MEDIENSPIEGEL 19.5.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS, Tojo, GH, Kino)
- Wagenplätze: Gegen das Rummüllern
- RaBe-Info 18.+19.5.10
- Farbanschlag Amtshaus
- Antira-Cup Soletta
- 3. Halbzeit: SBB-Forderungen; Anzeigen YB-Basel
- Big Brother Sport: 60% mehr für FCSG-Tickets; 860 auf Hooligan-Liste
- Big Brother FDP: Vermummungsverbot, Videokameras, Datenschnüffelei
- Big Brother Google: WLAN-Saugen im Elektro-Smog
- Wieder Ausschaffungsflüge
- Neonazi-Prozess Solothurn
- Sempach: Juso + Grüne gegen Neonazi-Schlachtfeier
- 30 Jahre Rote Fabrik ZH
- 19 Jahre Wohlgroth-Besetzung
- Uni von Unten ZH: Besetzung zeigt Spuren in der Bologna-Festung
- Homohass: Katholiken + Skins gegen Antihomophobie-Demo in Lyon
- Stop Murder Music: Studis gegen Sizzla-Auftritt an Chiemsee-Festival
- Anti-Atom: Gegen unsicheres AKW Beznau

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REITSCHULE
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Mi 19.05.10
19.00 Uhr - SousLePont - Sizilien Spezialitäten
20.00 Uhr - Rössli - Takaba Euro Tour 2010: Modulok (CAN), Kaigen (JAP), Apollo creed (CAN), Baracuda (CAN)
20.00 Uhr - Tojo - "Memory Lost" von schützwolff. Auawirleben 2010. Fake Yourself! Anschliessend Publikumsgespräch.

Do 20.05.10
20.00 Uhr - Rössli - Capital Slam. Anschliessend: Heu, Stroh und Hafer
20.30 Uhr - Kino - Empire St. Pauli - von Perlenketten und Platzverweisen, Irene Bude und Olaf Sobczak, Mini-DV, 2009
22.00 Uhr - Dachstock - Erik Sumo (HUN).

Fr 21.05.10
20.30 Uhr - Tojo - "Fische in Griechenland ...und dann mussten wir die kranke Wildsau pflegen" von Sans Cible.
21.00 Uhr - Kino - Cash & Marry, Atanas Georgiev, Österreich /Kroatien / Mazedonien, BETA SP
22.00 Uhr - Grosse Halle - UNREAL - drum&bass festival: CHASE & STATUS DJ SET (UK), & MC RAGE (UK), LTJ BUKEM (UK), & MC CONRAD (UK), DIESELBOY (USA), ED RUSH (UK), MC RYMETYME (UK), Deejaymf (cryo.ch), VCA (biotic rec.), Andre (loccomotion), Oliv (loccomotion), Toni B(silent extent), MC Badboy (family business)

Sa 22.05.10
20.30 Uhr - Tojo - "Fische in Griechenland ...und dann mussten wir die kranke Wildsau pflegen" von Sans Cible.
21.00 Uhr - Kino - Cash & Marry, Atanas Georgiev, Österreich / Kroatien / Mazedonien, BETA SP
22.00 Uhr - Dachstock - Plattentaufe: Steff la Cheffe "Bittersüessi Pille", Support: Lo & Order, DJ Kermit
22.00 Uhr - Grosse Halle - DEKADANCE: SVEN VÄTH World Tour 2010

So 23.05.10
19.00 Uhr - Tojo - "Fische in Griechenland ...und dann mussten wir die kranke Wildsau pflegen" von Sans Cible.
20.30 Uhr - Dachstock - Dachstock & Bee-Flat present: Jimi Tenor & Tony Allen with Band (FIN/NIG/USA/D) & Da Cruz (BRA/CH)!

Mo 24.05.10
20.30 Uhr - Rössli - Lesung: Eugene S. Robinson (from Oxbow) reading from his novel "A Long Slow Screw"

Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch

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kulturagenda.be 21.5.10

Steff la Cheffe tauft ihr Debütalbum im Dachstock

Was für ein Rhythmusgefühl, was für ein Gesicht: Stefanie Peter aus dem Breitenreinquartier steht im Goldregen der grossen Aufmerksamkeit.
Was nicht ohne Folgen bleibt - ihre Platte ist direkt auf Platz 7 der Schweizer Hitparade eingestiegen.

Eine Jonglage mit Rollen und Bildern

Als Beatbox-Championne hat Steff la Cheffe auf sich aufmerksam gemacht, als Rapperin präsentiert sie ihr erstes Album, "Bittersüessi Pille". Es ist das gelungene und zwischendurch betörende Debüt einer abgeklärten 23-Jährigen.

Sie ist kaum zu stoppen, im Gespräch nicht und vermutlich auch als Musikerin nicht. Stefanie Peter, das "Meitschi us em Breitsch", beantwortet im Gespräch die Fragen gründlich. Selbstbewusst und erstaunlich abgeklärt spricht die 23-jährige Frau, wirkt dabei oft ernst und überlegt, trotz weitgehenden Verzichts auf Redepausen.
Steff la Cheffe hat etwas zu sagen. Zum Beispiel über ihre Rolle im testosterondominierten Rapzirkus. Sie hat in ihren Anfängen mit Aussagen wie "schon noch gut - für eine Frau" umgehen lernen müssen. Heute erhält sie Aufmerksamkeit, weil sie sich in einer Männerdomäne behauptet. "Ich weiss, dass der Erfolg auch damit zusammenhängt, dass ich eine Frau bin", sagt sie. Eine Zeit lang habe sie das gestresst, nun nimmt sie ihre Rolle locker: "Wenn ihr mir den Frauenbonus nachwerft, dann nehme ich ihn."

Die Beatbox hat Türen geöffnet

Also packt sie die Chancen, die sich dadurch bieten. Nachem sie letztes Jahr Vizeweltmeisterin im Beatboxen wurde, öffneten sich die Türen: Der Harfenist Andreas Vollenweider wurde auf die Mund-Perkussionistin aufmerksam und baute sie kurzerhand in sein Programm ein. Cathy Marston, die Ballett- Chefin des Stadttheaters Bern, realisierte mit ihr ein Kurzstück, das Anfang Jahr in den Vidmarhallen aufgeführt wurde. Schon bevor ihr erstes Album erschienen ist, hat sie also mit der Beatbox über die Hip-Hop-Szene hinaus von sich reden gemacht. Auf Steff la Cheffes Debüt, "Bittersüessi Pille", ist die Beatbox leider nur eine Randerscheinung; die Künstlerin konzentriert sich auf ihr zweites Standbein, den Rap. Das war kein gewollter Entscheid: "Ich war mit den meisten Beatbox-Aufnahmen einfach nicht zufrieden", sagt sie.
Der Zürcher Reaggae-Musiker und Produzent Dodo Jud hat dem Album die musikalische Handschrift gegeben und zusammen mit Steff la Cheffe eine Hip- Hop-Platte produziert, die "nicht nur Szenen-Heads" ansprechen, sondern in die Breite wirken soll. Was für eingefleischte Hip-Hopper womöglich zu poppig klingt, kommt an: Das Album stieg direkt auf Platz 7 der Hitparade ein. Ob poppig oder nicht: Steff la Cheffe verfügt über ein grossartiges Rhythmusgefühl, hat Flow, wie man so schön sagt.

Als wäre der Breitsch ein Zürcher Quartier

Wie Dodo Jud auf la Cheffe aufmerksam wurde, erzählt er im Titeltrack gleich selbst. Er war mit seiner Frau im Sous le Pont, auf der Suche nach neuer Musik: "Steff la Cheffe uf de Bühni dert, gaht so ab, dass ichs nümme gseh. Mini Frau seit, die muesch produziere und ich säg, ja, ich wird produziere." Die beiden kamen ins Gespräch und die Zusammenarbeit nahm ihren Lauf. Bei der Produktion von "Bittersüessi Pille" hat sich zwischen Dodo Jud und la Cheffe eine konstruktive Streitkultur entwickelt. "Dodo und ich hatten immer wieder Auseinandersetzungen darüber, wie das Album klingen sollte." Auffallend ist, dass unter den mitwirkenden Gästen kein einziger Berner ist. Die üblichen verdächtigen, die Rapper Greis, Baze oder der Beatproduzent SAD wären zu erwarten gewesen. Doch Steff la Cheffe wollte sich ohne den Hebel der klingenden Namen aus der Berner Szene behaupten. Stattdessen ist das Zürcher Rap-Urgestein EKR vertreten (er könnte ihr Vater sein!) oder in einem Song Chamber Soul mit Brandy Butler - diese Band kommt ebenfalls aus Zürich.

Von der Erotik der Küchenausstattung

Auch wenn nicht alle Songs inhaltlich gleich zwingend und gleich dicht sind: Es ist ein gelungenes Album mit einigen Perlen. Steff la Cheffe ist immer dann am stärksten, wenn sie eine Portion Humor in ihre Texte packt. Etwa in "Hr. Dokter", in dem sie um eine Geschlechtsumwandlung bettelt ("Dokter, Dokter, i bruche es Schnäbi, zum Rappe u so wärs drum würklich scho no gäbig"), was ihr "Dr. Dodo" dann aber ausredet. Ein weiterer Höhepunkt aus dem Bereich unter der Gürtellinie ist "Chum i mini Chuchi", bestimmt der erotischste Rapsong über Sex, der je in der Deutschschweiz geschrieben wurde. Eine ganze Küchenausstattung muss für zweideutige Metaphern hinhalten. Das gibt rote Ohren beim Anhören! "Wenn ein Track über Sex zu eindeutig ist, wirkt er plump, und das macht mich nicht an", sagt Steff la Cheffe. Ganz klar: Sie liebt es, mit ihren Reizen und dem Frauenbild zu jonglieren, dass Frauen und Männern der Atem stockt. Was für eine Erfrischung für den Hip- Hop, der sich in den letzten Jahren mit allzu viel augenzwinkerfreiem Machogehabe in eine gar reaktionäre Richtung zu bewegen drohte.

Michael Feller

\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
Dachstock der Reitschule, Bern
Sa., 22.5., 22 Uhr
http://www.dachstock.ch

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kulturagenda.be 20.5.10

"Fische in Griechenland …" wird im Tojo uraufgeführt

Fischstäbchen und andere Kindheitserinnerungen haben Milena Keller, Helena Hebing, Deborah
Imhof und Valérie Keller (von links) zu ihrem neuen Stück inspiriert.

Fischstäbchen mit Majo

Die Mitglieder des Berner Theaterkollektivs Sans Cible schreiben gemeinsam Texte,
führen gemeinsam Regie und stehen auch zusammen auf der Bühne. Im neuen Stück
lassen vier junge Frauen das Publikum in ihren alten Tagebüchern lesen.

Fischstäbchen mit Mayo, die Angst vor dem Alleinsein oder der Traum, eine Zauberfee zu sein, bestimmten den kindlichen Alltag von Helena Hebing und ihren drei Kolleginnen. Nachzulesen ist das in den alten Tagebüchern der vier jungen Theatermacherinnen und Mitgliedern des Kollektivs Sans Cible. Die Tagebucheinträge bilden die Basis ihres Stücks "Fische in Griechenland … und dann mussten wir die kranke Wildsau pflegen".

Tagebuch als künstlerische Quelle

"Wir wollten schon lange etwas mit unseren Tagebüchern machen", erklärt Helena Hebing. Jetzt, wo sie alle von zu Hause ausgezogen sind, sei der richtige Moment gekommen. Während dreier Monate haben sie in den Büchern geblättert, sich gegenseitig vorgelesen, herausgestrichen und nach Gemeinsamkeiten gesucht. "Zu Beginn war das schon ziemlich intim", gibt Hebing zu, "aber mit der Zeit wurden die Tagebücher zur künstlerischen Quelle." Schliesslich galt es, den einzelnen Sequenzen und Themen einen Rahmen zu geben. So treffen sich nun auf der Bühne vier junge Erwachsene und erinnern sich an den Tag, als sie sich geschworen haben, mit zwanzig gemeinsam abzuhauen. Die Zeit ist reif, das Versprechen in die Tat umzusetzen. Laufend wird im Stück zwischen zwei Ebenen, zwischen der Kindheit und dem Jetzt, hin- und hergesprungen. Eine zusätzliche Facette beleuchten die eingespielten Videosequenzen. Darin sprechen die Protagonistinnen über ihre Träume und Ängste. Da die vier Theatermacherinnen gleichzeitig Regie führen und spielen, war es nicht ganz einfach, Abstand zu nehmen. Deshalb warfen der Regisseur Dirk Vittinghoff und Noo Steffen, Mitbegründerin von Sans Cible, einen kritischen Blick von aussen auf die Inszenierung. Helena Hebing ist froh um Tipps und Anregungen: "Ich lerne bei jeder Produktion etwas Neues dazu."

Mit dem Theater aufgewachsen

Die 21-Jährige ist in einer Theaterfamilie aufgewachsen und stand bereits im zarten Alter von fünf Jahren zum ersten Mal auf der Bühne. Als Aktive bei den Jugendtheaterclubs der Jungen Bühne Bern war sie auch bei der Gründung von Sans Cible 2005 mit von der Partie. "Theater gehört für mich einfach zum Leben dazu", sagt sie. Doch die vielseitig talentierte und interessierte Frau will nicht unbedingt Schauspielerin werden. Im Moment interessiert sie der ganze organisatorische Bereich des Theaters mehr. Aber auch die Technik fasziniert sie. Mit Sans Cible könne sie in allen Bereichen tätig sein. Es sprudelt nur so aus ihr heraus, wenn sie von ihren Plänen mit dem Theaterkollektiv spricht. Das Sprechen hat mittlerweile auch das Tagebuchschreiben abgelöst: "Das geht mir viel zu langsam. Wenn mich heute etwas beschäftigt, dann spreche ich darüber."

Simone Tanner

\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
Tojo Theater in der Reitschule, Bern
Fr., 21.5., und Sa., 22.5.,
jeweils 20.30 Uhr. So., 23.5., 19 Uhr
http://www.tojo.ch

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kulturagenda.be 20.5.10

Tony Allen, Jimi Tenor und Da Cruz im Dachstock

Die Reitschule und Bee-flat präsentieren zwei, die gemeinsame Sache machen: Jimi Tenor (links im Bild) und Tony Allen. Wenn das musikalische Chamäleon aus Finnland auf den Afro-Beat-Drummer aus Nigeria trifft, dann ergibt das Funk, Dub und World-Jazz vom Feinsten. Da Cruz eröffnet den Abend mit einer exquisiten Mischung aus Bossa Nova, Funk und Electro.
Dachstock in der Reitschule, Bern. So., 23.5., 20 Uhr

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kulturagenda.be 20.5.10

Drum'n'Bass-Festival Unreal in der Reitschule
Ein Dutzend DJs sind am Unreal-Festival des Veranstalters Ammonit beteiligt, unter ihnen Chase & Status (im Bild) aus dem Vereinigten Königreich. Weitere DJs von der Insel sind mit von der Partie, darunter LTJ Bukem und MC Conrad. Doch auch lokale Drum'n'Bass-Beschaller wie Deejay mf legen auf.
Grosse Halle der Reitschule, Bern. Fr., 21.5., 22 Uhr

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kulturagenda.be 20.5.10

Klappe für "Cash & Marry"

EU-Pass oder zurück nach Hause, das ist hier die Frage. Und da der Mazedonier Atanas in Wien bleiben will, muss er sich etwas einfallen lassen. Sein bosnischer Freund Marko, der schon länger in Österreich lebt und studiert, hat die zündende Idee: Eine Frau muss her. Und zwar eine Frau zum Heiraten. Im Idealfall ist es eine Österreicherin, zur Not täte es aber auch eine Tschechin. Denn Ziel ist es, sich einen EU-Pass zu erschleichen. Liebe spielt also bei der Zweckheirat keine Rolle. Die beiden jungen Männer sind aber bereit, sich das Unternehmen etwas kosten zu lassen. Bis zu 7000 Euro wollen sie der Frau bezahlen, die sich auf die Scheinehe einlässt.
Atanas Verlobte in Mazedonien ist weniger angetan von der Idee. Auch seine Mutter hält nicht viel davon. Doch er lässt sich nicht von seinen Heiratsplänen abbringen, weder von der Mutter noch vom Gesetz, und zieht gemeinsam mit Marko los, um sich eine Frau zu suchen. Zuerst hören sie sich im Freundeskreis um - ohne Erfolg. Dann klappern sie Discos, Bars und Märkte nach heiratswilligen Frauen ab und verteilen Flugzettel mit der Aufschrift: "Willst du mich heiraten?" Die jungen Österreicherinnen begegnen ihnen mit Wohlwollen, aber gleich heiraten? Bei einem Mitglied der Kommunistischen Partei werden Atanas und Marko schliesslich fündig. Doch noch ist nicht sicher, ob sich die offene, abenteuerlustige Frau gegen den Willen ihrer Eltern durchsetzen kann.

Reale Scheinehen-Story

Mit viel Humor und Leichtigkeit wagt sich der mazedonische Filmemacher Atanas Georgiev in seinem Dokumentarfilm "Cash & Marry" an ein ernstes Thema. Die reale Scheinehen-Story, in der er gleich selbst die Hauptrolle spielt, beleuchtet die Migrantenszene in Wien. Die Männer sprechen über ihre wahren Beweggründe, weshalb sie den Balkan in Richtung Nordwesten verlassen haben. Viele von ihnen landen mit einem Studentenvisum in Westeuropa und suchen hier ihr Glück, vertrieben von den schlechten Zukunftsaussichten in ihrer Heimat. Wenn das Visum abläuft, ist Heiraten oft die letzte Möglichkeit, nicht weggewiesen zu werden. Atanas und Marko versuchen die kulturellen Grenzen genauso zu durchbrechen wie jene der österreichischen Gesetze und Bürokratie. Auf der anderen Seite zeigt der Film auch die Motivation der Frauen, die sich auf diesen illegalen Handel einlassen. Die zwei Männer stossen selten auf Ablehnung, was nicht ganz der Realität entsprechen dürfte.

