MEDIENSPIEGEL 22.4.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo, Kino)
- RaBe-Info 21.4.10
- Squat LU: Geissmättli weiter besetzt
- 1. Mai Winterthur: Plakat gegen Hundeleben... :-)
- 1. Mai Zureich: Bürgi-Schelte für Links-Grün;
Programm
Rev.1. Mai
- Rassimus: Stimmrecht für Tiere...
- Nothilfe: Landsgemeinde gegen Nothilfestopp
- Ausschaffung: Wieder Flüge; Algerien; Serbien
- Repression SG: WoZ-Inti mit Keller-Sutter
- Gefangenen-Info: Redakteur verurteilt
- Anti-Atom: Gösgen II-Standort; Standort-Nachteil Atomlager
----------------------
REITSCHULE
----------------------
Do 22.04.10
20.00 Uhr - Rössli-Bar - Capital Slam Poetry
20.30 Uhr - Kino - Kulturprojekt Porta Chuisa,
Performance,
Live-Konzert aufgeführt mit Hans Koch (cl), Michael Thieke (cl)
und Paed Conca (cl)
20.30 Uhr - Tojo - "Tagträumer" von William
Mastrosimone. Regie:
Michael Oberer. Mit Julia Maurer, Marcus Signer
Fr 23.04.10
20.30 Uhr - Tojo - "Tagträumer" von William
Mastrosimone. Regie:
Michael Oberer. Mit Julia Maurer, Marcus Signer
20.30 Uhr - Grosse Halle - "Miss Plastic", gespielt vom
Jugendclub U26
von Junge Bühne Bern, Leitung und Regie: Eva Kirchberg, Christoph
Hebing
21.00 Uhr - Kino - "Fressen und gefressen werden...": The
Cook, the
Thief, his Wife and her Lover, Peter Greenaway, FR/NL/UK 1989
21.00 Uhr - Frauenraum - Tanzbar mit DJ Zardas. Standard
und
lateinamerikanische Tänze und Disco für Frau und Frau, Mann
und Mann und Friends
22.00 Uhr - Dachstock - Eight Legs (UK), Support: My
Heart Belongs to
Cecilia Winter (zh), DJ's Lazerlight Lepra & Pat
Sa 24.04.10
20.30 Uhr - Tojo - "Tagträumer" von William
Mastrosimone. Regie:
Michael Oberer. Mit Julia Maurer, Marcus Signer
20.30 Uhr - Grosse Halle - "Miss Plastic", gespielt vom
Jugendclub U26
von Junge Bühne Bern, Leitung und Regie: Eva Kirchberg, Christoph
Hebing
21.00 Uhr - Kino - "Fressen und gefressen werden...": The
Cook, the
Thief, his Wife and her Lover, Peter Greenaway, FR/NL/UK 1989
22.00 Uhr - SousLePont - Dachstock, Rössli &
Sous Le Pont
present: Eagle*Seagull (PIAS/USA)
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: Jade (Citrus
Rec/HUN),
Deejaymf (cryo.ch), VCA (Biotic/CH).
So 25.04.10
18.00 Uhr - Rössli-Bar - Ausspannen
19.00 Uhr - Grosse Halle - "Miss Plastic", gespielt vom
Jugendclub U26
von Junge Bühne Bern, Leitung und Regie: Eva Kirchberg, Christoph
Hebing
19.00 Uhr - Tojo - "Tagträumer" von William
Mastrosimone. Regie:
Michael Oberer. Mit Julia Maurer, Marcus Signer.
Infos: http://www.reitschule.ch
---
BZ 22.4.10
Tojo-Theater in der Reitschule
Jack und Rose haben den Blues
"Tagträumer" im Tojo-Theater beginnt wie eine
schlechte
Sitcom, steigert sich aber zu einer berührenden Liebesgeschichte.
Ein überdimensionales Negligé hängt an
einem
Bügel und glitzert, je nach Lichteinsatz, mal mehr, mal weniger.
Es ist das Werk des Churer Künstlers Giro Annen, der bekannt
für seinen eigenwilligen Skulpturenbegriff ist. Dass er auch das
Zeug zum Bühnenbildner hat, wird hier deutlich: Anhand eines
einzigen Objektes wird gekonnt die Traumwelt der weiblichen Hauptfigur,
die mit der Realität nicht zurechtkommt, versinnbildlicht.
Das Nachthemd steht aber auch für die unter beiden
Figuren
ständig schwelende Erotik. Die Liebesgeschichte zwischen Jack
(Marcus Signer) und Rose (Julia Katharina Maurer) wird als Ballade
erzählt. Dabei setzt Regisseur Michael Oberer auf Musik, die sich
eng mit der Sprache verknüpft. In Monologen, die von
elektronischen Bluesnummern begleitet werden, erhalten beide Figuren
Gelegenheit, ihr Innerstes nach aussen zu kehren. Cliff ist ein
bodenständiger Trucker, der von seinem anstrengenden Leben
abgeklärt ist: "Ich vergeude meine Zeit nicht. Ich träume von
einer Minute zur anderen", erklärt er Rose, die am liebsten den
ganzen Tag verträumt. Sie glaubt, das Truckerleben sei von
unendlicher Freiheit geprägt, bis Cliff ihr die Wahrheit über
Verkehrsinspektoren, Schmiergeld und Strafzettel erzählt.
Kein Zuckerschlecken
Doch auch für Rose, die als
Süsswarenverkäuferin
arbeitet, ist das Leben kein Zuckerschlecken. Sie ist eine
liebenswürdige Spinnerin, von Julia Katharina Maurer mit viel
Charme dargestellt. Sie neigt zu Neurosen und traumwandelt manchmal
sogar nahe am Abgrund zum Wahnsinn. Cliff zeigt ihr mit seinem
ausgeprägten Realitätssinn die Gefahren des ständigen
Träumens auf. Rose ihrerseits gelingt es, etwas Zauber in Cliffs
drögen Alltag zu bringen.
Im Dornröschenschlaf
Es braucht allerdings etwas Zeit, bis die Beziehung
zwischen den
beiden einem tatsächlich zu rühren beginnt. Der erste Teil
mit markigen Sprüchen von Cliff und allzu aufgesetzter
Naivität von Rose hat Sitcom-Charakter. Da wird ein mässig
lustiges Pingpong aufgeführt, bei dem nur noch die eingespielten
Lacher fehlen. Mag sein, dass durch die Übersetzung ins Deutsche -
das Stück stammt von US-Autor William Mastrosimone -
zusätzlich einiges an Witz verloren ging. Die zweite Hälfte
entschädigt für vieles. Die Welt von Rose wird plausibel: Sie
hat Angst, die Liebe zu Cliff könnte wahr werden und dadurch ihren
Zauber verlieren.
Helen Lagger
Weitere Vorstellungen: Do bis Sa, jeweils 20.30 Uhr, sowie
So, 19
Uhr. www.tojo.ch.
---
WoZ 22.4.10
Multimedia
Gegen Ausgrenzung
Bewegte Bilder werden von drei Klarinettisten umspielt:
Der
Bieler Altmeis ter Hans Koch und die Berner Paed Conca und Michael
Thieke bitten zur Auseinandersetzung. Aus der Perspektive zwei
entgegengesetzter Kameras ist auf der Leinwand schwarz-weiss das
Experiment einer "blinden Malerei" zu sehen: Der Kunstmaler nimmt Mass,
verbindet sich die Augen und geht ans Werk. Giovanni di Stefano
müht sich ab wie Sisyphus, die Glasfläche lückenlos zu
übermalen, schafft es aber nach zäher Arbeit in zum Teil
ätzend unbequemen Stellungen nicht.
Die Truppe Porta Chiusa will dieses Bild als die
Verkörperung der Unmöglichkeit einer totalen,
totalitären Sicherheit verstanden wissen. Und meint nicht nur
Überwachung und Registrierung, Prekarisierung und Marginalisierung
von InländerInnen, sondern auch den Ausschluss von ImmigrantInnen.
Spielerisch setzt der projizierte Textreigen der Berlinerin Heike
Fiedler ein, Klänge verstärken und ergänzen. Zu Giorgio
Andreolis Filmcollage mit Bildern von einer Ausschaffung in Zürich
Kloten ist die Zusammenarbeit der Musiker mit den bewegenden Bildern
optimal.
Damian Bugmann
"Porta Chiusa" in: Bern Kino in der Reitschule, Do, 22.
April,
20.30 Uhr. Basel Maison 44, Fr, 23. April, 19.30 Uhr. Zürich
Kunstraum Walcheturm, So, 25. April, 20.30 Uhr. Genf
Théâtre de Saint-Gervais, Do, 29. April, 20 Uhr. http://www.paed.ch/portachiusa
-------------------
RABE-INFO
-------------------
Mi. 21. April 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_21._April_2010_01.mp3
- LGBT Jugendkonferenz: Der gemeinsame Weg zur Stimme für
die
Schweiz
- Hungerstreiks in Abschiebegefängnissen: Kritik an
Italiens
Migrationspolitik
- "Nein danke, ich denke selber": Philosophinnen von der Antike
bis
heute
-------------------
SQUAT LU
------------------
NLZ 22.4.10
"Geissmättli" bleibt besetzt
sy/ma. Das "Geissmättli" ist nach wie vor besetzt -
obwohl
die Vorarbeiten zum Umbau für das Restaurant Grottino 1313 am
Dienstag hätten beginnen sollen. Ein Sprecher der anonymen Gruppe,
die sich selbst "Zick und Zwerg" nennt, sagt: "Wir sind uns bewusst,
dass die Stadt uns hier nicht will, doch eine Frist wurde uns von der
Polizei nicht gesetzt."
