MEDIENSPIEGEL 7.6.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Frauenraum, Tojo, GH)
- (St)Reitschule: Cafeteria
- City Beach
- Centralweg-Flomi
- Enternungsartikel : Gegen Gewalt?
- Stadtratssitzung 10.6.10
- Big Brother Schengen: Infopflicht
- Big Brother Sport: Neue Einsatztaktik
- Police CH: Hotelzimmer; 2000 Leute fehlen; Rentenalter 58
- Demo gegen Polizeigewalt in Fribourg am 12.6.10
- Ausschaffung: Inti mit Bois-Reymond
- 40 Jahre Schwarzenbach-Initiative: heute chancenlos
- Anti-Zirkus: Gummiboot-Demo
- 30 Jahre Züri brännt: Fotografin im Gummischrot
- Eva Herman: Internet-TV
- Palästina: Protestdemos in Israel und CH
- Anti-Atom: Nidwaldner Ausstieg; Niederamt-AKW
----------------------
REITSCHULE
----------------------
Mi 09.06.10
17.00 Uhr - Tojo - "Fische in Griechenland" von Sans
Cible. Jugendtheater Festival Spiilplätz 2010
20.30 Uhr - Kino - Luftdrum von Margrit Rieben
Do 10.06.10
17.00 Uhr - Tojo - "Die Insel" Theaterclub U18 - I, Junge
Bühne Bern. Jugendtheater Festival Spiilplätz 2010
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter - elektronische
Leckerbissen zu lesbisch-schwulem Chillen mit DJ Xylophee, DJ Dunch, DJ
FRATZ, Isabelle, Mike, Nadja & DJ ELfERich
20.30 Uhr - Kino - Südafrika jenseits des WM-Taumels
Shosholoza Express, Beatrice Möller, D 2010
21.00 Uhr - Rössli-Bar - BUMshankar (CH) Support:
Collie herb backed by: max rubadub
Fr 11.06.10
17.00 Uhr - Tojo - "Die fetten Jahre sind vorbei"
Jugend-Club U21, Junges Theater Solothurn. Jugendtheater Festival
Spiilplätz 2010
Uhr - SousLePont - Anpfiff zur WM-Beiz im HOF (bis 11.
Juli)
22.00 Uhr - Rössli-Bar - Uz Jsme Doma (CZ) und
Blackthread (F). Support: DJ's SCB (Senioren Club Brachland)
Sa 12.06.10
14.00 Uhr - Frauenraum - AMIE -
Frauenkleidertauschbörse "women only" (bis 17.00h)
17.00 Uhr - Tojo - "Trüffelschweine" Jugendclub
momoll Theater, Schaffhausen. Jugendtheater Festival Spiilplätz
2010
19.30 Uhr - Frauenraum - Emanzengala: Vernissage des
Sammelalbums "Zehn Berner Heldinnen". Mit Duo Jenny Popper & Jess
Honey und Steff la Cheffe
22.00 Uhr - Frauenraum - Disko mit DJ Sister Knister
Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch
---
kulturstattbern.derbund.ch 7.6.10
Von Gisela Feuz am Montag, den 7. Juni 2010, um 07:00 Uhr
Kulturbeutel 23/10
(...)
Signora Pergoletti empfiehlt:
Die Emanzengala! "Alte und neue Emanzen revisited. Vernissage
des Sammelalbums "Zehn Berner Heldinnen". Ein bunter, eleganter Abend
mit Infotainment, Audio, Video und Surprisen." Klingt doch gut!
Präsentiert von dafne - das feministische Netz Bern, am Samstag im
Frauenraum der Reitschule, für Frauen und Männer. Sowie das
Jugendtheaterfestival "Spiilplätz" im Schlachthaus, im Tojo und in
der Grossen Halle, ab Mittwoch.
(...)
----------------------------
(ST)REITSCHULE
----------------------------
Bund 7.6.10
Reitschul-Cafeteria bleibt bestehen
Die Schliessung war bereits angekündigt, nun haben
sich die Reitschule und die Cafete doch noch gefunden.
Felicie Notter
Letzten November wurde an einer Vollversammlung in der
Reitschule die Schliessung der Cafeteria auf Ende 2010 beschlossen. Wie
auf dem sozialen Internet-Netzwerk Facebook zu erfahren war, sollte die
Cafete nun vorzeitig, am 26. Juni, ihre Türen schliessen. Die
Mediengruppe der Reitschule hatte die Pläne gegenüber dem
"Bund" bestätigt. Nun habe man sich aber geeinigt: Die Cafeteria
und die übrigen Reitschulgruppen hätten eine einvernehmliche
Lösung gefunden. Wie diese genau aussehe, werde zu gegebener Zeit
mitgeteilt.
Autonomer Freiraum im Clinch
Vorausgegangen war ein jahrelanger Zwist zwischen
Reitschule und Betreibern der Cafeteria. Offenbar beteiligten sich
diese nicht an den basisdemokratischen Reitschul-Strukturen. Dies
äusserte sich für Aussenstehende etwa darin, dass Bands und
DJs, die in der Cafeteria auftraten, nicht wie alle anderen
Veranstaltungen der Reitschule angekündigt wurden - weder online
noch in der Reitschul-Zeitschrift "Megafon". Es kursierten
Gerüchte über weitere Probleme. Einzelpersonen hätten
selbst minimale strukturelle und finanzielle Abmachungen nicht
eingehalten.
Auf Facebook beschreibt sich die Cafete als Ort, der sich
stets bemüht habe, "auch noch zu später Stunde möglichst
vielen unterschiedlichen Leuten einen Platz zu bieten". An motivierten
Leuten, die Cafeteria zu betreiben, fehle es nicht. Die Facebook-Gruppe
zählte am Wochenende bereits über 300 Mitglieder.
----------------------
CITY BEACH
----------------------
BZ 5.6.10
Grosse Schanze
Willkommen am Strand
Bei sommerlichem Wetter eröffnete der Stadtstrand
Summer Beach auf der Grossen Schanze gestern den Betrieb.
270 Tonnen Sand, Rattanmöbel, Palmen und gar ein
Whirlpool: Der Stadtstrand Summer Beach neben dem Glaslift auf der
Grossen Schanze hat gestern die ersten Gäste angelockt. Dort
werden auch die Fussball-WM-Spiele übertragen.Auf gutes Wetter
hofft nun auch der City Beach, der in der Nähe auf der
Einsteinterrasse am 11.Juni seine Tore öffnet.
ein
------------------------
CENTRALWEG
------------------------
BZ 5.6.10
Quartierfest mit Flohmarkt
Im Rahmen des Berner Umwelttags organisiert der Verein
Läbigi Lorraine heute Samstag einen farbigen Aktionstag mit einem
Flohmarkt ab 10 Uhr und Kulturdarbietungen ab 14.30 Uhr. Der Anlass
wird auf der Centralweg-Brache gefeiert, die kürzlich wegen der
autonomen Gruppe Stadttauben in die Schlagzeilen geriet. Details zum
Programm auf der Webseite http://www.laebigi-lorraine.ch.
pd
---
kulturstattbern.derbund.ch 5.6.10
Foto: http://newsnetz-blog.ch/kulturstattbern/blog/2010/06/05/flohmarkt-in-der-lorraine/
----------------------
DEMORECHT
----------------------
Bund 5.6.10
Meinungen
Tribüne In Bern wird am 13. Juni über den
Entfernungsartikel abgestimmt.
Ein Zeichen gegen Gewalt
Fred Moser
Das Komitee der Volksinitiative "Keine gewalttätigen
Demonstranten!" besteht aus besorgten Bürgern der Stadt Bern.
Gewalt spielt heute leider eine wichtige Rolle, beim Sport und auch bei
Kundgebungen in der Bundesstadt. Nicht zufällig publiziert der
Kanton gerade jetzt eine Studie zum Thema "Jugend und Gewalt". Die Zahl
der Gewalttaten nimmt zu.
Bei Ausschreitungen entstehen jedes Mal grosse
Schäden bei Sachen (Häusern, Mobiliar, Fensterscheiben) und
leider auch bei Personen. Wer bezahlt dafür? Die vermummten
Täter machen sich aus dem Staube. Die geschädigten
Gewerbetreibenden und die privaten Steuerzahler haben das Nachsehen und
sind die Dummen.
Freiheiten sind gewährleistet
Friedliche Demonstrationen bleiben mit Annahme der
Initiative selbstverständlich nach wie vor erlaubt.
Demonstrierende haben selber ein Interesse daran, dass die
Gewaltbereiten die Anliegen der Kundgebung nicht kaputt machen. Gegen
Gewalt muss jedoch Nulltoleranz gelten.
Das Bundesgericht hat die Rechtslage anhand einer
ähnlichen Regelung in der Stadt Thun geklärt: Die
Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit ist auch bei einem
Entfernungsartikel gewährleistet.
Die Polizei braucht unsere Unterstützung für
ihre schwierige Arbeit. Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP)
sowie der Gesamtgemeinderat unterstützen unsere Initiative. Nauses
Amtskollege in Thun, Peter Siegenthaler (SP), ist froh über die
neue Regelung in seinem Kundgebungsreglement.
Keine zusätzlichen Kosten
Andere Krawalle, beispielsweise der Aufruhr von
Linksextremen am 6. Oktober 2007 anlässlich des SVP-Umzuges, haben
gezeigt, dass die Polizei Demonstrationen, die in Gewalt auszuarten
drohen, frühzeitig auflösen muss. Dies noch, bevor grosse
Schäden entstehen.
Diese Möglichkeit will der neue Entfernungsartikel
der Polizei im Kundgebungsreglement geben. Gewaltbereite
Prügel-Demonstranten können neu auch gebüsst werden, was
heute nicht vorgesehen ist. Dem Steuerzahler entstehen bei Annahme der
Initiative keine zusätzlichen Kosten. Die Forderung unserer
Initiative ist somit massvoll. Sie liegt im Interesse friedlich
eingestellter Demonstranten und der übrigen Bevölkerung.
Abschreckende Wirkung
Die neue Regelung kann präventiv wirken. Helfen Sie
mit, ein Zeichen zu setzen für weniger Gewalt in unserer
schönen Stadt, und legen Sie am 13. Juni ein Ja für die
Initiative "Keine gewalttätigen Demonstranten!" in die Urne.
Fliegende Pflastersteine sind keine Argumente und
vermummte Krawallbrüder haben an Kundgebungen nichts zu suchen!
Fred Moser
Der Autor ist Präsident des Initiativkomitees "Keine
gewalttätigen Demonstranten!" Der Berner wurde 1944 geboren und
ist pensionierter Versicherungsbroker.
