenden hätten kleinere Vergehen begangen. Der Entscheid fiel Ende vergangener Woche. Die Abgewiesenen sassen im Genfer Ausschaffungsgefängnis Frambois ein.

---

24 Heures 8.4.10

La justice de paix a libéré sept requérants déboutés

Francine Brunschwig

 RENVOI IMPOSSIBLE - Ils doivent partir, mais refusent. Berne ayant suspendu les vols spéciaux, la loi implique de les libérer.

 Sept requérants d'asile déboutés en détention administrative à Frambois (GE) ont été libérés entre la fin de la semaine dernière et hier par la justice de paix du district de Lausanne (24 heuresde mardi). Ces jours, Frambois hébergeait neuf requérants du canton de Vaud. La situation évolue chaque jour.

  "Puisque Berne a suspendu les vols spéciaux pour ces personnes, il y a une impossibilité matérielle à exécuter les renvois et donc la détention ne se justifie plus", explique le premier juge de paix du district de Lausanne, Nicolas Perrinjaquet, confirmant l'information de notre confrèreLa Liberté. Le juge se réfère à l'article   80 de la loi sur les étrangers qui stipule dans quel cas la détention "est levée".

 Berne a en effet annulé tous les vols spéciaux à la suite du décès d'un requérant nigérien à Kloten le 17   mars dernier. Une enquête est en cours pour éclaircir les causes de la mort du requérant renvoyé.

 La justice de paix du district de Lausanne a la charge de statuer sur toutes les demandes de modification de statut (remise en liberté notamment) émanant des requérants du canton en détention administrative.

 Alors que le conseiller d'Etat Philippe Leuba déplorait que des trafiquants de drogue soient libérés, le juge de paix précise que certains requérants déboutés n'ont pas commis de délits ou alors de petites infractions pour lesquelles ils ont purgé une peine.

 Pour l'heure, les mises en liberté n'ont pas fait l'objet d'un recours, ni du Service de la population ni de l'Office fédéral des migrations.

 Rappelons que la détention administrative n'est pas de nature pénale. Elle a pour but de rendre possible l'exécution d'un renvoi (par vol spécial) lorsque tous les autres moyens moins contraignants ont échoué. F. BG

------------------------------
ANTIFA@ISLAND
-----------------------------

Mail 8.4.10

[de] Eine Zensur findet nicht statt, aber sie funktioniert

* Communiqué vom 08.04.2010 über Zensur in Europa, die Migration von http://www.autonome-antifa.org nach Island und das vorgeschlagene neue isländische Mediengesetz
* http://www.autonome-antifa.org/spip.php?page=antifa&id_article=199&design=2
* http://linksunten.indymedia.org/de/node/18806

Fotos / myndir / photos / foto:
http://linksunten.indymedia.org/system/files/images/1616334634.jpg
http://linksunten.indymedia.org/system/files/images/5562404454.jpg
http://linksunten.indymedia.org/system/files/images/9454739474.jpg

Eine Zensur findet nicht statt, aber sie funktioniert

Communiqué vom 08.04.2010

Die Website der Autonomen Antifa Freiburg wird seit dem 22.03.2010 in Island  gehostet. Der Grund ist die wiederholte Zensur der Seite durch die politische  Polizei. Wir möchten uns bei unserem bisherigen Provider JPBerlin für die  jahrelange, vertrauensvolle Zusammenarbeit bedanken, aber leider stehen die  Server in Deutschland. Wir haben in 1984 Hosting einen neuen Provider  gefunden, der sich wie JPBerlin für freie Software und gegen Überwachung  einsetzt. Wir haben Island als Ort gewählt, weil dort das freiheitlichste  Pressegesetz der Welt vorbereitet wird.

Auslöser für unsere Entscheidung http://www.autonome-antifa.org nach Island zu  migrieren, war die temporäre Abschaltung der Website am 13.10.2009 auf Druck  der Polizei. Die Berliner Polizei drohte im Zuge der Amtshilfe für ihre  Freiburger KollegInnen unserem Provider mit strafrechtlichen Konsequenzen. JPBerlin wurde gezwungen unsere Website abzuschalten, weil wir zur vermummten  Teilnahme an einer unangemeldeten Demonstration aufgerufen hatten und sich der  Freiburger Polizeipräsident Heiner Amann zudem beleidigt fühlte, da wir seine  Absetzung forderten. Wir mussten die beanstandeten Sätze entfernen, damit die  Website wieder online gehen konnte. Die Polizei erzwang die Abschaltung der  Website ohne richterlichen Beschluss und ohne Wissen der Staatsanwaltschaft.  Sie agierte damit als politische Akteurin. Wir gehen davon aus, dass der  tatsächliche Grund für die Repression unsere antifaschistischen Recherchen und  Veröffentlichungen sind.

