MEDIENSPIEGEL 9.7.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- (St)Reitschule: Definitive Cafete-Schliessung
- Bleiberecht-Camp: Dank an alle!
- JSVP-Trotz-Camp geräumt
- Narrenkraut: Stadt-Hanf; Hungerstreik; THC-Gehalt
- Randstand Biel: Walser Platz im Behördenblick
- Antifa: Flyer gegen Neonazi-Treff in Burdorf
- Sempach: Kopfgeld und Sprengfalle von der Pnos
- Rassismus: Suva-Kürzung; Zivilgesellschaft
- Police CH: Ausbildung in Hitzkirch
- Big Brother: Kulturwandel unter Aufsicht nötig
- Big Brother Sport: Stadionverbot-Rundumschlag
- Apple: Datensammelwahn
- Anti-Atom: gegen KKN Niederamt; Atomausstieg-Ausstieg

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REITSCHULE
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Fr 09.07.10
11.30 Uhr - SousLePont - WM-Beiz im Hof

Sa 10.07.10
11.30 Uhr - SousLePont - WM-Beiz im Hof
21.00 Uhr - Kino - Velo Filmabend - Premiere! Flat out CH/FR 2010 Kamera & Regie: Renaud Skyronka
22.00 Uhr - Kino - Quicksilver USA 1986, 105 Min.

So 11.07.10
11.30 Uhr - SousLePont - WM-Beiz im Hof

Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch

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(ST)REITSCHULE
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Bund 9.7.10

Betreiber besetzen die geschlossene Cafeteria der Reitschule

 Die "Cafete" wird von der Reitschule vorzeitig und definitiv geschlossen.

 Felicie Notter

 Der Zwist um die Cafeteria der Reitschule hat eine neue Wendung genommen: "Anlage, Bar, das ganze Inventar wurde von der Reitschule herausgerissen und teilweise zerstört", bestätigt Stephan von Gunten, langjähriges Mitglied des Cafete-Teams einen Bericht der "Berner Zeitung". Noch vor wenigen Wochen sprach die Mediengruppe der Reitschule von einer "einvernehmlichen Lösung" zwischen der Cafeteria und den übrigen Reitschulgruppen. Gemäss von Gunten wusste aber niemand von der Cafete davon. Die Räumung habe am 27. Juni ohne Vorankündigung stattgefunden. Aus seiner Sicht hat sich das Cafete-Team darum bemüht, die Auflagen der Reitschule einzuhalten - einzig das Rauchverbot habe sich nicht durchsetzen lassen.

 Rücksicht auf die Nachbarschaft

 Der Konflikt hat gemäss der Reitschule eine "jahrelange Geschichte". Im Frühling 2009 habe die Vollversammlung der Reitschule beschlossen, der Cafeteria eine "letzte Chance" zu geben. Geändert habe sich seither wenig: Abmachungen betreffend Öffnungszeiten und Lärmschutz seien nicht eingehalten, Rechnungen nicht bezahlt worden. Dies habe zu einem Schuldenberg von rund 30 000 Franken geführt, so die Mediengruppe. Im November 2009 wurde die Schliessung auf Ende 2010 beschlossen, die nun "aus verschiedenen Gründen" vorgezogen werden soll.

 "Es geht beim Entscheid nicht hauptsächlich ums Geld, sondern um das fehlende Vertrauen", so die Mediengruppe. Die Cafeteria-Betreiber hätten sich nicht an den basisdemokratischen Strukturen der Reitschule beteiligt und seien kaum zu Sitzungen erschienen. Es fehle an "Kooperationsbereitschaft und Rücksichtsnahme auf das gemeinsame Projekt Reitschule sowie auf die Nachbarn".

 Die Cafete wird von den Betreiberinnen und Betreibern derzeit besetzt. Von Gunten hofft, den Betrieb bis Ende Jahr fortzuführen, um alles "sauber abzuschliessen". Die Cafete wolle ebenfalls am Projektwettbewerb teilnehmen, der nun für die neue Nutzung des Raumes ausgeschrieben wird.

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BLEIBERECHT
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bleiberecht.ch 7.7.10

Herzlichen Dank!

Wir, die Bleiberecht-Kollektive der Schweiz, bedanken uns herzlich bei allen, welche die Sans-Papiers der Kleinen Schanze auf irgendwelche Weise unterstützt haben.

Insbesondere möchten wir uns bei den mitorganisierenden Gruppen Karakök und International Federation of Iraqi Refugees (IFIR) bedanken sowie bei allen, die uns sonst auf der Kleinen Schanze aktiv geholfen haben. Ohne sie wäre die Aktion nicht möglich gewesen.

Insgesamt haben in der letzten Woche weit über Eintausend Menschen die Solidaritätserklärung unterschrieben. Auch viele grosse und kleine  Organisationen haben sich solidarisch erklärt und fordern wie wir eine kollektive Regularisierung für gestrandete Flüchtlinge und Sans-Papiers:

* Antikapitalistisches Kollektiv Zürcher Oberland (AKZO)
* Anlaufstelle für Sans-Papiers Basel, Basel
* Attac Schweiz
* Autonome Schule Zürich (ASZ)
* Bewegung für den Sozialismus
* Demokratische Juristinnen und Juristen der Schweiz (DJS)
* Junge Alternative
* Juso
* Gewerkschaftsbund der Stadt Bern
* Gewerkschaftsbund der Stadt Fribourg
* Grüne Partei Schweiz
* Grüne Partei Bern-Demokratische Alternative GPB-DA, Bern
* Humanistische Partei (HP)
* IG Sozialhilfe
* Solidarité sans Frontières
* Solidaritätnsnetz Bern
* Syndicat interprofessionel de travailleues et travailleurs (SIT)
* UNIA
* Verein Bildung für Alle (BfA)
* VPOD

Während der letzten Woche sind über 40 Artikel erschienen, welche unsere Forderungen nach einer "kollektiven Regularisierung” thematisiert haben. In den letzten 12 Monaten davor gab es gerade einmal deren drei. Die Bleiberecht-Kollektive sind überzeugt, dass es weiterhin viel Druck braucht, damit auch die offizielle Schweiz nicht länger die Augen verschliesst vor den weit über 100′000 Sans-Papiers und abgewiesenen Flüchtlingen.

Über die Aktivitäten von Bleiberecht Zürich können Sie sich übrigens auch per Newsletter informieren lassen. Abonnieren Sie ihn hier: http://www.bleiberecht.ch/mitmachen/ Wir freuen uns insbesondere auch über neue AktivistInnen, welche unseren Kampf unterstützen mächten. Einfach ein E-Mail an info@bleiberecht.ch schreiben und wir laden zu den nächsten Sitzungen ein!

Mit herzlichen Grüssen
Die Bleiberecht-Kollektive der Schweiz

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SVP-CAMP
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Blick am Abend 8.7.10

Trotzcamp der Jungen SVP geräumt

 CAMP

 Die Polizei erlaubt keine Zelte von "Avec-Papiers" auf dem Bundesplatz.

 markus.ehinger@ringier.ch

 Sans-Papiers besetzten letzte Woche die Kleine Schanze - der Gemeinderat liess die illegale Aktion zu und räumte die Zelte erst nach sieben Tagen. Das Camp verursachte einen Rasenschaden von 16 000 Franken, wie heute die "BZ" schreibt. Der Steuerzahler muss das bezahlen.

 Die Besetzung ärgerte die Rechte, drei Mitglieder der Jungen SVP machten es deshalb gestern den Sans-Papiers gleich und schlugen ihr Zelt auf - dieses Mal auf dem Bundesplatz. "Mit unserer Camping-Ausrüstung wollten wir gegen die unbewilligte, jedoch vom Gemeinderat tolerierte Besetzung der Kleinen Schanze demonstrieren", sagt David Herzig zu Blick am Abend.

 Der Protest ging allerdings in die Hosen. "Bereits nachdem wir das erste Zelt aufgeschlagen hatten hielt uns der Bundessicherheitsdienst an", sagt Herzig. "Die Kantonspolizei erklärte, dass eine politische Aktion ohne Bewilligung nicht geduldet werden könne." Auf den Hinweis, dass andere Gruppierungen wie etwa die Sans-Papiers bei ihren Aktionen toleriert werden, sei die Polizei nicht eingegangen. Immerhin: "Die Polizei hatte Verständnis für unsere Gegen-Demo, musste jedoch nach Vorschrift handeln."

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NARRENKRAUT
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Langenthaler Tagblatt 9.7.10

Stadt Bern soll legal Hanf verkaufen

 Stadträte fordern Mitmachen bei einem wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekt

 "Das Verbot des Cannabis-Konsums ist Ausdruck einer blockierten Drogenpolitik und kriminalisiert Tausende, vor allem junge Menschen", schreibt die Grüne Stadträtin Aline Trede in einem interfraktionellen Postulat. Deshalb solle sich die Stadt an einem wissenschaftlichen Pilotprojekt mehrerer Städte beteiligen, das die legale Abgabe von Cannabis vorsieht. "Wer Cannabis legal kaufen kann, muss die Droge nicht auf dem Schwarzmarkt erwerben", erklärt Kurt Hirsbrunner, Co-Präsident der BDP/CVP-Fraktion, seine Unterstützung. Der Pilotversuch könne die fehlende Transparenz schaffen. Ein ähnliches Postulat überwies bereits der Zürcher Stadtrat. Suchtfachleute sind jedoch skeptisch. Die auf Bundesebene angedachte Lösung, Cannabis-Konsumenten nur noch zu büssen, sei richtig. (uz) Seite 18

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Städtischer Hanf ersetzt Dealer

 Vorstoss Stadt Bern soll sich an wissenschaftlich begleitetem Pilotprogramm beteiligen

Bruno Utz

 Die Stadt Bern verkauft Hanf legal, das fordern Stadträte. Mit der Entkriminalisierung des Cannabis-Konsums wollen sie dem Schwarzmarkt das Wasser abgraben und die emotionale Diskussion versachlichen.

 "Nur ein kontrollierter Verkauf von Cannabis erlaubt einen effektiven Jugendschutz", schreibt die Berner Stadträtin Aline Trede (GB) in einem Ende Juni eingereichten interfraktionellen Postulat. Darin fordern zahlreiche Stadträte der Fraktionen GB/JA, SP/Juso, glp und BDP die Stadt zur Durchführung eines wissenschaftlich begleiteten Pilotversuchs zum Verkauf von Cannabis auf. Bern solle sich an vergleichbaren Projekten beteiligen, die derzeit in anderen Städten aufgegleist werden. Konkret hat Mitte Juni der Zürcher Stadtrat einen bereits 2006 eingereichten Vorstoss der Grünen überwiesen. In Luzern wurde in diesen Tagen ebenfalls von den Grünen ein Postulat für die legale Abgabe von Cannabis eingereicht. Und laut Trede hat Basel Interesse an einem Pilotversuch. "Wenn viele Städte mitmachen, ist eine fruchtbare Allianz möglich."

 "Das ist der richtige Weg"

 Laut Michael Köpfli, glp-Fraktionspräsident, stehen die Grünliberalen geschlossen hinter dem Postulat. "Das ist der richtige Weg, um den kontrollierten Cannabis-Verkauf zu evaluieren." Aus der Auswertung des zeitlich befristeten Pilotversuchs könnten entscheidende Schlüsse gezogen werden für oder gegen die legale Abgabe von Cannabis. "Das ist gerade deshalb wichtig, weil in der Stadt Bern sehr viele Leute Cannabis konsumieren." Die glp habe 2008 auf nationaler und kantonaler Ebene die "Hanfinitiative" unterstützt (vergleiche Kasten).

 Als einzige bürgerliche Fraktion befindet sich die BDP im Boot. "Wer Cannabis legal kaufen kann, muss die die Droge nicht auf dem Schwarzmarkt erwerben", erklärt Kurt Hirsbrunner, Co-Fraktionspräsident der BDP. Der Schwarzmarkt müsse bekämpft werden. Es gehe ihm jedoch nicht darum, den Cannabis-Markt freizugeben, wie etwa in den Coffeeshops in Amsterdam. "Aber mit der wissenschaftlichen Begleitung kommen wir in Bern zu den fehlenden Fakten. Heute ist nichts transparent."

 FDP einmal mehr gespalten

 Weil seine Fraktion in dieser Frage gespalten sei, habe er das Postulat bewusst nicht unterschrieben, sagt Christoph Zimmerli (FDP). Die Zerrissenheit bezüglich der Freigabe des Cannabis-Konsums ist übrigens für die FDP nicht neu: Zur "Hanfinitiative" beschloss die Kantonalpartei vor zwei Jahren die Nein-Parole, die FDP Schweiz jedoch war dafür. Auf die Berner FDP-Nationalräte heruntergebrochen zeigte sich die Gespaltenheit so: Christa Markwalder kämpfte engagiert für ein Ja, Christian Wasserfallen bestritt ebenso betont den Gegenpart.

 Zurück zu Zimmerli: "Persönlich unterstütze ich jedoch das Anliegen. Dies, weil ich mir in der Politik die gleichen Entscheidungsgrundlagen wünsche wie im Beruf", sagt der Rechtsanwalt: "Bezüglich Cannabis müssen wir zuerst wissen, wovon wir reden. Mit dem Pilotversuch können wir Transparenz schaffen und Wissen generieren." Zudem könne der Versuch dazu beitragen, die seit Jahren emotional geführte Cannabis-Debatte zu versachlichen. "Jetzt geht es noch überhaupt nicht um die Frage, soll Cannabis legalisiert werden oder nicht."

 "Ist ein fertiger ‹Seich›"

 Genau das befürchtet jedoch Erich Hess. Die Fakten seien längst geklärt. Weitere wissenschaftliche Programme brauche es keine, findet der SVP-Stadt- und Grossrat. Das Postulat sei "ein fertiger ‹Seich›" der Linken.

 Skeptisch äussert sich auch die frühere Berner Stadträtin und heutige Grossrätin Barbara Mühlheim (Grüne), Betriebsleiterin der Berner Heroin-Abgabestelle Koda: "Das Postulat ist ein Murks, ein reines Sandkastenspiel." Nach dem deutlichen Nein des Schweizervolks zur "Hanfinitiative" sehe sie überhaupt keine Chance, dass der Bund Hand bieten werde für ein Pilotprojekt. "Bei der kontrollierten Heroin-Abgabe war die Ausgangslage völlig anders. Es gab kein Plebiszit. Und die Bundesgesetzgebung liess unter bestimmten Regelfällen die kontrollierte Verschreibung von Heroin zu", so Mühlheim. Der Cannabis-Pilotversuch sei politisch gar nicht möglich, sagt sie und erinnert an einen früheren Anlauf 2006. Damals überwies der Berner Stadtrat einen Vorstoss zur Legalisierung des Cannabis-Konsums. Ein Jahr kippte der Gemeinderat mit Verweis auf die Haltung des Bundes. Trotzdem: Die Vorstösser und Zimmerli sind überzeugt, dass der Stadtrat das neue Postulat gutheissen wird.