Dem widerspricht Simon Kopp, Sprecher der Luzerner
Strafuntersuchungsbehörden: "Wir sind in Kontakt mit den Besetzern
und werden - falls die Frist nicht eingehalten wird - die
Zwangsräumung durchführen." Wann die Frist abläuft, sagt
Kopp aus taktischen Gründen nicht. Doch offenbar ist sie noch
nicht abgelaufen.
"Wollen keine Gewalt"
Warum ist die Frist nicht vor dem geplanten Baubeginn am
Dienstag
abgelaufen? "Eine Fristsetzung ist eine sehr komplexe Angelegenheit,
bei der viele Faktoren eine Rolle spielen - nicht nur der geplante
Baubeginn", sagt Kopp. Näheres zu diesen Faktoren und den
Umständen im Fall "Geissmättli" sagt er aber nicht.
Das "Geissmättli" ist seit dem 25. März besetzt.
Nach
Auskunft des Sprechers der Besetzergruppe schlafen dort 10 bis 20
Personen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren. Ob die Gruppe das
"Geissmättli" freiwillig verlässt, werde sie demokratisch
entscheiden. "Wir sind an keiner Konfrontation mit der Polizei
interessiert, da wir keine Gewalt anwenden möchten."
----------------------------------
1. MAI WINTERTHUR
----------------------------------
Indymedia 21.4.10
Ein Hundeleben ::
AutorIn : Der Schweinehund in dir
Heraus zum 1. Mai! Wir haben dieses Hundeleben im Kapitalismus
satt!!!
Deshalb: Heraus zum 1. Mai - in Winti und überall!
Heraus zum 1. Mai!
http://ch.indymedia.org/images/2010/04/75172.jpg
Wir haben dieses Hundeleben im Kapitalismus satt!!! Deshalb:
Heraus zum
1. Mai - in Winti und überall!
--------------------------
1. MAI ZUREICH
--------------------------
NZZ 22.4.10
Bürgerliche Schelte für SP und Grüne
SVP, FDP, GLP und CVP kritisieren die links-grüne
Solidarität mit dem 1.-Mai-Komitee scharf
cn. ⋅ Mit Rückendeckung von SP, Grünen und AL
beschloss
das 1.-Mai-Komitee, die stadträtlichen Auflagen für das
1.-Mai-Fest zu ignorieren. Statt wie vom Stadtrat angeordnet abends
soll das Fest auf dem Kasernenareal bereits um 14 Uhr beginnen.
Dass sich Grüne und SP, die im Stadtrat die Mehrheit
stellen, um eine stadträtliche Auflage foutieren, hat bei den
bürgerlichen Parteien für Empörung gesorgt. Die FDP
teilte am Dienstagabend mit, es sei ein Skandal, wenn sich eine
staatstragende Partei öffentlich über einen solchen Entscheid
hinwegsetze (NZZ 21. 4. 10). Unterstützung erhalten die
Freisinnigen auch von SVP, GLP und CVP. In einer
Fraktionserklärung verurteilte die SVP den "öffentlichen
Aufruf der Mehrheitsparteien in Zürich zur Missachtung einer
polizeilichen Bewilligung" scharf. SP und Grüne trügen die
Mitverantwortung für allfällige Ausschreitungen und
Sachbeschädigungen am 1. Mai, sagte Fraktionschef Mauro Tuena im
Rat. Die SVP werde sich deshalb dafür einsetzen, alle
1.-Mai-Aktivitäten aus Zürich zu verbannen. An die Adresse
des stellvertretenden Polizeivorstehers, FDP-Stadtrat Andres
Türler, appellierte die SVP, die Einhaltung der polizeilichen
Bewilligung mit allen Mitteln durchzusetzen. Auch Markus
Hungerbühler, Präsident der städtischen CVP, reagierte
mit Unverständnis auf die Solidaritätsbekundung von
Rot-Grün. Er fragt sich, weshalb die Organisatoren überhaupt
um eine Bewilligung nachsuchen, wenn sie sich nicht daran halten
wollen. Sollte es wieder zu Ausschreitungen kommen, trage das Komitee
eine Mitverantwortung. In diesem Fall sei die Bewilligung zu
hinterfragen. Grundsätzlich als Befürworter der
1.-Mai-Feierlichkeiten zeigte sich Martin Luchsinger, der
Präsident der städtischen Grünliberalen. Dass sich das
Komitee mit Unterstützung von SP und Grünen aber nicht an die
Auflagen halten wolle, zeuge - wie auch der Slogan - nicht unbedingt
von der auf links-grüner Seite stets beteuerten Distanz zu den
Verursachern der Krawalle.
Bei SP und Grünen reagiert man auf die Kritik mit dem
Verweis auf organisatorisch begründete Zwänge.
SP-Co-Präsidentin Beatrice Reimann gab zu bedenken, dass der 1.
Mai mit den Nachdemonstrationen nichts zu tun habe. Zudem sei es
unmöglich, Tausende von Umzugsteilnehmern vom Festgelände
fernzuhalten. Letztes Jahr habe man es ernsthaft versucht; angesichts
der grossen Menge habe man sich aber dazu entschieden, das Fest zu
eröffnen.
Auch Christoph Hug von den Grünen machte praktische
Gründe geltend. In seiner Erinnerung ist es in den vergangenen
zwei Jahren zu keiner Vermischung von Festbesuchern und Krawallanten
gekommen. Er hofft, dass der neue grüne Polizeivorsteher Daniel
Leupi für 2011 eine praktikablere Lösung präsentiert. -
Während sich die Parteien um Recht und Unrecht streiten, scheinen
Stadt und 1.-Mai-Komitee in Nachverhandlungen getreten zu sein. Sowohl
Komitee-Sprecherin Anna Klieber als auch der Medienchef des
Polizeidepartements, Reto Casanova, bestätigen entsprechende
Gespräche.
---
Indymedia 21.4.10
Programm revolutionärer 1. Mai Zürich ::
AutorIn : 1. Mai 2010
Eine Übersicht
Plakat AUFBAU
http://ch.indymedia.org/images/2010/04/75166.jpg
Plakat Libertärer Block
http://ch.indymedia.org/images/2010/04/75167.jpg
Politprogramm Plakat AUFBAU
http://ch.indymedia.org/images/2010/04/75168.jpg
Kulturprogramm Plakat
http://ch.indymedia.org/images/2010/04/75169.jpg
1. Mai - Umzug am Morgen:
09.30h Helvetiaplatz
revolutionärer Block Besammlung Ecke Volkshaus
libertärer Block Besammlung ebenfalls Ecke Volkshaus
REVOLUTIONÄRER TREFF auf dem Kanzleiareal am Nachmittag:
Live Konzerte von
* D.O.A. (Punk aus Kanada)
* The Kluba (Ex-Skalariak / Ska aus dem Baskenland)
Zudem:
* Informationsstände, Büchertische, Reden und VIELES
MEHR...
Polit.- und Kulturprogramm am Abend in der Kanzleiturnhalle:
Politprogramm
Ausstellung:
* Paolo Neri: Mosaike zur RAF
* Arenas (PCE(r)): Zeichnungen aus dem Knast
* Militanter: Murales der baskischen Widerstandsbewegung
* Sanchez Casas (GRAPO): Bilder
Proletarische Kultur (ca. 18 - 19 Uhr):
* Italien: Paolo Neri (ehem Militanter der Brigate Rosse) stellt
seine
Kunst vor, als Versuch, den roten Faden der Revolution
aufrechtzuerhalten.
* Baskenland: Junger Genosse berichtet über den Stellenwert
von
Murales (Wandbilder) in der baskischen Widerstandsbewegung
Internationale Arbeitskämpfe (ca. 19 - 20:30 Uhr):
* Genua: Ein Docker berichtet über ihren Kampf in Genua.
Sie haben
nach tödlichen Arbeitsunfällen 2007 drei Tage lang den Hafen
bestreikt und blockiert. Für den Widerstand gegen die Arbeitshetze
stehen sie heute vor Gericht. Er spricht auch über das Verbinden
von gewerkschaftlichem mit politischen Kampf.
* Bremerhaven: Unterstützer von "Wir sind der GHB"
berichtet von
der Selbstorganisierung der Dockers und dem Widerstand gegen die
Angriffe auf ihre Arbeitsbedingungen. (www.wirsindderghb.de)
* Clariant: Jörg Studer (Präsident der UNiA NWCH und
Präsident der Betriebskomission Clariant) berichtet über den
Widerstand gegen die Schliessung des Werks in Muttenz, über die
kämpferische Basis der Unia und über die notwendige
Unterstützungsarbeit.
Kämpfe in Griechenland (ca. 20:30 - 22 Uhr):
* Griechenland: Joachim Rollhäuser, Anwalt und Aktivist,
berichtet
aus erster Hand über die Situation in Griechenland, die
Kämpfe der Gewerkschaften und die Kämpfe der politischen
Widerstandbewegung.
Kulturprogramm
Ab 22 Uhr live Konzerte in der Kanzleiturnhalle
* The Seniles (Punk aus Zürich)
* Les ramoneurs de menhir (Ex-Béruiere Noir / Punk aus
Frankreich)
* D.O.A. (Punk aus Kanada)
* The Kluba (Ex-Skalariak / Ska aus dem Baskenland)
* Individual Performer (Elektro Deutschland)
----------------------
RASSISMUS
-----------------------
20 Minuten 22.4.10
Tier-Vergleich sorgt bei Secondos für rote Köpfe
LUZERN. Ein Luzerner Jungpolitiker hat öffentlich
Ausländer mit Tieren verglichen. Secondos sind empört und
verlangen eine Entschuldigung.
