MEDIENSPIEGEL 16.6.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Holzwerkstatt)
- Bollwerk: Konzertsaal im Cinemastar?
- Grafitti BE: StreetArt auf Facebook
- Stadtentwicklung Biel: Picnic Kritik
- Schnellgerichte: Motionstext
- Police BE: Sport schlimmer als Demos
- Police ZH: Bei den "Skorpionen"
- Bahnpolizei: Neues Gesetz
- Big Brother Sport: Film-Spezialeinheit in SG
- Kein Kind ist illegal
- Härtefälle GL: Fragen zur Durchsetzungshaft
- Auschaffungs-Toten-Geld: FdP-Kritik
- Suchtprobleme an der Goldküste ZH
- Alkoho(h)l im Hirn
- Velo-Demo + SVP
- Buchtipp Geistige Landesverteidiung
- Hitlers Weg zum Antisemitismus
- Rosa Winkel
- Gender Practice
- Postkolonialität und libertäre Kinobewegungen
- G8/G20: Horrende Sicherheitskosten
- Anti-Atom: BS gegen Beznau
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REITSCHULE
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Do 17.06.10
20.30 Uhr - Kino - Baskenland - Soliveranstaltung
Fr 18.06.10
21.00 Uhr - Holzwerkstatt - Liz Allbee (t); Päd
Conca (cl); Frank
Heierli - (cello) - Ob Solo & Trio: It's improvised
new/freejazz-experimental-rock
Sa 19.06.10
17.00 Uhr - GrossesTor - Führung durch die
Reitschule
(öffentlich, ohne Anmeldung)
22.00 Uhr - Frauenraum - Anklang (Programm siehe
frauenraum.ch)
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: Noisia
(Vision Rec/NL),
Deejaymf (cryo.ch), VCA (Biotic Rec/CH), Kenobi (drumandbass.ch).
Style: Drumnbass
So 20.06.10
21.00 Uhr - Dachstock - The Necks (Fish of Milk,
ReR/AUS). Style:
Eclectic & Ambient Jazz
Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch
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Freitag den 18. Juni um 21.00 Uhr in der Holzwerkstatt der Reitschule in
Bern
Solo: Liz Allbee(t) http://www.lizallbee.net/
Liz Allbee's work spans many genres including improvisation, new music,
electronic composition, noise, weird pop, minimalist/maximalist brawls,
kind-of-free-jazz and experimental rock. She has played with a wide
array of musicians, including Anthony Braxton, Wadada Leo Smith, Hans
Grusel, Gino Robair, Birgit Uhler, Fabrizio Spera, George Cremaschi,
Yugen Noh Theater, SFSound, and with members of Caroliner, Sun City
Girls, and Rova Saxophone Quartet. She lives in Oakland, CA.
"Allbee is no slouch, a sharp and gifted musician with a highly
developed personality and a warped sense of humour……”
Solo: Paed Conca(cl)
Solo: Frank Heierli(cello)
Trio: Liz Allbee(t) and Paed Conca(cl) Frank Heierli(cello)
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BOLLWERK
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Bund 16.6.10
Wird aus dem Cinemastar ein Konzertsaal für Rock und Pop?
Lokale Konzertveranstalter bekunden Interesse am geschlossenen
Kinosaal.
Christian Brönnimann
Eigentlich hätte die Gruppe junger Leute, die das seit Ende
Mai geschlossene Kino Cinemastar am Berner Bollwerk retten will, bis
Mitte Juni ein neues Betriebskonzept erarbeiten wollen (siehe "Bund"
vom 28. 5.). So weit ist es zwar noch nicht. Jedoch haben sich laut
Mitinitiant Matthias Streit ein halbes Dutzend Parteien gemeldet, die
an der Mitgestaltung des Programms interessiert sind - verschiedene
Konzertveranstalter sowie der schwul-lesbische Filmclub Uncut, der
derzeit im Kino in der Reitschule Filme zeigt.
Am ernstesten ist es Blablabla Productions. Der Verein trat
bisher als Konzertveranstalter und Booking-Agentur in der Berner
Musikszene in Erscheinung. Zu den grösseren Projekten gehörte
zum Beispiel das Markthallenfest. "Unser Interesse ist sehr gross",
sagt Matthias Nydegger von Blablabla Productions. Derzeit erstelle er
einen Finanzplan und kläre die räumlichen Möglichkeiten
ab. In Bern fehle ein Konzertlokal dieser Grösse - rund 200
Plätze - mit regelmässigem Programm, sagt Nydegger. Und: "Der
ehemalige Kinosaal eignet sich punkto Standort und Akustik perfekt
dazu." Der geneigte Boden ermögliche zudem beste Sicht auf die
Bühne. Schwerpunkt des geplanten Programms seien Pop- und
Rockkonzerte nationaler und internationaler Bands. Wichtig sei die
Nachwuchsförderung.
Verwaltung ist offen für Projekt
Verwalter Herbert Mössinger von Mössinger Immobilien
würde die Umnutzung des ehemaligen Kinos in einen Konzertsaal
unterstützen. "Dies wäre eine von vielen Möglichkeiten",
sagt er. Verschiedene andere Pläne seien bereits angedacht worden
- Hörsaal, Einkaufsladen, Arztpraxen -, jedoch sei eine
endgültige Lösung nicht in Sicht. Neue Mieter zu finden
für den Saal, dessen Foyer denkmalgeschützt sei, sei nicht
einfach, so Mössinger. Trotz der Zentrumsnähe sei die Lage am
Bollwerk nicht optimal. Die Jahresmiete für den Saal und die
angrenzende Bar betrage rund 80 000 Franken. Zusätzliche Mittel
brauche es für bauliche Massnahmen. "Gerade für einen
Konzertsaal sind grosse Investitionen nötig, um alle Auflagen zu
erfüllen", sagt Mössinger.
Zum Knackpunkt könnte also das Geld werden. Nydegger rechnet
mit einem benötigten Startkapital von rund 100 000 Franken. "Ohne
Gönner wird es schwierig, die Summe aufzubringen", sagt er. Wie
viel Zeit den Konzertveranstaltern bleibt, um ein Konzept "mit
Händen und Füssen" vorzulegen, wie es Mössinger fordert,
ist unklar. Laut Quinnie Bern, dem ehemaligen Betreiberunternehmen des
Kinos Cinemastar, ist die Bestuhlung im Saal jedenfalls bis zum
heutigen Tag noch nicht ausgebaut.
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Ehemalige Galerie Bischof
Weitere Parterreräumlichkeiten im Bereich Bollwerk verlieren
ihre öffentliche Nutzung. Die ehemalige Galerie Bischof an der
Speichergasse 8 wird umgenutzt zur Regionalstelle für den Straf-
und Massnahmevollzug. Kleinkriminelle, die ihren Strafvollzug antreten
oder daraus entlassen werden, erledigen hier die administrativen
Angelegenheiten. Die Galerie Bischof wird im Progr neue Räume
beziehen. Der Umzug der Regionalstelle, die sich derzeit im vierten
Stock des Gebäudes befinde, werde im August oder September
stattfinden, sagt Christian Margot, Leiter der kantonalen Abteilung
für Straf- und Massnahmevollzug. Stadtpräsident Alexander
Tschäppät (SP) bedauert den Wechsel. "Grundsätzlich
wäre es natürlich wünschenswert, dass die
Parterreräume attraktiv genutzt würden", sagt er. Da die
Stadt aber nicht Eigentümerin der Liegenschaft sei, habe sie kaum
Einflussmöglichkeiten auf die Nutzung. (bro)
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BZ 16.6.10
Bollwerk
Das Drehbuch wird erweitert
Das Ende der Cinebar und des Kinos am Bollwerk ist noch nicht
besiegelt. Der Verein Kulturwerk hat zwei Kulturveranstalter gefunden,
die das Kino in einen Konzertclub verwandeln wollen. Nun beginnt die
Suche nach dem Geld.
Im Saal des Cinemastar-Kinos sollen die Berner noch in diesem
Jahr Konzerte besuchen können. So jedenfalls sieht die Vision von
zwei ehemaligen Cinebar-Mitarbeitern und einem Berner Veranstalterteam
aus. Die Cinebar soll im gleichen Rahmen wie bisher weitergeführt
werden. "Konzertlokal und Bar würden unter einer Dachorganisation
laufen", so der ehemalige Barmitarbeiter Matthias Streit.
Ende Mai schloss Quinnie das Kino und die dazugehörige Bar
(wir berichteten). Streit und Dietschy kämpfen seither für
die Weiterführung der beliebten Bar beim Bollwerk. Die Bar autonom
weiterzuführen ist nicht möglich, da die
Liegenschaftsverwaltung Bar und Kinosaal nur gemeinsam vermietet.
Noch vor drei Wochen wandten sich Streit und der ehemalige
Barchef Micha Dietschy mit einem offenen Brief an die Kulturfreunde
dieser Stadt. Ihr Konzept, unter dem Namen "Kulturwerk" entstanden, sah
vor, externe Veranstalter zu suchen, die sich tageweise in den Kinosaal
einmieten und dort kulturelle Anlässe durchführen.
Das Konzept steht
Nun wird das Drehbuch weitergesponnen: Dietschy und Streit haben
in Form von Matthias Nydegger und Kaspar Hochuli zwei erfahrene
Veranstalter gefunden, die den Kinosaal zu einer Konzertlokalität
umfunktionieren möchten. "In Bern fehlt ein mittelgrosses Lokal,
welches regelmässige Veranstaltungen durchführt", ist
Nydegger überzeugt. Den Fokus möchte er auf die Stilrichtung
Pop und Rock legen, lokale Newcomerbands sollen die Chance auf einen
Auftritt erhalten. Der 26-Jährige ist kein unbeschriebenes Blatt
in der Berner Kulturszene. Er führt die Eventfirma Blablabla
Productions, welche unter anderem das Markthallenfest durchführt.
Um den Saal in einen Konzertclub umzubauen, müsste einiges getan
werden: Die Kinosessel sollen raus, eine Bühne muss rein. "Wir
wollen den Charme des Kinos erhalten", so Tontechniker Hochuli. Die
Akustik im Saal sei ideal für Konzerte.
Nur das Geld fehlt noch
So weit, so gut. Wäre da nicht das liebe Geld: Etwa 100 000
Franken Startkapital benötigen die vier Berner, um loslegen zu
können. "Einen grossen Teil haben wir bereits beisammen", sagt
Matthias Nydegger. Wie viel Geld genau fehlt, ist noch offen. Klar ist:
"Wir sind angewiesen auf Gönner", so Hochuli. Man stelle sich
Private oder Firmen vor, die bereit sind, das Kulturprojekt zu
unterstützen. Die vier glauben an ihr Konzept, welches wenige Tage
alt ist. Und hoffen auf eine Eröffnung Ende 2010. "Aber wir sind
nicht naiv. Wir wissen, wie schwer es ist, einen Laden zum Laufen zu
bringen", so Nydegger. Um die Rentabilität der Bar macht sich
niemand Sorgen. "Die Bar läuft seit sieben Jahren gut", so Streit.
Die Zeit drängt
Zwar wird in der Cinebar im Bollwerk kein Wein mehr ausgeschenkt
und im Kino nebenan kein Film mehr gezeigt, aber die beiden
Lokalitäten stehen im Moment scheinbar unberührt. "Wir sind
mit der Liegenschaftsverwaltung im Gespräch und wissen, dass sich
im Moment keine Interessenten um die Räumlichkeiten beworben
haben", sagt Micha Dietschy. Streit bleibt realistisch: "Kommt ein
grosser Fisch, bevor unser Projekt gesichert ist, sind wir weg vom
Fenster." Das Risiko wollen die vier tragen.
Annina Hasler
http://www.blablabla-productions.ch
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GRAFITTI BE
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20 Minuten 16.6.10
Berner Sprayer posten Graffiti jetzt auf Facebook
BERN. Die Facebook- Gruppe StreetArt fordert Berner Sprayer auf,
ihre besten Graffiti und Tags zu posten. Gegner fürchten einen
Nachahmer-Effekt.
