MEDIENSPIEGEL 12.4.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS)
- Quartier-Widerstand: Centralweg Lorraine sonntagsbesetzt
- ArbeiterInnen-Widerstand: Vortrag im Infoladen
- Chiapas-Demo gegen den schmutzigen Krieg
- News vom Info-Café Fribourg
- 4. Antira-Cup Soletta am 22.5.10
- Kulturoffensive Luzern am 17.4.10
- 1. Mai ZH: Beherrschung verlieren + Perspektiven entwickeln
- SVP: Demorecht BS beschneiden
- Delta Security: Hools included
- Sport: Dresscode gegen FCSG-Choreo-Verbot; Fankunde ZH
- BfM-Chef hetzt gegen alle(s)
- Antisemitismus: Payerne-Mord auf Deutsch
- Wikileaks: Geheimnisse für alle
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REITSCHULE
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Mi 14.04.10
19.00 Uhr - SousLePont - Frühlings
Spezialitäten Abend
Do 15.04.10
20.00 Uhr - Kino - Dok am Donnerstag: Ein Jahr des
Kampfes - ein Jahr
von vielen / Uno entre muchos años de lucha; September 97 -
September 98; Video-Zusammenschnitt des Komitees "Für die Freiheit
und Asyl für Patricio Ortiz" und des Infoladen Kasama Zürich.
In Anwesenheit von Patricio Ortiz
20.00 Uhr- Infoladen - ArbeiterInnenwiderstand gegen die
Pläne des
Kapitals (Continental Claroix F, INNSE Mailand I). Vortrag von und
Diskussion mit Rainer Thormann
20.30 Uhr - Tojo - "Klangkabarett" Musiktheater mit
Songs von Kurt
Weil, Nina Hagen, David Bowie... Regie: Benoît Blampain
22.00 Uhr - Rössli-Bar - Heu, Stroh und Hafer -
Wandler (live -
motoguzzi/zh), Lukas Kleesattel (beam rec /be), Racker (midilux,
festmacher/be) - Minimal, Techno
Fr 16.04.10
20.30 Uhr - Tojo - "Klangkabarett" Musiktheater mit
Songs von Kurt
Weil, Nina Hagen, David Bowie... Regie: Benoît Blampain
21.00 Uhr - Kino - "Fressen und gefressen werden...":
The Sound of
Insects - Record of a Mummy, Peter Liechti, CH 2009
22.00 Uhr - Dachstock - Anti Pop Consortium (Big
Dada/USA) &
B.Dolan (StrangeFamous/USA), Support: Thesis Sahib (CAN) & DJ Kermit
Sa 17.04.10
20.30 Uhr - Tojo - "Klangkabarett" Musiktheater mit
Songs von Kurt
Weil, Nina Hagen, David Bowie... Regie: Benoît Blampain
21.00 Uhr - Kino - "Fressen und gefressen werden...":
The Sound of
Insects - Record of a Mummy, Peter Liechti, CH 2009
22.00 Uhr - Frauenraum - SKYTRONIK by Shit&Vomit; Dj
Jacqui, Lozan:
Minimal Attack; Dj Jesse Jay, Züri: Progressive Attack;
Shit&Vomit: Minimal Progression. Party. Dress Code: Chaos
23.00 Uhr - Dachstock - Sirion Records & Dachstock
présentent: La Liaison Française: Oxia (8bit/F), Seuil
(Freak n'Chic, Moon Harbour, Eklo/F) live!, Support: Bird, Frango,
Feodor, Nino Zolo (Sirion Records) et: Racker (Festmacher, Midilux);
Daniel Imhof (HLM, RaBe); Little Lu (Elektrostubete, Highgrade); Mike
Machine (Sinneswandel)
So 18.04.10
21.00 Uhr - Dachstock - Zeni Geva (JAP)
Infos: http://www.reitschule.ch
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Bund 12.4.10
Konzert Sophie Hunger
Hunger nach mehr
Da steht sie mit ihrer Zedernholzgitarre, mit ihrer Wehmut im
Gesicht und mit diesem sagenhaften Eröffnungslied, das sie in den
Raum ruft. Es stammt von Walter Lietha; ein Bündner Chanson
über die Fahrenden, ohne Strophe, Refrain und beständigen
Rhythmus - ein perlender Schwall aus Melodie und Poesie. Es wird still
im Dachstock der Reitschule, das Holz knarrt, und Sophie Hunger
betört. Wenn sie in urigstem Bündnerdeutsch die Zeile singt:
". . . und au i will endlos fahre und eu Wunder offebara", ist das eine
Verheissung, die sich im Moment des Vortrags erfüllt.
Alles wie immer also, als sich Sophie Hunger, der blendendste
Schweizer Musikexport der Gegenwart, im seit geraumer Zeit
ausverkauften Berner Tempel der Alternativkultur präsentiert. Es
ist ein gesetzteres Publikum aus der Generation der
Noch-CD-Käufer, das der Sängerin, die erstmals ihr Album
"1983" live vorstellt, mit viel Vorschusswohlwollen begegnet. Ein
Wohlwollen, das sie und ihre Band, in welcher sich der Berner
Schlagzeuger Julian Sartorius immer mehr zum musikalischen Dreh- und
Angelpunkt entwickelt, sich mit jeder Minute ihres Auftritts verdienen.
Wenn es Abstriche geben sollte, dann gründen diese in der
veränderten Wahrnehmung der Frau Hunger. Vom Wunderkind werden
Wunder erwartet - es herrscht permanenter Magie-Zwang. So schlenkert
das Programm launenhaft: magisch und wunderbar von deutschem
Befindlichkeits-Pop zur lautmalerischen Ballade, vom bestickenden
Chanson zum lauten Indierock. Und wer behauptete, Sophie Hunger liege
gerade letztere Fachrichtung nicht, sieht sich nach dem Berner Konzert
bekehrt. Was indes trotz der Mannigfaltigkeit ihrer Musik nur
gelegentlich aufkommt, ist diese mulmige Unberechenbarkeit, die einst
in ihren Liedern knirschte - diese Idee, dass jederzeit alles
schiefgehen könnte, diese destruktive Energie, mit welcher sie die
Schönheit ihrer Songs zeitweise zu sabotieren vermochte. Dies
alles ist einer musikalischen Geschlossenheit gewichen, die den
aufbrausenderen Liedern durchaus gut ansteht und immer noch fern von
der Routine ist, die bei Bands mit ähnlich dichtem Tourneeplan
aufzukommen droht. Umwerfend ist Sophie Hunger noch immer, auch wenn
der Tunichtgut im Wunderkind gerade ein bisschen ruhiggestellt worden
ist.
Ane Hebeisen
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kulturstattbern.derbund.ch 12.4.10
Manuel Gnos am Montag den 12. April 2010 um 11:50 Uhr
Das Phänomen in Bern
Sophie Hunger im Dachstock der Berner Reitschule, 10. April 2010.
http://newsnetz-blog.ch/kulturstattbern/files/2010/04/P1040222.JPG
(Bild Manuel Gnos)
Dieses Bild habe ich am Samstag beim Konzert von Sophie Hunger in der
Reitschule gemacht. Es ist das einzige. Die Stimmung im Dachstock war
derart sakral, dass ich mich nicht getraut habe, mehr als einmal die
Kamera hochzuhalten und abzudrücken. Ane Hebeisen hat heute im
"Bund" das Konzert sehr treffend auf den Punkt gebracht: Alles sehr
schön, und grandios gemacht, aber die Unberechenbarkeit ist
grösstenteils verloren gegangen.
Mir persönlich ist vieles der Musik zu vorhersehbar geworden. Mit
einigen packenden Ausnahmen: der wunderschöne Eröffnungssong
etwa, aber auch die herzzerreissende Coverversion von "Le vent nous
portera", die lauteste aller Zugaben (die stark an Radiohead erinnerte)
und dieses begeisternde Solo von Schlagzeuger Julian Sartorius, in dem
er es schaffte, seinen Hi-Hats ohne elektronische Verfremdung einen
wahrhaft technoiden Sound zu entlocken.
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BZ 12.4.10
Von der Flüchtigkeit des Augenblicks
Die in Zürich lebende Berner Sängerin Sophie Hunger gab
im ausverkauften Dachstock der Reitschule ein eindrückliches
Konzert.
Sophie Hungers Lieder sind heimtückisch. Man läuft
ständig Gefahr, sich der Musik völlig hinzugeben - und
fühlt sich im nächsten Moment ertappt. Denn da ist sie
wieder, diese kopflastige Distanziertheit. Die von der Innigkeit nur
noch eine Karikatur übrig lässt.
Am Samstag gab Sophie Hunger im ausverkauften Dachstock der
Reitschule ein eindrückliches Konzert, gestern Abend spielte sie
in der Dampfzentrale. Was beim Hören der CD latent mitschunkelt,
tanzt einem an Sophie Hungers Konzerten hämisch grinsend auf der
Nase rum: die Flüchtigkeit des Augenblicks. Denn nicht nur die
Musik, auch die Musikerin entzieht sich ständig dem Gefühl,
das sie vor ein paar Augenblicken selbst erzeugt hat. Anstatt sich auf
das eigene Konzert vorzubereiten, habe sie dem Support-Act George Vaine
zugehört, erzählt sie. "Denn eigentlich wollte ich eine Rede
zum Thema Marx im Kontext des Spiegels halten. Und übrigens war
ich mal Unihockey-Schweizer-Meisterin." Freudenschreie von
Gleichgesinnten im Publikum.
Glasklar
Sophie Hunger lächelt verwegen und beginnt zu singen, dass
man beinahe vergisst zu atmen: mit glasklarer, fast ätherischer
Stimme. Auf ihre ganz eigene Art gefühlvoll. Nur selten schliesst
Sophie Hunger die Augen, meist fixiert sie ihr Publikum mit stechendem
Blick, dann wieder schaut sie träumerisch an die Decke, als ob sie
gerade lieber woanders wäre. Mit Leichtigkeit steigt sie von der
Gitarre aufs Klavier um, als ob sie nur rasch einen anderen Farbstift
zum Malen in die Hand nehmen würde.
Ob dieses Konterkarieren nun Affektiertheit oder
unterdrückte Schüchternheit ist: Musikalisch gesehen sind die
in Zürich lebende Bernerin und ihre Band allemal faszinierend.
Kaum ein Song, der live nicht überrascht und anders als auf dem
Album daherkommt. Zum Beispiel das Chanson "Le vent nous portera", dem
Sophie Hunger und ihre Band auf der Bühne eine pulsierende
Dramatik einhauchen.
Vielseitig
Überhaupt kann die 27-Jährige auf ihre vielseitigen und
äusserst präzis agierenden Musiker zählen: sanft
untermalend wie in "Leave me with the Monkeys", üppig
improvisierend wie in "City Lights" oder rockig vorwärtstreibend
in "Lovesong to Everyone". Eindrücklich ist auch, wie der
Posaunist Michael Flury seinem Instrument leichte, elegante Klänge
entlockt und dabei nie dominiert.