Dienstagabend im Luzerner Fach- und
Wirtschaftsmittelschulzentrum: Jungpolitiker diskutierten an einem
öffentlichen Podium über das Thema Stimmrechtsalter. In
seinem Schlusswort setzte sich Juso-Mitglied und SP-Grossstadtrat David
Roth auch für das Ausländerstimmrecht ein. Dafür hatte
Podiumsteilnehmer Maurus Zeier, seines Zeichens Präsident der
Stadtluzerner Jungen FDP, wenig übrig. "Er rief dazwischen, dass
man dann genauso gut auch Tieren das Stimmrecht geben könne", sagt
Zuschauer und Juso-Vizepräsident Beni Knüsel.
Diese Äusserung sorgt bei der Partei Second@s Plus
für
helle Empörung. "Das ist eine Frechheit", ärgert sich
Präsidentin Ylfete Fanaj, "dieser Vergleich verletzt die
Würde der Ausländer." Sie fordert, dass sich Zeier nun
öffentlich für seinen Vergleich entschuldigt.
Ob der Jungpolitiker dieser Forderung nachkommen wird, ist
noch
nicht klar. Er war gestern für eine Stellungnahme für 20
Minuten nicht erreichbar.
Markus Fehlmann
-------------------
NOTHILFE
------------------
St. Galler Tagblatt 22.4.10
"Schande für die Schweiz"
Eine "Landsgemeinde" des Solidaritätsnetzes
Ostschweiz hat
sich gegen den Sozialhilfestop bei NEE und abgewiesenen Asylbewerbern
ausgesprochen. Eine Petition soll dies unterstützen.
Katja Müller
Franziska Befa aus Angola lebt seit elf Jahren mit ihren
drei
Töchtern in der Schweiz. Diese gehen hier zur Schule. Vor zwei
Jahren wurde die Familie auf Nothilfe gesetzt: Pro Tag steht ihr
insgesamt 21 Franken zur Verfügung. Sie wisse oft nicht, wie sie
das Essen bezahlen könne. Sie habe nichts, weder Geld noch
Papiere, sagte sie am Dienstag an einer " Landsgemeinde", die vom
Solidaritätsnetz Ostschweiz organisiert wurde.
Acht Franken pro Tag
Das Beispiel von Franziska Befa zeigt ein Phänomen,
das
allmählich ins öffentliche Bewusstsein rückt: die
Langzeit-Nothilfe-Bezüger. Seit 2004 erhalten Personen mit einem
Nichteintretensentscheid (NEE) und seit 2008 auch abgewiesene
Asylbewerber nur noch Nothilfe. Das Ziel, diese Personen damit so
schnell wie möglich aus dem Land zu schaffen, wurde offensichtlich
nicht erreicht: Einige leben schon mehr als zwei Jahre nur von Nothilfe
- von acht Franken pro Tag.
Für Andreas Nufer, Initiant des
Solidaritätsnetzes, ist
dies ein Skandal. Deshalb organisierte der Verein die "Landsgemeinde",
an der Betroffene und Politiker zu Wort kamen. Die Realität hinter
den Zahlen und Paragraphen sollte sichtbar gemacht werden: Das
Schicksal von Personen, die von Nothilfe leben müssen.
Rund 150 Personen drängten sich in den Waaghaussaal,
den
"Ring". Dieser wurde auch für eine Diskussion geöffnet. Die
Votanten - viele wütend und empört - waren einer Meinung: Die
Nothilfe sei unmenschlich, niemand dürfe illegal sein. Dass
Menschen mit acht Franken am Tag leben müssten, sei "eine Schande
für die reiche Schweiz".
Neben der ständigen Sorge ums Überleben komme
die Angst
vor der Ausschaffungshaft, sagte Asef Yavari aus Afghanistan, der seit
zweieinhalb Jahren in der Schweiz ist. "Nothilfe macht einen Menschen
kaputt."
Die Verzweiflung von Nothilfe-bezügern kennt auch
Maya Breu,
die als Freiwillige beim Solinetz arbeitet. "Wir müssen
hinschauen, wie es den Menschen geht, die in der Einwohnerstatistik
nicht mehr existieren, die es offiziell in der Schweiz nicht gibt." In
vielen Gemeinden müssten die Bezüger auch bei
Minustemperaturen den Tag draussen verbringen. "Diese Situation ist
für die Schweiz unwürdig." Viele wollten arbeiten,
dürften aber nicht.
Besonders schwierig sei es für Familien. Kinder
würden
in der Schule ausgeschlossen und könnten aus finanziellen
Gründen bei Aktivitäten nicht mitmachen. Eine Lehre werde
ihnen oft verweigert, da sie keine Arbeitsbewilligung hätten.
"Mehrheit hat so entschieden"
Frank Jehle, ehemaliger HSG-Seelsorger, betrachtete die
Nothilfe
aus theologischer Sicht. Er warnte vor übersteigertem
Nationalismus. Die Schweiz müsse sich relativieren lassen. Sie sei
nicht "unmittelbar von Gott geschaffen". Alle verdienten Respekt, die
Menschenwürde sei nicht verhandelbar.
Die Politiker - Ständeratspräsidentin Erika
Forster und
Stadtrat Nino Cozzio - brachten die Diskussion wieder auf den
politischen Boden. "Wir leben in einem Rechtsstaat und müssen das
Gesetz vollziehen", sagte Cozzio. Es sei sicherlich hart. Wichtig sei
aber, wie es umgesetzt werde. Es müsse ein gangbarer Weg gefunden
werden, insbesondere wenn es um Kinder gehe. Die Stadt stelle deshalb
Wohnungen oder Zimmer zur Verfügung, damit sie nicht in
Zivilschutzanlagen schlafen müssten.
Es sei momentan schwierig, in der Schweiz einen
gemeinsamen
Nenner zu finden, sagte Erika Forster. Es gebe extreme Polarisierungen.
"Die Mehrheit hat entschieden, dass diese Leute nach Hause
müssen." Man werde wohl keine "allzu offenen Ohren" finden, die
für eine Änderung seien.
Petition lanciert
Einer Landsgemeinde entsprechend wurde auch abgestimmt:
Die
Anwesenden sprachen sich klar für die Aufhebung des
Sozialhilfestops und gegen die Nothilfe aus. Das Solidaritätsnetz
will dieses symbolische Ergebnis aber nicht auf sich beruhen lassen. Es
lanciert eine nationale Petition mit dieser Forderung und will sie dem
Bundesrat und der Sozialdirektorenkonferenz übergeben.
-----------------------------
AUSSCHAFFUNG
-----------------------------
Südostschweiz 22.4.10
Bund will Ausschaffungsflüge vorzeitig wieder aufnehmen
Bislang hiess es, der Stopp von Ausschaffungsflügen
nach
Nigeria werde erst aufgehoben, wenn die Umstände des Todes eines
Häftlings am Flughafen Zürich geklärt seien. Doch nun
beugt sich der Bund dem Druck der Kantone.
Von Simon Fischer
Bern. - Am 17. März starb am Flughafen Zürich
ein
nigerianischer Asylsuchender während einer Zwangsausschaffung,
worauf das Bundesamt für Migration (BFM) sämtliche
Ausschaffungs-Sonderflüge gestoppt hat. Die Oberstaatsanwaltschaft
des Kantons Zürich untersucht nach wie vor, wie es zu diesem
Todesfall hat kommen können. Bislang hiess es beim BFM denn auch,
man wolle die Sonderflüge erst wieder zulassen, wenn die
Untersuchungsergebnisse vorlägen.
Doch bis dahin dürften noch einige Wochen vergehen,
was
für Nervosität bei den Kantonen sorgt, die mit dem Vollzug
des Asylgesetzes betraut sind. "Wenn die Ausschaffungsflüge nicht
sehr rasch wieder aufgenommen werden können, hat dies unweigerlich
zur Folge, dass die Kantone eine grössere Zahl von
Ausschaffungshäftlingen entlassen müssen", erklärt Roger
Schneeberger, Generalsekretär der Konferenz der kantonalen Justiz-
und Polizeidirektoren (KKJPD). Die Kantone fordern deshalb mit
Nachdruck die schnellstmögliche Lösung des Problems, wie
Schneeberger sagt.
Ein Zwischenbericht soll reichen
Der Druck der KKJPD scheint seine Wirkung nicht verfehlt
zu
haben. Denn mittlerweile hat man beim BFM in dieser Sache eine
Kehrtwende vollzogen, wie Recherchen der "Südostschweiz" zeigen.
BFM-Chef Alard du Bois-Reymond will nicht mehr, wie ursprünglich
vorgesehen, die Ergebnisse der Untersuchung der Oberstaatsanwaltschaft
Zürich abwarten, bis die Sonderflüge wieder erlaubt werden.
Die Ermittlungen seien komplizierter, als man dies erwartet habe, sagt
du Bois-Reymond. "Wir haben die Oberstaatsanwaltschaft deshalb um eine
erste Einschätzung gebeten, damit wir beim BFM allenfalls
zügig Massnahmen zur Verbesserung der Abläufe ausarbeiten
können."
Das Bundesamt stehe diesbezüglich in engem Kontakt
sowohl
zur Oberstaatsanwaltschaft Zürich als auch zu Nigeria,
erklärt du Bois-Reymond. "Denn die nigerianischen Behörden
wollen über die Hintergründe des Todesfalls Bescheid wissen,
bevor die Sonderflüge wieder aufgenommen werden." Der BFM-Chef
will sich zwar noch nicht festlegen, ab wann die Sonderflüge
wieder aufgenommen werden sollen. Er hoffe aber, dass der
Zwischenbericht der Oberstaatsanwaltschaft Zürich bald eintreffen
werde. "Denn eine möglichst baldige Wiederaufnahme der
Sonderflüge hat für das BFM oberste Priorität",
erklärt du Bois-Reymond.