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 Busse statt Anzeige

 Die "Hanfinitiative" wollte Besitz, Erwerb und Anbau von Cannabis für den Eigenkonsum straffrei machen. Ende November 2008 schickte das Schweizervolk die Initiative mit einer klaren Nein-Mehrheit von 63,3 Prozent bachab. Kein einziger Kanton sagte Ja. Die Stadt Bern hingegen schon: Die Initiative fand bei 52,9 Prozent der Abstimmenden Unterstützung. Im vergangenen Winter lancierten die Gesundheitskommissionen von National- und Ständerat die Diskussion um die Strafbarkeit des Cannabiskonsums neu. Demnach soll der Konsum nur noch mit einer Ordnungsbusse geahndet werden. Eine Anzeige mit strafrechtlichem Verfahren würde entfallen. Ein entsprechender Erlass wird derzeit ausgearbeitet. "Das ist der einzig gangbare Ausweg", begrüsst die Berner Koda-Leiterin Barbara Müller den Vorschlag. Auch die Schweizerische Fachstelle für Alkohol und andere Drogenprobleme (SFA) unterstützt die Absicht: "Der Schritt weg von der Strafverfolgung hin zu einem Bussenmodell ist längst fällig", schreibt die SFA-Medienverantwortliche Monique Helfer in einem Internet-Kommentar. Dass der Konsum nicht gänzlich von Strafe befreit werde, sei ein wichtiges gesellschaftliches Signal. "Mit der Sanktion erfahren gerade auch Jugendliche, dass der Konsum nicht unbedenklich ist." Ein Bussenmodell kennt der St. Gallen bereits seit 2003: Ersttäter über 15 Jahre, die mit einer "geringfügigen" Menge Suchtmittel erwischt werden, werden mit 50 Franken gebüsst, jüngere der Jugendstaatsanwaltschaft gemeldet. Mehrfachtäter werden verzeigt. (uz)

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Tagesanzeiger 9.7.10

Hungerstreik Hanfanbau in der Schweiz darf nicht zu einer Frage von Leben oder Tod werden.

 Menschenleben vor Prinzipien

Von Res Strehle

 Der Hungerstreik von Bernard Rappaz dauert inzwischen 49 Tage an. Der geschwächte Walliser Hanfbauer kann sich alleine kaum mehr auf den Beinen halten (siehe TA vom Donnerstag), ab dem 30. Tag drohen irreparable gesundheitliche Schäden. Angenommen, Rappaz hungert weiter, so wird sich sein Gesundheitszustand in der Gefängnisabteilung des Genfer Universitätsspitals in den nächsten Tagen weiter verschlechtern.

 Angenommen auch, die Walliser Sicherheits- und Sozialdirektorin Esther Waeber-Kalbermatten liesse sich durch diese Eskalation im aktuellen Hungerstreik ihres prominentesten Gefangenen nicht erweichen. Kein Arzt würde sich finden lassen, der den Hungerstreikenden gegen seinen Willen ernährt oder sonst welche lebensverlängernden Massnahmen ergreift. Dann schwebte der Walliser Hanfbauer Rappaz ab nächster Woche in akuter Lebensgefahr. Ab dem 50. Tag eines Hungerstreiks geht es um Leben und Tod. Das zeigte sich in den vergangenen Fällen kompromissloser Gefangener in der Geschichte, Holger Meins von der deutschen Rote-Armee-Fraktion (RAF) starb am 57. Tag seines Hungerstreiks, Bobby Sands von der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) am 66. Tag.

 Stehen wir vor einem ähnlichen Drama mit unabwendbarem tragischem Ausgang? Nein, der vorliegende Fall scheint eher ein Beispiel für wechselseitige Sturheit mit drohendem tödlichem Ausgang.

 Aus moralischer Sicht lässt sich nicht rechtfertigen, dass einer zu Tode kommen soll, weil er Hanf angebaut hat. Weil er daraus über eine eigene Firma tonnenweise Harzhanf und kiloweise Haschisch produzieren liess. Der Staat mag die überrissenen Erlöse aufgrund der Prohibition durchaus abschöpfen. Er mag Bussen verhängen, aber einen zu Tode kommen lassen für illegal erklärten Hanfanbau? Das ist schwer vorstellbar, selbst wenn man den Hungerstreik als Erpressungsmanöver deutet. Denn schliesslich demonstriert man hier nicht Härte gegenüber einem Mörder oder Vergewaltiger, sondern gegenüber einem eigenwilligen, (zu) innovativen, vielleicht auch etwas (zu) geschäftstüchtigen Kleinbauern.

 Dritter Weg gesucht

 Es müsste sich in diesem Hanfdrama folglich ein dritter Weg zwischen Härte und Erpressbarkeit des Staates finden lassen, etwa die Halbgefangenschaft. Oder der Hausarrest mit elektronischen Fussfesseln wie im Falle des anderen polarisierenden prominenten Gefangenen der Schweiz, Roman Polanski, der in Gstaad auf den Auslieferungsentscheid wartet. Dessen Delikt liegt zwar schon einige Jahrzehnte zurück, man darf auf Verjährung plädieren, eine profilierungssüchtige US-Justiz anprangern, eine wenig souveräne Schweiz - im moralischen Kern ist das Delikt des polnisch-amerikanischen Regisseurs um einiges gravierender als der Hanfanbau, selbst mit hohem THC-Wirkstoff. Vielleicht einigen sich Hanfbauer und Strafvollzieher auch auf eine andere, kreative Form der Wiedergutmachung: eine definitive Einstellung des Hanfanbaus auf dem Hof Oasis in Saxon, der inzwischen von einer Tochter geführt wird, und stattdessen Früchteproduktion für Walliser Kinder- und Altersheime? Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt, Hauptsache, die Logik der griechischen Tragödie mit tödlichem Ausgang wird durchbrochen.

 Es gibt genügend Todesopfer aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse. Bei vorhersehbaren sollten wir sie vermeiden. Die Walliser Staatsrätin wird ihr Gesicht nicht verlieren, wenn sie einer unkonventionellen Lösung zustimmt. Der Hanfbauer würde mit seinem Tod über den eigenen Märtyrerstatus hinaus wenig bewirken. Der Hanfanbau wird deswegen in der Schweiz nicht rascher liberalisiert. Der vom Zürcher Gemeinderat beschlossene Versuch mit der legalen Abgabe von Haschisch am Schalter wird da vermutlich mehr in Bewegung bringen.

 "Free Rappaz" sollte deshalb die aktuelle Devise lauten. Kein juristischer Grundsatz soll über dem Schutz eines Menschenlebens stehen.

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st.tv 9.7.10

Zu starkes Cannabis: Immer mehr Junge landen in Entzugsklinik

sf/miem/schl

Cannabis ist in der Schweiz die meistverbreitete illegale Droge. Rund 20 Prozent der Bevölkerung ab 15 Jahren haben sie schon einmal ausprobiert. Doch nicht alle können damit umgehen, wie eine Reportage von "10vor10" zeigt. Für sie ist der Aufenthalt in einer Entzugsklinik bisweilen die letzte Chance. Auch, weil die Droge heute oft viel stärker ist als früher.

 Wer häufig kifft, kann abhängig werden. Eine Binsenweisheit - und doch ist eine Abhängigkeit gerade bei Jugendlichen besonders problematisch. Denn sie sind dabei, sich körperlich wie seelisch zu entwickeln.

 Immer mehr Jugendliche schaffen es nicht mehr, ohne fremde Hilfe von der Droge wegzukommen. Für sie gibt es nur noch einen Ausweg: Einen Entzug in einer Klinik.

 Bis zu 10 Joints - pro Tag

 Auch Lorenzo hat seinen Cannabis-Konsum nicht mehr in den Griff bekommen. Die Droge begann, seinen Alltag immer mehr zu beherrschen. Der Konsum überbordete.

 Lorenzo rauchte damals mindestens 10 Joints pro Tag. Am Wochenende waren es jeweils doppelt so viele.

 Mit dramatischen Folgen für Lorenzos Leben. "Am Morgen konnte ich nicht mehr aufstehen, um zu Arbeit zu gehen", erzählt der junge Mann gegenüber "10vor10". Freundschaften gingen in die Brüche. Von einem Sozialleben konnte kaum mehr die Rede sein. "Gespräche waren nicht mehr möglich. Nichts ging mehr", sagt Lorenzo.

 Jetzt ist der junge Mann auf Entzug. Seit 7 Wochen ist er in der Klinik für Suchtmedizin im Aargauischen Neuenhof. Die Einrichtung ist spezialisiert auf jugendliche Patienten.

 Teilweise ein THC-Gehalt von über 30 Prozent

 Cheftherapeut Christian Kalt stellt fest, dass Jugendliche immer früher mit dem Kiffen beginnen. Er hat Jugendliche behandelt, die bis zu 20 Joints pro Tag konsumierten.

 Doch Kalt sieht noch einen anderen Grund, wieso immer mehr Jugendliche Probleme haben, vom Joint loszukommen. Die Droge wird immer stärker.

 "Früher hatte Cannabis vielleicht einen Gehalt von 3 bis 4 Prozent THC", sagt Kalt. THC ist der psychoaktive Hauptwirkstoff der Hanfpflanze. "Heute", hält Kalt fest, "hat Cannabis zum Teil einen THC-Gehalt von über 30 Prozent."

 Für den Suchtexperten ist klar: Ein normales Leben ist da nicht mehr möglich: "Wenn Jugendliche Joints mit solch hohem THC-Gehalt konsumieren, sind sie nicht mehr in der Lage, ihren Pflichten nachzukommen, weil sie derart "stoned" sind."

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10vor10 8.7.10


Cannabis wird immer stärker

Die Droge, die sich schon zu Hippie-Zeiten einer grossen Fangemeinde erfreute, wurde über die Jahre mit immer höherer THC-Konzentration gezüchtet. Heute ist die Droge ein veritables Gesellschaftsproblem geworden. "10vor10" war in einer Entzugsklinik zu Besuch.
http://videoportal.sf.tv/video?id=047010ce-1eed-49b9-be31-0e971b84d0c3

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Blick am Abend 8.7.10

Kiffer kommen mit Busse davon

 HIGH

 Wer Cannabis raucht, soll eine Busse, kein Verfahren fassen. Das schlägt eine Kommission vor.

 500000 Schweizer kiffen. Der politische Wille, ihren Drogenkonsum zu legalisieren, hat sich zwar verflüchtigt. Aber künftig sollen sie nur noch mit einer Ordnungsbusse davonkommen - so wie ein Autofahrer, der keinen Gurt trägt.

 Der Vorschlag kommt aus der nationalrätlichen Gesundheitskommission, wie die "NZZ" berichtet. Heute muss ein Polizist einen Rapport erstellen, wenn er einen Kiffer im Park erwischt. Die Justiz muss dann entscheiden, ob sie ein Verfahren eröffnet - was jedoch in den wenigsten Fällen passiert.

 So ändert sich in der Praxis zwar nicht allzu viel. Aber: "Es ist ein starkes politisches Signal", erklärt SP-Politikerin Jacqueline Fehr. "Man kommt in Bern langsam zur Einsicht, dass es in der Eigenverantwortung der Erwachsenen liegt, ob sie kiffen. Die Höhe der Ordnungsbusse dürfte zwischen 50 und 100 Franken liegen. hhs

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RANDSTAND BIEL
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BZ 9.7.10

Fällt der Treff ins Wasser?

 Auf dem Walser-Platz in Biel haben Alkis splitternackt unter Hydranten geduscht. Und Schlägereien unter ihnen häufen sich. Das sorgt für Empörung in der Bevölkerung. Damit ist der autonome Treff in Frage gestellt.

 "Wir haben veranlasst, dass der Hydrant abgestellt wird", sagt Biels Baudirektor Hubert Klopfenstein. Dies ist aber nur die unbedeutendste Reaktion auf das Video von Telebielingue, das zwei Alkis beim Nacktplantschen zeigt. Denn obwohl die Szene bei Klopfenstein vorerst ein Schmunzeln auslöste, sind seine Sympathien für die Alkis nun wortwörtlich baden gegangen. Der Bieler Baudirektor hielt in der Vergangenheit seine schützende Hand über den autonomen Treff am Walser-Platz. Jetzt sagt er: "Sie haben es sich verscherzt. Die Alkis haben eine Grenze überschritten, womit sie die Schliessung des Treffs indirekt unterstützen."

 "Die sind anders"

 Jim Klossner und Rolf Känzig sind die beiden Verantwortlichen für den Alkitreff am Bieler Walser-Platz. Sie sorgen im Auftrag der städtischen Fachstelle Arbeitsintegration für Ruhe und Ordnung beim autonomen Treff. Doch dies wird für Klossner und Känzig immer schwieriger. Seit einem halben Jahr häufen sich auch Schlägereien. Jim Klossner hat sich beim Versuch, Streitereien zu schlichten, in dieser Zeit dreimal ein gebrochenes Nasenbein geholt. Den Grund für die Unruhen sei eine Gruppe von fünf, sechs Leuten, alles Arbeitslose, die erst seit einigen Monaten den Treff regelmässig besuchten. Diese Gruppe sei aggressiver und gewaltbereiter als die übrigen, sagen andere Besucher des Treffs. "Die sind nicht wie wir Alteingesessenen", sagt Böbu, einer, der den Treff seit seinen Anfängen kennt. "Wir wollen hier in Ruhe unser Bierchen trinken und in Gesellschaft sein", sagt er.

 Sie mögen nicht mehr

 Wenn Klossner und Känzig bei Streitereien keine Schlichtung zustande bringen, dann rufen sie die Polizei. Doch auch diese kann nicht verhindern, dass die Schläger wiederkommen. "Bisher haben wir Hausverbote ausgesprochen", sagt Klossner. Aber das nütze nicht viel, weil die Abgewiesenen das Verbot nicht ernst nähmen. "Was soll ich machen?", klagt Klossner, "wenn einer sagt, er schlage alle tot, falls er nicht hineindürfe". Klossner und Känzig fühlen sich dieser Gewalt gegenüber machtlos. Beide machen einen angeschlagenen Eindruck. "Ich mag langsam nicht mehr", sagt Klossner. Baudirektor Hubert Klopfenstein will den Treff bis Mitte September geschlossen haben, doch eine konkrete Anschlusslösung ist auch nach nunmehr siebenjährigem Provisorium noch nicht in Sicht.

 Haben noch immer Wasser

 Jean Scheiben, Chef der Kantonspolizei in Biel, fordert eine "humane Lösung" für den Alkitreff. Dies in Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Stellen. Denn für ihn seien die Alkis Menschen. "Kranke Menschen", betont er. Scheiben: "Diese Leute einfach zu verjagen, bringt nichts." Dem Alkitreff schenke die Polizei besondere Beachtung, indem sie rund um die Uhr regelmässig Patrouillen vorbeischicke.

 Inzwischen scheint nicht nur eine Lösung in weiter Ferne. Auch das Konzept eines autonomen Treffs ist mehr als fraglich, nachdem die beiden Co-Leiter selber sagen, der Lage nicht mehr Herr zu sein. Übrigens: Entgegen dem Versprechen des Baudirektors, den Hydranten per sofort abzustellen, zapfen die Alkis dort noch immer Wasser. Laut dem Energie-Service Biel wird er "so schnell als möglich abgeschaltet".

 Brigitte Jeckelmann,  Parzival Meister

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bielertagblatt.ch 8.7.10 (19.30 Uhr)

Exzesse im Alkitreff: Staatsanwalt greift ein

Während sich führende Politiker vor der Verantwortung drücken, wird nun die Bieler Justiz aktiv: Sie hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

(bt) Die Staatsanwaltschaft hat das Bieler Untersuchungsrichteramt beauftragt, ein Ermittlungsverfahren gegen Benutzer des Alkitreffs durchzuführen. Dies bestätigte Peter Bohnenblust gestern Abend gegenüber dem "Bieler Tagblatt". Grund für seine Intervention ist das Nacktduschen einzelner Alkoholiker in der Öffentlichkeit (das BT berichtete).