Kurz darauf wurde am 23.10.2009 auch die Website des Autonomen Zentrums KTS  Freiburg zensiert. Die Polizei drohte dem Provider von http://www.kts-freiburg.org  mit Strafverfolgung, sollte ein Demonstrationsaufruf nicht geändert werden. Am 25.10.2009 wurde im gleichen Fall auch http://www.autonome-antifa.org erneut  zensiert. Am 14.01.2010 musste auf unserer Seite eine Meldung geändert werden,  durch welche sich die Freiburger Polizei wieder einmal beleidigt fühlte.  Regelmäßig wurde uns durch anwaltliche und polizeiliche Schreiben mit  Strafverfolgung gedroht, sollten wir nicht persönliche Daten und Fotos von  Nazis offline nehmen. Die zensierten Inhalte gingen jedoch nicht verloren, da  Kopien der Texte auf Indymedia linksunten veröffentlicht wurden. Diese Website  wird in den USA gehostet und ist damit außerhalb der Reichweite deutscher  Behörden.

Die Repression gegen linke Websites beschränkt sich nicht auf Freiburg. So  wurde am 23.01.2010 die antifaschistische Bündnisseite http://www.dresden-nazifrei.de  zensiert. Die Dresdner Staatsanwaltschaft legte den Aufruf zur Blockade von  Europas größtem Naziaufmarsch seit Ende des 2. Weltkrieges als Aufruf zu  Gewalt aus. Wie in Freiburg wurde mit dem juristischen Konstrukt der  "Mitstörerhaftung" gedroht, um die Provider zu einer Abschaltung der Website  zu zwingen, falls keine Selbstzensur erfolgen sollte. Das Bündnis wich  daraufhin auf die in den USA gehostete Website http://www.dresden-nazifrei.com

Aber längst nicht alle Fälle von Zensur werden öffentlich. Der Sänger der  Naziband "Faustrecht", Norbert "Nogge" Lecheler, versucht beispielsweise  antifaschistische Websites über den Rechtsweg zu zensieren. Lecheler  informiert in einer Mail vom 14.03.2010 mit dem Betreff "Verstoß gegen  informelle (sic!) Selbstbestimmung" Thorsten Glass über seine Anzeigen. Glass  ist der Organisator eines für den 22.05.2010 geplanten Nazikonzerts mit der  "Blood&Honour"-Band "Faustrecht" in der Nähe von Stuttgart. Durch unser  Communiqué vom 13.03.2010 wurde das Konzert aufgedeckt. Ein antifaschistischer  Blog bei blogsport.de wurde von Lecheler gezwungen, eine Kopie unseres  Communiqués zu löschen.

In der Europäischen Union gibt es verstärkt Debatten um eine weitere  Einschränkung der Freiheit im Internet. In Deutschland ist am 23.02.2010 ein  Gesetz zur Sperrung von Websites in Kraft getreten. Zwar wurde am 02.03.2010  das Gesetz zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung, also zur  Generalüberwachung aller Telekommunikationsdaten ohne bestimmtes Ziel oder  Verdacht, vom Bundesverfassungsgericht für illegal erklärt. Gleichzeitig wurde  damit jedoch zum ersten Mal höchstrichterlich die Speicherung von Daten auf  Vorrat grundsätzlich für zulässig erklärt und somit das Volkszählungsurteil  zur informationellen Selbstbestimmung von 1983 aufgeweicht.

In Frankreich gibt es seit dem 12.05.2009 ein "Gesetz zur Verbreitung und zum  Schutz kreativer Inhalte im Internet". Damit wurde die Rechtsgrundlage  geschaffen, um UrheberrechtsverletzerInnen mit einem einjährigen Internetverbot  bei gleichzeitigem Zwang zur Weiterzahlung der Providergebühren zu bestrafen.  Die Sanktionen können ohne richterlichen Beschluss von einer neu geschaffenen  Zensurbehörde mit dem euphemistischen Namen "Haute Autorité pour la Diffusion  des Oeuvres et la Protection des Droits sur Internet" ("Oberbehörde für die  Verbreitung von Werken und den Schutz von Rechten im Internet") verhängt  werden.