Amnesty zeigt sich schockiert
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International
Schweiz
reagiert besorgt auf du Bois-Reymonds Absichten. "Wir sind schockiert,
dass der BFM-Direktor die Ausschaffungsflüge wieder aufnehmen
will, bevor der vollständige und abschliessende Bericht der
Untersuchungsbehörde auf dem Tisch liegt", sagt Amnesty-Sprecher
Daniel Graf. Denn es sei denkbar, dass dieser Bericht die bestehende
Ausschaffungspraxis für den Todesfall mitverantwortlich mache und
konkrete Massnahmen verlange, um zu verhindern, dass bei einer
Ausschaffung Menschenleben auf dem Spiel stünden. "Das Anfordern
eines Zwischenberichts schafft kein Vertrauen, dass das BFM an einer
lückenlosen Aufklärung des tragischen Todesfalls interessiert
ist", sagt Graf.
---
Tagesanzeiger 22.4.10
Ausschaffung
Algerische Asylbewerber bleiben in der Schweiz
Die Schweiz hat Mühe mit der Ausschaffung
abgewiesener
algerischer Asylbewerber - weil die algerischen Behörden die
Unterschrift unter ein ausgehandeltes Protokoll verweigern. Sie haben
bereits zwei Termine platzen lassen, wie "10vor10" gestern berichtete.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige
Angelegenheiten EDA hat den Bericht bestätigt. Das Protokoll ist
zwar im Januar 2009 paraphiert worden. Damit es angewendet werden kann,
ist jedoch die Unterzeichnung erforderlich. In der Schweiz halten sich
nach Angaben von Urs von Arb, Chef Rückführung im Bundesamt
für Migration, derzeit schätzungsweise rund 600 abgewiesene
Asylbewerber auf. Letztes Jahr seien 25 Algerier in die Heimat
ausgeschafft worden; 277 seien verschwunden. (SDA)
(...)
Asyl
Kosovo-Serben dürfen nach Serbien ausgewiesen werden
Abgewiesene serbische Asylbewerber aus Kosovo können
nach
Serbien zurückgeschickt werden. Das Bundesverwaltungsgericht
befindet eine solche Wegweisung als "grundsätzlich zumutbar" und
stützt damit das Bundesamt für Migration (BFM). Das Gericht
wies damit eine Beschwerde einer jungen Serbin ab, deren Asylgesuch
zuvor vom BFM abgelehnt worden war. Das Amt hatte sie nach Serbien
ausgewiesen, weil es eine Rückkehr nach Kosovo für nicht
zumutbar hielt. (SDA) D-7561/2008 vom 15. April 2010
(...)
---
20 Minuten 22.4.10
Asylbewerber: Algerien blockt
BERN. Die algerischen Behörden verweigern die
Unterschrift
unter ein längst ausgehandeltes Protokoll. Deshalb kann die
Schweiz abgelehnte Asylbewerber nicht zwangsweise nach Algerien
zurückschaffen. Die algerischen Behörden haben bereits zwei
Unterschriftstermine platzen lassen, bestätigte das
Aussendepartement EDA gegenüber "10 vor 10". Für den
Zürcher Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein ist die Situation
"sehr unbefriedigend".
---
10vor10 21.4.10
Schweiz kann abgewiesene Algerier nicht ausschaffen
Ausschaffungen sind ein brennendes politisches Dossier in Bern.
Recherchen von 10vor10 zeigen: Algerien verweigert die Unterschrift
unter ein längst ausgehandeltes Protokoll. Deshalb kann die
Schweiz seit vier Jahren keine Zwangsausschaffungen nach Algerien
machen. 600 abgewiesene Asylbewerber aus Algerien können trotz
deshalb nicht zurück geschickt werden.
http://videoportal.sf.tv/video?id=8705d6a6-808a-4c25-a5af-1bd968df1729
-----------------------------
REPRESSION SG
-----------------------------
WoZ 22.4.10
"Das wäre der Dschungel"
Repressionskanton St. Gallen-Während in den Strassen,
Häusern und Stadien die Ereignisse zu eskalieren scheinen, wird
ständig an der Repressionsschraube gedreht. Die St. Galler
Justizdirektorin und FDP-Bundesratskandidatin in spe Karin
Keller-Sutter, die sich als Hardlinerin einen Namen macht.
Interview: Andreas Fagetti und Daniel Ryser
WOZ: Ist St. Gallen das schweizerische Versuchslabor
für
staatliche Repression?
Karin Keller-Sutter: Da müssen Sie ja selber lachen.
Uns ist es ernst. Ein Beispiel, das in der übrigen
Schweiz
Schule macht, sind Scheinkäufe bei kleinen Koksdealern.
Das ist so. Wenn Sie aber behaupten, wir seien repressiver
als
andere, halte ich Ihnen entgegen: In allen Kantonen gilt dasselbe
Strafrecht. Die Scheinkäufe von Drogenkügeli haben sich aus
einer spezifischen Lage ergeben.
Welcher?
Anfang des Jahrtausends hatten wir in Buchs im St. Galler
Rheintal eine offene Kleindealerszene. Das rief eine Bürgerwehr
auf den Plan. Wenn in der Bevölkerung der Eindruck entsteht, der
Staat werde kriminellen Phänomenen nicht mehr Herr und man
müsse selber eingreifen, ist das gefährlich. In Buchs drohte
eine Eskalation. Daher suchten Staatsanwaltschaft und Polizei nach
einem Gegenmittel und fanden es in den Scheinkäufen. Seither
dominieren Kleindealer nirgends mehr im Kanton das Strassenbild. Aber
deswegen sind wir noch lange kein Labor für Repressionsmassnahmen.
Ihr Name ist auch mit dem Kampf gegen häusliche
Gewalt
verbunden.
Repression erfüllt für mich auch eine
Schutzfunktion
für potenzielle und tatsächliche Opfer. Aber sie ist bloss
eine Säule in der Kriminalitätsbekämpfung. Ich bin
für den Mehrsäulenansatz.
Das erinnert an die Drogenpolitik der neunziger Jahre ...
Die Probleme um die offenen Drogenszenen haben mich stark
politisiert. Ich war damals Gemeinderätin in Wil und stand
für einen Fixerraum ein. Polizei und Justiz haben auch einen
präventiven Auftrag.
Im Mai 2006 hat das Ausländeramt St. Gallen zwei
Türken
ausgewiesen, die an einer angeblich zwangsverheirateten Frau angeblich
einen Ehrenmord verüben wollten. Die Ausweisung wurde
möglich, weil Sie einem Rekurs die aufschiebende Wirkung entzogen
...
Ich war in die Entscheide des Ausländeramtes und der
Staatsanwaltschaft nicht involviert. Aber meiner Meinung nach haben
beide Behörden aufgrund der damaligen
Gefährdungseinschätzung korrekt gehandelt, weil der Schutz
eines möglichen Opfers im Vordergrund stand. Als Beispiel für
eine besonders repressive Haltung ist das ein Einzelfall. Haben Sie
noch mehr?
Zwangsheirat. Staatsanwalt Thomas Hansjakob und Sie traten
kurz
darauf im "Club" des Schweizer Fernsehens auf ...
Dass dahinter politisches Kalkül steckte, ist eine
Unterstellung. Es lag im freien Ermessen der Staatsanwaltschaft, damit
an die Öffentlichkeit zu gehen. Ich selber habe mich lange vor
diesem Ereignis für einen Gesetzespassus gegen die Zwangsehe
ausgesprochen. Es ging hier in erster Linie um den mangelnden
Integrationswillen der Ausgewiesenen.
Das Bundesgericht hat den Entscheid wieder umgestossen.
Der
Vater, der seine Tochter zwangsverheiratet und bedroht haben soll,
durfte wieder einreisen ...
Das Bundesgericht sagte damals, Nichtintegration sei kein
Wegweisungsgrund. Das war ein Entscheid gegen die gängige Praxis.
Bei der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung und beim Widerrufen von
Bewilligungen spielt der Integrationsgrad schon lange eine Rolle. Das
Bundesgerichtsurteil schreckte die Politik auf. Im Ausländerrecht
wird daher die Integration bald noch höher gewichtet und im
Gegenvorschlag des Bundesrates zur Ausschaffungsinitiative ebenfalls.
Später hat das Bezirksgericht St. Gallen den
Türken
freigesprochen. Von den Vorwürfen blieb nichts mehr übrig. Er
ist unschuldig. Die Tochter, die ihren damaligen Mann und die Eltern
beschuldigte, ist hingegen wegen Irreführung der Behörden
verurteilt worden ...
Richtig, strafrechtlich ist der Mann freigesprochen. Die
Ausweisung basierte ja auch auf dem Ausländerrecht und nicht auf
dem Strafrecht. Im Übrigen habe ich kein Problem damit, wenn ich
einmal ins Unrecht gesetzt werde. Ich entscheide pro Jahr 200 bis 300
Rekurse. Da kann so was vorkommen. Der Jurist Marc Spescha - wir sind
nicht auf einer Linie - hat gesagt, wir zählten zu jenen Kantonen,
die etwa das Asylrecht konsequent anwenden, aber pragmatisch. So habe
ich mich immer wieder für die Anerkennung von
Härtefällen ausgesprochen.
Die Stadt St. Gallen hat in ihr Polizeireglement
Videoüberwachung, Vermummungsverbot und Wegweisung aufgenommen.
Der Kantonsrat hat diese Bestimmungen letztes Jahr in einem
Nachtragsgesetz verankert. Jetzt gilt es im ganzen Kanton. Hat St.
Gallen gravierendere Sicherheitsprobleme als andere Kantone?
Die kantonale Lösung geht auf eine Kommissionsmotion
zurück. Man befürchtete eine Rechtszersplitterung. Denn
andere grosse Gemeinden, wie Wil oder Rapperswil-Jona, wollten
nachziehen.
