MEDIENSPIEGEL 13.4.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo)
- Crime News: Raubüberfall auf Neubrückstrasse
- Bollwerk-Bushaltestelle gefährdet?
- Rauchverbot BE: 20 Anzeigen
- (Un)Sichtbar: Fixerstübli Biel kriegt Fumoir
- RaBe-Info 12.4.10
- Webpage für Alkolikerinnen
- GB: UniformträgerInnen in den Antira-Kurs
- 1. Mai ZH: Wer verliert hier die Beherrschung?
- Sexwork ZH: Repression falsch
- BfM gegen Alle(s): NigerianerInnen wehren sich
- Squat LU: Geissmätteli steht noch
- Hassverbrechen gegen Transsexuelle
- Antifa Lyon: Demo gegen Rechts
- Anti-Atom: Kurze Stellungsnahmefristen für AKW-Gesuchsfragen

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REITSCHULE
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Mi 14.04.10
19.00 Uhr - SousLePont - Frühlings Spezialitäten Abend

Do 15.04.10
20.00 Uhr - Kino - Dok am Donnerstag: Ein Jahr des Kampfes - ein Jahr von vielen / Uno entre muchos años de lucha; September 97 - September 98; Video-Zusammenschnitt des Komitees "Für die Freiheit und Asyl für Patricio Ortiz" und des Infoladen Kasama Zürich. In Anwesenheit von Patricio Ortiz
20.00 Uhr- Infoladen - ArbeiterInnenwiderstand gegen die Pläne des Kapitals (Continental Claroix F, INNSE Mailand I). Vortrag von und Diskussion mit Rainer Thormann
20.30 Uhr - Tojo - "Klangkabarett" Musiktheater mit Songs von Kurt Weil, Nina Hagen, David Bowie... Regie: Benoît Blampain
22.00 Uhr - Rössli-Bar - Heu, Stroh und Hafer - Wandler (live - motoguzzi/zh), Lukas Kleesattel (beam rec /be), Racker (midilux, festmacher/be) - Minimal, Techno

Fr 16.04.10
20.30 Uhr - Tojo - "Klangkabarett" Musiktheater mit Songs von Kurt Weil, Nina Hagen, David Bowie... Regie: Benoît Blampain
21.00 Uhr - Kino - "Fressen und gefressen werden...": The Sound of Insects - Record of a Mummy, Peter Liechti, CH 2009
22.00 Uhr - Dachstock - Anti Pop Consortium (Big Dada/USA) & B.Dolan (StrangeFamous/USA), Support: Thesis Sahib (CAN) & DJ Kermit

Sa 17.04.10
20.30 Uhr - Tojo - "Klangkabarett" Musiktheater mit Songs von Kurt Weil, Nina Hagen, David Bowie... Regie: Benoît Blampain
21.00 Uhr - Kino - "Fressen und gefressen werden...": The Sound of Insects - Record of a Mummy, Peter Liechti, CH 2009
22.00 Uhr - Frauenraum - SKYTRONIK by Shit&Vomit; Dj Jacqui, Lozan: Minimal Attack; Dj Jesse Jay, Züri: Progressive Attack; Shit&Vomit: Minimal Progression. Party. Dress Code: Chaos
23.00 Uhr - Dachstock - Sirion Records & Dachstock présentent: La Liaison Française: Oxia (8bit/F), Seuil (Freak n'Chic, Moon Harbour, Eklo/F) live!, Support: Bird, Frango, Feodor, Nino Zolo (Sirion Records) et: Racker (Festmacher, Midilux); Daniel Imhof (HLM, RaBe); Little Lu (Elektrostubete, Highgrade); Mike Machine (Sinneswandel)

So 18.04.10
21.00 Uhr - Dachstock - Zeni Geva (JAP)

Infos: http://www.reitschule.ch

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kulturagenda.be 15.4.10

Ein schillerndes "Klangkabarett" im Theater Tojo

Den Auftakt des Abends macht Phonoscope mit Liedern aus den 30er-Jahren, einer Blütezeit des Kabaretts. Dann aber nimmt die Westschweizer Gruppe Phonoscope die Musik mit in die elektronische Verfremdung, reisst sich Lieder von David Bowie oder Nina Hagen unter den Nagel und hält optisch alles in der Schwebe: Ist das noch opernhaft oder schon ein Monsterkabinett?
Theater Tojo, Bern. Do., 15.4., bis Sa., 17.4., 20.30 Uhr

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CRIME NEWS
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police.be.ch 12.4.10

Medienmitteilung vom 12. April 2010

Bern / Zeugenaufruf

Mann niedergeschlagen und beraubt

pkb. Am frühen Sonntagmorgen wurde ein 27-jähriger Mann bei der Berner Reithalle von Unbekannten niedergeschlagen und beraubt. Die Kantonspolizei Bern sucht Zeugen.

Am Sonntag, 11. April 2010, um ca. 0500 Uhr ging ein 27-jähriger Mann auf dem Trottoir an der Reithalle vorbei in Richtung Henkerbrünnli. Auf der Höhe des Treppenaufgangs zum Dachstock der Reithalle kamen ihm zuerst drei und gleich darauf zwei weitere junge Männer entgegen. Einer der fünf schlug dem ersten Mann ohne Vorwarnung die Faust ins Gesicht, worauf er zu Boden ging. In der Folge wurde das Opfer von seinen Angreifern mehrmals geschlagen und getreten. Schliesslich nahmen sie ihm sein Portemonnaie ab und entfernten sich zu Fuss in Richtung Bollwerk. Passanten riefen eine Ambulanz herbei, die das verletzte Opfer in Spitalpflege brachte. Der Mann konnte das Spital noch am Sonntag wieder verlassen.

Bei den fünf Tätern handelt es sich um dunkel gekleidete, höchstens 20 Jahre alte, schlanke Männer.

In diesem Zusammenhang sucht die Kantonspolizei Bern Zeugen. Personen, die sachdienliche Hinweise geben können, werden gebeten, sich unter der Telefonnummer 031 634 41 11 mit der Polizei in Verbindung zu setzen.

Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland

(bwb)

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BOLLWERK
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Blick am Abend 12.4.10

Diese Station nervt Pendler

 ÖV

 Bernmobil hält an der Haltestelle beim Bollwerk fest - obwohl sie fast keiner benutzt.

 markus.ehinger@ringier.ch

 Für Pendler und Gewerbeschüler ist die Haltestelle beim Bollwerk in Richtung Bahnhof unnötig. Nur gerade 200 Meter später ist für den 20er-Bus nämlich Endstation. "Beim Bollwerk steigen kaum Leute ein und aus. Ich habe schon meinen Zug verpasst, weil der Bus dann auch noch am Rotlicht warten musste", sagt Gewerbeschüler Reto Hasler. Auf Facebook forderten mehrere Hundert Leute, dass die Bollwerk-Haltestelle aufgehoben werden soll - ohne Erfolg. "Diese Haltestelle hat täglich 2300 Ein- und Aussteiger und hat somit eine gute Nachfrage", sagt Marco Rupp vom Bereich Verkehr der Regionalkonferenz Bern-Mittelland. Zusammen mit Bernmobil hat er die Frequenzen der Haltestellen untersucht. Mit 150 000 Einund Aussteigern pro Tag ist der Bahnhof Bern auf dem ersten Rang.

 Ebenfalls sehr beliebt sind die Haltestellen Zytglogge, Hirschengraben und Bärenplatz. Die schwächsten Frequenzen hat die Linie 30 in der Matte, die nur am Abend fährt. Alle andern Haltestellen haben mindestens 150 Ein- und Aussteiger. 75 Prozent der Haltestellen haben täglich über 1000 Ein- und Aussteiger. "Das sind sehr gute Werte, und im Moment sehen wir kein Bedürfnis, Haltestellen zu schliessen. Eine gewisse Dichte ist auch eine Qualität", sagt Rupp.

 Dafür sind neue Haltestellen geplant; etwa bei Linienverlängerungen beim Wankdorf oder bei neuen Strecken wie der Linie 31 Ausserholligen-Niederwangen.

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 TOP 10

 Haltestelle / Fahrgäste pro Tag (gerundet)

 1. Bahnhof Bern 150 000
 2. Zytglogge 36 900
 3. Hirschengraben 35 100
 4. Bärenplatz 22 100
 5. Viktoriaplatz 8000
 6. Monbijou 7900
 7. Breitenrain 7700
 8. Sulgenau 7500
 9. Schanzenstrasse 7500(nur Bernmobil)
 10. Gewerbeschule 7400

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RAUCHVERBOT
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Bund 13.4.10

20 Anzeigen wegen Rauchverbots

 Die Umsetzung des Rauchverbots in Berner Restaurants klappt "erstaunlich gut", sagt der Leiter der Berner Gewerbepolizei, Marc Heeb. Auch auf dem Land hat sich die anfängliche Aufregung etwas gelegt.

 Christian Brönnimann

 Neulich in einem Lokal in der Berner Altstadt, kurz vor Feierabend: "Stört es Sie, wenn ich rauche?", fragt der Patron seine Gäste. Als diese verneinen, steckt er sich eine Zigarette an, weitere Anwesende ziehen mit. In einem Lokal in der Lorraine wurde beobachtet, wie einige Gäste am Stammtisch bereits am Mittag genüsslich rauchten. Anderswo zog der blaue Dunst nach einem YB-Sieg und dementsprechend lockerer Stimmung durch die Räume.

