MEDIENSPIEGEL 16.4.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo)
- Kritik an 1. Mai-Plakat
- Centralweg Lorraine: Velo + Natur
- RaBe-Info 16.4.10
- Big Brother Video: SP will Testphase
- Drogenhandel BE
- Ausschaffungs-Tod: Trauerfeier; Polemik um Freilassungen
- Flucht: Reportage über den Fluchtalltag
- Christen-Fundis gegen "Islamisten"
- Squat Biel: Verhandlungen über Neuengasse 9
- Squat LU: Brambergstrasse legal; Geissmättli aktiv
- 1. Mai Zureich: Distanzierung; Bedenkfrist; SVP vs
RAF-Ausstellung
- Verschwundene Berufe
- Big Brother Sport: Polizeilicher Spielabbruch; Finanznot bei
FCSG
- Soziale Rechte Fussball-WM
- Autonom Biobauern
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REITSCHULE
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Fr 16.04.10
20.30 Uhr - Tojo - "Klangkabarett" Musiktheater mit Songs
von Kurt
Weil, Nina Hagen, David Bowie... Regie: Benoît Blampain
21.00 Uhr - Kino - "Fressen und gefressen werden...": The
Sound of
Insects - Record of a Mummy, Peter Liechti, CH 2009
22.00 Uhr - Dachstock - Anti Pop Consortium (Big
Dada/USA) &
B.Dolan (StrangeFamous/USA), Support: Thesis Sahib (CAN) & DJ Kermit
Sa 17.04.10
20.30 Uhr - Tojo - "Klangkabarett" Musiktheater mit Songs
von Kurt
Weil, Nina Hagen, David Bowie... Regie: Benoît Blampain
21.00 Uhr - Kino - "Fressen und gefressen werden...": The
Sound of
Insects - Record of a Mummy, Peter Liechti, CH 2009
22.00 Uhr - Frauenraum - SKYTRONIK by Shit&Vomit; Dj
Jacqui, Lozan:
Minimal Attack; Dj Jesse Jay, Züri: Progressive Attack;
Shit&Vomit: Minimal Progression. Party. Dress Code: Chaos
23.00 Uhr - Dachstock - Sirion Records & Dachstock
présentent: La Liaison Française: Oxia (8bit/F), Seuil
(Freak n'Chic, Moon Harbour, Eklo/F) live!, Support: Bird, Frango,
Feodor, Nino Zolo (Sirion Records) et: Racker (Festmacher, Midilux);
Daniel Imhof (HLM, RaBe); Little Lu (Elektrostubete, Highgrade); Mike
Machine (Sinneswandel)
So 18.04.10
21.00 Uhr - Dachstock - Zeni Geva (JAP)
Infos: http://www.reitschule.ch
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Bund 15.4.10
"Tagträumer".
Seine öligen Fingerabdrücke am
Süssigkeitenglas
bringen sie zusammen: Cliff, den Trucker, und Rose, die
Verkäuferin. Im Stück "Tagträumer" von William
Mastrosimone spielen Julia K. Maurer und Marcus Signer zwei Menschen,
die sanft kollidieren. (reg)
Tojo-Theater Reitschule Premiere: Dienstag, 20. April, 20.30
Uhr.
Weitere Vorstellungen bis 25. April.
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PLAKAT-KRITIK
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Autonome Antifa Freiburg 15.4.10
http://ch.indymedia.org/de/2010/04/75041.shtml
(mit Bildern)
https://www.autonome-antifa.org/spip.php?page=antifa&id_article=203&design=2
http://linksunten.indymedia.org/de/node/19054
Warum toleriert die Reitschule antisemitische Plakate?
Offener Brief an die Reitschule Bern vom 15.04.2010
Der so genannte "Prozess von Bern" von 1933 bis 1935 endete mit
der
Feststellung, dass die antisemitischen "Protokolle der Weisen von Zion"
eine Fälschung sind. Trotzdem hatten die "Protokolle" über
eine angebliche "jüdische Weltverschwörung" reale
Auswirkungen: Sie bildeten die ideologische Grundlage des
eliminatorischen Antisemitismus des Nationalsozialismus, der die
Ermordung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden ermöglichte.
Zum 1. Mai 2010 wurde in der Reitschule Bern ein Plakat gezeichnet,
gedruckt und aufgehängt, das antisemitische Stereotype aufgreift
und reproduziert.
Uns verbindet eine lange Zusammenarbeit und Anteilnahme mit der
Reitschule und dort aktiven Gruppen. Wir haben mitgeholfen, den
SVP-Marsch auf Bern zu verhindern und nach dem Brandbombenanschlag auf
die Reitschule haben wir antifaschistische Strukturen solidarisch
unterstützt. Wir haben uns an den Mobilisierungen gegen das WEF
und die WTO beteiligt und nach den Hausdurchsuchungen bei der
Anti-Repressionsarbeit geholfen. Wir schreiben diesen Brief an die
Reitschule, weil wir der Meinung sind, dass ein antisemitisches Plakat
nicht unkommentiert bleiben darf.
Wir kritisieren nicht den Aufruf des Revolutionären 1. Mai
Bündnis Bern, in dem die Notwendigkeit betont wird, sich damit "zu
beschäftigen, wie der Kapitalismus tatsächlich funktioniert",
sondern die Bildsprache des Plakats. Dominierend sind die Hände
des Marionetten-Spielers. Die Symbolik des "jüdischen
Drahtziehers" geht zurück auf die "Protokolle", wo es heißt:
"Zweitens werden wir durch unsere Intrigen auf alle Fäden
einwirken, die wir in den Kabinetten aller Staaten gesponnen haben
durch die Politik, durch wirtschaftliche Verträge oder
Schuldverschreibungen."
Die Figuren auf dem Bild sind gefesselt, blind, verstrickt und
wehren
sich gegen Manipulation und Fremdbestimmung. Keine der Figuren schaut
nach oben, niemand bemerkt, durch wen sie gelenkt werden. Die Figuren
sind lediglich Opfer des Kapitalismus, der sich nicht als soziales
Verhältnis zwischen den Menschen, sondern als Macht im Hintergrund
manifestiert. Die Figur des mächtigen, aus dem Hintergrund die
Fäden ziehenden Juden ist ein häufiges Motiv der
Nazipropaganda und wurde zum Beispiel in der Nazi-Satirezeitung
"Fliegende Blätter" Nr. 5 von 1942 abgebildet. Aber auch heute
noch wird das Bild des Marionettenspielers von Neonazis verwendet.
Eine zeitgenössische Verwendung des Motivs findet sich in
dem Lied
"Diese Zeit" der baden-württembergischen Naziband "Division
Staufen": "Den Stolz haben die Deutschen verloren, sie werden zu
Marionetten erzogen." In der "Argumentationshilfe gegen die
NPD-Schulhof-CD 2009" heißt es dazu: "Die Metapher von der
Marionette verlangt einen, in dessen Händen die Fäden
zusammenlaufen; jemand, der im Verborgenen die Strippen zieht. Sie
entstammt unmittelbar der antisemitischen Verschwörungstheorie vom
jüdischen Strippenzieher und Finanzkapitalisten, wie sie
nationalsozialistische Staatsdoktrin wurde."
Der Wirtschaftstheoretiker der NS-Propaganda, Gottfried Feder,
unterschied zwischen der positiv besetzten Produktionssphäre
("schaffendes Kapital") und der negativ besetzten
Zirkulationssphäre ("raffendes Kapital"). Durch die
Personalisierung des "raffenden Kapitals" wurde den Juden und
Jüdinnen die Urheberschaft allen Übels in der Welt
zugeschrieben. Sie gipfelte in der nationalsozialistischen Hetzparole
"Die Juden sind unser Unglück", wie sie 1935 für eine
NS-Propagandaveranstaltung im Berliner Sportpalast aufgehängt
wurde. "Dem Juden" wird dabei eine ungeheure Macht zugeschrieben: Die
Kontrolle des Weltgeschehens durch die Verfügungsgewalt über
das Kapital. Auf dem Plakat wird die durch den Marionettenspieler
dargestellte Macht noch durch die mit Kondensstreifen versehenen und
damit an eine Bomberstaffel erinnernden Währungszeichen
verstärkt.
Ein weiteres antisemitisches Stereotyp auf dem Plakat sind die
Hände, deren wilde Gestik eine klischeehafte Geschäftigkeit
widerspiegeln. Die Mimik des Totenschädels wirkt durch die
zusammengezogenen Augenbrauen und den geöffneten Mund bedrohlich
und fratzenhaft. Auch die durch den lang gezogenen Nasenknochen
angedeutete "jüdische Nase" und der Hut sind antisemitische
Stereotype.
Der Goldring an der Hand des Marionettenspielers erinnert an den
"Gelben Ring", den Juden und Jüdinnen im Mittelalter auf der
Kleidung tragen mussten. Der gelbe "Judenring" war damit Vorläufer
des gelben "Judensterns" im Nationalsozialismus. Die Aufschrift "In
Gold We Trust" auf dem Goldring ist an das "In God We Trust" auf den
US-Dollarscheinen angelehnt und liest sich als Anspielung auf die
angebliche Finanzmacht der "jüdischen Ostküste" der USA.
Der Goldzahn des Totenschädels provoziert Assoziationen an
die
Goldzähne, die Jüdinnen und Juden in den Konzentrationslagern
ausgeschlagen wurden. Im Schweizer Untersuchungsbericht zum "Nazigold"
heißt es: "Wichtigster Abnehmer der deutschen Goldlieferungen war
die Schweiz". Die Schweizerische Nationalbank besaß 119,5
Kilogramm Schmuck- und Zahngold von KZ-Häftlingen.
Auch wenn dem Revolutionären 1. Mai Bündnis Bern die
Tragweite der verwendeten Symbolik vielleicht nicht bewusst ist,
tradieren diese Plakate unabhängig von der Intention den
Antisemitismus. Die Plakate kommen aus der Reitschule und werden von
dort verbreitet. Gerade weil von Seiten des Bündnisses denen mit
körperlicher Gewalt gedroht wird, die die Verbreitung verhindern
wollen, muss sich die Reitschule zu den Plakaten positionieren.
Autonome Antifa Freiburg
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CENTRALWEG LORRAINE
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Bund 16.4.10
Centralweg wird zum öffentlichen Park - dank den Stadttauben
Ein provisorischer Standort für den Velokurierladen
und ein
Park für die Quartierbewohner: Die Zwischennutzung des Brachlands
am Centralweg steht fest.
Felicie Notter
Seit einem Monat sind sie weg, die "Stadttauben", die das
Gelände am Centralweg in der Berner Lorraine als alternativen
Wohnraum besetzt hatten. Seither suchen Quartiervertreter und die
städtische Liegenschaftsverwaltung nach einer geeigneten
Zwischennutzung - 2012 ist der Spatenstich für eine
Wohnüberbauung geplant. Seit gestern ist klar: Das Areal wird der
neue, provisorische Standort für den Velokurierladen. Das
übrige Brachland steht der Bevölkerung zur Verfügung.