Die Kompetenzen der Polizei werden hier massiv erweitert,
die
Bewegungsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger
eingeschränkt ...
Darum geht es bestimmt nicht. Es geht gegen Pöbler
und
Gruppen, die an neuralgischen Punkten wie Bahnhöfen stören.
Gegen politische Demonstrationen richtet sich das Gesetz ganz klar
nicht.
Aber Missbrauchsmöglichkeiten seitens der Polizei und
der
Behörden sind Tür und Tor geöffnet ...
Wem unterstellen Sie jetzt das? Sie driften ab.
Es ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Ihr Kanton
auf
Repression statt auf Eigenverantwortung setzt.
Die Polizei muss auch repressiv vorgehen, sie muss
eingreifen
können, wenn die öffentliche Sicherheit gefährdet ist.
War sie vor diesem Nachtragsgesetz nicht
gewährleistet?
Sie müssen sehen, dass sich im Verhalten mancher
Leute etwas
zum Schlechten verändert hat. Die Klagen häufen sich. Mir
kommt ein Beispiel aus Wil in den Sinn. Dort wurden in einem Park
ältere Menschen angepöbelt, sogar bespuckt. Solche
Pöbler muss die Polizei doch fernhalten können von diesem
Raum. Pöbeln ist kein Menschenrecht. Ich bin für
Eigenverantwortung. Aber die Freiheit hört bekanntlich dort auf,
wo sie die Freiheit des anderen verletzt. Da ist der Staat als
Schiedsrichter gefragt.
Sie haben in einem Interview gesagt: "Ich stelle fest,
dass eine
Minderheit in Wirtschaft und Gesellschaft für sich alle Freiheiten
in Anspruch nimmt, ohne Rücksicht auf andere. Eine solche
Gesellschaft ist antiliberal." Produzieren diese Rücksichtslosen
tatsächlich so viele Probleme, dass ständig an der
Repressionsschraube gedreht werden muss? Oder geht es hier um
Angstmache mit dem Ziel, die individuelle Freiheit aller Bürger
einzuschränken?
Es gibt Kräfte, die die Schweiz am Abgrund sehen. Ich
zähle nicht dazu. Aber wir müssen die Ängste der
Menschen ernst nehmen. Die gesellschaftlichen Bedingungen sind andere
als vor dreissig Jahren. Die Mobilität ist enorm, wir können
praktisch um die Uhr aktiv sein. Eine Minderheit nützt das aus.
Ihre Partei, die FDP, hat jahrelang einer hemmungslosen
Deregulierung das Wort geredet. Die Antwort auf die Folgen dieser
Entfesselung heisst Repression. Die Liberalen trauen Individuen, die
nicht zur Wirtschaftselite zählen, offensichtlich nicht viel zu.
Es ist sicher kein Fortschritt der Menschheit, dass man
sich bis
morgens um sechs sinnlos betrinken kann. Ich bräuchte das nicht.
Das Rad in diesen deregulierten Bereichen zurückdrehen geht aber
auch nicht mehr. Freiheiten ziehen auch Auswüchse und
Fehlentwicklungen nach sich. Liberalismus bedeutet für mich
selbstverständlich aber noch etwas anderes als unkontrollierte
Öffnungszeiten. Und vergessen wir die vielen Annehmlichkeiten
einer freiheitlichen Gesellschaft wie der unseren nicht!
Die FDP-Liberalen ertragen die Folgen der Freiheit nicht,
die sie
propagieren. Wo es ein bisschen wehtut, rufen sie gleich nach dem Staat
...
Was ist denn die Alternative zu unserer freiheitlichen
Gesellschaft? Wollen Sie einen DDR-Staat, wo ab 20 Uhr die Strassen
leer sind, weil alles geschlossen hat? Hier merkt man, dass Sie keine
Liberalen sind. Sie reden nur von Freiheit ohne Verantwortung. Weshalb
fragen Sie nicht danach?
Wir sind liberal in dem Sinn, als wir auch die
unangenehmen
Seiten der Freiheit ohne ständige Verschärfung der Repression
in Kauf nehmen.
Die Totengräber der Freiheit sind eine zügellose
Minderheit. Mit ihrem Verhalten stärken sie den Ruf nach dem
Staat. So läuft das Spiel. Mir wäre es anders lieber, das
können Sie mir glauben.
Weshalb vertrauen Sie nicht auf das freie Spiel der
gesellschaftlichen Kräfte?
Dann hätten wir Dschungel.
Aber in der Wirtschaft vertraut die FDP blind den
Kräften
des Marktes.
Auch in der Wirtschaft ist eine zügellose Minderheit
am
Werk. Das ist für mich derselbe Zoo wie bei jenen, von denen wir
vorhin gesprochen haben. An den Rändern der Gesellschaft franst es
aus. Ob Schläger oder Abzocker - das ist für mich irgendwo
dasselbe auf anderen Spielwiesen. Beide belasten mit ihrem Verhalten
die ganze Gesellschaft.
Sie sind national bekannt für harte Massnahmen bei
gewaltbereiten Fussballfans. Sie werden deswegen bedroht. Sind Sie in
Ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt?
Teilweise, ja. Derzeit fokussieren sich gewaltbereite
Fussballfans auf mich, obwohl ich ja nicht einsam agiere. Andere
Polizeidirektoren und Vertreter der Klubs bestimmen mit. Ich vertrete
diese Gremien nach aussen. Als Frau. Was offensichtlich als Provokation
wahrgenommen wird.
Es geht nicht bloss um die Entscheide, sondern auch darum,
dass
eine Frau sie zu vertreten hat?
Die Aggressionen haben eindeutig eine sehr
frauenfeindliche
Komponente. Auf einer solchen Hass ebene bin ich noch nie attackiert
worden, und ich fälle ja auch sonst schwierige Entscheide, etwa im
Ausländerrecht. Es geht bei diesen Ausfällen nicht bloss um
eine Machokultur. Hier manifestiert sich eine tiefe Frauenverachtung in
einer sexualisierten und sexistischen Sprache.
Michael Hüppi, Präsident des FC St. Gallen,
wirft Ihnen
indirekt vor, mit Ihren Massnahmen den Fussball zu zerstören. Ihr
neuster Streich: hochauflösende Kameras, Spitzel, Arrestzellen in
den Stadien und Mustervereinbarungen, welche die Klubs zu
Zugeständnissen zwingen sollen.
Die Mustervereinbarung, die Sie ansprechen, regelt auch
die
Kostenfrage. Je mehr der Verein mit Massnahmen entgegenkommt, desto
günstiger wird es für ihn. Sie sehen: Wir wollen die Vereine
damit nicht plagen, sondern mit ihnen die beste Lösung finden und
die Sicherheit in den Stadien erhöhen.
In einem ersten Entwurf im August wollten Sie auch das
Schwenken
von Fahnen verbieten. Betrunkene Fans sollten umgehend festgenommen
werden, egal, wie sie sich verhalten. Das klingt nach Polizeistaat ...
Dieser Entwurf war als Schuss vor den Bug gedacht. Wir
kamen mit
Liga und Klubs ins Gespräch, jetzt hat ein Schulterschluss
stattgefunden. Die Vereine wollen die Kosten ja auch senken. Wechseln
Sie die Perspektive: Wenn wir pro Spielwoche tausend Polizisten
einsetzen und dafür bis zu eineinhalb Millionen Franken
Steuergelder verpulvern und diese Polizisten dann anderswo fehlen, wenn
die Familienväter unter ihnen drei von vier Wochenenden an diesen
Spielen sind, dann sage ich: So geht das nicht. Ein starkes Zeichen war
nötig.
Seit Jahren wird im Fussball an der Repressionsschraube
gedreht.
Und trotzdem bleibt das Gefühl: Alles ändert sich zum
Schlechten. Vielleicht müssten Sie mal ein anderes Zeichen setzen:
Etwa die Gäste am Bahnhof mit einer Bratwurst empfangen statt mit
der Gummischrotflinte.
Eine naive Vorstellung. Es gibt immer Leute, die bloss
Radau
machen wollen.
Seit Jahren heisst die Antwort auf Feuerwerk und Gewalt im
Fussball: mehr Repression. Offensichtlich ohne den gewünschten
Effekt. Was läuft falsch?
Die Klubs haben weggeschaut. Ich habe mit
Funktionären
gesprochen, die versuchten, Massnahmen zu treffen. Sie wurden bedroht
und beschimpft. Da klingelten Leute aus der Fankurve an der
Haustür und sagten: Nimm das Stadionverbot zurück, oder es
knallt. Wir wissen von einem Polizeioffizier, der von militanten Fans
bedroht wurde: Man wisse, wo seine Kinder zur Schule gingen. Auch die
Klubs müssen Verantwortung übernehmen. Sie können nicht
einfach die Kosten der Allgemeinheit aufbürden. Wir reden hier von
einer privaten Veranstaltung. Würde die nicht stattfinden,
müsste die Polizei nicht kommen. Das Bundesgericht hat ein klares
Urteil gefällt: Bis zu achtzig Prozent der Kos ten kann der Staat
dem Veranstalter überwälzen.
Haben Sie als Sicherheitsdirektorin in dieser Sache Druck
von
anderen Seiten? Politisch? Privat?
Die Polizeigewerkschaft hat wegen der Überzeiten
keine
Freude. So müssen auf dem Land Posten geschlossen werden unter der
Woche, weil die Polizisten wegen der Einsätze bei Fussballspielen
kompensieren. Müsste der Kantonsrat jetzt auf den Kostenknopf
drücken, dann hätten wir eine Mehrheit für
hundertprozentige Kosten überwälzung, von links bis rechts.
Ich muss das den Klubs sagen: Ihr habt das Gefühl, die
Allgemeinheit sei ohne weiteres bereit, dafür aufzukommen. Die
Stimmung in den Kantonsparlamenten ist aber nicht für die Vereine.
