MEDIENSPIEGEL 16.6.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Holzwerkstatt)
- Bollwerk: Konzertsaal im Cinemastar?
- Grafitti BE: StreetArt auf Facebook
- Stadtentwicklung Biel: Picnic Kritik
- Schnellgerichte: Motionstext
- Police BE: Sport schlimmer als Demos
- Police ZH: Bei den "Skorpionen"
- Bahnpolizei: Neues Gesetz
- Big Brother Sport: Film-Spezialeinheit in SG
- Kein Kind ist illegal
- Härtefälle GL: Fragen zur Durchsetzungshaft
- Auschaffungs-Toten-Geld: FdP-Kritik
- Suchtprobleme an der Goldküste ZH
- Alkoho(h)l im Hirn
- Velo-Demo + SVP
- Buchtipp Geistige Landesverteidiung
- Hitlers Weg zum Antisemitismus
- Rosa Winkel
- Gender Practice
- Postkolonialität und libertäre Kinobewegungen
- G8/G20: Horrende Sicherheitskosten
- Anti-Atom: BS gegen Beznau

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REITSCHULE
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Do 17.06.10
20.30 Uhr - Kino - Baskenland - Soliveranstaltung

Fr 18.06.10
21.00 Uhr - Holzwerkstatt - Liz Allbee (t); Päd Conca (cl); Frank Heierli - (cello) - Ob Solo & Trio: It's improvised new/freejazz-experimental-rock

Sa 19.06.10
17.00 Uhr - GrossesTor - Führung durch die Reitschule (öffentlich, ohne Anmeldung)
22.00 Uhr - Frauenraum - Anklang (Programm siehe frauenraum.ch)
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: Noisia (Vision Rec/NL), Deejaymf (cryo.ch), VCA (Biotic Rec/CH), Kenobi (drumandbass.ch). Style: Drumnbass

So 20.06.10
21.00 Uhr - Dachstock - The Necks (Fish of Milk, ReR/AUS). Style: Eclectic & Ambient Jazz

Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch

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Freitag den 18. Juni um 21.00 Uhr in der Holzwerkstatt der Reitschule in
Bern

Solo: Liz Allbee(t) http://www.lizallbee.net/

Liz Allbee's work spans many genres including improvisation, new music,
electronic composition, noise, weird pop, minimalist/maximalist brawls,
kind-of-free-jazz and experimental rock. She has played with a wide
array of musicians, including Anthony Braxton, Wadada Leo Smith, Hans
Grusel, Gino Robair, Birgit Uhler, Fabrizio Spera, George Cremaschi,
Yugen Noh Theater, SFSound, and with members of Caroliner, Sun City
Girls, and Rova Saxophone Quartet. She lives in Oakland, CA.

"Allbee is no slouch, a sharp and gifted musician with a highly
developed personality and a warped sense of humour……”

Solo: Paed Conca(cl)

Solo: Frank Heierli(cello)

Trio: Liz Allbee(t) and Paed Conca(cl) Frank Heierli(cello)

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BOLLWERK
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Bund 16.6.10

Wird aus dem Cinemastar ein Konzertsaal für Rock und Pop?

 Lokale Konzertveranstalter bekunden Interesse am geschlossenen Kinosaal.

 Christian Brönnimann

 Eigentlich hätte die Gruppe junger Leute, die das seit Ende Mai geschlossene Kino Cinemastar am Berner Bollwerk retten will, bis Mitte Juni ein neues Betriebskonzept erarbeiten wollen (siehe "Bund" vom 28. 5.). So weit ist es zwar noch nicht. Jedoch haben sich laut Mitinitiant Matthias Streit ein halbes Dutzend Parteien gemeldet, die an der Mitgestaltung des Programms interessiert sind - verschiedene Konzertveranstalter sowie der schwul-lesbische Filmclub Uncut, der derzeit im Kino in der Reitschule Filme zeigt.

 Am ernstesten ist es Blablabla Productions. Der Verein trat bisher als Konzertveranstalter und Booking-Agentur in der Berner Musikszene in Erscheinung. Zu den grösseren Projekten gehörte zum Beispiel das Markthallenfest. "Unser Interesse ist sehr gross", sagt Matthias Nydegger von Blablabla Productions. Derzeit erstelle er einen Finanzplan und kläre die räumlichen Möglichkeiten ab. In Bern fehle ein Konzertlokal dieser Grösse - rund 200 Plätze - mit regelmässigem Programm, sagt Nydegger. Und: "Der ehemalige Kinosaal eignet sich punkto Standort und Akustik perfekt dazu." Der geneigte Boden ermögliche zudem beste Sicht auf die Bühne. Schwerpunkt des geplanten Programms seien Pop- und Rockkonzerte nationaler und internationaler Bands. Wichtig sei die Nachwuchsförderung.

 Verwaltung ist offen für Projekt

 Verwalter Herbert Mössinger von Mössinger Immobilien würde die Umnutzung des ehemaligen Kinos in einen Konzertsaal unterstützen. "Dies wäre eine von vielen Möglichkeiten", sagt er. Verschiedene andere Pläne seien bereits angedacht worden - Hörsaal, Einkaufsladen, Arztpraxen -, jedoch sei eine endgültige Lösung nicht in Sicht. Neue Mieter zu finden für den Saal, dessen Foyer denkmalgeschützt sei, sei nicht einfach, so Mössinger. Trotz der Zentrumsnähe sei die Lage am Bollwerk nicht optimal. Die Jahresmiete für den Saal und die angrenzende Bar betrage rund 80 000 Franken. Zusätzliche Mittel brauche es für bauliche Massnahmen. "Gerade für einen Konzertsaal sind grosse Investitionen nötig, um alle Auflagen zu erfüllen", sagt Mössinger.

 Zum Knackpunkt könnte also das Geld werden. Nydegger rechnet mit einem benötigten Startkapital von rund 100 000 Franken. "Ohne Gönner wird es schwierig, die Summe aufzubringen", sagt er. Wie viel Zeit den Konzertveranstaltern bleibt, um ein Konzept "mit Händen und Füssen" vorzulegen, wie es Mössinger fordert, ist unklar. Laut Quinnie Bern, dem ehemaligen Betreiberunternehmen des Kinos Cinemastar, ist die Bestuhlung im Saal jedenfalls bis zum heutigen Tag noch nicht ausgebaut.

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 Ehemalige Galerie Bischof

 Weitere Parterreräumlichkeiten im Bereich Bollwerk verlieren ihre öffentliche Nutzung. Die ehemalige Galerie Bischof an der Speichergasse 8 wird umgenutzt zur Regionalstelle für den Straf- und Massnahmevollzug. Kleinkriminelle, die ihren Strafvollzug antreten oder daraus entlassen werden, erledigen hier die administrativen Angelegenheiten. Die Galerie Bischof wird im Progr neue Räume beziehen. Der Umzug der Regionalstelle, die sich derzeit im vierten Stock des Gebäudes befinde, werde im August oder September stattfinden, sagt Christian Margot, Leiter der kantonalen Abteilung für Straf- und Massnahmevollzug. Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) bedauert den Wechsel. "Grundsätzlich wäre es natürlich wünschenswert, dass die Parterreräume attraktiv genutzt würden", sagt er. Da die Stadt aber nicht Eigentümerin der Liegenschaft sei, habe sie kaum Einflussmöglichkeiten auf die Nutzung. (bro)

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BZ 16.6.10

Bollwerk

 Das Drehbuch wird erweitert

 Das Ende der Cinebar und des Kinos am Bollwerk ist noch nicht besiegelt. Der Verein Kulturwerk hat zwei Kulturveranstalter gefunden, die das Kino in einen Konzertclub verwandeln wollen. Nun beginnt die Suche nach dem Geld.

 Im Saal des Cinemastar-Kinos sollen die Berner noch in diesem Jahr Konzerte besuchen können. So jedenfalls sieht die Vision von zwei ehemaligen Cinebar-Mitarbeitern und einem Berner Veranstalterteam aus. Die Cinebar soll im gleichen Rahmen wie bisher weitergeführt werden. "Konzertlokal und Bar würden unter einer Dachorganisation laufen", so der ehemalige Barmitarbeiter Matthias Streit.

 Ende Mai schloss Quinnie das Kino und die dazugehörige Bar (wir berichteten). Streit und Dietschy kämpfen seither für die Weiterführung der beliebten Bar beim Bollwerk. Die Bar autonom weiterzuführen ist nicht möglich, da die Liegenschaftsverwaltung Bar und Kinosaal nur gemeinsam vermietet.

 Noch vor drei Wochen wandten sich Streit und der ehemalige Barchef Micha Dietschy mit einem offenen Brief an die Kulturfreunde dieser Stadt. Ihr Konzept, unter dem Namen "Kulturwerk" entstanden, sah vor, externe Veranstalter zu suchen, die sich tageweise in den Kinosaal einmieten und dort kulturelle Anlässe durchführen.

 Das Konzept steht

 Nun wird das Drehbuch weitergesponnen: Dietschy und Streit haben in Form von Matthias Nydegger und Kaspar Hochuli zwei erfahrene Veranstalter gefunden, die den Kinosaal zu einer Konzertlokalität umfunktionieren möchten. "In Bern fehlt ein mittelgrosses Lokal, welches regelmässige Veranstaltungen durchführt", ist Nydegger überzeugt. Den Fokus möchte er auf die Stilrichtung Pop und Rock legen, lokale Newcomerbands sollen die Chance auf einen Auftritt erhalten. Der 26-Jährige ist kein unbeschriebenes Blatt in der Berner Kulturszene. Er führt die Eventfirma Blablabla Productions, welche unter anderem das Markthallenfest durchführt. Um den Saal in einen Konzertclub umzubauen, müsste einiges getan werden: Die Kinosessel sollen raus, eine Bühne muss rein. "Wir wollen den Charme des Kinos erhalten", so Tontechniker Hochuli. Die Akustik im Saal sei ideal für Konzerte.

 Nur das Geld fehlt noch

 So weit, so gut. Wäre da nicht das liebe Geld: Etwa 100 000 Franken Startkapital benötigen die vier Berner, um loslegen zu können. "Einen grossen Teil haben wir bereits beisammen", sagt Matthias Nydegger. Wie viel Geld genau fehlt, ist noch offen. Klar ist: "Wir sind angewiesen auf Gönner", so Hochuli. Man stelle sich Private oder Firmen vor, die bereit sind, das Kulturprojekt zu unterstützen. Die vier glauben an ihr Konzept, welches wenige Tage alt ist. Und hoffen auf eine Eröffnung Ende 2010. "Aber wir sind nicht naiv. Wir wissen, wie schwer es ist, einen Laden zum Laufen zu bringen", so Nydegger. Um die Rentabilität der Bar macht sich niemand Sorgen. "Die Bar läuft seit sieben Jahren gut", so Streit.

 Die Zeit drängt

 Zwar wird in der Cinebar im Bollwerk kein Wein mehr ausgeschenkt und im Kino nebenan kein Film mehr gezeigt, aber die beiden Lokalitäten stehen im Moment scheinbar unberührt. "Wir sind mit der Liegenschaftsverwaltung im Gespräch und wissen, dass sich im Moment keine Interessenten um die Räumlichkeiten beworben haben", sagt Micha Dietschy. Streit bleibt realistisch: "Kommt ein grosser Fisch, bevor unser Projekt gesichert ist, sind wir weg vom Fenster." Das Risiko wollen die vier tragen.

 Annina Hasler

http://www.blablabla-productions.ch

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GRAFITTI BE
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20 Minuten 16.6.10

Berner Sprayer posten Graffiti jetzt auf Facebook

 BERN. Die Facebook- Gruppe StreetArt fordert Berner Sprayer auf, ihre besten Graffiti und Tags zu posten. Gegner fürchten einen Nachahmer-Effekt.

