MEDIENSPIEGEL 20.7.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (SLP)
- Party-Freiraum für Festmacher-TrojanerInnen
- Sempach: Knatsch um Gedenkfeier 2011
- 7 Jahre nach Neonazi-Angriff: Dominik Bein
- Big Brother Sport: Fan-Unmut in SG + BS
- Big Brother: Vorstoss in SG zu HSG
- Kriegsforschung an HSG?
- Anti-Atom: Inti Ärzte gegen Atomtechnik Teil 2

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REITSCHULE
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Do 22.07.10
22.00 Uhr - SLP - CIVET (USA) Rock'n'Roll, Support: Snakebone (CH) - Punkrock

Mi 28.07.10
22.00 Uhr - Vorplatz - SLP-Offene Bühne

Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch

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kulturagenda.be 22.7.10

Civet spielen im Sous le Pont

Newcomer sind sie nicht: Schon seit zehn Jahren ist die weibliche Punkrock-Band Civet im Geschäft. Aber erst mit dem Wechsel zu Hellcat-Records, einem Unterlabel von Branchenprimus Epitaph, schaffte sie den Durchbruch. Mit ihrer aktuellen CD, "Hell Hath No Fury (like me)", erwachte auch die internationale Aufmerksamkeit. Bei den Femmes fatales des Punk Rock gehts nicht nur brachial zu und her: Sie vereinigen Streetriffs mit einem Händchen fürs Melodische. Auf ihrer Europa-Tour machen die vier Damen im Sous le Pont halt.
Sous le Pont, Bern. Do., 22.7., 22 Uhr

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FREIRAUM
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Bund 20.7.10

Freiraum für Partys zurückerobern

 Wieso es Freiräume braucht, und wie man Konflikte zwischen Veranstaltern und Anwohnern lösen könnte.
 
Rahel Bucher

 Vor der Reitschule in Bern steht seit letzter Woche ein grosses trojanisches Pferd aus Holz. Für die Party zum dritten Geburtstag des Veranstalterkollektivs "Festmacher" aufgebaut, hat es auch eine symbolische Bedeutung. "Es steht für unseren Wunsch, ein Stück kulturellen Freiraum zurück in die Stadt zu tragen", sagt Diego, Mitglied der Festmacher. Das ist in der Nacht von Samstag auf Sonntag mit einem friedlichen Fest denn auch gelungen. Die Antistadtparty auf dem Vorplatz der Reitschule verlief ohne Zwischenfälle und Polizeieinsatz.

 Diese Party ist einerseits Beispiel für die positive Stimmung, die ein im Kollektiv organisierter und nicht kommerzieller Anlass verbreiten kann. Andererseits spiegelt sie das Phänomen, dass Freiräume im urbanen Raum immer knapper werden. Entweder führt der Konflikt zwischen Anwohnern und Lärm verursachenden Partygängern zur Verriegelung des öffentlichen Raums, oder er wird für kommerzielle Zwecke wie Open-Air-Kinos oder Stadtstrände genutzt - so zum Beispiel auf der Grossen Schanze. Eine Tendenz, die auch Soziologieprofessor Ueli Mäder bestätigt. "Viele junge Leute bevorzugen die Stadtkerne, und diese sind meistens sehr konsumorientiert. Da fehlen Freiräume."

 Vielfalt und Toleranz fördern

 Aber was ist eigentlich ein Freiraum? "Freiräume sind Räume, die sich gestalten lassen. Das Gegenteil sind Räume, bei denen alles festgezurrt ist", sagt Mäder. Freiräume dienen der Erholung, vor allem in städtischen Lebensräumen, die sich stark verengt haben. Gerade für Jugendliche und junge Erwachsene sind sie zudem wichtig, um überraschende und unerwartete Erfahrungen zu sammeln. Zudem können Freiräume laut Mäder dazu beitragen, die Vielfalt und damit die Toleranz zwischen den Menschen zu fördern. "Unterschiede können so als selbstverständlich erlebt werden."