Die Betreiber des Velokurierladens zeigen sich
erleichtert,
müssen sie doch ihr Lokal an der Lorrainestrasse bis Ende Oktober
räumen. Hotel Schweizerhof, die Besitzerin, will den Raum für
Büroflächen nutzen. Michel Tobler, Geschäftsleiter des
Velokurierladens, erzählt, sie hätten bereits Ende Jahr bei
der Stadt angeklopft bezüglich der Nutzung des Centralwegs. Jedoch
blieben sie erfolglos.
Umdenken wegen der Besatzer
Für die Zwischennutzung ist die Stadt nun auf den
Velokurierladen zurückgekommen. "Anscheinend wollten sie eine
schnelle Lösung, mit der jemand auf dem Landstück
präsent ist", vermutet Tobler. Damit habe sich der Velokurierladen
gegen die anderen diskutierten Nutzungsoptionen - "Auto, Velo oder
Natur?" - durchgesetzt, sagt auch Catherine Weber, Vorstandsmitglied
des Vereins Läbigi Lorraine. Diese Lösung komme der Stadt
entgegen. Aber es stimme: Erst die Besetzung durch die "Stadttauben"
hätte die Diskussion um das Brachland ins Rollen gebracht.
Pärklein ist ein Experiment
Wie genau das Feld dereinst aussehen wird, ist derzeit
noch
unklar. Der Velokurierladen wird höchstens die Hälfte der
1200 Quadratmeter nutzen. Denkbar sei etwa eine Konstruktion aus
Container-Elementen, sagt Tobler. Es bestünden aber noch andere
Ideen, diese preiszugeben es noch zu früh sei.
"Der Rest wird zum Pärkli", erklärt Catherine
Weber.
Ein Teil des zuvor geplanten Weidenwalds werde angepflanzt, dazu ein
paar Sitzbänke installiert und ein Hügel gebaut. "Aber es
bleibt eine Brache", sagt Weber. Sie betrachte die Brache als
Experiment: "Man wird sehen, was die Leute daraus machen. Sie werden
das Plätzlein bestimmt mit viel Fantasie gestalten." Ausserdem sei
es für die Kinder spannend und lehrreich zu sehen, was in einem
Veloladen so alles laufe.
Auch die städtische Liegenschaft ist zufrieden mit
der
"sinnvollen" Lösung. Bereits nächste Woche werde mit der
Bepflanzung begonnen, sagt Marcel Mischler, Leiter Baumanagement der
Stadt. Es werde auch eine Platzordnung ausgearbeitet. Das Brachland
soll der Bevölkerung spätestens ab Juni zugänglich sein.
Für den Velokurierladen braucht es noch eine Baubewilligung.
Gemäss Plan soll er im Sommer umziehen. "Jetzt darf es einfach
keine Einsprachen geben", hofft Weber.
Im Frühling 2012 soll am Centralweg neuer Wohnraum
entstehen. Die Liegenschaftsverwaltung schreibt den offenen
Architekturwettbewerb in den nächsten Tagen aus.
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BZ 16.4.10
Velokurierladen zieht auf Centralweg-Brache
Der Velokurierladen muss aus seinem Lokal in der Lorraine
ausziehen. Die Stadt ermöglicht ein Provisorium am Centralweg.
Seit zehn Jahren ist der Velokurierladen in der Lorraine
daheim.
"In diesem Quartier wollen wir unbedingt bleiben", sagt
Geschäftsführer Michel Tobler. "Hier sind wir verankert. Wir
sind in der Nähe der Velokuriere, und die Leute kennen uns." Doch
der Laden muss sein Lokal an der Lorrainestrasse 6a bis Ende Oktober
verlassen. Die neuen Besitzer der Liegenschaft wollen Büros
fürs Hotel Schweizerhof einrichten.
Hilfe für den Veloladen kommt nun von den
städtischen
Behörden. Diese stellen das Brachland am Centralweg 9/9a als
Zwischennutzung zur Verfügung, wie einer Medienmitteilung zu
entnehmen ist.
Auf dem Grundstück, wo sich bis vor kurzen die
Erb-Garage
befand, sind Wohnungen geplant. Die Liegenschaftsverwaltung führt
einen Architekturwettbewerb durch, der Spatenstich ist auf
Frühling 2012 terminiert.
Platz für die Bevölkerung
Im März war die Centralweg-Brache noch von den
"Stadttauben"
besetzt worden (wir berichteten). Nun soll im Sommer der
Velokurierladen in eine Baracke im östlichen Teil ziehen. Die
restliche Fläche steht der Quartierbevölkerung zur
individuellen Nutzung zur Verfügung. Die Koordination
übernimmt die Quartierarbeit Bern-Nord.
tob
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20 Minuten 16.4.10
Centralweg: Nach den Besetzern die Velokuriere
BERN. Das Tauziehen ums Brachland in der Lorraine hat ein
Ende.
Jetzt steht fest: Ein Veloladen und die Anwohner dürfen das Areal
nutzen.
Nur eine Woche lang hatten die Stadttauben im März
mit ihren
Wohnwagen das Areal am Centralweg besetzt (20 Minuten berichtete). Doch
der Aufenthalt der alternativen Wohngruppe zeigte Wirkung: Ruckzuck hat
die Stadt über die von Anwohnern und Politikern geforderte
Zwischennutzung entschieden. "Es gab zwar schon vorher Projekte
für die brachliegende Fläche, aber die Besetzer waren der
Katalysator", gibt Marcel Mischler, stv. Leiter der städtischen
Liegenschaftsverwaltung, zu.
Die Würfel sind nun zugunsten des Velokurierladens
gefallen,
der auf dem Areal für zwei Jahre ein Provisorium einrichten darf.
"Wir sind sehr erleichtert, da wir bald aus den jetzigen Räumen
rausmüssen", so Michel Tobler. Wann das sechsköpfige Team mit
rund hundert Velos zügeln wird, ist aber noch unklar.
Der Rest der Brache wird schon ab Mai den Anwohnern
überlassen. "Spielen, velofahren, Feste feiern, picknicken - alles
ist möglich", so Martin Beutler vom Verein Brachland, der im
Auftrag der Stadt Bern eine Studie durchgeführt hat. 2012 fahren
dann aber die Bagger auf - entstehen soll eine Wohnsiedlung.
Nina Jecker
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Stadttauben: Platz soll her
BERN. Stadtrat Jimy Hofer (parteilos) fordert von der
Stadt, dass
sie innerhalb zweier Jahre ein fixes Gelände für alternative
Wohnformen wie die Stadttauben, die Stadtnomaden oder die Gruppe
Zaffaraya finden und zur Verfügung stellen soll. Falls das in
dieser Zeitspanne nicht möglich sei, müsse man alle illegalen
Siedlungen räumen und dürfe sie künftig nicht mehr
dulden.
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Blick am Abend 15.4.10
Veloladen auf Brachland
Provisorisch
Vor einigen Wochen besetzten die "Stadttauben" das leer
stehende
Areal am Centralweg mit Wohnwagen. Jetzt hat die Stadt entschieden,
dass der Lorraine-Velokurier-Laden auf dem Brachland in einem
Provisorium einen Shop errichten darf. Der Rest des Geländes steht
dem Quartier zur Verfügung, wie die Stadt heute mitteilte. Der
Spatenstich für die geplante Wohnüberbauung soll im
Frühling 2012 stattfinden. ehi
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RABE-INFO
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Fr. 16. April 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_16._April_2010.mp3
- Referendum gegen das kantonale Energiegesetz
- Unklarheiten um die GSoA Kampfflugzeug- Initiative
- Schlechte Arbeitsbedingungen in Textilfabriken in Bangladesh
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BIG BROTHER VIDEO
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20 Minuten 16.4.10
SP will Testphase für Big Brother
BERN. Obwohl der Stadtrat sich für eine
Überwachung des
öffentlichen Raums mit Kameras entschieden hat, wehrt sich die SP
dagegen. In einem Vorstoss verlangt sie, dass anstatt einer definitiven
Einführung ein dreijähriges Pilotprojekt gestartet wird. Die
Testphase soll zeigen, ob die Kameras überhaupt Einfluss auf die
Kriminalitätsrate haben. Die SP befürchtet, dass sich bei
einer Überwachung von heutigen Brennpunkten die Gewalttaten
künftig einfach anderswo abspielen werden. Nach dem
dreijährigen Versuch soll darum eine externe Firma untersuchen, ob
und wie oft die Bilder der Kameras in Strafverfahren von Nutzen waren
und ob die Straftaten an überwachten Orten abnahmen. Nj
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DROGENHANDEL BE
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20 Minuten 16.4.10
Kokshandel in Nigerianer-Hand
BERN. Auch in Bern ist der Kokainhandel fest in den
Händen
von Nigerianern. Christof Kipfer von der Berner Kripo bestätigte
in der "BZ" die Aussage des Chefs des Bundesamts für Migration,
99,5 Prozent aller nigerianischen Flüchtlinge in der Schweiz
würden straffällig. Ausserdem widersetzen sich die Afrikaner
laut Kipfer häufig bei Verhaftungen und machen in Haft falsche
Angaben über ihr Alter und ihre Herkunft.
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AUSSCHAFFUNGS-TOD
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Work 16.4.10
Trauer um Joseph Ndukaku
BERN. Dreissig Tage nach dem Tod des nigerianischen
Asylsuchenden
Joseph Ndukaku Chiakwa findet am 17. April in Bern eine Trauerfeier
statt (18 Uhr, Heiliggeistkirche). Ndukaku Chiakwa war im Verlauf einer
versuchten Zwangsausschaffung am Flughafen Kloten gestorben. Bei seinem
Tod war er an Händen und Füssen gefesselt und hatte ein Tuch
über dem Kopf. Die genauen Umstände werden noch geklärt.
Der zufällig anwesende Direktor des Bundesamtes für
Migration, Alard du Bois-Reymond erklärte jedoch bereits, die
Polizei habe die Ausschaffung "sehr professionell gehandhabt".
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Newsnetz 16.4.10
Ausschaffung: "Jeder, der sich nicht widersetzt, ist ein
Löli"
David Vonplon
Nachdem berichtet hat, dass Dutzende inhaftierte
Asylbewerber
freigelassen werden müssen, fordern bürgerliche Politiker die
unverzügliche Aufnahme der Zwangsrückführungen mit
Sonderflügen.
Nach dem Tod eines Asylbewerberbers hat das Bundesamt
für
Migration alle Sonderflüge sistiert. Diese Massnahme zwingt die
Kantone, dass sie inhaftierte Asylbewerber wieder auf freien Fuss
setzen müssen. In der Westschweiz kamen bereits sieben Personen
frei, im Kanton Bern sollen 15 bis 20 Asylbewerber in den kommenden
Wochen aus der Haft entlassen werden. Auch in anderen Kantonen kam es
bereits zu Haftentlassungen. Oder es werden solche verordnet, wenn der
Bund nicht bald den Ausschaffungsstopp aufhebt, wie ein Bericht von
aufzeigt.
Nun ist auch die Politik auf die Vollzugsprobleme der
Kantone bei
der Ausschaffung aufmerksam geworden. Mehrere bürgerliche
Politiker fordern von Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf, die
Sistierung der Sonderflüge umgehend aufzuheben. "Es liegt im
Interesse der Sache, dass die Flüge so schnell wie möglich
wieder aufgenommen werden", erklärt CVP-Parteipräsident
Christophe Darbellay gegenüber . Es brauche das Instrument
Sonderflüge, um das bestehende Recht durchzusetzen. Das liege auch
im Interesse der Kantone.
