MEDIENSPIEGEL 9.5.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Ausschaffungs-Sonderflüge fliegen bald wieder
- Telebärn zu Stadttauben-BümplizLeist-Prügelei
- Antirep-Demo Lausanne 6.5.10
- Drogenabgabe Zug
- Homohass: Baltic Pride - 300 Queers vs 3000
GegendemonstrantInnen
- Griechenland: Staatsterror in Exarcheia
- Boykott von Produkten aus israelischen Siedlungen im
Westjordanland
- Anti-Atom: Endlager-Nervosität
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REITSCHULE
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So 09.05.10
14.00 Uhr - Frauenraum - "Sie kam und blieb" Stube, Vol.
2. Lieder von
Krikela (D)
18.00 Uhr - Rössli - DJ Stunti.
18.30 Uhr - Grosse Halle - Frühlings Erwachen, von
Ensemble U18 I,
Junge Bühne Bern
Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch
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AUSSCHAFFUNG
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Sonntagszeitung 9.5.10
Grünes Licht für Ausschaffung abgelehnter Asylbewerber
per
Sonderflug
Bund und Kantone sind sich einig über die
Wiederaufnahme von
Zwangsmassnahmen
Pascal Tischhauser
Bern Die Sondermaschinen zur Zwangsausschaffung
abgewiesener
Asylbewerber können wieder abheben. Darauf haben sich das
Bundesamt für Migration (BfM) und die Kantone geeinigt. Entgegen
anderslautenden Aussagen wartet das BfM nicht auf den Zwischenbericht
der Oberstaatsanwaltschaft Zürich zum Tod eines 29-jährigen
Nigerianers.
BfM-Direktor Alard du Bois-Reymond nennt in einem Brief an
die
Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz (KKJPD), welcher der
SonntagsZeitung vorliegt, zwei Massnahmen, mit denen seiner Ansicht
nach der Schutz der Auszuschaffenden gewährleistet sei: Erstens
soll immer ein Arzt bei Sonderflügen dabei sein, zweitens sollen
die Haftanstalten Gesundheitsunterlagen über Auszuschaffende an
den Arzt weiterleiten.
Du Bois-Reymond räumt ein: "Wenn die KKJPD sich mit
den
Vorschlägen des BfM einverstanden erklärt, können die
Sonderflüge wieder aufgenommen werden." Erst warte man aber noch
auf eine Einschätzung der Zürcher Oberstaatsanwaltschaft,
bemüht er die offizielle Sprachregelung. Die Staatsanwälte
untersuchen, woran der Nigerianer bei der versuchten Ausschaffung vom
17. März gestorben ist. Wegen dieses Todesfalls setzte du
Bois-Reymond die Sonderflüge aus.
Obwohl sich niemand in dieser Weise zitieren lässt,
versichern unabhängig voneinander mehrere Konferenzmitglieder, die
KKJPD und das BfM hätten sich längst telefonisch geeinigt.
Schliesslich pochen die Kantone auf die baldige Wiederaufnahme der
Flüge. Ein paar Kantone mussten inhaftierte Asylbewerber - diese
können, falls die Ausschaffung absehbar ist, für 24 Monate
festgehalten werden - freilassen.
Einzig die Sonderflüge nach Nigeria werden erst nach
Vorliegen des Untersuchungsberichts der Oberstaatsanwaltschaft
aufgenommen. Nigeria hat klargemacht, erst dann wieder Sonderflüge
zu akzeptieren.
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STADTTAUBEN
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Telebärn 8.5.10
Unmut über die "Stadttauben"
http://www.kyte.tv/ch/telebaern/unmut-uber-die-stadttauben/c=84713&s=890040
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LAUSANNE AUTONOME
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Indymedia 8.5.10
Do. 6.Mai, Lausanne: Anti-Repressions-Kundgebung ::
AutorIn : méchant déguisé en hippie
|
übersetzt von : le vent
Kleiner Bericht von der Anti-Repressions-Kundgebung vom 6.Mai in
Lausanne.
Gestern fand in Lausanne eine Kundgebung statt gegen die Morde
und die
steigende Repression des "demokratischsten Landes der Welt". Fassen wir
den Kontext kurz zusammen: am 11.März 2010 zündete der
Gefangene Skander Vogt im Knast von Bochuz (VD) seine Matratze an als
Protest gegen die Haftbedingungen, die Bullen liessen ihn in seiner
Zelle verrecken (siehe https://ch.indymedia.org/fr/2010/05/75476.shtml);
am 17.März 2010 wurde der Nigerianer Alex Uzuwulu in Zürich
von den Bullen ermordet wegen seinem Widerstand gegen eine
Zwangsausschaffung (siehe https://ch.indymedia.org/de/2010/04/74759.shtml);
am 11.April 2010 wurde der junge Umüt auf grausame Weise von den
Waadtländer Bullen ermordet: auf der zwischen Lausanne und Genf
abgeriegelten Autobahn schossen die Bullen auf ihn als Antwort auf
einen Diebstahl eines Luxusautos, der "Dieb" (denn wir wissen wo sie
sind, die wahren Diebe!) wurde schlichtweg exekutiert, niemand im
geklauten Auto war bewaffnet (siehe https://ch.indymedia.org/fr/2010/05/75440.shtml).
