MEDIENSPIEGEL 12.4.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS)
- Quartier-Widerstand: Centralweg Lorraine sonntagsbesetzt
- ArbeiterInnen-Widerstand: Vortrag im Infoladen
- Chiapas-Demo gegen den schmutzigen Krieg
- News vom Info-Café Fribourg
- 4. Antira-Cup Soletta am 22.5.10
- Kulturoffensive Luzern am 17.4.10
- 1. Mai ZH: Beherrschung verlieren + Perspektiven entwickeln
- SVP: Demorecht BS beschneiden
- Delta Security: Hools included
- Sport: Dresscode gegen FCSG-Choreo-Verbot; Fankunde ZH
- BfM-Chef hetzt gegen alle(s)
- Antisemitismus: Payerne-Mord auf Deutsch
- Wikileaks: Geheimnisse für alle

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REITSCHULE
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Mi 14.04.10
19.00 Uhr - SousLePont - Frühlings Spezialitäten Abend

Do 15.04.10
20.00 Uhr - Kino - Dok am Donnerstag: Ein Jahr des Kampfes - ein Jahr von vielen / Uno entre muchos años de lucha; September 97 - September 98; Video-Zusammenschnitt des Komitees "Für die Freiheit und Asyl für Patricio Ortiz" und des Infoladen Kasama Zürich. In Anwesenheit von Patricio Ortiz
20.00 Uhr- Infoladen - ArbeiterInnenwiderstand gegen die Pläne des Kapitals (Continental Claroix F, INNSE Mailand I). Vortrag von und Diskussion mit Rainer Thormann
20.30 Uhr - Tojo - "Klangkabarett" Musiktheater mit Songs von Kurt Weil, Nina Hagen, David Bowie... Regie: Benoît Blampain
22.00 Uhr - Rössli-Bar - Heu, Stroh und Hafer - Wandler (live - motoguzzi/zh), Lukas Kleesattel (beam rec /be), Racker (midilux, festmacher/be) - Minimal, Techno

Fr 16.04.10
20.30 Uhr - Tojo - "Klangkabarett" Musiktheater mit Songs von Kurt Weil, Nina Hagen, David Bowie... Regie: Benoît Blampain
21.00 Uhr - Kino - "Fressen und gefressen werden...": The Sound of Insects - Record of a Mummy, Peter Liechti, CH 2009
22.00 Uhr - Dachstock - Anti Pop Consortium (Big Dada/USA) & B.Dolan (StrangeFamous/USA), Support: Thesis Sahib (CAN) & DJ Kermit

Sa 17.04.10
20.30 Uhr - Tojo - "Klangkabarett" Musiktheater mit Songs von Kurt Weil, Nina Hagen, David Bowie... Regie: Benoît Blampain
21.00 Uhr - Kino - "Fressen und gefressen werden...": The Sound of Insects - Record of a Mummy, Peter Liechti, CH 2009
22.00 Uhr - Frauenraum - SKYTRONIK by Shit&Vomit; Dj Jacqui, Lozan: Minimal Attack; Dj Jesse Jay, Züri: Progressive Attack; Shit&Vomit: Minimal Progression. Party. Dress Code: Chaos
23.00 Uhr - Dachstock - Sirion Records & Dachstock présentent: La Liaison Française: Oxia (8bit/F), Seuil (Freak n'Chic, Moon Harbour, Eklo/F) live!, Support: Bird, Frango, Feodor, Nino Zolo (Sirion Records) et: Racker (Festmacher, Midilux); Daniel Imhof (HLM, RaBe); Little Lu (Elektrostubete, Highgrade); Mike Machine (Sinneswandel)

So 18.04.10
21.00 Uhr - Dachstock - Zeni Geva (JAP)

Infos: http://www.reitschule.ch

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Bund 12.4.10

Konzert Sophie Hunger

 Hunger nach mehr

 Da steht sie mit ihrer Zedernholzgitarre, mit ihrer Wehmut im Gesicht und mit diesem sagenhaften Eröffnungslied, das sie in den Raum ruft. Es stammt von Walter Lietha; ein Bündner Chanson über die Fahrenden, ohne Strophe, Refrain und beständigen Rhythmus - ein perlender Schwall aus Melodie und Poesie. Es wird still im Dachstock der Reitschule, das Holz knarrt, und Sophie Hunger betört. Wenn sie in urigstem Bündnerdeutsch die Zeile singt: ". . . und au i will endlos fahre und eu Wunder offebara", ist das eine Verheissung, die sich im Moment des Vortrags erfüllt.

 Alles wie immer also, als sich Sophie Hunger, der blendendste Schweizer Musikexport der Gegenwart, im seit geraumer Zeit ausverkauften Berner Tempel der Alternativkultur präsentiert. Es ist ein gesetzteres Publikum aus der Generation der Noch-CD-Käufer, das der Sängerin, die erstmals ihr Album "1983" live vorstellt, mit viel Vorschusswohlwollen begegnet. Ein Wohlwollen, das sie und ihre Band, in welcher sich der Berner Schlagzeuger Julian Sartorius immer mehr zum musikalischen Dreh- und Angelpunkt entwickelt, sich mit jeder Minute ihres Auftritts verdienen.

 Wenn es Abstriche geben sollte, dann gründen diese in der veränderten Wahrnehmung der Frau Hunger. Vom Wunderkind werden Wunder erwartet - es herrscht permanenter Magie-Zwang. So schlenkert das Programm launenhaft: magisch und wunderbar von deutschem Befindlichkeits-Pop zur lautmalerischen Ballade, vom bestickenden Chanson zum lauten Indierock. Und wer behauptete, Sophie Hunger liege gerade letztere Fachrichtung nicht, sieht sich nach dem Berner Konzert bekehrt. Was indes trotz der Mannigfaltigkeit ihrer Musik nur gelegentlich aufkommt, ist diese mulmige Unberechenbarkeit, die einst in ihren Liedern knirschte - diese Idee, dass jederzeit alles schiefgehen könnte, diese destruktive Energie, mit welcher sie die Schönheit ihrer Songs zeitweise zu sabotieren vermochte. Dies alles ist einer musikalischen Geschlossenheit gewichen, die den aufbrausenderen Liedern durchaus gut ansteht und immer noch fern von der Routine ist, die bei Bands mit ähnlich dichtem Tourneeplan aufzukommen droht. Umwerfend ist Sophie Hunger noch immer, auch wenn der Tunichtgut im Wunderkind gerade ein bisschen ruhiggestellt worden ist.

 Ane Hebeisen

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kulturstattbern.derbund.ch 12.4.10

Manuel Gnos am Montag den 12. April 2010 um 11:50 Uhr

Das Phänomen in Bern

Sophie Hunger im Dachstock der Berner Reitschule, 10. April 2010.
http://newsnetz-blog.ch/kulturstattbern/files/2010/04/P1040222.JPG
(Bild Manuel Gnos)

Dieses Bild habe ich am Samstag beim Konzert von Sophie Hunger in der Reitschule gemacht. Es ist das einzige. Die Stimmung im Dachstock war derart sakral, dass ich mich nicht getraut habe, mehr als einmal die Kamera hochzuhalten und abzudrücken. Ane Hebeisen hat heute im "Bund" das Konzert sehr treffend auf den Punkt gebracht: Alles sehr schön, und grandios gemacht, aber die Unberechenbarkeit ist grösstenteils verloren gegangen.

Mir persönlich ist vieles der Musik zu vorhersehbar geworden. Mit einigen packenden Ausnahmen: der wunderschöne Eröffnungssong etwa, aber auch die herzzerreissende Coverversion von "Le vent nous portera", die lauteste aller Zugaben (die stark an Radiohead erinnerte) und dieses begeisternde Solo von Schlagzeuger Julian Sartorius, in dem er es schaffte, seinen Hi-Hats ohne elektronische Verfremdung einen wahrhaft technoiden Sound zu entlocken.

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BZ 12.4.10

Von der Flüchtigkeit des Augenblicks

 Die in Zürich lebende Berner Sängerin Sophie Hunger gab im ausverkauften Dachstock der Reitschule ein eindrückliches Konzert.

 Sophie Hungers Lieder sind heimtückisch. Man läuft ständig Gefahr, sich der Musik völlig hinzugeben - und fühlt sich im nächsten Moment ertappt. Denn da ist sie wieder, diese kopflastige Distanziertheit. Die von der Innigkeit nur noch eine Karikatur übrig lässt.

 Am Samstag gab Sophie Hunger im ausverkauften Dachstock der Reitschule ein eindrückliches Konzert, gestern Abend spielte sie in der Dampfzentrale. Was beim Hören der CD latent mitschunkelt, tanzt einem an Sophie Hungers Konzerten hämisch grinsend auf der Nase rum: die Flüchtigkeit des Augenblicks. Denn nicht nur die Musik, auch die Musikerin entzieht sich ständig dem Gefühl, das sie vor ein paar Augenblicken selbst erzeugt hat. Anstatt sich auf das eigene Konzert vorzubereiten, habe sie dem Support-Act George Vaine zugehört, erzählt sie. "Denn eigentlich wollte ich eine Rede zum Thema Marx im Kontext des Spiegels halten. Und übrigens war ich mal Unihockey-Schweizer-Meisterin." Freudenschreie von Gleichgesinnten im Publikum.

 Glasklar

 Sophie Hunger lächelt verwegen und beginnt zu singen, dass man beinahe vergisst zu atmen: mit glasklarer, fast ätherischer Stimme. Auf ihre ganz eigene Art gefühlvoll. Nur selten schliesst Sophie Hunger die Augen, meist fixiert sie ihr Publikum mit stechendem Blick, dann wieder schaut sie träumerisch an die Decke, als ob sie gerade lieber woanders wäre. Mit Leichtigkeit steigt sie von der Gitarre aufs Klavier um, als ob sie nur rasch einen anderen Farbstift zum Malen in die Hand nehmen würde.

 Ob dieses Konterkarieren nun Affektiertheit oder unterdrückte Schüchternheit ist: Musikalisch gesehen sind die in Zürich lebende Bernerin und ihre Band allemal faszinierend. Kaum ein Song, der live nicht überrascht und anders als auf dem Album daherkommt. Zum Beispiel das Chanson "Le vent nous portera", dem Sophie Hunger und ihre Band auf der Bühne eine pulsierende Dramatik einhauchen.

 Vielseitig

 Überhaupt kann die 27-Jährige auf ihre vielseitigen und äusserst präzis agierenden Musiker zählen: sanft untermalend wie in "Leave me with the Monkeys", üppig improvisierend wie in "City Lights" oder rockig vorwärtstreibend in "Lovesong to Everyone". Eindrücklich ist auch, wie der Posaunist Michael Flury seinem Instrument leichte, elegante Klänge entlockt und dabei nie dominiert.