"Merci viu mau. Mir fröie üs sehr." Sophie Hunger
scheint der Applaus ihrer Fangemeinde nicht unangenehm zu sein, auch
wenn sie ihn meistens ignoriert. Beiläufig faselt sie noch etwas
von Barcodes, bevor sie den nächsten Song anstimmt. Nein, richtig
schlau wird man aus Sophie Hunger auch an diesem Abend nicht. Doch
bevor man sich zu langweilen beginnt, taucht man wieder ein in diese
melancholische, nachdenkliche Welt von Sophies Tönen. Für
einen flüchtigen Augenblick.
Maria Künzli
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20 Minuten 12.4.10
Am Samstag in der Dampfzentrale
BERN. Am Samstagabend zog Sophie Hunger anlässlich ihrer
ersten Berner Plattentaufe des Albums "1983" im Dachstock der
Reitschule alle Register. Schon mit dem ersten Song nahm sie den ganzen
Saal gefangen - als einzige Waffe ihre grossartige Stimme. Schwirrten
vorher noch unzählige Laute durch die Luft, verstummten mit den
ersten Tönen zu "Dia Fahrende" urplötzlich alle
Gespräche. Beim zweiten Stück brach dann schon der erste
Jubel aus. In der Folge ergriff sie das Publikum mit leisen Nummern wie
"Le vent l'emportera", scherzte mit Kolleginnen und trieb die Zuschauer
mit einem drückenden "1983" oder einem stampfenden "Citylights
Forever" an. Wahrlich ein Konzert, das restlos begeisterte.
PeC
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QUARTIER-WIDERSTAND
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kulturstattbern.derbund.ch 11.4.10
Christian Pauli am Sonntag den 11. April 2010 um 16:38 Uhr
Velos statt Schützengraben
Die Groteske um das ehemalige Areal der Alcadis-Garage am Centralweg in
der Lorraine scheint dem Leben wieder Platz zu machen. Der Verein
Läbigi Lorraine lud zum Sonntagsbrunch, inklusive Flohmarkt und
Kulturprogramm. Holzlatten wurden über die vom rot-grünen
Gemeinderat in Auftrag gegebenen Gräben gelegt. Die alternative
Quartierbevölkerung nahm mit Kind und Kegel den Schotterplatz in
Beschlag.
http://newsnetz-blog.ch/kulturstattbern/files/2010/04/pauli.JPG
Der Liegenschaftsverwaltung hat dieses sonntägliche Treiben Kummer
bereitet, wie sie in einem Schreiben an die Organisatoren mitteilte.
Egal, denn jetzt kommt alles gut. Demnächst soll der
Velorkurier-Laden, der seinen beliebten Standort an der
Lorraine-Strasse aufgeben muss, mit einer Baracke am Centralweg eine
vorübergehende Bleibe finden. An dieser Idee hat offenbar auch die
Stadt ihren Gefallen gefunden. Der Rest des Areals soll der
Quartierbevölkerung für irgendwas zur Verfügung stehen.
Finde ich gut: Lasst das Gewerbe in der Lorraine blühen,
inbesondere wenn es so vernünftige Artikel wie Velos verkauft!
Mein Wunsch: Ein Container-Turm wie der Freitag-Shop in Zürich.
Was ich nicht gut finde: Dass im bald ehemaligen Laden des Velokuriers
Lorrainestrasse 6a der total renovierte Schweizerhof, in dessen Besitz
sich das Gebäude befindet, seine Büros einrichtet. Dafür
ist dieses schöne Ladenlokal einfach zu schade.
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ARBEITERINNEN-WIDERSTAND
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Veranstaltung:
ArbeiterInnenwiderstand gegen die Pläne des Kapitals
Am 11. März 2009 will der Reifenkonzern CONTINENTAL den Arbeitern
erklären, dass ihr Werk im nordfranzösischen Clairoix
geschlossen wird. Die Versammlung endet im Tumult. Von einem rohen Ei
am Kopf getroffen, verlässt der Direktor fluchtartig den Ort. Das
ist der Auftakt zu einer breiten Protestbewegung gegen die Schliessung
des Werks. Warum sind die Contis derart wütend, dass die in den
folgenden Monaten gleich ganze Lieferwagen an teuersten Reifen, die sie
zuvor selber produziert haben, öffentlich verbrennen?
Als der Fabrikbesitzer den 50 ArbeiterInnen der INNSE in Milano per
Telegramm mitteilt, dass ab dem 31. Mai 2008 die Produktion per sofort
eingestellt werde, besetzen sie noch in der gleichen Nacht den Betrieb.
Drei Tage später nehmen sie die Produktion wieder auf. In den
folgenden dreieinhalb Monaten beweisen die ArbeiterInnen, dass die
INNSE auch ohne Patron gut funktioniert.
Vortrag und Diskussion mit Rainer Thomann
Rainer Thomann, Gewerkschaftsaktivist, hat mit den Contis von Clairoix
gesprochen und ihren Widerstand gegen den Reifenmulti nachgezeichnet.
Er hat auch den langen Kampf der ArbeiterInnen bei INNSE Mailand gegen
die Schliessung ihrer Fabrik fast von Beginn an aktiv unterstützt.
Er kennt deshalb die Hintergründe dieses beispielhaften
Arbeiterwiderstands, der in Italien vom August 2009 an eine Welle von
Betriebsbesetzungen ausgelöst hat.
BERN | Infoladen (im Innenhof) der Reitschule | Donnerstag, 15. April
2010 | 20:00 Uhr
ZÜRICH | Café Kasama, Militärstr. 87a, | Montag
12.04.2010 | 19:30
BIEL | Infoladen Chat Noir, Burgplatz 4 | Dienstag 13.04.2010 | 19:00
Uhr
Sehr empfehlenswert ist auch die Broschüre von R. Thomann:
Betriebsbesetzungen als wirksame Waffe im gewerkschaftlichen Kampf -
Eine Studie aktueller Beispiele (.pdf)
http://www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/erfahrung/besetzungen.pdf
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CHIAPAS-DEMO BE
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20min.ch 11.4.10
Demo gegen "schmutzigen Krieg"
Am Samstagnachmittag haben über 100 Personen an einer
Solidaritäts-Demo für die Zapatisten teilgenommen.
Damit wollten sie ein Zeichen gegen die "paramilitärische und
militärische Gewalt in Chiapas (Mexiko)" setzen. Die Demonstranten
platzierten zudem an Brunnen in der Innenstadt und vor der
mexikanischen Botschaft an der Weltpoststrasse rot gefärbte Puppen.
Foto: http://www.20min.ch/dyim/450136/B.M600,1000/images/content/2/5/4/25452013/1/topelement.jpg
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Indymedia 10.4.10
Communique zur Solidemo in Bern vom 10. April 2010 ::
AutorIn : Chiapas-Soli
Gegen den schmutzigen Krieg in Chiapas, Mexiko!
Heute um 14:00 Uhr versammelten sich über 100 Leute bei der
Heiliggeistkirche in Bern, um sich solidarisch mit den Zapatistas zu
zeigen und um ein Zeichen gegen die paramilitärische und
militärische Gewalt in Chiapas zu setzen.
Fotos: http://ch.indymedia.org/de/2010/04/74923.shtml
Von der Heiliggeistkirche zog die Demo lautstark mit Trommeln,
Trillerpfeifen, Rasseln und Parolen durch die Innenstadt über die
Kirchenfeldbrücke bis zum Helvetiaplatz. Dort wandelte sie sich
kurzerhand zu einer Tramdemo bis zur mexikanischen Botschaft an der
Weltpoststrasse um.
Bei der mexikanischen Botschaft wurde die Demo bereits von
Polizeigrenadieren erwartet, welche den Zugang versperrten. Aufgrund
der Verwicklung des mexikanischen Staates in den schmutzigen Krieg in
Chiapas, wurde das Areal von den Demonstrierenden grossräumig
abgesperrt. Zudem wurden an einem Brunnen in der Innenstadt und vor der
Botschaft blutverschmierte Puppen platziert, die symbolisch für
die zapatistischen Opfer der paramilitärischen und
militärischen Repression und Gewalt stehen.
Nach dem Besuch der mexikanischen Botschaft zog die Demo (diesmal ohne
Tram) mit viel rhythmischen Lärm zurück in die Innenstadt und
löste sich bei der Reitschule auf. Unterwegs wurde mit Reden und
Flyern auf die Situation in Chiapas aufmerksam gemacht.
( Link zum verteilten Flyer: http://ch.indymedia.org/de/2010/03/74235.shtml
)
Um 20:00 Uhr wird im Infoladen der Reitschule Bern noch der Film "Der
Aufstand der Würde" gezeigt.
¡YA BASTA!
Den schmutzigen Krieg in Chiapas stoppen!
Für eine Welt, in welche viele Welten passen!
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INFO-CAFÉ FRIBOURG
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Indymedia 11.4.10
Erweiterung der Öffnungszeiten des Infoladens in Fribourg ::
AutorIn : infokiosque le souk | übersetzt von :
Infoladen du Souk
Neue Öffnungszeiten
Das Infocafé du Souk in Fribourg (http://ch.indymedia.org/de/2010/03/74705.shtml)
organisiert sich und öffnet neu auch Samstags von 14 bis 17 Uhr.
Nach wie vor haben wir Dienstags von 17 bis 20 Uhr geöffnet.
Mit freudiger Erwartung.
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ANTIRA-CUP SOLETTA
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Indymedia 11.4.10
4. Antiracup Soletta 22. Mai 2010 ::
AutorIn : Aktionsgruppe Antiracup Soletta: http://www.antiracup.ch
Am Samstag, 22. Mai 2010, wird in Solothurn zum vierten Mal gegen
Rassismus gekickt. Die Anmeldung ist ab sofort geöffnet.
Hintergrund und Infos auf http://www.antiracup.ch.
Wir benötigen von euch folgende Daten: Teamname mit kurzer
Beschreibung, Telefonnummer des Teamverantwortlichen, die Anzahl
TeilnehmerInnen sowie deren Durchschnittsalter.
Mit 24 Teams ist die Platzzahl beschränkt, weshalb sich eine
frühzeitige Anmeldung lohnt.
Weitere Cups in anderen Städten sind in Planung. Sobald es News
gibt, wird auf http://www.antiracup.ch
informiert. Es lohnt sich also regelmässig vorbeizuschauen!
NEU: Anmeldungen nur unter soletta[at]antiracup.ch.