Zudem wurden unsere anarchistischen Genossen Silvia, Costa und Billy
verhaftet (siehe https://ch.indymedia.org/de/2010/04/75358.shtml)
und die revolutionären 1.Mai-Umzüge waren mehr oder weniger
überall in der Schweiz mit gewaltiger Repression konfrontiert.
Gründe um wütend zu sein gibt es also freilich genug!
Um Flexibilität zu zeigen, wurden zwei Zeiten
angekündigt, 18
Uhr und 19 Uhr, doch schliesslich waren schon ziemlich viele Leute um
17.45 Uhr da. Der Place St-François war schliesslich gut
gefüllt, die genaue Anzahl ist schwierig einzuschätzen,
dürfte sich jedoch irgendwo zwischen 100 und 2'000'000 Menschen
bewegen. Scheinbar wollten die Bullen auf Nummer sicher gehen: sie
begannen schon am Nachmittag, die ganze Innenstadt zu blockieren, womit
sie eine furchtbare Blockadeeffizienz bewiesen, eine Effizienz, die wir
selbst wohl nie erreicht hätten! Am Anfang war alles ziemlich
ruhig, eine nette Menschenmenge, die Punk und Hip-Hop hörte und
diverse alkoholische Getränke zu sich nahm. Verschiedene
Transparente veranschaulichten die Wut auf die Bullen und die
Behörden und etliche Flugblätter, die über die Situation
informierten, wurden verteilt. Gegen 20 Uhr entschied eine kleine
Gruppe anscheinend eher jüngerer Leute, ihre Wut auf konkrete Art
und Weise zu zeigen: sie liefen das kleine Gässchen neben dem
Starbucks hinauf und griffen, unter den Rufen "Bullen, Schweine,
Mörder", diese mit schrecklichen Waffen - Büchsen und
Flaschen - an, wobei sie noch die Scheibe einer Werbeagentur
zertrümmerten. Daraufhin begannen die "Beschützer der
Demokratie", den Platz zu umzingeln, bis die Demokratie auf einige
Quadratmeter reduziert war. Alle Ausgänge waren blockiert und nur
Minderjährige, Alte und Geschäftsmänner hatten ein
Durchgangsrecht, nicht aber böse aussehende Leute, genausowenig
wie AusländerInnen. Nette kleine Demokratielektion: als ob wir
nicht wüssten, dass einige gleicher sind als andere! Nach einigen
Diskussionen wurden die Leute zum Preis einer Durchsuchung
durchgelassen.
Allerdings schien eine Handvoll junger Leute der Falle gar nicht
entkommen zu wollen. Schaut man die Medienfotos an, sieht man sie
lächelnd auf der Strasse sitzen, umzingelt von einer Masse von
Kastenwagen, Robocops und zwei Wasserwerfern. Trotz dieses
beindruckenden Dispositivs sahen sie überhaupt nicht beeindruckt
aus. Wahrscheinlich waren sie sich der strategischen Sinnlosigkeit
einer Konfrontation nicht weniger bewusst als die "Alten", nur war es
ihnen scheissegal. Die Medien beschwörten natürlich sofort
den "autonomen" Geist (oder gar den "autonomistischen" für einige,
die scheinbar die Subtilitäten politischer Theorien nicht ganz
verstanden haben), um die Mini-Riot zu erklären. Wie auch immer
man es nennen mag, die Feststellung drängt sich auf, dass die
junge Generation die Sündenbockrolle nicht mehr spielen mag, die
ihr vom Spektakel zugewiesen wird, um seine Verwüstungen vergessen
zu machen. Und einzig und allein die Angst vor der Wut des Volkes
reichte gestern den Bullen, um die ganze Innenstadt zu blockieren und
eine sicher ziemlich beträchtliche Anzahl an Überstunden zu
schieben. Ein Journalist des Courriers (siehe
https://ch.indymedia.org/fr/2010/05/75543.shtml) versucht in einem
Leitartikel, diese Wut als Teil des Spektakels zu präsentieren.
Vielleicht sollte er Debord nochmal lesen: diese Wut hat zum Ziel, der
spektakulären Gesellschaft zu schaden, sie ist nicht im geringsten
übertrieben.
Es wurden 71 Personen kontrolliert, davon 15 minderjährig,
67
wurden wegen diversen Delikten angezeigt.
Bürgerliche Medien:
http://www.20min.ch/ro/news/vaud/story/La-peur-de-la-manif-paralyse-tout-le-centre-19458589
http://www.24heures.ch/vaud-regions/actu/centaine-manifestants-bloque-centre-ville-2010-05-06
http://www.24heures.ch/vaud-regions/actu/intervention-police-permis-eviter-dommages-affirme-2010-05-07
http://www.lematin.ch/actu/suisse/colere-skander-271998
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DROGENABGABE
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Zentralschweiz am Sonntag 9.5.10
"Viele kommen von der Gasse"
Von Sarah Kohler
Die Heroin- und Methadonabgabe ist umgezogen. Der neue Ort
hat
einen entscheidenden Vorteil.
