MEDIENSPIEGEL 11.5.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS, Tojo)
- Reitschule-Führungen
- RaBe-Info 10.+11.5.10
- Lärmklagen: Theater National unter Druck
- Stadttauben: Mehrfach-Knatsch um die  Parzelle 313
- Demorecht: Linksgrün gegen PrügelpolizistInnen
- Kokain: Dreck und Nierenkollaps
- Zivilcourage: ggg-fon-Kurs
- Papierlosenzeitung Nr. 1
- 1. Mai Zureich: Repression kostet 720'000 Fr
- Bahnhof-PatInnen LU
- Squat AG: Haus freiwillig geräumt
- Facebook: Neue Sicherheitslücke
- Big Brother DNA: Über 100'000 Profile gespeichert
- Big Brother Sport: Umsetzung Mustervereinbarung in SG

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REITSCHULE
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Mi 12.05.10
19.00 Uhr - SousLePont - Was der Bauer nicht kennt... Spezialitäten
21.00 Uhr - Rössli - Bill Ayers feat. Daniel Ryser und Goran: "Flüchtige Tage".
22.00 Uhr - Dachstock - DAAU - Die Anarchistische Abend Unterhaltung (Radical Duke/B)

Do 13.05.10
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter mit DJ Xylophee, DJ Dunch, DJ FRATZ, Isabelle, Mike, Nadja & DJ ELfERich
20.30 Uhr - Kino - A Road not Taken, Christina Hemauer, Roman Keller, CH 2010
21.00 Uhr - Rössli - Navel & Lombego surfers

Fr 14.05.10
19.30 Uhr - Frauenraum - "FLEURT" - Die Buchvernissage
21.00 Uhr - Kino - A Road not Taken, Christina Hemauer, Roman Keller, CH 2010
22.00 Uhr - Frauenraum - "FLEURT" - Die Party mit The Agentur. (Querbeet-Disko)
23.00 Uhr - Dachstock - Cool & Deadly: Moya (More Fire/BE) ls. Boss Hi-Fi(ZH) ls. Nick Widmer (Our Sound/ZH)

Sa 15.05.10
13.00 Uhr - Frauenraum - "FLEURT" - Die Ausstellung (bis 18.00 )
21.00 Uhr - Kino - Empire St. Pauli - von Perlenketten und Platzverweisen, Irene Bude und Olaf Sobczak, Mini-DV, 2009
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild East: Besh O Drom (HUN) & Mad Manoush - The Gypsy R-Evolution (A/CH), DJ Rane

So 16.05.10
13.00 Uhr - Frauenraum - "FLEURT" - Die Ausstellung (bis 18.00 )
20.00 Uhr - Rössli - Unbunny (USA). - Konkret

Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch

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kulturagenda.be 13.5.10

Plädoyer für den Balkan

Von Silvano Cerutti

Kennen Sie Edo Popovic´? Wohl kaum. Die Bücher des Kroaten erscheinen beim kleinen Verlag Voland & Quist, der nicht über die Marketingkraft eines grossen Hauses verfügt. Das ist das eine. Popovic´s Sprache und Geschichten sind das andere.
Die Vorurteile gegenüber den -ic´s haben in letzter Zeit - endlich - etwas an Schärfe verloren. Vielleicht haben wir gemerkt, dass Balkan- Brass eine wunderbar poetische Partymusik ist. Oder wir haben festgestellt, dass die Nachbarn immer grüssen im Treppenhaus und als wir mal zum Kaffee waren - Sie, so eine Gastfreundschaft ist auf dem Balkan normal, auch wenn sie auf uns Schweizer fast etwas bemüht wirkt und uns verlegen macht.
Vielleicht haben Sie sogar bemerkt, dass Ihr Nachbar so trockene Sprüche fallen lässt, die lustig sind und unheimlich gleichzeitig? Stimmt. Schwarzer Humor ist keine rein britische Sache. Popovic´s Bücher zum Beispiel sind voll davon. Sie sind flapsig in einem Ausmass, bei dem hiesige Feingeister zu Scheuklappen und Sonnenbrille greifen. Sie sind gleichzeitig schnell, zärtlich, verzweifelt, dadaistisch, komisch, schwermütig und urban. Etwa wenn der starke Raucher Boris behauptet, er würde es als "persönliche Niederlage empfinden, nicht an Lungenkrebs zu sterben".
Also gut. Popovic´ ist Ihnen zu hart. Das ist Geschmackssache. Aber ich kann Ihnen eine Variante empfehlen, genauso lustig, genauso schwarzhumorig, nur gelassener. Es ist das Buch "Die Rolle meiner Familie in der Weltrevolution" des Serben Bora Cosic´. Ein aberwitziger Galopp quer durch Faschismus, Krieg und Kommunismus. Dabei verlässt man kaum den Küchentisch einer Belgrader Familie, die unter anderem mit Tarotkarten versucht, dem Durcheinander beizukommen: "Mama bat: ‹Für mich ist nur wichtig, wann mein Mann endlich vom Alkohol loskommt!› Opa fragte verwundert: ‹Wozu eigentlich!›"
Und weil Cosic´s Buch schon 1969 erschien, darf man vermuten, der schwarze Humor sei auf dem Balkan nicht erst seit dem Krieg in Ex- Jugoslawien verbreitet. Es gibt aus dem Balkan mehr zu entdecken als Slivovic. Auch für Nichtraucher und Abstinente. Beim Kater meiner verteerten Bronchie, ich schwöre es.

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"Schwarze Balkankomödien
": Kino Kunstmuseum, Bern
Bis 1.6.
Besh O DroM: Dachstock
der Reitschule, Bern
Sa., 15.5., 22 Uhr

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kulturagenda.be. 13.5.10

Erinnerung

Im fragmentarischen Stück "Memory
Lost" verheddern sich eine Frau und ein
Mann in subjektiven Wahrheiten.

Wie Filmsequenzen reihen sich die einzelnen Fragmente in "Memory Lost" aneinander. Protagonisten sind eine Frau und ein Mann. Das Paar erinnert sich an gemeinsam Erlebtes, das sie miteinander verbindet. Doch die unterschiedliche Erinnerung der beiden trennt sie wieder. Die zwei verschiedenen Wahrnehmungen und Wahrheiten klaffen weit auseinander. In der Auseinandersetzung um Erinnerungen kommen literarische Fremdtexte zum Einsatz, unter anderen von James Kelman, A.L. Kennedy, Toni Morrison oder Steve Tesich.
Das Stück ist eine Produktion von schützwolff, dem Bieler Musiker und Komponisten Martin Schütz und dem Basler Schauspieler und Regisseur Markus Wolff. Die Livemusik wird gespielt von Martin Schütz und Drummer Beni Weber.
sit

\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
Tojo Theater in der Reitschule, Bern
Di., 18.5., und Mi., 19.5., 20 Uhr
(anschliessend Publikumsgespräch)

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REITSCHULE-FÜHRUNGEN
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BZ 11.5.10

Reitschule

 Blick hinter die Kulissen

 Die Reitschule bietet ab Mitte Mai eine 90-minütige Tour an. Dabei werden sowohl die Räume besucht als auch die lange Geschichte des Gebäudes erläutert. Die nächsten Führungen finden am 15., 28.Mai und 5., 19.Juni um 17 Uhr statt und sind kostenlos. Treffpunkt ist vor dem Eingangstor.
 pd

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reitschule.ch 10.5.10

Öffentliche Führungen durch die Reitschule Bern

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Reitschule bietet mehr: Auch Führungen durch die vielen verschiedenen Räume. Machen Sie sich selbst ein Bild von der Reitschule!

Reitschülerinnen und Reitschüler bieten ab Mai 2010 für die Öffentlichkeit Führungen durch die Reitschule an.  Auf dem Durchgang durch das für viele nur von aussen bekannten Gebäude zeigen wir ihnen die vielfältig genutzten Räume und stellen Ihnen die Geschichte und die Arbeit der Reitschule-Gruppen vor. Die Führungen sind kostenlos und stehen allen interessierten Personen offen.

An einer Führung lernen Sie kennen: Grosse Halle, Holzwerkstatt, Kino, Frauenraum, Körperdojo, Tojo Theater, Druckerei, Infoladen, Dachstock, Rössli und Restaurant Sous le Pont.


Nützliche Informationen:

Daten:

15/28 Mai
5/19 Juni
24 Juli
7/14/21/28 August
4/5/9/11/15 September

Treffpunkt: Jeweils um 17 Uhr vor dem Eingangstor

Eintritt: frei
Dauer: ca. 90 min

Falls Sie mit einer Gruppe die Reitschule besuchen möchten, organisieren wir auf Wunsch im Anschluss an die Führung ein Apèro oder ein Abendessen.