"Wir wollen Street-Artisten die Chance geben, der Welt ihre
schönsten Bilder zu zeigen", sagt Dino Meyer. Deshalb hat der
22-jährige Berner jetzt die Facebook-Gruppe StreetArt ins Leben
gerufen. Dort posten Gruppenmitglieder witzige Motive, die sie selbst
gesprayt oder in den Berner Strassen entdeckt haben. "Das ist das
geilste für einen Sprayer, wenn seine Graffiti veröffentlicht
werden", sagt Street-Artist T.M.* So gewinne man "Fame" in der Szene.
"Deshalb platziert man die Graffiti an Orten, wo sie auffallen, etwa
bei Bahnhofeinfahrten - den so genannten Lines", so T.M. Für
Sprayer sei die StreetArt-Gruppe sicher ein Ansporn.
Wenig begeistert von der Plattform sind hingegen die
Graffiti-Bekämpfer vom Verein CasaBlanca: "Vielleicht bietet dies
aber auch eine Möglichkeit, Täter zu eruieren", sagt
Geschäftsführer Lukas Manuel Herren. Gegen Nachahmer
kämpfe man mit raschem Entfernen der Tags. "Das Putzen kostet
jedes Mal 250 Franken", fügt Herren an.
Für Lea Bill, Stadträtin der Jungen Alternativen, steht
hingegen fest: "Sprayer dürfen nicht wie Schwerverbrecher gejagt
werden." Graffiti seien nicht nur Schmiererei: "In Bern sollte es mehr
Platz für sie geben, zum Beispiel mit legalen
Graffiti-Wänden."
Fabienne Wittwer
*Name der Redaktion bekannt
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STADTENTWICKLUNG BIEL
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Medienmitteilung 16.6.10
PICNIC KRITIK
Angesichts der Auswirkungen der kommenden Bauprojekte in der Stadt Biel
können wir diese nicht stillschweigend geschehen lassen. Die
meisten Bewohner_innen sind sich sehr wenig bewusst welche
Veränderungen ihre Umwelt erleben wird. Die Entscheidungen
über die Gelände und geplanten Gebäude werden
ausschliesslich von Architekten, Politikern und Unternehmer
gefällt. Durch Spekulierung spielen die Politiker mit dem Geld der
Steuerzahler_innen und der Umgebung der Bieler_innen. Unterdessen haben
die Bewohner_innen als einzige Wahl ja oder nein zu sagen, wenn mal
über etwas abgestimmt wird. Diese gleichen Bewohner_innen deren
Vorschläge, Ideen und Kritiken ignoriert werden, müssen dann
mit den neuen Landschaften ihrer Stadt leben.
Am 19 Juni wollen wir auf der Barbarie Wiese ein Sommerfest von unten
anbieten, um einerseits einen Beitrag zur Lebendigkeit in Biel zu
leisten und andererseits zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der
aktuellen Stadtentwicklung animieren, wie zum Beispiel die Neugestalung
des Gaswerkareals (u.a. Projekt Esplanade). Bei diesem Umbau wird mit
Büros, Konsumzentren und teuren Wohnungen ein Ort eingekreist, der
von ganz vielen, verschiedenen Personen benutzt wird, darunter auch
solche, die sehr wenige Alternativen haben, um soziale Netze zu finden.
Dahinter versteckt sich eine soziale Ungerechtigkteit, denn dieses
Manöver beinhaltet den Ausschluss der Bevölkerung, die sich
im Umfeld des Gaskessels aufhält. Dieses Phänomen, das in
Biel, wie auch in vielen anderen Städten der Welt am kommen ist,
nennt sich Gentrifizierung.
Der Anlass wird auf der Barbarie Wiese hinter dem Gaskessel stattfinden
und ist offen für alle Interessierten
14h00: Zimbabwe bird (Dynamic African Pop)
15h00: Animation échasse
15h30: Schlakra (Breakbeat Classical Punk)
16h30: Animation cirque
17h15: Collectif Mary Read (Hip-Hop)
18h45: Chevre cheau (accoustique)
20h00: Breakfast on a battlefield (TripTrash Jazz)
21h00: Animation
21h30: Gladbeck City Bombing (Electro)
22h00 Fin
Dazu gibt es verschiedene kurze Beiträge um die Bieler_innen
über die kommenden Bauprojekte zu informieren.
Kollektiv für die Selbstverwaltung der Stadtentwicklung
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SCHNELLGERICHTE
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be.ch/gr 2.6.10
M 063/2010 JGK 2. Juni 2010 JGK C
Motion
0826 Fuchs, Bern (SVP)
Bernasconi, Bern (SVP)
Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 24.03.2010
Für eine raschere Bestrafung von Straftätern
Der Regierungsrat wird aufgefordert, mit geeigneten Massnahmen — wie
einer Verkürzung der Fristen und der Vereinfachung der
Administration — dafür zu sorgen, dass Straftäter
künftig rascher verurteilt werden.
Begründung:
Die Zahl der Straftaten im Kanton Bern ist erneut gestiegen.
Gewaltdelikte, aber auch Raub und Vandalismus beeinträchtigen die
Situation der Bürgerinnen und Bürger im Kanton Bern immer
stärker. Eine wachsende Zahl der Täter sind Jugendliche.
Daher sind auf eidgenössischer Ebene auch Bestrebungen für
eine Verschärfung des Jugendstrafrechts im Gang. Dies auch auf
Grund der Ereignisse in München, die gezeigt haben, dass die
Schweiz im Vergleich zu Nachbarländern zu lasch mit ihren
Straftätern umgeht. Der Vergleich mit München zeigt aber auch
ein weiteres Problem: Vielerorts dauert es zu lange, bis die Täter
zur Rechenschaft gezogen werden. So kann es bis zu einem Jahr gehen,
bis ein Verfahren abgeschlossen und ein Schuldspruch ergangen ist. Das
heisst, Jugendliche bekommen die Folgen ihrer Taten über Monate
gar nicht zu spüren. Dies ist nicht nur juristisch bedenklich und
für die Opfer stossend, sondern führt auch dazu, dass der
Effekt der Strafe nicht in der Art wirken kann, wie er sollte. Hier
besteht also dringender Handlungsbedarf.
Es wird Dringlichkeit verlangt.
Antwort des Regierungsrates
1. Auch für den Regierungsrat ist die rasche Verurteilung
straffällig gewordener Personen ein wichtiges Anliegen. Die
Aussicht, dass strafbares Verhalten tatsächlich und auch rasch
bestraft wird, ist ein wichtiger Teil der Generalprävention. Die
Senkung der Durchschnittsdauer von Strafverfahren ist deshalb ein
berechtigtes Anliegen.
2. Die Justiz und die Kantonspolizei prüfen insbesondere die
Einführung von so genannten Schnellgerichten, damit diese für
dafür geeignete Delikte an bestimmten Orten gegebenenfalls
eingeführt werden können. Damit könnte ein wichtiger
Beitrag zum genannten Ziel geleistet werden.
3. Die Justiz ist ganz grundsätzlich an raschen Verfahren
ebenfalls interessiert und stets bereit, mögliche Optimierungen in
den Abläufen vorzunehmen. Es ist dabei aber zu beachten, dass ab
1. Januar 2011 die schweizerische Strafprozessordnung und die
schweizerische Jugendstrafprozessordnung massgebend sein werden und der
Kanton nicht mehr berechtigt ist, eigene Strafverfahrensvorschriften zu
erlassen. Alle in den beiden genannten Erlassen enthaltenen Fristen
können nicht abgekürzt werden. Das eidgenössische Recht
verpflichtet aber die Strafbehörden ohnehin, Strafverfahren
unverzüglich an die Hand zu nehmen und ohne unbegründete
Verzögerung zum Abschluss zu bringen (Art. 5 der
Strafprozessordnung).
4. Die Beschleunigung von Verfahren hängt auch ab von den
verfügbaren personellen Ressourcen. Im Zusammenhang mit der
Einführung der gesamtschweizerischen Prozessordnungen und der
damit verbundenen grossen Justizreform im Kanton Bern ist die
personelle Dotation der Justiz neu festgelegt worden. Da über die
Auswirkungen der Reformen auf die Belastungen der Justiz keine
verlässlichen Prognosen möglich waren, ist vorgesehen, die
Auswirkungen der Justizreform zu evaluieren und dabei auch die
vorgenommenen personellen Dotierungen zu überprüfen. Der
Grosse Rat bestimmt das Budget der Justiz und damit auch deren
personelle Ressourcen. Ab 1. Januar 2011 hat die Justizleitung
(bestehend aus Obergerichtspräsident,
Verwaltungsgerichtspräsident und Generalstaatsanwalt) ein
selbstständiges Budgetantragsrecht. Der Regierungsrat kann die
Budgeteingabe der Justiz nicht verändern, sondern höchstens
kommentieren.
5. In der Begründung des Vorstosses wird vor allem auf das
Jugendstrafverfahren Bezug genommen. Bei der Beratung der
eidgenössischen Jugendstrafprozessordnung wurde über die
Statuierung von maximalen Erledigungsfristen in Jugendstrafverfahren
diskutiert, deren Einführung aber verworfen. Dies vor allem
deshalb, weil die Verfahrensdauer im Einzelfall von zahlreichen
Faktoren abhängt (z. B. Zahl der Delikte und der involvierten
Personen, Art der vorzunehmenden Beweisführungen, Begutachtung der
persönlichen und familiären Verhältnisse, usw.).
6. Bei gravierenden Delikten intervenieren die Jugendstrafbehörden
im Kanton Bern in aller Regel sofort. Jugendliche Täterinnen und
Täter werden ab dem ersten Tag des Verfahrens erzieherischen und
massiv freiheitsbeschränkenden Eingriffen unterzogen (Verhaftung,
stationäre Beobachtung in geschlossenen Institutionen,
vorsorgliche Platzierung in einem Erziehungsheim). Die
Jugendstaatsanwaltschaft hat je nach Verfahren differenzierende
Vorgaben gemacht: Strafmandate sind innert zehn Tagen ab Eingang der
Anzeige zu erlassen, einfache Verfahren sind - abgesehen von einigen
Ausnahmen - innert einem Monat zu erledigen und Verfahren mit externen
Begutachtungen innert einem Jahr abzuschliessen.
7. Im Übrigen ist die möglichst rasche Erledigung von
Strafverfahren eine Daueraufgabe von Strafverfolgungsbehörden und
Justiz. Die Einführung geeigneter Controllinginstrumente ist
ebenfalls Sache der Justiz und entzieht sich der Einflussnahme durch
den Regierungsrat.
Antrag Annahme als Postulat und gleichzeitige Abschreibung
An den Grossen Rat
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POLICE BE
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Bund 16.6.10
"Vier Wochenende pro Monat im Einsatz"
Polizeieinsätze an Sportveranstaltungen belasten das
Privatleben der Beamten.
Anita Bachmann
Auch Polizisten, die im Oberland stationiert sind, kommen nicht
darum herum, vor dem Stade de Suisse oder der Postfinance-Arena in Bern
Ordnungsdiensteinsätze zu leisten. Alle Kantonspolizisten bis 43
Jahre müssen gleich viele Einsätze leisten. Allein an der
Finalissima, dem Finalspiel zwischen YB und FC Basel, waren 600
Polizisten aufgeboten. "Wenn in der nächsten Saison der FC Thun
und YB gleichzeitig spielen, wird jeder verfügbare Mann stehen",
sagt Philipp Baumann, stellvertretender Schichtleiter am
Stützpunkt Gesigen.
Aber bereits in den vergangenen Jahren, wenn sich Fussball- und
Hockeysaison jeweils überlappten, sei die Belastung enorm gewesen.
"Es kommt vor, dass ich an vier Wochenenden pro Monat im Einsatz
stehe", sagt Baumann. Also jedes Wochenende. Zusätzliche
Anti-WEF-Demos oder antifaschistische Abendspaziergänge, wie sie
vor ein paar Jahren üblich waren, würden die
Möglichkeiten der Polizei übersteigen, ist der
Oberländer Polizist überzeugt. Die Einsätze hätten
sich aber von den Demos auf die Sportveranstaltungen verlagert - zum
Teil mit den gleichen Beteiligten. Die "Weekend-Warriors", also die
Wochenendkrieger, müssten einfach etwas haben, sagt Baumann.
Die Personaleinsätze für Hochrisikospiele werden schon
lange zum Voraus geplant. Für Spiele, bei denen es erst
kurzfristig Anzeichen für Probleme gibt oder für
Playoff-Spiele im Hockey organisiert sich die Polizei spontan. Ebenso
kurzfristig gestaltet sich das private Leben der Polizisten. "Das
soziale Leben richtet sich nicht nach dem Arbeitsplan", aber dieser sei
dafür sicher nicht förderlich, sagt Baumann.