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KULTUROFFENSIVE LU
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Indymedia 10.4.10
Kulturoffensiver Umzug am 17. April in Luzern! ::
AutorIn : Kulturoffensive: http://www.kulturoffensive.ch
Kultur tut not - darum auf zum Umzug
Flyer: http://ch.indymedia.org/images/2010/04/74922.jpg
Sa. 17. April 2010
Besammlung:
16.00 Uhr Theaterplatz
Kulturoffensiver Umzug mit Musik, Theater, Poesie, Speakers-Corner,
Gruppenfoto & Radioballett - (Taschenradio & Kopfhöhrer
mitnehmen !)
Danach Konzerte & Feuershows auf dem Bahnhofplatz bis 22.00 Uhr
http://www.kulturoffensive.ch
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1. MAI ZH
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tagesanzeiger.ch 12.4.10
Am 1. Mai sollen die Demonstranten die Beherrschung verlieren
Tina Fassbind
Das Motto der offiziellen 1.-Mai-Kundgebung lautet "Verlieren wir
die Beherrschung". Befürchtungen, dass der Slogan als Aufforderung
zum Randalieren verstanden werden konnte, schlägt das Komitee in
den Wind.
Der diesjährige Tag der Arbeit verspricht heiss zu werden.
Unter dem Motto "Moneypulation - Verlieren wir die Beherrschung" ruft
das 1.-Mai-Komitee zur diesjährigen Demonstration durch die
Zürcher Innenstadt. Rund 500 Kleber mit diesem Aufruf sind bereits
gedruckt und an verschiedenen Stellen in der Stadt angebracht worden.
Befürchtungen, dass der diesjährige Slogan als
Aufforderung zum Randalieren missverstanden werden könnte, hat man
beim 1.-Mai-Komitee nicht. "Das ist eine rein politische Aufforderung,
sich zu wehren, sich nicht alles Gefallen zu lassen. Es heisst nicht:
Nehmt die Steine in die Hand und schlagt alles klein", betont
Mediensprecherin Anna Klieber.
"Die Beherrschung verlieren ist meist negativ"
"Verlieren wir die Beherrschung bedeutet: Es reicht!",
erklärt Klieber weiter. "Uns wird vorgegaukelt, die Krise sei
vorbei. Aber es hat sich nichts geändert. Wir wurden von A bis Z
verarscht." Das Geld regiere noch heute und begünstige nur einen
kleinen Teil der Gesellschaft. "Deswegen fordern wir eine wahre
Demokratie, die allen dient und nicht nur ein paar wenigen.
Entlassungen und Lohnkürzungen - das kann nicht sein."
Wenig Begeisterung löst der diesjährige Slogan des
1.-Mai-Komitees bei der Stadtpolizei Zürich aus. "Wir haben das
zur Kenntnis genommen und werden es in die Lagebeurteilung aufnehmen",
so Polizeisprecher Marco Cortesi. "Wenn allerdings jemand die
Beherrschung verliert, ist das meist negativ und führt selten zu
einem lösungsorientierten Ergebnis", gibt er zu bedenken.
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http://www.1mai.ch/1mai
1. Mai 2010
Moneypulation - Verlieren wir die Beherrschung
1. Mai Besammlung Demo um 10h Helvetiaplatz Zürich
Schlusskundgebung 12h Bürkliplatz
Das internationale Volksfest auf dem Kasernenareal Zürich, mit
Kulinarischem aus aller Welt, Politdiskussionen, Filmvorführungen
und Live-Openair-Konzerte findet statt vom Freitag 30. April bis
Sonntag 2. Mai
Weitere Infos folgen in kürze....
Musikprogamm 30.4.-1.5.10
http://www.1mai.ch/1mai/2010/musikprogramm/
Politprogramm 30.4.-2.5.10
http://www.1mai.ch/1mai/2010/politprogramm/
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Indymedia 10.4.10
Manifest zum 1. Mai in Zürich ::
AutorIn : Revolutionärer Aufbau Zürich: http://www.aufbau.org
Raum aneignen - Kämpfe verbinden - Perspektiven entwickeln!
Hissen wir die rote Fahne auf dem Paradeplatz!
http://www.aufbau.org/index.php?option=com_content&task=view&id=785&Itemid=2
http://www.aufbau.org/index.php?option=com_content&task=view&id=778&Itemid=1
Manifest: http://ch.indymedia.org/media/2010/04//74934.pdf
Manifest zum 1. Mai 2010
Raum aneignen
Wir gehen auf eine Demo, weil wir gemeinsam ein politisches Anliegen
auf der Strasse sichtbar machen wollen. Eine Demo hat zum Zweck,
kollektiv und in der Öffentlichkeit etwas mitzuteilen. Das
geschieht auf verschiedene Weise: mit Reden, Transparenten, Parolen.
Aber die wohl wichtigste Botschaft einer Demo ist die Demonstration
selbst: die praktische Aneignung von öffentlichem Raum, eine
Aneignung, welche die Strasse zum Ort der Politik macht. Raum ist dabei
nie neutral. Deshalb ist die Route etwas vom wichtigsten an einer Demo.
Heute, in der Krise, gibt es in Zürich einen Ort, der am meisten
mit politischer Bedeutung aufgeladen ist, und das ist der Paradeplatz.
Er ist Sinnbild und durchaus realer Knotenpunkt des Finanzkapitals. Der
Paradeplatz symbolisiert die Arroganz der Macht, er steht für die
Arroganz der Banken, die diese Krise verschärft haben, deren
Folgen nun auf die Schultern der ArbeiterInnen abgewälzt werden.
Aber genau seit letztem Jahr, seit sich die Krise verschärft hat,
seit der UBS die Milliarden hinterher geworfen wurden - seither steht
der Paradeplatz nicht mehr auf der Route der 1. Mai-Demonstration. Man
kann das erstaunlich finden oder auch nicht. Aber auf jeden Fall wird
von den OrganisatorInnen der Demo, dem 1.Mai-Komitee und dem
Gewerkschaftsbund, hier eine Möglichkeit zur Politik verschenkt
(oder verkauft?), die allen Linken einleuchten müsste.
Kämpfe verbinden
Nun ist der Paradeplatz gerade auch in letzter Zeit immer wieder das
logische Ziel zahlreicher Demos gewesen, wie etwa der StudentInnen oder
verschiedener Gewerkschaftsdemos. Und die Bedeutung des Paradeplatzes
gilt ganz besonders am 1. Mai. Der 1. Mai ist der Tag, an dem auf der
ganzen Welt ArbeiterInnen und Angestellte, Hausarbeiterinnen und
Jugendliche, Arbeitslose und KleinbäuerInnen, auf die Strasse
gehen. Der 1. Mai ist der internationale Kampf- und Festtag des
globalen Proletariats. Um sich bewusst zu machen, wie all diese
Kampfsituationen gemeinsame Ziele haben, ist der Paradeplatz ein
Knotenpunkt erster Güte. Das Finanzkapital verdichtet
Ausbeutungsformen der ganzen Welt: im Zeitalter so genannter
imperialistischer Globalisierung gibt es keinen Bereich, wo das
Finanzkapital nicht die Finger im Spiel hätte.
Perspektiven entwickeln
Gerade am 1. Mai ist es wichtig, an genau einen solchen Ort zu ziehen.
Denn der 1. Mai ist der Tag, an dem wir nicht nur Missstände
anprangern, sondern Stärke demonstrieren. Am 1. Mai wird
selbstbewusst zum Ausdruck gebracht, dass es auch anders geht, als die
Kapitalisten wollen. Da demonstrieren wir für eine andere
Gesellschaft, eine Gesellschaft, die frei ist von Ausbeutung und
Unterdrückung.
An der letztjährigen Schlusskundgebung nannte Paul Rechsteiner,
der Präsident des Gewerkschaftsbunds, mit vielen Worten die
Verhätschelung der UBS einen "Skandal". Aber offensichtlich finden
die OrganisatorInnen der 1.Mai-Demo es nicht nötig, solchen Worten
auch nur schon symbolisch Taten folgen zu lassen. Wenn wir Perspektiven
entwickeln wollen, die über reine Abwehrkämpfe hinausgehen,
dann bedeutet es genau das: nicht nur zu reden, sondern Forderungen mit
einer konkreten Praxis zu verbinden. Einer Praxis, die ganz viele
verschiedene Schauplätze hat, aber zuvorderst auf der Strasse
stattfindet. Die Auslassung des Paradeplatzes am 1. Mai ist ein Skandal.
Hissen wir die Rote Fahne auf dem Paradeplatz!
April 2010, Revolutionärer Aufbau Zürich
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DEMORECHT BS
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Sonntag 11.4.10
Demo-Recht beschneiden
Basler SVP will Demos künftig in Randgebiete verbannen
Schmierereien, eingeschlagene Scheiben, brennende Autos:
Wiederholt ist es in Basel bei Demos zu Ausschreitungen gekommen.
Genug! Nun fordert die SVP endlich Massnahmen. Unbeteiligte Passanten
und Privatbesitz dürfen nicht mehr gefährdet, der ÖV und
das Gewerbe nicht mehr massiv gestört werden. Daher sollen
Demonstrationszüge künftig nur noch auf einer Route
durchgeführt werden können, wo sie möglichst niemanden
stören. (bz) > Seite 47
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Basler SVP will Demo-Recht einschränken
Von Daniel Ballmer
Immer wieder kommt es an Demos zu Ausschreitungen. Künftig
seien solche Umzüge daher nur noch auf einer Route
durchzuführen, wo sie möglichst niemanden stören.
"Das Recht zur freien Meinungsäusserung und die
Möglichkeit zu demonstrieren, ist äusserst wichtig und sollte
auch in Zukunft dringend gewährt werden." Dies stellt der Basler
SVP-Grossrat Samuel Wyss in seiner Motion gleich zu Beginn klar. Und
doch. Alles hat seine Grenzen. So scheine es, dass immer öfter
Chaoten in Erscheinung treten würden, die sich unter die friedlich
demonstrierenden Personen mischten. Resultat: Schmierereien,
eingeschlagene Scheiben oder Brandstiftungen. "Unbeteiligte Passanten
werden gefährdet, Privatbesitz beschädigt oder gar
zerstört, der öffentliche Verkehr massiv gestört, und
das Gewerbe erleidet Verkaufseinbussen", kritisiert Wyss.
Deshalb hat der SVP-Mann nun eine von 25 Parlamentariern
mitunterzeichnete Motion zum "Schutz des Gewerbes, des ÖV und der
Bevölkerung vor ausartenden Demonstrationszügen" eingereicht.
Gefordert wird von der Regierung eine Gesetzesvorlage, wonach bei der
Bewilligungserteilung dafür zu sorgen sei, dass in Basel für
Demonstrationszüge künftig eine Route bestimmt wird, die
weder das Gewerbe beeinträchtigt noch den Verkehr behindert.
Gleichzeitig sollen während Grossanlässen wie der Fasnacht
oder der Herbstmesse keine Demos bewilligt oder geduldet werden.