"Kapitulation des Rechtsstaates"
Noch deutlichere Worte findet FDP-Nationalrat Philipp
Müller: "Der Tod des 29-jährigen Nigerianers ist ein
Unglück, das ich sehr bedaure. Aber dieser Vorfall ist doch kein
Grund, deswegen gleich den gesamten Vollzug zu stoppen." Damit
kapituliere der Rechtsstaat. Müller verlangt, dass sich die
Behörden an das Asylgesetz halten, das die Politik durchgesetzt
habe und noch das kleinste Detail regle.
Eine unverzügliche Wiederaufnahme der
Rückschaffungen
nach Nigeria fordert auch die SVP. "Wegen einem Todesfall, der
zweifellos tragisch ist, kann man doch nicht gleich das ganze System
stoppen", findet Nationalrat Hans Fehr. Er bezeichnet die Sistierung
der Ausschaffungsflüge als "grotesk und kontraproduktiv": "Jeder,
der sich nicht der Ausschaffung widersetzt, ist nun ein Löli."
Fehr droht mit einer sofortigen Intervention seiner Partei, wenn der
Bundesrat nun nicht unverzüglich handle.
Bund will Untersuchung der Zürcher Justiz abwarten
Beim Bundesamt für Migration machte man bisher keine
Anstalten, die Rückführungen via Sonderflüge wieder
aufzunehmen. Die Behörden wollen erst abwarten, wie die
Untersuchungen zum Todesfall des nigerianischen Asylbewerbers auf dem
Flughafengelände Kloten ausfallen. Erst wenn die Untersuchungen
zeigen, dass dieser tragische Tod nicht durch die Zwangsmassnahmen
verursacht worden ist, will man die Rückführungen via
Sonderflüge wieder aufnehmen. Wie lange die Untersuchungen der
Zürcher Justizbehörden noch dauern, ist nicht bekannt.
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Bund 16.4.10
Kantone müssen Dutzende inhaftierte Afrikaner freilassen
Der vom Bund verfügte Sonderflugstopp für
Ausschaffungshäftlinge bringt die Kantone in Nöte: Sie
müssen viele Nigerianer wieder freilassen.
David Vonplon und Simon Eppenberger
Am 17. März verstarb auf dem Flughafen Kloten ein
29-jähriger Nigerianer. Der Asylbewerber stand kurz vor einem
Sonderflug in seine Heimat und hatte sich gegen seine Ausschaffung
massiv zur Wehr gesetzt. Der neue Chef des Bundesamts für
Migration, Alard du Bois-Reymond, der den Vorfall mit eigenen Augen
mitverfolgt hatte, reagierte umgehend und strich die Sonderflüge
für die zwangsweise Rückschaffung von Asylbewerbern bis auf
weiteres. Sein unbürokratisches Eingreifen hat nun aber Folgen:
Die Anordnung des Bundes zwingt die Kantone,
Ausschaffungshäftlinge auf freien Fuss zu setzen.
Allein im Kanton Bern rechnen die Migrationsbehörden
in den
kommenden Wochen mit 15 bis 20 Haftentlassungen. Der Ärger
darüber ist gross: "Wir sind hochgradig unzufrieden mit der
herrschenden Situation und arbeiten unter massiv erschwerten
Bedingungen", sagt Florian Düblin, Vorsteher des
Migrationsdienstes.
Der Kanton St. Gallen musste zwei Nigerianer aus der Haft
entlassen, die ursprünglich für den letzten Sonderflug
vorgesehen waren, der dann aufgrund des Todesfalls abgebrochen wurde,
wie Bruno Zanga, Leiter des Ausländeramts bestätigt. Eine
weitere Person aus Nigeria könnte freikommen, wenn sie sich
weigert, mit einem normalen Linienflug zurückzukehren. Letzte
Woche musste auch Genf sieben Männer auf freien Fuss setzen -
darunter auch bereits verurteilte Drogendealer.
Kantone für Sonderflüge
Dauert die Sistierung der Sonderflüge an, läuft
in
vielen Fällen die Frist für die Ausschaffung ab. Denn laut
Ausländergesetz dürfen Asylbewerber nur 24 Monate lang
inhaftiert werden - und nur, wenn eine Ausschaffung absehbar ist.
Bereits hat sich der Stopp der Sonderflüge unter den Asylbewerbern
herumgesprochen. Florian Düblin vom Berner Migrationsdienst
rechnet damit, dass sie die Kooperation vermehrt verweigern werden und
nicht bereit sind, in einem Linienflugzeug unbegleitet in ihre Heimat
zurückzukehren.
Verschiedene Kantone wollen daher die Sonderflüge
wieder
einführen. Doch beim Bundesamt für Migration (BFM) will man
davon vorerst nichts wissen. "Wir wollen zuerst die Ergebnisse der
Zürcher Staatsanwaltschaft zum Tod des nigerianischen
Asylbewerbers abwarten", erklärt eine Sprecherin des Amtes.
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FLUCHT
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Work 16.4.10
"Bilal": Fabrizio Gattis erschütternde Reportage aus der
afrikanischen Wüste
Starkes Zeichen gegen die Ignoranz
Hunger, Gewalt, Prostitution: Die Flucht der Migranten und
Migrantinnen durch Afrika nach Italien ist die Hölle.
Verena Bürcher
Fabrizio Gatti zeigt in seinem Reportagebuch "Bilal" die
wenig
bekannte Seite der illegalen Einwanderung: die Strapazen und Schikanen,
denen die Migrantinnen und Migranten in Afrika selber ausgesetzt sind.
Für die Seelenschlepper ist es ein hochprofitables Geschäft.
Korrupte Vermittler
Das eigentliche Abenteuer beginnt für Gatti in
Agadez, der
malerischen, auf rotem Sand gebaute Stadt in Niger. Auf einem riesigen
Busbahnhof bieten informelle Reiseagenturen ihre Dienste als Schlepper
an. Täglich warten hier tausend Menschen auf ihre Weiterfahrt
durch die Wüste. Der "Italiener", wie ihn fortan alle nennen,
gerät an zwielichtige Vermittler. Er lernt junge, gut ausgebildete
Männer, Studenten und Handwerker kennen. Manche von ihnen ohne
Geld und Gepäck, da sie auf ihrer Reise von Grenzbeamten oder
Soldaten ausgeraubt worden sind. Er trifft Frauen, die hoffen, dass sie
mit ihm ohne den üblichen Zwang zur Prostitution reisen
können.
Unterwegs auf einem alten Mercedes-Laster sind 180
Passagiere auf
der Ladefläche zusammengepfercht. In der Wüste fahren sie an
Lastwagen vorbei, die im Sand versunken sind. Was mit den Reisenden
geschah, ist ungewiss. In der Regel verdursten sie. An jedem
Kontrollposten werden die von den Strapazen geschwächten
Passagiere von Militärpolizisten verprügelt. Sie sollen
zusätzliches Schmiergeld herausrücken. Können sie nicht
bezahlen, werden sie zurückgelassen. Ohne Geld und ohne Chance auf
ein Weiterkommen, obwohl sie die Reise im voraus bezahlt haben. In der
Oase Dirkou werden sie zur Sklavenarbeit oder zur Prostitution
gezwungen.
Gefühl der Ohnmacht
Zurück in Italien, beschliesst Gatti, sich als
kurdischer
Flüchtling "Bilal" in das italienische Auffangzentrum auf
Lampedusa einzuschleichen. Es gibt nur einen Weg ins Lager: Er
stürzt sich von den Klippen der Insel ins Meer, um von einem
Patrouillenboot aufgegriffen zu werden. "Ich wollte ein Zeichen setzen
gegen unsere Ignoranz", sagt Gatti. "Heute nimmt zwar die Zahl derer,
die im Mittelmeer ertrinken, ab. Gestorben wird jetzt in der
Wüste."
Fabrizio Gattis Reportage ist ein erschütterndes und
faktenreiches Buch, in dem er auch sein Gefühl der Ohnmacht als
undercover Reisender thematisiert. Die deutsche Ausgabe enthält
einen eindrücklichen Bildteil: Gatti hat die Fotos mit einer
Minikamera geschossen. Die professionellen Apparate waren ihm bereits
in Mali gestohlen worden.
--
Die Sklavenpiste durch Afrika
Von Dakar nach Lampedusa
Vom senegalesischen Dakar führt die
Flüchtlingsroute
über Mali, Niger und durch Libyen ans Mittelmeer. Von dort
gelangen die Migrantinnen und Migranten mit Schiffen auf die
italienische Insel Lampedusa.
Fabrizio Gatti: Bilal. Als Illegaler auf dem Weg nach
Europa.
Verlag Antje Kunstmann, München 2010, 460 Seiten, mit Fotos. Fr.
43.90.
--
Der Undercover-Journalist Fabrizio Gatti tat, was noch niemand
sonst
getan hat:
Als "Bilal" sah er die Hölle
Tödliche Flucht und Strapazen: Was sind das für
Menschen, die das auf sich nehmen, nur, um dann auf den Tomatenfeldern
Apuliens wie Sklaven behandelt zu werden? Es sind billige
Arbeitskräfte, auf die Italiens Wirtschaft angewiesen ist, sagt
Journalist Gatti.
Stefano Vastano*
work: Warum sind Sie in die Haut des illegalen Migranten
"Bilal"
geschlüpft und haben diese gefährliche Reise unternommen?
Fabrizio Gatti: Als Journalist wollte ich erzählen,
was noch
niemand in dieser vollständigen Weise erzählen konnte. Und
als Mensch wollte ich die unmenschliche Erfahrung der illegalen
Migranten teilen. Ohne "Bilal" zu werden, hätte ich die
Situationen, die ich beschreibe, gar nicht erleben können. Denn
Aussenstehende bekommen diese Wirklichkeit nie zu Gesicht.
Italiens Medien sprechen selten über die Lage der
Migrantinnen und Migranten. Interessieren sich die Italienerinnen und
Italiener nicht dafür?
Migration spielt im italienischen Fernsehen nur dann eine
Rolle,
wenn die Migranten kriminell werden. Das ist die Informationsstrategie
der rechten Regierung: Für Premierminister Berlusconi ist die
Migration ein Propagandathema. Er malt immer wieder die angebliche
Bedrohung an die Wand. Vom wirtschaftlichen Gewinn dagegen, den Italien
und Europa aus der Migration ziehen, spricht er nie.
Wie viele kommen aus Afrika durch die Wüste und
übers
Meer?
Zwischen 2003 und 2004 haben monatlich etwa 15000 Menschen
versucht, über die Libyenroute nach Europa zu gelangen. Letztes
Jahr haben rund 10000 Menschen monatlich den Weg über die
südliche Sahara in Angriff genommen. Bis 2008 sind auf der
sizilianischen Insel Lampedusa zwischen 10000 und 15000 Menschen pro
Jahr gelandet. Im letzten Jahr ist diese Zahl auf 30000 gestiegen.
Sie haben sich als "Bilal" ins Auffangzentrum Lampedusa
eingeschmuggelt. Wozu dienen diese Lager?
Ursprünglich waren sie als Durchgangslager für
die
Flüchtlinge gedacht. Aber in Lampedusa wurde schnell einmal
Stacheldraht ums Lager gezogen und wurden Kontrollposten installiert.