Mit Abfall beworfen
Der 31-jährige Philipp Baumann ist verheiratet und wird in
zwei Wochen zum ersten Mal Vater. Seine Frau arbeite zu 50 Prozent als
Lehrerin - und sie würden es geniessen, wenn sie unter der Woche
gemeinsam freihätten. Freunde hätten sich daran gewöhnt,
dass er nicht immer dabei sein könne, wenn sie am Wochenende etwas
organisierten. Und auch in der Footballmannschaft fehlt Baumann
manchmal im Training oder bei einem Meisterschaftsspiel. Trotzdem
pflege er das Vereinsleben weiter. Baumann ist im siebten Dienstjahr.
Privat gibt es viel zu verlieren, oder zumindest müssen
Polizisten auf einiges verzichten. "Beruflich gibt es aber bei den
Ordnungsdiensteinsätzen nichts zu gewinnen", sagt Baumann. Wenn
etwas passiere, werde die Polizei kritisiert, sie habe alles falsch
gemacht und zu wenig Leute aufgeboten. Passiere nichts, fragten sich
alle, wozu die vielen Polizisten vor dem Stadion seien.
Ordnungsdiensteinsätze seien nicht mit einer Einbruchserie
vergleichbar, bei der die Polizei am Schluss vielleicht einen
Täter präsentieren könne. Passiere bei den Spielen
nichts, sei der Einsatz langweilig. "Wenn etwas passiert, bricht Hektik
aus, weil man meistens am falschen Ort steht", sagt Baumann. Ziehe ein
Fanzug an den Polizisten vorbei, würden sie mit Flaschen und
Abfall beworfen, angespuckt und beschimpft. Er habe lernen müssen,
sich viel gefallen zu lassen. Einmal habe er Strafantrag gestellt, weil
ein Betrunkener ausfällig geworden war. Der Richter habe ihm
schliesslich gesagt, so etwas müsse er an seiner Uniform abprallen
lassen. "Heute würde ich keinen Strafantrag mehr stellen", sagt er.
Burn-outs und Kündigungen
Artet eine Situation aus, müssten sie "Kragenbüez"
leisten. Damit beschreibt der Beamte Situationen, bei denen es
handgreiflich wird. Wie etwa nach dem Vorrundenspiel YB - St. Gallen,
als es zwar nur zu wenigen negativen Vorkommnissen kam, aber Baumann
gerade an vorderster Front war und Hand anlegen musste. Um solche
Einsätze zu verarbeiten, sei es wichtig, mit den Kollegen
darüber zu sprechen. "Ich erzähle auch zu Hause davon", sagt
er. Angst habe er nicht, sie seien nicht aus Porzellan. Aber Respekt
sei wichtig, damit man sich wehre. Und Respekt hat er auch vor der
Gratwanderung: Man gerate in Situationen, in denen richtiges und
falsches Handeln sehr nahe beieinanderliegen.
Wie gut oder schlecht Polizisten über die
Ordnungsdiensteinsätze hinwegsehen können, hängt
schliesslich auch davon ab, ob sie die Wochenendarbeit kompensieren
können. "Der Bestand in unserer Schicht ist gut, deshalb
können wir relativ gut kompensieren", sagt Baumann. Das sei aber
nicht überall der Fall, und es häuften sich deshalb
Überstunden. Die Folgen seien schliesslich Burn-outs und
Kündigungen. Gerade in der Phase zwischen fünf und zehn
Dienstjahren würden vermehrt Polizisten in die Privatwirtschaft
wechseln. "Zahlen kenne ich keine, aber es künden mehr Polizisten
als früher", sagt Baumann.
Für ihn kommt dies nicht infrage. Polizist sei für ihn
nach wie vor ein attraktiver Beruf. "Ich bin glücklich mit dem
Job. Aber jemandem, der sich interessiert, Polizist zu werden,
würde ich sagen, worauf er sich einlässt."
--
Resolution: "Es reicht!"
An der 90. Delegiertenversammlung des Verbands Schweizer
Polizei-Beamter in Luzern wurde die Resolution "Es reicht!"
verabschiedet. Darin bringen die Polizisten ihren Unmut über die
Unterbestände in Polizeikorps und über die
Sondereinsätze an Sportveranstaltungen zum Ausdruck. Schweizweit
fehlten 1500 bis 2500 Polizeibeamte, heisst es in der Resolution. Im
Zusammenhang mit den Sportveranstaltungen wird gefordert: "Auch
Polizisten haben ein Anrecht auf eine geregelte Freizeit und ein
Familienleben." In der Resolution ist weiter die zunehmende Gewalt an
Beamten ein Thema (siehe "Bund" vom 12. Juni).
Der Oberländer Polizeibeamte Philipp Baumann (siehe
Haupttext) engagiert sich als Beisitzer im Polizeiverband Bern-Kanton
für gewerkschaftliche Anliegen. (ba)
---
pvbk.ch 2.6.10
Kommandant fordert für seine Leute höhere Einreihungen
http://www.pvbk.ch/images/content/diverses/iwkdt.pdf
---
pvbk.ch 23.2.10
Dreieck 1/2010
Offizielles Bulletin des Polizeiverbandes Bern Kanton (PVBK)
http://www.pvbk.ch/index.php?section=news&cmd=details&newsid=9
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POLICE ZH
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Tagblatt der Stadt Zürich 16.6.10
Im Haus der Skorpione
Polizei Sie gilt als die Elitetruppe der Stadtpolizei Zürich: Die
Interventionseinheit Skorpion. Das "Tagblatt" durfte deren Mitglieder
bei einem Weiterbildungskurs begleiten.
Von Sacha Beuth
Die Garage eines Gebäudes in Zürich-West. Rund 30
Mitglieder der Interventionseinheit Skorpion haben sich im Halbkreis
versammelt und hören schweigend den Erläuterungen eines
Instruktors zum Tagesablauf zu. Die Polizisten sind angetreten zu einem
Weiterbildungskurs. Reizstoffkunde, medizinische Erstversorgung, Sport,
Schiessen und Personenschutz stehen auf dem Programm. Auffällig:
Der Trupp besteht nur aus Männern. "Das hat aber nichts mit
Machogehabe zu tun", erklärt David Baumgartner, der Chef der
Interventionseinheit Skorpion. "Es ist nur leider so, dass den meisten
Frauen die physischen Voraussetzungen fehlen, denn in vielen unserer
Einsätze muss man schweres Material und schwere Ausrüstung
schleppen."
Nach der Einführung werden die Skorpione in 6er-Gruppen
aufgeteilt. Die erste Gruppe wendet sich an Instruktor Rainer*. Er hat
in einem Nebenraum diverse Reizstoff-Einsatzelemente mit Tränengas
sowie einen Pfefferspray aufgebaut und erklärt deren Funktion,
Sicherheitsbestimmungen und Einsatztauglichkeit. Anschliessend muss die
Gruppe einen Test schreiben, in dem auch die Reizstoffmenge für
einen fingierten Einsatz ausgerechnet werden soll. "Die Männer
müssen sich über die Wirkung bewusst sein. Darum hat sich
bereits in der Grundausbildung jeder einmal den Reizstoffen
auszusetzen", erklärt Rainer.
Als Nächstes geht es wieder in die Garage. Remo*, für
den Bereich Sport zuständig, zeigt in einem Kletterparcours vor,
wie man sich möglichst geräuschlos und mit möglichst
wenig Kraftaufwand einem Ziel nähert. "Denkt daran, dass ihr mit
der richtigen Technik zudem das Verletzungsrisiko minimieren
könnt", gibt er der Gruppe mit auf den Weg. In den ersten zwei,
drei Durchläufen meistern die Skorpione die Hindernisse ohne
grosse Probleme. Dann ordnet Remo an, Helm und Schutzweste anzuziehen.
Nun sieht die Sache anders aus. Ein Kursteilnehmer kann ein 10 m langes
Seil erst im dritten Versuch erklimmen. Und gleich mehrere Skorpione
scheitern beim Versuch, ohne Anlauf ein etwa 1,60 m hohes, glattes
Podest zu besteigen. Erst als es Remo noch einmal vormacht und auf die
richtige Technik hinweist, gelingt die Übung. Allerdings sind alle
Teilnehmer hinterher schweissgebadet und können sich nur eine
kurze Erholung gönnen, ehe sie zum Schiessparcours müssen.
Dort führt Rolf* das Zepter. Erster Kandidat ist Pascal*. In
einem stockdunklen Labyrinth, das nur kurz von Stroboskopblitzen
aufgehellt wird und in dem laute Rockmusik erschallt, muss er mit
verschiedenen Schusswaffen bewaffnete Täter aus Karton
neutralisieren. Auf Zeit natürlich. "Die Aufgabe ist in dieser
Form nicht realistisch", betont David Baumgartner. "Es geht vielmehr
darum, unter Belastung und Ablenkung in Sekundenschnelle Gefahren zu
erkennen und die richtigen Entscheidungen zu treffen." Da fragt man
sich, warum man sich als Polizist freiwillig einer erhöhten Gefahr
aussetzt. "Wenn kein Spezialeinsatz ansteht, dann sind wir im
ordentlichen Polizeidienst tätig. Dort ist es manchmal viel
gefährlicher, weil man eher in unvorhergesehene Situationen kommen
kann als bei einem Spezialeinsatz", erzählt Pascal.
Die letzten Posten - Personenschutz und Erstversorgung - sind
weniger stressig, erfordern aber ebenso ein hohes Mass an
Konzentration. Eine falsche Positionierung vor dem Auto bei einem
Staatsempfang kann ebenso gravierende Folgen haben, wie wenn man einen
blutenden Kameraden nicht korrekt verbindet. Doch trotz - oder gerade
wegen - der hohen Anforderungen schätzen die Skorpione ihren
Beruf. Schon das Aufnahmeverfahren ist hart. Nur wer mindestens schon
drei Jahre Dienst bei der Stapo geleistet hat, einen besonders
anspruchsvollen Schiess- und Sporttest besteht sowie über sieben
Wochen weitere Prüfungen in diversen Bereichen meistert, hat eine
Chance, aufgenommen zu werden. "Es wird einem sowohl physisch wie
psychisch alles abverlangt. Das hält nicht jeder durch", meint
etwa Michi*. Sagen tut er es zwar nicht, aber man merkt seiner Stimme
an, dass er Stolz ist, zu dieser Eliteeinheit zu gehören. t
* Name aus Sicherheitsgründen verkürzt oder
verändert.
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BAHNPOLIZEI
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sf.tv 16.6.10
Ständerat heisst neu aufgelegtes Bahnpolizeigesetz gut
sda/bers
Der Ständerat ist auf das Bahnpolizeigesetz in der neuen
Fassung eingetreten. Der Entscheid ist einstimmig gefallen. In der
Vorlage nicht mehr vorgesehen ist die Privatisierung der Bahnpolizei.
Daran war ein erster Entwurf im Nationalrat vor gut einem Jahr
gescheitert.
Die Verkehrskommission des Nationalrats hatte darauf umgehend
eine neue Vorlage erarbeitet. Dieses neu aufgelegte Bundesgesetz
über die Sicherheitsorgane der Transportunternehmen im
öffentlichen Verkehr hat die grosse Kammer in der
Frühlingssession verabschiedet.
Durchsetzung von Hausrecht und Transportbestimmungen
Es unterscheidet klar zwischen einer Transportpolizei mit
polizeilichen Funktionen und einem Sicherheitsdienst mit weniger
Kompetenzen. Nur der Sicherheitsdienst darf privaten Unternehmen
übertragen werden, die Transportpolizei muss wie bisher beim
Transportunternehmen bleiben.
Ihre Angehörigen sind in der Regel uniformiert und werden
vereidigt. Sie dürfen verdächtige Personen vorübergehend
festnehmen und Gegenstände beschlagnahmen. Der Sicherheitsdienst
dagegen darf Personen zwar kontrollieren, aber nicht festnehmen. Seine
Kompetenzen beschränken sich im wesentlichen auf die Durchsetzung
von Hausrecht und Transportbestimmungen der Transportunternehmen.
Kein Schusswaffenverbot
Der Ständerat stimmte diesem Konzept diskussionslos zu.