 Doch genau an der Toleranz mangelt es manchmal gegenüber dem Nachtleben. Deshalb ist es nicht das Bedürfnis nach Freiraum allein, welches Nachtvögel und Partyschwärmer von der Stadt in die Peripherie oder in die Natur hinausdrängt, sondern ebenso der Druck, der auf Partyveranstaltern lastet. Wie aber könnte man im Nachtleben Freiräume definieren und nutzen, ohne dass es zu heftigen Interessenkonflikten kommt? Ein möglicher Vorschlag, der etwas Druck von Clubbetreibern und Partyveranstaltern nehmen könnte, kommt von Stadtrat Manuel C. Widmer (GFL). In einer Motion fordert er ein Konzept für das Berner Nachtleben. Darin soll definiert werden, wo Nachtleben stattfinden darf. Damit hätten Veranstalter eine Sicherheit, und Anwohner wüssten, in welchen Gebieten sie vor Nachtlärm geschützt sind. Zudem soll der Austausch zwischen Clubs, Partyveranstaltern, Anwohnern und Gewerbepolizei besser organisiert werden.

 Auf die Frage nach einem Nachtleben-Konzept sagt Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP): "Ich bin kein Freund von noch mehr staatlicher Regulierung." Er sieht im Moment keinen Bedarf dafür. Die Instrumente zur Lenkung des Nachtlebens seien ausreichend, sie müssten nur konsequent angewendet werden, sagt er. Vielmehr als neue Regeln möchte Widmer jedoch bewirken, dass das Nachtleben ein anerkannter Teil des Berner Kulturlebens wird und nicht als problembelastet wahrgenommen wird. "Wenn das Nachtleben in der Stadt den Platz und Stellenwert bekommt, der ihm gebührt, müssten Organisatoren nicht ausweichen."

 Freiraum im Widerspruch

 Und wenn sie doch ausweichen? Wäre es sinnvoll, man würde nahe der Stadt Plätze im Wald oder am Wasser definieren, die ohne grosses Regelwerk für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden könnten? "Das wäre ein möglicher Lösungsansatz", sagt etwa Tschäppät, und auch Mäder könnte sich das vorstellen. "Das ist ein zweischneidiges Schwert", sagt dagegen Widmer. Der öffentliche Raum sei nicht unbegrenzt und soll allen dienen. Wenn, dann müssten für alle Veranstalter die "gleichen Spiesse" gelten. Wobei er keinen Unterschied zwischen kommerziellen und nicht kommerziellen Anlässen macht. Ansonsten würden sich die "Vernachlässigten" wieder eigene Freiräume schaffen, sagt er. Noch deutlicher wird Veranstalter Diego: "Die Stadt kann keine Freiräume schaffen. Freiräume entstehen, wenn Gruppen sich diese nehmen." Grundsätzlich seien die Bedingungen zum Organisieren von Partys in Bern nicht allzu schlecht. Die Stadt könnte aber kulanter damit umgehen, wenn mal ein Freiraum eingenommen werde. Auch bei der Erteilung von Bewilligungen (siehe Kasten) könnte sie etwas grosszügiger sein, meint er.

 Die Argumente zeigen, dass das Schaffen und Gewähren von Freiraum ein Widerspruch bleibt. Wahrscheinlich kann man das Bedürfnis nach Freiraum nie wirklich befriedigen, weil jedes Gewähren desselben dem Freiraum den freien Charakter raubt und ihn damit uninteressant macht. Trotzdem werden gerade jüngere Menschen immer wieder nach Wegen zu Freiräumen suchen. Mäder: "Grundsätzlich ist es erfreulich, wie Jugendliche versuchen, die Freiräume zurückzuerobern." Bleibt also die Frage, welchen Freiraum das trojanische Pferd als nächstes besetzen wird?

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 Bewilligungspraxis

 Kulant oder strikt?

 Wer eine öffentliche Veranstaltung - dazu können auch Partys gehören - organisiert, muss bei der Gewerbepolizei und/oder beim Regierungsstatthalteramt eine Bewilligung einholen. "In Bern haben wir eine kulante Bewilligungspraxis", sagt Regierungsstatthalter Christoph Lerch. Solange die Auflagen der Gemeinden, Kantonspolizei sowie die Jugendschutzbestimmungen eingehalten werden, erteile man Einzelbewilligungen "sehr grosszügig". Lerch: "Allein im letzten halben Jahr habe wir keine einzige Bewilligung verweigert." Etwas anders sehen das Partyveranstalter und vor allem Clubbetreiber, die laut eigenen Angaben immer wieder darum kämpfen müssen, überhaupt eine Bewilligung zu erhalten. Und falls sie eine hätten, lebten sie mit dem ständigen Druck, dass die Bewilligung beim kleinsten Verstoss jederzeit entzogen werden könne. Stadtrat Manuel C. Widmer (GFL) kritisiert zudem den Umstand, dass sich in Bern einzig die Gewerbepolizei und das Regierungsstatthalteramt ums Nachtleben kümmern und das meist mit Kontrollen und Verboten. (reh)

