MEDIENSPIEGEL 5.5.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS)
- Sicherheitswahn Biel: SIP auf Patrouille
- Zureich: 3 Aktivisten in Haft
- 1. Mai Zureich: Polizeikosten-Polemik
- 1. Mai Basel: Gefangene frei
- Lausanne autonome: Demo am Donnerstag
- Demo-Recht LU: Keine Einschränkung
- Police CH: Inti mit KSPD-Präsident
- Homophobie: Elton John-Konzert in Ägypten verboten
- Facebook: Mehr Datenschutz
- Anti-Atom: BE-Regierung gegen, Grosser Rat für Mühleberg II
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REITSCHULE
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Di 04.05.10
20.30 Uhr - Kino - Uncut - Warme Filme am Dienstag
Mi 05.05.10
19.00 Uhr - SousLePont - Himalaya-Spezialitäten
20.30 Uhr - Tojo - "Kosmose" Butoh-Tanztheater von Cie
Elektra.
20.30 Uhr - Kino - Schwarz auf Weiss, Günter
Wallraff, Pagonis
Pagonakis, Susanne Jäger, Gerhard Schmidt, D 2009
21.00 Uhr - Rössli - Aluminum Babe
Do 06.05.10
10.15 Uhr - Grosse Halle - Frühlings Erwachen, von
Ensemble U18 I,
Junge Bühne Bern (Schulvorstellung)
14.00 Uhr - Grosse Halle - Frühlings Erwachen, von
Ensemble U18 I,
Junge Bühne Bern (Schulvorstellung)
20.30 Uhr - Tojo - "Kosmose" Butoh-Tanztheater von Cie
Elektra.
20.30 Uhr - Kino - Mitgliederversammlung
Cinébern: Golem2000 mit
Musik-Begleitung
21.00 Uhr - Rössli - Plattentaufe: Meienberg
Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch
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BZ 5.5.10
Steff la Cheffe
"Bi ds Chick mit em Baby-Face"
Die junge Bernerin Steff la Cheffe zeigt mit ihrem
Debütalbum "Bittersüessi Pille", mit wem in Zukunft im
Schweizer Rap zu rechnen ist: mit ihr.
Kinder rennen umher, kreischen, Verliebte sitzen eng umschlungen,
kuscheln, die Sonne scheint - im Berner Rosengarten ist der
Frühling ausgebrochen. Nur eine lässt dies scheinbar kalt.
Die junge Frau, bleich, in Sonnenbrille und Tanktop, die Haare streng
nach hinten gebunden, sitzt an einem Tisch für sich. Hat ihren
Laptop aufgeklappt, zieht an einer Zigi und redet ins Handy. Auf ihrer
Halskette prangt riesig der Schriftzug "Steff la Cheffe" -
selbstbewusst, denkt manch einer und ist bereits nicht mehr so sicher,
wie die Person, die da thront, einzuordnen ist. Ist es Stefanie Peter,
das 23-jährige "Meitschi vom Breitsch", das fast verwundert
wahrnimmt, wie sich die Schweiz plötzlich nach ihm umdreht? Oder
ist es Steff la Cheffe, die selbstbewusste Rapperin, die mit ihrem
soeben erschienenen ersten Album "Bittersüessi Pille" die
männliche Konkurrenz herausfordert?
Kein Nachäffen
Wahrscheinlich ist es die Mischung aus beidem, die fasziniert und
irritiert. Denn Steff la Cheffe nimmt kein Blatt vor den Mund, tut es
ihren männlichen Rapper-Kollegen gleich, ohne eben
nachzuäffen. Und wenn sie das mal macht, so wie in "No
Competition" - "i frisse di zum Zmorge wie mini Cornflakes" - ist es
ironisch gemeint. Die Hörerin von "Bittersüessi Pille" mag
gar eine Art Freiheitsgefühl herausspüren. Feminismus, der
nicht mehr in erster Linie Kampf sein muss, eher
selbstverständlich ist. Und den strahlt Stefanie Peter aus, wenn
sie einsam an ihrem Tisch sitzt und dann plötzlich herzlich lacht.
Feminismus als Markenzeichen? Steff la Cheffe würde dem
widersprechen. In Schubladen eingeordnet werden - das mag sie
nämlich gar nicht. Lieber sich immer wieder verpuppen, sich als
etwas anderes entpuppen, das zeigt sie auch auf "Bittersüessi
Pille": Mimt die politische Rapperin in "Briche Brot", die Sexgöre
in "Chum i mini Chuchi" und die unabhängige Kämpferin in
Songs wie "Bittersüessi Pille" und "Im Momänt", wo sie sich
auch einmal als "Chick mit em Baby-Face" umschreibt.
Ein Album, das so vielfältig ist, dass es einige Male die
Grenze zur Beliebigkeit schrammt, zum Beispiel mit poppigen
Einflüssen. Und dann doch zurück zum Rap findet. Der
Zürcher Dodo Jud, der das Album produziert hat, lässt Steff
la Cheffe zum Glück viel Freiraum, den sie sich zum Teil auch
erkämpft hat: "Ich wollte am liebsten ein Album machen, das noch
mehr nach Hip-Hop tönt", sagt sie.
Da ist er wieder zu hören, der kämpferische Unterton.
Der Kampf darum, ernst genommen zu werden. Denn es gibt nichts
Schlimmeres für Steff la Cheffe, als zur "Meitli-Rapperin"
degradiert zu werden. Nicht umsonst bindet sie sich die
wunderschönen Locken auf der Bühne stets streng zurück,
nicht umsonst ist ein Zürcher auf die Bernerin aufmerksam worden -
die Berner Szene, nur Männer, scheint sie schlicht übersehen
zu haben.
Durchgestartet
Aber das liegt weit hinter ihr. Im letzten Jahr kam der Titel zur
Vize-Weltmeisterin im Beatboxen, die Zusammenarbeit mit Harfenist
Andreas Vollenweider, der sie mit auf Tournee nahm, und der Sieg als
Rapperin am Festival m4music. Anfang 2010 schliesslich gabs gar eine
Produktion des Berner Stadttheaters mit ihr. Durchgestartet ist Steff
la Cheffe schon lange.
Vom Nachteil zum Vorteil
Und da war es plötzlich als Frau in einem
Männerbusiness gar kein Problem mehr. "Ich habe meinen Weg
gefunden", sagt sie. Und es klingt nicht einmal anmassend. "Ich habe
einfach gemerkt, wie ich mir einen Nachteil zum Vorteil machen kann."
Das hat auch damit zu tun, dass die 23-Jährige nicht mehr alles so
ernst nimmt. Als Kind war das Gegenteil der Fall: Sie setzte sich immer
selbst unter Druck. "Meine Mutter hatte sogar Angst, dass ich einmal
introvertiert und verschüpft werde." Darüber kann Steff la
Cheffe jetzt lachen. "Ich habe sozusagen eine
Rückwärtsentwicklung gemacht: Während alle mit dem Alter
immer ernster wurden, nahm ich mit der Zeit das Leben lockerer."
Die Mutter kann also stolz sein. Sie und der grosse Bruder waren
es auch, die Steff la Cheffe zum Geburtstag die Kette mit dem Namen
geschenkt haben - angefertigt nach dem gezeichneten Vorbild im
CD-Booklet. Steff la Cheffe ist jetzt definitiv der Chef.
Marina Bolzli
CD: Steff la Cheffe, "Bittersüessi Pille", Bakara. CD-Taufe:
22.5., Dachstock der Reitschule, Bern. TV: 13.5, Aeschbacher, 22.20,
SF1.
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SICHERHEITSWAHN BIEL
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Langenthaler Tagblatt 5.5.10
Das Sicherheitsgefühl stärken
Biel. Bald patrouillieren Zweierteams der neuen Gruppe Sicherheit,
Intervention, Prävention
Die Stadt Biel sagt Vandalen und Ruhestörern den Kampf an:
Nach den Sommerferien patrouillieren Zweierteams der neu geschaffenen
Gruppe Sicherheit, Intervention, Prävention (SIP) in der
Innenstadt.
Bruno Utz
Wie andernorts, so klagen auch immer öfter Bielerinnen und
Bieler über Vandalismus, Ruhestörungen und
Belästigungen. Vor allem lärmende Nachtschwärmer,
herumlungernde Jugendliche und auffällige Randständige
führen mit ihrem auffälligen Verhalten regelmässig zu
Klagen und Konflikten. Besonders betroffen sind der Bahnhofplatz, der
Heuerpark, der Kongresshaus-Parkplatz sowie die Umgebungen von
Nachtklubs und Bars. So ist es im "Konzept SIP" nachzulesen. SIP steht
laut der in Biel für die Sicherheit zuständigen
Gemeinderätin Barbara Schwickert (Grüne) für
"Sicherheit, Intervention, Prävention". Und genau mit einer
SIP-Abteilung will nun Biel für mehr Sicherheit, Ruhe und Ordnung
im öffentlichen Raum sorgen.
Ordnungsdienst, Sozialarbeit
SIP ist laut Schwickert eine niederschwellige Kombination von
Ordnungsdienst und Sozialarbeit. Vergleichbare SIP-Teams gibt es
bereits in Zürich und Luzern (vergleiche separaten Artikel). Und
in der Stadt Bern ist seit einigen Jahren Pinto (Prävention,
Intervention, Toleranz) mit der Lösung ähnlicher Aufgaben
betraut, wie sie jetzt in Biel SIP-Teams übernehmen sollen.
"Nächste Woche schreiben wir die Stellen aus. Nach einer
kurzen Ausbildung rechnen wir damit, dass die SIP-Teams nach den
Sommerferien ihre Tätigkeit aufnehmen können", sagt
Schwickert auf Anfrage. Vorgesehen seien 300 Stellenprozente, 80
Prozent davon für die Leitung. "Die restlichen Stellenprozente
werden wir wahrscheinlich mit vier weiteren Personen besetzen", so
Schwickert. Geplant seien Zweierteams, die jeweils schwergewichtig
donnerstags, freitags und samstags in der Innenstadt unterwegs sein
sollen.
Was nicht stört, wird toleriert
Der Einsatz erfolgt laut Konzept "flexibel entsprechend der
Nachfrage zwischen 13 und 1Uhr in der Früh, an Wochenenden bis
morgens um 4 Uhr". Einer der SIP-Grundsätze lautet, toleriert
wird, was nicht stört. "Das wäre dann nicht der Fall, wenn
eine Gruppe von Leuten auf dem Zentralplatz mit Bierflaschen um sich
wirft", nennt Schwickert ein Negativbeispiel.
Es sei vorgesehen, die SIP-Mitarbeitenden einheitlich
einzukleiden und mit Mobiltelefonen sowie Pfeffersprays
auszurüsten. Biel rechne mit jährlichen Kosten von gut 250000
Franken. Nach zwei Jahren werde der Versuch evaluiert. Hauptziel sei,
das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu stärken.