Politisch nicht korrekt

Am Filmfestival Vision du Réel in Nyon erhielt "Cash & Marry" 2009 in der Kategorie "Regards Neufs" den mit 5000 Franken dotierten Preis der Jury. Obwohl die Low-Budget-Produktion etwas gar selbst gebastelt daherkommt und die wackligen, mit der Handkamera gefilmten Bilder und schnellen Schnitte einem oft ganz schwindlig machen, ist Atanas Georgiev etwas gelungen, das man so noch nie gesehen hat. Er beleuchtet mit viel Selbstironie das eigene Leben als Migrant in Wien und mischt Realität mit Filmarbeit zu einem originellen Ganzen. "Cash & Marry" ist anders, erfrischend und politisch nicht immer ganz korrekt.

Simone Tanner

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Kino in der Reitschule, Bern. Fr., 21.5., und Sa., 22.5., 21 Uhr
http://www.reitschule.ch/reitschule/kino

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WAGENPLÄTZE
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Bund 19.5.10

Schlagloch

Müller und das Illegale

Stefan Wyler

 In der vergangenen Woche hat der Stadtberner Gemeinderat angekündigt, dass er - insbesondere für alternative Wohnwagensiedler wie Stadtnomaden, -tauben usw. - eine spezielle "Zone für experimentelles Wohnen" schaffen möchte. Einer, der sofort gegen den Plan protestiert hat, ist der freisinnige Stadt- und Grossrat Philippe Müller. Er sprach von "Ungleichbehandlungen", von denen die Bevölkerung genug habe, und er erklärte, mit der Schaffung einer solchen Zone wolle der Gemeinderat eigentlich eine rechtliche Grundlage schaffen für etwas Illegales.

 Das Argument, so scheint uns, widerlegt sich selber: Denn wenn man für etwas, das bisher ungesetzlich - also illegal - war, eine rechtliche Grundlage schafft, dann wird es ja gerade legal. Und sollte Müller meinen, eine Hüttendorfzone sei etwas ganz grundlegend Illegales, für das der Gemeinderat jetzt krampfhaft eine legale Grundlage bastle, dann ist auch dies schwer nachzuvollziehen. Denn im Bau- und Planungsrecht ist ja nichts grundsätzlich legal oder illegal. Bei der Ordnung der Siedlungstätigkeit ist es der politische Wille des Gesetzgebers, der entscheidet, welche bauliche Nutzung wo erlaubt sein soll und welche nicht. Man schafft Wohnzonen, gemischte Zonen, Gewerbezonen - und man erlässt bewusst auch spezielle Sonderregeln in Form von Sonderbauvorschriften, etwa für Hochhäuser, Sportstadien oder Einkaufszentren. In einer Wohnzone ist demnach der lärmige Gewerbebetrieb illegal, in der Landwirtschaftszone das schöne Wohnchalet und in der Wohnzone W2, die nur zweigeschossige Einfamilienhäuser zulässt, ist der achtstöckige Block rechtswidrig. Das Bau- und Planungsrecht ist voll von Sonderregeln und Ungleichbehandlungen. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung besteht nur innerhalb einer bestimmten Nutzungszone. Und etwas, was - ganz ungeachtet des gesetzgeberisch-planerischen Willens - einfach illegal wäre, das gibt es im Planungsrecht nicht.

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RABE-INFO
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Mi. 19.Mai 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_19._Mai_2010.mp3
- Bahnhof Bern: Protest gegen verschwindene Gratis. Veloparkplätze
- Wohnen im Alter: Nachschlagewerk hilft bei der frühzeitigen Planung
   http://www.wohnen60plus.ch/
- Enlazando Alternativas: Alternativer Gipfel lateinamerikanischer und eruopäischer Länder
   http://www.enlazandoalternativas.org/

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Di. 18. Mai 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_18._Mai_2010.mp3
- Erfolg für Greenpeace: Nestlé verzichtet auf heikles Palmöl
- Rechte für Menschen - Regeln für Unternehmen: NGOs fordern neue EU Gesetze
  http://www.rechtefuermenschen.de/
- Einheitliches Rauchergesetz: die Volksinintiative ist eingereicht

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GEFANGENE BE
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Bund 19.5.10

Farbanschlag auf das Berner Amthaus wegen Anarchisten

 Die Fassade des Berner Amthauses neben dem Berner Regionalgefängnis ist mit grünen, blauen, roten und schwarzen Farbflecken verschmiert. In einem Bekennerschreiben vom Wochenende äussern sich die Urheber des Farbanschlags zu ihren Beweggründen. Es handle sich um eine Solidaritätsaktion mit in Zürich festgenommenen Anarchisten. Die Kantonspolizei sagt auf Anfrage, dass eine Anzeige eingegangen sei. Zur Täterschaft könne die Polizei aber noch nichts sagen. "Die Farbe wurde in Glasbehältern an die Fassade geworfen", sagt Polizeisprecher Stefan von Below.

 Italienische Anarchisten in Bern?

 Vor einem Monat nahm die Zürcher Kantonspolizei drei militante Umweltschützer aus Italien fest. Sie sollen einen Anschlag auf ein Forschungszentrum von IBM geplant haben. Im Auto der beiden Italiener und eines in Italien lebenden Schweizers stellte die Polizei Sprengstoff sicher. Seit der Verhaftung sitzen sie in Untersuchungshaft, und die Bundesanwaltschaft ermittelt in diesem Fall.

 Gemäss der linksradikalen Internetplattform Indiymedia sollen sich die drei Personen in Berner Regionalgefängnissen befinden. Die Bundesanwaltschaft will indes nicht bestätigen, dass die Verhafteten in Berner Gefängnissen sitzen. Sie erklärt auch nicht, warum Anarchisten aus Italien, die in Zürich festgenommen wurden, hier einsitzen sollten. (ba)

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ANTIRA-CUP
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20 Minuten 19.5.10

Antira-Cup Soletta: Fussballturnier gegen Rassismus

 SOLOTHURN. Bereits Wochen vor dem Austragungsdatum, dem 22. Mai, waren die 24 Teilnehmerplätze für den Antira-Cup Soletta ausgebucht. Unter dem Motto Love Football - Hate Racism wendet sich der Anlass kreativ und spielerisch gegen Rassismus. Abgeschaut wurde er den Mondiali Antirazzisti in Bologna, einer Weltmeisterschaft mit jeweils über 200 Mannschaften aus aller Welt. In Solothurn wurde das antirassistische Fussballturnier 2007 zum ersten Mal durchgeführt und hat sich seither etabliert. Die Organisatoren hoffen nun, auch die Städte Bern und Thun für die Idee zu gewinnen.
http://www.antiracup.ch

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3. HALBZEIT
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Bund 19.5.10

Die SBB werden die Hooligans nicht so schnell los

 Die SBB verlangen die Aufhebung der Transportpflicht. Offen ist, wer "gute" von "schlechten" Fans trennt.

 Markus Brotschi

 Nach Abschluss der Fussballmeisterschaft lancieren die SBB einen Hilferuf an die Politik und die Klubs. Verwüstungen in Extrazügen, wie sie am Sonntag nach der Finalissima von Basler Hooligans angerichtet wurden, will die Bahn nicht mehr tragen. Randalierer verursachten den SBB in der Saison 2009/10 insgesamt Schäden von rund drei Millionen Franken. Angefallen sind die Kosten in 140 Extrazügen für aufgeschlitzte oder herausgerissene Sitze, für zerschlagene Scheiben oder aufwendige Reinigungsarbeiten. Am Sonntag drangen Fans sogar in den Lokführerstand ein und rissen Geräte heraus.

 Konkret verlangen die SBB nun eine Aufhebung der Transportpflicht für bestimmte Gruppen und eine Entschädigungspflicht für Klubs, deren Fans den Schaden anrichten. Die Umsetzung der Forderungen ist allerdings nicht so einfach. Bereits nach dem heutigen Gesetz könnten öffentliche Verkehrsunternehmen Randalierern oder betrunkenen Passagieren die Mitfahrt verweigern. Darauf verweist das Bundesamt für Verkehr. Damit die SBB Fans von der Mitfahrt ausschliessen können, schon bevor sie randaliert haben, braucht es weitergehende Massnahmen. Die Konferenz der kantonalen Polizeidirektoren (KKJPD) verweist auf ein Konzept, das am runden Tisch zum Thema Gewalt im Sport kürzlich präsentiert wurde.

 Fans nur in Cars befördern

 Ziel ist es, dass Fans vor allem mit privaten Cars zu den Spielen fahren. Randalieren sie, werden sie kein Carunternehmen finden. "Darin besteht die Chance, die Fans zu disziplinieren", sagt KKJPD-Generalsekretär Roger Schneeberger. Als weiteres Disziplinierungsmittel ist eine Fancard mit Personalien und Foto geplant. Nur wer sich ausweisen kann, erhält ein Kombiticket für die Fahrt zum Spiel und den Zutritt zum Fansektor. Begleitet werden die Fans von klubeigenen Stewards. Nicht ausgeschlossen ist mit diesem Konzept, dass "gute" Fans weiterhin mit Extrazügen fahren.

 Die Fancard wird allerdings frühestens in der Saison 2011/12 eingeführt. Zurzeit wird von Absolventen eines Nachdiplomstudienganges der Uni St. Gallen ein vom Bundesamt für Sport, dem Schweizerischen Fussballverband und der Swiss Football League (SFL) finanziertes Projekt erarbeitet, wie Claudius Schäfer, SFL-Geschäftsleitungsmitglied, sagt. Ende Sommer soll das Detailprojekt präsentiert werden. Zu klären gilt es technische Fragen: etwa, ob der Zutritt zum Stadion mit der Fancard über elektronisch gesicherte Drehkreuze kontrolliert werden kann. Entscheidend für die Akzeptanz der Karte werden die Kosten für die Klubs sein.

 Auf Widerstand stösst bei den Klubs und der Fussballliga die Forderung der SBB nach einer Schadenersatzpflicht für beschädigtes Rollmaterial. "Dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage", sagt Schäfer. Die Klubs könnten nicht für das Verhalten der Fans im öffentlichen Raum verantwortlich gemacht werden. "Eine solche Schadenersatzpflicht gibt es in keinen Land. Letztlich handelt es sich beim Hooliganismus um ein gesellschaftliches Problem", sagt Schäfer.

 Während bei der KKJPD die teilweise Aufhebung der Transportpflicht unterstützt wird, dürfte es die Forderung auf Bundesebene schwerer haben. Max Binder (SVP), Präsident der nationalrätlichen Verkehrskommission, hält einen Ausschluss einzelner Gruppierungen für problematisch. Binder erwartet von den SBB, dass sie künftig in Fanzügen konsequent Bahnpolizei einsetzen. Passagiere, die von der Polizei wegen Gewalttaten aufgegriffen würden, könnten mit einem Fahrverbot belegt werden. "Dass die SBB Randalierer nicht mehr befördern wollen, kann ich verstehen. Das ist im Interesse der Steuer- und der Billettzahler", sagt Binder.

 Extrazüge als kleineres Übel

 Die kantonalen Sicherheitsdirektoren liessen sich bei einem Besuch in Belgien vom Konzept mit der Fancard und dem Kombiticket überzeugen. Die belgische Fussballszene lasse sich mit jener der Schweiz vergleichen, sagt Schneeberger. Bis in der Schweiz ein solches Konzept umgesetzt ist, dauert es aber noch Jahre. Für Schneeberger haben die Klubs aber keine andere Wahl, als mitzumachen. Sonst würden ihnen die Kosten für Polizeieinsätze überwälzt. Die gesetzlichen Grundlagen dafür seien vorhanden. Den SBB bleibt vorerst nichts anderes übrig, als weiterhin Extrazüge mit altem Rollmaterial einzusetzen. Denn um jeden Preis verhindern wollen die SBB, dass die Fangruppen reguläre Reisezüge benützen.

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20 Minuten 19.5.10

"Die Chaoten sollen in Zukunft zu Fuss gehen"

 Die SBB wollen von der Beförderungspflicht für gewaltbereite Fans befreit werden. Die Leser von 20 Minuten Online zeigen dafür Verständnis.

 Hans: Es wird doch langsam Zeit, dass diese kriminellen Handlungen nicht mehr toleriert werden. Das sind keine Fans, das sind Verbrecher.

 Karl: Absolut nachvollziehbar. Die Chaoten und Vandalen sollen in Zukunft zu Fuss gehen.

 Jay: Meiner Meinung nach sollten die Fussballklubs zu hundert Prozent für die Kosten aufkommen - nicht nur in den Stadien, sondern auch ausserhalb.

 Egal: Wenn die SBB keine Extrazüge mehr anbieten möchten, dann fahren halt alle Fans mit den normalen Zügen - mal schauen, wie lange das gut geht.

 Anna: Warum erst jetzt? Mich wundert schon lange, wie tolerant Sachbeschädigungen akzeptiert worden sind.

 Kate: Solange die Klubs nicht rigoros gegen die Chaoten vorgehen, wird nicht viel passieren.

 David: Die Kosten der Sachbeschädigungen müssen schliesslich durch die Billettpreise gedeckt werden. Deshalb wäre es mir nur recht, wenn die Fans heimlaufen müssten.

 Medusa: Wieso stellt man keine Güterwaggons zur Verfügung? Dort könnten die Rowdys nichts kaputt machen.

 Claude: Die einzig praktikable Lösung wäre, keine Fans mehr an Auswärtsspielen zuzulassen - oder nur solche, die registriert sind und durch den Gastklub organisiert anreisen.

 Diskutieren Sie mit unter www.sbbtalk.20min.ch

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St. Galler Tagblatt 19.5.10

Fans und Clubs sollen zahlen

 Die SBB wollen Fussballclubs für demolierte Extrazüge zur Kasse bitten und Fans mit Stadionverbot nicht mehr befördern. Die Betriebs AG AFG Arena erhöht die Preise für Stehplätze wegen der gestiegenen Sicherheitskosten.

 René Rödiger

 ST. GALLEN. Die Betriebs AG AFG Arena und die SBB berufen sich auf das Verursacherprinzip. "Wir hatten grosse Investitionen in die Infrastruktur in den Stehplatzsektoren", sagt Samuel Fitzi, Mediensprecher der Betriebs AG. Weiter gab es hohe Ausgaben im Sicherheitsbereich durch Personalkosten und Bussen. Die Preise im Heim- und Gästesektor werden um sechs Franken erhöht.

 "Angemessener Preis"

 Als Strafe will Fitzi die Massnahme nicht sehen: "360 Franken für 18 Spiele ist noch immer ein angemessener Preis."

 Die Mehreinnahmen durch die höheren Ticketpreise gehen vorerst in die Kassen der Betriebs AG. Die Abgaben an den FC St. Gallen sind vertraglich geregelt. "Überschüsse werden jedoch an den Club weitergegeben", sagt Fitzi.

 Fussballvereine schweigen

 Auch die SBB wollen mehr Geld sehen. In der vergangenen Saison verursachten Chaoten in den Fanzügen Kosten von rund drei Millionen Franken. "Nicht eingerechnet sind die Folgekosten durch Verspätungen oder Zugsausfälle", sagt Reto Kormann, Mediensprecher der SBB. Kormann wünscht sich, dass die Fussballvereine einen Teil dieser Kosten übernehmen.

 Der Schweizerische Fussballverband wollte sich nicht zu diesem Anliegen äussern. Ebenfalls verschwiegen gibt sich Michael Hüppi, der Präsident des FC St. Gallen: "Diese Forderung müssen wir erst intern besprechen. Aber wenn es nach dem Verursacherprinzip gehen sollte, dann müssten die SBB das Geld von den Fans zurückfordern, da der Club mit den SBB keinen Transportvertrag hat."

 Politik gefordert

 Kormann fordert Massnahmen von der Politik: "Wir wollen von der Transportpflicht befreit werden, damit wir zum Beispiel Leute mit Stadionverbot nicht mehr befördern müssen."

 Andererseits hebt der SBB-Mediensprecher hervor, dass die grosse Mehrheit der Fans ganz normal in den Zügen mitfahre und es im weiteren noch nie Übergriffe von Seiten der Fans auf das Zugpersonal gegeben habe.

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 Neue Preise

 Die neuen Preise in der AFG Arena: Sektor A/Haupttribüne: 60-85 Franken. Sektor B (ohne Gast): 40 Franken, Sektor B/Gast: 31 Franken. Sektor C/Gegentribüne: 50 Franken. Family Corner: 30 Franken. Sektor D/Freeseating: 40 Franken. Sektor D/Heim: 31 Franken. Der Vorverkauf für die neue Saison startet am 7. Juni. (rr)

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10vor10 18.5.10

Keiner will für randalierende Fans zahlen

Fussballvandalen verursachen in SBB-Extrazügen Schäden von 3 Millionen Franken pro Saison, wie 10vor10 gestern berichtete. Die SBB fordern, dass Fan- und Fussballclubs für die Schäden aufkommen. Nun sprechen die Fussballclubs - und spielen den Ball ungerührt zurück an die SBB. Sie finden, sie müssten nicht für randalierende Fans haften.
http://videoportal.sf.tv/video?id=08af066e-6df0-4f9a-ad22-7873dcbfdeef

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Bund 18.5.10

Ausschreitungen nach der Finalissima

 Mehr als ein Dutzend Anzeigen

 Die Polizei zeigt mehrere Hooligans nach den Ausschreitungen im Anschluss an die Finalissima an. Ihre Einsatzbilanz ist positiv.