-------------------
STADTRAT
------------------
Stadtratssitzung (Traktanden)
Donnerstag, 10. Juni 2010 17.00 Uhr und 20.30 Uhr
Sitzungssaal im Rathaus
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/2010-05-31.9731818893/gdb_sitzung_view
NEUE LISTE////Die Stadtratssitzungen sind öffentlich
zugänglich (Besuchertribüne)
Traktanden
(...)
2. Interfraktionelle Motion GFL/EVP, GLP, BDP/CVP (Barbara
Streit-Stettler, EVP/Susanne Elsener, GFL/Jan Flückiger, GLP/Kurt
Hirsbrunner, BDP/Béatrice Wertli, CVP/Pascal Rub, FDP):
Drogenanlaufstelle: Mehr Führungsverantwortung für die Stadt
Bern (BSS: Stv. Hayoz) verschoben vom 3. Juni 2010 09.000338
3. Motion Beat Gubser (EDU): Kennzahlen Drogentherapien (BSS:
Stv. Hayoz) verschoben vom 3. Juni 2010 09.000399
(...)
7. Motion Fraktion GB/JA! (Lea Bill/Rahel Ruch, JA!):
Zwischennutzung von leerstehendem Wohnraum (PRD: Tschäppät)
09.000296
(...)
12. Postulat Robert Meyer (SD): Gemeinderat
befürwortet Verbot von Anti-Minarett-Plakaten in Bern - Zensur
begräbt Demokratie! (GuB: Tschäppät)
09.000358
13. Interpellation Rolf Zbinden (PdA): "Bern
drückt sich um Entscheid über Minarett-Plakat" (BZ, 15.10.09)
- Was soll der Affentanz um die rassistische Hasspropaganda? (GuB:
Tschäppät) 09.000359
(...)
------------------------
BIG BROTHER
------------------------
Bund 5.6.10
Datenschutz
Schengen-Regelung für Umgang mit Personendaten
Der Bund muss künftig Personen informieren, wenn er
über sie Daten beschafft. Die Schweiz passt ihre entsprechenden
Gesetze auf den 1. Dezember dem Schengen-Raum an, wie der Bundesrat
entschieden hat. Das Parlament hat die Änderungen bereits
verabschiedet. In Kraft treten sie unter dem Vorbehalt, dass die
Referendumsfrist unbenutzt abläuft. Neu geregelt wird zum
Beispiel, unter welchen Voraussetzungen Personen-Daten an einen
Schengen-Staat weitergeleitet werden können. (sda)
-----------------------------------
BIG BROTHER SPORT
-----------------------------------
Sonntagszeitung 6.6.10
Dokumentieren und festnehmen
Mit einer neuen Einsatztaktik schaltet die Polizei gezielt
gewaltbereite Sportfans aus
Von Matthias Halbeis
Zürich Polizeikorps rüsten gegen Straftäter
an Sportveranstaltungen auf. Mit einer neuen Einsatztaktik wollen die
Kommandanten mehr Verurteilungen von gewaltbereiten Sportfans erwirken.
Die Änderung ist Folge der "Policy gegen Gewalt im Sport" der
kantonalen Polizeidirektoren.
Sogenannte Beweissicherungs- und Festnahme-Elemente (BFE)
sollen dafür sorgen, dass Straftaten dokumentiert, Verursacher
festgenommen und gleich anschliessend an die Staatsanwaltschaften oder
Untersuchungsrichter übergeben werden können. Beat Hensler,
Kommandant der Luzerner Polizei: "Gesamtschweizerisch ist eine klare
Tendenz feststellbar, dass Korps vermehrt solche Einheiten gegen die
Gewalt an Sportveranstaltungen einsetzen." Hensler leitet die
Arbeitsgruppe "Einsatztaktik Fussball" der Konferenz der
Polizeikommandanten.
Am konsequentesten ist in der abgelaufenen Saison die
Stadtpolizei St. Gallen mit dieser Doktrin gegen Fussballchaoten
vorgegangen - mit Erfolg. Dutzende Gewalttäter wurden abgeurteilt,
zum Teil nach Untersuchungshaft über das Wochenende hinaus.
Kommandant Pius Valier sagt: "Wenn die Beamten aus der Masse heraus
Straftäter gezielt festnehmen, so hat das eine direkte
präventive Wirkung auf alle anderen Fans." Laut Hensler kann die
Polizei bei einem Einsatz noch so viele Leute festnehmen: "Wenn danach
alle Verfahren wegen fehlender Beweise eingestellt werden, verliert das
Vorgehen schnell an Drohwirkung." Valier erinnert sich, dass sich nach
solchen Zugriffen angeheizte Situationen schlagartig entschärften.
Spiele in St. Gallen seien in der Rückrunde merklich ruhiger
abgelaufen.
Positive Erfahrungen mit der neuen Einsatztaktik machte
laut Sprecher Franz Märki auch die Kantonspolizei Bern. Für
Mario Cortesi, Medienchef der Zürcher Stadtpolizei, liegt der
Vorteil des Vorgehens, das in Zürich ebenfalls angewandt wird, im
Videobeweis: "Wenn wir Festnahmen machen, münden sie aufgrund der
qualitativ hochstehenden Beweise in Verurteilungen."
Auf Beginn der Rückrunde der Fussballmeisterschaft
2009/10 stellte Valier zusammen mit der St. Galler Kripo und
Staatsanwaltschaft die neue Doktrin vor etwa 80 Polizeioffizieren aus
der ganzen Schweiz vor. Viele Korps seien daran, diese Taktik zu
adaptieren, sagt Valier. Auf Beginn der neuen Saison würden BFE
verstärkt eingesetzt. Beispielsweise von der Kantonspolizei St.
Gallen: Sie plant, entsprechend ausgebildete Polizisten von Beginn der
nächsten Saison bei Eishockeyspielen in Rapperswil-Jona
einzusetzen. Gemäss der Polizeidirektorin Keller-Sutter laufen
Abklärungen, ob die Spezialisten sogar im Stadion der Lakers zum
Einsatz kommen können. Dann, wenn Störenfriede aus der Kurve
heraus festzunehmen sind.
-------------------
POLICE CH
-------------------
NLZ 7.6.10
Polizeiverband
Polizisten wollens komfortabler haben
Von Jürg Auf der Maur
Hotel statt Zivilschutzanlage: Die Polizisten verlangen
mehr Annehmlichkeiten bei Grosseinsätzen. Sie wollen zum Beispiel
Tageslicht.
"Wir sind Profis und wollen wie Profis behandelt werden."
Das sagt Max Hofmann, Generalsekretär des Schweizer
Polizeibeamtenverbandes. Seit der Euro 08 ist der Polizeiverband darum
daran, die Arbeitsbedingungen der Schweizer Polizisten zu untersuchen
und sie mit denjenigen ausländischer Korps zu vergleichen. Das
Fazit: Bei Grosseinsätzen sind die Bedingungen, unter welchen
Schweizer Ordnungshüter zum interkantonalen Dienst aufgeboten
werden, um Meilen schlechter als jene der deutschen Kollegen. Das
mussten die hiesigen Polizisten spätestens im Rahmen der Euro 08
feststellen, als Schweizer und deutsche Beamte Seite an Seite im
Einsatz standen.
Polizisten bedrängen Politiker
Nun haben die Schweizer Polizisten die Nase voll. Der
Zentralvorstand hat vor kurzem ein Positionspapier verabschiedet, mit
dem in den nächsten Wochen das Gespräch mit der Politik
gesucht wird. Hofmann: "Wir wollen zuerst mit den Kommandanten reden
und später unsere Anliegen auch der Politik vorlegen." Ziel: Mit
dem nun erarbeiteten Forderungskatalog werden Mindeststandards
verlangt, die festhalten, zu welchen Arbeitsbedingungen Schweizer
Polizisten künftig im Einsatz stehen sollen. Dabei geht es um
"planbare, kantonsübergreifende Einsätze, bei welchen
Mitarbeitende mehrerer Polizeikorps involviert sind". Das heisst: Es
geht nicht um kurzfristig einberufene Ordnungsdienste bei Demos oder
vor Fussballstadien, sondern um Anlässe wie beispielsweise den
G-8-Gipfel am Genfersee, die Euro 08, das WEF oder den im Sommer
stattfindenden Frankofoniegipfel in Genf.
Nie mehr Zivilschutzanlagen
Hier allerdings machen die Polizisten klar, was sie in
Zukunft verlangen. "Die Zeit der Zivilschutzanlagen ist vorbei", sagt
Hofmann. Die Polizeigewerkschaft fordert deshalb nicht nur ein
paritätisches Mitspracherecht bei den Vorbereitungsarbeiten,
sondern auch Unterkünfte vor Ort, wie sie andere Berufsleute
für sich auch beanspruchen dürfen. Hofmann: "Es kommt
niemandem in den Sinn, einen IBM-Techniker, der auf Montage ist, in
eine Zivilschutzanlage zu stecken, nur weil das günstiger ist als
eine Hotelübernachtung."
Der Forderungskatalog lässt denn auch keine Fragen
offen, was sich die Polizisten als Mindeststandards für
Einsätze vorstellen (siehe Box).
Luzerner Kommandant ist offen
Bei den Polizeikommandanten stossen die Forderungen der
Basis nicht grundsätzlich auf Widerstand. "Wir werden diesen
Forderungskatalog sicher genau prüfen", sagt der Luzerner
Polizeikommandant Richard Hensler. "Wir wollen ja auch, dass unsere
Leute unter guten Bedingungen arbeiten können." Die Finanzfrage
müsse die Politik lösen, betont Hensler und macht klar, dass
hier das Wohl der Polizisten im Einsatz im Zentrum stehen müsse.
Probleme könnte allerdings die praktische Umsetzung geben - etwa
dann, wenn in der Umgebung nur Fünfsternehotels vorhanden
wären. Hensler: "Eine Unterbringung in einem solchen Luxushotel
ginge nicht, das ist wohl allen klar, auch wenn die Zeit von
Zivilschutzanlagen tatsächlich vorbei ist." Gesucht seien also
vernünftige Lösungen für den praktischen Alltag.
juergaufdermauer@neue-lz.ch
--
Der Katalog
Das verlangen die Polizisten
• Eine sowohl am Tag wie auch in der Nacht ruhige Lage.
• Fenster mit Tageslicht, die aber so verdunkelt werden
können, dass man auch tagsüber schlafen kann.
• Eine maximale Distanz zum Einsatzort von 30 Kilometern.