Die Eingangstür liegt etwas versteckt hinter
Gitterwänden: Seit März ist die heroin- und
methadongestützte Behandlung der Zuger Opioide-Abgabe (Hegebe
Zopa) an der Poststrasse 4a in Baar einquartiert. Hier erhalten
Suchtkranke unter medizinischer Aufsicht Heroin oder Methadon. Die
Abgabestelle unter der Trägerschaft des Drogenforums Zug war zuvor
an der Inneren Güterstrasse in Zug untergebracht. Betriebsleiter
Thomas von Däniken ist mit dem neuen Standort zufrieden: "Die
Anonymität ist gut für die Patienten", sagt er. "Wer kommt,
wird als Passant wahrgenommen, bis er hinter dem Gitter verschwindet.
We r geht, ist sofort wieder im öffentlichen Raum." Mit den neuen
Nachbarn, die im Vorfeld informiert wurden und "durchaus kritische
Fragen stellten", läuft es laut von Däniken problemlos.
"Viele bemerken uns gar nicht."
Keine eigentliche Szene in Zug
Im Kanton Zug bemerkt man Drogenabhängige generell
kaum.
"Eine eigentliche Szene gibt es nicht, gedealt wird versteckt und im
kleinen Rahmen", sagt Kurt Graf, ärztlicher Leiter der Hegebe
Zopa. "Die Süchtigen gehen nach Luzern oder Zürich." Das
erleichtere die Arbeit insofern, als "die Patienten im Programm einen
geringeren Nebenkonsum aufweisen als anderswo, weil das Angebot nicht
vor der Haustür liegt". Dass sich rund um die Abgabestelle eine
Drogenszene entwickelt, wie das Anwohner befürchten könnten,
ist für von Däniken und Graf ausgeschlossen. "Würde
einer hier vor dem Haus dealen, würden die anderen Patienten etwas
dagegen unternehmen", so der Betriebsleiter.
Derzeit betreut sein Team, das aus elf Personen in
verschiedenen
Arbeitspensen besteht, 28 Heroin- und sechs Methadonbezüger. Die
heroingestützte Behandlung mit 30 Plätzen gibt es seit 1995,
sie wurde 2004 mit zehn Plätzen im Methadonprogramm für
"desintegrierte, sehr szenenahe Abhängige" ergänzt. "Viele
kommen direkt von der Gasse", sagt von Däniken. In dieser Phase
müssen die Patienten täglich erscheinen, um ihre Dosis zu
erhalten - eine Mitgabe fürs Wochenende oder später für
bis zu einer Woche ist erst nach einer Stabilisierung möglich. Das
erklärt, warum die Hegebe Zopa für viele die erste
Anlaufstelle ist: Keiner der 51 Hausärzte im Kanton, die
Methadonprogramme führen, arbeitet sieben Tage die Woche.
"Tendenziell beobachten wir, dass viele dieser Ärzte keine neuen
Patienten aufnehmen und neue Hausärzte weniger Methadonprogramme
führen", sagt Graf. Und zeigt Verständnis: "Drogenpatienten
sind nicht so beliebt, sie sind ungeduldig und können ein
Wartezimmer unter Umständen völlig aufmischen."
Rundum betreut
Anders bei der Drogenabgabe in Baar, wo man "mehr
Ressourcen" hat
und den direkten Kontakt pflegt. Hier gibts auch medizinische Betreuung
und psychosoziale Begleitung. "Unsere Patienten haben oft nicht nur ein
Drogen-, sondern auch ein massives gesundheitliches Problem, etwa mit
HIV oder Hepatitis", sagt Graf. Weiter gehe mit der Sucht oft eine
psychische Erkrankung einher. "Wir sind eine Koordinationsstelle und
arbeiten mit dem Ambulanten Psychiatrischen Dienst und der
Psychiatrischen Klinik Zugersee zusammen." Weiter erhalten die
Patienten Strukturen: Für jene, die nicht arbeitstätig sind,
ist beispielsweise die Teilnahme am Kreativprogramm oder an
Spaziergängen Pflicht. Allerdings sind rund ein Drittel der
Heroinpatienten sowie vier der sechs Methadonpatienten der Zuger
Anlaufstelle ohnehin im Arbeitsmarkt integriert. Die vollständige
Reintegration in die Gesellschaft ist denn auch das Idealziel. Tatsache
ist laut Graf aber: Manchen gelingt es, im Programm das Leben in den
Griff zu bekommen, bei anderen bleibt es ein Auf und Ab. Kein Wunder,
wie Betriebsleiter von Däniken erklärt: Gerade die
Heroinpatienten seien im Schnitt zehn Jahre schwerstsüchtig, bevor
sie in einem Programm unterkommen. "Ihre Verhaltensmuster zu
ändern, braucht mindestens so lange." Drei der Zuger
Heroinbezüger sind seit 1995 bei der Hegebe Zopa - seit es diese
gibt.
--
Patientenstimme
"Harter Kampf"
Seit drei Jahren ist S.* aus dem Kanton Zug im
Methadonprogramm.