Heute sind diese Käfige Symbole, mit denen die Regierung zeigen
will, dass sie die Migranten im Griff habe und in Italien alles in
Ordnung sei. In Wirklichkeit sind es Gefängnisse, in denen unter
fürchterlichen Bedingungen Menschen eingeschlossen werden, die
kein Verbrechen begangen haben.
Wie schlimm ist die Lage in den Zentren?
In Lampedusa stand in den Sanitäranlagen knietief
fäkalienverseuchtes Abwasser. Ich habe Misshandlungen aller Art
gesehen. Und viele der Migrantinnen und Migranten sind sofort wieder
nach Libyen abgeschoben worden, in die Gefängnisse Ghadhafis oder
in die Wüste in einen sicheren Tod. Zwischen Italien und Libyen
gibt es ein Abkommen über diese Rückschaffungen. In den
ersten vier Monaten, seit es in Kraft ist, habe ich 104 Tote in der
Wüste gezählt. Italien und Spanien haben Libyen faktisch die
Kontrolle über die EU-Aussengrenzen im Süden übergeben.
Also einem Land, in dem die Genfer Flüchtlingskonventionen nichts
gelten.
Wer Wüste, Meer und Lampedusa überlebt, sucht
Arbeit in
Italien. Was finden die Migranten vor?
Mindestens 23 Prozent der italienischen
Wirtschaftsleistung
werden mit Schwarzarbeit erwirtschaftet - wahrscheinlich weit mehr. Auf
dieser entrichten die Unternehmer weder Sozialabgaben noch Steuern. Das
ist der wahre Grund für die Migration. Die Schattenwirtschaft
braucht Migranten ohne Papiere. Der eigentliche Motor, der diese vielen
"Bilals" nach Italien zieht, ist ihre Ausbeutung in der italienischen
Wirtschaft. In den Fabriken des Veneto arbeiten 27 Prozent
Schwarzarbeitende. Es ist eine Schattenwirtschaft, die oft von der
Mafia organisiert wird und in der weder gewerkschaftliche Löhne
noch Arbeitsrechte gelten.
Neue, restriktivere Asylgesetze fördern also die
Ausbeutung
der Migranten, weil sie immer mehr von ihnen in die Illegalität
stossen?
Nachdem ich die Reise als "Bilal" unternommen hatte, tat
ich, was
auch die Klandestinen in Italien tun: Ich liess mich in Apulien schwarz
auf den Tomatenfeldern anheuern. Dort kontrollierte ein gewisser
"Korporal" die Arbeiter. Er hat einen Schwarzarbeiter, der sich
über die Arbeitsbedingungen beklagt hat, fast zu Tode
geprügelt. Das habe ich gesehen. Als der Arbeiter im Spital lag,
hat die Polizei ihn abgeholt und ausgeschafft. Der kriminelle
"Korporal" aber kommt in Italien immer straflos davon. Das Gesetz
bestraft jedoch den Schwarzarbeiter, der auf unseren Feldern und
Baustellen und in unseren Fabriken einen Viertel des nationalen
Einkommens schafft.
Gibt es in Südeuropa also eine neue Sklaverei?
Das ist die bittere Realität. Nicht nur in Italien,
auch in
der übrigen EU. Es herrschen sklavereiähnliche Zustände.
Und wenn die Sans-papiers protestieren, wie kürzlich im
kalabresischen Rosarno, werden sie brutal zusammengeknüttelt. Die
Polizei schaut dabei zu. Sogar in der staatlichen Verwaltung werden
Menschen ohne Papiere ausgebeutet. Kürzlich ist das im Turiner
Gesundheitswesen aufgedeckt worden. Und wenn sie ihre "Arbeit"
verlieren, werden sie nach dem neuen Gesetz innert sechs Monaten
ausgeschafft.
Die eine Sache sind die Gesetze und die Politik. Eine
andere
Sache ist die Frage: Sind die Italiener ein Volk von Rassisten?
Wir sind ein Volk von Angsthasen. Seit Jahrzehnten haben
wir die
hässliche Angewohnheit, dem Stärkeren zu hofieren. Kalabrien
und Rosarno werden von der Ndrangheta organisiert, der lokalen Mafia,
politisch und sogar militärisch. Drei Tage und drei Nächte
lang haben die Mafiosi eine Treibjagd auf Afrikaner organisiert. Und
die Regierung hat sie machen lassen. Im Jahr 2010 erlebt Kalabrien
Szenen wie aus Alan Parkers Film "Mississippi Burning" über die
Ermordung von Afroamerikanern 1964.
Verändert das Berlusconi-Italien also nicht nur der
Arbeitsmarkt, sondern die Moral gleich mit?
Berlusconi ist mit der Manipulation von Gesetzen an die
Macht
gekommen und hält sich so auch oben. Er selbst liest die Anklage
seiner Straftaten als Attacken der Richter auf seine Person. Und
derweil macht er die Arbeit der Illegalen die er selbst durch neue
Gesetze geschaffen hat, zur Bedrohung der Sicherheit der Italiener. Ein
Premier, der bestehende Gesetze nicht achtet, der für sich selbst
neue Gesetze schafft, der mit Gesetzen jene bestraft, die arbeiten: das
ist die Verkörperung einer neuen Moral. Wie sollen da der
sizilianischer Bauer, ein venezianischer Fabrikbesitzer oder ein
lombardischer Bauherr Skrupel haben, junge Afrikaner auszubeuten?
Wissen Sie, was Berlusconi nach den Vorfällen in Kalabrien gesagt
hat?
Nein.
Das Problem der Region seien die Illegalen. Er hat weder
die
Ndrangheta erwähnt noch die Tatsache, dass es nirgends in Italien
weniger Einwanderer gibt als in Kalabrien. Die Klandestinen sind in der
Lombardei und in Latium, dort, wo es am meisten Arbeit gibt.
Schwarzarbeit natürlich.
* Stefano Vastano ist Berliner Korrespondent des
italienischen
Wochenmagazins "L'Espresso".
--
Zwischen 15000 und 30000 Menschen fliehen jährlich
aus
Afrika durch die Wüste übers Meer nach Süditalien. Wer
überlebt, sucht sich einen Job als Erntehelfer. Etwa auf den
Tomatenfeldern in Apulien. Und wird dort nach Strich und Faden
ausgenützt, sogar verprügelt. All das hat der italienische
Journalist Fabrizio Gatti selber erlebt. Er schlüpfte in die Haut
von "Bilal", einem illegalen Migranten, machte sich auf die brutale
Reise durch Afrika und schrieb seine Erlebnisse dann auf. work hat mit
Gatti geredet und sich das spannende Buch angeschaut.
--
Fabrizio Gatti
Wallraff Italiens
Fabrizio Gatti (44) arbeitete bis 2004 bei der
Mailänder
Tageszeitung "Corriere della Sera". Dort publizierte er die ersten
Reportagen für das spätere Buch "Bilal". Heute ist er
Chefreporter beim italienischen Wochenmagazin "L'Espresso". Das Blatt
ist eines der letzten unabhängigen Medien Italiens, über das
Silvio Berlusconi keine direkte Kontrolle hat.
Gatti machte sich über Italien hinaus einen Namen mit
seinen
verdeckten Recherchen, unter anderem als illegaler Landarbeiter bei der
Tomatenernte in Apulien oder als "Handwerker" im grössten
römischen Krankenhaus. Unter seiner vorgetäuschten
Identität wurde er drei Mal inhaftiert oder zu Geldstrafen
verurteilt, im Jahr 2001 als illegal eingewanderter Kosovare in Lugano.
Doch er deckt nicht nur die Ausbeutung der Wehrlosen in
Italien
auf. Sein journalistisches Engagement richtet sich auch gegen die
zunehmende Macht Berlusconis. Der Premier hat nicht nur die Justiz
ausgetrickst und beherrscht Medien und Wirtschaft. In diesen Tagen
schickt er sich an, das Parlament auszuhebeln und Italien ein
Präsidialregime überzustülpen.
Für seine Arbeit erhielt Gatti zahlreiche Preise, so
den
Europäischen Journalistenpreis 2006 und für sein Buch "Bilal"
den internationalen Literaturpreis "Tiziano Terzani".
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CHRISTEN-FUNDIS
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BZ 16.4.10
Langenthal
Sie heizen den "Islamisten" ein
Die Moslems vom islamischen Zentralrat Schweiz sind
derzeit in
aller Munde. Mit ein Grund: fünf Gefährten aus dem
Oberaargau. Wer sind die Männer, die mit Freikirchen
sympathisieren und den Zentralrat verbieten wollen?
Plötzlich sind sie wieder da. Fünf fromme
Christen.
Fünf Männer aus Langenthal und den angrenzenden Dörfern.
Fünf Gefährten mit einem Ziel: Sie wehren sich gegen die
"Islamisierung der Schweiz". Im März haben sie das Komitee "Gegen
die strategische Islamisierung der Schweiz" (KSIS) gegründet, und
seither heizen sie dem aus ihrer Sicht "radikalen Islam" ein.Die
fünf Oberaargauer wollen den vor einem Jahr gegründeten
islamischen Zentralrat Schweiz mit seinem zuweilen als extremistisch
verschrienen Präsidenten verbieten. Dessen Exponenten, moniert das
KSIS, versuchten, hierzulande ein islamisches Parallelrecht
einzuführen (vgl. Ausgabe vom Mittwoch).Nicht zum ersten Mal
sorgen die fünf Männer aus dem Oberaargau für Aufruhr.
Vor ein paar Jahren haben sie das Aktionskomitee "Stopp Minarett"
gegründet, um den Bau eines Moscheeturms in Langenthal zu
verhindern. Die jüngste Beschwerde gegen das Baugesuch ist beim
Kanton immer noch hängig. Aus diesem Geist des Widerstands ist
auch die Anti-Minarett-Initiative geboren worden. Das Ja des Volks war
nicht zuletzt auch ein Erfolg des Komitees.
Ehrenamtliches Komitee
Geistiger Kopf und Sprecher des Komitees ist Daniel Zingg
aus
Bollodingen. Zingg, fünffacher Vater, ursprünglich Radio-TV-
und Industrieelektroniker, ist Geschäftsführer des Vereins
Aseba. Er vertreibt Bücher und DVDs mit biblischem Inhalt. Zingg
ist Mitglied der reformierten Kirche, besucht aber regelmässig die
Gottesdienste der Freien Evangelischen Gemeinde (FEG) Langenthal. Die
Freikirche erachtet die Bibel in Lebens- und Glaubensfragen laut der
evangelischen Informationsstelle als "unbedingte Autorität". Zingg
betont aber: Weder politische Parteien noch Freikirchen würden das
Komitee unterstützen. Auslagen wie Anwaltskosten deckten
Gönner. Das Komitee arbeitet ehrenamtlich.
Die Rolle der Freikirchen
Aber nicht nur Sprecher Zingg ist mit der FEG verbunden.