Für weitere Fragen stehen wir selbstverständlich gerne zur Verfügung unter:

fuehrungen@reitschule.ch oder medien@reitschule.ch

Mit freundlichen Grüssen

Mediengruppe Reitschule Bern

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RABE-INFO
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Di. 11. Mai 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_11._Mai_2010.mp3
- Stipendieninitiative: Studierende wollen eine einheitliche Stipendienregelung
- Initiative Keine gewalttätigen Demonstranten: das Berner Kundgebungsreglement gerät unter Druck
- Velo-Initiative: mehr Sicherheit und Infrastruktur für Velo-Fahrer

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Mo. 10. Mai 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_10._Mai_2010.mp3
- Aus alt wird neu: Reportage vom Schweizerischen Aktionstag " Wahre Werte"
- Von früher bis heute: Kopf der Woche ist Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann
http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Baumann_(Wehrmachtsdeserteur)

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LÄRMKLAGEN
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Bund 11.5.10

Berner Ausgehlokal National ist zu laut

 Der Kulturbetrieb im Saal des Hotel-Restaurants National in Bern verursacht zu viel Lärm. Nachbarn verlangen die Senkung des Lärmpegels, was laut Besitzerfamilie Grünenwald den Betrieb des ganzen National-Komplexes gefährdet: Schallschutzbauten seien kaum realisierbar. Die kantonale Volkswirtschaftsdirektion hat die Zahl lauter Veranstaltungen beschränkt. Die Sache kommt nun vor Verwaltungsgericht. (mdü) - Seite 21

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Theater um Theatersaal: Berner National ist in Existenz gefährdet

 Nachbarn des Theatersaals im Hotel-Restaurant National beschweren sich über Lärm, der durch die Mauern dringt. Wird keine gütliche Lösung gefunden, ist die Zukunft des Betriebs infrage gestellt.

 Markus Dütschler

 Gutmütigkeit kann sich rächen - womöglich nach langer Zeit. So ist es im Berner Traditionsbetrieb National am Hirschengraben 24, der mit Hotel, Restaurant, Theatersaal und Bar fester Bestandteil des Ausgehangebots in Bern ist. 1989 reichte ein Nachbar ein Baugesuch ein für seine angrenzende Liegenschaft an der Effingerstrasse: Leere Estrich- und sonstige Stauräume wurden zu bestehenden Wohnungen hinzugefügt, um die Wohnfläche zu vergrössern. Bestand zuvor ein Abstand zur Brandmauer des Theatersaals, waren die Bauten danach fest miteinander verbunden. Die Armierungseisen in der gemeinsamen Wand wirken wie eine Schallleitung: Wenn im National gesungen, gejazzt, gelacht oder applaudiert wird, hört man das in den Wohnungen an der Effingerstrasse.

 Die National-Besitzerfamilie Grünenwald hätte Einsprache erheben können, doch Friedrich Grünenwald, Patron von 1963 bis zu seinem Tod 2003, setzte auf gutnachbarliche Beziehungen und befand, jedes Problem lasse sich gütlich regeln. Deshalb hatte er auch darauf verzichtet, das im Grundbuch eingetragene Restaurantverbot in der Nachbarliegenschaft an der Effingerstrasse durchzusetzen: Old Inn und später das Maharaja Palace liess er unbehelligt gewähren nach dem Motto "Konkurrenz belebt das Geschäft".

 Applaus wäre schon zu laut

 Es kam zu Mieterwechseln in der Nachbarwohnung. Während die früheren Bewohner den Lärm nicht hörten oder sich nicht darüber aufregten, nahmen die neuen die Beschallung aus dem Theater nicht hin. Messungen deckten eine Überschreitung auf. Die Behörden griffen ein, zuerst das Regierungsstatthalteramt, danach die kantonale Volkswirtschaftsdirektion. Im Saal werde nur noch ein Pegel von maximal 87 Dezibel geduldet, hiess es. Von den Gesundheitsbehörden zugelassen sind 93 Dezibel. Als nächste Instanz befasst sich das Verwaltungsgericht mit der Causa National.

 Was sich nach einer kleinen Differenz anhört, hat für das National Folgen. "Lärm ist erwünscht", zumindest bei jungen Veranstaltungsbesuchern, erklärten die Besitzerfamilie Grünenwald und ihr Anwalt Samuel Lemann gestern vor den Medien. Wenn die Musik das Limit der gesundheitsbehördlich erlaubten 93 Dezibel nicht ausschöpfe, gelte ein Konzert als uncool. Die Nachbarn blieben unbehelligt, wenn die Limite auf 87 Dezibel gedrückt würde. Doch dann wäre im Saal gar nichts mehr möglich, nicht einmal das Applaudieren nach einer stillen Pantomimen-Vorführung.

 Geschäftsmodell ist in Gefahr

 Von den sechs Grünenwald-Töchtern sind derzeit drei im Geschäft, das ihre Eltern 1963 in verlottertem Zustand übernahmen und in das sie während Jahrzehnten jeden verdienten Franken reinvestierten. Wie die Geschwister darlegten, ist der Theatersaal ein wichtiger Teil des National-Betriebs. Im Winterhalbjahr mit prallvollem Kulturkalender spiele der Saal Geld ein, während im Hotel etwas weniger laufe. Im Sommer sei es umgekehrt. Viele Gäste, die einen Anlass besuchten, verpflegten sich im Restaurant oder übernachteten im Hotel. Falle der Theater- und Konzertbetrieb weg, sei das Ganze in Gefahr. Sowohl der Anwalt als auch die Geschwister betonten, nicht das National habe bauliche Veränderungen getätigt, die zu vermehrter Lärmbelästigung führten, sondern der Nachbar. Sie selbst hätten lärmreduzierende Investitionen vorgenommen, soweit es im historisch weitgehend original erhaltenen Saal von 1908 möglich sei. Es liege ihnen fern, die Behörden oder die Nachbarn zu kritisieren, doch wenn das National diese Auflagen einhalten müsse, sei ein Betrieb in Gefahr, der ohne Subventionen seit einem Jahrhundert kulturelle Veranstaltungen beherberge. Während Umbauarbeiten im Casino oder im Stadttheater übernahm das National sogar diese Parts.

 Die Besitzer skizzierten eine Möglichkeit, wie der Konflikt zu lösen wäre: Falls der Nachbar bereit wäre, die Umbauten von 1989 teilweise rückgängig zu machen, bestünde die direkte Verbindung mit der Brandmauer nicht mehr, und der Schall könnte sich nicht mehr ausbreiten. Dabei gehe es um Umbauten "im Zentimeterbereich". Eigene Umbauten im National-Saal wären laut der Besitzerfamilie nur mit absurdem Aufwand möglich und würden die vorgeschriebenen Fluchtwege einschränken.

 Seidenfabrik und Brauerei

 Auf dem Areal des National befand sich früher eine Seidenfabrik, daher der Name Maulbeerstrasse, der auf die Raupenzucht verweist. Ab 1792 wurde Bier gebraut - der Bierkeller unter der Strasse ist heute Weinkeller und stimmungsvolles Apérolokal. Das denkmalgeschützte Gebäude von 1908 verfügt über 47 Hotelzimmer, enthält das Kino Alhambra sowie die Shakira-Bar. Das National beschäftigt bis zu 40 Mitarbeiter - einige sind seit Jahrzehnten dabei.

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20 Minuten 11.5.10

National droht Schliessung - wegen Theater um Lärm

 BERN. Fällt im Theater National bald der letzte Vorhang? Wegen eines Lärmstreits droht dem traditionsreichen Berner Kulturtempel das Aus.

 "Ab sofort dürfen wir nur noch Veranstaltungen durchführen, die einen Lärmpegel von 87 Dezibel nicht überschreiten. Aber schon der Publikumsapplaus ist lauter", klagt Betriebsleiterin Esther Grünenwald Arango. Unter diesen Umständen sei der bald 100-jährige Traditionsbetrieb existentiell gefährdet. Vom Jazzfestival über Konzerte mit Stars wie Reamonn oder Stephan Eicher bis hin zu Parteiversammlungen haben im National unzählige Veranstaltungen stattgefunden.

 Der Bedarf für einen Saal mit über 700 Plätzen mitten im Herzen der Stadt ist besonders in Hinblick auf den bevorstehenden Kursaal-Umbau unumstritten. "Seit 1989 haben wir Probleme mit zwei Nachbarn", erklärt Grünenwald. Diese hätten einen Zwischenraum zum angrenzenden Gebäude ausgebaut, der als Lärmpuffer diente.

 Die National-Betreiber suchen nun das Gespräch mit den Anwohnern und ziehen gegen die Volkswirtschaftsdirektion vor Gericht. Diese stützt die vom Regierungsstatthalter verhängte Schallgrenze, betont aber, es sei weiterhin eine begrenzte Anzahl lauter Veranstaltungen möglich. Zudem könne man auf den Entscheid zurückkommen, falls bauliche Massnahmen ergriffen würden.  

Patrick Marbach

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STADTTAUBEN
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Bund 11.5.10

Noch immer keine Lösung für die "Stadttauben"

 Nach einer Attacke droht der Streit um die "Stadttauben" zu eskalieren. Doch eine Lösung für alternative Wohnformen hat die Stadt anscheinend noch immer nicht parat.

 Rahel Bucher

 Vergangenen Donnerstag wurde Martin Reist, der Präsident des Nordquartierleist Bümpliz, von einem Mitglied der mobilen Wohngruppe "Stadttauben" angegriffen. Damit geht der Konflikt um die Parzelle 313 in Bern-Brünnen weiter. Seit Sommer 2007 dauert der Streit zwischen Stadt Bern und Nordquartierleist nun schon an. Mit dem Zuzug der "Stadttauben" Mitte März hat er sich weiter verschärft und droht nun zu eskalieren.