In Großbritannien hat am 15.03.2010 ein Gesetz das Oberhaus passiert, das  gegen Copyright-Verletzungen Sanktionen wie die Drosselung der  Zugangsgeschwindigkeit oder dem zeitweiligem Kappen der Netzverbindung  vorsieht. Gleichzeitig sollen Regierungsmitglieder das Copyright auf dem  Verordnungswege ändern können. Aus einem vertraulichen Arbeitspapier des EU- Ministerrats, das der Presse zugespielt wurde, geht hervor, dass in den  Verhandlungen über das geplante internationale Geheimabkommen gegen  Produktpiraterie (ACTA) auch Netzsperren und eine Haftungspflicht für  Internetprovider diskutiert wurden.

Aber nicht nur in der EU gibt es restriktive Gesetze. Nach dem Outing von 241  Nazis am 28.06.2008 bei der "Schlachtfeier" von Sempach im Schweizer Kanton  Luzern prüfte der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte  die rechtliche Situation bezüglich der "Internet-Veröffentlichung von  Personendaten im Rahmen der Berichterstattung über öffentliche  Veranstaltungen". Zwar wurde anerkannt: "Eine anonymen Berichterstattung, wie  sie bei Indymedia häufig vorgenommen wird, ermöglicht in vielen Fällen erst  eine freie Meinungsäusserung. Sie stellt damit einen wichtigen Bestandteil der  Pressefreiheit dar." Dennoch wurde das Outing als illegal gewertet, da kein  "spezielles öffentliches Interesse an einer einzelnen Person" bestünde.  Allerdings könne die "Persönlichkeitsverletzung kaum geahndet und behoben  werden", falls die Website "im (nichteuropäischen) Ausland gehostet wird".

In Island hat nicht nur eine Minderheit die fatalen Konsequenzen mangelnder  Pressefreiheit zu spüren bekommen. Mitte 2009 wurde auf http://wikileaks.org ein  Dokument der Kaupþing Bank veröffentlicht, das ungesicherte Kreditvergaben an  GroßaktionärInnen der Bank und massive Kapitalflucht in den Tagen vor dem  Zusammenbruch enthüllte. Ein Fernsehbericht über das Dokument in der  Hauptnachrichtensendung des Fernsehsenders RÚV wurde durch die Bank mit einer  einstweiligen Verfügung verhindert. Dies war der Anlass für Wikileaks und die  überparteiliche Icelandic Modern Media Initiative zur Initiierung eines neuen  isländischen Pressegesetzes. Ein Parlamentsausschuss wurde am 25.02.2010 vom  Parlament einstimmig mit der Überprüfung der Gesetzesvorlage beauftragt.

Obwohl wir uns für mehr Datenschutz engagieren, benennen wir in unseren  Communiqués die OrganisatorInnen des Faschismus, zitieren ihre Mails und  veröffentlichen ihre Pläne. Wir tun dies, um die Auflösung von NPD-Ortsverbänden  zu erreichen, um Nazikonzerte zu sabotieren und um Bombenanschläge zu  verhindern. Für uns ist der Schutz unserer Quellen und unserer Kommunikation,  wie ihn das neue isländische Pressegesetz vorsieht, kein Selbstzweck, denn  Nazis sind Mörder. Auch ist für autonome Antifapolitik der Schutz der Archive  gegen juristische Angriffe wichtig. Wir kämpfen gegen den Faschismus, aber wir  sind auch Teil der sozialen Bewegungen für eine revolutionäre Umgestaltung der  Gesellschaft. Die einzigen Archive der Bewegungen haben die Bewegungen selbst  hervorgebracht und niemand wird unsere Geschichte erzählen, wenn wir es nicht  selbst tun.

Auf nach Island!