 Sind solche Szenen an der Tagesordnung? "Nein, bestimmt nicht", sagt Marc Heeb, Leiter der Orts- und Gewerbepolizei der Stadt Bern. Im Grossen und Ganzen sei die Umsetzung des Rauchverbots seit dem 1. Juli 2009 gut gelaufen - sogar "erstaunlich gut, angesichts der Polemik im Vorfeld", so Heeb. "Die Disziplin der Wirte ist höher als erwartet", sagt er. Natürlich gebe es, wie bei allen Regelungen, Einzelfälle, in welchen das Gesetz missachtet werde. Die Gewerbepolizei habe nicht die Ressourcen, alle 660 Berner Betriebe zu kontrollieren. Sie werde aktiv bei Hinweisen auf einen Gesetzesverstoss und im Rahmen der normalen Kontrolltätigkeit. Auch Casimir Platzer, Präsident des Verbands Gastro Bern, hat keine Kenntnis von Wirten, die sich prinzipiell über das Verbot hinwegsetzten, wie er auf Anfrage sagt. Was vonseiten der Wirte aber häufig kritisiert werde, sei die unterschiedliche Handhabung und Durchsetzung des Verbots in den einzelnen Gemeinden.

 Sechs Anzeigen in der Stadt

 Im Kanton Bern kam es bislang zu knapp 20 Anzeigen gegen Wirte wegen Verstössen gegen das Rauchverbot. Vier bis sechs hat die Stadtberner Gewerbepolizei laut Marc Heeb eingereicht, bei der Gewerbepolizei Biel waren es zwei Anzeigen. Die übrigen Regionen liegen im Zuständigkeitsbereich der Kantonspolizei. Laut Sprecherin Ursula Stauffer gab es hier elf Anzeigen, mehr als die Hälfte davon im Oberaargau. Zudem hat die Polizei vier Bussen à 40 Franken gegen Raucher ausgesprochen.

 Wirte, die gegen das Gastgewerbegesetz verstossen, können mit Bussen zwischen 200 und 20 000 Franken bestraft werden. Die Festlegung des Strafmasses komme auf die Umstände im Einzelfall an und hänge vom richterlichen Ermessen ab, sagt Hermann Wenger, Geschäftsleiter des Untersuchungsrichteramtes Bern-Mittelland. Die gesprochenen Urteile bewegten sich sicherlich im unteren Bereich des Strafmasses, schätzt er.

 Auch aus Sicht des Regierungsstatthalteramtes Bern-Mittelland hat sich die Situation gut entwickelt. Bislang seien in Sachen Rauchverbot keine Beschwerden von Gemeinden eingegangen, sagt Stabsmitarbeiter Hans Martin Schaer. Zu Sanktionen, wie zum Beispiel Betriebseinschränkungen oder -schliessungen und Patententzug, habe man nie greifen müssen. Gleich wie die Polizei nennt Schaer die zusätzliche Lärmbelastung vor den Lokalen als grösste potenzielle Problemquelle.

 Rebellen geben sich zahm

 In ländlichen Gebieten scheint das Rauchverbot ebenfalls eine breitere Akzeptanz gefunden zu haben als ursprünglich befürchtet. Im letzten Sommer prophezeite Urs Mäder, Präsident von Gastro Emmental, gegenüber "10 vor 10", dass sich rund ein Viertel der Emmentaler Wirte nicht an das Verbot halten werden. Heute sagt er: "Ich gehe davon aus, dass die meisten Wirte das Verbot einhalten." Es gebe gewiss einige, die das ganze etwas "legerer handhaben". Dies sei jedoch die Ausnahme. Gestützt wird diese Einschätzung vom Emmentaler Regierungsstatthalter Markus Grossenbacher, der von Berufes wegen oft Restaurants besichtigt. Dabei sei ihm "nie aufgefallen, dass noch geraucht würde".

 Und wie hat sich die Einstellung derjenigen verändert, die sich am Anfang in Fundamentalopposition gegen das Verbot übten? "Wir halten uns an das Gesetz. Rauchen wird bei uns nicht toleriert", sagt Jimy Hofer, Stadtrat und Betreiber der Broncos-Loge in der Matte. Noch vor ein paar Monaten äusserte er sich in der "Berner Zeitung" anders: Er schicke keinen Raucher vor die Türe, gegen unsinnige Gesetze habe er schon immer verstossen. Beat Fehr, Besitzer des Restaurants Freischütz in Utzenstorf, der letzten Sommer "einfach" hat "weiterrauchen lassen", ist ebenso von seiner Haltung abgekommen. Seit einer schriftlichen Verwarnung wird auch im Freischütz das Fumoir benutzt. "Als Einzelkämpfer hat man keine Chance, etwas gegen das Gesetz zu machen", sagt er. Ansonsten riskiere er sein Patent.

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(UN)SICHTBAR
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20 MINUTEN 13.4.10

Biel: Fixerstübli soll auch ein Fumoir erhalten

 BIEL. Seit dem Rauchverbot sind beim Bieler Drögeler-Treffpunkt Yucca die Abhängigen öfter draussen anzutreffen. Bei der Bevölkerung führte das zu einem Gefühl der Unsicherheit - Anwohner und Passanten beklagten sich bei der Stadt. Ein spezielles Sicherheitskonzept des Gemeinderats soll jetzt durch die Zusammenarbeit von Treffpunkt-Betreibern und Kantonspolizei Abhilfe schaffen. Dazu gehören sichtbare Kontrollen rund ums Fixerstübli und in der Altstadt, klare Regeln für die Süchtigen und Hausverbote bei Verstössen. Ausserdem wurde im Treff bereits ein Fumoir eingerichtet.

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RADIO-RABE
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Mo. 12. April 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_12._April_2010.mp3
- Alkoholsucht: warum Frauen anders gefährdet sind als Männer (http:// www.frauentalk.ch)
- Kopf der Woche: Souleyman Bassoum: der Agronom und Biobauer engagiert sich im Senegal für Ernährungssouveränität

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ALKOHOL
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20 Minuten 13.4.10

Neue Homepage für weibliche Süffel

 BERN. Mit Infotainment gegen Alkoholismus: Eine neue Website soll das schöne Geschlecht von der Flasche wegbringen. Denn Filmrisse, Führerausweisentzüge und gesundheitliche Schäden sind längst kein Männerproblem mehr. "Rund ein Drittel der Alkoholiker in der Schweiz sind weiblich", so Andrea Kaspar vom Blauen Kreuz Bern. "Und die Tendenz ist steigend." Gerade junge Frauen, die sich heute als Teenager ans Trinken gewöhnen, könnten die Zahl künftig in die Höhe treiben. Eine neue Online-Plattform soll nun helfen, dies zu verhindern. Unter Frauentalk.ch finden Userinnen seit gestern Artikel und Links zum Thema Alkohol, dazu Infos zu Gesundheit, Erfahrungsberichte sowie News von Süffel-Promis wie Paris Hilton oder Amy Winehouse. In Tests kann man checken, ob man selbst ein Trinkproblem hat, ein Link bietet Online-Beratung.  NJ

http://www.frauentalk.ch

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RASSISMUS BE
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20 Minuten 13.4.10

Polizei und Security: Kurse gegen Rassismus gefordert

 BERN. Ab auf die Schulbank: Das Grüne Bündnis will Polizisten und Sicherheitsleute in die Anti-Rassismus-Nachhilfe schicken.

 Bei der Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung nimmt das Grüne Bündnis der Stadt Bern (GB) private Sicherheitsfirmen und die Kantonspolizei ins Visier - und stellt in diesem Zusammenhang konkrete Forderungen an die Stadt. Im überarbeiteten Leitbild zur Integrationspolitik soll diese in einem ersten Schritt beide Gruppen offiziell dazu anhalten, sich "strikt und verbindlich an die Antidiskriminierungs-Regeln zu halten", so GB-Politikerin und Altstadtratspräsidentin Annemarie Sancar. Immer wieder waren diese Regeln in Bern etwa durch Türsteher verletzt worden, die Migranten den Einlass in Clubs verweigerten (20 Minuten berichtete). "Aber auch bei der Polizei kam es in einzelnen Fällen zu Diskriminierungen", weiss Sancar.

 Abhilfe schaffen soll die Stadt jetzt etwa mit speziellen Anti-Rassismus-Schulungen für Akteure im Bereich Sicherheit - "allenfalls sogar mit Zertifikat", so Sancar. Lob bekommt diese Idee von Giorgio Andreoli vom Gggfon (Gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus) Bern, wo laufend neue Fälle von Diskriminierungen gemeldet werden. "Weiterbildungen brächten sicher einiges, da die Teilnehmer sensibilisiert würden und lernen könnten, auch in Stresssituationen fair zu bleiben", so Andreoli.  

Nina Jecker

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1. MAI ZH
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Tagesanzeiger 13.4.10

Komitee fordert Demonstranten auf, am 1. Mai die Beherrschung zu verlieren

 Bürgerliche Politiker kritisieren, mit dem offiziellen 1.-Mai-Slogan werde faktisch zur Gewalt aufgerufen. Sie fordern, dass die Organisatoren die Schäden nach den Ausschreitungen selber berappen müssen.

 Von Stefan Häne und Patrick Kühnis

 "Moneypulation - Verlieren wir die Beherrschung": Unter diesem Motto ruft das 1.-Mai-Komitee zur Demonstration durch die Zürcher Innenstadt auf. Der Slogan kommt bei bürgerlichen Politikern schlecht an, und selbst die SP ist nicht glücklich damit. SVP-Gemeinderat Mauro Tuena sieht darin den Aufruf, "den Kreis 4 zusammenzuschlagen". Der Zürcher GLP-Nationalrat Martin Bäumle taxiert die Wortwahl als "höchst ungeschickt". Der Spruch sei Wasser auf die Mühlen jener Kreise, die den 1. Mai abschaffen wollten, warnt Bäumle, der den Tag der Arbeit als Fest der Linken beibehalten will. Wenn es am 1. Mai nach dem offiziellen Umzug zu Ausschreitungen komme, werde - als Folge des Spruchs - ein Teil der Schuld den Organisatoren des 1.-Mai-Komitees angelastet. Und es könnte heiss werden, denn der radikale Schwarze Block hat bereits zum Zug auf den Paradeplatz aufgerufen.