--
Akzeptiert bei der Bevölkerung
Die Stadt Luzern führt seit April 2005 eine SIP-Abteilung.
"Wir sind bei unserer Kundschaft, das sind vor allem Randständige,
Jugendliche und Migranten, sowie bei der Bevölkerung akzeptiert",
sagt SIP-Leiter Anton Häfliger. Eher gering sei die Akzeptanz bei
Politikern, die mehr Repression wollten. "Meine Leute gehen nicht mit
dem Drohfinger auf die Leute zu, sondern freundlich und sie appellieren
an deren Vernunft. Das dauert zwar etwas länger, unser Vorgehen
hat jedoch Erfolg", resumiert Häfliger. Die Polizei werde nur bei
Gewalt beigezogen. "Und wenn jemand nicht kooperativ ist", so
Häfliger. Insgesamt beschäftige SIP Luzern 9 Personen im
Winter und 15 im Sommer. Die Mitarbeitenden sind teiluniformiert. Zur
Ausrüstung gehören Unterlagen für Hilfsangebote und ein
Pfefferspray. Häfliger: "Den mussten wir erst viermal einsetzen."
(uz)
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GEFANGENE ZUREICH
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Indymedia 5.5.10
Zürich: Drei Genossen in Untersuchungshaft ::
AutorIn : Revolutionärer Aufbau: http://www.aufbau.org
Im Rahmen der Massenverhaftungen wurde auch Paul* am 1. Mai in
Zürich festgenommen. Am 4. Mai eröffnete der Haftrichter die
Untersuchungshaft gegen den jungen Genossen.
Angeblich hat er sich gegen seine Verhaftung zur Wehr gesetzt und dabei
einen Polizisten am Bein verletzt. Angesichts der brutalen
Einsätze der Greifertrupps, die sich mit vollem Körpergewicht
auf ihre Opfer warfen und diese zu Boden schmetterten, bleibt die
Frage, ob sich der Polizeischläger nicht selber verletzt hat. Aber
unabhängig davon: Jemanden deswegen wegen Verdunkelungsgefahr in
Untersuchungshaft zu setzen ist schlicht absurd und dient nur einem
Zweck: Den Widerstand gegen gegen das Kapital und seinen
Repressionsapparat einzuschüchtern.
Auch Franz* und Karl*, die am vergangenen Donnerstag wegen einem
angeblich am 1. Mai 2009 (!) begangenen Farbanschlag gegen die
Credit-Suisse verhaftetet wurden, befinden sich nach wie vor in U-Haft.
Karl wurde inzwischen nach Pfäffikon verlegt, Franz sitzt im
berüchtigten Flughafengefängnis ein. Auch hier dient die
angebliche Verdunkelungsgefahr als Haftgrund. Die am Tag nach der
Verhaftung der beiden Genossen durchgeführte
CS-Aktionärsversammlung macht diese Polizeiaktion besonders
symbolträchtig. Eindeutiger könnten Polizei und Justiz ihren
Klassencharakter kaum aufzeigen.
Wir fordern die sofortige Freilassung der drei gefangenen Genossen!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Für den Kommunismus!
* Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes haben wir die Namen
verändert
Revolutionärer Aufbau Schweiz, 4. Mai 2010
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Indmedia 30.4.10
Zürich: Verhaftungen und Repression ::
AutorIn : Revolutionärer Aufbau Schweiz
Am Donnerstagmorgen führte ein grosses Aufgebot der Zürcher
Polizei Hausdurchsuchungen durch und verhaftete zwei Genossen des
Revolutionären Aufbaus.
Als Vorwand diente den Damen und Herren des Morgengrauens ein genau vor
einem Jahr, am 1. Mai 2009, verübter Farbanschlag auf die Credit
Suisse. Offenbar wollten die Repressionsorgane damit der heute tagenden
Credit Suisse Aktionärsversammlung ein kleines Präsent
überreichen. Heute sind die beiden Genossen dem Haftrichter
vorgeführt und in Untersuchungshaft gesetzt worden.
In dieses repressive Klima passt auch der Polizeieinsatz vom
Donnerstagabend. Ein Gruppe junger GenossInnen transportierte
Transparente und rote Fahnen in unserer Zentrum. Mit einem Aufgebot von
über 20 PolizistInnen wurden die GenossInnen auf offener Strasse
mit Gummischrott-Gewehr im Anschlag gestoppt und während über
einer Stunde festgehalten.
Mit dieser harten Linie versuchen die Behörden, die
Mobilisierungen rund um den 1. Mai zu behindern und die Leute
einzuschüchtern. Ein sinnloses Unterfangen. Der 1. Mai als
Klassenkampftag ist ein wichtiges Ereignis im Aufbau von Gegenmacht. An
diesem Tag nehmen sich international ArbeiterInnen und Ausgebeutete
seit über einem Jahrhundert die Strasse, erkämpfen diese und
verteidigen sie.
Unsere Parole "Raum aneignen - Kämpfe verbinden - Perspektiven
entwickeln" richtet sich u.a. genau gegen den staatlichen Versuch, den
antikapitalistischen Widerstand von der Strasse zu drängen und zu
verbieten. Deshalb jetzt erst recht: Erster Mai - Strasse frei!
Freiheit für unsere zwei verhafteten Genossen!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Für den Kommunismus!
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1. MAI ZUREICH
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Blick am Abend 4.5.10
1.-Mai-Komitee soll blechen
KRAWALL
Susi Gut will die Polizeikosten vom 1. Mai dem
Organisationskomitee verrechnen.
Das 1.-Mai-Komitee soll den Polizeieinsatz vom Samstag aus
eigener Tasche bezahlen", fordert Susi Gut von der Partei für
Zürich. Sie reichte gestern zusammen mit Parteikollege Markus
Schwyn eine Einzelinitiative beim Kantonsrat ein.
"Das wäre das Aus fürs 1.-Mai-Fest", sagt Anna Klieber
vom 1.-Mai-Komitee heute im "Tages-Anzeiger". "Wir haben keine
Sponsoren." Dieses Jahr beliefen sich die Kosten für die rund 3800
Arbeitsstunden der Polizei beim 1.-Mai-Einsatz auf eine halbe Million
Franken. Susi Gut wittert Rechtsungleichheit: Schliesslich müssten
auch die Sportklubs bei Risiko-Spielen für die Kosten aufkommen.
Für Remo Schädler, Vizepräsident des Zürcher
Gewerkschaftsbundes, kein Argument: "Das verfassungsmässig
garantierte Demonstrationsrecht darf in keiner Art und Weise
ausgehöhlt werden." re
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1. MAI BASEL
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Basellandschaftliche Zeitung 5.5.10
Die zehn 1.Mai-Verwahrten sind frei
Den 15 Festgenommenen wird Landfriedensbruch vorgeworfen
Die zehn Erwachsenen, die am Samstagabend im Rahmen des
Saubannerzuges in Basel festgenommen wurden (die bz berichtete), sind
gestern Nachmittag nach drei Tagen freigelassen worden. Den Verwahrten
seien sowohl die Mobiltelefone, als auch die Kleidung abgenommen
worden, sagt Kriminalkommissär Markus Melzl auf Anfrage. Diese
würden nun weiter auf Spuren untersucht.
Die Basler Staatsanwaltschaft wird ein Strafverfahren einleiten.
Alle 15 Festgenommenen müssen sich wegen Landfriedensbruch
verantworten. "Wir befinden uns zurzeit bei der kriminalistischen
Auslegeordnung", berichtet Melzl weiter. Landfriedensbruch begeht nicht
nur, wer bei einer Zusammenrottung Sachschaden verursacht, sondern
auch, wer sich nicht vom Geschehen entfernt und einfach zusieht.
Über die Verwahrten ist weiter bekannt, dass eine Mehrheit
der linken Szene angesiedelt werden kann. Zwar kann keine direkte
Verbindung zwischen dem Vorfall in der Innenstadt und dem Baselbieter
Bierlauf gemacht werden, "jedoch hat es schon einige Frustrierte
darunter gehabt, die gerne am Bierlauf dabei gewesen wären und
stattdessen am Abend in Basel am Saubannerzug teilgenommen haben",
erklärt Melzl.
Die Polizei hat die Befugnis, Festgenommene bis zu 48 Stunden zu
verwahren. "Da jedoch ein Sonntag dazwischen war, der als Ruhetag gilt,
griff diese Regel nicht", erklärt der Kriminalkommissär. (cg)
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LAUSANNE AUTONOME
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24 Heures 5.5.10
Les autonomes vont ressortir les cagoules
LAUSANNE - Après avoir défié la police
samedi dernier, le groupe Action autonome bloquera la place
Saint-François en pleine heure de pointe, demain.
Ils étaient une centaine à défier la police
samedi dernier à Lausanne, en marge du cortège du
1er Mai. Combien seront-ils demain? C'est l'inconnue. Mais,
vu l'endroit de leur nouveau rassemblement "anticarcéral et
antirépression", quelques dizaines suffiront à paralyser
le centre-ville lausannois: les membres du groupe Action autonome se
sont en effet donné rendez-vous à 18 h sur la place
Saint-François. En pleine heure de pointe.
Une manifestation qui n'est pas autorisée par les
autorités, et qui se veut une dénonciation des
décès du détenu de Bochuz et de Sébastien,
le jeune Lyonnais récemment abattu par un policier alors qu'il
circulait sur l'A1 à bord d'une voiture volée.
Mais qui sont ces autonomes qui ont décidé de
remettre les cagoules demain? Selon le conseiller communal lausannois
Alain Hubler (A Gauche toute!), ces personnes ne seraient qu'une
dizaine dans la capitale vaudoise. "A l'échelle cantonale, elles
ne sont qu'une trentaine. Lors de manifestations, les autonomes
lausannois sont rejoints par les Genevois et les Valaisans. Ils n'ont
en tout cas rien à voir avec les gens de l'Espace
autogéré et des squats. " La manifestation de samedi
dernier s'était soldée par une cinquantaine
d'interpellations et quatre dénonciations, dont une pour port de
fumigène et une autre pour possession de stupéfiants.
Aucune pour trouble à l'ordre public.
Renforts français
Selon nos informations, les autonomes pourraient être
rejoints demain par quelques dizaines de professeurs français
issus de la Confédération nationale du travail (CNT). Un
syndicat "révolutionnaire et anarchiste" qui pourrait faire le
déplacement pour exiger la libération de Daniel, le
jumeau incarcéré de l'homme tué par un policier
vaudois.