Autonome Antifa Freiburg

---------------------
ANTI-ATOM
---------------------

WoZ 8.4.10

Kaiseraugst-Aktion

 Siebzig Pflöcke gegen die Atomkraft

 Es war eine legendäre Aktion: Sie begann an einem trüben Osterdienstag, einige Arbeiter wollten auf den Bauplatz von Kaiseraugst AG, wo sie bereits mit dem Aushub für das neue Atomkraftwerk begonnen hatten. Doch die Zufahrt war versperrt, auf den Baumaschinen sassen Dutzende von AKW-GegnerInnen. Das war am 1. April 1975, die Besetzung dauerte zehn Tage und veränderte die Schweizer Politlandschaft - das AKW wurde nie gebaut.

 Genau 35 Jahre später besuchte der Verein Nie wieder Atomkraftwerke (NWA) am vergangenen Donnerstag erneut den Bauplatz und stellte zwei Reihen von Plakaten auf, um gegen die drei geplanten Atomkraftwerke zu protestieren. Zwei davon sollen im Kanton Aargau zu stehen kommen, das Energieunternehmen Axpo will eines bei Beznau in der Nähe von Baden bauen, die Alpiq plant ein zweites bei Gösgen. "Aber wir werden das Referendum ergreifen", sagte Lotty Fehlmann, Präsidentin von NWA Aargau, an der Veranstaltung in Kaiseraugst: "Wir zweifeln nicht daran, dass das Volk gegen neue Atomkraftwerke stimmt." sb

 Am Pfingstmontag, 24. Mai, findet die Kundgebung "Menschenstrom gegen Atom" statt, von Aarau/Däniken am AKW Gösgen vorbei nach Olten. http://www.menschenstrom.ch

---

Die Zeit 8.4.10

30 Jahre tricksen...

 und kein Ende. Kommende Woche geht der Streit um das Endlager Gorleben in die nächste Runde. Aber Berlin setzt weiter auf den alten Ort für Atommüll

Von Fritz Vorholz

 Ein einziger Satz eines politischen Freundes genügte, um Norbert Röttgen (CDU) alt aussehen zu lassen. "Keine Diskussion über alternative Standorte, sonst zünden wir die ganze Republik an."

Die Warnung kam von Max Sttaubinger, dem stellvertretenden Chef der CSU- Landesgruppe im Bundestag. Und sie kam prompt. Straubinger meldete sich kurz nachdem Röttgen Mitte März angekündigt hatte, er werde das einst von Rot-Grün verhängte Moratorium aufheben und weiter erkunden lassen, ob der Salzstock im niedersächsischen Gorleben als atomares Endlager geeignet sei. Selbstverständlich, so der Bundesumweitminister, werde die Erkundung "ergebnisoffen" sein. So, wie es im Koalitionsvertrag steht. Wie denn sonst?

Weil Röttgen freilich nicht kategorisch ausschloss, dass bei der Erkundung auch herauskommen könnte, der umstrittene Standort im Wendland sei ungeeignet, den gefährlichen Strahlenmüll für eine Million Jahre sicher aufrunehmen, roch der Niederbayer Straubinger Lunte. Könnte ja sein, dass jemand auf die Idee kommt, in diesem Fall nach einem alternativen Standort für die Atommüllkippe im Süden Deutschlands zu suchen.

 Plötzlich wäre Gorleben tatsächlich nicht nur im nordöstlichen Zipfel Niedersachsens, sondern überall, wie die Anti-AKW-Bewegung schon lange tönt. Auch in Bayern.

 Ein halbes Jahr nach ihrem Wahlsieg kommt die schwarz-gelbe Koalition in der atompolitischen Wirklichkeit an: Ein Machtkampf ist entbrannt um ihr bisher nur vage formuliertes Vorhaben, die Meiler länger als im rot-grünen Ausstiegsgesetz vorgesehen am Netz zu lassen. Jetzt gesellt sich dazu der wieder aufflammende Streit um das nukleare Endlager.

 Erst einmal müssen sich die süddeutschen Unionisten, die präventiv die Endilagersuche in ihren Gefilden abwehren wollen, nicht sorgen. Bis auf Weiteres will Röttgen tatsächlich nur Gorleben konkret erkunden lassen. Diesen vor 33 Jahren erstmals als mögliches Endlager benannten Standort umgibt allerdings ein hässlicher Verdacht: Nicht geologische Erkenntnis, sondern politische Opportunität soll ihn qualifiziert haben.

