MEDIENSPIEGEL 5.5.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS)
- Sicherheitswahn Biel: SIP auf Patrouille
- Zureich: 3 Aktivisten in Haft
- 1. Mai Zureich: Polizeikosten-Polemik
- 1. Mai Basel: Gefangene frei
- Lausanne autonome: Demo am Donnerstag
- Demo-Recht LU: Keine Einschränkung
- Police CH: Inti mit KSPD-Präsident
- Homophobie: Elton John-Konzert in Ägypten verboten
- Facebook: Mehr Datenschutz
- Anti-Atom: BE-Regierung gegen, Grosser Rat für Mühleberg II

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REITSCHULE
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Di 04.05.10
20.30 Uhr - Kino  - Uncut - Warme Filme am Dienstag

Mi 05.05.10
19.00 Uhr - SousLePont - Himalaya-Spezialitäten
20.30 Uhr - Tojo - "Kosmose" Butoh-Tanztheater von Cie Elektra.
20.30 Uhr - Kino - Schwarz auf Weiss, Günter Wallraff, Pagonis Pagonakis, Susanne Jäger, Gerhard Schmidt, D 2009
21.00 Uhr - Rössli - Aluminum Babe

Do 06.05.10
10.15 Uhr - Grosse Halle - Frühlings Erwachen, von Ensemble U18 I, Junge Bühne Bern (Schulvorstellung)
14.00 Uhr - Grosse Halle - Frühlings Erwachen, von Ensemble U18 I, Junge Bühne Bern (Schulvorstellung)
20.30 Uhr - Tojo - "Kosmose" Butoh-Tanztheater von Cie Elektra.
20.30 Uhr - Kino - Mitgliederversammlung Cinébern: Golem2000 mit Musik-Begleitung
21.00 Uhr - Rössli - Plattentaufe: Meienberg

Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch

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BZ 5.5.10

Steff la Cheffe

 "Bi ds Chick mit em Baby-Face"

 Die junge Bernerin Steff la Cheffe zeigt mit ihrem Debütalbum "Bittersüessi Pille", mit wem in Zukunft im Schweizer Rap zu rechnen ist: mit ihr.

 Kinder rennen umher, kreischen, Verliebte sitzen eng umschlungen, kuscheln, die Sonne scheint - im Berner Rosengarten ist der Frühling ausgebrochen. Nur eine lässt dies scheinbar kalt. Die junge Frau, bleich, in Sonnenbrille und Tanktop, die Haare streng nach hinten gebunden, sitzt an einem Tisch für sich. Hat ihren Laptop aufgeklappt, zieht an einer Zigi und redet ins Handy. Auf ihrer Halskette prangt riesig der Schriftzug "Steff la Cheffe" - selbstbewusst, denkt manch einer und ist bereits nicht mehr so sicher, wie die Person, die da thront, einzuordnen ist. Ist es Stefanie Peter, das 23-jährige "Meitschi vom Breitsch", das fast verwundert wahrnimmt, wie sich die Schweiz plötzlich nach ihm umdreht? Oder ist es Steff la Cheffe, die selbstbewusste Rapperin, die mit ihrem soeben erschienenen ersten Album "Bittersüessi Pille" die männliche Konkurrenz herausfordert?

 Kein Nachäffen

 Wahrscheinlich ist es die Mischung aus beidem, die fasziniert und irritiert. Denn Steff la Cheffe nimmt kein Blatt vor den Mund, tut es ihren männlichen Rapper-Kollegen gleich, ohne eben nachzuäffen. Und wenn sie das mal macht, so wie in "No Competition" - "i frisse di zum Zmorge wie mini Cornflakes" - ist es ironisch gemeint. Die Hörerin von "Bittersüessi Pille" mag gar eine Art Freiheitsgefühl herausspüren. Feminismus, der nicht mehr in erster Linie Kampf sein muss, eher selbstverständlich ist. Und den strahlt Stefanie Peter aus, wenn sie einsam an ihrem Tisch sitzt und dann plötzlich herzlich lacht.

 Feminismus als Markenzeichen? Steff la Cheffe würde dem widersprechen. In Schubladen eingeordnet werden - das mag sie nämlich gar nicht. Lieber sich immer wieder verpuppen, sich als etwas anderes entpuppen, das zeigt sie auch auf "Bittersüessi Pille": Mimt die politische Rapperin in "Briche Brot", die Sexgöre in "Chum i mini Chuchi" und die unabhängige Kämpferin in Songs wie "Bittersüessi Pille" und "Im Momänt", wo sie sich auch einmal als "Chick mit em Baby-Face" umschreibt.

 Ein Album, das so vielfältig ist, dass es einige Male die Grenze zur Beliebigkeit schrammt, zum Beispiel mit poppigen Einflüssen. Und dann doch zurück zum Rap findet. Der Zürcher Dodo Jud, der das Album produziert hat, lässt Steff la Cheffe zum Glück viel Freiraum, den sie sich zum Teil auch erkämpft hat: "Ich wollte am liebsten ein Album machen, das noch mehr nach Hip-Hop tönt", sagt sie.

 Da ist er wieder zu hören, der kämpferische Unterton. Der Kampf darum, ernst genommen zu werden. Denn es gibt nichts Schlimmeres für Steff la Cheffe, als zur "Meitli-Rapperin" degradiert zu werden. Nicht umsonst bindet sie sich die wunderschönen Locken auf der Bühne stets streng zurück, nicht umsonst ist ein Zürcher auf die Bernerin aufmerksam worden - die Berner Szene, nur Männer, scheint sie schlicht übersehen zu haben.

 Durchgestartet

 Aber das liegt weit hinter ihr. Im letzten Jahr kam der Titel zur Vize-Weltmeisterin im Beatboxen, die Zusammenarbeit mit Harfenist Andreas Vollenweider, der sie mit auf Tournee nahm, und der Sieg als Rapperin am Festival m4music. Anfang 2010 schliesslich gabs gar eine Produktion des Berner Stadttheaters mit ihr. Durchgestartet ist Steff la Cheffe schon lange.

 Vom Nachteil zum Vorteil

 Und da war es plötzlich als Frau in einem Männerbusiness gar kein Problem mehr. "Ich habe meinen Weg gefunden", sagt sie. Und es klingt nicht einmal anmassend. "Ich habe einfach gemerkt, wie ich mir einen Nachteil zum Vorteil machen kann." Das hat auch damit zu tun, dass die 23-Jährige nicht mehr alles so ernst nimmt. Als Kind war das Gegenteil der Fall: Sie setzte sich immer selbst unter Druck. "Meine Mutter hatte sogar Angst, dass ich einmal introvertiert und verschüpft werde." Darüber kann Steff la Cheffe jetzt lachen. "Ich habe sozusagen eine Rückwärtsentwicklung gemacht: Während alle mit dem Alter immer ernster wurden, nahm ich mit der Zeit das Leben lockerer."

 Die Mutter kann also stolz sein. Sie und der grosse Bruder waren es auch, die Steff la Cheffe zum Geburtstag die Kette mit dem Namen geschenkt haben - angefertigt nach dem gezeichneten Vorbild im CD-Booklet. Steff la Cheffe ist jetzt definitiv der Chef.

 Marina Bolzli

 CD: Steff la Cheffe, "Bittersüessi Pille", Bakara. CD-Taufe: 22.5., Dachstock der Reitschule, Bern. TV: 13.5, Aeschbacher, 22.20, SF1.

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SICHERHEITSWAHN BIEL
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Langenthaler Tagblatt 5.5.10

Das Sicherheitsgefühl stärken

Biel. Bald patrouillieren Zweierteams der neuen Gruppe Sicherheit, Intervention, Prävention

 Die Stadt Biel sagt Vandalen und Ruhestörern den Kampf an: Nach den Sommerferien patrouillieren Zweierteams der neu geschaffenen Gruppe Sicherheit, Intervention, Prävention (SIP) in der Innenstadt.

 Bruno Utz

 Wie andernorts, so klagen auch immer öfter Bielerinnen und Bieler über Vandalismus, Ruhestörungen und Belästigungen. Vor allem lärmende Nachtschwärmer, herumlungernde Jugendliche und auffällige Randständige führen mit ihrem auffälligen Verhalten regelmässig zu Klagen und Konflikten. Besonders betroffen sind der Bahnhofplatz, der Heuerpark, der Kongresshaus-Parkplatz sowie die Umgebungen von Nachtklubs und Bars. So ist es im "Konzept SIP" nachzulesen. SIP steht laut der in Biel für die Sicherheit zuständigen Gemeinderätin Barbara Schwickert (Grüne) für "Sicherheit, Intervention, Prävention". Und genau mit einer SIP-Abteilung will nun Biel für mehr Sicherheit, Ruhe und Ordnung im öffentlichen Raum sorgen.

 Ordnungsdienst, Sozialarbeit

 SIP ist laut Schwickert eine niederschwellige Kombination von Ordnungsdienst und Sozialarbeit. Vergleichbare SIP-Teams gibt es bereits in Zürich und Luzern (vergleiche separaten Artikel). Und in der Stadt Bern ist seit einigen Jahren Pinto (Prävention, Intervention, Toleranz) mit der Lösung ähnlicher Aufgaben betraut, wie sie jetzt in Biel SIP-Teams übernehmen sollen.

 "Nächste Woche schreiben wir die Stellen aus. Nach einer kurzen Ausbildung rechnen wir damit, dass die SIP-Teams nach den Sommerferien ihre Tätigkeit aufnehmen können", sagt Schwickert auf Anfrage. Vorgesehen seien 300 Stellenprozente, 80 Prozent davon für die Leitung. "Die restlichen Stellenprozente werden wir wahrscheinlich mit vier weiteren Personen besetzen", so Schwickert. Geplant seien Zweierteams, die jeweils schwergewichtig donnerstags, freitags und samstags in der Innenstadt unterwegs sein sollen.

 Was nicht stört, wird toleriert

 Der Einsatz erfolgt laut Konzept "flexibel entsprechend der Nachfrage zwischen 13 und 1Uhr in der Früh, an Wochenenden bis morgens um 4 Uhr". Einer der SIP-Grundsätze lautet, toleriert wird, was nicht stört. "Das wäre dann nicht der Fall, wenn eine Gruppe von Leuten auf dem Zentralplatz mit Bierflaschen um sich wirft", nennt Schwickert ein Negativbeispiel.