Den "blüttelnden" Alkoholikern droht eine Anzeige wegen "öffentlichem Nacktgehen" und eine Busse von bis zu 1000 Franken; erst im März hatte das bernische Obergericht einen Mann verurteilt und mit 400 Franken gebüsst, weil er sich nachts im öffentlichen Raum nackt bewegt hatte. Beim Vorfall tagsüber im Alkitreff waren auch Kinder anwesend.

Recherchen zeigen weiter, weshalb die Situation in den letzten Monaten eskalierte. Der Alkitreff wird in letzter Zeit vermehrt von gewalttätigen Besuchern genutzt, die teils Kokain konsumieren, wie die beiden Co-Leiter bestätigen. Sie sind selber gesundheitlich angeschlagen und haben die Situation nicht mehr im Griff. Damit wird klar, wie schnell das Konzept eines autonomen Treffs kippen kann - so bequem er für die untätigen Behörden bisher war.

Da die Leiter des Treffs von der "Arbeitsintegration" des Sozialamts betreut und bezahlt werden, steht auch Sozialdirektor PierreYves Moeschler in der Verantwortung. Er hatte dies bisher bestritten, da die Polizei zuständig sei.

Mehr zum Thema im Bieler Tagblatt vom 9. Juli 2010 oder im E-Paper

Links:
Video: Nackte Alkoholiker
http://www.bielertagblatt.ch/News/Region/178955
Fass zum Überlaufen gebracht
http://www.bielertagblatt.ch/News/Region/179040

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bielertagblatt.ch 8.7.10 (15.04 Uhr)

Fass zum Überlaufen gebracht

Ein Video mit nackten Alkoholikern sorgt in Biel für Aufsehen. Die Politiker schieben die Verantwortung ab.

 (bt) Die Fernsehbilder von nackten Alkis, die sich mitten in der Stadt an einem aufgedrehten Hydranten vergnügen, lösten heftige Reaktionen aus. Selbst Biels Baudirektor Hubert Klopfenstein, der den Alkitreff stets verteidigte, ist in die Defensive geraten und muss handeln. Zwar habe die unverhältnismässige Nutzung des Hydranten keine Busse zur Folge, erklärte er gestern. Doch er hat veranlasst, dass der Hydrant vorübergehend abgestellt wird - nachdem auch die SBB reklamiert hatte, weil sie das Wasser aus dem Hydranten bezahlen muss.

Das Verhalten der Alkis zu kontrollieren, sei Sache der Sozialdirektion, sagt Klopfenstein. Sozialdirektor Pierre-Yves Moeschler wiederum fühlt sich nicht zuständig, da der Alkitreff am WalserPlatz nicht betreut sei. Stattdessen müsse die Polizei eingreifen.

Konsequenzen hat die Aktion trotzdem, Klopfenstein distanziert sich: "Mit dieser Provokation haben sie meine Sympathien verscherzt." Auch für Moeschler ist nun offen, ob der geplante autonome, unbetreute Ersatzstandort beim Schlachthaus realisierbar sei. Seine Direktion arbeitet seit mehreren Wochen an einem Konzept, das noch im Sommer in einen Umzug münden sollte.

Mehr zum Thema im Bieler Tagblatt vom 8. Juli 2010 oder im E-Paper

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Bieler Tagblatt 7.7.10

Nackte Alkoholiker

Erneut haben sich am hellichten Tag Randständige des Alkitreffs splitternackt ausgezogen, um sich im Strahl eines Hydranten zu duschen. Doch diesmal wurde es dokumentiert.

 (bt) Der TV-Sender "Telebielingue" strahlte die Szene am Dienstag Abend um 19:00 Uhr aus.

Wie Gemeinderat und Sympathisant Hubert Klopfenstein erklärte, haben "die Alkoholiker damit ihre Grenze überschritten". Er hatte ihnen den Hydrantenschlüssel zur Verfügung gestellt, damit sie den Platz reinigen können. Seit Tagen werden nun Hunderte von Litern Wasser zum Spass vergeudet.

Das Verhalten der Alkis könnte mit einer Busse von bis zu 1000 Franken geahndet werden, doch bislang hat niemand eingegriffen. Der ebenfalls zuständige Sozialdirektor Pierre-Yves Moeschler wollte keine Stellung nehmen.

Link:
Website von TeleBielingue
http://www.telebielingue.ch/

Video:
Nackte Tatsachen, Beitrag von "Telebielingue".

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TeleBielingue-News

8.7.10: Alkitreff: Notwendig, es braucht aber eine professionelle Führung
7.7.10: Alkitreff: Auf Nacktbad folgt nun ein Swimming-Pool
6.7.10: Wann ist genug? Nacktbaden am Bieler Alkitreff
http://www.telebielingue.ch/index.php?option=com_telebielingue&Itemid=56&lang=de

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ANTIFA
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Langenthaler Tagblatt 9.7.10

Burgdorf Flyer gegen "Neonazi-Treff"

 Weitere Attacke linker Kreise auf die Burgdorfer "Royal Aces Tatoo-Bar" an der Rütschelengasse: Am Mittwochabend hätten Aktivisten von Antifa, "Augenauf" sowie "Bündnis alle gegen Rechts" "Tausende Flugblätter" in der Emmestadt verteilt. Bereits vor zehn Tagen wurden in der Bar Scheiben eingeschlagen, und es flogen Farbbeutel. Die Betreiberin bestreitet, ein Treffpunkt für Neonazis zu sein; ihr Lokal stehe allen Interessierten offen. Aufgrund einer Freundes-Liste der Bar auf der Internetseite Facebook allerdings sehen sich die Aktivisten in ihrer Sicht bestätigt. (sat)

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Indymedia 8.7.10

Medienmitteilung: Antifaschistische Flugblatt-Verteilaktion ::

AutorIn : **         

Sehr geehrte Medienschaffende

Aktivistinnen und Aktivisten haben heute Abend in Burgdorf Tausende von Flugblättern (siehe Anhang) gegen das Nazi-Lokal "Royal Aces Tattoo-Bar" verteilt. Darin fordern wir die Bewohnerinnen und Bewohner von Burgdorf auf, sich gegen den rechtsextremen Treffpunkt an der Rütschelengasse 27 zu wehren.

Es ist stossend, dass Neonazis in der Emmestadt eine öffentliche Bar betreiben können. Wir lassen nicht locker, bis der Treff Geschichte ist!

Kein m2 den Nazis - die "Royal Aces Tattoo-Bar" dichtmachen!

Mit freundlichen Grüssen

Antifa Bern, Antifa Oberland, Augenauf Bern, Bündnis Alle gegen Rechts, DAB, RJG, Repro

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Courage zeigen!
Den Burgdorfer Neonazi-Treff dichtmachen!

Mitte Mai hat in Burgdorf die rechtsextreme "Royal Aces Tattoo-Bar” ihre Türen geöffnet und - einmal mehr - die Emmestadt in ein ungünstiges Licht gerückt. Die Bar an der Rütschelengasse 29 ist eine Premiere in der Schweiz: Noch nie verfügten Neonazis hierzulande über ein öffentliches Lokal. Dies ist stossend. Kämpfen wir gemeinsam für eine Schliessung des Treffs!

Hinschauen....

"Eine Bar für Jung und Alt”: Auf der Web¬site des Lokals geben sich die Betreiberinnen und Betreiber betont brav und unverdächtig. Doch die akten lassen keinen Zweifel offen, wer sich in den Räumlichkeiten des ehemaligen "Coffee-Shop” eingemietet hat: Inhaberin des Treffs ist laut dem Schweizerischen Handelsamtsblatt Sophie Güntensperger, die Freundin des langjährigen Burgdorfer Naziskins Reto Siegenthaler, mit dem sie auch die Wohnung teilt. Der Name der Bar, "Royal Aces Tattoo-Bar”, nimmt Bezug auf den Song "Royal Aces” der deutschen Rechtsrock-Band "Barking Dogs”, der von "stolzen und tätowierten Rebellen” handelt und den Strassenkampf zum "Heiligen Krieg” erklärt.

Beim Umbau der Bar in diesem Frühling hat Sophie Güntenspergers rechtsextremes Umfeld kräftig Hand angelegt: So wurde unter anderem der Burgdorfer Gitarrist der Neonazi-Band "Indiziert”, Alex Rohrbach, gesichtet. Die - mittlerweile nicht mehr öffentlich zugängliche - Facebook-Seite des Lokals zeigt, wer zur (potenziellen) Kundschaft des Lokals zählt: Unter den rund 280 "Freunden" findet sich das Who is Who der gegenwärtig aktiven Nazis, u.a. Denise Friederich und Michael Herrmann von der Führungsriege der Partei National Orientierter Schweizer (PNOS), der Hammerskin und Präsident der neuheidnisch-rassistischen Avalon-Gemeinschaft, Adrian Segessenmann, sowie Dominic Lüthard, Alex und Cédric Rohrbach von der Band "Indiziert”.

Erst im Februar 2010 haben die Behörden in Langenthal den halb-öffentlichen Nazi-Treff "RAC-Café” (RAC steht für "Rock against Communism”) nach langem Hin und Her geschlossen. Die "Royal Aces Tattoo-Bar” kommt der Berner Rechtsextremen-Szene deshalb als neuer Dreh- und Angelpunkt höchst gelegen. Dies möglich macht die Immobilien-Treuhand Jürg Jost & Co. aus Burgdorf, welche die Liegenschaft an der Rütschelengasse 29 verwaltet. Jürg Jost, der nicht mit Namen in den Medien erscheinen will, drohte einem recherchierenden Journalisten der "Berner Zeitung” mit Konsequenzen, bereits bevor auch nur eine Zeile über die Bar erschienen war.

Seit dem 25. Juni 2010 verfügt die rechtsextreme "Royal Aces Tattoo-Bar” zudem über ein Tattoo-Studio. Ein Angebot, das es in sich hat, wie Fotos auf Facebook zeigen: Der 30-jährige Tätowierer Christian Riegel, der gut vernetzt ist in der rechtsextremen Szene, präsentiert sich als Waffennarr und posiert vor einer Hakenkreuz-Fahne. Seine Brust ziert ein Hakenkreuz-Tattoo samt Revolver. Auf einem weiteren Foto ist das Logo der Crew 38, des internen Unterstützungsnetzwerks der Hammerskin-Nation, zu sehen.

... und handeln!

Weg mit der "Royal Aces Tattoo-Bar”! Machen wir Druck auf die Bar-Betreiberinnen und -Betreiber, Vermieter Jürg Jost und die Behörden! Handeln wir - auf vielen Ebenen: Boykottieren wir die Bar! Organisieren wir Protestaktionen! Fordern wir die Behörden auf, eine Schliessung des Lokals durchzusetzen. Oder sagen wir Jürg Jost unsere Meinung: 034 422 38 47, j.jost@bluewin.ch.

Kein Raum für Nazis!

Antifa Bern, Antifa Oberland, Augenauf Bern, Bündnis Alle gegen Rechts, DAB, RJG, Repro Burgdorf

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SEMPACH
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NLZ 9.7.10

Sempach

Pnos droht Linksextremen

 flj. Die Sempacher Schlachtfeier schürt weiterhin Emotionen: Die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) droht per Medienmitteilung mit Sprengfallen und Vergeltungsaktionen gegen Linksextreme. Auslöser sind gemäss Mitteilung das verschmierte Denkmal und der Diebstahl des Trauerkranzes. Man überlege sich, im nächsten Jahr in Sempach "an der gestohlenen Sache eine Sprengfalle anzubringen". Die Pnos-Sektion Willisau spricht von "Sippenhaftung", welche sämtliche Linksaktivisten im Kanton Luzern übernehmen müssten. "Sie werden in den nächsten Monaten nichts zu lachen haben", schreibt die Partei.

 Untersuchung läuft

 "Wir werden prüfen, ob ein Strafverfahren wegen Schreckung der Bevölkerung oder allenfalls anderer Tatbestände eingeleitet wird", sagt Simon Kopp, Sprecher der Strafuntersuchungsbehörden. Die sogenannte Schreckung der Bevölkerung sieht Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren vor. Darunter fallen das Androhen oder Vorspiegeln einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum. Das Amtsstatthalteramt hat gemäss Kopp entsprechende Voruntersuchungen eingeleitet. Auch der Tatbestand der Drohung werde geprüft.

Pnos-Sektionspräsident Michael Vonäsch, Verfasser der Mitteilung, sagte gestern auf Anfrage, die Drohung sei durchaus ernst gemeint, auch wenn nicht die Pnos selber Vergeltung üben werde. Ihm sei es egal, wenn es zu einem Strafverfahren komme.

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20 Minuten 9.7.10

Rechtsextreme Pnos bedroht die Linken

 WILLISAU. Die rechtsextreme Partei Pnos droht in einer Medienmitteilung öffentlich den Linken. "Linksaktivisten werden in den nächsten Monaten im Kanton Luzern nichts zu lachen haben", schreibt Michael Vonäsch, Vorstandsvorsitzender der Sektion Willisau. Grund für die Drohung: Ende Juni wurde das Winkelrieddenkmal in Sempach von Unbekannten verschmiert. Die Pnos vermutet Linksextreme hinter dem Anschlag und hat eine Belohnung von 500 Franken für Hinweise ausgesetzt.

 Wegen der Drohung haben sich nun die Behörden eingeschaltet. "Wir prüfen derzeit, ob eine Untersuchung eingeleitet wird", sagt Simon Kopp, Sprecher der Strafuntersuchungsbehörden.  MFE

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20min.ch 8.7.10
http://www.20min.ch/news/zentralschweiz/story/Pnos-droht-Linken-mit-Sprengfalle-16478680

Verschmiertes Denkmal

Pnos droht Linken mit Sprengfalle

Die Pnos hat ein Kopfgeld für Linksaktivisten von der Schlachtfeier in Sempach ausgesetzt und droht, dass diese "nichts mehr zu lachen" haben werden. Die Polizei ermittelt.

"Die Feigheit der Schweizer Antifa hat sich zum wiederholten Male bestätigt", schreibt die Pnos Willisau in einem Communiqué vom Donnerstag. Unter dem Titel "Nachwehen der Schlachtfeier" droht die rechtsradikale Vereinigung Linksaktivisten wegen "ihres Leistungsausweises" an der diesjährigen Schlachtfeier. Sie hätten Denkmäler verschmiert und "Diebstähle" begannen.

"Wir überlegen uns im nächsten Jahr eine Sprengfalle an der gestohlenen Sache anzubringen, um solche Vorkommnisse in Zukunft zu verhindern", heisst es in der Pressemitteilung, die von Michael Vonäsch signiert ist. Was genau gestohlen worden sein soll, präzisierte Vonäsch in der Mitteilung nicht. Die Pnos droht aber weiter darin, dass Linksaktivisten in den nächsten Monaten im Kanton Luzern "nichts zu lachen" hätten. "Sie werden Sippenhaftung übernehmen müssen und können sich dann bei den Tätern persönlich bedanken."

Selbstjustiz der Pnos

Die mutmasslichen Taten will sich die Pnos nicht gefallen lassen: Sie hat die "Täter" zur Fahndung ausgeschrieben. "Für sachdienliche Hinweise setzt die Pnos Willisau eine Belohnung von 500 Franken aus", heisst es abschliessend in der Mitteilung.

Die Kantonspolizei Luzern nimmt die Drohung ernst und hat bereits eine Untersuchung eingeleitet. "Wir haben die Medienmitteilung an einen Untersuchungsrichter weitergeleitet und prüfen den Tatbestand der Erschreckung der Bevölkerung", sagt Sprecher Simon Kopp. Sollte der Untersuchungsrichter den Tatbestand als gegeben erachten, wird Strafanzeige gegen Michael Vonäsch erhoben. Bei einer Verurteilung droht ihm dann eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren.