 "Wir wollen Street-Artisten die Chance geben, der Welt ihre schönsten Bilder zu zeigen", sagt Dino Meyer. Deshalb hat der 22-jährige Berner jetzt die Facebook-Gruppe StreetArt ins Leben gerufen. Dort posten Gruppenmitglieder witzige Motive, die sie selbst gesprayt oder in den Berner Strassen entdeckt haben. "Das ist das geilste für einen Sprayer, wenn seine Graffiti veröffentlicht werden", sagt Street-Artist T.M.* So gewinne man "Fame" in der Szene. "Deshalb platziert man die Graffiti an Orten, wo sie auffallen, etwa bei Bahnhofeinfahrten - den so genannten Lines", so T.M. Für Sprayer sei die StreetArt-Gruppe sicher ein Ansporn.

 Wenig begeistert von der Plattform sind hingegen die Graffiti-Bekämpfer vom Verein CasaBlanca: "Vielleicht bietet dies aber auch eine Möglichkeit, Täter zu eruieren", sagt Geschäftsführer Lukas Manuel Herren. Gegen Nachahmer kämpfe man mit raschem Entfernen der Tags. "Das Putzen kostet jedes Mal 250 Franken", fügt Herren an.

 Für Lea Bill, Stadträtin der Jungen Alternativen, steht hingegen fest: "Sprayer dürfen nicht wie Schwerverbrecher gejagt werden." Graffiti seien nicht nur Schmiererei: "In Bern sollte es mehr Platz für sie geben, zum Beispiel mit legalen Graffiti-Wänden."  

Fabienne Wittwer

 *Name der Redaktion bekannt

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STADTENTWICKLUNG BIEL
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Medienmitteilung 16.6.10

PICNIC KRITIK

Angesichts der Auswirkungen der kommenden Bauprojekte in der Stadt Biel können wir diese nicht stillschweigend geschehen lassen. Die meisten Bewohner_innen sind sich sehr wenig bewusst welche Veränderungen ihre Umwelt erleben wird. Die Entscheidungen über die Gelände und geplanten Gebäude werden ausschliesslich von Architekten, Politikern und Unternehmer gefällt. Durch Spekulierung spielen die Politiker mit dem Geld der Steuerzahler_innen und der Umgebung der Bieler_innen. Unterdessen haben die Bewohner_innen als einzige Wahl ja oder nein zu sagen, wenn mal über etwas abgestimmt wird. Diese gleichen Bewohner_innen deren Vorschläge, Ideen und Kritiken ignoriert werden, müssen dann mit den neuen Landschaften ihrer Stadt leben.

Am 19 Juni wollen wir auf der Barbarie Wiese ein Sommerfest von unten anbieten, um einerseits einen Beitrag zur Lebendigkeit in Biel zu leisten und andererseits zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der aktuellen Stadtentwicklung animieren, wie zum Beispiel die Neugestalung des Gaswerkareals (u.a. Projekt Esplanade). Bei diesem Umbau wird mit Büros, Konsumzentren und teuren Wohnungen ein Ort eingekreist, der von ganz vielen, verschiedenen Personen benutzt wird, darunter auch solche, die sehr wenige Alternativen haben, um soziale Netze zu finden. Dahinter versteckt sich eine soziale Ungerechtigkteit, denn dieses Manöver beinhaltet den Ausschluss der Bevölkerung, die sich im Umfeld des Gaskessels aufhält. Dieses Phänomen, das in Biel, wie auch in vielen anderen Städten der Welt am kommen ist, nennt sich Gentrifizierung.

Der Anlass wird auf der Barbarie Wiese hinter dem Gaskessel stattfinden und ist offen für alle Interessierten

14h00: Zimbabwe bird (Dynamic African Pop)
15h00: Animation échasse
15h30: Schlakra (Breakbeat Classical Punk)
16h30: Animation cirque
17h15: Collectif Mary Read (Hip-Hop)
18h45: Chevre cheau (accoustique)
20h00: Breakfast on a battlefield (TripTrash Jazz)
21h00: Animation
21h30: Gladbeck City Bombing (Electro)
22h00 Fin

Dazu gibt es verschiedene kurze Beiträge um die Bieler_innen über die kommenden Bauprojekte zu informieren.

Kollektiv für die Selbstverwaltung der Stadtentwicklung

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SCHNELLGERICHTE
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be.ch/gr 2.6.10

M 063/2010 JGK 2. Juni 2010 JGK C
Motion
0826 Fuchs, Bern (SVP)
Bernasconi, Bern (SVP)
Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 24.03.2010

Für eine raschere Bestrafung von Straftätern

Der Regierungsrat wird aufgefordert, mit geeigneten Massnahmen — wie einer Verkürzung der Fristen und der Vereinfachung der Administration — dafür zu sorgen, dass Straftäter künftig rascher verurteilt werden.

Begründung:

Die Zahl der Straftaten im Kanton Bern ist erneut gestiegen. Gewaltdelikte, aber auch Raub und Vandalismus beeinträchtigen die Situation der Bürgerinnen und Bürger im Kanton Bern immer stärker. Eine wachsende Zahl der Täter sind Jugendliche. Daher sind auf eidgenössischer Ebene auch Bestrebungen für eine Verschärfung des Jugendstrafrechts im Gang. Dies auch auf Grund der Ereignisse in München, die gezeigt haben, dass die Schweiz im Vergleich zu Nachbarländern zu lasch mit ihren Straftätern umgeht. Der Vergleich mit München zeigt aber auch ein weiteres Problem: Vielerorts dauert es zu lange, bis die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. So kann es bis zu einem Jahr gehen, bis ein Verfahren abgeschlossen und ein Schuldspruch ergangen ist. Das heisst, Jugendliche bekommen die Folgen ihrer Taten über Monate gar nicht zu spüren. Dies ist nicht nur juristisch bedenklich und für die Opfer stossend, sondern führt auch dazu, dass der Effekt der Strafe nicht in der Art wirken kann, wie er sollte. Hier besteht also dringender Handlungsbedarf.

Es wird Dringlichkeit verlangt.

Antwort des Regierungsrates

1. Auch für den Regierungsrat ist die rasche Verurteilung straffällig gewordener Personen ein wichtiges Anliegen. Die Aussicht, dass strafbares Verhalten tatsächlich und auch rasch bestraft wird, ist ein wichtiger Teil der Generalprävention. Die Senkung der Durchschnittsdauer von Strafverfahren ist deshalb ein berechtigtes Anliegen.

2. Die Justiz und die Kantonspolizei prüfen insbesondere die Einführung von so genannten Schnellgerichten, damit diese für dafür geeignete Delikte an bestimmten Orten gegebenenfalls eingeführt werden können. Damit könnte ein wichtiger Beitrag zum genannten Ziel geleistet werden.

3. Die Justiz ist ganz grundsätzlich an raschen Verfahren ebenfalls interessiert und stets bereit, mögliche Optimierungen in den Abläufen vorzunehmen. Es ist dabei aber zu beachten, dass ab 1. Januar 2011 die schweizerische Strafprozessordnung und die schweizerische Jugendstrafprozessordnung massgebend sein werden und der Kanton nicht mehr berechtigt ist, eigene Strafverfahrensvorschriften zu erlassen. Alle in den beiden genannten Erlassen enthaltenen Fristen können nicht abgekürzt werden. Das eidgenössische Recht verpflichtet aber die Strafbehörden ohnehin, Strafverfahren unverzüglich an die Hand zu nehmen und ohne unbegründete Verzögerung zum Abschluss zu bringen (Art. 5 der Strafprozessordnung).

4. Die Beschleunigung von Verfahren hängt auch ab von den verfügbaren personellen Ressourcen. Im Zusammenhang mit der Einführung der gesamtschweizerischen Prozessordnungen und der damit verbundenen grossen Justizreform im Kanton Bern ist die personelle Dotation der Justiz neu festgelegt worden. Da über die Auswirkungen der Reformen auf die Belastungen der Justiz keine verlässlichen Prognosen möglich waren, ist vorgesehen, die Auswirkungen der Justizreform zu evaluieren und dabei auch die vorgenommenen personellen Dotierungen zu überprüfen. Der Grosse Rat bestimmt das Budget der Justiz und damit auch deren personelle Ressourcen. Ab 1. Januar 2011 hat die Justizleitung (bestehend aus Obergerichtspräsident, Verwaltungsgerichtspräsident und Generalstaatsanwalt) ein selbstständiges Budgetantragsrecht. Der Regierungsrat kann die Budgeteingabe der Justiz nicht verändern, sondern höchstens kommentieren.

5. In der Begründung des Vorstosses wird vor allem auf das Jugendstrafverfahren Bezug genommen. Bei der Beratung der eidgenössischen Jugendstrafprozessordnung wurde über die Statuierung von maximalen Erledigungsfristen in Jugendstrafverfahren diskutiert, deren Einführung aber verworfen. Dies vor allem deshalb, weil die Verfahrensdauer im Einzelfall von zahlreichen Faktoren abhängt (z. B. Zahl der Delikte und der involvierten Personen, Art der vorzunehmenden Beweisführungen, Begutachtung der persönlichen und familiären Verhältnisse, usw.).

6. Bei gravierenden Delikten intervenieren die Jugendstrafbehörden im Kanton Bern in aller Regel sofort. Jugendliche Täterinnen und Täter werden ab dem ersten Tag des Verfahrens erzieherischen und massiv freiheitsbeschränkenden Eingriffen unterzogen (Verhaftung, stationäre Beobachtung in geschlossenen Institutionen, vorsorgliche Platzierung in einem Erziehungsheim). Die Jugendstaatsanwaltschaft hat je nach Verfahren differenzierende Vorgaben gemacht: Strafmandate sind innert zehn Tagen ab Eingang der Anzeige zu erlassen, einfache Verfahren sind - abgesehen von einigen Ausnahmen - innert einem Monat zu erledigen und Verfahren mit externen Begutachtungen innert einem Jahr abzuschliessen.

7. Im Übrigen ist die möglichst rasche Erledigung von Strafverfahren eine Daueraufgabe von Strafverfolgungsbehörden und Justiz. Die Einführung geeigneter Controllinginstrumente ist ebenfalls Sache der Justiz und entzieht sich der Einflussnahme durch den Regierungsrat.

Antrag Annahme als Postulat und gleichzeitige Abschreibung

An den Grossen Rat

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POLICE BE
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Bund 16.6.10

"Vier Wochenende pro Monat im Einsatz"

 Polizeieinsätze an Sportveranstaltungen belasten das Privatleben der Beamten.

 Anita Bachmann

 Auch Polizisten, die im Oberland stationiert sind, kommen nicht darum herum, vor dem Stade de Suisse oder der Postfinance-Arena in Bern Ordnungsdiensteinsätze zu leisten. Alle Kantonspolizisten bis 43 Jahre müssen gleich viele Einsätze leisten. Allein an der Finalissima, dem Finalspiel zwischen YB und FC Basel, waren 600 Polizisten aufgeboten. "Wenn in der nächsten Saison der FC Thun und YB gleichzeitig spielen, wird jeder verfügbare Mann stehen", sagt Philipp Baumann, stellvertretender Schichtleiter am Stützpunkt Gesigen.

 Aber bereits in den vergangenen Jahren, wenn sich Fussball- und Hockeysaison jeweils überlappten, sei die Belastung enorm gewesen. "Es kommt vor, dass ich an vier Wochenenden pro Monat im Einsatz stehe", sagt Baumann. Also jedes Wochenende. Zusätzliche Anti-WEF-Demos oder antifaschistische Abendspaziergänge, wie sie vor ein paar Jahren üblich waren, würden die Möglichkeiten der Polizei übersteigen, ist der Oberländer Polizist überzeugt. Die Einsätze hätten sich aber von den Demos auf die Sportveranstaltungen verlagert - zum Teil mit den gleichen Beteiligten. Die "Weekend-Warriors", also die Wochenendkrieger, müssten einfach etwas haben, sagt Baumann.

 Die Personaleinsätze für Hochrisikospiele werden schon lange zum Voraus geplant. Für Spiele, bei denen es erst kurzfristig Anzeichen für Probleme gibt oder für Playoff-Spiele im Hockey organisiert sich die Polizei spontan. Ebenso kurzfristig gestaltet sich das private Leben der Polizisten. "Das soziale Leben richtet sich nicht nach dem Arbeitsplan", aber dieser sei dafür sicher nicht förderlich, sagt Baumann.

