MEDIENSPIEGEL 24.6.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo)
- Reitschule bietet mehr: Heute im Stadtrat
- Police BE: zu wenig Präsenz wegen Sport
- Randstand Langenthal: Bürgertumschreck
- Flüchtlngs-Demo 24.6.: Max Göldi aus Nigeria
- Ausschaffungen: Sonderflüge mit ÄrztInnen; 2x
ausgeschafft
- Sans-Papiers LU: Anlaufstelle
- Pfefferspray-Toter in BRD
- Police FR: augenauf-Beschwerde gegen Knast-Demo-Einsatz
- Police CH vs Grenzwachtkorps
- Narrenkraut: Legalize it!
- UNO-Drogenbericht
- 30 Jahre Züri brännt: Kontinuität
- Fussball: Alternative Frauenliga ZH; Honduras-Panini-Schock
- Big Brother Sport: Hardliner-Flop
- Anti-Atom: 2 AKWs zuviel für Kapitalmarkt?; BKW-Knatsch;
Tiefenlager
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REITSCHULE
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Do 24.06.10
11.30 Uhr - SousLePont - WM-Beiz im Hof
Fr 25.06.10
11.30 Uhr - SousLePont - WM-Beiz im Hof
21.00 Uhr - Frauenraum - Tanzbar mit DJ Piccolina.
Standard und
lateinamerikanische Tänze und Disco
23.00 Uhr - Dachstock - Little Brother: Phonté,
Big Pooh &
9th Wonder (USA), Hovatron (CAN), Cratekemistry Soundsystem (Kermit,
L-Cut, Mr. Thrillin). Style: Hip Hop
Sa 26.06.10
11.30 Uhr - SousLePont - WM-Beiz im Hof
So 27.06.10
11.30 Uhr - SousLePont - WM-Beiz im Hof
So 27.06.10
11.00 Uhr - Frauenraum - Frauenchor der Reitschule singt,
anschliessend
Frühstückbuffet.
Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch
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Bund 24.6.10
Bühne "Die Dällebach-Macher"
Eine kritische Anmerkung
Dällebach Kari wird demnächst zum
Seebühnen-Star.
Dass der Berner Coiffeur kaum zum Monument taugt, suggeriert ein
"Musical zum Musical" im Tojo-Theater.
Er steht bereits, der Zytglogge-Turm auf dem Thunersee.
Und das
Konterfei von Dällebach Kari prangt schon lange auf
Einkaufstüten, Zeitungsseiten, Zuckerbeuteln. Die diesjährige
Inszenierung der Thuner Seespiele, "Dällebach Kari - das Musical",
die am 14. Juli Premiere feiert, gibt den beiden Theatermachern Pascal
Nater und Michael Glatthard Gelegenheit, die zum Monumentalmusical
aufgeblasene Geschichte des Berner Coiffeurs zu thematisieren. "Die
Dällebach-Macher" ist zunächst ein Stück
Dokumentartheater: Präsentiert werden die Ergebnisse einer
Recherche über die Seespiele - darüber, wie beispielsweise
Liedtexte von drei deutschen Textern verfasst werden, die zwei Berner
Texter dann wieder zurück in die Mundart übersetzen. Oder
warum Berndeutsch sprechende Darsteller in Berlin gecastet werden.
Karis Geist
Nater und Glatthard, die beide an der Berner Hochschule
der
Künste studiert haben (der eine Musik und Medienkunst, der andere
Theater), lassen in ihrem "Musical zum Musical" die kritische
Bestandesaufnahme in eine Fiktion münden, indem sie sich
erträumen, wie es wäre, nicht für ein paar Dutzend
Zuschauer im Tojo-Theater zu spielen, sondern ein Musical für
Tausende auf die Bühne zu bringen. Eines, in dem Dällebach
Karis Geist, notabene, keine unwesentliche Rolle spielt. (reg)
Tojo-Theater Reitschule Premiere: Mittwoch, 30. Juni,
20.30 Uhr.
Weitere Aufführungen: 1., 4. und 5. Juli.
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REITSCHULE BIETET MEHR
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Bund 24.6.10
Heute im Berner Stadtrat
Reitschul-Initiative, Jahresbericht und Stabe
Der Stadtrat nimmt heute zur Initiative zum Verkauf der
Reitschule Stellung. Der Gemeinderat empfiehlt ein Nein zum
Volksbegehren. Zur Debatte steht auch der Jahresbericht 2009 samt
Rechnung sowie ein Vorstoss, der verlangt, dass den Stadtbauten (Stabe)
die Bauherrschaft über den Feuerwehrstützpunkt weggenommen
wird. Wegen des Jahresberichts beginnt die Sitzung bereits um 15 Uhr.
Die Reitschule-Initiative dürfte erst in den Sitzungen ab 17 bzw.
20.30 Uhr zur Sprache kommen. (bob)
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reitschule.ch 22.6.10
Aktionstag 24.6.10:
Am Do 24.6. wird im Berner Stadtrat über die
Anti-Reitschule-Initiative debattiert. Das Komitee "Reitschule bietet
mehr" wird deshalb am Nachmittag (ab 14.30 Uhr bis 17.00 Uhr) mit
Informationen, einer Ausstellung, kurzen Statements und Aktionen vor
dem Rathaus präsent sein.
Um 16.30 Uhr Statements von
- Joy Matter
- Die Effalums
- Matto Kämpf
- Marguerite Meyer
- Michael Kaufmann
- Christine Lauterburg
- u.a.
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POLICE BE
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Bund 24.6.10
Polizeipräsenz: FDP wirft Stadt Wortbruch vor
Die Polizeipräsenz in der Berner Innenstadt lag im
letzten
Jahr 1700 Stunden unter dem Soll. Ursache hierfür sind die
Polizeieinsätze vor den Sportstadien.
Bernhard Ott
Für FDP-Politiker Philippe Müller ist der Fall
klar:
"Die Kantonspolizei muss 65 000 Stunden Polizeipräsenz in der
Stadt Bern leisten." Dies sei im Ressourcenvertrag zwischen Kanton und
Stadt so festgelegt. Gemäss Jahresbericht hat die Polizei im Jahr
2009 aber bloss 63 300 Stunden auf Patrouille verbracht. Diese
Lücke sei auf die "enorm vielen Stunden" zurückzuführen,
welche die Polizei vor den Fussballstadien zur Gewährleistung der
Sicherheit bei Hochrisikospielen verbracht habe. "Diese zusätzlich
geleisteten Stunden gingen zulasten der ordentlichen Präsenz in
der Stadt Bern", hält der Jahresbericht dazu fest. Auch der
kantonale Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (FDP) hat
jüngst im Grossen Rat bestätigt, dass die Mehrkosten für
die Einsätze vor den Stadien kompensiert und zu weniger
Polizeipräsenz in der Stadt führen würden. Müller
sieht darin eine "Missachtung des Volkswillens". Schliesslich habe die
Stadt Bern im März dem Gegenvorschlag zur Initiative für eine
Erhöhung der Polizeipräsenz zugestimmt. Dieser sieht eine
schrittweise Erhöhung der Präsenz von heute 65 000 auf 85 000
Stunden ab 2013 vor. Zudem habe der Gemeinderat stets beteuert, dass
Einsätze bei Grossanlässen für die Stadt unentgeltlich
seien. "Es kann nicht sein, dass die Sicherheit in der Stadt Bern vom
Tabellenstand von YB und der damit zusammenhängenden Anzahl von
Hochrisikospielen abhängt", sagt Müller.
"Auf die Dauer nicht akzeptabel"
"Es hat eine Verlagerung der Polizeipräsenz gegeben",
sagt
Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP). Mit der Umsetzung des
Gegenvorschlags zur Polizei-Initiative habe dies jedoch nichts zu tun.
"Müller tut so, als ob wir den Gegenvorschlag bereits 2009
hätten umsetzen sollen." Die Rekrutierung der neuen
Polizeikräfte, mit denen die 20 000 Stunden zusätzlicher
Präsenz ab 2013 gewährleistet werden sollen, sei im Gang. Wie
in den Abstimmungsunterlagen kommuniziert, zahle die Stadt hierfür
2,2 Millionen Franken, was auch in einer Zusatzvereinbarung zum
Ressourcenvertrag festgehalten werde. "Die 20 000 zusätzlichen
Stunden sollen nicht vor dem Stadion, sondern in der Innenstadt
verbracht werden", versichert Nause.
Eine Verlagerung der Polizeipräsenz von der
Innenstadt zu
den Stadien will Nause auf die Dauer aber nicht akzeptieren. "Wir
müssen die Einsatzstunden vor den Stadien senken." Zu diesem Zweck
hätten die Stadt und die Klubs ja Sicherheitsbestimmungen
vereinbart. "Wenn diese Vereinbarungen nicht greifen, müssen die
Klubs halt mehr zahlen." Die Stadt und YB seien zurzeit in
Gesprächen über eine Abgeltung für den temporären
Sicherheitszaun, der nach den Spielen jeweils zum Einsatz komme. Zudem
zeichne es sich ab, dass der Fussballverband künftig auf die
Durchführung von Finalissima-Spielen verzichte. Allein bei der
Finalissima YB - Basel seien 600 Polizisten im Einsatz gestanden, sagt
Nause.
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RANDSTAND LANGENTHAL
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BZ 24.6.10
Langenthal
Angst vor Drogenszene
Bis im Herbst nächsten Jahres wird der Langenthaler
Wuhrplatz umgestaltet. Der wichtigste Platz der Stadt soll zu einer
attraktiven "Begegnungszone für alle" werden.
Wirklich für alle? Direkt neben dem Platz an der
Langete
treffen sich die Randständigen. Und die passen nicht ins Bild, das
sich Langenthal mit dem neuen Wuhrplatz geben will. Kommt hinzu, dass
neben dem Alki-Treff wieder eine echte Drogenszene entstanden ist. Und
wo harte Drogen konsumiert würden, da werde auch gedealt, sagt der
städtische Sicherheitschef Andreas Ryf. Eine Expertengruppe soll
jetzt Massnahmen vorschlagen, damit der neue Wuhrplatz nicht wieder zum
Langenthaler "Letten" wird.
khl/sae
Seite 19
--
Umbau Wuhrplatz Langenthal
Müssen die Randständigen weichen?
Im Herbst 2011 wird der umgestaltete Wuhrplatz eingeweiht.
Ein
Begegnungsplatz für alle. Oder doch nicht? Direkt neben dem Platz
an der Langete treffen sich die Randständigen. Mit der Szene will
die Stadt jetzt "arbeiten".
Ein Markenzeichen Langenthals soll der Wuhrplatz werden.
Bis im
Herbst 2011 wird der heute wenig einladende Parkplatz zum attraktiven
Begegnungsplatz umgestaltet (wir berichteten). 3,1 Millionen Franken
lässt sich die Stadt das Projekt kosten. Schon vor Beginn der
eigentlichen Bauarbeiten stellt sich jetzt aber die Frage: Was wird aus
den Randständigen, die sich direkt neben dem Wuhrplatz am Ufer der
Langete längst ihren eigenen kleinen Begegnungsplatz geschaffen
haben?
Szene im Wandel
"Mit dieser Szene werden wir jetzt arbeiten", sagt
Stadtschreiber
Daniel Steiner. Denn spätestens mit der Einweihung des neuen
Wuhrplatzes dürften die Randständigen auch die Politik
beschäftigen. Schliesslich will sich die Stadt mit dem Platz von
ihrer allerbesten Seite zeigen. Alkoholiker und Drogenabhängige
sind da weniger erwünscht. Eine Arbeitsgruppe soll sich deshalb
nun mit der Problematik der Randständigen befassen.
Der neue Wuhrplatz sei nicht der Auslöser,
erklärt
Gemeinderat Rolf Baer (FDP), zuständig für die
öffentliche Sicherheit. Handlungsbedarf bestehe schon länger.
Denn die Szene - "lange war es eine Gruppe friedlicher Leute" - habe
sich verändert. Immer mehr Auswärtige kämen an den
Treffpunkt am Langete-Ufer, das Konfliktpotenzial sei dadurch
gewachsen. Auch der Drogenhandel habe zugenommen ( Text rechts).
Dagegen müsse nun etwas unternommen werden. Mit der Einweihung des
Platzes soll deshalb auch in einem Konzept festgehalten sein, was im
Zusammenhang mit dem Szenetreff am Langete-Ufer zu tun ist.
Baer: "Keine Vertreibung"
Es gehe nicht darum, die Randständigen zu vertreiben,
sagt
Gemeinderat Baer. "Das würde das Problem nicht lösen." Die
Arbeitsgruppe, der nebst Baer und Sozial-Gemeinderat Reto Müller
(SP) auch Vertreter der Jugendarbeit, der Kantonspolizei und aus dem
Sozialbereich angehören, soll vielmehr Lösungen finden, damit
die Szene kontrollierbarer wird. "Um einige repressive Massnahmen
werden wir nicht herumkommen", sagt Baer. "Es gibt aber sicher keine
Patentlösung", sondern es müssten verschiedene einzelne
Massnahmen geprüft werden - auch im Rahmen des
Sicherheitskonzepts, das ebenfalls bis im Herbst 2011 stehen soll.
Farbe bekennen
Für Diskussionen dürfte im Politherbst 2011 also
gesorgt sein, wenn die ersten Ideen umgesetzt - und finanziert werden
sollen. "Da werden die Politiker Farbe bekennen müssen", sagt der
Gemeinderat. Denn für manche würden die Randständigen im
Stadtzentrum ein Problem darstellen. "Sie sind aber Teil der heutigen
Gesellschaft und als ‹Szene› so auch Merkmal des städtischen
Bildes", findet Rolf Baer. Nun müsse diskutiert werden, wie damit
umzugehen sei - und entsprechend gehandelt werden.
Kathrin Holzer
--
"Es werden wieder harte Drogen konsumiert"
Früher sei das Pärkli an der Langete ein reiner
Alkitreff gewesen, sagt Sicherheitschef Andreas Ryf. Das habe sich aber
geändert.
Die Szene im Pärkli am Langete-Ufer werde
grösser. Dies
sagt Andreas Ryf, Amtsvorsteher öffentliche Sicherheit. Für
die Behörden würden sich daraus mehrere Probleme ergeben.
"Vor wenigen Jahren war das eine reine Alkiszene, es wurden vielleicht
noch weiche Drogen konsumiert", erklärt Ryf. In den letzten zwei
Jahren habe sich daneben aber eine zweite Szene aufgebaut, nun
würden plötzlich auch wieder harte Drogen konsumiert am
Langete-Ufer. "Und wo Konsum ist, wird auch gedealt", sagt Ryf, das
zeigten Polizeikontrollen. Vor allem mit Kokain, wegen der tiefen
Preise vermehrt auch mit Heroin. Die Polizei führe deswegen
bereits heute häufig Razzien durch. "Allein mit Repression wird
man aber kaum zum Ziel kommen", ist der Sicherheitschef überzeugt.
"Es braucht auch Alternativen."
Allerdings, so Sicherheitschef Andreas Ryf, sei es heute
für
die Kantonspolizisten schwieriger geworden, die Szene im Auge zu
behalten. Die früheren Stadtpolizisten hätten die meisten der
Randständigen gekannt und neue Leute einzeln kontrolliert. Nun
müsse man vermehrt alle kontrollieren.
khl
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FLÜCHTLINGS-DEMO
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WoZ 24.6.10
Asylpolitik - Dank Muammar Gaddafi hat die Schweiz weniger
Asylsuchende. Wie kaum ein anderes Land profitiert die Schweiz von der
Festung Europa.
Max Göldi aus Nigeria
Von Susan Boos
Hans Rudolf Merz hat getan, was kleine Männer gerne
tun:
sich gefallen. Seine grossspurige Libyen-Aktion ging dann zwar daneben,
blöd gelaufen. Jetzt fragt sich nur noch: Hat er vor seiner
Libyen-Reise schon gewusst, dass der Nachrichtendienst über eine
Befreiungsaktion der sogenannten Geiseln nachdachte? Selbst
FDP-Fraktionschefin Gabi Huber, die immer als Merz' Kindermädchen
agiert, meinte kleinlaut: Merz allein wisse, was er gewusst habe.
Vermutlich hat er es gewusst, wollte aber allen beweisen,
dass er
besser ist als jeder Geheimdienst, und sah sich schon in Lorbeeren
baden. Wäre logisch, der Mann tickt so. Wozu also die Aufregung?
Max Göldi ist wohlbehalten wieder da. Das freut einen für
ihn. Doch ein winziges Aber bleibt - auch wenn man es fast nicht sagen
darf: Göldi hatte gewusst, dass er kein Arbeitsvisum besass, als
er in Libyen für den Technologiekonzern ABB tätig war.
Hierzulande ist dies allerdings mit dem Gefühl
verknüpft, es sei okay, das zu tun. Nur, was wäre, wenn Max
Göldi ein Arbeiter aus Nigeria wäre und sich ohne korrekte
Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz aufgehalten hätte?