"Demonstrationen müssten deswegen nicht an den Stadtrand
verbannt werden", führt Wyss aus. Eine Möglichkeit sähe
er etwa beim Münster, wo es weder eine ÖV-Linie noch Gewerbe
gebe, die gestört werden könnten. "Dort wär's mir egal."
Natürlich stosse der Vorschlag bei Demonstrierenden nicht auf
Begeisterung, ist sich Wyss bewusst. "Aber wenn es jedes Mal ausartet,
sind sie auch selber schuld."
Letztmals zu grösseren Ausschreitungen gekommen ist es in
Basel bei der Anti-WEF-Demo von Ende Januar. In die Kritik geraten war
damals auch Polizeidirektor Hanspeter Gass. Im Grossen Rat war von
einem "missglückten Einsatz" die Rede: "Dass die Polizei trotz
massiver Sachbeschädigungen unbeteiligt zugeschaut hat, ist
inakzeptabel." Und auch Motionär Wyss zeigt sich kritisch: "Es
gäbe rechtlich durchaus Möglichkeiten, Recht und Ordnung
durchzusetzen, aber sie werden nicht umgesetzt." Derzeit keine
Stellungnahme erhältlich ist vom Justiz- und
Sicherheitsdepartement. "Erst muss die Regierung über den Vorstoss
befinden", erklärt Mediensprecher Martin Schütz.
Noch aber ist unsicher, ob sich die Regierung überhaupt
näher damit befassen muss. Denn auch Wyss selber schätzt die
Chancen für seinen Vorstoss als "nur minim" ein. Links-Grün
werde sich sicher dagegen wehren. "Und wenn dann die Bürgerlichen
nicht geschlossen dahinter stehen, hat der Vorstoss keine Chance."
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Bern entscheidet über neues Demo-Reglement
Auch in der Stadt Bern sind Massnahmen gegen Ausschreitungen an
Demonstrationszügen ein Thema. Abgestimmt wird am 13. Juni
über eine Initiative, die ein härteres Vorgehen gegen
gewalttätige Demonstranten fordert. Die bürgerlichen
Initianten wollen, dass Teilnehmer künftig eine Kundgebung
verlassen müssen, sobald die Polizei sie dazu auffordert.Bei
Zuwiderhandlung würden bis zu5000 Franken Busse drohen. (bz)
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DELTA-SECURITY
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Sonntag 11.4.10
Sicherheitsleute randalierten
An Ausschreitungen am 1.Mai 2009 in Zürich beteiligt
Mehrere Mitarbeiter der Sicherheitsfirma "Delta" haben am 1.Mai
2009 an den Ausschreitungen in der Zürcher Innenstadt
teilgenommen. Zusammen mit Hooligans verprügelten zwei
"Delta"-Mitarbeiter einen linken Demonstranten. Fünf weitere
"Delta"-Leute, zwei aktive und drei ehemalige, hatten die Szene zudem
vom Strassenrand aus beobachtet. Urban Lederer,
Geschäftsleitungsmitglied der Sicherheitsfirma "Delta",
bestätigte eine entsprechende Meldung des "Tages- Anzeigers".
Man habe die Mitarbeiter auf einem Video erkannt. Den aktuellen
Mitarbeitern drohe ein disziplinarisches Verfahren, allenfalls sogar
die Kündigung, erklärte er. Auch strafrechtliche Massnahmen
könnten nicht ausgeschlossen werden. "Solche unakzeptablen und
schlichtweg dummen Aktionen entsprechen in keinster Art und Weise
unserer Firmenphilosophie", so Lederer. (sda)
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BIG BROTHER SPORT
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St. Galler Tagblatt 12.4.10
Schwarzer Fan-Protest
Ein Teil der FCSG-Fans reagierte mit einem Dresscode gegen das
Choreo-Verbot. Zudem unterstützten sie ihr Team 70 Minuten lang
nicht. Und ernteten vom Rest des Publikums Pfiffe.
Ralf Streule
St. Gallen. Es war die Frage, die viele Zuschauer gestern in der
AFG Arena fast mehr interessierte als das Resultat. Wie würden
sich die FCSG-Anhänger im Espenblock verhalten, nachdem ihnen
vergangene Woche verboten worden war, weiterhin Material für
Fan-Choreographien ins Stadion zu bringen? Würden sie
überhaupt erscheinen? Oder wieder Feuerwerk zünden? Obwohl -
oder gerade weil - die Pyro-Aktion vom Cup-Halbfinal einer der
Auslöser für das Verbot gewesen war?
Fans pfeifen Ultras aus
Einige hundert Fans im Zentrum des Espenblocks bekannten auf
spezielle Weise Farbe für ihre Choreos: Sie zogen sich schwarz an.
"Die Aufforderung, schwarz zu erscheinen, kam von mehreren Fanclubs",
erklärte ein Anhänger während des Spiels. Zudem habe man
sich darauf geeinigt, das Team 70 Minuten lang nicht zu
unterstützen. Nur mit dem gelegentlichen Ruf "Fussballfans sind
keine Verbrecher" machten sich die Fans Luft. Und erhielten von einem
grossen Teil des restlichen Publikums die Quittung in Form von Pfiffen
- auch aus dem Espenblock selber. Eine Tatsache, welche die derzeitige
Zerrissenheit des Fanblocks zeigt. Und eine Tatsache, die auch
FCSG-Trainer Uli Forte nach dem Sieg zu einem Statement in Richtung
Fankurve veranlasste: "Ob Espenblock oder Sitzplätze - wir
müssen zusammen vorwärtsmachen."
Luzerner zünden Feuerwerk
Pyro gab es schliesslich dann doch noch. Aber nicht auf St.
Galler Seite, sondern im Fanblock der Gäste aus Luzern.
Gleichzeitig mit dem Abbrennen der Fackeln zeigten sie ein Transparent
mit der Aufschrift: "Nur ein Idiot verhängt ein Choreo-Verbot."
Vor dem Stadion blieb es gestern ruhig: Weder vor noch nach dem
Spiel kam es zu Ausschreitungen oder Schlägereien.
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20 Minuten 12.4.10
FCSG-Fans pfiffen sich gegenseitig aus
ST. GALLEN. Mit einem Stimmungsboykott reagierte der Espenblock
auf das Choreo-Verbot. Die anderen Fans solidarisierten sich aber nicht
mit ihnen. Zeitweilig pfiffen sich die Fans sogar gegenseitig aus.
Streckenweise herrschte gestern in der AFG-Arena Grabesstille. Zu
hören waren nur das Geschrei der Spieler auf dem Feld und die
Gesänge der Luzerner Gästefans - aus dem Espenblock war kein
Ton zu vernehmen. Mit dem Stimmungsboykott protestierte die Kurve gegen
das vom FCSG verhängte Verbot von Choreografien.
Die anderen Fans im Stadion beteiligten sich jedoch nicht am
Boykott. Nach Toren oder bei Chancen des FCSG sorgten die
"gemässigten" Fans der Gegentribüne einige Male für
Stimmung. Dafür ernteten sie aber Pfiffe aus dem Espenblock. Als
dieser zur Ausnahme "Fussballfans sind keine Verbrecher" sang, gab es
im Gegenzug ein Pfeifkonzert von der Gegentribüne. Als sich die
schwarz gekleideten Fans im Block aus Protest setzten, forderte die
Gegentribüne sogar, dass sie aus dem Stadion verschwinden.
Die gehässige Stimmung unter den Fans löste sich erst
in der 75. Minute auf, als der Espenblock den Boykott beendete und
schliesslich das ganze Stadion gemeinsam die Mannschaft anfeuerte.
Trotz des versöhnlichen Endes im Stadion herrscht zwischen
den Fans und der Clubleitung immer noch Funkstille. Keine der Parteien
suchte bisher das Gespräch mit der anderen.
Sascha Schmid
Mehr zum Match auf Seite 37
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Sonntag 11.4.10
Im Würgegriff der Chaoten
Die heutige Partie in Zürich zwischen dem FCZ und dem FC
Basel ist mehr als nur ein normales Hochrisiko-Spiel
von François Schmid-Bechtel und Sebastian Wendel
Der Schweizer Fussball hat ein Gewaltproblem, aber keine
Lösung. Zuletzt wurde publik, dass ein Delta-Sicherheitsmann in
seiner Freizeit als Schläger unterwegs ist.
Ostermontag 2010. Der FC Basel tritt in Kriens zum Cuphalbfinal
an. Rot-Blaue Ultras besetzen eine Zusatztribüne, für die sie
keine Tickets haben. Sie würden diese erst räumen, wenn jene
zehn Mitglieder, die wegen landesweiten Stadionverbots draussen bleiben
müssen, eingelassen werden. Die Ordnungskräfte geben nach.
Die zehn Ultras werden trotz Stadionverbot zugelassen und der Mob
räumt die Zusatztribüne. Der Fussball im Würgegriff der
Chaoten.
1. Mai 2009. Die am Tag der Arbeit gewohnte Szenerie auf der
Zürcher Langstrasse. Prügelnde und wütende Chaoten. Ein
Mann in schwarzem T-Shirt, hellen Hosen und Sonnenbrille wird gefilmt,
wie er einem taumelnden Mann erst ins Gesäss und danach ins
Gesicht tritt. Knapp ein Jahr später wird bekannt: Beim genannten
Schläger handelt es sich pikanterweise um einen Angestellten des
Sicherheitsdienstes Delta. Und exakt jener Delta-Mann soll am 20.
März vor dem Spiel zwischen St. Gallen und dem FCB einem Basler
Fan Rissquetschwunden und Prellungen am Kopf zugefügt haben. Auf
Facebook hatte er geprahlt, "die Inzest-Buben vom Rhein richtig zu
ficken". Unterdessen wurde der Delta-Mann entlassen. Zurück bleibt
die Frage: Wer ist gut, wer ist böse?
Die Trennlinien sind unscharf. A-Fans sind unproblematisch und
der Gewalt abgeneigt. B-Fans tragen die Farben ihres Klubs, zelebrieren
Choreografien, brennen Pyros ab. Der Grossteil der B-Fans ist latent
militant. Dieser Teil neigt zu Krawallen im und vor allem um das
Stadion. Die meisten B-Fans nennen sich Ultra. Ein Ultra ist in der
Regel zwischen 15 und 30 Jahre alt, männlich und kann aus allen
sozialen Schichten stammen. Zugang findet der chauvinistische
Lokalpatriot ebenso wie der Szenegänger, der System- und
Kapitalismuskritiker, der Erlebnis-Fan oder der kiffende Hippie. Die
Grosszahl der Ultras verachtet die Kommerzialisierung rund um den
Fussball. Die dritte Gruppe, die C-Fans, sind die Hooligans. Diese sind
bewusst auf Prügeleien mit anderen Hooligans aus. Äusserlich
deutet nichts auf die Verbundenheit zu einem Klub. Der Hooligan
trägt Markenklamotten. Und wie der Ultra lässt er sich nicht
einer bestimmten sozialen Schicht zuordnen. Der Hooligan kann Banker,
Chauffeur, Webdesigner, Journalist, Maurer oder Lehrer sein.