 Mit Abfall beworfen

 Der 31-jährige Philipp Baumann ist verheiratet und wird in zwei Wochen zum ersten Mal Vater. Seine Frau arbeite zu 50 Prozent als Lehrerin - und sie würden es geniessen, wenn sie unter der Woche gemeinsam freihätten. Freunde hätten sich daran gewöhnt, dass er nicht immer dabei sein könne, wenn sie am Wochenende etwas organisierten. Und auch in der Footballmannschaft fehlt Baumann manchmal im Training oder bei einem Meisterschaftsspiel. Trotzdem pflege er das Vereinsleben weiter. Baumann ist im siebten Dienstjahr.

 Privat gibt es viel zu verlieren, oder zumindest müssen Polizisten auf einiges verzichten. "Beruflich gibt es aber bei den Ordnungsdiensteinsätzen nichts zu gewinnen", sagt Baumann. Wenn etwas passiere, werde die Polizei kritisiert, sie habe alles falsch gemacht und zu wenig Leute aufgeboten. Passiere nichts, fragten sich alle, wozu die vielen Polizisten vor dem Stadion seien. Ordnungsdiensteinsätze seien nicht mit einer Einbruchserie vergleichbar, bei der die Polizei am Schluss vielleicht einen Täter präsentieren könne. Passiere bei den Spielen nichts, sei der Einsatz langweilig. "Wenn etwas passiert, bricht Hektik aus, weil man meistens am falschen Ort steht", sagt Baumann. Ziehe ein Fanzug an den Polizisten vorbei, würden sie mit Flaschen und Abfall beworfen, angespuckt und beschimpft. Er habe lernen müssen, sich viel gefallen zu lassen. Einmal habe er Strafantrag gestellt, weil ein Betrunkener ausfällig geworden war. Der Richter habe ihm schliesslich gesagt, so etwas müsse er an seiner Uniform abprallen lassen. "Heute würde ich keinen Strafantrag mehr stellen", sagt er.

 Burn-outs und Kündigungen

 Artet eine Situation aus, müssten sie "Kragenbüez" leisten. Damit beschreibt der Beamte Situationen, bei denen es handgreiflich wird. Wie etwa nach dem Vorrundenspiel YB - St. Gallen, als es zwar nur zu wenigen negativen Vorkommnissen kam, aber Baumann gerade an vorderster Front war und Hand anlegen musste. Um solche Einsätze zu verarbeiten, sei es wichtig, mit den Kollegen darüber zu sprechen. "Ich erzähle auch zu Hause davon", sagt er. Angst habe er nicht, sie seien nicht aus Porzellan. Aber Respekt sei wichtig, damit man sich wehre. Und Respekt hat er auch vor der Gratwanderung: Man gerate in Situationen, in denen richtiges und falsches Handeln sehr nahe beieinanderliegen.

 Wie gut oder schlecht Polizisten über die Ordnungsdiensteinsätze hinwegsehen können, hängt schliesslich auch davon ab, ob sie die Wochenendarbeit kompensieren können. "Der Bestand in unserer Schicht ist gut, deshalb können wir relativ gut kompensieren", sagt Baumann. Das sei aber nicht überall der Fall, und es häuften sich deshalb Überstunden. Die Folgen seien schliesslich Burn-outs und Kündigungen. Gerade in der Phase zwischen fünf und zehn Dienstjahren würden vermehrt Polizisten in die Privatwirtschaft wechseln. "Zahlen kenne ich keine, aber es künden mehr Polizisten als früher", sagt Baumann.

 Für ihn kommt dies nicht infrage. Polizist sei für ihn nach wie vor ein attraktiver Beruf. "Ich bin glücklich mit dem Job. Aber jemandem, der sich interessiert, Polizist zu werden, würde ich sagen, worauf er sich einlässt."

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 Resolution: "Es reicht!"

 An der 90. Delegiertenversammlung des Verbands Schweizer Polizei-Beamter in Luzern wurde die Resolution "Es reicht!" verabschiedet. Darin bringen die Polizisten ihren Unmut über die Unterbestände in Polizeikorps und über die Sondereinsätze an Sportveranstaltungen zum Ausdruck. Schweizweit fehlten 1500 bis 2500 Polizeibeamte, heisst es in der Resolution. Im Zusammenhang mit den Sportveranstaltungen wird gefordert: "Auch Polizisten haben ein Anrecht auf eine geregelte Freizeit und ein Familienleben." In der Resolution ist weiter die zunehmende Gewalt an Beamten ein Thema (siehe "Bund" vom 12. Juni).

 Der Oberländer Polizeibeamte Philipp Baumann (siehe Haupttext) engagiert sich als Beisitzer im Polizeiverband Bern-Kanton für gewerkschaftliche Anliegen. (ba)

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pvbk.ch 2.6.10

Kommandant fordert für seine Leute höhere Einreihungen
http://www.pvbk.ch/images/content/diverses/iwkdt.pdf

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pvbk.ch 23.2.10

Dreieck 1/2010
Offizielles Bulletin des Polizeiverbandes Bern Kanton (PVBK)
http://www.pvbk.ch/index.php?section=news&cmd=details&newsid=9

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POLICE ZH
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Tagblatt der Stadt Zürich 16.6.10

Im Haus der Skorpione

Polizei Sie gilt als die Elitetruppe der Stadtpolizei Zürich: Die Interventionseinheit Skorpion. Das "Tagblatt" durfte deren Mitglieder bei einem Weiterbildungskurs begleiten.
 
Von Sacha Beuth

 Die Garage eines Gebäudes in Zürich-West. Rund 30 Mitglieder der Interventionseinheit Skorpion haben sich im Halbkreis versammelt und hören schweigend den Erläuterungen eines Instruktors zum Tagesablauf zu. Die Polizisten sind angetreten zu einem Weiterbildungskurs. Reizstoffkunde, medizinische Erstversorgung, Sport, Schiessen und Personenschutz stehen auf dem Programm. Auffällig: Der Trupp besteht nur aus Männern. "Das hat aber nichts mit Machogehabe zu tun", erklärt David Baumgartner, der Chef der Interventionseinheit Skorpion. "Es ist nur leider so, dass den meisten Frauen die physischen Voraussetzungen fehlen, denn in vielen unserer Einsätze muss man schweres Material und schwere Ausrüstung schleppen."

 Nach der Einführung werden die Skorpione in 6er-Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe wendet sich an Instruktor Rainer*. Er hat in einem Nebenraum diverse Reizstoff-Einsatzelemente mit Tränengas sowie einen Pfefferspray aufgebaut und erklärt deren Funktion, Sicherheitsbestimmungen und Einsatztauglichkeit. Anschliessend muss die Gruppe einen Test schreiben, in dem auch die Reizstoffmenge für einen fingierten Einsatz ausgerechnet werden soll. "Die Männer müssen sich über die Wirkung bewusst sein. Darum hat sich bereits in der Grundausbildung jeder einmal den Reizstoffen auszusetzen", erklärt Rainer.

 Als Nächstes geht es wieder in die Garage. Remo*, für den Bereich Sport zuständig, zeigt in einem Kletterparcours vor, wie man sich möglichst geräuschlos und mit möglichst wenig Kraftaufwand einem Ziel nähert. "Denkt daran, dass ihr mit der richtigen Technik zudem das Verletzungsrisiko minimieren könnt", gibt er der Gruppe mit auf den Weg. In den ersten zwei, drei Durchläufen meistern die Skorpione die Hindernisse ohne grosse Probleme. Dann ordnet Remo an, Helm und Schutzweste anzuziehen. Nun sieht die Sache anders aus. Ein Kursteilnehmer kann ein 10 m langes Seil erst im dritten Versuch erklimmen. Und gleich mehrere Skorpione scheitern beim Versuch, ohne Anlauf ein etwa 1,60 m hohes, glattes Podest zu besteigen. Erst als es Remo noch einmal vormacht und auf die richtige Technik hinweist, gelingt die Übung. Allerdings sind alle Teilnehmer hinterher schweissgebadet und können sich nur eine kurze Erholung gönnen, ehe sie zum Schiessparcours müssen.

 Dort führt Rolf* das Zepter. Erster Kandidat ist Pascal*. In einem stockdunklen Labyrinth, das nur kurz von Stroboskopblitzen aufgehellt wird und in dem laute Rockmusik erschallt, muss er mit verschiedenen Schusswaffen bewaffnete Täter aus Karton neutralisieren. Auf Zeit natürlich. "Die Aufgabe ist in dieser Form nicht realistisch", betont David Baumgartner. "Es geht vielmehr darum, unter Belastung und Ablenkung in Sekundenschnelle Gefahren zu erkennen und die richtigen Entscheidungen zu treffen." Da fragt man sich, warum man sich als Polizist freiwillig einer erhöhten Gefahr aussetzt. "Wenn kein Spezialeinsatz ansteht, dann sind wir im ordentlichen Polizeidienst tätig. Dort ist es manchmal viel gefährlicher, weil man eher in unvorhergesehene Situationen kommen kann als bei einem Spezialeinsatz", erzählt Pascal.

 Die letzten Posten - Personenschutz und Erstversorgung - sind weniger stressig, erfordern aber ebenso ein hohes Mass an Konzentration. Eine falsche Positionierung vor dem Auto bei einem Staatsempfang kann ebenso gravierende Folgen haben, wie wenn man einen blutenden Kameraden nicht korrekt verbindet. Doch trotz - oder gerade wegen - der hohen Anforderungen schätzen die Skorpione ihren Beruf. Schon das Aufnahmeverfahren ist hart. Nur wer mindestens schon drei Jahre Dienst bei der Stapo geleistet hat, einen besonders anspruchsvollen Schiess- und Sporttest besteht sowie über sieben Wochen weitere Prüfungen in diversen Bereichen meistert, hat eine Chance, aufgenommen zu werden. "Es wird einem sowohl physisch wie psychisch alles abverlangt. Das hält nicht jeder durch", meint etwa Michi*. Sagen tut er es zwar nicht, aber man merkt seiner Stimme an, dass er Stolz ist, zu dieser Eliteeinheit zu gehören. t

 * Name aus Sicherheitsgründen verkürzt oder verändert.

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BAHNPOLIZEI
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sf.tv 16.6.10

Ständerat heisst neu aufgelegtes Bahnpolizeigesetz gut

sda/bers

 Der Ständerat ist auf das Bahnpolizeigesetz in der neuen Fassung eingetreten. Der Entscheid ist einstimmig gefallen. In der Vorlage nicht mehr vorgesehen ist die Privatisierung der Bahnpolizei. Daran war ein erster Entwurf im Nationalrat vor gut einem Jahr gescheitert.

 Die Verkehrskommission des Nationalrats hatte darauf umgehend eine neue Vorlage erarbeitet. Dieses neu aufgelegte Bundesgesetz über die Sicherheitsorgane der Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr hat die grosse Kammer in der Frühlingssession verabschiedet.

 Durchsetzung von Hausrecht und Transportbestimmungen

 Es unterscheidet klar zwischen einer Transportpolizei mit polizeilichen Funktionen und einem Sicherheitsdienst mit weniger Kompetenzen. Nur der Sicherheitsdienst darf privaten Unternehmen übertragen werden, die Transportpolizei muss wie bisher beim Transportunternehmen bleiben.

 Ihre Angehörigen sind in der Regel uniformiert und werden vereidigt. Sie dürfen verdächtige Personen vorübergehend festnehmen und Gegenstände beschlagnahmen. Der Sicherheitsdienst dagegen darf Personen zwar kontrollieren, aber nicht festnehmen. Seine Kompetenzen beschränken sich im wesentlichen auf die Durchsetzung von Hausrecht und Transportbestimmungen der Transportunternehmen.