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Kommentar

 Party kann auch Kultur sein

Rahel Bucher

 Freiräume sind ein knappes Gut. Für die Entfaltung einer Gesellschaft sind sie jedoch unentbehrlich. Gerade jüngeren Menschen ermöglichen sie das Mitgestalten von Gemeinschaft sowie das Sammeln von Erfahrungen, die in einem durchregulierten Raum nicht stattfinden können. Nicht zuletzt fördern Freiräume die Toleranz und daraus folgend Akzeptanz.

 Obwohl so wichtig, birgt die Nutzung von Freiräumen Konfliktpotenzial. Im Bereich des Nachtlebens zum Beispiel prallen der Anspruch auf Schlaf und Ruhe auf das Bedürfnis nach lauter Musik, Tanzen und Sichausleben. Diese Interessen unter einen Hut zu bringen, ist schwierig. Auch mit erhöhter Polizeipräsenz und strengeren, oftmals als schikanierend wahrgenommenen Kontrollen ist das Dilemma nicht gelöst. Im Gegenteil. Je mehr Druck entsteht, desto stärker wird der Rückzug in den unkontrollierbaren Freiraum. Viel wichtiger sind das gegenseitige Verständnis und die Toleranz. Selbst wer Nachtruhe einfordert, müsste zwischendurch mal ein Auge zudrücken, wenn sich Leute zum Feiern treffen und es etwas lauter wird. Vor allem wenn es sich um einmalige, nicht kommerzielle Veranstaltungen wie zum Beispiel Waldpartys handelt. Würde es allen Partyorganisatoren gelingen, das Nachtleben nicht nur als Hort für Konsum und Vergnügung zu positionieren, sondern als Teil des Kulturlebens, wäre wahrscheinlich das Verständnis dafür grösser. Denn nicht zuletzt hat die Partykultur eine wichtige Identifikationsfunktion für viele Jugendliche und Junggebliebene.

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SEMPACH
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presseportal.ch 20.7.10

Sempacher Gedenkfeier 2011 bringt die Luzerner Bevölkerung zusammen

Luzern (ots) - Die Sempacher Gedenkfeier 2011 wird als Begegnungsmöglichkeit für die Luzerner Bevölkerung konzipiert. Die Projektgruppe prüft verschiedene Module bis Ende Jahr auf ihre Realisierbarkeit. Im Zentrum der neuen Feier steht das Gedenken an die Entstehung des Territorialstaates Luzern und das Nachdenken über die Gegenwart und die zukünftige Entwicklung des Kantons. Ziel der neuen Gedenkfeier ist eine Stärkung des Wir-Gefühls der Luzerner Kantonsbevölkerung. Dieses Ziel soll durch eine Palette von Veranstaltungen, welche den Dialog verschiedener Zielgruppen ermöglicht, erreicht werden. Ein Grossanlass ist nicht geplant.

Die Neue Luzerner Zeitung (NLZ) berichtet in drei Artikeln (Ausgaben, 17.6.10, 15.7.10 und 20.7.10), dass die zukünftige Sempacher Gedenkfeier in Form eines Grossanlasses durchgeführt werden soll. Diese Aussage entspricht nicht dem am 14. Juli 2010 von der Projektgruppe vorgestellten Grobkonzept. Im Zentrum der Neukonzeption der Sempacher Gedenkfeier steht eine breite Palette von vielfältigen Anlässen, welche verschiedene Zielgruppen der Luzerner Bevölkerung zusammenbringen wird. Die Luzerner Regierung hat dieses modulare Konzept für gut befunden, weil es eine inhaltliche Neuausrichtung des Gedenkanlasses bringt und weil dieser in der neuen Form wenig attraktiv für die Selbstdarstellung extremer Gruppierungen ist.