Doch im Gegensatz zum gewaltbereiten Teil der Ultras ist er nicht
nur auf spontane Kämpfe aus, sondern spricht sich vor allem mit
gegnerischen Hooligans zum Kampf ab. Bevorzugte Kampfplätze: weit
entfernt vom Stadion. Womöglich auf einem abgelegenen Parkplatz
oder in einem Waldstück. "Heute ist es schwieriger geworden, die
Fans zu kategorisieren. Die Grenze zwischen B- und C-Fan ist fliessend
geworden", sagt Adolf Brack, der 25 Jahre lang als Hooliganspezialist
bei der Zürcher Stadtpolizei gearbeitet hat. "Die Muttenzer Kurve
umfasst 3000, die FCZ-Südkurve 2500 Leute. Wenn etwas passiert,
dann reagiert die ganze Kurve. Früher waren es in Zürich
vielleicht 50 Hooligans, von denen ich jeden gekannt habe. Heute ist es
viel unübersichtlicher und unkontrollierbarer geworden."
Brack ist unterdessen im Ruhestand, aber immer noch aufdatiert.
Während seines Aktivdiensts galt er als unkonventioneller "Bulle".
Aber auch als einer, der von allen Seiten respektiert wurde. Daniel
Ryser, dem Autor des Buchs "Feld, Wald, Wiese - Hooligans in
Zürich" erzählt er eine Geschichte aus den Neunzigern, als
fünfzig Basler Hooligans nach Zürich zum Spiel GC gegen YB
reisten. Die Basler wollen die "Hardturm-Front" angreifen. Brack stoppt
sie ein paar hundert Meter vor dem Stadion. "Ich sagte ihnen, wenn ihr
nur einen Schritt näher kommt, setzen wir Tränengas ein." Die
Zürcher kommen und sagen, sie hätten mit den Baslern eine
Schlägerei verabredet und dass sie unter sich bleiben wollen.
Brack sagte: "Das Spiel dauert noch zwanzig Minuten, dann ist hier
alles voller Zivilisten. Ihr habt drei Minuten hier an Ort und Stelle.
Ich habe eine Trillerpfeife dabei. Wenn ich pfeife, ist die
Schlägerei vorbei, sonst werdet ihr alle festgenommen und
angezeigt." Drei Minuten später ist die Schlägerei vorbei,
die Hooligans ziehen ab und trinken zusammen ein Bier.
Die Hooligan-Romantik wie in dieser Geschichte ist gemäss
Brack zur Rarität geworden. Einerseits weicht "Feld, Wald, Wiese",
wie die Hooligans ihre gewalttätige Spielform unter
Gleichgesinnten nennen, immer mehr dem Krawall auf der Strasse.
Andererseits wird der Ehrenkodex unter den gewaltbereiten Fans immer
mehr zur Makulatur. Dieser sieht die gleiche Truppenstärke
zwischen den Parteien, den Verzicht auf Waffen und weitere
Schläge, sobald einer am Boden liegend die Hand hebt, vor. "Es hat
sich etwas geändert", sagt Buchautor und WOZ-Journalist Daniel
Ryser. "Früher hatte man viel mehr Narrenfreiheit. Ältere
Hooligans haben mir erzählt, dass sie 1992 in Deutschland eine
riesige Schlacht mit mehreren hundert Teilnehmern veranstaltet haben.
In den Zeitungen sei darüber aber kein Wort erschienen." Heute
indes würde jeder "Furz" gleich auf dem Online-Portal einer
Zeitung erscheinen, sagt Ryser.
Die Rolle der Medien wird auch auf unserer Redaktion kontrovers
diskutiert. Muss ein Medium Krawalle ignorieren, um den Chaoten keine
Möglichkeit der Profilierung zu bieten? "Nein", sagt Ryser.
"Glauben Sie mir: Keiner will sich am Tag nach dem Spiel mit einer
brennenden Fackel in der Hand sehen. Selbst wenn er vermummt ist. Denn
zu gross ist die Gefahr, dass er trotzdem erkannt wird."
Entsprechend schwierig ist der Zugang in den Zirkel der
gewaltbereiten Fans. Wir treffen Roman* auf dem Flugplatz Grenchen.
Roman ist FCB-Fan. Nicht gewaltbereit, wie er behauptet. Trotzdem will
er, dass wir ihn anonymisieren. War er am 13. Mai 2006, als der FCB zu
Hause gegen den FCZ den Titel vergeigte, auch auf den Platz
gestürmt? Das Bierglas in Romans feingliedriger Hand zittert:
"Nein, ich hatte Stadionverbot." Wie das? "Ich stand zum falschen
Zeitpunkt dort, wo Steine flogen." Eine Nacht habe er auf irgendeinem
Polizeiposten in U-Haft verbracht. Eineinhalb Jahre später sei er
in einem Gerichtsprozess freigesprochen worden.
Für Urs* ist es das höchste der Gefühle, Teil der
Muttenzerkurve zu sein. Und es ist Normalität, wenn zwischen
duellierenden Gruppen die Fäuste fliegen. "Wenn man die Basler
reizt, dann chlöpfts einfach." Auslöser für die
"Lämpen" seien meist die Polizei oder die privaten
Sicherheitsdienste. "Ausrede", entgegnet Brack. "Ich kenne ehemalige
Schläger, die heute für Delta arbeiten. Aber das muss nicht
schlecht sein. Denn sie kennen die Mechanismen. Ich habe nie einen
Delta gesehen, der ausgerastet ist." Ryser meint: "Es sind die privaten
Sicherheitsdienste, die immer mehr polizeiliche Kompetenzen fordern."
Das gebe ihm ein schlechtes Gefühl. Wenn Sicherheit zum
Geschäft werde, werde es schnell sehr viele Leute geben, denen
viel daran gelegen sei, dass wir nicht sicher seien, damit das
Geschäft mit der Sicherheit ein Geschäft bleibe.
Die Gewalt im Fussball hat längst jeden erfasst. Politiker
profilieren sich mit Lösungsvorschlägen, Staatsanwälte
wie der St.Galler Thomas Hansjakob als Hardliner. Brack sagt: "Die
Ostschweizer sind Vorbild in der Gewaltbekämpfung. Die lassen sich
vom Mob nicht erpressen." Er spricht damit das Vermummungsverbot und
Hansjakobs effizientes Schnellrichter-Verfahren an. Aber auch für
die jüngsten Massnahmen, dem Verbot von Choreografien und Fahnen
im Stadion, klatscht Brack Beifall. "Auf gewaltbereite Fans kann man
allein schon aus wirtschaftlicher Sicht verzichten. Der FC Zürich
zahlt pro Saison mehrere hunderttausend Franken Busse für das
Fehlverhalten der Fans."
Dass ein Schnellrichter Krawallbrüder an Ort und Stelle
verurteilt, ist richtig. Doch nach der Delta-Affäre bleibt ein
schaler Nachgeschmack, wenn Hansjakob dem WOZ-Reporter sagt: Für
einen Strafbefehl in einem Schnellverfahren gegen Fans genüge ihm
die Aussage eines Sicherheitsdienst-Mitarbeiters. Oder wenn Peter
Landolt, Stadionmanager im Letzigrund, für das heutige Spiel wegen
der Delta-Geschichte Ausschreitungen befürchtet. "Wenn die
FCB-Fans auf Delta-Leute treffen, sehe ich ein grosses
Gefahrenpotenzial."
* Namen der Redaktion bekannt
--
Das Internet als Plattform für die Ultraszene
Das Internet gilt als Kommunikationsplattform unter den Ultras.
www.ultras.ws ist ein europaweites Forum, wo sich Fangruppen aus allen
Ligen austauschen. Es wird heftigst diskutiert, welchen Ruf die
Ultraszene in der Gesellschaft hat. Viele User im Schweizer Forumsteil
schreiben, dass sie sich in den Stadien zu stark bevormundet
fühlen. Durchs Band herrscht die Meinung, dass mit weniger
Präsenz und Eingreifen der Sicherheitskräfte viel an Gewalt
verhindert werden könne. Aber die Ultras nehmen sich auch an der
eigenen Nase. "Ich muss sagen, wenn ich auf die heutige Situation
schaue, werde ich schnell nostalgisch traurig. Wie schön war es
doch vor 10 Jahren, als man als Fan sämtliche Freiheiten besass
und nicht gleich als Schwerkrimineller angeschaut wurde. Doch
korrekterweise muss hier gesagt werden, dass die Fans nicht ganz
unschuldig sind, dass die Situation sich dermassen zugespitzt hat
(Stichwort: fliegende Fackeln, Sachbeschädigungen, etc.)",
schreibt "nationaler Schinkentony", ein selbsternannter erfahrener
C-Fan. In einem anderen Thread wird ausgetauscht, wie die
"Auseinandersetzungen unter Fussballfans wieder auf ein hohes Niveau
gebracht werden können". Der Kodex besage, dass hart, aber fair
geboxt werden müsse. "Ich denke, es liegt in der Pflicht eines
jeden Old School Lad, die so genannten Junglads zu erziehen", so
"nationaler Schinkentony". Von bewaffneten Kämpfen distanzieren
sich die langjährigen C-Fans klar.
Auf dem Videoportal "Youtube" kursieren etliche Videos der
Hooligan-Szene. Die Beiträge zeigen auf, dass in vielen Fankurven
Osteuropas und Italiens Rechtsradikale die Anführer sind. In der
Schweiz gelten laut "www.ultras.ws" die Kurven von Sion, Servette und
GC als rechts. Facebook taugt für die Szene nicht als
Kommunikationsplattform, da die Seite streng überwacht wird und
allen Aufrufen zu Gewalt oder hasserfüllten Äusserungen
strafrechtlich nachgegangen wird. (wen)
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BFM-CHEF GEGEN ALLE(S)
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20 Minuten 12.4.10
Task Force gegen Dealer aus Nigeria
BERN. Der Direktor des Bundesamts für Migration zieht die
Notbremse: Eine Task Force soll kriminellen nigerianischen
Asylbewerbern das Handwerk legen.
Fast 1800 Nigerianer haben 2009 in der Schweiz ein Asylgesuch
gestellt. Doch nur knapp 9 von ihnen sollen laut dem neuen Direktor des
Bundesamtes für Migration, Alard du Bois-Reymon, eine reine Weste
haben: 99,5 Prozent der asylsuchenden Nigerianer kämen "nicht als
Flüchtlinge in die Schweiz, sondern um illegale Geschäfte zu
machen", so Du Bois-Reymond gegenüber der "NZZ am Sonntag".