Auch
Komiteepräsident Hans Lieberherr aus Madiswil nimmt
regelmässig an deren Gottesdiensten teil. Gleiches gilt für
den Langenthaler Ingenieur Christian Engel. Gar aus der Landeskirche
ausgetreten ist Bauer und Sozialpädagoge Simon Geiser aus
Obersteckholz. Auch er geht heute bei der FEG in Langenthal ein und
aus. Stefan Zeller, der Fünfte im Bunde, ist Mitglied bei den
Methodisten. "Mit den Freikirchen hat unser Komitee aber gar nichts zu
tun", hält EVPler Zeller fest. Und Sozialpädagoge Geiser
ergänzt: Es sei Zufall, dass einige Komiteemitglieder bei der FEG
mitmachten. Schliesslich gebe es bei dieser Gemeinde etliche
Mitglieder, die ihre Ansichten nicht teilen würden.
Öffentlich keine Stellung nehmen will Thomas Matzinger,
Gemeindevorsteher der FEG. Eine spontane Aussage am Telefon sei zu
undifferenziert.Vielleicht ist es nicht die Freikirche, welche die
fünf Männer eint, zusammengerückt sind sie aber, als die
Moslems im Jahr 2006 ihr Baugesuch für ein Minarett in Langenthal
eingereicht haben. "Damals bin ich erschrocken", sagt
Komiteepräsident Lieberherr. Er habe gedacht, das könne nicht
wahr sein - so nah an seinem Wohnort.Das Komitee bildete sich schnell -
und beschaffte sich Informationen. Er habe anfangs wenig gewusst
über den Islam, sagt Stefan Zeller. Heute doziert er aus dem
Stegreif über das Schwert Mohammeds, das dieser in Medina
führte. Im Islam hat Zeller, Mitglied der Finanzkommission
Langenthal, die "absolute Brutalität" gefunden. Im Gegensatz zur
"Liebe und Vergebung" Jesu. Laut Zingg ist derzeit ein
zusätzliches Unterstützungskomitee im Aufbau. Aber die
"Widerstandshochburg gegen die Islamisierung", wie es Zeller sagt, das
wird Langenthal bleiben. "Hier hat alles angefangen."
Dominik Balmer
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SQUAT BIEL
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Indymedia 15.4.10
Besetzung in Biel scheint zu klappen
AutorIn : Freies Fabrikgässli
Das seit dem 6. April besetzte Haus an der Neuengasse 9 in Biel
hat ein
Verhandlungsangebot der Stadt Biel (durch ihren Anwalt Lorenz Fellmann)
bekommen. Somit ist klar, dass wir toleriert werden und können
loslegen! :)
Es geht jetzt einfach noch darum einen akzeptablen
Gebrauchsleihevertrag zu verhandeln.
Programm der 3. und 4. Woche
Mo. 19.04, 15 Uhr: Garten-Workshop
Mi. 21.04, 18 Uhr: impro/modern Tanz-Kurs
Mo. 26.04, 19:30: Tanztraining
Mi. 28.04, 18 Uhr: impro/modern Tanz-Kurs
Regelmässige Kürse und Veranstaltungen:
Dienstag, 18 Uhr: Jonglieren für Anfänger
Mittwoch, 20 Uhr: Eat the rich! Vokü und Bar
Freitag, 18 Uhr: Rythmik für dummies
Ab Mai:
Freitag, 16-20 Uhr ist die Bibliothek und Buchhandlung
Schwarzmarkt offen.
Alle Kurse gratis, mehr Kurse folgen und es hat noch viel Platz
wenn
Leute Kurse geben wollen!
Solidarische Grüsse an alle Freiräumen!
Kollektiv autonomer Widerstand gegen die kapitalistische
Stadtentwicklung
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SQUAT LU
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NLZ 16.4.10
Nachgefragt
Warum haben Sie nicht geräumt?
Interview Daniel Schriber
Vor knapp einem Jahr hat eine anonyme Gruppe das Haus an
der
Brambergstrasse 7 besetzt. Heute leben die Leute ganz legal in dem
abbruchreifen Haus (gestrige Ausgabe). Möglich macht dies ein
Notmietvertrag, der so lange gültig ist, bis das Haus abgebrochen
wird. Darüber sind die Anwohner verärgert. Das Haus soll
dereinst einer Wohnüberbauung weichen.
Daniel Bernet, weshalb haben Sie das Haus an der
Brambergstrasse
bis heute nicht geräumt?
Daniel Bernet: Weil das Umzonungsverfahren pendent ist,
bleibt
der Zeitpunkt des Abrisses noch offen. Deshalb ist diese
Zwischennutzung möglich.
Wie lange noch?
Bernet: Das Verfahren ist beim Verwaltungsgericht
hängig.
Das Haus wird erst abgerissen, wenn die Umzonung rechtskräftig
wird. Wann dies so weit ist, wissen wir nicht.
Anwohner ärgern sich über die "Hausbesetzung".
Sind bei
der Stadt Reklamationen eingegangen?
Bernet: Innerhalb eines Jahres sind etwa 15 Reklamationen
eingegangen, die insbesondere den Lärm und die Verunreinigung rund
um das Gebäude betreffen. Diese wurden an den Vermieter, den
Verein Jobdach, weitergeleitet.
Mit dem Notmietvertrag machen Sie aus ehemaligen
Hausbesetzern
legale Mieter. Fördert das nicht zukünftige Hausbesetzungen?
Bernet: Nein. Die Stadt ist einfach pragmatisch
vorgegangen.
Hätten wir das Haus geräumt, wäre das Gebäude
möglicherweise gleich wieder besetzt worden. Das wollten wir
verhindern.
In der Konsequenz dieser Argumentation muss man sich
allerdings
fragen, wieso die Besetzer des "Geissmättlis" nicht ebenfalls
einen Mietvertrag bekommen haben.
Bernet: Für das "Geissmättli" ist mit dem
Restaurantbetreiber ein Pachtvertrag abgeschlossen worden. Damit das
Restaurant im vertragsgemässen Zustand übergeben werden kann,
muss jetzt mit den Umbauarbeiten begonnen werden.
---
20 Minuten 16.4.10
Nach wie vor reges Treiben im besetzten Geissmättli
LUZERN. Das ehemalige Restaurant Geissmättli ist
immer noch
in der Hand der namentlich unbekannten Besetzer - und es herrscht ein
reges Treiben: "Wir haben hier jeden Abend ein kulturelles Programm mit
Konzerten, Vorträgen oder Filmen", sagt einer der Besetzer. Bis
die Polizei das Lokal räumt, wollen sie im ehemaligen Fixerraum
bleiben. Mittlerweile ziehe das kulturelle Programm immer mehr Besucher
an: "Unsere Arbeit hier wird von den Besuchern sehr geschätzt",
erklärt der Besetzer weiter. Im Moment bereiten die Aktivisten
Transparente für den Kulturumzug von morgen Samstag in Luzern vor.
MGI
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1. MAI ZUREICH
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Indymedia 16.4.10
Zürcher Gewerkschaftsleitung zum 1. Mai 2010 ::
AutorIn : muhaha
Das Motto des Komitees ist ihnen seit ca. 5 Wochen bekannt:
Trotzdem
benötigen sie die Unterstüzung der Medien, bevor sie sich
trauen ein Mediencommunique rauszulassen. Hoffentlich dämmert es
nun dem Komitee, dass mit machtgeilen Gewerkschaftsführern nicht
gut Kirschen essen ist.
Medienmitteilung der Gewerkschaften Unia, VPOD, Kommunikation
und
comedia (*oder besser gesagt deren Führungsriege*)
Zürcher Gewerkschaften für einen friedlichen, starken
1. Mai
in Zürich
Die Gewerkschaften wollen in Zürich - wie in der
übrigen
Schweiz auch - einen starken, friedlichen 1. Mai-Demonstration unter
dem Motto "Arbeit, Lohn und Rente statt Profit und Gier"
durchführen. Die vom 1. Mai-Komitee in Eigenregie gewählte
Parole "verlieren wir die Beherrschung" betrachten die Gewerkschaften
als verfänglich und verantwortungslos. Eine künftige
Zusammenarbeit beim 1. Mai ist für die Gewerkschaften nur mit
Organisationen denkbar, welche sich klar von allfälligen
Gewaltaktionen abgrenzen und die abgemachten Spielregeln einhalten, um
Gewälttätern möglichst den Boden zu entziehen.
Der diesjährige 1. Mai will dem in der Bevölkerung
weitverbreiteten Protest gegen die zunehmende Ungerechtigkeit in
unserer Gesellschaft Ausdruck verleihen: Es darf nicht sein, dass eine
kleine Kaste von Abzockern immer grössere Teile des erarbeiteten
Reichtums an sich reisst, während die grosse Mehrheit der
Bevölkerung um die Früchte ihrer Arbeit geprellt und ihre
soziale Sicherheit demontiert wird.
Die Arbeitnehmenden und ihre Familien haben in der ganzen
Schweiz das
Recht, ihre Anliegen an diesem 1. Mai ohne störende
Nebengeräusche zum Ausdruck zu bringen. Es ist wichtig, dass der
Protest auf friedliche Weise stattfinden kann. Darum haben wir in den
vergangenen Jahren konsequent darauf hingewirkt, dass die
gewerkschaftliche 1. Mai-Demonstration nicht mehr als Schutzschild
für Gewaltaktionen verwendet werden kann.
Die Gewerkschaften haben in den letzten zwei Jahren auf einer
räumlichen und zeitlichen Trennung von Demonstration und Fest
bestanden und damit erfolgreich zur Deeskalation beigetragen. Auch
dieses Jahr haben wir auf eine räumliche und zeitliche Trennung
von Demonstration und Fest insistiert, um die Aktionsmöglichkeiten
für Gewalttäter einzuschränken.
Als verfänglich und verantwortungslos betrachten die
Gewerkschaften vor diesem Hintergrund den dieses Jahr vom 1.
Mai-Komitee gewählten Slogan "verlieren wir die Beherrschung". Das
Komitee spielt damit nur den politischen Gegnern des 1. Mai in die
Hände, welche den Slogan als Vorwand verwenden werden, um den 1.
Mai-Organisatoren die Verantwortung für allfällige
Ausschreitungen zuzuschieben. Die Zürcher Gewerkschaften waren an
der Erarbeitung dieses Slogans nicht beteiligt - an der
gewerkschaftlichen 1. Mai-Demonstration ist er nicht erwünscht.
Aktive Distanzierung von Gewalt als Voraussetzung für
Zusammenarbeit
Die Zürcher Gewerkschaften distanzieren sich klar und
unzweideutig
von jeglicher Gewaltausschreitung im Umfeld der Zürcher 1.
Mai-Demonstration. Zweideutigkeiten gegenüber solchen - oftmals
nicht einmal dem Anschein nach politisch motivierten - Ausschreitungen
sind nicht akzeptabel. Die Gewerkschaften erwarten darum von Seiten des
1. Mai-Komitee, das in Zürich das nachgelagerte Fest organisiert,
eine ebenso klare Distanzierung von jeglicher Gewalt.
Eine künftige Zusammenarbeit beim 1. Mai ist für die
Gewerkschaften nur mit Organisationen denkbar, welche sich klar von
allfälligen Gewaltaktionen abgrenzen und die abgemachten
Spielregeln einhalten, um Gewälttätern möglichst den
Boden zu entziehen.