Die Projektgruppe hat seit der Präsentation des Grobkonzeptes am 14. Juli 2010 Anregungen verschiedener Interessensgruppen erhalten. Gleichzeitig sucht sie den Kontakt zu allen bisherigen Akteuren der Sempacher Feier. Bisherige und neue Elemente sollen sich in der neuen Sempacher Gedenkfeier ergänzen. Das Detailkonzept wird bis Ende Jahr vorliegen und der Luzerner Regierung zur Genehmigung vorgelegt. Die Projektgruppe ist zuversichtlich, dass die Sempach Gedenkfeier 2011 ein Neubeginn sein wird, der dank seiner Vielfalt und der inhaltlichen Qualität auch nationale Ausstrahlung haben kann.

ots Originaltext: Staatskanzlei Luzern
Internet: www.presseportal.ch

Kontakt:
Kontakt Harry Sivec, Informationschef
Staatskanzlei Luzern
Mobile: +41/79/687'11'06  

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NLZ 20.7.10

Sempacher Schlachtjahrzeit

 Experten geisseln neues Konzept

von Emanuel Thaler

 Die Schlachtjahrzeit wird zum Grossanlass. Damit werde der Anlass auch für Rechtsextreme attraktiver, befürchtet ein Experte.

 Der Luzerner Regierungsrat plant für die 625. Ausgabe der Sempacher Schlachtjahrzeit einen Grossanlass für jedermann. Den Zürcher Soziologieprofessor Kurt Imhof überrascht das. Er hat sich im Zusammenhang mit der Bundesfeier auf dem Rütli intensiv mit dem Aufmarsch von Rechtsextremen befasst. "Auf dem Rütli ging man genau den umgekehrten Weg und hat nur noch geladene Gäste zugelassen."

 "Schwer verständlich"

 Es möge gute Gründe geben, die für einen Grossanlass sprechen, sagt Imhof. Hinsichtlich der Attraktivität für Rechtsextreme sei ein Grossanlass aber nicht sinnvoll: "Damit bietet man den Rechtsextremen eine grössere Bühne." Imhof geht davon aus, dass rechte Kreise diese auch nutzen. Das Wechselspiel zwischen den Rechtsextremen und dem Medieninteresse intensiviere sich. Entsprechend findet er die Begründung für die Vergrösserung des Schlachtjahrzeit-Anlasses "schwer verständlich".

 Herbert Ammann, Geschäftsführer der Schweizerischen gemeinnützigen Gesellschaft (SGG), bestätigt: "Das nach dem Eclat von 2005 eingeführte Ticketsystem war der Schlüssel zum Erfolg." Die SGG organisiert die Bundesfeier auf dem Rütli. Gleich wie Ammann sieht dies Karl Egli, Stabschef der Urner Polizei. Zu Grossaufmärschen von Extremisten kam es an der Rütlifeier seit der Einführung des Ticket-Systems nicht mehr.

 Ein Ticket-System ist in Luzern kein Thema. "Unsere Veranstaltungen sollen der ganzen Kantonsbevölkerung offen stehen", sagt Harry Sivec, Informationschef des Kantons. Dass das neue Konzept der Sempacher Gedenkfeier den Extremisten eine grössere Plattform bietet, glaubt Sivec nicht: "Wir wollen unter allen Umständen verhindern, dass extreme Kreise eine Plattform erhalten."

 Gedenkmarsch wird gestrichen

 Gemäss heutigem Stand wird deshalb der Gedenkmarsch von Sempach zum Schlachtgelände nicht mehr durchgeführt. "Sicherheitsaspekte waren einer der Gründe für diesen Entscheid", bestätigt Sivec. Um die am Marsch teilnehmenden traditionellen Gruppen für die neue Veranstaltung zu gewinnen, sucht der Kanton den Kontakt mit den bisherigen Akteuren. "Wir wollen ihnen aufzeigen, was der Kanton beabsichtigt und wie die Vereine künftig eingebunden werden könnten", sagt Sivec. SVP-Kantonsrat Marcel Omlin hat andere Pläne: In einem Dringlichen Postulat verlangt er, "die althergebrachten Traditionen mit Zunft zu Safran, dem Luzerner Kantonalen Unteroffiziersverband und den sonstigen historischen Gruppen aufrechtzuerhalten."

 emanuel.thaler@neue-lz.ch

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 Presserat

 Juso klagen Journalisten an

 Die Luzerner Jungsozialisten (Juso) haben beim Presserat eine Beschwerde gegen die NZZ eingereicht. In einem Artikel, der am 15. Juli erschienen war, wurden die Juso als "Linksextreme" bezeichnet. "Das ist eine Verunglimpfung. Wir sind eine Partei, die demokratisch in Parlamenten mitarbeitet", sagt David Roth von den Juso, selbst Grossstadtrat in Luzern. Mit der Beschwerde erhoffe man sich, dass der Presserat festhalte, dass die Juso nicht in die Ecke der Extremisten gestellt werden dürfen.