 Nach dem Match YB - Basel lieferten sich gestern militante Fangruppen Kämpfe mit der Kantonspolizei. Mehrere verletzte Fans und Polizisten mussten von der Sanitätspolizei betreut werden. "Es blieb aber, soweit wir es wissen, bei leichten Verletzungen", sagt Polizeisprecher Michael Fichter. Von den 17 angehaltenen Personen seien 16 nach Abklärungen wieder freigelassen worden. Eine Person befand sich laut Fichter gestern noch in Haft.

 Keine Schnellrichter

 "Es wird mehr als 12 Anzeigen geben", kündigt Fichter an. Es gehe um Delikte wie unanständiges Benehmen, Störung des öffentlichen Verkehrs, Gewalt und Drohung sowie Sachbeschädigung. Er stellt in Aussicht, dass es nach Auswertung des "umfangreichen Beweismaterials" zu weiteren Anzeigen kommen könnte. Ein Schnellgericht, wie es in St.Gallen praktiziert und seit Anfang Jahr auch in Bern als Option betrachtet wird, kam nicht zum Einsatz. Fichter führt aus, dass aufgrund der festgestellten Delikte der Einbezug des Untersuchungsrichter-Piketts nicht angezeigt gewesen sei.

 Zur Schadenssumme konnte Fichter keine Angaben machen. "Wir sind noch am Zusammentragen der Meldungen." Aufgefallen seien ihm Sprayereien beim S-Bahnhof Wankdorf und beschädigte Fahrzeuge.

 Zufrieden mit dem Einsatz

 Die Polizei sprach am Sonntag in ihrem Communiqué von "massiven Ausschreitungen". Welches Fazit zieht sie am Tag danach? Ziel der Polizei sei ein friedliches Fussballfest gewesen. Das Gewaltpotenzial ist laut Fichter wie erwartet hoch gewesen. Die Polizei konnte die Situation unter Kontrolle bringen und die bei-den Fanlager voneinander trennen. "Kam es trotzdem zum Kontakt, intervenierten wir relativ schnell", so Fichter.

 Mehrere 100 Polizisten seien im Einsatz gestanden, mehr als bei vergleichbaren Hochrisikospielen. Der gesicherte Korridor zwischen Stadion und Bahnhof habe sich einmal mehr bewährt. Über die Kosten des Polizeieinsatzes wollte Fichter keine Angaben machen.
 cab

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BZ 18.5.10

Ausschreitungen nach der Finalissima

 Mehr als ein Dutzend Anzeigen

 Die Polizei zeigt mehrere Hooligans nach den Ausschreitungen im Anschluss an die Finalissima an. Ihre Einsatzbilanz ist positiv.

 Nach dem Match YB - Basel lieferten sich gestern militante Fangruppen Kämpfe mit der Kantonspolizei. Mehrere verletzte Fans und Polizisten mussten von der Sanitätspolizei betreut werden. "Es blieb aber, soweit wir es wissen, bei leichten Verletzungen", sagt Polizeisprecher Michael Fichter. Von den 17 angehaltenen Personen seien 16 nach Abklärungen wieder freigelassen worden. Eine Person befand sich laut Fichter gestern noch in Haft.

 Keine Schnellrichter

 "Es wird mehr als 12 Anzeigen geben", kündigt Fichter an. Es gehe um Delikte wie unanständiges Benehmen, Störung des öffentlichen Verkehrs, Gewalt und Drohung sowie Sachbeschädigung. Er stellt in Aussicht, dass es nach Auswertung des "umfangreichen Beweismaterials" zu weiteren Anzeigen kommen könnte. Ein Schnellgericht, wie es in St.Gallen praktiziert und seit Anfang Jahr auch in Bern als Option betrachtet wird, kam nicht zum Einsatz. Fichter führt aus, dass aufgrund der festgestellten Delikte der Einbezug des Untersuchungsrichter-Piketts nicht angezeigt gewesen sei.

 Zur Schadenssumme konnte Fichter keine Angaben machen. "Wir sind noch am Zusammentragen der Meldungen." Aufgefallen seien ihm Sprayereien beim S-Bahnhof Wankdorf und beschädigte Fahrzeuge.

 Zufrieden mit dem Einsatz

 Die Polizei sprach am Sonntag in ihrem Communiqué von "massiven Ausschreitungen". Welches Fazit zieht sie am Tag danach? Ziel der Polizei sei ein friedliches Fussballfest gewesen. Das Gewaltpotenzial ist laut Fichter wie erwartet hoch gewesen. Die Polizei konnte die Situation unter Kontrolle bringen und die bei-den Fanlager voneinander trennen. "Kam es trotzdem zum Kontakt, intervenierten wir relativ schnell", so Fichter.

 Mehrere 100 Polizisten seien im Einsatz gestanden, mehr als bei vergleichbaren Hochrisikospielen. Der gesicherte Korridor zwischen Stadion und Bahnhof habe sich einmal mehr bewährt. Über die Kosten des Polizeieinsatzes wollte Fichter keine Angaben machen.
 cab

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20 Minuten 18.5.10

Massive Schäden und harte Kritik nach der Finalissima

 BERN. Nach der Finalissima kommt die Kritik: Fans erheben harte Vorwürfe gegen die Polizei. Diese zeigt sich zufrieden mit dem Einsatz.

 Während die YB-Fans noch dem verpassten Meistertitel nachtrauern, beseitigte RailClean gestern die Finalissima-Spuren beim Bahnhof Wankdorf. Dort galt es nach den Ausschreitungen, Sticker von den Säulen sowie containerweise Müll zu entfernen.

 Derweil erheben Fans auf 20 Minuten Online harsche Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte. Ein User: "Familien und mehrheitlich friedliche Fans wurden von den überforderten Polizeikräften mit Gummischrot eingedeckt; aus einer Distanz von gerade mal zehn Metern." Die Absperrungen hätten verhindert, dass man sich in Sicherheit bringen konnte, so ein weiterer Fan.

 Sicherheitsdirektor Reto Nause sind die Vorwürfe nicht bekannt. "Betroffene können sich aber bei der Polizei melden." Er selbst zeigt sich zufrieden mit dem Einsatz: "Unter den gegebenen Umständen wurde angemessen gehandelt. Ich bin aber schockiert über die Gewaltbereitschaft der Fans." Die Polizei musste teils mit Gummischrot, Tränengas und Wasserwerfern auf die Chaoten reagieren. "Aus dem Extrazug der Basler wurden Büchsen geworfen und Leuchtpetarden gezündet", so Nause. Die SBB verzeichneten Schäden im fünfstelligen Bereich. "Der Bahnhof Wankdorf wurde massiv versprayt, die Notbremse mehrmals gezogen und Polster aus Extrazügen rausgerissen", so Mediensprecher Reto Kormann. Trotzdem komme eine Abschaffung der Extrazüge nicht in Frage: "Wir wollen verhindern, dass gewaltbereite Fans auf normale Bahnkunden treffen."  nc

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Fussballfans kritisieren Polizeieinsatz

 BASEL/BERN. Im Umfeld der Finalissima kam es am Sonntag beim Stade de Suisse zu Ausschreitungen. Wie die Kantonspolizei Bern gestern berichtete, attackierten sich Fangruppen gegenseitig und gingen mit Steinen und Wurfgeschossen auf die Polizei los. "Wir werden mehr als ein Dutzend Personen aus beiden Fanlagern anzeigen", so Sprecher Michael Fichter. Es sei zu 16 Anhaltungen gekommen, eine Person war gestern noch immer in Haft. Basler Matchbesucher erheben ihrerseits in Internetforen Vorwürfe zum Vorgehen der Polizei: Sie seien nach Spielschluss eingekesselt und von YB-Fans mit Steinen beworfen worden - die Polizei habe mit Tränengas und Gummischrot geantwortet. Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause sagt, man habe angemessen gehandelt: Die Gewaltbereitschaft der Fans sei schockierend gewesen. Bereits im Basler Extrazug seien Büchsen geflogen und Leuchtpetarden gezündet worden.  lua

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10vor10 17.5.10


Hohe Schäden wegen Fussball-Randalierern

Fans des FC Basels sind auf der Reise von Bern nach Basel in den Lokführer-Stand eines SBB-Extrazuges eingedrungen und haben eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Das ist kein Einzelfall, wie die SBB erstmals gegenüber "10vor10" zeigt. Die Schäden nach solchen Extrafahrten belaufen sich pro Saison auf drei Millionen Franken.
http://videoportal.sf.tv/video?id=67dbab72-b24a-45ee-8deb-4457753d960b

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BIG BROTHER SPORT
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20 Minuten 19.5.10

Fankurven müssen mehr für die Sicherheit bezahlen

 ST. GALLEN. Um bis zu 60 Prozent teurer werden die Tickets für Stehplätze in der neuen Saison. Die Zuschauer in den Fankurven sollen damit die Bussen und Sicherheitskosten mitfinanzieren.

 Der FC St. Gallen bittet die Fans auf den "billigen Plätzen" zur Kasse. Auf die neue Saison hin wird jedes Stehplatz-Ticket 6 Franken teurer. Die Saison-Abos schlagen im Schnitt um 70 Franken auf. Begründet wird der Preisaufschlag mit den Bussen für Pyros oder Kosten für die Sicherheit. "Eine Preiserhöhung ist unumgänglich", so FCSG-Pressesprecher Samuel Fitzi. "Damit werden die Kosten zumindest anteilsweise gedeckt." Doch der Aufschlag ist happig. Vor allem für Jugendliche: Statt 10 zahlen sie neu 16 Franken - satte 60 Prozent mehr.

 FCSG-Fanbetreuer Urs Baum- gartner findet das eine Frechheit. "Der Aufschlag ist viel zu hoch ausgefallen." Zudem zweifelt er an der Wirkung der Massnahme: "Ob das der richtige Weg gegen die Chaoten ist, bleibt fraglich. Der grösste Teil im Fan-Sektor ist friedlich." Auch im FCSG-Forum ist man sich uneins. Ein User schreibt: "Ich finde es richtig, dass nach dem Verursacherprinzip abgerechnet wird." Andere finden den Aufpreis einfach "lächerlich".  julia fischer

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Newsnetz 18.5.10

FC St. Gallen erhöht Stehplatz-Preise markant

si / fal

 Wegen der hohen Sicherheits-Kosten und massiven Bussen in der letzten Saison sehen sich die Ostschweizer gezwungen, die Eintrittspreise in den beiden Stehplatzsektoren um sechs Franken zu erhöhen.

 Erwachsene bezahlen neu 26 Franken pro Spiel. Von der Erhöhung der Stehplatzpreise sind aber nicht nur die Erwachsenen betroffen. Lehrlinge und Studenten bezahlen neu 21 Franken und Jugendliche 16 Franken pro Spiel in der Axpo Super League.

 Um die Sicherheit der Zuschauer im Stadion zu verbessern, hat der Ostschweizer Verein während der zu Ende gegangenen Saison Investitionen im sechsstelligen Bereich getätigt. Hinzu kamen hohe Kosten für den Einsatz von Sicherheitspersonal und Polizei sowie Bussen im sechsstelligen Bereich für das Fehlverhalten von einzelnen Chaoten.


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NLZ 18.5.10

Sport-Chaoten

 74 Luzerner auf Hooligan-Liste

 red. 860 Namen werden derzeit in der nationalen Hooligan-Datenbank geführt, darunter 74 Luzerner. Auf die unrühmliche Liste gelangt, wer wegen Chaotentum an Sportevents mit Massnahmen belegt wurde. Luzern liegt hinter Zürich, Bern und St. Gallen weit vorne in der Liste, während etwa Basel-Stadt mit seinen vielen fanatischen FCB-Fans bloss 31 Eintragungen verbucht. Der Luzerner Polizeikommandant Beat Hensler erklärt: "Wer wenig gegen ein Chaotenproblem unternimmt, erscheint auf der Liste weit hinten."

 Seite 21

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Hooligan-Liste: Luzern vorne

Von Stefan Roschi und Dave Schläpfer

 Seit 2007 werden Sportchaoten in einer Datenbank erfasst, 860 sind derzeit registriert. Beim EV Zug wünscht man sich einen einfacheren Datenaustausch.

 Hooligan-Hochburg Luzern? Im Ranking jedenfalls liegt der Kanton Luzern momentan an vierter Stelle. Das bedeutet: 74 Personen sind in der Hooligan-Datenbank "Hoogan" eingetragen (siehe Kasten). In Luzern waren es Ende 2008 noch 63 Personen. Aktuell an erster Stelle liegt Zürich (158), gefolgt von Bern und St. Gallen (je 90), wie die "Mittelland-Zeitung" jüngst schrieb. Dahinter folgen Aargau (56), Wallis (53) und Basel-Stadt (31) - aus letzterem Kanton stammt ein Grossteil der FC-Basel-Fans: Deren Hooligan-Fraktion gilt als grösste der Schweiz.

 Die Anzahl Einträge in der Datenbank ist in einem Jahr von 576 auf 860 Leute angestiegen. Der grösste Teil der registrierten Personen stammt aus dem Fussball-Umfeld (610), der Rest aus dem Eishockey (248).

 Einträge wegen Cup-Halbfinal

 Für Beat Hensler, Kommandant der Luzerner Polizei, ist die Platzierung von Luzern nicht überraschend. "Wir liegen relativ weit vorne, weil wir auch konsequent gegen Randalierer vorgehen." Deshalb sei es schwierig, diese Rangliste einzuordnen. "Jeder Kanton handhabt den Umgang mit Hooligans anders", sagt Hensler und ergänzt: "Ein Kanton, der ein Chaotenproblem hat und wenig dagegen unternimmt, erscheint auf der Hooligan-Liste weit hinten, so als ob kein Problem vorhanden wäre."

 Grundsätzlich sei die Situation in Luzern aber momentan gut. "Wir haben seit über zwei Jahren keine grösseren Probleme gehabt, abgesehen vom Cup-Halbfinal des FC Luzern gegen Sion." Aus den damaligen Schlägereien auf dem Spielfeld stammten auch noch viele "Hoogan"-Einträge.

 Neu: Polizei darf Chaoten melden

 Verbesserungen haben laut Hensler die Massnahmen gegen Hooligans gebracht, die das Parlament 2007 verabschiedet hat und die jetzt, seit Anfang 2010, durch das Hooligan-Polizeikonkordat weitergeführt werden: Rayonverbote, Polizeigewahrsam, Meldeauflagen und Ausreisebeschränkungen für Gewalttäter sowie die Schaffung der Datenbank.

 Was 2010 neu dazugekommen ist: Die Polizei darf, wenn sie einen Gewalttäter vor dem Spiel am Bahnhof erwischt, dessen Namen dem Sportklub weiterleiten. So kann der Klub allenfalls ein Stadionverbot aussprechen. "Es ist zwar eine kleine Änderung, aber sicher eine nützliche", so Hensler. Bisher habe die Luzerner Polizei aber noch nicht davon Gebrauch gemacht.

 FCL wünscht nationales Verbot

 Grundsätzlich gilt: Ein Rayonverbot wird durch die Polizei ausgesprochen und gilt ein Jahr - allerdings nur rund um das betreffende Stadion. Ein Stadionverbot dagegen wird vom Sportverein verhängt, gilt zwei Jahre in allen Stadien der Schweiz. Polizeikommandant Hensler sähe es gerne, wenn beide Massnahmen von gleicher Dauer wären. Nur: Um Rayonverbote zu verlängern, müssten alle Konkordate neu aufgesetzt werden, was im Moment unwahrscheinlich ist.

 Mike Hauser, Sicherheitschef beim FC Luzern, würde es ausserdem begrüssen, wenn die Rayonverbote gesamtschweizerisch (wie bei Stadionverboten) und nicht nur kantonal Gültigkeit hätten. "Bei einigen Fällen wäre das tatsächlich wünschenswert." Generell sei mit dem Inkrafttreten des Konkordats der Datenaustausch einfacher geworden. "Vorher musste die Hoogan-Liste von Bern angefordert werden. Die Einsicht fand im Beisein eines Vertreters statt. Heute läuft alles über die Luzerner Polizei", erklärt Hauser.

 EVZ: Acht Stadionverbote

 Bei den Eishockeyanern des EV Zug ist man von der Einfachheit des Systems nicht restlos überzeugt. Das Anfordern von Daten sei nach wie vor zu aufwändig, findet François Stocker. "Das muss einfacher werden", urteilt der EVZ-Sicherheitschef. Er stellt das Führen von Listen von verschiedener Seite allgemein in Frage. In den letzten Monaten sieht er eine Verbesserung beim Austausch zwischen den Eishockeyklubs: "Man hat angefangen, miteinander zu sprechen." Zurzeit seien acht Stadionverbote ausgesprochen, beim FCL sind es gemäss Hauser etwa 90.

 Von der zu Jahresbeginn geäusserten Absicht von EVZ und FCL, untereinander Hooligan-Daten auszutauschen, wurde bislang kein Gebrauch gemacht. "Wir haben Gespräche miteinander geführt. Einen Austausch erachte ich von rechtlicher Seite her wegen des Datenschutzes als relativ heikel", sagt Mike Hauser. "Um dies zu ermöglichen, müssten die Verbände eine Vereinbarung ausarbeiten."