 "Heute kurz nach dem Mittag wurde ich von einem Mitglied der Stadttauben brutal zusammengeschlagen. Hunde haben mir zudem blutige Bissverletzungen zugefügt." So beschreibt Reist den Angriff in einer E-Mail an die Gemeinderäte Alexander Tschäppät und Barbara Hayoz. Er beobachtete und fotografierte das Gelände der "Stadttauben". Gestern wollte er sich nicht zu dem Vorfall äussern - ebenso wenig die "Stadttauben". Auch die frühere Regierungsstatthalterin Regula Mader, die Ende März 2010 als Vermittlerin im Konflikt um die "Stadttauben" und das in Bern ungelöste Problem alternativer Wohngruppen eingesetzt wurde, konnte gestern zum Vorfall keine Stellung beziehen. Bereits bei Vertragsabschluss habe man vereinbart, dass die Stadt Auskunft gebe und nicht sie selbst, schreibt sie in einer Mail.

 Statt Mader meldete sich gestern Roland Meyer, Generalsekretär der Direktion für Finanzen, Personal und Informatik der Stadt Bern, knapp zu Wort: "Was die Klärung der Geschehnisse anbelangt, sind somit nun die Polizei und später eventuell die Justiz gefordert." Doch durch den Vorfall drängt sich die Frage in den Vordergrund, was mit den "Stadttauben" geschieht, wenn sie Ende Mai das Areal in Bümpliz verlassen müssen. Eine Lösung scheint bisher nicht gefunden. "Die Verhandlungen sind noch im Gang", sagt Meyer. Sobald konkrete Ergebnisse vorliegen, werde man informieren. Damit bleibt offen, wie die Gespräche zwischen Mader und den "Stadttauben" vorankommen. Im Zuge des Vorfalls wurde gegenüber Mader Kritik laut. Die FDP Stadt Bern wirft ihr vor, dass sie "klar Partei für die Stadttauben" beziehe. Daher sei sie nicht mehr tragbar. Auch zu diesen Vorwürfen sagen weder die Stadt noch Mader etwas.

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BZ 11.5.10

Spielt Mader Ermittlerin?

 Nach der Attacke eines "Stadttauben"-Mannes gerät die Vermittler-Rolle von Regula Mader in ein schiefes Licht.

 Ein fragwürdiger Auftrag: Letzte Woche "bat" der Berner Gemeinderat die Ex-Statthalterin Regula Mader darum, sich bei den "Stadttauben" in Bümpliz "ein Bild zu machen". Dies, nachdem einer der Besetzer den Leistpräsidenten Martin Reist attackiert hatte. Vor Ort sprach Mader mit dem Angeschuldigten, der die Vorwürfe halbherzig zurückwies. Mit dem Opfer sprach die vom Gemeinderat eingesetzte Vermittlerin indes nicht. Stattdessen rapportierte sie die Aussagen des Besetzers unhinterfragt - mit dem Vermerk, damit "eine gewisse Objektivität" sicherstellen zu wollen. Für das Opfer ist dies ein Affront: Mader mische sich in die Aufgabe von Polizei und Justiz ein.
 jsp/azu

 Seite 23

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"Stadttauben"-Besetzer in Bümpliz

 Mediatorin auf Abwegen

 Nach dem Übergriff eines "Stadttauben"-Aktivisten auf den Leistpräsidenten suchte die frühere Statthalterin Regula Mader im Auftrag des Gemeinderats das Gespräch mit dem Beschuldigten. Mit dem Opfer sprach sie nicht.

 Regula Mader ermittelt: Nachdem Martin Reist, Präsident des Nordquartierleists Bümpliz, am Donnerstag von einem Mitglied der Besetzergruppe "Stadttauben" zusammengeschlagen und von dessen Hund gebissen wurde, begab sich die ehemalige SP-Regierungsstatthalterin tags darauf zum "Tatort" und stellte den Angeschuldigten zur Rede (Ausgabe von gestern). Mader tat dies in offizieller Mission: Ende März wurde sie vom Gemeinderat mit einem "Verhandlungsmandat" beauftragt, nach einer "Lösung für mobile alternative Wohnformen" zu suchen. Laut Gemeinderätin Barbara Hayoz (FDP) wurde Mader darum am Freitag "gebeten, sich vor Ort ein Bild zu machen."

 Reists Ärger

 Trotzdem mutet Maders Besuch bei den "Stadttauben" in Bümpliz seltsam an: Reist hatte bereits am Donnerstag Anzeige erstattet, die Polizei hatte die Verletzungen protokolliert und fotografiert. Dies bestätigte Polizeisprecher Franz Märki am Freitag. Im Gespräch mit Mader bestritt der "Stadttauben"-Mann die Vorwürfe halbherzig: "Es könne sein, dass einer der Hunde in der Hektik der Situation geschnappt habe", gab Mader ihn wieder.

 Trotzdem schien sich Mader sicher, dass es sich bei dem Mann bloss um einen "angeblichen Schläger" handelt. So jedenfalls rapportierte sie seine Aussagen per Mail an Hayoz und Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) - mit dem pikanten Vermerk sie tue dies "um eine gewisse Objektivität (…) sicherzustellen" und dem reichlich naiven P.S., ihr gegenüber seien die Hunde friedlich geblieben. Dies brachte Reist auf die Palme, der das Mail zur Kenntnisnahme ebenfalls erhielt: Er antwortete Mader, es sei seines Erachtens nicht ihre Aufgabe, Objektivität in die Angelegenheit zu bringen, sondern jene von Polizei und Justiz.

 Bemerkenswert ist, dass es Mader nach dem Besuch bei den "Stadttauben" nicht für nötig hielt, mit Reist zu sprechen. Wieso sie das unterliess, bleibt ihr Geheimnis: Auch gestern wollte Mader nicht Stellung nehmen. Mit der Stadt habe sie vereinbart, dass diese kommuniziere.

 Für Barbara Hayoz ist es kein Problem, dass Mader nur mit einer Partei sprach: Für die Beurteilung der Geschehnisse vom letzten Donnerstag seien die Polizei und Justiz zuständig, teilt Hayoz in einer umständlichen Stellungnahme mit: "Hierzu läuft kein von der Stadt initiiertes Mediationsverfahren zwischen den ‹Stadttauben› und Herrn Reist."

 Maders Unterstellung

 Maders Bestrebungen nach "Objektivität" sind auch mit Blick auf die letzten Monate zu betrachten: Seit sich die "Stadttauben" im März in Brünnen niedergelassen haben, beantwortete Mader ausführliche Mails von Reist brüsk und knapp, wie dem Mailverkehr zu entnehmen ist, der dieser Zeitung vorliegt. In einer Mail warf sie Reist gar vor, er habe "Vorurteile" gegenüber den "Stadttauben". Reists Aufforderung, sich für diese Unterstellung zu entschuldigen, liess die ausgebildete Mediatorin unbeantwortet.

 Hayoz' Versprechen

 Reist will sich zum aktuellen Vorfall nicht mehr äussern, bis das Justizverfahren abgeschlossen ist. Er bekräftigt aber, dass er grundsätzlich nichts gegen die "Stadttauben" habe: "Es steht mir nicht zu, über verschiedene Wohnformen zu urteilen." Er störe sich vielmehr an der "Hinhaltetaktik" des Gemeinderats.

 Dazu sagt Barbara Hayoz: "Hauptziel des Mandats von Regula Mader war und ist es, dass die verschiedenen Gruppierungen, die in Wagen leben, (…) ab 1. Juni auf ein gemeinsames Gelände ziehen." Sie habe Reist bereits am Donnerstagabend per Mail versichert, dass die "Stadttauben" bis Ende Mai das Gelände in Reists Nachbarschaft verlassen müssen.
 
Jürg Spori  Adrian Zurbriggen

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 Vorgeschichte

 Leere Versprechungen

 Bereits seit Sommer 2007 lebt ein Aussteiger auf jener Parzelle an der Winterholzstrasse, welche die "Stadttauben" besetzt haben. Mehrfach hatte die Stadt den Anwohnern versprochen, dass der Mann die Parzelle verlassen werde, weil eine solche Nutzung nicht zonenkonform wäre. Heute, fast drei Jahre später ist der Mann immer noch dort. Leistpräsident Martin Reist befürchtet nun, dass auch die "Stadttauben" in seiner Nachbarschaft zum Providurium würden. Die Furcht ist nachvollziehbar: Als die "Stadttauben" im März ihren Standort in der Lorraine verlassen mussten, bot ihnen die Stadt auf dem Terrain von Wankdorf City eine Bleibe. Die "Stadttauben" foutierten sich - wohl aus Prinzip - um die Pläne der Stadt.
 azu

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fdp-stadtbern.ch 8.5.10

Gewalttätige Stadt-Tauben: Es reicht!
Stadt-Tauben nicht mehr tolerierbar - "Vermittlerin" Mader nicht mehr tragbar
 
Ein Mitglied der "alternativen" (vor allem aber: illegalen) Wohngruppe Stadt-"Tauben" schlägt einen Mann zusammen, er lässt sogar seine Hunde zubeissen. Offenbar fühlen sie sich in ihrer Illegalität sehr sicher. Deren gesetzeswidriges Tun ist endlich zu unterbinden.
Alt Regierungsstatthalterin Regula Mader (SP) bezieht - obwohl vom rot-grünen Gemeinderat als "Vermittlerin" eingesetzt - klar Partei für die Stadttauben. Sie ist nicht mehr tragbar.