 "Merci viu mau. Mir fröie üs sehr." Sophie Hunger scheint der Applaus ihrer Fangemeinde nicht unangenehm zu sein, auch wenn sie ihn meistens ignoriert. Beiläufig faselt sie noch etwas von Barcodes, bevor sie den nächsten Song anstimmt. Nein, richtig schlau wird man aus Sophie Hunger auch an diesem Abend nicht. Doch bevor man sich zu langweilen beginnt, taucht man wieder ein in diese melancholische, nachdenkliche Welt von Sophies Tönen. Für einen flüchtigen Augenblick.

Maria Künzli

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20 Minuten 12.4.10

Am Samstag in der Dampfzentrale

 BERN. Am Samstagabend zog Sophie Hunger anlässlich ihrer ersten Berner Plattentaufe des Albums "1983" im Dachstock der Reitschule alle Register. Schon mit dem ersten Song nahm sie den ganzen Saal gefangen - als einzige Waffe ihre grossartige Stimme. Schwirrten vorher noch unzählige Laute durch die Luft, verstummten mit den ersten Tönen zu "Dia Fahrende" urplötzlich alle Gespräche. Beim zweiten Stück brach dann schon der erste Jubel aus. In der Folge ergriff sie das Publikum mit leisen Nummern wie "Le vent l'emportera", scherzte mit Kolleginnen und trieb die Zuschauer mit einem drückenden "1983" oder einem stampfenden "Citylights Forever" an. Wahrlich ein Konzert, das restlos begeisterte.  
PeC

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QUARTIER-WIDERSTAND
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kulturstattbern.derbund.ch 11.4.10

Christian Pauli am Sonntag den 11. April 2010 um 16:38 Uhr

Velos statt Schützengraben

Die Groteske um das ehemalige Areal der Alcadis-Garage am Centralweg in der Lorraine scheint dem Leben wieder Platz zu machen. Der Verein Läbigi Lorraine lud zum Sonntagsbrunch, inklusive Flohmarkt und Kulturprogramm. Holzlatten wurden über die vom rot-grünen Gemeinderat in Auftrag gegebenen Gräben gelegt. Die alternative Quartierbevölkerung nahm mit Kind und Kegel den Schotterplatz in Beschlag.
http://newsnetz-blog.ch/kulturstattbern/files/2010/04/pauli.JPG

Der Liegenschaftsverwaltung hat dieses sonntägliche Treiben Kummer bereitet, wie sie in einem Schreiben an die Organisatoren mitteilte. Egal, denn jetzt kommt alles gut. Demnächst soll der Velorkurier-Laden, der seinen beliebten Standort an der Lorraine-Strasse aufgeben muss, mit einer Baracke am Centralweg eine vorübergehende Bleibe finden. An dieser Idee hat offenbar auch die Stadt ihren Gefallen gefunden. Der Rest des Areals soll der Quartierbevölkerung für irgendwas zur Verfügung stehen.

Finde ich gut: Lasst das Gewerbe in der Lorraine blühen, inbesondere wenn es so vernünftige Artikel wie Velos verkauft! Mein Wunsch: Ein Container-Turm wie der Freitag-Shop in Zürich. Was ich nicht gut finde: Dass im bald ehemaligen Laden des Velokuriers Lorrainestrasse 6a der total renovierte Schweizerhof, in dessen Besitz sich das Gebäude befindet, seine Büros einrichtet. Dafür ist dieses schöne Ladenlokal einfach zu schade.

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ARBEITERINNEN-WIDERSTAND
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Veranstaltung:

ArbeiterInnenwiderstand gegen die Pläne des Kapitals

Am 11. März 2009 will der Reifenkonzern CONTINENTAL den Arbeitern erklären, dass ihr Werk im nordfranzösischen Clairoix geschlossen wird. Die Versammlung endet im Tumult. Von einem rohen Ei am Kopf getroffen, verlässt der Direktor fluchtartig den Ort. Das ist der Auftakt zu einer breiten Protestbewegung gegen die Schliessung des Werks. Warum sind die Contis derart wütend, dass die in den folgenden Monaten gleich ganze Lieferwagen an teuersten Reifen, die sie zuvor selber produziert haben, öffentlich verbrennen?

Als der Fabrikbesitzer den 50 ArbeiterInnen der INNSE in Milano per Telegramm mitteilt, dass ab dem 31. Mai 2008 die Produktion per sofort eingestellt werde, besetzen sie noch in der gleichen Nacht den Betrieb. Drei Tage später nehmen sie die Produktion wieder auf. In den folgenden dreieinhalb Monaten beweisen die ArbeiterInnen, dass die INNSE auch ohne Patron gut funktioniert.

Vortrag und Diskussion mit Rainer Thomann

Rainer Thomann, Gewerkschaftsaktivist, hat mit den Contis von Clairoix gesprochen und ihren Widerstand gegen den Reifenmulti nachgezeichnet. Er hat auch den langen Kampf der ArbeiterInnen bei INNSE Mailand gegen die Schliessung ihrer Fabrik fast von Beginn an aktiv unterstützt. Er kennt deshalb die Hintergründe dieses beispielhaften Arbeiterwiderstands, der in Italien vom August 2009 an eine Welle von Betriebsbesetzungen ausgelöst hat.

BERN | Infoladen (im Innenhof) der Reitschule | Donnerstag, 15. April 2010 | 20:00 Uhr

ZÜRICH | Café Kasama, Militärstr. 87a, | Montag 12.04.2010 | 19:30

BIEL | Infoladen Chat Noir, Burgplatz 4 | Dienstag 13.04.2010 | 19:00 Uhr

Sehr empfehlenswert ist auch die Broschüre von R. Thomann: Betriebsbesetzungen als wirksame Waffe im gewerkschaftlichen Kampf - Eine Studie aktueller Beispiele (.pdf)
http://www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/erfahrung/besetzungen.pdf

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CHIAPAS-DEMO BE
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20min.ch 11.4.10

Demo gegen "schmutzigen Krieg"

Am Samstagnachmittag haben über 100 Personen an einer Solidaritäts-Demo für die Zapatisten teilgenommen.

Damit wollten sie ein Zeichen gegen die "paramilitärische und militärische Gewalt in Chiapas (Mexiko)" setzen. Die Demonstranten platzierten zudem an Brunnen in der  Innenstadt und vor der mexikanischen Botschaft an der Weltpoststrasse rot gefärbte Puppen.

Foto: http://www.20min.ch/dyim/450136/B.M600,1000/images/content/2/5/4/25452013/1/topelement.jpg

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Indymedia 10.4.10

Communique zur Solidemo in Bern vom 10. April 2010 ::

AutorIn : Chiapas-Soli         

Gegen den schmutzigen Krieg in Chiapas, Mexiko!

Heute um 14:00 Uhr versammelten sich über 100 Leute bei der Heiliggeistkirche in Bern, um sich solidarisch mit den Zapatistas zu zeigen und um ein Zeichen gegen die paramilitärische und militärische Gewalt in Chiapas zu setzen.     
    
Fotos: http://ch.indymedia.org/de/2010/04/74923.shtml

Von der Heiliggeistkirche zog die Demo lautstark mit Trommeln, Trillerpfeifen, Rasseln und Parolen durch die Innenstadt über die Kirchenfeldbrücke bis zum Helvetiaplatz. Dort wandelte sie sich kurzerhand zu einer Tramdemo bis zur mexikanischen Botschaft an der Weltpoststrasse um.
Bei der mexikanischen Botschaft wurde die Demo bereits von Polizeigrenadieren erwartet, welche den Zugang versperrten. Aufgrund der Verwicklung des mexikanischen Staates in den schmutzigen Krieg in Chiapas, wurde das Areal von den Demonstrierenden grossräumig abgesperrt. Zudem wurden an einem Brunnen in der Innenstadt und vor der Botschaft blutverschmierte Puppen platziert, die symbolisch für die zapatistischen Opfer der paramilitärischen und militärischen Repression und Gewalt stehen.
Nach dem Besuch der mexikanischen Botschaft zog die Demo (diesmal ohne Tram) mit viel rhythmischen Lärm zurück in die Innenstadt und löste sich bei der Reitschule auf. Unterwegs wurde mit Reden und Flyern auf die Situation in Chiapas aufmerksam gemacht.
( Link zum verteilten Flyer: http://ch.indymedia.org/de/2010/03/74235.shtml )

Um 20:00 Uhr wird im Infoladen der Reitschule Bern noch der Film "Der Aufstand der Würde" gezeigt.


¡YA BASTA!
Den schmutzigen Krieg in Chiapas stoppen!
Für eine Welt, in welche viele Welten passen!

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INFO-CAFÉ FRIBOURG
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Indymedia 11.4.10

Erweiterung der Öffnungszeiten des Infoladens in Fribourg ::

AutorIn : infokiosque le souk  |  übersetzt von : Infoladen du Souk         
Neue Öffnungszeiten     
    
Das Infocafé du Souk in Fribourg (http://ch.indymedia.org/de/2010/03/74705.shtml) organisiert sich und öffnet neu auch Samstags von 14 bis 17 Uhr. Nach wie vor haben wir Dienstags von 17 bis 20 Uhr geöffnet.

Mit freudiger Erwartung.

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ANTIRA-CUP SOLETTA
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Indymedia 11.4.10

4. Antiracup Soletta 22. Mai 2010 ::

AutorIn : Aktionsgruppe Antiracup Soletta: http://www.antiracup.ch

Am Samstag, 22. Mai 2010, wird in Solothurn zum vierten Mal gegen Rassismus gekickt. Die Anmeldung ist ab sofort geöffnet. Hintergrund und Infos auf http://www.antiracup.ch.     
    
Wir benötigen von euch folgende Daten: Teamname mit kurzer Beschreibung, Telefonnummer des Teamverantwortlichen, die Anzahl TeilnehmerInnen sowie deren Durchschnittsalter.

Mit 24 Teams ist die Platzzahl beschränkt, weshalb sich eine frühzeitige Anmeldung lohnt.

Weitere Cups in anderen Städten sind in Planung. Sobald es News gibt, wird auf http://www.antiracup.ch informiert. Es lohnt sich also regelmässig vorbeizuschauen!

NEU: Anmeldungen nur unter soletta[at]antiracup.ch.