 Kein Schusswaffenverbot

 Der Ständerat stimmte diesem Konzept diskussionslos zu. Selbst die Frage der Bewaffnung der Transportpolizei gab nicht mehr zu reden: Der Entscheid darüber wird dem Bundesrat übertragen. Im Nationalrat hatte sich die Linke noch für ein explizites Verbot von Schusswaffen in Zügen und Bussen stark gemacht.

 Die Unterschiede zur ersten - gescheiterten - Vorlage sind damit gering. Statt eines privaten Sicherheitsdienstes werde nun ein privates Transportunternehmen die Transportpolizei besitzen und führen, sagte Peter Bieri (CVP/ZG). In beiden Fällen gehe ohnehin die kantonale Polizeihoheit vor.

 Eine Differenz zum Nationalrat schuf die kleine Kammer dennoch. Diese ist auf die SBB gemünzt, die wohl auch in Zukunft als einziges Transportunternehmen eine eigene Transportpolizei haben wird. Der Ständerat will sie darum verpflichten, ihre Sicherheitskräfte gegen Entgelt auch anderen Unternehmen zur Verfügung zu stellen.

 Die Vorlage geht zurück an den Nationalrat. Das Gesetz soll am 1. Januar 2011 in Kraft treten.

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BIG BROTHER SPORT
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St. Galler Tagblatt 16.6.10

20köpfige Spezialeinheit soll gewalttätige Fans filmen

 Die Kantonspolizei St. Gallen bildet eine Spezialeinheit für den Einsatz gegen gewalttätige Eishockey-Fans. Ausrüstung und Ausbildung kosten rund 300 000 Franken.

 Eine Spezialeinheit, ausgerüstet mit mobilen Videokameras, soll künftig bei den Eishockeyspielen der Rapperswil-Jona Lakers gewaltbereite Fans in den Griff bekommen.

 Hanspeter Krüsi, Sprecher der Kantonspolizei St. Gallen, bestätigte am Dienstag entsprechende Medienberichte. Die Kantonspolizei führt dazu das sogenannte Beweissicherungs- und Festnahmeelement (BFG) ein. Die Stadtpolizei St. Gallen setzt bereits seit vergangenem Oktober auf das BFG, um gewaltbereite Fussballfans rund um die AFG Arena den Schnellrichtern zuführen zu können.

 Kommt es zu Ausschreitungen, filmen die Polizisten mit mobilen Videokameras an den Schutzhelmen das Geschehen aus nächster Nähe. Damit sollen die Täter ermittelt und Beweise gesichert werden können.

 Die 20köpfige Spezialeinheit der Kantonspolizei St. Gallen soll ab September bei den Eishockeyspielen der Rapperswil-Jona Lakers eingesetzt werden. 40 Angehörige der Kantonspolizei St. Gallen, die sich freiwillig gemeldet haben, werden in den nächsten Monaten für die neue Aufgabe geschult und ausgerüstet. Die Kosten belaufen sich auf rund 300 000 Franken. (sda)

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SANS-PAPIERS
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Freiburge Nachrichten 16.6.10

Kein Kind ist illegal, auch wenn rechtlich inexistent

 Ein Manifest dazu wurde von über 10 000 Personen und 81 Organisationen unterzeichnet. Die CSP Schweiz hat dieses Anliegen von Anfang an aktiv unterstützt.

 WÜNNEWIL In der Schweiz leben mehrere Tausend Kinder und Jugendliche ohne geregelten Aufenthalt. Es sind die Kinder von Sans-Papiers (MigrantInnen und abgewiesenen Asylsuchenden ohne geregelten Aufenthaltsstatus) sowie Kinder von Eltern mit legalem Aufenthaltsstatus, denen der Familiennachzug verweigert wurde. Sie verbringen viele Jahre oder ihre ganze Kindheit hier, doch sind sie rechtlich gesehen inexistent. Angst vor Entdeckung und Ausschaffung, soziale Isolation, Armut sowie ungewisse Zukunftsperspektiven prägen ihre Lebenssituation.

 Verpflichtung

 Verfassungsmässig garantierte Rechte und solche, denen sich die Schweiz durch die Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet hat, sind für diese Kinder und Jugendlichen kaum durchsetzbar. Beispielsweise ist das Recht auf Bildung nach wie vor unvollständig verwirklicht: Kleine Kinder ohne gültigen Aufenthaltsstatus können oft keine Kinderkrippe besuchen. Sie, deren Eltern oft beide arbeitstätig sind, hätten eine vorschulische Betreuung besonders nötig.

 Schwarzarbeit

 Nach der Volksschule, wenn die KlassenkameradInnen eine Ausbildung beginnen, bleibt den Jugendlichen ohne gültigen Aufenthaltsstatus meist nur noch die Wahl zwischen Schwarzarbeit und "Nichtstun". Sie dürfen von Gesetzes wegen keine Lehre antreten. Ein weiteres Beispiel ist, dass gemäss Ausländergesetz Jugendliche ab 15 Jahren bis zu zwölf Monate in Ausschaffungshaft genommen werden dürfen.

 Die Forderungen der CSP Schweiz

 • Die umfassende Umsetzung des Rechts auf Bildung, von der vorschulischen Bildung bis zur Ausbildung an einer Mittelschule und dem Absolvieren einer Lehre.

 • Den sofortigen Stopp der Ausschaffungshaft für Minderjährige.

 • Vereinfachte Regularisierungsmöglichkeiten für Kinder und ihre Familien.

 • Die Respektierung der UN-Kinderrechtskonvention durch die Schweizer Behörden auch gegenüber Kindern ohne geregelten Aufenthaltsstatus. oy

 Für weitere Auskünfte: Marie-Thérèse Weber-Gobet, Nationalrätin CSP/FR, 079 508 72 94.

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HÄRTEFÄLLE GL
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Südostschweiz 16.6.10

Regierung verteidigt Vorgehen bei Irakern

 Die Glarner Regierung ist der Meinung, dass die Fachstelle Migration bei den Irakern Sha'aban Rashid und Jubrayel Murad korrekt gehandelt habe. Die Durchsetzungshaft sei bei beiden rechtmässig verhängt worden.

 Glarus. - Grund für die Stellungnahme der Regierung ist eine Interpellation, die acht Landräte aus dem links-grünen Lager im Dezember 2009 eingereicht hatten. Einerseits wollten sie wissen, weshalb der Kanton den beiden Irakern keine Aufnahme gemäss der sogenannten Härtefallregelung gewährt habe.

 Andererseits zweifelten sie den Sinn der Durchsetzungshaft an. Der Kanton habe damit keines seiner Ziele erreicht, schrieben die Interpellanten.

 "Kosten trägt Steuerzahler"

 Die beiden Männer würden weiterhin im Kanton Glarus leben. Da ihnen aber die Arbeitsbewilligung entzogen wurde, seien sie auf die Unterstützung der öffentlichen Hand angewiesen, statt zu arbeiten. Überdies habe der Steuerzahler die Gefängniskosten berappen müssen. Die Interpellanten wollten von der Regierung wissen, wie sie das Verhalten der Behörde beurteile.

 Die Regierung schreibt in ihrer Antwort, dass die beiden Iraker vom Bundesamt für Migration (BFM) rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesen worden seien, "was vom Kanton Glarus zu vollziehen war".

 Mit dem Ablauf der Ausreisefrist hätten die beiden Ausländer von Gesetzes wegen ein Arbeitsverbot erhalten, "das weder vom Bundesamt für Migration noch von der kantonalen Fachstelle Migration speziell verfügt zu werden brauchte", argumentiert die Regierung.

 "Nicht zu beanstanden"

 Insbesondere sei die Anordnung der Durchsetzungshaft kein Grund für den Wegfall der Arbeitsbewilligung gewesen.

 Der Regierungsrat erachte die Entscheide und das Verhalten der Fachstelle Migration als korrekt und nicht zu beanstanden, wie er schreibt. "Die Durchsetzungshaft wurde in regelmässigen Abständen vom kantonalen Verwaltungsgericht für rechtmässig befunden", so die Regierung. Die beiden Fälle seien unterschiedlich gehandhabt worden, weil abgewiesene Asylsuchende nicht immer als Härtefälle zu behandeln seien und die Ausnahme nicht zur Regel werden dürfe. "Damit würde die Ausländer- und Asylpolitik ausgehebelt und gegen klares Bundesrecht verstossen." Zudem habe kein Härtefallgesuch der beiden irakischen Staatsangehörigen vorgelegen.

 In einem begründeten Fall sei anschliessend ein Härtefallgesuch gestellt worden. Zuständige Behörde für die Erteilung von Härtefallbewilligungen sei im Übrigen nicht der Regierungsrat, belehrt er die Interpellanten, sondern die Fachstelle Migration des Departements Sicherheit und Justiz.

 Für Haft kommt der Bund auf

 Dem BFM seien bisher 22 Glarner Härtefallgesuche unterbreitet worden, beantwortet die Regierung eine weitere Frage der Interpellanten. Dabei habe es sich bis auf eine abgewiesene "asylsuchende Person" ausschliesslich um Personen mit dem Status der vorläufigen Aufnahme gehandelt.

 "Von der kantonalen Migrationsbehörde mussten 39 Gesuche mangels erfüllter Voraussetzungen bereits im Vorfeld abgewiesen werden", hält die Regierung weiter fest. Somit könne nicht kritisiert werden, der Kanton mache von diesem Instrument keinen Gebrauch.

 Bei der Durchsetzungshaft entstünden dem Kanton keine direkten Kosten, schreibt sie weiter. Die 115 Franken pro Hafttag würden vom Bund entschädigt.

 Der Kanton wende für anerkannte Flüchtlinge bzw. vorläufig aufgenommene Personen monatlich bis zu 30 000 Franken für Sozialhilfe auf, so die Regierung. (mitg/so)

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AUSSCHAFFUNG
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Tagesanzeiger 16.6.10

FDP-Parlamentarier wirft dem Bund vor, Schweigegeld zu bezahlen

 Der Bund hat der Familie eines bei der Ausschaffung verstorbenen Nigerianers 50 000 Franken bezahlt. Nun wird angezweifelt, ob dies rechtmässig war.

 Von Daniel Foppa

 Am 17. März ist am Flughafen Zürich unter noch nicht geklärten Umständen ein Nigerianer verstorben. Der Mann hätte gegen seinen Willen in sein Heimatland ausgeflogen werden sollen. Wie das Westschweizer Fernsehen letzte Woche berichtete, hat das Bundesamt für Migration (BFM) der Familie des Verstorbenen 50 000 Franken zukommen lassen. Das BFM bestätigte gestern auf Anfrage schriftlich, dass dieser Betrag bezahlt worden sei. "Die Zahlung stellt keine Entschädigung und kein Schuldgeständnis dar", betont das Amt. Das Geld sei vielmehr "eine humanitäre Geste gegenüber der Familie".

 Scharfe Kritik an dieser Geste übt FDP-Nationalrat Philipp Müller: "Das riecht stark nach Schweigegeld. Das Geld ist geflossen, bevor die Todesumstände klar sind." Zudem könne man nicht von einer humanitären Geste sprechen: "Es darf nicht sein, dass der Bund 50 000 Franken an eine einzige Familie bezahlt. Das ist enorm viel Geld für ein Land wie Nigeria."

 Müller hat nun eine Interpellation eingereicht, mit der er vom Bundesrat Auskunft über die Umstände der Zahlung fordert. Insbesondere will er wissen, ob das Geld rechtmässig geflossen sei. Laut dem FDP-Mann sind selbst BFM-intern Warnungen und Fragen zur Rechtmässigkeit der Zahlung laut geworden. Amtsdirektor Alard du Bois-Reymond habe jedoch nicht darauf gehört. Dem entgegnet das BFM, der Bund könne Kosten übernehmen, die in Zusammenhang mit der Ausreise von abgewiesenen Asylsuchenden entstehen: "Der Mann ist im Rahmen einer Zwangsrückführung des Bundes gestorben. Entsprechend wurde der Betrag über das Vollzugsbudget abgebucht."

 Müller befürchtet, dass damit ein Präjudiz geschaffen werde. "Es gibt immer wieder Todesfälle im Asylbereich. Wenn das Beispiel Schule macht, werden weitere Forderungen auf den Bund zukommen."