Stadt-Tauben: Illegales Tun unterbinden

Die Stadt-"Tauben" machen ihrem Namen keine Ehre, Stadt-"Raben" wäre (eher) passender: Ein Mann, der ihr illegales Tun fotografierte, wird massiv attackiert und geschlagen, selbst Hunde beissen zu. Seit Jahren schaut der Gemeinderat ihrem widerrechtlichen Tun zu - offensichtlich fühlen sie sich durch den rot-grünen Gemeinderat so beschützt, dass sie glauben, weitere Schritte in die Illegalität unbehelligt tun zu dürfen. Der Gemeinderat muss endlich seiner Kernaufgabe nachkommen, und das Gesetz durchsetzen. Auch gegen seine Liebkinder. Solches Tun ist nicht mehr zu dulden.

Regula Mader nicht mehr tragbar

Vielleicht fühlen sich die Stadt-Tauben auch deshalb so sicher, weil sie "Vermittlerin" Regula Mader auf ihrer Seite wissen. In einer "Aktennotiz" (Beilage) an den Gemeinderat nimmt sie Stellung zum <<angeblichen "Schläger">>, mit dem sie gesprochen hat (mit dem Opfer offenbar nicht… man beachte die Zeitabfolge in den Beilagen). Die Aktennotiz strotzt nur so vor Parteilichkeit - und vor Naivität ("waren die beiden Hunde friedlich; einer hat gebellt…"). Frau Mader lässt jede Objektivität vermissen und erscheint als komplett befangen. Sie ist in dieser Angelegenheit als so genannte "Vermittlerin" unglaubwürdig nicht mehr tragbar. Es ist nicht das erste mal, dass sie als SP-Mitglied und verlängerter Arm des rot-grünen Gemeinderates - sozusagen als "sechstes Gemeinderatsmitglied" - dessen einseitige Politik unter-stützt (man denke an die "Plausibilisierung" Bericht Finanzinspektorat betr. Sozialhilfe über den Wahltermin hinaus um den Sitz von Parteikollegin Olibet zu retten oder im Zusammen-hang mit der Reitschule). Sie ist von dieser Aufgabe zu entbinden und auch in Zukunft nicht mehr vom Gemeinderat zu mandatieren.

Für Fragen steht zur Verfügung:
Philippe Müller, Fraktionschef, Mobile 079 466 96 34

Bern, 8.5.2010

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DEMO-RECHT
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bernerzeitung.ch 11.5.10

Linksgrüne Allianz kämpft gegen "Prügelpolizisten"

Ein Komitee aus Vertretern links-grüner Parteien und Organisationen kämpft gegen die Initiative, die ein härteres Vorgehen gegenüber gewalttätigen Demonstranten in der Stadt Bern fordert.

Das Komitee hält den sogenannten Entfernungsartikel für unsinnig und unnötig.Die Umsetzung dieses neuen Artikels wäre, wenn überhaupt, nur mit grossem Personalaufwand und massiver Gewalt möglich, teilte das Komitee am Dienstag mit. Ihm gehören verschiedene Parteien an (Grünes Bündnis, SP, JUSO, JA!, Grüne, PdA) sowie der Gewerkschaftsbund Stadt Bern und Umgebung und die Demokratischen Juristinnen und Juristen der Schweiz (DJS).

Die umstrittene Initiative, über die am 13. Juni abgestimmt wird, sieht eine Ergänzung des Stadtberner Kundgebungsreglements mit einem Entfernungsartikel vor. Demnach müssten sich Teilnehmer von einer Kundgebung entfernen, sobald die Polizei sie dazu auffordert. Wer trotzdem bleibt, dem drohen Bussen von bis zu 5000 Franken.

"Damit erhöht man nur den Druck auf die Polizei", sagte DJS- Vertreterin Catherine Weber vor den Medien in Bern. Die Polizisten müssten die neue Gesetzgebung anwenden, zumal sie daran gemessen würden. Da sie dazu relativ handgreiflich werden müssten, könnten sie zu "Prügelpolizisten" werden.

Die Polizei verfüge doch bereits über genügend Instrumente, um bei Demonstrationen eingreifen zu können, sagte SP-Stadträtin Corinne Mathieu. Ihres Erachtens ist die Strategie der Deeskalation der einzig gangbare Weg bei Kundgebungen.

Der Entfernungsartikel wäre nach Ansicht der Vertreter des überparteilichen Komitees ein einschneidender Eingriff in das Grundrecht der Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit. Das Problem mit gewälttätigen Demonstrierenden löse die Initiative auch nicht.

Die Initiative aus dem bürgerlichen Lager wurde im Mai 2008 mit über 5000 beglaubigten Unterschriften eingereicht. Bern war in den letzten Jahren immer wieder mal Schauplatz von Kundgebungen, die in Gewalttätigkeiten ausarteten. Das Fass zum Überlaufen brachten heftige Ausschreitungen im Oktober 2007 im Zusammenhang mit einer SVP-Kundgebung und einer Gegendemonstration.

Der Berner Gemeinderat befürwortet die Initiative, der Stadtrat hat sich dagegen ausgesprochen. (sda)

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KOKAIN
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20 Minuten 11.5.10

Experten warnen vor "dreckigem" Kokain

 Bern. Die ohnehin gefährliche Modedroge Kokain wird zum chemischen Giftcocktail: Inzwischen strecken Dealer die Droge mit Anti-Wurmmitteln oder Schmerzmitteln, die in Europa seit Jahrzehnten verboten sind. Bereits neun von zehn Kokainproben enthalten solche psychoaktiven Substanzen. Vor drei Jahren waren es noch vier von zehn. Experten warnen: Das gestreckte Kokain kann auch schwere Nierenschäden verursachen.

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Streckmittel im Kokain: Es droht ein Nierenkollaps

 ZÜRICH. Koksen ist so gefährlich wie noch nie: Heute wird das Pulver mit Anti-Wurmmittel und Schmerzmittel gestreckt - was die Gesundheit erheblich schädigen kann.

 Die Zeiten, in denen Kokain mit Puderzucker gestreckt wurde, sind längst vorbei. Heute stecken psychoaktive Substanzen wie das Anti-Wurmmittel Levamisol oder das Schmerzmittel Phenatecin im weissen Pulver - und davon nicht zu wenig. Eine Untersuchung des Pharmazeutischen Kontrolllabors des Kantons Bern hat ergeben, dass der Reinheitsgehalt von Kokain heute bei knapp 25 Prozent liegt. Noch vor wenigen Jahren waren es 60 Prozent. Tibor Rasovszky von der Arbeitsgemeinschaft für risikoarmen Umgang mit Drogen bestätigt, dass "im Vergleich zu früher miserable Ware im Umlauf" sei. Kokain mit einem HCI-Gehalt von 15 Prozent sei keine Seltenheit. "Jeder Zwischenhändler streckt das Kokain, um so mehr dazuzuverdienen", so Rasovszky. Bis zu zehnmal sei das Koks gestreckt, bis es schliesslich konsumiert werde - was erhebliche gesundheitliche Konsequenzen habe: "Durch das Streckmittel Phenacetin hat schon so mancher seine Niere verloren", sagt Hans-Jörg Helmlin vom Pharmazeutischen Kontrolllabor Bern. Ausserdem werde vermutet, dass der Stoff Krebs verursache. Levamisol dagegen verändere das Blutbild und schwäche das Immunsystem. "Das macht die Konsumenten klar anfälliger auf Infektionskrankheiten."

 Wer trotz dieser zusätzlichen Risiken nicht auf Koks verzichten will oder kann, dem rät Alexander Bücheli von der Jugendberatung Streetwork, den Stoff vor dem Konsum untersuchen zu lassen.  

Nora Camenisch/Désirée Pomper

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 Konsumenten für Studie gesucht

 ZÜRICH. Die Psychiatrische Universitätsklinik Zürich sucht für eine Studie zu den möglichen Folgen des Kokainkonsums Teilnehmer, die gelegentlich oder regelmässig Kokain konsumieren. Gesucht werden 80 Gelegenheitskonsumenten und 40 abhängige Kokainkonsumenten zwischen 18 und 60 Jahren. "Wir wollen untersuchen, ob Kokainkonsumenten längerfristig Veränderungen ihrer sozialen kognitiven Fähigkeiten aufweisen", so Studienleiter Boris Quednow. Kokain stehe im Verdacht, die Planungsfähigkeit und emotionale Verarbeitung zu beeinträchtigen. Tel: 044 384 27 57.

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ZIVILCOURAGE
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Bund 11.5.10

Zivilcourage setzt Zeichen für das Zusammenleben

 Eltern gehen brenzlige Situationen im öffentlichen Raum an: Nicht wegsehen will gelernt sein.