 Die Atomgemeinde, so glauben die Nukleargegner, hat jahrzehntelang getäuscht und getrickst.

 Nun eskaliert die Situation. Röttgen will den umstrittenen Endlagerstandort weiter erkunden lassen, während unter anderem der tjnions-Fraktionschef Volker Kauder darauf drängt, Kernkraftwerke deutlich länger laufen zu lassen — was auch deutlich mehr atomaren Müll bedeuten würde. All das hat die Atomkraftgegner bereits in Alarmstimmung versetzt. Und die Lage wird von Tag zu Tag explosiver.

 Kommende Woche will Greenpeace Dokumente präsentieren, aus denen zweifelsfrei hervorgehen soll, dass der Endlagersuche im Wendland eine "politische Standortentscheidung" zugrunde liegt. In der Woche darauf tritt erstmals der Gorleben-Untersuchungsausschuss des Bundestages zusammen. Und kurz danach, zwei Tage bevor sich am 26. April der Tag der Tschernobyl-Katastrophe jährt, will die Anti-AKW-Bewegung mit Großdemonstrationen gegen die Nuklearpolitik mobilmachen. Die beiden Meiler im hessischen Biblis sollen umzingelt werden, und eine 120 Kilometer lange Menschenkette soll die beiden norddeutschen Reaktoren Brunsbüttel und Krümmel verbinden. Spektakuläre Bilder in der Tagesschau sind sicher.

 Warum hat die Politik ausgerechnet hier alles auf eine Karte gesetzt?

Der Umstand, dass in Nordrhein-Westfalen in Kürze gewählt wird, verleiht den Protesten zusätzliche Brisanz. Abgestimmt wird dabei nicht nur über die Zusammensetzung des Landesparlaments, sondern womöglich auch über die Atompolitik des Bundes. Kippte Schwarz-Gelb an Rhein und Ruhr, fehlte im Bundesrat womöglich die Mehrheit — jedenfalls die flur einen strammen Pro-Atom-Kurs.

 Wie die Karten im scheinbar endlosen Streit um die Kernenergie verteilt sind, hängt maßgeblich davon ab, was bei der Wahrheitsflndung in puncto Endlagersuche herauskommt. Warum wurde allein Gorleben erkundet? Warum nicht auch mindestens ein anderer Standort? Warum setzte die Politik bei einer flur die Energieversorgung so wichtigen Frage alles auf eine Karte?

Weil die Angelegenheit seit Jahrzehnten schwelt, können inzwischen nur noch Zeitgeschichtler wie Anselm Tiggemann Auf idärung schaffen. Der Kölner Historiker hat eine mehr als 800-seitige Dissertation über das Endilagerdrama verfasst. Momentan sichtet er wieder Akten. Niemand kennt die vielen Tausend Seiten so gut wie er. Niemand weiß so gut, wer wann was gesagt, gemeint und entschieden hat.

 Die Quintessenz von Tiggemanns Recherchen: Erstens war der politische Prozess zu Gorleben alles andere als transparent. Zweitens hat er genug Anlass flir den Verdacht politischer Einflussnahme geboten. Und drittens können weder Union noch SPD die Vorgänge heute zu ihrem Vorteil nutzen, ohne die Wahrheit zu verbiegen.

 Die Geschichte beginnt, als noch alle Parteien von der Kernkraft überzeugt sind. Und sie beginnt nicht mit der Suche nach einem Standort flur ein nuldeares Endlager, sondern mit der nach einem Platz flur ein Nukleares Entsorgungszentrum. Es soll ein einzigartiges Projekt werden. Eins, das ein Endlager für alle Arten radioaktiven Mülls umfasst, vor allem aber die größte Wiederaufarbeitungsanlage der Welt. 1974 beauftragt die sozialliberale Bundesregierung ein Privatunternehmen namens KEWA (Keriibrennstoff-Wiederaufarbeitungs-Geseilschaft mbh) mit der Standortsuche. Die KEWA sucht überall, aber vor allem in Niedersachsen. Nicht nur, weil dort die meisten Salzstöcke Deutschlands liegen, sondern auch, weil der damalige Ministerpräsident Alfred Kubel (SPD) dem Bund zusagt, das große deutsche Entsorgungszentrum in Niedersachsen zu verwirklichen.