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KULTUROFFENSIVE LU
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Indymedia 10.4.10

Kulturoffensiver Umzug am 17. April in Luzern! ::

AutorIn : Kulturoffensive: http://www.kulturoffensive.ch     
    
Kultur tut not - darum auf zum Umzug     
    
Flyer: http://ch.indymedia.org/images/2010/04/74922.jpg

Sa. 17. April 2010

Besammlung:
16.00 Uhr Theaterplatz

Kulturoffensiver Umzug mit Musik, Theater, Poesie, Speakers-Corner, Gruppenfoto & Radioballett - (Taschenradio & Kopfhöhrer mitnehmen !)

Danach Konzerte & Feuershows auf dem Bahnhofplatz bis 22.00 Uhr

http://www.kulturoffensive.ch
    
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1. MAI ZH
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tagesanzeiger.ch 12.4.10

Am 1. Mai sollen die Demonstranten die Beherrschung verlieren

Tina Fassbind

 Das Motto der offiziellen 1.-Mai-Kundgebung lautet "Verlieren wir die Beherrschung". Befürchtungen, dass der Slogan als Aufforderung zum Randalieren verstanden werden konnte, schlägt das Komitee in den Wind.

 Der diesjährige Tag der Arbeit verspricht heiss zu werden. Unter dem Motto "Moneypulation - Verlieren wir die Beherrschung" ruft das 1.-Mai-Komitee zur diesjährigen Demonstration durch die Zürcher Innenstadt. Rund 500 Kleber mit diesem Aufruf sind bereits gedruckt und an verschiedenen Stellen in der Stadt angebracht worden.

 Befürchtungen, dass der diesjährige Slogan als Aufforderung zum Randalieren missverstanden werden könnte, hat man beim 1.-Mai-Komitee nicht. "Das ist eine rein politische Aufforderung, sich zu wehren, sich nicht alles Gefallen zu lassen. Es heisst nicht: Nehmt die Steine in die Hand und schlagt alles klein", betont Mediensprecherin Anna Klieber.

 "Die Beherrschung verlieren ist meist negativ"

 "Verlieren wir die Beherrschung bedeutet: Es reicht!", erklärt Klieber weiter. "Uns wird vorgegaukelt, die Krise sei vorbei. Aber es hat sich nichts geändert. Wir wurden von A bis Z verarscht." Das Geld regiere noch heute und begünstige nur einen kleinen Teil der Gesellschaft. "Deswegen fordern wir eine wahre Demokratie, die allen dient und nicht nur ein paar wenigen. Entlassungen und Lohnkürzungen - das kann nicht sein."

 Wenig Begeisterung löst der diesjährige Slogan des 1.-Mai-Komitees bei der Stadtpolizei Zürich aus. "Wir haben das zur Kenntnis genommen und werden es in die Lagebeurteilung aufnehmen", so Polizeisprecher Marco Cortesi. "Wenn allerdings jemand die Beherrschung verliert, ist das meist negativ und führt selten zu einem lösungsorientierten Ergebnis", gibt er zu bedenken.

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http://www.1mai.ch/1mai

1. Mai 2010

Moneypulation - Verlieren wir die Beherrschung
 
1. Mai Besammlung Demo um 10h Helvetiaplatz Zürich
Schlusskundgebung 12h Bürkliplatz
Das internationale Volksfest auf dem Kasernenareal Zürich, mit Kulinarischem aus aller Welt, Politdiskussionen, Filmvorführungen und Live-Openair-Konzerte findet statt vom Freitag 30. April bis Sonntag 2. Mai
 
Weitere Infos folgen in kürze....

Musikprogamm 30.4.-1.5.10
http://www.1mai.ch/1mai/2010/musikprogramm/

Politprogramm 30.4.-2.5.10
http://www.1mai.ch/1mai/2010/politprogramm/

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Indymedia 10.4.10

Manifest zum 1. Mai in Zürich ::

AutorIn : Revolutionärer Aufbau Zürich: http://www.aufbau.org     

Raum aneignen - Kämpfe verbinden - Perspektiven entwickeln!

Hissen wir die rote Fahne auf dem Paradeplatz!

 http://www.aufbau.org/index.php?option=com_content&task=view&id=785&Itemid=2

 http://www.aufbau.org/index.php?option=com_content&task=view&id=778&Itemid=1     
    

Manifest: http://ch.indymedia.org/media/2010/04//74934.pdf

Manifest zum 1. Mai 2010

Raum aneignen

Wir gehen auf eine Demo, weil wir gemeinsam ein politisches Anliegen auf der Strasse sichtbar machen wollen. Eine Demo hat zum Zweck, kollektiv und in der Öffentlichkeit etwas mitzuteilen. Das geschieht auf verschiedene Weise: mit Reden, Transparenten, Parolen. Aber die wohl wichtigste Botschaft einer Demo ist die Demonstration selbst: die praktische Aneignung von öffentlichem Raum, eine Aneignung, welche die Strasse zum Ort der Politik macht. Raum ist dabei nie neutral. Deshalb ist die Route etwas vom wichtigsten an einer Demo. Heute, in der Krise, gibt es in Zürich einen Ort, der am meisten mit politischer Bedeutung aufgeladen ist, und das ist der Paradeplatz. Er ist Sinnbild und durchaus realer Knotenpunkt des Finanzkapitals. Der Paradeplatz symbolisiert die Arroganz der Macht, er steht für die Arroganz der Banken, die diese Krise verschärft haben, deren Folgen nun auf die Schultern der ArbeiterInnen abgewälzt werden.
Aber genau seit letztem Jahr, seit sich die Krise verschärft hat, seit der UBS die Milliarden hinterher geworfen wurden - seither steht der Paradeplatz nicht mehr auf der Route der 1. Mai-Demonstration. Man kann das erstaunlich finden oder auch nicht. Aber auf jeden Fall wird von den OrganisatorInnen der Demo, dem 1.Mai-Komitee und dem Gewerkschaftsbund, hier eine Möglichkeit zur Politik verschenkt (oder verkauft?), die allen Linken einleuchten müsste.

Kämpfe verbinden

Nun ist der Paradeplatz gerade auch in letzter Zeit immer wieder das logische Ziel zahlreicher Demos gewesen, wie etwa der StudentInnen oder verschiedener Gewerkschaftsdemos. Und die Bedeutung des Paradeplatzes gilt ganz besonders am 1. Mai. Der 1. Mai ist der Tag, an dem auf der ganzen Welt ArbeiterInnen und Angestellte, Hausarbeiterinnen und Jugendliche, Arbeitslose und KleinbäuerInnen, auf die Strasse gehen. Der 1. Mai ist der internationale Kampf- und Festtag des globalen Proletariats. Um sich bewusst zu machen, wie all diese Kampfsituationen gemeinsame Ziele haben, ist der Paradeplatz ein Knotenpunkt erster Güte. Das Finanzkapital verdichtet Ausbeutungsformen der ganzen Welt: im Zeitalter so genannter imperialistischer Globalisierung gibt es keinen Bereich, wo das Finanzkapital nicht die Finger im Spiel hätte.

Perspektiven entwickeln

Gerade am 1. Mai ist es wichtig, an genau einen solchen Ort zu ziehen. Denn der 1. Mai ist der Tag, an dem wir nicht nur Missstände anprangern, sondern Stärke demonstrieren. Am 1. Mai wird selbstbewusst zum Ausdruck gebracht, dass es auch anders geht, als die Kapitalisten wollen. Da demonstrieren wir für eine andere Gesellschaft, eine Gesellschaft, die frei ist von Ausbeutung und Unterdrückung.
An der letztjährigen Schlusskundgebung nannte Paul Rechsteiner, der Präsident des Gewerkschaftsbunds, mit vielen Worten die Verhätschelung der UBS einen "Skandal". Aber offensichtlich finden die OrganisatorInnen der 1.Mai-Demo es nicht nötig, solchen Worten auch nur schon symbolisch Taten folgen zu lassen. Wenn wir Perspektiven entwickeln wollen, die über reine Abwehrkämpfe hinausgehen, dann bedeutet es genau das: nicht nur zu reden, sondern Forderungen mit einer konkreten Praxis zu verbinden. Einer Praxis, die ganz viele verschiedene Schauplätze hat, aber zuvorderst auf der Strasse stattfindet. Die Auslassung des Paradeplatzes am 1. Mai ist ein Skandal.

Hissen wir die Rote Fahne auf dem Paradeplatz!

April 2010, Revolutionärer Aufbau Zürich

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DEMORECHT BS
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Sonntag 11.4.10

Demo-Recht beschneiden

 Basler SVP will Demos künftig in Randgebiete verbannen

 Schmierereien, eingeschlagene Scheiben, brennende Autos: Wiederholt ist es in Basel bei Demos zu Ausschreitungen gekommen. Genug! Nun fordert die SVP endlich Massnahmen. Unbeteiligte Passanten und Privatbesitz dürfen nicht mehr gefährdet, der ÖV und das Gewerbe nicht mehr massiv gestört werden. Daher sollen Demonstrationszüge künftig nur noch auf einer Route durchgeführt werden können, wo sie möglichst niemanden stören. (bz) > Seite 47

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Basler SVP will Demo-Recht einschränken

Von Daniel Ballmer

 Immer wieder kommt es an Demos zu Ausschreitungen. Künftig seien solche Umzüge daher nur noch auf einer Route durchzuführen, wo sie möglichst niemanden stören.

 "Das Recht zur freien Meinungsäusserung und die Möglichkeit zu demonstrieren, ist äusserst wichtig und sollte auch in Zukunft dringend gewährt werden." Dies stellt der Basler SVP-Grossrat Samuel Wyss in seiner Motion gleich zu Beginn klar. Und doch. Alles hat seine Grenzen. So scheine es, dass immer öfter Chaoten in Erscheinung treten würden, die sich unter die friedlich demonstrierenden Personen mischten. Resultat: Schmierereien, eingeschlagene Scheiben oder Brandstiftungen. "Unbeteiligte Passanten werden gefährdet, Privatbesitz beschädigt oder gar zerstört, der öffentliche Verkehr massiv gestört, und das Gewerbe erleidet Verkaufseinbussen", kritisiert Wyss.

 Deshalb hat der SVP-Mann nun eine von 25 Parlamentariern mitunterzeichnete Motion zum "Schutz des Gewerbes, des ÖV und der Bevölkerung vor ausartenden Demonstrationszügen" eingereicht. Gefordert wird von der Regierung eine Gesetzesvorlage, wonach bei der Bewilligungserteilung dafür zu sorgen sei, dass in Basel für Demonstrationszüge künftig eine Route bestimmt wird, die weder das Gewerbe beeinträchtigt noch den Verkehr behindert. Gleichzeitig sollen während Grossanlässen wie der Fasnacht oder der Herbstmesse keine Demos bewilligt oder geduldet werden.