Wenn man erreichen will, dass dieser Sport vernünftig
überleben kann, müssen die Klubs vertrauensvoll mit den
Behörden zusammenarbeiten.
Beeinträchtigen die Polizeieinsätze an
Fussballspielen
die öffentliche Sicherheit im übrigen Kanton, weil deswegen
vorübergehend Polizei pos ten nicht besetzt sind?
Die öffentliche Sicherheit ist gewährleis tet,
aber sie
leidet erheblich.
Was, wenn sich die Lage in den nächsten zwei Jahren
nicht
bessert?
Sie können den Schalter nicht einfach von heute auf
morgen
umlegen. Sollten die Einsätze mehr personelle und damit
finanzielle Mittel verschlingen - ich bin allerdings der Meinung, das
Gegenteil wird der Fall sein -, dann werden die Vereine die vollen
Kosten zahlen müssen, aber das können sie nicht bezahlen, sie
können es teilweise schon jetzt nicht.
Nimmt die Gewalt wirklich so extrem zu? Oder entsteht
dieser
Eindruck wegen der intensiven Berichterstattung über diese
Vorfälle?
Diese These lässt sich widerlegen. Die
Ordnungsdienststunden
der Kapo St. Gallen belegen es. Sie sind seit 2007 von 4000 auf
über 15 000 im Jahr 2009 angestiegen. Wir schicken die Polizisten
ja nicht zum Spass hin, sondern weil die Ereignisse zunehmen.
Sie sagen, etwas im Umfeld des Fussballsports hat sich
verändert.
Es geht hier um Grenzverletzungen, die überall
vorkommen. In
den Fankurven proben ja nicht Randständige den Aufstand. Ich sehe
keine Agenda. Die Kurvenchaoten sind primär Schweizer. Es ist ein
Querschnitt: bestens Integrierte und andere. Von "Broken Home" kann in
den meisten Fällen keine Rede sein.
--
Karin Keller-Sutter
Ihre politische Karriere hat Karin Keller-Sutter (46)
zielstrebig
aufgebaut. Zunächst sass die FDP-Politikerin im Gemeindeparlament
in Wil (1992-2000), dann präsidierte sie ihre Kantonalpartei
(1997-2000). Nach bloss vier Jahren im Kantonsrat wählten sie die
St. GallerInnen 2000 in die Regierung. Sie setzte sich dabei
parteiintern gegen starke männliche Konkurrenz durch. Als
Regierungsrätin führt sie das Sicherheits- und
Justizdepartement. Die Politikerin, die sich medienwirksam in Szene zu
setzen weiss, gilt als aussichtsreichste Kandidatin für die
Nachfolge von Bundesrat Hans-Rudolf Merz. Sie ist verheiratet und lebt
in Wil.
--------------------------------
GEFANGENEN-INFO
--------------------------------
linksunten.indymedia.org 21.4.10
Chefredakteur des Gefangeninfos verurteilt
Verfasst von: GI lesender arbeiter. Verfasst am: 22.04.2010 -
09:11.
Geschehen am: Mittwoch, 21. April 2010.
Der presserechtlich Verantwortliche der Publikation
GefangenenInfo
Wolfgang Lettow ist am Mittwochnachmittag vom Berliner Amtsgericht zu
einer Geldstrafe von 800 Euro verurteilt worden. Der Grund für die
Anklageerhebung ist der Prozessberichts "Blind in Beugehaft" in der
Ausgabe Nr.348 vom Juli letzten Jahres.
In dem inkriminierten Text wurde ein Verhandlungstag im
§129b-Prozess gegen dem Gefangenen Faruk Ereren, dem inzwischen
die Auslieferung in die Türkei droht, beschrieben. Nuri
Eryüksel hatte es abgelehnt, über die Strukturen der
türkischen Exilorganisation Aussagen zu machen, weil er sich dabei
selber belasten könnte. Das Gericht bestand aber auf seiner
Zeugenaussage und erließ dann die Beugehaft, die noch im
Gerichtssaal vollstreckt wurde. Dieses Vorgehen sorgte unter den
ProzessbeobachterInnen für besondere Empörung, weil Nuri
mehrere Jahre in türkischen Gefängnissen inhaftiert war und
dort auch gefoltert wurde.
Er hat mittlerweile auch als Spätfolge der Folter
sein
Augenlicht verloren. Die Verhängung der Beugehaft wurde dann 4
Wochen später aufgehoben und vom BGH als rechtswidrig kassiert!
Die ProzessbeobachterInnen der Roten Hilfe
Düsseldorf-Mönchengladbach schreiben in ihrem Bericht dem
zuständigen Richter nach der Verkündung der Beugehaft eine
Bemerkung zu, die von vielen Ohrenzeugen als zynisch empfunden wurde.
Dort soll der Richter mit Verweis auf Nuris Erblindung erklärt
haben, dass er vielleicht in der Beugehaft zur Besinnung komme. Der
Richter bestreitet diese Äußerung. Mehrere
ProzessbeobachterInnen, darunter ein Anwalt und ein Vertreter des
Komitees für Grundrechte und Demokratie können sich an eine
von ihnen als zynisch empfundene Äußerung des Richters
erinnern.
Trotzdem erklärte der Richter in Berlin in der
Urteilsbegründung am Mittwoch, dass die Äußerungen
nicht gefallen sind. Anträge des Rechtsanwalts Jürgen
Schneider, der Lettow verteidigte, zum Beweis des Prozessberichts,
einen Verteidiger aus dem Düsseldorfer Verfahren zu laden, der
sich auch an zynische Äußerungen des Richters erinnern kann,
wurden abgelehnt. Vorher hatte Schneider anhand von Presseberichten
nachgewiesen, dass Richter bei den Staatsschutzsenaten in ihre Vorworte
vor ihren Entscheidungen oft harte Kritik an ZeugInnen, Angeklagten
etc. einfließen lassen. Daher wären auch die inkriminierten
Äußerungen des Richters durchaus denkbar.
Lange Geschichte der Kriminalisierung
Ca. 30 Menschen besuchten den Prozess, darunter zwei
Mitglieder
des Komitees für Grundrechte. Einige AktivistInnen entrollten auf
einer Kurzpressekonferenz vor den Toren des Berliner Amtsgerichts ein
Transparent des Netzwerks für politische Gefangene.
In einer Prozesserklärung erklärte Wolfgang
Lettow,
dass das Gefangeneninfo in seiner 21jährigen Geschichte mit ca. 30
Verfahren konfrontiert war. Davon kamen 4 zur Anklage, 2 RedakteurInnen
wurden verurteilt. Lettow erklärte, dass in den ersten beiden
Jahrzehnten mit den Kriminalisierungsversuchen eine Öffentlichkeit
für die Gefangenen aus RAF und Widerstand verhindert werden
sollte. In den letzten Jahren seien zunehmend türkische und
kurdische Gefangene mit 129a und 129b-Verfahren konfrontiert. Damit
können sie auch wegen völlig legaler politischer
Tätigkeiten in Deutschland verurteilt werden, weil sie beschuldigt
werden, damit den politischen Kampf in ihren zu unterstützen. Auch
für diese Gefangene will das Info weiter Öffentlichkeit
herstellen, betonte Wolfgang Lettow nach der Urteilsverkündung. Er
sieht das Verfahren und das Urteil "hart an der Grenze zur
Medienzensur". In Anbetracht der Tatsache, dass linke Medienprojekte
wie das "Gefangenen Info" keine kommerziellen Ziele verfolgen und somit
nicht über ein dickes Finanzpolster verfügen, gleicht jeder
Strafbefehl und jede Geldstrafe einem massiven Angriff, der die
Existenz dieses Projektes gefährdet. Deswegen soll eine
Spendenkampagne für das Urteil und die Prozesskosten gestartet
werden.
http://www.political-prisoners.net/home.php?id=4_=de&action=campaign
http://gefangenen.info/
----------------------
ANTI-ATOM
----------------------
Oltner Tagblatt 22.4.10
Wo Gösgen II gebaut werden soll
Niedergösgen Niederämter
Gemeindepräsidenten
wurden gestern Abend informiert
Die Gemeindepräsidentenkonferenz des Niederamtes
wurde
gestern Abend in Niedergösgen von Vertretern der Alpiq und des
kantonalen Amtes für Raumplanung über den Stand des
projektierten Kernkraftwerks Gösgen II und das bevorstehende
Richtplanverfahren orientiert.
Nächstes Jahr wird der Bund die Kantone dazu
einladen, zu
den drei Rahmenbewilligungsgesuchen für den Bau neuer
Kernkraftwerke in der Schweiz Stellung zu nehmen. Der Kanton Solothurn
als möglicher Standortkanton will seine Stellungnahme politisch
breit abstützen. Zu diesem Zweck will er eine Richtplananpassung
durchführen mit dem Ziel, den Standort im Kantonalen Richtplan
festzusetzen und den federführenden Bewilligungsbehörden des
Bundes dabei seine rechtlichen und politischen Forderungen zu stellen.
Richtplanverfahren im Juni
Das Richtplanverfahren mit der öffentlichen Auflage
der
Richtplananpassung ist für Juni 2010 geplant. Dazu werden sich
innerhalb der Auflagefrist alle interessierten Personen in Form von
Einwendungen äussern können. Der Regierungsrat wird gegen
Ende 2010, in Kenntnis der ausgewerteten Einwendungen, den Beschluss
zur Standortfestsetzung in der kantonalen Richtplanung fällen. Auf
dieser Grundlage wird der Kanton Solothurn seine Stellungnahme zuhanden
der Bundesbehörden abgeben.