 Geologische Kriterien, die für die Sicherheit eines nuklearen Endlagers von Bedeutung wären, spielen bei der Standortsuche eine eher untergeordnete Rolle. Die unterirdische Endlagerstätte ist eben nur eine von mehreren Komponenten des geplanten Nuklearzentrums. Vor allem geht es um den Standort für die Wiederaufbereitungsanlage, eine große chemische Fabrik, die Mensch und Umwelt möglichst wenig stören soll. Am Ende schlägt die KEWA drei Standorte vor: Lutterloh in der südlichen Lüneburger Heide, Lichtenhorst im Lichtenmoor und Wahn im Emsiand. Gorleben ist nicht dabei, weil es in einer "Ferienzone" liege, so die KEWA.

 Lutterloh, Lichtenhorst, Wahn — die Bevölkerung in der niedersächsischen Provinz ahnt zunächst nicht, was da um sie herum erkundet wird. Es heißt, man suche Bodenschätze. Mit der Wahrheit, das hat der Historiker Tiggemann den Akten entnommen, will der Bund erst nach der Entscheidung für einen Standort herausrücken. Als sie doch bekannt wird, ist die Aufregung groß. Auch Kommunalpolitiker fühlen sich hintergangen.

 Im Emsland schlägt die Angelegenheit im Januar 1976 Wellen — kurz bevor der Unionspolitiker Ernst Albrecht mit Stimmen aus der sozialliberalen Regierungskoalition in Niedersachsen überraschend zum Nachfolger des aus Altersgründen zurückgetretenen Ministerpräsidenten Kubel gewählt wird. Albrecht, Chef einer Minderheitsregierung, ist auf jede Stimme angewiesen, atich auf die von Walter und Werner Reminers aus dem Emsiand, die beide für die CDU im Landtag sitzen. Sie sind wenig begeistert von der Idee, ausgerechnet im Emsländischen das Nuklearzentrum zu errichten.

 Albrecht kann ihnen helfen. Glücklicherweise gibt es mehr potenzielle Standorte, als die KEWA in Augenschein genommen hatte. Das niedersächsische Wirtschaftsministerium führt im Herbst eine eigene Auswahl durch, unter den Standorten ist auch Gorleben. Man sucht zwar einen geeigneten Salzstock, aber in erster Linie geht es noch immer um den Standort für die Wiederaufarbeitungsanlage. Vier Standorte kommen in die engere Wahl, die Entscheidung fällte das niedersächsische Landeskabinett am 22. Februar 1977: für Gorleben.

Die damals von Helmut Schmidt geführte sozialliberale Bundesregierung ist beunruhigt. Gorleben liegt nur wenige Kilometer von der Grenze zur früheren DDR entfernt. Man befürchtet, der Osten könne sich der geplanten Nuklearanlage im Konfliktfall handstreichartig bemächtigen. Die Bundesregierung versucht, Albrecht von Gorleben abzubringen oder ihn zu bewegen, wenigstens noch einen anderen Standort zu benennen. Vergeblich.

 Nach Aktenlage glauben Albrecht und seine Leute, dass sich Grund und Boden über dem Gorlebener Salzstock einfacher erwerben lassen als an anderen Standorten.  Das Land befindet sich tatsächlich weitgehend in einer Hand, nämlich in der von Andreas Graf von Bernstorf, der obendrein Mitglied der CDU ist. Doch Bernstorff will nicht verkaufen.

Stattdessen regt er an, das Konzept versucht des Nuklearen Entsorgungszentrums unabhängig begutachten zu lassen. Albrecht, dem Landtagswahlen ins Haus stehen und der den Akten zufolge die Wiederaufarbeitung in Wirklichkeit am liebsten international, also außerhalb Niedersachsens lösen will, greift den Vorschlag auf und organisiert das sogenannte Gorleben-Hearing. Unter der Moderation des Kernphysikers Carl Friedrich von Weizsäcker diskutieren im Frühjahr 1979 mehr als 60 nationale und internationale Wissenschaftler in Hannover eine Woche lang über die Sicherheit nuklearer Entsorgungsanlagen; Albrecht ist fast immer dabei. Die sozialliberale Bundesregierung, die an einer raschen Lösung des Entsorgungsproblems interessiert ist, akzeptiert Albrechts Vorgehen zähneknirschend.