 "Demonstrationen müssten deswegen nicht an den Stadtrand verbannt werden", führt Wyss aus. Eine Möglichkeit sähe er etwa beim Münster, wo es weder eine ÖV-Linie noch Gewerbe gebe, die gestört werden könnten. "Dort wär's mir egal." Natürlich stosse der Vorschlag bei Demonstrierenden nicht auf Begeisterung, ist sich Wyss bewusst. "Aber wenn es jedes Mal ausartet, sind sie auch selber schuld."

 Letztmals zu grösseren Ausschreitungen gekommen ist es in Basel bei der Anti-WEF-Demo von Ende Januar. In die Kritik geraten war damals auch Polizeidirektor Hanspeter Gass. Im Grossen Rat war von einem "missglückten Einsatz" die Rede: "Dass die Polizei trotz massiver Sachbeschädigungen unbeteiligt zugeschaut hat, ist inakzeptabel." Und auch Motionär Wyss zeigt sich kritisch: "Es gäbe rechtlich durchaus Möglichkeiten, Recht und Ordnung durchzusetzen, aber sie werden nicht umgesetzt." Derzeit keine Stellungnahme erhältlich ist vom Justiz- und Sicherheitsdepartement. "Erst muss die Regierung über den Vorstoss befinden", erklärt Mediensprecher Martin Schütz.

 Noch aber ist unsicher, ob sich die Regierung überhaupt näher damit befassen muss. Denn auch Wyss selber schätzt die Chancen für seinen Vorstoss als "nur minim" ein. Links-Grün werde sich sicher dagegen wehren. "Und wenn dann die Bürgerlichen nicht geschlossen dahinter stehen, hat der Vorstoss keine Chance."

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 Bern entscheidet über neues Demo-Reglement

 Auch in der Stadt Bern sind Massnahmen gegen Ausschreitungen an Demonstrationszügen ein Thema. Abgestimmt wird am 13. Juni über eine Initiative, die ein härteres Vorgehen gegen gewalttätige Demonstranten fordert. Die bürgerlichen Initianten wollen, dass Teilnehmer künftig eine Kundgebung verlassen müssen, sobald die Polizei sie dazu auffordert.Bei Zuwiderhandlung würden bis zu5000 Franken Busse drohen. (bz)

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DELTA-SECURITY
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Sonntag 11.4.10

Sicherheitsleute randalierten

 An Ausschreitungen am 1.Mai 2009 in Zürich beteiligt

 Mehrere Mitarbeiter der Sicherheitsfirma "Delta" haben am 1.Mai 2009 an den Ausschreitungen in der Zürcher Innenstadt teilgenommen. Zusammen mit Hooligans verprügelten zwei "Delta"-Mitarbeiter einen linken Demonstranten. Fünf weitere "Delta"-Leute, zwei aktive und drei ehemalige, hatten die Szene zudem vom Strassenrand aus beobachtet. Urban Lederer, Geschäftsleitungsmitglied der Sicherheitsfirma "Delta", bestätigte eine entsprechende Meldung des "Tages- Anzeigers".

 Man habe die Mitarbeiter auf einem Video erkannt. Den aktuellen Mitarbeitern drohe ein disziplinarisches Verfahren, allenfalls sogar die Kündigung, erklärte er. Auch strafrechtliche Massnahmen könnten nicht ausgeschlossen werden. "Solche unakzeptablen und schlichtweg dummen Aktionen entsprechen in keinster Art und Weise unserer Firmenphilosophie", so Lederer. (sda)

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BIG BROTHER SPORT
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St. Galler Tagblatt 12.4.10

Schwarzer Fan-Protest

 Ein Teil der FCSG-Fans reagierte mit einem Dresscode gegen das Choreo-Verbot. Zudem unterstützten sie ihr Team 70 Minuten lang nicht. Und ernteten vom Rest des Publikums Pfiffe.

 Ralf Streule

 St. Gallen. Es war die Frage, die viele Zuschauer gestern in der AFG Arena fast mehr interessierte als das Resultat. Wie würden sich die FCSG-Anhänger im Espenblock verhalten, nachdem ihnen vergangene Woche verboten worden war, weiterhin Material für Fan-Choreographien ins Stadion zu bringen? Würden sie überhaupt erscheinen? Oder wieder Feuerwerk zünden? Obwohl - oder gerade weil - die Pyro-Aktion vom Cup-Halbfinal einer der Auslöser für das Verbot gewesen war?

 Fans pfeifen Ultras aus

 Einige hundert Fans im Zentrum des Espenblocks bekannten auf spezielle Weise Farbe für ihre Choreos: Sie zogen sich schwarz an. "Die Aufforderung, schwarz zu erscheinen, kam von mehreren Fanclubs", erklärte ein Anhänger während des Spiels. Zudem habe man sich darauf geeinigt, das Team 70 Minuten lang nicht zu unterstützen. Nur mit dem gelegentlichen Ruf "Fussballfans sind keine Verbrecher" machten sich die Fans Luft. Und erhielten von einem grossen Teil des restlichen Publikums die Quittung in Form von Pfiffen - auch aus dem Espenblock selber. Eine Tatsache, welche die derzeitige Zerrissenheit des Fanblocks zeigt. Und eine Tatsache, die auch FCSG-Trainer Uli Forte nach dem Sieg zu einem Statement in Richtung Fankurve veranlasste: "Ob Espenblock oder Sitzplätze - wir müssen zusammen vorwärtsmachen."

 Luzerner zünden Feuerwerk

 Pyro gab es schliesslich dann doch noch. Aber nicht auf St. Galler Seite, sondern im Fanblock der Gäste aus Luzern. Gleichzeitig mit dem Abbrennen der Fackeln zeigten sie ein Transparent mit der Aufschrift: "Nur ein Idiot verhängt ein Choreo-Verbot."

 Vor dem Stadion blieb es gestern ruhig: Weder vor noch nach dem Spiel kam es zu Ausschreitungen oder Schlägereien.

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20 Minuten 12.4.10

FCSG-Fans pfiffen sich gegenseitig aus

 ST. GALLEN. Mit einem Stimmungsboykott reagierte der Espenblock auf das Choreo-Verbot. Die anderen Fans solidarisierten sich aber nicht mit ihnen. Zeitweilig pfiffen sich die Fans sogar gegenseitig aus.

 Streckenweise herrschte gestern in der AFG-Arena Grabesstille. Zu hören waren nur das Geschrei der Spieler auf dem Feld und die Gesänge der Luzerner Gästefans - aus dem Espenblock war kein Ton zu vernehmen. Mit dem Stimmungsboykott protestierte die Kurve gegen das vom FCSG verhängte Verbot von Choreografien.

 Die anderen Fans im Stadion beteiligten sich jedoch nicht am Boykott. Nach Toren oder bei Chancen des FCSG sorgten die "gemässigten" Fans der Gegentribüne einige Male für Stimmung. Dafür ernteten sie aber Pfiffe aus dem Espenblock. Als dieser zur Ausnahme "Fussballfans sind keine Verbrecher" sang, gab es im Gegenzug ein Pfeifkonzert von der Gegentribüne. Als sich die schwarz gekleideten Fans im Block aus Protest setzten, forderte die Gegentribüne sogar, dass sie aus dem Stadion verschwinden.

 Die gehässige Stimmung unter den Fans löste sich erst in der 75. Minute auf, als der Espenblock den Boykott beendete und schliesslich das ganze Stadion gemeinsam die Mannschaft anfeuerte.

 Trotz des versöhnlichen Endes im Stadion herrscht zwischen den Fans und der Clubleitung immer noch Funkstille. Keine der Parteien suchte bisher das Gespräch mit der anderen.  

Sascha Schmid

Mehr zum Match auf Seite 37

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Sonntag 11.4.10

Im Würgegriff der Chaoten

 Die heutige Partie in Zürich zwischen dem FCZ und dem FC Basel ist mehr als nur ein normales Hochrisiko-Spiel

von François Schmid-Bechtel und Sebastian Wendel

 Der Schweizer Fussball hat ein Gewaltproblem, aber keine Lösung. Zuletzt wurde publik, dass ein Delta-Sicherheitsmann in seiner Freizeit als Schläger unterwegs ist.

 Ostermontag 2010. Der FC Basel tritt in Kriens zum Cuphalbfinal an. Rot-Blaue Ultras besetzen eine Zusatztribüne, für die sie keine Tickets haben. Sie würden diese erst räumen, wenn jene zehn Mitglieder, die wegen landesweiten Stadionverbots draussen bleiben müssen, eingelassen werden. Die Ordnungskräfte geben nach. Die zehn Ultras werden trotz Stadionverbot zugelassen und der Mob räumt die Zusatztribüne. Der Fussball im Würgegriff der Chaoten.

 1. Mai 2009. Die am Tag der Arbeit gewohnte Szenerie auf der Zürcher Langstrasse. Prügelnde und wütende Chaoten. Ein Mann in schwarzem T-Shirt, hellen Hosen und Sonnenbrille wird gefilmt, wie er einem taumelnden Mann erst ins Gesäss und danach ins Gesicht tritt. Knapp ein Jahr später wird bekannt: Beim genannten Schläger handelt es sich pikanterweise um einen Angestellten des Sicherheitsdienstes Delta. Und exakt jener Delta-Mann soll am 20. März vor dem Spiel zwischen St. Gallen und dem FCB einem Basler Fan Rissquetschwunden und Prellungen am Kopf zugefügt haben. Auf Facebook hatte er geprahlt, "die Inzest-Buben vom Rhein richtig zu ficken". Unterdessen wurde der Delta-Mann entlassen. Zurück bleibt die Frage: Wer ist gut, wer ist böse?

 Die Trennlinien sind unscharf. A-Fans sind unproblematisch und der Gewalt abgeneigt. B-Fans tragen die Farben ihres Klubs, zelebrieren Choreografien, brennen Pyros ab. Der Grossteil der B-Fans ist latent militant. Dieser Teil neigt zu Krawallen im und vor allem um das Stadion. Die meisten B-Fans nennen sich Ultra. Ein Ultra ist in der Regel zwischen 15 und 30 Jahre alt, männlich und kann aus allen sozialen Schichten stammen. Zugang findet der chauvinistische Lokalpatriot ebenso wie der Szenegänger, der System- und Kapitalismuskritiker, der Erlebnis-Fan oder der kiffende Hippie. Die Grosszahl der Ultras verachtet die Kommerzialisierung rund um den Fussball. Die dritte Gruppe, die C-Fans, sind die Hooligans. Diese sind bewusst auf Prügeleien mit anderen Hooligans aus. Äusserlich deutet nichts auf die Verbundenheit zu einem Klub. Der Hooligan trägt Markenklamotten. Und wie der Ultra lässt er sich nicht einer bestimmten sozialen Schicht zuordnen. Der Hooligan kann Banker, Chauffeur, Webdesigner, Journalist, Maurer oder Lehrer sein.