 Repression reicht nicht

 Aller Wirksamkeit von repressiven Massnahmen zum Trotz: EVZ-Sicherheitschef François Stocker betont, dass es damit allein nicht getan ist: "Da muss ein Parallelprozess, eine Sensibilisierung stattfinden. Jungen Menschen muss ein Aufwachsen unter guten Bedingungen ermöglicht werden." Denn beim Hooliganismus handle es sich um ein gesellschaftspolitisches Problem.

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BIG BROTHER FDP
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Tagesanzeiger 18.5.10

FDP fordert ein schweizweites Vermummungsverbot

 Fünf FDP-Frauen machen sich stark für die Sicherheit. Sie wollen Demonstranten in allen Kantonen zwingen, dass sie ihr Gesicht zeigen.

 Von Verena Vonarburg, Bern

 Eine ganze Reihe von Kantonen und Gemeinden haben es zum Teil seit Jahren. Nun fordert eine Arbeitsgruppe der FDP alle Kantone auf, ein Vermummungsverbot bei Demonstrationen einzuführen. "Ein Gesetz, das es verbietet, sein Gesicht zu verhüllen und während einer Demonstration gefährliche Gegenstände mit sich herumzutragen", sagte gestern die Waadtländer Sicherheitsdirektorin Jacqueline de Quattro in Bern vor den Medien.

 Dass Demonstrierende ihr Gesicht zeigen, sei "das Mindeste, was man verlangen kann". De Quattro präsidiert eine freisinnige Arbeitsgruppe, die ein "Positionspapier Bürgersicherheit" ausgearbeitet hat. Ein Vermummungsverbot, so die Überzeugung der Gruppe, habe präventive Wirkung. Die Polizei könne einschreiten, bevor Sachbeschädigungen entstehen. Es gehe nicht an, dass eine kleine Gruppe von Gewaltbereiten als "Parasiten" eine absolut friedliche, bewilligte Demonstration wie beispielsweise am 1. Mai stören, sagt De Quattro.

 St. Gallen geht am weitesten

 In Sachen Vermummungsverbot am konsequentesten handelt derzeit St. Gallen im Zusammenhang mit dem Fussball. Am Donnerstag steht zum ersten Mal ein Prozess an. Ein junger Zürcher, der Ende Oktober nach einem Fussballspiel des FC St. Gallen gegen GC festgenommen wurde, steht vor Gericht - wegen Verstosses gegen das Vermummungsverbot, Landfriedensbruch, Gewalt und Drohung gegen Beamte.

 Für Ralf Hurni, Leiter Sicherheit der Stadtpolizei St. Gallen, sind die Erfahrungen mit dem Vermummungsverbot "grundsätzlich positiv". Treffen bei Fussballspielen die Gästefans ein, werden sie per Megafon über das Verbot und Bussen ab 800 Franken informiert. "Wir stellen fest, dass sich die Leute seither eher nicht vermummen." Nicht jeder Vermummte wird in St. Gallen festgenommen, ausser wenn er sich noch anderes zuschulden kommen lässt. Polizisten sind für Einsätze bei Demos und Fussballspielen speziell geschult.

 Im Rest der Schweiz tut man sichmit dem Vermummungsverbot, selbst wenn es im Gesetz steht, relativ schwer. Roger Schneeberger, Generalsekretär der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz: "Das Vermummungsverbot ist relativ schwierig umzusetzen. Es stellt sich immer die Frage der Verhältnismässigkeit, da Vermummte meistens in grösseren Menschenmengen auftauchen."

 Nause: "Dann hat man Krieg"

 Reto Nause, CVP-Polizeidirektor der Stadt Bern, wartet für das Problem der Verhältnismässigkeit mit einem ganz aktuellen Beispiel auf: Die Fussballfans des FC Basel seien am Sonntag in der ersten, zweiten und dritten Reihe im Zug vom Bahnhof her alle vermummt gewesen - dahinter folgten 2500 unverhüllte Fans. "Man kann die Vermummten schon aus der Menge reissen, aber dann hat man Krieg", so Nause.

 Apropos Vermummung: Die FDP-Arbeitsgruppe fordert auch ein Burkaverbot im Kontakt mit Behörden und im öffentlichen Dienst. Dieses könne im gleichen gesetzlichen Rahmen wie das Vermummungsverbot erlassen werden, sagt die basellandschaftliche Regierungsrätin Sabine Pegoraro.

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NZZ 18.5.10

Mit Härte zu mehr Sicherheit

 Positionspapier einer freisinnigen Arbeitsgruppe

 Die FDP will das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stärken. Dazu setzt sie unter anderem auf eine Verschärfung des Strafrechts, auf Videoüberwachung und hartes Durchgreifen bei Demonstrationen. Die Kostenfrage bleibt ausgeklammert.

 fon. Bern ⋅ Auch wenn die Schweiz punkto Sicherheit im Vergleich zum Ausland relativ gut dasteht, sind verstärkte Anstrengungen nötig, um eine weitere Zunahme der Gewalt zu verhindern. Dieser Auffassung sind die Freisinnigen. Sie haben am Montag in Bern ein umfassendes Massnahmenpaket vorgestellt, dank dem das Land sicherer werden soll. Die von einer parteiinternen Arbeitsgruppe unter der Führung der Waadtländer Regierungsrätin Jacqueline de Quattro ausgearbeiteten Vorschläge beschlagen zahlreiche Gebiete. Einen Schwerpunkt setzt die FDP beim Strafrecht.

 Strafrecht als Schwerpunkt

 Das Strafgesetzbuch sei das "Sorgenkind von Polizei und Justiz", sagte die St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter. Sie kritisierte, dass das geltende Sanktionensystem bei den kurzen Strafen eine zu grosse Vielfalt aufweise und mitunter lächerlich anmutende Urteile gefällt würden. Die Strafrechtsreform, die derzeit im Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement ausgearbeitet wird und demnächst in die Vernehmlassung geschickt werden soll, müsse den Anwendungsbereich der Geldstrafe einschränken und in gewissen Fällen die Anordnung kurzer Freiheitsstrafen erlauben, so Keller-Sutter. Die Reform drohe allerdings auf halbem Weg stehenzubleiben und wichtige Punkte - wie etwa die rasche Rückversetzung des Täters in den Strafvollzug, wenn er gegen Bewährungsauflagen verstosse - aussen vor zu lassen.

 Weiter verlangt die FDP Korrekturen im Jugendstrafrecht, so eine Verlängerung der Schutzmassnahmen bis zum Alter von 25 statt von 22 Jahren, und eine schärfere Gangart gegenüber jugendlichen Gewalt- und Sexualdelinquenten. Und schliesslich sollen Strafregistereinträge nicht mehr systematisch entfernt werden; für die Beurteilung der Gefährlichkeit eines Täters sei es wichtig, seine Jugendstrafen zu kennen. - Dieser Ruf nach mehr Härte im Strafrecht ist insofern erstaunlich, als sich eine Mehrheit der freisinnigen Vertreter bei der Behandlung entsprechender Vorstösse vor knapp einem Jahr im Nationalrat noch sehr zugeknöpft gezeigt hatte.

 Kostenfrage ausgeklammert

 Weiter will die FDP den Kampf gegen Vandalismus und Hooliganismus verstärken. Um die Gefahr von Ausschreitungen zu reduzieren, sollen vermehrt Videokameras installiert werden. Von der Polizei wird ein konsequentes Eingreifen gefordert, sollte eine Demonstration aus dem Ruder laufen. Weiter soll ein Vermummungsverbot eingeführt werden, das laut der Baselbieter Regierungsrätin Sabine Pegoraro praktischerweise auch gegen Burkaträgerinnen eingesetzt werden könnte.

 Die im Sicherheitspapier aufgeführten Forderungen sollen im Bund und in den Kantonen durch entsprechende Vorstösse aufs Tapet gebracht und konkretisiert werden. Dass eine Verstärkung der Sicherheit nicht zum Nulltarif zu haben ist, ist auch der FDP klar. Dennoch wagt sie es nicht, explizit mehr Finanzmittel für einen Ausbau der Polizeikräfte zu fordern - obschon die Gewährleistung der Sicherheit eine der wenigen wirklichen Kernaufgaben des Staates darstellt.

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Aargauer Zeitung 18.5.10

FDP fordert mehr Überwachungskameras

 Die Freisinnigen legen den Fokus vermehrt auf die Sicherheit

 Die FDP hat das Thema Sicherheit entdeckt. Gestern stellte sie in Bern ein Massnahmenpaket vor, um die Ausbreitung der Kriminalität zu bekämpfen. Dafür mehr Geld ausgeben will sie hingegen nicht.

 Moritz Kaufmann

 Die FDP sieht die Sicherheit in der Schweiz gefährdet. Vor allem die zunehmenden Gewaltdelikte, die gemäss Bundesamt für Statistik tatsächlich steigen, würden die Bevölkerung verunsichern. Gestern riefen die Liberalen deshalb zur Medienkonferenz in Bern, um aufzuzeigen, mit welchen Massnahmen sie die Sicherheit hierzulande weiterhin gewährleisten wollen. Ziel sei, dass man sich als Bürger immer und überall angstfrei bewegen könne, wie die Waadtländer Regierungsrätin Jacqueline de Quattro, Präsidentin der Task-Force Sicherheit, erklärte.

 Handlungsbedarf sieht die FDP denn auch in den verschiedensten Bereichen der öffentlichen Sicherheit. Im Strafrecht sollen beispielsweise wieder Freiheitsstrafen von unter einem Jahr möglich sein. Diese wurden mit dem Inkrafttreten des revidierten Strafgesetzes vor dreieinhalb Jahren abgeschafft. Ferner will die FDP das Jugendstrafgesetz verschärfen, sodass bei schweren Gewalt- und Sexualdelikten härtere Strafen ausgesprochen werden können. Im Kampf gegen die Jugendgewalt setzen die Liberalen ausserdem auf mehr Videoüberwachung. Zwar sei eine flächendeckende Überwachung abzulehnen, doch soll man "an neuralgischen Punkten unbürokratisch Überwachungskameras installieren dürfen". Die FDP sieht darin keinen Widerspruch zu ihrer liberalen Grundhaltung, denn: "Datenschutz dürfe nicht zum Täterschutz werden." Weitere Vorschläge machte die FDP in den Bereichen Ausländerkriminalität, Gewalt im Sport und Zusammenarbeit von Polizei und Armee.

 2000 Polizisten zu wenig

 Mehr Geld für die Sicherheit ausgeben will die FDP allerdings nicht. Die zahlreichen Vorschläge zielen deshalb vor allem auf "eine Optimierung der Strukturen" ab und nicht auf eine Aufstockung materieller und personeller Ressourcen. Es sei zwar bekannt, dass schweizweit bis zu 2000 Polizisten fehlten, räumte die St. Galler Sicherheitsdirektorin Karin Keller-Sutter ein. Sie kann sich aber andere Möglichkeiten vorstellen, um zu mehr Mittel zu kommen. So könnte man Doppelspurigkeiten abbauen, wenn man das Grenzwachkorps mit der Kantonspolizei zusammenlegen würde. Pikant dabei: Die Grenzwache ist Teil des Volkswirtschaftsdepartements und untersteht somit FDP-Bundesrat Hansruedi Merz. Dieser ist aber strikt dagegen, die Grenzwache aus seiner Kompetenz herauszulösen.

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Zürichsee-Zeitung 18.5.10

Videoüberwachung

 FDP für lockeren Datenschutz

 Um die Sicherheit zu verbessern, verlangt die FDP mehr Videoüberwachung. Das Datenschutzgesetz soll zu diesem Zweck gelockert werden.

 Marcello Odermatt, Bern

 Die FDP plant, die Videoüberwachung wieder zum nationalen Thema zu machen. Die sicherheitspolitische Arbeitsgruppe der Partei stellte gestern ein Bündel an Massnahmen vor, um die Sicherheit zu verbessern. Dabei setzt sie auf mehr Videoüberwachung. In der kommenden Session wird daher vom Zürcher Nationalrat Filippo Leutenegger ein Vorstoss eingereicht. Verlangt wird aber nicht ein nationales Gesetz für die Videoüberwachung. Entsprechende Pläne waren vor drei Jahren aktuell, wurden aber vom damaligen Justizminister Christoph Blocher eingestellt. Damit blieb die für die Schweiz uneinheitliche Regelung der Videoüberwachung bestehen. Dafür zuständig sind grundsätzlich die Kantone, der Bund regelt die Überwachung durch Private oder durch konzessionierte Verkehrsbetriebe wie die SBB. Auf Bundesebene nimmt einzig das Datenschutzgesetz Bezug auf die Thematik. Es schützt die Persönlichkeitsrechte bei einem Eingriff unter anderem durch Videoüberwachung.

 Hier will die FDP nun einsetzen. Denn das Problem sehen die Freisinnigen darin, dass den Kantonen aufgrund des Datenschutzgesetzes viele Schranken gesetzt werden, um Daten einer Videoüberwachung für die Strafverfolgung zu nutzen. "Die Kantone sollen die Erlaubnis bekommen, gefährdete Zonen besser zu überwachen", sagt Leutenegger. Heute sei das Datenschutzgesetz zu restriktiv, mehr Täter- statt Opferschutz.

 Videokameras am Limmatquai

 Jacqueline de Quattro, Waadtländer Regierungsrätin und Präsidentin der FDP-Arbeitsgruppe, würde es begrüssen, wenn das Gesetz den Kantonen erlauben würde, den Datenschutz "auf unbürokratische Weise" anwenden zu können. Laut de Quattro sollten Videokameras vermehrt an neuralgischen Punkten installiert werden. Leutenegger denkt nicht nur an Bahnhöfe und Sportarenen, sondern generell an öffentliche Plätze und Strassen wie das Limmatquai in Zürich oder die Altstadt von Bern. Laut Karin Keller-Sutter, St. Galler FDP-Regierungsrätin und Vizedirektorin der kantonalen Polizeidirektorenkonferenz, müsse die Videoüberwachung aber Kantons- bzw. Gemeindeaufgabe bleiben. "Das ist nicht Aufgabe des Bundes." Die Bedeutung der Videoüberwachung sieht sie vorab in deren präventiver Abschreckwirkung.

 Zu den von der FDP-Gruppe vorgeschlagenen Massnahmen gehören weiter die Verschärfung des Strafrechts. Gewalt- und Sexualdelikte sollen mehr mit Freiheits- statt nur mit Geldstrafen sanktioniert werden. Für jugendliche Straftäter sollen Sanktionen bis zum 25. Lebensjahr andauern. Weiter will die Partei ein härteres Durchgreifen der Polizei gegen Chaoten. Zudem verlangt sie ein Vermummungsverbot bei Demos.

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Südostschweiz 18.5.10

FDP-Frauenpower für mehr Sicherheit

 Mit einem breit gefächerten Bündel von Vorschlägen will die FDP das Sicherheitsgefühl der Schweizer Bevölkerung steigern. Nebst einem verschärften Strafrecht setzt die Partei auf Videoüberwachung - für mehr Polizisten fehlt das Geld.

 Bern. - Jeder Bürger und jede Bürgerin müsse sich überall und jederzeit ohne Angst bewegen können: Das hielten vier kantonale Justiz- und Polizeidirektorinnen der FDP gestern vor den Medien in Bern fest. Sie präsentierten die Vorschläge einer parteiinternen Arbeitsgruppe zur Sicherheit.

 "Gewaltakte finden heute immer häufiger im Umfeld von friedlichen Veranstaltungen statt", sagte etwa die Waadtländer Sicherheitsdirektorin Jacqueline de Quattro. Damit sprach sie Fussballspiele oder Kundgebungen an, bei denen "einige wenige Chaoten grosse Probleme" verursachten. Bei solchen Vorfällen soll die Polizei nach dem Willen der FDP hart durchgreifen. Zu ihrer Unterstützung sollen aber auch die Bedingungen vor Ort verbessert werden: So verlangen die Freisinnigen beispielsweise ein Vermummungsverbot bei Demonstrationen. Videokameras sollen Unruhestifter auf der Strasse und im Stadion identifizieren, und wer zu Gewalt bereit ist, soll registriert werden. Sportclubs will die Partei stärker zur Kasse bitten.

 Rückkehr zum alten Strafrecht

 Das Konzept der FDP deckt ein weites Feld ab; es reicht von Vandalismus und Ausländerkriminalität bis hin zu Armee-Einsätzen zu Gunsten der inneren Sicherheit.

 Revolutioniert wird die Sicherheitspolitik durch die Vorschläge nicht - schliesslich, so der Tenor der vier Politikerinnen gestern, sei "die Schweiz eines der sichersten Länder Europas". Vielmehr ginge es um eine Optimierung. Dazu verlangt die FDP etwa im Strafrecht eine Rückkehr zu den alten Regeln. "Gewalt- und Sexualdelikte sollen nicht mehr nur mit einer Geldstrafe sanktioniert werden", sagte die St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter. Kurze Freiheitsstrafen sollen auch wieder möglich sein. Auch im Jugendstrafrecht fordert die Partei Verschärfungen: Für jugendliche Straftäter sollen Sanktionen wieder bis zum 25. Lebensjahr andauern können.

 Für mehr Polizei fehlt das Geld

 Zwar wäre es nötig, mehr Polizisten einzustellen und ihnen besseres Material zu kaufen, räumt die FDP ein. Es fehlten rund 1500 Polizisten, sagte Keller-Sutter. Bei knappen Finanzen komme eine Aufstockung aber erst in zweiter Linie in Frage.