L. A.
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DEMO-RECHT LU
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NLZ 5.5.10
SVP-Motion
Keine Einschränkung für Demonstranten
Barbara Inglin
Die SVP will Demonstrationen an Samstagen künftig erst nach
17 Uhr erlauben. Jetzt liegt die Antwort des Stadtrates vor: abgelehnt.
Nach der Anti-WEF-Demonstration im Januar hatte die SVP genug.
"Viele Geschäfte in der Innenstadt haben wegen der Demo
früher geschlossen, Kunden sind aus Angst ausgeblieben, es gab
Umsatzeinbussen", sagt SVP-Fraktionschef und Grossstadtrat Werner
Schmid. Um ein solches Szenario in Zukunft zu verhindern, forderte er
in einer Motion vom Stadtrat, dass Demonstrationen an Samstagen in
Zukunft nur noch nach 17 Uhr bewilligt werden, also eine Stunde nach
Ladenschluss.
Nun liegt die Antwort des Stadtrates vor: abgelehnt. "Die
Meinungs- und Versammlungsfreiheit ist höher zu gewichten als die
Wirtschaftsfreiheit, wenn bei einer Kundgebung nicht ernsthaft mit
Ausschreitungen zu rechnen ist", lautet die Begründung. Schmid ist
nur "leicht enttäuscht". Denn er ist sicher: "Meine Motion zeigt
trotzdem Wirkung, auch wenn das niemand zugeben will. Die letzte
Demonstration der Kulturoffensive zum Beispiel wurde erst um 16.30 Uhr
angesetzt."
"Es gibt auch Recht auf Arbeit"
Gar kein Verständnis für die Antwort des Stadtrates hat
Franz Stalder, Präsident der City Vereinigung Luzern: "Es gibt
schliesslich nicht nur ein Recht auf Meinungsäusserung, sondern
auch ein Recht auf Arbeit." Die Arbeit der Geschäfte in der Stadt
Luzern aber würde durch die Demonstrationen behindert. "Zurzeit
sind es noch wenige Demonstrationen, doch wenn jetzt kein Riegel
geschoben wird, wird hier bald jeden Monat demonstriert." Am liebsten,
gibt Stalder zu, hätte er "gar keine Demonstrationen oder dann am
Sonntagmorgen". Er sei sich bewusst, dass es Demonstranten auch darum
gehe, gesehen zu werden. "Doch darum müssen die Umzüge ja
nicht gleich während der Ladenöffnungszeiten stattfinden."
Am 20. Mai wird im Grossen Stadtrat über die Motion
abgestimmt. "Ich rechne mit der Unterstützung eines breiten
bürgerlichen, wirtschaftsfreundlichen Lagers", sagt Werner Schmid.
Sicher ist ihm diese allerdings noch nicht.
FDP skeptisch, CVP sympathisiert
FDP-Fraktionschefin Laura Grüter Bachmann ist gegen eine
starre zeitliche Regelung. "Das muss je nach Kundgebung und
Gewaltpotenzial entschieden werden." Sie kann sich aber vorstellen,
dass einige FDP-Grossstadträte für die Motion stimmen werden.
CVP-Fraktionschef Markus Mächler hat "Sympathie für die
Forderung". Es sei stossend, wenn Geschäfte aus Angst vor
Ausschreitungen früher schliessen müssten. Sein Vorschlag:
Der Stadtrat könnte die Route umlegen, sodass weniger
Geschäfte betroffen sind.
Die Grünliberale Fraktionschefin Manuela Jost sieht die
Gewerbefreiheit nicht in Gefahr. "In diesem Fall sind grundlegende
Bürgerrechte wie die Meinungsäusserungsfreiheit höher zu
gewichten." Die Fraktionschefs der SP und der Grünen waren gestern
nicht erreichbar. Aufgrund früherer Stellungnahmen darf sich die
SVP aber kaum Unterstützung erhoffen.
Antworten: Die Antworten des Stadtrats auf die SVP-Vorstösse
finden Sie auf www.zisch.ch/bonus
--
Anti-Wef-Demo
SVP ist unzufrieden
Der Stadtrat hat gestern Fragen zur Anti-WEF-Demo beantwortet:
"Die Auflagen sind überwiegend eingehalten worden,
Schadenersatzansprüche sind keine bekannt. Für
Reinigungsarbeiten sind Kosten von 1050 Franken angefallen." Zu den
Kosten für das Polizeiaufgebot werden aus polizeitaktischen
Gründen keine Angaben gemacht. SVP-Grossstadtrat Urs Wollenmann,
der die Interpellation eingereicht hatte, ist "unzufrieden über
die sehr unverbindliche Antwort".
---
Stadtrat Luzern 4.5.10
Stadt Luzern
Sekretariat Grosser Stadtrat
Hirschengraben 17
6002 Luzern
Telefon: 041 208 82 13
Fax: 041 208 88 77
E-Mail: sk.grstr@stadtluzern.ch
www.stadtluzern.ch
Stellungnahme zur
Motion Nr. 14 2010/2012
Von Werner Schmid namens der SVP-Fraktion
Vom 27. Januar 2010
(StGB 360 vom 21. April 2010)
Keine Demonstrationen im Luzerner Stadtzentrum an Samstagen vor 17.00
Uhr
Der Stadtrat nimmt zur Motion wie folgt Stellung:
Grundsätzlich hat sich der Stadtrat bei der Erteilung einer
Bewilligung für eine Demonstration/ Kundgebung auf
öffentlichem Grund der Stadt Luzern an die Verfassung sowie die
Lehre und Rechtsprechung zu den Grundrechten zu halten. Das bedeutet,
er muss den vom Bundesgericht in mehreren Entscheiden formulierten,
bedingten Anspruch auf Benützung öffentlichen Grundes
für Kundgebungen beachten. Im Bewilligungsverfahren ist jeweils
dem ideellen Gehalt der Meinungs- und Versammlungsfreiheit Rechnung zu
tragen. Die entgegenstehenden Interessen der Allgemeinheit
(Wirtschaftsfreiheit, Schutz der allgemeinen Polizeigüter) sind
jedoch ebenfalls in den Entscheid mit einzubeziehen und beim Entscheid
über die Bewilligung in sachlicher Weise gegeneinander
abzuwägen.
Laut Bundesgericht sind im Bewilligungsverfahren somit im Sinne des
Verhältnismässigkeitsgrundsatzes ebenso sehr die
Randbedingungen, allfällige Auflagen und eventuelle Alternativen
zu prüfen. Die Veranstaltenden können daher nicht verlangen,
eine Kundgebung an einem bestimmten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt
und unter selbst bestimmten Randbedingungen durchzuführen. Unter
Umständen kann ihnen auch ein anderes als das in Aussicht
genommene Areal bereitgestellt werden, wenn es dem
Publizitätsbedürfnis, also der beabsichtigten Appellwirkung
der Kundgebungswilligen, Rechnung trägt.
Die Abwägung zwischen ideellem Gehalt der Meinungs- und
Versammlungsfreiheit und den entgegenstehenden Interessen, wie etwa der
Wirtschaftsfreiheit, lässt der Stadtrat immer vornehmen, wenn
darum ersucht wird, im Stadtzentrum eine Kundgebung durchzuführen.
Dabei werden nicht nur die Anliegen der ansässigen
Gewerbetreibenden und Anwohnenden ernst genommen, sondern es kommen
auch polizeitaktische Überlegungen hinzu, auf welche Weise die
öffentliche Ordnung am besten aufrechterhalten werden kann. Dies
führt dazu, dass den Organisatorinnen und Organisatoren von
Kundgebungen Auflagen gemacht werden und die Durchführung der
geplanten Demonstration von Bedingungen abhängig gemacht wird. In
der Regel wird dabei das Gespräch mit den Betroffenen, sowohl den
Organisierenden als auch dem ansässigen Gewerbe und den
Anwohnenden, gesucht. Dabei wird den Geschäftsinhaberinnen und
-inhabern jedoch weder nahegelegt, noch werden sie - wie der
Motionär schreibt - genötigt, ihre Ladenlokale bereits um
14.00 Uhr zu schliessen. Im Gegenteil: Sowohl Polizei als auch die
Dienstabteilung Stadtraum und Veranstaltungen versuchen im Vorfeld
einer Demonstration, in Aufregung geratene Betroffene zu beruhigen und
sie sachlich zu informieren. Im Fall der Anti-WEF-Demonstration hat man
ihnen versichert, dass eine Verbarrikadierung oder Schliessung ihrer
Geschäfte unnötig sei.
Vor der Demonstration vom 23. Januar 2010 hatte die Luzerner Polizei
einzig den Geschäftsleiter des Warenhauses Coop City,
Rössligasse 20, gebeten, den Hintereingang Seite Löwengraben
kurz (für rund 15 Minuten) zu schliessen, um die Möglichkeit
der Durchquerung des Warenhauses auf die Rössligasse
(Haupteingang) zu verunmöglichen. Der Geschäftsleiter wurde
explizit darauf aufmerksam gemacht, dass nur der Hintereingang, zu
keinem Zeitpunkt aber der Haupteingang Seite Rössligasse
geschlossen werden müsse. Ein weiteres Geschäft war gebeten
worden, wenn möglich die wenigen auf dem Trottoir entlang des
Ladens aufgestellten relativ teuren Möbelstücke (antike
Verkaufsobjekte) während kurzer Zeit im Ladeninnern zu deponieren.
Es wurde jedoch klar gesagt, dass das Ladengeschäft nicht
geschlossen werden müsse. Auch während des Einsatzes selbst
wurden von Seiten der Polizei keine Aufforderungen zu
Ladenschliessungen gemacht.
Bei der Güterabwägung ist, wie weiter oben angeführt,
dem ideellen Gehalt der Meinungsund Versammlungsfreiheit grosse
Beachtung zu schenken. Gegenüber der Wirtschaftsfreiheit ist sie,
sofern vor, während und nach einer Kundgebung nicht ernsthaft mit
Ausschreitungen zu rechnen ist, höher zu gewichten. Gerade weil
der Gesichtspunkt der beabsichtigten Appellwirkung gegenüber der
Öffentlichkeit und den Medien bei Kundgebungen im Vordergrund
steht, mit anderen Worten dem Publizitätsbedürfnis der
Kundgebungswilligen Rechnung zu tragen ist, ist es nach Ansicht des
Stadtrates nicht möglich, solche Demonstrationen immer erst nach
Ladenschluss, also weitgehend ohne Publikum, zu bewilligen.
Hinzu kommen polizeitaktische Überlegungen. Wird eine
Demonstration zur Winterzeit in die Abendstunden verlegt, während
es bereits dunkel ist, wird der durch die Polizei zu
gewährleistende Schutz erschwert. Gemäss bundesgerichtlicher
Rechtsprechung sind die Behörden über die Überlassung
von öffentlichem Grund hinaus verpflichtet, durch geeignete
Massnahmen - namentlich durch Gewährung eines ausreichenden
Polizeischutzes - dafür zu sorgen, dass bewilligte
öffentliche Kundgebungen tatsächlich stattfinden können
und nicht durch gegnerische Kreise gestört oder verhindert werden.