Er wäre zwar kaum im Auftrag einer nigerianischen
Firma
hier, sondern würde versuchen, als Flüchtling Unterschlupf zu
finden. Man hätte ihm freundlich gesagt, er sei kein richtiger
Flüchtling, er solle das Land verlassen. Er hätte gesagt, das
könne er nicht, weil er in seinem Land verfolgt werde. Man
hätte ihm gesagt, er solle jetzt gehen. Er wäre nicht
gegangen. Und dann hätte man ihn eingesperrt. Bis zu zwei Jahre
hätte das dauern können, obwohl er nichts getan hat, als hier
zu sein.
Schweiz profitiert kräftig
Künftig müsste er höchstens eineinhalb
Jahre im
Gefängnis sitzen, nicht mehr zwei. Das Parlament hat in dieser
Sommersession die Ausschaffungshaft verkürzt - nicht freiwillig,
denn die lange Ausschaffungshaft verstiess gegen die EU-Richtlinien,
die nur achtzehn Monate zulassen.
Im Übrigen profitiert die Schweiz kräftig von
der
Festung, die die EU gebaut hat. Der "Migrationsbericht 2009", der
Anfang Woche erschienen ist, liefert dazu einige Daten. Europaweit
haben im vergangenen Jahr 283 000 Menschen einen Asylantrag gestellt.
Südafrika, als Gastgeber der Fussball-WM zurzeit omnipräsent,
kann mit 220 000 Asylanträgen durchaus mithalten - vier
Fünftel aller Flüchtlinge werden von Entwicklungs- und
Schwellenländern aufgenommen, nicht vom reichen Norden, aber das
steht nicht im Migrationsbericht. Was hingegen drinsteht: In der
Schweiz haben 16 000 Personen einen Asylantrag gestellt. Fast 4600
Menschen konnten gleich in ein EU-Land zurückgeschoben werden,
weil sie von dort eingereist waren - womit laut Dub liner Abkommen das
betreffende Land für diese Personen zuständig ist. Gäbig
für die Schweiz. Im gleichen Zeitraum musste die Schweiz nur 452
Personen von anderen EU-Staaten übernehmen.
Die Schweiz sitzt ja praktischerweise mitten in Europa,
weshalb
es dank der Abkommen von Schengen und Dublin immer weniger Menschen
gelingt, hier Asyl zu beantragen. Bislang war das eine Behauptung. Die
Statistik zeigt nun, dass es stimmt: In den EU-Ländern stieg die
Zahl der neuen Asylanträge um durchschnittlich zwei Prozent, in
Dänemark gar um fünfzig Prozent. In der Schweiz aber sind sie
um zwei Prozent gesunken - nur Griechenland, Italien und Spanien sind
noch abweisender. Dazu steht im Migrationsbericht: "Mit der faktischen
Schliessung der Route über das zentrale Mittelmeer von Libyen via
Lampedusa nach Italien wurde einer der wichtigsten Migrationswege in
Richtung Schweiz unterbrochen." Muammar al-Gaddafi sei Dank.
Max Göldi könnte heftige Geschichten
erzählen,
falls es ihn eben nicht als ABB-Angestellten, sondern als
Flüchtling nach Libyen verschlagen hätten. Die
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat im letzten Jahr
Dutzende von Flüchtlingen interviewt, die in Libyen gestrandet
waren. Ihre Geschichten sind grauenvoll. Wer erwischt wird, kommt ins
Gefängnis, wird verprügelt, manchmal mit Elektroschocks
traktiert, es gibt überfüllte Zellen, kein Wasser, kaum zu
essen, kein Klo, keine medizinische Versorgung. Die Wärter
arbeiten mit Schleppern zusammen und kassieren ab.
So geht das in Libyen
Einer der Flüchtlinge erzählte: "Einige wurden
von den
Polizisten in der Wüste ausgesetzt. Manchmal fuhren sie ihnen noch
mit dem Wagen über die Beine und liessen sie einfach liegen." Ihn
selbst verkaufte ein Gefängniswärter zusammen mit anderen
Flüchtlingen an einen libyschen Schlepper, der verlangte, ihre
Familien müssten 200 Dollar schicken, damit sie rauskämen. Es
sei einfach zu viel gewesen, berichtete er: "Für manche war es der
vierte oder fünfte Versuch, nach Europa zu kommen. Manche verloren
die Hoffnung. Ich hörte, dass sich einige selbst umgebracht haben."
So geht das in Libyen. Aber das war in Ordnung, solange
das
Geschäft rund lief: Noch 2008 importierte die Schweiz aus keinem
anderen afrikanischen Land so viel wie aus Libyen (insbesondere
Erdöl) - auch der Export gedieh. Bis dann die Geschichte mit
Gaddafi junior in Genf passierte und man plötzlich merkte, wie
unfreundlich Diktaturen sein können.
Zurück zum Migrationsbericht. Im letzten Jahr hat das
Bundesamt für Migration 17 326 Asylgesuche behandelt. 2600 Gesuche
wurden gutgeheissen, das heisst, 16,3 Prozent der Asylsuchenden wurden
als Flüchtlinge anerkannt. Alle andern sollten eben wie Max
Göldi aus Nigeria die Schweiz verlassen. Fast 4000 von ihnen
wurden im letzten Jahr in Ausschaffungshaft gesetzt. 300 wurden am Ende
zwangsweise ausgeschafft. Das klingt harmlos, in der Realität
heisst es aber: Sie werden gefesselt mit einem Sonderflugzeug
irgendwohin verfrachtet, manche von ihnen überleben dieses
Prozedere nicht - wie zum Beispiel Joseph Ndukaku Chiakwa, der am 17.
März 2010 an der Ausschaffung gestorben ist (vgl. Seite 3).
Gäbe es doch nur für alle, die irgendwo rechtlos
festsitzen, so viel Medienaufmerksamkeit wie für Max Göldi.
Wäre schön, er ginge am nächsten Samstag an die grosse
Flüchtlingsdemo "Freiheit. Gleichheit. Würde. Für mich
und dich" - weiss er doch, was es heisst, in prekärer Ungewissheit
zu überleben.
"Freiheit. Gleichheit. Würde. Für mich und
dich":
Grosse Flüchtlingsdemo in Bern, Waisenhausplatz, Samstag,
26. Juni, Beginn 14.30 Uhr. http://www.sosf.ch
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AUSSCHAFFUNGEN
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WoZ 24.6.10
Tod bei Ausschaffung - Das Bundesamt für Migration beginnt
demnächst wieder mit Ausschaffungsflügen. Neu sollen immer
ÄrztInnen mit an Bord sein. Das sorgt für Fragen und Kritik
bei ÄrztInnen und Menschenrechtsgruppen.
"Ein dreckiger Job"
Von Carlos Hanimann
Alard du Bois-Reymond hatte sich seinen ersten
Ausschaffungsflug
sicher anders vorgestellt. Der Direktor des Bundesamtes für
Migration (BFM) wollte sich in Zürich ein Bild von den
Ausschaffungen machen. Aber als er am Abend des 17. März auf den
Abflug des Charters nach Lagos wartete, kam es zur Tragödie: Der
29-jährige Ausschaffungshäftling Joseph Ndukaku Chiakwa starb
auf dem Flughafengelände. Das Flugzeug hob nie ab. Die anderen
fünfzehn Auszuschaffenden wurden in das Flughafengefängnis
zurückgebracht. Das BFM stoppte vorerst alle
Ausschaffungsflüge. Mittlerweile hat es den Stopp aufgehoben und
will die umstrittenen Flüge wieder aufnehmen.
Beim gestoppten Flug nach Lagos handelte es sich um eine
sogenannte Ausschaffung auf Level 4. Auszuschaffende, die nicht
freiwillig in ihr Herkunftsland reisen, werden zwangsweise
zurückgebracht (vgl. Text "Wie wird ausgeschafft?"). Dabei fesselt
die Polizei die Häftlinge an Händen, Füssen, Knien und
Armen, bindet sie auf Rollstühle und setzt ihnen einen
"Sparringpartnerhelm" auf - laut Zürcher Regierungsrat "zum Schutz
vor Selbstverletzungen". Seit 2006 organisierte die Kantonspolizei
Zürich 111 solcher Sonderflüge mit insgesamt 1282
Auszuschaffenden. Zwei mussten seither abgebrochen werden. Der letzte
am Mittwoch, dem 17. März 2010.
Gefesselt und geknebelt
Der Tod des 29-jährigen Nigerianers ist nicht der
erste bei
einer Ausschaffung. Im Jahr 2001 starb der Nigerianer Samson Chukwu,
als ihn eine Walliser Anti-Terror-Einheit für die Ausschaffung
überwältigte und fesselte. Zwei Jahre zuvor war der
Palästinenser Khaled Abuzarifa auf dem Weg zum Flugzeug erstickt,
weil er, gefesselt auf einem Rollstuhl, mit einem Klebeband geknebelt
worden war.
Jedes Mal mussten die Behörden das
Ausschaffungsprozedere
anpassen. So auch diesen Frühling. Anlass dazu hatte ein
Zwischenfall im November 2009 in Lagos gegeben. "Die Leute im Flugzeug
konnten ihre Fesseln lösen, und es kam zu einer Meuterei", sagt
Urs von Arb, Chef der Abteilung Rückkehr beim Bundesamt für
Migration. Die Polizisten verliessen das Flugzeug, die
Ausschaffungshäftlinge weigerten sich, es zu verlassen. Erst
mithilfe der nigerianischen Polizei konnten sie schliesslich zum
Aussteigen bewogen werden.
Daraufhin erarbeitete das BFM gemeinsam mit der
Polizeidirektorenkonferenz einen Massnahmenkatalog mit 26 Punkten.
Inhalt waren vor allem polizeitaktische und technische Massnahmen: neue
Kommunikationsmittel, aber auch ein spezielles Interventionsteam, das
im Notfall eingreifen kann.
Am 17. März hätten die Neuerungen erstmals
angewendet
werden sollen. BFM-Direktor du Bois-Reymond wollte sich das alles
ansehen. Aber dieses Mal entstand das Problem nicht bei der Landung,
sondern bereits vor dem Abflug.
Warum starb Joseph Ndukaku Chiak wa an jenem Abend
auf dem
Zürcher Flughafen? Chiakwa befand sich zum Zeitpunkt seiner
Ausschaffung bereits mehrere Tage in einem Hungerstreik. War er
geschwächt? Starb er an den Folgen der äusserst brutalen
Zwangsausschaffung? Oder hat sich das Begleitpersonal falsch verhalten?
Drei Monate nach dem Todesfall sind diese Fragen noch
immer
offen. Das rechtsmedizinische Gutachten, das den Ursachen auf den Grund
gehen soll, wurde letzte Woche fertiggestellt und liegt derzeit bei der
Zürcher Staatsanwaltschaft. Sie will die Öffentlichkeit
demnächst informieren.
"Handlanger der Polizei"
Der Tod von Joseph Ndukaku Chiak wa hat die Behörden
nun
erneut gezwungen, ihre Ausschaffungspraxis zu überdenken. Zwei
Neuerungen hat das BFM geplant: Künftig ist auf allen
Ausschaffungsflügen ausserhalb Europas immer ein Arzt und ein
Sanitäter anwesend. Und die Krankengeschichten der Häftlinge
werden vorgängig an die Ärzt Innen übermittelt, die den
Flug begleiten. "Bisher flogen Ärzte nur bei Bedarf mit", sagt Urs
von Arb vom BFM. "Etwa bei Risikoflügen nach Nigeria oder wenn
jemand mit medizinischen Problemen an Bord war. In Zukunft soll in
jedem Fall ein Arzt dabei sein, um das Risiko eines Todesfalls zu
minimieren."
Die beschlossenen Massnahmen stossen allerdings auf Kritik
- und
werfen neue Fragen auf.
Die Menschenrechtsgruppe Augenauf hält die Massnahmen
"für eine Farce". Und Denise Graf von Amnesty International
bezeichnet sie als "absolut ungenügend". Für sie reicht die
Anwesenheit eines Arztes nicht: "Es braucht eine unabhängige
Beobachtung. Es geht nicht nur darum, das Risiko eines Todesfalls
auszuschliessen, sondern auch um eine menschenwürdige Behandlung."
Walter Angst von Augenauf hat noch eine weitere
Befürchtung:
"Neu soll auch eine Eingreiftruppe an Bord sein, das bedeutet noch mehr
Polizei auf diesen Flügen. Die Brutalität der Ausschaffungen
wird damit verstärkt." Angst sieht in den anwesenden
Ärzt Innen ein Feigenblatt. "Sie werden zu Handlangern der
Polizei, die ihren Kopf hinhalten müssen, wenn auf den
Ausschaffungsflügen etwas passiert." Beängstigend sei dies
aber vor allem für die Betroffenen. "Bei Level-4-Ausschaffungen
werden die Würde und die persönliche Integrität der
Flüchtlinge systematisch verletzt. Sie sollen die Flüchtlinge
einschüchtern und abschrecken." Augenauf fordert deshalb, dass auf
die Wiederaufnahme der Charterflüge verzichtet wird. "Solche
Ausschaffungen sind menschenverachtend, für die betroffenen
Flüchtlinge traumatisierend und für die Personen, die sie
ausführen, eine nicht zumutbare Belastung."
Der Arzt Jean-Pierre Restellini kann die Bedenken
verstehen.
Restellini arbeitete selber zehn Jahre lang als Gefängnisarzt und
präsidierte eine Kommission der Schweizerischen Akademie der
medizinischen Wissenschaften (SAMW), die 2002 ethische Richtlinien
für Ärzte von inhaftierten Personen ausarbeitete. Er weiss,
dass es sich hierbei um eine äusserst heikle Angelegenheit
handelt. "Es gibt einen sehr starken Druck auf den Arzt, der einen
solchen Flug begleitet. Die Polizei verrichtet ihre Arbeit und versucht
natürlich auch, den Arzt für ihre Zwecke zu benützen.
Dabei kann es sein, dass der Arzt dazu gedrängt wird, gegen
ethische Grundregeln zu verstossen."
Ein Arzt, sagt Restellini, dürfe sich auf keinen Fall
instrumentalisieren lassen. "Die entscheidende Frage ist: Wer sind
diese Ärzte?" In jedem Fall müssten sie gecoacht werden und
eine entsprechende Ausbildung geniessen: "Es braucht vor jedem Flug ein
Briefing: Was ist die Aufgabe des Arztes - und was nicht?"
Der Arzt Cyrill Jeger reagiert mit Unverständnis auf
die
neuen Massnahmen. Jeger ist Präsident von Consano, einer
Vereinigung für faire und soziale Medizin in der Schweiz. Auch er
fragt sich, wer diese Flüge begleiten soll: "Das ist eine ethisch
höchst brisante Tätigkeit. Ich würde mich nie dazu
bereit erklären."
Ohne ÄrztInnen noch schlimmer?
Das Bundesamt für Migration kann derzeit noch keine
Angaben
dazu machen: "Wir sind noch am Aufbau eines Pools von Ärzten, die
infrage kommen", sagt Urs von Arb. Er wehrt sich gegen den Vorwurf, die
Ärzte dienten als Feigenblatt. "Deshalb müssen die Ärzte
ja auch die Krankengeschichte der Patienten kennen. Wir wollen nicht,
dass der Arzt im Flugzeug die Verantwortung für einen Patienten
trägt, dessen Geschichte er nicht kennt."
Für Restellini ist die Kenntnis der Krankengeschichte
eine
Bedingung, sonst sei die Aufgabe für einen Arzt "inakzeptabel".
"Wenn sich beispielsweise jemand schon über eine Woche im
Hungerstreik befindet, er schockartig gefesselt wird und einen Helm
aufgesetzt bekommt, dann kann das tödlich sein."
Darf ein Arzt überhaupt an solchen Flügen
teilnehmen?
Darf ein Arzt bei massiven Eingriffen in die Grundrechte eines
Patienten zusehen? Für Jean- Pierre Restellini eine
grundsätzliche philosophische Frage, die er bejaht. "Wenn keine
Ärzte mitflögen, wäre die Situation noch schlimmer."
Künftig dürften die ethischen Richtlinien der
SAMW als
Grundlage für die Arbeit der ÄrztInnen dienen. Auch die
Ärztevereinigung FMH verweist auf diese Direktiven. Darin wird
geregelt, wie sich ein Arzt bei polizeilichen Zwangsmassnahmen zu
verhalten hat und wann er seine Mitwirkung verweigern kann.
"Aber zwischen Theorie und Praxis gibt es einen grossen
Unterschied", sagt Jean-Pierre Restellini. "Das ist ein dreckiger Job.
Nur ist er für die Polizisten Teil der Arbeit, nicht aber
unbedingt für die Ärzte." Für Restellini gibt es bei
Ausschaffungsflügen keine klare Unterscheidung zwischen der
polizeilichen und der ärztlichen Arbeit: "Es gibt immer
unkontrollierbare Überschneidungen. Und genau darin liegt die
Gefahr."
--
Wie wird ausgeschafft?