 Einen Weg skizzierte Keller-Sutter aber, um Mittel freizumachen: Es könnten Doppelspurigkeiten abgebaut werden, indem das Grenzwachtkorps und die Bahnpolizei mit den Kantonspolizeikorps zusammengelegt würden, sagte sie. Das sei bislang ein Tabu. (sda)

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NLZ 18.5.10

Gewalt

 FDP will neue Sicherheitspolitik

 sda. Die FDP will das Sicherheitsgefühl der Schweizer Bevölkerung steigern. Jeder Bürger müsse sich überall und jederzeit ohne Angst bewegen können, hielten vier kantonale Justiz- und Polizeidirektorinnen der FDP gestern vor den Medien in Bern fest. Sie präsentierten die Vorschläge einer parteiinternen Arbeitsgruppe zur Sicherheit in der Schweiz.

 Hart durchgreifen

 "Gewaltakte finden heute immer häufiger im Umfeld von friedlichen Veranstaltungen statt", sagte die Waadtländer Sicherheitsdirektorin Jacqueline de Quattro. Sie sprach Fussballspiele oder Kundgebungen an, bei denen "einige wenige Chaoten grosse Probleme" verursachten. Bei solchen Vorfällen soll die Polizei hart durchgreifen. So verlangt die FDP ein Vermummungsverbot bei Demos, Videokameras sollen Unruhestifter auf der Strasse und im Stadion identifizieren, und wer zu Gewalt bereit ist, soll registriert werden. Sportclubs will die Partei stärker zur Kasse bitten.

 Strengere Strafen

 "Gewalt- und Sexualdelikte sollen nicht mehr nur mit einer Geldstrafe sanktioniert werden", sagte die St. Galler FDP-Regierungsrätin Karin Keller-Sutter. Kurze Freiheitsstrafen sollen hier auch wieder möglich sein. Auch im Jugendstrafrecht fordert die Partei Verschärfungen.

 Um neue Kapazitäten für die Polizei freizumachen, schlägt die FDP vor, dass das Grenzwachtkorps und die Bahnpolizei mit den Kantonspolizeikorps zusammengelegt würden.

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BIG BROTHER GOOGLE
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Tagesanzeiger 19.5.10

"Ich bin überzeugt, dass wir noch auf weitere ‹Pannen› stossen werden"

 Gerald Reischl bezweifelt, dass die von Google gesammelten WLAN-Daten wertlos sind.

 Mit Gerald Reischl sprach Rita Flubacher

Google sagt, bei den gespeicherten WLAN-Daten handle es sich nur um Fragmente von E-Mails und abgefragten Webseiten. Glauben Sie das?

 Ich bin Google-Skeptiker und weiss, dass Google nicht immer die Wahrheit sagt. Datenschützer sind jetzt gefordert, damit Google die Datenspeicher herausrückt. Dann kann man die Daten analysieren und sehen, was Google mit ihnen gemacht hwätte - oder schon gemacht hat.

 In der Schweiz verlangt beispielsweise der Präsident der Schweizer Datenschutzbeauftragten, Bruno Baeriswyl, dass eine unabhängige Datenschutzbehörde die Google-Datenverarbeitung unter die Lupe nehmen soll.

 Der Vorschlag ist gut, allerdings muss diese Kontrolle laufend erfolgen. Das Problem ist jedoch, dass Google ein US-Unternehmen ist. Auch wenn man Zugriff auf die Schweizer Daten hat, kann man nicht kontrollieren, was Google auf US-Servern speichert.

 Was glauben Sie: Wird Google die Daten herausrücken?

 Ich befürchte, dass sie sagen, sie würden die Daten unter der Kontrolle von externen Experten löschen. Allerdings sind die externen Experten von Google und nicht von den Datenschutzbehörden ausgewählt worden.

Google weiss doch dank seinen vielen Diensten schon so viel über seine Nutzer, dass es diese Datenfetzen gar nicht braucht.

 Es ist ein zusätzliches Datenpaket, mit dem Google seinen Datenbestand aufwerten könnte. Aber da man nicht weiss, welche Daten es wirklich sind, weiss man auch nicht, ob sie wertvoll oder wertlos sind. Google hat vier Jahre lang gesammelt. Jeder von uns weiss, was sich innerhalb von vier Jahren in einem Computer ansammelt. Da frage ich mich schon, ob diese Daten tatsächlich so harmlos sind, wie Google behauptet.

Google sagt, es seien nur Daten von ungesicherten Funknetzen gesammelt worden. Glauben Sie das?

 Ich weiss es nicht. Aber ich finde es eine Frechheit, dass Google damit insinuiert, die Nutzer seien selber schuld, weil sie ihr Netz nicht geschützt haben. Vor wenigen Jahren war das Absichern noch nicht üblich. 2007, als Google mit dem Datenabsaugen anfing, war in Wien jedes zweite WLAN ungeschützt.

 Soll man Internetnutzer, die ihr Netz nicht schützen, mit einer Busse bestrafen, wie dies in Deutschland jetzt möglich ist?

 Nein, wieso? Man darf Computernutzer nicht wegen ihrer Unwissenheit beziehungsweise Sorglosigkeit von damals bestrafen. 2010 würde ich allerdings voraussetzen, dass es sich herumgesprochen hat, dass man WLAN-Netze absichert. Google hat jedenfalls die Wissenslücke von Nutzern ausgenutzt.

 Sammelt Google auch über andere Dienste Daten, von denen wir nichts wissen?

 Ich habe bereits vor zwei Jahren gemutmasst, dass es Datenlücken gibt und Google auf nicht nachvollziehbare Art Daten sammelt. Google hat ein Dutzend geheime Patente für das Suchen und Analysieren von Nutzerdaten. Warum braucht Google Patente, die an einen Geheimdienst erinnern? Ich glaube, dass sie so an Daten herankommen, wie wir es nicht für möglich halten würden. Ich bin überzeugt, dass wir noch auf weitere "Pannen" stossen werden.

Google beschäftigt die besten Spezialisten, während es sich bei den Datenschützern um Laien handelt.

 Experten können nur durch Experten kontrolliert werden. Deshalb braucht es jetzt dringend Datenschutzbeauftragte, die sich im Web, mit der IT auskennen, sozusagen Web-2.0-Beauftragte. Auch in der Schweiz.

 Selbst dann: Haben nationale Datenschützer überhaupt eine Chance gegen einen Giganten wie Google?

 Eigentlich nicht. Aber ich glaube einfach an den europäischen Gedanken. Wenn sich möglichst viele Länder zusammenschliessen und sagen, wir lassen uns von Google nicht mehr alles bieten, sonst gibt es Strafen, Boykotte und Verbote, dann tut sich was. Microsoft ist ja auch in die Knie gegangen, weil sie von der EU-Kommission ständig mit Bussen bestraft wurde. Ich finde es ungeheuerlich, dass Google die weitaus schlimmeren Dinge macht und sich über Nutzer-, Konsumenten- und Datenschutzrechte hinwegsetzt und trotzdem unbehelligt bleibt.

 Sie verfechten die These, dass Google 2015 nicht mehr die Top-Firma im Internet sein wird. Bis jetzt ist noch keine Alternative in Sicht?

 Na ja, sie wird vielleicht nicht aus der Suchmaschinen-Ecke kommen. Aber sie wird kommen. Microsoft war 2000 die Top-Firma in der IT-Welt. Heute spielt sie nicht mehr diese Rolle. Nokia war vor drei Jahren die Top-Handymarke. Bis Apple mit dem iPhone kam. Wo ist Nokia jetzt? All diese Firmen wurden Opfer ihrer eigenen Arroganz und Überheblichkeit. Und so wird es auch Google ergehen.

 Noch ist Google bei den allermeisten Nutzern ganz hoch im Kurs, zweifellos auch, weil seine Dienste kostenlos sind.

 Die scheinbar kostenlosen Dienste bezahlen wir mit unserer Privatsphäre. Für mich gibt es zwei Phänomene: Erstens das Google-Phänomen, wo ohne unser Wissen so genaue Daten über uns gesammelt werden, wie wir es nicht für möglich halten würden. Zweitens das Facebook-Phänomen, wo höchst freizügig Daten preisgegeben werden. Die Kombination beider Phänomene ist brandgefährlich, weil beide kombinierbar sind: Über Google finde ich die Facebook-Daten.

 Gerald Reischl

 Der österreichische Journalist und Publizist veröffentlichte 2008 das Buch "Die Google-Falle". Er führt den Technik-Blog reischl.com

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Bund 18.5.10

Datenschützer streitet mit Google um WLAN-Daten

 Rita Flubacher

 Die Auseinandersetzung zwischen Datenschützern und Google um Google Street View verschärft sich. Grund ist das Eingeständnis des Internetkonzerns, dass er seit 2007 "versehentlich" persönliche Daten aus nicht geschützten WLAN-Netzen gespeichert hat, auch in der Schweiz. Bei den Daten handle es sich um Teile von E-Mails sowie um besuchte Websites. Bisher hatte der Suchmaschinengigant erklärt, man sammle mit den mit Kameras und WLAN-Empfängern ausgestatteten Autos nur Namen und eindeutige Kennzeichnungen der Funknetze.

 Google möchte die Daten mit Einwilligung der Datenschützer jetzt rasch löschen. Das entsprechende Gesuch für die Schweiz traf gestern Nachmittag beim Eidgenössischen Datenschutzbeauftragen Hanspeter Thür ein. Doch dieser stemmt sich - wie seine Kollegen in Deutschland - gegen das Ansinnen. "Wir wollen zuerst wissen, was genau gelaufen ist", erklärt Thür. Insbesondere interessiert ihn, ob Google die WLAN-Netze mit Absicht ausforschte, was strafrechtliche Konsequenzen haben könnte (Verletzung des Telekommunikationsgeheimnisses). Für ihn wäre das ein "Skandal". Zudem will er wissen, ob tatsächlich nur ungesicherte Funknetzwerke betroffen waren - wie dies Google behauptet - oder auch passwortgeschützte Netze. - Seite 11

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Google sammelt alles, auch private E-Mail-Schnitzel

 Der Internetkonzern spricht von einem Versehen. Datenschützer zweifeln und fordern eine stärkere Kontrolle von Google.

 Rita Flubacher

 Hanspeter Thür, eidgenössischer Datenschützer, erhielt das Mail am vergangenen Freitag um 22 Uhr. Es informierte ihn, dass Google wenige Tage zuvor nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. Damals hiess es, dass bei den Fahrten für Google Street View nur die Namen der WLAN-Netze und deren Kennung gespeichert würden, nicht aber personenbezogene Daten. Am Freitag räumte Google ein, dass seit 2007 in mehr als 30 Ländern solche Daten erfasst wurden, also E-Mails oder besuchte Webseiten.

 Wie das funktionierte, ist im Google-Firmenblog nachzulesen. Die Daten seien "versehentlich" aufgezeichnet worden. Es gehe um Daten, die in dem Moment über ungeschützte Netzwerke gelaufen seien, als das Google-Auto vorbeigefahren sei. Nicht betroffen seien passwortgeschützte WLAN-Anschlüsse. Laut dem stellvertretenden Forschungschef Alan Eustace sei für die Erfassung der Netzstandorte eine Software eingesetzt worden, die auch Nutzerdaten mitschneide. Dies hätten die Mitarbeiter des WLAN-Projekts nicht gewusst.

 Datentschützer üben Kritik

 Die Fahrten der Autos seien gestoppt und die erfassten Daten gesondert gespeichert worden. Das Kartierungsprojekt werde komplett eingestellt. Eustace entschuldigte sich für den "Irrtum" und beteuerte, man werde alles daran setzen, die richtigen Lehren zu ziehen. Google-Sprecher Kay Oberbeck sagte im Schweizer Fernsehen, es sei ein schwerer Fehler begangen worden.

 Datenschützer machen aus ihrer Skepsis gegenüber dieser Darstellung kein Hehl. Hanspeter Thür spricht von einem Skandal. Bruno Baeriswyl, Datenschutzbeauftragter des Kantons Zürich und Präsident der Vereinigung der Schweizer Datenschutzbeauftragten, glaubt, dass bei Google etwas zum Vorschein gekommen ist, was man verdeckt halten wollte. Die deutsche Verbrauchsschutzministerin Ilse Aigner nennt das Tun von Google "illegal". Für die Datenschützer im In- und Ausland ist klar: "Google muss offenlegen, wie es zu diesem Verstoss kommen konnte und wie viele Internetznutzer betroffen sind", so Ilse Aigner. Thür verlangt von Google, dass die Rohdaten der Street-View-Aufnahmen auf den Tisch gelegt werden. Ein schweizerischer Datenschützer könne dies allerdings nicht anordnen: "Es ist ein internationales Problem."

 Wie schwer den Suchmaschinisten beizukommen ist, weiss Thür: Der Datenschützer will, dass Personen und Autokennzeichen besser unkenntlich gemacht werden. Google verweigert die Forderung. Nun muss das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.

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NZZ 18.5.10

Google fischt im Elektrosmog

 Street-View-Autos von Google scannen private Funknetze und fangen Datenpakete ab

Google hat Funknetzwerke abgehört und auch personenbezogene Daten gesammelt. Die Aufzeichnung der Daten steht im Zusammenhang mit Street View, einer Internet-Anwendung, die schon oft den Zorn der Datenschützer erregt hat.

 Markus Hofmann / Stefan Betschon

 Aufgeflogen ist es in Hamburg. Wegen einer Nachfrage des dortigen Datenschützers musste das IT-Unternehmen Google eingestehen, dass es während dreier Jahre in verschiedenen Ländern - darunter auch die Schweiz - private Daten aus drahtlosen Computernetzen (WLAN) ohne Wissen der Netzbenutzer aufgezeichnet hatte. Google bezeichnete dies über das Wochenende als einen Fehler und entschuldigte sich dafür.

 Persönlichkeitsrechte verletzt

 Die Aufzeichnung der Daten aus den drahtlosen Netzen geschah, als Google Aufnahmen für seine Anwendung Street View machte. Damit erhält der Vorfall in der Schweiz eine besondere Brisanz. Denn der eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte, Hanspeter Thür, reichte im vergangenen Jahr in Sachen Street View eine Klage gegen Google beim Bundesverwaltungsgericht ein. Thür wirft Google vor, dass es mit Street View mangels genügender Anonymisierung Persönlichkeitsrechte verletze. Das Verfahren ist noch hängig, der Datenschutzbeauftragte ist zurzeit mit der Replik auf die Klageantwort beschäftigt. Neue Bilder von Schweizer Strassen stellt Google zurzeit nicht ins Netz, Kamerafahrten durften aber auch in den letzten Monaten unternommen werden.

 Den neuen Vorfall werde man ins laufende Verfahren einbringen, sagt Thür auf Anfrage. Er zeigt sich über das Geschäftsgebaren von Google "irritiert", zumal Google auch ihm gegenüber noch vor wenigen Tagen behauptet hatte, es würden keine Inhalte aus den drahtlosen Netzen aufgezeichnet. "Was hier passiert ist, ist nicht vertrauenerweckend", sagt Thür. Viele Fragen, was genau vorgefallen sei, seien aber noch offen. Allerdings sei es nicht sinnvoll, auf nationaler Ebene vorzugehen. Die europäischen Datenschutzbehörden wollten sich deshalb koordinieren, sagt Thür. Man wolle einen Pool von Experten zusammenstellen und von Google verlangen, dass die Fachleute den Fall analysieren könnten.

 Aus datenschützerischer Sicht wird die Google-Affäre relevant, wenn personenbezogene Daten aufgezeichnet wurden. Google teilt zwar mit, dass lediglich "Fragmente" gesammelt und diese nicht ausgewertet worden seien. Dies sei grundsätzlich aber nicht entscheidend, meint Thür. Auch aus Datenfragmenten könnten personenbezogene Informationen gewonnen werden. Zudem stelle sich die Frage, ob nicht auch das Briefgeheimnis verletzt worden sei. Für Thür zeigt dieser Fall erneut, dass es für Unternehmen, die geschäftsmässig Daten sammeln und auswerten, eines klaren rechtlichen Rahmens bedarf.

 Navigation ohne GPS

 Lokale Computernetzwerke ohne Kabel werden immer beliebter. Solche Wireless Local Area Networks (WLAN) verbinden innerhalb einer Wohnung oder eines Büros Computer untereinander oder mit Peripheriegeräten. In dichtbesiedelten Gebieten der industrialisierten Welt kann man auf Schritt und Tritt die Signale meist mehrerer solcher WLAN-Router empfangen. Diese Signale durchdringen auch Wände und Türen. Der Sender hat eine Reichweite von ein paar Dutzend Metern und lässt sich über die vom Hersteller vergebene Media-Access-Control-Adresse (MAC) und über den vom Benutzer eingetragenen Service Set Identifier (SSID) eindeutig identifizieren. Als Erste begann die 2003 in Boston gegründete Firma Skyhook Wireless systematisch die Position von WLAN-Sendern zu erfassen. Autos, mit GPS-Ortungssystemen und WLAN-Empfängern ausgerüstet, durchkämmen die Strassen auf der Suche nach Signalen und kartografieren die in den öffentlichen Raum ausstrahlenden WLAN-Hotspots (NZZ 23. 1. 08). Neben der Identität des Senders wird auch die Stärke des Signals registriert.

 Skyhook hat nach eigenen Angaben bis heute weltweit mehr als 100 Millionen WLAN-Zugangs-Punkte in Zehntausenden von Städten erfasst. In der Schweiz ist die Abdeckung noch bescheiden, umfasst hauptsächlich Zürich und Umgebung. Die von Skyhook gesammelten Daten ermöglichen die Positionsbestimmung auch dort, wo zu den Satelliten des Global Positioning System keine Verbindung aufgebaut werden kann. Skyhook-Software ist unter anderen auf den iPod-Touch- und iPhone-Geräten von Apple verfügbar.