 Es sei vorgesehen, die SIP-Mitarbeitenden einheitlich einzukleiden und mit Mobiltelefonen sowie Pfeffersprays auszurüsten. Biel rechne mit jährlichen Kosten von gut 250000 Franken. Nach zwei Jahren werde der Versuch evaluiert. Hauptziel sei, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu stärken.

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 Akzeptiert bei der Bevölkerung

 Die Stadt Luzern führt seit April 2005 eine SIP-Abteilung. "Wir sind bei unserer Kundschaft, das sind vor allem Randständige, Jugendliche und Migranten, sowie bei der Bevölkerung akzeptiert", sagt SIP-Leiter Anton Häfliger. Eher gering sei die Akzeptanz bei Politikern, die mehr Repression wollten. "Meine Leute gehen nicht mit dem Drohfinger auf die Leute zu, sondern freundlich und sie appellieren an deren Vernunft. Das dauert zwar etwas länger, unser Vorgehen hat jedoch Erfolg", resumiert Häfliger. Die Polizei werde nur bei Gewalt beigezogen. "Und wenn jemand nicht kooperativ ist", so Häfliger. Insgesamt beschäftige SIP Luzern 9 Personen im Winter und 15 im Sommer. Die Mitarbeitenden sind teiluniformiert. Zur Ausrüstung gehören Unterlagen für Hilfsangebote und ein Pfefferspray. Häfliger: "Den mussten wir erst viermal einsetzen." (uz)

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GEFANGENE ZUREICH
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Indymedia 5.5.10

Zürich: Drei Genossen in Untersuchungshaft ::

AutorIn : Revolutionärer Aufbau: http://www.aufbau.org     

Im Rahmen der Massenverhaftungen wurde auch Paul* am 1. Mai in Zürich festgenommen. Am 4. Mai eröffnete der Haftrichter die Untersuchungshaft gegen den jungen Genossen.

Angeblich hat er sich gegen seine Verhaftung zur Wehr gesetzt und dabei einen Polizisten am Bein verletzt. Angesichts der brutalen Einsätze der Greifertrupps, die sich mit vollem Körpergewicht auf ihre Opfer warfen und diese zu Boden schmetterten, bleibt die Frage, ob sich der Polizeischläger nicht selber verletzt hat. Aber unabhängig davon: Jemanden deswegen wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft zu setzen ist schlicht absurd und dient nur einem Zweck: Den Widerstand gegen gegen das Kapital und seinen Repressionsapparat einzuschüchtern.

Auch Franz* und Karl*, die am vergangenen Donnerstag wegen einem angeblich am 1. Mai 2009 (!) begangenen Farbanschlag gegen die Credit-Suisse verhaftetet wurden, befinden sich nach wie vor in U-Haft. Karl wurde inzwischen nach Pfäffikon verlegt, Franz sitzt im berüchtigten Flughafengefängnis ein. Auch hier dient die angebliche Verdunkelungsgefahr als Haftgrund. Die am Tag nach der Verhaftung der beiden Genossen durchgeführte CS-Aktionärsversammlung macht diese Polizeiaktion besonders symbolträchtig. Eindeutiger könnten Polizei und Justiz ihren Klassencharakter kaum aufzeigen.

Wir fordern die sofortige Freilassung der drei gefangenen Genossen!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Für den Kommunismus!

* Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes haben wir die Namen verändert

Revolutionärer Aufbau Schweiz, 4. Mai 2010     

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Indmedia 30.4.10

Zürich: Verhaftungen und Repression ::

AutorIn : Revolutionärer Aufbau Schweiz         

Am Donnerstagmorgen führte ein grosses Aufgebot der Zürcher Polizei Hausdurchsuchungen durch und verhaftete zwei Genossen des Revolutionären Aufbaus.     

Als Vorwand diente den Damen und Herren des Morgengrauens ein genau vor einem Jahr, am 1. Mai 2009, verübter Farbanschlag auf die Credit Suisse. Offenbar wollten die Repressionsorgane damit der heute tagenden Credit Suisse Aktionärsversammlung ein kleines Präsent überreichen. Heute sind die beiden Genossen dem Haftrichter vorgeführt und in Untersuchungshaft gesetzt worden.

In dieses repressive Klima passt auch der Polizeieinsatz vom Donnerstagabend. Ein Gruppe junger GenossInnen transportierte Transparente und rote Fahnen in unserer Zentrum. Mit einem Aufgebot von über 20 PolizistInnen wurden die GenossInnen auf offener Strasse mit Gummischrott-Gewehr im Anschlag gestoppt und während über einer Stunde festgehalten.

Mit dieser harten Linie versuchen die Behörden, die Mobilisierungen rund um den 1. Mai zu behindern und die Leute einzuschüchtern. Ein sinnloses Unterfangen. Der 1. Mai als Klassenkampftag ist ein wichtiges Ereignis im Aufbau von Gegenmacht. An diesem Tag nehmen sich international ArbeiterInnen und Ausgebeutete seit über einem Jahrhundert die Strasse, erkämpfen diese und verteidigen sie.

Unsere Parole "Raum aneignen - Kämpfe verbinden - Perspektiven entwickeln" richtet sich u.a. genau gegen den staatlichen Versuch, den antikapitalistischen Widerstand von der Strasse zu drängen und zu verbieten. Deshalb jetzt erst recht: Erster Mai - Strasse frei!

Freiheit für unsere zwei verhafteten Genossen!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Für den Kommunismus!

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1. MAI ZUREICH
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Blick am Abend 4.5.10

1.-Mai-Komitee soll blechen

 KRAWALL

 Susi Gut will die Polizeikosten vom 1. Mai dem Organisationskomitee verrechnen.

 Das 1.-Mai-Komitee soll den Polizeieinsatz vom Samstag aus eigener Tasche bezahlen", fordert Susi Gut von der Partei für Zürich. Sie reichte gestern zusammen mit Parteikollege Markus Schwyn eine Einzelinitiative beim Kantonsrat ein.

 "Das wäre das Aus fürs 1.-Mai-Fest", sagt Anna Klieber vom 1.-Mai-Komitee heute im "Tages-Anzeiger". "Wir haben keine Sponsoren." Dieses Jahr beliefen sich die Kosten für die rund 3800 Arbeitsstunden der Polizei beim 1.-Mai-Einsatz auf eine halbe Million Franken. Susi Gut wittert Rechtsungleichheit: Schliesslich müssten auch die Sportklubs bei Risiko-Spielen für die Kosten aufkommen. Für Remo Schädler, Vizepräsident des Zürcher Gewerkschaftsbundes, kein Argument: "Das verfassungsmässig garantierte Demonstrationsrecht darf in keiner Art und Weise ausgehöhlt werden." re

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1. MAI BASEL
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Basellandschaftliche Zeitung 5.5.10

Die zehn 1.Mai-Verwahrten sind frei

 Den 15 Festgenommenen wird Landfriedensbruch vorgeworfen

 Die zehn Erwachsenen, die am Samstagabend im Rahmen des Saubannerzuges in Basel festgenommen wurden (die bz berichtete), sind gestern Nachmittag nach drei Tagen freigelassen worden. Den Verwahrten seien sowohl die Mobiltelefone, als auch die Kleidung abgenommen worden, sagt Kriminalkommissär Markus Melzl auf Anfrage. Diese würden nun weiter auf Spuren untersucht.

 Die Basler Staatsanwaltschaft wird ein Strafverfahren einleiten. Alle 15 Festgenommenen müssen sich wegen Landfriedensbruch verantworten. "Wir befinden uns zurzeit bei der kriminalistischen Auslegeordnung", berichtet Melzl weiter. Landfriedensbruch begeht nicht nur, wer bei einer Zusammenrottung Sachschaden verursacht, sondern auch, wer sich nicht vom Geschehen entfernt und einfach zusieht.

 Über die Verwahrten ist weiter bekannt, dass eine Mehrheit der linken Szene angesiedelt werden kann. Zwar kann keine direkte Verbindung zwischen dem Vorfall in der Innenstadt und dem Baselbieter Bierlauf gemacht werden, "jedoch hat es schon einige Frustrierte darunter gehabt, die gerne am Bierlauf dabei gewesen wären und stattdessen am Abend in Basel am Saubannerzug teilgenommen haben", erklärt Melzl.

 Die Polizei hat die Befugnis, Festgenommene bis zu 48 Stunden zu verwahren. "Da jedoch ein Sonntag dazwischen war, der als Ruhetag gilt, griff diese Regel nicht", erklärt der Kriminalkommissär. (cg)

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LAUSANNE AUTONOME
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24 Heures 5.5.10

Les autonomes vont ressortir les cagoules

 LAUSANNE - Après avoir défié la police samedi dernier, le groupe Action autonome bloquera la place Saint-François en pleine heure de pointe, demain.

 Ils étaient une centaine à défier la police samedi dernier à Lausanne, en marge du cortège du 1er   Mai. Combien seront-ils demain? C'est l'inconnue. Mais, vu l'endroit de leur nouveau rassemblement "anticarcéral et antirépression", quelques dizaines suffiront à paralyser le centre-ville lausannois: les membres du groupe Action autonome se sont en effet donné rendez-vous à 18 h sur la place Saint-François. En pleine heure de pointe.

 Une manifestation qui n'est pas autorisée par les autorités, et qui se veut une dénonciation des décès du détenu de Bochuz et de Sébastien, le jeune Lyonnais récemment abattu par un policier alors qu'il circulait sur l'A1 à bord d'une voiture volée.

 Mais qui sont ces autonomes qui ont décidé de remettre les cagoules demain? Selon le conseiller communal lausannois Alain Hubler (A Gauche toute!), ces personnes ne seraient qu'une dizaine dans la capitale vaudoise. "A l'échelle cantonale, elles ne sont qu'une trentaine. Lors de manifestations, les autonomes lausannois sont rejoints par les Genevois et les Valaisans. Ils n'ont en tout cas rien à voir avec les gens de l'Espace autogéré et des squats. " La manifestation de samedi dernier s'était soldée par une cinquantaine d'interpellations et quatre dénonciations, dont une pour port de fumigène et une autre pour possession de stupéfiants. Aucune pour trouble à l'ordre public.

 Renforts français

 Selon nos informations, les autonomes pourraient être rejoints demain par quelques dizaines de professeurs français issus de la Confédération nationale du travail (CNT). Un syndicat "révolutionnaire et anarchiste" qui pourrait faire le déplacement pour exiger la libération de Daniel, le jumeau incarcéré de l'homme tué par un policier vaudois.
L. A.