Aus diesen Gründen teilt der Stadtrat die Ansicht des
Motionärs nicht, der Interessenkonflikt zwischen den
wirtschaftlichen Interessen und dem Recht auf
Meinungsäusserungsfreiheit könne gelöst werden, indem
Demonstrationen im Luzerner Stadtzentrum an Samstagen Seite 3 generell
erst ab 17.00 Uhr bewilligt werden. Die Stadt wird aber auch in Zukunft
sowohl die Interessen der Veranstalter, der Anwohnerschaft und des
Gewerbes sowie die Sicherheitslage und die geltende Rechtsprechung bei
der Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen berücksichtigen.
Der Stadtrat lehnt die Motion ab.
Stadtrat von Luzern
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Stadtrat Luzern 4.5.10
Stadt Luzern
Sekretariat Grosser Stadtrat
Hirschengraben 17
6002 Luzern
Telefon: 041 208 82 13
Fax: 041 208 88 77
E-Mail: sk.grstr@stadtluzern.ch
www.stadtluzern.ch
Antwort auf die
Interpellation Nr. 13 2010/2012
von Urs Wollenmann
namens der SVP-Fraktion
vom 26. Januar 2010
(StB 359 vom 21. April 2010)
Fragen zur Anti-WEF-Demo vom 23. Januar 2010
Der Stadtrat beantwortet die Interpellation wie folgt:
Zu 1.:
Welche Kosten sind angefallen a) für das Polizeiaufgebot, b)
für den Reinigungsdienst?
Die Gewährung der Sicherheit bei der Benützung des
öffentlichen Grundes zur Ausübung von
verfassungsmässigen Grundrechten gehört zu den Aufgaben der
Polizei. Weil die Polizei Sache des Kantons ist, sind für die
Stadt Luzern für das Polizeiaufgebot keine Kosten entstanden.
Gemäss Justiz- und Sicherheitsdepartement könnte aus den
offen gelegten Zahlen die Grösse des Polizeiaufgebotes
herausgelesen werden. Mit Blick auf zukünftige Ereignisse hat die
Luzerner Polizei aus polizeitaktischen Überlegungen kein
Interesse, solche Rückschlüsse zuzulassen. Die Luzerner
Polizei ist aber gerne bereit, der
Geschäftsprüfungskommission des Grossen Stadtrats auf Wunsch
entsprechende Angaben zu machen.
Der Reinigungsaufwand des Strasseninspektorates war gering, da die
Veranstalter wie in der Bewilligung verlangt den öffentlichen
Grund auf der Demonstrationsroute weitgehendst mit eigenem Personal
gereinigt haben. Insgesamt waren vorsorglich drei Mitarbeitende und
eine Reinigungsmaschine der Stadt im Einsatz. Rechnerisch betragen die
Kosten für diesen Einsatz Fr. 1'050.-.
Zu 2.:
Wie rechtfertigt der Stadtrat gegenüber dem kleinen Steuerzahler,
dem es nie einfallen würde, den öffentlichen Raum so
übermässig für seine Anliegen zu benützen, diese
Ausgaben, zumal man schon im Vorfeld wusste, dass enorme Kosten der
öffentlichen Hand zufallen werden (Polizeiaufgebot)?
Die Benützung des öffentlichen Grundes ist geregelt.
Insbesondere für die Wahrung von verfassungsmässig
garantierten Rechten wie der Demonstrationsfreiheit, der
Meinungsäusserungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit besteht
ein Anspruch auf die Nutzung öffentlichen Grundes. Teil einer
Demonstration ist es, dass sie gesehen werden will. Die Rechtsprechung
des Bundesgerichtes sagt, dass diesem Publizitätsbedürfnis
Rechnung getragen werden muss.
Zu 3.:
In den Demonstrationsauflagen wurde zur Auflage gemacht, dass keine
gefährlichen Gegenstände und auch keine Gesichtstücher
und Masken mitgeführt werden dürfen. Trotzdem sind
Knallkörper explodiert und etliche Teilnehmer trugen
Gesichtstücher und Masken, verstiessen also gegen das
Vermummungsverbot, ohne dass eingeschritten wurde. Werden die dem
Gesuchsbewilliger namentlich bekannten Organisatoren wegen dieser
Verstösse gegen die Demonstrationsauflagen zur Rechenschaft
gezogen?
Eine Haftung des Demonstrationsorganisators kommt nur in Frage, wenn
ihm ein Verschulden nachgewiesen werden kann, beispielsweise wenn er zu
deliktischem Verhalten angestiftet hat oder selber Delikte begangen
hat. Die Stadt Luzern hat dem Veranstalter gemäss dem Reglement
über die vorübergehende und dauernde Benützung des
öffentlichen Grundes (Art. 3) klare Auflagen gemacht. Diese
Auflagen wurden überwiegend eingehalten. Die Organisatoren der
Demonstration haben unmittelbar vor dem Abmarsch wie gefordert die
Teilnehmenden laut und deutlich auf Auflagen, insbesondere das
Vermummungsverbot, aufmerksam gemacht.
Auch basierend auf § 6 des Gesetzes über die Kantonspolizei
können die Veranstalter nicht verantwortlich gemacht werden.
Demnach kann nur gegen die individuellen Störer vorgegangen
werden. Anders könnte es sich bei allfälligen
Schadenersatzansprüchen verhalten. Solche sind der Luzerner
Polizei keine bekannt. Zudem wurden gemäss Justiz- und
Sicherheitsdepartement nur ganz wenige Sachbeschädigungen mit
geringem Schadensausmass festgestellt.
Zu 4.:
Der Kommandant der Kantonspolizei erklärte gegenüber der
Presse, dass sie umfangreiches Videomaterial hätten und die
Vermummten zur Rechenschaft gezogen werden. a) Wird das umgesetzt? b)
Wie viele Vermummte konnten tatsächlich identifiziert werden?
Die Beantwortung dieser Frage liegt mit der Kantonalisierung der
Luzerner Polizei nicht mehr im Zuständigkeitsbereich des
Stadtrats. Das Justiz- und Sicherheitsdepartement nimmt dazu wie folgt
Stellung:
"Hauptziel der Luzerner Polizei war es, Eskalationen und massive
Sachbeschädigungen vor, während und nach der Demonstration zu
verhindern. Dies ist erfolgreich gelungen. Daher wurden die Mittel
während der Demonstration nicht in erster Linie zur Ahndung von
Übertretungstatbeständen, also zum Beispiel zur
Identifizierung von vermummten Personen, eingesetzt. Zudem ist die
Durchsetzung des Vermummungsverbots für die Luzerner Polizei nicht
eine Frage des "Wollens" oder "Könnens", sondern der Sicherheit
der Bevölkerung. Von den rund 350 Teilnehmenden waren nur wenige
vermummt. Eine polizeiliche Intervention gegen Vermummte erhöht
erfahrungsgemäss das Eskalationsrisiko mit Sachoder gar
Personenschäden massiv.
Ausserdem haben sich mehrere Teilnehmende erst dann vermummt, als ein
Exponent aus rechtsextremen Kreisen begonnen hatte, von den
Teilnehmenden fotografische Porträts zu erstellen, wahrscheinlich
um diese - im Gegenzug zur gleichen Aktion von Linksautonomen
anlässlich der Schlachtjahrzeit Sempach im Jahr 2008 - im Internet
zu veröffentlichen. Nach entsprechenden Aufforderungen der Polizei
an die Organisatoren entfernten diese Personen die Vermummung wieder.
Aus all diesen Gründen konnten Im Gegensatz zur Schlachtjahrzeit
Sempach 2009 schliesslich trotz umfangreichem Videomaterial keine
Vermummten identifiziert und zur Verantwortung gezogen werden."
Zu 5.:
In der Bewilligung ist ebenfalls festgeschrieben worden, dass
allenfalls notwendige Räumungs- und Reinigungsarbeiten durch die
öffentlichen Dienste zulasten des Bewilligungsinhabers
ausgeführt werden. An dieser Demonstration waren fünf
Reinigungskräfte und ein Strassenreinigungsfahrzeug im Einsatz.
Werden diese Kosten nun, wie angekündigt, dem Bewilligungsinhaber
in Rechnung gestellt?
Nein. Die Organisatoren haben einen eigenen Reinigungsdienst
organisiert. Dieser hat sowohl die Demonstrationsroute als auch den
Platz der Schlusskundgebung weitgehendst aufgeräumt und damit die
Auflagen der Bewilligung eingehalten.
Zu 6.:
Wie stellt sich der Stadtrat zur Tatsache, dass der Präsident der
SVP Stadt Luzern und eine Jungpolitikerin der CVP in einem sehr
aggressiven Ton von den Demonstranten ultimativ aufgefordert wurden zu
verschwinden?
Von einem solchen Vorfall haben sowohl der Stadtrat wie auch die
Luzerner Polizei keine Kenntnis.
Zu 7.:
Wie ist es zu rechtfertigen, dass bei einer solchen Mini-Demo mit 350
Teilnehmern die ganze Seebrücke gesperrt wird, wo doch dies
ansonsten nur bei wichtigen Grossanlässen gemacht wird?
Die Luzerner Polizei ist bei ihrer umfassenden Lagebeurteilung zum
Schluss gekommen, dass die bewilligte Route aus
Sicherheitsüberlegungen die beste ist. Der Stadtrat teilte diese
Einschätzung. Die Gesuchsteller beantragten, ihre
Schlusskundgebung auf dem Kapellplatz durchführen zu können.
Die Luzerner Polizei hatte sich aus polizeitaktischen Gründen und
wegen der zusätzlichen Belastung der Altstadt gegen diesen Punkt
des Gesuchs ausgesprochen und dafür plädiert, den
Kundgebungstross möglichst rasch aus der Altstadt
herauszuführen. Dazu und zur Verhinderung von Auseinandersetzungen
zwischen Verkehrsteilnehmenden und Demonstrierenden, war die totale
Sperrung der Seebrücke für rund 15 Minuten nötig. Vor
dem Hintergrund der polizeilichen Überlegungen erschien diese
kurzfristige Sperrung verhältnismässig. Entscheidend für
den Entscheid war nicht die Grösse des Anlasses, sondern das
Konfliktpotenzial und die verfassungsmässigen Rechte der
Demonstrationsteilnehmenden. Das Justiz- und Sicherheitsdepartement des
Kantons war im Bewilligungsverfahren einbezogen.
Stadtrat von Luzern
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POLICE CH
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St. Galler Tagblatt 5.5.10
"Polizei war schneller"
Stadtrat Nino Cozzio ist der neue Präsident der
städtischen Polizeidirektoren. Den Kantonen möchte er zwar
keine Konkurrenz machen, den städtischen Polizeikorps aber eine
Stimme geben.