Die 37-Jährige blickt auf eine lange Heroinkarriere zurück:
Sie konsumierte 15 Jahre, bezog dann vier Jahre Methadon beim Arzt,
wurde rückfällig - und landete zwei Jahre später bei der
Hegebe Zopa. Weil sie in der Zwischenzeit umgezogen war, der neue
Hausarzt kein Methadonprogramm führt und sich kein anderer fand,
der sie als Patientin übernommen hätte, wandte sich S. an die
Abgabestelle. "Es ist angenehmer als beim Arzt", sagt sie, "weil die
Leute mehr Zeit haben und man eine Bezugsperson hat." Besonders die
psychologische Betreuung sei wichtig: "Ohne gehts nicht."
Schutz vor Vorurteilen
Vom Baarer Standort ist S. begeistert: "Er ist besser als
der
alte, nah am Bahnhof und versteckter", sagt sie. "Ich fühle mich
geschützter und bin froh um das Gitter." Denn, so erzählt S.,
noch immer hätten viele Leute wüste Vorurteile - gerade
gegenüber Methadonbezügern. "Dabei sind Menschen, die
Methadon konsumieren, normal arbeitsfähig. Ich finde Heroin
schlimmer." Im Büro, in dem sie angestellt ist, weiss keiner vom
Methadonbezug. "Das wissen nur meine Eltern und meine engsten Freunde."
S. hat ein klares Ziel vor Augen: sauber werden. Ob sie das schaffen
wird? Sie zögert. "Es wird ein harter Kampf."
Hinweis: * Name der Redaktion bekannt.
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HOMOHASS
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Zentralschweiz am Sonntag 9.5.10
Demo gegen Schwulenparade
Vilnius - Unter hohem Polizeiaufgebot hat in Litauen
gestern die
erste Homosexuellen-Parade stattgefunden. Gegner des Umzugs warfen
Rauchbomben und versuchten, eine Absperrung zu durchbrechen.
Hundertschaften der Polizei trieben die rund 1000 Gegendemonstranten
mit Tränengas auseinander. Etwa 400 Menschen nahmen an der
Schwulenparade durch die Hauptstadt Vilnius teil. (ddp)
---
blu.fm 9.5.10
http://www.blu.fm/subsites/detail.php?kat=Gesellschaft&id=3872
(mit Video)
VIDEO: "TOD DEN SCHWULEN" - BALTIC PRIDE ERFOLGREICH
Es waren etwa 300 Menschen, darunter Schwedens Europaministerin
Birgitta Ohlsson und der Bundestagsabgeordnete Volker Beck, die sich am
gestrigen Samstag in der litauischen Hauptstadt Vilnius zum ersten CSD
des Landes versammelten und ein Zeichen gegen Homophobie setzten.
300 Teilnehmer sind nicht viel, aber unter den widrigen
Umständen der Vorwoche (Verbot durch ein Gericht - dann wieder
Genehmigung) und bedroht durch eine zehnfach größere
Gegendemonstration aus rechtskonservativen Kräften (auch
litauische Parlamentsangehörige) und Neonazis, kann der Baltic
Pride 2010 als ein Erfolg gewertet werden.
Vorbildlich hat sich die Staatsgewalt verhalten und die
etwa
3.000 Gegendemonstranten, die Parolen wie "Tod den Schwulen"
skandierten, auf Abstand gehalten. Flaschen, Steine und
Feuerwerkskörper verfehlten ihr Ziel, weil die Polizei mit
Tränengas auf die Angriffe reagierte und bei der Auflösung
der Demonstration 19 Gegendemonstranten festnahm.
Volker Beck resümiert: "Dies ist ein Signal an die
Regierung
in Litauen, dass Lesben und schwule Männer in Europa
gleichberechtigt sind. Hier geht es nicht um irgendwelche Sonderrechte,
sondern ganz einfach den Schutz von Menschenrechten." •ck
Internet: http://WWW.BALTICPRIDE.EU
---
queer.de 8.5.10
http://www.queer.de/detail.php?article_id=12147
(mit Fotos + Videos)
Baltic Pride trifft auf Gegendemo
Bei dem in letzter Sekunde genehmigten CSD in Vilnius muss die
Polizei
Schwule und Lesben vor bedeutend mehr Gegendemonstranten schützen.
Von Norbert Blech
Es war nicht der erste CSD in Litauens Hauptstadt, aber
der im
Vorfeld umstrittenste. Die "Hochsicherheitsdemo" (Volker Beck über
Twitter) wurde erst am Freitag vom obersten Verwaltungsgerichtshof
erlaubt, nachdem Vorinstanzen eine Erlaubnis durch die Stadt wegen
angeblicher Sicherheitsbedenken kassiert hatten (queer.de berichtete).
Auch um den Ort hatte es im Vorfeld Streit gegeben.
Die rund 300 bis 500 Teilnehmer, darunter viele
Unterstützer
aus dem europäischen Ausland wie Volker Beck oder Schwedens
Europaministerin Birgitta Ohlsson, wurden schließlich am Samstag
mit Bussen zu dem abgesperrten Demonstrationsgebiet am Fluss Neris
gekarrt, Gegendemonstranten oder auch einfach Interessierte mussten von
der anderen Seite des Flusses oder ab einer entfernten Absperrung in
einem Neubaugebiet zuschauen.