• Hotels und Kasernen statt Zivilschutzanlagen, die
künftig kategorisch abgelehnt werden.
• Maximal 4- bis 6-Betten-Zimmer, nach Geschlechtern
getrennt.
• Von der Mannschaft getrennte Zimmer für Kader und
Fahrer.
• Normale Matratzen; Leintuch, Kopfkissen und Duvet.
• Dazu eigene abschliessbare Schränke, gute
Sanitäranlagen und pro Person mindestens eine Steckdose.
• Einen Ruheraum von mindestens 120 Quadratmetern
Grösse pro 30 Polizisten.
• Dieser soll über WLAN, Zeitungen, Radio/TV,
Kühlschrank und Snacks verfügen.
• 3 Essen pro Tag à 24 Stunden.
• Eine Einsatzzeit von 24 Stunden soll maximal 15 Stunden
Arbeit und mindestens 9 Stunden Ruhepause am Stück umfassen.
• Einsätze sollen künftig für den einzelnen
Polizisten maximal zehn Tage am Stück dauern. Dann werden zwei
Freitage mit der Möglichkeit, nach Hause zurückzukehren,
gefordert.
• Überstunden sollen am Samstag und am Sonntag einen
Zeitzuschlag von 100 Prozent erhalten, von Montag bis Freitag um 25
Prozent.
---
NZZ am Sonntag 6.6.10
Der Polizei fehlen 2000 Leute
Der Personalmangel bei den Polizeieinheiten in der Schweiz
hat sich weiter verschärft, wie eine Erhebung zeigt.
Andreas Schmid
Immer mehr Einsätze, aber kein zusätzliches
Personal: Die Anforderungen an die Polizisten in der Schweiz stiegen
stetig, beklagt sich deren Gewerkschaft. Der Verband Schweizerischer
Polizeibeamter (VSPB) stellt seine Delegiertenversammlung von kommender
Woche in Luzern denn auch unter das Motto "Es reicht!". Unter anderem
mit einer Resolution will der VSPB auf die fehlenden Ressourcen, die
enorme Arbeitsbelastung sowie die zunehmende Gewalt gegen Polizisten
aufmerksam machen.
In den Schweizer Korps arbeiten rund 16 000 Polizisten.
Gemäss einer Erhebung bei den Kommandanten in den Kantonen seien
das gegen 2000 zu wenig, sagt Heinz Buttauer, der Präsident des
VSPB. "Der Unterbestand hat sich seit Jahren zusehends akzentuiert."
Inzwischen leisteten die Polizeibeamten jährlich hochgerechnet 1
Million Überstunden. Der Missstand liege in den
Sparbemühungen der Kantone und in der zunehmenden Zahl an
Einsätzen bei Fussball- und Eishockeyspielen sowie Demonstrationen
begründet, sagt Buttauer. Bis der Sollbestand erreicht sei, dauere
es selbst mit Zusatzanstrengungen Jahre.
Der Verband der Polizeibeamten sieht sich in seiner
Forderung nach mehr Personal auch im abnehmenden subjektiven
Sicherheitsempfinden der Bevölkerung bestätigt: Die Angst vor
Kriminalität hat laut der alljährlichen
Bevölkerungsbefragung im letzten Jahr signifikant zugenommen.
---
Südostschweiz 6.6.10
Polizisten wenden sich an die Politiker
Bern. - Viele Aufgaben und Überstunden und zu wenig
Personal: Der Verband Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB) wird an
seiner Delegiertenversammlung nächste Woche von der Politik mehr
Unterstützung verlangen. So sollen etwa die Unterbestände
schnellstmöglich behoben und die Einsätze an
Sportanlässen grosszügiger honoriert werden. Auch die
Frühpensionierung ist ein Thema: Die Polizeigewerkschaft
möchte Polizisten vermehrt mit 58 Jahren in Rente schicken
können. Seite 15
--
Polizeigewerkschaft fordert Pensionierung mit 58 Jahren
Den Schweizer Polizisten reicht es: Im Vorfeld ihrer
Delegiertenversammlung fordert die Polizeigewerkschaft bessere
Arbeitsbedingungen, etwa frühere Pensionierungen.
Von Sermin Faki
Bern. - Schweizer Polizisten sollen künftig vermehrt
schon mit 58 Jahren in den Ruhestand treten. Das wird der der Verband
Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB) an seiner Delegiertenversammlung
in der kommenden Woche fordern. Denn: Viel Schweizer Polizisten
fühlen sich überfordert. Grund dafür sind vor allem
Grosseinsätze bei Sportanlässen, aber auch immer mehr jene
Aufgaben, die die Politik den Sicherheitsbehörden aufhalst. Max
Hofmann, Generalsekretär des VSPB - der Polizeigewerkschaft -,
erklärt: "Die Politik erlässt immer neue Strafbestimmungen,
die ja irgendjemand umsetzen muss." Und das sei in den meisten
Fällen die Polizei. Neustes Beispiel seien die Rauchverbote in den
Kantonen: "Wir müssen kontrollieren, ob sich alle Wirte an die
Auflagen halten." Das alles führt dazu, dass Schweizer Polizisten
immer mehr Überstunden anhäufen. Schon 2006 waren es
über eine Million. Recherchen der "Südostschweiz am Sonntag"
zu den aktuellen Zahlen der Kantonspolizeien zeigen: Allein in den
Kantonen Bern und Freiburg wurden 2009 über 161 000
Überstunden geleistet, weitere Kantone machen ähnliche
Angaben. Nur eine Minderheit der angefragten Polizeikorps, wie etwa
jenes von Basel-Stadt, verweist auf stagnierende oder sinkende Zahlen.
Eines aber ist gemeinsamer Nenner: "Es fehlen Leute." Insgesamt, so
schätzt der VSPB, hat die Schweiz 1500 bis 2000 Polizisten zu
wenig.
Mehr Gewalt gegen Polizisten
Doch nicht nur die quantitative, auch die qualitative
Arbeitsbelastung nimmt zu: Immer mehr Polizeibeamte würden im
Dienst Opfer von Gewalt, nicht nur bei Fussball- oder Eishockeyspielen,
so Hofmann. "Heute kann es einem Polizisten bei einer ganz normalen
Fahrzeugkontrolle passieren, dass jemand ausrastet." Die Hemmschwelle
für Gewalt gegen Polizisten sinke beständig.
Das alles führe dazu, dass der Polizeiberuf nicht
mehr so attraktiv sei wie auch schon. Um die Missstände zu
beheben, wird die Polizeigewerkschaft neben der früheren
Pensionierung an ihrer Delegiertenversammlung Folgendes fordern:
- die schnellstmögliche Auffüllung der
Unterbestände,
- eine Verschärfung der Strafen für
Gewaltdelikte gegen Polizeibeamte,
- die Einteilung von Einsätzen an Sportanlässen
als Spezialeinsätze, was höhere Lohnbezüge und mehr
Erholungszeit zur Folge hätte, und
- eine Abkehr vom "Privatisierungswahn" der Politik, die
immer mehr Polizeiaufgaben an private Unternehmen wie Securitas
auslagere.
Letzter Punkt widerspricht offensichtlich den Klagen der
Polizisten, überlastet zu sein. "Es stimmt, diese Unternehmen
entlasten uns", sagt Hofmann. Doch seien auch Probleme mit ihnen
verbunden: "Wer kontrolliert diese Firmen? Was passiert in einem
Konkursfall? Müssen wir dann von heute auf morgen einspringen?"
Zudem, gibt er zu bedenken, könne es doch nicht Ziel sein, das
staatliche Gewaltmonopol an Private abzugeben.
Brisanter Vorschlag
Die Politik tut sich schwer mit den Forderungen der
Polizeigewerkschaft. Die Strafmasserhöhung wurde von Bundesrat und
Nationalrat bereits abgelehnt, und angesichts der angespannten
Finanzlage komme eine personellen Aufstockung wohl erst in zweiter
Linie in Betracht, sagte kürzlich die Vizepräsidentin der
Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren, Karin
Keller-Sutter.
Keller-Sutter macht sich jedoch für eine andere
Lösung stark: Sie will das Grenzwachtkorps auflösen und die
1900 Beamten den Kantonen zuteilen. Das lehnen das zuständige
Eidgenössische Finanzdepartement und manche Kantone ab. Das dem
Grenzwachtkorps obliegende Zollwesen sei Aufgabe des Bundes, und es
komme nicht infrage, die Zollhoheit den Kantonen abzutreten, heisst es
beim Bund. Interview 5. Spalte
--
Aus erster Hand
"Ich stelle mir eine Kripo Ostschweiz vor"
Mit Regierungsrätin Karin Keller-Sutter* sprach
Sermîn Faki
Frau Keller-Sutter, die Polizeigewerkschaft fordert das
Pensionsalter 58. Ist das machbar?
Karin Keller-Sutter: Die Frage des Pensionierungsalters
ist eine Angelegenheit der Kantone und wird in den jeweiligen
Kantonsparlamenten entschieden. In Einzelfällen soll eine
Frühpensionierung möglich sein. Eine generelle
Einführung des Pensionierungsalters 58 ist jedoch aus
demografischen und finanziellen Gründen nicht möglich. Es
würde sich zudem die Frage der Gleichbehandlung mit anderen
Berufsgruppen stellen, die auch ausserordentlichen Belastungen
ausgesetzt sein können, zum Beispiel Gefängnis- oder
Gesundheitspersonal.
Die Polizisten klagen über Überstunden und
Überforderung. Hat die Konferenz der kantonalen Justiz- und
Polizeidirektoren (KKJPD) Verständnis dafür?
Man muss dem natürlich Rechnung tragen. Aber auf der
anderen Seite muss auch der Verband Schweizerischer Polizeibeamter zur
Kenntnis nehmen, dass einige Kantone, etwa St. Gallen, trotz
Sparmassnahmen aufgestockt haben. Zudem resultieren viele
Überstunden aus Einsätzen an Sportanlässen, und wir sind
ja dabei, Massnahmen auszuarbeiten, um das Aufgebot an Polizisten zu
reduzieren.
In der Schweiz fehlen 1000 bis 2000 Polizisten. Sie haben
vorgeschlagen, das Grenzwachtkorps in die Kantonspolizeien zu
integrieren. Das kam beim Bund nicht gut an: Zollwesen sei Bundessache,
hiess es.
Die Kantone wollen das Zollwesen gar nicht. Aber heute
führen Grenzwächter Verkehrskontrollen und
Personenüberprüfungen durch - auch in Zügen im
Binnenland. Nur sind das polizeiliche Aufgaben, und die Polizeihoheit
liegt bei den Kantonen. Dabei kommt es zu Doppelspurigkeiten.