Nach dem Todesfall im März stehen die
Zwangsausschaffungen
einmal mehr in der Kritik. Menschenrechtsgruppen kritisieren diese
Praxis seit Jahren heftig, auch weil die Ausschaffungen bereits mehrere
Todesopfer gefordert haben. Am Erscheinungstag dieser WOZ will die
Menschenrechtsgruppe Augenauf an einer Medienkonferenz über die
prekären Bedingungen orientieren, die während der
Ausschaffungen herrschen.
Bei Ausschaffungen unterscheidet man grundsätzlich
vier
Stufen: Wenn abgewiesene AsylbewerberInnen nicht freiwillig in ihre
Herkunftsländer zurückkehren, werden sie unter Zwang
ausgeschafft. PolizistInnen begleiten die Flüchtlinge auf ein
gewöhnliches Linienflugzeug. Die Rückreise erfolgt ohne
Fesselung und ohne Polizeibegleitung (Level 1). Ist das nicht
möglich, wird die Person in Handschellen und von zwei Polizisten
begleitet in einem Linienflugzeug zurückgeflogen (Level 2). Auf
Level 3 werden die Personen an Händen, Füssen, Knien und
Oberarmen gefesselt und von Polizisten begleitet in einem
Linienflugzeug (hinter einem Vorhang) ausgeflogen. Weil sich
gewöhnliche Passagiere daran störten, sind Ausschaffungen auf
Level 3 nur noch selten. Die schärfste Stufe ist die sogenannte
Level-4-Ausschaffung. Das Bundesamt für Migration organisiert
einen Sonderflug, die Auszuschaffenden werden gefesselt vom
Ausschaffungsgefängnis am Flughafen auf die Chartermaschinen
gebracht. Im Flugzeug werden sie von Polizisten begleitet. Ihre
Fesselung wird unter Umständen während des Fluges gelöst.
Letztes Jahr waren von den insgesamt 5886 Ausschaffungen
über Zürich 292 Fälle auf Level 4, also rund fünf
Prozent. In der Theorie dürfen abgewiesene Asylsuchende erst auf
Level 4 ausgeschafft werden, wenn die Level 1 und 2 gescheitert sind.
Die Praxis sieht freilich etwas anders aus: Ausschaffungshäftlinge
werden aufgefordert, selbständig zurückzukehren. Weigern sie
sich, gelten sie bei der Polizei als "renitent" und werden sofort auf
Level 4 ausgeschafft. Mittlerweile finden die Charterflüge auch im
gesamteuropäischen Verbund statt, das heisst
Ausschaffungshäftlinge werden in verschiedenen Ländern
eingesammelt und gemeinsam zurückgeflogen. ch
---
St. Galler Tagblatt 24.6.10
Zweimal ausgeschafft
Das Dublin-Abkommen vereinfacht in der Regel die Verfahren
im
Asylwesen. Doch es gibt auch die Ausnahme von der Regel, wie das
Beispiel der Familie T. aus Armenien zeigt.
KATHARINA RUTZ
ST. GALLEN. "Es ist ein verrückter Fall", sagt Tilla
Jacomet, die Leiterin der Heks-Rechtsberatungsstelle für
Asylsuchende St. Gallen/Appenzell. Im Juni 2009 reist Frau T. mit ihren
zwei Kindern aus Armenien mit dem Flugzeug via Minsk nach Warschau.
Dort verbringt sie sechs Tage im Flughafen. Von Polen aus kommt sie mit
einem Schlepper illegal in die Schweiz. Unterwegs seien die
Ausweispapiere abhanden gekommen, sagt Frau T. In der Schweiz hat die
Armenierin eine Tante, deshalb kommt sie hierher und stellt ein
Asylgesuch. Sie begründet es damit, dass sie in ihrem Heimatland
verfolgt worden sei, nachdem sie an Demonstrationen teilgenommen habe.
Auch die Gesundheit ihrer Kinder sei ein Grund: Die Tochter leidet an
einer Erbkrankheit, und der Sohn hat eine Nierenoperation hinter sich.
Frau T. lebt im Zentrum für Asylsuchende Neckermühle in der
Gemeinde Neckertal und lässt sich von der
Heks-Rechtsberatungsstelle beraten.
Ausschaffung innert Stunden
"Mittels Fax wurden wir vom Bundesamt für Migration
im
November 2009 informiert, dass die Familie nur wenige Stunden
später nach Polen ausgeschafft werden soll", erinnert sich Tilla
Jacomet. Die Rechtsberatungsstelle legte daraufhin Beschwerde beim
Bundesverwaltungsgericht in Bern ein.
"Die von der Mutter angegebenen Gründe hätten
wohl auch
hier nicht für einen positiven Asylentscheid gereicht, doch
hätte die Schweiz aus humanitären Gründen die
Zuständigkeit übernehmen können, und zwar aufgrund des
schlechten Gesundheitszustandes der Kinder und der in der Schweiz
lebenden Verwandten der Familie", sagt die Stellenleiterin. Dies
hätte entweder zu einer vorläufigen Aufnahme in der Schweiz
oder zumindest zu einer menschlicheren Ausschaffung direkt in das
Heimatland Armenien geführt, ist sie überzeugt.
Flugzeugtüren bereits zu
Das Bundesverwaltungsgericht verfügte die
Rücküberstellung nach Polen denn auch superprovisorisch. Doch
es war zu spät - die Türen des Flugzeugs, in dem die Familie
sass, waren bereits geschlossen. In Polen stand die Familie erst einmal
auf der Strasse, ohne ein Wort der Landessprache zu verstehen. Eines
der Kinder musste schliesslich als medizinischer Notfall ins Spital
eingeliefert werden.
Diese Erlebnisse traumatisierten die Mutter dermassen,
dass sie
später einen Suizid versuchte. Doch erst einmal entschied das
Bundesverwaltungsgericht, dass der Familie die Rückreise in die
Schweiz zu ermöglichen sei. Die Begründung: Das Bundesamt
für Migration habe der gesundheitlichen Situation der Kinder -
obwohl darüber informiert - zu wenig Beachtung geschenkt und nicht
abgeklärt, ob eine medizinische Versorgung der Kinder in Polen
gewährleistet sei.
Die Familie kam also zurück in die Schweiz. Aus
Furcht vor
einer erneuten Ausschaffung nach Polen liess Frau T. eine Tochter
untertauchen, versuchte erneut einen Suizid und musste in
psychiatrische Behandlung. "Sie hat mit allen Mitteln gegen die
Ausschaffung nach Polen gekämpft", sagt Tilla Jacomet. Das
Bundesamt für Migration beurteilte den Fall der armenischen
Familie erneut, dieses Mal eingehender. Dennoch wurde erneut die
Ausschaffung angeordnet, und das Ausländeramt St. Gallen vollzog
diese im Mai, diesmal ohne die Heks-Rechtsberatungsstelle zu
informieren.
Wiedererwägung noch im Gang
Über das von der Rechtsberatungsstelle gestellte
Gesuch um
Wiedererwägung aufgrund des Kindswohls war zu diesem Zeitpunkt
noch nicht rechtskräftig entschieden worden. Zu dem vom Heks
vorgeschlagenen sogenannten "sanften" Vollzug, der Ausreise der Familie
nach Polen ohne Polizei, jedoch mit einer freiwilligen Begleitung, kam
es nicht mehr. Dies, obwohl sich eine Pfarrerin in der Region bereit
erklärt hatte, die Familie zu begleiten.
Wo sich die Familie T. zurzeit befindet oder wie es ihr
geht,
weiss Tilla Jacomet nicht. "Natürlich ist der Entscheid des
Bundesamts für Migration gesetzlich richtig. Mit der
Übernahme der Zuständigkeit durch die Schweiz wäre aber
selbst bei einem negativen Asylentscheid eine Rückführung
direkt nach Armenien relativ einfach möglich gewesen - mit weniger
traumatischen Erlebnissen für die Familie. Zudem wären nicht
zwei aufwendige Ausschaffungen und eine Wiedereinreise aus Polen
nötig gewesen. Unser Weg hätte weniger Verwaltungsaufwand und
weniger Kosten verursacht", so die Juristin.
--
Stichwort
Dublin-Abkommen
Ziel des Dublin-Abkommens ist es, dass für die
Prüfung
eines Asylgesuches nur noch ein einziges Land zuständig ist.
Zweitasylgesuche in der Schweiz können damit verhindert und die
Gesuchsteller rasch in den für die Prüfung des Asylantrags
zuständigen Staat zurückgeführt werden. Zuständig
ist jener Staat, der einem Asylbewerber den Aufenthalt durch ein Visum
oder einen Aufenthaltstitel erteilt, seine Aussengrenzen nicht
ordnungsgemäss kontrolliert oder die Einreise ohne Visum
ermöglicht hat. (kru)
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SANS-PAPIERS
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NLZ 24.6.10
Härtefallgesuche
Studenten beraten Sans-Papiers
Von Dave Schläpfer
In vielen Städten gibt es eine Anlaufstelle für
Sans-Papiers - nicht aber in Luzern. Eine klare Lücke, findet die
Kirche und ergreift die Initiative.
Hamid P.* aus Afghanistan lebt seit acht Jahren in der
Schweiz.
Sein Asylgesuch wurde vor einem Jahr abgelehnt, ein
Wiedererwägungsgesuch ist hängig, hat jedoch wohl nur geringe
Chancen. Bis zum Entzug der Arbeitsbewilligung vor einem Jahr hat er
fünf Jahre als Küchenhilfe in einem Restaurant in der
Agglomeration Luzern gearbeitet. Er verfügt über einen
grossen Schweizer Freundeskreis und spielt seit fünf Jahren
Fussball in einem Drittliga-Verein. Der Afghane kann sich ohne grosse
Probleme auf Deutsch verständigen.
Nun hofft er, dass er wegen seiner guten Integration und
der
Schwierigkeit einer Wiedereingliederung in Afghanistan als
schwerwiegender Härtefall anerkannt wird und eine
Aufenthaltsbewilligung des Typs B erhält.
15 suchten bislang Hilfe
Hamid P. ist eine von 15 Personen, die inzwischen bei der
seit
bald zwei Monaten bestehenden Härtefallberatung für
Sans-Papiers und abgewiesene Asylbewerber in Luzern Rat gesucht haben.
Betrieben wird diese von zehn Jus-Studenten - ehrenamtlich. Im Wechsel
stellen diese jeden Dienstag während drei Stunden ihr Rechtswissen
für das Verfassen von Härtefallgesuchen unentgeltlich zur
Verfügung. "Aus humanistischen Überlegungen wollen wir den
Schwächsten der Gesellschaft beistehen. Diese sind damit oft
überfordert respektive können sich keinen Anwalt leisten",
sagt Luca Langensand (26). "Zudem können wir so wertvolle
Praxiserfahrungen sammeln."
Weil eines der Kriterien für die Annahme von
Härtefallgesuchen gute Deutschkenntnisse sind, erfolgt die
Beratung nur in deutscher Sprache. Des Weiteren müssen sich die
Antragsteller seit mindestens fünf Jahren in der Schweiz aufhalten.
Nachfrage herausspüren
"Ziel ist es, Betroffene bei der Legalisierung ihres
Aufenthalts
zu unterstützen. Es gibt viele, die sich inzwischen das Recht
erworben haben, legal hier zu sein, das aber gar nicht wissen", sagt
Nicola Neider Ammann, Bereichsleiterin Migration/Integration bei der
katholischen Kirche Stadt Luzern. "Wir wollen herausfinden, welche
Nachfrage für dieses Angebot besteht." Es handle sich dabei um
eine Initiative der Studenten. Diese konnten zum Teil bereits Erfahrung
in Zürich bei einer ähnlichen Beratungsstelle sammeln.
Fachlich eingeführt wurden die Freiwilligen, die der
Schweigepflicht unterliegen, von der Rechtsberatung der Caritas
Schweiz. Die katholische Kirche stellt für das Projekt kostenlos
den Raum und die Infrastruktur zur Verfügung. Auch der Verein
Luzerner Asylnetz unterstützt das Projekt.
Die Beratungsstelle stellt nur einen Teil eines
grösseren
Unterfangens dar. "Geplant ist eine Anlaufstelle für Sans-Papiers
mit einer breiten Trägerschaft, so wie es sie in mehreren
grösseren Schweizer Städten schon gibt", sagt Neider Ammann.
Dazu gehörten Beratungsangebote in den Bereichen Gesundheit und
Ausbildung, aber auch Unterstützung in Alltagsfragen und bei
Behördengängen sowie - für diejenigen, die es
wünschen - seelsorgerische Begleitung. Zudem wolle man den
Anliegen der Betroffenen in der Öffentlichkeit Gehör
verschaffen. Dabei sollen die bereits bestehenden Angebote, etwa der
Asylnetz-Mittagstisch, ergänzt und nicht verdoppelt werden. Man
sei momentan daran, zusammen mit anderen sozialen und kirchlichen
Institutionen einen entsprechenden Verein zu gründen. Das Projekt
soll mit einer dreijährigen Pilotphase gestartet werden, der
Beginn ist noch offen.
"Humanisierung des Alltags"
Bewegt man sich mit der Schaffung dieser Stelle juristisch
auf
heiklem Terrain? "Wir machen nichts Illegales, davon würde ich
mich distanzieren", betont Nicola Neider Ammann, die sich seit
eineinhalb Jahren mit dem Projekt befasst. Vorbild für die
Anlaufstelle ist diejenige in Bern. "Leitidee dieser Institution, an
die wir uns eng anlehnen, ist eine Humanisierung des Alltags. Auch wir
wollen besonders verletzlichen Personen - Kindern, Frauen, Familien -
ein menschenwürdiges Leben in der Schweiz ermöglichen und
deren Grundrechten mehr Akzeptanz verschaffen", so Neider Ammann.
Nicht gewünschter Rücklauf
"Ich begrüsse dieses Engagement", sagt Verena Wicki,
Leiterin der Luzerner Fachstelle für die Beratung und Integration
von Ausländern. Hier wurde 2003 im Auftrag des Kantons
während drei Monaten eine Härtefallberatung für
Sans-Papiers angeboten. Der Regierungsrat schätzte den
Rücklauf an Härtefallgesuchen - vier trafen ein, zwei davon
wurden angenommen - aber als zu gering ein, um weitere Schritte zu
unternehmen. "Diese Erfahrungen haben gezeigt, dass sogar eine private
Stelle, die im staatlichen Auftrag arbeitet, wenig Vertrauen bei den
illegal Anwesenden findet", sagt Peter Schwegler,
Departementssekretär des Gesundheits- und Sozialdepartements.
Stadtrat Ruedi Meier, Leiter der Sozialdirektion, findet
es
"grundsätzlich gut, dass das Thema angegangen wird". Es liege im
Interesse der Stadt, den Status von Sans-Papiers zu klären. "Ein
zentrales Anliegen dabei ist, dass die Kinder und Jugendlichen nicht
Opfer der Situation ihrer Eltern werden."
Hinweis: * Name von der Redaktion geändert. Die
Härtefallberatung findet jeden Dienstag von 16 bis 19 Uhr an der
St. Karlistrasse 23 in Luzern statt. Generelle Infos: http://www.sans-papiers.ch
david.schlaepfer@neue-lz.ch
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PFEFFERSPRAY
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Newsnetz 24.6.10
Mann stirbt nach Pfefferspray-Einsatz
dapd / oku
Im deutschen Dortmund ist ein Mann gestorben, nachdem die
Polizi
ihn wegen Ruhestörung mitnehmen wollte.
Einen tödlichen Kreislaufkollaps hat ein
32-jähriger
Dortmunder nach einem Pfefferspray-Einsatz der Polizei erlitten.
Anwohner hatten am frühen Mittwochmorgen um 02.23 Uhr die Polizei
gerufen, weil der Mann in Dortmund-Oestrich die Nachtruhe mit lautem
Rufen störte.
Die Staatsanwaltschaft und Bochumer Polizei berichteten,
der Mann
habe einen verwirrten Eindruck gemacht und die als erste eintreffende
Besatzung eines Rettungswagens bedrängt. Zwei Polizeibeamte
versuchten danach vergeblich, ihn zu beruhigen "und brachten ihn
schliesslich unter Einsatz von Pfefferspray zu Boden".
Beim anschliessenden Transport in den Rettungswagen sei
der
32-Jährige kollabiert. Die Rettungskräfte reanimierten ihn
und brachten ihn ins Krankenhaus. Dort bestand weiterhin Lebensgefahr.
Am späten Nachmittag starb er. Zur Klärung der genauen
Todesursache soll die Leiche am Donnerstag obduziert werden. "Ein
erstes Drogenscreening ergab einen Hinweis auf den Konsum von Kokain",
heisst es im Bericht von Staatsanwaltschaft und Polizei weiter.
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POLICE FR
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Freiburger Nachrichten 24.6.10
Beschwerde gegen Polizei
Augenauf Bern hat im Nachgang der Demonstration vom 12.
Juni eine
Aufsichtsbeschwerde eingereicht.
Freiburg Die bewilligte Demonstration gegen Polizeigewalt
vom 12.