 Felicie Notter

 Jugendliche, die im Zug ihre Füsse auf die Sitzbank legen, laut Musik hören, rauchen. Menschen, die auf der Strasse rumpöbeln. Solche Situationen machen viele Menschen ratlos: Hier werden gesellschaftliche Normen verletzt oder gar handfeste Regeln gebrochen. Doch wer einschreitet, riskiert, sich selber in eine missliche Situation zu bringen. Die Rede ist von der Zivilcourage, dem bürgerlichen Mut, die Werte einer Gesellschaft beherzt zu vertreten.

 Menschenwürde statt Vorurteile

 Diesen Mut will das Netzwerk Elterncommitment Niederscherli und Umgebung fördern. "Niederscherli hat seine Geschichte mit Vandalismus", sagt ein Vater aus Mittelhäusern. "Nun werden die eigenen Kinder gross und kommen in Niederscherli in die Oberstufe. Sie treten plötzlich bandenartig auf und bieten uns Erwachsenen Paroli." In einem Dorf zu leben, sieht er als "Chance gegen die Anonymität": Die vernetzten Eltern wollen hinschauen, wenn die heranwachsenden Jugendlichen Regeln brechen - und couragiert für ihre Werte eintreten.

 Der Kurs "Zivilcourage", den das Elterncommitment für diesen Montagabend im Kirchgemeindehaus organisiert hat, wird durchgeführt vom Projekt "gggfon - gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus". Kursleiter und Sozialarbeiter Giorgio Andreoli stellt gleich zu Beginn klar: "Es geht nicht darum, den Helden zu spielen." Vielmehr sollen die Teilnehmenden lernen, in brenzligen Situationen mögliche Handlungsalternativen abzuwägen und dabei auf die eigene Stimmung zu achten.

 Jetzt geht es aber erst einmal um Begriffe wie Menschenrechte, Diskriminierung und Gewalt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen etwa, dass Vorurteile in den ersten sieben Sekunden entstehen - und zu 55 Prozent allein auf der äusseren Erscheinung basieren. Oder dass es nur eine Menschenrasse gibt: 99 Prozent der Gene aller Ethnien sind identisch. Und sie diskutieren, dass man das "unangepasste" Verhalten zum Beispiel eines Ausländers zwar ablehnen könne, dabei jedoch nicht auf die gesamte Gruppe schliessen dürfe. "Man muss immer den Einzelfall betrachten", fasst Andreoli zusammen. Für ihn ist Zivilcourage durch gesellschaftliche Grundwerte begründbar: "Es ist ein demokratisches Mittel, für die Menschenrechte und die Würde des Einzelnen einzustehen", sagt er. Damit holt er im ersten Kursteil weit aus - doch löst er damit erfolgreich eine angeregte Diskussion aus. Mit verschiedenen didaktischen Mitteln machen er und Praktikantin Regula Schwarz die Phänomene greifbar: Auf dem imaginären "Gewaltbarometer" etwa positionieren sich die Teilnehmenden je nach empfundenem Gewalt-Ausmass in einer Geschichte - eine sehr subjektive Angelegenheit, wie sich zeigt.

 Von der Möglichkeit, sich über gemachte Erfahrungen auszutauschen, wird an dem Abend rege Gebrauch gemacht. Das Thema macht betroffen. Auch für gestandene Männer und Frauen scheint es eine echte Herausforderung zu sein: So erzählt eine Mutter, wie sie sich mehrmals bei Jugendlichen eingemischt hatte, die drinnen rauchten. "Am Schluss hatte ich jedoch immer ‹ds Zwöi am Rügge›", sagt sie. Andere berichten über Erlebnisse, in denen Personen bedrängt wurden. Solche Situationen werden nun in der Gruppe beraten, alternative Reaktionen diskutiert und im Rollenspiel geübt.

 Stopp sagen, bevor es zu spät ist

 "Die erste Tat ist nicht der Raubüberfall", zitiert Andreoli den Integrationsspezialisten Thomas Kessler. Es gehe darum, frühzeitig Grenzen zu setzen, damit es gar nicht erst zum Verbrechen komme. Deshalb stehen auch keine schwerwiegenden Situationen im Zentrum, in denen manifeste Gewalt angewendet wird. "Im Alltag wirken ähnliche Mechanismen wie in gewalttätigen Auseinandersetzungen", erklärt Andreoli. Fragen nach konkreten Verhaltenstipps verlängern den Abend über die Kurszeit hinaus. Andreoli versucht, dem offenbar akuten Bedürfnis nach Hilfestellung gerecht zu werden. Sein "Geheimtipp": Die Beteiligten persönlich ansprechen, sich vorstellen, ihnen die Hand reichen. Trotzdem: "Wird die Situation zu gefährlich, muss man Hilfe holen oder die Polizei rufen."

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 Zur Sache

 Die Psychologie hinter dem Helfen

 Grenzen werden überschritten - und die Leute schauen weg. Ein typisches Phänomen unserer Zeit?

 Jörg Hupfeld-Heinemann: Genau wissen wir das nicht. Tatsächlich haben M oralforscher aber herausgefunden, dass die individuellen Freiheiten immer stärker betont werden.

 Wir werden immer egoistischer?

 Jein. Aber die Norm des Eigennutzes ist allgemein anerkannt: Hilft einer nicht, weil es ihm schaden könnte, erfährt er dafür mehr Verständnis als früher. Greift jemand ein, finden das zwar alle toll. Oft fehlen aber echte Anerkennung und Unterstützung dieser Person, die möglicherweise Schaden auf sich nimmt. Da ist die Gesellschaft als Ganzes gefordert, samt ihren Institutionen.

 Studien zeigen, dass wir oft nicht einmal einschreiten, wenn mitten auf der Strasse jemand angegriffen wird. Was geht in uns vor?

 So banal es klingt, als Erstes muss ich ein Ereignis überhaupt wahrnehmen. Das ist weniger wahrscheinlich, wenn ich abgelenkt bin. Darum wird in grösseren Städten seltener geholfen: Das liegt weniger an den "Städtern", sondern an der Reizüberflutung, beispielsweise durch den Verkehr.

 Und wenn ich es sehe?

 Dann stellt sich zweitens die Frage, ob ich die Notsituation als solche erkenne. Hier orientiert man sich oft am Verhalten der anderen Anwesenden. Das Problem ist nur: Wenn jeder bloss verstohlen zum anderen schielt, begreift niemand die Notlage. Dieses Phänomen nennt man pluralistische Ignoranz.

 Manchmal ist aber klar: Da ge schieht Unrecht. Helfe ich dann?

 Hier kommt die Frage der Verantwortung ins Spiel - und die verhält sich gerade umgekehrt, als man es erwarten könnte: Je mehr Personen anwesend sind, desto weniger fühlt sich der Einzelne angesprochen. Die Verantwortung "verteilt" sich auf alle Anwesenden. Jedoch hilft es, schon nur um diese Phänomene zu wissen.

 Die Situation könnte gefährlich sein.

 Es geht nicht darum, Superman zu spielen. Dinge, die zu einer Eskalation oder Selbstgefährdung führen könnten, sind zu vermeiden. Man soll ruhig bleiben und keine Drohungen aussprechen. Verhalten kritisieren, nicht Personen. Aber man muss sich trauen, es laut und deutlich zu sagen - auch das kann man lernen.

 Was kann ich sonst noch tun?

 Man sollte sich Verbündete schaffen, und zwar bevor man handelt. Wenn das nicht funktioniert: schreien. Manche Leute fangen einfach an zu kreischen, um die Täter vom Opfer abzulenken - da gibt es viele mögliche Tricks. (fen)

 PD Dr. Jörg Hupfeld doziert Sozial- und Rechtspsychologie an der Uni Bern.

http://www.gggfon.ch

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PAPIERLOS
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papierlosenzeitung.ch 6.5.10

Erste Ausgabe ist erschienen

06. Mai 2010 von admin · Keine Kommentare · Texte

Die erste Ausgabe der Papierlosen Zeitung ist gedruckt! Die ersten 3′000 Exemplare sind bereits verteilt, wer die Zeitung abonniert hat, bekommt sie in den nächsten Tagen per Post zugeschickt.

Weitere Exemplare können kostenlos bei uns bestellt werden. Um die Druckkosten zu decken, sind wir dringend auf Spenden angewiesen.

Und hier ist sie:

Papierlose Zeitung 1/2010 (pdf)
http://papierlosezeitung.ch/wp-content/uploads/papierlose_zeitung_1_web.pdf

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Abos: http://papierlosezeitung.ch/?page_id=1130
Spenden: http://papierlosezeitung.ch/?page_id=1132

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1. MAI ZUREICH
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Tagesanzeiger 11.5.10

720 000 Franken für den Einsatz am 1. Mai

Schweiz. Depeschenagentur

 Zürich - Jetzt liegt die offizielle Rechnung für den Grosseinsatz der Zürcher Stadtpolizei am Tag der Arbeit vor. Man habe alle Kosten zusammengetragen und sei auf rund 720 000 Franken gekommen, sagte Sprecher Marco Cortesi gestern im "Regionaljournal" von Schweizer Radio DRS. Der Betrag falle damit ähnlich hoch aus wie in den Vorjahren. Nicht inbegriffen sind laut Cortesi die Kosten der Kantonspolizei. Im Anschluss an den offiziellen Teil hatten sich auch diesmal gewalttätige Randalierer ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei geliefert. Der zuständige Stadtrat Andres Türler hatte am 1. Mai vor den Medien betont, das "unmissverständliche und disziplinierte Durchgreifen der Polizeikräfte" habe grössere Ausschreitungen und Sachbeschädigungen verhindert. Insgesamt waren bei den Ausschreitungen 353 Personen festgenommen und später grösstenteils weggewiesen worden. (SDA)

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NZZ 11.5.10

Krawalle am 1. Mai

Polizei-Einsatz kostet 720 000 Fr.