 Journalist ist Stadtpolitiker

 Weiter stören sich die Juso daran, dass der Artikel von Martin Merki, seines Zeichens FDP-Fraktionschef im Luzerner Stadtparlament, verfasst worden ist. "Es ist heikel, wenn ein Politiker auch als Journalist politische Artikel verfasst", sagt Roth. Die journalistische Unabhängigkeit scheine nicht gewährleistet. Auch diesen Vorwurf wollen die Juso vom Presserat untersucht haben. Journalist Merki will sich zur Beschwerde nicht äussern. Es stehe jedem frei, sich an den Presserat zu wenden, sagt er.

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Wilisauer Bote 20.7.10

SVP will keine "modernistische" Gedenkfeier

 Sempach | Dringliches Postulat zum neuen Konzept der Schlachtfeier eingereicht

 Die SVP will die traditionellen Elemente der Sempacher Gedenkfeier erhalten. Sie hat im Kantonsrat ein entsprechendes Postulat eingereicht.

 "Weder ein Marsch auf das Schlachtfeld, noch das historische Sempacher Schiessen finden Erwähnung. Das vorgestellte Grobkonzept lässt die Vermutung entstehen, dass das Gestern keinen Platz mehr im 21. Jahrhundert haben soll", schreibt SVP-Kantonsrat Marcel Omlin (Rothenburg) in seinem Postulat. Mit diesem Entscheid habe die Luzerner Regierung "bewusst einen Kniefall vor vermummten Chaoten gemacht", kritisiert die SVP das neue Konzept, dessen Grundzüge letzte Woche von der Projektgruppe vorgestellt wurden (WB vom 16. Juli). Sie habe die Meinung von wenigen zum Anlass genommen, "eine neue, modernistische Gedenkfeier abzuhalten", schreibt die SVP.

 Marcel Omlin ersucht in seinem dringlich eingereichten Postulat den Regierungsrat, "den historischen Teil der bisherigen Schlachtfeier sowie dem ursprünglichen Gedanken einer solchen Feier in ihr Konzept aufzunehmen". Die althergebrachten Traditionen mit Zunft zu Safran, Luzerner Kantonaler Unteroffiziersverband und den sonstigen, zum Teil historischen Gruppen, sollen aufrechterhalten werden, schreibt Omlin.

 Die SVP verweist auch auf eine von ihr lancierte Petition ähnlichen Inhalts, die von mehr als 600 Personen unterschrieben worden war.

 CVP: "Vorschläge sind zweckmässig"

 Die Luzerner CVP hingegen begrüsst das vorgeschlagene Grobkonzept. "Es ist klar, dass einige Änderungen der Veranstaltungen nötig sind, um Extremisten von Links und Rechts vom Anlass fern zu halten", heisst es in ihrer Stellungnahme. Auch für die CVP ist indes wichtig, "dass die wichtigsten Bestandteile des traditionsreichen Festes beibehalten werden sollen". Dies sei im Grobkonzept der Fall. Demnach sollen Gedenkgottesdienst, Imbiss, Städtlifest und Hellebardenlauf auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

 "Es ist zwar schade, dass der Marsch auf das Schlachtfeld nicht mehr stattfinden kann, doch ist dies unter den gegenwärtigen Umständen in Kauf zu nehmen", schreibt die CVP. Wichtiger sei, dass durch diese Massnahme das Fest weniger attraktiv für Rechts- und Linksextreme sein wird. Auch der Wille, möglichst viele Besucher anzulocken, erachtet die CVP als geeignetes Mittel, den Chaoten ihre Plattform zu nehmen.

 Die CVP betont weiter die Wichtigkeit der Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinde Sempach. Der Einbezug der Gemeinde Sempach sei essentiell, "um die neue Feier nachhaltig in den Köpfen der Bevölkerung vor Ort zu verankern".