Der 28-jährige Willisauer ist kein Unbekannter: Vonäsch war Teil von rechtsextremen Schlägern, die im Mai 2004 mit Krawallen eine Demonstration gegen Rassismus verhindert hatten. Der Vorsitzende der Willisauer Pnos-Sektion war dafür vom Amtsstatthalteramt Willisau zu sechs Wochen Gefängnis bedingt und zu einer Geldstrafe von 600 Franken verurteilt worden.

(amc)

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Die Schlachtfeier von Sempach findet in Erinnerung an die Schlacht von 1386 gegen die Habsburger satt und wird jeweils am letzten Juni-Samstag durchgeführt. In den vergangenen Jahren sorgte der Aufmarsch von Rechtsradikalen und von Linksradikalen für Schlagzeilen. Mit einem grossen Polizeiaufgebot mussten 2009 die Gruppen getrennt werden. Um die Situation zu entschärfen, wurde die Feier entschlackt und von der Schlachtfolklore befreit.

In diesem Jahr gab es nur eine ökumenische Andacht fernab vom Schlachtfeld - letztlich blieb die Situation deshalb ruhig. Allerdings entdeckte man am Morgen nach der Feier das mit roter Farbe versprayte Winkelried-Denkmal. "No Nazis" lautete der Schriftzug. Ausserdem war die Inschrift (Hier hat Winkelried) "..den Seinen eine Gasse gemacht" übersprayt.

Rund 200 Rechtsradikale haben sich eine Woche nach dem offiziellen Gedenken an die Schlachtfeier in Sempach zu einer gemeinsamen Kranzniederlegung beim Schlachtdenkmal getroffen. Sie wurden dabei offenbar von Linksaktivisten gestört, wie es in der Medienmitteilung heisst.

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pnos 8.7.10
http://willisau.pnos.ch/index.php?seite=meldungen_detail.php&sprache=&meldungid=1066

Flugblattaktion der Kameradschaft Innerschweiz  (08.07.2010)

Mitglieder der Kameradschaft Innerschweiz baten die PNOS Willisau, folgenden Text zu veröffentlichen:

Heute Abend wurden in Sempach und Umgebung rund 2500 Flugblätter verteilt, um die Bevölkerung über die aktuellen Ereignisse rund um die Sempacher Schlachtfeier zu informieren.

Bereits während der Verteilaktion konnten erste positive Reaktionen auf das Flugblatt entgegengenommen werden. Dabei ist aufgefallen: Ein Grossteil der Sempacher Bevölkerung ist gereizt und wütend wegen dem verschmierten Schlachtdenkmal. Desweiteren ist bei der Bevölkerung ein gewisses Unverständnis spürbar, dass die Luzerner Kantonspolizei lieber Autofahrer und Töfflibuben wegen Lapalien verzeigt, als hier etwas zu unternehmen. Dabei werden bei der Polizei ständig Überstunden geschoben. Kein Wunder wenn der ganze Tag nur sinnlose Arbeit ausgeführt wird! Doch bei Schandtaten wie dem verschmierten Löwendenkmal, oder jetzt dem Winkelriedstein wartet man vergeben darauf, dass die Täter gefasst werden.
http://pnos.ch/media/2010-07-08_flugblatt_ki.pdf

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pnos.ch 7.7.10
http://willisau.pnos.ch/index.php?seite=meldungen_detail.php&sprache=&meldungid=1063

Feigheit als obersters Gebot der Roten Faschisten  (07.07.2010)

Die diesjährige, eigene Schlachtfeier in Sempach kann als voller Erfolg bezeichnet werden. Die Teilnehmer haben sich sehr diszipliniert verhalten, die gehaltenen Reden waren sehr Eindrücklich und auch das Wetter hat bis auf wenige Minuten standgehalten. Doch die Feigheit der Schweizer Antifa hat sich zum wiederholten Male bestätigt. Ihr diesjähriger Leistungsausweis:

* Denkmäler werden in der Nacht verschmiert
* Fotos werden nur aus vorbeifahrenden Autos geschossen
* Seit neuestem scheint auch Diebstahl ihr Metier zu sein

Ich will hier nicht präziser werden, doch ich weiss, dass dies auch von den betroffenen Personen zu Kenntnis genommen werden wird. Wir überlegen uns im nächsten Jahr eine Sprengfalle an der gestohlenen Sache anzubringen, um solche Vorkommnisse in Zukunft zu verhindern. Weiter werden Linksaktivisten in den nächsten Monaten im Kanton Luzern nichts zu lachen haben. Sie werden Sippenhaftung übernehmen müssen und können sich dann bei den Tätern persönlich bedanken.

Gesucht wird:

* Ein dunkler, viertüriger Peugeot 306 mit mehreren Insassen, der sich zwischen 16:00-17:30 Uhr in Sempach aufgehalten hat.
* Ein silberner Seat (vermutlich Ibiza) mit drei Insassen in Leuchtwesten, die sich am 03.07.2010 zwischen 18:00-21:00 Uhr in Sempach und Umgebung aufgehalten haben.

Für sachdienliche Hinweise setzt die PNOS Willisau eine Belohnung von 500 Fr.- aus.

Michael Vonäsch

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RASSISMUS
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bernerzeitung.ch 9.7.10

Berner beschimpft Mann als "Neger" - SUVA-Taggelder werden gekürzt

Ein Berner muss sich die Kürzung seiner SUVA- Taggelder gefallen lassen. Er war von einem dunkelhäutigen Mann niedergeschlagen worden, den er zuvor als "Neger" oder "Nigger" beschimpft hatte.

Das Bundesgericht hat einen Entscheid der Berner Justiz aufgehoben.

Der heute 28-Jährige war an einem Juliabend 2004 beim Bahnhof Bern sichtlich angetrunken in ein Tram gestiegen, wobei er gestikulierte und lautstark telefonierte. Kurz vor der Endstation begab er sich in den hinteren Teil des Trams, wo ein dunkelhäutiger Mann sass. Was weiter geschah, scheint nicht restlos geklärt.

Kopfstoss nach Provokation

Fest steht, dass der Dunkelhäutige den 28-Jährigen im Tram mit einem Kopfstoss niederschlug und schwer verletzte. Die Suva kürzte ihre Taggeldleistungen für den Mann um 20 Prozent, weil er seinen Angreifer zuvor "Neger" oder "Nigger" genannt und dessen Attacke damit grobfahrlässig provoziert habe.

Das Berner Verwaltungsgericht hob die Kürzung 2009 wieder auf. Es vertrat die Ansicht, dass eine rassistische Beschimpfung nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erwiesen sei. Und selbst wenn sie so geäussert worden wäre, könne dem Urheber nicht vorgeworfen werden, seine eigene Verletzung grobfahrlässig verursacht zu haben.

Reaktion zu erwarten

Das Bundesgericht hat nun die Beschwerde der Suva gutgeheissen und den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufgehoben. Gemäss dem Urteil kann als erstellt gelten, dass der Verletzte den später bei einem Autounfall verstorbenen Mann tatsächlich als "Neger" beschimpft hat. Gehört habe dies zwar niemand direkt.

Zwei Auskunftspersonen hätten indessen bestätigen können, dass der Angesprochene hörbar erwidert habe: "Was, Neger, ich heisse nicht Neger". Diese Antwort mache nur Sinn, wenn der Betroffene vorher auch als "Neger" bezeichnet worden sei.

Fest stehe weiter, dass der Ausdruck "Neger" als rassistisch empfunden werde und eine grobe Provokation darstelle. Der Verletzte habe deshalb mit einer gewalttätigen Reaktion rechnen müssen, zumal es sich um einen Streit unter jungen Erwachsenen gehandelt habe. (Urteil 8C_877/2009 vom 28.6.2010)

(vh/sda)

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http://jumpcgi.bger.ch/cgi-bin/JumpCGI?id=28.06.2010_8C_877/2009

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Tacheles 9.7.10

ANTIRASSISMUS-STRAFNORM

 Zivilgesellschaftliches Engagement ist gefragt

Hans Stutz

 Der Bundesrat hat vergangene Woche entschieden, dass er auf eine Ausweitung der Antirassismus-Strafnorm verzichten wolle.

 Keine Strafe soll es in Zukunft für jene geben, die "rassistische Symbole, insbesondere Symbole des Nationalsozialismus oder Abwandlungen davon", öffentlich verwenden oder verbreiten — oder sie herstellen und lagern und ein- oder ausführen. Der Entscheid der Landesregierung ist folgerichtig und zu begrüssen. Er steht am Ende einer knapp zehnjährigen Auseinandersetzung. Sie begann aus Anlass der "Rütlischande", nachdem am 1. August 2000 die Rede von Bundesrat Kaspar Villigers an der Bundesfeier auf dem Rütli von Rechtsextremen markant gestört worden war.

 Die — auch durch die breite Medienbeachtung ausgelöste — Debatte führte zu Recht zu einer verstärkten Beachtung rechtsextremistischer Aktivitäten in der Schweiz und zu verschiedenen Vorschlä-gen, wie man dieser unerwünschten Entwicklung begegnen könne. Unter anderem wollte man durch ein Verbot nationalsozialistischer Symbole die Möglichkeit haben, strafrechtlich gegen rechtsextreme Auftritte und Konzerte vorzugehen.

 Dieser Vorschlag folgte dem verbreiteten Irrglauben, wonach gesellschaftliche Probleme mit strafrechtlichem Aktivismus gelöst werden könnten. Er liess jedoch unberücksichtigt, dass die Rassismus- Strafnorm bis anhin nicht konsequent angewandt wurde und wird.

 Bereits im Sommer 2003 hat das Bundesgericht das Strafbestandsmerkmal "Öffentlichkeit" zwar neu gefasst, so dass rassendiskriminierendes Verhalten bei Nazi-Skin-Konzerten verfolgt werden könnte. Weder Polizei noch Strafverfolger haben sich bis anhin von dieser neuen Ausgangslage inspirieren lassen.

 Ein weiterer gewichtiger Grund sprach für den Abbruch der Übung.

 Bereits haben sich verschiedene politische Kräfte — unter anderem auch solche, die mit Rassismus politische Süppchen kochen und wohl weiterhin zu würzen gedenken — angetönt, sie wollten auch weitere Symbole unter Strafe stellen, beispielsweise Hammer und Sichel oder Anarchistenzeichen. Einen Vorgeschmack auf eine solche Diskussion brachte der nationalrätliche Entscheid, der die "öffentliche Verwendung von Symbolen, welche extremistische, zu Gewalt und Rassendiskriminierung aufrufende Bewegungen verherrlichen", unter Strafe stellen wollte. Diese absehbare Ausweitung der Diskussion ist im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht zielführend, eher könnte man vom Gegenteil ausgehen.

 Verschiedene Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren ausgelotet, wie man Rechtsextremismus am besten bekämpfen könne. Sie kommen, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung, zum Schluss, dass repressive Massnahmen Rechtsextremismus nicht ursächlich bekämpfen. Eckpunkte einer Gesamtstrategie sehen sie neben einer sachlichen und fortlaufenden Zustandsbeschreibung der "Szene" in weiterem Austausch und Kooperation zwischen verschiedenen Akteuren, konsequenter Verurteilung von Diskriminierungen, Präventionsarbeit (inklusive Massnahmen zur Deradikalisierung), Betonung der liberalen Demokratie und ihrer Werte, Ausbau institutioneller Gegenöffentlichkeit und Stärkung zivilgesellschaftlicher Akteure. Im Klartext: Die Schweiz braucht keine Ausweitung der Antirassismus-Strafnorm, sondern eher die Errichtung eines staatlich geförderten, jedoch zivilgeselischaftlich betriebenen Fachzentrums gegen Rechtsextremismus.

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POLICE CH
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Solothurner Zeitung 9.7.10

Sie werden an Grenzen geführt

 Ein Tag bei den Solothurner Aspiranten in der interkantonalen Polizeischule in Hitzkirch

 Seit 2007 werden die angehenden Solothurner Polizistinnen und Polizisten im luzernischen Hitzkirch ausgebildet. Dort werden sie nicht "mit Wattebäuschen beworfen", wie ein Ausbildner schildert, sondern müssen "bis an die Grenze des Zumutbaren" gehen - zum Beispiel im knallharten Selbstverteidigungs-unterricht.

 Diese Zeitung hat das Gelände der grössten Polizeischule der Schweiz besucht und ein Dorf im Dorf vorgefunden: Im Trainingszentrum gibt es unter anderem speziell errichtete Mehrfamilienhäuser, eine Bank und eine Tankstelle. Diese Einrichtungen erlauben es, dass die Polizeiaspiranten unter möglichst realistischen Bedingungen auf künftige Einsätze bei Überfällen, Familiendramen oder Amokläufen vorbereitet werden können. (szr) Seite 17

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Zehn Monate bis zum Ernstfall

 Polizeischule Wie die angehenden Solothurner Polizisten in Hitzkirch ausgebildet werden

 Über 300 angehende Ordnungshüter durchlaufen jährlich die grösste Schweizer Polizeischule in Hitzkirch. Unter ihnen befindet sich auch der Solothurner Polizeinachwuchs. Ein Augenschein im Luzerner Seetal.

 Samuel Misteli

 Der Ort mit der wahrscheinlich dichtesten Polizeipräsenz der Schweiz heisst Hitzkirch. Man kann hier kaum einen Schritt machen, ohne der Polizei zu begegnen: Sie sitzt im Café, fährt vorbei im Auto, steht vor dem Tresen in der Bäckerei. Hier im beschaulichen Luzerner Seetal, zwischen Hallwiler- und Baldeggersee, ist die Polizei präsent wie sonst nur an Grossanlässen oder nach dramatischen Ereignissen.

 Über 300 Polizeischüler aus elf Kantonen absolvieren seit der Einrichtung der Interkantonalen Polizeischule im Jahr 2007 in Hitzkirch ihre zehnmonatige Ausbildung. Untergebracht in einem ehemaligen Lehrerseminar, ist die IPH heute die grösste Polizeischule der Schweiz. Auch die Solothurner Kantonspolizei lässt hier ihren Nachwuchs ausbilden.

 Marc Imfeld und Laurent Müller stehen kurz vor ihren Abschlussprüfungen. Der gelernte Polymechaniker aus Solothurn und der gelernte Grenzwächter aus Olten teilen sich in Hitzkirch ein Zimmer. Wie die meisten Solothurner Polizeischüler machen sie von der Möglichkeit Gebrauch, an der Schule zu übernachten, um sich den Anfahrtsweg zu sparen. Die gewonnene freie Zeit ist kostbar: In zehn Lektionen pro Tag, in 1360 Lektionen insgesamt, erwerben Imfeld und Müller das praktische und theoretische Rüstzeug für ihren künftigen Beruf. In den vergangenen Monaten haben die beiden angehenden Polizisten viel Stoff gehievt: Selbstschutz und Schiessen, Ethik und Menschenrechte, Festnahmen und Befragungstechnik, Strafrecht und Allgemeinbildung. Die Praxis haben sie mit mehr, die Theorie mit etwas weniger Begeisterung absolviert. Jetzt freuen sich Marc Imfeld und Laurent Müller auf die Prüfungen und mehr noch darauf, bald schon in das Solothurner Korps aufgenommen zu werden. "Jeder will raus", sagt Imfeld, "das Gelernte anwenden."