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DEMO-RECHT LU
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NLZ 5.5.10

SVP-Motion

 Keine Einschränkung für Demonstranten

Barbara Inglin

 Die SVP will Demonstrationen an Samstagen künftig erst nach 17 Uhr erlauben. Jetzt liegt die Antwort des Stadtrates vor: abgelehnt.

 Nach der Anti-WEF-Demonstration im Januar hatte die SVP genug. "Viele Geschäfte in der Innenstadt haben wegen der Demo früher geschlossen, Kunden sind aus Angst ausgeblieben, es gab Umsatzeinbussen", sagt SVP-Fraktionschef und Grossstadtrat Werner Schmid. Um ein solches Szenario in Zukunft zu verhindern, forderte er in einer Motion vom Stadtrat, dass Demonstrationen an Samstagen in Zukunft nur noch nach 17 Uhr bewilligt werden, also eine Stunde nach Ladenschluss.

 Nun liegt die Antwort des Stadtrates vor: abgelehnt. "Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ist höher zu gewichten als die Wirtschaftsfreiheit, wenn bei einer Kundgebung nicht ernsthaft mit Ausschreitungen zu rechnen ist", lautet die Begründung. Schmid ist nur "leicht enttäuscht". Denn er ist sicher: "Meine Motion zeigt trotzdem Wirkung, auch wenn das niemand zugeben will. Die letzte Demonstration der Kulturoffensive zum Beispiel wurde erst um 16.30 Uhr angesetzt."

 "Es gibt auch Recht auf Arbeit"

 Gar kein Verständnis für die Antwort des Stadtrates hat Franz Stalder, Präsident der City Vereinigung Luzern: "Es gibt schliesslich nicht nur ein Recht auf Meinungsäusserung, sondern auch ein Recht auf Arbeit." Die Arbeit der Geschäfte in der Stadt Luzern aber würde durch die Demonstrationen behindert. "Zurzeit sind es noch wenige Demonstrationen, doch wenn jetzt kein Riegel geschoben wird, wird hier bald jeden Monat demonstriert." Am liebsten, gibt Stalder zu, hätte er "gar keine Demonstrationen oder dann am Sonntagmorgen". Er sei sich bewusst, dass es Demonstranten auch darum gehe, gesehen zu werden. "Doch darum müssen die Umzüge ja nicht gleich während der Ladenöffnungszeiten stattfinden."

 Am 20. Mai wird im Grossen Stadtrat über die Motion abgestimmt. "Ich rechne mit der Unterstützung eines breiten bürgerlichen, wirtschaftsfreundlichen Lagers", sagt Werner Schmid. Sicher ist ihm diese allerdings noch nicht.

 FDP skeptisch, CVP sympathisiert

 FDP-Fraktionschefin Laura Grüter Bachmann ist gegen eine starre zeitliche Regelung. "Das muss je nach Kundgebung und Gewaltpotenzial entschieden werden." Sie kann sich aber vorstellen, dass einige FDP-Grossstadträte für die Motion stimmen werden.

 CVP-Fraktionschef Markus Mächler hat "Sympathie für die Forderung". Es sei stossend, wenn Geschäfte aus Angst vor Ausschreitungen früher schliessen müssten. Sein Vorschlag: Der Stadtrat könnte die Route umlegen, sodass weniger Geschäfte betroffen sind.

 Die Grünliberale Fraktionschefin Manuela Jost sieht die Gewerbefreiheit nicht in Gefahr. "In diesem Fall sind grundlegende Bürgerrechte wie die Meinungsäusserungsfreiheit höher zu gewichten." Die Fraktionschefs der SP und der Grünen waren gestern nicht erreichbar. Aufgrund früherer Stellungnahmen darf sich die SVP aber kaum Unterstützung erhoffen.

 Antworten: Die Antworten des Stadtrats auf die SVP-Vorstösse finden Sie auf www.zisch.ch/bonus

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 Anti-Wef-Demo

 SVP ist unzufrieden

 Der Stadtrat hat gestern Fragen zur Anti-WEF-Demo beantwortet: "Die Auflagen sind überwiegend eingehalten worden, Schadenersatzansprüche sind keine bekannt. Für Reinigungsarbeiten sind Kosten von 1050 Franken angefallen." Zu den Kosten für das Polizeiaufgebot werden aus polizeitaktischen Gründen keine Angaben gemacht. SVP-Grossstadtrat Urs Wollenmann, der die Interpellation eingereicht hatte, ist "unzufrieden über die sehr unverbindliche Antwort".

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Stadtrat Luzern 4.5.10

Stadt Luzern
Sekretariat Grosser Stadtrat
Hirschengraben 17
6002 Luzern
Telefon: 041 208 82 13
Fax: 041 208 88 77
E-Mail: sk.grstr@stadtluzern.ch
www.stadtluzern.ch

Stellungnahme zur
Motion Nr. 14 2010/2012
Von Werner Schmid namens der SVP-Fraktion
Vom 27. Januar 2010
(StGB 360 vom 21. April 2010)

Keine Demonstrationen im Luzerner Stadtzentrum an Samstagen vor 17.00 Uhr

Der Stadtrat nimmt zur Motion wie folgt Stellung:

Grundsätzlich hat sich der Stadtrat bei der Erteilung einer Bewilligung für eine Demonstration/ Kundgebung auf öffentlichem Grund der Stadt Luzern an die Verfassung sowie die Lehre und Rechtsprechung zu den Grundrechten zu halten. Das bedeutet, er muss den vom Bundesgericht in mehreren Entscheiden formulierten, bedingten Anspruch auf Benützung öffentlichen Grundes für Kundgebungen beachten. Im Bewilligungsverfahren ist jeweils dem ideellen Gehalt der Meinungs- und Versammlungsfreiheit Rechnung zu tragen. Die entgegenstehenden Interessen der Allgemeinheit (Wirtschaftsfreiheit, Schutz der allgemeinen Polizeigüter) sind jedoch ebenfalls in den Entscheid mit einzubeziehen und beim Entscheid über die Bewilligung in sachlicher Weise gegeneinander abzuwägen.

Laut Bundesgericht sind im Bewilligungsverfahren somit im Sinne des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes ebenso sehr die Randbedingungen, allfällige Auflagen und eventuelle Alternativen zu prüfen. Die Veranstaltenden können daher nicht verlangen, eine Kundgebung an einem bestimmten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt und unter selbst bestimmten Randbedingungen durchzuführen. Unter Umständen kann ihnen auch ein anderes als das in Aussicht genommene Areal bereitgestellt werden, wenn es dem Publizitätsbedürfnis, also der beabsichtigten Appellwirkung der Kundgebungswilligen, Rechnung trägt.

Die Abwägung zwischen ideellem Gehalt der Meinungs- und Versammlungsfreiheit und den entgegenstehenden Interessen, wie etwa der Wirtschaftsfreiheit, lässt der Stadtrat immer vornehmen, wenn darum ersucht wird, im Stadtzentrum eine Kundgebung durchzuführen. Dabei werden nicht nur die Anliegen der ansässigen Gewerbetreibenden und Anwohnenden ernst genommen, sondern es kommen auch polizeitaktische Überlegungen hinzu, auf welche Weise die öffentliche Ordnung am besten aufrechterhalten werden kann. Dies führt dazu, dass den Organisatorinnen und Organisatoren von Kundgebungen Auflagen gemacht werden und die Durchführung der geplanten Demonstration von Bedingungen abhängig gemacht wird. In der Regel wird dabei das Gespräch mit den Betroffenen, sowohl den Organisierenden als auch dem ansässigen Gewerbe und den Anwohnenden, gesucht. Dabei wird den Geschäftsinhaberinnen und -inhabern jedoch weder nahegelegt, noch werden sie - wie der Motionär schreibt - genötigt, ihre Ladenlokale bereits um 14.00 Uhr zu schliessen. Im Gegenteil: Sowohl Polizei als auch die Dienstabteilung Stadtraum und Veranstaltungen versuchen im Vorfeld einer Demonstration, in Aufregung geratene Betroffene zu beruhigen und sie sachlich zu informieren. Im Fall der Anti-WEF-Demonstration hat man ihnen versichert, dass eine Verbarrikadierung oder Schliessung ihrer Geschäfte unnötig sei.

Vor der Demonstration vom 23. Januar 2010 hatte die Luzerner Polizei einzig den Geschäftsleiter des Warenhauses Coop City, Rössligasse 20, gebeten, den Hintereingang Seite Löwengraben kurz (für rund 15 Minuten) zu schliessen, um die Möglichkeit der Durchquerung des Warenhauses auf die Rössligasse (Haupteingang) zu verunmöglichen. Der Geschäftsleiter wurde explizit darauf aufmerksam gemacht, dass nur der Hintereingang, zu keinem Zeitpunkt aber der Haupteingang Seite Rössligasse geschlossen werden müsse. Ein weiteres Geschäft war gebeten worden, wenn möglich die wenigen auf dem Trottoir entlang des Ladens aufgestellten relativ teuren Möbelstücke (antike Verkaufsobjekte) während kurzer Zeit im Ladeninnern zu deponieren. Es wurde jedoch klar gesagt, dass das Ladengeschäft nicht geschlossen werden müsse. Auch während des Einsatzes selbst wurden von Seiten der Polizei keine Aufforderungen zu Ladenschliessungen gemacht.

Bei der Güterabwägung ist, wie weiter oben angeführt, dem ideellen Gehalt der Meinungsund Versammlungsfreiheit grosse Beachtung zu schenken. Gegenüber der Wirtschaftsfreiheit ist sie, sofern vor, während und nach einer Kundgebung nicht ernsthaft mit Ausschreitungen zu rechnen ist, höher zu gewichten. Gerade weil der Gesichtspunkt der beabsichtigten Appellwirkung gegenüber der Öffentlichkeit und den Medien bei Kundgebungen im Vordergrund steht, mit anderen Worten dem Publizitätsbedürfnis der Kundgebungswilligen Rechnung zu tragen ist, ist es nach Ansicht des Stadtrates nicht möglich, solche Demonstrationen immer erst nach Ladenschluss, also weitgehend ohne Publikum, zu bewilligen.

Hinzu kommen polizeitaktische Überlegungen. Wird eine Demonstration zur Winterzeit in die Abendstunden verlegt, während es bereits dunkel ist, wird der durch die Polizei zu gewährleistende Schutz erschwert. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind die Behörden über die Überlassung von öffentlichem Grund hinaus verpflichtet, durch geeignete Massnahmen - namentlich durch Gewährung eines ausreichenden Polizeischutzes - dafür zu sorgen, dass bewilligte öffentliche Kundgebungen tatsächlich stattfinden können und nicht durch gegnerische Kreise gestört oder verhindert werden.