 Inzwischen hat sich einige Tausend Kilometer entfernt, in Harrisburg im US-Bundesstaat Pennsylvania, der bis dahin schwerste Unfall in einem westlichen Atommeiler ereignet — just an dem Tag, an dem in Hannover das Gorleben-Hearing beginnt. Plötzlich lockt eine anlässlich des Hearings geplante Demonstration Zehntausende Bürger an. Abends ist in der Tagesschau von der "bisher größten Demonstration gegen Kernenergie in der Bundesrepublik" die Rede. Sechs Wochen später erklärt Albrecht, auf die Errichtung einer Wiederaufarbeitungsanlage in Gorleben zu verzichten.
 Das Projekt sei zwar technisch realisierbar, aber politisch nicht durchsetzbar.

 Das Aus gilt nicht dem nuklearen Endlager. Die Bundesregierung gibt der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) den Auftrag, den Gorlebener Salzstock zu erkunden — jenen Salzstock also, bei dessen Benennung die Geologie nur eine untergeordnete Rolle gespielt hatte. Die PTB beauftragt unter anderem den Kieler Geologen Klaus Duphorn mit einem Gutachten. Duphorn ist nicht irgendein Geologe, er ist eine Kapazität. Unerwartet stellt er die Eignung des Salzstocks infrage — auch, weil der auf einer Fläche von viereinhalb Quadratkilometern mit grundwasserftihrenden Sand- und Kiesschichten in Berührung kommt: Der Nuldearmüll im Gorlebener Salzstock wäre womöglich nicht sicher von der Biosphäre abgeschirmt. "Das schlug im Sommer 1982 wie eine Bombe ein", sagt Tiggemann.

 Und es führt direkt zu dem politisch heikelsten Kapitel der Gorleben-Geschichte: Helmut Röthemeyer, Abteilungsleiter bei der PTB, Duphorns Auftraggeber, fertigt Anfang 1983 eine Studie an, in der er die Erkundungsergebnisse zusammenfasst und bewertet. Röthemeyer ist kein Gorleben-Gegner. Aber er empfiehlt, parallel zu Gorleben auch andere Standorte erkunden zu lassen. ‘>Dies würde auch die Akzeptanz des Standortes Gorleben erhöhen", heißt es in Rö-themeyers Entwurf. Diese Empfehlung fehlt in der Endfassung — und zwar, wie aus Dokumenten hervorgeht, auf Druck der Bundesregierung, die inzwischen von Helmut Kohl geführt wird.

  "Damals hätte man sagen können: Lass uns auch alternative Standorte suchen", sagt Tiggemann. Man tut es nicht. Am 9. September 1983 gibt das Bergamt Celle grünes Licht für die untertägige Erkundung von Gorleben. Seitdem sind rund 1,5 Milliarden Euro in das Vorhaben gesteckt worden.

 Doch wer hat die Chance verstreichen lassen?

Alternativen zu Gorleben zu untersuchen blieb ein frommer Wunsch

Die Einflussnahme geht in jenen Tagen des Mai 1983 deutlich über das hinaus, was Bundesministerien sich gegenüber Bundesbehörden üblicherweise erlauben. Aber sie geht nach Erkenntnis des Historikers Tiggemann nicht vom damals amtierenden Forschungsminister Heinz Riesenhuber (CDU) aus, geschweige denn von Kanzler Kohl. Ein Referatsleiter aus dem Hause Riesenhuber mischt sich ein, die Arbeitsebene. Sie bedrängt Röthemeyer, sie sorgt dafür, dass es mit Gorleben vorangeht, aber der Salzstock ohne Alternative bleibt — und dass die Endlagersuche bis heute eitlen erbitterten Streit nährt.

 Tatsächlich gab es in Politik und Wirtschaft vorübergehend durchaus Bereitschaft, Alternativen zu Gorleben zu erkunden. Union und FDP vereinbarten das sogar in ihrem Koalitionsvertrag von 1990. Zwei Jahre später signalisierten die Chefs von RWE und Veba (später E.on), auf Gorleben verzichten zu können, wenn Ersatz geschaffen würde. Und 1994 plädierte Kurt-Dieter Grill, ein Unionspolitiker aus dem Wendland und ein entschiedener Atomenergie-Befiirworter, dafür, "Alternativen zum Standort Gorleben zu untersuchen". Es blieb hei den frommen Wünschen~

Für vorübergehende Ruhe sorgte nur die rot-grüne Bundesregierung, allerdings ohne der Lösung des nuklearen Entsorgungsproblems näherzukom-men. Sie stoppte nicht nur die weitere Erkundung Gorlebens, sondern berief obendrein 14 Wissen-schaftler unterschiedlicher Fachrichtungen in den Arbeitskreis Auswahiverfahren Endlagerstandorte. Im Dezember 2002 gab der Arbeitskreis seinen in- ternational viel beachteten Bericht ab, 250 Seiten.