 Doch im Gegensatz zum gewaltbereiten Teil der Ultras ist er nicht nur auf spontane Kämpfe aus, sondern spricht sich vor allem mit gegnerischen Hooligans zum Kampf ab. Bevorzugte Kampfplätze: weit entfernt vom Stadion. Womöglich auf einem abgelegenen Parkplatz oder in einem Waldstück. "Heute ist es schwieriger geworden, die Fans zu kategorisieren. Die Grenze zwischen B- und C-Fan ist fliessend geworden", sagt Adolf Brack, der 25 Jahre lang als Hooliganspezialist bei der Zürcher Stadtpolizei gearbeitet hat. "Die Muttenzer Kurve umfasst 3000, die FCZ-Südkurve 2500 Leute. Wenn etwas passiert, dann reagiert die ganze Kurve. Früher waren es in Zürich vielleicht 50 Hooligans, von denen ich jeden gekannt habe. Heute ist es viel unübersichtlicher und unkontrollierbarer geworden."

 Brack ist unterdessen im Ruhestand, aber immer noch aufdatiert. Während seines Aktivdiensts galt er als unkonventioneller "Bulle". Aber auch als einer, der von allen Seiten respektiert wurde. Daniel Ryser, dem Autor des Buchs "Feld, Wald, Wiese - Hooligans in Zürich" erzählt er eine Geschichte aus den Neunzigern, als fünfzig Basler Hooligans nach Zürich zum Spiel GC gegen YB reisten. Die Basler wollen die "Hardturm-Front" angreifen. Brack stoppt sie ein paar hundert Meter vor dem Stadion. "Ich sagte ihnen, wenn ihr nur einen Schritt näher kommt, setzen wir Tränengas ein." Die Zürcher kommen und sagen, sie hätten mit den Baslern eine Schlägerei verabredet und dass sie unter sich bleiben wollen. Brack sagte: "Das Spiel dauert noch zwanzig Minuten, dann ist hier alles voller Zivilisten. Ihr habt drei Minuten hier an Ort und Stelle. Ich habe eine Trillerpfeife dabei. Wenn ich pfeife, ist die Schlägerei vorbei, sonst werdet ihr alle festgenommen und angezeigt." Drei Minuten später ist die Schlägerei vorbei, die Hooligans ziehen ab und trinken zusammen ein Bier.

 Die Hooligan-Romantik wie in dieser Geschichte ist gemäss Brack zur Rarität geworden. Einerseits weicht "Feld, Wald, Wiese", wie die Hooligans ihre gewalttätige Spielform unter Gleichgesinnten nennen, immer mehr dem Krawall auf der Strasse. Andererseits wird der Ehrenkodex unter den gewaltbereiten Fans immer mehr zur Makulatur. Dieser sieht die gleiche Truppenstärke zwischen den Parteien, den Verzicht auf Waffen und weitere Schläge, sobald einer am Boden liegend die Hand hebt, vor. "Es hat sich etwas geändert", sagt Buchautor und WOZ-Journalist Daniel Ryser. "Früher hatte man viel mehr Narrenfreiheit. Ältere Hooligans haben mir erzählt, dass sie 1992 in Deutschland eine riesige Schlacht mit mehreren hundert Teilnehmern veranstaltet haben. In den Zeitungen sei darüber aber kein Wort erschienen." Heute indes würde jeder "Furz" gleich auf dem Online-Portal einer Zeitung erscheinen, sagt Ryser.

 Die Rolle der Medien wird auch auf unserer Redaktion kontrovers diskutiert. Muss ein Medium Krawalle ignorieren, um den Chaoten keine Möglichkeit der Profilierung zu bieten? "Nein", sagt Ryser. "Glauben Sie mir: Keiner will sich am Tag nach dem Spiel mit einer brennenden Fackel in der Hand sehen. Selbst wenn er vermummt ist. Denn zu gross ist die Gefahr, dass er trotzdem erkannt wird."

 Entsprechend schwierig ist der Zugang in den Zirkel der gewaltbereiten Fans. Wir treffen Roman* auf dem Flugplatz Grenchen. Roman ist FCB-Fan. Nicht gewaltbereit, wie er behauptet. Trotzdem will er, dass wir ihn anonymisieren. War er am 13. Mai 2006, als der FCB zu Hause gegen den FCZ den Titel vergeigte, auch auf den Platz gestürmt? Das Bierglas in Romans feingliedriger Hand zittert: "Nein, ich hatte Stadionverbot." Wie das? "Ich stand zum falschen Zeitpunkt dort, wo Steine flogen." Eine Nacht habe er auf irgendeinem Polizeiposten in U-Haft verbracht. Eineinhalb Jahre später sei er in einem Gerichtsprozess freigesprochen worden.

 Für Urs* ist es das höchste der Gefühle, Teil der Muttenzerkurve zu sein. Und es ist Normalität, wenn zwischen duellierenden Gruppen die Fäuste fliegen. "Wenn man die Basler reizt, dann chlöpfts einfach." Auslöser für die "Lämpen" seien meist die Polizei oder die privaten Sicherheitsdienste. "Ausrede", entgegnet Brack. "Ich kenne ehemalige Schläger, die heute für Delta arbeiten. Aber das muss nicht schlecht sein. Denn sie kennen die Mechanismen. Ich habe nie einen Delta gesehen, der ausgerastet ist." Ryser meint: "Es sind die privaten Sicherheitsdienste, die immer mehr polizeiliche Kompetenzen fordern." Das gebe ihm ein schlechtes Gefühl. Wenn Sicherheit zum Geschäft werde, werde es schnell sehr viele Leute geben, denen viel daran gelegen sei, dass wir nicht sicher seien, damit das Geschäft mit der Sicherheit ein Geschäft bleibe.

 Die Gewalt im Fussball hat längst jeden erfasst. Politiker profilieren sich mit Lösungsvorschlägen, Staatsanwälte wie der St.Galler Thomas Hansjakob als Hardliner. Brack sagt: "Die Ostschweizer sind Vorbild in der Gewaltbekämpfung. Die lassen sich vom Mob nicht erpressen." Er spricht damit das Vermummungsverbot und Hansjakobs effizientes Schnellrichter-Verfahren an. Aber auch für die jüngsten Massnahmen, dem Verbot von Choreografien und Fahnen im Stadion, klatscht Brack Beifall. "Auf gewaltbereite Fans kann man allein schon aus wirtschaftlicher Sicht verzichten. Der FC Zürich zahlt pro Saison mehrere hunderttausend Franken Busse für das Fehlverhalten der Fans."

 Dass ein Schnellrichter Krawallbrüder an Ort und Stelle verurteilt, ist richtig. Doch nach der Delta-Affäre bleibt ein schaler Nachgeschmack, wenn Hansjakob dem WOZ-Reporter sagt: Für einen Strafbefehl in einem Schnellverfahren gegen Fans genüge ihm die Aussage eines Sicherheitsdienst-Mitarbeiters. Oder wenn Peter Landolt, Stadionmanager im Letzigrund, für das heutige Spiel wegen der Delta-Geschichte Ausschreitungen befürchtet. "Wenn die FCB-Fans auf Delta-Leute treffen, sehe ich ein grosses Gefahrenpotenzial."

 * Namen der Redaktion bekannt

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 Das Internet als Plattform für die Ultraszene

 Das Internet gilt als Kommunikationsplattform unter den Ultras. www.ultras.ws ist ein europaweites Forum, wo sich Fangruppen aus allen Ligen austauschen. Es wird heftigst diskutiert, welchen Ruf die Ultraszene in der Gesellschaft hat. Viele User im Schweizer Forumsteil schreiben, dass sie sich in den Stadien zu stark bevormundet fühlen. Durchs Band herrscht die Meinung, dass mit weniger Präsenz und Eingreifen der Sicherheitskräfte viel an Gewalt verhindert werden könne. Aber die Ultras nehmen sich auch an der eigenen Nase. "Ich muss sagen, wenn ich auf die heutige Situation schaue, werde ich schnell nostalgisch traurig. Wie schön war es doch vor 10 Jahren, als man als Fan sämtliche Freiheiten besass und nicht gleich als Schwerkrimineller angeschaut wurde. Doch korrekterweise muss hier gesagt werden, dass die Fans nicht ganz unschuldig sind, dass die Situation sich dermassen zugespitzt hat (Stichwort: fliegende Fackeln, Sachbeschädigungen, etc.)", schreibt "nationaler Schinkentony", ein selbsternannter erfahrener C-Fan. In einem anderen Thread wird ausgetauscht, wie die "Auseinandersetzungen unter Fussballfans wieder auf ein hohes Niveau gebracht werden können". Der Kodex besage, dass hart, aber fair geboxt werden müsse. "Ich denke, es liegt in der Pflicht eines jeden Old School Lad, die so genannten Junglads zu erziehen", so "nationaler Schinkentony". Von bewaffneten Kämpfen distanzieren sich die langjährigen C-Fans klar.

 Auf dem Videoportal "Youtube" kursieren etliche Videos der Hooligan-Szene. Die Beiträge zeigen auf, dass in vielen Fankurven Osteuropas und Italiens Rechtsradikale die Anführer sind. In der Schweiz gelten laut "www.ultras.ws" die Kurven von Sion, Servette und GC als rechts. Facebook taugt für die Szene nicht als Kommunikationsplattform, da die Seite streng überwacht wird und allen Aufrufen zu Gewalt oder hasserfüllten Äusserungen strafrechtlich nachgegangen wird. (wen)

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BFM-CHEF GEGEN ALLE(S)
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20 Minuten 12.4.10

Task Force gegen Dealer aus Nigeria

 BERN. Der Direktor des Bundesamts für Migration zieht die Notbremse: Eine Task Force soll kriminellen nigerianischen Asylbewerbern das Handwerk legen.