 Zu den Konkurrenten von Skyhook gehören die in Miami domizilierte Firma Navizon und - das war bis vor kurzem nicht bekannt - auch Google. Doch während etwa Skyhook laut eigenen Angaben lediglich MAC-Adressen und Informationen zur Signalstärke registriert, hat Google auch personenbezogene Daten gesammelt.

 Noch vor einer Woche hat die Firma dem eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten Hanspeter Thür schriftlich mitgeteilt, dass mit den Street-View-Fahrzeugen zwar WLAN-Signale registriert, aber keine personenbezogenen Daten gesammelt würden. Am Freitagnachmittag musste die Firma diese Aussage zurückziehen.

 Es hatte sich herausgestellt, dass die Funkscanner in den Google-Autos bei ungeschütztem WLAN nicht nur die zur Identifikation des Senders notwendigen Informationen, sondern auch Datenpakete der Nutzer abgefangen und gespeichert haben. Weil aber die Autos sich bewegt hätten und der Funkscanner fünfmal pro Sekunde die Empfangsfrequenz ändere, hätten nur Bruchstücke abgefangen werden können, teilte Google mit.

 "Es war ein Versehen"

 Wie konnte es passieren, dass Google - schon seit Jahren von Datenschützern kritisch beäugt - mehr Daten sammelt als vom Gesetz erlaubt? "Es war ein Versehen", schrieb Alan Eustace, der bei Google als Vizepräsident für Forschung und Entwicklung zuständig ist, am Freitag in einem Blog. Man habe ein Stück Software, das 2006 für eine andere Anwendung entwickelt worden sei, für Street View wiederverwendet und übersehen, dass diese Software neben den beabsichtigten Daten auch noch andere speichere. So fahren nun also seit 2007 Dutzende von Google-Autos durch die Welt und sammeln über WLAN verschickte Datenpakete ein, und bei Google will niemand etwas bemerkt haben?

Google hat am Montag Interview-Anfragen von Journalisten nur selektiv beantwortet, die neueste Medienmitteilung bezüglich der WLAN-Affäre ist mehrere Wochen alt. In seinem Blog-Beitrag versichert Eustace, dass man die von den Funkscannern gesammelten personenbezogenen Daten "so schnell wie möglich" vernichten wolle. Die Street-View-Autos seien gestoppt, die WLAN-Daten unzugänglich gemacht worden. Man suche nun den Kontakt zu den Behörden, um über die Löschung der Daten zu diskutieren. Es sei eine interne Überprüfung der Angelegenheit angeordnet worden, man werde die fragliche Software auch von einer externen Firma analysieren lassen.

 Die Funkscanner von Google konnten nur bei ungeschützten Netzwerken Datenpakete abfangen. Besitzern eines WLAN-Routers sollte dieses Vorkommnis ein Mahnruf sein, die Möglichkeiten der Datenverschlüsselung zu nutzen. Die von neueren WLAN-Routern angebotene Technik des Wi-Fi Protected Access (WPA2) gilt als sicher.

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Aargauer Zeitung 18.5.10

Google bezieht Schelte vom Datenschützer

 Jahrelang sammelte der Internetkonzern private Daten aus drahtlosen Netzwerken - jetzt reagiert Hanspeter Thür

 Dem eidgenössischen Datenschützer Hanspeter Thür fällt es schwer, zu glauben, dass Google die privaten Daten unabsichtlich gesammelt hat.

 Benno Tuchschmid

 Die peinliche Nachricht veröffentlichte der Internetgigant Google via Blog. Alan Eustace, der Cheftechniker des Konzerns, gab darin kleinlaut zu, dass Google-Street-View-Autos seit 2007 nicht nur weltweit Städte und Dörfer fotografiert hatten, sondern auch private Daten von drahtlosen Netzwerken (WLAN-Netzen) mitschnitten und sammelten. Das heisst: Auf den Rechnern von Google lagern Ausschnitte von E-Mails und Daten besuchter Websites - auch von Schweizer Bürgern. Für den eidgenössischen Datenschützer ein schwerwiegendes Datenschutzproblem: "Wenn Google persönliche Inhalte von WLAN-Netzwerken sammelt, dann ist das etwa so, als ob der Pöstler alle Briefe lesen würde, bevor er sie in den Briefkasten wirft."

 "Wie konnte das passieren?", fragte der Google-Cheftechniker in seinem Blog rhetorisch. "Ganz einfach, es war ein Fehler" und "Wir sind uns bewusst, dass wir hier versagt haben; es tut uns leid". Die Entschuldigung kommt beim eidgenössischen Datenschützer Hanspeter Thür nicht richtig an: "Wenn das nur ein Unfall war, ist es höchst peinlich. Wenn es kein Unfall war, wäre es ein Skandal." Google erklärt den Vorgang so: Der Programmiercode eines experimentellen Projekts soll irrtümlich in die Street-View-Software geflossen sein. Unabsichtlich und unbemerkt. Der eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür ist skeptisch: "Ich will nicht vorschnell urteilen, aber es fällt schwer, zu glauben, dass ein internationaler Grosskonzern unabsichtlich solche sensiblen Daten sammelt."

 "Das ist schon sehr irritierend"

 Bei Thürs Amtskollegen im europäischen Ausland klingt es ähnlich. Das Vertrauen in Google ist in Sachen Datenschutz gering. Besonders bei Thür, der im November 2009 aufgrund des Street-View-Programms gegen Google Klage einreichte (siehe Update). Und auch in diesem Fall trägt Google wenig dazu bei, Vertrauen zu schaffen: Ende April hatte Thür bei Google sieben Fragen zu ihrer Erfassung von WLAN-Daten eingereicht. Unter anderem ging es im Fragenkatalog darum, ob Google auch persönliche Daten und Inhalte sammelt. Thür: "Mitte letzte Woche bekam ich per Mail eine Antwort, in der Google dies in Abrede stellte. Ende Woche dann geben sie plötzlich alles zu. Das ist schon sehr irritierend und provoziert Fragen." Auch öffentlich hatte Google noch am 27. April via Blog verlauten lassen, sie würden keine Nutzdaten von WLAN-Netzen sammeln, sondern ausschliesslich nicht sensible Daten.

 Eine neue Klage will Thür trotz allem nicht einreichen, die Vorkomnisse würden aber neue Fakten für das laufende Verfahren gegen Street View liefern. Thür sagt weiter: "Dieser Vorgang zeigt, wie wichtig es ist, diesem Unternehmen klare rechtliche Schranken zu setzten."

 Update

 Am 13. November hatte der eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür beim Bundesverwaltungsgericht gegen Google Klage eingereicht, weil sich das Unternehmen weigerte, seinen Datenschutzempfehlungen in Sachen Street View zu folgen. Er warf Google u.a. vor, dass beim Street-View-Dienst Gesichter von Passanten und Kennzeichen von Autos erkennbar seien. Laut Google ist Street View vollständig legal. Das Verfahren ist noch hängig. (mz)

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Tagesschau 17.5.10

Google "Street View" sammelt private Daten

Auf dem Kamerawagen für den Dienst "Street View" hat Google private Daten aus drahtlosen Computernetzen aufgezeichnet. Das Unternehmen spricht von einer Panne.
http://videoportal.sf.tv/video?id=7fc8274f-f225-4fd7-bcd2-880157274792

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Blick am Abend 17.5.10

"Das tönt unglaubwürdig"

 WIFI-PANNE

 Der Schweizer Datenschützer Brunc Baeriswyl nimmt Google seine Ausrede nicht ab.

 Da fragt man sich: Wo schlampt Google noch?

 Übers Wochenende wurde bekannt, dass Google mit seinen Streetview-Autos nicht nur die Standorte von privaten Wifi-Sen-dern (W-Lan) lokalisierte -sondern bei ungeschützen Sendern auch private Daten wie E-Mails speicherte.

 Seither wir Google nimmer müde sich zu entschuldigen. "We failed badly", steht auf dem Firmenblog. Und Sprecher Kay Oberbeck sagt: "Wir haben hier einen schweren Fehler begangen, den wir zutiefst bedauern und für den wir uns auch entschuldigen." Schuld sei ein unentdecktes Programm, das selbstständig Daten sammelte. Man habe den Fehler entdeckt und wolle ihn nun beheben.

 Doch Bruno Baeriswyl, Präsident der Vereinigung der Schweizer Datenschützer, ist skeptisch: "Das tönt für mich sehr unglaubwürdig. Ich glaube, da ist jetzt eher etwas zum Vorschein gekommen, was Google bisher eigentlich verdeckt halten wollte", sagte er. Und er fordert mehr Ein-fluss: "Damit man wirklich Vertrauen haben könnte, müssten unabhängige Da-tenschutzbe-hörden, die batenbearbei-tungen bei Google kontrollieren können." SDA/bö

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BIG BROTHER DROHNE
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20 Minuten 18.5.10

Grenzer lassen Drohnen fliegen

 BASEL. Im Auftrag der Grenzwache werden in den kommenden Nächten Drohnen der Schweizer Luftwaffe in der Nordwestschweiz eingesetzt. Sie übermitteln Bilder, die der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität dienen sollen. Die Einsätze können laut dem Grenzwachtkommando "zu lokal zeitlich begrenzten Lärmemissionen führen".

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AUSSCHAFFUNG
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Tagesanzeiger 18.5.10

Rasch wieder Ausschaffungsflüge

Vonarburg Verena

 Die kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren wollen so rasch wie möglich wieder Sonderflüge für Zwangsausschaffungen. Das schreiben sie dem Bundesamt für Migration (BfM). Im Schreiben, das dem TA vorliegt, sprechen sich die Kantone weiter dafür aus, ab sofort bei jedem Sonderflug für eine ärztliche Begleitung zu sorgen. Ein Arzt solle nicht nur dann mitfliegen, wennes die Platzverhältnisse zulassen, sondern in jedem Fall. Die ärztliche Versorgung müsse auch im Flughafen immer gewährleistet sein.

 Die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft weist darauf hin, Gefesselte müssten ständig auf ihren Gesundheitszustand hin überwacht werden.

 Das Bundesamt für Migration stoppte im März die Sonderflüge, nachdem ein abgewiesener Nigerianer gestorben war. Das BfM entscheidet demnächst, wann die Sonderflüge wieder aufgenommen werden. (vv)

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NZZ 18.5.10

Neue Regeln für Ausschaffungsflüge

Justizdirektoren begrüssen Verbesserungsvorschläge

 (sda) ⋅ Die Wiederaufnahme der Sonderflüge für Zwangsausschaffungen rückt einen Schritt näher. Die kantonalen Justizdirektoren zeigen sich im Grundsatz einverstanden mit den Verbesserungen, die der Bund nach dem Tod eines Ausschaffungshäftlings vorgeschlagen hat. Nach dem Tod eines Ausschaffungshäftlings aus Nigeria vor einem Sonderflug Mitte März in Zürich legte der Bund die Sonderflüge auf Eis. Gemeinsam mit den Kantonen wollte das Bundesamt für Migration (BfM) abklären, wie die Zwangsausschaffungen verbessert werden können.

 Die Verbesserungsvorschläge des BfM stossen bei den Kantonen im Kern auf Anklang, wie der KKJPD-Präsident und Zürcher Justizdirektor Markus Notter in seinem Brief an das BfM schreibt. Der Brief, der die Rückmeldungen der Kantone zusammenfasst, liegt der Nachrichtenagentur SDA vor. Laut dem Schreiben schlug das BfM vor, dass bei Sonderflügen ein Arzt mitfliegt. Zudem solle sichergestellt werden, dass die medizinischen Informationen über einen Ausschaffungshäftling besser zwischen den zuständigen Behörden flössen. Ausserdem solle eine Arbeitsgruppe gebildet werden. Die Bedenken der KKJPD betreffen Details und die Umsetzung. So solle nebst anderem jederzeit und nicht nur bei genügend Platz im Flugzeug ein Arzt zugegen sein. Den Austausch der medizinischen Unterlagen möchten die Kantone direkt über diesen Begleitarzt und nicht über die Kantonsärzte durchführen.

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NEONAZI
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Solothurner Zeitung 18.5.10

Ideologie und Alkohol

Neonazi vor Gericht

 Das Amtsgericht Solothurn-Lebern befindet über einen 22-jährigen Neonazi, dem knapp drei Dutzend Delikte zur Last gelegt werden. Schwer wiegen vor allem eine Reihe von Gewaltdelikten, die der Angeklagte zumeist unter Alkoholeinfluss begangen haben soll. Der Angeklagte wehrt sich gegen eine psychiatrische Behandlung - der Staatsanwalt erachtet eine solche indes als unerlässlich. Das Urteil wird voraussichtlich morgen bekannt. (sam) Seite 17

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Im Ideologie- und Alkoholrausch

 Amtsgericht 22-jähriger Neonazi musste sich wegen einer Fülle von Delikten verantworten

 Er trägt Adolf Hitler auf der Brust und neigt mit zu viel Alkohol im Blut zu Gewalt: Das Amtsgericht Solothurn-Lebern urteilt über einen jungen Rechtsextremen, dessen Biografie so viele Brüche aufweist wie sein Sündenregister Straftaten.

 Samuel Misteli

 Es liegt Frederik S.* fern, einen Hehl aus seiner politischen Gesinnung zu machen. Deshalb hat er auf seiner Brust ein Porträt von Adolf Hitler eintätowiert, und deshalb sagt er mit einiger Gelassenheit Sätze wie diesen: "Nationalsozialist zu sein, ist in diesem Rechtsstaat kein Verbrechen." Schwarz gekleidet erschien der blonde, hoch aufgeschossene 22-Jährige gestern vor dem Amtsgericht Solothurn-Lebern. Nicht sein freimütiges Bekenntnis zum Nationalsozialismus wurde dem jungen Mann vorgeworfen - aber Delikte, die zum Teil in engem Zusammenhang mit seinen Ansichten stehen. Und es waren nicht wenige Delikte, die S. zur Last gelegt wurden: 42 Straftaten, verübt mitunter im Wochentakt zwischen Mitte 2005 und Mitte 2009, listet die Anklageschrift des Staatsanwaltes auf. Fast ein Viertel der Anklagepunkte ist mittlerweile verjährt. Und glaubt man S., werden die verjährten Delikte nicht die einzigen sein, für die er nicht zur Rechenschaft gezogen wird: Es sei Tatsache, sagte er nicht prahlerisch, sondern nüchtern, dass die vorgeworfenen Straftaten lediglich einen Bruchteil dessen darstellten, was er sich habe zuschulden kommen lassen. Die Palette ist indes auch so noch überaus breit: Angriff, Körperverletzung, Raufhandel, Rassendiskriminierung, Drohung und Beschimpfung sind nur eine Auswahl der S. vorgeworfenen Tatbestände.

 Hitlergruss und Propagandaparolen

 Die Taten weisen oft ein ähnliches Schema auf: Der häufig stark betrunkene Frederik S. gerät sich mit Ausländern, mit Antifaschisten, mit Unbeteiligten in die Haare. Die Konfrontationen eskalieren regelmässig - meist ist es S., der Schläge austeilt. Intervenierende Polizisten sehen sich Drohungen und Beschimpfungen von S. ausgesetzt. Häufigster Tatort bei den drei Dutzend vorgeworfenen Straftaten war Grenchen. Auch die gravierendsten Vorfälle sollen sich dort abgespielt haben: Die Attacke einer Gruppe Rechtsradikaler auf einen Jugendlichen Ende September 2006 etwa. Das Opfer kam mit Prellungen und Schürfungen und damit relativ glimpflich davon. Frederik S. soll als Teil der Gruppe den Vorfall mindestens gefilmt - und damit den Tatbestand des Angriffs erfüllt - haben. Weiter soll S. im Juli 2006 einem Albaner mit einem Schlagring eine Rissquetschwunde beigefügt haben, im Dezember 2006 einem Barkeeper mit einem Tritt einen Nasenbeinbruch, im Mai 2007 einem Kontrahenten per Kopfstoss ebenfalls eine Nasenbeinfraktur und schliesslich im Juni 2007 einem Betrunkenen mit einem Tritt ins Gesicht eine Hirnerschütterung.

 Vergleichsweise harmlos nehmen sich dagegen die fünf Anklagen wegen Rassendiskriminierung aus: Wiederholt fiel S. auf, als er in der Öffentlichkeit den Hitlergruss zeigte, Nazi-Lieder sang oder Propagandaparolen schrie.

 "Ein intelligenter junger Mann"

 Vor den Richtern sass gestern freilich kein grölender Wüterich, sondern ein Angeklagter, der sich zumeist sachlich und gelassen äusserte, der den Grossteil seiner Taten zugab und dem Gerichtspräsident Daniel Wormser ein "sehr korrektes" Verhalten attestierte. Als "intelligenten jungen Mann" sieht ihn der Psychiater. Als intelligenten jungen Mann mit zwei grossen Problemen: einer dissozialen Persönlichkeitsstörung und einem Alkoholproblem. Dass im exzessiven Alkoholkonsum ein wesentlicher Schlüssel zu den Gewalteruptionen des Angeklagten liegt, darin sind sich Staatsanwalt und Verteidiger ebenso einig wie Richter, Psychiater und Bewährungshelfer. Staatsanwalt Martin Schneider verlieh denn auch seiner Überzeugung Ausdruck, dass sich der Angeklagte vor allem deshalb seit zwei Jahren nur noch vereinzelte Delikte hat zuschulden kommen lassen, weil er sich einer Antabus-Therapie unterzieht, die ihn am Alkoholkonsum hindert.

 Als "eigentlichen Knackpunkt" bezeichnete Schneider in seinem Plädoyer die Frage, in welcher Form Frederik S. künftig therapiert werden soll. S. will weder dauerhaft Antabus einnehmen noch sich psychiatrisch behandeln lassen. "Ich glaube nicht an psychiatrischen Hokuspokus", sagt er.