Dort hatten bis zu 1.000 Polizisten alle Hände damit
zu tun,
ein Durchbrechen der Absperrung durch bis zu 1.500 Gegendemonstranten
zu verhindern. Überwiegend junge Menschen mit rechtsnationaler
Gesinnung schrien Medienberichten zufolge "Tod den Schwulen" oder
"Litauen den Litauern", auch soll vereinzelt mit Steinen, Flaschen und
Rauchbomben geworfen worden sein.
Im Laufe des Nachmittages nahm die Polizei, die
Tränengas
einsetzen musste, um ein Überschreiten der Absperrungen zu
verhindern, zwölf Gegendemonstranten fest. Darunter sollen sich
laut Agenturberichten auch Mitglieder des litauischen Parlaments
befunden haben.
Unterstützung für den CSD kam aus dem Ausland:
laut
Volker Beck sprachen zahlreiche Mitglieder des Europäischen
Parlaments (darunter der offen schwule Brite Michael Cashman) bei der
Abschlusskundgebung, auch die Botschafter aus Großbritannien, der
Tschechei, aus den Niederlanden und Frankreich meldeten sich zu Wort.
Zudem waren Mitglieder von Amnesty International und ILGA sowie viele
Privatpersonen angereist, um die litauischen Schwulen und Lesben zu
unterstützen.
Einer der Organisatoren, Vytautas Valentinavicius, sagte
der
Nachrichtenagentur AFP nach der Demonstration, man habe einen
großen Schritt hin zu mehr Toleranz gemacht. Das ist vielleicht
eine gewagte Aussage, dass die Demonstranten aber Zeichen nach innen
setzten, machte ein Plakat deutlich: "Wir marschieren für die, die
nicht können."
---
nzz.ch 8.5.10
Zehnmal grössere Gegendemonstration
Einige hundert homosexuelle Teilnehmer an der "Baltic Pride"
Die "Baltic Pride" hat am Samstag einige hundert
Homosexuelle in
die litauische Hauptstadt Vilnius gelockt. Die Gegendemonstration zog
fast zehnmal mehr Personen an. Die Polizei war mit einem Grossaufgebot
vor Ort. Unter Festgenommenen der Gegendemonstration waren auch
Parlamentarier.
(sda/dpa) Einige hundert Homosexuelle sind am Samstag gegen fast
zehnmal so viele Gegendemonstranten für ihre Rechte durch Litauens
Hauptstadt Vilnius gezogen. Die mit fast tausend Beamten präsente
Polizei trennte die Gruppen beiderseits der durch Vilnius fliessenden
Neris.
Zwischenzeitlich verboten
Der Umzug "Baltic Pride" war Mitte der Woche zeitweilig
verboten, weil
ein Verwaltungsgericht "Störungen der öffentlichen Ordnung"
befürchtete. Ausserdem könnten die Behörden die
Sicherheit der Teilnehmer nicht garantieren, hiess es weiter. Erst
heftige internationale Proteste und ein höchstrichterlicher Spruch
am Freitag brachte grünes Licht.
Die Veranstalter des Schwulen-Marsches erklärten, sie
wollten mehr
Aufmerksamkeit auf die Unterdrückung von Homo-, Trans- und
Bisexuellen in Litauen lenken. Gleichzeitig riefen Gegendemonstranten
Parolen wie "Tod den Schwulen" und "Litauen den Litauern."
Auch Parlamentarier
Neonazis und Rocker hatten vorab tätliche Angriffe gegen
den
ersten Umzug dieser Art im katholischen Litauen angekündigt. Die
Polizei meldete zwölf Festnahmen, darunter auch von Mitgliedern
des litauischen Parlaments.
Litauen hatte unter anderem durch ein gesetzliches Verbot zur
"positiven Darstellung" von Homosexualität an Schulen heftige
internationale Kritik ausgelöst.
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GRIECHENLAND
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Indymedia 9.5.10
http://ch.indymedia.org/de/2010/05/75638.shtml
(mit Fotos)
Staatsterror in Exarcheia ::
AutorIn : le vent | übersetzt von : der Wind
Dies ist eine Übersetzung eines Artikels vom 6. Mai 2010
auf der
oben verlinkten Homepage.
In einer Orgie kollektiver Bestrafung startete die griechische
Polizei
eine brutale Attacke auf Exarcheia nach dem gestrigen Protestmarsch,
wobei sie Läden und soziale Zentren zerstörte, bewaffnet ein
besetztes Haus räumte und den BewohnerInnen voller Brutalität
begegnete.
Die gestern beobachtete Polizeibrutalität auf den Strassen
Exarcheias nach dem Ende des Protestmarsches des Generalstreikes in
Athen ist ein Novum und wirft ernsthafte Zweifel auf bezüglich der
Natur des aktuellen Regimes in Griechenland, das nun seine
demokratische Maske herrunterreist, um sein wahres Gesicht zu zeigen:
die Fortsetzung der Obristen-Junta.