 Wird das in nur zehn Monaten Gelernte ausreichen, um die beiden bereits als gemachte Polizisten einsetzen zu können? "Grundsätzlich", sagt Matthias Jurt, Leiter Bildungsbetrieb an der IPH, "ist jeder Absolvent einsatzfähig." In Hitzkirch, so Jurt, bilde man "polizeiliche Generalisten" aus. Potenzielle Alleskönner, die sich erst im Verlauf ihrer Polizeilaufbahn spezialisieren werden und die entsprechenden Fähigkeiten vertiefen.

 Die Ausbildung der Generalisten ist aufwändig: Rund 300 Ausbildner, grossmehrheitlich aus den kantonalen Polizeikorps rekrutierte Milizlehrkräfte, sind für die Vermittlung des umfangreichen Stoffplans besorgt. Auch der Bedarf an Infrastruktur ist grösser als er war, als im Seetal noch Lehrer ausgebildet wurden. So gibt es in Hitzkirch beispielsweise ein Dorf im Dorf: Es besteht aus einem halben Dutzend zweigeschossigen Sichtbetonbauten, einem grossen Platz und einigen kleinen Strassen. Hier geschehen all die Verbrechen, welche die hohe Polizeipräsenz rechtfertigen: Banküberfälle und Tankstellenraube, Einbrüche, Familiendramen, Amokläufe. Das Häuserdorf, mit Mehrfamilienhäusern, Bank und Tankstelle gehört zum eigens für die Polizeischule errichteten Trainingszentrum Aabach. Am Aabach lernen die angehenden Polizisten ihr praktisches Handwerk: Im Häuserdorf wird etwa Polizeitaktik geübt, im eigentlichen Ausbildungsgebäude daneben Schiessen und Selbstverteidigung.

 In einem der Schiessräume stehen an diesem Freitagmorgen acht Polizeischüler in einer Reihe, den Blick nach vorn gerichtet. Der graue Boden ist übersät mit Patronenhülsen. "Wir müssen treffen", fordert Instruktor Roland Hodel. "Bei jedem Schuss können Dritte getroffen werden." Dann kündigt er die Übung an: "Drei Schuss in dreikommasechs Sekunden." Einige Augenblicke später drehen sich die Tafeln an der Wand, auf welche die Polizeischüler ihren Blick geheftet haben, mit einem Ruck: Acht graue, unfreundliche Figuren haben ihre Mundwinkel nach unten und ihre Pistolenläufe nach vorne gerichtet. Ihre Gegenüber sind schneller: Nach 3,6 Sekunden drehen sich die Tafeln wieder mit einem Ruck zur Seite, jeder der Angreifer ist von drei Kugeln getroffen.

 Einen Stock weiter oben verteidigen sich die Polizeischüler nicht gegen auf Tafeln gemalte Gegner, sondern gegen die eigenen Klassenkameraden: Auf blauroten Matten umkreisen sich Absolventenpaare. Sie machen lockere Boxbewegungen. Noch wird erst aufgewärmt, später geht es dann zur Sache. Mitunter so richtig: "Bis an die Grenze des Zumutbaren" gehe man beim Selbstverteidigungs-Unterricht, sagt Marco Hofmann. Hofmann war während sechs Jahren Ausbildner bei der Kantonspolizei Solothurn, heute ist er Profi-Instruktor an der IPH und leitet dort den Fachbereich Eigenschutz. Die Ausbildung müsse möglichst nah an der Realität sein, findet er. "Es bringt nichts, wenn wir uns hier mit Wattebäuschen bewerfen."

 Dass sich die IPH-Absolventen in absehbarer Zukunft mit Wattebäuschen bewerfen werden, ist nicht anzunehmen: Die Berufsrealität, an welche die Polizeischüler bereits während ihrer Ausbildungszeit gewöhnt werden sollen, wird härter. Die Gewalt gegen Polizisten hat zu-, der Respekt vor den Ordnungshütern abgenommen. "Es reicht!", fanden vor wenigen Wochen die Delegierten des Polizeiverbandes und verabschiedeten eine Resolution, in der sie bessere Arbeits- und Rahmenbedingungen forderten. Das Polizisten-Dasein, sagt Ausbildner Marco Hofmann, gleiche oft dem Tanz auf dem Vulkan. "Als Polizist ist man heute für viele der Anseichpfuhl." Den Traumberuf jedes Buben nennt Hofmann einen "Verschleissberuf", der einem mental und physisch alles abverlange.

 Den Nachwuchs schrecken diese Aussichten indes nicht: Die Sache mit dem fehlenden Respekt, glaubt Laurent Müller, sei eine Zeitgeisterscheinung - und somit möglicherweise ein nur vorübergehendes Phänomen. Aus der zunehmenden Gewalt werde an der IPH kein Geheimnis gemacht. Später einmal möchten beide Absolventen dorthin, wo der Polizeiberuf gewiss nicht selten der Tanz auf dem Vulkan ist, als den ihn Ausbildner Hofmann beschreibt: zur Sondereinheit.

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 Die Polizeischule

 Das Polizeikonkordat für die Einrichtung der Interkantonalen Polizeischule Hitzkirch (IPH) im ehemaligen Lehrerseminar wurde 2004 von elf Kantonen (AG, BL, BS, BE, LU, NW, OW, SZ, SO, UR, ZG) gegründet. Die IPH wurde 2007 eröffnet und ist eines von künftig vier bis fünf regionalen Ausbildungszentren in der Schweiz. Die beiden jährlich durchgeführten Lehrgänge starten im Frühjahr und im Herbst. Die Kantonspolizei Solothurn lässt jährlich 10 bis 20 Polizisten in Hitzkirch ausbilden. Die Abschlussprüfungen des Herbst-lehrgangs sind diese Woche zu Ende gegangen. (sam)

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BIG BROTHER
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Beobachter 9.7.10

"Katastrophe war absehbar"

 Der neue Fichenskandal bringt es an den Tag: Der Geheimdienst braucht endlich einen Kulturwandel - und eine wirksame Aufsicht, fordert Staatsrechtler Markus Schefer.

 Interview: Nicole Krättli

 Rund 120000 Personen sind in der Staatsschutzdatei ISIS als verdächtig registriert. 80000 weitere als Drittpersonen, die in Kontakt mit Verdächtigen stehen. Die Meldung eines neuen Fichenskandals erschütterte Ende Juni die Schweiz. Der Geheimdienst registrierte unzählige Daten, ohne zu prüfen, ob die Fichierten wirklich gefährlich sind. Die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) des Parlaments warf dem Staatsschutz daraufhin Unfähigkeit und irreführendes Verhalten vor.

 Beobachter: Wieder 200000 Fichen - sind Sie überrascht?

 Markus Schefer: Diese rechtsstaatliche Katastrophe war absehbar. Die Kultur des Geheimdienstes wurde in den neunziger Jahren nicht verändert - da braucht es nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, dass wieder etwas schiefgehen könnte.

 Viele Informationen in der Datenbank ISIS sind offenbar irrelevant. Drohen dabei nicht die relevanten Hinweise in der Menge unterzugehen?

 Diese Frage stellt sich immer. Sie hat vor allem mit der Qualität des Geheimdienstes zu tun, der diese Daten auswertet. Da im Jahresbericht kaum etwas über die Leistung des Geheimdienstes steht - schon gar keine kritischen Worte -, ist es schwierig, die Qualität zu beurteilen. Das Hauptproblem ist ohnehin ganz klar die Aufsicht über den Geheimdienst.

 Was schlagen Sie vor?

 In Basel bemüht sich eine Arbeitsgruppe mit internen und externen Experten, der ich auch angehöre, seit bald zwei Jahren gemeinsam mit dem Bund, eine wirksame Aufsicht zu erarbeiten. Zurzeit gibt es diese noch nicht, sonst wäre es nicht zu solchen Fehlleistungen gekommen. Die GPDel ist keine wirksame Aufsicht - sie ist die Oberaufsicht durch das Parlament.

 Was ist stossender: dass Daten erfasst wurden, ohne zuvor die Rechtmässigkeit zu überprüfen, oder dass sie anschliessend nicht regelmässig - nämlich alle fünf Jahre - kontrolliert wurden?

 Die Problematik beginnt bei der Auswahl der Daten. Das Gesetz ist da leider mangelhaft. Einerseits enthält es zu restriktive Bestimmungen. Würde der Geheimdienst die Vorgaben ernst nehmen, dürfte er fast nur noch strafbare Vorbereitungshandlungen untersuchen. Das würde nicht viel bringen. Dies hat dazu geführt, dass diese Schranke nicht ernst genommen wurde.

 Also können Sie nachvollziehen, warum gegen das Gesetz verstossen wurde?

 Nein, es ist absolut skandalös, dass Menschen auch ohne genügenden Verdacht erfasst und die Daten keiner periodischen Überprüfung unterzogen wurden. Die Verantwortlichen müssen sich ernsthaft und konstant mit der Frage auseinandersetzen, ob das, was sie machen, rechtmässig ist.

 Problematisch ist auch, dass Drittpersonen, die zum dritten Mal gemeldet werden, automatisch den Status eines Verdächtigen erlangen.

 Ja, das kann nicht angehen. Man muss in jedem einzelnen Fall klären, ob die gesetzlichen Voraussetzungen zur Verdächtigung einer Person gegeben sind.

 Weshalb ist der Inlandgeheimdienst überhaupt einer unkontrollierten Sammelwut verfallen?

 Einerseits ist es sehr schwierig, herauszufinden, was relevant ist und was nicht. Wo stereotypisiert man nur, und wo ist eine reale Gefahr vorhanden? Vielleicht war es aber auch Übereifer. Der Geheimdienst wollte seine Sache gut machen und erkannte nicht mehr, was wichtig ist und was nicht.

 Der Bürger kann heute keine Berichtigung oder Löschung von Einträgen verlangen, weil er gar nicht erfährt, was über ihn fichiert ist. Ist das mit einem demokratischen Staatsverständnis zu vereinbaren?

 So, wie es jetzt ist, geht es nicht. Doch ein uneingeschränktes Einsichtsrecht zu gewähren ist ebenfalls nicht möglich. Die Verantwortlichen müssen nun überlegen, wie man demjenigen mit terroristischen Absichten nicht erzählt, was der Staat über ihn weiss, die Bürger aber dennoch über ihre Einträge informiert werden können.

 Wo könnte eine solche Grenze gezogen werden?

 Verfahrenstechnisch ist es wichtig, eine Stelle einzusetzen, die sich die Fälle anschaut und befugt ist, die Daten löschen zu lassen. Der Geheimdienst wehrt sich dagegen, die Begründung ist immer dieselbe: Externe wissen nicht, welche Informationen relevant sind und welche nicht. Dieser Einwand hat eine gewisse Berechtigung, denn ein Detail, das irrelevant wirkt, kann im entsprechenden Zusammenhang wichtig werden. Dennoch ist zentral, dass der Geheimdienst von aussen genau und wirksam überwacht wird.

 Was ist nun zu tun?

 Die Verantwortlichen sollten die Feststellungen der GPDel ernst nehmen und sie zur tiefgreifenden Reorganisation des Geheimdienstes nutzen.

 Es stellt sich also eine Grundsatzfrage?

 Absolut. Delegationspräsident Claude Janiak erklärte, es habe seit dem Fichenskandal vor 20 Jahren keinen Kulturwandel gegeben. Es ist höchste Zeit, diesen herbeizuführen. Gefordert sind jetzt organisatorische und gesetzliche Veränderungen, die einen tiefgreifenden Kulturwandel bewirken und den Geheimdienst einer wirksamen Aufsicht unterwerfen.n

 Markus Schefer, 45, ist Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Basel.

 Auskunft über Ihre Fiche: Sie können in Erfahrung bringen, ob der Nachrichtendienst korrekt mit allfälligen Personendaten umgegangen ist. Ob Sie fichiert sind, erfahren Sie allerdings nicht. Einen Musterbrief finden Sie unter http://www.beobachter.ch/fiche.

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Landbote 9.7.10

Fakten zu Zürcher Fichen verlangt

 sda

 zürich - Der Regierungsrat soll Auskunft über den Staatsschutz im Kanton Zürich geben. Drei CVP-Kantonsräte wollen wissen, ob und in welchem Ausmass der Kanton Daten über seine Einwohnerinnen und Einwohner gesammelt und dem Nachrichtendienst des Bundes weitergereicht hat. Die Kantonsräte haben dazu eine Anfrage eingereicht, die gestern veröffentlicht wurde.

 Wissen wollen sie zudem, wer die Aufsicht über die gesammelten Daten hat, wie sie gelagert werden und ob die Bürger Einsicht in ihre Fichen nehmen können. Der Vorstoss ist nicht ganz uneigennützig, befürchten die Kantonsräte doch auch, dass über sie selber eine Fiche existiert. Der Regierungsrat soll in seinem Bericht auch darlegen, ob Parlamentsmitglieder in den Datensammlungen auftauchen.

 Daten auf Vorrat gesammelt

 Auf nationaler Ebene hatte Ende Juni ein Inspektionsbericht der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) ans Licht gebracht, dass der Nachrichtendienst des Bundes rund 200 000 Personen fichiert hat. Die GPDel warf dem Staatsschutz vor, Daten auf Vorrat zu sammeln, ohne diese auf ihre Relevanz zu prüfen. Bei der Informationsbeschaffung spielen offenbar auch die Kantone eine wichtige Rolle. (sda)

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Zofinger Tagblatt 9.7.10

Staatsschutz
 
Auskunft über Fichen gefordert

 Der Zürcher Regierungsrat soll Auskunft über den Staatsschutz im Kanton Zürich geben. CVP-Kantonsräte wollen wissen, ob und in welchem Ausmass der Kanton Daten über seine Einwohner gesammelt und dem Nachrichtendienst des Bundes weitergereicht hat.

 Die Kantonsräte haben dazu eine Anfrage eingereicht, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Wissen wollen sie zudem, wer die Aufsicht über die gesammelten Daten hat, wie sie gelagert werden und ob die Bürger Einsicht in ihre Fichen nehmen können. Der Vorstoss ist nicht ganz uneigennützig, befürchten die Kantonsräte doch auch, dass über sie selber eine Fiche existiert. Der Regierungsrat soll in seinem Bericht auch darlegen, ob Parlamentsmitglieder in den Datensammlungen auftauchen.

 200 000 beim Bund fichiert

 Auf nationaler Ebene hatte Ende Juni ein Inspektionsbericht der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) ans Licht gebracht, dass der Nachrichtendienst des Bundes rund 200 000 Personen fichiert hat. Die GPDel warf dem Staatsschutz vor, Daten auf Vorrat zu sammeln, ohne diese auf ihre Relevanz zu prüfen. Bei der Informationsbeschaffung spielen offenbar auch die Kantone eine wichtige Rolle. (sda)

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Aargauer Zeitung 9.7.10

"Trinkt am Abend gerne ein Bier."

 Über die Angst der Regierenden vor ihren eigenen Bürgern

Christoph Bopp

 Staatsschutz muss sein, denn es gibt Leute, die den Staat bedrohen. Für despotische Regimes ist das unbezweifelbar. Man hat es dort auch immer so gehalten, und die Praktiken der Ochrana der Zaren, der Tscheka der Bolschewisten, der Gestapo der Nazis und all der anderen Organisationen waren weit jenseits dessen, was der Rechtsstaat seinen Organen erlaubt. Auch Demokratien haben Geheimdienste. Aber noch nicht so lange. Und sie entstanden meist aus Furcht vor äusseren Feinden. Wenn denn die Legenden stimmen, stand bei der Gründung der englischen Geheimdienste die Furcht vor den "Spionen des Kaisers" Pate, die man im England zu Beginn des letzten Jahrhunderts äusserst effizient zu schüren wusste. Für einmal waren die Amerikaner eher mehr gentlemanlike als die Briten. Präsident Roosevelt soll gesagt haben, die Post fremder Leute zu lesen, zieme sich einfach nicht.