 Fast 1800 Nigerianer haben 2009 in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt. Doch nur knapp 9 von ihnen sollen laut dem neuen Direktor des Bundesamtes für Migration, Alard du Bois-Reymon, eine reine Weste haben: 99,5 Prozent der asylsuchenden Nigerianer kämen "nicht als Flüchtlinge in die Schweiz, sondern um illegale Geschäfte zu machen", so Du Bois-Reymond gegenüber der "NZZ am Sonntag". Für ihn ist klar: Die Prozesse in der Schweiz müssen beschleunigt werden, damit die abgewiesenen Asylbewerber schneller zurückgeführt werden können. "Zu diesem Zweck setze ich eine Task Force mit Mitarbeitern aus anderen Departementen und aus den Kantonen ein", so Du Bois-Reymond. Eine Massnahme, die die Kantone willkommen heissen: "Die Ausschaffung der nigerianischen Asylbewerber, die sich grösstenteils in der Schweiz als Kokaindealer verdingen, wird immer schwieriger", sagt die St. Galler Polizeidirektorin Karin Keller-Sutter. Die Nigerianer, deren Asylgesuche seit 2008 "stark ansteigen", funktionierten über Familienclans. Sie seien perfekt organisiert und schwierig zu infiltrieren. Keller-Sutter: "Die Nigerianer werden gezielt für den Kokainstrassenhandel rekrutiert und nach Europa eingeschleust."

 Die Flüchtlingshilfe zweifelt an der hohen Verbrecherquote, ohnehin ist fraglich, wie erfolgreich die Schweizer Bemühungen in Nigeria sein werden: "Korruption, Sprache und Kultur werden die Zusammenarbeit mit der nigerianischen Behörde erschweren", sagt Politologin Stephanie Oesch.  

Désirée Pomper

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 Gefängnisse stark überbelegt

 BERN. Die Schweizer Haftanstalten platzen aus allen Nähten. Allein im Kanton Bern können aus Platzmangel 3000 Personen ihre Haftstrafe nicht antreten. Schweizweit melden laut der "SonntagsZeitung" alle geschlossenen Haftanstalten Vollbesetzung. Der Anteil an ausländischen Häftlingen ist konstant hoch: In der Strafanstalt Lenzburg und den Gefängnissen in Zürich und St. Gallen sind 8 von 10 Insassen Ausländer.

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 IZRS: "Problem für Sicherheit"

 BERN. Der Direktor des Bundesamts für Migration, Alard du Bois-Reymond, bezeichnet die Mitglieder des Islamischen Zentralrats Schweiz IZRS im Interview mit der "NZZ am Sonntag" als "Dialog-resistent". Er befürchtet "einen Nährboden für potenzielle Terroristen". "Solche Islam-Konvertiten wären für mich keine Folge mangelnder Integration, sondern schlicht ein Sicherheitsproblem für unser Land", so Du Bois-Reymond.

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sf.tv 11.4.10

Schnellere Ausschaffung von kriminellen Nigerianern

 Das Bundesamt für Migration (BFM) will mit einer Task-Force den Asylmissbrauch von kriminellen Nigerianern stoppen. Trotzdem wird auch für dieses Jahr mit insgesamt 16'000 Asylgesuchen gerechnet.

sda/hjw

 Etwa 99,5 Prozent der Asylbewerber aus Nigeria hätten nicht die geringste Chance, in der Schweiz Asyl zu erhalten, sagte der Alard du Bois-Reymond, Direktor des Bundesamts für Migration (BFM).

 In einem Interview mit der "NZZ am Sonntag" erklärte der BFM-Chef: "Sie kommen nicht als Flüchtlinge, sondern um Geschäfte zu machen." Ein grosser Teil betätige sich hier in der Kleinkriminalität und im Drogenhandel.

 Task-Force eingesetzt

 Um abgewiesene Asylbewerber schneller nach Nigeria zurückschaffen zu können, setzt Alard du Bois-Reymond eine Task-Force mit Vertretern von Bund und Kantonen ein. Sie soll bis zum Sommer ein Paket von Massnahmen präsentieren. Weil es aber einige Zeit dauere, um die Verfahren zu beschleunigen, rechnet du Bois-Reymond auch dieses Jahr mit insgesamt 16'000 Asylgesuchen.

 Kritische Haltung

 Dezidiert äussert er sich auch zur Integration von Muslimen. Von den 350'000 hier lebenden Muslimen seien etwa 10'000 strenggläubig. "Vor allem diesen müssen wir klarmachen, dass in der Schweiz unsere Werte und unsere Gesetze gelten."

 Keinen Erfolg mit Integrations-Massnahmen verspricht sich der BFM-Chef dagegen bei einer Gruppe von Schweizer Islam-Konvertiten. Einzelne von ihnen wollten eine radikal andere Gesellschaft, "vergleichbar mit den früheren RAF-Terroristen". Sie stellten ein Sicherheitsrisiko für die Schweiz dar.

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NZZ am Sonntag 11.4.10

Asyl-Chef geht gegen kriminelle Nigerianer vor

 Der Direktor des Bundesamts für Migration will mit einer Task-Force den Asylmissbrauch von Nigerianern stoppen.

 Lukas Häuptli, Andreas Schmid

 99,5 Prozent der Asylbewerber aus Nigeria hätten nicht die geringste Chance, in der Schweiz auch Asyl zu erhalten, sagt Alard du Bois-Reymond, Direktor des Bundesamts für Migration (BfM), im Interview mit der "NZZ am Sonntag". "Sie kommen nicht als Flüchtlinge, sondern um Geschäfte zu machen." Ein grosser Teil betätige sich in der Kleinkriminalität und im Drogenhandel. "Wir sind zu attraktiv als Asyl-Land für missbräuchliche Gesuchsteller", sagt der BfM-Direktor, der seit Anfang Jahr im Amt ist.

 Um abgewiesene Asylbewerber schneller zurückschaffen zu können, setzt du Bois-Reymond jetzt eine Task-Force mit Vertretern von Bund und Kantonen ein. Sie sollen bis im Sommer ein Massnahmenpaket präsentieren. Weil es aber einige Zeit daure, um die Verfahren zu beschleunigen, rechnet du Bois-Reymond auch dieses Jahr mit insgesamt 16 000 Asylgesuchen.

 Dezidiert äussert sich der Amtschef auch zur Integration von Muslimen. Von den 350 000 hier lebenden seien etwa 10 000 strenggläubig. "Vor allem diesen müssen wir klarmachen, dass in der Schweiz unsere Werte und unsere Gesetze gelten." Keinen Erfolg verspricht sich du Bois-Reymond von Integrationsmassnahmen bei einer Gruppe von Schweizer Islam-Konvertiten. Einzelne von ihnen wollten eine radikal andere Gesellschaft, "vergleichbar mit den früheren RAF-Terroristen". Solche Konvertiten stellten ein Sicherheitsproblem für die Schweiz dar, führt er weiter aus.

 -> Seite 11

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"Wir sind zu attraktiv als Asyl-Land"

 Alard du Bois-Reymond, der neue Direktor des Bundesamts für Migration, setzt eine Task-Force gegen nigerianische Asylbewerber ein. Ein grosser Teil von diesen sei kriminell, sagt er

 NZZ am Sonntag: Der Bund bewilligt nur jedes sechste Asylgesuch, alle anderen Anträge lehnt er ab. Wie verhindern Sie, dass auch künftig Tausende von Menschen ohne Chance auf Asyl in die Schweiz kommen?

 Alard du Bois-Reymond: In erster Linie wollen wir das Problem mit den Nigerianern lösen. Sie haben letztes Jahr mit fast 1800 Asylgesuchen am meisten Anträge gestellt - 99,5 Prozent von ihnen ohne die geringste Chance, in der Schweiz bleiben zu können. Sie kommen nicht als Flüchtlinge hierher, sondern um illegale Geschäfte zu machen.

 Warum kommen sie gerade in die Schweiz?

 Weil sie hier offensichtlich ein gutes Netz haben und die zweitgrösste Kolonie von Landsleuten in Europa vorfinden. Ein grosser Teil von ihnen driftet in die Kleinkriminalität ab oder betätigt sich im Drogenhandel. Das ist eine traurige Tatsache.

 Was wollen Sie dagegen unternehmen?

 Wir sind auf die Mithilfe der nigerianischen Behörden angewiesen und wollen die gute Zusammenarbeit mit ihnen vertiefen. Wir brauchen ein neues Rückübernahmeabkommen mit Nigeria. Es ist dabei denkbar, dass wir als Gegenleistung Unterstützung bei der Sicherung der nigerianischen Staatsgrenzen bieten. Eine internationale polizeiliche Zusammenarbeit liegt im Interesse Nigerias, das den Ruf als Heimat vieler Drogenhändler loswerden will.

 Und was muss sich hier ändern?

 Daneben will ich auch die Prozesse in der Schweiz beschleunigen. Abgewiesene Asylbewerber müssen schneller zurückgeführt werden. Zu diesem Zweck setze ich eine Task-Force mit Mitarbeitern aus anderen Departementen und aus den Kantonen ein. Beigezogen werden auch die Polizeien, weil es nicht zuletzt um die Bekämpfung von Drogenhandel geht. Die Task-Force soll bis im Sommer ein Massnahmenpaket präsentieren.

 Wo sehen Sie Schwierigkeiten?

 Ein zentrales Problem ist, die Herkunft der Gesuchsteller zu eruieren und sie anschliessend zurückzuschaffen. Faktisch kann ein abgewiesener nigerianischer Asylbewerber zurzeit ein Jahr in der Schweiz bleiben. Sein Ziel ist es ja auch, möglichst lange hier tätig sein zu können.

 Mit Ihren Massnahmen gegen Nigerianer stigmatisieren Sie eine einzelne Gruppe von Asylbewerbern.

 Ich habe gerade von Asylbewerbern gesprochen, die krassen Missbrauch betreiben. Man muss die einzelnen Gruppen der Gesuchsteller differenziert betrachten. Bei den Asylbewerbern aus Eritrea beispielsweise geht es um Menschen, die in ihrer Heimat mit teils unerträglichen Bedingungen konfrontiert sind. Das ist eine ganz andere Ausgangslage als bei den Nigerianern. Und wiederum anders verhält es sich mit Asylsuchenden aus Somalia oder Sri Lanka.

 Werden Sie gegen nigerianische Asylbewerber auch deshalb aktiv, weil das Parlament gerade die Ausschaffungsinitiative der SVP behandelt?

 Nein, das hat damit nichts zu tun. Das Problem mit den Nigerianern ist real und soll nicht tabuisiert werden - im Interesse aller Asylbewerber, die gute Gründe haben, in die Schweiz zu kommen. Heute spricht ja kaum jemand von echten Flüchtlingen. Mit Asylbewerbern meint man oft Scheinasylanten. Im Asylwesen ist das Randthema des Missbrauchs dominant geworden - wie in der Invalidenversicherung das Randthema der Scheininvaliden.