 Mit dem Plakat könnten sich die 1.-Mai-Organisatoren in einem weiteren Punkt selber schaden. Die Bürgerlichen bringen eine alte Forderung wieder aufs Tapet: Wer den Einsatz von Polizei nötig macht, soll zahlen. Nach einer Änderung der Polizeiverordnung greift diese Regel seit Anfang Jahr bei den Zürcher Fussballklubs. FDP-Gemeinderat Urs Egger versteht nicht, weshalb die Organisatoren von Demonstrationen nicht finanziell geradestehen sollen. Dies umso mehr, wenn sie, wie das 1.-Mai-Komitee, "faktisch zur Gewalt aufrufen". Die SVP wird im Zürcher Gemeinderat mit einem Vorstoss auf eine Ausweitung der Verrechnungsregel auf sämtliche Organisatoren pochen, wie Tuena sagt. In der Innerschweiz ist man einen Schritt weiter: Der Luzerner Kantonsrat hat im Januar ein Postulat an die Regierung überwiesen, wonach Organisatoren die Vollkosten für die öffentliche Sicherheit mittragen sollen, und zwar bei allen Veranstaltungen.

 Gegen die Idee stellt sich die Gewerkschaft Unia, die zusammen mit dem 1.-Mai-Komitee die Demonstration organisiert. Eine Überwälzung der Polizeikosten hätte weitreichende Folgen, warnt Remo Schädler, Sektionsleiter von Unia Zürich. "Faktisch würde damit das Demonstrationsrecht abgeschafft." Die Unia werde dies auf politischem Weg vehement bekämpfen.

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"Verlieren wir die Beherrschung": 1.-Mai-Slogan sorgt für Zündstoff

 Bürgerliche sprechen von einer Einladung zur Randale - und sogar die SP ist nicht glücklich über den Slogan.

Von Stefan Häne und Patrick Kühnis

 Zürich - "Menschenwürde grenzenlos", "Teilen statt herrschen" oder "Eure Krise zahlen wir nicht" lauteten zuletzt die Losungen am Tag der Arbeit. Diesmal legt das 1.-Mai-Komitee einen Zacken zu und lädt unter dem Titel "Moneypulation - Verlieren wir die Beherrschung" zur Demonstration durch die Innenstadt. Passend dazu prangt auf dem Plakat ein explosiver Cocktail aus geballten Fäusten, Totenköpfen, Blitzen, Bomben mit brennender Zündschnur und einem stinkenden Hundehaufen. Ein Ausdruck von Wut und Zorn, wie man ihn aus Comics kennt.

 Das riecht nach Ärger, finden Leserinnen und Leser von Tagesanzeiger.ch, die sich zur Kampagne geäussert haben. "Wenn das kein Aufruf zur Gewalt ist, was ist es dann?", fragt einer. "Für alle mit einem normalen Sprachverständnis ist der Slogan recht eindeutig, und das Plakat räumt allfällige Zweifel aus", findet ein anderer.

 "Der Slogan sagt nur: Es reicht"

 Interpretationen, die das 1.-Mai-Komitee weit von sich weist. "Das Wortspiel ‹Verlieren wir die Beherrschung› ist keine Aufforderung, alles kurz und klein zu schlagen", sagt Sprecherin Anna Klieber (AL). Vielmehr gehe es darum, nach der Wirtschaftskrise nicht einfach zur Tagesordnung überzugehen, sondern die politische Antwort auf Entlassungen, Lohnkürzungen und die Aushöhlung des Sozialstaats zu geben. "Der Slogan sagt nur: Es reicht - wir lassen uns nicht alles gefallen." Ziel sei eine Demokratie, die allen nütze und nicht nur den paar wenigen, die den ganzen Schlamassel angerichtet hätten. "Von denen wollen wir uns nicht beherrschen lassen."

 "Wenn jemand die Beherrschung verliert, ist das meist negativ und führt selten zu einem lösungsorientierten Ansatz", sagt dagegen Marco Cortesi, Medienchef der Stadtpolizei. Diese hat den Slogan bereits zu Kenntnis genommen und wird ihn bei der Lagebeurteilung für den 1. Mai berücksichtigen, der in Zürich regelmässig in Ausschreitungen und Randale mündet.

 Den Paradeplatz im Visier

 Aufgefallen ist der Polizei auch ein Manifest des Revolutionären Aufbaus, der es in der Nachdemo offensichtlich auf den Paradeplatz abgesehen hat. Für den politischen Arm des Schwarzen Blocks ist es ein "Skandal", dass die bewilligte Demonstrationsroute nicht an diesem "Symbol der Arroganz" vorbeiführt. "Hissen wir die Rote Fahne am Paradeplatz!" Klieber dazu: "Das ist Sache des Revolutionären Aufbaus. Damit haben wir nichts zu tun." Das Komitee setze alles daran, dass der offizielle Umzug so friedlich ablaufe wie immer. "Dazu gehört auch, dass unsere Schlusskundgebung auf dem Bürkliplatz nicht gestört wird." Klieber hofft, dass die Polizei die Lage so gut einzuschätzen und zu bewältigen weiss, dass normale Demoteilnehmer keiner Gefahr ausgesetzt sind.

 Stadtrat Andres Türler (FDP), Vorsteher der Industriellen Betriebe, wird bis zu Daniel Leupis (Grüne) Amtsantritt am 17. Mai als ausserordentlicher Stellvertreter das Polizeidepartement leiten. Türler betrachtet es gleichwohl nicht als seine Aufgabe, "diesen Slogan auszulegen". Das 1.-Mai-Komitee trage eine hohe Verantwortung dafür, dass der Festtag friedlich verlaufe. "Wenn dessen Mitglieder glauben, dass sie mit diesem Slogan ihrer Verantwortung Rechnung tragen, ist das ihre Sache." Daniel Leupi will sich nicht äussern.

 Deutliche Worte finden hingegen die Bürgerlichen. "Der Slogan ist ein Aufruf, den Kreis 4 zusammenzuschlagen", sagt SVP-Fraktionschef Mauro Tuena. Die Absicht des Komitees sei klar: "Chaos und Randale." Als besonders störend empfinden bürgerliche Politiker, dass für die Schäden die Steuerzahler aufkommen müssen. Sie fordern daher, dass nach Randalen die 1.-Mai-Organisatoren zur Kasse gebeten werden.

 Gewerkschaften scheren aus

 Zurückhaltend gibt sich die Gewerkschaft Unia, welche die 1.-Mai-Demo mitorganisiert. Remo Schädler, Sektionsleiter von Unia Zürich, möchte den Slogan des Komitees nicht kommentieren. "Wir haben eine eigene Botschaft", sagt Schädler. Diese stamme vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund und laute: "Arbeit, Lohn und Rente statt Profit und Gier." Dass im Komitee ein Streit zwischen gemässigten und radikalen Kräften tobt, verneint er. Schon in der Vergangenheit hätten die Gewerkschaften und das 1.-Mai-Komitee mit verschiedenen Slogans zur Kundgebung aufgerufen.

 Die SP ist "nicht erfreut"

 In rot-grünen Kreisen sorgt der Slogan zwar nicht für Begeisterung, aber auch nicht für Empörung. Der grüne Gemeinderat Balthasar Glättli ortet darin ein Wortspiel, ein "Hinterfragen der Herrschaftsstrukturen", sicher aber "keinen Aufruf zur bewaffneten Revolution". Andrea Sprecher, Co-Präsidentin der Stadtzürcher SP, ist über den Spruch nicht erfreut. Die Debatte drehe sich nun um Gewalt und Ausschreitungen. Die politische Diskussion werde damit verunmöglicht. Als Kampfansage versteht sie den Spruch jedoch nicht. "Niemand lässt sich widerwillig zu Gewalt verführen." Jene Leute, die gewaltbereit seien, würden am 1. Mai ohnehin Steine werfen. Ihre Zahl vergrössere sich wegen des Spruches nicht.

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Kommentar

 Dumm und unnütz

Stefan Hohler

 Stefan Hohler über den provokativen Slogan des 1.-Mai-Komitees zum Tag der Arbeit.

 Auch dieses Jahr will das 1.-Mai-Komitee auf Provokation nicht verzichten. Mit dem Slogan "Moneypulation - Verlieren wir die Beherrschung" spielt es ganz klar mit dem Feuer. Natürlich wird ein Aufruf zur Gewalt empört zurückgewiesen, der Bezug ist aber offensichtlich. Der Slogan ist politisch dumm, er provoziert lediglich und nützt niemandem. Kein Novum: Das 1.-Mai-Komitee hatte schon in früheren Jahren für Schlagzeilen gesorgt. Etwa als es 2001 die palästinensische Flugzeugentführerin Leila Khaled auf dem Helvetiaplatz sprechen liess und ein Jahr zuvor die deutsche Kommunistin und SED-Sympathisantin Sahra Wagenknecht. Oder als es 1997 einen kolumbianischen Farc-Guerillero einladen wollte.

 Aber machen wir uns nichts vor. Die Chaoten am 1. Mai hören weder auf das 1.-Mai-Komitee und noch viel weniger auf andere linke Stimmen wie beispielsweise die der Gewerkschaften oder der Sozialdemokraten. Ein Blick in die Vergangenheit lässt erahnen, dass das auch im Jahr 2010 nicht anders abläuft. So verlief in den letzten zwei Jahrzehnten einzig der 1. Mai im Jahr 2005 friedlich, ansonsten waren es jeweils die sattsam bekannten Bilder von Tränengasschwaden, Gummischrot und viel Scherben.

 Warum eigentlich immer Zürich? Eine Antwort fällt schwer. Doch dass in unserer Stadt die Drogenszene in den Achtziger- und Neunzigerjahren am schlimmsten war, Sektengurus hier am meisten Opfer finden, die Street-Parade neben Berlin am meisten Leute mobilisiert, die Partyszene immer exzessivere Auswüchse hat und der Sexmarkt und das Rotlichtmilieu am stärksten boomen, scheint ein Hinweis zu sein, dass Zürich in gesellschaftlichen Entwicklungen stets eine Vorreiterrolle spielte und spielt - und dabei jeweils das Augenmass verliert. Vermutlich nur so können die jährlich wiederkehrenden Gewaltrituale am Tag der Arbeit erklärt werden. Auch wenn dieser Erklärungsansatz für die betroffenen Gewerbler ein schwacher Trost ist. Zumindest haben die im Einsatz stehenden Polizisten aus der langjährigen Erfahrung viel gelernt und die Situation meist im Griff - auch wenn es "chlöpft und tätscht".