Aus diesen Gründen teilt der Stadtrat die Ansicht des Motionärs nicht, der Interessenkonflikt zwischen den wirtschaftlichen Interessen und dem Recht auf Meinungsäusserungsfreiheit könne gelöst werden, indem Demonstrationen im Luzerner Stadtzentrum an Samstagen Seite 3 generell erst ab 17.00 Uhr bewilligt werden. Die Stadt wird aber auch in Zukunft sowohl die Interessen der Veranstalter, der Anwohnerschaft und des Gewerbes sowie die Sicherheitslage und die geltende Rechtsprechung bei der Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen berücksichtigen.

Der Stadtrat lehnt die Motion ab.

Stadtrat von Luzern

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Stadtrat Luzern 4.5.10

Stadt Luzern
Sekretariat Grosser Stadtrat
Hirschengraben 17
6002 Luzern
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Antwort auf die
Interpellation Nr. 13 2010/2012
von Urs Wollenmann
namens der SVP-Fraktion
vom 26. Januar 2010
(StB 359 vom 21. April 2010)

Fragen zur Anti-WEF-Demo vom 23. Januar 2010

Der Stadtrat beantwortet die Interpellation wie folgt:

Zu 1.:
Welche Kosten sind angefallen a) für das Polizeiaufgebot, b) für den Reinigungsdienst?

Die Gewährung der Sicherheit bei der Benützung des öffentlichen Grundes zur Ausübung von verfassungsmässigen Grundrechten gehört zu den Aufgaben der Polizei. Weil die Polizei Sache des Kantons ist, sind für die Stadt Luzern für das Polizeiaufgebot keine Kosten entstanden. Gemäss Justiz- und Sicherheitsdepartement könnte aus den offen gelegten Zahlen die Grösse des Polizeiaufgebotes herausgelesen werden. Mit Blick auf zukünftige Ereignisse hat die Luzerner Polizei aus polizeitaktischen Überlegungen kein Interesse, solche Rückschlüsse zuzulassen. Die Luzerner Polizei ist aber gerne bereit, der Geschäftsprüfungskommission des Grossen Stadtrats auf Wunsch entsprechende Angaben zu machen.
Der Reinigungsaufwand des Strasseninspektorates war gering, da die Veranstalter wie in der Bewilligung verlangt den öffentlichen Grund auf der Demonstrationsroute weitgehendst mit eigenem Personal gereinigt haben. Insgesamt waren vorsorglich drei Mitarbeitende und eine Reinigungsmaschine der Stadt im Einsatz. Rechnerisch betragen die Kosten für diesen Einsatz Fr. 1'050.-.

Zu 2.:
Wie rechtfertigt der Stadtrat gegenüber dem kleinen Steuerzahler, dem es nie einfallen würde, den öffentlichen Raum so übermässig für seine Anliegen zu benützen, diese Ausgaben, zumal man schon im Vorfeld wusste, dass enorme Kosten der öffentlichen Hand zufallen werden (Polizeiaufgebot)?

Die Benützung des öffentlichen Grundes ist geregelt. Insbesondere für die Wahrung von verfassungsmässig garantierten Rechten wie der Demonstrationsfreiheit, der Meinungsäusserungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit besteht ein Anspruch auf die Nutzung öffentlichen Grundes. Teil einer Demonstration ist es, dass sie gesehen werden will. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtes sagt, dass diesem Publizitätsbedürfnis Rechnung getragen werden muss.

Zu 3.:
In den Demonstrationsauflagen wurde zur Auflage gemacht, dass keine gefährlichen Gegenstände und auch keine Gesichtstücher und Masken mitgeführt werden dürfen. Trotzdem sind Knallkörper explodiert und etliche Teilnehmer trugen Gesichtstücher und Masken, verstiessen also gegen das Vermummungsverbot, ohne dass eingeschritten wurde. Werden die dem Gesuchsbewilliger namentlich bekannten Organisatoren wegen dieser Verstösse gegen die Demonstrationsauflagen zur Rechenschaft gezogen?

Eine Haftung des Demonstrationsorganisators kommt nur in Frage, wenn ihm ein Verschulden nachgewiesen werden kann, beispielsweise wenn er zu deliktischem Verhalten angestiftet hat oder selber Delikte begangen hat. Die Stadt Luzern hat dem Veranstalter gemäss dem Reglement über die vorübergehende und dauernde Benützung des öffentlichen Grundes (Art. 3) klare Auflagen gemacht. Diese Auflagen wurden überwiegend eingehalten. Die Organisatoren der Demonstration haben unmittelbar vor dem Abmarsch wie gefordert die Teilnehmenden laut und deutlich auf Auflagen, insbesondere das Vermummungsverbot, aufmerksam gemacht.
Auch basierend auf § 6 des Gesetzes über die Kantonspolizei können die Veranstalter nicht verantwortlich gemacht werden. Demnach kann nur gegen die individuellen Störer vorgegangen werden. Anders könnte es sich bei allfälligen Schadenersatzansprüchen verhalten. Solche sind der Luzerner Polizei keine bekannt. Zudem wurden gemäss Justiz- und Sicherheitsdepartement nur ganz wenige Sachbeschädigungen mit geringem Schadensausmass festgestellt.

Zu 4.:
Der Kommandant der Kantonspolizei erklärte gegenüber der Presse, dass sie umfangreiches Videomaterial hätten und die Vermummten zur Rechenschaft gezogen werden. a) Wird das umgesetzt? b) Wie viele Vermummte konnten tatsächlich identifiziert werden?

Die Beantwortung dieser Frage liegt mit der Kantonalisierung der Luzerner Polizei nicht mehr im Zuständigkeitsbereich des Stadtrats. Das Justiz- und Sicherheitsdepartement nimmt dazu wie folgt Stellung:

"Hauptziel der Luzerner Polizei war es, Eskalationen und massive Sachbeschädigungen vor, während und nach der Demonstration zu verhindern. Dies ist erfolgreich gelungen. Daher wurden die Mittel während der Demonstration nicht in erster Linie zur Ahndung von Übertretungstatbeständen, also zum Beispiel zur Identifizierung von vermummten Personen, eingesetzt. Zudem ist die Durchsetzung des Vermummungsverbots für die Luzerner Polizei nicht eine Frage des "Wollens" oder "Könnens", sondern der Sicherheit der Bevölkerung. Von den rund 350 Teilnehmenden waren nur wenige vermummt. Eine polizeiliche Intervention gegen Vermummte erhöht erfahrungsgemäss das Eskalationsrisiko mit Sachoder gar Personenschäden massiv.
Ausserdem haben sich mehrere Teilnehmende erst dann vermummt, als ein Exponent aus rechtsextremen Kreisen begonnen hatte, von den Teilnehmenden fotografische Porträts zu erstellen, wahrscheinlich um diese - im Gegenzug zur gleichen Aktion von Linksautonomen anlässlich der Schlachtjahrzeit Sempach im Jahr 2008 - im Internet zu veröffentlichen. Nach entsprechenden Aufforderungen der Polizei an die Organisatoren entfernten diese Personen die Vermummung wieder. Aus all diesen Gründen konnten Im Gegensatz zur Schlachtjahrzeit Sempach 2009 schliesslich trotz umfangreichem Videomaterial keine Vermummten identifiziert und zur Verantwortung gezogen werden."

Zu 5.:
In der Bewilligung ist ebenfalls festgeschrieben worden, dass allenfalls notwendige Räumungs- und Reinigungsarbeiten durch die öffentlichen Dienste zulasten des Bewilligungsinhabers ausgeführt werden. An dieser Demonstration waren fünf Reinigungskräfte und ein Strassenreinigungsfahrzeug im Einsatz. Werden diese Kosten nun, wie angekündigt, dem Bewilligungsinhaber in Rechnung gestellt?

Nein. Die Organisatoren haben einen eigenen Reinigungsdienst organisiert. Dieser hat sowohl die Demonstrationsroute als auch den Platz der Schlusskundgebung weitgehendst aufgeräumt und damit die Auflagen der Bewilligung eingehalten.

Zu 6.:
Wie stellt sich der Stadtrat zur Tatsache, dass der Präsident der SVP Stadt Luzern und eine Jungpolitikerin der CVP in einem sehr aggressiven Ton von den Demonstranten ultimativ aufgefordert wurden zu verschwinden?

Von einem solchen Vorfall haben sowohl der Stadtrat wie auch die Luzerner Polizei keine Kenntnis.

Zu 7.:
Wie ist es zu rechtfertigen, dass bei einer solchen Mini-Demo mit 350 Teilnehmern die ganze Seebrücke gesperrt wird, wo doch dies ansonsten nur bei wichtigen Grossanlässen gemacht wird?

Die Luzerner Polizei ist bei ihrer umfassenden Lagebeurteilung zum Schluss gekommen, dass die bewilligte Route aus Sicherheitsüberlegungen die beste ist. Der Stadtrat teilte diese Einschätzung. Die Gesuchsteller beantragten, ihre Schlusskundgebung auf dem Kapellplatz durchführen zu können. Die Luzerner Polizei hatte sich aus polizeitaktischen Gründen und wegen der zusätzlichen Belastung der Altstadt gegen diesen Punkt des Gesuchs ausgesprochen und dafür plädiert, den Kundgebungstross möglichst rasch aus der Altstadt herauszuführen. Dazu und zur Verhinderung von Auseinandersetzungen zwischen Verkehrsteilnehmenden und Demonstrierenden, war die totale Sperrung der Seebrücke für rund 15 Minuten nötig. Vor dem Hintergrund der polizeilichen Überlegungen erschien diese kurzfristige Sperrung verhältnismässig. Entscheidend für den Entscheid war nicht die Grösse des Anlasses, sondern das Konfliktpotenzial und die verfassungsmässigen Rechte der Demonstrationsteilnehmenden. Das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons war im Bewilligungsverfahren einbezogen.

Stadtrat von Luzern

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POLICE CH
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St. Galler Tagblatt 5.5.10

"Polizei war schneller"

 Stadtrat Nino Cozzio ist der neue Präsident der städtischen Polizeidirektoren. Den Kantonen möchte er zwar keine Konkurrenz machen, den städtischen Polizeikorps aber eine Stimme geben.