Nach dem Ende des Protestmarsches stürmten Hunderte von
Robocops
und Motorrad-Bullen Exarcheia, das Athener Quartier, das schon seit
Beginn des 20.Jahrhunderts für politischen Radikalismus bekannt
ist. Die Polizei griff PassantInnen und kaffetrinkende Leute im
Quartier an und zerstörte das traditionnelle Café an der
Exarcheia-Kreuzung, obwohl es voller Menschen war. Das Video der
mutwilligen Polizeigewalt kann hier angeschaut werden: http://www.youtube.com/watch?v=hkQ4YsRlFxI&feature=player_embedded
Die BewohnerInnen zögerten nicht, die Polizeischurken mit
Zwischenrufen wie "Junta-Junta" und "SS SS" einzudecken. Die Cops
reagierten, indem sie alle verprügelten, die ihnen in den Weg
kamen und indem sie einen Wohnblock stürmten. Gemäss Ioanna
Manoushaka (Foto 1) war sie am Eingang des Blocks und schreite die Cops
an, dass sie das Leben im Quartier zur Hölle machen, als diese sie
mit Schlagstöcken angriffen und ihr den Arm brachen und mehrere
Zähne herausschlugen. Sie rannte daraufhin die Treppe hoch und
schloss sich in ihrer Wohnung ein, aber die Riot-Cops folgten ihr und
versuchten während fünf Minuten ihre Wohnungstür
einzuschlagen, während sie und ihr Mann, ein bekannter Komponist,
sich verbarrikadierten.
Unter den Schreien "heute Abend werden wir euch ficken"
stürmte
und zerstörte die Polizei das soziale Zentrum (Rückzugsort
von ImmigrantInnen) von Diktio, dem "Netzwerk für soziale und
zivile Rechte", eine linke Gruppe mit einer mehrere Dekaden langen
Geschichte von Aktionen gegen den Staatsterror. Gemäss dem
Communiqué von Diktio, "versucht die FMI-Regierung und
Markt-Junta den kriminellen Akt auf die Bank auszuschlachten, indem sie
dem Land ein Terrorregime aufzwingt. Die Orgie der Polizeiherrschaft
mit Hilfe von chemischer Kriegsführung und dem Verprügeln der
Massen erreichte heute Abend in Exarcheia ihren Höhepunkt".
Gleichzeitig umzingelte ein gewaltiges Polizeidispositiv die
anarchistische Besetzung an der Zaimistrasse oberhalb des Polytechneio
und stürmte und räumte es bewaffnet. Berichte, wonach die
Polizisten in die Luft schossen während der Räumung, konnten
nicht verifiziert werden. Alle BewohnerInnnen wurden verhaftet.
Die Methode kollektiver Bestrafung für den gestrigen
Volkswiderstand gegen die Massnahmen war charakteristisch für die
Nazikollaborationsregierung in den 1940er Jahren, was den nun
üblichen Namen, der den Bullen entgegen geschreit wurde,
rechtfertigt: "Deutsch-Tsoliades" (die Todesbrigaden der "Tsoliaden"
unter dem Befehl der Kollaborateure).
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BOYKOTT
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NZZ am Sonntag 9.5.10
Boykott gegen Melonen und Windeln
Palästinenser verzichten auf Waren aus jüdischen
Siedlungen
und nennen dies "Weisse Intifada"
Um gegen die israelische Besatzung zu kämpfen, wollen
Palästinenser Produkte aus den Siedlungen boykottieren. Hinter der
neuen Taktik steckt Ministerpräsident Fayyad.
Silke Mertins, Ramallah
Die Wassermelonen sind knapp im Westjordanland. Im
Frühling
kommt die bei Palästinensern wie Israeli gleichermassen beliebte
Frucht meist aus den Gärten jüdischer Siedler in den
besetzten Gebieten. Die palästinensische Autonomiebehörde hat
den Konsum der grünen Melonen kurzerhand verboten. Über
sieben Tonnen Obst hat eine Kommission des Wirtschaftsministeriums in
den vergangenen Wochen konfisziert und vernichten lassen. In
palästinensischen Familien soll, so will es die Regierung,
künftig nur noch auf den Tisch kommen, was politisch korrekt ist.
Ministerpräsident geht voran
Nicht nur das Obst der Israeli soll boykottiert werden.
Ministerpräsident Salam Fayyad hat eine Website mit dem Namen
Karama (arabisch für Anstand) einrichten lassen, die von Brezeln
bis zu Babywindeln alles auflistet, was von israelischen Firmen in den
besetzten Gebieten hergestellt wird - und boykottiert werden soll. Die
Siedler haben bisher für eine halbe Milliarde Franken
jährlich Produkte an palästinensische Läden verkauft.
Auch israelische Mobiltelefongesellschaften werden geschnitten, wenn
sie Funktürme in den Siedlungen nutzen. Selbst für 30 000
Palästinenser, die in den Siedlungen arbeiten, soll Ende 2011
Schluss sein.
Hinter der Kampagne steht Ministerpräsident Fayyad.