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NZZ 13.4.10

Aufwieglerische 1.-Mai-Slogans

mbm. - Das 1.-Mai-Komitee, das in Zürich zusammen mit dem Gewerkschaftsbund das Treiben rund um den Tag der Arbeit organisiert, hat sich heuer für einen äusserst problematischen Slogan entschieden: " Moneypulation - Verlieren wir die Beherrschung ". Nicht besser tönt es beim Revolutionären Bündnis: "Raum aneignen - Kämpfe verbinden - sich organisieren. Heraus zum 1. Mai!". Gerade das 1.-Mai-Komitee, das offiziell gegen Gewalt ist, hat sich bei der Sloganwahl vertan.

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Limmattaler Zeitung 13.4.10

Sturm auf den Paradeplatz?

 Bankenrettung, Wirtschaftskrise, Stellenabbau - der 1.Mai birgt Stoff für Zoff

 Noch gut zweieinhalb Wochen bis zum Tag der Arbeit. In Zürich dürfte der 1.Mai dieses Jahr heiss werden. Weil er auf einen Samstag fällt - und weil die "Revolutionäre" zum Sturm auf den Paradeplatz aufrufen.

 Martin Reichlin

 Die Botschaft des "Revolutionären Aufbaus Zürich" ist deutlich. Das Wichtigste an einer Demonstration sei die "praktische Aneignung von öffentlichem Raum", schreiben Klassenkämpfer auf ihrer Homepage, "eine Aneignung, welche die Strasse zum Ort der Politik macht". Und der Aufbau nennt auch gleich den Raum, den es zu besetzen gelte. "Heute, in der Krise, gibt es in Zürich einen Ort, der am meisten mit politischer Bedeutung aufgeladen ist, und das ist der Paradeplatz. Er symbolisiert die Arroganz der Macht, er steht für die Arroganz der Banken, die diese Krise verschärft haben, deren Folgen nun auf die Schultern der Arbeiter abgewälzt werden." Die Parole für den Tag der Arbeit müsse deshalb lauten: "Hissen wir die rote Fahne auf dem Paradeplatz."

 Auf Konfrontationskurs

 Damit scheint die Konfrontation mit den Zürcher Ordnungshütern vorprogrammiert. Denn der Paradeplatz liegt nicht auf der genehmigten Route der offiziellen 1.-Mai-Demo. Sie führt ab dem Helvetiaplatz via Bahnhofplatz und Bahnhofstrasse zum Limmatquai und schliesslich auf den Bürkliplatz.

 Die Frage geht darum an Anna Klieber, Vorstandsmitglied und Sprecherin des 1.-Mai-Komitees: Befürchten Sie, dass es für die Teilnehmer der bewilligten Demonstration wie schon in früheren Jahren ungemütlich werden könnte, wenn die Polizei und die so genannte "Nachdemo" aufeinander treffen? Klieber: "Das hängt immer auch vom Einsatz der Polizei ab. Wir hoffen, dass sie die Lage so weit einzuschätzen und zu bewältigen weiss, dass die Besucher der Demonstration und des 1.-Mai-Festes keiner Gefährdung ausgesetzt werden." Vonseiten des Komitees werde auf jeden Fall wie schon in früheren Jahren ein Sicherheitsdienst für die offizielle Demo gestellt.

 Bei der Stadtpolizei Zürich wiederum gibt man sich eher zugeknöpft, was die Vorbereitungen auf den 1.Mai angeht. "Wir beobachten die Situation und lassen unsere Erkenntnisse in die Planung einfliessen", sagte Sprecherin Judith Hödl auf Anfrage.

 Sicher keinen Einfluss auf die Arbeit der Polizei werde dagegen das "Interregnum" an der Spitze des Polizeidepartementes haben. Polizeivorsteherin Esther Maurer wird ihr Amt nämlich am 31.April abgeben, Nachfolger Daniel Leupi jedoch erst am 17.Mai antreten. "Der Rahmenauftrag für die Polizei wird vom Gesamtstadtrat festgelegt", erklärt Hödl. Ausserdem amtiere ja in der Zwischenzeit Andres Türler als ausserordentlicher Vorsteher des Polizeidepartements.

 Ganz ähnlich sieht das Anna Klieber: "Es ist für uns nicht relevant, ob Esther Maurer das Departement noch leitet. Die wichtigsten Fragen werden im Vorfeld des 1.Mai besprochen und die Dispositive festgelegt. Wir werden aber sicher noch den Kontakt zu Stadtrat Türler und Daniel Leupi suchen, der am 1.Mai auch anwesend sein wird."

 Hohe Beteiligung am Samstag

 Noch ein Faktor könnte dazu führen, dass Zürich einen unruhigen 1.Mai erleben wird: Da der Tag der Arbeit auf einen Samstag fällt, können auch Personen nach Zürich reisen, die sonst arbeiten müssten. Das heisst, die Nachdemo und die mutwilligen Chaoten, die sich ihr immer öfters angeschlossen haben, könnten mehr Zulauf haben als in anderen Jahren.

 Profitieren wird aber wohl auch die offizielle Arbeiter-Demonstration. "Moneypulation - verlieren wir die Beherrschung" lautet das Motto, unter dem das 1.-Mai-Komitee zum Umzug am Tag der Arbeit aufruft. Dies sei jedoch nicht als Aufruf zur Gewalt zu verstehen, so Anna Klieber. "Wir fordern mehr Demokratie, statt einer Gängelung der Gesellschaft durch Geld und Wirtschaft, also einer "Moneypulation". Als unsere Hauptrednerin habe man dieses Jahr Maria Leon, die Frauenministerin von Venezuela, eingeladen. Sie werde über die Situation der Frauen in ihrer Heimat sprechen und über die Vorbereitungen der Weltfrauenkonferenz 2011. Für die Gewerkschaften tritt die Grüne Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber auf.

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SEXWORK
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Tagesanzeiger 13.4.10

"Zürich ist eine Sexdestination. Dazu sollte man endlich stehen"

 Die Arbeitsbedingungen für Prostituierte werden härter. Repression sei aber die falsche Lösung, sagt Lea Bösiger von Isla Victoria.

 Mit Lea Bösiger sprach Tina Fassbind

 Roma-Frauen weichen vermehrt vom Strassenstrich am Sihlquai ins Langstrassenquartier aus. Wie akut ist die Situation?

 Es gab schon früher vereinzelt Prostituierte aus Ungarn, aber keine Roma. Im vergangenen Jahr haben rund 300 Prostituierte aus Ungarn während je 90 Tagen legal an der Langstrasse angeschafft. Die Lage ist also noch nicht so angespannt. Aber wie jede neue Ethnie, die in einem bestimmten Bereich in Erscheinung tritt, fallen diese Frauen auf.

 Wie erleben Sie die Roma-Frauen?

 Wir haben noch nie negative Erfahrungen mit ihnen gemacht. Sie sind ausgesprochen nett, freundlich und anständig. Und sie sind gerne hier, selbst wenn sie oft beengt leben und wirtschaftlich unter Druck stehen. Mir fällt allerdings auf, dass viele von ihnen physisch und psychisch verbraucht wirken.

 Warum ist das so?

 Viele haben kein Geld. Wer arm ist, kann sich keinen Arzt leisten. Grippen werden nicht auskuriert, Zähne sind kaputt - da sieht man nicht aus wie eine blühende Rose.

 Sind die Roma-Frauen Opfer, die zur Prostitution gezwungen werden?

 Die Roma-Frauen gehören einem Kulturkreis an, der bereits im Heimatland Probleme hat. Ihr Bildungsniveau ist schlecht, viele sind Analphabetinnen. Sie haben oft keine andere Möglichkeit, ihr Geld zu verdienen. Kommt hinzu, dass oft schon ihre Mütter angeschafft haben. Ich sehe diese Frauen aber nicht generell als Opfer. Sie gehen einem Beruf nach wie andere auch.

 Ist der Konkurrenzdruck zwischen Prostituierten härter geworden?

 Ja. Die Roma-Frauen gehen fordernder vor als die anderen Frauen an der Langstrasse. Zudem steigt die Polizeipräsenz, wenn es mehr Prostituierte hat. Was zur Folge hat, dass weniger Freier unterwegs sind. Die Prostituierten verdienen also weniger - aber sie verdienen immer noch.

 Prostituierte haben sich darüber beklagt, dass die Roma-Frauen alles tun würden und das zu Dumpingpreisen. Damit vermiesten sie das Geschäft. Ist das so?

 Es gibt eine Änderung im Sexualverhalten: Heute wird mehr Analverkehr verlangt. Warum das so ist, weiss ich nicht. Vielleicht liegt es an den neuen Pornos, in denen Analverkehr dazugehört. Die meisten Prostituierten im Kreis 4 sind allerdings freischaffend und tun nur das, was sie möchten.

 Gibt es keine Zuhälter?

 Nein, die Geschichten von Zuhältern sind Märchen. Zumindest an der Langstrasse. Die gab es in den 50ern. Heute sind sie verschwunden. Mit den Roma-Clans fängt die Zuhälterei allerdings wieder an. Unter den Zuhältern gibt es übrigens auch Frauen.

 So geraten die Frauen in die Abhängigkeit und werden Gewaltopfer?

 Die Gewalt hat leicht zugenommen. Aber dieses Phänomen betrifft die gesamte Gesellschaft - das Sexmilieu reagiert immer besonders sensibel auf solche Veränderungen. Zu Vergewaltigungen kommt es im Sexgewerbe allerdings nicht häufiger als im Familien- und Freundeskreis. Wenn solche Übergriffe passieren, dann schalten wir die Polizei ein und klären ab, ob die Frau zu einem Arzt muss und ob sie eine Anzeige erstatten will. Das kommt aber Gott sei Dank nicht oft vor.