Aber es könnte die Polizei entlasten.
Natürlich. Und wir können uns auch durchaus
gemischte Patrouillen vorstellen. Nur fordert die KKJPD dann im
Minimum, dass das GWK bei solchen polizeilichen Einsätzen der
Polizei unterstellt wird. Wenn das GWK darüber hinaus Zollvergehen
ahndet, ist das doch kein Problem. Nur braucht es eine klare Regelung
der Zuständigkeiten.
Sie sehen die Zukunft der inneren Sicherheit in vermehrter
Kooperation?
Eindeutig. Die Schweiz wächst immer mehr zusammen:
Wir werden ein "City State", ein Stadtstaat, leben aber in den
zersplitterten Sicherheitsstrukturen von 1848. Ich denke, wir
müssen ernsthaft darüber nachdenken, wie wir unsere
Kräfte bündeln können, um einerseits den Erwartungen der
Bevölkerung gerecht zu werden - und auch um Steuergelder
effizienter einzusetzen. Ich könnte mir beispielsweise auch eine
Kripo Ostschweiz vorstellen. Wenn man will, kann man solche Modelle
umsetzen. Wir sollten das nur offen und ohne Scheuklappen diskutieren
können.
Karin Keller-Sutter (FDP) ist Vorsteherin des St. Galler
Sicherheits- und Justizdepartementes und Vizepräsidentin der KKJPD.
---------------------------
POLIZEIGEWALT
---------------------------
Indymedia 6.6.10
Demo gegen Polizeigewalt, Samstag, 12. Juni Fribourg ::
AutorIn : justice pour tous
Demo gegen Polizeigewalt, Samstag, 12. Juni: 15h Fribourg, Place
Python
Am 18. April wurde der 18jährige Sébastien aus Lyon
von schweizerischen Polizeibeamten getötet. Zusammen mit seinem
Zwillingsbruder und Kollegen hatte er drei Autos aus einer Garage
gestohlen. Während der Verfolgung wurden sie von der Polizei in
einen wahrhaftigen Hinterhalt gehetzt: die Autobahn wurde gesperrt,
Polizeischützen in Position gebracht. Als das erste Auto auf die
Sperre auffuhr, schoss einer der zwei anwesenden Polizisten sieben Mal
darauf. Schuss nach Schuss, jedes Mal nachgeladen. Der Nebenfahrer des
Autos, Sébastien, starb durch einen Kopfschuss. Der Fahrer,
Yunus, wurde vor Ort verhaftet und sitzt seither in Lausanne in
Untersuchungshaft.
Einige Tage später, als Daniel mit seiner Familie den
Körper seines getöteten Zwillingsbruders nach Frankreich
zurückführen möchte, wurde er an der Grenze von der
Genfer Polizei verhaftet. Anstatt an der Beerdigung seines
Zwillingsbruders teilnehmen zu können, wurde er in Freiburg in
Untersuchungshaft genommen.
Der durch einen Polizeieinsatz verursachte Tod von
Sébastien ist kein Einzellfall. Schon am 11. März hat in
Lausanne ein Inhaftierter der Strafanstalt Bochuz seine Matratze in
Brand gesetzt, um gegen die Konfiszierung seines Radios zu
protestieren. Die Beamten haben nicht interveniert, sodass die Person
erstickte. Am 17. März ist ein Ausschaffungshäftling an den
Folgen einer versuchten Zwangsausschaffung gestorben: er hatte sich
seiner Ausschaffung widersetzt.
Die Schweizer Polizei tötet. Zwei Tage nach
Sébastiens Tod war der betreffende Polizist wieder im Dienst,
als wäre nichts geschehen. Daniel und Yunus sind immer noch in
Haft. Sie werden in der Folge von den Schweizer Behörden und ihren
französischen Kollegen, als Banditen ausgegeben. Der Diebstahl
ohne Gewaltanwendung wird als organisierte Bandenkriminalität
betitelt. Dieser Diskurs hat ein einziges Ziel: den Mord zu
legitimieren und den Polizisten zu rehabiliteren.
Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Schweizer Justiz in
dieser Weise vorgeht und Yunus sowie Daniel zu exemplarischen Strafen
verurteilt.
Gegen jegliche Polizeigewalt!
Freiheit für Daniel und Yunus!
"Justice pour tous", Freunde der Familie von Sébastien,
Daniel und Yunus
------------------------------
AUSSCHAFFUNG
------------------------------
Aargauer Zeitung 5.6.10
"Ich hätte mir zumindest Ärger erspart"
BFM-Direktor bedauert Nigerianer-Aussage
Seit Anfang Jahr ist Alard du Bois-Reymond Direktor des
Bundesamtes für Migration (BFM). Im Interview sagt er, was ein Ja
zur Ausschaffungsinitiative zur Folge hätte und wieso er bald nach
Nigeria fliegen wird.
Martin Rupf
Herr Alard du Bois-Reymond, wie beurteilen Sie den
Entscheid des Nationalrats zur Ausschaffungsinitiative?
Alard du Bois-Reymond: Es sieht jetzt gut aus für den
Gegenvorschlag, das ist wichtig. Denn die Initiative der SVP würde
uns grosse Probleme bereiten.
Was für Probleme?
du Bois-Reymond: Laut Initiative würde zum Beispiel
jemand automatisch ausgeschafft, wenn er ein Bagatelldelikt begeht. Sie
ist unverhältnismässig.
Was sind die Vorteile des Gegenvorschlags?
du Bois-Reymond: Mit dem Gegenvorschlag werden
Ausländer nur bei schwerwiegenden Delikten weggewiesen. Zudem
enthält er neben repressiven auch präventive Elemente wie das
wichtige Element der Integration.
Die SVP findet dieses Element überflüssig, weil
die Integration bei einer Ausschaffung offensichtlich gescheitert sei.
du Bois-Reymond: Leider werden Ausländer oft mit
Kriminalität in Zusammenhang gebracht. Dabei nützen
Ausländer der Schweiz auch sehr viel. Es gibt jedoch auch Risiken.
Diese Risiken können mit einer guten Integration vermindert werden.
Was würde sich mit Annahme der Initiative oder des
Gegenvorschlags ändern?
du Bois-Reymond: Heute werden aufgrund von
Schätzungen der Kantone jährlich 350 bis 400 kriminelle
Ausländer weggewiesen. Bei einem Ja zum Gegenvorschlag würde
sich diese Zahl laut Schätzungen verdoppeln - bei der
Ausschaffungsinitiative gar vervierfachen. Was die SVP nicht sagt: Die
Schweiz ist bei der Ausschaffung in jedem Fall auf die Zusammenarbeit
mit den Empfangsländern angewiesen.
Aktuelles Beispiel ist Nigeria, das die
Rückführung gestoppt hat, nachdem Mitte März ein
nigerianischer Ausschaffungshäftling am Flughafen Kloten gestorben
ist. Nigeria will die Flüge erst wieder aufnehmen, wenn der
Untersuchungsbericht zum Todesfall vorliegt. Wann kann damit gerechnet
werden?
du Bois-Reymond: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Die
Zürcher Staatsanwaltschaft führt die Untersuchung. Die Sache
scheint komplizierter zu sein, als am Anfang angenommen. Wir
befürworten eine umfassende Untersuchung, die nimmt aber Zeit in
Anspruch.
In einem Interview mit der "NZZ am Sonntag" sagten Sie,
fast alle Nigerianer kämen wegen illegaler Geschäfte in die
Schweiz. Damit verletzten Sie viele Nigerianer. Hätten Sie die
Worte als Direktor vorsichtiger wählen müssen?
du Bois-Reymond: Ich hätte mir zumindest einigen
Ärger erspart. Doch inzwischen konnte ich gegenüber den
nigerianischen Behörden klarstellen, dass ich nicht sagen wollte,
alle Nigerianer seien kriminell. Ich werde diesen Sommer nach Nigeria
fliegen, um die Migrationspartnerschaft zu vertiefen und
allfällige Unklarheiten zu bereinigen.
Hat es Sie im Nachhinein geärgert, dass Sie nicht
sagen durften, was Sache ist?
du Bois-Reymond: Es ist wichtig, dass ich als BFM-Direktor
die Fakten anspreche. Gerade beim emotional sehr aufgeladenen Thema
Migration. Noch wichtiger ist es aber, Lösungen zu bringen.
Wie wollen Sie künftig Todesfälle vermeiden?
du Bois-Reymond: Verschiedene Massnahmen sind vorgesehen.
So soll neu von Anfang an ein Arzt auf jedem Flug dabei sein. Zudem
werden dem Arzt die medizinischen Dossiers der auszuschaffenden Person
zur Verfügung gestellt.
Nach dem Tod des jungen Nigerianers Mitte März wurden
die Sonderflüge in alle Länder gestoppt. Nun hat das BFM
grünes Licht für die Wiederaufnahme - mit Ausnahme von
Nigeria - gegeben. Wann werden die ersten Ausländer ausgeflogen?
du Bois-Reymond: Wahrscheinlich finden vor den
Sommerferien wieder die ersten Flüge statt. Das ist wichtig
für die Kantone, weil sie mit dieser Aussicht die
Ausschaffungshäftlinge länger im Gefängnis behalten
können. Wichtig: Nigerianer können in zwei Drittel der
Fälle in Dublin-Staaten ausgeschafft werden, wo sie ihr erstes
Asylgesuch gestellt haben.
Die Sonderflüge sind das eine. Doch das Bundesamt
für Migration will ja auch erreichen, dass weniger Nigerianer in
die Schweiz kommen. Wie wollen Sie das bewerkstelligen?
du Bois-Reymond: Wir haben eine Task-Force ins Leben
gerufen, die sich dieser Frage annimmt.
Konkret?
du Bois-Reymond: Ein Beispiel ist die Ausbildung von
nigerianischem Grenz- und Kontrollpersonal in Nigeria.
Sie sind seit Anfang Jahr BFM-Direktor. Im
Migrationsbereich läuft im Moment ungemein viel. Wie erleben Sie
das?
du Bois-Reymond: Ja, es läuft sehr viel. Dabei
erhalten im Vergleich zum emotional aufgeladenen Asylbereich wichtige
Themen wie beispielsweise der Dialog mit den Muslimen oder die
Missbrauchsbekämpfung im Bereich der Personenfreizügigkeit zu
wenig Gewicht.
Bevor Sie BFM-Direktor wurden, waren Sie fünf Jahre
Leiter der IV beim Bundesamt für Sozialversicherung. Fiel Ihnen
die Umstellung schwer?
du Bois-Reymond: Vor allem im Asylbereich habe ich nicht
bei null angefangen, weil ich sieben Jahre im IKRK gearbeitet habe. In
anderen Bereichen musste ich mich tatsächlich einarbeiten.