Herr Cozzio, die Mitglieder der Konferenz Städtischer
Polizeidirektorinnen und Polizeidirektoren (KSPD) haben Sie Ende April
in Chur zum neuen Präsidenten gewählt. Wie kommen Sie zu der
Ehre?
Nino Cozzio: Für die Nachfolge der zurücktretenden
Zürcher Polizeidirektorin Esther Maurer hat der Vorstand den
Polizeidirektor von Lausanne und mich angefragt. Er sagte ab. Bei mir
traf die Anfrage fast gleichzeitig mit jener fürs Präsidium
der Sozialdirektorenkonferenz ein. Die Polizeidirektoren waren
allerdings etwas schneller.
Ihre Vorgängerin hatte das Amt acht Jahre inne. Wie lange
haben Sie vor zu bleiben?
Cozzio: Jetzt bin ich mal für drei Jahre gewählt. So
lange bleibe ich bestimmt. Eine zweite Amtszeit erscheint sinnvoll.
Für mich ist das aber im Moment noch völlig offen.
Welche Aufgaben bringt das Amt denn mit sich?
Cozzio: Die städtischen Polizeidirektoren treffen sich
regelmässig, manchmal auch kurzfristig, sobald Themen auftauchen,
über die man sich zwischen den Städten austauschen oder
absprechen sollte. Botellones waren so ein Fall - ein spezifisch
städtisches Polizeithema. Ich koordiniere und leite also diese
Treffen sowie die jährliche Generalversammlung und eine
Sicherheitstagung mit einem Schwerpunktthema.
Welche Akzente möchten Sie als neuer Präsident setzen?
Cozzio: Am wichtigsten ist der Austausch zwischen den
Städten, denn viele Probleme tauchen hier aufgrund der
gesellschaftlichen Entwicklung früher auf als in den
ländlichen Gebieten. Wo mehr Menschen sind, gibt es auch mehr
Konfliktpotenzial: Unterschiedliche, teilweise gegensätzliche
Bedürfnisse treffen auf kleinem Raum aufeinander. Nehmen Sie als
Beispiel das nächtliche Ausgehverhalten: Hier haben die
Städte nicht nur mit der "eigenen" Jugend zu tun, sondern auch mit
allen, die am Wochenende aus der Region in die Stadt kommen.
Das hat, so möchte ich betonen, sehr viele positive, aber
auch einige negative Auswirkungen für die Städte. Dass diese
spezifischen städtischen Besonderheiten auch auf nationaler Ebene
wahrgenommen werden, dafür möchte ich mich einsetzen.
Möchten Sie der kantonalen Polizeidirektorenkonferenz
(KKJPD) künftig Konkurrenz machen? Von ihr hören wir ja
bisher öfter als von der städtischen…
Cozzio: Natürlich hört man mehr von der KKJPD. Die
Kantone sind auch Träger der Polizeihoheit. Bei uns sind rund 50
Städte, die teilweise auch ein eigenes Polizeikorps haben. Das
sind leider nicht mehr so viele. Mir geht es aber um ein gutes
Zusammenarbeiten und keinesfalls um Konkurrenz.
Ist die Annahme der Wahl in dieses Amt als Meilenstein in
Richtung höhere Weihen, zum Beispiel als Regierungsrat, zu deuten?
Oder haben Sie als Stadtrat zu wenig zu tun?
Cozzio: Ich bin sehr gerne Stadtrat, und mir gefällt alles
an meinem jetzigen Job. Ganz besonders die Kombination Soziales und
Sicherheit, wie es die Aufteilung der Direktionen in St. Gallen mit
sich bringt. Im übrigen: Würde das Präsidium der
städtischen Polizeidirektoren so viel Prestige mit sich bringen,
wäre das Gerangel um das Amt grösser gewesen.
Und nein, zu wenig Arbeit habe ich nicht. Das Präsidium ist
eine Zusatzaufgabe, da werde ich gewisse Dinge anders gewichten
müssen. Doch das Amt hat vor allem einen unmittelbaren Nutzen
für die Stadt St. Gallen.
Interview: Odilia Hiller
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HOMOPHOBIE
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Zürichsee Zeitung 5.5.10
Showbusiness Die Hauptstadt Ägyptens zeigt sich schwulenfeindlich
Auftrittsverbot in Kairo
Weil er Jesus als "mitfühlend und schwul" bezeichnete, darf
Musiker Elton John in Kairo nicht auftreten.
Michael Wrase, Limassol
Die ägyptische Musikergewerkschaft hat Elton John ein
für den 18. Mai geplanten Auftritt in Kairo untersagt. Der
britische Sänger habe "kontroverse Aussagen gegen die Religion"
gemacht, begründete Gewerkschaftschef Mounir al-Wasimi das Verbot.
Er bezog sich dabei auf ein Interview des 63-jährigen Popstars mit
dem amerikanischen Prominentenmagazin "Parade" aus dem Februar. John
hatte darin Jesus als einen "mitfühlenden, superintelligenten
schwulen Mann" bezeichnet, der "lieben wollte" und seinen Peinigern am
Kreuz vergeben habe.
"Wie können wir einem Schwulen einen Auftritt erlauben, der
Religion verbieten will, den Propheten Isa (arabisch für Jesus)
als schwul bezeichnet und für Schwule im Nahen Osten sexuelle
Freiheiten reklamiert", fragte al-Wasimi, der nach eigenen Aussagen die
ägyptischen Sicherheitsbehörden beauftragte, das Konzert
abzusagen.
Im Koran ist Jesus unter dem Namen Isa ibn Maryam (Sohn der
Maria) einer der Propheten Allahs. Er wird aber nicht - wie unter den
Christen - als Sohn Gottes anerkannt.
Homosexualität ist in Ägypten nicht direkt strafbar;
Schwule werden allerdings mit Hilfe von Gummiparagrafen verurteilt. Man
wirft ihnen beispielsweise vor, die öffentliche Ordnung zu
gefährden, sich der "moralischen Verdorbenheit" oder der
"Verletzung der Religionslehren" schuldig gemacht zu haben. Im Jahr
2001 wurden 52 schwule Ägypter auf einer Hausbootparty verhaftet.
23 von ihnen wurden trotz internationaler Proteste zu Haftstrafen und
Zwangsarbeit verurteilt. Lediglich im "liberalen" Badeort Scharm
al-Scheich können sich ägyptische Schwule relativ frei
bewegen und auch als Bauchtänzer auftreten.
Elton John war zuletzt vor zwei Jahren im Nahen Osten aufgetreten. Im
Emirat Dubai wurde er auf einem Open-Air- Konzert von 13 000
begeisterten Fans gefeiert.
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FACEBOOK
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pressetext 5.5.10
App schützt Nutzerdaten vor Facebook
"The Green Safe" will Nutzern die Kontrolle geben
Salt Lake City - Facebook kam zuletzt nicht aus der
Datenschutz-Kritik (pessetext berichtete: http://www.pressetext.com/news/100428029/),
was unter anderem an den Privateinstellungen des sozialen Netzwerks
lag. Der US-Entwickler LJ Jones hat nun mit "The Green Safe" http://apps.facebook.com/thegreensafe
eine App gestartet, die Nutzern wirksamen Datenschutz verspricht.
Dazu werden private Infos mit der App gespeichert, sodass sie
für Freunde verfügbar bleiben. Aus dem regulären
Facebook-Profil kann der User die Daten aber löschen. Dann besteht
keine Gefahr mehr, dass Privates irrtümlich öffentlich
angezeigt wird oder das soziale Netzwerk Daten an Dritte weitergibt.
Das kostenlose Angebot finanziert sich dabei mit Werbung.
App als Datensafe
"Ich glaube, dass die Menschen ihre Privatsphäre immer noch
schätzen und es eine Chance gibt, ihnen mehr Kontrolle
darüber zu geben", schreibt Jones in seinem Blog. Im Fall von
Facebook bedeutet das nicht zuletzt, Daten vor dem vielleicht gar nicht
erwünschten Zugriff durch Drittentwickler zu schützen.
Ironischer Weise macht sich The Green Safe eben das selbst zunutze.
Denn zunächst einmal liest die App mit Zustimmung des Users all
seine Profildaten aus, um diese zu speichern.
Genau das ermöglicht dem Nutzer freilich, die Daten dann aus
seinem Profil zu löschen und sich somit mehr Privatsphäre zu
verschaffen. Denn so muss er sich keine Gedanken mehr darüber
machen, ob seine Facebook-Einstellungen Informationen nicht
öffentlicher machen als erwünscht. Stattdessen ist klar, dass
nur die eigenen Freunde die im Datentresor gespeicherten Infos einsehen
können. Denn sie werden mithilfe eines Tabs im Profil
präsentiert, das nur für Freunde sichtbar ist.
Verantwortungsvollere Hände
Wenn ein User The Green Safe nutzt, kann er also die Menge an
Daten, die er Facebook selbst anvertraut, deutlich reduzieren. Das ist
sicher ein Segen für all jene, die wie Jones Facebooks
Ausführungen zu seinen Privatsphäre-Einstellungen als nicht
restlos durchsichtig empfinden. Freilich ändert das nichts daran,
dass der User seine Daten in die Hände eines Dritten gibt. Doch
würden diese nie an Dritte weitergegeben oder verkauft, so Jones.
Diesem Grundsatz werde er auch treu bleiben. Damit will er sich von
Facebook abheben.
Völlig ungenutzt blieben User-Daten bei The Green Safe aber
offenbar nicht. Denn um den kostenlosen Betrieb aufrechterhalten zu
können, wird laut App-Beschreibung auf personalisierte Werbung
gesetzt. Eben damit wird der User freilich ohnehin überhäuft,
wenn er Facebook selbst seine Daten überlässt.
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ANTI-ATOM
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Bund 5.5.10
Vor "Mühleberg"-Abstimmung spricht Regierung Klartext
Berner Regierung ist klar gegen einen Ersatz des alternden
Atomkraftwerks.
Dölf Barben
Deutlicher hat man es bisher noch nie gehört: Die bernische
Regierung ist gegen den Ersatz des Atomkraftwerks Mühleberg. Dies
geht aus einer Motionsantwort hervor, die gestern veröffentlicht
wurde. "Inhaltlich lehnt der Regierungsrat die Stossrichtung der Motion
ab", heisst es darin. Die Stossrichtung der von den bürgerlichen
Grossratsfraktionen eingereichten Motion ist indes mehr als eindeutig:
"Der Kanton Bern befürwortet den Ersatz des Kernkraftwerks
Mühleberg", lautet die Hauptforderung. Und zwar insbesondere wegen
der volkswirtschaftlichen Bedeutung. Denn Investitionen von rund 6
Milliarden Franken, rund 1000 direkte und indirekte Arbeitsplätze,
eine jährliche Wertschöpfung von gut 500 Millionen Franken
sowie Steuereinnahmen "fallen für den Wirtschaftsstandort Bern ins
Gewicht".