 Wie wollen Sie Asylbewerber schützen, die tatsächlich aus ihrer Heimat flüchten müssen?

 Damit die humanitäre Tradition der Schweiz nicht verloren geht und nicht von Debatten über Asylmissbrauch überdeckt wird, müssen wir streng sein mit denjenigen, die das System austricksen wollen. Es ist eine Tatsache, dass sich gewisse nigerianische Asylbewerber über die Naivität der Schweizer lustig machen und die Schwächen des Asylverfahrens ausnutzen. Für mich ist klar: Wir sind zu attraktiv als Asyl-Land für missbräuchliche Gesuchsteller. Die Schweiz lässt diesen zu viel Zeit, hier krumme Geschäfte zu machen. Allerdings braucht es Zeit, um das zu ändern. Deshalb rechne ich auch dieses Jahr mit etwa 16 000 Asylgesuchen.

 Ein nigerianischer Asylbewerber ist kürzlich bei einer Zwangsausschaffung gestorben.

 Die Aufklärung des tragischen Vorfalls liegt auch in unserem Interesse. Parallel zu den Untersuchungen der Zürcher Staatsanwaltschaft sind wir mit den involvierten kantonalen Behörden im Gespräch und prüfen gemeinsam, ob bei den Abläufen Veränderungen nötig sind. So können wir wieder Sonderflüge für abgewiesene Asylbewerber durchführen, sobald die Untersuchungsergebnisse vorliegen.

 Neben dem Asylwesen ist die Integration, vor allem die Integration von Muslimen, eine Aufgabe des Bundesamts für Migration. Wie soll diese Integration aussehen?

 Es ist zu früh, über konkrete Massnahmen zu sprechen. Sicher aber ist, dass das Thema wichtig ist und in den richtigen Relationen gesehen wird. Von den rund 350 000 Musliminnen und Muslimen in der Schweiz praktizieren nur rund 50 000 ihren Glauben. Und nur rund 10 000 Musliminnen und Muslime sind strenggläubig. Vor allem diesen müssen wir klarmachen, dass in der Schweiz unsere Werte und unsere Gesetze gelten.

 Gegenwärtig sorgen vor allem junge Schweizer für Schlagzeilen, die zum Islam konvertiert sind und sich im sogenannten Islamischen Zentralrat organisiert haben.

 Diese Islam-Konvertiten gehören zu einer Gruppe, bei der Integrationsmassnahmen keinen Erfolg haben. Der Grund ist einfach: Sie sind bereits integriert, und zwar sowohl sozial als auch ökonomisch. Allerdings sind sie Dialog-resistent. Einzelne von ihnen wollen eine radikal andere Gesellschaft, einen Gegenentwurf zur bestehenden Ordnung. Darin kann, wie Fälle aus Deutschland oder England zeigen, ein Nährboden für potenzielle Terroristen liegen, vergleichbar mit den früheren RAF-Terroristen in Deutschland. Auch sie waren integriert, strebten aber eine radikal andere Gesellschaft an. Solche Islam-Konvertiten wären für mich keine Folge mangelnder Integration, sondern schlicht ein Sicherheitsproblem für unser Land.

 Und wie soll der Staat dieses Sicherheitsproblem lösen?

 Mit Mitteln der Polizei und der Nachrichtendienste. In demjenigen Moment, in dem die öffentliche Sicherheit gefährdet ist, muss der Staat eingreifen. Es gilt die geltenden Gesetze anzuwenden und durchzusetzen.

 Es gibt nicht nur Islam-Konvertiten, sondern auch ausländische Muslime, die in die Schweiz immigriert sind und strenggläubig, ja radikal sind.

 Das ist nicht auszuschliessen. Um einer möglichen Radikalisierung von Migranten entgegenzutreten, müssen wir für eine schnelle und gute Integration dieser Menschen sorgen.

 Braucht es für die schnelle und gute Integration, die Sie erwähnen, mehr Entgegenkommen der Schweizer? Oder mehr Anpassung der Migranten?

 Natürlich braucht es immer beides. Aber es gibt Dinge, die bei einer Integration nicht diskutierbar sind. Um beim Beispiel der Muslime zu bleiben: Die Scharia darf in der Schweiz in keinem Fall zur Anwendung kommen. Und zwar auch nicht in Bereichen, die durch das Schweizer Recht nicht abgedeckt sind.

 Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf, Ihre politische Vorgesetzte, hat auch schon laut über ein Burka-Verbot nachgedacht.

 Solange es in der Schweiz faktisch keine Burka-Trägerinnen gibt, stellt sich die Frage eines Verbots nicht. Sollte das einmal anders sein, sähe ich allerdings durchaus Handlungsbedarf: Das Burka-Tragen verstösst gegen unsere Werte. Es verletzt den Grundwert, dass Mann und Frau gleichwertige Menschen sind.

 Mit dieser Argumentation müsste in der Schweiz auch Kopftuch-Tragen verboten werden.

 Das Bundesgericht hat bereits klar entschieden, dass das Tragen von Kopftüchern in öffentlichen Ämtern unzulässig, hingegen im privaten Bereich zulässig ist. Ein ähnliches Beispiel ist der Schwimmunterricht. Wenn eine Schulklasse schwimmen geht, so haben alle Kinder dem Schwimmunterricht zu folgen. Es gilt, unser Recht zu respektieren und das geltende Recht durchzusetzen.  

Interview: Lukas Häuptli, Andreas Schmid

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 Der studierte Volkswirtschafter ist seit Anfang 2010 Direktor des Bundesamts für Migration im Departement von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Zuvor arbeitete er als Leiter Invalidenversicherung im Bundesamt für Sozialversicherung. Im humanitären Bereich sammelte du Bois-Reymond Erfahrungen als Delegierter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Er war unter anderem in Afrika tätig. Von 1999 bis 2004 stand er der Behindertenorganisation Pro Infirmis vor. Du Bois-Reymond ist 1961 geboren. (luh./asc.)

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ANTISEMITISMUS
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Tagesanzeiger 12.4.10

Von Blut und Schweinen

 Jacques Chessex' Roman über den Judenmord von Payerne hat in der Romandie viel Aufregung verursacht. Jetzt liegt er auf Deutsch vor. Er dürfte die hiesigen Leser befremden.

 Von Martin Ebel

 Am 16. April 1942 ermordeten fünf Schweizer Nazis in Payerne den Berner Viehhändler Arthur Bloch. Weil er Jude war. "Un Juif pour l'exemple", dargebracht auf Anordnung eines antisemitischen Pfarrers wenige Tage vor Hitlers Geburtstag. Die schlimme Geschichte ist in der Schweiz bekannt und gut aufgearbeitet, mindestens zwei Sachbücher und ein Film haben sich mit ihr befasst.

 Als Jacques Chessex, der grosse Waadtländer Autor, vor gut einem Jahr seinen Roman "Un Juif pour l'exemple" veröffentlichte, löste das in Payerne grosses Missfallen aus. Er verunglimpfe die ganze Kleinstadt, hielt man ihm vor, er sei ein Nestbeschmutzer. Dazu kam, dass Chessex öffentliche Wiedergutmachung forderte in Form einer Strassenbenennung und einer Plakette für Bloch.

 Chessex ist in Payerne geboren und aufgewachsen, sein Vater war dort Schuldirektor, er selbst hat das Opfer wie die Täter gekannt und die Erinnerung an die Tat und ihre scheusslichen Details, Blochs Leiche wurde in Stücke geschnitten und in Milchkübeln im Neuenburger See versenkt, nie überwunden. Chessex musste diesen Roman schreiben.

 Nun liegt er auch auf Deutsch vor und könnte sein neues Publikum, das eine andere Sprache für Nazi-Verbrechen gewöhnt ist, möglicherweise befremden.

 Straffe Dramaturgie

 Beeindruckend die straffe Dramaturgie des schmalen Werks: Chessex entwirft ein Panorama der Broye-Ebene und kommt dann gleich auf die wirtschaftlich desolate Lage um 1940. Die Arbeitslosigkeit plagt ein Zehntel der Einwohner Payernes, schürt Ressentiments, verlangt nach Sündenböcken. "Wer ist schuld? Die Dicken. Die Betuchten. Die Juden und die Freimaurer". Kurz und knapp zeichnet Chessex die Umtriebe der Schweizer Nazis nach, die Hetze des Pastors Lugrin, den Einfluss der deutschen Gesandtschaft in Bern; erste antisemitische Übergriffe, die von der örtlichen Polizei nicht konsequent verfolgt werden. Dann der Mord selbst, in einem Stall, in den Bloch unter einem Vorwand gelockt wurde, mit dem retardierenden Moment des zweifachen Weggehens und Wieder-Zurückkommens, wie in einem bösen Märchen: Auf drei wird die Untat vollzogen.

 So überzeugend der ökonomische und politische Hintergrund des Schweizer Antisemitismus auf wenigen Seiten entwickelt wird, so anstössig ist eine ganz andere Kausalkette, die Chessex spannt. Als müsste er demonstrieren, dass er kein Historiker, sondern Dichter ist, tränkt er die Gegend um Payerne buchstäblich in Schweineblut. Seit Generationen, heisst es, haben die Menschen in der Broye Schweine gezüchtet, bis sie gewissermassen mit den Tieren verschmolzen sind; wörtlich und personifizierend: "Payerne schnauft und schwitzt im Speck."

 Einen schwarzen Mythos entwirft der wortgewaltige Autor: In der Payerner Erde vermischt sich das Schweineblut mit den Überresten menschlicher Gebeine. Der Dunst, der daraus aufsteigt, benebelt die Hirne der Einwohner und gebiert Untaten. Und danngerät der Autor ins Raunen: "TiefeHecken, helles Gestrüpp oben auf dem Höhenrücken von Grandcour. Aber das Böse geht um. Ein schweres, kriechendes Gift breitet sich aus. O Deutschland, Reich des unseligen Hitler. O Nibelungen, Wotan, O Walküren, Siegfried, dumpfe Lichtgestalt . . . "

 Das sind unselige Klischees, die im französischen Sprachraum bis heute immer noch ihr Unwesen treiben. Aus dem poetischen Kurzschluss, der dem Dichter gestattet ist - eine Metapher ist immer ein Kurzschluss, weil sie zwei Bildbereiche überblendet, aber ein produktiver - wird hier ein gedanklicher. Dass der Autor sich in rhetorischen Posen à la Victor Hugo gefällt, ist zwar auch französische Tradition, macht es aber nicht besser. Das Unbehagen über die eigentümliche Blut-und-Boden-Metaphorik und den Rückzug von der politisch-ökonomischen Analyse in religiöses Gewaber ("das Böse geht um") löst sich erst, als Chessex sich selbst in die Geschichte einführt.