 Derweil untersucht die Staatsanwaltschaft Zürich die Umstände des Todesfalls. Die als Folge gestoppten Rückschaffungsflüge sollen laut BFM vor den Sommerferien wieder aufgenommen werden. Ausgenommen sind Flüge nach Nigeria. Hier stehe das BFM mit den nigerianischen Behörden in Kontakt. Zudem wurde eine Taskforce Nigeria eingesetzt. Sie soll Massnahmen erarbeiten, damit die Attraktivität der Schweiz bei nigerianischen Asylsuchenden sinkt.

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SUCHT
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Tagesanzeiger 16.6.10

Vom Junkie zum Handysüchtigen

 Sucht hat an der Goldküste ein neues Gesicht: Jene zwei Vereine, die sich einst um aus der Stadt vertriebene Fixer kümmerten, haben es heute mit Abhängigen ganz anderer Art zu tun.

 Von Jessica Cunti

 Platzspitz. Drogen. Kriminalität. Diese Schlagwörter prägten die öffentliche Diskussion, als vor über 15 Jahren im Bezirk Meilen der Verein Vis und die Suchtpräventionsstelle des Samowar gegründet wurden (siehe Kästen). Die Heroinabhängigen, aus der Stadt vertrieben, kamen in die Gemeinden zurück, wo sie weiter spritzten - und wo sich jemand um sie kümmern musste.

 Wer heute in den Seegemeinden nach einem Süchtigen Ausschau hält, der sich in aller Öffentlichkeit eine Nadel setzt, sucht vergeblich. Trotzdem sind die beiden Vereine, die sich um Suchfragen kümmern, im letzten Jahr an ihre Kapazitätsgrenzen gestossen. Das wird heute an ihrer gemeinsamen Jahresversammlung in Meilen zu reden geben.

 Der spezielle Goldküsten-Druck

 Laut Marco Bezjak, dem Bereichsleiter der Mobilen Jugendarbeit (Mojuga), die zum Vis gehört, ist der Umgang mit Sucht- und Genussmitteln weiterhin ein zentrales Thema. Aber der Drogenkonsum hat sich verändert. Es sind heute die weichen Drogen, die den Jugendarbeitern Sorge bereiten: Alkohol, Tabak, Cannabis. Vor allem aber sind es jene, an die man zunächst gar nicht denkt, weil man sie weder trinkt noch raucht: Computer und Handys. Noch nie hätten die Jugendlichen so viele Möglichkeiten gehabt, vor der Realität zu flüchten. Und davon machen sie laut Bezjak auch regen Gebrauch.

 An der Goldküste ist der Lebensstandard zwar hoch, aber genauso hoch ist auch der Druck, es ans Gymi zu schaffen. Oder der Druck, im sozialen Ansehen nicht abzufallen. "All das führt zu einer zusätzlichen Belastung neben dem Schuldruck, dem Stress in der Familie und der Lehrstellensuche", sagt Bezjak. Auch Heinz Bösch, Jugendsozialarbeiter in Meilen, beobachtet Ähnliches. Auf die Hektik und die zunehmende Oberflächlichkeit, welche ihm zufolge die ganze Gesellschaft durchdringen, reagierten die Jugendlichen besonders sensibel. "Sie sind wie Seismografen", sagt er.

 Zugleich gibt es laut Bezjak immer weniger reale Orte, an die sich die derart unter Druck stehenden Jugendlichen zurückziehen können. Sie weichen deshalb an den einzigen Ort aus, an dem sie sich frei fühlen, frei von Kontrolle und Restriktionen: in virtuelle Welten. Das Handy, der Computer, das Internet - all das gehöre längst zum festen Alltag. "Das Suchtpotenzial der Games und Plattformen wie Facebook ist gross", sagt Bezjak. Ein Grossteil der Kommunikation unter den Jugendlichen finde fast nur auf diese Weise statt. Und dies pausenlos. Bösch spricht von einem regelrechten "Natelstress". Erst kürzlich habe er ein Klassenlager begleitet. Es galt ein absolutes Verbot von elektronischen Geräten. Die Schüler seien nach dem Lager zu ihm gekommen. "Sie haben mir gedankt, wie angenehm und entspannt es ohne Natel gewesen sei", erzählt er.

 Süchtige, die keiner wahrnimmt

 Jugendliche, die tagelang hinter dem Computer sitzen, in einem dunklen Raum, eins mit der Spielfigur, unfähig, am normalen Leben teilzunehmen - der Norm entspricht dies nicht. Aber es gebe sie auch hier, sagt Bezjak. Und es sei besonders schwierig, diese Süchtigen zu erreichen, da sie zu Hause sässen. Sie würden deshalb oft vergessen. "Das Problem ist, dass die Gemeinden die Tendenz haben, erst dann zu reagieren, wenn man etwas sieht", sagt er.

 Bezjak zeigt zwar Verständnis für das späte Handeln, doch plädiert er dafür, dass die Jugendlichen auch in der Familie und in der Freizeit langfristig begleitet werden. Dass dies Früchte trägt, zeigt sich an der Geschichte des Vis und speziell der Mojuga. Letztere sprang ein, als die Gemeinden nach der Schliessung von Platzspitz und Letten mit dem Zustrom an Süchtigen überfordert waren. Mit Jugendarbeit habe die Tätigkeit der Mojuga zwar noch nicht viel zu tun gehabt, es sei eher "Erste Hilfe auf der Gasse" gewesen. Seither aber werden die Jugendlichen im Bezirk Meilen vom Vis begleitet.

 Die beiden Vereine haben dabei auch erfreuliche Entwicklungen registriert. So sei der Drogenkonsum laut Jugendstatistiken übers Ganze gesehen am Abnehmen, sagt Enrico Zopelli, der für die Suchtprävention des Samowar arbeitet. "Der Höhepunkt war vor acht Jahren erreicht." Das Kiffen etwa sei eine Modeerscheinung gewesen, die durch die Banalisierung an Attraktivität eingebüsst habe. Allerdings sei das Rauschtrinken immer noch populär. Wie sich das Suchtverhalten entwickeln werde? "Zukunftsprognosen sind schwierig", sagt er.

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 Verein Vis

 Zunehmende Nachfrage

 Der Verein für Integration und Suchtfragen entstand 1998 durch den Zusammenschluss zweier Vorgängervereine, darunter die Mobile Jugend- und Gassenarbeit (Mojuga). Vis ist in mehreren Bereichen tätig, etwa in der Jugend- und Sozialhilfe, der Suchtprävention und der Suchthilfe. 2009 stieg die Nachfrage nach den Angeboten von Vis. (cun)

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 Samowar

 Neue Präsidentin

 Der Verein Samowar bietet Jugendberatung und Suchtprävention an; es gibt ihn seit bald 30 Jahren. 2009 war laut einer Mittelung ein erfolgreiches Jahr. An der heutigen Versammlung wird Rolf Bezjak nach neun Jahren sein Amt als Präsident abgeben. Nachfolgerin wird Susi Lötscher, ehemalige Gemeinderätin und Sozialvorsteheri n in Erlenbach. (cun)

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ALKOHOL
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NZZ 16.6.10

Was Alkohol im jugendlichen Gehirn anrichtet

 Eine Störung im neuronalen Belohnungssystem könnte das Risiko einer Abhängigkeit steigern

 Das Gehirn wird in der Jugend gründlich reorganisiert. Forscher nehmen an, dass es dann besonders empfindlich für die schädlichen Effekte von Alkohol ist. Studien zeigen die zugrundeliegenden Mechanismen auf.

 Lena Stallmach

Alkohol ist in grossen Mengen schädlich und tötet Gehirnzellen, das ist nichts Neues. Aber wen kümmert das, wenn sich die leichte Euphorie des Schwipses bemerkbar macht. Besonders in der Jugend liegt der Gedanke an negative Konsequenzen fern. In dieser Zeit werden meistens auch die ersten exzessiven Erfahrungen mit Alkohol gemacht. Die Zahl an Jugendlichen, die mit einer Alkoholvergiftung ins Spital eingeliefert werden, nimmt weiterhin zu. Wissenschafter und Erziehungsbeauftragte machen sich Sorgen, denn es gibt einige Gründe, weshalb der Genuss von Alkohol in diesem Lebensabschnitt besonders schädlich für das Gehirn ist - möglicherweise mit weitreichenden Folgen bis ins Erwachsenenalter.

 Gehirn im Umbau

 Der Grundaufbau der Hirnstrukturen geschieht während der Embryonalentwicklung. Doch reift das Gehirn noch lange nach und erfährt in der Adoleszenz einen wichtigen Entwicklungsschub. In dieser Zeit werden Talente ausgebaut, logisches Denken und erwachsene Verhaltensweisen entwickelt, was von einer Reorganisation der neuronalen Schaltkreise in mehreren Hirnarealen begleitet ist. Dabei nimmt auch die Geschwindigkeit der Übertragung von neuronalen Signalen zu. Man wisse, dass das Gehirn in dieser Umstrukturierungsphase besonders empfindlich auf schädigende Einflüsse von Drogen und wahrscheinlich auch Alkohol reagiere, sagt Karl Mann, der Leiter der Suchtmedizin des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim.

 In mehreren Studien werden Belege dafür gesucht. Susan Tapert von der University of California in San Diego und ihr Team schauen etwa mit bildgebenden Verfahren in das Gehirn von Jugendlichen. Dabei zeigte sich, dass jene mit schweren Alkoholproblemen kleinere Hirnvolumina aufwiesen, und zwar in der vorderen Grosshirnrinde, wo Informationen bewertet und Reaktionen geplant werden, und dem Hippocampus, einer für die Gedächtnisbildung wichtigen Region. Ausserdem fanden die Forscher bei Jugendlichen, die sich schon mehrmals einen Rausch angetrunken hatten (jeweils mehr als 5 Drinks hintereinander), im Vergleich zu Altersgenossen ohne Rauscherlebnisse Abweichungen in der Beschaffenheit der weissen Substanz in verschiedenen Hirnarealen. Als weisse Substanz werden die Nervenbahnen bezeichnet, die die Nervenzellkörper (graue Substanz) miteinander verbinden.

 Gedächtnis ist beeinträchtigt

 Was solche Unterschiede in der Hirnstruktur im Einzelnen bedeuten, ist nicht einfach zu interpretieren. Jedoch fanden Forscher, welche die kognitiven Leistungen wie Aufmerksamkeit und Gedächtnisleistung von Jugendlichen untersuchten, dass jene mit Alkoholproblemen in einzelnen Tests schlechter abschnitten als ihre gleichaltrigen Mitstreiter ohne Alkoholprobleme. Bei all diesen Studien bleibt jedoch offen, was Ursache und was Wirkung ist. Möglicherweise sind Abweichungen in der Hirnstruktur, ausgelöst durch die Genetik oder Erfahrungen, der Grund für ein grösseres Bedürfnis nach Alkohol.

 Die Forscher versuchten zwar andere Risikofaktoren wie etwa eine Familiengeschichte mit Alkoholmissbrauch, Verhaltens- oder psychische Störungen möglichst auszuschliessen, doch grossangelegte prospektive Studien, bei denen Tausende von Jugendlichen über längere Zeit beobachtet werden und Tests vor Beginn des Alkoholkonsums und ein paar Jahre später gemacht werden, laufen gerade erst an. In Europa etwa die Imagen-Studie, an der 2000 14-Jährige und ihre Eltern teilnehmen. Dabei wird eigentlich untersucht, welche Faktoren die Risikobereitschaft von Jugendlichen beeinflussen, wie etwa Persönlichkeitsmerkmale, genetische Veranlagungen oder die Gehirnaktivität. Dabei werden auch Daten zum Drogenkonsum und über die kognitiven Leistungen erhoben.