Dass die Mehrheit der bernischen Regierung atomkritisch
eingestellt ist, ist tatsächlich nicht neu, wie Energiedirektorin
Barbara Egger bemerkt. Trotzdem hatte es letzten Herbst bezüglich
der Regierungshaltung einige Unsicherheiten gegeben: Regierungsrat Urs
Gasche hatte sich bei einem Hearing im Ständerat im Namen der
Regierung für den Standort Mühleberg ausgesprochen. Die Idee
dahinter: Wenn in der Schweiz schon Ersatz-Atomkraftwerke gebaut
werden, dann soll wenigstens eines davon in Mühleberg zu stehen
kommen.
Alles deutet auf Abstimmung hin
Die Haltung des Regierungsrats spielt allerdings in dieser Frage
keine entscheidende Rolle mehr. Die Motionäre wollen mit ihrem
Vorstoss lediglich die Haltung des Kantons Bern gegenüber den drei
Rahmenbewilligunsgesuchen für Ersatz-Atomkrafwerke vorgeben
(Beznau, Gösgen, Mühleberg). Dem Grossen Rat steht die
Kompetenz zu, bei Vernehmlassungen an Bundesbehörden Stellung zu
nehmen.
Anfang 2011 wird der Bund die Kantone in dieser Frage um
Stellungnahmen bitten. Wird sich die bürgerliche Mehrheit im
Grossen Rat mit einer positiven Stellungnahme zu Mühleberg
durchsetzen und den Entscheid dem obligatorischen Referendum
unterstellen, ist im Frühling 2011 eine Volksabstimmung so gut wie
sicher. Für den Bund ist das Volksverdikt zwar nicht bindend.
Trotzdem wird es für die Zukunft Mühlebergs von
entscheidender Bedeutung sein.
Kommentar rechts, Seite 19
--
Regierung wird zu Ja "verdonnert"
Die bernische Regierung spricht sich gegen ein neues AKW
Mühleberg aus. Der Grosse Rat wird aber eine positive
Stellungnahme des Regierungsrats erzwingen, über die das Volk 2011
befinden kann.
Dölf Barben
Nach Irritationen im Herbst hat der Regierungsrat seine Karten
nun auf den Tisch gelegt. In seiner Antwort auf eine Motion der
bürgerlichen Grossratsfraktionen schlägt er deutliche
Töne an: "Ein Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg stände
im Widerspruch zu den Zielen der kantonalen Energiestrategie 2006",
heisst es darin. Heute seien die Weichen so zu stellen, "dass das
strategische Ziel eines mittelfristig kernkraftwerkfreien Kantons Bern
weiter verfolgt werden kann". Letzten Herbst hatte der Regierungsrat
noch verlauten lassen, er sei zwar gegen Atomkraftwerke, wenn aber
solche gebaut werden müssten, dann bitteschön eines in
Mühleberg.
Das Nein des Regierungsrats zu Mühleberg ist jedoch nicht
von Belang. Nach den Wahlen sind die Mehrheitsverhältnisse im
Grossen Rat derart klar, dass die bürgerlichen Fraktionen den
Regierungsrat ohne Mühe zu einer positiven Stellungnahme
verpflichten können. Gemäss Verfassung (Artikel 79) steht dem
Parlament das Recht zu, bei Vernehmlassungen an Bundesbehörden
Stellung nehmen zu können.
Genau darauf läuft die Motion von Peter Flück (FDP,
Brienz) hinaus, die von SVP, BDP und EDU mitgetragen wird. Der
Regierungsrat wird "beauftragt, dem Grossen Rat eine Stellungnahme an
die Bundesbehörden vorzulegen, in der sich der Kanton positiv zum
Gesuch um den Ersatz des Kernkraftwerkes in Mühleberg ausspricht".
Die Motionäre geben exakt vor, an welchen Vorgaben sich die
Stellungnahme zu orientieren hat. So habe der Kanton Bern einen
Mühleberg-Ersatz "insbesondere wegen der volkswirtschaftlichen
Bedeutung" des Kraftwerks zu befürworten, schreiben sie.
Investitionen von rund sechs Milliarden Franken, zahlreiche
Arbeitsplätze sowie Steuereinnahmen "fallen für den
Wirtschaftsstandort Bern ins Gewicht".
"Straffes Vorgehen erforderlich"
Wenn der Grosse Rat den Regierungsrat zu einer positiven
Stellungnahme "verdonnert, dann werden wir das machen", sagte Bau-,
Verkehrs- und Energiedirektorin Barbara Egger (SP) gestern auf Anfrage.
Noch nicht klar sei, ob der Regierungsrat in diesem Fall dem Grossen
Rat eine oder zwei Varianten vorlegen werde. Eine Volksabstimmung
befürwortet Egger seit längerem. Nur auf diese Weise
könne die Stellungnahme demokratisch einwandfrei legitimiert
werden. Es könne ja nicht sein, sagte sie gestern, dass lediglich
160 Grossratsmitglieder darüber befänden, ob im Kanton Bern
ein neues Atomkraftwerk gebaut wird oder nicht.
Der Regierungsrat ist gemäss Motions-Antwort bereit, "alle
erforderlichen Vorkehrungen zu treffen", damit der Grosse Rat "seine
Mitwirkungsrechte umfassend wahrnehmen kann" und einer Volksabstimmung
nichts im Wege steht. Der Bund wird die Kantone Anfang 2011 auffordern,
zu Rahmenbewilligungsgesuchen für neue Atomkraftwerke in Beznau
(AG), Gösgen (SO) und Mühleberg Stellung zu nehmen. Die
Kantone werden dafür drei Monate Zeit haben. Bereits hat der
Kanton Bern eine Fristverlängerung von mindestens drei Monaten
verlangt ("Bund", 24. April).
Der Regierungsrat hat in seiner Antwort die bürgerliche
Motion zwar abgelehnt. Mit dem weiteren Vorgehen zielt er aber darauf
hin, dass die Stellungnahme des Kantons dem Volk bis Ende März
2011 "fristgerecht" unterbreitet werden kann. Damit der Zeitplan
aufgeht, sei "ein beschleunigtes und straff terminiertes Vorgehen
erforderlich", heisst es in der Antwort. Der Regierungsrat erachtet die
Einsetzung einer besonderen Kommission zur Vorberatung als
"zweckmässig". Diese könne ihre Arbeit im August aufnehmen,
sobald alle wesentlichen Informationen seitens des Bundes vorliegen.
"Deutlich schlechtere Karten"
In der Novembersession wird der Grosse Rat die Stellungnahme des
Kantons voraussichtlich verabschieden. Wesentlich dabei: Damit es
für die Volksabstimmung reicht, sollte das Parlament seine
Stellungnahme dem obligatorischen Referendum unterstellen - damit dies
geschieht, reicht eine einfache Mehrheit nicht; nötig sind 100
Stimmen. Bisher hat sich keine Partei gegen eine Volksabstimmung
ausgesprochen - ihr dürfte somit nichts im Weg stehen.
Obschon die Meinung der bernischen Stimmberechtigten für den
Bund nicht bindend ist, kommt dem Resultat doch eine überaus
wichtige Bedeutung zu. Kurt Rohrbach, Direktionspräsident des
Energieunternehmens BKW, welches das AKW Mühleberg betreibt, sagte
Mitte März im "Bund", bei einem Nein hätte der Standort
Mühleberg "deutlich schlechtere Karten". Der Hintergrund: Da neue
Atomkraftwerke leistungsfähiger sind, werden nicht an allen drei
Standorten Ersatzwerke gebaut.
Ein Blick auf vergangene Abstimmungen im Kanton Bern zu
atompolitischen Fragen zeigt: Die beiden Initiativen von 2003 (Strom
ohne Atom - 10-jähriges Moratorium) wurden mit 67,5 respektive
58,6 Prozent Nein-Stimmen deutlich abgelehnt. Für die
rot-grünen Parteien ist dies aber kein Grund, die Flinte bereits
ins Korn zu werfen. Die Anti-Atom-Bewegung sei daran, sich neu zu
formieren, sagte Blaise Kropf, Präsident der bernischen
Grünen, auf Anfrage. Es sei "nicht einfach", eine allfällige
Abstimmung zu gewinnen, "aber die Chancen sind intakt." Für
SP-Präsidentin Irène Marti ist die Abstimmung ebenfalls zu
gewinnen - auch im Wissen darum, dass die Atombefürworter
finanziell viel stärker unterstützt würden als die
Gegner. "Wir würden kämpfen wie wild."
--
Kommentar
Das Berner Stimmvolk soll entscheiden
Hans Galli
Die Pläne für den Bau eines neuen AKW in Mühleberg
müssen möglicherweise rasch schubladisiert werden. Dann
nämlich, wenn die Bernerinnen und Berner im kommenden Jahr Nein
sagen zum Gesuch für die Rahmenbewilligung. Die Abstimmung ist
rechtlich unverbindlich; aber politisch wird sie verbindlich sein: Der
neue BKW-Verwaltungsratspräsident Urs Gasche hat bereits
angekündigt, dass er sich in diesem Fall nicht mehr für den
Standort Mühleberg einsetzen werde.
Es ist zu begrüssen, dass das Berner Stimmvolk Stellung
nehmen kann. Denn ohne die Abstimmung bleibt unklar, ob die
rot-grüne Kantonsregierung mit ihrer Ablehnung tatsächlich
die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung repräsentiert. Die
Regierung stützt ihr Nein auf die kantonale Energiestrategie ab.
Diese strebt den Ausbau der erneuerbaren Energien an.
Doch beim ökologischen Umbau der Energieversorgung hapert
es. Neue Wasserkraftwerke - ob Pumpspeicherwerke oder kleine Anlagen in
Bächen - stossen genauso auf Widerstand wie Windturbinen. Auch
neue Stromleitungen werden bekämpft - dabei sind sie
unerlässlich, wenn Windenergie aus dem Norden und Sonnenstrom aus
der Wüste importiert werden soll.
Ohne neue Kraftwerke, allein durch Sparen, kann die
Stromversorgung nicht gesichert werden. Wärmepumpen, Computer und
Kommunikationsnetze benötigen immer mehr Strom. Das weiss die
Bevölkerung. Deshalb wird sie sich ein Nein zu Mühleberg gut
überlegen. Das Nein wäre allerdings nicht mit dem Ausstieg
der BKW aus der Atomenergie gleichzusetzen: Der Berner Stromkonzern
würde sich in diesem Fall stärker an einem neuen AKW in
Beznau oder Gösgen beteiligen. Bern hätte dann trotz allem
Atomstrom, aber die Arbeitsplätze wären in andern Kantonen.