 Zuerst die Matura, dann studieren

 Trotz der Weigerung des Angeklagten beantragte Staatsanwalt Schneider neben einer Freiheitsstrafe von zwanzig Monaten, einer Geldstrafe und einer Busse die Anordnung einer stationären psychiatrischen Massnahme. Die Einweisung in eine Anstalt freilich will Frederik S. um jeden Preis verhindern. Die Abneigung gründet nicht zuletzt in seiner Biografie: In seiner Kindheit - laut Staatsanwalt Schneider eine "Kindheit, wie man sie keinem Kind wünscht" - wurde S. von Pflegefamilie zu Pflegefamilie, von Heim zu Heim weitergeschoben.

 Mit neun Jahren kam S. erstmals mit der Neonazi-Szene in Kontakt. Heute nennt er sie seine Familie. Eine Berufsausbildung hat der 22-Jährige nicht absolviert. Derzeit hangelt er sich von Teilzeitjob zu Teilzeitjob und wohnt bei seiner Grossmutter im Aargau. Trotz seiner prekären Situation hat Frederik S. grosse Pläne: Er will die eidgenössische Matur absolvieren - eine ehemalige Lehrerin unterstützt ihn dabei. Danach will S. studieren: Jura - die Gesetze jenes Rechtsstaats also, der ihm zwar erlaubt, Nationalsozialist zu sein, der ihn aber nun verurteilen wird. Zu einer Freiheitsstrafe von zwanzig Monaten, wenn das Amtsgericht dem Antrag des Staatsanwaltes stattgibt, zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, wenn die Richter dem Antrag des Verteidigers folgen. Gibt das Gericht den Anträgen des Verteidigers statt, bleibt S. zudem die unerwünschte Therapie erspart.

 Das Gericht gibt sein Urteil voraussichtlich morgen bekannt.

 * Name von der Redaktion geändert

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SEMPACH
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20 Minuten 19.5.10

Widerstand gegen Aufmarsch

 LUZERN. Die Grünen wollen nicht, dass Rechtsextreme Ende Juni eine eigene Schlachtfeier durchführen können. Man würde es nicht verstehen, wenn der Kanton eine Bewilligung erteilen würde, schreibt die Partei in einer Mitteilung. Bereits am Sonntag hatten die Juso Luzern die Regierung aufgefordert, Massnahmen gegen den Neonazi-Marsch zu ergreifen.

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gruene-luzern.ch 18.5.10

Keine Bewilligung für die Rechtsextremen

Medienmitteilung Grüne Luzern

Die Grünen des Kantons Luzern würden es nicht verstehen, wenn Sempach für den Marsch der Rechtsextremen zum Gedenken an die Schlacht bei Sempach eine Bewilligung erteilen würde. Der Kanton, als Organisator und auch Vertreter des Anliegens für eine würdige Feier, hat sich entschlossen, einen Marschhalt zu machen und die Art der Feierlichkeiten zu überdenken. Ein würdiges Andenken an kriegerische Auseinandersetzungen sind nicht vereinbar mit Märschen von Rechtsextremen. Sempach ist gefordert hier ein klares Bekenntnis gegen Rechtsextremismus zu setzen und der Kanton ist gefordert für nächstes Jahr einen würdigen Gedenkanlass zu organisieren.

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NLZ 18.5.10

Schlachtjahrzeit

 Rechtsextreme wollen in Sempach feiern

 Dieses Jahr verzichtet die Regierung auf eine Schlachtfeier. Anscheinend wollen Rechtsextreme trotzdem in Sempach Präsenz markieren.

 sh. Auch dieses Jahr wollen Rechtsextreme und die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) zum Schlachtfeld in Sempach marschieren. Dies schreibt die "SonntagsZeitung" in ihrer jüngsten Ausgabe und beruft sich dabei auf eine anonyme Quelle. Geplanter Termin des Aufmarsches: der 26. Juni.

 Kanton ist zuständig

 Harry Sivec, Informationschef des Kantons Luzern, sagt: "Für jede Veranstaltung auf dem Schlachtgelände muss beim Kanton ein Gesuch gestellt werden." Laut Sivec ist ein solches bislang nicht eingetroffen.

 Falls der Marsch allerdings durchs Städtchen führt, wäre der Stadtrat von Sempach für die Bewilligung zuständig. Stadtpräsident Franz Schwegler wollte gestern kurzfristig keine Stellung nehmen. Sivec sagt: "Wir werden uns in jedem Fall mit dem Sempacher Stadtrat kurzschliessen."

 Regierung wollte Time-out

 Im letzten Jahr löste der Aufmarsch von Linken und Rechten an der Schlachtjahrzeit einen grossen Polizeieinsatz aus. Die Luzerner Regierung beschloss deshalb, in diesem Jahr am 28. Juni im Sinne einer Übergangslösung nur einen schlichten Gedenkgottesdienst zu organisieren.

 Im Städtchen selber soll am 26. Juni eine einfache Andacht mit Morgenbrot stattfinden. Am 26. Juni wollen aber auch die Rechtsextremen ihre Präsenz markieren. Bereits hat sich die Juso Luzern eingeschaltet: Sie fordert von der Luzerner Regierung Massnahmen, um einen möglichen Aufmarsch zu verhindern.

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ROTE FABRIK ZH
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Le Temps 19.5.10

Rote Fabrik, les enfants de la révolte

 Il y a trois décennies, Zurich "brûlait". En six mois, les jeunes en colère contre l'establishment obtiennent un lieu de culture alternative. Aujourd'hui, ils se souviennent de cette époque "héroïque"

Anne Fournier, Zurich

 UnterGrund. Sous terre. Sous terre au centre de Zurich, près d'Idaplatz. Un étrange défilé progresse dans les sous-sols de la protection civile qui jalonnent le quartier. En ce samedi de mai, le centre culturel Rote Fabrik promène les curieux dans un Zurich alternatif, celui qui, loin des boutiques de luxe et des guichets de banque, sommeille sous le goudron. Bun ker 4: prévu pour 3250 personnes, 265 toilettes, des lits d'hôpitaux. Déroutant. Dans les couloirs zigzague un lit à roulettes éclairé de chandeliers. Ces salles, icônes de l'Helvétie souterraine, ont été confiées à des artistes indépendants. L'idée? Encourager un regard neuf sur la ville en plein boom, parfois "asphyxiée". Où l'espace a valeur d'or.

 Au-delà de la démarche, l'inédit est aussi l'organisateur. La Rote Fabrik au centre-ville? Un symbole. La Rote Fabrik, c'est un peu le totem du Zurich en révolte, ce monolithe de brique en amont de la Bahnhof strasse qui rappelle un haut fait de l'histoire zurichoise. Celui vécu il y a trente ans, la Bewegung.Le 30 mai 1980, des milliers de jeunes se retrouvent devant l'Opéra, emblème de la bourgeoisie dominante, pour réclamer de nouveaux espaces, brandir leurs utopies. Les Jugendunruhen   ou Züri brännt démarre. Etudiants, artistes, apprentis, ils revendiquent leur besoin d'expression, exigent, non sans fantaisie, de l'espace et des moyens pour une culture alternative. Le Zurich d'alors, qui s'ouvre au monde financier global, est encore conservateur, voire étroit d'esprit. La culture paraît résumée à quatre institutions (Opéra, Schau spielhaus, Tonhalle, Kunsthaus) et le maire, l'indépendant Sigmund Widmer, soutient que "la musique rock n'est pas de la culture".

 Le mouvement spontané se poursuit durant deux ans, de manière parfois sanglante mais avec une occupation de la rue à la mode dadaïste. Le 25 octobre 1980, la Rote Fabrik, ancienne usine de soieries située sur les rives du lac dans le quartier de Wollishofen, ouvre ses portes comme centre culturel autogéré. Là, en face des villas du Zürichberg. Achetée quelques années auparavant par la Ville après un vote populaire, elle était destinée à abriter les coulisses de l'Opéra. Or, les jeunes se font pressants, et son ouverture symbolise la prise en compte d'une culture jusqu'alors ignorée. A l'écart, loin de la City, sous contrôle, elle fait moins peur. Mais petit à petit, l'ébullition du monde alternatif donne naissance au centre culturel le plus emblématique des années 1980.

 Aujourd'hui, largement subventionnée par la Ville (3 millions par année), la Rote Fabrik occupe plus de 120 personnes pour quelque 62 ateliers, un théâtre, une salle de concerts, un centre d'art contemporain et plus de 60 000 visiteurs par année. La gestion du lieu est toujours la même: un principe démocratique de base réunit ses responsables et garantit une part de son originalité mais aussi de critiques. Dans les couloirs de l'administration aux murs fortement colorés, on a placé aux avant-postes la chaise brisée en 1989 par Kurt Cobain, chanteur défunt de Nirvana. Et la Rote Fabrik aime afficher ses hôtes de marque - Stephan Eicher, les Young Gods, Christoph Marthaler ou Pierre Bourdieu - pour se profiler comme un îlot de réflexion et d'avant-garde.

 Responsable de la culture à la Ville depuis 1983, Jean-Pierre Hoby a eu un rôle de médiateur lors des émeutes de 1980. Il en parle aujourd'hui avec la sensation d'une victoire: "La Rote Fabrik est l'expression de la rupture, celle qui a permis de modifier les mentalités. A l'époque, elle avait les allures de royaume du diable pour l'élite bourgeoise. Les performances dans les rues laissaient penser que la cité de Zwingli s'effondrait." Il continue: "Neuf ans plus tard, deux tiers des citoyens ont approuvé un crédit de deux millions pour la Rote Fabrik. C'était déjà un signe d'ouverture. Le "oui" clair donné en 2008 au Cabaret Voltaire en centre-ville fut une confirmation. Avant 1980, c'était impensable."

 Oui, mais au-delà? Dans une ville gérée depuis vingt ans par une majorité rouge-verte, fière de son orientation internationale, du siège européen de Google comme de sa Street Parade, symbole d'une culture décomplexée, que reste-t-il de cette révolution? Lorsque devant l'Opéra, des jeunes singeaient les dames de la bourgeoisie et l'étroitesse d'esprit. Lorsque Samir, aujourd'hui réalisateur, construisait une barricade d'écrans télé sur la Limmatstrasse. Pour Patrizia Loggia, 51 ans, très impliquée et réalisatrice de vidéos censurées, le bilan est en demi-teinte: "Nous nous nourrissions de nos utopies, réclamions plus de tolérance, voulions délier les esprits. Or, curieusement, c'est la libéralisation de la fin des années 1990 qui a permis en partie de concrétiser certaines aspirations."

 Aujourd'hui, nombre de ces "utopistes" sont engagés dans la vie publique, les clubs ou les hauts lieux de culture. Si la question du vendredi est, trente ans après, restée la même - où va-t-on ce soir? -, la motivation en est différente: à la pénurie a répondu une offre gigantesque. Christian Schmid est professeur à l'Ecole polytechnique fédérale, géographe et spécialiste de recherche urbaine. Au printemps 1980, il appartenait au groupe d'étudiants du séminaire d'ethnologie transformés en vidéastes pour l'occasion. Il observe: "Les jeunes révolutionnaires de 1980 ne sont pas devenus des Daniel Cohn-Bendit ou Joschka Fischer, propulsés sur l'avant-scène politique de leur pays. Ce ne fut pas le même tremplin que 1968, mais l'influence fut essentielle. Ce fut une explosion."

 Les premiers effets ne tardent pas. D'un côté, Zurich assiste à la prolifération de son avant-garde avec la naissance de festivals comme le Theater Spektakel et de scènes inédites. D'un autre côté, la plate-forme de la drogue fait son apparition: les jeunes qui n'ont pas trouvé d'ancrage lors des émeutes parfois durement réprimées y basculent. Les images du Letten tapissé de seringues suivront. Christian Schmid va plus loin: "A la fin des années 1980, cette tolérance de la culture fait peur; c'est à ce moment-là que l'UDC zurichoise avance ses pions. C'est une contre-réaction à ce vœu d'ouverture."

 Acteur privilégié du Mai 68 zurichois, Res Strehle, rédacteur en chef du Tages-Anzeiger, refuse une lecture idéologique des émeutes. "C'était l'utopie qui animait ces mouvements. Zurich vivait alors ce que la Movida a amené à Madrid. On était loin, je crois, du débat qui a prévalu avec 1968. C'était comme si tout à coup un projecteur était mis sur la culture. L'astuce de la Rote Fabrik comme centre subventionné pour les jeunes fut assez subtile. Cela a libéré les gens sans tout chambouler."

 Trois décennies plus tard, derrière cette "ouverture" désormais évidente, certains dénoncent le spectre de la "tolérance répressive" (Herbert Marcuse) ou l'illusion d'une largeur d'esprit d'abord commandée par les lois du commerce. Durant les années 1990, les lieux de culture contemporaine naissent avec la génération techno, la libéralisation des heures de fermeture et la fin de la clause du besoin. Toute cette clientèle, qui attendait dans des bars illégaux, aborde les clubs qui se multiplient.

 Un phénomène de commercialisation entre alors en jeu et les creative industries sont devenues l'une des valeurs fortes de la ville, bienvenues pour étoffer son étiquette de place financière. Zurich se métamorphose à grande vitesse, se rapproche des 400 000 habitants, souffre de pénurie d'appartements et, à l'image de bien des métropoles, assiste à la gentrification de quartiers: autrefois populaires, ils sont aujourd'hui courus par une classe aisée, et la mixité sociale est parfois jugée menacée. Zurich, ville exclusive?

 L'expression la plus éclatante de ce phénomène se niche dans le quartier à la mode de Züri-West, à l'entrée ouest, longtemps industriel avant d'être métamorphosé par les autorités et de devenir le royaume des sorties nocturnes et des appartements de luxe. "La ville, même dirigée par la gauche, surfe sur la tendance du mainstream", constate Philipp Meier, codirecteur du Cabaret Voltaire et très actif dans la scène illégale des années 1990. "Aujourd'hui, tout est maîtrisé et l'on n'a pas laissé de place à cette sous-culture des clubs, des graphistes. Pour employer une image, on ouvre l'espace, on autorise à s'asseoir sur les pelouses en bordure de lac mais on les entoure de centres commerciaux. Et les acteurs sont souvent les mêmes."

 Or, si l'on en croit Christian Schmid, il serait malvenu de snober la scène alternative, qui se manifeste avec passablement de créativité. En juin 2008, des "activistes de la sous-culture" occupent le défunt stade du Hardturm pour un week-end improvisé de festivités subversives: 6000 participants s'engagent alors. L'an dernier, un collectif peint en blanc durant la nuit les murs de la Rote Fabrik pour dénoncer la gestion "institutionnelle" des lieux. En février, au cours de l'opération Reclaim the streets, 500 jeunes, auxquels se mêlent des casseurs, surprennent en défilant dans les rues du centre et déplorant "le trop de commerce". Le géographe conclut: "Aujourd'hui face à une majorité rouge-verte, l'opposition n'est plus aussi évidente qu'en 1980. Mais il faut prendre au sérieux ces mouvements, car ils sont l'expression d'une population qui n'est pas à l'aise dans cette ville."

 "Zürich, Sommer 80", ouvrage de photos réalisées durant les émeutes par Olivia Heussler, Edition Patrick Frey.

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SQUAT ZH
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Landbote 18.5.10

Vor 19 Jahren

 Hausbesetzer übernehmen Zepter

 Am 18. Mai 1991 beginnt in Zürich die grösste Hausbesetzung der Schweizer Geschichte, die zweieinhalb Jahre andauernde Besetzung des Wohlgroth-Areals. Die Aktion dauerte bis zur gewaltsamen Räumung mit Helikopterunterstützung und Wasserwerfern im September 1993. Zuletzt lebten rund 100 Bewohner in den Häusern einer Tochtergesellschaft der Maschinenfabrik Oerlikon-Bührle. (red)

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UNI VON UNTEN ZH
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Basler Zeitung 19.5.10

Proteste an der Uni Zürich zeigen Wirkung

Fakultäten der Universität überarbeiten ihre Bologna-Reglemente und versprechen weniger Prüfungen

Karen Schärer

 Zürcher Studierende sollen eine weniger rigorose Präsenzpflicht haben, damit sie Studium und Erwerbsleben besser vereinbaren können. Auch national ist "Bologna" nicht in Stein gemeisselt.

 Lange sah es so aus, als ob die Studentenproteste gegen Folgen der Bologna-Reform wirkungslos bleiben würden. So gaben die Studierenden im November die besetzten Hörsäle und Aulas in Zürich, Bern und Basel nach Tagen der Blockade frei, ohne gross etwas erreicht zu haben. Doch zeigt sich: Die Proteste bleiben nicht ohne Wirkung.

 Das Rektorat der Universität Zürich hat die Fakultäten schriftlich eingeladen, Reformen ihrer Bologna-Reglemente einzuleiten. "Die Proteste haben uns dafür sensibilisiert, dass wir bei der Überarbeitung der Reglemente den Blick noch stärker auf die studentische Perspektive legen müssen", sagt Thomas Hildbrand, Leiter Bereich Lehre an der Universität Zürich. Dass es aufgrund erster Erfahrungen mit dem Bachelor- und Mastersystem Justierungen brauche, sei aber schon vor den Protesten festgestanden.

 Das Rektorat habe den Fakultäten keine detaillierten Vorgaben inhaltlicher Art gemacht, sagt Hildbrand. Erste Rückmeldungen hätten ergeben, dass die Belastung durch Prüfungen überall ein Thema sei. Das Ziel der Optimierungen ist, das System zu vereinfachen und die Flexibilität zu erhöhen, sodass erwerbstätige Studierende ihren Stundenplan einfacher zusammenstellen können.