Der Bericht zur Richtplananpassung liegt im Entwurf vor
und wurde
den Niederämter Gemeindepräsidenten gestern vorgestellt. Er
beschreibt das Projekt des neuen Kernkraftwerkes, nimmt Stellung zu
Fragen des Parallelbetriebes, der Stilllegung und des Sachplans
Geologisches Tiefenlager. Der Bericht zeigt ausserdem die Auswirkungen
des geplanten neuen Kernkraftwerkes auf Raum und Umwelt auf.
Schliesslich führt die vorgenommene Interessenabwägung zum
Richtplanbeschluss, der eine Festsetzung des Standortes Niederamt in
der kantonalen Richtplanung mit Auflagen und Bedingungen zuhanden der
Bundesbehörden vorsieht.
Die 15 Gemeinden, die in der
Gemeindepräsidentenkonferenz
Niederamt vertreten sind, erhalten die Unterlagen zur Vorkonsultation
und zur inhaltlichen Überprüfung. Sie sind eingeladen, bis
21. Mai 2010 ihre Anträge beim kantonalen Amt für Raumplanung
einzureichen. Die öffentliche Auflage der Richtplananpassung
dauert 30 Tage und ist für Juni 2010 vorgesehen. Die genauen Daten
werden rechtzeitig in den amtlichen Publikationsorganen
veröffentlicht. Für die Bevölkerung ist für
Mittwochabend, 9. Juni 2010, eine öffentliche
Orientierungsveranstaltung in Niedergösgen geplant.
Das Rahmenbewilligungsverfahren für den Bau neuer
Kernkraftwerke in der Schweiz dauert mindestens fünf Jahre. Der
Bundesrat wird voraussichtlich Mitte 2012 über die drei
eingereichten Rahmenbewilligungsgesuche Niederamt, Beznau und
Mühleberg entscheiden. Danach werden National- und Ständerat
am Zug sein. Frühestens Ende 2013 könnte somit die
eidgenössische Volksabstimmung stattfinden. Falls das Volk Ja
sagt, folgen die Bewilligungsverfahren für Bau und Betrieb. Das
erste neue Kernkraftwerk könnte um das Jahr 2025 ans Netz gehen.
(sks)
--
Der Projektstandort
Das auf Gemeindegebiet von Däniken, Gretzenbach und
Niedergösgen gelegene Projektareal umfasst eine Gesamtfläche
von rund 49 ha. Es besteht aus einem Hauptareal und zwei Teilarealen
Nord und Süd links- und rechtsufrig der Alten Aare. Das Hauptareal
ist im Norden durch den Aarelauf begrenzt, der in einer Schleife das
Aarfeld auf drei Seiten umschliesst. Das Teilareal Nord liegt zwischen
der Alten Aare und dem Oberwasserkanal des Wasserkraftwerks Gösgen
auf der Insel. Im östlichen Teil derelben liegt das Schotterfeld
Grossacker. Das rund 10 ha umfassende Hauptareal (schwarz schraffiert)
ist die Fläche, auf der die Gebäude zur Stromerzeugung sowie
zum Umgang mit nuklearen Gütern und radioaktiven Abfällen vom
Reaktorgebäude bis zum Abfallaufbereitungs- und
-lagergebäude, Maschinenhaus mit Turbinen- und Generatoranlagen zu
stehen kommen. (sks)
---
Schaffhauser Nachrichten 22.4.10
Atomare Abfälle hemmen die Entwicklung
Die Lagerung von nuklearen Abfällen hemmt gemäss
einer
gestern präsentierten Studie den Zuzug von weiteren Bewohnern und
Unternehmen.
Von Walter Joos
Auf welche Weise wirkt sich der Bau und Betrieb eines
Tiefenlagers für radioaktive Abfälle auf die weitere
Entwicklung des Kantons Schaffhausen aus? Dieser Frage ging in den
vergangenen 18 Monaten ein interdisziplinär zusammengesetztes Team
unter der Leitung von Jürg Kuster nach. Das Ergebnis der gemachten
Recherchen wurde gestern von den Exponenten der Projektgruppe anhand
eines rund 150 Seiten umfassenden Berichtes im Haus der Wirtschaft
vorgestellt und von den Vertretern des Regierungsrates des Kantons
Schaffhausen kommentiert.
Unterschiedliche Auswirkungen
Nach Aussage von Projektleiter Jürg Kuster ergeben sich in
der
Phase des bis 2020 dauernden Standortauswahiverfahrens sowie in der
mehr als 30 Jahre dauernden Phase von der Erteilung der nuklearen
Baubewilligung bis zum Abschluss der Einlagerung radioaktiver
Abfälle - zwischen 2030 und 2065 - eine Vielzahl von
unterschiedlichen Auswirkungen. Zum einen entstehen durch die
Aufträge und die Mitarbeitenden der Nationalen Genossenschaft
für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) substanzielle
Beschäftigungs- und Einkommenseffekte. Zum andern führt
jedoch die Realisierung eines Tiefenlagers während der genannten
Phasen infolge verminderter Zuwanderung zu einer erheblichen
Verringerung des Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums im Kanton
Schaffhausen.
Abwanderung wenig wahrscheinlich
Aus der Sicht der Verfasser der gestern erläuterten Studie
ist
davon auszugehen, dass sich neue Unternehmen beim Bau und Betrieb eines
Tiefenlagers nicht~ mehr im gleichen Ausmass im Kanton Schaffhausen
ansiedeln.
Eine Abwanderung ansässiger Firmen infolge eines
Tiefenlagers sei zwar nicht zu erwarten. Der Zuzug würde jedoch
infolge der mit Lagerung radioaktiver Abfälle verbundenen
Imageeinbusse erheblich gedrosselt. Weniger zuwandernde Einwohner
bedeutet hatürlich auch weniger Nachfrage im Bereich der ~
Schaffhausen. Zudem ziehen weniger neu geschaffene Arbeitsplätze
auch eine geringere Zuwanderung im Kanton Schaffhausen nach sich.
Negative Effekte überwiegen
Ein Tiefenlager für radioaktive Abfälle löst zwar
laut
Aussage von Projektleiter-Stellvertreter Guido Cavelti vor allem in der
arbeitsintensiven Bauund Betriebsphase positive
Beschäftigungseffekte im Kanton Schaffhausen aus. Diese sind
jedoch befristeter Natur und vermögen die entgangenen
Zuwächse bei Bevölkerung und Arbeitsplätzen bei Weitem
nicht zu kompensieren. Bezogen auf die Steuererträge der
juristischen und natürlichen Personen, entginge dem Kanton
Schaffhausen -basierend auf den gegenwärtigen Steuererträgen
- in den nächsten 50 Jahreil ein Steuerertragswachstum in der
Grössenordnung von 24 Millionen.
Dies entspricht gemäss der auf hypothetischen
Annahmen
beruhenden Bilanz der gestern publizierten Studie etwa dem 2008
verbuchten Steuerertrag von Kanton und Gemeinden durch natürliche
und juristische Personen.
Verlangsamte Wertschöpfung
Massgebend für die prognostizierte Dämpfung des
Wachstums der
jährlichen Steuererträge sind ein entgangenes
Bevölkerungswachstum bis 2050/65 von 2000 bis 5000 Personen - das
entspricht etwa drei bis sieben Prozent der heutigen
Wohnbevölkerung von 75000 Personen - sowie ein entgangenes
Arbeitsplatzwachstum zwischen 1000 und 2000 Vollzeitäquivalenten.
Das entspricht etwa drei bis sieben Prozent der heute vorhandenen 32
000 Vollzeitstellen. Diese Zahlen beruhen zwar laut Aussage der an der
Studie beteiligten Fachleuten auf hypothetischen Annahmen. Doch selbst
beim bestmöglichen Szenario des von den Fachleuten gewählten
Prognosemodells zeigt sich, dass ein atomares Tiefenlager eine echte
Gefahr für das Image des Kantons Schaffhausen darstellt. Diese
könnte zudem durch unvorhersehbare Störfälle gleichsam
über Nacht erheblich vergrössert werden.
Subjektiv empfundene Gefahren
Sollte der Standort Schaffhausen wiederholt mit Atommüll in
Verbindung gebracht werden, wären gemäss den Analysen von
Wirtschaftspsychologe Christian Fichter, Professor an der Kalaidos
Fachhochschule, bei vielen Menschen unbewusste Assoziationen zu
erwarten, wie sie sich heute in der Bevölkerung gegenüber
Gösgen, Mühleberg oder Kölliken manifestieren. Die
objektive Gefährlichkeit des Tiefenlagers ist zwar nach Ansicht
des an der Studie beteiligten Wirtschaftspsychologen als
vergleichsweise gering einzuschätzen.
Wesentlich gewichtiger für die Imagebildung sei
jedoch die
wahrgenommene Gefährlichkeit. Diese ist bei allem, was mit
Atomtechnologie zutun hat, subjektiv gegeben. Zusätzlich
können Aktionen inder Offentlichkeit und Berichte in den Medien
die Aufmerksamkeit gegen-über der subjektiv empfundenen
Gefährlichkeit beeinflussen. Die individuellen und
ökonomischen Nachteile, die sich daraus für Schaffhausen und
seine Bevölkerung ergeben würden, sind nach Ansicht des
Experten darum erheblich, weil sich Menschen sehr oft vom Image
beeinflussen lassen.
Nachhaltige Beeinträchtigung
Wenngleich eine genaue Quantifizierung des Imageschadens
schwierig sei,
so das Fazit der beauftragten Experten, so müsse doch angenommen
werden, dass die negativen Auswirkungen auf das Image des Kantons die
Entwicklung des Standortes nachhaltig beeinträchtigen würden.