Sie waren viele Jahre IKRK-Delegierter in Ex-Jugoslawien
und vor allem in Afrika. Vermissen Sie den Wüstensand?
du Bois-Reymond: Nein, im Gegenteil. Beim IKRK läuft
man Gefahr, zu einer Art "Kriegs-Junkie" zu werden.
Wie bitte?
du Bois-Reymond: Die kriegerischen Seiten der
humanitären Hilfe haben etwas "Drogenhaftes". Sie wollen immer
mehr Extremsituationen. Ich habe gemerkt: Wenn ich kein
"IKRK-Adrenalinabhängiger" werden will, dann muss ich wieder ins
normale Leben zurück.
Wo holen Sie sich heute den Kick?
du Bois-Reymond: Ich bin älter geworden und brauche
den täglichen Kick nicht mehr. Meine Aufgabe als BFM- Direktor
gibt mir genügend Kick. (lacht)
--
Zur Person
Seit dem 1. Januar 2010 ist Alard du Bois-Reymond (49)
Direktor des Bundesamtes für Migration. Vorher war er
IKRK-Delegierter, dann Direktor von Pro Infirmis und zuletzt Leiter der
Invalidenversicherung beim Bundesamt für Sozialversicherung.
----------------------------------------------
40 JAHRE SCHWARZENBACH
----------------------------------------------
Südostschweiz 6.6.10
Schwarzenbach heute chancenlos
James Schwarzenbach wollte 1970 die Zahl der
Ausländer in der Schweiz auf zehn Prozent begrenzen. Heute liegt
die Quote bei 21,7 Prozent. Dennoch hätte Schwarzenbach heute kaum
eine Chance - es sind die "richtigen" Ausländer.
Von Steffen Klatt
Bern. - James Schwarzenbach fühlte sich am Abend des
7. Juni 1970 als heimlicher Sieger. Er war es auch. Nur 54 Prozent der
Schweizer hatten seine Initiative abgelehnt. Diese wollte die Zahl der
Ausländer in allen Kantonen ausser Genf auf zehn Prozent
begrenzen. Bei einer Annahme hätten bis zu einer halben Million
Ausländer ausgewiesen werden müssen.
Italiener kamen lastwagenweise
Im Nachhinein wurde die Initiative als typisch rechtes
Anliegen wahrgenommen. Doch lancierte der Chef der Nationalen Aktion
sie erst, als eine ähnliche Initiative der linksliberalen
Demokratischen Partei nicht zustande kam. Beide Parteien wiesen auf ein
Problem hin, das vielen Schweizern unter den Nägeln brannte: Die
Zahl der Ausländer war rasch gestiegen, und diese waren schlecht
integriert. Dabei ging es vor allem um Italiener: Ganze
Lastwagenladungen voller Arbeitssuchender waren gekommen, um Textil-
und andere Fabriken zu bestücken. 1969 betrug die Zahl der
Ausländer bereits eine Million. Dabei machten die gut
integrierten, niedergelassenen Ausländer nur ein Drittel aus.
Hinzu kamen 190 000 Saisonniers, die nicht einmal die Chance zur
Integration erhielten.
Auch ohne Schwarzenbach-Initiative wurde das Problem
entschärft: Zwei Ölpreisschocks in den Siebzigerjahren und
die daraus folgende Wirtschaftskrise liessen die Zahl der
Ausländer wieder sinken, bevor sie in den Achtzigerjahren wieder
stieg. Nun kamen neue Ausländergruppen: Statt Italienern waren es
Spanier, Portugiesen und Jugoslawen. Der Grund blieb der gleiche:
Industrie, Baugewerbe, Tourismus und Gastronomie brauchten billige,
fleissige Arbeiter. Hinzu kam ein neues Phänomen:
Kriegsflüchtlinge. In den Achtzigerjahren waren es vornehmlich
Tamilen aus Sri Lanka, in den Neunzigerjahren folgten jugoslawische
Flüchtlinge.
Inzwischen freilich brauchte die Schweizer Wirtschaft sie
nicht mehr in diesem Mass. Der internationale grössere Wettbewerb
zwang zur Auslagerung von Produktion in Billiglohnländer. Der
Bundesrat passte seine Politik Anfang der Neunzigerjahre mit dem Modell
der drei Kreise an: Zuerst sollten Ausländer aus der EU kommen,
dann aus dem restlichen Europa und schliesslich dem Rest der Welt.
Gleichzeitig sollten Hochqualifizierte statt billige Arbeiter geholt
werden. Diese Politik schlug sich im freien Personenverkehr mit der EU
nieder, der 2002 in Kraft trat. Seit 2007 steht die Schweiz den
Bürgern der 15 alten EU-Staaten offen, ab Mai 2011 den
Bürgern der zehn neuen. Bulgarien und Rumänien werden folgen.
Europäischer als die EU-Länder
Der Politikwechsel des Bundesrats ist erfolgreich: Zwar
stieg der Ausländeranteil auf 21,7 Prozent. In keinem
vergleichbaren Land Europas ist er so hoch. Unter den Nachbarn hat
Österreich mit 10,1 Prozent den höchsten Anteil, Italien und
Frankreich mit 5,8 Prozent den niedrigsten. In der EU hat nur der
Sonderfall Luxemburg mit 42 Prozent einen höheren Anteil; doch das
Grossherzogtum ist von Struktur und Grösse eher mit dem Kanton
Genf zu vergleichen.
Weit über die Hälfte der Ausländer kommt
aus der EU. EU-Bürger stellen bereits 12,7 Prozent der
Bevölkerung. Unter den Nachbarländern hat Österreich mit
3,5 Prozent den höchsten Anteil von EU-Bürgern an der
Bevölkerung, Italien mit 1,6 Prozent den niedrigsten. Anderswo in
der EU sieht es kaum anders aus. Anders gesagt: Die Schweiz ist
europäischer als die EU-Länder selbst.
Zahl der Niedergelassenen steigt
Auch hat keine der nationalen Gruppen unter den
EU-Bürgern einen so grossen Anteil wie einst die Italiener. Heute
gelten noch 291 000 Italiener in der Schweiz als Ausländer - die
eingebürgerten nicht mitgezählt. Noch 1980 waren es 423 000.
Auch die Zahl der Deutschen beträgt erst rund 250 000. Ausserdem
ist die Zahl der niedergelassenen - also seit mehr als fünf Jahren
ansässigen und meist gut integrierten - Ausländer inzwischen
deutlich grösser als die der Jahresaufenthalter. Den 1,1 Millionen
Niedergelassenen stehen heute 536 000 Jahresaufenthalter und 53 000
Kurzaufenthalter (vergleichbar den einstigen Saisonniers)
gegenüber.
Damit ist die Schweiz zu einem Modell innerhalb Europas
geworden. Entsprechend eskalieren hierzulande auch keine Probleme mit
bestimmten Ausländergruppen, wie es etwa in den Pariser Banlieues
der Fall war.
Der Haken: Ein Schwarzenberg hätte heute keine Chance
mehr. Selbst wenn es eine ausländerfeindliche Stimmung gäbe,
würde eine Volksinitiative nicht mehr greifen. Die Stellung der
EU-Bürger in der Schweiz ist durch die bilateralen Verträge
abgesichert. Würden diese gekündigt, wäre das ein
Super-GAU für die Schweizer Wirtschaft.
---------------------
ANTI-ZIRKUS
---------------------
Zürichsee-Zeitung 7.6.10
Gummiboot-Demo gegen Tiere im Zirkus
Am Samstag trafen sich etwa 40 Aktivisten auf 15
Gummibooten, um auf dem Zürichsee gegen die Tierhaltung in
Zirkussen zu demonstrieren. Mit einem riesengrossen Transparent,
Schildern und über 100 Heliumballons machten die Demonstranten den
Circus Knie und seine Besucher darauf aufmerksam, dass die Tierhaltung
in Zirkussen nicht akzeptabel sei. Kurz nach Beginn der Gummiboot-Demo
tauchte die Polizei mit zwei Booten auf und begleitete die
Demonstranten.
Als die Gummiboote beim Circus Knie angelangt waren,
erschienen weitere Polizeibusse. Die Beamten auf dem Wasser wiesen die
Demonstranten an, innert fünf Minuten die Wasserfläche vor
der Landiwiese zu verlassen, da sie sonst verhaftet würden,
schreibt die Tierschutzorganisation Azot in einer Medienmitteilung.
(zsz)
----------------------------------------
30 JAHRE ZÜRI BRÄNNT
----------------------------------------
Zürichsee-Zeitung 7.6.10
"Züri brännt"-Serie Olivia Heussler hat 1980
fotografiert und Gummischrot abbekommen
"Ich wäre sofort wieder dabei"
Wer den Sommer 1980 nicht erlebte und doch ein Bild davon
im Kopf hat, hat mit grosser Wahrscheinlichkeit eines von ihr im Kopf:
Die Fotografin Olivia Heussler hat die Bewegung dokumentiert.
Sarah Jäggi
Dass Olivia Heussler noch immer "bewegt" ist, dass
Autonomie für sie kein Schimpfwort, sondern Selbstverständnis
ist und sie auch mit 53 Jahren nicht in einer bürgerlichen
Normalität angekommen ist, wird am Ausstellungsort ihrer Bilder
klar, am Ort auch, wo sie die Buchvernissage ihres Fotobandes
"Zürich, Sommer 1980" hält: In der Galerie Message Salon
Perla-Mode, einem ehemaligen jüdischen Textilgeschäft an der
Zürcher Langstrasse, das derzeit von den "Zürcher
KunstaktivistInnen" zwischengenutzt wird. Dass sie bis heute bewegt
ist, wird auch beim Versprecher klar, der ihr passiert, als sie die
rüden Methoden der Polizei während der Zürcher Unruhen
schildert und ihr ein "Schmier" entfährt - dem sie allerdings
umgehend ein "Polizei" nachschiebt, wohl wissend um ihre Rolle als
gestandene Frau, als arrivierte und mediengewandte Fotografin.