 Allerdings gibt es bereits Studien an Tieren, in denen der Einfluss von Alkohol auf die Nervenzellen untersucht wurde. Kürzlich zeigte ein Versuch an Rhesusaffen etwa, dass chronisches Rauschtrinken über 11 Monate hinweg die Neubildung von Nervenzellen (Neurogenese) im Hippocampus der Tiere deutlich und dauerhaft reduzierte. Allerdings tranken die Affen täglich und erreichten jeweils Blutalkoholwerte, die beim Menschen 2,5 Promille entsprechen. Ein älteres Experiment mit Ratten ergab aber, dass bereits eine einmalige Dosis Alkohol die Neurogenese deutlich bis fast komplett blockierte. Die Tiere erreichten Blutalkoholwerte, die beim Menschen zwischen 0,3 und 1,3 Promille entsprechen.

 Allgemein ist über die Funktion der Neurogenese im menschlichen Gehirn wenig bekannt. Die meisten Nervenzellen entstehen während der Embryonalentwicklung; nur in zwei Hirnregionen, darunter der Hippocampus, gibt es im Jugend- und Erwachsenenalter Stammzellen, die neue Nervenzellen bilden. Diese scheinen beim Lernen und bei der Gedächtnisbildung eine Rolle zu spielen. Wissenschafter nehmen an, dass Alkohol Wachstumsfaktoren hemmt, welche die Neubildung der Zellen anregen. Doch verhindert das beliebte Getränk nicht nur die Entstehung neuer Zellen, sondern tötet auch bestehende Hirnzellen ab. Dies wird möglicherweise durch Entzündungsprozesse verursacht.

 Zelltod durch Entzündungen

 So zeigte etwa die Gruppe von Consuelo Guerri am Prince Felipe Research Center in Valencia in Spanien, dass adoleszente Ratten, die mehrfach grössere Mengen Alkohol zu sich genommen hatten, nach zwei Wochen erhöhte Werte zweier Entzündungsmediatoren aufwiesen. Ausserdem starben mehr Zellen in der Grosshirnrinde, dem Hippocampus und dem Kleinhirn als normal. In Verhaltenstests, bei denen die Tiere auf kognitive und motorische Leistungen wie Lernen, Gedächtnis und Lauftests geprüft wurden, schnitten sie schlechter ab als ihre Altersgenossen, die keinen Alkohol konsumiert hatten. Die schlechteren Leistungen hielten sich bis ins Erwachsenenalter, obwohl die Tiere dann keinen Alkohol mehr tranken.

 Verabreichten die Forscher den jungen Ratten Entzündungshemmer während des Alkoholkonsums, konnten damit die Entzündungsreaktion, das Zellsterben und die Verhaltensauffälligkeiten verhindert werden. Wahrscheinlich würden auch im menschlichen Gehirn Entzündungsprozesse durch Alkohol in Gang gesetzt, sagt Guerri. Vor allem das Rauschtrinken (binge drinking), welches bei Jugendlichen in Spanien verbreitet sei, stehe im Verdacht, diese Wirkung zu haben. Deshalb rät sie den Jugendlichen, nicht auf leeren Magen und nicht in grossen Mengen zu trinken. Natürlich gelte das auch für Erwachsene, aber das Zellsterben habe im sich entwickelnden Gehirn wahrscheinlich schwerwiegendere Konsequenzen.

 Spätere Abhängigkeit

 Es ist aber nicht "nur" das Zellsterben, das den Forschern Sorgen bereitet. Im Jugendalter werden viele Nervenschaltkreise neu eingestellt, darunter auch das neuronale Belohnungssystem. Aus epidemiologischen Studien ist bekannt, dass Jugendliche, die sehr jung (unter 14 Jahren) bereits Alkohol trinken, ein grösseres Risiko haben, im Erwachsenenalter Alkoholiker zu werden, als solche, die später damit anfangen. Das kleinste Risiko haben Jugendliche, die in dieser Phase wenig Alkohol trinken. Forscher vermuten, dass dies mit einer Störung im Belohnungssystem zusammenhängt. Eine solche wird allgemein als Ursache für Suchtverhalten gesehen.

 Eine wichtige Rolle im Belohnungssystem spielen der Botenstoff Dopamin, der Nucleus accumbens, das ventrale Tegmentum und Teile des limbischen Systems wie die Amygdala und der Hippocampus (siehe Grafik). Guerri und ihre Kollegen zeigten, dass Alkohol bei adoleszenten Ratten eine viel stärkere Ausschüttung von Dopamin im Nucleus accumbens bewirkt als bei erwachsenen. Ausserdem wiesen Ratten, die im Jugendalter mehrmals Alkohol konsumiert hatten, höhere Grundwerte an Dopamin in den Zell-Zwischenräumen auf. Diese Tiere nahmen im Erwachsenenalter auch grössere Mengen Alkohol zu sich als Alkohol-naive Tiere.

 Schadenausmass unbekannt

 Auch wenn die Ergebnisse aus Tierstudien nicht direkt auf den Menschen übertragen werden können, so geben sie doch Aufschluss über die zugrundeliegenden Mechanismen. Damit sind zumindest einmal die möglichen Problemzonen im Gehirn bekannt. Ab welchen Mengen und in welchem Ausmass Alkohol für die jugendliche Hirnentwicklung gefährlich sei, bleibe schwer abzuschätzen, sagt Tapert, schon allein wegen der grossen individuellen Unterschiede. Eine kleine prospektive Studie, die von Taperts Team durchgeführt wurde, zeigte aber, dass bereits kleine Mengen Alkohol einen Effekt haben können. So schnitten Mädchen, die über längere Zeit mehr als 12 Drinks pro Monat tranken, schlechter bei einem Test ab, bei dem das visuell-räumliche Gedächtnis überprüft wurde, als drei Jahre zuvor, als sie noch keine Erfahrungen mit Alkohol gemacht hatten. Bei weniger als 12 Drinks kam es zu keiner Verschlechterung. In dieser Studie wurden jedoch eine ganze Reihe neuropsychologischer Tests durchgeführt, und nur bei jeweils einem zeigte sich eine Leistungseinbusse. Burschen schnitten bei einem Aufmerksamkeits-Test schlechter ab, je mehr Hangover-Erlebnisse sie im letzten Jahr gehabt hatten.

 Beruhigend sei, dass der Alkoholkonsum bei Jugendlichen in Europa in den letzten Jahren nicht weiter zugenommen habe und vielleicht sogar eher wieder abnehme, sagt der Suchtexperte Karl Mann. Parallel dazu steigt aber weiterhin die Zahl der adoleszenten Rauschtrinker. Das bedeutet, dass allgemein weniger Jugendliche trinken, einige wenige dafür aber mehr. Weil genau das Rauschtrinken für die Hirnentwicklung aber besonders schädlich sei, müssten Jugendliche besser über das Risiko aufgeklärt werden, sagt Mann, auch wenn das wahrscheinlich nur bedingt etwas nütze. Am wirkungsvollsten wäre eine Regelung über die Preise und ein Werbeverbot, denn auch eine Aufklärung der Eltern bringe nur dann etwas, wenn diese einen gemässigten Alkoholkonsum vorleben könnten. Und das dürfte nicht immer leichtfallen.

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VELO-DEMO
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Automobilrevue 16.6.10

Forum

Velo-Demo in Luzern : Wasserballons in Cabrios, Tritte gegen Türen

Velo-Protestierer: Dürfen die alles?

 Ärgernis

Am ersten Juni-Wochenende kam es in Luzern zu einer Velo-Demonstration, Motto "Reclaim the streets". Die NLZ berichtete darüber in einer verharmlosenden Weise, die mich sehr gestört hat: Beschrieben wird anlässlich dieser offensichtlich nicht bewilligten Velo-Demonstration "ein friedliches Chaos aus 160  Rädern".

 Ganz nebenbei kam es zu Sachbeschädigungen: Es wurde gegen Autotüren getreten, Cabriofahrer wurden mit Wasserballons beworfen. Darauf folgten "kleine Rangeleien", d.h. Tätlichkeiten. Offenbar hält der Berichterstatter der NLZ das für ganz normale Nebenerscheinungen einer "bunten Aktion". Es kam zu Strassenblockaden; zudem wurde durch massive Regelübertretungen der Berufs- und Privatverkehr erheblich behindert. Aber wo, bitte, sind die Ordnungshüter geblieben? Vermutlich waren sie gerade mit Parkbussenverteilen und der Wartung der Blitzkästen beschäftigt.

 Die Strasse ist kein rechtsfreier Raum - das gilt auch für sich radikalisierende Gruppen aus der Veloszene. Die Luzerner Polizei sollte bei der nächsten Aktion dieser unerfreulichen Art gemäss ihrem gesetzlichen Auftrag für Ruhe und Ordnung sorgen!

 Daniel Keller, Kantonsrat SVP,Udligenswil

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GEISTIGE LANDESVERTEIDIGUNG
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NZZ 16.6.10

Der Berg ruft

 Neues zur geistigen Landesverteidigung

 uha. ⋅ Der Totalitarismus blieb der Schweiz des 20. Jahrhunderts erspart. Inwiefern jedoch die sogenannte geistige Landesverteidigung "totalitäre" Züge trug, ist in der historiografischen Forschung umstritten. Eine Gesamtdeutung der das Land von den dreissiger bis Ende der sechziger Jahre prägenden politisch-kulturellen Bewegung, die um die Eigenart des Helvetischen kreiste, steht noch immer aus. Der Historiker Dominik Schnetzer hat einen mit Verve formulierten Beitrag zur Entstehung der geistigen Landesverteidigung vorgelegt. Laut Schnetzer gelang es dem konservativen Bildungsbürgertum im ersten Jahrhundertdrittel, über die neuen Massenmedien, allen voran die Illustrierten und das Kino, in den städtischen Mittelschichten und der Arbeiterschaft eine antimodernistische, gegen alles "Unschweizerische" gerichtete Ideologie zu verankern. Diese Ideologie grenzte sich weniger von Faschismus und Nationalsozialismus ab, als dass sie ihren Blick mit "Scheuklappeneffekt" nach innen richtete.

 In "Füsilier Wipf" (1938), dem gemessen an den Zuschauerzahlen bis heute erfolgreichsten Schweizer Film, der von der Presse (auch von der NZZ) ungeachtet - oder gerade wegen - seiner ästhetischen Biederkeit begeistert aufgenommen wurde, findet die geistige Landesverteidigung ihren paradigmatischen Ausdruck: die Schweiz als heiler Alpenstaat und reine Bergwelt, als "naturalisierte Nation" und "nationalisierte Natur". In dieser Idylle setzen sich bürgerliche Heroen - Militärs, aber auch Ingenieure und Sportler - gegen das Fremde, Städtische und Effeminierte durch. - Wenn auch die Geschichte von der bürgerlich-reaktionären Instrumentalisierung des "Bergbildes" zu glatt aufgeht, liest sich Schnetzers Dissertation nur schon wegen ihrer sachverständigen Beschäftigung mit bildlichen Quellen mit Gewinn.

 Dominik Schnetzer: Bergbild und Geistige Landesverteidigung. Die visuelle Inszenierung der Alpen im massenmedialen Ensemble der modernen Schweiz. Chronos-Verlag, Zürich 2009. 464 S., Fr. 78.-.

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ANTISEMITISMUS
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NZZ 16.6.10

Der wirre Weg zum Wahnsinn

 Joachim Rieckers Studie zu den Quellen von Hitlers Antisemitismus

 Adolf Hitlers Judenhass, der mit dem Holocaust seinen schrecklichen Höhepunkt erreichte, war nicht von Anfang an so virulent. Erst in den Wirren von 1918 brach er sich Bahn und wurde zu einer massgeblichen Kraft in Hitlers triebhafter Politik.

 Jürg Dedial

 Dass Adolf Hitler ein Rassist und glühender Antisemit war, darf als eine der Grundvoraussetzungen für den schlimmsten Krieg der Geschichte gelten. Die Frage aber, warum Hitler ab einem gewissen Zeitpunkt einem so blindwütigen Antisemitismus verfiel, ist nicht ganz einfach zu beantworten. Die Erklärung, der 1889 in Braunau am Inn geborene Hitler sei schon während seiner Jugend in Linz und Wien und später in München von einer damals durchaus geläufigen antisemitischen Strömung erfasst worden, reicht allein nicht aus. Der Schritt zum Fanatismus und zum fast grenzenlosen Judenhass geschah erst später.