 Wie ist der Gewalt im Sexgewerbe am besten beizukommen?

 Je emanzipierter die Gesellschaft das Thema Prostitution handhabt, desto grösser ist der Schutz der Frauen. Ein toleranter Umgang mit Sexarbeit führt zu weniger Frauenhandel und weniger Gewalt. Je stärker die Repressionen, desto schlechter wird es für die Frauen. Viele verfolgen allerdings dieses Ziel: Sie wollen alles kontrollieren. Sexualität ist aber nicht kontrollierbar - auch wenn manche froh darüber wären.

 Was kann Zürich gegen die Roma-Clans unternehmen?

 Die Stadt hat schon während der Euro versucht, repressiver vorzugehen. Ich denke, es wäre besser, die Langstrasse klar als Rotlichtmilieu zu markieren. Zürich ist eine Sexdestination, und es gibt das Bedürfnis nach käuflichem Sex. Dazu sollte man endlich stehen. Tagesanzeiger.ch/Newsnetz

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 Zur Person

 Lea Bösiger

 Seit zehn Jahren ist Lea Bösiger bei Isla Victoria tätig, einer Beratungs- und Anlaufstelle für Frauen aus dem Sexgewerbe. Davor arbeitete sie bei der Aidsberatung Kanton Aargau. Pro Tag suchen rund 60 Sexworkerinnen bei Isla Victoria Rat. (tif)

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BFM GEGEN ALLE(S)
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Newsnetz 13.4.10

"Schweizer waschen auch nicht alle Geld"

Thomas Knellwolf

 Die Nigerianer in der Schweiz sind empört: Sie finden es rassistisch, dass der Chef des Bundesamts für Migration, Alard du Bois-Reymond, erklärt, 99,5 der nigerianischen Asylbewerber würden kriminell.

 Herr Ugochukwu, Alard du Bois-Reymond sagt, 99,5 Prozent der nigerianischen Asylsuchenden kämen "nicht als Flüchtlinge hierher, sondern um illegale Geschäfte zu machen". Was halten Sie von den Äusserungen des Vorstehers des Bundesamts für Migration über Ihre Landsleute? Diese Äusserungen sind sehr unglücklich, provokativ, inakzeptabel und unprofessionell. In den Worten schwebt ein rassistischer Unterton mit. Wir hätten von einem hohen Offiziellen der Schweiz etwas anderes erwartet - zumindest Zahlen, wie viele Nigerianer rechtskräftig wegen Delikten verurteilt wurden.

 Stimmt es etwa nicht, dass Nigeria den "Ruf als Heimat vieler Drogenhändler" hat, wie du Bois-Reymond sagt? Es gibt in Nigeria ein kleine kriminelle Minderheit und es gibt sie auch unter den Nigerianern in der Schweiz. Vielleicht sind es 0,5 Prozent von 150 Millionen Nigerianern in der Welt. Man sagt aber auch nicht, dass die Schweizer alle Geld waschen, nur weil einige finanzielle Institutionen in der Schweiz wegen Geldwäscherei rechtlich verfolgt wurden.

 Ihre 0,5 Prozent Kriminellen weichen doch etwas stark von den 99,5 Prozent von du Bois-Reymond ab. Wir wollen keine Probleme ignorieren. Wir schützen keinen Kriminellen, egal ob Nigerianer oder andere. Jeder Nigerianer, der das Gesetz bricht, muss rechtlich verfolgt werden. Er soll auch die Verantwortung übernehmen. Wir wollen gute Botschafter unseres Landes in der Schweiz sein. Das Statement des Chefbeamten ist aber eine grosse Lüge, was ich bestimmt weiss, denn ich kenne so viele Nigerianer hier, die normalen Berufen nachgehen.

 Wie erklären Sie sich die Äusserung? Vielleicht will man ablenken vom Tod des nigerianischen Ausschaffungshäftlings auf dem Zürcher Flughafen im vergangenen Monat. Doch selbst falls der Verstorbene etwas mit Drogen zu tun gehabt hat, wären die Worte inakzeptabel. Es gilt den Todesfall zu untersuchen. Zudem müssen die Behörden nun abklären, ob der rassistische Ton des Chefbeamten eine Straftat darstellt. Feststeht, dass die Worte die bilateralen Beziehungen unserer Länder stören können. Es könnten Probleme entstehen wie jene, welche die Schweiz mit Libyen hat.

 Ist das nicht übertrieben? Wir wollen das nicht. Nigeria und die Schweiz pflegen gute Handelsbeziehungen. Nigeria liefert Öl. Nestlé hat einen grossen Ableger in Lagos. Die Schweiz exportiert viele pharmazeutische Produkten. Über 50 schweizer Frimen sind in Nigeria tätig. Wir hoffen, dass sich Herr du Bois-Reymond bei den Nigerianern hier entschuldigt. Und wir fordern, dass alle Nigerianer in der Schweiz die schweizerische Rechtsordnung respektieren. Long Live the Federal Republic of Great Nigeria! Vive l'Afrique! Es lebe die Schweiz!

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Südostschweiz 13.4.10

Bundesamt für Migration nimmt Nigerianer ins Visier

 Der Chef des Bundesamts für Migration sorgt mit Aussagen zu Asylsuchenden aus Nigeria für Wirbel. Die meisten seien kriminell, so Alard du Bois-Reymond. Das sei eine haarsträubende Diffamierung, kontern Menschenrechtler.

 Von Simon Fischer

 Bern. - Mit fast 1800 Asylgesuchen hat im letzten Jahr in der Schweiz niemand so viele Anträge gestellt wie die Nigerianer. Alard du Bois-Reymond, Direktor des Bundesamts für Migration (BFM), hat deshalb in einem Interview mit der "NZZ am Sonntag" erklärt, er werde eine Task-Force einsetzen, die bis zum Sommer Massnahmen präsentieren soll, um die Prozesse zu beschleunigen und abgewiesene Asylsuchende schneller zurückführen zu können. Er erklärte ausserdem, 99,5 Prozent der Nigerianer hätten nicht die geringste Chance, in der Schweiz bleiben zu können. "Sie kommen nicht als Flüchtlinge hierher, sondern um illegale Geschäfte zu machen", so der BFM-Chef.

 "Rassistische Klischees"

 Bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty International Schweiz reagiert man geharnischt auf diese Äusserungen: "Es ist haarsträubend, dass der Chef des BFM Menschen alleine wegen ihrer Herkunft als Kleinkriminelle und Dealer diffamiert", erklärt Amnesty-Sprecher Daniel Graf. Du Bois-Reymond müsse sich bewusst sein, dass er damit wenig dazu beitrage, ein differenziertes Bild der Asylproblematik zu vermitteln. "Im Gegenteil: Er bedient damit rassistische Klischees über Menschen mit afrikanischem Hintergrund, die in der Schweiz leben", sagt Graf.

 Irritiert reagiert auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe. Generalsekretär Beat Meiner will zwar nicht in Abrede stellen, dass ein Teil der Asylsuchenden aus Nigeria kriminell ist. "Du Bois-Reymonds Aussagen sind aber pauschal, er wirft alle Nigerianer in einen Topf." Und das sei diskriminierend, sagt Meiner. Offenbar habe sich der BFM-Direktor mit einem Paukenschlag bemerkbar machen wollen, weil er noch neu im Amt sei.

 Umstrittene Ausschaffungsflüge

 Brisant an der Ankündigung einer Task-Force ist der Zeitpunkt. Denn du Bois-Reymond kündigt eine Ausweitung der Ausschaffungen nach Nigeria an, noch bevor die Umstände geklärt sind, die bei einer Zwangsausschaffung am 17. März auf dem Flughafen Zürich zum Tod eines Nigerianers geführt haben - und zu einem Stopp sämtlicher Ausschaffungs-Sonderflüge. "Die Untersuchung könnte dazu führen, dass solche Zwangsausschaffungen künftig nicht mehr durchführbar sind, um keine Leben zu gefährden", sagt Amnesty-Sprecher Graf. Dieser Hoffnung erteilt man beim BFM allerdings eine Absage. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse müssten zwar allenfalls Massnahmen getroffen werden, sagt Sprecherin Marie Avet. "Die Sonderflüge werden aber auf jeden Fall wieder aufgenommen."

 Bis die Untersuchung des Todesfalls abgeschlossen ist, dürften jedoch noch einige Wochen vergehen, wie Corinne Bouvard, Sprecherin der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, bestätigt. Man warte noch auf die Ergebnisse der rechtsmedizinischen Untersuchung. Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) macht aber offenbar Druck für eine möglichst baldige Wiederaufnahme der Sonderflüge. Eine erste Aussprache mit Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf und BFM-Chef du Bois-Reymond habe am Donnerstag stattgefunden, bestätigt KKJPD-Generalsekretär Roger Schneeberger.

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24 Heures 13.4.10

Les Nigérians viennent-ils en Suisse pour dealer? Controverse

Gumy

 DROIT D'ASILE - Le directeur de l'Office fédéral des migrations affirme qu'une majorité de requérants d'asile du Nigeria viennent en fait en Suisse pour s'y adonner à des activités criminelles. Les statistiques policières montrent qu'ils sont nombreux à être actifs dans le trafic de cocaïne.

 SERGE GUMY

 "Avec 1800 demandes l'an dernier, les Nigérians constituent le plus fort effectif des requérants d'asile - 99,5% d'entre eux sans la moindre chance de pouvoir rester en Suisse. Ils ne viennent pas ici comme réfugiés, mais pour y faire des affaires illégales. " Alard du Bois-Reymond a lancé un pavé dans la mare dimanche. Pour le nouveau directeur de l'Office fédéral des migrations, en poste depuis le début de l'année, le Nigeria constitue même le problème numéro un de l'asile en Suisse. Et il promet de l'empoigner avec fermeté.