Juni ist in der Freiburger Unterstadt eskaliert (die FN berichteten).
In den darauffolgenden Stunden nahm die Kantonspolizei Freiburg 41
Personen fest. Nun hat die Menschenrechtsorganisation Augenauf Bern bei
der kantonalen Sicherheits- und Justizdirektion eine
Aufsichtsbeschwerde eingereicht. Sie kritisiert, einige Polizisten
seien bei den Festnahmen unverhältnismässig hart vorgegangen.
Auch seien einzelne Demonstranten sehr lange festgehalten worden,
obwohl am Sonntag keine Verhöre mehr stattgefunden hätten. njb
Bericht Seite 3
--
Aufsichtsbeschwerde von Augenauf
Keine Informationen über den Haftgrund, erzwungene
Entnahme
von DNA, schlechte Festhaltebedingungen: Augenauf Bern kritisiert den
Einsatz der Kantonspolizei nach der gewalttätigen Demonstration
vom 12. Juni.
Nicole Jegerlehner
"Rund zehn Leute haben uns einen Bericht über ihre
Behandlung durch die Freiburger Kantonspolizei abgegeben", sagt
Nicholas Pohl von Augenauf Bern. Auf diese Berichte und verschiedene
Gespräche stützt sich die Menschenrechtsorganisation, wenn
sie das Verhalten der Polizei nach der gewaltsamen Demonstration vom
12. Juni in der Freiburger Unterstadt anprangert: Sie hat gestern bei
der kantonalen Sicherheits- und Justizdirektion eine
Aufsichtsbeschwerde eingereicht.
Angriff aufs Gefängnis ...
Die Punkte, welche Augenauf in der Beschwerde anspricht,
decken
sich mit Aussagen, welche Demonstrierende gegenüber den FN gemacht
haben. Augenauf bemängelt, dass die Polizei Gummigeschosse ohne
Vorwarnung eingesetzt habe. An der Pressekonferenz gleich nach der
Kundgebung meinte Gallus Risse, Einsatzleiter der Polizei: "Wir hatten
keine Zeit, unsere Aktion anzukünden." Die Demonstrierenden
hätten mit Raketen das Zentralgefängnis angegriffen; die
Polizei habe sofort eingreifen müssen.
... oder Feuerwerk?
Einige der Demonstrierenden betonen, dass sie "einfach ein
Feuerwerk losgelassen" hätten; "das war kein Angriff auf das
Gefängnis". Mit den Raketen hätten sie ihre Solidarität
mit den Gefangenen zeigen wollen. "Hätte die Polizei nicht
Gummigeschosse eingesetzt, wäre die Demonstration weiterhin
friedlich verlaufen."
Das sieht die Polizei anders: Sie sprach nach der
Demonstration
von "äusserst gefährlichen Leuchtraketen, die gegen das
Gefängnis und gegen die Polizisten abgefeuert wurden". Die Polizei
habe erst Gummigeschosse eingesetzt, nachdem sie mit Raketen beschossen
worden sei.
Augenauf kritisiert auch, dass die Polizistinnen und
Polizisten
sich zum Teil geweigert hätten, ihre Namen oder ihre Dienstnummer
zu nennen - was ein Festgenommener verlangen kann. Auch seien einige
Festgenommene erst nach mehr als sieben Stunden Polizeigewahrsam
über den Grund ihrer Festnahme informiert worden.
Augenauf spricht von Gewaltanwendung: So sei eine Person
bei
ihrer Festnahme zu Boden gedrückt worden - obwohl sie keinen
Widerstand geleistet habe. Ein weiterer Polizist habe seinen Schuh auf
den Kopf der Person gedrückt. Auch hätten Polizisten aus
nächster Nähe Mehrzweckwerfer auf angehaltene Personen
gerichtet.
Einmal auf dem Polizeiposten seien die Bedingungen
für die
Festgehaltenen sehr unterschiedlich gewesen, schreibt Augenauf. Was
auch Demonstrierende gegenüber den FN bestätigen: "Wir
durften trotz mehrmaligem Nachfragen stundenlang nicht zur Toilette
gehen", sagt ein 22-Jähriger. Rund 25 Männer seien zusammen
in einer etwa 16 Quadratmeter grossen Zelle gewesen. "Mit der Zeit
haben einige durch die Gitterstäbe gepinkelt, weil sie dringend
auf die Toilette mussten", erzählt der Demonstrant. Stunden
später erst hätten Polizisten sie einzeln hinausbegleitet -
nicht auf die Toilette, sondern zu Büschen beim Parkplatz.
"Eine Schikane"
Auch habe es an Wasser gefehlt, erzählen die
Demonstrierenden. "Gleich neben der Zelle standen Wasserflaschen",
sagen sie. "Wir erhielten aber erst nach Stunden etwas zum Trinken."
Augenauf nennt dies "eine Schikane."
Aufgebracht sind die Demonstrierenden auch, weil ihnen
DNA-Proben
abgenommen wurden. "Die DNA-Abnahme an sich war legal", sagt Nicholas
Pohl von Augenauf. "Jedoch muss die Polizei bei DNA-Entnahmen die
Betroffenen über ihr Recht auf Rekurs informieren." Das sei nicht
immer der Fall gewesen. "Und einigen, die einen Rekurs verlangten,
wurde die DNA unter Gewalt abgenommen."
Polizeisprecher Benoît Dumas wollte keine Stellung
nehmen,
da eine Untersuchung eingeleitet werden könnte.
Sicherheitsdirektor Erwin Jutzet war gestern nicht erreichbar.
--
DNA-Entnahme: Viele Möglichkeiten, striktes
Löschen
Wer eines Verbrechens oder eines Vergehens
verdächtigt wird,
bei dem kann die Polizei eine DNA-Probe einfordern. Das steht im
DNA-Profil-Gesetz. Verbrechen sind Straftaten, die mit mehr als drei
Jahren Freiheitsentzug bedroht sind, Vergehen werden mit Gefängnis
bis drei Jahre oder Geldstrafe sanktioniert.
Im Gegensatz zu anderen Ländern kenne die Schweiz
damit eine
"verhältnismässig breite Möglichkeit, DNA-Profile zu
erstellen und in der Datenbank abzugleichen", sagt Christian Linsi vom
Bundesamt für Polizei. In einigen Ländern könnten nur
richterliche Behörden DNA-Entnahmen anordnen. Andere gäben
einen Katalog mit bestimmten Vergehen und Verbrechen vor, bei denen
eine DNA-Probe möglich sei.
"In der Schweiz herrscht im Gegenzug eine strikte
Lösch-Regelung", sagt Linsi: Zeigt sich im Verlaufe des
Verfahrens, dass jemand unschuldig ist, wird dessen DNA-Profil aus der
DNA-Datenbank gelöscht; ebenso bei einem Freispruch vor Gericht.
Und bei einer Verurteilung wird das DNA-Profil je nach Strafmass nach
einiger Zeit von Amtes wegen gelöscht - so wie auch im Todesfall.
In der Schweiz kann die Polizei eine DNA-Probe anordnen.
Die
betroffene Person kann sich mit einem Rekurs dagegen wehren; in diesem
Fall entscheidet die Untersuchungsbehörde.
Nur vom Bund anerkannte Labors dürfen DNA-Profile
erstellen.
Aus einem Wangenschleimhautabstrich ein DNA-Profil zu erstellen, kostet
rund 200 Franken; wenn auf Gegenständen vom Tatort nach DNA-Spuren
gesucht wird, kann dies 500 Franken und mehr kosten. njb
---
BZ 24.6.10
Freiburg
Vorwürfe zum Polizeieinsatz
Die gewalttätige Demonstration vor knapp zwei Wochen
hat ein
Nachspiel. Der Menschenrechtsverein Augenauf Bern hat eine
Aufsichtsbeschwerde eingereicht. Er will untersucht haben, ob der
Polizeieinsatz korrekt verlaufen war.
Am Samstag, 14. Juni, fand in Freiburg eine bewilligte
Solidaritätskundgebung für inhaftierte mutmassliche Autodiebe
statt. Vor dem Zentralgefängnis eskalierte die Demonstration in
Gewalt, und es kam zu Zusammenstössen zwischen den rund 100 teils
vermummten Teilnehmern und der Polizei. Laut der Polizeimitteilung
schossen die Demonstranten Raketen und Petarden in Richtung des
Gefängnisses und der Einsatzkräfte. Diese antworteten mit
Gummischrot und drängten die Demonstranten zurück. Diese
feuerten erneut Leuchtraketen gegen die Polizisten. Beim
Liebfrauenplatz wiederholten sich die Szenen, wenn auch weniger
gewalttätig. Bei der Auseinandersetzung wurden zwei Polizisten
durch Leuchtraketen verletzt.
47 Festnahmen
Die Polizei nahm 47 Personen fest, 18 von ihnen wurden
erst am
Sonntagabend freigelassen. Den Angehaltenen droht eine Anzeige wegen
Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Gewalt gegen Beamte oder der
Gefährdung des Lebens Dritter.
Gestern hat nun der Menschenrechtsverein Augenauf Bern bei
der
Freiburger Justiz- und Sicherheitsdirektion eine Aufsichtsbeschwerde
eingereicht. Der Verein erachtet es "als dringend notwendig, dass das
polizeiliche Handeln anlässlich der Demonstration einer
eingehenden Untersuchung unterzogen wird".
Die Beschwerde basiere auf Gedankenprotokollen von
Festgenommenen
oder von Leuten, welche die Festnahmen oder das polizeiliche Handeln
beobachtet hätten, teilt der Verein mit. Daraus gehe hervor, dass
die Polizei in verschiedenen Fällen mit
unverhältnismässiger Härte gegen Personen vorgegangen
sei und teilweise deren Rechte nicht oder zu wenig beachtet habe. Eine
Person, die bei der Festnahme keinen Widerstand geleistet habe, sei zu
Boden gedrückt worden. Dabei sei ihr von einem Polizisten der
Schuh auf den Kopf gedrückt worden.
Zu lange festgehalten
Auch die Festhaltebedingungen werden kritisiert. Der
Zugang zu
Trinkwasser oder zur Toilette sei erst zwei bis drei Stunden nach der
ersten Anfrage gewährt worden. Die Dauer des Polizeigewahrsams sei
zudem unverhältnismässig lang gewesen.
Augenauf seien auch Fälle bekannt, in denen sich die
Polizisten geweigert hätten, ihre Namen zu nennen oder die
Festgenommen über ihre Rechte aufzuklären. Als "besonders
schwerwiegend" würden die Fälle angesehen, bei denen
DNA-Entnahmen "trotz fehlender rechtlicher Grundlagen und unter Zwang"
vorgenommen worden seien.
Für ein faires Verfahren
Mit keinem Wort erwähnt oder verurteilt Augenauf
hingegen
das Abfeuern von Leuchtpetarden gegen die Polizisten durch die
Demonstranten. Man habe über den genauen Verlauf der Demo zu wenig
Informationen, begründet Nicholas Pohl von Augenauf. Dem Verein
gehe es in erster Linie darum, dass die rechtsstaatlichen
Grundsätze respektiert würden. Jeder habe das Recht auf ein
faires Verfahren, ergänzt Nicholas Pohl.
Polizeidirektor Erwin Jutzet war für eine
Stellungnahme
nicht erreichbar. Sein Generalsekretär Thierry Steiert kennt den
Inhalt der Beschwerde nicht. Auch die Kantonspolizei kann man sich zu
den Vorwürfen nicht äussern, weil die Beschwerde noch nicht
eingetroffen ist.
Hans Ulrich Schaad
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POLICE CH
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Landbote 24.6.10
Grenzwächter geraten unter Druck
BERN/St. Gallen - Das Grenzwachtkorps (GWK) sorgt derzeit
in
einigen Kantonen für rote Köpfe. Seit dem Schengen-Beitritt
stellt die St. Galler Polizeidirektorin Karin Keller-Sutter im
Gespräch mit dieser Zeitung bei der GWK Entwicklungen fest, "die
zu denken geben". So habe das Korps zum Beispiel eine
Interventionseinheit von 200 Personen aufgestellt, "die letztlich eine
reine Sicherheitspolizei darstelle". Eine solche Aufgabe obliege aber
einzig den Kantonen, so Keller-Sutter weiter. Überhaupt
überschneide sich das Einsatzgebiet des GWK vermehrt mit dem der
kantonalen Polizeikorps. "Das führt zu Doppelspurigkeiten", sagt
Keller-Sutter. Für die Konferenz der kantonalen Justiz- und
Polizeidirektoren ist deshalb klar, "dass in dieser Situation eine
Rollenklärung angezeigt ist". Das Spektrum der möglichen
Lösungsvarianten reicht dabei nach Auffassung der Kantone vom
Einsatz der Grenzwächter unter den Kantonspolizeibehörden bis
hin zur totalen Integration in die Polizei- korps. (tm)lSeite 3
--
Grenzwacht gerät ins Visier der Kantone
Thomas Münzel
Grenzwächter und Polizisten kommen sich vermehrt in
die
Quere. Die Kantone fordern nun "eine Klärung". Die St. Galler
Polizeidirektorin Karin Keller-Sutter unterstützt die Idee, die
Grenzwacht in die Polizeikorps zu integrieren.
Am 12. Dezember 2008 ist die Schweiz dem Schengen-Raum
beigetreten und führt ab diesem Datum keine systematischen
Grenzkontrollen mehr durch. Ist die Schweiz seit dieser Zeit sicherer
geworden?
Karin Keller-Sutter: Ich würde weder sagen, dass die
Schweiz
seit dieser Zeit sicherer geworden ist, noch dass sie sich zwingend
unsicherer präsentiert. Meiner Ansicht nach erfolgte der grosse
Einschnitt in die schweizerische Sicherheitslandschaft ohnehin bereits
im Jahr 1989 mit dem Fall der Berliner Mauer und dem Ende des eisernen
Vorhangs. Mit der Öffnung der entsprechenden Grenzen und mit der
zunehmenden Mobilität stellten sich uns damals ganz neue
sicherheitspolitische Herausforderungen.
Aber gibt es seit der Inkraftsetzung des Schengen-Vertrags
nicht
viel mehr Aufgriffe?
Doch. Wir stellen fest, dass die Aufgriffe seit dem
Beitritt der
Schweiz zu Schengen im rückwärtigen Raum zugenommen haben.
Das hat aber natürlich vor allem damit zu tun, dass die Kontrollen
im Landesinnern gegenüber früheren Zeiten etwas dichter
geworden sind.
Probleme bereitet derzeit vor allem ein Konflikt unter
Schweizern. Denn seit dem Schengen-Beitritt kommen sich
Grenzwächter und Polizisten immer wieder in die Quere. Weshalb?
Zuerst einmal: Weder die Konferenz der kantonalen Justiz-
und
Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) noch ich persönlich
wollen Kritik an der Arbeit der Grenzwächter üben, die ihren
Auftrag vor Ort sicher sehr gut wahrnehmen. Doch die Frage ist
natürlich, welche Vorgaben diese Leute haben. Denn im Zentrum der
aktuellen Diskussionen steht die künftige Ausrichtung des
Grenzwachtkorps. Das Problem besteht darin, dass die Grenzwächter,
die vorher vor allem auf der Grenze tätig waren, sich seit
Schengen vermehrt in den rückwärtigen Raum verschoben haben
und dort aufgrund der Polizeihoheit der Kantone auf Polizisten treffen.
Dies wiederum führt leider dazu, dass es vermehrt zu
Doppelspurigkeiten kommt.
Die Grenzwächter sagen nun aber, dass sie nur jene
Aufgaben
übernehmen, die ihnen die Kantone explizit übertragen. Damit
ist der Schwarze Peter wieder bei den Kantonen.
Die meisten Kantone haben mit dem Grenzwachtkorps
Vereinbarungen
über die Zusammenarbeit im rückwärtigen Raum getroffen.
Insofern ist es richtig, dass die Grenzwächter im Grunde genommen
nur das tun, was man ihnen aufträgt. Andererseits gibt es
allerdings Entwicklungen, die dennoch zu denken geben. Das
Grenzwachtkorps hat zum Beispiel eine Interventionseinheit von 200
Personen aufgestellt, die letztlich eine reine Sicherheitspolizei
darstellt. Eine solche Aufgabe obliegt aber einzig den
Kantonspolizeien. Zudem gab es auch eine Zeit lang bei der Grenzwacht
Bestrebungen, eine Art kriminaltechnische Labors zu eröffnen. Nach
Auffassung der KKJPD ist dies allerdings ebenfalls alleinige Aufgabe
der Kantone, die ja bereits entsprechende Kompetenzzentren aufweisen.
Entsprechende Leistungen könnten bei ihnen eingekauft werden.
Es gibt Schweizer Polizeikommandanten, die das
Grenzwachtkorps
lieber heute als morgen abschaffen würden. Gehen Sie auch so weit?