Für Rückfragen:
Remo Schädler (Unia)
Christoph Lips (VPOD)
********
Erstmals geben die Gewerkschaften (oder eben deren Führung)
also
zu, dass die unsinnige zeitliche Trennung von Kundgebung und Fest auf
ihrem Mist gewachsen ist.
Tausende von GenossInnen sollen also nach dem Willen der
Gewerkschaften
(oder eben deren Führung) in Zürich am Nachmittag "einen
Kaffee trinken gehen" (O-Ton E. M., ehemalige Stadträtin) weil
andere es nicht bei Wortspielen bewenden lassen.
Die Herren Burger, Schädler und Lips wissen aus eigener
Erfahrung,
dass sich niemand ans Fest des Komitees stärken geht um danach bei
Ausschreitungen mitzumischeln.
Es geht ihnen nur darum, dass Komitee einzuschüchtern,
damit sie
sich am 1. Mai möglichst ungestört im Glanz der
Öffentlichkeit präsentieren können.
Ein kleines Detail: Das Komitee wurde vor 30 Jahren
gegründet,
damit der 1. Mai weiterhin in der Öffentlichkeit gefeiert werden
kann, nachdem die Gewerkschaften damals den 1. Mai irgendwo feiern
wollten. Burger war damals knapp den Windeln entwachsen.
Auf die revolutionären Kräfte versuchen diese Herren
glücklicherweise gar nicht erst Einfluss zu nehmen. Ansonsten sie
rasch mit der Realität konfrontiert wären: Weder das Komitee
noch machtgeile Gewerkschaftler haben da etwas zu melden.
---
tagesanzeiger.ch 16.4.10
1.-Mai-Fest: Komitee braucht Bedenkfrist
cim
Geht es nach der Stadt, beginnt das Volksfest am 1. Mai
erst am
Abend. Das Organisationskomitee will aber bereits um 14 Uhr starten.
Bis Montag soll klar sein, ob die Auflage der Stadt in den Wind
geschlagen wird.
Das 1.-Mai-Komitee hat die städtische Bewilligung
für
das Fest auf dem Kasernenareal erhalten. Die Stadt will Fest und Umzug
am Samstag zeitlich trennen, damit sich die Chaoten an der Nachdemo
nicht auf dem Kasernenareal zwischen den Fest-Besuchern verschanzen
können. Darum hat sie die Feier erst auf 20 Uhr bewilligt.
Das Komitee aber möchte unbedingt gleich nach dem
Umzug mit
dem Festen beginnen. Um 14 Uhr soll es losgehen: So kündigen es
die Organisatoren auch in ihrem Festprogramm an. Letztes Jahr
ignorierte das Komitee die Vorgabe der Stadt - Feststart um 20 Uhr -
und handelte sich eine Verzeigung ein.
Ob das dieses Jahr wieder so sein wird, wollte Anna
Klieber,
Sprecherin des Komitees, heute Donnerstag auf Anfrage von nicht sagen.
"Wir brauchen etwas Zeit, um alles durchzudiskutieren." Am Montag werde
man informieren.
---
NZZ 16.4.10
1.-Mai-Komitee überlegt Vorgehen
fri. ⋅ Am Donnerstag hat das 1.-Mai-Komitee den Entscheid des
Zürcher Stadtrats über den Festbetrieb auf dem Kasernenareal
am Tag der Arbeit erhalten. Der genaue Inhalt der Bewilligung bleibt
weiterhin unveröffentlicht. Laut einer Sprecherin will das Komitee
in den nächsten Tagen die weiteren Schritte überlegen und am
Montag darüber informieren. Dabei geht es um die zeitlichen
Auflagen für das Volksfest. Die Stadt gibt vor, dass dieses am 1.
Mai erst um 20 Uhr beginnen darf, um es zeitlich von einer "Nachdemo"
zu trennen und zu verhindern, dass sich Krawallmacher auf die
Kasernenwiese zurückziehen können. Die Organisatoren hatten
einen Beginn um 14 Uhr vorgesehen. Bereits bekannt ist, dass der Umzug
wie letztes Jahr auf dem Bürkliplatz endet, aber neu auf dem
Helvetiaplatz startet.
---
tagesanzeiger.ch 16.4.10
1.-Mai: Party ohne Bewilligung?
tif
Der Festanlass im Anschluss an die 1. Mai Kundgebung soll
erst um
20 Uhr starten. Ob die Feier trotzdem schon am Nachmittag beginnt,
entscheidet das Komitee am Donnerstag.
Das 1.-Mai-Komitee lässt sich bei der Organisation
ihres
traditionellen Festes im Anschluss an die Kundgebung am Tag der Arbeit
nicht reinreden. Obwohl die Stadt Zürich bisher weder für den
Demonstrationsumzug noch für den Anlass auf dem Kasernenareal eine
Bewilligung erteilt hat, haben die Veranstalter bereits eine
Umzugsroute und einen Zeitplan vorgelegt.
In dem Antrag, den das 1.-Mai-Komitee im Februar dieses
Jahres an
die Stadtregierung geschickt hat, wird einen Demonstrationszug
festgelegt, der wie im Vorjahr am Bürkliplatz enden soll.
Gestartet wird aber neu am Helvetiaplatz. Dann werde via Stauffacher
zur Sihlpost und von dort weiter auf der letztjährigen Route
marschiert, heisst es in dem Schreiben. Der Entscheid des Stadtrats ist
noch nicht publik. Er wird heute Mittwoch erwartet. Gemäss einem
Bericht der NZZ werde die verlängerte Route dem Vernehmen nach
bewilligt.
Maurer wollte Festanalss am Abend
Für mehr Diskussionsstoff dürfte allerdings das
Volksfest im Anschluss an die Kundgebung sorgen. Reto Casanova,
Sprecher des Polizeidepartements, betont gegenüber der NZZ, dass
der Anlass im Kreis 4 erst um 20 Uhr beginnen dürfe. Vorher seien
bloss Veranstaltungen in den Hallen erlaubt. Die ehemalige
Polizeivorsteherin Esther Maurer habe dies dem Komitee schon im Februar
mitgeteilt. Mit diesen Einschränkungen will die Stadt das Fest
zeitlich vom Umzug trennen und damit verhindern, dass sich Chaoten an
der Nachdemo im Kasernenareal zwischen den Festteilnehmern verschanzen
können.
Das Komitee legt seiner Homepage den Festbeginn auf 14 Uhr
fest,
die erste Band spielt um 17 Uhr unter freiem Himmel auf. Die Sprecherin
des Komitees hält fest, dass die Bewilligung mit den Auflagen noch
nicht eingetroffen und Maurers Schreiben vom Februar nicht als solche
zu betrachten sei. Wie es genau verfahren werde, soll am Donnerstag
nach Erhalt der Bewilligung entschieden werden.
Stadtpräsidentin vom 1.-Mai-Slogan "nicht
überzeugt"
Die Veranstalter der Festivitäten und des
Demonstrataionsumzugs vom Tag der Arbeit haben auch mit ihrem
diesjährigen Motto "Moneypulation - verlieren wir die
Beherrschung" für einigen Wirbel gesorgt. Politikerinnen und
Politiker von Links bis Rechts verurteilen den Slogan. Nun hat sich
auch die Stadtpräsidentin von Zürich, Corine Mauch (SP),
kritisch zu dem Motto geäussert. "Der diesjährige Slogan
überzeugt mich nicht, denn er thematisiert lediglich
Befindlichkeiten, anstatt eine politische Aussage zu machen",
lässt sie sich in der Pendlerzeitung "20 Minuten" zitieren.
Allerdings glaubt sie nicht, dass "ein schlechter Spruch" Einfluss auf
allfällige Gewalt am 1. Mai hat.
---
Tagesanzeiger 16.4.10
SVP: Entschuldigung in Deutschland wegen RAF-Ausstellung im
Kanzlei
Aus Protest gegen die 1.-Mai-Ausstellung des
Revolutionären
Aufbaus in der städtischen Einrichtung schaltet die SVP Inserate
in deutschen Tageszeitungen.
Von Martin Huber
Zuerst sorgte das 1.-Mai-Komitee mit seinem Slogan
"Verlieren wir
die Beherrschung!" für Zündstoff, jetzt ist eine neue
Kontroverse um den Tag der Arbeit entbrannt. Diesmal geht es um eine
vom Revolutionären Aufbau geplante Ausstellung über
Mitglieder der linksextremen Roten Armee Fraktion, die am 1. Mai in der
Kanzleiturnhalle, einer städtischen Einrichtung, stattfindet.
Unter dem Titel "Revolutionäre Kultur" werden dort
Mosaike
zu sehen sein, die Paolo Neri, ehemaliges Mitglied der Brigate Rosse,
gestaltet hat. Sie sind eine Widmung an Mitglieder der Roten Armee
Fraktion (RAF) wie etwa Andreas Baader, der 1972 an fünf
Sprengstoffanschlägen mit vier Todesopfern beteiligt war. Die RAF
war eine linksextreme terroristische Vereinigung in der Bundesrepublik
Deutschland, die 1970 von Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Horst Mahler,
Ulrike Meinhof und weiteren gegründet wurde. Sie war
verantwortlich für 34 Morde, zahlreiche Banküberfälle
und Sprengstoffattentate. 1998 erklärte sie ihre
Selbstauflösung.
"Verhöhnung der Opfer"
Der Revolutionäre Aufbau möchte mit der
Ausstellung
eine Diskussion um die Bedeutung "revolutionärer Kultur"
auslösen, wie der Homepage zu entnehmen ist.
"Klassenkämpferische Kultur ist Bestandteil revolutionärer
Gegenmacht", heisst es dort. Kein Verständnis für die
Ausstellung hat die SVP. Von einer "ungeheuerlichen Verhöhnung der
Opfer des brutalen RAF-Terrorismus" spricht Präsident Roger Liebi.
Dass der Revolutionäre Aufbau hinter der Ausstellung stehe, mache
das Ganze in negativer Hinsicht noch symbolträchtiger. Die SVP
stösst sich vor allem daran, dass die Ausstellung in einer
städtischen Einrichtung stattfindet. Liebi hat deshalb am
Mittwochabend im Gemeinderat angekündigt, die SVP werde Inserate
in deutschen Zeitungen schalten, um sich für die RAF-Ausstellung
in Zürich zu entschuldigen. Gestern bekräftigte Liebi diese
Absicht: "Wir werden ein Entschuldigungsinserat schalten, wir denken an
‹Frankfurter Allgemeine Zeitung›, ‹Die Zeit› oder ‹Die Welt›."
Ebenfalls zur Diskussion stehe eine Flugblattaktion vor der Ausstellung.
Bereits sei auch SVP-Chefwerber Alexander Segert, von dem
etwa
das Anti-Minarett-Plakat stammt, mit der Ausarbeitung der Inserate
betraut worden. Von den Inseraten verspricht sich Liebi ein "Zeichen
gegen Gewaltverherrlichung" - und parteipolitische Profilierung: "Wir
machen sichtbar, dass sich die Zürcher SVP nicht alles bieten
lässt."
Die SVP-Entschuldigung in deutschen Medien ist
bemerkenswert.
Anfang Jahr hatte dieselbe Partei noch eine Kampagne gegen "deutschen
Filz" an Zürcher Universitäten und Spitälern gefahren.