 Spione kamen vor Ende des Zweiten Weltkriegs hauptsächlich von aussen. Darum taten sich Engländer und Amerikaner auch schwer damit, die sowjetischen Maulwürfe zu enttarnen. Dass ein Mitglied der englischen Upper Class sich in den Dienst des Feindes stellen würde, war undenkbar. Und das OSS, der Vorläufer der CIA, war von Sowjet-Sympathisanten so durchseucht, dass es nicht erstaunt, dass Stalin bereits 1949 eine Atombombe zünden konnte. Das Ausmass des Verrats der "Cambridge5", von Philby, MacLean, Burgess, Cairncross und Blunt, wurde erst später richtig bekannt. Desgleichen der Umstand, dass der sowjetfreundliche Untergrund in den USA während des Kalten Kriegs weit mehr Leute umfasste und viel aktiver war, als man lange gedacht hatte.

 Sympathien für den Kommunismus führten während des Kampfes gegen die Nazis zu einer gespaltenen Loyalität. Der Spalt konnte mehr oder weniger weit links sein. Besonders in den 50er-Jahren kam es nicht nur in den USA, aber besonders dort, zu hysterischen Überreaktionen. Der republikanische Senator Joseph McCarthy und sein Komitee führten eine regelrechte Kommunistenhatz durch. Die nicht nur in den USA praktizierte Gesinnungsschnüffelei richtete den Fokus der Geheimdienste wieder nach innen. Der Feind war schon da und musste nicht abgewehrt, sondern beobachtet werden. Staatsfeindliche Aktivitäten liefen denn fast per definitionem weit unterhalb strafrechtlicher Limiten ab. Die Einträge in die Fichen waren deshalb mehr oder weniger weit von jeder Relevanz entfernt. (Der Titel ist original. Der Staatsschutz notierte das von der Thurgauer SP-Nationalrätin Menga Danuser.) Der Korrektheit halber muss angeführt werden, dass der englische Geheimdienst und besonders das FBI mit seiner Cointelpro-Kampagne weit unzimperlicher ans Werk gingen als die Bundespolizei.

 Kommen wir zur Idealvorstellung des Staatsschützers vor 1991. Um einen Staatsfeind zu finden, musste man nur die trübe Suppe (die aus den Fichen aller Mitglieder von Missionsvereinen bis zur KPdSU bestand) kräftig umrühren und dann mit einer Mistgabel ein paar Mal hindurchfahren. Die Staatsfeinde würden dann - dem Hollerith-Prinzip sei Dank - an der Mistgabel hängen bleiben. (IBM-Urvater Herman Hollerith entwickelte die Informationsverarbeitung per Lochkarte, indem er Karten immer am gleichen Ort mit Löchern versah, sodass man mittels eines Stabes, den man durch den ganzen Stapel hindurchführte, die relevanten Karten herausfischen konnte.) Die Masse war alles, Ziel war eine "Parallelveranstaltung" zur Einwohnerkontrolle: Alles fichiert, alles gut.

 9/11 veränderte alles und die Geheimdienstarbeit glich wieder mehr derjenigen in der Vorkriegszeit. Jetzt galt es wieder, nach draussen zu blicken und zu gehen, Feldarbeit zu leisten, islamistische Organisationen, die ihre Wurzeln in Pakistan, Afghanistan und ähnlichen unwirtlichen Ländern haben, zu unterwandern. Ob man mit fleissigem Fichieren wirklich terroristische Anschläge verhindern kann? Die Praxis lehrt eher das Gegenteil. In England, Deutschland und anderen Ländern gelang es durchaus, islamistisch motivierte Terroranschläge zu verhindern. Wenn auch nicht alle.

 Solange die Fichen vor sich hinmodern, gibts keinen Anlass zur Besorgnis. Geheimdienste produzieren zwar notorisch Skandale, sind aber in der Regel und zum Glück auch weit inkompetenter als in einschlägigen Romanen dargestellt. Schlimmer wirds, wenn es wieder um Gesinnungen geht. Aber danach siehts eigentlich nicht aus.

 christoph.bopp@azag.ch

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Staatsschutz Fichen auch im Aargau?

 Die Schweizer Demokraten Aargau sind empört über die neue Fichenaffäre. Sie nehmen an, dass auch der Staatsschutz des Kantons Aargau "unkontrolliert und unverhältnismässig" Daten über Personen und Organisationen hortet. Die Vorgehensweise, wie im Aargau Personen fichiert werden, müsse offengelegt werden. Man werde dazu Vorstösse im Grossen Rat einreichen. (mz)

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St. Galler Tagblatt 9.7.10

PODIUM

Fichenaffäre: Nichts gelernt und alles vergessen

 Wie lange soll man über das Fichenproblem reden, bis man wieder zur Tagesordnung übergeht? Diese Frage stellte sich vor rund zwanzig Jahren, und sie stellt sich jetzt wieder. Wie lange? Wie viel Zeitungsausgaben lang? Zeitungen leben von Neuigkeiten. Es ist schwierig, über Gleichbleibendes mehrfach zu berichten. Die Fichenproblematik bleibt im grossen und ganzen die gleiche.

 In grösseren Zyklen

 Dazu gehört, dass auch die Skandalisierungsproblematik gleich bleibt. Sie lebt davon, dass man lange nicht hinschaut, dass man von Zeit zu Zeit aufgeregt aufwacht und "Skandal!" ruft.

 Wesentliche Elemente der Fichenaffäre I von 1989 waren schon vorher bekannt, aber sie hatten die wenigsten interessiert. Je nach Einstellung wollten die einen den Störfall möglichst schnell hinter sich bringen, andere wollten ihn möglichst lange auf dem Feuerchen der Empörung kochen lassen.

 Das Gegenmodell bestünde darin, dass man aus der intensiveren Wahrnehmung etwas lernt. Wer aus der Geschichte nichts lernt, ist gezwungen, sie zu wiederholen. Dass Irritierende ist, dass um 1990 die Lernbereitschaft nicht klein war - und sich die Geschichte trotzdem wiederholt hat. Der Schreibende hat im Auftrag des Bundesrats zusammen mit Spezialisten einen Staatsschutzbericht erarbeitet. Dieser ist inzwischen selbst bei Fachleuten nicht mehr präsent. Wären Bösewichte am Werk, könnte man sagen, dass diese gerne mit der Vergesslichkeit der Menschen rechnen. Doch es sind keine Bösewichte. Es sind Menschen, die für die Schweiz das Beste wollen. Und offensichtlich von einer wenig veränderbaren Mentalität, fest verankerten Kultur, einem gleichbleibenden Grundverständnis geprägt sind.

 Gefragt ist grössere Einsicht

 Der Historiker Jacob Burckhardt prägte das Wort, dass Geschichte nicht klug für ein andermal, sondern weise für immer mache. Worin müsste die "Weisheit" im Falle der Fichenproblematik bestehen?

 Statt auf Weisheit zu setzen, wollte man, was nicht unweise ist, das Instrumentarium verbessern: Man machte ein Gesetz. Man führte für die Erfassung gefährlicher Menschen eine begründungspflichtige Positivliste von Problemkategorien ein anstelle des diffusen Negativbildes. Und man wechselt sogar den Chef aus.

 Doch die Weisheiten müssten grösseren Einsichten gelten: Dass bei einem Gut wie der nationalen Sicherheit auch das Risiko gross ist, dass gerade darum stümperhaft gearbeitet wird, weil man es ja im Dienste von etwas Gutem tut und darum das Tun nicht kritisch hinterfragt.

 Ein Teil des Ungenügens wird mit Personalmangel erklärt. Es fehlen Leute, welche die Arbeit anderer Leute bearbeiten. Man darf auch die andere Position denken: Müsste die Zahl der Mitarbeiter nicht zugunsten Besserqualifizierter stark reduziert werden, damit sich diese Leute wegen der Verknappung dann auf das Wesentliche konzentrieren? Die Steuerzahlenden könnte es ärgern, dass mit ihrem Geld nichts Besseres rausschaut.

 Wichtig ist sodann die Einsicht, dass sich das Problem nicht ein für allemal lösen lässt, dass die alte Tendenz der Überbewirtschaftung der Sicherheitsfrage stets wieder hochkommt und die Kontrolleure der Kontrolleure, die jetzt Alarm geschlagen haben, diese Dienste öfters ernsthaft prüfen und allenfalls jährlich an die Öffentlichkeit gelangen sollten.

 Georg Kreis

 Historiker Uni Basel

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20 Minuten 9.7.10

Regierung soll über Fichen informieren

 ZÜRICH. Der Regierungsrat soll Auskunft über den Staatsschutz im Kanton Zürich geben. CVP-Kantonsräte wollen wissen, ob und in welchem Ausmass der Kanton Daten über seine Einwohner gesammelt und dem Nachrichtendienst des Bundes weitergereicht hat. Die Parlamentarier haben dazu eine Anfrage eingereicht, die gestern veröffentlicht wurde. Wissen wollen sie zudem, wer die Aufsicht über die gesammelten Daten hat, wie sie gelagert werden und ob die Bürger Einsicht in ihre Fichen nehmen können. Auf nationaler Ebene hatte Ende Juni ein Inspektionsbericht der Geschäftsprüfungsdelegation ans Licht gebracht, dass der Nachrichtendienst des Bundes rund 200 000 Personen fichiert hat.

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BIG BROTHER SPORT
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BZ 9.7.10

Einheitliche Regeln

 Hooligans werden härter angepackt

 Mit Hooligans soll in der ganzen Schweiz einheitlich verfahren werden - egal ob sie ein Spiel in Bern oder in Genf besuchen. Fussballhooligans, die mit einem Stadionverbot belegt sind, dürfen künftig auch kein Eishockeystadion betreten.

 Anfang Jahr waren in der Schweiz 974 Personen mit einem Stadionverbot belegt, 645 betreffen den Fussball, 329 den Eishockey. Das teilten die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz (KKPKS) und die Schweizerische Zentralstelle Hooliganismus (SZH) gestern mit.

 Datenbank Hoogan

 Ein Verbot aussprechen dürfen nur die Klubs und der Verband beziehungsweise im Eishockey die Liga, wie es in der Mitteilung weiter heisst. Das gemeinsame Vorgehen hat eine Arbeitsgruppe beschlossen. Sie setzt sich zusammen aus Mitgliedern der Fussball- und Eishockeyverbände sowie der SZH und des Fachbereichs Hooliganismus des Bundesamtes für Polizei Fedpol.

 Die verhängten Stadionverbote sind zivilrechtlicher Natur und werden bei Swiss Olympic, dem Dachverband der Schweizer Sportverbände, erfasst. Danach stehen sie allen Fussball- und Eishockeyklubs sowie den 29 dezentralen Fachstellen der kantonalen und städtischen Polizeikorps zur Verfügung.

 Gewalttätige Fussballfans würden ins Polizeiinformationssystem Hoogan eingetragen, wie Marco Cortesi, Sprecher der Zürcher Stadtpolizei, auf Anfrage sagte. Ein Stadionverbot, das im Zusammenhang mit Gewalt ausgesprochen worden sei, gelte jeweils während dreier Jahre. Für die Bewirtschaftung von HOOGAN sei das Fedpol zuständig.

 Klubs kontrollieren

 Die Kontrolle der Verbote erfolgt einerseits durch die Klubs selbst, anderseits sind bei Matches stets auch Szenekenner der Polizei vor Ort. Dass der eine oder andere Hooligan trotz Verbot ein Stadion betrete, könne man nie ganz ausschliessen, räumte Cortesi ein. Die Mehrheit der Hooligans könne man aber bestimmt daran hindern. Weder YB noch der SCB konnten gestern erläutern, was sich durch die Vereinheitlichung in Bern ändern wird.

 Seit Mai 2010 führt die Zentralstelle Hooliganismus zudem Ausbildungskurse für polizeiliche Szenekenner durch, wie es in der Mitteilung weiter heisst. Dabei werden einheitliche Vorgehensweisen bei Sportveranstaltungen vermittelt. Auch die Vertiefung taktischer, rechtlicher und psychologischer Aspekte ist ein Thema. An den Kursen nehmen auch szenekundige Beamte aus Deutschland und Österreich teil. Damit werde der Erfahrungs- und Informationsaustausch über die Landesgrenzen hinaus gefördert und gewährleistet, heisst es.

 Polizisten schützen

 Reagieren wolle man auch auf die zunehmende Gewalt gegen polizeiliche Spotter (Spotter sind ein Bindeglied zwischen Fans und Polizei, der sie angehören) und Szenekenner. So habe man Massnahmen und Verhaltensempfehlungen ausgearbeitet, die nun den Polizeikommandanten vorgelegt würden. Ziel sei es, schweizweit ein einheitliches Vorgehen der Polizeikorps zu erreichen.

 Die SZH wurde 2000 als Projekt- und Arbeitsgruppe eingerichtet. Am 1. Januar 2008 wurde sie institutionalisiert und ist seither bei der Stadtpolizei Zürich angesiedelt. Sie informiert die Polizeikorps bei drohenden Ausschreitungen bei Sport- und Grossveranstaltungen. Darüber hinaus dient die SZH den Polizeien als Auskunftsstelle.
 sda/gr

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NLZ 9.7.10

Hooligans

 Polizei schiebt den Riegel

 red. Wer im Stadion Gersag mit einem Stadionverbot sanktioniert wird, darf künftig auch keinen Eishockey-Match in Genf oder Ambri mehr besuchen: So will es die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten und die Schweizerische Zentralstelle Hooliganismus. Anfang Jahr waren in der Schweiz 974 Personen mit einem Stadionverbot belegt, die meisten (645) davon wegen Vergehen bei Fussballspielen.

 Die Massnahme stösst beim FC Luzern auf Zustimmung. "Jetzt muss jeder mehrmals überlegen, was er im Stadion anstellt", sagt FCL- Sicherheitschef Mike Hauser. Auch die kantonale Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz begrüsst laut ihrem Generalsekretär Roger Schneeberger die Massnahme. Irritiert äusserte sich indes der Schweizerische Fussballverband (SFV). Die Massnahmen seien noch nicht niet- und nagelfest beschlossen, gibt SFV-Sicherheitschef Ulrich Pfister zu bedenken.

 Seite 5, Kommentar 5. Spalte

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Gewalt bei Sportveranstaltungen

 Luft wird dünn für Hooligans

 Einheitliche Sanktionen für Hooligans: Wer bei einem Fussballspiel randaliert, guckt auch beim Eishockey in die Röhre. Das stösst auch beim FC Luzern auf Anklang.

 kä/bat/sda. Mit Hooligans soll in der ganzen Schweiz einheitlich verfahren werden - egal, ob sie ein Spiel in Zürich oder in Genf besuchen. Fussballhooligans, die mit einem Stadionverbot belegt sind, dürfen künftig auch kein Eishockeystadion mehr betreten und umgekehrt. Anfang Jahr waren in der Schweiz 974 Personen mit einem Stadionverbot belegt, 645 betreffen den Fussball, 329 das Eishockey. Das teilten die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz (KKPKS) und die Schweizerische Zentralstelle Hooliganismus (SZH) gestern mit.