Der
58-jährige Politiker, der bisher vor allem für seine
Expertisen in Finanz- und Wirtschaftsfragen bekannt und international
geschätzt war, hat sich an die Spitze einer gewaltlosen
Widerstandsbewegung gegen die israelische Besatzung gestellt. Seit
einigen Wochen ist er landauf, landab unterwegs, um mit
hochgekrempelten Ärmeln Bäumchen zu pflanzen, an
Demonstrationen teilzunehmen oder den Nachkommen von Martin Luther King
und Mahatma Gandhi die Hände zu schütteln. Aus dem einstigen
Banker des Internationalen Währungsfonds im feinen Zwirn ist ein
Mann der Strasse geworden.
Die neue Welle des Widerstands, die in den Medien "Weisse
Intifada" genannt wird, weil bei ihr kein Blut fliesst, ist für
die Autonomiebehörde ein geradezu idealer Ausweg aus der
politischen Erstarrung. Der bewaffnete Widerstand gegen die Israeli ist
gescheitert, ein Friedensprozess ist nicht in Sicht. Israel ist derzeit
nicht einmal bereit, den Ausbau der nach internationalem Recht
illegalen Siedlungen völlig einzustellen. Fayyad will den Status
quo nicht hinnehmen, doch aufkündigen kann er die bestehenden
Vereinbarungen mit den Israeli auch nicht.
Europäische Vertreter in Ramallah sind höchst
angetan
von Fayyads neuem Kurs. In dem Dorf Bilin, wo der
Ministerpräsident jüngst eine Rede vor Demonstranten gegen
die israelische Sperranlage gehalten hat, nahmen so viele Diplomaten
teil, dass im Dorf die Parkplätze für ihre Luxusautos knapp
wurde. "Die ganze Welt steht heute hinter uns!", rief Fayyad seinen
Zuhörern zufrieden und gut gelaunt zu. Er genoss das Bad in der
Menge, schüttelte Hände und streichelte Kinderköpfe.
Sogar die Hamas klingt sanft
"Selbst die Befürworter von Gesprächen
realisieren
jetzt, dass Verhandlungen allein nicht zu einem palästinensischen
Staat führen werden", sagt Hani Masri vom Palestinian Media,
Research and Studies Center in Ramallah. Der neue Kurs der
Autonomiebehörde bedeute nicht, dass der bewaffnete Widerstand
verurteilt werde, für die Autonomiebehörde sei der gewaltlose
Widerstand eine Taktik. Für Gewalt gebe es keine internationale
Unterstützung, für den Boykott aber schon.
Trotz aller Skepsis, ob man die Israeli mit einem Embargo
zu
Konzessionen zwingen kann, hat niemand im Westjordanland Lust auf einen
neuen Gewaltausbruch, nicht einmal die radikalislamische Hamas. "Ich
glaube zwar nicht, dass dieser Weg zur Befreiung Palästinas
führen wird", sagt Mahmud al-Ramahi von der Hamas, der
Vizepräsident des Parlaments. "Aber wir wollen dem gewaltlosen
Widerstand eine Chance geben."
Die Israeli sehen die Entwicklung mit Sorge. Die
Militärs
betonen, dass die Vernichtung von israelischen Produkten nicht
gewaltlos sei, sondern Aufwiegelung, und gegen den Friedensplan
(Roadmap) verstosse. Politisch sieht die Autonomiebehörde aber
derzeit keine Alternative. Fayyad will lieber die Unzufriedenen
anführen, als von ihnen überrannt zu werden.
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ANTI-ATOM
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NZZ am Sonntag 9.5.10
Nervosität um Atom-Endlager
Die Pläne der Nagra werden kritisiert, diese zeigt
sich
unbeeindruckt
In die Diskussion um ein atomares Endlager kommt Bewegung.
Der
Kanton Schaffhausen prescht mit einer zweifelhaften Studie vor.
Benjamin Tommer
Für Thomas Ernst, den CEO der Nationalen
Genossenschaft
für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra), lief es schon
runder: Einerseits hat der Kanton Schaffhausen Ende April quer zu allen
offiziellen Plänen eine kritische Studie zur Endlager-Planung
präsentiert. Vergangene Woche hat sich überdies die
Kommission für nukleare Sicherheit zu Wort gemeldet. Sie setzt
Fragezeichen hinter die vorgesehene Tiefe eines künftigen
Endlagers.
Der Weg zum Endlager ist lang. Voraussichtlich 2018
entscheiden
die Stimmberechtigten über zwei Standorte - einen für
schwach- und mittelaktive und einen für hochaktive Abfälle.
Zurzeit läuft Etappe 1, in der es allein um die Frage geht, ob
sich radioaktiver Müll in der Schweiz sicher lagern lässt.
Ja, sagt dazu die Nagra. Sie hält sechs Gebiete im Mittelland und
am Innerschweizer Wellenberg für geeignet.