Aber auch wenn das Bernervolk Ja zur Rahmenbewilligung sagt, ist
das neue AKW in Mühleberg noch längst nicht gebaut.
Entschieden wird auf Bundesebene - das heisst in einigen Jahren in
einer gesamtschweizerischen Volksabstimmung.
---
BZ 5.5.10
Kampf um AKW-Plebiszit
Das Bernervolk soll zum Bau eines AKW in Mühleberg Stellung
nehmen können. Doch im Grossen Rat wirds dafür knapp.
Im Januar 2011 wird der Bund die Kantone einladen, zu den
Plänen für den Bau neuer Atomkraftwerke in der Schweiz
Stellung zu nehmen. Der Berner Regierungsrat will diese Stellungnahme
dem kantonalen Stimmvolk unterbreiten. Doch dafür brauchts im
Grossen Rat 100 der 160 Stimmen. Und das könnte eng werden: BDP
und FDP signalisieren zwar Zustimmung. Doch bei der SVP gibt es
gewichtige Stimmen, die dagegen sind. Sollte der Grosse Rat Ja sagen,
würde die Volksabstimmung im Februar 2011 stattfinden.
drh
Seite 2
--
Entscheid zu AKW Mühleberg
SVP ziert sich beim Gang vors Volk
Die rot-grüne bernische Kantonsregierung lehnt den Bau eines
neuen AKW in Mühleberg ab. Das letzte Wort soll aber das Volk
haben. Die Abstimmung könnte im Februar 2011 stattfinden - sofern
der Grosse Rat das auch will.
"Ein Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg stände im
Widerspruch zu den Zielen der kantonalen Energiestrategie 2006",
schreibt der bernische Regierungsrat in der Antwort auf eine
bürgerliche Motion. FDP, SVP, BDP und EDU fordern eine positive
Stellungnahme des Kantons zum Rahmenbewilligungsgesuch der BKW für
den Bau eines neuen AKW. Dass die rot-grüne Regierung dies
ablehnt, ist keine Überraschung. Sie ist überzeugt, dass die
Weichen in der Energiepolitik heute so zu stellen seien, "dass das
strategische Ziel eines mittelfristig kernkraftwerkfreien Kantons Bern
weiterverfolgt werden kann".
Der Grosse Rat sagt wohl Ja
Die Bürgerlichen sehen dies - ebenso wenig überraschend
- anders. Aufgrund der seit den Wahlen klaren
Mehrheitsverhältnisse im Grossen Rat ist davon auszugehen, dass
dieser die Motion in der Junisession gegen den Willen der Regierung
überweisen wird. SVP, BDP, FDP und EDU verfügen über
eine Mehrheit von 91 der 160 Sitze. Somit müsste die Regierung
zuhanden des Grossen Rates eine befürwortende Stellungnahme
erarbeiten.
Der Bund wird die Kantone gemäss der aktuellen Zeitplanung
im Januar 2011 einladen, zu den drei Rahmenbewilligungsgesuchen
für den Bau neuer AKW in der Schweiz Stellung zu nehmen. Sie
werden dafür drei Monate Zeit haben. Wie berichtet, fordert die
Kantonsregierung vom Bundesrat mehr Zeit. Denn sie möchte die
Stellungnahme dem Bernervolk unterbreiten. Dieses soll nach Ansicht der
Regierung das letzte Wort darüber haben, ob der Kanton Bern das
Gesuch der BKW für den Bau eines neuen AKW in Mühleberg
befürwortet oder nicht.
Die SVP könnte ausscheren
Offen ist, ob der Grosse Rat Ja oder Nein zum Antrag der
Regierung sagen wird, die Stellungnahme dem Volk zu unterbreiten. Es
braucht dafür ein qualifiziertes Mehr von 100 Stimmen. BDP- und
FDP-Vertreter signalisierten gestern Zustimmung. Bei der SVP hingegen
gibt es gewichtige Stimmen, die dagegen sind. Das Volk solle dann
entscheiden, wenn es wirklich das letzte Wort habe und nicht wenn es
bloss um eine konsultative Frage gehe, findet beispielsweise
Fraktionschef Peter Brand. Es könnte also eng werden.
Straffer Plan für kurze Frist
Eine Fristverlängerung hat der Bund bis jetzt stets
abgelehnt. Eine neue Anfrage des Regierungsrates bei Bundesrat Moritz
Leuenberger ist hängig. Die Regierung geht deshalb derzeit vom
Szenario aus, für die Stellungnahme nur drei Monate Zeit zu haben.
Um sie inklusive Volksabstimmung fristgerecht abgeben zu können,
hat die Regierung deshalb einen detaillierten und gedrängten Plan
für deren Erarbeitung festgelegt. Dieser sieht folgendermassen aus:
Juni 2010: Die Regierung schlägt aufgrund der Bedeutung des
Geschäfts die Einsetzung einer vorberatenden Grossratskommission
vor. Diese soll in der Junisession gebildet werden. Sie könnte
ihre Arbeit im August aufnehmen, sobald alle wesentlichen Informationen
und der definitive Fragenkatalog des Bundes vorliegen.
November 2010: Der Regierungsrat erarbeitet zuhanden des Grossen
Rates die Stellungnahme des Kantons zum Rahmenbewilligungsgesuch der
BKW. Sie wird beantragen, diese dem Volk zu unterbreiten. Der Grosse
Rat könnte über beides in der Novembersession befinden.
Februar 2011: Unterstellt der Grosse Rat die Stellungnahme dem
obligatorischen Referendum, würde die kantonale Volksabstimmung am
13.Februar 2011 stattfinden. Diese hätte rein formal zwar nur
konsultativen Charakter und wäre für den Bund nicht bindend.
Denn es ginge bloss um eine Stellungnahme und nicht um einen Entscheid
wie in der späteren nationalen Abstimmung. Weil es sich bei Bern
aber um einen möglichen Standortkanton handelt, käme der
Abstimmung wegweisende Bedeutung zu.
"Damit der Volkswille eindeutig ermittelt werden kann", will der
Regierungsrat nur zum Gesuch der BKW Stellung nehmen. Ein Einbezug der
zwei anderen Gesuche für neue AKW in Beznau und Gösgen
würde seiner Meinung nach "keine klare Fragestellung nach der
zustimmenden oder ablehnenden Haltung der Stimmberechtigten zum
Ersatzgesuch der BKW erlauben". Zudem sei es "in der Sache richtig",
wenn sich Bern als einer der Standortkantone nicht zu den anderen
Gesuchen äussere.
Der Zeitplan ist unsicher
Dieses Vorgehen und die Termine gelten jedoch nur dann, wenn der
Bund seinen - ehrgeizigen - Zeitplan für die Bearbeitung der
Rahmenbewilligungsgesuche auch wirklich einhalten kann. Und das ist
fraglich. Eine Verzögerung hat es bereits gegeben:
Ursprünglich war die Stellungnahme der Kantone für diesen
Sommer geplant.
Dominic Ramel
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be.ch/gr 28.4.10
http://www.be.ch/gr/VosData/Gwd/Parlamentarische%20Vorstoesse/Motionen/2009/20100504_052954/DOCSSTA-335283-v1-M_341_2009_Flueck_FDP_Freiburghaus_SVP_Simon_BD_2916.pdf
M 341/2009 BVE
28. April 2010 BVE C
Motion
0632 Flück, Brienz (FDP)
Freiburghaus, Rosshäusern (SVP)
Simon-Jungi, Seedorf (BDP)
Burn, Adelboden (EDU)
Weitere Unterschriften: 44
Eingereicht am: 16.11.2009
Der Kanton Bern befürwortet das Rahmenbewilligungsgesuch für
das Ersatz- Kernkraftwerk Mühleberg
1. Der Regierungsrat wird beauftragt, dem Grossen Rat eine
Stellungnahme an die Bundesbehörden vorzulegen, in welcher sich
der Kanton Bern positiv zum Gesuch um den Ersatz des Kernkraftwerkes
Mühleberg ausspricht. Mit der Stellungnahme des Kantons Bern soll
erreicht werden, dass das Rahmenbewilligungsgesuch für das Ersatz-
Kernkraftwerk Mühleberg im weiteren Verfahren gleichwertig mit den
andern Gesuchen behandelt und beurteilt wird.
2. Da die Beurteilung der Sicherheit Sache des Bundes ist und der Bau
von Ersatz-Kernkraftwerken der Energiestrategie des Bundesrates
entspricht, sind in der Stellungnahme aus der Sicht des Standortkantons
Bern folgende Aspekte positiv zu würdigen:
- Versorgungssicherheit für die Bevölkerung und die
Wirtschaft des Kantons Bern und angrenzender Gebiete, insbesondere der
Westschweiz.
- Abdeckung der aufgrund der Stilllegung der ältesten
Kernkraftwerke in Mühleberg und in Beznau sinkenden
Inlandproduktion.
- Abdeckung des steigenden Strombedarfs und Sicherstellung einer
möglichst CO2 freien Inlandproduktion.
- Bedeutung aus volkswirtschaftlicher und
beschäftigungspolitischer Sicht.
3. In den Stellungnahmen des Kantons Bern zu den
Rahmenbewilligungsgesuchen Beznau und Gösgen ist anzumerken, dass
der Ersatzbedarf für die geplanten Anlagen in Mühleberg und
Beznau plausibler begründet ist.
4. Der Regierungsrat wird gestützt auf Artikel 79 Absatz 1 Bst. c
der Kantonsverfassung verpflichtet, dem Grossen Rat diese drei
Stellungnahmen des Kantons Bern gegenüber den Bundesbehörden
fristgerecht im Sommer 2010 zur Beratung zu unterbreiten und
rechtzeitig eine allfällige Fristverlängerung für die
Abgabe der Stellungnahme einzuholen.
Begründung
Der Regierungsrat hat am 5. November 2009 in einer Medienmeldung
angekündet, dass er dem Grossen Rat die Stellungnahme des Kantons
Bern zum Ersatz des Kernkraftwerkes Mühleberg im Rahmen des
eingeleiteten Rahmenbewilligungsverfahrens zur Beratung und Genehmigung
unterbreiten wird. Zudem will er dem Grossen Rat beantragen, diese
Stellungnahme der Volksabstimmung zu unterbreiten. Die offizielle
Aufforderung zur Stellungnahme wird im Sommer 2010 erwartet.
Gemäss dem Kernenergiegesetz des Bundes können alle Kantone
zu den eingereichten Gesuchen der Stromwirtschaft für den Ersatz
der Kernkraftwerke Mühleberg, Beznau und Gösgen eine
Stellungnahme abgeben. Die Kantone haben grundsätzlich drei Monate
Zeit, um den Bundesbehörden eine entsprechende Stellungnahme
abzugeben. Die Frist kann vom Bundesamt für Energie in
begründeten Fällen verlängert werden.