 Présents dans la coke

 Les requérants d'asile du Nigeria sont-ils tous des criminels? "Pour ce qui concerne le trafic de cocaïne de rue, les dealers proviennent à 99,5% d'Afrique de l'Ouest, explique Jean-Christophe Sauterel, porte-parole de la police cantonale vaudoise. Depuis deux ou trois ans, les Nigérians se sont ajoutés aux francophones du Burkina Faso, de Guinée-Bissau et de Guinée-Conakry. Clairement, ces gens viennent chez nous pour trafiquer. Ils arrivent en Suisse formés et sont opérationnels assez vite. "

 Et les chiffres, que disent-ils? Selon l'Office fédéral de la statistique, 585 Nigérians ont été prévenus de trafic de stupéfiants en 2009 en Suisse (9% du total), dont 462 pour trafic de cocaïne (22% du total). Par ailleurs, dans le canton de Vaud, selon le juge d'instruction cantonal Jean Treccani, 17 des 97 dossiers de trafic de stupéfiants actuellement ouverts (toutes substances confondues) concernent des ressortissants de cet Etat.

 Juges et policiers l'affirment: pour renvoyer ces trafiquants, le plus difficile consiste à établir leur identité. Quand ils y parviennent, le Nigeria ne rechigne pas à reprendre ses ressortissants. Les renvois forcés vers Lagos ont toutefois été suspendus depuis la mort à Zurich d'un requérant de 29 ans lors de son renvoi, le 17   mars dernier. "Ces propos provocateurs, inacceptables et racistes visent précisément à faire diversion de cette mort tragique", accuse Dozie Celeste Uguchukwu, président de la diaspora nigériane en Suisse.

 "Un refrain connu"

 "Je suis convaincu moi aussi que les Nigérians jouent un rôle important dans le trafic de cocaïne. Mais les déclarations d'Alard du Bois-Reymond sont extrêmes, déplore Beat Meiner, secrétaire général de l'Organisation suisse d'aide aux réfugiés (OSAR). Pauvreté, violences ethniques: la situation au Nigeria est très difficile. Ces personnes viennent en Europe avant tout pour gagner leur vie. Quant à M.   du Bois-Reymond, il entonne un refrain connu: "Tous dehors!" Mais nous sommes inquiets: ces propos généraux annoncent-ils que la Suisse n'examinera plus les demandes d'asile de Nigérians à l'avenir?"

 "Cette manière de se focaliser sur le Nigeria m'a choqué. " Le propos, tout aussi outré, est signé… Yvan Perrin, vice-président de l'UDC Suisse. "L'ordre de grandeur de 99,5% cité par le directeur de l'ODM décrédibilise tout le reste du discours, qui est juste. " Pour le conseiller national, la sortie fracassante d'Alard du Bois-Reymond vise à montrer que sa cheffe, la conseillère fédérale Eveline Widmer-Schlumpf, tient une ligne dure sur l'asile. Une tentative de donner des gages alors que le peuple votera en 2011 sur une initiative de l'UDC pour l'expulsion des criminels étrangers. •

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 Alard du Bois-Reymond, homme d'action et provocateur

 Alard du Bois-Reymond. Ce patronyme fleure bon la vieille France châtelaine et chasseresse. Le nouveau directeur de l'Office fédéral des migrations, 48 ans, est pourtant issu d'une famille allemande aux racines neuchâteloises. Une double ascendance qui s'entend dans son français fluide, mais mâtiné d'un accent germanique.

 Son père a d'ailleurs servi dans la Wehrmacht lors de la Seconde Guerre mondiale. Il y perd les deux jambes en sautant sur une mine en 1944. Son fils en sera durablement marqué. Il s'engagera pour la cause des handicapés, d'abord comme directeur de Pro Infirmis (1996-2004), puis comme responsable du domaine de l'assurance invalidité à l'Office fédéral des assurances sociales.

 Alard du Bois-Reymond y lance la chasse aux abus. "Dur mais juste", il applique désormais sa ligne de conduite à l'Office des migrations, qu'il dirige depuis le 1er   janvier. Ancien délégué du CICR, marié à une Congolaise (le couple n'a pas d'enfant), cet homme d'action connaît bien l'Afrique. A Berne, on lui attribue une profonde connaissance des dossiers, de l'énergie, du flair, et un goût certain pour la provocation. Chef du secteur AI, c'est lui qui avait lancé la campagne d'affichage, retirée en novembre dernier sur ordre du conseiller fédéral Didier Burkhalter. On pouvait y lire le slogan: "Arrêtons de payer pour les handicapés. " Avec en sous-titre "Et rémunérons-les pour leurs compétences professionnelles. "S. G.

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 Les propos qui ont mis le feu

 Dans l'interview donnée à laNZZ am Sonntag, Alard du Bois-Reymond dénonce de manière directe la criminalité nigériane.

 Morceaux choisis:

 "Les Nigérians viennent en Suisse apparemment parce qu'ils y ont un bon réseau et parce que s'y trouve la deuxième colonie en Europe. Une grande partie d'entre eux verse dans la petite criminalité ou s'adonne au trafic de drogue. C'est la triste réalité. "

 "Un problème central est d'établir l'origine des requérants et de les renvoyer dans la foulée. Dans les faits, un requérant nigérian débouté reste aujourd'hui une année en Suisse. Son but est aussi d'être actif aussi longtemps que possible ici. "

 "C'est un fait que certains requérants d'asile nigérians se moquent de la naïveté des Suisses et utilisent les faiblesses de la procédure d'asile. Pour moi, c'est clair: en tant que terre d'asile, nous sommes trop attractifs pour les requérants abuseurs. "

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Le Matin 13.4.10

Le Nigérian, nouvel ennemi public no 1?

Criminalité L'Office fédéral des migrations a lancé une bombe en déclarant que les requérants sont des dealers.

Menetery

 "La majeure partie des requérants d'asile nigérians fait du trafic de drogue. " La phrase lâchée dimanche par le nouveau directeur de l'Office fédéral des migrations (ODM), Alard du Bois-Reymond, dans laNZZ am Sonntaga fait l'effet d'une bombe. Oui, les requérants nigérians sont le problème No 1 de l'ODM. Oui, dit-il, il faut les renvoyer au plus vite dans leur pays d'origine. Et pour cela, n'ayons pas peur d'employer les grands mots: seule une "task force" réunissant cantons et Confédération pourra venir à bout de ce fléau, assure le directeur de l'ODM.

 A entendre le nouveau chef, les requérants d'asile de cet Etat de l'Afrique de l'Ouest sont quasi tous des criminels. Et avec une augmentation massive de demandes d'asile (+80% en 2009), le phénomène va en s'amplifiant. Réalité ou effet d'annonce? Car, au fond, quel est le profil de ces requérants? Pourquoi viennent-ils en Suisse? Et dans quelle proportion?

 Trafiquants de cocaïne

 A l'ODM, on avance des chiffres: 1786 requêtes ont été déposées en 2009, soit 798 de plus que l'année précédente. Sur ce nombre, seules 70 ont été rejetées à l'issue d'une procédure ordinaire (c'est-à-dire un examen approfondi des motivations) tandis que sur les 1701 autres, les autorités fédérales ne sont même pas entrées en matière. Au final, l'asile n'a été accordé que dans un seul cas. Le néant. Et la preuve, selon Alard du Bois-Reymond, que les Nigérians s'entêtent à déposer des demandes d'asile en Suisse uniquement dans le but de faire du trafic de drogue.

 De cocaïne, plus précisément. C'est en effet l'Afrique de l'Ouest - le Nigeria, mais aussi la Guinée Conakry et la Guinée-Bissau -, qui a la main mise sur ce trafic. "La marchandise provient d'Amérique du Sud et est acheminée en Europe en transitant par les Caraïbes ou par l'Afrique de l'Ouest, explique Stefan Kunfermann, directeur de la communication à l'Office fédéral de la police. En Suisse, le trafic de cocaïne est aux mains de ressortissants de pays d'Afrique de l'Ouest et de République dominicaine. " Une bonne partie de la drogue vendue arrive ainsi via les plates-formes européennes de trafic que sont la péninsule Ibérique ou les Pays-Bas.

 Comment ces requérants d'asile criminels arrivent en Suisse? Beaucoup via l'Italie, souligne-t-on à l'ODM. Ces derniers transitent d'Afrique vers la Sicile par la Libye, note Marie Avet, porte-parole. Seulement, les vannes se sont fermées ces derniers mois, depuis que l'Italie et la Libye ont conclu un accord visant à endiguer l'afflux de clandestins. Du coup, le problème nigérian est-il sur le point de se résoudre de lui-même? "Il est possible que cette voie soit abandonnée, reconnaît Marie Avet. Mais d'autres se créent très rapidement. "

 C'est une réalité, des Nigérians posent clairement problème. En Suisse romande, le thème est connu. "Les Nigérians tiennent le marché de la cocaïne dans la vente de rue", relève Jean-Christophe Sauterel, porte-parole de la police cantonale vaudoise. Et de confirmer que les vendeurs appréhendés sont pour la plupart des requérants d'asile. "Mais je précise bien que nous ne parlons que des délinquants. " Car c'est bien là tout le malaise suscité par les déclarations du chef de l'ODM. Si Alard du Bois-Reymond dit sans doute à raison que des requérants d'asile nigérians posent problème, il va plus loin en sous-entendant que tous sont des délinquants. C'est ce qui inquiète les représentants des associations humanitaires. Et qui ne réjouit guère la communauté ainsi que les milieux officiels nigérians en Suisse (lire ci-contre).