Heussler, die in ihrem Elternhaus politisiert wurde, war 23
Jahre alt und während zweier Tage pro Woche als Arztgehilfin
tätig, als die "Bewegung" ihren Anfang nahm. Bald war sie aktiv in
anarchistischen Lesezirkeln, Vollversammlungen, bei der Umsetzung von
Kunstaktionen oder der Produktion von Flugblättern. Und vor allem
war sie mit der Kamera unterwegs. Unterwegs, von Brennpunkt zu
Brennpunkt - "ich rannte permanent den Bildern nach" -, über deren
Ort sie auf dem Gerüchteweg erfuhr. Sie hielt Velofahrer an, liess
sich auf dem Gepäckträger an die "Front" chauffieren, suchte
sich Zugang in Häusern und Zutritt auf Balkonen, um von dort aus
fotografieren zu können. Über die Bildagentur Keystone
erreichten ihre Bilder die Zeitungen der Schweiz und - als die Bewegung
grösser und in den internationalen Medien wahrgenommen wurde - die
ganze Welt. Die Schwarz-Weiss-Bilder, die heute das visuelle
Gedächtnis der Zürcher Bewegung prägen, entstanden mit
einer Canon F1 und zwei Objektiven mit je 50 und 30 Millimetern
Brennweite.
Warum arbeiteten Sie damals ohne Teleobjektiv?
Ich musste nah am Geschehen sein, Teil des Geschehens,
damit ich arbeiten konnte. Das ist bis heute so, ich habe nie anders
gearbeitet, kann nicht anders. Ich brauche die Unmittelbarkeit, die
Nähe zu den Menschen. Während der Demonstrationen musste ich
oft mit hundert Ellbogen kämpfen, um die Bilder machen zu
dürfen, die ich wollte, um ans Geschehen ranzukommen. Ich musste
viele Schläge, viel Gummischrot und auch manche "Nutte!"
einstecken, damit ich fotografieren konnte. Eine Armbinde, die mich als
Fotografin erkennbar gemacht und geschützt hätte, habe ich
nicht erhalten, obwohl ich mich darum bemüht hatte.
Welche Bilder haben Sie im Kopf, wenn Sie an den Sommer
1980 denken?
Es sind Bilder, die einen kriegsähnlichen Zustand
zeigen. Tränengas, Schlagstöcke, Gummischrothagel, Polizisten
in Kampfmontur. Dann sind aber auch ganz andere Bilder zu sehen: Bilder
von Menschen, die kreativ sind, sich verkleiden, Dinge anpacken, Ideen
umsetzen. Eine der schönsten Erinnerungen habe ich an den 1.
August 1980, ein wunderbarer Tag! Die Stimmung war wie in Woodstock,
bunt, ausgelassen, und irgendwann hüpften die Leute zu Dutzenden
füdliblutt in den See.
Sprangen Sie auch nackt in den See?
Nein, ich fotografierte - nackt!
Die Widerständigkeit, die Heussler zur Aktivistin
gemacht hat, ist ihr geblieben. Zwar hat sie "als Brotjob" immer wieder
auf Fotoredaktionen von Zeitungen gearbeitet, sich aber nie anstellen
lassen, weil sie keine "3-Sekunden-Pressebilder" auf Abruf produzieren,
keine visuellen Allgemeinplätze herstellen wollte. Obwohl im
Moment angesagt, macht sie keine Konzeptfotografie, sondern bleibt
ihrem Ansatz, der politischen Reportagefotografie, treu, stets auf der
Suche nach "dem authentischen Bild, das eine Geschichte erzählt -
und gleichzeitig ästhetisch anspruchsvoll ist". Ihre Arbeit hat
sie in den letzten 30 Jahren in die Kurdengebiete, nach Palästina,
Asien, Afrika, Guatemala, in die USA und immer wieder nach Nicaragua
geführt. Widerstand, Autonomie, Protest und das Schicksal von
Einzelnen - besonders von Frauen - sind dabei Themen, denen man im Werk
von Heussler immer wieder begegnet.
Wofür gehen Sie heute auf die Strasse?
Zuletzt war ich am Pfingstmontag am
"Menschen-Strom-gegen-Atom" dabei, wanderte zusammen mit
Atomkraftgegnern von Aarau via Gösgen nach Olten. Wenn ich ein
Zeichen setzen kann, dann tue ich das - solange ich mich nicht von
irgendwelchen Organisationen instrumentalisieren lassen muss, die mir
ihre Parolen in den Mund legen wollen.
Worüber lachen Sie, wenn Sie an Ihre Zeit in der
Bewegung denken?
(Überlegt lange.) Über gar nichts. Auch nicht
über mich, ich finde nicht, dass wir naiv waren. Klar, ich war 30
Jahre jünger, aber ich würde mich - wenn ich
zurückschaue - sehr ernst nehmen. Dass ich farbige Haare hatte,
andere Kleider, das finde ich in Ordnung.
Sie wären wieder dabei?
O ja! Wenn es die Gelegenheit gäbe, nach neuen,
wilden Ideen zu suchen und diese auf der Strasse zu zeigen - ich
wäre sofort dabei!
Fotoband zum heissen Sommer in Zürich, im Mai
erschienen: Olivia Heussler, Zürich, Sommer 1980. Mit einem Text
von Stefan Zweifel. In Deutsch und Englisch. Edition Patrick Frey,
Zürich. Im gleichen Verlag erschienen: Olivia Heussler, Der Traum
von Solentiname. Fotografien aus Nicaragua 1984-2007.
--
"Züri brännt"
Mit dem Opernhauskrawall brach am 30. Mai 1980 in
Zürich die Zeit der "Bewegung" an. Demonstrationen und
Ausschreitungen, die sich an der Forderung nach Raum für
alternative Kultur und ein autonomes Jugendzentrum (AJZ)
kristallisierten, hielten die Stadt bis zum Abbruch des AJZ am 28.
März 1982 in Atem. Zu den Kulturbetrieben, die aus dieser Zeit
hervorgingen, gehören die Rote Fabrik und das Jugendhaus Dynamo.
In loser Folge stellen wir Menschen vor, die in der Jugendbewegung eine
Rolle spielten. Bereits erschienen: Achmed von Wartburg, Ex-Punk,
Ex-Stadtratskandidat und Christoph Schaub, Regisseur. (zl)
--------------------------
EVA HERMAN
---------------------------
Süddeutsche Zeitung 7.6.10
Alles wird nicht gut
Eva Herman ist wieder auf Sendung - im Internet
Johannes Boie
In den zurückliegenden Wochen konnte man sich nicht
ganz sicher sein: Würde Eva Herman, der glücklosen
früheren Tagesschau-Sprecherin, ein Comeback gelingen? Oder
steuert sie auf einen weiteren Tiefpunkt ihrer Karriere zu?
Für ein Comeback sprach, dass Hermans aktuelle
Buchvorstellung von der Bild-Zeitung begleitet wird, und zwar mit
tendenziell selbstkritischen Texten wie: " Ex-Tagesschau-Sprecherin Eva
Herman schildert ihre eigene Wahrheit über den Rauswurf beim NDR
und ihre Kritiker - darunter auch BILD".
Soll sich da die Erkenntis durchsetzen, Herman habe vor
drei Jahren bei einer Buchpräsentation in Hamburg und danach in
der mittlerweile erloschenen ZDF-Talkshow von Johannes B. Kerner nur
manchen Blödsinn von sich gegeben? Nach ihren umstrittenen
Außerungen zur NS-Zeit hatte der Sender im September 2007 die
Zusammenarbeit mit der 50-Jährigen beendet.
Seit einer Woche ist Eva Herman wieder engagiert als
Nachrichtensprecherin oder als das, was man beim Kopp-Verlag in
Rottenburg am Neckar unter Nachrichtensprecherin versteht. Auf einer
als Nachrichtenportal gestalteten Webseite des Verlages
(info.kopp-verlag.de) steht sie in einem Ministudio: "Guten Abend,
meine Damen und Herren".
Der Hintergrund, immerhin, ist Tagesschau-blau. Doch der
Zuschauer der Kopp/Herman-Nachrichten lernt schnell die
Redaktionsmaschinerie des NDR schätzen, aus die die Tagesschau
täglich kommt. Und zumindest ihre Texte genügen
professionellen Standards, die Themenauswahl funktioniert alles in
allem nach journalistischen Kriterien.
Bei Kopp/Herman winden sich Relativsätze durch
Bandwurmsätze. Phrase und Sache werden eins. Die Kollektion der
Nachrichten erinnert an das Geschäftsmodell des vor ein paar
Jahren gegründeten amerikanischen Unternehmens Demand Media, das
einer Maschine die Themenauswahl überlässt. Die Technik, der
Apparat, scheinbar vom Menschen be~ herrscht, beherrscht da den
Menschen.
Die ehemalige Tagesschau-Vorleserin wirkt manchmal sogar
überrascht von dem, was sie ausspricht. Und das ist fast das Beste
an ihrem Vortrag.
Warum nun Kopp? Dort ist Hermans neustes Buch erschienen
Der Verlag bietet Werke über "geheime Botschaften im Vatikan" an,
über die "Menschheit vor der Menschheit", über
"Kräuterweiber und Bauerndoktoren", so wie über "CIA, Drogen
und Mord". Kopp bietet Weltverschwörern und Esoterikern eine
Bleibe.
Zum einen zählen Journalisten wie Herman oder der
ehemalige FAZ-Mann Udo Ulfkotte - der sich auf einen islamkritisehen
Kreuzzug begeben hat und seit Jahren die Grenze zwischen
ernstzunehmenden Veröffentlichungen und absurden
Verschwörungen bearbeitet - zum Autorenstamm. Zum anderen, viel
schlimmer, werden bei Kopp auch die Bücher von
rechtsextrem-esoterischen Verschwörern wie Jan Udo Holey verlegt.
Wohin die Reise geht?
Holey gilt dem Verfassungssehutz als Rechtsextremist, er wurde
wegen Volksverhetzung vor Gericht gestellt. Bei diesen Autoren hat
Herman ihren Platz gefunden und tritt so zwischen weiteren Sendungen
wie "So lügen Journalisten", "Mossad-Mord" oder
"Afghanistan-Heroin" auf. Während ihre Sendungen fast immer einen
konservativen, auch islamkritischen Drall haben, schreibt auf derselben
Webseite der umstrittene Publizist Gerhard Wisnewski das inhaltliche
Gegenteil zu Hermans Sendungen.
Man hat sich beim Kopp-Verlag offensichtlich noch nicht
ganz Qntschieden, in welche Richtung das Internetportal aktiv sein
soll. Darin wiederum gleichen sich das Projekt und Hermans
Karriere.Wohin geht‘s?
Johannes Boie
---------------------
PALÄSTINA
----------------------
Indymedia 6.6.10
Tausende Israelis protestieren gegen Regierung ::
AutorIn : .