So lange die Schweiz mit der EU keine Zollunion bildet,
gilt es
nach wie vor, die entsprechenden Zollaufgaben wahrzunehmen. Und
dafür braucht der Bund Grenzwächter. Was jedoch nicht nur bei
den Polizeikommandanten, sondern auch bei der KKJPD diskutiert wird,
ist die Frage, wie man die Zusammenarbeit von Grenzwächtern und
Polizisten in der Zukunft besser ausgestalten könnte. Da gibt es
verschiedene Modelle.
Ein Modell sieht vor, dass das Grenzwachtkorps in die
kantonalen
Polizeikorps integriert wird.
Das ist eines von mehreren Modellen, das man jetzt mit dem
Bund
diskutieren muss. Es wäre sicher zu begrüssen, wenn man
künftig nach der militärischen Devise "Ein Raum, eine
Aufgabe, ein Chef" vorgehen würde.
Und der Chef wäre dann beispielsweise die Polizei?
Ja, ich würde dies als sinnvoll erachten. Man
könnte
zwar durchaus zwei parallele Organisationen nebeneinander existieren
lassen, um aber weiterhin Doppelspurigkeiten zu vermeiden und noch
effizienter zu arbeiten, wäre es wünschenswert, wenn man das
Grenzwachtkorps im Einsatz der jeweiligen Kantonspolizei unterstellt.
Doch vorerst geht es nun darum, die verschiedenen Modelle eingehend zu
prüfen und sie mit den involvierten und verantwortlichen Personen
zu diskutieren. Ziel muss es auf jeden Fall sein, mit den vorhandenen
Mitteln die anstehenden Aufgaben optimaler zu erfüllen als bisher,
sodass die Bürgersicherheit letztlich erhöht wird.
--
Grenzwächter wehren sich
Mit Kontrollen in Zügen, weitab von den
Landesgrenzen,
sorgen Grenzwächter seit einiger Zeit bei manchen
SBB-Fahrgästen für Unmut und Erstaunen. Aus einigen Kantonen
hiess es deshalb, das Grenzwachtkorps (GWK) entwickle sich zu einer
Bundespolizei. "Das ist absolut ausgeschlossen, dafür gibt es
keine Rechtsgrundlage", wehrt sich nun Oberzolldirektor Rudolf
Dietrich. "Ausserdem haben wir keine Mittel dazu." Er stellt zudem in
Abrede, dass sich das GWK in die Hoheit der Kantone einmische. "Wir
übernehmen von den Kantonen nur Aufgaben, welche uns diese
explizit übertragen", erklärt Dietrich. "Da wir wegen der
Zollkontrollen ohnehin auf den Zügen sind, haben uns die meisten
Kantone die Personenkontrollen im Bahnverkehr delegiert." Eine Absage
erteilt der Oberzolldirektor auch dem Wunsch mancher kantonaler
Polizeidirektoren, das GWK solle kantonalisiert werden. "Die
Zollaufgaben sind seit 1848 Bundessache; es wäre ziemlich
merkwürdig, diese nach über 160 Jahren wieder
zurückzudelegieren", meint Dietrich. Unterstützung
erhält er dabei von Bundesrat Hans-Rudolf Merz, welcher die
Unabhängigkeit der Grenzwächter verteidigt. "Es gibt wohl
kaum einen Staat, der die Überwachung seiner nationalen Grenzen an
die Gliedstaaten, sprich Kantone, delegiert", hielt Merz kürzlich
fest. (tm)
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NARRENKRAUT
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WoZ 24.6.10
Legalize it!
Ruth Wysseier
KifferInnen sind mir eigentlich recht sympathisch. Mit
ihrem
entschleunigten, verträumten Wesen sind sie ein wohltuender
Kontrast zur hektischen Leistungsgesellschaft und zu den gespeedeten
Koksnasen im Bankgewerbe.
Unsympathisch ist aber, dass die Cannabisfans der
Feuerwehr so
viel Arbeit machen, weil sie in ihren unterirdischen Plantagen die
Heiz- und Tageslichtlampen, Lüfter und Zeitschaltuhren so
schlampig verkabeln. Wenn es in den letzten Monaten in Biel und
Umgebung brannte, war oft ein Kurzschluss in einer
Hanfindooranlage schuld. In Ipsach flog jüngst eine
unterirdische Plantage mit gegen 3700 Pflanzen, in einem Club in Biel
eine mit rund 1500 Pflanzen auf. Zuletzt brannte es am 30. Mai in einer
Werkstatt in Lengnau.
Unsympathisch ist auch der hor rende Stromverbrauch dieser
Pflanzplätze. Ein Minidarkroom für den Eigengebrauch, in dem
dreimal pro Jahr ein paar Pflänzli wachsen, braucht so viel Strom
wie ein Heizöfeli. 20 000 Anlagen soll es geben hierzulande -
viele so gross und professionell betrieben wie der
Hors-sol-Tomatenanbau in Holland. Im Kanton Bern hat die Polizei allein
in diesem Februar 12 Indooranlagen mit über 8500 Pflanzen
aufgespürt, 140 Anlagen flogen in den letzten zwei Jahren auf.
In der Schweiz wird also ge kifft - und wie!
Zwar
spricht die neuste Studie nur von 211 000 CannabiskonsumentInnen in der
Schweiz. Fragt man aber bei der Schweizer Hanf-Koordination nach,
erklärt einem André Fürst, ein bedächtiger
Hanffreund, die Studie habe nur die KampfkifferInnen gezählt, also
solche, die mehrmals täglich pafften, dazu kämen noch eine
halbe Million, die gelegentlich konsumierten. Mit Cannabis werde eine
Milliarde Franken Umsatz gemacht pro Jahr. In Biel gebe es locker
zwanzig Läden, scheinbar normale Kleider- oder CD-Geschäfte,
in denen ich das Kraut unter der Hand kaufen könne.
Wenn ich es selber anbauen möchte, bestelle ich das
Zubehör ganz legal via Internet oder kaufe es zum Beispiel bei
Agriculture Trading an der Bahnhofstrasse in Walenstadt. Mitten in
diesem putzigen Ort, wo man Autos mit Spezialfelgen fährt und
aufgemalte Bambis die Fassaden schmücken, wo vor jedem Haus ein
herziges Bluemetrögli steht und Schweizer Fahnen aus den Fenstern
hängen, kaufen Cannabis-Winkelriede ihre Ausrüstung.
Der blühende Geschäftszweig hat auch
ausländische
Konkurrenz. Ein Teil der Ware wird seit jeher importiert - etwa der im
Freien angebaute Schwarze Afghan AOC. Aber es gibt auch deutsche
Interessenten, die auf den Markt drängen, wie folgender Eintrag
mit dem Titel "Indoor Anbau Schweitz legal illegal" auf einem
Internetforum dokumentiert: "Also ich habe vor in der Schweitz eine
neue Hanfplantage indoor groß zuziehen da ich in Deutschland
dafür schon ins Gefängniss müsste habe ich mich dazu
entschieden diese in der Schweitz aufzubauen, dies liegt zwar 500-600km
von mir weg aber da ich Mechtroniker bin (und bereits eine
Vollautomatische Fernwartbare Anlage gebaut habe sollte auch die
Entfernung nicht so problematisch sein) das das Problem ist das ich bei
der Schweitzer Gesetzesgebung nicht ganz durchblicke..."
Lieber Hanffreund aus Deutschland, vielleicht kannst du
bald die
Apotheken in Zürich beliefern, und falls das Parlament wieder mal
einen lichten Moment hat, legalisiert es endlich diesen
Landwirtschaftszweig und entlässt die Pflänzchen aus ihren
dunklen Kammern.
Ruth Wysseier ist WOZ-Redaktorin und Produzentin von
Outdoorweintrauben.
---
20 Minuten 24.6.10
Stadt Basel soll Cannabis verkaufen
BASEL. Die Stadt Basel soll im Rahmen eines Pilotversuchs
kontrolliert Cannabis verkaufen. Dies forderte SP-Grossrätin Tanja
Soland gestern in einem Anzug, der von mehreren Parlamentariern aus dem
bürgerlichen Lager mitunterzeichnet wurde. Das gleiche Projekt
steht momentan auch in Zürich und Bern zur Diskussion. "Damit soll
der Konsum von Cannabis entkriminalisiert werden", so Soland, die nach
eigenen Angaben als Jugendliche auch ab und zu gekifft hat.
Verkauft werden soll das Basler Gras nur an über
18-Jährige. Gleichzeitig wird das Projekt wissenschaftlich
begleitet und eine neue Präventionskampagne an Schulen lanciert.
"Hier können wir eine Pionierrolle einnehmen", so Soland. Sie sagt
dies nicht ohne Grund: Vor zwei Jahren hatte Basel-Stadt bei der
Hanflegalisierungs-Abstimmung mit fast 45 Prozent schweizweit die
meisten Ja-Stimmen. hys
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DROGEN
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NZZ 24.6.10
Uno-Angaben zum Kokaanbau
Deutlicher Rückgang in Kolumbien - Zunahme in Peru -
Stagnation in Bolivien
Die Uno lobt Kolumbien für die Verkleinerung seiner
Kokaanbaufläche. Peru könnte das Land bei der Produktion des
Rohmaterials für Kokain bald überholen.
Werner Marti, Buenos Aires
Laut am Montag vom Uno-Büro für Drogen- und
Verbrechensbekämpfung (UNODC) bekanntgegebenen Zahlen hat die in
Kolumbien, Peru und Bolivien zur Anpflanzung von Kokabüschen
verwendete Fläche im letzten Jahr von 167 000 auf 159 000 Hektaren
abgenommen. Entsprechende Zahlen hat die Uno in ihrem am Mittwoch
veröffentlichten Welt-Drogenbericht 2010 bekanntgemacht.
In Kolumbien fiel demnach 2009 die mit Kokablättern
bewachsene Fläche um 16 Prozent auf 68 000 Hektaren. Im
Zehn-Jahres-Vergleich beträgt der Rückgang fast 60 Prozent.
Nach Ansicht von Antonio Costa, dem Exekutivdirektor von UNODC, basiert
dies auf der Drogenbekämpfungsstrategie der kolumbianischen
Regierung, die die Sicherheits- und Entwicklungspolitik in den
Anbaugebieten kombiniere.
Ein weniger erfreuliches Bild zeichnet Costa von Peru. Die
bepflanzte Fläche sei im letzten Jahr zum vierten Mal in Folge
gewachsen, und zwar um 6,8 Prozent auf 59 900 Hektaren. Dies bedeute,
dass in Peru 55 Prozent mehr Koka angebaut würden als noch vor
zehn Jahren. Vor zwanzig Jahren, auf dem Höhepunkt der
peruanischen Kokaproduktion vor der Verlagerung des Schwerpunkts nach
Kolumbien, sei in Peru noch doppelt so viel produziert worden. Costa
hebt warnend hervor, dass, falls der Trend anhalte, Peru Kolumbien bei
der Produktion von Kokablättern überholen werde. Um dies zu
verhindern, sei eine koordinierte Strategie notwendig, welche alle
betroffenen Bereiche einschliesse, von der eigentlichen
Drogenbekämpfung bis hin zur Gesundheits- und Entwicklungspolitik
und zur regionalen Zusammenarbeit.
Für Bolivien meldet die Uno einen leichten Anstieg um
1
Prozent auf 30 900 Hektaren. Doch auch hier hat sich die Fläche in
den letzten zehn Jahren verdoppelt. Als Medizin verschreibt Costa
Präsident Morales mehr Operationen zur Zerstörung illegaler
Kokafelder und Entwicklungsprogramme, die den betroffenen Bauern
Einkommensalternativen bieten.
Die Zahlen der Uno beruhen auf Schätzungen und sind
deshalb
fehleranfällig. Angesichts der langjährigen Erfahrung des
UNODC dürften sie den Trend aber korrekt abbilden. Zudem muss
beachtet werden, dass gleiche Anbaufläche nicht notwendigerweise
mengenmässig gleiche Produktion von Koka heisst. In den letzten
Jahren sind effizientere Pflanzen entwickelt worden, die ein Mehrfaches
an Blättern liefern.
--
Aufputschmittel bieten der Mafia neue Märkte
(Reuters) ⋅ Die Produktion von Heroin und Kokain geht
weltweit
zurück, während illegal hergestellte Aufputschmittel und
Arzneien immer mehr Abnehmer finden. Das geht aus dem neuen
Jahresbericht des Uno-Büros für Drogen- und
Verbrechensbekämpfung (UNODC) hervor. Die Zahl der Konsumenten von
Partydrogen auf Amphetaminbasis wird auf bis zu 40 Millionen
geschätzt. Damit könnte diese Gruppe bald grösser sein
als der Kreis jener, die nach Opiaten und Kokain süchtig sind.
Demnach ist die Anbaufläche für Opium seit zwei Jahren um
fast ein Viertel geschrumpft. Die Herstellung von Kokain sei um rund 18
Prozent gefallen. Aus Afghanistan stammen weiter 90 Prozent des
Rohopiums.
Für die USA stellte das in Wien angesiedelte
Uno-Büro
einen deutlichen Rückgang beim Konsum von Kokain fest. In Europa
sei dagegen mehr Kokain im Umlauf, da über Afrika neue
Schmuggelrouten liefen. Die Mafia stieg wegen der vergleichsweise
billigen Herstellung in geheimen Labors ins grosse Geschäft mit
synthetischen Aufputschmitteln ein. Die Drogenfabriken im Untergrund
können laut dem UNODC direkt auf die Nachfrage nach bestimmten
Stoffen reagieren und diese produzieren. Auch die Vertriebswege
zwischen Hersteller und Konsument seien kurz. Cannabis ist laut dem
Bericht weiter die Droge mit der grössten Verbreitung. Sie wird in
nahezu jedem Land angebaut.
---
Südostschweiz 24.6.10
Peru erbt das Drogenproblem
Der Kampf gegen die Drogen führt dazu, dass Peru
Kolumbien
als wichtigstes Anbauland für Kokapflanzen abgelöst hat. Der
Drogenkrieg destabilisiert nicht nur Süd-, sondern auch
Mittelamerika und die Karibik.
Von Sandra Weiss
Lima. - Experten im Kampf gegen die Drogenmafia
vergleichen die
Situation mit einem wassergefüllten Schlauch: Das illegale
Geschäft verlagert sich unter Druck jeweils in andere Gegenden -
und wieder zurück. Der von den USA unterstützte Krieg gegen
die Drogen in Mexiko und Kolumbien hat nach Erhebungen der Uno dazu
geführt, dass Peru zum wichtigsten Anbauland für Kokapflanzen
aufgestiegen ist, aus denen Kokain gewonnen wird. Auch der Handel hat
sich verlagert - nach Mittelamerika und in die Karibik.
Hälfte des Kokas kommt aus Peru
In Peru - in den Achtzigerjahren schon einmal
grösster
Kokaproduzent weltweit - wurden im vergangenen Jahr 128 000 Tonnen
Kokablätter geerntet, wie das Uno-Büro gegen Drogen und
Kriminalität (Unodoc) am Dienstag in der peruanischen Hauptstadt
Lima mitteilte. In Kolumbien waren es 103 000 Tonnen. Ganze 92 Prozent
der angebauten Kokapflanzen werden zu Kokain verarbeitet, der Rest zum
traditionellen Kauen verwendet oder für Tee und Medikamente
genutzt. Damit wird in Peru fast die Hälfte des
südamerikanischen Kokas produziert, in Kolumbien 39 und in
Bolivien 15 Prozent.
Der peruanische Anti-Drogen-Zar Rómulo Pizarro
führt
den Anstieg auf die gestiegene Drogennachfrage in den
Industrieländern zurück. "Und wenn dann erst der Konsum in
Asien zulegt, wofür es erste Anzeichen gibt, wird der Druck auf
die Anbauländer wie Peru noch grösser", sagt Pizarro. Er
bedauert die aus seiner Sicht ungenügende und abnehmende
internationale Kooperation im Kampf gegen die Drogen.
Dabei hat Kolumbien seit den Neunzigerjahren über
fünf
Milliarden Dollar Militärhilfe aus den USA zur Bekämpfung der
Drogen erhalten. Den Drogenkrieg in Peru unterstützt Washington
mit 70 Millionen Dollar sowie eigens dafür abgestellten Experten;
die EU hat Hilfe zur Wiederaufforstung, zur Polizeiausbildung und zur
Förderung alternativer Anbauprodukte versprochen.
Maoistische Miliz erstarkt
In Peru hat das Drogengeschäft zudem einen
gefährlichen
Nebeneffekt: Es führte zum Erstarken der maoistischen
Rebellenbewegung Leuchtender Pfad, die sich als Miliz in den Dienst der
Drogenmafia stellt und sich in jüngster Zeit im Dschungel
häufig Gefechte mit Sicherheitskräften lieferte. Mehr als 400
Mitglieder hat die Guerilla nach Schätzungen von Experten wieder.
Die Gewalt des Leuchtenden Pfades hatte Peru in den Achtzigerjahren in
einen Bürgerkrieg gestürzt, der rund 70 000 Menschen das
Leben kostete.
Auch Mittelamerika und die Karibik - etwa Jamaika (siehe
Kasten)
- wurden durch die Verlagerung des Drogengeschäfts destabilisiert.