Selbst die Frage der Bewaffnung der Transportpolizei gab nicht mehr zu
reden: Der Entscheid darüber wird dem Bundesrat übertragen.
Im Nationalrat hatte sich die Linke noch für ein explizites Verbot
von Schusswaffen in Zügen und Bussen stark gemacht.
Die Unterschiede zur ersten - gescheiterten - Vorlage sind damit
gering. Statt eines privaten Sicherheitsdienstes werde nun ein privates
Transportunternehmen die Transportpolizei besitzen und führen,
sagte Peter Bieri (CVP/ZG). In beiden Fällen gehe ohnehin die
kantonale Polizeihoheit vor.
Eine Differenz zum Nationalrat schuf die kleine Kammer dennoch.
Diese ist auf die SBB gemünzt, die wohl auch in Zukunft als
einziges Transportunternehmen eine eigene Transportpolizei haben wird.
Der Ständerat will sie darum verpflichten, ihre
Sicherheitskräfte gegen Entgelt auch anderen Unternehmen zur
Verfügung zu stellen.
Die Vorlage geht zurück an den Nationalrat. Das Gesetz soll
am 1. Januar 2011 in Kraft treten.
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BIG BROTHER SPORT
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St. Galler Tagblatt 16.6.10
20köpfige Spezialeinheit soll gewalttätige Fans filmen
Die Kantonspolizei St. Gallen bildet eine Spezialeinheit für
den Einsatz gegen gewalttätige Eishockey-Fans. Ausrüstung und
Ausbildung kosten rund 300 000 Franken.
Eine Spezialeinheit, ausgerüstet mit mobilen Videokameras,
soll künftig bei den Eishockeyspielen der Rapperswil-Jona Lakers
gewaltbereite Fans in den Griff bekommen.
Hanspeter Krüsi, Sprecher der Kantonspolizei St. Gallen,
bestätigte am Dienstag entsprechende Medienberichte. Die
Kantonspolizei führt dazu das sogenannte Beweissicherungs- und
Festnahmeelement (BFG) ein. Die Stadtpolizei St. Gallen setzt bereits
seit vergangenem Oktober auf das BFG, um gewaltbereite Fussballfans
rund um die AFG Arena den Schnellrichtern zuführen zu können.
Kommt es zu Ausschreitungen, filmen die Polizisten mit mobilen
Videokameras an den Schutzhelmen das Geschehen aus nächster
Nähe. Damit sollen die Täter ermittelt und Beweise gesichert
werden können.
Die 20köpfige Spezialeinheit der Kantonspolizei St. Gallen
soll ab September bei den Eishockeyspielen der Rapperswil-Jona Lakers
eingesetzt werden. 40 Angehörige der Kantonspolizei St. Gallen,
die sich freiwillig gemeldet haben, werden in den nächsten Monaten
für die neue Aufgabe geschult und ausgerüstet. Die Kosten
belaufen sich auf rund 300 000 Franken. (sda)
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SANS-PAPIERS
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Freiburge Nachrichten 16.6.10
Kein Kind ist illegal, auch wenn rechtlich inexistent
Ein Manifest dazu wurde von über 10 000 Personen und 81
Organisationen unterzeichnet. Die CSP Schweiz hat dieses Anliegen von
Anfang an aktiv unterstützt.
WÜNNEWIL In der Schweiz leben mehrere Tausend Kinder und
Jugendliche ohne geregelten Aufenthalt. Es sind die Kinder von
Sans-Papiers (MigrantInnen und abgewiesenen Asylsuchenden ohne
geregelten Aufenthaltsstatus) sowie Kinder von Eltern mit legalem
Aufenthaltsstatus, denen der Familiennachzug verweigert wurde. Sie
verbringen viele Jahre oder ihre ganze Kindheit hier, doch sind sie
rechtlich gesehen inexistent. Angst vor Entdeckung und Ausschaffung,
soziale Isolation, Armut sowie ungewisse Zukunftsperspektiven
prägen ihre Lebenssituation.
Verpflichtung
Verfassungsmässig garantierte Rechte und solche, denen sich
die Schweiz durch die Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention
verpflichtet hat, sind für diese Kinder und Jugendlichen kaum
durchsetzbar. Beispielsweise ist das Recht auf Bildung nach wie vor
unvollständig verwirklicht: Kleine Kinder ohne gültigen
Aufenthaltsstatus können oft keine Kinderkrippe besuchen. Sie,
deren Eltern oft beide arbeitstätig sind, hätten eine
vorschulische Betreuung besonders nötig.
Schwarzarbeit
Nach der Volksschule, wenn die KlassenkameradInnen eine
Ausbildung beginnen, bleibt den Jugendlichen ohne gültigen
Aufenthaltsstatus meist nur noch die Wahl zwischen Schwarzarbeit und
"Nichtstun". Sie dürfen von Gesetzes wegen keine Lehre antreten.
Ein weiteres Beispiel ist, dass gemäss Ausländergesetz
Jugendliche ab 15 Jahren bis zu zwölf Monate in Ausschaffungshaft
genommen werden dürfen.
Die Forderungen der CSP Schweiz
• Die umfassende Umsetzung des Rechts auf Bildung, von der
vorschulischen Bildung bis zur Ausbildung an einer Mittelschule und dem
Absolvieren einer Lehre.
• Den sofortigen Stopp der Ausschaffungshaft für
Minderjährige.
• Vereinfachte Regularisierungsmöglichkeiten für Kinder
und ihre Familien.
• Die Respektierung der UN-Kinderrechtskonvention durch die
Schweizer Behörden auch gegenüber Kindern ohne geregelten
Aufenthaltsstatus. oy
Für weitere Auskünfte: Marie-Thérèse
Weber-Gobet, Nationalrätin CSP/FR, 079 508 72 94.
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HÄRTEFÄLLE GL
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Südostschweiz 16.6.10
Regierung verteidigt Vorgehen bei Irakern
Die Glarner Regierung ist der Meinung, dass die Fachstelle
Migration bei den Irakern Sha'aban Rashid und Jubrayel Murad korrekt
gehandelt habe. Die Durchsetzungshaft sei bei beiden rechtmässig
verhängt worden.
Glarus. - Grund für die Stellungnahme der Regierung ist eine
Interpellation, die acht Landräte aus dem links-grünen Lager
im Dezember 2009 eingereicht hatten. Einerseits wollten sie wissen,
weshalb der Kanton den beiden Irakern keine Aufnahme gemäss der
sogenannten Härtefallregelung gewährt habe.
Andererseits zweifelten sie den Sinn der Durchsetzungshaft an.
Der Kanton habe damit keines seiner Ziele erreicht, schrieben die
Interpellanten.
"Kosten trägt Steuerzahler"
Die beiden Männer würden weiterhin im Kanton Glarus
leben. Da ihnen aber die Arbeitsbewilligung entzogen wurde, seien sie
auf die Unterstützung der öffentlichen Hand angewiesen, statt
zu arbeiten. Überdies habe der Steuerzahler die
Gefängniskosten berappen müssen. Die Interpellanten wollten
von der Regierung wissen, wie sie das Verhalten der Behörde
beurteile.
Die Regierung schreibt in ihrer Antwort, dass die beiden Iraker
vom Bundesamt für Migration (BFM) rechtskräftig aus der
Schweiz weggewiesen worden seien, "was vom Kanton Glarus zu vollziehen
war".
Mit dem Ablauf der Ausreisefrist hätten die beiden
Ausländer von Gesetzes wegen ein Arbeitsverbot erhalten, "das
weder vom Bundesamt für Migration noch von der kantonalen
Fachstelle Migration speziell verfügt zu werden brauchte",
argumentiert die Regierung.
"Nicht zu beanstanden"
Insbesondere sei die Anordnung der Durchsetzungshaft kein Grund
für den Wegfall der Arbeitsbewilligung gewesen.
Der Regierungsrat erachte die Entscheide und das Verhalten der
Fachstelle Migration als korrekt und nicht zu beanstanden, wie er
schreibt. "Die Durchsetzungshaft wurde in regelmässigen
Abständen vom kantonalen Verwaltungsgericht für
rechtmässig befunden", so die Regierung. Die beiden Fälle
seien unterschiedlich gehandhabt worden, weil abgewiesene Asylsuchende
nicht immer als Härtefälle zu behandeln seien und die
Ausnahme nicht zur Regel werden dürfe. "Damit würde die
Ausländer- und Asylpolitik ausgehebelt und gegen klares
Bundesrecht verstossen." Zudem habe kein Härtefallgesuch der
beiden irakischen Staatsangehörigen vorgelegen.
In einem begründeten Fall sei anschliessend ein
Härtefallgesuch gestellt worden. Zuständige Behörde
für die Erteilung von Härtefallbewilligungen sei im
Übrigen nicht der Regierungsrat, belehrt er die Interpellanten,
sondern die Fachstelle Migration des Departements Sicherheit und Justiz.
Für Haft kommt der Bund auf
Dem BFM seien bisher 22 Glarner Härtefallgesuche
unterbreitet worden, beantwortet die Regierung eine weitere Frage der
Interpellanten. Dabei habe es sich bis auf eine abgewiesene
"asylsuchende Person" ausschliesslich um Personen mit dem Status der
vorläufigen Aufnahme gehandelt.
"Von der kantonalen Migrationsbehörde mussten 39 Gesuche
mangels erfüllter Voraussetzungen bereits im Vorfeld abgewiesen
werden", hält die Regierung weiter fest. Somit könne nicht
kritisiert werden, der Kanton mache von diesem Instrument keinen
Gebrauch.
Bei der Durchsetzungshaft entstünden dem Kanton keine
direkten Kosten, schreibt sie weiter. Die 115 Franken pro Hafttag
würden vom Bund entschädigt.
Der Kanton wende für anerkannte Flüchtlinge bzw.
vorläufig aufgenommene Personen monatlich bis zu 30 000 Franken
für Sozialhilfe auf, so die Regierung. (mitg/so)
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AUSSCHAFFUNG
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Tagesanzeiger 16.6.10
FDP-Parlamentarier wirft dem Bund vor, Schweigegeld zu bezahlen
Der Bund hat der Familie eines bei der Ausschaffung verstorbenen
Nigerianers 50 000 Franken bezahlt. Nun wird angezweifelt, ob dies
rechtmässig war.
Von Daniel Foppa
Am 17. März ist am Flughafen Zürich unter noch nicht
geklärten Umständen ein Nigerianer verstorben. Der Mann
hätte gegen seinen Willen in sein Heimatland ausgeflogen werden
sollen. Wie das Westschweizer Fernsehen letzte Woche berichtete, hat
das Bundesamt für Migration (BFM) der Familie des Verstorbenen 50
000 Franken zukommen lassen. Das BFM bestätigte gestern auf
Anfrage schriftlich, dass dieser Betrag bezahlt worden sei. "Die
Zahlung stellt keine Entschädigung und kein Schuldgeständnis
dar", betont das Amt. Das Geld sei vielmehr "eine humanitäre Geste
gegenüber der Familie".
Scharfe Kritik an dieser Geste übt FDP-Nationalrat Philipp
Müller: "Das riecht stark nach Schweigegeld. Das Geld ist
geflossen, bevor die Todesumstände klar sind." Zudem könne
man nicht von einer humanitären Geste sprechen: "Es darf nicht
sein, dass der Bund 50 000 Franken an eine einzige Familie bezahlt. Das
ist enorm viel Geld für ein Land wie Nigeria."
Müller hat nun eine Interpellation eingereicht, mit der er
vom Bundesrat Auskunft über die Umstände der Zahlung fordert.
Insbesondere will er wissen, ob das Geld rechtmässig geflossen
sei. Laut dem FDP-Mann sind selbst BFM-intern Warnungen und Fragen zur
Rechtmässigkeit der Zahlung laut geworden. Amtsdirektor Alard du
Bois-Reymond habe jedoch nicht darauf gehört. Dem entgegnet das
BFM, der Bund könne Kosten übernehmen, die in Zusammenhang
mit der Ausreise von abgewiesenen Asylsuchenden entstehen: "Der Mann
ist im Rahmen einer Zwangsrückführung des Bundes gestorben.
Entsprechend wurde der Betrag über das Vollzugsbudget abgebucht."
Müller befürchtet, dass damit ein Präjudiz
geschaffen werde. "Es gibt immer wieder Todesfälle im Asylbereich.