 Alors pourquoi avoir pointé du doigt ces ressortissants et non pas les Guinéens qui brillent, eux aussi, en matière d'infraction à la loi sur les stupéfiants dans la statistique policière nationale de la criminalité établie en 2009? D'autant que, comme le reconnaît l'ODM, la collaboration avec le Nigeria en matière de renvois de requérants déboutés est "bonne" (300 renvois ont eu lieu en 2009). Tout le contraire des deux Guinées, où les réadmissions sont quasi inexistantes. Un point difficilement compréhensible, reconnaît Manon Schick, d'Amnesty International. Et la porte-parole de se demander si le coup d'éclat d'Alard du Bois-Reymond ne vise pas à détourner l'attention du décès tragique, il y a un mois, d'un Nigérian que les autorités helvétiques s'apprêtaient à renvoyer de force.

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 TÉMOIGNAGE Nnabugo Uzodimma Requérant d'asile nigérian

 "On salit l'image des Nigérians"

 A 19 ans, Nnabugo Uzodimma s'en sort à force de travail et de volonté. Nous l'avons rencontré devant la gare de Lausanne.

 • Si je cherche un travail maintenant et que je me présente en tant que Nigérian, le patron n'aura pas envie de m'engager. " Nnabugo Uzodimma, 19 ans, est arrivé en Suisse en novembre 2009. Le jeune homme, d'origine nigériane, est consterné par la réputation des Nigérians en Suisse, ainsi que par les déclarations de l'Office fédéral des migrations: "On salit l'image des Nigérians. " Pourtant, Nnabugo ne nie pas qu'il y ait un problème avec certains de ses compatriotes. "Je suis fier de mon pays, mais je n'aime pas les Nigérians qui font du trafic. Certains sont paresseux. D'autres ont des difficultés à trouver un emploi, puisqu'ils ne parlent ni l'anglais ni le français. " Actuellement, Nnabugo est pris en charge par l'Etablissement vaudois d'accueil des migrants (EVAM), à Lausanne. Grâce à cet encadrement, il a dégoté un emploi à 50% dans un bar genevois, où il fait du nettoyage. Au début, pourtant, tout n'a pas été rose pour lui. Arrivé avec l'intention de jouer dans un club de football suisse, sport qu'il pratiquait intensivement auparavant, il est refusé par un club de la région. Motif? "Je ne parlais pas le français. " Le jeune homme ne lâche pas pour autant son rêve d'intégrer un jour un club de football helvétique. En attendant, il met toute son énergie à son intégration, aidé par EVAM. "Ils m'apportent beaucoup. Ce genre de soutien vous empêche d'être pris dans le réseau de la drogue. " Pour l'heure, le jeune homme communique en anglais. Mais il se motive. "Je suis des cours de langue dans une "Frenchschool". Cela me permettra de mieux comprendre mes collègues. "

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 CE QU'EN DISENT LES DÉFENSEURS DES DROITS DE L'HOMME

 SOS RACISME

 Sous le choc

 "Le fait que l'on associe un délit à une nationalité est particulièrement choquant. " Karl Grünberg, secrétaire général de SOS Racisme, ne cache pas son indignation. "Dans l'histoire suisse, il me semble que seuls les Juifs, les Gitans et les musulmans ont été pareillement étiquetés. " Et s'il est clair qu'il faut combattre le trafic de drogue, "les délinquants doivent être poursuivis s'ils enfreignent des lois et non parce qu'ils sont Nigérians. Ces propos catégoriques ne peuvent que conforter les préjugés, sans pour autant régler le problème. "

 OSAR

 Ne pas stigmatiser

 "Cela peut entraîner des conséquences très négatives pour les gens qui vivent ici avec un statut légal", déplore Beat Meiner, secrétaire général de l'Organisation suisse d'aide aux étrangers (Osar). "En tout cas, nous sommes curieux de voir quelles solutions va apporter la task force. " Pour lui, il faut continuer à lutter contre la criminalité, "mais sans oublier de traiter les cas individuellement! Le Nigeria est un pays aux problèmes graves, où des ethnies sont persécutées. Des demandes d'asile pourraient être réelles. "

 AMNESTY INTERNATIONAL

 Préoccupant

 "Alain du Bois-Reymond stigmatise l'entier d'une communauté. Je trouve cela très préoccupant, de surcroît lorsque ces déclarations sont le fait d'un directeur d'office fédéral, réagit Manon Schick, porte-parole d'Amnesty International suisse. Certes, certaines filières utilisent l'asile pour arriver à leurs fins, relève-t-elle, "et il est normal de lutter contre". Mais pour elle, les déclarations du chef de l'ODM concernant la mise en place d'une task force sont avant tout déplacées. "Ce n'est simplement pas le bon moment. Je rappelle qu'un Nigérian devant être renvoyé vient de mourir et qu'une enquête est encore en cours. "

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Blick am Abend 12.4.10

Neue Gangart verlangt

Missbrauch

 Immer mehr Nigerianer wollen Asyl. Aber statt Flüchtlingen kommen Dealer.

 michael.perricone@ringier.ch

 Gewisse nigerianische Asylbewerber machen sich über die Naivität der Schweizer lustig. Sie kommen nicht als Flüchtlinge, sondern um illegale Geschäffe zu machen." Klare Worte, nicht aus der SVP-Küche, sondern vom neuen Chef des Bundesamts für Migration, Alard du Bois-Reymond. Gestern in der "NZZ am Sonntag" fordert er: "Wir brauchen ein neues Rückführungsabkommen mit Nigeria." Er will eine Task Force einsetzen.

 Das Problem: Viele der illegal anwesenden Nigerianer betätigen sich als Kleindealer im Drogenhandel. Und zwar äusserst erfolgreich, wie Bernhard Graser von der Kapo Aargau sagt: "Sie kontrollieren einen Grossteil des Kokainhandels in der Schweiz. Ganze Handelsstrukturen sind in nigerianischer Hand."

 Weil die Nigerianer gut organisiert sind, fasst sie die Polizei oft nur mit kleinsten Mengen Drogen: "Wir nehmen sie rein, sie bekommen einen Strafbefehl, und schon bald sind sie wieder auf freiem Fuss", sagt Hans Peter Eugster von der Kapo St. Gallen zu Blick am Abend. Karin Keller-Sutter, Regierungsrätin in St. Gallen, sagt heute Morgen in Radio DRS: "Die Nigerianer, die ein Asylgesuch stellen, sind oftmals einfach Strassendealer." 1786 Nigerianer stellten 2009 ein Asylgesuch - davon erhielt genau ein einziger Asyl. "Der Kopf dieser Drogenorganisation sitzt in Nigeria", sagt Keller-Sutter weiter. Aber die Schweiz kann nicht alle abgewiesenen Asylbewerber in Ausschaffungshaft setzten und zurückschaffen. Sie tauchen ab und bleiben illegal. "Eine Task Force nützt nichts", findet deshalb Balthasar Glättli von Solidarité sans frontières (siehe "Nachgefragt"): "Wir müssen ihnen ein Handgeld geben, damit sie gehen."

 Ob das nützt? Weder die harten Rückschaffungen - letzthin ist ein Nigerianer in der Rückschaffungshaft gestorben - noch das Asylgesetz konnten am Zustrom der Nigerianer bisher etwas ändern: 5401 sind in den letzten 15 Jahren in die Schweiz "geflüchtet". Genau 12 erhielten Asyl.

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 NACHGEFRAGT

 Balthasar Glättli (38) Solidarité sans frontières

 "Gebt ihnen je 5000 Franken"

 Herr Glättli, Sie setzen sich für Flüchtlinge ein. Wer kann die Drogenhändler-Flut stoppen?

 Dass Leute kommen, um das Schweizer Asyl zu missbrauchen, konnte nicht einmal unser verschärftes Asylgesetz verhindern. Das zeigen ja die Nigerianer: Kaum einer von ihnen erhält Asyl, trotzdem kommen sie.

 Das Bundesamt für Migration will jetzt eine Task Force einsetzen.

 Das bringt genau gleich viel wie hundert Task Forces zuvor. Auch eine weitere Verschärfung des Gesetzes bringt nichts: Für die echten Flüchtlinge wirds schwieriger, den Kriminellen ists egal. Das Problem ist, dass die abgewiesenen Asylbewerber nicht gehen wollen.

 Das schadet dem ganzen Asylverfahren.

 Man muss den Leuten Anreize geben, damit sie von selber gehen. 5000 Franken für jeden Nigerianer, der das Land verlässt. Das wäre sogar günstiger als die Ausschaffungshaft.

 Aber das gäbe doch eine unglaubliche Sogwirkung?

 Wie gesagt: Sie kommen sowieso. Das Problem ist, dass sie nicht gehen. mip

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 KOMMENTAR

 Lob der Umsicht

 Migrationsdirektor Du Bois-Reymond haut auf die Pauke, und keiner schreit aus Refl exauf. Ein gutes Zeichen.

 Die Schweizer Flüchtlingspolitik ist pragmatischer geworden. Das Problem wird benannt, die Welt so gesehen, wie sie leider ist. Und nicht so, wie man sie gerne hätte. Wenn tatsächlich 99,5 Prozent der nigerianischen Asylbewerber in die Schweiz kommen wollen, um hier illegale Geschäfte zu machen, wie Du Bois-Reymond sagt, ist das ein riesiges Ärgernis.

 Und wird heute weder von Linksparteien noch von der Flüchtlingshilfe in der Sache bestritten.

 Nun sind wir gespannt, was die angekündigte Task Force aus dieser Erkenntnis macht. Sie muss schnell Lösungen vorlegen, damit die Kräfte wieder für die wirklich Verfolgten frei werden.

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SQUAT LU
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Blick am Abend 12.4.10

Ruhiges Wochenende im besetzten Haus

 GNADENFRIST

 Das besetzte Geissmättli wurde nicht geräumt. Die SVP nervts, die JUSO verstehts.

 Die Baudirektion muss von der Polizei die sofortige Räumung der Liegenschaft verlangen, um glaubwürdig zu bleiben", sagt Pirmin Müller, Parteipräsident SVP Stadt Luzern. Es könne nicht sein, dass das Geissmättli besetzt bleibt. Andere haben mehr Verständnis.