 Daten werden zentral registriert

 Demnach dürfen ein Verbot nur die Klubs, der Verband beziehungsweise im Eishockey die Liga aussprechen. Das gemeinsame Vorgehen hat eine Arbeitsgruppe beschlossen. Sie setzt sich zusammen aus Mitgliedern der Fussball- und Eishockeyverbände sowie der SZH und des Fachbereichs Hooliganismus des Bundesamtes für Polizei (Fedpol). Die verhängten Stadionverbote sind zivilrechtlicher Natur und stehen danach allen Fussball- und Eishockeyklubs sowie den 29 dezentralen Fachstellen der kantonalen und städtischen Polizeikorps zur Verfügung.

 Gewalttätige Fussballfans werden ins Polizeiinformationssystem Hoogan eingetragen, wie Marco Cortesi, Sprecher der Zürcher Stadtpolizei, auf Anfrage sagte. Ein Stadionverbot, das im Zusammenhang mit Gewalt ausgesprochen wurde, gilt jeweils während dreier Jahre. Die Kontrolle der Verbote erfolgt einerseits durch die Klubs selbst, anderseits sind bei Matches stets auch Szenekenner der Polizei vor Ort.

 Clubs müssen kontrollieren

 Für Mike Hauser, Sicherheitschef des FC Luzern, ist es nur konsequent, wenn Fussballstadion-Verbote nun auch für Eishockeyspiele gelten. "Jetzt muss jeder mehrmals überlegen, was er im Stadion anstellt." Hauser gibt zusätzlich zu bedenken: "Es ist nun aber umso wichtiger, dass solche Verbote nicht willkürlich ausgesprochen werden, sondern überlegt und basierend auf klaren Fakten." Schliesslich sei das Verbot für die Betroffenen nun härter.

 Auf Lob stösst die Massnahme auch bei Roger Schneeberger, Generalsekretär der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz: "Wir begrüssen diesen Schritt", sagte er gegenüber unserer Zeitung. Indes wurde gestern auch Kritik an die Adresse der kantonalen Polizeikommandanten laut. Ulrich Pfister, Sicherheitschef des Schweizerischen Fussballverbands (SFV), zeigte sich erstaunt über das Mediencommuniqué der KKPKS. Denn momentan seien diese Massnahmen noch nicht niet- und nagelfest beschlossen worden. Eine Arbeitsgruppe, in der auch der SFV und der Eishockeyverband mittun, würde aber auf diese Ziele hinsteuern.

 Lernen von Deutschland

 Seit Mai 2010 führt die Zentralstelle Hooliganismus zudem Ausbildungskurse für polizeiliche Szenekenner durch, wie es in der Mitteilung der Polizeikommandanten weiter heisst. Dabei werden einheitliche Vorgehensweisen bei Sportveranstaltungen vermittelt. Auch die Vertiefung taktischer, rechtlicher und psychologischer Aspekte ist ein Thema. An den Kursen nehmen unter anderen auch szenekundige Beamte aus Deutschland und Österreich teil. Damit werde der Erfahrungs- und Informationsaustausch über die Landesgrenzen hinaus gefördert und gewährleistet, heisst es.

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Kommentar

 Starkes Signal gegen Chaoten

Martin Messmer

 Dieser Schritt war längst überfällig: Fussballhooligans, die mit einem Stadionverbot belegt sind, dürfen schon ab nächster Saison auch kein Schweizer Eishockeystadion mehr betreten - und umgekehrt. So wollen es die Polizeikommandanten und die Zentralstelle Hooliganismus. In der Zentralschweiz machen dies der FC Luzern und der EV Zug in einer vorbildlichen Zusammenarbeit bereits vor.

 Diese landesweite Massnahme ist ein starkes Signal an alle Chaoten, die den echten Fans den Spass verderben: Nun gibt es für sie keine Ausweichmöglichkeiten mehr. Fakt ist, dass Hooliganismus vor allem in den populären Sportarten Eishockey und Fussball ein Problem ist. Bisher konnte ein Hooligan, gegen den beispielsweise der FC Luzern ein Stadionverbot ausgesprochen hatte, einfach nach Zürich fahren und sein Unwesen etwa im Stadion der ZSC Lions treiben. Ohne dass dessen Sicherheitspersonal eine Chance hatte, einen registrierten Hooligan am Eingang als solchen zu erkennen.

 Die Massnahme wirft allerdings auch Fragen auf. Die dringlichste: Wie kann die Massnahme in der Realität umgesetzt werden? Vorgesehen ist, dass die Klubs und Szenekenner der Polizei die Stadionverbote am Eingang kontrollieren. Um garantiert zu verhindern, dass kein registrierter Hooligan ins Stadion gelangt, müsste im Prinzip jeder Stadionbesucher einen amtlichen Ausweis zeigen, den die Sicherheitsleute mit der Hooligan-Datenbank abgleichen müssten. Das ist unrealistisch.

 Die Polizei räumt ein, dass auch künftig der eine oder andere Hooligan in ein Stadion gelangen könnte. Aber die grosse Mehrheit werde verbannt. Damit ihr dies gelingt, müssen aber die Vereine und die Städte nun auch bereit sein, die nötigen finanziellen Mittel dafür zu sprechen.

 martin.messmer@neue-lz.ch

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Tagesschau 8.7.10

Stadionverbote gegen Hooligans gelten schweizweit

Das Vorgehen gegen Hooligans wird in der Schweiz einheitlich geregelt. Stadionverbote werden in der ganzen Schweiz und sportartübergreifend gelten.
http://videoportal.sf.tv/video?id=b2579056-72e8-41d9-be81-20acbe91e84b

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stadt-zuerich.ch/pd/de/index/stadtpolizei_zuerich 8.7.10

Medienmitteilung der Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz (KKPKS) und der Schweizerischen Zentralstelle Hooliganismus (SZH): Einheitliche Handhabung von nationalen Stadionverboten im Fussball und Eishockey

Eine Arbeitsgruppe hat auf Beginn der neuen Saison die einheitliche Handhabung von Stadionverboten beschlossen. Diese setzt sich zusammen aus Mitgliedern der Schweizerischen Fussball- und Eishockeyverbände bzw. -ligen (SFV / SIHA) sowie der Schweizerischen Zentralstelle Hooliganismus (SZH), welche bei der Polizei angesiedelt ist, und des Fachbereichs Hooliganismus des Bundesamtes für Polizei fedpol. Die SZH standardisiert die Ausbildung der polizeilichen Szenekenner aus dem In- und Ausland (Deutschland und Österreich) sukzessiv. Weiter wurden gemeinsame Massnahmen betreffend die zunehmende Gewalt gegen polizeiliche Szenekenner erarbeitet und beschlossen.

Die Schweizerische Zentralstelle Hooliganismus (SZH) existiert bekanntlich seit dem Jahr 2000. Damals noch als Projekt- und Arbeitsgruppe wurde sie am 1. Januar 2008 durch die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz (KKPKS) institutionalisiert und bei der Stadtpolizei Zürich angesiedelt. Zu ihrer Hauptaufgabe gehört die Informationstätigkeit für Polizeikorps über drohende Ausschreitungen im Zusammenhang mit Sport- und Grossveranstaltungen. Gleichzeitig ist sie auch nationale Auskunftsstelle für Polizeikorps über Erkenntnisse im Zusammenhang mit Gewalttätigkeiten rund um Sportveranstaltungen. Sie prüft die im Polizeiinformationssystem HOOGAN einzutragenden Stadionverbote und Sportveranstaltungsberichte. Die SZH arbeitet nach wie vor eng mit dem Fachbereich Hooliganismus des Bundesamtes für Polizei (fedpol) zusammen. Er ist für die Bewirtschaftung von HOOGAN und als National Football Information Point für Informationen über die Landesgrenzen hinaus zuständig. In enger Zusammenarbeit mit den Fussball- und Eishockeyligen wird auf die beiden Saisonstarts die Standardisierung der gesamtschweizerischen Stadionverbote umgesetzt. Das bedeutet, dass ab der neuen Saison ein im Fussball ausgesprochenes Stadionverbot parallel auch im Eishockey und umgekehrt Gültigkeit hat. Zu den Stadionverboten muss erwähnt werden, dass ausschliesslich die Klubs, der Verband und im Eishockey die Liga die Berechtigung haben, solche auszusprechen. Die von den Klubs verhängten, gesamtschweizerischen Stadionverbote (zivilrechtlich) werden bei Swiss Olympic erfasst und stehen daraufhin allen Fussball- und Eishockeyklubs sowie den 29 dezentralen Fachstellen der kantonalen und städtischen Polizeikorps und der SZH zur Verfügung. Am 1. Januar 2010 waren 974 nationale Stadionverbote aktiv, davon 645 im Fussball und 329 im Eishockey. Seit Mai 2010 führt die SZH Ausbildungskurse für polizeiliche Szenekenner in deutscher und französischer Sprache durch. Dort werden einheitliche Vorgehensweisen bei Sportveranstaltungen in der Schweiz sowie die Vertiefung taktischer, rechtlicher und psychologischer Aspekte vermittelt. Mit der Teilnahme von szenekundigen Beamten aus Deutschland und Österreich wird der Erfahrungs- und Informationsaustausch über die Landesgrenzen hinaus gefördert und gewährleistet. Reagieren will man auch auf die zunehmende Gewalt gegen polizeiliche Spotter und Szenekenner. Anlässlich eines Workshops wurden Massnahmen und Verhaltensempfehlungen ausgearbeitet. Die Resultate werden nun den Polizeikommandanten vorgelegt, um eine schweizweit einheitliche Vorgehensweise und Sensibilisierung der Polizeikorps zu erreichen. Für sachbezügliche Fragen steht Ihnen der Medienverantwortliche der SZH Marco Cortesi am Donnerstag 8. Juli 2010 zwischen 10:30 und 11:30 Uhr zur Verfügung.Tel. 044 411 91 05

Stadtpolizei Zürich
Infostelle
Marco Cortesi Chef Mediendienst 044 411 91 05

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APPLE
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inside-it.ch 9.7.10

Datenschützer Thür kritisiert Datensammler Apple

Nicht nur Google ist böse.
 
Der Eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür warnt davor, dass Apple private Daten seiner Kunden nach eigenem Gutdünken auswerten, benutzen und sogar weitergeben dürfe. Die neuen Datenschutzrichtlinien, die der Konzern diesen Monat in Kraft gesetzt hat, würden vor allem Apple nutzen, nicht aber den Kunden, so Thür gegenüber dem Schweizer Radio DRS.
 
Informationen erhält der Computerkonzern von seinen Kunden zuhauf. Bei der Registrierung von Geräten wie MacBooks, iPhone oder iPads verlangt Apple diverse persönliche Angaben des Käufers, etwa Name, Adresse, Telefonnummer und Beruf. Wer Apps, Musik, Bücher oder Filme für das iPhone oder das iPad kauft, muss zudem seine Kreditkarteninformationen offen legen und hinterlässt auch eine Datenspur, welche Anwendungen aus welchen Interessengebieten installiert, genutzt oder auch wieder deinstalliert werden. Daten, die in anonymisierter Form übrigens auch in das Werbeprogramm iAds von Apple einfliessen sollen.
 
Der oberste Schweizer Datenschützer ist gegen das Gebaren des Konzerns allerdings machtlos, denn die Nutzer würden mit dem Akzeptieren der Geschäftsbedingungen von Apple diesem Treiben ausdrücklich zustimmen, so Thür weiter. Gegenüber Radio DRS verteidigte sich Apple damit, dass Nutzer jederzeit die Möglichkeit hätten, einzelne Daten zu sperren. Die Stiftung Konsumentenschutz will die Konsumenten in den nächsten Wochen mit einem eigens dafür kreierten Merkblatt sensibilisieren. (bt)

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edoeb.admin.ch 9.7.10

Datenschutzrichtlinien von Apple Inc.

Verschiedene Bürgerinnen und Bürger machten den EDÖB in den vergangenen Wochen darauf aufmerksam, dass Apple seine Datenschutzrichtlinien angepasst habe. Befürchtungen wurden laut, damit sei der Persönlichkeitsschutz nicht mehr gewährleistet. Die Änderungen betrafen u.a. die Speicherung standortbezogener Daten sowie die Zusendung interessenbezogener Werbung.

Der EDÖB hat die Datenschutzrichtlinien daraufhin analysiert und kommt zu folgender Einschätzung:
 - Diese Richtlinien sind Bestandteil des Vertrags, den die Kundinnen und Kunden mit der Firma Apple beim Kauf ihrer Produkte oder Dienstleistungen abschliessen. Da in der Schweiz die Vertragsfreiheit gilt, können Anbieter und Käufer im Rahmen der Rechtsordnung grundsätzlich alles vereinbaren. Es ist aber auch niemand gezwungen, ein entsprechendes Produkt zu kaufen oder eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen.
 - Apple informiert in den Richtlinien umfangreich über die vorgesehenen Datenbearbeitungen. Kauf und Nutzung eines Apple-Produkts gelten datenschutzrechtlich als Zustimmung zu diesen Bedingungen. Der EDÖB ist der Auffassung, dass sich Apple damit sehr weitgehende Freiheiten bezüglich Bearbeitung, Auswertung und Weitergabe der Daten an Dritte einräumt.
 - Die Übertragung und Bearbeitung der Standortinformationen war überdies bereits 2009 in den Softwarelizenzverträgen vorgesehen, so bspw. in den Produkteinformationen zum iPhone 3G.

Es handelt sich also primär um ein vertragliches und nur sekundär um ein datenschutz rechtliches Problem. Allenfalls zu klären bliebe, ob die Geschäftsbedingungen gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb oder das Kartellgesetz verstossen, weil es sich um ungewöhnliche bzw. geschäftsfremde Bestimmungen handeln könnte. Dafür ist aber der Zivilrichter oder die Wettbewerbskommission zuständig.

Der EDÖB hofft, dass mit zunehmender Sensibilisierung der Kundinnen und Kunden für den Umgang mit Personendaten der Markt zu Gunsten von datenschutzfreundlichen Produkten spielen wird.

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ANTI-ATOM
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Oltner Tagblatt 9.7.10

Niederamt

 Stellungnahme zum Richtplan verfasst

 Schönenwerd Gemeinderat trug mehrere Anliegen im Zusammenhang mit einem neuen Kernkraftwerk vor

 Der Kantonale Richtplan für ein neues Kernkraftwerk Niederamt (KKN) liegt auf. Der Schönenwerder Gemeinderat hat seine Einwendungen dazu vorgenommen.

 Petra Essig

 Während der öffentlichen Auflage hat der Schönenwerder Gemeinderat seine Einwendungen für die Anpassung des kantonalen Richtplans im Zusammenhang mit dem geplanten Kernkraftwerk Niederamt (KKN) verfasst. Im Bereich des Verkehrs wird ein Verkehrskonzept beantragt. Darin ist aufzuzeigen, mit welchen Massnahmen die zusätzliche Verkehrsbelastung während der Bauzeit auf ein Minimum reduziert werden kann. Es ist davon auszugehen, dass der Bauverkehr über die Kantonsstrasse T5/H5 rollen wird, welche mitten durch das Dorfzentrum der Gemeinde Schönenwerd führt. Die Mitsprache der betroffenen Gemeinden muss verbindlich geregelt sein. Ebenso soll die KKN-Betreiberin verpflichtet werden, eine öffentlich zugängliche Brücke, ausserhalb des Betriebsareals, zu erstellen, welche den Bedürfnissen von Langsam-, Individual- und Schwerverkehr entspricht.