Wenn das Beispiel Schule macht, werden weitere Forderungen auf den Bund
zukommen."
Derweil untersucht die Staatsanwaltschaft Zürich die
Umstände des Todesfalls. Die als Folge gestoppten
Rückschaffungsflüge sollen laut BFM vor den Sommerferien
wieder aufgenommen werden. Ausgenommen sind Flüge nach Nigeria.
Hier stehe das BFM mit den nigerianischen Behörden in Kontakt.
Zudem wurde eine Taskforce Nigeria eingesetzt. Sie soll Massnahmen
erarbeiten, damit die Attraktivität der Schweiz bei nigerianischen
Asylsuchenden sinkt.
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SUCHT
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Tagesanzeiger 16.6.10
Vom Junkie zum Handysüchtigen
Sucht hat an der Goldküste ein neues Gesicht: Jene zwei
Vereine, die sich einst um aus der Stadt vertriebene Fixer
kümmerten, haben es heute mit Abhängigen ganz anderer Art zu
tun.
Von Jessica Cunti
Platzspitz. Drogen. Kriminalität. Diese Schlagwörter
prägten die öffentliche Diskussion, als vor über 15
Jahren im Bezirk Meilen der Verein Vis und die
Suchtpräventionsstelle des Samowar gegründet wurden (siehe
Kästen). Die Heroinabhängigen, aus der Stadt vertrieben,
kamen in die Gemeinden zurück, wo sie weiter spritzten - und wo
sich jemand um sie kümmern musste.
Wer heute in den Seegemeinden nach einem Süchtigen Ausschau
hält, der sich in aller Öffentlichkeit eine Nadel setzt,
sucht vergeblich. Trotzdem sind die beiden Vereine, die sich um
Suchfragen kümmern, im letzten Jahr an ihre Kapazitätsgrenzen
gestossen. Das wird heute an ihrer gemeinsamen Jahresversammlung in
Meilen zu reden geben.
Der spezielle Goldküsten-Druck
Laut Marco Bezjak, dem Bereichsleiter der Mobilen Jugendarbeit
(Mojuga), die zum Vis gehört, ist der Umgang mit Sucht- und
Genussmitteln weiterhin ein zentrales Thema. Aber der Drogenkonsum hat
sich verändert. Es sind heute die weichen Drogen, die den
Jugendarbeitern Sorge bereiten: Alkohol, Tabak, Cannabis. Vor allem
aber sind es jene, an die man zunächst gar nicht denkt, weil man
sie weder trinkt noch raucht: Computer und Handys. Noch nie hätten
die Jugendlichen so viele Möglichkeiten gehabt, vor der
Realität zu flüchten. Und davon machen sie laut Bezjak auch
regen Gebrauch.
An der Goldküste ist der Lebensstandard zwar hoch, aber
genauso hoch ist auch der Druck, es ans Gymi zu schaffen. Oder der
Druck, im sozialen Ansehen nicht abzufallen. "All das führt zu
einer zusätzlichen Belastung neben dem Schuldruck, dem Stress in
der Familie und der Lehrstellensuche", sagt Bezjak. Auch Heinz
Bösch, Jugendsozialarbeiter in Meilen, beobachtet Ähnliches.
Auf die Hektik und die zunehmende Oberflächlichkeit, welche ihm
zufolge die ganze Gesellschaft durchdringen, reagierten die
Jugendlichen besonders sensibel. "Sie sind wie Seismografen", sagt er.
Zugleich gibt es laut Bezjak immer weniger reale Orte, an die
sich die derart unter Druck stehenden Jugendlichen zurückziehen
können. Sie weichen deshalb an den einzigen Ort aus, an dem sie
sich frei fühlen, frei von Kontrolle und Restriktionen: in
virtuelle Welten. Das Handy, der Computer, das Internet - all das
gehöre längst zum festen Alltag. "Das Suchtpotenzial der
Games und Plattformen wie Facebook ist gross", sagt Bezjak. Ein
Grossteil der Kommunikation unter den Jugendlichen finde fast nur auf
diese Weise statt. Und dies pausenlos. Bösch spricht von einem
regelrechten "Natelstress". Erst kürzlich habe er ein Klassenlager
begleitet. Es galt ein absolutes Verbot von elektronischen
Geräten. Die Schüler seien nach dem Lager zu ihm gekommen.
"Sie haben mir gedankt, wie angenehm und entspannt es ohne Natel
gewesen sei", erzählt er.
Süchtige, die keiner wahrnimmt
Jugendliche, die tagelang hinter dem Computer sitzen, in einem
dunklen Raum, eins mit der Spielfigur, unfähig, am normalen Leben
teilzunehmen - der Norm entspricht dies nicht. Aber es gebe sie auch
hier, sagt Bezjak. Und es sei besonders schwierig, diese Süchtigen
zu erreichen, da sie zu Hause sässen. Sie würden deshalb oft
vergessen. "Das Problem ist, dass die Gemeinden die Tendenz haben, erst
dann zu reagieren, wenn man etwas sieht", sagt er.
Bezjak zeigt zwar Verständnis für das späte
Handeln, doch plädiert er dafür, dass die Jugendlichen auch
in der Familie und in der Freizeit langfristig begleitet werden. Dass
dies Früchte trägt, zeigt sich an der Geschichte des Vis und
speziell der Mojuga. Letztere sprang ein, als die Gemeinden nach der
Schliessung von Platzspitz und Letten mit dem Zustrom an Süchtigen
überfordert waren. Mit Jugendarbeit habe die Tätigkeit der
Mojuga zwar noch nicht viel zu tun gehabt, es sei eher "Erste Hilfe auf
der Gasse" gewesen. Seither aber werden die Jugendlichen im Bezirk
Meilen vom Vis begleitet.
Die beiden Vereine haben dabei auch erfreuliche Entwicklungen
registriert. So sei der Drogenkonsum laut Jugendstatistiken übers
Ganze gesehen am Abnehmen, sagt Enrico Zopelli, der für die
Suchtprävention des Samowar arbeitet. "Der Höhepunkt war vor
acht Jahren erreicht." Das Kiffen etwa sei eine Modeerscheinung
gewesen, die durch die Banalisierung an Attraktivität
eingebüsst habe. Allerdings sei das Rauschtrinken immer noch
populär. Wie sich das Suchtverhalten entwickeln werde?
"Zukunftsprognosen sind schwierig", sagt er.
--
Verein Vis
Zunehmende Nachfrage
Der Verein für Integration und Suchtfragen entstand 1998
durch den Zusammenschluss zweier Vorgängervereine, darunter die
Mobile Jugend- und Gassenarbeit (Mojuga). Vis ist in mehreren Bereichen
tätig, etwa in der Jugend- und Sozialhilfe, der
Suchtprävention und der Suchthilfe. 2009 stieg die Nachfrage nach
den Angeboten von Vis. (cun)
--
Samowar
Neue Präsidentin
Der Verein Samowar bietet Jugendberatung und Suchtprävention
an; es gibt ihn seit bald 30 Jahren. 2009 war laut einer Mittelung ein
erfolgreiches Jahr. An der heutigen Versammlung wird Rolf Bezjak nach
neun Jahren sein Amt als Präsident abgeben. Nachfolgerin wird Susi
Lötscher, ehemalige Gemeinderätin und Sozialvorsteheri n in
Erlenbach. (cun)
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ALKOHOL
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NZZ 16.6.10
Was Alkohol im jugendlichen Gehirn anrichtet
Eine Störung im neuronalen Belohnungssystem könnte das
Risiko einer Abhängigkeit steigern
Das Gehirn wird in der Jugend gründlich reorganisiert.
Forscher nehmen an, dass es dann besonders empfindlich für die
schädlichen Effekte von Alkohol ist. Studien zeigen die
zugrundeliegenden Mechanismen auf.
Lena Stallmach
Alkohol ist in grossen Mengen schädlich und tötet
Gehirnzellen, das ist nichts Neues. Aber wen kümmert das, wenn
sich die leichte Euphorie des Schwipses bemerkbar macht. Besonders in
der Jugend liegt der Gedanke an negative Konsequenzen fern. In dieser
Zeit werden meistens auch die ersten exzessiven Erfahrungen mit Alkohol
gemacht. Die Zahl an Jugendlichen, die mit einer Alkoholvergiftung ins
Spital eingeliefert werden, nimmt weiterhin zu. Wissenschafter und
Erziehungsbeauftragte machen sich Sorgen, denn es gibt einige
Gründe, weshalb der Genuss von Alkohol in diesem Lebensabschnitt
besonders schädlich für das Gehirn ist - möglicherweise
mit weitreichenden Folgen bis ins Erwachsenenalter.
Gehirn im Umbau
Der Grundaufbau der Hirnstrukturen geschieht während der
Embryonalentwicklung. Doch reift das Gehirn noch lange nach und
erfährt in der Adoleszenz einen wichtigen Entwicklungsschub. In
dieser Zeit werden Talente ausgebaut, logisches Denken und erwachsene
Verhaltensweisen entwickelt, was von einer Reorganisation der
neuronalen Schaltkreise in mehreren Hirnarealen begleitet ist. Dabei
nimmt auch die Geschwindigkeit der Übertragung von neuronalen
Signalen zu. Man wisse, dass das Gehirn in dieser
Umstrukturierungsphase besonders empfindlich auf schädigende
Einflüsse von Drogen und wahrscheinlich auch Alkohol reagiere,
sagt Karl Mann, der Leiter der Suchtmedizin des Zentralinstituts
für Seelische Gesundheit in Mannheim.
In mehreren Studien werden Belege dafür gesucht. Susan
Tapert von der University of California in San Diego und ihr Team
schauen etwa mit bildgebenden Verfahren in das Gehirn von Jugendlichen.
Dabei zeigte sich, dass jene mit schweren Alkoholproblemen kleinere
Hirnvolumina aufwiesen, und zwar in der vorderen Grosshirnrinde, wo
Informationen bewertet und Reaktionen geplant werden, und dem
Hippocampus, einer für die Gedächtnisbildung wichtigen
Region. Ausserdem fanden die Forscher bei Jugendlichen, die sich schon
mehrmals einen Rausch angetrunken hatten (jeweils mehr als 5 Drinks
hintereinander), im Vergleich zu Altersgenossen ohne Rauscherlebnisse
Abweichungen in der Beschaffenheit der weissen Substanz in
verschiedenen Hirnarealen. Als weisse Substanz werden die Nervenbahnen
bezeichnet, die die Nervenzellkörper (graue Substanz) miteinander
verbinden.
Gedächtnis ist beeinträchtigt
Was solche Unterschiede in der Hirnstruktur im Einzelnen
bedeuten, ist nicht einfach zu interpretieren. Jedoch fanden Forscher,
welche die kognitiven Leistungen wie Aufmerksamkeit und
Gedächtnisleistung von Jugendlichen untersuchten, dass jene mit
Alkoholproblemen in einzelnen Tests schlechter abschnitten als ihre
gleichaltrigen Mitstreiter ohne Alkoholprobleme. Bei all diesen Studien
bleibt jedoch offen, was Ursache und was Wirkung ist.
Möglicherweise sind Abweichungen in der Hirnstruktur,
ausgelöst durch die Genetik oder Erfahrungen, der Grund für
ein grösseres Bedürfnis nach Alkohol.
Die Forscher versuchten zwar andere Risikofaktoren wie etwa eine
Familiengeschichte mit Alkoholmissbrauch, Verhaltens- oder psychische
Störungen möglichst auszuschliessen, doch grossangelegte
prospektive Studien, bei denen Tausende von Jugendlichen über
längere Zeit beobachtet werden und Tests vor Beginn des
Alkoholkonsums und ein paar Jahre später gemacht werden, laufen
gerade erst an. In Europa etwa die Imagen-Studie, an der 2000
14-Jährige und ihre Eltern teilnehmen. Dabei wird eigentlich
untersucht, welche Faktoren die Risikobereitschaft von Jugendlichen
beeinflussen, wie etwa Persönlichkeitsmerkmale, genetische
Veranlagungen oder die Gehirnaktivität. Dabei werden auch Daten
zum Drogenkonsum und über die kognitiven Leistungen erhoben.
Allerdings gibt es bereits Studien an Tieren, in denen der
Einfluss von Alkohol auf die Nervenzellen untersucht wurde.