 (sda) ⋅ Der Einsatz der Zürcher Stadtpolizei bei den Ausschreitungen am diesjährigen 1. Mai kostet 720 000 Franken. Im Anschluss an den offiziellen Teil hatten sich auch in diesem Jahr gewalttätige Randalierer ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei geliefert. Man habe nun alle Kosten zusammengetragen und sei auf einen Betrag von rund 720 000 Franken gekommen, sagte Marco Cortesi, Medienchef der Stadtpolizei Zürich, am Montagabend im "Regionaljournal Zürich-Schaffhausen" von Schweizer Radio DRS. Der Betrag sei ähnlich hoch wie in den Vorjahren. Nicht inbegriffen sind gemäss Cortesi die Kosten der Zürcher Kantonspolizei.

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Zürichsee-Zeitung 11.5.10

1. Mai

Polizei-Einsatz kostet 720 000 Franken

 Der Einsatz der Zürcher Stadtpolizei bei den Ausschreitungen am diesjährigen 1. Mai kostet 720 000 Franken. Im Anschluss an den offiziellen Teil hatten sich auch in diesem Jahr gewalttätige Randalierer ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei geliefert. Der Betrag sei ähnlich hoch wie in den Vorjahren, sagte Marco Cortesi, Sprecher der Stadtpolizei Zürich, am Montagabend im "Regionaljournal Zürich-Schaffhausen" von Schweizer Radio DRS. (sda)

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PATINNEN
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NLZ 11.5.10

Bahnhof Luzern

 Jetzt sorgen Paten für mehr Sicherheit

Von Stefan Roschi

 Die Bahnhofpaten sind nun auch in Luzern im Einsatz, zum Schlichten und Helfen. Ihr Einsatzgebiet endet beim letzten Tritt der Rolltreppe.

 Luzern ist seit gestern der elfte Schweizer Bahnhof, in dem Bahnhofpaten zum Einsatz kommen. Vier Frauen und neun Männer patrouillieren jeweils in Zweierteams durchs Gebäude und sollen so Vandalismus und Littering vermindern. Ihre Aufgaben umfassen diese Punkte:

 • Die Leute auf geltende Regeln aufmerksam machen.

 • Auskünfte betreffend Wegbeschreibung und Fahrpläne geben und Hilfe leisten, wenns ums Einsteigen oder ums Bedienen der Billettautomaten geht.

 • Schlichten von Streitigkeiten zwischen Reisenden oder Jugendlichen.

 Das Besondere dabei: Die Paten verrichten ihre Arbeit freiwillig und unentgeltlich im Rahmen des SBB-Projekts RailFair.

 Keine Hilfssheriffs

 Die 13 Paten sind sechs Tage lang geschult worden - unter anderem vom Roten Kreuz und der Luzerner SIP (Sicherheit, Intervention, Prävention). Die SIP erfüllt fast die gleichen Aufgaben wie die Paten - jedoch ausserhalb des Bahnhofs. Laut SIP-Bereichsleiter Anton Häfliger sind die Kompetenzbereiche klar: "Bis zum obersten Tritt der Rolltreppen sind die Paten zuständig, danach übernehmen wir." Die Bahnhofpaten tragen keine Waffen und sollen keine Hilfssheriffs sein, wie Daniel Dorier, Leiter Prävention und Partnerschaften bei den SBB, sagt. "Sobald Worte nicht mehr helfen, ziehen sie sich zurück und informieren die Polizei oder den SBB-Objektschutz." Von den bisherigen Einsatzorten gibt es keine konkreten Zahlen, inwiefern Littering oder Vandalenakte dort zurückgegangen sind. Dennoch ist Dorier von der Wirkung der Bahnhofpaten überzeugt: "Die Erfahrung zeigt, dass die Präsenz alleine die halbe Miete ist." Nach Möglichkeiten patrouillieren die Paten mindestens ein mal täglich zwischen 7 und 23 Uhr.

 "Etwas zurückgeben"

 Was sind das für Leute, die in Fronarbeit den Bahnhof sicherer machen wollen? Leute wie Dragan Radulovic oder Marie-Louise Albrecht, die gestern zum ersten Mal auf ihren Rundgang gegangen sind. "Ich wohne schon 20 Jahre in dieser Stadt und möchte ihr etwas zurückgeben", sagt Radulovic, der in der Papierfabrik Perlen arbeitet und dank dem Schichtbetrieb Zeit für die Patenarbeit findet. Marie-Louise Albrecht dagegen hat 30 Jahre im Gastrobereich gearbeitet. "Jetzt, nach meiner Pensionierung, ist diese Arbeit perfekt", sagt sie. Ihre Französisch- und Englischkenntnisse könne sie gebrauchen. Und überhaupt, die Arbeit mit Menschen, das gefalle ihr. "Ich mache das so gerne, da ist der Verdienst sekundär."

 Für Polizei ist es "heikel"

 Kritisch hat sich die Luzerner Polizei zum Projekt geäussert. Es sei heikel, wenn Zivilpersonen Sicherheitsaufgaben wahrnehmen wollten, sagte im Dezember der damalige Kommandant der Stadtpolizei, Ernst Röthlisberger. Gestern war Beat Hensler, Kommandant der fusionierten Luzerner Polizei, nicht erreichbar.

 Hinweis: Mehr Infos auf: www.railfair.ch

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20 Minuten 11.5.10

"Paten" helfen im Luzerner Bahnhof

 LUZERN. Seit gestern patrouillieren in Luzern sogenannte Bahnhof-Paten. Unter dem Motto "Hin- statt wegschauen" übernehmen die 13 freiwilligen Helfer präventive Aufgaben: Sie machen auf die Bahnhofsregeln aufmerksam, geben Auskünfte und schlichten Streitigkeiten. Das sei dringend nötig, sagt Daniel Dorier von der SBB: "Gesellschaftliche Trends wie Littering, Vandalismus und abnehmende Zivilcourage machen auch vor Bahnhöfen nicht halt."

 Bahnhof-Patin Marie-Louise Albrecht (67) weiss das. Daher übernimmt sie lieber Morgenschichten. "Am Abend würde ich mich nicht wohl fühlen", sagte die Patin gestern während ihrer ersten Schicht. Die Bahnhof-Paten wurden von den SBB, der städtischen SIP und dem Roten Kreuz ausgebildet. Sie arbeiten als Zweierteams in Drei-Stunden-Schichten. Die Testphase dauert ein Jahr.  mer

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SQUAT AG
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Aargauer Zeitung 11.5.10

Hausbesetzung war von kurzer Dauer

 Fristgemäss räumten die Aktivisten das besetzte Haus in Aarau

 Marco Wölfli

 Abgesehen vom immerwährenden Verkehrslärm ist an der Buchserstrasse 60/62 wieder Ruhe eingekehrt. Die Aktivisten aus der linken Szene hatten das Gebäude am Freitagabend besetzt (der "Sonntag" berichtete). Das Kantonsspital, das als Mieter der Liegenschaft fungiert, hat den Besetzern am Samstag eine Frist bis Sonntag um Mitternacht eingeräumt. Ansonsten hätte eine polizeiliche Räumung gedroht. Die anonymen Besetzer verliessen das Haus fristgerecht und äusserten sich gestern in einem offenen Brief dazu: "Wir haben uns entschieden, das Haus fristgerecht und aufgeräumt zu verlassen."

 Besetzer hinterliessen wenig Spuren

 Ein Augenschein am Montag bestätigt dies. Die Umgebung des Hauses ist sauber und intakt. Einzig eine kaputte Fensterscheibe, durch die sich die Linksautonomen Zutritt verschafften, zeugt von der kurzen Besetzung. Während ihres "Besuches" verhielten sich die Aktivisten unauffällig. Das sagt auch Susanne Schürch, Wirtin im angrenzenden Restaurant Bavaria. "Am Samstagabend liefen Leute mit Taschenlampen ums Haus herum. Und die Polizei kam vorbei. Doch es blieb stets ruhig."

 Hintergrund der Besetzung war der Mitwirkungstag der Stadt Aarau am Samstag (AZ von gestern). Die Besetzer wollten im Haus an der Buchserstrasse einen Freiraum für sich schaffen. Diesen definieren die Aktivisten folgendermassen: "Wir wollen einen günstigen Wohnort und die Umsetzung von persönlichen Ideen in Werkstätten oder Ateliers."

 Wird das Haus legal zum "Freiraum"?