In Guatemala ist nach Aussagen des jüngst zurückgetretenen
Uno-Chefermittlers Carlos Castresana die Justiz bis in höchste
Sphären vom organisierten Verbrechen infiltriert, und auch
Exekutive und Legislative unternähmen wenig im Kampf gegen
Kriminelle. Im politisch destabilisierten Honduras starten und landen
täglich Kleinflugzeuge, bis oben hin gefüllt mit Kokain.
"Das eigentliche Problem liegt nicht in Mexiko, sondern in
Mittelamerika und der Karibik, wo in weniger als einem Jahrzehnt Gewalt
und Korruption sprunghaft zugenommen haben", schreibt denn auch der
salvadorianische Sicherheitsexperte Joaquin Villalobos. Schwache
Staaten, ein hohes Gewalt- und Armutsniveau, kleine Volkswirtschaften
mit wenig Widerstandskraft gegenüber den Drogenmillionen und der
Tourismus mit dem damit einhergehenden Drogenkonsum leisteten dem
organisierten Verbrechen Vorschub.
--
Drogenboss Coke gefasst
Kingston. - Die Jagd auf den berüchtigten Drogenboss
Christopher "Dudus" Coke in Jamaika ist zu Ende: Der von den USA
Gesuchte wurde am Dienstag auf der Karibikinsel festgenommen, wie die
Polizei mitteilte. Die USA wollen Coke den Prozess machen und fordern
dessen Auslieferung. Coke soll seit 1990 einen international agierenden
Drogenring anführen, der laut amerikanischen Ermittlern Marihuana
und Crack vor allem in den Grossraum New York liefert.
Die wochenlange Suche nach Coke hatte Jamaikas Hauptstadt
Kingston vorübergehend ins Chaos gestürzt. Bei
Auseinandersetzungen Ende Mai starben nach offiziellen Angaben 73
Menschen.
---
Basler Zeitung 24.6.10
Eine Million Afghanen sind drogensüchtig
Opiumkonsumenten lassen ihre Kinder regelmässig vom
Saft des
Schlafmohns naschen
Pierre Simonitsch, Genf
Afghanistan ist nicht nur der weltgrösste Hersteller
von
Opium, Heroin und Haschisch, sondern selber zum Opfer der Suchtmittel
geworden.
Eine Million Afghanen - acht Prozent der
Gesamtbevölkerung
des Landes - sind drogenabhängig. Zu diesem Fazit gelangt das
für den Kampf gegen Drogen und organisiertes Verbrechen
zuständige UNO-Büro (UNODC) in Wien. Die Zahl der
regelmässigen Opiumkonsumenten in Afghanistan stieg in fünf
Jahren um 53 Prozent, jene der Heroinabhängigen um 140 Prozent.
350 000 Afghanen stehen unter ständigem Einfluss
harter
Drogen. Dazu kommt eine grosse Anzahl Haschischraucher und
Abhängiger von psychotropen Medikamenten wie Schmerzmittel und
Beruhigungspillen. "Drei Jahrzehnte Krieg, unbegrenzte
Verfügbarkeit von billigen Suchtstoffen und mangelnde Behandlung
der Süchtigen haben in Afghanistan ein wachsendes Problem der
Drogenabhängigkeit geschaffen", erklärte der Exekutivdirektor
von UNODC, der Italiener Antonio Maria Costa, bei der Vorstellung des
Berichts.
Laut UNODC konsumieren viele Afghanen Opiumderivate als
selbst
verschriebene "Medizin" gegen die Härten ihres Lebens. Eine grosse
Anzahl von ihnen hat diese Gewohnheit in Flüchtlingslagern in
Pakistan oder Iran angenommen, wo sie jahrelang die schlimmsten
Kriegswirren in ihrer Heimat überstanden.
Die Folgen der wachsenden Drogenabhängigkeit sind
erschreckend. Der Bericht listet die Zunahme gesellschaftlicher
Konflikte, von Verbrechen und Unfällen sowie die fallende
Produktivität auf. Die Verwendung gebrauchter Spritzen hat die
Verbreitung von Aids und anderer durch Blut übertragenen
Krankheiten anschwellen lassen. Auch Sex im Tausch gegen Drogen oder
Geld aus dem Drogenhandel breitet sich aus.
Schockierend. Als besonders schockierend bezeichnen die
Autoren
des Berichts die Statistiken, wonach im Norden und Süden
Afghanistans die Hälfte der Opiumkonsumenten ihre Kinder
regelmässig vom Saft des Schlafmohns naschen lassen. "Die
nächste Generation des Landes ist damit schon zur Sucht
verurteilt", meint Costa, "wenn man in Betracht zieht, dass jede
Familie im Schnitt ein halbes Dutzend Kinder hat."
Tragödie. Nur ein Zehntel der Drogenabhängigen
in
Afghanistan haben laut UNODC Zugang zu einer medizinischen Behandlung.
700 000 bleiben ausgeschlossen. Costa fordert die am Kampf gegen die
Taliban und den Mohnanbau beteiligten Staaten auf, den von Drogen
verursachten Gesundheitsproblemen gleiche Aufmerksamkeit zu schenken.
"Es ist viel über die Rolle Afghanistans als weltgrösster
Lieferant von Opium und Cannabis geschrieben worden", erklärt
Costa, "jetzt wäre es an der Zeit anzuerkennen, welche
Tragödie der Drogenkonsum im Erzeugerland selbst verursacht."
--
Synthetische Drogen im Vormarsch
200 000 TOTe. Der illegale Handel mit Opium, Heroin und
Kokain
stagniert; Angebot wie Nachfrage sind rückläufig. Dies stellt
der am Mittwoch veröffentlichte Weltdrogenbericht 2010 der UNODC
fest. Dafür sind synthetische Suchtmittel wie Aufputsch- oder
Beruhigungspillen auf dem Vormarsch. Bereits zwischen 30 und 40
Millionen Menschen greifen regelmässig zu solchen
Amphetaminpräparaten - mehr als alle Konsumenten von Opiaten und
Kokain.
Der Koka-Anbau ist laut dem Bericht in den letzten zwei
Jahren um
28 Prozent geschrumpft, die Anbaufläche des Schlafmohns um fast
ein Viertel. Die afghanischen Opiumhändler sitzen derzeit auf 12
000 Tonnen unverkaufter Ware.
Der Kokainkonsum geht insbesondere in den USA zurück.
Dafür stieg die Zahl der Kokainsüchtigen in Europa in zehn
Jahren von zwei auf mehr als vier Millionen. Wie UNODC-Sprecher Walter
Kemp der BaZ auf Anfrage erklärte, tötet der Drogenmissbrauch
weltweit 200 000 Menschen jährlich. Die Hälfte davon stirbt
an Heroin. sim
---
undoc.org 23.6.10
World Drug Report 2010: drug use is shifting towards new drugs
and new
markets
23 June 2010 - Today, at the National Press Club in Washington,
UNODC
launched the World Drug Report 2010. Taking part in the launch
were UNODC Executive Director Antonio Maria Costa, Viktor Ivanov,
Director of the Federal Drugs Control Service of the Russian
Federation, and Gil Kerlikowske, Director of the White House Office of
National Drug Control Policy.
The Report shows that drug use is shifting towards new drugs and
new
markets. Drug crop cultivation is declining in Afghanistan (for opium)
and the Andean countries (coca), and drug use has stabilized in the
developed world. However, there are signs of an increase in drug use in
developing countries and growing abuse of amphetamine-type stimulants
and prescription drugs around the world.
The Report shows that the world's supply of the two main problem
drugs
- opiates and cocaine - keeps declining. The global area under opium
cultivation has dropped by almost a quarter (23 per cent) in the past
two years, and opium production looks set to fall steeply in 2010 due
to a blight that could wipe out a quarter of Afghanistan's opium poppy
crop. Coca cultivation, down by 28 per cent in the past decade, has
kept declining in 2009. World cocaine production has declined by 12-18
per cent over the period 2007-2009.
Global potential heroin production fell by 13 per cent to 657
tons in
2009, reflecting lower opium production in both Afghanistan and
Myanmar. The actual amount of heroin reaching the market is much lower
(around 430 tons) since significant amounts of opium are being
stockpiled. UNODC estimates that more than 12,000 tons of Afghan opium
(around 2.5 years' worth of global illicit opiate demand) are being
stockpiled.
The World Drug Report 2010 shows that in the past few
years
cocaine consumption has fallen significantly in the United States,
where the retail value of cocaine declined by about two thirds in the
1990s and by about one quarter in the past decade.
To an extent, the problem has moved across the Atlantic: in the
last
decade, the number of cocaine users in Europe has doubled, from 2
million in 1998 to 4.1 million in 2008. By 2008, the European market
($34 billion) was almost as valuable as the North American market ($37
billion). The shift in demand has led to a shift in trafficking routes,
with an increasing amount of cocaine flowing to Europe from the Andean
countries via West Africa, causing regional instability. "People
snorting coke in Europe are killing the pristine forests of the Andean
countries and corrupting governments in West Africa", said Mr. Costa.
Globally, the number of people using amphetamine-type stimulants
-
estimated at around 30-40 million - is soon likely to exceed the number
of opiate and cocaine users combined. There is also evidence of
increasing abuse of prescription drugs. "We will not solve the world
drugs problem if we simply push addiction from cocaine and heroin to
other addictive substances - and there are unlimited amounts of them,
produced in mafia labs at trivial costs", warned Mr. Costa.
The market for amphetamine-type stimulants is harder to track
because
of short trafficking routes (manufacturing usually takes place close to
the main consumer markets) and the fact that many of the raw materials
are both legal and readily available. Manufacturers are quick to market
new products (like ketamine, piperazines, mephedrone and Spice) and
exploit new markets. "These new drugs cause a double problem. First,
they are being developed at a much faster rate than regulatory norms
and law enforcement can keep up. Second, their marketing is cunningly
clever, as they are custom-manufactured so as to meet the specific
preference in each situation", said Mr. Costa.
The number of clandestine laboratories involved in the
manufacture of
amphetamine-type stimulants is reported to have increased by 20 per
cent in 2008, including in countries where such labs had never been
detected before.
Manufacture of "ecstasy" has increased in North America (notably
in
Canada) and in several parts of Asia, and use seems to be increasing in
Asia. In another demonstration of the fluidity of drug markets,
"ecstasy" use in Europe has plummeted since 2006.
Cannabis remains the world's most widely produced and used
illicit
substance: it is grown in almost all countries of the world and is
smoked by 130-190 million people at least once a year - though these
parameters are not very telling in terms of addiction. The fact that
cannabis use is declining in some of its highest value markets, namely
North America and parts of Europe, is another indication of shifting
patterns of drug abuse.
UNODC found evidence of indoor cultivation of cannabis for
commercial
purposes in 29 countries, particularly in Europe, Australia and North
America. Indoor cultivation is a lucrative business and is increasingly
a source of profit for criminal groups. Based on evidence gathered in
2009, Afghanistan is now the world's leading producer of cannabis resin
(as well as of opium).
The World Drug Report 2010 exposes a serious lack of drug
treatment facilities around the world. "While rich people in rich
countries can afford treatment, poor people and/or poor countries are
facing the greatest health consequences", warned the head of UNODC. The
Report estimates that, in 2008, only around one fifth of problem drug
users worldwide had received treatment in the previous year, which
means that around 20 million drug dependent people did not receive
treatment. "It is time for universal access to drug treatment", said
Mr. Costa.
He called for health to be the centrepiece of drug control.
"Drug
addiction is a treatable health condition, not a life sentence. Drug
addicts should be sent to treatment, not to jail. And drug treatment
should be part of mainstream health care."
He also called for greater respect for human rights. "Just
because
people take drugs, or are behind bars, this doesn't abolish their
rights. I appeal to countries where people are executed for
drug-related offences or, worse, are gunned down by extrajudicial hit
squads, to end this practice".
Mr. Costa highlighted the dangers of drug use in the developing
world.
"Poor countries are not in a position to absorb the consequences of
increased drug use. The developing world faces a looming crisis that
would enslave millions to the misery of drug dependence". He cited the
boom in heroin consumption in East Africa, the rise of cocaine use in
West Africa and South America, and the surge in the production and
abuse of synthetic drugs in the Middle East and South-East Asia. "We
will not solve the world drug problem by shifting consumption from the
developed to the developing world", said Mr. Costa.
The World Drug Report 2010 contains a chapter on the
destabilizing influence of drug trafficking on transit countries,
focusing in particular on the case of cocaine. It shows how
underdevelopment and weak governance attract crime, while crime deepens
instability. It shows how the wealth, violence and power of drug
trafficking can undermine the security, even the sovereignty, of
States. The threat to security posed by drug trafficking has been on
the agenda of the Security Council several times during the past year.
While drug-related violence in Mexico receives considerable
attention,
the northern triangle of Central America, consisting of Guatemala,
Honduras and El Salvador, is even more seriously affected, with murder
rates much higher than in Mexico. The Report says that the Bolivarian
Republic of Venezuela has emerged as a major departure point for
cocaine trafficked to Europe: between 2006 and 2008, over half of all
detected maritime shipments of cocaine to Europe came from that country.
The Report highlights the unstable situation in West Africa,
which has
become a hub for cocaine trafficking. It notes that "traffickers have
been able to co-opt top figures in some authoritarian societies",
citing the recent case of Guinea-Bissau.
Mr. Costa called for more development to reduce vulnerability to
crime
and increased law enforcement cooperation to deal with drug
trafficking. "Unless we deal effectively with the threat posed by
organized crime, our societies will be held hostage - and drug control
will be jeopardized, by renewed calls to dump the UN drug conventions
that critics say are the cause of crime and instability. This would
undo the progress that has been made in drug control over the past
decade, and unleash a public health disaster", he warned. "Yet,
unless drug prevention and treatment are taken more seriously, public
opinion's support for the UN drug conventions will wane".
Speaking at the launch, Mr. Kerlikowske said: "The United States
recognizes, as a major drug consuming nation, our responsibility to
reduce American drug use and global consequences of that use. For this
reason, the Obama Administration released last month its first National
Drug Control Strategy emphasizing community-based prevention, early
intervention, integration of drug treatment into our health-care
system, and evidence-based prevention and treatment, combined with
innovations in the criminal justice system. These new efforts will
complement our continuing efforts at home and abroad to disrupt drug
trafficking organizations, interdict currency and weapons before they
get in the hands of drug cartels, and assist our partners around the
world to reduce drug production, trafficking and use."
---
http://www.unodc.org/documents/wdr/WDR_2010/World_Drug_Report_2010_lo-res.pdf
CONTENTS
http://www.unodc.org/unodc/en/data-and-analysis/WDR-2010.html
1. Transnational drug market analysis
1.1 Introduction
1.2 The global heroin market
1.3 The global cocaine market
1.4 The global amphetamine-type stimulants market
2. Drug statistics and trends
2.1 Understanding the extent and nature of drug use
2.2 Opium/heroin
2.3 Coca/cocaine
2.4 Cannabis
2.5 Amphetamine-type stimulants
3. The destabilizing influence of drug trafficking on transit
countries: The case of cocaine
4. Statistical annex
4.1 Production
4.2 Consumption
Further statistical information on seizures
Drug seizures (by drug class and country)
Laboratory seizures (by drug class and country)
Global and regional seizure totals for: ATS -
cannabis herb
- cannabis resin - cocaine - ecstasy - heroin
and morphine - opium - opiates
---------------------------------------
30 JAHRE ZÜRI BRÄNNT
---------------------------------------
Limmattaler Tagblatt 24.6.10
"Nach 80 machte man weiter"
Kristin Gunkel baute im Zuge der 80er-Bewegung ein
selbstverwaltetes Jugendhaus auf
Kristin Gunkel blickt auf ein bewegtes Leben zurück:
Vor 30
Jahren baute sie in Dietikon das erste selbstverwaltete Jugendhaus auf.
Dann zog es sie nach Nicaragua, wo sie den Bauern ihr
tierärztliches Wissen weitergab. Heute lebt sie als
Tierärztin bei Interlaken.
Matthias Scharrer
Wir treffen uns am Bahnhof Interlaken Ost und fahren zu
ihrer
Wohnung in einem alten Berner Oberländer Haus. Durchs
Stubenfenster sieht man die schneebedeckte Kuppe der Jungfrau. Gunkel
kocht Espresso und lehnt sich im Schaukelstuhl zurück.
Machen wir einen Zeitsprung: Wie kamen Sie mit der
80er-Bewegung
in Kontakt? Kristin Gunkel: Ich war am 30. Mai 1980 per Zufall in
Zürich, im Café Mandarin beim Bahnhof Stadelhofen. Ich
weiss nicht mehr warum und mit wem. Als wir rauskamen, lag
Tränengas in der Luft. Wir wussten: Das muss mit dem
Opernhaus-Kredit zu tun haben.