Für ihn ist klar: Die Prozesse in der Schweiz müssen
beschleunigt werden, damit die abgewiesenen Asylbewerber schneller
zurückgeführt werden können. "Zu diesem Zweck setze ich
eine Task Force mit Mitarbeitern aus anderen Departementen und aus den
Kantonen ein", so Du Bois-Reymond. Eine Massnahme, die die Kantone
willkommen heissen: "Die Ausschaffung der nigerianischen Asylbewerber,
die sich grösstenteils in der Schweiz als Kokaindealer verdingen,
wird immer schwieriger", sagt die St. Galler Polizeidirektorin Karin
Keller-Sutter. Die Nigerianer, deren Asylgesuche seit 2008 "stark
ansteigen", funktionierten über Familienclans. Sie seien perfekt
organisiert und schwierig zu infiltrieren. Keller-Sutter: "Die
Nigerianer werden gezielt für den Kokainstrassenhandel rekrutiert
und nach Europa eingeschleust."
Die Flüchtlingshilfe zweifelt an der hohen Verbrecherquote,
ohnehin ist fraglich, wie erfolgreich die Schweizer Bemühungen in
Nigeria sein werden: "Korruption, Sprache und Kultur werden die
Zusammenarbeit mit der nigerianischen Behörde erschweren", sagt
Politologin Stephanie Oesch.
Désirée Pomper
--
Gefängnisse stark überbelegt
BERN. Die Schweizer Haftanstalten platzen aus allen Nähten.
Allein im Kanton Bern können aus Platzmangel 3000 Personen ihre
Haftstrafe nicht antreten. Schweizweit melden laut der
"SonntagsZeitung" alle geschlossenen Haftanstalten Vollbesetzung. Der
Anteil an ausländischen Häftlingen ist konstant hoch: In der
Strafanstalt Lenzburg und den Gefängnissen in Zürich und St.
Gallen sind 8 von 10 Insassen Ausländer.
--
IZRS: "Problem für Sicherheit"
BERN. Der Direktor des Bundesamts für Migration, Alard du
Bois-Reymond, bezeichnet die Mitglieder des Islamischen Zentralrats
Schweiz IZRS im Interview mit der "NZZ am Sonntag" als
"Dialog-resistent". Er befürchtet "einen Nährboden für
potenzielle Terroristen". "Solche Islam-Konvertiten wären für
mich keine Folge mangelnder Integration, sondern schlicht ein
Sicherheitsproblem für unser Land", so Du Bois-Reymond.
---
sf.tv 11.4.10
Schnellere Ausschaffung von kriminellen Nigerianern
Das Bundesamt für Migration (BFM) will mit einer Task-Force
den Asylmissbrauch von kriminellen Nigerianern stoppen. Trotzdem wird
auch für dieses Jahr mit insgesamt 16'000 Asylgesuchen gerechnet.
sda/hjw
Etwa 99,5 Prozent der Asylbewerber aus Nigeria hätten nicht
die geringste Chance, in der Schweiz Asyl zu erhalten, sagte der Alard
du Bois-Reymond, Direktor des Bundesamts für Migration (BFM).
In einem Interview mit der "NZZ am Sonntag" erklärte der
BFM-Chef: "Sie kommen nicht als Flüchtlinge, sondern um
Geschäfte zu machen." Ein grosser Teil betätige sich hier in
der Kleinkriminalität und im Drogenhandel.
Task-Force eingesetzt
Um abgewiesene Asylbewerber schneller nach Nigeria
zurückschaffen zu können, setzt Alard du Bois-Reymond eine
Task-Force mit Vertretern von Bund und Kantonen ein. Sie soll bis zum
Sommer ein Paket von Massnahmen präsentieren. Weil es aber einige
Zeit dauere, um die Verfahren zu beschleunigen, rechnet du Bois-Reymond
auch dieses Jahr mit insgesamt 16'000 Asylgesuchen.
Kritische Haltung
Dezidiert äussert er sich auch zur Integration von Muslimen.
Von den 350'000 hier lebenden Muslimen seien etwa 10'000
strenggläubig. "Vor allem diesen müssen wir klarmachen, dass
in der Schweiz unsere Werte und unsere Gesetze gelten."
Keinen Erfolg mit Integrations-Massnahmen verspricht sich der
BFM-Chef dagegen bei einer Gruppe von Schweizer Islam-Konvertiten.
Einzelne von ihnen wollten eine radikal andere Gesellschaft,
"vergleichbar mit den früheren RAF-Terroristen". Sie stellten ein
Sicherheitsrisiko für die Schweiz dar.
--
NZZ am Sonntag 11.4.10
Asyl-Chef geht gegen kriminelle Nigerianer vor
Der Direktor des Bundesamts für Migration will mit einer
Task-Force den Asylmissbrauch von Nigerianern stoppen.
Lukas Häuptli, Andreas Schmid
99,5 Prozent der Asylbewerber aus Nigeria hätten nicht die
geringste Chance, in der Schweiz auch Asyl zu erhalten, sagt Alard du
Bois-Reymond, Direktor des Bundesamts für Migration (BfM), im
Interview mit der "NZZ am Sonntag". "Sie kommen nicht als
Flüchtlinge, sondern um Geschäfte zu machen." Ein grosser
Teil betätige sich in der Kleinkriminalität und im
Drogenhandel. "Wir sind zu attraktiv als Asyl-Land für
missbräuchliche Gesuchsteller", sagt der BfM-Direktor, der seit
Anfang Jahr im Amt ist.
Um abgewiesene Asylbewerber schneller zurückschaffen zu
können, setzt du Bois-Reymond jetzt eine Task-Force mit Vertretern
von Bund und Kantonen ein. Sie sollen bis im Sommer ein Massnahmenpaket
präsentieren. Weil es aber einige Zeit daure, um die Verfahren zu
beschleunigen, rechnet du Bois-Reymond auch dieses Jahr mit insgesamt
16 000 Asylgesuchen.
Dezidiert äussert sich der Amtschef auch zur Integration von
Muslimen. Von den 350 000 hier lebenden seien etwa 10 000
strenggläubig. "Vor allem diesen müssen wir klarmachen, dass
in der Schweiz unsere Werte und unsere Gesetze gelten." Keinen Erfolg
verspricht sich du Bois-Reymond von Integrationsmassnahmen bei einer
Gruppe von Schweizer Islam-Konvertiten. Einzelne von ihnen wollten eine
radikal andere Gesellschaft, "vergleichbar mit den früheren
RAF-Terroristen". Solche Konvertiten stellten ein Sicherheitsproblem
für die Schweiz dar, führt er weiter aus.
-> Seite 11
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"Wir sind zu attraktiv als Asyl-Land"
Alard du Bois-Reymond, der neue Direktor des Bundesamts für
Migration, setzt eine Task-Force gegen nigerianische Asylbewerber ein.
Ein grosser Teil von diesen sei kriminell, sagt er
NZZ am Sonntag: Der Bund bewilligt nur jedes sechste Asylgesuch,
alle anderen Anträge lehnt er ab. Wie verhindern Sie, dass auch
künftig Tausende von Menschen ohne Chance auf Asyl in die Schweiz
kommen?
Alard du Bois-Reymond: In erster Linie wollen wir das Problem mit
den Nigerianern lösen. Sie haben letztes Jahr mit fast 1800
Asylgesuchen am meisten Anträge gestellt - 99,5 Prozent von ihnen
ohne die geringste Chance, in der Schweiz bleiben zu können. Sie
kommen nicht als Flüchtlinge hierher, sondern um illegale
Geschäfte zu machen.
Warum kommen sie gerade in die Schweiz?
Weil sie hier offensichtlich ein gutes Netz haben und die
zweitgrösste Kolonie von Landsleuten in Europa vorfinden. Ein
grosser Teil von ihnen driftet in die Kleinkriminalität ab oder
betätigt sich im Drogenhandel. Das ist eine traurige Tatsache.
Was wollen Sie dagegen unternehmen?
Wir sind auf die Mithilfe der nigerianischen Behörden
angewiesen und wollen die gute Zusammenarbeit mit ihnen vertiefen. Wir
brauchen ein neues Rückübernahmeabkommen mit Nigeria. Es ist
dabei denkbar, dass wir als Gegenleistung Unterstützung bei der
Sicherung der nigerianischen Staatsgrenzen bieten. Eine internationale
polizeiliche Zusammenarbeit liegt im Interesse Nigerias, das den Ruf
als Heimat vieler Drogenhändler loswerden will.
Und was muss sich hier ändern?
Daneben will ich auch die Prozesse in der Schweiz beschleunigen.
Abgewiesene Asylbewerber müssen schneller zurückgeführt
werden. Zu diesem Zweck setze ich eine Task-Force mit Mitarbeitern aus
anderen Departementen und aus den Kantonen ein. Beigezogen werden auch
die Polizeien, weil es nicht zuletzt um die Bekämpfung von
Drogenhandel geht. Die Task-Force soll bis im Sommer ein
Massnahmenpaket präsentieren.
Wo sehen Sie Schwierigkeiten?
Ein zentrales Problem ist, die Herkunft der Gesuchsteller zu
eruieren und sie anschliessend zurückzuschaffen. Faktisch kann ein
abgewiesener nigerianischer Asylbewerber zurzeit ein Jahr in der
Schweiz bleiben. Sein Ziel ist es ja auch, möglichst lange hier
tätig sein zu können.
Mit Ihren Massnahmen gegen Nigerianer stigmatisieren Sie eine
einzelne Gruppe von Asylbewerbern.
Ich habe gerade von Asylbewerbern gesprochen, die krassen
Missbrauch betreiben. Man muss die einzelnen Gruppen der Gesuchsteller
differenziert betrachten. Bei den Asylbewerbern aus Eritrea
beispielsweise geht es um Menschen, die in ihrer Heimat mit teils
unerträglichen Bedingungen konfrontiert sind. Das ist eine ganz
andere Ausgangslage als bei den Nigerianern. Und wiederum anders
verhält es sich mit Asylsuchenden aus Somalia oder Sri Lanka.
Werden Sie gegen nigerianische Asylbewerber auch deshalb aktiv,
weil das Parlament gerade die Ausschaffungsinitiative der SVP behandelt?
Nein, das hat damit nichts zu tun. Das Problem mit den
Nigerianern ist real und soll nicht tabuisiert werden - im Interesse
aller Asylbewerber, die gute Gründe haben, in die Schweiz zu
kommen. Heute spricht ja kaum jemand von echten Flüchtlingen. Mit
Asylbewerbern meint man oft Scheinasylanten. Im Asylwesen ist das
Randthema des Missbrauchs dominant geworden - wie in der
Invalidenversicherung das Randthema der Scheininvaliden.