 Herr Cozzio, die Mitglieder der Konferenz Städtischer Polizeidirektorinnen und Polizeidirektoren (KSPD) haben Sie Ende April in Chur zum neuen Präsidenten gewählt. Wie kommen Sie zu der Ehre?

 Nino Cozzio: Für die Nachfolge der zurücktretenden Zürcher Polizeidirektorin Esther Maurer hat der Vorstand den Polizeidirektor von Lausanne und mich angefragt. Er sagte ab. Bei mir traf die Anfrage fast gleichzeitig mit jener fürs Präsidium der Sozialdirektorenkonferenz ein. Die Polizeidirektoren waren allerdings etwas schneller.

 Ihre Vorgängerin hatte das Amt acht Jahre inne. Wie lange haben Sie vor zu bleiben?

 Cozzio: Jetzt bin ich mal für drei Jahre gewählt. So lange bleibe ich bestimmt. Eine zweite Amtszeit erscheint sinnvoll. Für mich ist das aber im Moment noch völlig offen.

 Welche Aufgaben bringt das Amt denn mit sich?

 Cozzio: Die städtischen Polizeidirektoren treffen sich regelmässig, manchmal auch kurzfristig, sobald Themen auftauchen, über die man sich zwischen den Städten austauschen oder absprechen sollte. Botellones waren so ein Fall - ein spezifisch städtisches Polizeithema. Ich koordiniere und leite also diese Treffen sowie die jährliche Generalversammlung und eine Sicherheitstagung mit einem Schwerpunktthema.

 Welche Akzente möchten Sie als neuer Präsident setzen?

 Cozzio: Am wichtigsten ist der Austausch zwischen den Städten, denn viele Probleme tauchen hier aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung früher auf als in den ländlichen Gebieten. Wo mehr Menschen sind, gibt es auch mehr Konfliktpotenzial: Unterschiedliche, teilweise gegensätzliche Bedürfnisse treffen auf kleinem Raum aufeinander. Nehmen Sie als Beispiel das nächtliche Ausgehverhalten: Hier haben die Städte nicht nur mit der "eigenen" Jugend zu tun, sondern auch mit allen, die am Wochenende aus der Region in die Stadt kommen.

 Das hat, so möchte ich betonen, sehr viele positive, aber auch einige negative Auswirkungen für die Städte. Dass diese spezifischen städtischen Besonderheiten auch auf nationaler Ebene wahrgenommen werden, dafür möchte ich mich einsetzen.

 Möchten Sie der kantonalen Polizeidirektorenkonferenz (KKJPD) künftig Konkurrenz machen? Von ihr hören wir ja bisher öfter als von der städtischen…

 Cozzio: Natürlich hört man mehr von der KKJPD. Die Kantone sind auch Träger der Polizeihoheit. Bei uns sind rund 50 Städte, die teilweise auch ein eigenes Polizeikorps haben. Das sind leider nicht mehr so viele. Mir geht es aber um ein gutes Zusammenarbeiten und keinesfalls um Konkurrenz.

 Ist die Annahme der Wahl in dieses Amt als Meilenstein in Richtung höhere Weihen, zum Beispiel als Regierungsrat, zu deuten? Oder haben Sie als Stadtrat zu wenig zu tun?

 Cozzio: Ich bin sehr gerne Stadtrat, und mir gefällt alles an meinem jetzigen Job. Ganz besonders die Kombination Soziales und Sicherheit, wie es die Aufteilung der Direktionen in St. Gallen mit sich bringt. Im übrigen: Würde das Präsidium der städtischen Polizeidirektoren so viel Prestige mit sich bringen, wäre das Gerangel um das Amt grösser gewesen.

 Und nein, zu wenig Arbeit habe ich nicht. Das Präsidium ist eine Zusatzaufgabe, da werde ich gewisse Dinge anders gewichten müssen. Doch das Amt hat vor allem einen unmittelbaren Nutzen für die Stadt St. Gallen.

 Interview: Odilia Hiller

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HOMOPHOBIE
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Zürichsee Zeitung 5.5.10

Showbusiness Die Hauptstadt Ägyptens zeigt sich schwulenfeindlich

 Auftrittsverbot in Kairo

 Weil er Jesus als "mitfühlend und schwul" bezeichnete, darf Musiker Elton John in Kairo nicht auftreten.

Michael Wrase, Limassol

 Die ägyptische Musikergewerkschaft hat Elton John ein für den 18. Mai geplanten Auftritt in Kairo untersagt. Der britische Sänger habe "kontroverse Aussagen gegen die Religion" gemacht, begründete Gewerkschaftschef Mounir al-Wasimi das Verbot. Er bezog sich dabei auf ein Interview des 63-jährigen Popstars mit dem amerikanischen Prominentenmagazin "Parade" aus dem Februar. John hatte darin Jesus als einen "mitfühlenden, superintelligenten schwulen Mann" bezeichnet, der "lieben wollte" und seinen Peinigern am Kreuz vergeben habe.

 "Wie können wir einem Schwulen einen Auftritt erlauben, der Religion verbieten will, den Propheten Isa (arabisch für Jesus) als schwul bezeichnet und für Schwule im Nahen Osten sexuelle Freiheiten reklamiert", fragte al-Wasimi, der nach eigenen Aussagen die ägyptischen Sicherheitsbehörden beauftragte, das Konzert abzusagen.

 Im Koran ist Jesus unter dem Namen Isa ibn Maryam (Sohn der Maria) einer der Propheten Allahs. Er wird aber nicht - wie unter den Christen - als Sohn Gottes anerkannt.

 Homosexualität ist in Ägypten nicht direkt strafbar; Schwule werden allerdings mit Hilfe von Gummiparagrafen verurteilt. Man wirft ihnen beispielsweise vor, die öffentliche Ordnung zu gefährden, sich der "moralischen Verdorbenheit" oder der "Verletzung der Religionslehren" schuldig gemacht zu haben. Im Jahr 2001 wurden 52 schwule Ägypter auf einer Hausbootparty verhaftet. 23 von ihnen wurden trotz internationaler Proteste zu Haftstrafen und Zwangsarbeit verurteilt. Lediglich im "liberalen" Badeort Scharm al-Scheich können sich ägyptische Schwule relativ frei bewegen und auch als Bauchtänzer auftreten.

Elton John war zuletzt vor zwei Jahren im Nahen Osten aufgetreten. Im Emirat Dubai wurde er auf einem Open-Air- Konzert von 13 000 begeisterten Fans gefeiert.

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FACEBOOK
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pressetext 5.5.10

App schützt Nutzerdaten vor Facebook

 "The Green Safe" will Nutzern die Kontrolle geben

 Salt Lake City - Facebook kam zuletzt nicht aus der Datenschutz-Kritik (pessetext berichtete: http://www.pressetext.com/news/100428029/), was unter anderem an den Privateinstellungen des sozialen Netzwerks lag. Der US-Entwickler LJ Jones hat nun mit "The Green Safe" http://apps.facebook.com/thegreensafe eine App gestartet, die Nutzern wirksamen Datenschutz verspricht.

 Dazu werden private Infos mit der App gespeichert, sodass sie für Freunde verfügbar bleiben. Aus dem regulären Facebook-Profil kann der User die Daten aber löschen. Dann besteht keine Gefahr mehr, dass Privates irrtümlich öffentlich angezeigt wird oder das soziale Netzwerk Daten an Dritte weitergibt. Das kostenlose Angebot finanziert sich dabei mit Werbung.

 App als Datensafe

 "Ich glaube, dass die Menschen ihre Privatsphäre immer noch schätzen und es eine Chance gibt, ihnen mehr Kontrolle darüber zu geben", schreibt Jones in seinem Blog. Im Fall von Facebook bedeutet das nicht zuletzt, Daten vor dem vielleicht gar nicht erwünschten Zugriff durch Drittentwickler zu schützen. Ironischer Weise macht sich The Green Safe eben das selbst zunutze. Denn zunächst einmal liest die App mit Zustimmung des Users all seine Profildaten aus, um diese zu speichern.

 Genau das ermöglicht dem Nutzer freilich, die Daten dann aus seinem Profil zu löschen und sich somit mehr Privatsphäre zu verschaffen. Denn so muss er sich keine Gedanken mehr darüber machen, ob seine Facebook-Einstellungen Informationen nicht öffentlicher machen als erwünscht. Stattdessen ist klar, dass nur die eigenen Freunde die im Datentresor gespeicherten Infos einsehen können. Denn sie werden mithilfe eines Tabs im Profil präsentiert, das nur für Freunde sichtbar ist.

 Verantwortungsvollere Hände

 Wenn ein User The Green Safe nutzt, kann er also die Menge an Daten, die er Facebook selbst anvertraut, deutlich reduzieren. Das ist sicher ein Segen für all jene, die wie Jones Facebooks Ausführungen zu seinen Privatsphäre-Einstellungen als nicht restlos durchsichtig empfinden. Freilich ändert das nichts daran, dass der User seine Daten in die Hände eines Dritten gibt. Doch würden diese nie an Dritte weitergegeben oder verkauft, so Jones. Diesem Grundsatz werde er auch treu bleiben. Damit will er sich von Facebook abheben.

 Völlig ungenutzt blieben User-Daten bei The Green Safe aber offenbar nicht. Denn um den kostenlosen Betrieb aufrechterhalten zu können, wird laut App-Beschreibung auf personalisierte Werbung gesetzt. Eben damit wird der User freilich ohnehin überhäuft, wenn er Facebook selbst seine Daten überlässt.

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ANTI-ATOM
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Bund 5.5.10

Vor "Mühleberg"-Abstimmung spricht Regierung Klartext

 Berner Regierung ist klar gegen einen Ersatz des alternden Atomkraftwerks.

 Dölf Barben

 Deutlicher hat man es bisher noch nie gehört: Die bernische Regierung ist gegen den Ersatz des Atomkraftwerks Mühleberg. Dies geht aus einer Motionsantwort hervor, die gestern veröffentlicht wurde. "Inhaltlich lehnt der Regierungsrat die Stossrichtung der Motion ab", heisst es darin. Die Stossrichtung der von den bürgerlichen Grossratsfraktionen eingereichten Motion ist indes mehr als eindeutig: "Der Kanton Bern befürwortet den Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg", lautet die Hauptforderung. Und zwar insbesondere wegen der volkswirtschaftlichen Bedeutung. Denn Investitionen von rund 6 Milliarden Franken, rund 1000 direkte und indirekte Arbeitsplätze, eine jährliche Wertschöpfung von gut 500 Millionen Franken sowie Steuereinnahmen "fallen für den Wirtschaftsstandort Bern ins Gewicht".