Inhaltliche Ungereimtheiten
In Abweichung vom vorgesehenen Programm hat Schaffhausen
beim
Beratungsunternehmen Brugger und Partner eine Studie in Auftrag
gegeben, die zeigen soll, welche Wirkung ein atomares Endlager auf den
Kanton hätte. Die Umtriebigkeit kommt nicht von ungefähr: Die
Nagra hat gleich zwei Gebiete vor den Toren der Stadt
(Weinland/Südranden) im Auge. Die Schaffhauser Studie durchkreuzt
die Pläne des Bundes, der zwar auch sozioökonomische
Erhebungen machen will, aber erst später und für alle
Regionen nach der gleichen Methode. Von einem Vorpreschen könne
keine Rede sein, sagt dazu Schaffhausens Regierungspräsident
Erhard Meister. Man habe immer eine frühe Prüfung der Frage
gefordert. Die Lektüre der Ende April veröffentlichten Studie
legt allerdings den Schluss nah, dass ihr Ziel nicht wissenschaftliche
Grundlagenarbeit war, sondern die Bekräftigung des Schaffhauser
Widerstands. So macht die "erste umfassende wissenschaftliche Studie zu
sozio-ökonomischer Langzeitwirkung", wie sie die Schaffhauser
Regierung nennt, ihre Grundlagen, die Fragenkataloge, entgegen der
wissenschaftlichen Praxis nicht zugänglich.
Früher erstellte Untersuchungen aus der Schweiz und
Europa
zur Wirkung bestehender Atom-Endlager liessen die Autoren unbeachtet,
weil diese, wie Meister sagt, die besondere Situation Schaffhausens in
der Nähe eines Lagers nicht beleuchtet hätten. Aber auch
inhaltlich bietet die Studie Ungereimtheiten: Sie sagt dem Kanton eine
schrumpfende Bevölkerung und damit sinkende Steuererträge von
jährlich 15 bis 32 Millionen Franken voraus. Dass zusätzliche
Einwohner auch Kosten verursachen, bleibt unerwähnt. Die Studie
setzt den entgangenen Brutto-Steuereinnahmen direkt mögliche
Netto-Entschädigungen vom Bund von 300 Millionen Franken
gegenüber. Diese Beträge reichten nicht weit, heisst es in
der Studie. Meister räumt ein, dass Steuern keine Netto-Einnahmen
sind. Weil die Bevölkerung Schaffhausens schrumpfe, die
Infrastruktur aber bestehe, sei jeder zusätzliche Steuerfranken
faktisch ein gewonnener Franken.
Nagra-CEO Ernst äussert sich auf Anfrage nicht
inhaltlich
zur Studie. Er verweist aber darauf, dass sich rund um das bestehende
atomare Zwischenlager im aargauischen Würenlingen die Wirtschaft
und die Bevölkerungszahlen sehr positiv entwickelten.
Es ging 180 Millionen Jahre gut
Auch die jüngste Stellungnahme der Kommission
für
nukleare Sicherheit beunruhige ihn inhaltlich nicht, sagt Ernst.
Immerhin habe diese allen sechs von der Nagra vorgeschlagenen
Standortgebieten zugestimmt. Und zur Frage der Tiefe eines Lagers sagt
er: "Das Wirtgestein, das wir vorschlagen, ist 180 Millionen Jahre alt,
und es hat ein Dutzend Eiszeiten heil überstanden."
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Sonntagszeitung 9.5.10
Die Nagra soll nochmals bohren Die Kommission für nukleare
Sicherheit fordert eine bessere Datenlage
Catherine Boss
Bern Rückschlag für die Nagra. Der Fahrplan
für
die Suche nach einem Endlager könnte sich um Jahre verzögern.
Grund: Die Kommission für nukleare Sicherheit (KNS) empfiehlt in
ihrem neusten Bericht weitere, umfangreiche Bohrungen an allen
potenziellen Standorten für ein Endlager für radioaktive
Abfälle - also in den Standortgemeinden der Kantone Aargau,
Solothurn, Zürich und Schaffhausen. Bisher hat die Nagra nur in
Benken (im Zürcher Weinland) Tiefenbohrungen vorgenommen. Das
genüge nicht, meint die den Bundesrat in Nuklearfragen beratende
Kommission.
Die KNS gehe davon aus, dass für vergleichbare
Sicherheitsanalysen zusätzliche erdwissenschaftliche
Untersuchungen mit Schallwellen und Tiefenbohrungen erforderlich seien,
schreiben die Experten. Dies müsse mit höchster
Priorität abgeklärt werden.
"Die Kommission bestätigt, was wir schon lange
sagen", meint
die Schaffhauser Regierungsrätin Ursula Hafner (SP).Weitere
Untersuchungen seien dringend nötig, um die Standorte vergleichen
zu können. Diese Zeit müsse die Nagra einsetzen, alles andere
sei fahrlässig. Auch der Zürcher Regierungsrat Markus
Kägi (SVP) wird sich an der nächsten Sitzung der
Standortkantone im Juni dafür einsetzen.
Laut Michael Aebersold, Leiter der Sektion Entsorgung
radioaktiver Abfälle beim Bundesamt für Energie, würden
neue Bohrungen die nächste Etappe um rund drei Jahre
verlängern. Der Fahrplan wäre nicht einzuhalten. Der
Bundesrat wollte bereits 2011 je zwei Topfavoriten für ein Lager
für hochaktive und eines für schwach- und mittelaktive
Abfälle auswählen.
Die Nagra sieht keinen Bedarf für neue Bohrungen.
Für
die jetzt nötigen Sicherheitsanalysen genüge die Datenlage,
sagt Nagra-Chef Thomas Ernst. Das werde die Nagra dem
Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat in den nächsten
Monaten darlegen.