"Das ist kein Widerspruch", sagt Liebi. Die Inserate hätten
keinerlei Zusammenhang mit der damaligen Kampagne im
Stadtratswahlkampf. Schon gar nicht handle es sich um eine Art
Wiedergutmachung.
Stadt duldet Ausstellung
Die Stadt als Eigentümerin der Kanzleiturnhalle sieht
keinen
Grund und auch keine rechtliche Handhabe, die Ausstellung zu verbieten,
wie Marc Caprez, Sprecher des Schul- und Sportdepartements von Gerold
Lauber (CVP) sagt. Er weist darauf hin, dass die Stadt die
Kanzlei-Turnhalle an den Gastronomen Koni Frei vermietet habe, bei dem
in erster Linie die Verantwortung für die Veranstaltungen liege.
Für die Ausstellung brauche dieser keine spezielle Bewilligung.
Der Mietvertrag sieht vor, dass die Halle für kulturelle
Anlässe vermietet werden dürfe. Man habe mit Frei diskutiert
und ihn drauf hingewiesen, dass er die Stadt künftig bei
Veranstaltungen, die ein öffentliches Interesse auslösen
könnten, vorinformieren soll.
Man habe aber eine liberale Haltung und halte die
Meinungsäusserungsfreiheit hoch, solange keine strafrechtlich
relevanten Inhalte gezeigt werden. Dafür gebe es bei der
Ausstellung in der Turnhalle bisher keine Anhaltspunkte. Laut Caprez
ist man sich bei der Stadt aber bewusst, "dass der Grat zwischen
künstlerischer Freiheit und Ikonisierung von Kriminellen sehr
schmal ist".
Das 1.-Mai-Komitee sieht in der Ausstellung einen Versuch
des
Revolutionäre Aufbaus, eine politische Botschaft zu vermitteln,
wie eine Sprecherin zu Tagesanzeiger.ch/Newsnetz sagte. Das sei
lobenswert und "besser als die ritualisierten Ausschreitungen".
Schon einmal sorgte die RAF in einer von der Stadt
unterstützten Einrichtung für Schlagzeilen. Vor drei Jahren
verkaufte das Cabaret Voltaire T-Shirts mit einem Fahndungsbild der
früheren RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt.
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ARBEIT
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Work 16.4.10
"Verschwundene Arbeit": Das Buch über ausgestorbene Berufe
Glasmacher und Biertrinker
Besser war die Arbeitswelt früher ganz sicher nicht.
Aber
vielfältiger und sicher auch anspruchsvoller.
Michael Stötzel
Von "Abdecker" bis "Zinngiesser" spannt der
österreichische
Filmemacher und Autor Rudi Palla seine Sammlung "verschwundener
Arbeit". Genauer hätte er sein Buch als Sammlung vergessener,
zumindest so nicht mehr ausgeübter Berufe bezeichnen müssen.
Es sind Berufe, über die die gesellschaftliche und technische
Entwicklung hinweggegangen ist. Erfreulicherweise, wird man vielfach
sagen müssen. Denn, was da verschwand, waren fast immer harte,
fast immer lebensgefährliche Tätigkeiten.
Von Goethe gepriesen
Zum Beispiel die Glasmacher, die vornehmlich Hohl- und
Fensterglas produzierten. Palla zitiert Goethe, der um 1770 ihre Arbeit
als "eine der wichtigsten und wunderbarsten Werkthätigkeiten des
menschlichen Kunstgeschickes" pries. Er übersah die Folgen der
Arbeit bei extremer Hitze, die sich die Gesellen mit viel Bier
erträglich tranken, um dann mit geschnupftem Arsenik gegen die
Müdigkeit anzukämpfen. Den Geheimrat Goethe interessierte
auch nicht, dass aufgrund der übermässigen Belastung von
Lungen und Augen kaum einer der Glaskünstler alt wurde. Und
vermutlich wird auch er die ständige Suche nach Arbeit als
Ausdruck von Unstetigkeit und Wanderlust gedeutet haben.
Verschwunden sind auf der anderen Seite auch die
elendesten
Versuche, in Armut und Dummheit sein Brot zu erwerben.
Abtrittanbieter verdienten ihr Geld als wandelnde Klos.
Männer und Frauen boten Notdürftigen einen Kübel und
Schutz vor neugierigen Blicken unter ihrem Mantel. Diesem Geschäft
gingen sie noch im frühen 19. Jahrhundert nach. Der Beruf
verschwand, als mit Industrialisierung und Stadtentwicklung die
Hygienebewegung aufkam. Die Städte bauten öffentliche
Bedürfnisanstalten, und Peinlichkeit erwachte nicht nur in den
besseren Kreisen zum folgenreichen Lebensgefühl. Kurz, man verbot
sich und anderen, mehr oder weniger öffentlich dringenden
Bedürfnissen nachzukommen.
Andere Berufe, das grosse Dienstvolk oder die
Verkäuferinnen
und Verkäufer (Hausierer) von Bändern (Bandelkrämer) und
Kräutern (Kräutlerin), die Blumenmädchen oder
Obstweiber, verschwanden erst im späten 19.Jahrhundert.
Ausschlaggebend dafür: die Industrie, die die Menschen in die
Fabriken zwang, und die aufkommende Arbeiterbewegung, die für eine
gewisse Stabilität der Arbeitsverhältnisse sorgte.
Zunehmende Spezialisierung
Genauere Datierungen zum Verschwinden der beschriebenen
Berufe
sucht man in Pallas Berufesammlung vergebens. Seine Stärke ist die
Beschreibung von Arbeitsvorgängen und Materialien, teilweise auch
von der Werkzeugentwicklung. Gemessen an der Zahl der Beiträge,
gab es in der Vergangenheit für Palla zwei entscheidende
Berufsgruppen: die Metallverarbeiter und diejenigen, die ihnen
zuarbeiteten, sowie die Kleider- und Tuchmacher. Fortschritt zeigte
sich hier jahrhundertelang in zunehmender Spezialisierung. Also
zunehmender Kunstfertigkeit der Handwerker. Ihre Kunst war nicht mehr
gefragt, und die Berufe verschwanden, als Wissen und Können auf
die Maschinen überging. Und als menschlicher Geist in Schrauben,
Rädchen und Dampf vergegenständlicht wurde. Danach blieben
von der Vielzahl der metallverarbeitenden Berufe nur die Schmiede und
Werkzeugmacher übrig. Und aus den Kunsthandwerkern wurden Arbeiter.
In seinem Vorwort lässt der Autor den
französischen
Völkerkundler Claude Lévi-Strauss zu Wort kommen. Der
Altmeister wilder Gedankenketten hatte in seinem Buch "Die
eifersüchtige Töpferin" über
Persönlichkeitsmerkmale räsoniert, die bestimmten Berufen
zugeschrieben werden und ihr gesellschaftliches Ansehen prägen. So
galten laut Lévi-Strauss Weber, Schneider oder Müller in
ganz Europa als Diebe. Man unterstellte ihnen nämlich, dass sie
von dem Rohstoff, den sie erhielten, etwas für sich abzweigten,
bevor sie ihn als Stoff, Kleidungsstück oder Mehl
zurückgaben. Leider greift Palla in seinen Berufsbeschreibungen
nur ausnahmsweise den Hinweis von Lévi-Strauss auf. Was dachten
die Zeitgenossen von den Berufsleuten? Welche Stellung hatten sie in
ihren Gemeinden? Davon ist wenig zu erfahren.
Kleine Ironie zum Schluss: Pallas "Verschwundene Arbeit"
erschien
erstmals 1994 in der von Hans Magnus Enzensberger herausgegebenen
"Anderen Bibliothek". Die Werke dieser Reihe wurden von Schriftsetzern
und Buchbindern produziert. Beides Kunstfertigkeiten, die Palla zu den
verschwundenen Arbeiten zählt.
Rudi Palla: Verschwundene Arbeit. Neuauflage.
Christian-Brandstätter-Verlag, Wien, München 2010. 265
Seiten, 335 Abbildungen, Fr. 58.-.
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BIG BROTHER SPORT
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sf.tv 16.4.10
Bei Randalen droht der polizeiliche Spielabbruch
Die Kantone und die Profi-Klubs verstärken ihre
Anstrengungen gegen randalierende Fussball-Fans. Sie wollen
"unpopuläre, aber wirksame Massnahmen" ergreifen, um die
Sicherheit an Fussballspielen zu verbessern.
sda/hjw
So soll es im Stadion bald nur noch Leichtbier geben, und
an
sogenannten Hochrisikospielen wird überhaupt kein Alkohol mehr
ausgeschenkt. Zudem kann künftig die Polizei den Abbruch eines
Spiels verfügen, wenn die Sicherheit nach ihrer Meinung stark
gefährdet ist.
Darauf haben sich die Konferenz der Kantonalen Justiz- und
Polizeidirektoren (KKJPD), der Schweizerische Fussballverband (SFV) und
die Swiss Football League verständigt. Die Massnahmen sind Teil
einer Mustervereinbarung, die künftig die Zusammenarbeit von Klubs
und Behörden regeln soll.
Gemeinsam für mehr Sicherheit
Vor jeder Saison sollen demnach die Vereine und die
Behörden
gemeinsam ein Sicherheitskonzept erarbeiten. Jeder Klub muss zudem
über ein Konzept zur Prävention von Gewalt und
Prävention verfügen und erklären können, wie er den
Einsatz von pyrotechnischen Gegenständen verhindern will.
Der Identifikation von Straftätern wird höchste
Priorität eingeräumt. In den Stadien und auf den Reisewegen
werden hoch auflösende Videokameras, Polizeispitzel und Personen
mit zivilen Überwachungskameras eingesetzt. Die Stadionbetreiber
stellen den Behörden Arrestzellen und Räume für
Einvernahmen zur Verfügung.
Nicht verbindlich
Die Mustervereinbarung hat zwar weder für die
Behörden
noch für die Klubs verbindlichen Charakter. Trotzdem ist die KKJPD
überzeugt, dass sie wirksam sein wird: Vereine, die sich im Kampf
gegen Fussballrandale zu wenig engagieren, sollen stärker an den
Polizeikosten beteiligt werden.
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Tagesanzeiger 16.4.10
FC St. Gallen kann Polizei nicht bezahlen
Sportinformation
Den FC St. Gallen kosten die Polizeieinsätze rund um
die
Spiele in der AFG-Arena zu viel. Der Klub könne Rechnungen in der
Höhe von einer halben Million Franken nicht bezahlen, sagte
Präsident Michael Hüppi gegenüber der WOZ. Der Verein
stehe unter massivem finanziellem Druck. Von Rechnungen über
insgesamt rund eine Million Franken kann der Klub die Hälfte nicht
bezahlen. "Und es wird permanent mehr", sagte Hüppi. Die Stadt
betreibe den FC St. Gallen bisher nicht, "weil sie weiss: Die
Sicherheitskosten brechen uns das Genick". Der Verein stehe in
Verhandlungen mit Stadt und Kanton. Gemäss Hüppi hat der Klub
kein Mitspracherecht bei den Polizeieinsätzen. "Die Polizei
entscheidet über die Grösse des Einsatzes und schickt uns die
Rechnung." Ein "Hochrisikospiel" wie die Partie St. Gallen - Luzern am
letzten Sonntag koste 100 000 Franken. Insgesamt rund eine Million
Franken verrechnet die Polizei den St. Gallern pro Jahr. Für
Hüppi ist dies viel zu hoch. "So tötet man den Fussball." (Si)
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20 Minuten 16.4.10
Polizeieinsätze: FCSG will weniger bezahlen
ST. GALLEN. Der FC St. Gallen empfindet seinen Beitrag an
die
Sicherheit rund ums Stadion als viel zu hoch. Darum hält er eine
halbe Million zurück und feilscht mit der Stadt um offene
Rechnungen.