 Die Empfehlungen, unter anderen: maximale Transparenz, keine geografischen Vorfestlegungen und Erkundungen in mindestens drei Standortregionen — also nicht ausschließlich in Gorleben.

 An einem Runden Tisch sollte ~ anschließend beraten werden, wie sich die Vorschläge umsetzen liessen. Tatsächlich kam kein einziges Treffen am Runden Tisch zustande, mangels Interesse. "Alle hatten Angst davor, neue Feuer anzufachen", erinnert sich ein leitender Mitarbeiter des damaligen Umweltministers Jürgen Trittin (Grüne). "Letztlich war das auch Trittins Sorge", sagt er.

 Der Grüne machte trotzdem noch einen Versuch.

 Im Sommer 2005 legte Trittin den Entwurf eines Standortauswahlgesetzes vor, Gorleben solle sich zukünftig "der Konkurrenz stellen", hieß es in der Be-gründung. Rot-Grün konnte sich darauf nicht einigen, Trittin stand am Ende mit leeren Händen da ebenso wie sein Nachfolger Sigmar Gabriel, der heutige SPD-Vorsitzende. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stoppte Gabriel, nachdem Partei-freunde aus unionsgeführten Bundesländern sie wissen ließen, dass sie mit Widerstand zu rechnen habe. Und es wurde deutlich: Selbst der Großen Ko- alition war das Problem zu groß.

 Der neue Umweltminister, Norbert Röttgen, nennt den einst von SPD und Grünen verhängten Erkundungsstopp für Gorleben "verantwortungslos und feige". Daran wird er einst selbst gemessen werden. Fest steht, dass Roland Koch, Stefan Map-pus und Horst Seehofer, die Unions-Ministerprä-sidenten aus Hessen, Baden-Württemberg und Bayern, sich ihm in den Weg stellen — aber auch, dass Röttgen wenig Widerstand leistet.

 Er setzt, wie gehabt, alles auf eine Karte. Auf Gorleben.

 Dafür braucht er allerdings eine behördliche Erlaubnis. Um die Erkundung fortzusetzen, möchte Röttgen die alte Rechtsgrundlage wieder beleben. Sie stammt von 1983, ausgerechnet aus jenem Jahr, in dem politisches Kalkül über sachliche Expertise siegte. Seine Gegner reiben sich schon die Hände. Vergangene Woche ließ die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg wissen, Röttgens Vorgehen eröffne "exzellente Klagemöglichkeiten".

 Der Streit ums Endlager beschäftigte schon vier Bundesregierungen in zehn Legislaturperioden. Sieht nicht so aus, als könne ihn Röttgen beenden.

--

Heiß und hoch radioaktiv

Atomkraftwerke erzeugen Strom durch die Spaltung von Uran. Ubrig bleiben dabei abgebrannte Brennelemente. Sie sind heiß und hoch radioaktiv. Ein Endlager soll Mensch und Umwelt für eine Million Jahre vor diesem gefährlichen Müll schützen. Ob Gorleben dafür geeignet ist, will Umweltminister Norbert Röttgen jetzt weiter erkunden lassen.

 Je mehr Strom Kernkraftwerke erzeugen, desto mehr Nuklearmüll erzeugen sie.

 Bisher hat der Betrieb der deutschen Meiler gut 12 000 Tonnen hoch radioaktives Schwermetall als Abfall entstehen lassen. Bis zum Ende der Regellaufzeit von 32 Jahren kommen noch einmal rund 5000 Tonnen hinzu. Blieben die Meiler darüber hinaus länger am Netz, müsste noch deutlich mehr Nuklearmüll irgendwo sicher ver-wahrt werden. Bei einer Laufzeitverlängerung um 30 Jahre rund 11 000 Tonnen. vo