Wie wollen Sie Asylbewerber schützen, die tatsächlich
aus ihrer Heimat flüchten müssen?
Damit die humanitäre Tradition der Schweiz nicht verloren
geht und nicht von Debatten über Asylmissbrauch überdeckt
wird, müssen wir streng sein mit denjenigen, die das System
austricksen wollen. Es ist eine Tatsache, dass sich gewisse
nigerianische Asylbewerber über die Naivität der Schweizer
lustig machen und die Schwächen des Asylverfahrens ausnutzen.
Für mich ist klar: Wir sind zu attraktiv als Asyl-Land für
missbräuchliche Gesuchsteller. Die Schweiz lässt diesen zu
viel Zeit, hier krumme Geschäfte zu machen. Allerdings braucht es
Zeit, um das zu ändern. Deshalb rechne ich auch dieses Jahr mit
etwa 16 000 Asylgesuchen.
Ein nigerianischer Asylbewerber ist kürzlich bei einer
Zwangsausschaffung gestorben.
Die Aufklärung des tragischen Vorfalls liegt auch in unserem
Interesse. Parallel zu den Untersuchungen der Zürcher
Staatsanwaltschaft sind wir mit den involvierten kantonalen
Behörden im Gespräch und prüfen gemeinsam, ob bei den
Abläufen Veränderungen nötig sind. So können wir
wieder Sonderflüge für abgewiesene Asylbewerber
durchführen, sobald die Untersuchungsergebnisse vorliegen.
Neben dem Asylwesen ist die Integration, vor allem die
Integration von Muslimen, eine Aufgabe des Bundesamts für
Migration. Wie soll diese Integration aussehen?
Es ist zu früh, über konkrete Massnahmen zu sprechen.
Sicher aber ist, dass das Thema wichtig ist und in den richtigen
Relationen gesehen wird. Von den rund 350 000 Musliminnen und Muslimen
in der Schweiz praktizieren nur rund 50 000 ihren Glauben. Und nur rund
10 000 Musliminnen und Muslime sind strenggläubig. Vor allem
diesen müssen wir klarmachen, dass in der Schweiz unsere Werte und
unsere Gesetze gelten.
Gegenwärtig sorgen vor allem junge Schweizer für
Schlagzeilen, die zum Islam konvertiert sind und sich im sogenannten
Islamischen Zentralrat organisiert haben.
Diese Islam-Konvertiten gehören zu einer Gruppe, bei der
Integrationsmassnahmen keinen Erfolg haben. Der Grund ist einfach: Sie
sind bereits integriert, und zwar sowohl sozial als auch
ökonomisch. Allerdings sind sie Dialog-resistent. Einzelne von
ihnen wollen eine radikal andere Gesellschaft, einen Gegenentwurf zur
bestehenden Ordnung. Darin kann, wie Fälle aus Deutschland oder
England zeigen, ein Nährboden für potenzielle Terroristen
liegen, vergleichbar mit den früheren RAF-Terroristen in
Deutschland. Auch sie waren integriert, strebten aber eine radikal
andere Gesellschaft an. Solche Islam-Konvertiten wären für
mich keine Folge mangelnder Integration, sondern schlicht ein
Sicherheitsproblem für unser Land.
Und wie soll der Staat dieses Sicherheitsproblem lösen?
Mit Mitteln der Polizei und der Nachrichtendienste. In demjenigen
Moment, in dem die öffentliche Sicherheit gefährdet ist, muss
der Staat eingreifen. Es gilt die geltenden Gesetze anzuwenden und
durchzusetzen.
Es gibt nicht nur Islam-Konvertiten, sondern auch
ausländische Muslime, die in die Schweiz immigriert sind und
strenggläubig, ja radikal sind.
Das ist nicht auszuschliessen. Um einer möglichen
Radikalisierung von Migranten entgegenzutreten, müssen wir
für eine schnelle und gute Integration dieser Menschen sorgen.
Braucht es für die schnelle und gute Integration, die Sie
erwähnen, mehr Entgegenkommen der Schweizer? Oder mehr Anpassung
der Migranten?
Natürlich braucht es immer beides. Aber es gibt Dinge, die
bei einer Integration nicht diskutierbar sind. Um beim Beispiel der
Muslime zu bleiben: Die Scharia darf in der Schweiz in keinem Fall zur
Anwendung kommen. Und zwar auch nicht in Bereichen, die durch das
Schweizer Recht nicht abgedeckt sind.
Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf, Ihre politische
Vorgesetzte, hat auch schon laut über ein Burka-Verbot nachgedacht.
Solange es in der Schweiz faktisch keine Burka-Trägerinnen
gibt, stellt sich die Frage eines Verbots nicht. Sollte das einmal
anders sein, sähe ich allerdings durchaus Handlungsbedarf: Das
Burka-Tragen verstösst gegen unsere Werte. Es verletzt den
Grundwert, dass Mann und Frau gleichwertige Menschen sind.
Mit dieser Argumentation müsste in der Schweiz auch
Kopftuch-Tragen verboten werden.
Das Bundesgericht hat bereits klar entschieden, dass das Tragen
von Kopftüchern in öffentlichen Ämtern unzulässig,
hingegen im privaten Bereich zulässig ist. Ein ähnliches
Beispiel ist der Schwimmunterricht. Wenn eine Schulklasse schwimmen
geht, so haben alle Kinder dem Schwimmunterricht zu folgen. Es gilt,
unser Recht zu respektieren und das geltende Recht durchzusetzen.
Interview: Lukas Häuptli, Andreas Schmid
--
Der studierte Volkswirtschafter ist seit Anfang 2010 Direktor des
Bundesamts für Migration im Departement von Bundesrätin
Eveline Widmer-Schlumpf. Zuvor arbeitete er als Leiter
Invalidenversicherung im Bundesamt für Sozialversicherung. Im
humanitären Bereich sammelte du Bois-Reymond Erfahrungen als
Delegierter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Er war unter
anderem in Afrika tätig. Von 1999 bis 2004 stand er der
Behindertenorganisation Pro Infirmis vor. Du Bois-Reymond ist 1961
geboren. (luh./asc.)
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ANTISEMITISMUS
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Tagesanzeiger 12.4.10
Von Blut und Schweinen
Jacques Chessex' Roman über den Judenmord von Payerne hat in
der Romandie viel Aufregung verursacht. Jetzt liegt er auf Deutsch vor.
Er dürfte die hiesigen Leser befremden.
Von Martin Ebel
Am 16. April 1942 ermordeten fünf Schweizer Nazis in Payerne
den Berner Viehhändler Arthur Bloch. Weil er Jude war. "Un Juif
pour l'exemple", dargebracht auf Anordnung eines antisemitischen
Pfarrers wenige Tage vor Hitlers Geburtstag. Die schlimme Geschichte
ist in der Schweiz bekannt und gut aufgearbeitet, mindestens zwei
Sachbücher und ein Film haben sich mit ihr befasst.
Als Jacques Chessex, der grosse Waadtländer Autor, vor gut
einem Jahr seinen Roman "Un Juif pour l'exemple" veröffentlichte,
löste das in Payerne grosses Missfallen aus. Er verunglimpfe die
ganze Kleinstadt, hielt man ihm vor, er sei ein Nestbeschmutzer. Dazu
kam, dass Chessex öffentliche Wiedergutmachung forderte in Form
einer Strassenbenennung und einer Plakette für Bloch.
Chessex ist in Payerne geboren und aufgewachsen, sein Vater war
dort Schuldirektor, er selbst hat das Opfer wie die Täter gekannt
und die Erinnerung an die Tat und ihre scheusslichen Details, Blochs
Leiche wurde in Stücke geschnitten und in Milchkübeln im
Neuenburger See versenkt, nie überwunden. Chessex musste diesen
Roman schreiben.
Nun liegt er auch auf Deutsch vor und könnte sein neues
Publikum, das eine andere Sprache für Nazi-Verbrechen gewöhnt
ist, möglicherweise befremden.
Straffe Dramaturgie
Beeindruckend die straffe Dramaturgie des schmalen Werks: Chessex
entwirft ein Panorama der Broye-Ebene und kommt dann gleich auf die
wirtschaftlich desolate Lage um 1940. Die Arbeitslosigkeit plagt ein
Zehntel der Einwohner Payernes, schürt Ressentiments, verlangt
nach Sündenböcken. "Wer ist schuld? Die Dicken. Die
Betuchten. Die Juden und die Freimaurer". Kurz und knapp zeichnet
Chessex die Umtriebe der Schweizer Nazis nach, die Hetze des Pastors
Lugrin, den Einfluss der deutschen Gesandtschaft in Bern; erste
antisemitische Übergriffe, die von der örtlichen Polizei
nicht konsequent verfolgt werden. Dann der Mord selbst, in einem Stall,
in den Bloch unter einem Vorwand gelockt wurde, mit dem retardierenden
Moment des zweifachen Weggehens und Wieder-Zurückkommens, wie in
einem bösen Märchen: Auf drei wird die Untat vollzogen.
So überzeugend der ökonomische und politische
Hintergrund des Schweizer Antisemitismus auf wenigen Seiten entwickelt
wird, so anstössig ist eine ganz andere Kausalkette, die Chessex
spannt. Als müsste er demonstrieren, dass er kein Historiker,
sondern Dichter ist, tränkt er die Gegend um Payerne
buchstäblich in Schweineblut. Seit Generationen, heisst es, haben
die Menschen in der Broye Schweine gezüchtet, bis sie
gewissermassen mit den Tieren verschmolzen sind; wörtlich und
personifizierend: "Payerne schnauft und schwitzt im Speck."
Einen schwarzen Mythos entwirft der wortgewaltige Autor: In der
Payerner Erde vermischt sich das Schweineblut mit den Überresten
menschlicher Gebeine. Der Dunst, der daraus aufsteigt, benebelt die
Hirne der Einwohner und gebiert Untaten. Und danngerät der Autor
ins Raunen: "TiefeHecken, helles Gestrüpp oben auf dem
Höhenrücken von Grandcour. Aber das Böse geht um. Ein
schweres, kriechendes Gift breitet sich aus. O Deutschland, Reich des
unseligen Hitler. O Nibelungen, Wotan, O Walküren, Siegfried,
dumpfe Lichtgestalt . . . "
Das sind unselige Klischees, die im französischen Sprachraum
bis heute immer noch ihr Unwesen treiben. Aus dem poetischen
Kurzschluss, der dem Dichter gestattet ist - eine Metapher ist immer
ein Kurzschluss, weil sie zwei Bildbereiche überblendet, aber ein
produktiver - wird hier ein gedanklicher. Dass der Autor sich in
rhetorischen Posen à la Victor Hugo gefällt, ist zwar auch
französische Tradition, macht es aber nicht besser. Das Unbehagen
über die eigentümliche Blut-und-Boden-Metaphorik und den
Rückzug von der politisch-ökonomischen Analyse in
religiöses Gewaber ("das Böse geht um") löst sich erst,
als Chessex sich selbst in die Geschichte einführt.