Tausende demonstrieren in Tel Aviv gegen das israelische
Massaker Tausende Israelis sind seit Tagen gegen die Regierung
Netanjahu, gegen Krieg und Besatzung auf der Strasse. Es gab zahlreiche
Proteste gegen die Erstürmung der Hilfsflotte und die Belagerung
des Gazastreifens.
Angriffe rechtsgerichteter Gegendemonstranten auf die
Friedensbewegung.
In den vergangenen Tagen demonstrierten in ganz Israel Tausende
gegen die Belagerung von Gaza und gegen die mörderische Attacke
auf die Hilfsflotte.
Dutzende DemonstrantInnen erwarteten die entführten Schiffe
im Hafen von Ashdod, während Hunderte von Menschen in Haifa, Be'er
Sheva und Jerusalem demonstrierten, und darüber hinaus allein in
Tel Aviv Tausende von Menschen. Einige AktivistInnen wurden allerdings
verhaftet.
Diese Demonstrationen, die gleichzeitig mit Demonstrationen in
palästinensischen Dörfern und Städten stattfanden,
wurden zum großen Teil von den israelischen Medien ignoriert, was
den Versuch darstellt, in den Medien ein Bild des vollständigen
Konsenses der Gesellschaft zu zeichnen. Die Mainstream-Medien
berichteten über die Flotte, sie sei eine terroristische Mission,
aus der heraus Soldaten brutal angegriffen wurden, die einfach nur eine
legale Seeblockade durchsetzen wollten.
Aber die Demonstrationen gehen weiter. Rund 7000 Menschen
folgten dem Aufruf der Anti-Siedlungs-Bewegung Frieden jetzt und
anderer linksgerichteter Organisationen anlässlich des 43.
Jahrestags des Sechs-Tage-Kriegs 1967.
Die Demonstranten wandten sich gegen die Regierung von Israels
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, die Israel ruiniere anstatt
es zum Frieden zu führen.
Sie richteten sich gegen die Erstürmung einer Hilfsflotte
für den Gazastreifen durch die israelische Armee, bei der am
Montag neun Menschen ums Leben gekommen waren.
Die Demonstranten forderten die Aufhebung der Blockade des von
der radikalislamischen Hamas regierten Gazastreifens. Israel müsse
Schiffe mit Hilfsgütern in das Palästinensergebiet lassen.
Obwohl die Kundgebung von einem grossen Sicherheitsaufgebot
begleitet wurde, ereigneten sich am Rande Zwischenfälle mit
einigen Dutzend rechtsgerichteten Gegendemonstranten. Sie warfen eine
Rauchgranate auf den Demonstrationszug und pöbelten den
Friedensaktivisten und ehemaligen Abgeordneten Uri Avneri an.
Interessante Links...
Anarchists against the wall
http://www.awalls.org/
Berichte, Fotos und Videos von Demos und Aktionen inkl.
Spendenaufruf!
AnarchistInnen gegen die Mauer (Israel)
http://www.gegendiemauer.info.ms/
Übersetzte Berichte der Anarchists über die
Freitagsdemos und andere Aktionen
Popular Struggle
http://popularstruggle.org/
Aktuelle Nachrichten und Berichte über den Widerstand in
den besetzten Gebieten
Activestills - Foto-Kollektiv von AktivistInnen
http://activestills.org/
Fotos und Ausstellungen über die Besatzung
Ta'ayush = "Gemeinsam leben"
http://taayush.org/
Israelisch-Palästinensische Solidaritätsarbeit
Breaking The Silence
http://www.breakingthesilence.org.il/index_e.asp/
Israelische SoldatInnen brechen das Schweigen
Menschenrechtsorganisation B'Tselem
http://btselem.org/
Landkarten und viele andere Infos über die Besatzung
Kibush
http://www.kibush.co.il/
Magazin gegen die Besatzung
Electronic Intifada
http://electronicintifada.net/
Notwendige Ergänzung zu den kommerziellen Mainstream-Medien
---
Indymedia 6.6.10
Freiheit für Palästina - Weg mit der Blockade ::
AutorIn : Revolutionärer Aufbau Schweiz
Der brutale Angriff der Israelischen Armee auf die "Free
Gaza"-Flotte steht in der langen Kontinuität des israelischen
Staatsterror gegen das palästinensische Volk und seine
UnterstützerInnen seit der Besetzung des Westjordanlandes und
Gazas im Jahre 1967.
Die diskriminierende Siedlungspolitik, die Tausenden Toten durch
Luftangriffe und an Grenzposten, und die katastrophale humanitäre
Lage durch die seit 2007 bestehende Blockade gegen Gaza, können
dabei nicht mit dem Verweis auf den "Schutz des Existenzrechts Israels"
erklärt oder gerechtfertigt werden. Vielmehr geht es um dreiste
Landnahme und kategorische Unterdrückung jedes Widerstandes
dagegen, welche nicht zuletzt in enger Verbundenheit mit den USA und
Europa geschehen. Denn der imperialistische Westen hat ein ganz
handfestes geostrategisches und wirtschaftliches Interesse an einem
starken Stützpunkt im arabischen Raum.
Islamistische Kräfte projizieren den Hass auf Besatzung und
Krieg nicht nur auf die israelische Regierung, sondern auf alle
Jüdinnen und Juden. Doch obwohl der fundamentalistische Einfluss
massiv zugenommen hat, gibt es weiterhin säkuläre,
demokratische, linke und revolutionäre Organisationen und
Bewegungen, die in Palästina gegen die Besatzung kämpfen.
Ihnen gilt unsere vollste Solidarität, und sie alleine sind es die
- zusammen mit ihren Genossinnen und Genossen in Israel und der ganzen
Welt - einen Weg aus Elend und Unterdrückung weisen können.
Mit der Freiheits-Flotte, mit der Boykottkampagne und mit
unseren heutigen Demonstrationen, werden wertvolle Zeichen gesetzt,
dass der fortschrittliche, anti-imperialistische Kampf für die
Befreiung Palästinas nach wie vor präsent ist, und man das
Feld weder der fundamentalistischen Hamas, noch der reaktionären
türkischen Regierung überlässt.
Freiheit für Palästina!
Gemeinsam gegen Krieg und Kapitalismus!
Hoch die internationale Solidarität!
Für den Kommunismus
---------------------
ANTI-ATOM
---------------------
Zeintralschweiz am Sonntag 6.6.10
Nidwalden
Atom-Ausstieg frühestens in 50 Jahren
Von Matthias Piazza
Die SP will, dass sich der Kanton Nidwalden bis in 30
Jahren von der Atomenergie verabschiedet. Unrealistisch, findet das
Elektrizitätswerk Nidwalden (EWN).
Der Kanton Nidwalden bezieht übers Jahr gesehen rund
die Hälfte des Stroms aus Atomkraftwerken. Das ist nicht im Sinne
der SP Nidwalden. Sie will, dass sich der Kanton Nidwalden in den
nächsten 30 Jahren schrittweise aus der Atomenergie verabschiedet.
Stattdessen soll sich die Energieversorgung Nidwaldens auf
verschiedene, vor allem erneuerbare Energieträger abstützen.
Im vergangenen Herbst reichte die Partei eine entsprechende Initiative
mit 296 Unterschriften ein (nötig wären 250). Die Kommission
beantragt dem Nidwaldner Parlament, dem Landrat, die Volksinitiative
abzulehnen.
"Viele Nidwaldner haben nach 20 Jahren
Wellenberg-Diskussionen genug von Atomkraftwerken", begründet
SP-Präsident Beat Ettlin den Erfolg der Unterschriftensammlung.
"Die Städte Bern und Zürich sowie die Kantone Basel-Stadt und
Schaffhausen haben den Ausstieg aus der Atomenergie ebenfalls
beschlossen und setzen auf erneuerbare Energien. Warum sollte das im
kleinen Kanton Nidwalden nicht möglich sein?" Für Beat Ettlin
ist die politische Stossrichtung der Initiative eine logische
Konsequenz aus der Wellenberg-Debatte. "Wer kein Endlager will, muss
auch die Ursache, die Atomstromproduktion, bekämpfen. Es geht um
das Ansehen und die Glaubwürdigkeit von Nidwalden. Nein zum
Wellenberg und Ja zur Atomenergie ist eine Politik der
Widersprüche - inakzeptabel und unerträglich."
"Forderung ist eine Utopie"
Anders sieht dies Christian Bircher, Direktor des
Elektrizitätswerkes Nidwalden (EWN). "Diese Forderung ist
unrealistisch, eine Utopie. Unser Kanton ist auf Atomenergie
angewiesen. Im Winter macht der Atomstrom einen Anteil von bis zu 80
Prozent aus." Und auf solche Spitzen müsse die Versorgung eben
ausgelegt sein. "Das ist der Unterschied zwischen einem Öltank und
einer Steckdose: Wenn der Öltank nur noch halb voll ist,
funktioniert die Heizung immer noch. Fehlt im Stromnetz nur 1 Prozent,
bricht die Versorgung zusammen." Gerade in der heutigen Zeit, wo man
von CO2-lastigen Verbrauchern wie Ölheizung auf Wärmepumpen
übergehe, sei die Abhängigkeit von Strom und damit
Atomenergie noch gestiegen. Christian Bircher rechnet mit rund einer
Verdreifachung des Strompreises, wenn der Atomstrom nicht mehr zur
Verfügung steht, weil man dann auf die teurere Wasserkraft oder
Windkraft umsteigen müsste. "Doch die energieintensiven
Unternehmen im Kanton sind auf einen günstigen Energiepreis
angewiesen, damit unsere Volkswirtschaft funktionieren kann. Der
Verzicht auf Atomstrom würde der Nidwaldner Volkswirtschaft
mittelfristig den Todesstoss versetzen."
Gemäss Christian Bircher darf man die Situation nicht
mit jener in Zürich vergleichen. Die Stadt will sich schrittweise
vom Atomstrom verabschieden. "Zürich konnte durch geschickte
Investitionen in den 1940er- und 1950er-Jahren so viele
Wasserkraftwerke kaufen und bauen, dass sie vollständig auf diese
Karte setzen kann. Dasselbe gilt für Bern. Wir forcieren die
Energiequelle auch, aber es genügt dennoch bei weitem nicht,
unseren Energiebedarf vollständig damit zu decken."
Zuerst Nullenergiehäuser
Die Vision einer Stromerzeugung ohne Atomstrom ist
gemäss Christian Bircher frühestens in 50 Jahren denkbar -
wenn alle in sogenannten Nullenergiehäusern wohnen. Das sind
Gebäude, die rechnerisch in der jährlichen Bilanz keine
externe Energie wie beispielsweise Elektrizität, Gas oder Öl
beziehen. Die benötigte Energie für Heizung und Warmwasser
wird mit dem Haus selbst erzeugt, meist durch Solaranlagen.