Rund eine Million Franken muss der FC St. Gallen pro Jahr
für das Polizeiaufgebot rund ums Stadion bezahlen - 60 Prozent der
Gesamtkosten. "Das ist viel zu hoch. So tötet man den Fussball",
sagt Präsident Michael Hüppi in einem Interview mit der
"Wochenzeitung". YB beispielsweise müsse nur pauschal 60 000
Franken zahlen. Der FCSG steht derweil bei der Stadt mit rund einer
halben Million Franken in der Kreide. Es laufen Verhandlungen mit der
Stadt. Hüppi fordert eine höhere Beteiligung der
öffentlichen Hand.
"Es gibt einen kleinen Spielraum, doch der Klub muss sich
an den
Sicherheitskosten beteiligen", sagt der zuständige
Sicherheitsdirektor Nino Cozzio. Betreiben will die Stadt den Klub
jedoch nicht. "Wir wollen den FC St. Gallen nicht in den Ruin treiben."
An den 60 Prozent werde momentan nicht gerüttelt, es werde aber
wohl ein Gesetz erarbeitet, in dem die Beteiligung des Vereins neu
geregelt wird.
Wie hoch der Anteil des Klubs dann sein wird, entscheidet
das
Stadtparlament. Hüppi ist nicht sehr zuversichtlich: "Weil wir oft
mit Pyros Schlagzeilen machen und diese immer mit Gewalt gleichgesetzt
werden, haben wir in der Öffentlichkeit momentan wenig Goodwill."
Sascha Schmid
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FUSSBALL-WM
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NZZ 16.4.10
Soziale Rechte bei Fussball-WM
Engagement der Fifa gefordert
C. W. ⋅ Das Schweizerische Arbeiterhilfswerk lanciert eine
Kampagne für die Wahrung von Menschenrechten und sozialen
Ansprüchen bei Fussball-Weltmeisterschaften. Unter der Parole
"Anstoss - Keine Ausbeutung bei der Fussball-WM" will es den
internationalen Verband Fifa als Veranstalter in eine zusätzliche
Verantwortung nehmen.
Kritisiert wird zum einen, dass im Fall Südafrikas
die
Mehrheit der Bevölkerung von den investierten 4,5 Milliarden
Franken nicht profitiere, dass die Aufwendungen zum Teil sogar zulasten
der Sozialausgaben gingen. Die Löhne der Arbeiter auf den
Baustellen erreichten mit umgerechnet 430 Franken bei weitem nicht die
von den Gewerkschaften geforderten 650 Franken. Die Fifa müsse
daher Gastgeberländer, Lizenznehmer und Sponsoren darauf
verpflichten, existenzsichernde Löhne zu zahlen und die
Mindestrechte der Arbeitnehmer einzuhalten.
Eine zweite Forderung betrifft die Massnahmen der
Regierung gegen
Strassenhändler, Obdachlose und Bewohner von Elendsquartieren.
Umsiedlungen hätten für die Betroffenen dramatische Folgen.
Die Fifa müsse daher ihre Vertragspartner verpflichten, keine
"Vertreibungen aus Imagegründen" durchzuführen. Und
schliesslich wendet sich das Arbeiterhilfswerk gegen
Einschränkungen für die Medien, namentlich gegen die
inzwischen relativierte Bedingung für die Akkreditierung, dass der
Ruf der Fifa nicht geschädigt werden dürfe.
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http://www.anstoss-suedafrika.ch
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AUTONOM BIOBAUERN
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Work 16.4.10
Reto Sonderegger engagierte sich in Lateinamerika. Jetzt ist er
Biobauer und Sekretär der Bauerngewerkschaft Uniterre.
Der Aktivist träumt von Milchkühen
Ein Hof mit hundert Stück Vieh. Aber gemolken wird
nicht.
"Die Arbeit ist nicht kostendeckend bezahlt", sagt Reto Sonderegger.
Fredi Lerch | fotos thierry porchet
Le Carré d'Aval: ein 250jähriger Bauernhof
südlich des Genfersees, hart an der Grenze zu Frankreich, hinter
flachen Feldern der Mont-Blanc im Mittagslicht. Pause im Windschatten
einer hohen Umfassungsmauer. "Angefangen habe ich heute um sechs Uhr",
sagt Reto Sonderegger. Zuerst hat er die rund hundert Tiere
gefüttert, später einen Zaun repariert, schliesslich im
hofeigenen, kleinen Rebberg gearbeitet: Die Stöcke beginnen
bereits zu treiben, sie müssen dringend geschnitten werden.
Kampf gegen den Landraub
Sonderegger beginnt von sich zu erzählen. Und kommt bald
auf seine
Reisen nach Lateinamerika, sein Leben in Chile und Paraguay. Ende
Februar 2007 war er dorthin geflogen. In Asunción, der
Hauptstadt Paraguays, traf er jene Frau wieder, die er im Herbst zuvor
im argentinischen Buenos Aires kennengelernt hatte: Javiera Rulli. Als
Tochter eines argentinischen Menschenrechtsaktivisten weiss die
Biologin, was es heisst, vertrieben zu werden. Sie ist in Schweden und
Chile aufgewachsen und hat später in Madrid und Utrecht (NL)
studiert. In Paraguay wollen die beiden ohne Auftrag "als solidarische
Menschen" den Kampf der Landlosen und Kleinbauern gegen Landraub
unterstützen.
Grosskonzerne kaufen dort ganze Landstriche auf und lassen
in
Monokultur produzieren, was am Weltmarkt Geld bringt: in Paraguay vorab
Gensoya als Futtermittel und zur Herstellung von Agrotreibstoff.
Kleinbauern und indigene Gemeinschaften verlieren Boden und Existenz.
"Wir wollten bekanntmachen, was da passiert." Ab und zu sind sie mit
Kamerateams grosser europäischer Stationen unterwegs, wenn
nötig als "Human Shields", als menschliche Schutzschilder in
Konfliktsituationen. Daneben baut sich das junge Paar ein
Häuschen. Die Frau wird schwanger. Dann kommt alles anders.
Sonderegger will nicht darüber reden. Er spricht bloss von
"gewissen Enttäuschungen" und dass es wohl ab und zu "ein bisschen
riskant" gewesen sei, was sie gemacht hätten.
Uniterre für die Deutschschweiz
Im Sommer 2009 kommt das Paar mit dem neugeborenen Pedro in die
Schweiz. Sonderegger sucht eine Stelle in der Landwirtschaft. In Genf
lernt er Marc Jaquet kennen, der als Milchbauer eben den Streik
anführt gegen Überproduktion und ruinöses Preisdumping
auf dem Milchmarkt. Seit Anfang Januar ist Sonderegger
landwirtschaftlicher Angestellter von Jaquet. Der Hof umfasst knapp 35
Hektaren Land und wird seit einem Jahr auf biologischen Landbau
umgestellt. Produziert wird Fleisch für den Direktverkauf,
gemolken wird nicht.
Es lohnt sich nicht: "Heute liegt der Produzentenpreis um
die 65
Rappen pro Liter Milch. Ein fairer Preis läge bei etwa einem
Franken." Doch fair werde die Arbeit von Bauern eben nicht bezahlt.
Deshalb lässt sich Sonderegger auf Februar 2010 zu 25 Prozent als
Sekretär der Bauerngewerkschaft Uniterre anstellen. Dass er
Deutschschweizer ist, passt: "Uniterre ist im letzten Herbst
während des Milchstreiks isoliert geblieben. Romands allein
können auf nationaler Ebene nichts bewegen. Darum braucht Uniterre
jetzt deutschschweizerische Sektionen." Wenn alles klappt, werden die
ersten beiden in diesen Wochen in der Nordwestschweiz und in
Zürich gegründet.
Faire Abmachung
1993 hat Uniterre mitgeholfen, die internationale Bewegung der
Kleinbauern und Landarbeiter, Via campesina, zu gründen. Heute ist
sie in 68 Ländern verankert. Ihr Ziel ist die Umsetzung des
politischen Konzepts der Ernährungssouveränität:
Volksgruppen und Staaten sollen ihre Landwirtschafts- und
Ernährungspolitik selber bestimmen.
"Es geht um die Demokratisierung der menschlichen
Ernährung", sagt Bauer Sonderegger.
"Ernährungssouveränität ist keine
reaktionär-protektionistische Idee, sondern eine Form der
internationalen Solidarität unter Bauern der ganzen Welt."
Allerdings braucht diese Solidarität staatlichen Schutz, zum
Beispiel gegen den Export subventionierter Überproduktion aus dem
Norden in den Süden. Auf einem schrankenlos globalisierten
Nahrungsmittelmarkt droht sonst den meisten Kleinbauern das Ende. Dass
sich in der Schweiz die SVP neuerdings auch
Ernährungssouveränität auf die Flagge schreibt, die
Linke jedoch mehrheitlich skeptisch bleibt, verweise auf die politische
Problematik: Industrielle und landwirtschaftliche Gewerkschaften
hätten nur teilweise gleiche Interessen.
Mit seinem Chef Marc Jaquet hat Reto Sonderegger bereits
darüber geredet, dass er später ein eigenes Projekt mit
Milchkühen aufziehen könnte: "Milchproduktion ist
möglich, wenn Produzenten und Konsumenten im Sinn einer regionalen
Vertragslandwirtschaft direkt faire Abmachungen treffen", sagt er. Dann
schnallt er die Baumschere um, schwingt sich aufs Velo und saust davon:
Die Reben warten.
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Reto Sonderegger
Autonomer BioBauer
Aufgewachsen ist Reto Sonderegger (*1975) in einer
Lehrerfamilie
in Islikon TG. Gymnasium in Frauenfeld, Studium der Geschichte und der
politischen Philosophie in Zürich. Autonomer Aktivist, unter
anderem im Komitee für den politischen Chileflüchtling
Patricio Ortiz, dessen Auslieferung 1998 verhindert werden kann.
Abbruch des Studiums nach sieben Semestern und Mitarbeit beim
Getränkekollektiv Intercomestibles in Zürich. Während
der Anti-WTO-Proteste 1998 in Genf erste Kontakte mit fortschrittlichen
Westschweizer Bauern.
Nach einem längeren Chileaufenthalt beginnt er 2001,
Bauer
zu lernen. 2005 ist er diplomierter Landwirt mit Spezialrichtung
Biolandbau. Anfang 2007: Abbruch des Studiums der Internationalen
Landwirtschaft an der Hochschule Zollikofen BE und Abreise nach
Paraguay.
Heute lebt Sonderegger zusammen mit seiner Freundin
Javiera Rulli
und dem Sohn Pedro als Sekretär der Bauerngewerkschaft Uniterre
und als landwirtschaftlicher Angestellter in Meinier GE.
Zusammengerechnet verdient er gut 4000 Franken netto im Monat.