 Dass die Mehrheit der bernischen Regierung atomkritisch eingestellt ist, ist tatsächlich nicht neu, wie Energiedirektorin Barbara Egger bemerkt. Trotzdem hatte es letzten Herbst bezüglich der Regierungshaltung einige Unsicherheiten gegeben: Regierungsrat Urs Gasche hatte sich bei einem Hearing im Ständerat im Namen der Regierung für den Standort Mühleberg ausgesprochen. Die Idee dahinter: Wenn in der Schweiz schon Ersatz-Atomkraftwerke gebaut werden, dann soll wenigstens eines davon in Mühleberg zu stehen kommen.

 Alles deutet auf Abstimmung hin

 Die Haltung des Regierungsrats spielt allerdings in dieser Frage keine entscheidende Rolle mehr. Die Motionäre wollen mit ihrem Vorstoss lediglich die Haltung des Kantons Bern gegenüber den drei Rahmenbewilligunsgesuchen für Ersatz-Atomkrafwerke vorgeben (Beznau, Gösgen, Mühleberg). Dem Grossen Rat steht die Kompetenz zu, bei Vernehmlassungen an Bundesbehörden Stellung zu nehmen.

 Anfang 2011 wird der Bund die Kantone in dieser Frage um Stellungnahmen bitten. Wird sich die bürgerliche Mehrheit im Grossen Rat mit einer positiven Stellungnahme zu Mühleberg durchsetzen und den Entscheid dem obligatorischen Referendum unterstellen, ist im Frühling 2011 eine Volksabstimmung so gut wie sicher. Für den Bund ist das Volksverdikt zwar nicht bindend. Trotzdem wird es für die Zukunft Mühlebergs von entscheidender Bedeutung sein.

Kommentar rechts, Seite 19

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Regierung wird zu Ja "verdonnert"

 Die bernische Regierung spricht sich gegen ein neues AKW Mühleberg aus. Der Grosse Rat wird aber eine positive Stellungnahme des Regierungsrats erzwingen, über die das Volk 2011 befinden kann.

 Dölf Barben

 Nach Irritationen im Herbst hat der Regierungsrat seine Karten nun auf den Tisch gelegt. In seiner Antwort auf eine Motion der bürgerlichen Grossratsfraktionen schlägt er deutliche Töne an: "Ein Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg stände im Widerspruch zu den Zielen der kantonalen Energiestrategie 2006", heisst es darin. Heute seien die Weichen so zu stellen, "dass das strategische Ziel eines mittelfristig kernkraftwerkfreien Kantons Bern weiter verfolgt werden kann". Letzten Herbst hatte der Regierungsrat noch verlauten lassen, er sei zwar gegen Atomkraftwerke, wenn aber solche gebaut werden müssten, dann bitteschön eines in Mühleberg.

 Das Nein des Regierungsrats zu Mühleberg ist jedoch nicht von Belang. Nach den Wahlen sind die Mehrheitsverhältnisse im Grossen Rat derart klar, dass die bürgerlichen Fraktionen den Regierungsrat ohne Mühe zu einer positiven Stellungnahme verpflichten können. Gemäss Verfassung (Artikel 79) steht dem Parlament das Recht zu, bei Vernehmlassungen an Bundesbehörden Stellung nehmen zu können.

 Genau darauf läuft die Motion von Peter Flück (FDP, Brienz) hinaus, die von SVP, BDP und EDU mitgetragen wird. Der Regierungsrat wird "beauftragt, dem Grossen Rat eine Stellungnahme an die Bundesbehörden vorzulegen, in der sich der Kanton positiv zum Gesuch um den Ersatz des Kernkraftwerkes in Mühleberg ausspricht".

 Die Motionäre geben exakt vor, an welchen Vorgaben sich die Stellungnahme zu orientieren hat. So habe der Kanton Bern einen Mühleberg-Ersatz "insbesondere wegen der volkswirtschaftlichen Bedeutung" des Kraftwerks zu befürworten, schreiben sie. Investitionen von rund sechs Milliarden Franken, zahlreiche Arbeitsplätze sowie Steuereinnahmen "fallen für den Wirtschaftsstandort Bern ins Gewicht".

 "Straffes Vorgehen erforderlich"

 Wenn der Grosse Rat den Regierungsrat zu einer positiven Stellungnahme "verdonnert, dann werden wir das machen", sagte Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin Barbara Egger (SP) gestern auf Anfrage. Noch nicht klar sei, ob der Regierungsrat in diesem Fall dem Grossen Rat eine oder zwei Varianten vorlegen werde. Eine Volksabstimmung befürwortet Egger seit längerem. Nur auf diese Weise könne die Stellungnahme demokratisch einwandfrei legitimiert werden. Es könne ja nicht sein, sagte sie gestern, dass lediglich 160 Grossratsmitglieder darüber befänden, ob im Kanton Bern ein neues Atomkraftwerk gebaut wird oder nicht.

 Der Regierungsrat ist gemäss Motions-Antwort bereit, "alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen", damit der Grosse Rat "seine Mitwirkungsrechte umfassend wahrnehmen kann" und einer Volksabstimmung nichts im Wege steht. Der Bund wird die Kantone Anfang 2011 auffordern, zu Rahmenbewilligungsgesuchen für neue Atomkraftwerke in Beznau (AG), Gösgen (SO) und Mühleberg Stellung zu nehmen. Die Kantone werden dafür drei Monate Zeit haben. Bereits hat der Kanton Bern eine Fristverlängerung von mindestens drei Monaten verlangt ("Bund", 24. April).

 Der Regierungsrat hat in seiner Antwort die bürgerliche Motion zwar abgelehnt. Mit dem weiteren Vorgehen zielt er aber darauf hin, dass die Stellungnahme des Kantons dem Volk bis Ende März 2011 "fristgerecht" unterbreitet werden kann. Damit der Zeitplan aufgeht, sei "ein beschleunigtes und straff terminiertes Vorgehen erforderlich", heisst es in der Antwort. Der Regierungsrat erachtet die Einsetzung einer besonderen Kommission zur Vorberatung als "zweckmässig". Diese könne ihre Arbeit im August aufnehmen, sobald alle wesentlichen Informationen seitens des Bundes vorliegen.

 "Deutlich schlechtere Karten"

 In der Novembersession wird der Grosse Rat die Stellungnahme des Kantons voraussichtlich verabschieden. Wesentlich dabei: Damit es für die Volksabstimmung reicht, sollte das Parlament seine Stellungnahme dem obligatorischen Referendum unterstellen - damit dies geschieht, reicht eine einfache Mehrheit nicht; nötig sind 100 Stimmen. Bisher hat sich keine Partei gegen eine Volksabstimmung ausgesprochen - ihr dürfte somit nichts im Weg stehen.

 Obschon die Meinung der bernischen Stimmberechtigten für den Bund nicht bindend ist, kommt dem Resultat doch eine überaus wichtige Bedeutung zu. Kurt Rohrbach, Direktionspräsident des Energieunternehmens BKW, welches das AKW Mühleberg betreibt, sagte Mitte März im "Bund", bei einem Nein hätte der Standort Mühleberg "deutlich schlechtere Karten". Der Hintergrund: Da neue Atomkraftwerke leistungsfähiger sind, werden nicht an allen drei Standorten Ersatzwerke gebaut.

 Ein Blick auf vergangene Abstimmungen im Kanton Bern zu atompolitischen Fragen zeigt: Die beiden Initiativen von 2003 (Strom ohne Atom - 10-jähriges Moratorium) wurden mit 67,5 respektive 58,6 Prozent Nein-Stimmen deutlich abgelehnt. Für die rot-grünen Parteien ist dies aber kein Grund, die Flinte bereits ins Korn zu werfen. Die Anti-Atom-Bewegung sei daran, sich neu zu formieren, sagte Blaise Kropf, Präsident der bernischen Grünen, auf Anfrage. Es sei "nicht einfach", eine allfällige Abstimmung zu gewinnen, "aber die Chancen sind intakt." Für SP-Präsidentin Irène Marti ist die Abstimmung ebenfalls zu gewinnen - auch im Wissen darum, dass die Atombefürworter finanziell viel stärker unterstützt würden als die Gegner. "Wir würden kämpfen wie wild."

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Kommentar

 Das Berner Stimmvolk soll entscheiden

Hans Galli

 Die Pläne für den Bau eines neuen AKW in Mühleberg müssen möglicherweise rasch schubladisiert werden. Dann nämlich, wenn die Bernerinnen und Berner im kommenden Jahr Nein sagen zum Gesuch für die Rahmenbewilligung. Die Abstimmung ist rechtlich unverbindlich; aber politisch wird sie verbindlich sein: Der neue BKW-Verwaltungsratspräsident Urs Gasche hat bereits angekündigt, dass er sich in diesem Fall nicht mehr für den Standort Mühleberg einsetzen werde.

 Es ist zu begrüssen, dass das Berner Stimmvolk Stellung nehmen kann. Denn ohne die Abstimmung bleibt unklar, ob die rot-grüne Kantonsregierung mit ihrer Ablehnung tatsächlich die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung repräsentiert. Die Regierung stützt ihr Nein auf die kantonale Energiestrategie ab. Diese strebt den Ausbau der erneuerbaren Energien an.

 Doch beim ökologischen Umbau der Energieversorgung hapert es. Neue Wasserkraftwerke - ob Pumpspeicherwerke oder kleine Anlagen in Bächen - stossen genauso auf Widerstand wie Windturbinen. Auch neue Stromleitungen werden bekämpft - dabei sind sie unerlässlich, wenn Windenergie aus dem Norden und Sonnenstrom aus der Wüste importiert werden soll.

 Ohne neue Kraftwerke, allein durch Sparen, kann die Stromversorgung nicht gesichert werden. Wärmepumpen, Computer und Kommunikationsnetze benötigen immer mehr Strom. Das weiss die Bevölkerung. Deshalb wird sie sich ein Nein zu Mühleberg gut überlegen. Das Nein wäre allerdings nicht mit dem Ausstieg der BKW aus der Atomenergie gleichzusetzen: Der Berner Stromkonzern würde sich in diesem Fall stärker an einem neuen AKW in Beznau oder Gösgen beteiligen. Bern hätte dann trotz allem Atomstrom, aber die Arbeitsplätze wären in andern Kantonen.