"Doch bis alle rund 9000 Gebäude im Kanton Nidwalden
in diesem Standard gebaut oder umgerüstet sind, dauert es bestimmt
eine bis zwei Gebäudegenerationen, also rund 50 bis 80 Jahre. Wer
jetzt schon auf Atomstrom verzichten will, rationalisiert schlicht den
Arbeitsplatz und das Wohneigentum unter seinen Füssen weg."
Anreize schaffen
SP-Präsident Beat Ettlin lässt das Argument der
Kosten nicht gelten. Er ist überzeugt, dass die Preise für
Wasserkraft und erneuerbare Energien längerfristig
wettbewerbstauglich werden, während der Atomstrom in Zukunft
teurer wird. "Das Ziel, in 30 Jahren vom Atomstrom wegzukommen, ist
realistisch - mit dem Ausbau von Wasserkraftwerken und dem Bezug von
erneuerbarer Energie im In- und Ausland, wie etwa Holzheizkraftwerken,
Windkraftbeteiligung im Jura, Windkraftwerken in der Nordsee oder
Solarkraftwerken in Spanien sowie durch die richtigen Anreize (z. B.
Lenkungsabgabe) zur effizienten Nutzung von Strom." Über die
Initiative wird voraussichtlich am 26. September abgestimmt.
matthias.piazza@neue-nz.ch
--
Atomstrom
Obwalden prüft Alternativen
Im Frühling 2009 ist der Kantonsrat Obwalden
grossmehrheitlich dem Anliegen der SP-Fraktion gefolgt, dereinst ganz
auf Atomstrom verzichten zu können. Der Kanton und das
Elektrizitätswerk Obwalden (EWO) prüfen gemeinsam eine von
der Atomenergie unabhängige Stromversorgung. Im Jahr 2008/09 lag
der Anteil der Kernkraft beim EWO bei rund 12 Prozent.
---
Oltner Tagblatt 5.6.10
Soll das Niederamt ein zweites Kernkraftwerk aufnehmen?
Öffentliche Auflage Vom 7. Juni bis 7. Juli kann sich
die Bevölkerung zur Aufnahme des Standorts für das geplante
Kernkraftwerk Niederamt in den kantonalen Richtplan äussern
Jetzt gilts ernst: Ab Montag legt der Kanton Solothurn
während 30 Tagen die Richtplananpassung für ein zweites
Kernkraftwerk im Niederamt öffentlich auf. Bis am 7. Juli kann
sich jedermann schriftlich zu diesem Vorhaben äussern. Danach
entscheidet der Regierungsrat, ob der zweite KKW-Standort in den
Richtplan aufgenommen wird.
Christian von Arx
Für das Alpiq-Projekt Kernkraftwerk Niederamt (KKN)
beginnt eine vorentscheidende Etappe. Ohne dass der Kanton Solothurn
den von Alpiq ins Auge gefassten Standort in Gretzenbach,
Niedergösgen und Däniken in seinen Richtplan aufnimmt, ist
eine Rahmenbewilligung des Bundes für ein KKW Niederamt kaum
denkbar.
Der Regierungsrat und eine Mehrheit des Kantonsrats haben
sich bisher positiv zu einem zweiten KKW im Niederamt geäussert.
Ob dies auch der Meinung der betroffenen Gemeinden und der
Bevölkerung dieser Region entspricht, darüber werden die
Stellungnahmen zur Richtplananpassung einigen Aufschluss geben.
Entscheid liegt beim Regierungsrat
Im Richtplanverfahren können in erster Linie
Einwendungen zum vorgesehenen Standort des neuen Kernkraftwerks und zu
den räumlich relevanten Auswirkungen formuliert werden. Dazu ist
jedermann berechtigt.
Das Auflageverfahren hat den Charakter einer Mitwirkung.
Das Bau- und Justizdepartement muss in einem Bericht zu den
Einwendungen Stellung nehmen. Einwohnergemeinden und
Regionalplanungsorganisationen (also nicht mehr jedermann), deren
Anliegen nicht berücksichtigt wurden, können beim
Regierungsrat Beschwerde führen. Der Regierungsrat entscheidet
über die Beschwerden und beschliesst über die
Richtplanänderung.
Gegen den Regierungsratsbeschluss können die
abgewiesenen Einwohnergemeinden und Regionalplanungsorganisationen beim
Kantonsrat Beschwerde führen. Einmal beschlossen, ist die
Richtplananpassung für Behörden verbindlich.
Stellungnahme an den Bund bis März 2011
Das Ergebnis der Richtplananpassung wird zudem die
Grundlage für die Stellungnahme des Kantons Solothurn zuhanden des
Bundes bilden: Bis Ende März 2011 müssen alle Kantone zu den
Rahmenbewilligungsgesuchen von Alpiq, Axpo und BKW für drei neue
Kernkraftwerke (Niederamt SO, Beznau AG und Mühleberg BE) Stellung
nehmen.
Die Rahmenbewilligungen werden von National- und
Ständerat erteilt und unterstehen dem fakultativen Referendum.
Eine allfällige Volksabstimmung könnte frühestens Ende
2013 stattfinden.
Während der öffentlichen Auflage vom 7. Juni bis
zum 7. Juli 2010 kann sich jedermann zum Vorhaben schriftlich
äussern. Einwendungen sind ans Bau- und Justizdepartement des
Kantons Solothurn, Rötihof, Werkhofstrasse 65, 4509 Solothurn, zu
richten. Die Unterlagen können in den Gemeinden Däniken,
Gretzenbach, Niedergösgen, im Bau- und Justizdepartement sowie im
Amt für Raumplanung in Solothurn eingesehen werden. Ausserdem sind
sie im Internet abrufbar: www.arp.so.ch/richtplananpassung.
--
Walter Straumann und Giovanni Leonardi in Niedergösgen
Auf den kommenden Mittwoch, 9. Juni, 19 Uhr, lädt das
Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn die Bevölkerung
ein zur Orientierung über die Richtplananpassung "Neues
Kernkraftwerk Niederamt" in der Mehrzweckhalle Niedergösgen. Es
informieren und stehen Red und Antwort: Landammann Walter Straumann
(Baudirektor), Giovanni Leonardi (CEO Alpiq Holding) sowie Vertreter
des Bundes, des Kantons und der Gemeindepräsidentenkonferenz
Niederamt. Diese Veranstaltung bietet Gelegenheit, sich über das
Projekt und das Verfahren zu informieren. (sks)
--
Sitz von KKN in einer der Standortgemeinden
Vorkonsultation Wünsche der Gemeinden führten zu
Änderungen am Entwurf
Von April bis Mai hatte das kantonale Amt für
Raumplanung (ARP) bei den 15 in der Gemeindepräsidentenkonferenz
Niederamt vertretenen Gemeinden eine Vorkonsultation zur
Richtplananpassung durchgeführt. Nach Auskunft von ARP-Chef
Bernard Staub wurden als Ergebnis dieser Vorkonsultation folgende
Bestimmungen in den Entwurf aufgenommen, der nun öffentlich
aufgelegt wird:
· Es wird eine Planungsorganisation gebildet, in
welche die Gemeinden einbezogen werden.
· Für die Kosten von Infrastrukturen, die
durch das KKN verursacht werden, gilt das Verursacherprinzip.
· Die Auswirkungen der Verkehrsbelastungen
während der Bau- und Betriebsphase sind in einem Verkehrskonzept
aufzuzeigen.
· Der Sitz der Betriebsgesellschaft KKN AG muss in
einer der drei Standortgemeinden sein (heute ist er in Olten).
· Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen für Natur
und Landschaft werden in Absprache mit den Gemeinden festgelegt.
· Die Cartaseta-Brücke, die Gretzenbach und
Däniken mit Niedergösgen verbindet, soll ein
öffentlicher Durchgang bleiben. (cva)
--
Kommentar
Kernfrage Parallelbetrieb
Christian von Arx
In der Planung der Strombranche soll das neue
Kernkraftwerk Niederamt, zusammen mit einem weiteren neuen Werk, eine
Stromlücke schliessen. Diese wird sich in der Schweiz öffnen,
wenn einmal die ältesten KKW Mühleberg, Beznau I und Beznau
II vom Netz genommen werden, wenn bestehende Bezugsrechte für
Strom aus Frankreich auslaufen und wenn unser Stromverbrauch, was
sicher ist, weiter steigt.
Das geplante KKW Niederamt ist also nicht der Ersatz
für das KKW Gösgen. Es soll vielmehr parallel zu diesem
betrieben werden, solange Gösgen Strom liefert. Das ist nach
heutigen Aussagen bis etwa 2040 der Fall - aber natürlich wird das
Werk so lange laufen, wie es sicher betrieben werden kann. Mit 8
Milliarden Kilowattstunden pro Jahr, rund 15 Prozent des heutigen
Stromverbrauchs der Schweiz, ist die Produktion des KKW Gösgen so
gross, dass bei seiner Abschaltung so oder so eine neue Stromlücke
klaffen wird. Da an diesem Standort
Stromübertragungskapazitäten, Platz und Know-how vorhanden
sind, wird ein Ersatz des KKW Gösgen durch ein drittes Werk sicher
eine Option sein.
Realistisch muss die Region damit rechnen, dass ein
Parallelbetrieb nicht nur 10 bis 20 Jahre, sondern viele Jahrzehnte
lang dauern kann. Mit zwei grossen Kernkraftwerken und dem
Zwischenlager für 1000 abgebrannte Brennelemente, dazu eventuell
einem Tiefenlager für schwach- und mittelaktive Abfälle,
würde das Niederamt zum "Nuclear valley" der Schweiz. Die
Vorteile: Gesamthaft rund 1000 auf Jahrzehnte hinaus gesicherte
Arbeitsplätze in der Region; hohe und konstante Steuereinnahmen
für Gemeinden und Kanton. Dagegen steht eine einseitige
Abhängigkeit von der Kernenergie, mit einem technischen und
wirtschaftlichen Klumpenrisiko.
Ob diese Region den Parallelbetrieb von zwei
Kernkraftwerken will, ist darum die Kernfrage, die sich jetzt mit der
Richtplananpassung des Kantons Solothurn stellt. Noch bis zum 7. Juli
können sich Gemeinden und alle Einwohner zu dieser entscheidenden
Weichenstellung für den Raum Olten-Aarau äussern. Alles
Weitere liegt nicht in unseren Händen.
vonarx@oltnertagblatt.ch