Die als "Opernhaus-Krawall" berühmt gewordene Demo an
jenem
Tag bildete den Auftakt der Unruhen, die Zürich von 1980 bis 1982
erschütterten. Gunkel, die damals kurz vor dem Abschluss ihres
Tiermedizin-Studiums stand, hat an der "Bewegung" nach eigenen Angaben
nicht gross teilgenommen: Sie verfolgte sie am Radio und ging manchmal
an die Demos, um zu sehen, was lief. Und doch setzte die "Bewegung" in
ihrem Leben etwas in Bewegung.
Schon während des Studiums hatte sie in Zollikerberg
zusammen mit Franz Stappung Jugendarbeit geleistet - freiwillig, ohne
Lohn. "Als dann 1980 alle über die gewalttätige Jugend
schimpften, fanden wir, wir müssten etwas tun, gerade in dieser
Zeit." Inseraten entnahm sie, dass nahezu jede Gemeinde rund um
Zürich Jugendarbeiter suchte. "Wir sahen uns einige der
Jugendhäuser an. Manche waren in Zivilschutzbunkern unter der Erde
untergebracht. Wir fanden: So geht das nicht. Entweder man nimmt die
Jugendlichen ernst - oder man lässt es bleiben."
In Dietikon, wo ebenfalls eine Stelle ausgeschrieben war,
traf
sie auf überzeugende Rahmenbedingungen: Ein geräumiges Haus,
das längerfristig zur Verfügung stand - und in dem sie mit
Stappung ihre Idee eines selbstverwalteten Jugendhauses umsetzen konnte.
Selbstverwaltet, das hiess für sie: Die, die das
Jugendhaus
brauchen, machen es. Mit möglichst wenig Sozialarbeitern, denen
primär die Aufgabe zukam, den Behörden zu erklären, was
die Jugendlichen wollten.
"Wir machten eine Studienreise durch Europa, um autonome
Jugendhäuser anzuschauen", erinnert sich Gunkel. Vorbilder gab es
etwa in Deutschland, Dänemark und Holland. Und in Zürich, wo
die "Bewegung" beim Hauptbahnhof das Autonome Jugendzentrum (AJZ)
erkämpfte? "Das AJZ wurde erdrückt von sozialen Problemen aus
der ganzen Stadt", sagt Gunkel. Selbstverwaltung sei dort sehr
schwierig gewesen. "Mit so vielen Leuten für alle gültige
Regeln aufzustellen, ist äusserst anspruchsvoll."
Anspruchsvoll war es auch in Dietikon, wo sie ab 1981 als
Jugendhaus-Leiterin arbeitete. Wer etwas im "Jugi" machen wollte,
musste jeweils dienstags an dessen Versammlung kommen. Dort wurde
"diskutiert, bis man sich einig war", sagt Gunkel. "Das konnte Stunden
dauern, vor allem in der Anfangszeit. Doch es funktionierte gut."
Gunkel machte eine Erfahrung, die sie später in
Nicaragua
erneut machen sollte: "Du kannst die Leute mit nichts so
überraschen, wie wenn du fragst, was sie eigentlich wollen." Die
Dietiker Jugend wollte Rockkonzerte, ein Café, eine Disco im
Keller, einen Band-Übungsraum - und einen Raum, der einfach leer
war. Im "Jugi" konnte sie sich diese Wünsche erfüllen.
Einige der "Jugi"-Gänger traf Gunkel auch in
Zürich an
den Demos der "Bewegung". Ein komisches Gefühl? "Nein", entgegnet
sie. "Es war klar, auf welcher Seite wir standen."
Nach fünf Jahren gab Gunkel im Februar 1986 die
Leitung des
Dietiker Jugendhauses ab und ging auf Reisen. In Nicaragua blieb sie
schliesslich zwölf Jahre hängen und leistete in einem
abgelegenen Dorf Entwicklungsarbeit - wieder selbstverwaltet, also,
indem sie sich nach den Bedürfnissen der dortigen
Landbevölkerung ausrichtete und ihr Wissen als Tierärztin
weitergab. Als ihr Projekt längst auf sicheren Füssen stand,
zog es Gunkel zurück in die Schweiz. Diesmal verschlug es sie auf
ein Stelleninserat hin ins Berner Oberland, wo sie seither in einer
Tierarzt-Praxis arbeitet.
Frau Gunkel, wenn Sie auf die 80er-Bewegung und Ihr Wirken
in der
Jugendarbeit zurückblicken: Was bleibt?
Gunkel: Dass es geht. Wir hatten eine Vision, die Vision
eines
selbstverwalteten Jugendhauses, und wir haben sie zusammen umgesetzt.
Zentral war dabei der Durchhaltewillen der Jugendlichen, die es zuvor
schon oft erfolglos probiert hatten.
Und was hat die 80er-Bewegung gebracht?
Gunkel: Die Behörden merkten plötzlich: Da gibt
es ja
Jugendliche - und die wollen zu Recht etwas. Das war schon mal eine
Erkenntnis. Nach der 68er-Bewegung machte man vieles einfach fertig.
Nach der 80er-Bewegung machte man weiter. Es entstanden viele
selbstverwaltete Betriebe: Restaurants, Handwerksbetriebe,
Jugendhäuser. Viele sind allerdings inzwischen wieder
verschwunden. Wir leben heute in einer unverbindlicheren Zeit.
--
Züri brännt
Mit dem Opernhauskrawall brach am 30. Mai 1980 in
Zürich die
Zeit der "Bewegung" an. Demonstrationen und Ausschreitungen, die sich
an der Forderung nach Raum für alternative Kultur und ein
autonomes Jugendzentrum (AJZ) kristallisierten, hielten die Stadt bis
zum Abbruch des AJZ am 28. März 1982 in Atem. Zu den
Kulturbetrieben, die aus dieser Zeit hervorgingen, gehören die
Rote Fabrik und das Jugendhaus Dynamo. In loser Folge stellen wir Ihnen
Menschen vor, die in der Jugendbewegung eine Rolle spielten. Bereits
erschienen: Achmed von Warburg, Ex-Punk und Ex-Stadtratskandidat,
Christoph Schaub, Regisseur, und Olivia Heussler, Fotografin. (liz)
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FUSSBALL
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WoZ 24.6.10
Fest
Alternative Liga
Fussball ist zurzeit das dominierende Thema in den Medien,
am
Stammtisch und in den Gesprächen vieler. In diesem ganzen
WM-Fussballzirkus werden die Frauen total ausgeblendet: Elf Männer
spielen gegen elf Männer, die Schieds- und Linienrichter sind alle
männlich und dann erst die Experten, Kommentatoren und Reporter,
die ihren Senf zu den Spielen geben: allesamt Männer. Als ob
Frauen in Sachen Fussball nichts zu sagen hätten! Dabei gibt es
seit Jahren auch in der Schweiz Hobby- und Profifussballspielerinnen,
und Expertinnen in Sachen Fussball liessen sich bestimmt finden.
Zum Beispiel bei der Alternativen Frauenliga Zürich.
Diese
feiert heuer ihr 10-Jahr-Jubiläum. Vor einem Jahrzehnt fand auf
dem Hardhof die erste Frauen meisterschaft der Alternativen Liga
Zürich statt. Noch immer sind Spielerinnen der ersten Stunde
dabei, ständig kommen auch neue dazu. Die Frauenliga ist
mittlerweile von fünf auf zwölf Teams gewachsen.
Am Fest findet ein Jubiläumsduell zwischen einem Team
der
Alternativen Frauenliga und der 2. Mannschaft der FCZ-Frauen statt. Ab
16 Uhr gibts eine WM-Bar, und zwischen und nach den WM-Spielen treten
die langjährige Frauenliga-Fussballerin Stella Glitter und ihre
Freundinnen mit Rock 'n' Roll und Fussballliedern auf. süs
"10 Jahre Alternative Frauenliga Zürich - Lasst die
Korken
knallen" in: Zürich Zum Glatten Köbi im Exil, Sa, 26. Juni,
ab 16 Uhr. Jubiläumsduell beim Schulhaus Milchbuck, 13.30 Uhr.
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20 Minuten 24.6.10
Juso schockieren Fussballfans mit Panini-Bildern von
Putsch-Opfern
ZÜRICH. Die Juso wollen vor dem morgigen
WM-Knüller
blutige Panini-Bilder von Putsch-Opfern aus Honduras verteilen.
Für die anderen Jungparteien wird die Partei damit zum
Spassverderber.
Roger Vallejo Soriano, 37, blutüberströmt mit
einer
Schusswunde im Kopf - solche Bilder zeigen die Juso und das
Zentralamerika-Sekretariat Schweiz in ihrem "Minipaniniheft", das sie
seit heute verteilen. Statt honduranischen Spielern können darin
Bildchen von Opfern des Staatsstreichs von 2009 in Honduras eingeklebt
werden. "Wir dürfen nicht vergessen: Die Nati spielt morgen gegen
ein Land, in dem auch heute noch Menschen aus politischen Gründen
ermordet werden und Putschisten an der Macht sind", sagt Juso-Chef
Cédric Wermuth. Auf der Frontseite des Hefts steht deshalb "Rote
Karte für die Putschregierung in Honduras".
Die rote Karte würden die Jungparteien der CVP und
der FDP
am liebsten Wermuth selbst zeigen: "Ich bedaure sehr, dass die Juso
Sport und Politik nicht auseinanderhalten kann", sagt JFDP-Vorstand und
Nationalrat Christian Wasserfallen. "So etwas verdirbt einem die Freude
am Fussballschauen." Auch JCVP-Präsident Simon Oberbeck hält
die Aktion für völlig deplatziert: "Die Juso missbraucht ein
freudiges Fest für primitive Effekthascherei." Er hat Wermuth
bereits nach dem Plakat mit den Parteipräsidenten als
Prostituierte (20 Minuten berichtete) in einem offenen Brief zum
Rücktritt aufgefordert. Dieser reagiert mit Kopfschütteln:
"Die Gleichgültigkeit der bürgerlichen Jungparteien
erschreckt mich. Die Menschen in Honduras haben unsere Solidarität
jetzt dringend nötig."
Lorenz Hanselmann
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BIG BROTHER SPORT
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WoZ 24.6.10
FUSSBALLFANS - Das Mittragen von Pyrotechnik ist nicht strafbar,
das
St. Galler Kreisgericht spricht Fans frei. Was sagt ihre Anwältin?
Ein Flop für die Hardliner
Von Andreas Kneubühler
In der ganzen Schweiz gibt es Probleme mit randalierenden
Fussball- oder Eishockeyfans - aber nur im Kanton St. Gallen ist das
Thema derart politisch aufgeladen. Der Grund: Es gibt dort mit der
FDP-Regierungsrätin Karin Keller-Sutter eine Politikerin, die ihre
Bundesratskarriere vorantreibt, indem sie gegen eine Gruppe ohne Lobby
demonstrative Härte zeigt, und es gibt dort die Justiz unter dem
Ersten Staatsanwalt Thomas Hansjakob (SP), die diesen Kurs beflissen
umsetzt. Wiederholt lobte sich die Regierungsrätin in Interviews
selber und forderte: Das Vorgehen in St. Gallen müsse schweizweit
zum Standard werden.
Der bisherige Höhepunkt der politisch kalkulierten
Machtdemonstrationen wurde am 21. März 2010 erreicht, als vor dem
Match des FC St. Gallen gegen den FC Basel die Eingangskontrollen ohne
Ankündigung rigoros verschärft wurden. Mit dem Resultat
übrigens, dass die Basler Fankurve während des Spiels
trotzdem Pyros zündete und es am Bahnhof zu heftigen Krawallen kam.
Zieht man drei Monate nach den damaligen Schnellurteilen
eine
vorläufige Bilanz, muss man einen Flop konstatieren. Dem St.
Galler Repressionsapparat wurde ziemlich viel Luft abgelassen. Dazu
trug die Geschichte um die Schläger innerhalb der Delta Security
bei, die neben der Securitas in der AFG-Arena für die
Eingangskontrolle zuständig waren und mit
Teleskopschlagstöcken ausgerüstet wurden. Einer der
Delta-Männer enttarnte sich nach dem Einsatz durch triumphierende
Facebook-Einträge gleich selber als brutaler Schläger und
wurde auf Druck der Medien entlassen. Zur Erinnerung: Bei den
Auseinandersetzungen vor dem Eingang hatten verschiedene Basler
Anhänger Riss-, Quetsch- und Platzwunden am Kopf davongetragen.
Zehn Fans waren bei den Eingangskontrollen verhaftet
worden.
Sieben blieben bis zu 48 Stunden in Polizeihaft und wurden dann
abgeurteilt. Um die Haft zu begründen, legte ihnen die Polizei in
einem ersten Aufwisch alle möglichen Delikte zur Last, von
Landfriedensbruch über Gewalt und Drohung gegen Beamte oder
Vermummung bis zu Körperverletzung. Unter dem Strich blieb davon
nicht allzu viel übrig: Im Wesentlichen sind es sieben
Schnellurteile wegen Verstosses gegen das Sprengstoffgesetz. Gegen die
Busse und die bedingten Geldstrafen erhoben die Fans Einsprache. Das
St. Galler Kreisgericht sprach im Urteil vom 16. Juni sechs von ihnen
frei. Ein Fall ist noch offen. Der Einzelrichter befand, das
Sprengstoffgesetz biete keine gesetzliche Grundlage, "um bereits das
Mitführen pyrotechnischer Gegenstände im Sportstadion
strafrechtlich zu sanktionieren".
Die Zürcher Anwältin Manuela Schiller hat die
Anhänger vor Gericht vertreten.
WOZ: Frau Schiller, waren die Freisprüche eine
Überraschung?
Manuela Schiller: Eigentlich nicht. Ich habe mich zuvor
beim
Bundesamt für Polizei rückversichert und auch das
Kreisgericht auf dessen Haltung aufmerksam gemacht. Die Bundespolizei
hält klar fest, dass das Mitführen von Leuchtfackeln nicht
strafbar ist. Diese Auslegung kannten übrigens auch die
Untersuchungsbehörden in St. Gallen. Sie rechneten wohl damit,
dass sich die Leute nicht wehren würden.
Wie liefen die Kontrollen ab?
Die Anhänger wurden bei der Eingangskontrolle von
Securitas-Mitarbeitern abgetastet, besonders in der Genitalgegend.
Wurde das Sicherheitspersonal fündig, wurde die Person gepackt,
niedergedrückt und in einen abgetrennten Raum gebracht. Die Fans
wurden auf den Boden gedrückt, die Hände mit Kabelbindern
gefesselt. Ein Sicherheitsbeamter zog ihnen dann die Hosen aus.
Die verhafteten Fussballanhänger hätten neben
einer
bedingten Geldstrafe auch noch eine Art gerichtliches Stadion- und
Rayonverbot erhalten. Wie steht es damit?
Mit den Freisprüchen wurden die Weisungen nun nicht
mehr
überprüft, welche die St. Galler Behörden als Standard
schweizweit durchsetzen wollen. Diese Weisungen, die nicht mit den
bereits bekannten Stadion- und Rayonverboten zu verwechseln sind,
würden bedeuten, dass die Fans vor und nach einem Spiel von jedem
der 46 Stadien eines Fussball- oder Eishockeyklubs der obersten beiden
Ligen einen Abstand von mindes tens tausend Meter einhalten
müssten. Das einzuhalten, wäre eine enorme Einschränkung.
Wird nach den Freisprüchen nun einfach das
Sprengstoffgesetz
angepasst?
Die St. Galler Behörden werden das Urteil
weiterziehen, wohl
bis vor Bundesgericht. Der Wortlaut des Gesetzes ist aber klar. Eine
Anpassung könnte kompliziert werden, denn man müsste Pyros
beispielsweise von den Signalraketen für Segler oder Bergsteiger
unterscheiden können.
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ANTI-ATOM
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Bund 24.6.10
Sind zwei AKW zuviel für den Kapitalmarkt?
Alpiq möchte neue Atomkraftwerke gestaffelt bauen. Im
Spiel
ist auch Taktik um die Standorte.
Andreas Flütsch
Der Finanzchef des Energiekonzerns Alpiq, Kurt
Baumgartner,
sorgte gestern in der Strombranche für Irritation mit Aussagen in
der "Handelszeitung", die Schweiz könne "zwei Kernkraftwerke kaum
gleichzeitig bauen". Dies überfordere die Kapazitäten des
Schweizer Kapitalmarkts und der hiesigen Baubranche.
"Die Finanzierung unserer beiden Projekte ist
gewährleistet", hielt Axpo-Chef Heinz Karrer dagegen, der zusammen
mit dem Stromkonzern BKW in Beznau AG und Mühleberg BE in kurzer
Folge zwei neue Atomkraftwerke bauen will. Neben der Schweiz ist laut
Karrer zudem der Zugang zum Euro-Kapitalmarkt eine "sehr reale
Möglichkeit".
Alpiq-Finanzchef Baumgartner hält an seiner Position
fest,
präzisierte diese aber gestern: "Es wird kaum möglich sein,
dass zwei Werke miteinander in der gleichen Periode allein über
den Schweizer Kapitalmarkt finanziert werden können." Es sei zwar
möglich, neue Werke teilweise über den Euro-Kapitalmarkt zu
finanzieren. "Dort sind die Zinsen aber im Schnitt eineinhalb Prozent
höher", sagt Baumgartner.