 Obwohl die Hausbesetzung nun vorüber ist, haben die jungen Aktivisten ihre Hoffnung auf das Haus noch nicht begraben. "Gerne würden wir mit dem Kantonsspital einen Zwischennutzungsvertrag ausarbeiten." Sie betonen auch, dass sie bereit wären, mit den Verantwortlichen des Kantonsspitals (KSA) ein persönliches Gespräch zu führen. Dazu wollte Martin Häusermann, Betriebsleiter des Kantonsspitals, gestern keine Stellung nehmen. Er teilte nur mit, dass das KSA sich zuerst mit den Immobilien Aargau, dem Eigentümer der Liegenschaft, absprechen müsse.

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FACEBOOK
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20 Minuten 11.5.10

Facebook: Schon wieder eine Sicherheitslücke

 Die Social-Community stand in letzter Zeit wegen zahlreicher Datenlecks in den Schlagzeilen. Nun wurde auch noch Beschwerde gegen die Betreiber eingereicht.

 Erst letzte Woche musste Facebook wegen einer Sicherheitslücke kurzfristig ihren Chat vom Netz nehmen (20 Minuten Online berichtete). Kaum wurde das Leck gestopft, hat sich auch schon die nächste Lücke aufgetan. Anhand der Kommentare in der Statusleiste und der verschickten Nachrichten liessen sich Rückschlüsse auf die IP-Adresse ziehen, berichtet das IT-Newsportal Heise.de. Unter Umständen lässt sich diese einer Person zuordnen. Die notwendigen Informationen konnten aus dem Header des E-Mails herausgelesen und mittels eines sogenannten Tracers in die IP umgewandelt werden. Der Fehler wurde inzwischen behoben.

 Bei der US-Handelsbehörde FTC wurde Beschwerde gegen die Betreiber der Social Community eingereicht. Darin wird Facebook vorgeworfen, unfaire und betrügerische Geschäftspraktiken anzuwenden. Die von Facebook eingeführten Datenschutz-Anpassungen erlauben es, dass Daten an Drittanbieter weitergegeben werden, ohne dass die User im Vorfeld ihr Einverständnis geben müssen. Laut den Beschwerdeführern ein klarer Verstoss gegen das US-Handelsrecht. Kritik von Datenschützern könnte demnächst auch Facebooks Ankündigung ernten, dass über die API erhaltene Userdaten von Dritten nun nicht mehr nur 24 Stunden, sondern ohne Zeitbeschränkung gespeichert werden dürfen.  mbu

 Nehmen Sie teil an der grossen Trend-Umfrage zu Facebook auf

http://www.privatsphaere.20min.ch

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BIG  BROTHER DNA
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NZZ 11.5.10

DNA ersetzt kriminalistischen Spürsinn nicht

Erfahrungen in Polizisten-, Anwalts- und Datenschutzkreisen mit der zehnjährigen Schweizer DNA-Datenbank

 Weit über 100 000 Profile sind heute in der nationalen DNA-Datenbank gespeichert. Die Technik hat sich als Meilenstein der Kriminalistik entpuppt. Doch bei allem Eifer, DNA-Spuren zu sichern: Ein Wundermittel ist die Datenbank nicht.

Rebekka Haefeli

 Im November 1997 sah sich die Berner Kantonspolizei mit einem Rätsel konfrontiert. In einem Wald in der Nähe der Bundesstadt war eine Leiche gefunden worden. Bald schon war klar: Es handelte sich um ein Tötungsdelikt, und das Opfer war eine Prostituierte, doch vom Täter fehlte jede Spur. Mitarbeiter des Kriminaltechnischen Dienstes sicherten am Fundort der Leiche zahllose Spuren, darunter mehrere Zigarettenstummel.

 Überraschender Durchbruch

 Bereits 1997 kannte die Kriminalistik das Mittel des DNA-Profil-Vergleichs; die nationale Datenbank allerdings wurde erst im Jahr 2000 probeweise in Betrieb genommen. "Fallbezogen wurden bereits zuvor DNA-Profile angefertigt und später in die Datenbank eingespeist", sagt Christian Zingg, Chef des Kriminaltechnischen Dienstes der Kantonspolizei Bern. Nach dem Leichenfund im Wald hatte man DNA-Spuren an Zigarettenstummeln gesichert, und diese führten im Jahr 2003 zum entscheidenden Durchbruch: Die Polizei ermittelte gegen ein im Kanton Bern wohnhaftes Ehepaar wegen Betrugs und Internet-Pornografie; die beiden betrieben auch eine obskure Website. Im Rahmen dieser Ermittlungen wurden die beiden Personen erkennungsdienstlich behandelt. Das heisst, man registrierte wegen Verdachts auf ein Verbrechen oder Vergehen ihre Fingerabdrücke, ihre DNA und ihr Foto.

 Beim Suchlauf in der nationalen DNA-Datenbank gab es dann tatsächlich eine Übereinstimmung, einen sogenannten Hit: Spuren an Zigarettenstummeln stimmten mit der DNA der Frau und des Mannes überein. Unter dem Druck der Beweise gestanden die beiden, die Tat gemeinsam begangen zu haben. Sie wurden vor Gericht gestellt und verurteilt.

 Das Beispiel zeigt für Christian Zingg, wie wertvoll DNA-Spuren auch Jahre nach einer Tat noch sein können. Nützlich seien diese unter Umständen nicht nur, um Täter zu überführen, sondern ebenso, um Verdächtige auszuschliessen oder Tatabläufe zu rekonstruieren. Bei der Mehrheit der Tötungsdelikte sei der Täter rasch bekannt, wogegen die Umstände länger im Dunkeln blieben. Ob ein Täter seinem Opfer aufgelauert, in Notwehr gehandelt oder noch zugeschlagen habe, als das Opfer bereits am Boden lag, sei oft unklar. DNA-Spuren könnten Antworten liefern - aber auch konventionelle Beweismittel wie Schuhabdrücke, Blut- oder Schleifspuren seien wichtige Hinweise. "Persönlich habe ich das Gefühl, dass sich die DNA-Euphorie langsam wieder legt", sagt Zingg. DNA-Spuren hätten heute einen hohen Stellenwert; ein Allerweltsmittel seien sie jedoch nicht.

 "Die Erfahrung des Kriminaltechnikers und sein Spürsinn sind heute wichtiger denn je", betont auch Marcel Seiler, Kantonspolizist und Abteilungsleiter am Forensischen Institut Zürich. "Der Polizist muss sich gedanklich in die Situation des Täters versetzen können: Wo hat beispielsweise der Einbrecher gewartet? Wo ist er eingedrungen, und hat er sich dabei verletzt, so dass es eine Blutspur gab? Welche Werkzeuge hat er benutzt, und was hat er berührt?" Würden keine gut geschulten Kriminaltechniker mit dem "Sinn fürs Wesentliche" eingesetzt, sei das Resultat eine Flut von DNA-Spuren. Deren Auswertung sei aufwendig, weil sich Ermittlungen in die Länge zögen, und teuer. Ein Wangenschleimhaut-Abstrich, mit dem die DNA erhoben wird, kostet heute knapp 200 Franken, eine Spurenauswertung kommt auf rund 450 Franken zu stehen.

 Dank Spurenvergleichen und entsprechenden "Hits" in der Datenbank können ganze Verbrecherkarrieren abgebildet werden. So erzählt Seiler von einem Serieneinbrecher, der ab 2001 zahlreiche Einbrüche in Wohnungen im Kanton Zürich verübte. Mehrere Jahre lang blieb er unbehelligt, bis er 2006 in Nyon in eine Personenkontrolle geriet. Weil er mutmassliches Deliktsgut bei sich hatte, wurde er verhaftet und erkennungsdienstlich behandelt. Bevor allerdings nach etwa einer Woche die Auswertung des Wangenschleimhaut-Abstrichs vorlag, musste man den Verdächtigen wieder laufen lassen, da zu wenig gegen ihn vorlag. Der Ausländer wurde sogar ausgeschafft, kehrte jedoch bald in die Schweiz zurück. Da der Suchlauf in der DNA-Datenbank diverse Übereinstimmungen seines Profils mit Spuren ergab, die man an den Einbruchs-Tatorten gefunden hatte, wurde die Fahndung ausgelöst. Zwei Monate später konnte er in Zürich verhaftet werden, worauf ihm 34 Einbruchdiebstähle nachgewiesen wurden.

 Kritik nicht ganz verstummt

 Die Skepsis gegenüber der nationalen DNA-Datenbank war gross, als sie vor zehn Jahren versuchsweise in Betrieb genommen wurde. Kritiker warnten vor dem "gläsernen Menschen", vor mangelndem Datenschutz und davor, dass auch das DNA-Profil von Verdächtigen bei Bagatelldelikten auf ewig in der Datenbank gespeichert werden könnte. Diese Befürchtungen haben sich - darin sind sich weite Kreise einig - bis heute nicht bewahrheitet.

 Der gesetzliche Rahmen für die Erfassung von DNA-Profilen ist relativ breit. Das eidgenössische DNA-Gesetz sieht vor, dass Profile von "Personen, die als Täter oder Teilnehmer eines Verbrechens oder Vergehens verdächtigt werden", ins System aufgenommen werden dürfen. Hingegen müssen die Profile auch von Amtes wegen wieder gelöscht werden, sobald eine Person "als Täter ausgeschlossen werden kann". Mit dieser Regelung gab es bis jetzt offenbar kaum Probleme. Der eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür jedenfalls stellt fest, Missbräuche seien ihm bisher nicht zu Ohren gekommen. Für ihn gebe es derzeit keinen Grund, die Datenbank in Frage zu stellen.