 Aber auch wenn das Bernervolk Ja zur Rahmenbewilligung sagt, ist das neue AKW in Mühleberg noch längst nicht gebaut. Entschieden wird auf Bundesebene - das heisst in einigen Jahren in einer gesamtschweizerischen Volksabstimmung.

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BZ 5.5.10

Kampf um AKW-Plebiszit

 Das Bernervolk soll zum Bau eines AKW in Mühleberg Stellung nehmen können. Doch im Grossen Rat wirds dafür knapp.

 Im Januar 2011 wird der Bund die Kantone einladen, zu den Plänen für den Bau neuer Atomkraftwerke in der Schweiz Stellung zu nehmen. Der Berner Regierungsrat will diese Stellungnahme dem kantonalen Stimmvolk unterbreiten. Doch dafür brauchts im Grossen Rat 100 der 160 Stimmen. Und das könnte eng werden: BDP und FDP signalisieren zwar Zustimmung. Doch bei der SVP gibt es gewichtige Stimmen, die dagegen sind. Sollte der Grosse Rat Ja sagen, würde die Volksabstimmung im Februar 2011 stattfinden.
 drh

 Seite 2

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Entscheid zu AKW Mühleberg

 SVP ziert sich beim Gang vors Volk

 Die rot-grüne bernische Kantonsregierung lehnt den Bau eines neuen AKW in Mühleberg ab. Das letzte Wort soll aber das Volk haben. Die Abstimmung könnte im Februar 2011 stattfinden - sofern der Grosse Rat das auch will.

 "Ein Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg stände im Widerspruch zu den Zielen der kantonalen Energiestrategie 2006", schreibt der bernische Regierungsrat in der Antwort auf eine bürgerliche Motion. FDP, SVP, BDP und EDU fordern eine positive Stellungnahme des Kantons zum Rahmenbewilligungsgesuch der BKW für den Bau eines neuen AKW. Dass die rot-grüne Regierung dies ablehnt, ist keine Überraschung. Sie ist überzeugt, dass die Weichen in der Energiepolitik heute so zu stellen seien, "dass das strategische Ziel eines mittelfristig kernkraftwerkfreien Kantons Bern weiterverfolgt werden kann".

 Der Grosse Rat sagt wohl Ja

 Die Bürgerlichen sehen dies - ebenso wenig überraschend - anders. Aufgrund der seit den Wahlen klaren Mehrheitsverhältnisse im Grossen Rat ist davon auszugehen, dass dieser die Motion in der Junisession gegen den Willen der Regierung überweisen wird. SVP, BDP, FDP und EDU verfügen über eine Mehrheit von 91 der 160 Sitze. Somit müsste die Regierung zuhanden des Grossen Rates eine befürwortende Stellungnahme erarbeiten.

 Der Bund wird die Kantone gemäss der aktuellen Zeitplanung im Januar 2011 einladen, zu den drei Rahmenbewilligungsgesuchen für den Bau neuer AKW in der Schweiz Stellung zu nehmen. Sie werden dafür drei Monate Zeit haben. Wie berichtet, fordert die Kantonsregierung vom Bundesrat mehr Zeit. Denn sie möchte die Stellungnahme dem Bernervolk unterbreiten. Dieses soll nach Ansicht der Regierung das letzte Wort darüber haben, ob der Kanton Bern das Gesuch der BKW für den Bau eines neuen AKW in Mühleberg befürwortet oder nicht.

 Die SVP könnte ausscheren

 Offen ist, ob der Grosse Rat Ja oder Nein zum Antrag der Regierung sagen wird, die Stellungnahme dem Volk zu unterbreiten. Es braucht dafür ein qualifiziertes Mehr von 100 Stimmen. BDP- und FDP-Vertreter signalisierten gestern Zustimmung. Bei der SVP hingegen gibt es gewichtige Stimmen, die dagegen sind. Das Volk solle dann entscheiden, wenn es wirklich das letzte Wort habe und nicht wenn es bloss um eine konsultative Frage gehe, findet beispielsweise Fraktionschef Peter Brand. Es könnte also eng werden.

 Straffer Plan für kurze Frist

 Eine Fristverlängerung hat der Bund bis jetzt stets abgelehnt. Eine neue Anfrage des Regierungsrates bei Bundesrat Moritz Leuenberger ist hängig. Die Regierung geht deshalb derzeit vom Szenario aus, für die Stellungnahme nur drei Monate Zeit zu haben. Um sie inklusive Volksabstimmung fristgerecht abgeben zu können, hat die Regierung deshalb einen detaillierten und gedrängten Plan für deren Erarbeitung festgelegt. Dieser sieht folgendermassen aus:

 Juni 2010: Die Regierung schlägt aufgrund der Bedeutung des Geschäfts die Einsetzung einer vorberatenden Grossratskommission vor. Diese soll in der Junisession gebildet werden. Sie könnte ihre Arbeit im August aufnehmen, sobald alle wesentlichen Informationen und der definitive Fragenkatalog des Bundes vorliegen.

 November 2010: Der Regierungsrat erarbeitet zuhanden des Grossen Rates die Stellungnahme des Kantons zum Rahmenbewilligungsgesuch der BKW. Sie wird beantragen, diese dem Volk zu unterbreiten. Der Grosse Rat könnte über beides in der Novembersession befinden.

 Februar 2011: Unterstellt der Grosse Rat die Stellungnahme dem obligatorischen Referendum, würde die kantonale Volksabstimmung am 13.Februar 2011 stattfinden. Diese hätte rein formal zwar nur konsultativen Charakter und wäre für den Bund nicht bindend. Denn es ginge bloss um eine Stellungnahme und nicht um einen Entscheid wie in der späteren nationalen Abstimmung. Weil es sich bei Bern aber um einen möglichen Standortkanton handelt, käme der Abstimmung wegweisende Bedeutung zu.

 "Damit der Volkswille eindeutig ermittelt werden kann", will der Regierungsrat nur zum Gesuch der BKW Stellung nehmen. Ein Einbezug der zwei anderen Gesuche für neue AKW in Beznau und Gösgen würde seiner Meinung nach "keine klare Fragestellung nach der zustimmenden oder ablehnenden Haltung der Stimmberechtigten zum Ersatzgesuch der BKW erlauben". Zudem sei es "in der Sache richtig", wenn sich Bern als einer der Standortkantone nicht zu den anderen Gesuchen äussere.

 Der Zeitplan ist unsicher

 Dieses Vorgehen und die Termine gelten jedoch nur dann, wenn der Bund seinen - ehrgeizigen - Zeitplan für die Bearbeitung der Rahmenbewilligungsgesuche auch wirklich einhalten kann. Und das ist fraglich. Eine Verzögerung hat es bereits gegeben: Ursprünglich war die Stellungnahme der Kantone für diesen Sommer geplant.

 Dominic Ramel

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be.ch/gr 28.4.10
http://www.be.ch/gr/VosData/Gwd/Parlamentarische%20Vorstoesse/Motionen/2009/20100504_052954/DOCSSTA-335283-v1-M_341_2009_Flueck_FDP_Freiburghaus_SVP_Simon_BD_2916.pdf

M 341/2009 BVE
28. April 2010 BVE C

Motion
0632 Flück, Brienz (FDP)
Freiburghaus, Rosshäusern (SVP)
Simon-Jungi, Seedorf (BDP)
Burn, Adelboden (EDU)
Weitere Unterschriften: 44
Eingereicht am: 16.11.2009

Der Kanton Bern befürwortet das Rahmenbewilligungsgesuch für das Ersatz- Kernkraftwerk Mühleberg

1. Der Regierungsrat wird beauftragt, dem Grossen Rat eine Stellungnahme an die Bundesbehörden vorzulegen, in welcher sich der Kanton Bern positiv zum Gesuch um den Ersatz des Kernkraftwerkes Mühleberg ausspricht. Mit der Stellungnahme des Kantons Bern soll erreicht werden, dass das Rahmenbewilligungsgesuch für das Ersatz- Kernkraftwerk Mühleberg im weiteren Verfahren gleichwertig mit den andern Gesuchen behandelt und beurteilt wird.

2. Da die Beurteilung der Sicherheit Sache des Bundes ist und der Bau von Ersatz-Kernkraftwerken der Energiestrategie des Bundesrates entspricht, sind in der Stellungnahme aus der Sicht des Standortkantons Bern folgende Aspekte positiv zu würdigen:
- Versorgungssicherheit für die Bevölkerung und die Wirtschaft des Kantons Bern und angrenzender Gebiete, insbesondere der Westschweiz.
- Abdeckung der aufgrund der Stilllegung der ältesten Kernkraftwerke in Mühleberg und in Beznau sinkenden Inlandproduktion.
- Abdeckung des steigenden Strombedarfs und Sicherstellung einer möglichst CO2 freien Inlandproduktion.
- Bedeutung aus volkswirtschaftlicher und beschäftigungspolitischer Sicht.

3. In den Stellungnahmen des Kantons Bern zu den Rahmenbewilligungsgesuchen Beznau und Gösgen ist anzumerken, dass der Ersatzbedarf für die geplanten Anlagen in Mühleberg und Beznau plausibler begründet ist.

4. Der Regierungsrat wird gestützt auf Artikel 79 Absatz 1 Bst. c der Kantonsverfassung verpflichtet, dem Grossen Rat diese drei Stellungnahmen des Kantons Bern gegenüber den Bundesbehörden fristgerecht im Sommer 2010 zur Beratung zu unterbreiten und rechtzeitig eine allfällige Fristverlängerung für die Abgabe der Stellungnahme einzuholen.

Begründung

Der Regierungsrat hat am 5. November 2009 in einer Medienmeldung angekündet, dass er dem Grossen Rat die Stellungnahme des Kantons Bern zum Ersatz des Kernkraftwerkes Mühleberg im Rahmen des eingeleiteten Rahmenbewilligungsverfahrens zur Beratung und Genehmigung unterbreiten wird. Zudem will er dem Grossen Rat beantragen, diese Stellungnahme der Volksabstimmung zu unterbreiten. Die offizielle Aufforderung zur Stellungnahme wird im Sommer 2010 erwartet.
Gemäss dem Kernenergiegesetz des Bundes können alle Kantone zu den eingereichten Gesuchen der Stromwirtschaft für den Ersatz der Kernkraftwerke Mühleberg, Beznau und Gösgen eine Stellungnahme abgeben. Die Kantone haben grundsätzlich drei Monate Zeit, um den Bundesbehörden eine entsprechende Stellungnahme abzugeben. Die Frist kann vom Bundesamt für Energie in begründeten Fällen verlängert werden.