 Abgeltungen gefordert

 Es ist verbindlich festzulegen, dass die Betreibergesellschaft als Partnerwerk besteuert wird und dass die Gemeinden nach Massgabe der Betroffenheit in ihren schutzwürdigen Interessen für die negativen Auswirkungen von Bau und Betrieb des Kernkraftwerks abzugelten sind. Die erforderlichen Massnahmen sind vor Erteilung der Rahmenbewilligung zu beschliessen.

 Ebenso müssen die Auswirkungen auf Sozial- und Infrastruktur (Wohngelegenheiten, Schulen, Tagesstrukturen, Verkehrsaufkommen, Wasser- und Abwasserbewirtschaftung, Einkaufs- und Freizeitangebote) während der mehrere Jahre dauernden Bauphase sowie die zu treffenden Massnahmen vor Erteilung einer Rahmenbewilligung geklärt werden. Zudem ist es dem Gemeinderat ein grosses Anliegen, dass die raumrelevanten Erkenntnisse der sozio-ökonomischen Studie in der Richtplananpassung zwingend berücksichtigt werden. Die zu erwartenden Ergebnisse werden raumplanungsrelevant sein.

 Des Weitern wird beantragt, dass die Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen der Region zugute kommen sollen, da die Belastung der Natur in der Region entsteht. Vorzusehen sind auch wirksame Lärmschutzmassnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Hybridkühlturms. Die Lärmimmissionen sowie weitere Immissionen sind auf das technisch machbare Minimum zu reduzieren.

 Keine Nachfolgewerke

 Im Richtplanbeschluss ist auch festzuhalten, dass die Richtplanänderung selbst wie auch alle folgenden Planungsschritte nur für ein einziges Kernkraftwerk und insbesondere nicht für Nachfolgewerke, andere Kernkraftwerke oder alternative Nutzungen der Gesuchsteller Geltung hat. Der Bau weiterer Kernkraftwerke in Zukunft soll ohne erneutes Richtplananpassungsverfahren nicht zulässig sein.

 Zudem ist weiter festzuhalten, dass die Bewilligung eines Kernkraftwerks kein Präjudiz oder positives Argument für ein geologisches Tiefenlager darstellt. Zur möglichen Erhaltung der Fruchtfolgeflächen sollen nach dem Rückbau des Kernkraftwerks Gösgen und des Kernkraftwerks Niederamt die frei werdenden Zonen wieder der Landwirtschaftszone zugewiesen werden.

 Allgemein wird festgehalten, dass den am Einwendungsverfahren beteiligten Gemeinden nötigenfalls eine angemessene Nachfrist anzusetzen ist, um die Begründung der Anträge verbessern zu können. Die kurze gesetzliche Frist für die Erhebung begründeter Einwendungen erweist sich angesichts der Komplexität, Bedeutung und Tragweite der Richtplananpassung für ein Kernkraftwerk als unhaltbar. Die Eigenheiten des politischen Milizsystems werden nach Meinung des Rates nicht berücksichtigt.

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Zofinger Tagblatt 9.7.10

Im Wesentlichen der Planungskommission gefolgt

 Winznau Der Gemeinderat beriet die Richtplananpassung für ein neues Kernkraftwerk im Niederamt (KKN)

 Der Gemeinderat Winznau hat die Richtplananpassungen für ein neues Kernkraftwerk im Niederamt (KKN) diskutiert. Dabei wurden die Einwendungen präzisiert und komplettiert.

 Der Winznauer Gemeindrat hat sich mit der Anpassung des kantonalen Richtplans betreffend Standort für ein neues Kernkraftwerk im Niederamt auseinandergesetzt. Bereits in der Vorkonsultationsphase im Frühjahr hatte sich der Rat zur beabsichtigten Richtplananpassung vernehmen lassen. Nun wurden während der offiziellen Auflagefrist die Einwendungen präzisiert und komplettiert. Der Gemeinderat folgte dabei im Wesentlichen den von der Planungskommission eingebrachten Anträgen.

 Wertvolle Auenwaldbestände

 Der Rat beantragte, dass die Uferschutzzone während der Projekt- und Betriebsphase aus dem Projektperimeter zu nehmen sei und als Vorranggebiet Natur und Landschaft nicht durch das KKN tangiert werden dürfe. In seiner Begründung wies der Rat darauf hin, dass die Alte Aare gemäss Naturinventar und Waldstandortkartierung aufgrund des Vorkommens von seltenen und sehr wertvollen Auenwaldbeständen nationale Bedeutung geniesse.

 Nach dem Verursacherprinzip

 Weiter beantragte der Rat, dass der Ausgleich von allenfalls durch das Projekt KKN verlorener Fruchtfolgeflächen, dem Verursacherprinzip folgend, in den Standortgemeinden zu erfolgen habe. Die übrigen Gemeinden des Niederamtes dürften nicht dazu herangezogenen werden, beispielsweise aus kompensatorischen Gründen allfällige Verluste von Fruchtfolge- und Bauzonenflächen regional auszugleichen. Zudem verlangte der Gemeinderat, das KKN zwingend an das öffentliche Busnetz anzubinden, wobei die Kosten für den Bau und Betrieb von Haltestellen oder Linienerweiterungen verursachergerecht vom KKN zu übernehmen seien. Ausserdem sei das bestehende Wegnetz für den Langsamverkehr während der Bau- und Betriebsphase ohne Einschränkungen zu erhalten. Betreffend Kühlsystem, beziehungsweise Abwärme, verlangte der Rat das Festschreiben der sinnvollen Nutzung der beim Betrieb des KKN anfallenden Abwärme.

 Das diesbezügliche Konzept sei vor Baubeginn aufzuzeigen und habe ökologischen und wirtschaftlichen Kriterien zu genügen. Der Rat verlangte, dass die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle im Richtplan separat und unmissverständlich auszuweisen sei. Ein geologisches Tiefenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle lehnte der Rat, mit Hinweis auf Regionen, die im Gegensatz zum Jurasüdfuss das Prädikat "gut" aufweisen, ab.

 Faire finanzielle Abgeltung

 Das geplante Kernkraftwerk Niederamt vermittelt bereits in seinem Namen die regionale Bedeutung. Die Auswirkungen durch Bau und Betrieb werden regional deutlich spürbar sein. Alle allfälligen Abgeltungen, Abgaben und Steuern müssten im Sinn eines fairen Ausgleichs regional verteilt werden.

 Unterschiede von über 50 Prozent bei den Steuerfüssen, wie sie derzeit aus allseits bekannten Gründen in den Gemeinden des Niederamts vorhanden seien, müssten deutlich verringert werden können. Keinesfalls dürften die Unterschiede durch das Projekt KKN und seine direkten und indirekten Auswirkungen weiter verschärft werden. In diesem Sinn erachtete der Rat Abgeltungen, respektive deren Regelung in der Region mittel- und längerfristig durchaus als entwicklungswirksame und damit raumrelevante Faktoren.

 Anbindung an den Strompreis

 Konkret beantragte der Gemeinderat, dass die Abgeltungen an den Strompreis anzubinden und zu 40 Prozent an die vorgesehenen drei Standortgemeinden sowie zu 60 Prozent an die übrigen Gemeinden der Zone 1 zu entrichten seien. Der diesbezügliche Schlüssel müsse zum Zeitpunkt der Genehmigung des Rahmenbewilligungsgesuches durch den Bundesrat vorliegen. Für die Begleitung des Planungsprozesses wünschte der Rat die Bildung einer geeigneten Organisation, die den Informationsfluss zwischen Bund, Kanton, Standortgemeinden und weiteren interessierten Gemeinden des Niederamtes sicherzustellen habe. (msw)

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Solothurner Zeitung 9.7.10

Klare Forderungen

 Winznau Gemeinderat zum Richtplan

 Der Gemeinderat Winznau hat die Richtplananpassungen für ein neues Kernkraftwerk im Niederamt (KKN) diskutiert.

 Der Rat beantragte, dass die Uferschutzzone während der Projekt- und Betriebsphase aus dem Projektperimeter zu nehmen sei und als Vorranggebiet Natur und Landschaft nicht durch das KKN tangiert werden dürfe. Zudem verlangte der Gemeinderat, das KKN zwingend an das öffentliche Busnetz anzubinden, wobei die Kosten verursachergerecht vom KKN zu übernehmen seien. Betreffend Kühlsystem, beziehungsweise Abwärme, verlangte der Rat das Festschreiben der sinnvollen Nutzung der beim Betrieb des KKN anfallenden Abwärme.

 Der Rat verlangte, dass die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle im Richtplan separat und unmissverständlich auszuweisen sei. Das geplante Kernkraftwerk Niederamt vermittelt bereits in seinem Namen die regionale Bedeutung. Alle allfälligen Abgeltungen, Abgaben und Steuern müssten im Sinn eines fairen Ausgleichs regional verteilt werden. (mgt)

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St. Galler Tagblatt 9.7.10

Ausstieg aus dem Atom-Ausstieg

 Während die rasch wachsenden Länder Asiens uneingeschränkt auf die Kernenergie setzen, mehren sich auch im Westen die Zeichen, dass künftig wieder vermehrt Atomkraftwerke gebaut werden. Dies kontrastiert mit neuen Initiativen zur atomaren Abrüstung.

 Urs Bader

 Gibt es eine Renaissance der Atomkraftwerke? Für viele ist die Frage bereits beantwortet. Ja, es gibt sie. Die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) geht für die kommenden Jahrzehnte von einem drastischen Zuwachs der Kernenergienutzung aus. Vertreter der "Renaissance"-These erwarten eine Verdoppelung bis Verdreifachung der nuklearen Kapazitäten bis 2050, wie Oliver Thränert von der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik in einer aktuellen Studie schreibt.

 Als Hauptgründe für den (Wieder-)Einstieg in die Atomenergie nennt Thränert: wachsender Energiebedarf, volatile Gas- und Erdölpreise, sichere und unabhängige Energieversorgung, saubere Energie angesichts des Klimawandels.

 Schocks sind vergessen

 Zurzeit sind weltweit gegen 440 Reaktoren in Betrieb. Im Bau sind über 50, deutlich mehr als die Hälfte davon in Asien. Auch bei den Planungen (in unterschiedlichen Stadien) ist Asien führend, dessen Energiehunger rasant zunimmt. Insbesondere in China gibt es zudem wenig planungsrechtliche Hindernisse und ist auch kaum mit öffentlichem Widerstand zu rechnen.

 Nun gibt es Anzeichen dafür, dass auch im Westen eine Trendwende hin zum Bau neuer AKW einsetzen könnte. Das Unglück im US-Atomkraftwerk Three Mile Island bei Harrisburg im März 1979 und die Katastrophe von Tschernobyl im April 1986 haben in den USA und in Europa den Optimismus gegenüber dieser Technologie deutlich getrübt. Nun aber scheint die Zeit gekommen, wieder Neubauten in Angriff nehmen zu können.

 In den USA, wo die Entwicklung praktisch zum Stillstand gekommen war, versucht die Regierung Obama sie wieder anzustossen. Für den Bau von zwei neuen Reaktoren im Bundesstaat Georgia hat sie im Februar eine Milliardenbürgschaft gesprochen; über Garantien für drei weitere Projekte wird zurzeit noch verhandelt. Der Präsident verfolgt damit die drei Ziele, die Energieversorgung zu sichern, die CO2-Emissionen zu senken und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die Initiative ist aber auch Teil eines Kuhhandels, mit dem Obama sein im Kongress blockiertes Klimagesetz voranbringen will. Der Handel, der bisher kaum etwas bewirkte, wird auch von Teilen der Linken in Obamas Demokraten kritisiert: einerseits, weil er noch keine Strategie zu erneuerbaren Energien vorgelegt hat, anderseits, weil auch in den USA das gravierende Problem der Endlagerung radioaktiver Abfälle ungelöst ist.

 Rückzug aus dem Ausstieg

 In Europa hat Schweden Mitte Juni einen historischen Entscheid gefällt. Das Parlament hat das Bauverbot für neue AKW aus dem Jahr 1980 aufgehoben. Mit jenem Beschluss sollte das Land bis 2010 aus der Kernenergie aussteigen. Jetzt dürfen die bestehenden zehn Reaktoren durch neue ersetzt werden. In einer Umfrage vom März waren nur noch zwei von zehn Befragten für den Ausstieg.

 Heute prägt auch in Schweden der Klimawandel die Energiedebatte. Umweltminister Carlgren von der Zentrumspartei, der der Atomenergie gegenüber skeptisch eingestellt ist, sagt, die Realität habe sich mit der Klimabedrohung verändert. "Deshalb muss man die sauberen Energien anwenden, die verfügbar sind." Das Land will bis 2020 den Verbrauch fossiler Brennstoffe auf null drosseln; erneuerbare Energien sollen bis dann die Hälfte des Bedarfs decken. Kritiker des Parlamentsentscheids sehen diese ehrgeizigen Ziele gefährdet. Sie befürchten, dass nun Investitionen in erneuerbare Energien behindert werden. Ob der mit äusserst knapper Mehrheit gefällte Beschluss die Parlamentswahlen vom September überleben wird, ist noch ungewiss. Jedenfalls soll der Kurswechsel erst 2011 vollzogen werden, so dass das Volk indirekt noch darüber befinden kann.

 Auch Finnland setzt weiter auf Atomstrom. Das Parlament hat Anfang Juli den Bau zweier neuer Reaktoren bewilligt. Ein AKW ist im Bau; es soll 2013 ans Netz.

 Gespannt wartet man auf ein Zeichen aus Deutschland: Nach dem von der rot-grünen Regierung mit den Versorgern vereinbarten Atomausstieg würde der letzte Reaktor etwa 2022 abgeschaltet werden. Die schwarz-gelbe Koalition strebt aber eine Laufzeitverlängerung an, mit der Begründung, damit die Zeit zu überbrücken, bis genügend erneuerbare Energie zur Verfügung stehe.

 Gegenläufige Entwicklungen

 Die Entwicklung in der zivilen Nutzung der Atomenergie, zu der auch weltweit viele Neuinteressenten gehören, kontrastiert mit den wieder in Gang gesetzten Bemühungen zur atomaren Abrüstung und zur Sicherung des nuklearen Materials. Beide Initiativen gingen von US-Präsident Obama aus, der während des Wahlkampfs versprochen hatte, er wolle "alles nukleare Material rund um die Welt innerhalb meiner ersten Amtszeit sichern". Im April hatte er dazu einen Gipfel gegen den Nuklearterrorismus nach New York einberufen. Allerdings sichert der Atomwaffensperrvertrag jedem Land "Programme zur friedlichen Nutzung der Kernenergie" ausdrücklich zu.

 Risiken bleiben

 Laut der Studie von Oliver Thränert ergeben sich Gefahren des militärischen Missbrauchs der zivilen Nutzung der Atomenergie vor allem an beiden Enden des Brennstoffkreislaufs, also bei Urananreicherung und Wiederaufbereitung. Und generell gilt: Je mehr Akteure es gibt und je mehr atomares Material in der Welt unterwegs ist, desto grösser wird das Missbrauchsrisiko. Nicht zu unterschätzen ist auch das Risiko einer regionalen politischen Kettenreaktion, sollte ein neues Land die Atombombe entwickeln. Das gilt insbesondere für Iran und den nahöstlich-arabischen Raum.

 Will die Staatengemeinschaft der Weiterverbreitung der Atomtechnologie entgegentreten, hat die atomare Abrüstung zunächst wichtige symbolische Bedeutung. Sodann ist laut Thränert das Nichtweiterverbreitungs-Regime zu stärken. Dazu gehöre die Verschärfung der AKW-Kontrollen durch die IAEA, die Internationalisierung des Brennstoffkreislaufs sowie effiziente Exportkontrollen.