 "Wir erwarten von der Stadt, dass das Gebäude als Zwischennutzung gebraucht werden kann. Daraus entsteht für niemand ein Nachteil", sagt David Roth, JUSO Luzern. Das Geissmättli wird seit dem 25. März von der Gruppe "Zick und Zwerg" besetzt, die dort ein kulturelles Programm bietet.

 "Mit der Stadt sind wir momentan nicht mehr im Gespräch.

 Wir hoffen, bis zur Übernahme durch den neuen Besitzer im Sommer bleiben zu dürfen", sagt eine Aktivistin. Inzwischen ist die Räumungsverfügung beim Amtsstatthalter eingegangen. "Wann das Objekt geräumt wird, liegt jetzt an der Polizei", sagt Daniel Bernet, Stabschef Baudirektion. Web

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TRANSSEXUELLEN-HASS
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Freies Radio für Stuttgart 12.4.10

Hassverbrechen an transsexuellen Menschen weltweit

Hassverbrechen an transsexuellen Menschen/Transgendern geschehen jeden Tag, weltweit und immer aus den selben Gründen - auch in Deutschland.
Es ist wichtig, über diese Hintergründe zu reden und sie offen zu legen - gerade in Deutschland, weil hier wichtige Autoren von weltweit beachteten Hassschriften wohnen, und für den Bundestag und für Gerichte beratend tätig sind.
Wen kümmerts?
Mich schon, weil ich nicht das nächste Opfer sein will.
http://www.freie-radios.net/mp3/20100412-hassverbrech-33404.mp3

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ANTIFA LYON
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linksunten 13.4.10
http://linksunten.indymedia.org/de/node/18964

Une riposte antifasciste massive et déterminée face aux attaques d'extrême-droite

Verfasst von: rebellyon.info. Verfasst am: 13.04.2010 - 01:42. Geschehen am: Samstag, 10. April 2010.

Samedi 10 avril, plus de 2.500 personnes ont répondu présent à l'appel antifasciste unitaire qui faisait suite à une série d'attaque des nazillons sur Lyon. Manifestation à travers la presqu'île et le Vieux Lyon et prises de parole derrière une banderole unitaire " Ripostons au fascisme ". Récit et photos.

La manifestation, partie sur les coups de 15h de la place Bellecour, a rejoint le Vieux Lyon et la place Saint Jean, lieu connu pour sa fréquentation par les nazillons et par le fait que s'y est produit une des dernières attaques attribuées aux fascistes.

Sur place, entre les drapeaux noirs, ceux de la CNT et des autres organisations et les banderoles antifasciste, une prise de parole a eu lieu, afin de rappeler les dernières exactions de l'extrême-droite lyonnaise et la nécessité du combat antifasciste. Les slogans rappelant que "le fascisme c'est la gangrène, on l'élimine ou on en crève" ou la nécessité de la lutte sociale face à l'état et aux fascistes, ainsi que la solidarité avec les sans-papiers et les travailleurs immigrés, ont fusé pendant plusieurs minutes.

Le cortège, divers tout autant que déterminé, des militantEs du Pink Bloc à celles et ceux du groupe antifasciste radical Les Voraces présents en nombre et masqués comme une partie du cortège, a ensuite repris les quais de Saône en direction de Saint-Paul entre fumigènes et slogans antifascistes. Arrivés à proximité de la place Saint-Paul et du pont menant à l'Hôtel de Ville, le service d'ordre de la manif, alerté de la présence de quelques nervis fascistes cachés derrière des gardes mobiles, a formé un bloc pour y faire face, de même qu'un grand nombre de manifestantEs.

La petite quarantaine de fachos, hools de Gerland et identitaires, s'époumonaient à brailler "bleu blanc rouge, la france aux français", rapidement couverts par les slogans des manifestants : "alerta alerta antifascista" "No pasaran" et autres "antifa".
Les mobiles, après avoir fait un double rang entre les nombreux manifestants et le petit groupe de fachos, ont fini par faire reculer de quelques centaines de mètres les fafs, après que de nombreux projectiles divers soient tombés indifféremment sur les flics et les fachos.

Au bout de quelques minutes, les manifestants abandonnent les fachos à leurs cris réactionnaires et poursuivent la manifestation en direction des Terreaux, puis des Cordeliers, où a eu lieu une dernière prise de parole avant la dispersion de la manifestation.

Face aux exactions violentes de quelques nervis d'extrême-droite, les manifestants ont répondu par l'affirmation politique et populaire d'un antifascisme sans concession.

Aujourd'hui comme hier :
Pas de fachos dans les quartiers,
Pas de quartier pour les fachos !

No Pasaran !

Vous pouvez visionner cette vidéo sur l'événement.
http://www.dailymotion.com/video/xcwthf_le-10-4-10-manifestation-antifascis_news

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ANTI-ATOM
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BZ 13.4.10

Entscheid zum AKW Mühleberg

 Zeit für Volkes Stimme ist knapp

 Bern und andere Kantone fordern vom Bund mehr Zeit für ihre Stellungnahmen zum Bau neuer Atomkraftwerke. Denn um die Meinung des Volks einzuholen, sei die Frist zu knapp. Doch das Bundesamt für Energie winkt ab.

 Im Januar 2011 wird der Bund die Kantone einladen, zu den drei Rahmenbewilligungsgesuchen für den Bau neuer Atomkraftwerke (AKW) in der Schweiz Stellung zu nehmen. Sie werden dafür drei Monate Zeit haben. Das sei zu wenig, kritisieren die Verantwortlichen in Bern und anderen Kantonen bereits jetzt. Denn geht es nach dem Regierungsrat, so soll das Bernervolk über die Stellungnahme des Kantons abstimmen können. Und dafür sei die Frist von drei Monaten zu kurz. In den Kantonen Glarus, Jura, Nidwalden, Schaffhausen und Waadt ist zwingend eine Volksabstimmung nötig.

 "Wir würden es begrüssen, wenn wir mehr Zeit hätten", sagt Christian Albrecht, Generalsekretär der bernischen Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion (BVE). "Wir sind in dieser Sache in Kontakt mit den Bundesbehörden." Eine Stellungnahme inklusive Abstimmung innert drei Monaten wäre zwar "schlimmstenfalls möglich, aber nicht ideal", sagt Albrecht.

 "Nicht verlängern"

 Doch das Bundesamt für Energie (BFE) bleibt hart: "Die Frist wird nicht verlängert", sagt BFE-Sprecherin Marianne Zünd. Dieser Entscheid sei "grundsätzlich unumstösslich". Eine Ausnahme werde es nur geben, wenn während des Verfahrens etwas Unvorhergesehenes geschehe.

 "Wir wollen das Verfahren zügig und gemäss den im Gesetz verankerten Fristen durchziehen", begründet Zünd die Haltung des Bundes. Sie weist zudem darauf hin, dass die Kantone bereits im März über das Verfahren und den Zeitplan informiert worden seien. Die möglichen Standortkantone wie Bern hätten gar schon die Gesuchsunterlagen erhalten. Diese rund zehn Kilogramm Akten würden laufend ergänzt; beispielsweise in der zweiten Jahreshälfte um das Gutachten des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats. "Die Kantone sind also informiert und können entsprechend planen", sagt Zünd. "Sie haben genug Zeit."

 Ausserdem werde es möglich sein, eine provisorische Stellungnahme abzugeben und die definitive Version nachzureichen, ergänzt Zünd. Auch diese nachgereichten Stellungnahmen würden öffentlich aufgelegt. "Und alle Stellungnahmen werden in den Entscheid des Bundesrates über die Rahmenbewilligungsgesuche einfliessen", sagt Zünd.

 Information Ende April

 Der bernische Regierungsrat wird voraussichtlich Ende dieses Monats bekannt geben, wie er gedenkt, die Stellungnahme des Kantons pünktlich abzugeben. Er wird laut Albrecht mit der Antwort auf einen bürgerlichen Vorstoss zu diesem Thema auch über den Zeitplan zur Erarbeitung der Berner Stellungnahme informieren.

 FDP, SVP, BDP und EDU fordern in einer Motion, dass die rot-grüne Regierung dem Grossen Rat eine Stellungnahme vorlegen müsse, "in welcher sich der Kanton Bern positiv zum Gesuch um den Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg ausspricht". Der Grosse Rat wird den Vorstoss voraussichtlich in der Junisession behandeln.

 Eigentlich ist der Regierungsrat für Stellungnahmen zuhanden des Bundes zuständig. Der Grosse Rat kann ihm jedoch verbindliche Vorgaben machen und in diesem Fall die Stellungnahme auch noch dem Volk unterbreiten. Letzteres will die Regierung. Auf diese Weise könne sich das Bernervolk zu dieser wichtigen Frage bereits vor dem Entscheid des Bundesparlaments äussern, begründete sie ihre Haltung im November.

 Die Abstimmung hätte rein formal zwar nur konsultativen Charakter und wäre für den Bund nicht bindend. Denn es ginge bloss um eine Stellungnahme und nicht um einen Entscheid wie in der späteren nationalen Referendumsabstimmung. Weil es sich bei Bern aber um einen möglichen Standortkanton handelt, käme der kantonalen Abstimmung wegweisende Bedeutung zu.

 Die betreffenden Kantone diskutieren einen gemeinsamen Abstimmungstermin. Geprüft werden der 13.Februar und der 15.Mai 2011.
 
Dominic Ramel

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 Das Verfahren

 Wer wann entscheidet

 Das Rahmenbewilligungsverfahren für den Bau neuer AKW in der Schweiz dauert mindestens fünf Jahre. Der Bundesrat wird voraussichtlich Mitte 2012 über die drei eingereichten Rahmenbewilligungsgesuche entscheiden. Danach werden National- und Ständerat am Zug sein, das heisst Ende 2012, Anfang 2013. Frühestens Ende 2013 könnte die nationale Volksabstimmung stattfinden.

 Falls das Volk Ja sagt, folgen die Bewilligungsverfahren für Bau und Betrieb, sodass das erste neue AKW um das Jahr 2025 ans Netz gehen könnte.
 drh