Diffuse Schuldgefühle
Denn sie hat auch mit Chessex selbst zu tun. Er ist mit dem Stoff
nie wirklich fertig geworden, auch nicht in diesem Buch. Die
Erklärung dafür liefert er in einer bemerkenswerten Passage.
Darin beschreibt er das diffuse Schuldgefühl, das ganz Payerne
nach dem Mord erfasst hat und auch ihn, den damals Achtjährigen,
nicht loslässt. Es ist "ein Schuldgefühl, das sich jeder
Vernunft entzieht."
Nicht einmal sich davon loszuschreiben sei möglich:
Mitschuld, so zitiert er einen Gedanken des Philosophen Vladimir
Jankelévitch, entstehe auch aus der ästhetischen
Verarbeitung eines Verbrechens. Wer sich literarisch mit dem Judenmord
von Payerne einlässt, an dem klebt die Geschichte, wie Blut.
Man begreift die tiefe Verzweiflung des Autors an dem Stoff, der
sein Leben vergiftet hat. Und so tritt zum Unbehagen des Lesers
Mitgefühl, eine nichtgerade häufige Empfindung gegenüber
einem grossen Autor. Der rettet sich am Ende seines Buches in eine
Litanei, in der Payerne ganz dicht bei Auschwitz und Treblinka liegt,
und in einen Appell an den fernen christlichen Gott mündet:
"Erbarmen, bei der Dornenkrone und dem Stacheldraht der Lager. Erbarme
Dich, Herr, unserer Verbrechen. Herr, erbarme Dich unser."
Ein Jude als Exempel
Jacques Chessex: Ein Jude als Exempel. Aus dem Französischen
von Grete Osterwald. Nagel & Kimche, Zürich 2010. 96 S., ca.
23 Fr.
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WIKILEAKS
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NZZ am Sonntag 11.4.10
Geheimnisse fürs Volk
Ein Video, das zeigt, wie die US-Armee im Irak unbewaffnete
Zivilisten tötet, ist der jüngste Coup von Wikileaks: Die
Internet-Plattform für anonyme Informanten bringt Geheimes an die
Öffentlichkeit. Und schafft sich damit Feinde.
Christine Brand
Der Videoclip beginnt mit einer unspektakulären Luftaufnahme
Bagdads und endet mit einem Gemetzel. Es ist zu sehen, wie einige
Männer unbedarft über die staubige Strasse spazieren. Wie sie
von Helikoptern plötzlich unter Beschuss genommen werden. Wie sie
getroffen zu Boden gehen. Und sterben. Die Bilder stammen von der
Bord-Kamera eines Kampfhelikopters der US-Armee, mit dem am 12. Juli
2007 in der irakischen Hauptstadt eine Gruppe von Zivilisten
niedergemäht wurde, unter ihnen zwei Reuters-Journalisten.
Unterlegt ist der Clip mit dem Original-Funkverkehr:
"Lasst uns schiessen." - "Fackel sie alle ab." - "Weiter
schiessen. Weiter schiessen." - "Alles klar, haha, hab sie erwischt." -
"Hab da einen Haufen Leichen liegen." - "Oh ja, schau dir diese toten
Bastarde an."
Die Aufnahmen zeigen, dass die Soldaten im Helikopter auch dann
schiessen, als herbeigeeilte Helfer versuchen, einen Verletzten zu
bergen. Sie feuern auf die Männer und deren Wagen, in dem auch
zwei Kinder sitzen. Sie sind die Einzigen, die das Gemetzel schwer
verletzt überleben.
Das Video, vom Pentagon unter Verschluss gehalten, beantwortet
die Frage, warum die beiden Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters
und zehn weitere Menschen an jenem Tag in Bagdad starben: Offenbar
hatten die Soldaten deren Kameras mit Waffen verwechselt. Die Medien
versuchten bisher vergeblich, an das Bildmaterial heranzukommen. Dass
es jetzt doch an die Öffentlichkeit gelangte, liegt an einer
unbekannten Person aus den Reihen des Militärs, die das Video der
Website Wikileaks zuspielte: einer Plattform für Whistleblower,
für namenlose Informanten in Behörden, Unternehmen und
Organisationen, die interne Dokumente öffentlich machen wollen,
ohne damit in Verbindung gebracht zu werden.
Über eine Million Dokumente aus mehr als 100 Ländern,
die nicht für die Öffentlichkeit gedacht gewesen wären,
hat Wikileaks schon ins Internet gestellt. Immer wieder liefert die
Plattform Scoops, die von den klassischen Medien aufgegriffen werden
und weltweit Aufsehen erregen. So publizierte Wikileaks die
Handbücher für Wachen des Gefangenenlagers Guantánamo,
die Menschenrechtsverletzungen belegten. Das Portal präsentierte
interne Berichte über den umstrittenen Luftangriff auf zwei
Tanklaster im afghanischen Kunduz. Auch der Skandal um mögliche
Manipulationen von Klimadaten durch renommierte Wissenschafter geht auf
Enthüllungen der Website zurück. Und: 2008 schaltete
Wikileaks Hunderte vertrauliche Dokumente auf, die Auskunft gaben
über Geldflüsse von Kunden der Schweizer Bank Julius Bär
- unter anderem über Transaktionen auf den Cayman-Inseln. Julius
Bär erwirkte, dass die Seite vorübergehend gesperrt wurde,
zog die Klage aber schliesslich zurück.
Anonymität als höchstes Gut
"Wir suchen die Geschichten nicht - sie werden uns zugespielt",
sagt Daniel Schmitt. Der Deutsche ist neben dem australischen
Journalisten Julian Assange der Einzige von Wikileaks, der
öffentlich in Erscheinung tritt. Das tut er nur unter falschem
Namen. Anonymität ist das höchste Gut in seinem
Geschäft. Denn Wikileaks hat nicht nur Freunde; unlängst
präsentierte die Website ein CIA-Dokument, in dem Wikileaks als
"potenzielle Bedrohung der Sicherheit der Streitkräfte" bezeichnet
wird und Massnahmen zur Sabotage der Site diskutiert werden.
Das Material, das Wikileaks von Informanten erhält, wird auf
seine Authentizität geprüft und mit technischen Methoden
anonymisiert, damit keine Rückschlüsse auf die Quelle mehr
möglich sind. Der Apparat, der dafür nötig ist, gleicht
einem riesigen Kriminalistik-Labor. Zwar arbeiten nur 5 Personen fest
für Wikileaks, doch neben diesen stehen rund 1000 Spezialisten aus
aller Welt hinter dem Projekt, die je nach Aufgabenstellung beigezogen
werden: technische Experten, Journalisten, Menschenrechts-Spezialisten,
Fachleute, die Dokumente, Filme, Bilder aufarbeiten, Kalligrafen, die
Handschriften vergleichen. Und mehrere hundert Anwälte; Wikileaks
ist oft mit rechtlichen Drohungen konfrontiert. Zu einer Verurteilung
ist es laut Schmitt bis jetzt nie gekommen.
Trotzdem: Wikileaks' versprochene Neutralität und der
Umstand, dass das ihr zugespielte Material weder inhaltlich gewichtet
noch selektioniert wird, birgt Risiken. Veröffentlicht wird alles,
was bisher geheim war und echt ist - unabhängig davon, ob es
wichtig oder von öffentlichem Interesse ist. So kann Material auf
das Portal gelangen, das Personen diffamiert, eine Publikation, die
einen Akt der Aggression darstellt. Wikileaks ist eine Einladung
für Denunzianten und verzichtet darauf, die Grenze zwischen
öffentlichem Interesse und Schutz der Privatsphäre zu ziehen.
Daniel Schmitt gibt zu, dass dadurch Probleme mit dem
Persönlichkeitsschutz entstehen können. "Sobald wir aber
beginnen, das Material zu bewerten, verlassen wir unseren neutralen
Standpunkt", rechtfertigt er sich.
Neue Videos angekündigt
Gerade den Umstand, dass das Material nicht selektioniert wird,
bezeichnet Schmitt neben dem garantierten Quellenschutz als Vorteil
gegenüber den herkömmlichen Medien, deren Uraufgabe der
Enthüllungsjournalismus eigentlich ist: "Gibt der Informant das
Material einem Journalisten, entscheidet dieser, ob er darüber in
seinem Medium eine Story macht oder nicht - bei uns hingegen wird das
gesamte Material online geschaltet und den Medien aus aller Welt zur
Verfügung gestellt."
Der emeritierte Medienprofessor Roger Blum bestätigt, dass
solche Internetportale dem Enthüllungsjournalismus neue Wege
öffnen. Zumal dieser in den klassischen Medien nicht mehr in
gleichem Masse gepflegt werde wie früher: "Um investigativen
Journalismus zu betreiben, braucht es Redaktionen, die entsprechende
Ressourcen und finanzielle Mittel zur Verfügung stellen." In der
Schweiz seien die Ressourcen in der Regel nicht sehr gross.
Die finanziellen Mittel fehlen allerdings auch dem Portal
Wikileaks. Allein die Kosten für das Aufschalten des Irak-Videos
betrugen laut Daniel Schmitt 50 000 Dollar - es dauerte Monate, es zu
entschlüsseln, technisch aufzubessern und um vor Ort mit
Augenzeugen zu reden. Durch die Publizität, die das Video
Wikileaks beschert, fliessen jedoch neue Spendengelder. "Das ist gut
so", sagt Schmitt. "Denn wir haben noch viel Material, das darauf
wartet, aufgearbeitet zu werden." Für die nächsten Wochen
stellt er ein Video aus Afghanistan in Aussicht. Und 37 000 interne
E-Mails der rechtsextremen deutschen Partei NPD.
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Wikileaks
Grosse Wirkung, wenig Geld
Die Internet-Plattform Wikileaks wurde 2006 gemäss eigenen
Angaben von "chinesischen Dissidenten sowie Journalisten, Mathematikern
und Technikern" aus aller Welt gegründet und will "denen zur Seite
zu stehen, die unethisches Verhalten in ihren Regierungen und
Unternehmen enthüllen wollen". Dafür wurde ein System
geschaffen, mit dem geheime Informationen und Analysen massenweise
veröffentlicht werden können, ohne dass sie auf den Absender
zurückzuführen sind. Obwohl alle beteiligten Personen
ehrenamtlich arbeiten, steckt das durch private Spenden finanzierte
Portal in Geldnöten. Daher ist die Homepage derzeit nur
beschränkt nutzbar. Der Zugriff aufs Archiv ist gesperrt. Der
Vollbetrieb soll bald wiederaufgenommen werden. (cbb.)