Der Inhalt der Stellungnahme des Kantons hat sich an folgenden Vorgaben zu orientieren:

- Der Kanton Bern befürwortet den Ersatz des Kernkraftwerks Mühlebergs. Er unterstützt damit die Energiestrategie des Bundesrates, in welcher der Bau von Ersatz-Kernkraftwerken vorgesehen ist.
- Für die Beurteilung der Sicherheit der Kernanlagen sind die Bundesbehörden zuständig.
- Der Kanton Bern bejaht den Bedarf eines neuen Kernkraftwerkes auf seinem Staatsgebiet, weil er einen wichtigen und notwendigen Beitrag zur gesamtschweizerischen Versorgung leisten kann.
- Inländisch erzeugte und praktisch CO2-frei produzierte Energie geniesst eine bevorzugte Stellung.
- Im Interesse der Versorgungssicherheit kann auf den Ersatz des Kernkraftwerks Mühlebergs nicht verzichtet werden. Zur Deckung der Stromnachfrage im BKWKundengebiet ist ein Ersatz des Kernkraftwerks Mühlebergs unverzichtbar. Die Volkswirtschaft und die Bevölkerung sind auf eine verlässliche und preiswerte Stromversorgung angewiesen. Mit einer Ersatzanlage in Mühlenberg könnte ein wesentlicher Bestandteil der im Kanton Bern produzierten Elektrizität langfristig sichergestellt werden.
- Das neue Kernkraftwerk Mühleberg ist durch die Partnerschaft BKW-Axpo zusätzlich getragen. Bei dieser Partnerschaft steht der KKW-Ersatz im Vordergrund. Beznau I (Inbetriebnahme 1969), Beznau II (1971) und Mühleberg (1972) sind deutlich früher zu ersetzen als die Anlagen von Gösgen (1979) und Leibstadt (1984).Sollten nur zwei der drei Projekte bewilligt werden, sind die Ersatzprojekte Mühleberg und Beznau zu bevorzugen.
- Der Kanton befürwortet das Ersatz-Kernkraftwerk Mühleberg insbesondere auch wegen der volkswirtschaftlichen Bedeutung, wie dies der Vertreter der Berner Regierung an den Hearings der UREK Ständerat ausgeführt hat.
- Die Investition von rund 6 Mrd. Franken, die rund 1'000 direkten und indirekten Arbeitsplätze, die jährliche Wertschöpfung von gut 500 Mio. Franken, die jährlichen Revisions- und Unterhaltsarbeiten, die Steuern der Betreibergesellschaft und die von den im Kanton Bern wohnhaften Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kernkraftwerkes zu leistenden Kantons- und Gemeindesteuern fallen für den Wirtschaftsstandort Bern ins Gewicht.

Es wird Dringlichkeit verlangt. Abgelehnt: 19.11.2009

Antwort des Regierungsrates

Das von der BKW FMB Energie AG eingereichte Gesuch um eine Rahmenbewilligung für den Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg (EKKM) ist energie- und wirtschaftspolitisch von grosser Bedeutung für den Kanton Bern und stösst auf ein vitales Interesse in weiten Kreisen der Bevölkerung. Der Regierungsrat hat sich daher schon zu einem frühen Zeitpunkt dafür ausgesprochen, das Stimmvolk darüber entscheiden zu lassen, ob es mehrheitlich einen Ersatz befürwortet oder ablehnt. Der Einbezug des Stimmvolks zu zukunftsweisenden Fragen der Kernenergie entspricht der bernischen Tradition. Dass das Stimmvolk in diesen Fragen mitreden will, belegen auch die zahlreichen Volksinitiativen, die in den vergangenen Jahren auf Bundes- und auf kantonaler Ebene eingereicht wurden.

Inhaltlich lehnt der Regierungsrat die Stossrichtung der Motion ab. Ein Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg stände im Widerspruch zu den Zielen der kantonalen Energiestrategie 2006, die der Grosse Rat am 22. November 2006 zur Kenntnis genommen hat. Diese sieht einen mittelfristigen Ausstieg aus der Kernenergie vor. Heute sind die Weichen so zu stellen, dass das strategische Ziel eines mittelfristig kernkraftwerkfreien Kantons Bern weiter verfolgt werden kann.

Nach der aktuellen Zeitplanung (Stand März 2010) wird der Bund ab Januar 2011 alle Kantone einladen, zu den eingereichten Rahmenbewilligungsgesuchen für die drei Kernkraftwerke in Mühleberg, Beznau und Gösgen Stellung zu nehmen. Dabei ist von folgendem Verfahren auszugehen:

- Das Bewilligungsverfahren nach Kernenergiegesetz ist ein Bundesverfahren, bei dem die Kantone spezifische Mitwirkungsmöglichkeiten haben. Es gliedert sich in ein Rahmenbewilligungsverfahren, eine Baubewilligung und eine Betriebsbewilligung. Die Rahmenbewilligung legt den Bewilligungsinhaber, den Standort, den Zweck der Anlage, die Grundzüge des Projekts (Reaktorsystem, Leistungsklasse und Hauptkühlsystem) sowie die maximal zulässige Strahlenexposition fest. Der Beschluss über die Rahmenbewilligung obliegt der Bundesversammlung. Es ist zu erwarten, dass ein Referendum zustande kommen wird.

- Für die Vorbereitung des Bundesbeschlusses ist das Bundesamt für Energie (BFE) zuständig, das die sicherheitstechnischen Abklärungen und die Fachbeurteilungen, insbesondere bezüglich Umweltverträglichkeit, Verträglichkeit mit der Raumplanung sowie mit dem Natur- und Heimatschutz, koordiniert. Die kantonalen Fachberichte für das Kernkraftwerk Mühleberg werden zurzeit erarbeitet und voraussichtlich Anfang Mai 2010 an die zuständigen Bundesfachstellen (Bundesamt für Raumentwicklung - ARE und Bundesamt für Umweltschutz - BAFU) weitergeleitet.

- Der Bund erarbeitet zurzeit einen Fragenkatalog, der als Grundlage für die kantonalen Stellungnahmen dienen soll. Der Fragenkatalog wird im August 2010 definitiv vorliegen. Sobald die sicherheitstechnischen Gutachten des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) vorliegen, lädt der Bund alle 26 Kantone und die Fachstellen des Bundes formell ein, innerhalb von drei Monaten zu den Rahmenbewilligungsgesuchen Stellung zu nehmen. Wie erwähnt wird dies voraussichtlich ab Januar 2011 der Fall sein. Fristverlängerungen lehnt der Bund nach seinen letzten Angaben ab.

Damit beim Bund bis Ende März 2011 eine breit abgestützte Stellungnahme des Kantons Bern eingereicht werden kann, ist ein beschleunigtes und straff terminiertes Vorgehen mit einer zeitlich gut abgestimmten Zusammenarbeit von Regierungsrat und Grossem Rat erforderlich. Der Regierungsrat geht dabei von den folgenden Eckpfeilern aus:

- Als dafür zuständige Behörde (Artikel 90 Buchstabe e der Kantonsverfassung) erarbeitet der Regierungsrat zuhanden des Grossen Rates eine Stellungnahme zum Rahmen4 bewilligungsgesuch der BKW FMB Energie AG. Er beantragt dabei, die kantonale Stellungnahme sei dem Souverän zu unterbreiten. Das ist gestützt auf die Kantonsverfassung möglich, indem der Grosse Rat die Vorlage in Anwendung von Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe f KV in Verbindung mit Artikel 61 Absatz 2 KV dem obligatorischen Referendum unterstellt.

- Wie bei der Vernehmlassung zur Erteilung der unbefristeten Betriebsbewilligung und zur Leistungserhöhung für das Kernkraftwerk Mühleberg ist die Einsetzung einer besonderen Kommission zur Vorberatung zweckmässig. Die Kommission kann in der Junisession bestellt werden und soll ihre Arbeit im August 2010 aufnehmen, sobald alle wesentlichen Informationen und der definitiv beschlossene Fragenkatalog des Bundes vorliegen.

- Die Stellungnahme des Kantons zum Rahmenbewilligungsgesuch der BKW FMB Energie AG verabschiedet der Grosse Rat bereits in der Novembersession 2010. Stimmt der Grosse Rat der Unterstellung unter das obligatorische Referendum zu, kann die Stellungnahme in der Folge fristgerecht bis Ende März 2011 dem Volk unterbreitet werden.

- Damit der Volkswille in der Abstimmung eindeutig ermittelt werden kann, muss sich der Kanton Bern auf eine Stellungnahme zum Rahmengesuch für den Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg beschränken. Ein Einbezug der Rahmenbewilligungsgesuche für die Kernkraftwerke Beznau und Gösgen würde keine klare Fragestellung nach der zustimmenden oder ablehnenden Haltung der Stimmberechtigten zum Ersatzgesuch der BKW FMB Energie AG erlauben. Im Übrigen ist es in der Sache richtig, wenn sich der Kanton Bern als einer der Standortkantone nicht zu den Bewilligungsgesuchen ausserkantonaler Betreiber von Kernkraftwerken äussert.

Diese Vorgehensplanung basiert auf den aktuellen zeitlichen Angaben des Bundes (Stand März 2010). Sollte der Bund die Zeitplanung ändern, müsste das Vorgehen entsprechend neu terminiert werden.

Zusammenfassend ist der Regierungsrat bereit, alle erforderlichen Vorkehren zu treffen, damit der Grosse Rat seine Mitwirkungsrechte umfassend wahrnehmen kann. Letztlich soll jedoch das Stimmvolk darüber entscheiden, ob der Kanton Bern eine zustimmende oder eine ablehnende Stellungnahme beim Bund einreicht. Entsprechend befürwortet der Regierungsrat die Erarbeitung einer Stellungnahme zuhanden des Grossen Rates mit einer anschliessenden Unterstellung unter das obligatorische Referendum. Die in der Motion angegebenen inhaltlichen Aussagen lehnt der Regierungsrat jedoch ab, weil sie im Widerspruch zur Energiestrategie stehen. Deshalb beantragt er eine Ablehnung der Motion. Dies insbesondere auch in Punkt vier, weil sich dieser auf die inhaltlichen Vorgaben der Punkte 1 bis 3 bezieht.

Antrag Ablehnung der Motion

An den Grossen Rat