 Tief gespaltene Nation

 Dies ist die spannende Ausgangslage einer Untersuchung, die der Historiker und Journalist Joachim Riecker (er arbeitet in Berlin auch für die NZZ) verfasst hat. Man mag den Titel des Buches, "Hitlers 9. November", etwas plakativ finden. Aber Riecker placiert den Emanzipationsschritt des bis dahin unauffälligen Heeresgefreiten Adolf Hitler zu einem der radikalsten nationalistischen Politiker zu Recht in die verheerenden Wirren, in welche Deutschland Ende 1918 gestürzt wurde. Eine tief gespaltene Nation versuchte, mit der Niederlage und dem Verlust der Monarchie zu Rande zu kommen - der ideale Nährboden für Extremisten.

 Hitler gehörte zu jenen, die die Niederlage des Kaiserreichs nicht als Folge militärischer Unterlegenheit (was sie war) auffassten, sondern als Resultat einer inneren Zersetzung, ja offenen Verrats. Schuld trugen demnach vor allem Sozialisten und Kommunisten, und da sich unter ihnen zahlreiche jüdische Funktionäre befanden, eben "die Juden". Es war eine simple Erklärung, in deren rohem Muster ein Psychopath wie Hitler sein Weltbild verankern und - viel schlimmer - auch verwirklichen konnte. Das physische und psychische Elend einer zerrütteten Gesellschaft kam ihm dabei zu Hilfe. Ab Mitte 1919 trat Hitler offen antisemitisch auf.

 Schicksalsjahr 1918

 Riecker setzt beim Jahr 1918 an und verfolgt dann Hitlers Verschwörungsthese lückenlos bis zu ihrer letzten Konsequenz, der Diktatur, dem "Vergeltungskrieg" und der Vernichtung von Juden und anderen Minderheiten. Er bietet eine glänzend geschriebene Chronik jener Jahre, in denen Deutschland ins Unglück glitt. Seine Studie ist eine konsequente und luzide, auch methodisch beeindruckende Darstellung eines der unfassbarsten Phänomene des 20. Jahrhunderts. Der November 1918 war ein katalytischer Schnittpunkt mehrerer verhängnisvoller Entwicklungsstränge, die Riecker gekonnt und mit grosser sprachlicher Kompetenz entwirrt und erklärt.

 Spuren in der Jugend

 Die Annahme, dass erst diese unglücklichen Zeitumstände zur Katastrophe des Holocaust führten, ist gewiss richtig. Allerdings wäre es möglich und wünschbar gewesen, die antisemitischen Einflüsse auf den jungen Hitler noch ein wenig eingehender zu untersuchen. So fehlt beispielsweise jeder Hinweis auf die üble Judenfeindschaft Richard Wagners, dessen Musik und Schrifttum auf den labilen Charakter Adolf Hitlers durchaus grossen Einfluss hatten. Die tiefe Verehrung für Wagner hatte bei Hitler sehr früh begonnen.

 Als der Zeitpunkt des Novembers 1918 gekommen war, schlummerte also bereits ein Kern jener Verachtung und Abneigung im künftigen "Führer", die dann schnell zu Hass und tödlicher Rachsucht wurde. Am Wert von Joachim Rieckers Buch ändert dies freilich nichts. Die Studie ist ein höchst willkommenes Hilfsmittel zum Verständnis einer Zeit, die schon weit zurückliegt, deren Auswirkungen aber noch heute spürbar sind.

 Joachim Riecker: Hitlers 9. November. Wie der Erste Weltkrieg zum Holocaust führte.
Wolf Jobst Siedler, Berlin 2009. 295 S., Fr. 39.90.

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ROSA WINKEL
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Newsnetz 16.6.10

Der letzte Überlebende des "Rosa Winkel"

mt

 Er war zwei Mal in Nazi-Gefängnissen inhaftiert und durchlebte 32 Monate lang die Hölle des Konzentrationslagers Buchenwald - und dies nur wegen seiner Homosexualität.

 Nun, mehr als ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende, mit fast 97 Jahren, hat Rudolf Brazda sein Schweigen gebrochen. Der aller Wahrscheinlichkeit nach letzte Überlebende der homosexuellen KZ-Häftlinge veröffentlicht gemeinsam mit dem französischen Autor Jean-Luc Schwab seine Erinnerungen an die Verfolgungen im Nazi-Deutschland.

 "Mein Leben war grausam, aber ich bin immer davongekommen", fasst der alte Mann sein Schicksal lächelnd zusammen. Für das Interview in seinem kleinen Haus im elsässischen Mülhausen hat Brazda ein rosa Hemd angezogen - zur Erinnerung an den "rosa Winkel", den er selbst und Tausende andere homosexuelle Häftlinge im KZ tragen mussten. "Dies ist die Farbe, mit der uns die Nazis abgestempelt haben", sagt er ironisch. "Daher trage ich besonders gerne Rosa".

 Das Buch mit dem Titel "Itinéraire d'un triangle rose" (Lebensweg eines rosa Winkels) schildert anschaulich und detailliert, wie es Brazda in Nazi-Deutschland ergangen ist. Es berichtet von der harten Zwangsarbeit im KZ Buchenwald, vom allgegenwärtigen Tod, den Schlägen und den vielen Demütigungen, die gerade die Häftlinge mit dem rosa Winkel ertragen mussten. Jean-Luc Schwab hat aufgeschrieben, was ihm der für sein Alter noch sehr wache Brazda erzählt hat. Und er hat dessen Aussagen mit Dokumenten und Archivmaterial abgeglichen. Das Buch sei vor allem für die jungen Generationen gedacht, betont Brazda. "Damit sie lesen können, wie es uns ergangen ist."

 Brazda kommt als Wiederholungstäter nach Buchenwald

 Geboren wurde Brazda 1913 in Sachsen, als Sohn einer deutschsprachigen tschechischen Familie. Bereits als Jugendlicher entdeckt er, dass er sich zu Männern hingezogen fühlt - was der sogenannte Schwulenparagraph 175 unter Strafe stellte. Ein erstes Mal wird der junge Mann 1937 wegen "Unzuchts zwischen Männern" zu sechs Monaten Haft verurteilt. Nach der Entlassung wird er in die Tschechoslowakei abgeschoben.

 Dort, nach der Annexion der Sudetengebiete durch Hitler, wird Brazda wieder wegen homosexueller Beziehungen verurteilt, dieses Mal zu 14 Monaten Haft. Und weil er als Wiederholungstäter gilt, kommt er anschliessend ins KZ Buchenwald. Dass er die 32 Monate in dem Lager überlebte, verdanke er viel Glück - und einer Freundschaft zu einem Aufseher, betont der alte Mann.

 Wie Brazda wurden schätzungsweise 10'000 bis 15'000 Homosexuelle in KZs deportiert. Im Gegensatz zu anderen Häftlingsgruppen wurden sie nie entschädigt. Und das Schicksal der "rosa Winkel" war lange Zeit kaum bekannt, oder sogar tabu.

 Ehrung durch Klaus Wowereit in Berlin

 Erst ab den 80er Jahren befassten sich einige Bücher und Filme mit dem Thema. Und ein paar Betroffene brachen ihr Schweigen. Etwa der Elsässer Pierre Seel. In seinem 1996 auf Deutsch erschienenen Buch "Ich, Pierre Seel, deportiert und vergessen" schildert er seine Inhaftierung im "Erziehungslager" Schirmeck bei Strassburg.

 Seit Kriegsende lebt Rudolf Brazda zurückgezogen im Elsass. Dort lernte er Edi kennen, der 50 Jahre lang seine grosse Liebe war und 2003 gestorben ist. Erst vor zwei Jahren entschloss er sich, über sein Schicksal zu sprechen. Damals hörte er, dass im Mai 2008 mitten in Berlin eine Gedenkstätte für die Männer mit dem rosa Winkel eröffnet wurde. Und dass die Organisatoren meinten, es gebe keine Überlebenden mehr.

 Brazda machte auf sich aufmerksam - und wurde einen Monat später als Ehrengast zur Berliner "Gay Pride" geladen. Gemeinsam mit dem Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit, der sich seit 2001 ebenfalls öffentlich zu seiner Homosexualität bekennt, legte er eine Blume an der Gedenkstätte nieder. Heute gehe es ihm sehr gut, versichert der 97-Jährige. "Die Homosexualität ist nicht mehr verboten, wir sind freie Menschen - und ich bin glücklich."

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GENDER PRACTICE
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Radio Corax (Halle) 16.6.10

Gender Practice - Zwischen Theorie, politischer Forderung u. Alltagspraxis

In Halle finden schon seit geraumer Zeit die Queer Movie Nights statt. Wer fleißig unser tagesaktuelles Programm hört, der ist um die vielen Veranstaltungstipps gar nicht drum herum gekommen. Es gibt also zahlreiche Möglichkeiten sich mit dem Thema Queer auseinander zu setzen. Dazu gehört auch die Debatte und Diskussionen über Geschlechterverhältnise in unserer Gesellschaft. Immer noch bestehen in der Hinsicht Ungerechtigkeiten. Doch wie können ungerechte Geschlechterverhältnisse angegriffen werden, ohne sie zu reproduzieren?

Mit diesen und ähnlichen Fragen, wird sich kommenden Wochenende vom 18 - 20. Juni in der Frauenkultur Leipzig beschäftigt. Dazu spricht Lorenz vom Radio Corax mit Susann Hänel, einer Ansprechpartnerin des Projektes.
http://www.freie-radios.net/mp3/20100616-genderpract-34634.mp3

Skript     

* Warum macht ihr den Workshop? Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

* In Workshop die Beschreibung Gender Mainstream. Was meint das und wie characterisiert sich die Bewegung und ihre Strömungen?

* Welche Gesellschaftskritik formulieren denn Queere/Gender- Konzepte?

* Es wird auch oft thematisiert, dass die sogenannte Realpolitik es nicht schafft die Ansätze die genderstudies verfolgen umzusetzen. Woran liegt das? allein eine Sensibilisierung reicht nicht. Welche Ansätze muss man suchen und finden?

* Die obergeordnete Frage die dahinter steht meint auch: welchen Weg gehen denn Queere/Gender Gedanken?

* Was für eine Erkenntnis gewinnt man durch Queere Ansätze für eine bessere Gleichberechtigung?

* "Zwischen Theorie, politischer Forderung u. Alltagsrealität" ist ein weit gefasstes Spektrum in der Auseinandersetzung mit dem Thema Gender. Ihr habt nur ein Wochenende.

* Was können die Teilnehmer am Wochenende erwarten? Wie ist der Workshop aufgebaut?

* Welche Voraussetzungen sollen Teilnehmer mitbringen? An wen richtet sich der Workshop? (bestimmtes Alter oder Schulabschluss??)

* Was kostet die Teilnahme? Wo kann ich mich anmelden?

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KINO
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Radio F.R.E.I. (Erfurt) 16.6.10

Postkolonialität und libertäre Kinobewegungen - Spuren eines Dritten Kinos

Aus der Anmod: Exotische Länder, vor allem in Mittel- und Südamerika dienen sehr oft als Kulisse für die Filmtraumfabriken aus US-Amerika und Europa. Doch eigene Produktionen aus diesen Ländern gibt es nur sehr selten zu sehen. Nicht zu letzt liegt das auch daran, dass beispielsweise die südamerikanischen Länder noch immer politisch stark umkämpft sind. Filmemacher haben diese Befreiungskämpfe vor allen in den 60er und 70er Jahren mit ihren Kameras begleitet. Eine Filmreihe namens "Spuren eines Dritten Kinos" die derzeit im Zeughauskino in Berlin zu sehen ist beschäftigt sich mit eben jenen Filmen. Am Telefon begrüße ich nun einen der Organisatoren der Filmreihe, Nikolaus Perneczky
http://www.freie-radios.net/mp3/20100616-postkolonial-34633.mp3

weitere Informationen unter: http://www.spureneinesdrittenkinos.net

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G8/G20
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NZZ 16.6.10

Dissonanzen um Doppelgipfel der G-8 und der G-20 in Kanada

 Kritik an den horrenden Kosten für Sicherheit und Infrastruktur

 In einigen Tagen wird in Kanada der traditionelle "grosse" G-8- Gipfel stattfinden, dem eine Tagung der G-20 folgen wird. Im Gastgeberland wird die Kritik an den hohen Sicherheitskosten immer lauter.