Anhörung

Die Philosophische Fakultät, die grösste der Universität, steckt schon mitten im Reformprozess. Vertreter der verschiedenen Fächer der Fakultät haben sich an einer Retraite ausgetauscht. Nun sollen Studierende und Dozierende gemeinsam überlegen, was sie verbessern können: "Wir wollen auf die Studierenden eingehen und uns anhören, wo der Schuh drückt", sagt der Dekan der Philosophischen Fakultät, Bernd Roeck. "Es gibt sicher keine Gegenrevolution, aber doch einige Veränderungen." Allgemeine Stichworte sind: Anpassen der Präsenzpflicht bei Vorlesungen, Zulassungs- und Anrechnungspraxis verbessern, Bachelor-Abschlüsse profilieren. Dekan Roeck sagt: "Der Prozess ist völlig offen."

 Die Rechtswissenschaftliche Fakultät arbeitet unabhängig vom Schreiben des Rektorats und der Studentenproteste am Revisionsprozess: Die Initiative zur Reform seitens des Fakultätsvorstands sei bereits im Frühjahr 2009 ergriffen worden, sagt Dekan Marcel Senn. Vergangenen Herbst führte die Fakultät unter den Studierenden eine Umfrage zur Zufriedenheit und zu Problemen aufgrund von "Bologna" durch, um die eingeleiteten Reformen zu konkretisieren. Zwei Bereiche stehen besonders im Fokus, erläutert Senn: "Erstens wollen wir die Belastung durch Prüfungen reduzieren. Zweitens wollen wir der Verschulung ein Stück weit entgegensteuern."

Anpassung

An anderen Universitäten ist zwar keine "von oben" angeregte Überarbeitung der Reglemente in Gang. Trotzdem ist vieles in Bewegung: "Aus dem laufenden Betrieb ergeben sich immer wieder Verbesserungsoptionen, die eine Änderung von Studienordnungen zur Folge haben", sagt Hedwig Kaiser, Vizerektorin Lehre an der Uni Basel. "Auch wenn die Umstellung auf das Bologna-System vollzogen ist, kann das Studienangebot kein statisches Konstrukt sein", fügt Kaiser an.

 Anpassungen verlangt auch die Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten (Crus): "In den nächsten Jahren steht eine Konsolidierung der Bologna-Reform an", sagt Sabine Felder, Leiterin des Bologna-Koordinationsteams bei der Crus. "Die Strukturen sind gegeben; inhaltlich werden aber weitere Entwicklungen vorgenommen."

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HOMOHASS
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quer.de 19.5.10
http://www.queer.de/detail.php?article_id=12186

Katholiken und Skins attackieren Homo-Demo

Bei einem "Kiss-In" von Homo-Aktivisten im südfranzösischen Lyon ist es am Dienstag zu Rangeleien mit rechtsextremen und katholischen Gegendemonstranten gekommen - die Polizei setzte Tränengas ein und verhaftete zwei Gewalttäter.

Insgesamt haben sich 200 bis 400 Schwule und Lesben an der Küss-Aktion vor der Kathedrale Saint-Jean beteiligt. Am späten Nachmittag versammelten sich rund 100 Gegendemonstranten vor der Kirche. Katholische Aktivisten führten dabei Plakate mit Aufschriften wie "Saint-Jean ist unser" und "Wir sind in der ersten, zweiten und dritten Generation heterosexuell". Viele von ihnen knieten auf dem Boden und beteten ein "Ave Maria". Außerdem prangerten sie auf Transparenten die "Katholikenphobie" an, die in der Gesellschaft weit häufiger verbreitet sei als Homophobie. Neben ihnen streckten rechtsextreme Demonstranten die rechte Hand zum Hitler-Gruß in die Höhe und forderten lautstark ein Verbot der Homosexualität.

Die Polizei versuchte über mehrere Stunden, die teilweise gewaltbereiten Gegendemonstranten von den schwulen und lesbischen Aktivisten fernzuhalten. Am Abend kam es schließlich zu Ausschreitungen. Die Polizei räumte gegen 22 Uhr den Platz und nahm zwei Gegendemonstranten fest, meldet die Regionalzeitung "Le Progrès". Es gibt derzeit keine Berichte über Verletzte.

"Es war vorhersehbar, dass auch Fundamentalisten hierherkommen würden", erklärte David Souvestre vom Gay Pride Lyon. Dennoch bezeichnete er die Veranstaltung als "Sieg gegen die Intoleranz". Einige Organisatoren beschuldigten katholische Aktivisten, im Kampf gegen Homosexuelle gemeinsame Sache mit Neo-Nazis gemacht zu haben.

Die Veranstaltung war anlässlich des Tages gegen Homophobie eigentlich für den Samstag angesetzt. die Regionalregierung erteilte aber erst eine Genehmigung für Dienstag, was bereits im Vorfeld zu Protesten von Homo-Aktivsten geführt hatte. (dk)

Video:
http://www.youtube.com/watch?v=_wfWlnUF3X0

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STOP MURDER MUSIC
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fzs.de 18.5.10

Kein Platz für Homophobie

18.05.2010: Homophober Künstler soll beim diesjährigen Chiemsee Reggae Summer auftreten

fzs (Berlin). "Ein Rastaman entschuldigt sich nicht bei einer Schwuchtel, denn wenn ihr King Selassie durch den Dreck zieht, werde ich dich erschießen", ist die Übersetzung einer Textpassage aus dem Lied "Nah Apologize" von Sizzla. Der jamaikanische Sänger will beim Sommerfest "Chiemsee Reggae Summer" auftreten. Die VeranstalterInnen schreiben auf ihrer Homepage, dass sie den Künstler bewusst gebucht haben und stellen seinen Auftritt und seine Texte unter die Label "Kunst-" bzw. "Meinungsfreiheit" .

"Es ist unverständlich, wie man einen Aufruf zum Mord als Meinungsfreiheit betrachten kann", äußert Florian Kaiser, Vorstandsmitglied im freien zusammenschluss von studentInnenschaften und ergänzt: "Solchen Äußerungen darf kein Platz geboten werden! Die Würde des Menschen ist unantastbar und die Aussagen Sizzlas stellten definitiv eine Verletzung der Menschenwürde dar."

Der studentische Dachverband fordert die Organisatoren des Chiemsee Reggae Summer mit Nachdruck dazu auf, diesen Auftritt abzusagen. "Es ist nicht tragbar, dass kommerzielle Interessen mehr Berücksichtigung finden als das Recht auf Leben", stellt Juliane Knörr, ebenfalls Mitglied des Vorstandes, vehement klar.

Der freie zusammenschluss von studentInnenschaften fordert alle Menschen dazu auf, sich an den Protesten gegen den Auftritt zu beteiligen und ein Zeichen zu setzen gegen Homophobie und Sexismus.

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ANTI-ATOM
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Aargauer Zeitung 19.5.10

Ist das AKW Beznau sicher?

 Aufsichtsbehörde äussert sich zu Bewertung

 Lediglich die Note "ausreichend" hat das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) dem Atomkraftwerk Beznau gegeben. Diese Bewertung bedeute, dass die Mindestanforderungen gemäss den geltenden Vorschriften eingehalten wurden, sagt Anton Treier, Informationsbeauftragter beim Ensi. "Die Sicherheit in den Anlagen war also immer gegeben und der Schutz der Umwelt war gewährleistet." Anders gesagt: Grund zur Sorge besteht laut Treier nicht. Trotzdem: Das Ensi habe vom Werkbetreiber Verbesserungen gefordert und eine Strafuntersuchung eingeleitet, denn: "Die nukleare Sicherheit einer Anlage und deren sicherer Betrieb sind unser oberstes Gebot. An der Sicherheit lassen wir keine Abstriche zu." (mhu)Seite 31

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"Wir lassen keine Abstriche zu"

 Die Aufsichtsbehörde hat vom Betreiber des Atomkraftwerks Beznau Verbesserungsmassnahmen verlangt

 Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat hat die Betriebssicherheit des Atomkraftwerks Beznau lediglich als "ausreichend" beurteilt. Besteht für die Bevölkerung nun Grund zur Sorge?

 Michael Hunziker

 "Alle schweizerischen Kernkraftwerke wurden auch im vergangenen Jahr stets sicher betrieben", sagt Anton Treier, Informationsbeauftragter beim Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi). Die Bewertung "ausreichend" für das Kernkraftwerk Beznau (KKB) im Aufsichtsbericht 2009 bedeute, dass die Mindestanforderungen gemäss den geltenden Vorschriften eingehalten wurden. Kurz: "Die Sicherheit in den Anlagen war also immer gegeben und der Schutz der Umwelt war gewährleistet."

 Strafuntersuchung eingeleitet

 Das Vorkommnis bei den Revisionsarbeiten im August 2009, als zwei KKB-Mitarbeiter einer unzulässig hohen Strahlung ausgesetzt waren (separater Text), werde ernst genommen, versichert Treier. Das Ensi habe nach eingehender Untersuchung vom Werkbetreiber Verbesserungen gefordert und habe eine Strafuntersuchung eingeleitet. "Selbst wenn die Strahlung im genannten Fall keine gesundheitsschädigenden Ausmasse hatte, muss alles getan werden, damit sich ein solcher Vorfall nicht wiederholt, weder in Beznau noch in einer andern Anlage", macht Treier klar. Und weiter: "Das Ensi schaut auch bei kleineren Störungen genau hin. Denn im Nuklearbereich gilt die Devise, dass immer alles hinterfragt und noch sicherer gemacht und betrieben werden soll."

 Vom KKB-Betreiber habe das Ensi verlangt, dass die Revisionsplanung, das Schliesskonzept für Werkräume mit potenziell hoher Strahlung sowie der Einsatz von Strahlenmessgeräten verbessert würden. "Der Betreiber hat die Massnahmen inzwischen weitgehend umgesetzt", hält Treier fest. Noch im laufenden Jahr werde zudem das Dach des Maschinenhauses saniert. Mit den dauernden technischen Nachrüstungen und betrieblichen Verbesserungen werde in allen schweizerischen Kernanlagen ein hoher Sicherheitsstand erreicht. "Sowohl die Betreiber als auch die Behörde müssen laufend darauf schauen und in diese Richtung wirken."

 Für den Ensi-Informationsbeauftragten steht fest: "Die nukleare Sicherheit einer Anlage und deren sicherer Betrieb sind unser oberstes Gebot. An der Sicherheit lassen wir keine Abstriche zu." Grundsätzlich, so Treier, vertrage der Betrieb einer Kernanlage, dass Einzelfehler passieren dürften, ohne dass es deswegen zu einem Unfall komme. "Die Technik und der Betrieb sind entsprechend aufgebaut."

 Höhere Anforderungen

 Seit der Inbetriebnahme der Kernkraftwerke hätten sich die gesetzlichen Anforderungen im nuklearen Bereich verändert, erklärt Treier. "Vor allem mit dem 2005 eingeführten neuen Kernenergiegesetz wurden viele Punkte präziser geregelt." Auch international seien die Vorschriften eindeutiger und verbindlicher verfasst. Anders gesagt: Die Anforderungen an die Sicherheit neuer Kernkraftwerke seien gemäss dem internationalen Regelwerk höher als an die bestehenden. "Neue Werke werden also höhere Anforderungen erfüllen müssen als bestehende. Dank der laufenden Nachrüstungen in den bestehenden schweizerischen Kernkraftwerken können wir aber feststellen, dass diese heute auf einem höheren Sicherheitsniveau betrieben werden als zum Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme", meint Treier.

 Die Bewertung "ausreichend" im Fall Beznau rief die Atomkraftwerk-Gegner auf den Plan. Gibt es einen Grund, die Anlage ausser Betrieb zu nehmen? "In den gesetzlichen Vorschriften sind die Sicherheitskriterien für die Ausserbetriebnahme von Kernkraftwerken festgelegt. Diese waren in der Vergangenheit in der Schweiz aber nie erreicht", führt Treier aus. "Nach jeder jährlichen Revision beurteilen wir als Aufsichtsbehörde den Zustand der Anlage und die betriebliche Sicherheit, bevor wir die Freigabe für den weiteren Betrieb geben. Sollte sich dennoch während des Betriebs einer Anlage ein Zustand mit gravierenden Sicherheitsmängeln einstellen, so würden wir die Abschaltung der Anlage anordnen."

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 Update

 Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) mit Sitz in Brugg begutachtet und beaufsichtigt als Aufsichtsbehörde des Bundes die Kernanlagen in der Schweiz. Zu diesen gehören die fünf Atomkraftwerke, das Zwischenlager in Würenlingen sowie die nuklearen Einrichtungen am Paul-Scherrer- Institut. Das Ensi mit seinen rund 100 Mitarbeitenden hat am 1. Januar 2009 seine Tätigkeit als Nachfolgeorganisation der Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) aufgenommen. (az)

 Nur Note "ausreichend" für KKB

 Unzulässig hohe Strahlendosis für zwei Mitarbeiter und ungenügende Windfestigkeit des Maschinenhausdachs: Das Ensi beurteilt die Betriebssicherheit des Kernkraftwerks Beznau (KKB) als ausreichend, nicht aber als gut. Trotzdem: Das Risikodes KKB sei sehr gering und liege unterhalb des empfohlenen Richtwertes, ist im Aufsichtsbericht 2009 festgehalten. "Die radioaktiven Abgaben über die Abluft und über das Abwasser lagen deutlich unterhalb der in

 der Betriebsbewilligung festgelegten Grenzwerte." Im Vergleich zur natürlich auftretenden Strahlenexposi- tion habe sich nur eine unbedeutende zusätzliche Strahlendosis für die Bevölkerung ergeben. Bis auf das eine Vorkommnis bei den Revisionsarbeiten seien die Betriebsbedingungen eingehalten worden. Das Ensi habe nach dem Vorfall umfangreiche Forderungen gestellt. "Zudemhat es einVerfahren nach Verwaltungsstrafrechtsgesetz eröffnet, in dem geprüft wird, ob fahrlässiges Handeln vorliegt." (mhu)

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 So werden die weiteren Kernanlagen der Region beurteilt

 Zwischenlager in Würenlingen

 "Der Zustand aller Anlagenteile ist bezüglich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes gut", hält das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) im Aufsichtsbericht zum Zwischenlager in Würenlingen fest. "Die Betriebsführung erfolgte vorschriftsgemäss", lautet die Gesamtbeurteilung. Und weiter: Die Tätigkeiten in der Konditionierungs- sowie in der Plasma-Anlage nähmen inzwischen einen erheblichen Teil an den Gesamtaktivitäten der Zwischenlager Würenlingen AG (Zwilag) ein. "Deren Betrieb erfolgte ohne Störungen." Das Ensi beurteilt die Erfüllung der Strahlenschutzaufgaben als gut. "Die erforderliche Notfallbereitschaft ist gegeben. Das Managementsystem ist etabliert und die notwendigen Personalausbildungen finden statt, insbesondere auch vor dem Hintergrund einer steigenden Zahl des Eigen- personals." (mhu)

 Kernkraftwerk Leibstadt

 Im Kernkraftwerk Leibstadt (KKL) sind 2009, so stellt das Ensi fest, die Betriebsbedingungen stets eingehalten worden. Die Betriebssicherheit des KKL wird als gut beurteilt. "Alle Schutzziele waren im Berichtsjahr jederzeit vollumfänglich gewährleistet", wird im Aufsichtsbericht ausgeführt. Oder anders gesagt: Im KKL seien nur wenige Abweichungen beobachtet worden und diese seien von geringer Bedeutung gewesen. Das Risiko des KKL sei sehr gering und liege unterhalb des empfohlenen Richtwerts. "Die radioaktiven Abgaben über die Abluft und über das Abwasser lagen deutlich unterhalb der in der Betriebsbewilligung festgelegten Grenzwerte", schreibt das Ensi. "Damit ergab sich im Vergleich zur natürlich auftretenden Strahlenexposition nur eine unbedeutende zusätzliche Strahlendosis für die Bevölkerung, welche nach Strahlenschutzgesetzgebung in jedem Fall als optimiert und gerechtfertigt gilt." Aus Sicht des Strahlenschutzes seien die Routinearbeiten und die Arbeiten im Rahmen des Revisionsstillstands gut durchgeführt worden. "Die Strahlenexposition des Personals ist etwas niedriger als 2008, aber unter Berücksichtigung des ebenfalls geringeren Arbeitsumfangs vergleichbar mit den Vorjahren." (mhu)

 Paul-Scherrer-Institut

 Im Paul-Scherrer-Institut (PSI) in Villigen war die nukleare Sicherheit gemäss Ensi-Aufsichtsbericht sowohl in Bezug auf die Auslegung der Kernanlagen als auch auf das Betriebsgeschehen gut. "Die Betriebsstörungen und Befunde waren für das Personal und die Kernanlagen von geringer sicherheitstechnischer Bedeutung", heisst es in der Gesamtbeurteilung. Die Experimente am Forschungsreaktor Proteus und der Betrieb des Hotlabors seien störungsfrei verlaufen. "Das PSI hat die Projekte zur Behandlung radioaktiver flüssiger Abfälle und Schlämme im Berichtsjahr mit erhöhtem Aufwand fortgesetzt. Die Auswirkungen auf die Bevölkerung waren radiologisch unbedeutend." Das Ensi stellte bei Inspektionen fest, "dass das Personal der Vielfalt und Komplexität der PSI-Anlagen kompetent Rechnung trägt". Die Planung und Umsetzung neuer Projekte werde angemessen unterstützt. (mhu)