 Der Zürcher Rechtsanwalt Marcel Bosonnet, ein Kritiker der ersten Stunde, beobachtet genau, was mit der Datensammlung geschieht. In der Praxis, sagt er, würden heute bei praktisch jedem Tatverdacht Fingerabdrücke und DNA-Profile erhoben. Bosonnet fragt sich, ob Seriosität und Verhältnismässigkeit immer gewährleistet sind. "Die DNA-Abnahme erfolgt oft nicht nur zur Aufklärung eines Deliktes, sondern hat vielmehr den Zweck, für die Zukunft ein möglichst grosses DNA-Archiv anzulegen." Gelegentlich werde Druck aufgesetzt, um eine Einwilligung für den Wangenschleimhaut-Abstrich zu erzwingen, sagt er. Grundsätzlich hätten Verdächtige das Recht, den Abstrich bei der Polizei zu verweigern.

 Handschuhe verbreitet

 Die Verbrecherwelt stellt sich auf neue Ermittlungsmethoden wie die Spurensuche mit DNA-Profilen ein. So ist die Verwendung von Handschuhen weit verbreitet. Doch Christian Zingg vom Kriminaltechnischen Dienst in Bern betont: "Jeder Täter hinterlässt Spuren."

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 Die Datenbank wächst weiter

 ekk. ⋅ Die nationale DNA-Datenbank gibt es seit zehn Jahren. 2005 wurde die Verordnung, die dem fünfjährigen Probebetrieb zugrunde lag, durch das eidgenössische DNA-Profil-Gesetz abgelöst. Die Datenbank wird von der Koordinationsstelle des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich im Auftrag des Bundes betrieben. Gegenwärtig werden DNA-Spuren und Wangenschleimhaut-Abstriche von sechs Instituten für Rechtsmedizin in Genf, Lausanne, Bern, Basel, Zürich und St. Gallen analysiert. Das DNA-Profil, ein Buchstaben-Zahlen-Code, wird dann in die nationale Datenbank eingespeist. Ergibt sich beim Suchlauf, das heisst beim Vergleich von DNA-Profilen, eine Übereinstimmung, spricht man von einem "Hit". Die anonymisierten DNA-Profil-Daten und die Personendaten werden in zwei Datenbanken strikt getrennt geführt. Erst bei einem "Hit" erfolgt der Zugriff auf die Personendaten durch das Bundesamt für Polizei (Fedpol). Diese Information wird dann der zuständigen Polizeibehörde zugestellt. Anfang 2010 waren in der DNA-Datenbank fast 115 000 Personen- und rund 26 000 Spuren-Profile gespeichert, wie Axel Glaeser, der zuständige Abteilungsleiter beim Fedpol, sagt. Fünf Jahre zuvor waren es etwas über 53 000 Personen- und 8500 Spuren-Profile gewesen.

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BIG BROTHER SPORT
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St. Galler Tagblatt 11.5.10

Keine Polizei in der AFG Arena

 St. Gallen. Bei der Umsetzung der Mustervereinbarung der Polizeidirektorenkonferenz wollen die Stadt und der FC St. Gallen eine Empfehlung nicht befolgen: Es sollen keine zivilen Polizisten in die Fanblöcke geschleust werden. Stadtrat Nino Cozzio plant jedoch, die Bestimmungen für Spielbewilligung und Kostenbeteiligung ins Polizeireglement aufzunehmen. Der Verein müsste somit weiterhin 60 Prozent der Sicherheitskosten übernehmen. "Aber wir wollen auch, dass es den FC weiter gibt", sagt Cozzio. (th)

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Die Polizei bleibt draussen

Die Mustervereinbarung zwischen Polizeidirektorenkonferenz und Fussballverband zwingt Vereine und Behörden zur Zusammenarbeit. In St. Gallen sollen die Bewilligung für Spielbetrieb und die Kostenbeteiligung reglementiert werden.

Fredi Kurth

 Michael Hüppi, der Präsident der FC St. Gallen AG, gilt als Hardliner, seit der Verwaltungsrat für die AFG-Arena ein Choreographie-Verbot ausgesprochen hat. Und er sagt: "Ich habe diesen Entscheid noch keine Minute bereut." Für ihn steht fest, dass die zahlreichen Pyros, die in diesem Frühjahr im Espenblock gezündet worden sind, gleichzeitig mit den Choreographie-Installationen ins Stadion gebracht worden waren: "Ich sage nicht, dass es die gleichen Leute sind, aber einige Mitläufer haben die Gelegenheit benützt."

 Hüppi für Fans, gegen Rowdys

 Hüppis Image aufgrund dieser Konsequenz entspricht kaum den Tatsachen. Denn er ist gegenüber repressiven Massnahmen eher skeptisch eingestellt. Keine Spur von eiserner Hand. "Wer sich nicht an die Vorschriften hält, muss bestraft werden, das ist klar", sagt er, "aber bei einigen Massnahmen der Mustervereinbarung bin ich der Auffassung, dass sie bloss viel kosten."

 Sollte das, was diese Vereinbarung empfiehlt, wirklich umgesetzt werden, würde es von den lokalen Behörden noch einiger Überredungskünste bedürfen. Stadtrat Nino Cozzio, Direktor für Soziales und Sicherheit, hat indes Verständnis für Hüppis Haltung: "Die Auflagen für die Vereine sind erheblich, präzise und kosten einiges." Andererseits seien in St. Gallen einige Massnahmen schon umgesetzt, zum Beispiel, dass Clubs und Behörden ein Sicherheitskonzept erarbeiten.

 Momentan kein Thema sei, Polizei als fixe Eingreifgruppe im Stadion einzusetzen. "Sie sorgt ausserhalb der Arena für Ordnung und erscheint im Stadion nur bei aussergewöhnlichen Vorfällen. Diese Regelung galt aber schon bisher. So wie die Polizei eingreift, wenn es an der Olma mal zu Turbulenzen kommt."

 Was Cozzio anstrebt, auch in Anbetracht eines SVP-Postulats: Bewilligungsverfahren und Kostenbeteiligung des Vereins sollen nicht bloss vertraglich, sondern im Polizeireglement festgehalten werden. "Das hat den Vorteil, dass wir die Bewilligung mit Auflagen verbinden können." Weiterhin soll gelten: 60 Prozent der Kosten zahlt der Club. Damit würde jene Wettbewerbsverzerrung gelten, die Hüppi anprangert: Dass die Young Boys der Stadt Bern aufgrund einer langfristigen Abmachung pro Jahr nur 60 000 Franken bezahlen müssen, während der FC St. Gallen in dieser Saison rund eine Million Franken berappt.

 "Ein Extrazug gehört dazu"

 Ein Knackpunkt dürfte auch die Einführung von Leichtbier sein. Hüppi ist überzeugt, dass sich die Fans anderswo eindecken werden. Ebenso ist der Präsident gegen die Abschaffung von Fan-Zügen und strikte Identifikation. "Die Fans steigen bis Wil auch unterwegs zu. Wer soll das alles kontrollieren und bezahlen? Ein Extrazug gehört einfach dazu. Cars belasten die Umwelt", sagt er.

 Hüppis Milde überrascht insofern, als er dieses Frühjahr selber mit dem Extrazug nach Neuenburg gereist ist. "Da wird Alkohol getrunken, da wird gekifft. Ich bin alleine beim Gang durch die Bahnwagen fast zugedröhnt worden." Hüppi meint indessen, dass Prävention und Zureden die Unvernünftigen, auch die Pyro-Sünder, eher zur Einsicht bringt.

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 Was kommt und was nicht

 Die Sicherheitsmassnahmen für Sportveranstaltungen sind zu einem Teil in der Mustervereinbarung festgehalten. Sie können nach lokalen Bedürfnissen umgesetzt werden. Ein weiterer Teil wird über den runden Tisch mit Sportminister Ueli Maurer geregelt.

 Was in St. Gallen nun dazukommen dürfte: Dass im Stadion in Zukunft nur noch Leichtbier ausgeschenkt wird und generelles Alkoholverbot bei Hochrisikospielen gilt. Was vorerst nicht geplant ist: Der Einsatz von geheimer Polizei inmitten der Fansektoren. Somit fällt auch ausser Betracht, dass die Polizei einen Spielabbruch verfügen könnte. Diese Kompetenz würde in der AFG Arena weiterhin beim Schiedsrichter liegen.

 Was mittelfristig zu erwarten ist: Einführung einer Fan Card, bestehend aus einem Kombi-Ticket Bahn/Car und Stadion mit entsprechend strikter Identifikation der Fans. Der runde Tisch möchte laut Roger Schneeberger, Generalsekretär der Polizeidirektorenkonferenz, diese Massnahme bis 2011/12 einführen. Sie würde national gelten.

 Was in St. Gallen schon umgesetzt worden ist: Sicherheitskonzepte von FC und Polizei, Schnellverfahren und der Einsatz von Videokameras. (th)