Christian Jaekl, Ottawa

 In wenigen Tagen werden in Kanada zwei Weltwirtschaftsgipfel in Folge stattfinden. Am 25. und 26. Juni versammeln sich die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrienationen einschliesslich Russlands in der Sommerfrische von Deerhurst bei Huntsville (Ontario) zum traditionellen G-8-Treffen, von wo sie sich dann in die nur wenige Autostunden entfernte Metropole Toronto begeben, um bis zum 27. Juni im Rahmen der neueren Gruppierung der G-20, die auch eine Reihe von Schwellenländern umfasst, eine Lösung der globalen Wirtschaftsprobleme anzustreben. Kanada als Gastgeber muss die Sicherheit der Konferenzteilnehmer und ihrer anschwellenden Begleittrosse gewährleisten, was im kleinen Ferienort nicht schwer erscheint, im Herzen der grössten Stadt des Landes aber Kopfzerbrechen - und Kostenüberschüsse - verursacht.

 Grössere Dynamik der G-20

 Kanada ist sich der Ehre bewusst, im Kreis der G-8 mitsprechen zu dürfen, seit das Land 1976 durch Drängen Amerikas beigezogen wurde. Washington wollte sich damals eine "zweite Stimme" in der ursprünglich sechs Staaten - Frankreich, die USA, Grossbritannien, Deutschland, Japan und Italien - umfassenden informellen Gesprächsrunde sichern. Huntsville ist für Ottawa die fünfte Gelegenheit, in diesem Rahmen als Gastgeber zu wirken. Da für die amtierende Regierung stets ein grosser Prestigezuwachs zu verbuchen war, konnte der einer Minderheitsregierung vorstehende Tory-Premierminister Stephen Harper der Versuchung nicht widerstehen, sich auch um die Gastgeberrolle für eine Tagung der jüngeren und dynamischeren G-20-Gruppe zu bemühen, was ihm sozusagen in letzter Minute gelang.

 Während die G-8-Konferenz wie üblich von anstehenden politischen Krisen beherrscht werden und dafür gute Worte finden dürfte, steht zu erwarten, dass einige bereits sorgfältig vorbereitete Grossprojekte und deren grosszügige Finanzierung - wie etwa zur Förderung der Gesundheit von Mutter und Kind in armen Ländern - der G-8-Tagung einen erfolgreichen Anstrich verleihen werden. Die wirkliche Dynamik der internationalen Wirtschaftsdiskussion hingegen ist in kanadischer Sicht im Rahmen der G-20 anzutreffen, weshalb Premierminister Harper auf diese Tagung so erpicht war. Hier dürfte das Glück dem kanadischen Regierungschef insofern in die Hände spielen, als die Konferenz in Toronto lediglich eine Etappe auf dem Weg zur Novembertagung der G-20 in Seoul sein wird, so dass Toronto nicht unter Erfolgszwang steht.

 Ehrgeiziger Speisezettel

 Auf dem ehrgeizigen G-20-Speisezettel stehen nicht nur die internationale Koordinierung des Übergangs von Massnahmen zur Stimulierung der Wirtschaft zu den sich jetzt wieder aufdrängenden Defizitkürzungen sowie die mittelfristige Anpassung von Handels- und Kapitalströmen, sondern auch die Bankenreform, insbesondere das leidige Kapitel der Regulierung. Für alle diese Programmpunkte hatte die G-20-Tagung im Vorjahr in Pittsburgh den im November 2010 in Seoul stattfindenden Gipfel als Termin genannt. Der Etappencharakter Torontos öffnet natürlich den Weg für schöpferische Diskussionen, die dem kanadischen Gastgeber die Möglichkeit geben sollten, auf allen Ebenen Erfolge einzuheimsen, auch wenn die tatsächliche Ernte eher spärlich bleibt.

 Einen innenpolitisch gewichtigen Erfolg hat Harper bereits dadurch errungen, dass er die Diskussion über die noch kürzlich von vielen Seiten geforderte internationale Bankensteuer abbiegen konnte. Harper bietet als Ersatz dafür das sogenannte "embedded contingent capital" an, wonach - vornehmlich grosse - Banken Wertpapiere verkaufen sollen, die im Notfall in Stammaktien umzuwandeln sind, um so auf Kosten der Anteilseigner das Kapital zu erhöhen. Die Bankensteuer fand hier auch in der Öffentlichkeit keinen Anklang. Mit Genugtuung vermerkt man, dass auch der OECD-Generalsekretär Angel Gurría nun von der Bankensteuer absehen und dagegen die Kapitalfrage betonen will.

 Über eine Milliarde Dollar

 In seiner Beschäftigung mit Fragen des Programms - und wohl auch des Prestiges - scheint Premierminister Harper die Kostenfrage etwas aus den Augen verloren zu haben. War die Gewährleistung der Sicherheit für beide Konferenzen noch vor Monaten konservativ auf einige hundert Millionen Dollar veranschlagt worden, sind sie kürzlich abrupt auf über eine Milliarde angewachsen. Das ist Futter für die Opposition wie für die Medien und die breite Öffentlichkeit. An Planung und Voraussicht scheint es arg gemangelt zu haben - angefangen damit, dass man zuerst beide Konferenzen im Feriengebiet Deerhurst-Huntsville unterzubringen gedachte, um dann plötzlich die grössere G-20 ins Zentrum der grössten Stadt Kanadas zu verlegen.

 Sowohl in Deerhurst wie in Toronto werden seit letztem Wochenende die obligaten Sicherheitszäune - hässliche, drei Meter hohe Hindernisse - errichtet. Rund um Deerhurst, mitten in dem seit indianischen Zeiten Muskoka genannten "cottage country" mit seinen malerischen Seen und unzähligen Chalets, geht die monströse Barriere jetzt über Felder, Hügel und Buschland, um den G-8-Gästen während einiger Stunden ungestörte Sicherheit zu bescheren. Dort hält sich die Beeinträchtigung der relativ geringen Bevölkerung in Grenzen. In Toronto jedoch, wo man ausgerechnet das Zentrum wählte, erschwert man, wenn auch nur für kurze Zeit, den Tagesablauf von 30 000 Personen.

 In Toronto allein kostet die in Betonklötze eingebettete Barriere 4 Millionen Dollar. Über 1000 noch anzuheuernde Hilfspolizisten werden die Zugänge kontrollieren. Wie üblich wird die Arbeit der Polizei aller Regierungsebenen von der Royal Canadian Mounted Police (RCMP) geführt und von der Armee unterstützt. Das vieltausendköpfige, bunt zusammengewürfelte Sicherheitskorps wird mit Knüppeln, Tränengas und Pfeffersprays und zum Teil mit Pferden erscheinen. Die Polizei von Toronto - nicht jedoch die RCMP - wird als Geheimwaffe ohrenbetäubende Lärmkanonen bereithalten. Entsprechend laut ist bereits der Protest von Kritikern, die Gesundheitsschäden auch für die Bevölkerung befürchten.

 Noch dissonanter erscheinen Vorwürfe und Entschuldigungen um die Kostenfrage. Das offiziell enthüllte Überschreiten der Milliardenschwelle für Sicherheitsvorkehrungen, ganz abgesehen von den übrigen Ausgaben, hat die Vorfreude wegen des Prestigegewinns negativ gefärbt. Vielfach wird die Notwendigkeit der Abhaltung von Gipfeltreffen in Ballungszentren in Frage gestellt. Auch der frühere Premierminister Paul Martin findet die Kosten unerhört. Aus dem Volk kommt der Vorschlag, solche Tagungen künftig auf einen Flugzeugträger zu verlegen.

 Zum Zorn gesellt sich zunehmend der noch gefährlichere Spott im Zusammenhang mit einer wohlgemeinten, vielfach aber zur Eulenspiegelei gestempelten Werbe-Initiative der Regierung. Die Regierung Harper, die in ihren Kontakten zur Presse oft stolpert, wird der Mehrheit der in Toronto für beide Gipfel erwarteten zwei- bis dreitausend Medienvertreter den Zutritt zum G-8-Gipfel verwehren. Lediglich 200 Presseleute werden, sozusagen am Gängelband, zugelassen. Dem Grossteil der in Toronto ausharrenden Medienleute wird aber ein von Bürokraten als Trost empfundener Ersatz geboten.

 Spott und Zorn

 Man hat im Medienzentrum einen künstlichen See eingerichtet. Das als "fake lake" (falscher See) sofort zum Gespött und Politikum gewordene Wasser ist ein seichter Teich, der mit Kanus, Dock und traditionellen Muskoka-Lehnstühlen aufgeputzt ist. Auf einem grossen Bildschirm wird man Szenen aus dem "cottage country" bewundern können, während im Hintergrund die heimeligen Rufe des Seetauchers (loon) zu hören sind, dem der Kanada-Dollar den volkstümlichen Namen Loonie verdankt. Der zunächst für den Teich genannte Herstellungspreis von 2 Millionen Dollar wurde zwei Tage lang von der Öffentlichkeit mit Zorn und Gelächter quittiert, bis es der Regierung einfiel, von einer entrüsteten Verteidigung auf eine Relativierung umzuschalten.

 Obwohl man jetzt betont, dass auf den künstlichen Teich selbst nur ein Bruchteil des Betrags entfällt, der für den gesamten, "Experience Canada" genannten Werbe-Pavillon ausgegeben wurde, dürfte sich der schlechte Eindruck auf absehbare Zeit unauslöschlich eingeprägt haben.

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ANTI-ATOM
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Basler Zeitung 16.6.10

Regierung gegen Beznau-Ersatz

 Basel. Der basel-städtische Regierungsrat hat sich in einer Vernehmlassung zuhanden des Kantons Aargau gegen das geplante Ersatz-Atomkraftwerk Beznau und für die Erweiterung des hydraulischen Kraftwerks Beznau ausgesprochen. Der Regierungsrat stellt sich aufgrund von Verfassung und Atomgesetz gegen den Bau neuer Kernkraftwerke, auch als Ersatz für bestehende Werke. Beim Wasserkraftwerk setzt er voraus, dass die Axpo als Gesuchstellerin sich zu einer ökologischen Stromproduktion verpflichtet.

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Basellandschaftliche Zeitung 16.6.10

Regierung gegen neues AKW Beznau

 Die Basler Regierung ist gegen ein neues Atomkraftwerk Beznau. Das hat sie in ihrer Vernehmlassungsantwort an das Aargauer Departement Bau, Verkehr und Umwelt zum Richtplanverfahren festgehalten. Aufgrund seiner Verfassung stelle sich der Kanton Basel-Stadt "grundsätzlich und eindeutig" gegen den Bau neuer Atomkraftwerke, auch von Ersatzatomkraftwerken, heisst es in einer Mitteilung. Diese Haltung gründe vor allem darauf, dass Atomkraftwerke "ein erhebliches Risikopotenzial für Gesellschaft und Umwelt darstellen". (sda)

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NZZ 16.6.10

Basler Regierung gegen neues AKW

 (sda) ⋅ Die Basler Regierung ist gegen ein neues Atomkraftwerk Beznau auf der Aareinsel in Döttingen. Das hat sie in ihrer Vernehmlassungsantwort an das aargauische Departement Bau, Verkehr und Umwelt zum Richtplanverfahren festgehalten. Aufgrund seiner Verfassung stelle sich der Kanton Basel-Stadt "grundsätzlich und eindeutig" gegen den Bau neuer Atomkraftwerke.