 Juso: "Umdenken hat begonnen"

 "Der Umdenkungsprozess hat begonnen. Der Beweis, dass dieses Konzept aber auch wirklich die rechtsextreme Präsenz verhindert, muss noch angetreten werden", schreiben die Jungsozialisten (Juso) in ihrer Stellungnahme. Darüber ist die Juso, die sich als "Auslöserin dieser ganzen Debatte", sieht, sehr erfreut. Noch vor der letztjährigen Schlachtfeier hätten Kanton und Stadt Sempach Änderungen im Konzept der Feier kategorisch ausgeschlossen. "Die grösste rechtsextreme Demonstration wurde als notwendiges Übel hingenommen und toleriert", schreibt die Juso.

 Dies habe die Jungsozialisten veranlasst, eine Demonstration gegen die Rechtsextreme Präsenz durchzuführen. "Dank dieser Präsenz hat jetzt endlich ein Umdenken begonnen", schreibt die Juso. Sie bedauert gleichzeitig, "dass diese harte Gangart nötig war". Aber die jetzt präsentierten neuen Ansätze zeigten, "dass es richtig war, den Finger auf den wunden Punkt zu legen".ca.

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NEONAZIS
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Thurgauer Zeitung 20.7.10

Start in eine neue Zukunft in Rickenbach

 2003 wurde Dominik Bein fast zu Tode geprügelt. Seither ist er behindert. Im Oktober zieht er in seine eigene Wohnung in Rickenbach - seine Mutter kommt mit.

 Wil - Die neue Wohnung sei grösser und schöner. Ausserdem gebe es im Haus einen Lift, sagt Dominiks Mutter, Rosmarie Bein. Sie wird Anfang Oktober gemeinsam mit ihrem Sohn nach Rickenbach ziehen, da er auf ihre Betreuung angewiesen ist. "Insgesamt ist er sicher selbstständiger geworden", sagt sie. Das Gedächtnis des 22-Jährigen sei aber weiterhin sehr schlecht. Es komme zum Beispiel immer wieder vor, dass er sich verlaufe und dann irgendwo abgeholt werden müsse. Auch das Sprechen falle ihm sehr schwer.

 Mit dem Geld der Opferhilfe habe sich Dominik die günstige 4,5-Zimmer-Wohnung leisten können. Ein eigenes Einkommen hat er nicht. "Beruflich hat sich für ihn leider noch nichts ergeben", sagt Rosmarie Bein. Am liebsten würde er mit Kindern oder Tieren arbeiten. Sie habe auch einmal in einem Kindergarten angefragt, ob Dominik nicht helfen könne. "Sie sagten mir aber, dass sie keine Zeit für ihn hätten." Geduld sei im Umgang mit Dominik entscheidend. "Er arbeitet sehr sorgfältig und exakt, kann aber nur eine Aufgabe nach der anderen bewältigen." Auch technisch sei er interessiert: Derzeit baue er in der Ergotherapie ein Radio zusammen.

 Ein Schläger bald frei

 Im Herbst 2007 wurden die Schläger zu fünf bis sechs Jahren Gefängnis verurteilt. "Es könnte sein, dass der erste im August aufgrund guter Führung entlassen wird", sagt Rosmarie Bein und seufzt. Sollte das tatsächlich der Fall sein, werde sie aber im Vorfeld informiert. Ausserdem stehe noch ein Urteil des Zivilgerichts aus, da die Täter bisher kein Geld an Dominik zahlen wollten. "Das ist aber Sache des Anwalts", sagt sie und seufzt erneut. Mit den Tätern wolle sie nichts zu tun haben. "Mich frustriert nur, dass sie sich bisher nicht entschuldigt haben."

 Bis zum Umzug seien sie noch damit beschäftigt, auszumisten. "Dominik soll ohne Altlasten in eine neue Zukunft starten können", sagt Rosmarie Bein. Es sei ihr wichtig, dass er nach dem Umzug mehr Raum für sich habe. Immerhin sei er jetzt ein erwachsener Mann. Für die Zukunft wünsche sie sich, dass er ein selbstständiges Leben führen könne. "Vielleicht findet er ja auch ein liebes Mädchen, dass später mit ihm zusammenlebt."
Rahel Haag