Darum sei es sinnvoll und auch billiger, den Bau der 6 bis
8
Milliarden Franken teuren Atommeiler zu staffeln. "Ideal wäre,
wenn erst nach abgeschlossener Finanzierung des ersten Werkes das
zweite in Angriff genommen würde", sagt Baumgartner, "sonst
riskiert man, dass man durch die grosse Belastung des Kapitalmarktes
die Risikoprämien und damit die Finanzierungskosten unnötig
in die Höhe treibt."
In der Branche fragt man sich, warum Alpiq drei Jahre vor
einer
nationalen Volksabstimmung für eine Staffelung neuer AKW eintritt.
Alpiq will bekanntlich ein AKW in Gösgen SO bauen. Er habe nicht
gesagt, "dass das zweite Werk zehn oder gar zwanzig Jahre später
folgen soll", sucht Baumgartner die Wogen zu glätten. Er
äussere sich auch nicht, "an welchen Standorten in welcher
Reihenfolge gebaut wird". Darauf werde der laufende
Behördenprozess laut Atomgesetz Antworten geben.
Gemeinsam bauen
Just letztere Aussage ist indes ein Hinweis auf die Taktik
von
Alpiq. "Wir setzen uns dafür ein, dass die zwei neu- en Werke als
Gemeinschaftswerke von den grossen Versorgungsunternehmen Axpo, Alpiq
und BKW zusammen errichtet und betrieben werden", betont Baumgartner.
Aber bloss: wo bauen? Bis die drei Projekte abstimmungsreif sind,
dauert es Jahre. Das Konkurrenzprojekt in Mühleberg könnte
schon im Februar 2011 einen schweren Dämpfer erhalten: Dann
nämlich, wenn der Berner Souverän in der konsultativen
Abstimmung über die Vernehmlassung Nein sagen sollte. Im Rennen
wären dann nur noch Beznau und Gösgen. So versucht Alpiq,
Zeit zu gewinnen, während Axpo und BKW auf eine Einigung bei den
Standorten drängen.
Einigung über Standorte vertagt
Im Februar hiess es, die drei Konkurrenten vertagten den
Standortentscheid auf 2011. Axpo und BKW haben aber offenbar von der
Position, Beznau und Mühleberg müssten, weil sie älter
sind, zuerst ersetzt werden, nicht abgelassen. Folgerichtig macht Alpiq
gegen deren fast gleichzeitigen Bau Stimmung, weil Gösgen sonst
Gefahr läuft, als überzählig abgestempelt zu werden.
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Energieverbrauch gesunken
Wegen des warmen Wetters und der schwachen Wirtschaftslage
haben
Schweizerinnen und Schweizer im vergangenen Jahr 2,5 Prozent weniger
Energie verbraucht als 2008. Der gesamte Energieverbrauch lag im Jahr
2009 bei 877 560 Terajoule, wie das Bundesamt für Energie (BFE)
mitteilte. Dieser Rückgang um 2,5 Prozent ist jedoch mit Vorsicht
zu geniessen: Im Vorjahr hatte der Energieverbrauch den höchsten
Stand aller Zeiten erreicht. Zurückgegangen ist 2009 vor allem der
Verbrauch von Heizöl (-3,9 Prozent), Erdgas (-4 Prozent) und
Flugtreibstoff (-4,1 Prozent). Auch der Stromverbrauch sank um 2,1
Prozent. Zugenommen hat hingegen die Nutzung von erneuerbaren Energien.
(sda)
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Langenthaler Tagblatt 24.6.10
SP will die BKW zu Neutralität verpflichten
"Mühleberg"-Ersatz Vom BKW-Verwaltungsrat
beschlossene
Grundsätze zur Information sollen überprüft werden
Darf die BKW Abstimmungspropaganda betreiben? Der
Regierungsrat
findet Nein, die BKW ist gegenteiliger Meinung: Vor Abstimmungen sei
sie bei Betroffenheit sogar zur Information verpflichtet.
Eine halbe Million Franken investierte die BKW Energie AG
im
vergangen November in einen Abstimmungskampf im Waadtland: Die
Waadtländer sagten in der Konsultativbefragung trotzdem mit 64
Prozent Nein zur unbefristeten Betriebsbewilligung für das
bestehende Atomkraftwerk Mühleberg. Im Dezember hat der dafür
zuständige Bundesrat Moritz Leuenberger dem Gesuch der BKW jedoch
entsprochen (wir berichteten).
Das sich der mehrheitlich dem Kanton Bern gehörende
Stromkonzern in Abstimmungskämpfe einmischt, stösst auf
politischen Widerstand. In einem Vorstoss reklamiert Roland Näf
(Muri), Grossrat und Vizepräsident der SP: "Solche Finanzierungen
sind unvereinbar mit unserem demokratischen System. Stromkonsumenten,
welche eine andere Meinung als die BKW haben, müssen mit dem
Begleichen ihrer Stromrechnungen eine Propaganda unterstützen, die
sie entschieden ablehnen."
Bei der mehrheitlich rot-grünen Regierung stösst
Näf auf Zustimmung. "Auch der Regierungsrat ist klar der
Auffassung, dass Unternehmen wie die BKW, welche mehrheitlich der
öffentlichen Hand gehören, bei Volksabstimmungen
grundsätzlich keine Informations- und Kommunikationsmassnahmen
finanzieren sollen." Im Voraus habe sie keine Kenntnis vom Vorgehen im
Waadtland gehabt, schreibt der mit Barbara Egger (SP) und Beatrice
Simon (BDP) im elfköpfigen BKW-Verwaltungsrat vertretene
Regierungsrat. Die Regierung verfüge auch über keine direkten
Eingriffsmöglichkeiten. Die BKW sei privatrechtlich organisiert
und börsenkotiert. Der BKW-Verwaltungsrat habe 1987
"Grundsätze zur BKW-Information bei Volksabstimmungen" erlassen.
Diese sähen vor, dass die BKW die Bevölkerung vor
eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Volksabstimmungen
informieren könne, wenn die Unternehmung betroffen ist. Im Fall
"Waadt" sei die Kompetenz bei der Unternehmensleitung gelegen.
Keine finanziellen Beiträge
Laut Angaben der BKW bezahlte das Unternehmen in den
vergangenen
Jahren jedoch weder Beiträge an politische Parteien noch an
Wahlkomitees. Solche seien auch künftig nicht vorgesehen,
bestätigt auf Anfrage BKW-Sprecher Sebastian Vogler. Und wie wird
sich die BKW bei der vom Regierungsrat angekündigten
Konsultativ-Befragung des Berner Stimmvolks zum
"Mühleberg"-Ersatz-Atomkraftwerk verhalten? Vogler: "Die
erwähnten ‹Grundsätze› basieren auf Urteilen des
Bundesgerichts. Demnach sind wir sogar dazu verpflichtet, sachlich zu
informieren. Aber Geld wird keines fliessen an Komitees."
Zurück zum SP-Vorstoss: In seiner schriftlichen
Antwort
betont der Regierungsrat, er werde sich im BKW-Verwaltungsrat
dafür einsetzen, dass dieser die "Grundsätze"
überprüft. Die SP ihrerseits verlangt mehr: Unternehmen mit
Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand seien zu
Neutralität zu verpflichten. In einer Stellungnahme äussert
die SP die Befürchtung, dass sich die Situation in Zukunft durch
die "massiven persönlichen Interessenbindungen zwischen der BKW
und der BDP" verschärfen könnte:
Verwaltungsratspräsident Urs Gasche ist Präsident BDP Kanton
Bern. Der Kommunikationschef Dieter Widmer ist
BDP-Fraktionspräsident und BDP-Regierungsrätin Beatrice Simon
ist BKW-Verwaltungsrätin. (uz)
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Aargauer Zeitung 24.6.10
Tiefenlager technisch leicht, politisch schwer zu lösen
Böttsteiner Tagung der FDP Aargau befasst sich mit
Endlager-Standort
Technisch lassen sich die radioaktiven Abfälle leicht
für immer wegsperren, sagen die Fachleute. Aber das Volk in den
Lagerkantonen hat Mühe, das zu glauben.
Hans Lüthi
Die Freisinnigen fahren in der Kernenergie eine klare
Linie. "Wir
haben uns immer zu den Kernkraftwerken bekannt, also müssen wir
auch die Abfallprobleme lösen", sagt FDP-Präsidentin Doris
Fischer-Taeschler. An der Böttsteiner Tagung greift die Partei
immer ein brennendes Schwerpunktthema auf. Das Tiefenlager passt zur
Gegend, das Atomkraftwerk Beznau liegt ganz nah, vom Lager Bözberg
wäre auch die Region tangiert.
Sicher für eine Million Jahre
Fachleute von höchster Kompetenz präsentierten
die
Ausgangslage. Als oberster Lagerpapst kam Direktor Walter Steinmann vom
Bundesamt für Energie nicht ungern in den Aargau, weil der nicht
zu den Verweigerer-Kantonen gehöre. Die Reduktion von heute sechs
auf einen oder zwei Standorte werde in drei Etappen entschieden, durch
Bundesrat, Parlament und Volk. Das schwach- bis mittelaktive Lager sei
ab 2030, das hoch radioaktive Lager ab 2040 nötig. Die
Abfälle müssen bis zu einer Million Jahre von der
Biosphäre ferngehalten werden. Kein Problem, findet Markus
Fritschi von der Nagra, der Opalinus-Ton sei 130 Meter dick und habe
sich 180 Millionen Jahre nicht verändert. Wenn Wasser dazu komme,
quelle der Ton auf.
Aargau möglicher Standort?
"Ja", sagte Landammann Peter C. Beyeler kurz und
bündig, um
dann vertieft darauf einzugehen. Dabei kritisierte er jene Kantone und
speziell die Städte Basel, Bern und Zürich, welche den
Atomstrom aus dem Aargau gerne konsumieren, aber mögliche
Lösungen torpedieren. In diese Verhinderer-Gruppe will sich der
Aargau nicht einreihen, stellt aber klar: "Die höchste Sicherheit
muss allein über den Standort entscheiden." Das richtige Mass der
Mitwirkung für die Bevölkerung ist problembehaftet, wie Ueli
Müller von der Plattform Bözberg darlegte. Milizpolitiker
seien zeitlich und fachlich überfordert. Der ganze Aufwand
könne zur Alibi-Übung werden, weil der Bund am Schluss
autonom entscheide.
Sicherheit und Ethik
Sicherheit und nochmals Sicherheit prägten die
Diskussion,
wobei die Fachleute versicherten, technisch und geologisch sei alles
sicher machbar. "Aber politisch und emotional ist das ein riesiges
Problem", meinte ein Redner zur Akzeptanz in der Bevölkerung. Wie
man das ethisch verantworten könne, für die nächsten
3000 Generationen zu entscheiden. Dem hielt der frühere
Beznau-Leiter Walter Nef entgegen, die Menschheit produziere seit 100
Jahren gefährliche Abfälle und beute die Ressourcen
verantwortungslos aus. "Das sind die wirklichen Hypotheken für
kommende Generationen, nicht die mustergültig gelösten
radioaktiven Abfälle".
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Oltner Tagblatt 24.6.10
Skepsis blieb ein steter Begleiter
Niederamt ohne Endlager Informationsabend rund um die
Problematik
Atommüll-Endlager
Der Verein Niederamt ohne Endlager lud - und viele kamen.
Im
Oltner Parlamentssaal waren Informationen zur Problematik
"Atommüll XY ungelöst" traktandiert.
Urs Huber
Schweizweit sechs mögliche Standorte für die
Endlagerung radioaktiver Abfälle hat die Nagra, die Nationale
Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle,
ausgemacht. Darunter auch einen am Jurasüdfuss - also auch in der
Region Niederamt. Geologische Formationen würden dort ein Lager
für mittel- bis schwach radioaktive Stoffe möglich machen, so
die Nagra.
Verhindern - aber wie?
Die Region als Atommüllhalde der Nation? Das will der
Verein
Niederamt ohne Endlager (NOE) mit ihrem Vorsitzenden, Kantonsrat Urs
Huber (Obergösgen) verhindern. Der lud am Dienstag zur
Infoveranstaltung "Atommüll XY ungelöst" in den Oltner
Parlamentssaal. Rund 80 Personen folgten dem Ruf, wollten sich unter
Mitwirkung der Schweizerischen Energiestiftung (SES) und deren Fachfrau
Sabine von Stockar im argumentativen Kampf schulen und aufrüsten
lassen oder Fragen beantwortet wissen.
Moderater Tonfall
Eigentlich fast überraschend schlug man im
Allgemeinen einen
doch eher moderaten Ton an. Weniger kategorische Ablehnung denn
grundlegende Skepsis prägten die Atmosphäre, auch wenn
während des Abends immer wieder davon gesprochen wurde, "die" im
Wellenberg NW/OW, einer der sechs Standorte, hätten durch ihre
Standfestigkeit und Entschlossenheit erreicht, dass dort mit Sicherheit
kein Endlager eingerichtet werde. Eine Vertreterin aus dem
zürcherischen Weinland (ebenfalls möglicher Standort) folgte
Grundsätzlicherem und rief dazu auf, der Nuklearenergie
überhaupt zu entsagen. Diese sei wider die Würde der
Schöpfung und schaffe Probleme ungeahnten Ausmasses, die von der
Menschheit nicht zu bewältigen seien. Haken dieses philosophischen
Gedankengangs blieb allerdings die Tatsache, dass radioaktive
Abfälle bereits seit über 40 Jahren aus Medizin und Forschung
anfallen - wenn auch in deutlich geringeren Mengen und ebenso deutlich
schwächer strahlend als jener aus Kernkraftanlagen. Aber: Auch sie
harren bis heute einer sicheren Entsorgung.
Der Argumente viele
Argumente gegen die von der Nagra propagierte Form der
Endlagerung von radioaktivem Müll - einem Tiefenlager ummantelt
von Stahlbehälter, Betonit und entsprechender geologischer
Umgebung (Opalinuston) - lieferte von Stockar viele: lecke Lager,
verursacht durch chemischen Reaktionen, versehentliche Tangierung durch
Geothermiebohrungen oder etwa geologische Verwerfungen. Vor diesem
Hintergrund kritisierte sie auch den Umstand, dass die Tiefenlager
lediglich während 50 Jahren unter Beobachtung und Kontrolle
stünden, nachher versiegelt und - vergessen würden. Und dies
bei einer angeblichen Strahlungsdauer von 1 Mio. Jahren. Ein Argument,
das von einem anwesenden Vertreter der Nagra nicht vollständig
entkräftet werden konnte. Er ergänzte zwar, die Versiegelung
würde nur mit bundesrätlicher Genehmigung erfolgen. Es blieb
letztlich aber bei der ebenso trivial tönenden wie nur schwer
erfüllbaren Forderung der SES: "Sichere und reversible
Lösungen auf Zeit statt Scheinlösungen für alle
Ewigkeit."
Und die Mitsprache?
Zu reden gaben auch Form und Möglichkeit der
Mitsprache;
Fragen, die trotz Drängen Urs Hubers nicht restlos geklärt
werden konnten. Bis und mit dem Rahmenbewilligungsverfahren (nach
Angaben der SES Zeitraum von 2016 bis 2020) sei die Mitsprache
garantiert, so Hanspeter Jeseneg, Präsident der "Plattform
Jura-Südfuss", einer Behördendelegation der gleichnamigen
Region. Diese will ein transparentes Partizipationsverfahren
gewährleisten, versteht sich auch als Anlaufstelle für
Behörden und Einwohnerinnen und Einwohner der Region und will
deren Anliegen gegenüber den am Verfahren beteiligten Instanzen
der Kantone und des Bundes einbringen.
Bleibt der Traum ein Traum?
Von der Lösung Endlagerung atomarer Abfälle sei
man
weit weg, konstatierte Sabine von Stockar zum Schluss. Sie bezeichnete
die Vorstellung von einer sicheren Endlagerung schon fast satirisch als
"Traum". Nirgends auf dem Planeten gebe es so etwas. Feststellungen,
die unwidersprochen blieben. Da nützen auch Bemerkungen aus dem
Saal, man habe bei radioaktivem Abfall allenfalls auch hinsichtlich
dessen Halbwertszeit zu differenzieren, nichts. Und die Idee, solche
Abfälle möglicherweise im Ausland deponieren zu können,
so quasi nach dem Motto "Heiliger St. Florian - zünd lieber andre
Häuser an", verhallte ebenfalls ohne Sympathien gewonnen zu haben.
Nach fünf Viertelstunden ging die Versammlung zum
Lukullischen über. Zuvor aber hatte Oltens Stadträtin Iris
Schelbert (Grüne) noch sibyllinisch gesagt, man habe sich
angesichts solcher Fakten schon seine Gedanken zu machen. Vielleicht
hatte sie damit auch solche zum allgemein verbreiteten
energieintensiven Lebensstil unsere Tage gemeint.