Kürzlich zeigte ein Versuch an Rhesusaffen etwa, dass chronisches
Rauschtrinken über 11 Monate hinweg die Neubildung von
Nervenzellen (Neurogenese) im Hippocampus der Tiere deutlich und
dauerhaft reduzierte. Allerdings tranken die Affen täglich und
erreichten jeweils Blutalkoholwerte, die beim Menschen 2,5 Promille
entsprechen. Ein älteres Experiment mit Ratten ergab aber, dass
bereits eine einmalige Dosis Alkohol die Neurogenese deutlich bis fast
komplett blockierte. Die Tiere erreichten Blutalkoholwerte, die beim
Menschen zwischen 0,3 und 1,3 Promille entsprechen.
Allgemein ist über die Funktion der Neurogenese im
menschlichen Gehirn wenig bekannt. Die meisten Nervenzellen entstehen
während der Embryonalentwicklung; nur in zwei Hirnregionen,
darunter der Hippocampus, gibt es im Jugend- und Erwachsenenalter
Stammzellen, die neue Nervenzellen bilden. Diese scheinen beim Lernen
und bei der Gedächtnisbildung eine Rolle zu spielen.
Wissenschafter nehmen an, dass Alkohol Wachstumsfaktoren hemmt, welche
die Neubildung der Zellen anregen. Doch verhindert das beliebte
Getränk nicht nur die Entstehung neuer Zellen, sondern tötet
auch bestehende Hirnzellen ab. Dies wird möglicherweise durch
Entzündungsprozesse verursacht.
Zelltod durch Entzündungen
So zeigte etwa die Gruppe von Consuelo Guerri am Prince Felipe
Research Center in Valencia in Spanien, dass adoleszente Ratten, die
mehrfach grössere Mengen Alkohol zu sich genommen hatten, nach
zwei Wochen erhöhte Werte zweier Entzündungsmediatoren
aufwiesen. Ausserdem starben mehr Zellen in der Grosshirnrinde, dem
Hippocampus und dem Kleinhirn als normal. In Verhaltenstests, bei denen
die Tiere auf kognitive und motorische Leistungen wie Lernen,
Gedächtnis und Lauftests geprüft wurden, schnitten sie
schlechter ab als ihre Altersgenossen, die keinen Alkohol konsumiert
hatten. Die schlechteren Leistungen hielten sich bis ins
Erwachsenenalter, obwohl die Tiere dann keinen Alkohol mehr tranken.
Verabreichten die Forscher den jungen Ratten
Entzündungshemmer während des Alkoholkonsums, konnten damit
die Entzündungsreaktion, das Zellsterben und die
Verhaltensauffälligkeiten verhindert werden. Wahrscheinlich
würden auch im menschlichen Gehirn Entzündungsprozesse durch
Alkohol in Gang gesetzt, sagt Guerri. Vor allem das Rauschtrinken
(binge drinking), welches bei Jugendlichen in Spanien verbreitet sei,
stehe im Verdacht, diese Wirkung zu haben. Deshalb rät sie den
Jugendlichen, nicht auf leeren Magen und nicht in grossen Mengen zu
trinken. Natürlich gelte das auch für Erwachsene, aber das
Zellsterben habe im sich entwickelnden Gehirn wahrscheinlich
schwerwiegendere Konsequenzen.
Spätere Abhängigkeit
Es ist aber nicht "nur" das Zellsterben, das den Forschern Sorgen
bereitet. Im Jugendalter werden viele Nervenschaltkreise neu
eingestellt, darunter auch das neuronale Belohnungssystem. Aus
epidemiologischen Studien ist bekannt, dass Jugendliche, die sehr jung
(unter 14 Jahren) bereits Alkohol trinken, ein grösseres Risiko
haben, im Erwachsenenalter Alkoholiker zu werden, als solche, die
später damit anfangen. Das kleinste Risiko haben Jugendliche, die
in dieser Phase wenig Alkohol trinken. Forscher vermuten, dass dies mit
einer Störung im Belohnungssystem zusammenhängt. Eine solche
wird allgemein als Ursache für Suchtverhalten gesehen.
Eine wichtige Rolle im Belohnungssystem spielen der Botenstoff
Dopamin, der Nucleus accumbens, das ventrale Tegmentum und Teile des
limbischen Systems wie die Amygdala und der Hippocampus (siehe Grafik).
Guerri und ihre Kollegen zeigten, dass Alkohol bei adoleszenten Ratten
eine viel stärkere Ausschüttung von Dopamin im Nucleus
accumbens bewirkt als bei erwachsenen. Ausserdem wiesen Ratten, die im
Jugendalter mehrmals Alkohol konsumiert hatten, höhere Grundwerte
an Dopamin in den Zell-Zwischenräumen auf. Diese Tiere nahmen im
Erwachsenenalter auch grössere Mengen Alkohol zu sich als
Alkohol-naive Tiere.
Schadenausmass unbekannt
Auch wenn die Ergebnisse aus Tierstudien nicht direkt auf den
Menschen übertragen werden können, so geben sie doch
Aufschluss über die zugrundeliegenden Mechanismen. Damit sind
zumindest einmal die möglichen Problemzonen im Gehirn bekannt. Ab
welchen Mengen und in welchem Ausmass Alkohol für die jugendliche
Hirnentwicklung gefährlich sei, bleibe schwer abzuschätzen,
sagt Tapert, schon allein wegen der grossen individuellen Unterschiede.
Eine kleine prospektive Studie, die von Taperts Team durchgeführt
wurde, zeigte aber, dass bereits kleine Mengen Alkohol einen Effekt
haben können. So schnitten Mädchen, die über
längere Zeit mehr als 12 Drinks pro Monat tranken, schlechter bei
einem Test ab, bei dem das visuell-räumliche Gedächtnis
überprüft wurde, als drei Jahre zuvor, als sie noch keine
Erfahrungen mit Alkohol gemacht hatten. Bei weniger als 12 Drinks kam
es zu keiner Verschlechterung. In dieser Studie wurden jedoch eine
ganze Reihe neuropsychologischer Tests durchgeführt, und nur bei
jeweils einem zeigte sich eine Leistungseinbusse. Burschen schnitten
bei einem Aufmerksamkeits-Test schlechter ab, je mehr
Hangover-Erlebnisse sie im letzten Jahr gehabt hatten.
Beruhigend sei, dass der Alkoholkonsum bei Jugendlichen in Europa
in den letzten Jahren nicht weiter zugenommen habe und vielleicht sogar
eher wieder abnehme, sagt der Suchtexperte Karl Mann. Parallel dazu
steigt aber weiterhin die Zahl der adoleszenten Rauschtrinker. Das
bedeutet, dass allgemein weniger Jugendliche trinken, einige wenige
dafür aber mehr. Weil genau das Rauschtrinken für die
Hirnentwicklung aber besonders schädlich sei, müssten
Jugendliche besser über das Risiko aufgeklärt werden, sagt
Mann, auch wenn das wahrscheinlich nur bedingt etwas nütze. Am
wirkungsvollsten wäre eine Regelung über die Preise und ein
Werbeverbot, denn auch eine Aufklärung der Eltern bringe nur dann
etwas, wenn diese einen gemässigten Alkoholkonsum vorleben
könnten. Und das dürfte nicht immer leichtfallen.
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VELO-DEMO
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Automobilrevue 16.6.10
Forum
Velo-Demo in Luzern : Wasserballons in Cabrios, Tritte gegen Türen
Velo-Protestierer: Dürfen die alles?
Ärgernis
Am ersten Juni-Wochenende kam es in Luzern zu einer Velo-Demonstration,
Motto "Reclaim the streets". Die NLZ berichtete darüber in einer
verharmlosenden Weise, die mich sehr gestört hat: Beschrieben wird
anlässlich dieser offensichtlich nicht bewilligten
Velo-Demonstration "ein friedliches Chaos aus 160 Rädern".
Ganz nebenbei kam es zu Sachbeschädigungen: Es wurde gegen
Autotüren getreten, Cabriofahrer wurden mit Wasserballons
beworfen. Darauf folgten "kleine Rangeleien", d.h. Tätlichkeiten.
Offenbar hält der Berichterstatter der NLZ das für ganz
normale Nebenerscheinungen einer "bunten Aktion". Es kam zu
Strassenblockaden; zudem wurde durch massive Regelübertretungen
der Berufs- und Privatverkehr erheblich behindert. Aber wo, bitte, sind
die Ordnungshüter geblieben? Vermutlich waren sie gerade mit
Parkbussenverteilen und der Wartung der Blitzkästen
beschäftigt.
Die Strasse ist kein rechtsfreier Raum - das gilt auch für
sich radikalisierende Gruppen aus der Veloszene. Die Luzerner Polizei
sollte bei der nächsten Aktion dieser unerfreulichen Art
gemäss ihrem gesetzlichen Auftrag für Ruhe und Ordnung sorgen!
Daniel Keller, Kantonsrat SVP,Udligenswil
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GEISTIGE LANDESVERTEIDIGUNG
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NZZ 16.6.10
Der Berg ruft
Neues zur geistigen Landesverteidigung
uha. ⋅ Der Totalitarismus blieb der Schweiz des 20. Jahrhunderts
erspart. Inwiefern jedoch die sogenannte geistige Landesverteidigung
"totalitäre" Züge trug, ist in der historiografischen
Forschung umstritten. Eine Gesamtdeutung der das Land von den
dreissiger bis Ende der sechziger Jahre prägenden
politisch-kulturellen Bewegung, die um die Eigenart des Helvetischen
kreiste, steht noch immer aus. Der Historiker Dominik Schnetzer hat
einen mit Verve formulierten Beitrag zur Entstehung der geistigen
Landesverteidigung vorgelegt. Laut Schnetzer gelang es dem
konservativen Bildungsbürgertum im ersten Jahrhundertdrittel,
über die neuen Massenmedien, allen voran die Illustrierten und das
Kino, in den städtischen Mittelschichten und der Arbeiterschaft
eine antimodernistische, gegen alles "Unschweizerische" gerichtete
Ideologie zu verankern. Diese Ideologie grenzte sich weniger von
Faschismus und Nationalsozialismus ab, als dass sie ihren Blick mit
"Scheuklappeneffekt" nach innen richtete.
In "Füsilier Wipf" (1938), dem gemessen an den
Zuschauerzahlen bis heute erfolgreichsten Schweizer Film, der von der
Presse (auch von der NZZ) ungeachtet - oder gerade wegen - seiner
ästhetischen Biederkeit begeistert aufgenommen wurde, findet die
geistige Landesverteidigung ihren paradigmatischen Ausdruck: die
Schweiz als heiler Alpenstaat und reine Bergwelt, als "naturalisierte
Nation" und "nationalisierte Natur". In dieser Idylle setzen sich
bürgerliche Heroen - Militärs, aber auch Ingenieure und
Sportler - gegen das Fremde, Städtische und Effeminierte durch. -
Wenn auch die Geschichte von der bürgerlich-reaktionären
Instrumentalisierung des "Bergbildes" zu glatt aufgeht, liest sich
Schnetzers Dissertation nur schon wegen ihrer sachverständigen
Beschäftigung mit bildlichen Quellen mit Gewinn.
Dominik Schnetzer: Bergbild und Geistige Landesverteidigung. Die
visuelle Inszenierung der Alpen im massenmedialen Ensemble der modernen
Schweiz. Chronos-Verlag, Zürich 2009. 464 S., Fr. 78.-.
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ANTISEMITISMUS
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NZZ 16.6.10
Der wirre Weg zum Wahnsinn
Joachim Rieckers Studie zu den Quellen von Hitlers Antisemitismus
Adolf Hitlers Judenhass, der mit dem Holocaust seinen
schrecklichen Höhepunkt erreichte, war nicht von Anfang an so
virulent. Erst in den Wirren von 1918 brach er sich Bahn und wurde zu
einer massgeblichen Kraft in Hitlers triebhafter Politik.
Jürg Dedial
Dass Adolf Hitler ein Rassist und glühender Antisemit war,
darf als eine der Grundvoraussetzungen für den schlimmsten Krieg
der Geschichte gelten. Die Frage aber, warum Hitler ab einem gewissen
Zeitpunkt einem so blindwütigen Antisemitismus verfiel, ist nicht
ganz einfach zu beantworten. Die Erklärung, der 1889 in Braunau am
Inn geborene Hitler sei schon während seiner Jugend in Linz und
Wien und später in München von einer damals durchaus
geläufigen antisemitischen Strömung erfasst worden, reicht
allein nicht aus. Der Schritt zum Fanatismus und zum fast grenzenlosen
Judenhass geschah erst später.