Der Inhalt der Stellungnahme des Kantons hat sich an folgenden Vorgaben
zu orientieren:
- Der Kanton Bern befürwortet den Ersatz des Kernkraftwerks
Mühlebergs. Er unterstützt damit die Energiestrategie des
Bundesrates, in welcher der Bau von Ersatz-Kernkraftwerken vorgesehen
ist.
- Für die Beurteilung der Sicherheit der Kernanlagen sind die
Bundesbehörden zuständig.
- Der Kanton Bern bejaht den Bedarf eines neuen Kernkraftwerkes auf
seinem Staatsgebiet, weil er einen wichtigen und notwendigen Beitrag
zur gesamtschweizerischen Versorgung leisten kann.
- Inländisch erzeugte und praktisch CO2-frei produzierte Energie
geniesst eine bevorzugte Stellung.
- Im Interesse der Versorgungssicherheit kann auf den Ersatz des
Kernkraftwerks Mühlebergs nicht verzichtet werden. Zur Deckung der
Stromnachfrage im BKWKundengebiet ist ein Ersatz des Kernkraftwerks
Mühlebergs unverzichtbar. Die Volkswirtschaft und die
Bevölkerung sind auf eine verlässliche und preiswerte
Stromversorgung angewiesen. Mit einer Ersatzanlage in Mühlenberg
könnte ein wesentlicher Bestandteil der im Kanton Bern
produzierten Elektrizität langfristig sichergestellt werden.
- Das neue Kernkraftwerk Mühleberg ist durch die Partnerschaft
BKW-Axpo zusätzlich getragen. Bei dieser Partnerschaft steht der
KKW-Ersatz im Vordergrund. Beznau I (Inbetriebnahme 1969), Beznau II
(1971) und Mühleberg (1972) sind deutlich früher zu ersetzen
als die Anlagen von Gösgen (1979) und Leibstadt (1984).Sollten nur
zwei der drei Projekte bewilligt werden, sind die Ersatzprojekte
Mühleberg und Beznau zu bevorzugen.
- Der Kanton befürwortet das Ersatz-Kernkraftwerk Mühleberg
insbesondere auch wegen der volkswirtschaftlichen Bedeutung, wie dies
der Vertreter der Berner Regierung an den Hearings der UREK
Ständerat ausgeführt hat.
- Die Investition von rund 6 Mrd. Franken, die rund 1'000 direkten und
indirekten Arbeitsplätze, die jährliche Wertschöpfung
von gut 500 Mio. Franken, die jährlichen Revisions- und
Unterhaltsarbeiten, die Steuern der Betreibergesellschaft und die von
den im Kanton Bern wohnhaften Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
Kernkraftwerkes zu leistenden Kantons- und Gemeindesteuern fallen
für den Wirtschaftsstandort Bern ins Gewicht.
Es wird Dringlichkeit verlangt. Abgelehnt: 19.11.2009
Antwort des Regierungsrates
Das von der BKW FMB Energie AG eingereichte Gesuch um eine
Rahmenbewilligung für den Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg
(EKKM) ist energie- und wirtschaftspolitisch von grosser Bedeutung
für den Kanton Bern und stösst auf ein vitales Interesse in
weiten Kreisen der Bevölkerung. Der Regierungsrat hat sich daher
schon zu einem frühen Zeitpunkt dafür ausgesprochen, das
Stimmvolk darüber entscheiden zu lassen, ob es mehrheitlich einen
Ersatz befürwortet oder ablehnt. Der Einbezug des Stimmvolks zu
zukunftsweisenden Fragen der Kernenergie entspricht der bernischen
Tradition. Dass das Stimmvolk in diesen Fragen mitreden will, belegen
auch die zahlreichen Volksinitiativen, die in den vergangenen Jahren
auf Bundes- und auf kantonaler Ebene eingereicht wurden.
Inhaltlich lehnt der Regierungsrat die Stossrichtung der Motion ab. Ein
Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg stände im Widerspruch zu
den Zielen der kantonalen Energiestrategie 2006, die der Grosse Rat am
22. November 2006 zur Kenntnis genommen hat. Diese sieht einen
mittelfristigen Ausstieg aus der Kernenergie vor. Heute sind die
Weichen so zu stellen, dass das strategische Ziel eines mittelfristig
kernkraftwerkfreien Kantons Bern weiter verfolgt werden kann.
Nach der aktuellen Zeitplanung (Stand März 2010) wird der Bund ab
Januar 2011 alle Kantone einladen, zu den eingereichten
Rahmenbewilligungsgesuchen für die drei Kernkraftwerke in
Mühleberg, Beznau und Gösgen Stellung zu nehmen. Dabei ist
von folgendem Verfahren auszugehen:
- Das Bewilligungsverfahren nach Kernenergiegesetz ist ein
Bundesverfahren, bei dem die Kantone spezifische
Mitwirkungsmöglichkeiten haben. Es gliedert sich in ein
Rahmenbewilligungsverfahren, eine Baubewilligung und eine
Betriebsbewilligung. Die Rahmenbewilligung legt den
Bewilligungsinhaber, den Standort, den Zweck der Anlage, die
Grundzüge des Projekts (Reaktorsystem, Leistungsklasse und
Hauptkühlsystem) sowie die maximal zulässige
Strahlenexposition fest. Der Beschluss über die Rahmenbewilligung
obliegt der Bundesversammlung. Es ist zu erwarten, dass ein Referendum
zustande kommen wird.
- Für die Vorbereitung des Bundesbeschlusses ist das Bundesamt
für Energie (BFE) zuständig, das die sicherheitstechnischen
Abklärungen und die Fachbeurteilungen, insbesondere bezüglich
Umweltverträglichkeit, Verträglichkeit mit der Raumplanung
sowie mit dem Natur- und Heimatschutz, koordiniert. Die kantonalen
Fachberichte für das Kernkraftwerk Mühleberg werden zurzeit
erarbeitet und voraussichtlich Anfang Mai 2010 an die zuständigen
Bundesfachstellen (Bundesamt für Raumentwicklung - ARE und
Bundesamt für Umweltschutz - BAFU) weitergeleitet.
- Der Bund erarbeitet zurzeit einen Fragenkatalog, der als Grundlage
für die kantonalen Stellungnahmen dienen soll. Der Fragenkatalog
wird im August 2010 definitiv vorliegen. Sobald die
sicherheitstechnischen Gutachten des Eidgenössischen
Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) vorliegen, lädt der Bund
alle 26 Kantone und die Fachstellen des Bundes formell ein, innerhalb
von drei Monaten zu den Rahmenbewilligungsgesuchen Stellung zu nehmen.
Wie erwähnt wird dies voraussichtlich ab Januar 2011 der Fall
sein. Fristverlängerungen lehnt der Bund nach seinen letzten
Angaben ab.
Damit beim Bund bis Ende März 2011 eine breit abgestützte
Stellungnahme des Kantons Bern eingereicht werden kann, ist ein
beschleunigtes und straff terminiertes Vorgehen mit einer zeitlich gut
abgestimmten Zusammenarbeit von Regierungsrat und Grossem Rat
erforderlich. Der Regierungsrat geht dabei von den folgenden
Eckpfeilern aus:
- Als dafür zuständige Behörde (Artikel 90 Buchstabe e
der Kantonsverfassung) erarbeitet der Regierungsrat zuhanden des
Grossen Rates eine Stellungnahme zum Rahmen4 bewilligungsgesuch der BKW
FMB Energie AG. Er beantragt dabei, die kantonale Stellungnahme sei dem
Souverän zu unterbreiten. Das ist gestützt auf die
Kantonsverfassung möglich, indem der Grosse Rat die Vorlage in
Anwendung von Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe f KV in Verbindung mit
Artikel 61 Absatz 2 KV dem obligatorischen Referendum unterstellt.
- Wie bei der Vernehmlassung zur Erteilung der unbefristeten
Betriebsbewilligung und zur Leistungserhöhung für das
Kernkraftwerk Mühleberg ist die Einsetzung einer besonderen
Kommission zur Vorberatung zweckmässig. Die Kommission kann in der
Junisession bestellt werden und soll ihre Arbeit im August 2010
aufnehmen, sobald alle wesentlichen Informationen und der definitiv
beschlossene Fragenkatalog des Bundes vorliegen.
- Die Stellungnahme des Kantons zum Rahmenbewilligungsgesuch der BKW
FMB Energie AG verabschiedet der Grosse Rat bereits in der
Novembersession 2010. Stimmt der Grosse Rat der Unterstellung unter das
obligatorische Referendum zu, kann die Stellungnahme in der Folge
fristgerecht bis Ende März 2011 dem Volk unterbreitet werden.
- Damit der Volkswille in der Abstimmung eindeutig ermittelt werden
kann, muss sich der Kanton Bern auf eine Stellungnahme zum Rahmengesuch
für den Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg beschränken.
Ein Einbezug der Rahmenbewilligungsgesuche für die Kernkraftwerke
Beznau und Gösgen würde keine klare Fragestellung nach der
zustimmenden oder ablehnenden Haltung der Stimmberechtigten zum
Ersatzgesuch der BKW FMB Energie AG erlauben. Im Übrigen ist es in
der Sache richtig, wenn sich der Kanton Bern als einer der
Standortkantone nicht zu den Bewilligungsgesuchen ausserkantonaler
Betreiber von Kernkraftwerken äussert.
Diese Vorgehensplanung basiert auf den aktuellen zeitlichen Angaben des
Bundes (Stand März 2010). Sollte der Bund die Zeitplanung
ändern, müsste das Vorgehen entsprechend neu terminiert
werden.
Zusammenfassend ist der Regierungsrat bereit, alle erforderlichen
Vorkehren zu treffen, damit der Grosse Rat seine Mitwirkungsrechte
umfassend wahrnehmen kann. Letztlich soll jedoch das Stimmvolk
darüber entscheiden, ob der Kanton Bern eine zustimmende oder eine
ablehnende Stellungnahme beim Bund einreicht. Entsprechend
befürwortet der Regierungsrat die Erarbeitung einer Stellungnahme
zuhanden des Grossen Rates mit einer anschliessenden Unterstellung
unter das obligatorische Referendum. Die in der Motion angegebenen
inhaltlichen Aussagen lehnt der Regierungsrat jedoch ab, weil sie im
Widerspruch zur Energiestrategie stehen. Deshalb beantragt er eine
Ablehnung der Motion. Dies insbesondere auch in Punkt vier, weil sich
dieser auf die inhaltlichen Vorgaben der Punkte 1 bis 3 bezieht.
Antrag Ablehnung der Motion
An den Grossen Rat