--
Folgerungen des Regierungsrates
Nukleare Tiefenlager schaden dem Ansehen und würgen die
unerlässliche Revitalisierung ab
Tiefenlager für nukleare Abfälle würden den
unerlässlichen Zuzug von Unternehmen und Einwohnern nach
Schaffhausen über mehrere Jahrzehnte markant vermindern. Das
stellte Regierungspräsident Erhard Meister aufgrund der Ergebnisse
der gestern vorgestellten Studie der Brugger und Partner AG fest. Der
Regierungsrat wende sich deshalb entschieden gegen die beiden in
unmittelbarer Nähe zu Schaffhausen zur Diskussion stehenden
Lagerstandorte. Im Vergleich zu den eher bescheidenen und zeitlich
begrenzten positiven wirtschaftlichen Effekte wiege die mutmassliche
Entwertung von Immobilien und der gleichzeitig zu erwartende
Imageschaden für die Wohnregion und den Wirtschaftsstandort
Schaffhausen sehr schwer. Die sich über mehrere Jahrzehnte
erstreckenden mittelbaren Effekte wirken sich auf die von der Regierung
angestrebte Zuwanderung von zusätzlichen Einwohnern und die
Verjüngung der Bevölkerung sowie auf die Schaffung von neuen
Arbeitsplätzen und die Erhöhung der Steuererträge
negativ aus. Das gelte in gleicher Weise für den Bau und den
Betrieb eines Lagers für schwach-, mittel- oder hochaktive
Abfälle. "Der Kanton Schaffhausen würde sich durch ein
Tiefenlager im Einzugsgebiet seines regionalen Zentrums einen massiven
Standortnachteil einhandeln und den eigentlichen Motor für eine
weitere gedeihliche Entwicklung ins Stottern bringen", stellte
Regierungspräsident Erhard Meister gestern fest. Die Regierung
setze sich nicht aus "Wachstumseuphorikern" zusammen. Für eine
gute Zukunft sei der Kanton jedoch auf einen weiteren Zuzug von
Einwohnern und Unternehmungen angewiesen.
Die Exekutivmitglieder, die sich gestern äusserten - dazu
zählten neben Regierungspräsident Erhard Meister auch die
Regierungsräte Reto Dubach und Ursula Hafner-Wipf -, kritisierten
ausserdem die einseitige Gewichtung der technischen Aspekte durch die
Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver
Abfälle. Aus ihrer Sicht werden die volkswirtschaftlichen Aspekte
zu wenig und zu spät in das bereits seit mehreren Jahren laufende
Verfahren einbezogen. Sie fordern darum die Bundesbehörden zu
einer raschen und gleichwertigen Berücksichtigung der
sozioökonomischen Effekte auf. Dazu gehören laut Reto Dubach
insbesondere auch die Auswirkungen auf die Raumentwicklung und die
Energiepolitik. Auch die mit einem Endlager verbundenen emotionalen
Aspekte lassen sich laut Ursula Hafner-Wipf nicht einfach ausblenden.
Die Radioaktivität sei - so Erhard Meister - keine harmlose Sache.
Die persönliche Einschätzung der damit verbundenen Gefahren
falle sowohl bei der einheimischen Bevölkerung innerhalb der
Region als auch bei potenziellen Zuzügern ausserhalb der Region
unterschiedlich aus. Die im Rahmen des laufenden Verfahrens erwogenen
einmaligen Entschädigungszahlungen zugunsten der am Standort von
atomaren Tiefenlagern befindlichen "Kerngemeinden" betrachtet der
Regierungsrat als den falschen Weg. Sie vermögen - so Erhard
Meister - die aufgrund der neuen Studie tatsächlich anfallenden
negativen Effekte weder hinreichend noch dauerhaft auszugleichen.
Für die Mitglieder der Exekutive kommen letztlich nur
substanzielle Dauerentschädigungen zugunsten aller in der
Standortregion liegenden Gemeinden sowie eine langfristige
Solidarhaftung des Bundes im Fall eines Schadenereignisses in Frage.
(W. J.)
--
Sozioökonomische Studie aufgrund von Hypothesen
Die im Auftrag der Regierung von der in Zürich
niedergelassenen
Brugger und Partner AG verfasste und gestern in Schaffhausen
vorgestellte Studie - Kostenpunkt: 250 000 Franken - untersucht die
sozioökonomischen Auswirkungen eines in der Region erstellten und
betriebenen Tiefenlagers für nukleare Abfälle auf den Kanton
Schaffhausen. Während die Abschätzung der unmittelbaren
Effekte auf den Angaben der Nagra beruhen, basiert die Abschätzung
der mittelbaren (Image-)Effekte aus eigenständigen Untersuchungen
über die subjektive Wahrnehmung der Gefahren oder der sonstigen
Nachteile der Lagerung von atomaren Abfällen. Zu diesem Zweck
wurden zahlreiche Einzelpersonen und Geschäftsleitungen befragt.
Zur Auswertung der hypothetischen Absichtserklärungen
wurden
mit Urs Bieri und Christian Fichter zwei kompetente Partner einbezogen.
(W. J.)
---
sh.ch 21.4.10
Erste umfassende wissenschaftliche Studie zu
sozio-ökonomischer
Langzeitwirkung: Atommüll-Lager gefährden Entwicklung
Schaffhausens
http://www.sh.ch/fileadmin/Redaktoren/Dokumente/Medienmitteilungen/2010/2010-04-21-II.pdf
---
Thurgauer Zeitung 22.4.10
Atom-Endlager ist schlecht fürs Image
Schaffhausen - Schaffhausen fürchtet um seinen guten
Ruf als
Wirtschaftsstandort. Eine Studie hat ergeben, dass die geplanten
Atom-Endlager im Zürcher Weinland und im Gebiet Südranden die
Entwicklung des Kantons stark bremsen. Der Bericht wurde von der
Regierung in Auftrag gegeben. Er kommt zum Schluss, dass in den
nächsten 50 Jahren weniger Menschen nach Schaffhausen ziehen und
dort weniger Arbeitsplätze entstehen. Jährlich würden
dem Kanton damit Steuererträge zwischen 15 und 33 Millionen
Franken entgehen. Verglichen mit heute ist das ein Minus von 3 bis 7
Prozent. (tz) lSeite 19
--
Atom-Endlager schadet dem Ruf
Weniger Einwohner, weniger Arbeitsplätze, weniger
Steuerertrag: Die Lager für atomare Abfälle im Zürcher
Weinland und im Südranden sind schlecht fürs Image von
Schaffhausen.
Schaffhausen - Die Schaffhauser Regierung ist gegen die
geplanten
Atom-Endlager im Zürcher Weinland und im Südranden. Sie
fürchtet dabei weniger um die Sicherheit als um den
Wirtschaftsstandort. Denn es sei schlecht fürs Image, wenn keine
15 Kilometer entfernt atomare Abfälle in der Tiefe lagern. Eine
von der Regierung in Auftrag gegebene Studie kommt zum Schluss, ein
Endlager in der Region bremst das Wirtschaftswachstum in Schaffhausen.
In den nächsten 50 Jahren würden etwa 2000 bis
5000
Menschen weniger in den Kanton ziehen und es gebe etwa 1000 bis 2000
Arbeitsplätze weniger. Verglichen mit der heutigen Situation
ergibt das ein Minus von 3 bis 7 Prozent. Die Studie rechnet damit,
dass den Schaffhausern jährlich Steuererträge zwischen 15 und
33 Millionen Franken entgehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob im
Randen-Gebiet schwach- bis mittelaktive Abfälle entsorgt werden
oder ob im Weinland ein Lager für hochaktive Abfälle entsteht.
Während die Endlager gebaut werden, gibt es zwar mehr
Arbeit
und Aufträge für hiesige Firmen. Dieser Aufschwung sei aber
nur vorübergehend und wiege die negativen Folgen nicht auf.
Passt nicht gut zu Bio
Für die Studie wurden Einwohner und Unternehmen
befragt.
Dabei haben fünf von 29 Firmen betont, Schaffhausen käme als
Standort für sie nicht mehr in Frage, wenn es dort ein atomares
Endlager gäbe. Das hat manchmal auch mit der Marketing-Strategie
zu tun, zum Beispiel bei Firmen, die mit biologischen Lebensmitteln
oder Gesundheitsprodukten handeln. Unternehmen, die bereits in
Schaffhausen angesiedelt sind, würden nicht wegziehen. Sie
fürchten aber, mit einem Atom-Endlager vor der Haustüre
hätten sie es schwerer, hochqualifiziertes Personal zu finden.
Bitter für die Regierung ist, dass Schaffhausen in
den
letzten zehn Jahren sehr viel Energie in die Wirtschaftsförderung
gesteckt hat. Nun grassiert die Angst, die Aufbauarbeit könnte
umsonst gewesen sein.
Der Bund will einige Gemeinden mit einmaligen Zahlungen
entschädigen. Aus Schaffhauser Sicht ist das aber der falsche Weg.
Um die Nachteile wett zu machen, brauche es "ei-ne substanzielle
Dauer-Entschädigung für die ganze Region", sagt
Regierungspräsident Erhard Meier. Zahlen wollte er aber nicht
nennen.
Thurgau bleibt wachsam
Vom Endlager ist auch die Region um Schlatt betroffen.
Darum ist
es wertvoll, wenn Schaffhausen eine Studie beisteuert, sagt der
Thurgauer Baudirektor Jakob Stark. Noch sei es aber zu früh, um
die Ergebnisse zu interpretieren. Der Bund will nächstes Jahr eine
Studie zu den sozio-ökonomischen Auswirkungen aller betroffenen
Regionen erstellen lassen, auch Zürich hat eine Studie in Auftrag
gegeben.
Wenn die Ergebnisse vorliegen, könne man eine
Gesamtschau
vornehmen. Stark sagt: "Wir werden die Entwicklung sehr umsichtig und
wachsam verfolgen."
Ida Sandl