Tief gespaltene Nation
Dies ist die spannende Ausgangslage einer Untersuchung, die der
Historiker und Journalist Joachim Riecker (er arbeitet in Berlin auch
für die NZZ) verfasst hat. Man mag den Titel des Buches, "Hitlers
9. November", etwas plakativ finden. Aber Riecker placiert den
Emanzipationsschritt des bis dahin unauffälligen Heeresgefreiten
Adolf Hitler zu einem der radikalsten nationalistischen Politiker zu
Recht in die verheerenden Wirren, in welche Deutschland Ende 1918
gestürzt wurde. Eine tief gespaltene Nation versuchte, mit der
Niederlage und dem Verlust der Monarchie zu Rande zu kommen - der
ideale Nährboden für Extremisten.
Hitler gehörte zu jenen, die die Niederlage des Kaiserreichs
nicht als Folge militärischer Unterlegenheit (was sie war)
auffassten, sondern als Resultat einer inneren Zersetzung, ja offenen
Verrats. Schuld trugen demnach vor allem Sozialisten und Kommunisten,
und da sich unter ihnen zahlreiche jüdische Funktionäre
befanden, eben "die Juden". Es war eine simple Erklärung, in deren
rohem Muster ein Psychopath wie Hitler sein Weltbild verankern und -
viel schlimmer - auch verwirklichen konnte. Das physische und
psychische Elend einer zerrütteten Gesellschaft kam ihm dabei zu
Hilfe. Ab Mitte 1919 trat Hitler offen antisemitisch auf.
Schicksalsjahr 1918
Riecker setzt beim Jahr 1918 an und verfolgt dann Hitlers
Verschwörungsthese lückenlos bis zu ihrer letzten Konsequenz,
der Diktatur, dem "Vergeltungskrieg" und der Vernichtung von Juden und
anderen Minderheiten. Er bietet eine glänzend geschriebene Chronik
jener Jahre, in denen Deutschland ins Unglück glitt. Seine Studie
ist eine konsequente und luzide, auch methodisch beeindruckende
Darstellung eines der unfassbarsten Phänomene des 20.
Jahrhunderts. Der November 1918 war ein katalytischer Schnittpunkt
mehrerer verhängnisvoller Entwicklungsstränge, die Riecker
gekonnt und mit grosser sprachlicher Kompetenz entwirrt und
erklärt.
Spuren in der Jugend
Die Annahme, dass erst diese unglücklichen Zeitumstände
zur Katastrophe des Holocaust führten, ist gewiss richtig.
Allerdings wäre es möglich und wünschbar gewesen, die
antisemitischen Einflüsse auf den jungen Hitler noch ein wenig
eingehender zu untersuchen. So fehlt beispielsweise jeder Hinweis auf
die üble Judenfeindschaft Richard Wagners, dessen Musik und
Schrifttum auf den labilen Charakter Adolf Hitlers durchaus grossen
Einfluss hatten. Die tiefe Verehrung für Wagner hatte bei Hitler
sehr früh begonnen.
Als der Zeitpunkt des Novembers 1918 gekommen war, schlummerte
also bereits ein Kern jener Verachtung und Abneigung im künftigen
"Führer", die dann schnell zu Hass und tödlicher Rachsucht
wurde. Am Wert von Joachim Rieckers Buch ändert dies freilich
nichts. Die Studie ist ein höchst willkommenes Hilfsmittel zum
Verständnis einer Zeit, die schon weit zurückliegt, deren
Auswirkungen aber noch heute spürbar sind.
Joachim Riecker: Hitlers 9. November. Wie der Erste Weltkrieg zum
Holocaust führte.
Wolf Jobst Siedler, Berlin 2009. 295 S., Fr. 39.90.
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ROSA WINKEL
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Newsnetz 16.6.10
Der letzte Überlebende des "Rosa Winkel"
mt
Er war zwei Mal in Nazi-Gefängnissen inhaftiert und
durchlebte 32 Monate lang die Hölle des Konzentrationslagers
Buchenwald - und dies nur wegen seiner Homosexualität.
Nun, mehr als ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende, mit fast 97
Jahren, hat Rudolf Brazda sein Schweigen gebrochen. Der aller
Wahrscheinlichkeit nach letzte Überlebende der homosexuellen
KZ-Häftlinge veröffentlicht gemeinsam mit dem
französischen Autor Jean-Luc Schwab seine Erinnerungen an die
Verfolgungen im Nazi-Deutschland.
"Mein Leben war grausam, aber ich bin immer davongekommen", fasst
der alte Mann sein Schicksal lächelnd zusammen. Für das
Interview in seinem kleinen Haus im elsässischen Mülhausen
hat Brazda ein rosa Hemd angezogen - zur Erinnerung an den "rosa
Winkel", den er selbst und Tausende andere homosexuelle Häftlinge
im KZ tragen mussten. "Dies ist die Farbe, mit der uns die Nazis
abgestempelt haben", sagt er ironisch. "Daher trage ich besonders gerne
Rosa".
Das Buch mit dem Titel "Itinéraire d'un triangle rose"
(Lebensweg eines rosa Winkels) schildert anschaulich und detailliert,
wie es Brazda in Nazi-Deutschland ergangen ist. Es berichtet von der
harten Zwangsarbeit im KZ Buchenwald, vom allgegenwärtigen Tod,
den Schlägen und den vielen Demütigungen, die gerade die
Häftlinge mit dem rosa Winkel ertragen mussten. Jean-Luc Schwab
hat aufgeschrieben, was ihm der für sein Alter noch sehr wache
Brazda erzählt hat. Und er hat dessen Aussagen mit Dokumenten und
Archivmaterial abgeglichen. Das Buch sei vor allem für die jungen
Generationen gedacht, betont Brazda. "Damit sie lesen können, wie
es uns ergangen ist."
Brazda kommt als Wiederholungstäter nach Buchenwald
Geboren wurde Brazda 1913 in Sachsen, als Sohn einer
deutschsprachigen tschechischen Familie. Bereits als Jugendlicher
entdeckt er, dass er sich zu Männern hingezogen fühlt - was
der sogenannte Schwulenparagraph 175 unter Strafe stellte. Ein erstes
Mal wird der junge Mann 1937 wegen "Unzuchts zwischen Männern" zu
sechs Monaten Haft verurteilt. Nach der Entlassung wird er in die
Tschechoslowakei abgeschoben.
Dort, nach der Annexion der Sudetengebiete durch Hitler, wird
Brazda wieder wegen homosexueller Beziehungen verurteilt, dieses Mal zu
14 Monaten Haft. Und weil er als Wiederholungstäter gilt, kommt er
anschliessend ins KZ Buchenwald. Dass er die 32 Monate in dem Lager
überlebte, verdanke er viel Glück - und einer Freundschaft zu
einem Aufseher, betont der alte Mann.
Wie Brazda wurden schätzungsweise 10'000 bis 15'000
Homosexuelle in KZs deportiert. Im Gegensatz zu anderen
Häftlingsgruppen wurden sie nie entschädigt. Und das
Schicksal der "rosa Winkel" war lange Zeit kaum bekannt, oder sogar
tabu.
Ehrung durch Klaus Wowereit in Berlin
Erst ab den 80er Jahren befassten sich einige Bücher und
Filme mit dem Thema. Und ein paar Betroffene brachen ihr Schweigen.
Etwa der Elsässer Pierre Seel. In seinem 1996 auf Deutsch
erschienenen Buch "Ich, Pierre Seel, deportiert und vergessen"
schildert er seine Inhaftierung im "Erziehungslager" Schirmeck bei
Strassburg.
Seit Kriegsende lebt Rudolf Brazda zurückgezogen im Elsass.
Dort lernte er Edi kennen, der 50 Jahre lang seine grosse Liebe war und
2003 gestorben ist. Erst vor zwei Jahren entschloss er sich, über
sein Schicksal zu sprechen. Damals hörte er, dass im Mai 2008
mitten in Berlin eine Gedenkstätte für die Männer mit
dem rosa Winkel eröffnet wurde. Und dass die Organisatoren
meinten, es gebe keine Überlebenden mehr.
Brazda machte auf sich aufmerksam - und wurde einen Monat
später als Ehrengast zur Berliner "Gay Pride" geladen. Gemeinsam
mit dem Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit, der sich seit 2001
ebenfalls öffentlich zu seiner Homosexualität bekennt, legte
er eine Blume an der Gedenkstätte nieder. Heute gehe es ihm sehr
gut, versichert der 97-Jährige. "Die Homosexualität ist nicht
mehr verboten, wir sind freie Menschen - und ich bin glücklich."
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GENDER PRACTICE
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Radio Corax (Halle) 16.6.10
Gender Practice - Zwischen Theorie, politischer Forderung u.
Alltagspraxis
In Halle finden schon seit geraumer Zeit die Queer Movie Nights statt.
Wer fleißig unser tagesaktuelles Programm hört, der ist um
die vielen Veranstaltungstipps gar nicht drum herum gekommen. Es gibt
also zahlreiche Möglichkeiten sich mit dem Thema Queer auseinander
zu setzen. Dazu gehört auch die Debatte und Diskussionen über
Geschlechterverhältnise in unserer Gesellschaft. Immer noch
bestehen in der Hinsicht Ungerechtigkeiten. Doch wie können
ungerechte Geschlechterverhältnisse angegriffen werden, ohne sie
zu reproduzieren?
Mit diesen und ähnlichen Fragen, wird sich kommenden Wochenende
vom 18 - 20. Juni in der Frauenkultur Leipzig beschäftigt. Dazu
spricht Lorenz vom Radio Corax mit Susann Hänel, einer
Ansprechpartnerin des Projektes.
http://www.freie-radios.net/mp3/20100616-genderpract-34634.mp3
Skript
* Warum macht ihr den Workshop? Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
* In Workshop die Beschreibung Gender Mainstream. Was meint das und wie
characterisiert sich die Bewegung und ihre Strömungen?
* Welche Gesellschaftskritik formulieren denn Queere/Gender- Konzepte?
* Es wird auch oft thematisiert, dass die sogenannte Realpolitik es
nicht schafft die Ansätze die genderstudies verfolgen umzusetzen.
Woran liegt das? allein eine Sensibilisierung reicht nicht. Welche
Ansätze muss man suchen und finden?
* Die obergeordnete Frage die dahinter steht meint auch: welchen Weg
gehen denn Queere/Gender Gedanken?
* Was für eine Erkenntnis gewinnt man durch Queere Ansätze
für eine bessere Gleichberechtigung?
* "Zwischen Theorie, politischer Forderung u. Alltagsrealität" ist
ein weit gefasstes Spektrum in der Auseinandersetzung mit dem Thema
Gender. Ihr habt nur ein Wochenende.
* Was können die Teilnehmer am Wochenende erwarten? Wie ist der
Workshop aufgebaut?
* Welche Voraussetzungen sollen Teilnehmer mitbringen? An wen richtet
sich der Workshop? (bestimmtes Alter oder Schulabschluss??)
* Was kostet die Teilnahme? Wo kann ich mich anmelden?
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KINO
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Radio F.R.E.I. (Erfurt) 16.6.10
Postkolonialität und libertäre Kinobewegungen - Spuren eines
Dritten Kinos
Aus der Anmod: Exotische Länder, vor allem in Mittel- und
Südamerika dienen sehr oft als Kulisse für die
Filmtraumfabriken aus US-Amerika und Europa. Doch eigene Produktionen
aus diesen Ländern gibt es nur sehr selten zu sehen. Nicht zu
letzt liegt das auch daran, dass beispielsweise die
südamerikanischen Länder noch immer politisch stark
umkämpft sind. Filmemacher haben diese Befreiungskämpfe vor
allen in den 60er und 70er Jahren mit ihren Kameras begleitet. Eine
Filmreihe namens "Spuren eines Dritten Kinos" die derzeit im
Zeughauskino in Berlin zu sehen ist beschäftigt sich mit eben
jenen Filmen. Am Telefon begrüße ich nun einen der
Organisatoren der Filmreihe, Nikolaus Perneczky
http://www.freie-radios.net/mp3/20100616-postkolonial-34633.mp3
weitere Informationen unter: http://www.spureneinesdrittenkinos.net
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G8/G20
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NZZ 16.6.10
Dissonanzen um Doppelgipfel der G-8 und der G-20 in Kanada
Kritik an den horrenden Kosten für Sicherheit und
Infrastruktur
In einigen Tagen wird in Kanada der traditionelle "grosse" G-8-
Gipfel stattfinden, dem eine Tagung der G-20 folgen wird. Im
Gastgeberland wird die Kritik an den hohen Sicherheitskosten immer
lauter.