 Diffuse Schuldgefühle

 Denn sie hat auch mit Chessex selbst zu tun. Er ist mit dem Stoff nie wirklich fertig geworden, auch nicht in diesem Buch. Die Erklärung dafür liefert er in einer bemerkenswerten Passage. Darin beschreibt er das diffuse Schuldgefühl, das ganz Payerne nach dem Mord erfasst hat und auch ihn, den damals Achtjährigen, nicht loslässt. Es ist "ein Schuldgefühl, das sich jeder Vernunft entzieht."

 Nicht einmal sich davon loszuschreiben sei möglich: Mitschuld, so zitiert er einen Gedanken des Philosophen Vladimir Jankelévitch, entstehe auch aus der ästhetischen Verarbeitung eines Verbrechens. Wer sich literarisch mit dem Judenmord von Payerne einlässt, an dem klebt die Geschichte, wie Blut.

 Man begreift die tiefe Verzweiflung des Autors an dem Stoff, der sein Leben vergiftet hat. Und so tritt zum Unbehagen des Lesers Mitgefühl, eine nichtgerade häufige Empfindung gegenüber einem grossen Autor. Der rettet sich am Ende seines Buches in eine Litanei, in der Payerne ganz dicht bei Auschwitz und Treblinka liegt, und in einen Appell an den fernen christlichen Gott mündet: "Erbarmen, bei der Dornenkrone und dem Stacheldraht der Lager. Erbarme Dich, Herr, unserer Verbrechen. Herr, erbarme Dich unser."

 Ein Jude als Exempel

 Jacques Chessex: Ein Jude als Exempel. Aus dem Französischen von Grete Osterwald. Nagel & Kimche, Zürich 2010. 96 S., ca. 23 Fr.

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WIKILEAKS
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NZZ am Sonntag 11.4.10

Geheimnisse fürs Volk

 Ein Video, das zeigt, wie die US-Armee im Irak unbewaffnete Zivilisten tötet, ist der jüngste Coup von Wikileaks: Die Internet-Plattform für anonyme Informanten bringt Geheimes an die Öffentlichkeit. Und schafft sich damit Feinde.

Christine Brand

 Der Videoclip beginnt mit einer unspektakulären Luftaufnahme Bagdads und endet mit einem Gemetzel. Es ist zu sehen, wie einige Männer unbedarft über die staubige Strasse spazieren. Wie sie von Helikoptern plötzlich unter Beschuss genommen werden. Wie sie getroffen zu Boden gehen. Und sterben. Die Bilder stammen von der Bord-Kamera eines Kampfhelikopters der US-Armee, mit dem am 12. Juli 2007 in der irakischen Hauptstadt eine Gruppe von Zivilisten niedergemäht wurde, unter ihnen zwei Reuters-Journalisten. Unterlegt ist der Clip mit dem Original-Funkverkehr:

 "Lasst uns schiessen." - "Fackel sie alle ab." - "Weiter schiessen. Weiter schiessen." - "Alles klar, haha, hab sie erwischt." - "Hab da einen Haufen Leichen liegen." - "Oh ja, schau dir diese toten Bastarde an."

 Die Aufnahmen zeigen, dass die Soldaten im Helikopter auch dann schiessen, als herbeigeeilte Helfer versuchen, einen Verletzten zu bergen. Sie feuern auf die Männer und deren Wagen, in dem auch zwei Kinder sitzen. Sie sind die Einzigen, die das Gemetzel schwer verletzt überleben.

 Das Video, vom Pentagon unter Verschluss gehalten, beantwortet die Frage, warum die beiden Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters und zehn weitere Menschen an jenem Tag in Bagdad starben: Offenbar hatten die Soldaten deren Kameras mit Waffen verwechselt. Die Medien versuchten bisher vergeblich, an das Bildmaterial heranzukommen. Dass es jetzt doch an die Öffentlichkeit gelangte, liegt an einer unbekannten Person aus den Reihen des Militärs, die das Video der Website Wikileaks zuspielte: einer Plattform für Whistleblower, für namenlose Informanten in Behörden, Unternehmen und Organisationen, die interne Dokumente öffentlich machen wollen, ohne damit in Verbindung gebracht zu werden.

 Über eine Million Dokumente aus mehr als 100 Ländern, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht gewesen wären, hat Wikileaks schon ins Internet gestellt. Immer wieder liefert die Plattform Scoops, die von den klassischen Medien aufgegriffen werden und weltweit Aufsehen erregen. So publizierte Wikileaks die Handbücher für Wachen des Gefangenenlagers Guantánamo, die Menschenrechtsverletzungen belegten. Das Portal präsentierte interne Berichte über den umstrittenen Luftangriff auf zwei Tanklaster im afghanischen Kunduz. Auch der Skandal um mögliche Manipulationen von Klimadaten durch renommierte Wissenschafter geht auf Enthüllungen der Website zurück. Und: 2008 schaltete Wikileaks Hunderte vertrauliche Dokumente auf, die Auskunft gaben über Geldflüsse von Kunden der Schweizer Bank Julius Bär - unter anderem über Transaktionen auf den Cayman-Inseln. Julius Bär erwirkte, dass die Seite vorübergehend gesperrt wurde, zog die Klage aber schliesslich zurück.

 Anonymität als höchstes Gut

 "Wir suchen die Geschichten nicht - sie werden uns zugespielt", sagt Daniel Schmitt. Der Deutsche ist neben dem australischen Journalisten Julian Assange der Einzige von Wikileaks, der öffentlich in Erscheinung tritt. Das tut er nur unter falschem Namen. Anonymität ist das höchste Gut in seinem Geschäft. Denn Wikileaks hat nicht nur Freunde; unlängst präsentierte die Website ein CIA-Dokument, in dem Wikileaks als "potenzielle Bedrohung der Sicherheit der Streitkräfte" bezeichnet wird und Massnahmen zur Sabotage der Site diskutiert werden.

 Das Material, das Wikileaks von Informanten erhält, wird auf seine Authentizität geprüft und mit technischen Methoden anonymisiert, damit keine Rückschlüsse auf die Quelle mehr möglich sind. Der Apparat, der dafür nötig ist, gleicht einem riesigen Kriminalistik-Labor. Zwar arbeiten nur 5 Personen fest für Wikileaks, doch neben diesen stehen rund 1000 Spezialisten aus aller Welt hinter dem Projekt, die je nach Aufgabenstellung beigezogen werden: technische Experten, Journalisten, Menschenrechts-Spezialisten, Fachleute, die Dokumente, Filme, Bilder aufarbeiten, Kalligrafen, die Handschriften vergleichen. Und mehrere hundert Anwälte; Wikileaks ist oft mit rechtlichen Drohungen konfrontiert. Zu einer Verurteilung ist es laut Schmitt bis jetzt nie gekommen.

 Trotzdem: Wikileaks' versprochene Neutralität und der Umstand, dass das ihr zugespielte Material weder inhaltlich gewichtet noch selektioniert wird, birgt Risiken. Veröffentlicht wird alles, was bisher geheim war und echt ist - unabhängig davon, ob es wichtig oder von öffentlichem Interesse ist. So kann Material auf das Portal gelangen, das Personen diffamiert, eine Publikation, die einen Akt der Aggression darstellt. Wikileaks ist eine Einladung für Denunzianten und verzichtet darauf, die Grenze zwischen öffentlichem Interesse und Schutz der Privatsphäre zu ziehen. Daniel Schmitt gibt zu, dass dadurch Probleme mit dem Persönlichkeitsschutz entstehen können. "Sobald wir aber beginnen, das Material zu bewerten, verlassen wir unseren neutralen Standpunkt", rechtfertigt er sich.

 Neue Videos angekündigt

 Gerade den Umstand, dass das Material nicht selektioniert wird, bezeichnet Schmitt neben dem garantierten Quellenschutz als Vorteil gegenüber den herkömmlichen Medien, deren Uraufgabe der Enthüllungsjournalismus eigentlich ist: "Gibt der Informant das Material einem Journalisten, entscheidet dieser, ob er darüber in seinem Medium eine Story macht oder nicht - bei uns hingegen wird das gesamte Material online geschaltet und den Medien aus aller Welt zur Verfügung gestellt."

 Der emeritierte Medienprofessor Roger Blum bestätigt, dass solche Internetportale dem Enthüllungsjournalismus neue Wege öffnen. Zumal dieser in den klassischen Medien nicht mehr in gleichem Masse gepflegt werde wie früher: "Um investigativen Journalismus zu betreiben, braucht es Redaktionen, die entsprechende Ressourcen und finanzielle Mittel zur Verfügung stellen." In der Schweiz seien die Ressourcen in der Regel nicht sehr gross.

 Die finanziellen Mittel fehlen allerdings auch dem Portal Wikileaks. Allein die Kosten für das Aufschalten des Irak-Videos betrugen laut Daniel Schmitt 50 000 Dollar - es dauerte Monate, es zu entschlüsseln, technisch aufzubessern und um vor Ort mit Augenzeugen zu reden. Durch die Publizität, die das Video Wikileaks beschert, fliessen jedoch neue Spendengelder. "Das ist gut so", sagt Schmitt. "Denn wir haben noch viel Material, das darauf wartet, aufgearbeitet zu werden." Für die nächsten Wochen stellt er ein Video aus Afghanistan in Aussicht. Und 37 000 interne E-Mails der rechtsextremen deutschen Partei NPD.

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 Wikileaks

 Grosse Wirkung, wenig Geld

 Die Internet-Plattform Wikileaks wurde 2006 gemäss eigenen Angaben von "chinesischen Dissidenten sowie Journalisten, Mathematikern und Technikern" aus aller Welt gegründet und will "denen zur Seite zu stehen, die unethisches Verhalten in ihren Regierungen und Unternehmen enthüllen wollen". Dafür wurde ein System geschaffen, mit dem geheime Informationen und Analysen massenweise veröffentlicht werden können, ohne dass sie auf den Absender zurückzuführen sind. Obwohl alle beteiligten Personen ehrenamtlich arbeiten, steckt das durch private Spenden finanzierte Portal in Geldnöten. Daher ist die Homepage derzeit nur beschränkt nutzbar. Der Zugriff aufs Archiv ist gesperrt. Der Vollbetrieb soll bald wiederaufgenommen werden. (cbb.)