Christian Jaekl, Ottawa
In wenigen Tagen werden in Kanada zwei Weltwirtschaftsgipfel in
Folge stattfinden. Am 25. und 26. Juni versammeln sich die Staats- und
Regierungschefs der führenden Industrienationen einschliesslich
Russlands in der Sommerfrische von Deerhurst bei Huntsville (Ontario)
zum traditionellen G-8-Treffen, von wo sie sich dann in die nur wenige
Autostunden entfernte Metropole Toronto begeben, um bis zum 27. Juni im
Rahmen der neueren Gruppierung der G-20, die auch eine Reihe von
Schwellenländern umfasst, eine Lösung der globalen
Wirtschaftsprobleme anzustreben. Kanada als Gastgeber muss die
Sicherheit der Konferenzteilnehmer und ihrer anschwellenden
Begleittrosse gewährleisten, was im kleinen Ferienort nicht schwer
erscheint, im Herzen der grössten Stadt des Landes aber
Kopfzerbrechen - und Kostenüberschüsse - verursacht.
Grössere Dynamik der G-20
Kanada ist sich der Ehre bewusst, im Kreis der G-8 mitsprechen zu
dürfen, seit das Land 1976 durch Drängen Amerikas beigezogen
wurde. Washington wollte sich damals eine "zweite Stimme" in der
ursprünglich sechs Staaten - Frankreich, die USA, Grossbritannien,
Deutschland, Japan und Italien - umfassenden informellen
Gesprächsrunde sichern. Huntsville ist für Ottawa die
fünfte Gelegenheit, in diesem Rahmen als Gastgeber zu wirken. Da
für die amtierende Regierung stets ein grosser Prestigezuwachs zu
verbuchen war, konnte der einer Minderheitsregierung vorstehende
Tory-Premierminister Stephen Harper der Versuchung nicht widerstehen,
sich auch um die Gastgeberrolle für eine Tagung der jüngeren
und dynamischeren G-20-Gruppe zu bemühen, was ihm sozusagen in
letzter Minute gelang.
Während die G-8-Konferenz wie üblich von anstehenden
politischen Krisen beherrscht werden und dafür gute Worte finden
dürfte, steht zu erwarten, dass einige bereits sorgfältig
vorbereitete Grossprojekte und deren grosszügige Finanzierung -
wie etwa zur Förderung der Gesundheit von Mutter und Kind in armen
Ländern - der G-8-Tagung einen erfolgreichen Anstrich verleihen
werden. Die wirkliche Dynamik der internationalen Wirtschaftsdiskussion
hingegen ist in kanadischer Sicht im Rahmen der G-20 anzutreffen,
weshalb Premierminister Harper auf diese Tagung so erpicht war. Hier
dürfte das Glück dem kanadischen Regierungschef insofern in
die Hände spielen, als die Konferenz in Toronto lediglich eine
Etappe auf dem Weg zur Novembertagung der G-20 in Seoul sein wird, so
dass Toronto nicht unter Erfolgszwang steht.
Ehrgeiziger Speisezettel
Auf dem ehrgeizigen G-20-Speisezettel stehen nicht nur die
internationale Koordinierung des Übergangs von Massnahmen zur
Stimulierung der Wirtschaft zu den sich jetzt wieder aufdrängenden
Defizitkürzungen sowie die mittelfristige Anpassung von Handels-
und Kapitalströmen, sondern auch die Bankenreform, insbesondere
das leidige Kapitel der Regulierung. Für alle diese Programmpunkte
hatte die G-20-Tagung im Vorjahr in Pittsburgh den im November 2010 in
Seoul stattfindenden Gipfel als Termin genannt. Der Etappencharakter
Torontos öffnet natürlich den Weg für schöpferische
Diskussionen, die dem kanadischen Gastgeber die Möglichkeit geben
sollten, auf allen Ebenen Erfolge einzuheimsen, auch wenn die
tatsächliche Ernte eher spärlich bleibt.
Einen innenpolitisch gewichtigen Erfolg hat Harper bereits
dadurch errungen, dass er die Diskussion über die noch
kürzlich von vielen Seiten geforderte internationale Bankensteuer
abbiegen konnte. Harper bietet als Ersatz dafür das sogenannte
"embedded contingent capital" an, wonach - vornehmlich grosse - Banken
Wertpapiere verkaufen sollen, die im Notfall in Stammaktien umzuwandeln
sind, um so auf Kosten der Anteilseigner das Kapital zu erhöhen.
Die Bankensteuer fand hier auch in der Öffentlichkeit keinen
Anklang. Mit Genugtuung vermerkt man, dass auch der
OECD-Generalsekretär Angel Gurría nun von der Bankensteuer
absehen und dagegen die Kapitalfrage betonen will.
Über eine Milliarde Dollar
In seiner Beschäftigung mit Fragen des Programms - und wohl
auch des Prestiges - scheint Premierminister Harper die Kostenfrage
etwas aus den Augen verloren zu haben. War die Gewährleistung der
Sicherheit für beide Konferenzen noch vor Monaten konservativ auf
einige hundert Millionen Dollar veranschlagt worden, sind sie
kürzlich abrupt auf über eine Milliarde angewachsen. Das ist
Futter für die Opposition wie für die Medien und die breite
Öffentlichkeit. An Planung und Voraussicht scheint es arg
gemangelt zu haben - angefangen damit, dass man zuerst beide
Konferenzen im Feriengebiet Deerhurst-Huntsville unterzubringen
gedachte, um dann plötzlich die grössere G-20 ins Zentrum der
grössten Stadt Kanadas zu verlegen.
Sowohl in Deerhurst wie in Toronto werden seit letztem Wochenende
die obligaten Sicherheitszäune - hässliche, drei Meter hohe
Hindernisse - errichtet. Rund um Deerhurst, mitten in dem seit
indianischen Zeiten Muskoka genannten "cottage country" mit seinen
malerischen Seen und unzähligen Chalets, geht die monströse
Barriere jetzt über Felder, Hügel und Buschland, um den
G-8-Gästen während einiger Stunden ungestörte Sicherheit
zu bescheren. Dort hält sich die Beeinträchtigung der relativ
geringen Bevölkerung in Grenzen. In Toronto jedoch, wo man
ausgerechnet das Zentrum wählte, erschwert man, wenn auch nur
für kurze Zeit, den Tagesablauf von 30 000 Personen.
In Toronto allein kostet die in Betonklötze eingebettete
Barriere 4 Millionen Dollar. Über 1000 noch anzuheuernde
Hilfspolizisten werden die Zugänge kontrollieren. Wie üblich
wird die Arbeit der Polizei aller Regierungsebenen von der Royal
Canadian Mounted Police (RCMP) geführt und von der Armee
unterstützt. Das vieltausendköpfige, bunt
zusammengewürfelte Sicherheitskorps wird mit Knüppeln,
Tränengas und Pfeffersprays und zum Teil mit Pferden erscheinen.
Die Polizei von Toronto - nicht jedoch die RCMP - wird als Geheimwaffe
ohrenbetäubende Lärmkanonen bereithalten. Entsprechend laut
ist bereits der Protest von Kritikern, die Gesundheitsschäden auch
für die Bevölkerung befürchten.
Noch dissonanter erscheinen Vorwürfe und Entschuldigungen um
die Kostenfrage. Das offiziell enthüllte Überschreiten der
Milliardenschwelle für Sicherheitsvorkehrungen, ganz abgesehen von
den übrigen Ausgaben, hat die Vorfreude wegen des Prestigegewinns
negativ gefärbt. Vielfach wird die Notwendigkeit der Abhaltung von
Gipfeltreffen in Ballungszentren in Frage gestellt. Auch der
frühere Premierminister Paul Martin findet die Kosten
unerhört. Aus dem Volk kommt der Vorschlag, solche Tagungen
künftig auf einen Flugzeugträger zu verlegen.
Zum Zorn gesellt sich zunehmend der noch gefährlichere Spott
im Zusammenhang mit einer wohlgemeinten, vielfach aber zur
Eulenspiegelei gestempelten Werbe-Initiative der Regierung. Die
Regierung Harper, die in ihren Kontakten zur Presse oft stolpert, wird
der Mehrheit der in Toronto für beide Gipfel erwarteten zwei- bis
dreitausend Medienvertreter den Zutritt zum G-8-Gipfel verwehren.
Lediglich 200 Presseleute werden, sozusagen am Gängelband,
zugelassen. Dem Grossteil der in Toronto ausharrenden Medienleute wird
aber ein von Bürokraten als Trost empfundener Ersatz geboten.
Spott und Zorn
Man hat im Medienzentrum einen künstlichen See eingerichtet.
Das als "fake lake" (falscher See) sofort zum Gespött und
Politikum gewordene Wasser ist ein seichter Teich, der mit Kanus, Dock
und traditionellen Muskoka-Lehnstühlen aufgeputzt ist. Auf einem
grossen Bildschirm wird man Szenen aus dem "cottage country" bewundern
können, während im Hintergrund die heimeligen Rufe des
Seetauchers (loon) zu hören sind, dem der Kanada-Dollar den
volkstümlichen Namen Loonie verdankt. Der zunächst für
den Teich genannte Herstellungspreis von 2 Millionen Dollar wurde zwei
Tage lang von der Öffentlichkeit mit Zorn und Gelächter
quittiert, bis es der Regierung einfiel, von einer entrüsteten
Verteidigung auf eine Relativierung umzuschalten.
Obwohl man jetzt betont, dass auf den künstlichen Teich
selbst nur ein Bruchteil des Betrags entfällt, der für den
gesamten, "Experience Canada" genannten Werbe-Pavillon ausgegeben
wurde, dürfte sich der schlechte Eindruck auf absehbare Zeit
unauslöschlich eingeprägt haben.
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ANTI-ATOM
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Basler Zeitung 16.6.10
Regierung gegen Beznau-Ersatz
Basel. Der basel-städtische Regierungsrat hat sich in einer
Vernehmlassung zuhanden des Kantons Aargau gegen das geplante
Ersatz-Atomkraftwerk Beznau und für die Erweiterung des
hydraulischen Kraftwerks Beznau ausgesprochen. Der Regierungsrat stellt
sich aufgrund von Verfassung und Atomgesetz gegen den Bau neuer
Kernkraftwerke, auch als Ersatz für bestehende Werke. Beim
Wasserkraftwerk setzt er voraus, dass die Axpo als Gesuchstellerin sich
zu einer ökologischen Stromproduktion verpflichtet.
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Basellandschaftliche Zeitung 16.6.10
Regierung gegen neues AKW Beznau
Die Basler Regierung ist gegen ein neues Atomkraftwerk Beznau.
Das hat sie in ihrer Vernehmlassungsantwort an das Aargauer Departement
Bau, Verkehr und Umwelt zum Richtplanverfahren festgehalten. Aufgrund
seiner Verfassung stelle sich der Kanton Basel-Stadt
"grundsätzlich und eindeutig" gegen den Bau neuer Atomkraftwerke,
auch von Ersatzatomkraftwerken, heisst es in einer Mitteilung. Diese
Haltung gründe vor allem darauf, dass Atomkraftwerke "ein
erhebliches Risikopotenzial für Gesellschaft und Umwelt
darstellen". (sda)
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NZZ 16.6.10
Basler Regierung gegen neues AKW
(sda) ⋅ Die Basler Regierung ist gegen ein neues Atomkraftwerk
Beznau auf der Aareinsel in Döttingen. Das hat sie in ihrer
Vernehmlassungsantwort an das aargauische Departement Bau, Verkehr und
Umwelt zum Richtplanverfahren festgehalten. Aufgrund seiner Verfassung
stelle sich der Kanton Basel-Stadt "grundsätzlich und eindeutig"
gegen den Bau neuer Atomkraftwerke.