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 Der Fall Dominik Bein
 
rha

 Am Abend des 27. April 2003 befanden sich der damals 15-jährige Dominik und sein zwei Jahre älterer Freund unter den Konzertbesuchern einer Ska-Band im Frauenfelder Eisenwerk. Schon vor Konzertbeginn sollen rechtsextreme Skinheads Konzertbesucher vor der Tür angepöbelt haben. Durch seine farbige Jamaica-Mütze fiel Dominik der Gruppe auf dem Heimweg auf. Sinnlos prügelten die Rechtsradikalen auf den Jugendlichen ein. Für Dominik hatte die brutale Gewalttat eine lebenslange Behinderung zur Folge. Sechs der Täter wurden 2007 zu einer Gefängnisstrafe von fünf bis sechs Jahren verurteilt. Der siebte Schläger beging in U-Haft Suizid. (sok)

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BIG BROTHER SPORT
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St. Galler Tagblatt 20.7.10

"Verlierer sind die Fans"

 Kurz vor dem Saisonstart hat der Vorstand des FC St. Gallen das Choreo-Verbot aufgehoben. In den Foren äussern sich die Fans kritisch zur neuen Vereinbarung und sehen sich hintergangen.
 
Thomas Ammann

 Im FCSG-Forum rumort es. Eine Woche vor dem ersten Heimspiel der neuen Fussballsaison hat der Vorstand des FC St. Gallen das Choreo-Verbot in der AFG Arena aufgehoben, dies jedoch mit Auflagen an die Fans (Ausgabe von gestern). Auf www.fcsgforum.ch, dem offiziellen Fanforum des FC St. Gallen, schwanken die Fans zwischen Euphorie und Skepsis.

 Wie Espenblock-Charta

 Grundsätzlich begrüssen zwar die meisten Fans die erarbeiteten Verhaltensgrundsätze, zumal diese grösstenteils bereits Teil der Espenblock-Charta sind, welche der Dachverband vor einiger Zeit aufgestellt hat. Viele hegen jedoch Zweifel an der Vereinbarung und kritisieren, dass die Auflagen zu schwammig formuliert, zu ungenau ausgedrückt sind. User "Annemarie" fragt sich: "Wie soll zum Beispiel kontrolliert werden, ob der Schiedsrichter verbal verunglimpft wird? Und: Wird das Choreo-Verbot wieder eingeführt, sobald jemand eine Fackel im Stadion zündet?"

 Ein Fragezeichen setzen viele Fans hinter jenen Punkt der Abmachung, in welchem die Verunglimpfung von Einzelpersonen verboten wird. Der Fankurve werde so die Möglichkeit zur Kritik, beispielsweise an Mitgliedern des Vorstandes, genommen. "Wird so nicht unsere Meinungsfreiheit beschnitten?", fragt einer.

 Wo bleibt die Entschuldigung?

 Positiv werten die meisten die Gesprächsbereitschaft des Vereins. Der Vorstand hat angekündigt, sich in Zukunft regelmässig mit den Fangruppen auszutauschen. Viele interpretieren das als "Schuldeingeständnis" der Vereinsleitung. Der Verein habe erkannt, dass das Choreo-Verbot eine Kurzschlussreaktion gewesen sei. Trotzdem fehlt vielen Anhängern eine konkrete Entschuldigung des Präsidenten. User "Smuggler": "Was mir am meisten fehlt, ist ein klares Statement mit der Wertschätzung gegenüber dem Espenblock." Ein anderer stellt die Frage, wo der Verein kompromissbereit und wo er den Fans entgegengekommen sei.

 Im Forum sind viele der Ansicht, der Verein gehe als Gewinner hervor: Die Stimmung im Stadion werde zurückkehren, die Fans seien zurechtgewiesen und das Damoklesschwert Choreo-Verbot schwebe weiterhin über den Anhängern.

 Selbstregulierung geht schief

 Mit der Formulierung "Die Vertreter der Fans kontrollieren in Eigenverantwortung" schiebe der Verein die Verantwortung zudem von sich, meinen einige. Dazu schreibt einer im Forum: "In drei Wochen wird das Theater wieder von vorne beginnen, wenn die ersten Pyros gezündet werden." Der Vorstand erwarte eine Selbstregulierung der Szene. Dass diese, vor allem beim Thema Pyro, funktionieren wird, glaubt von den Fans keiner ernsthaft. Dem Vorstand werde dies wieder Argumente für neue Repressionen liefern. "Eine verwaschene Lösung", schreibt "knecht-hubrecht".

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PODIUM

 Die Fanszene ist vielfältig

 Eine Replik auf das Podium des St. Galler SVP-Kantonsrats Oskar Gächter vom 8. Juli: Die Clubs sind nicht die Täter.

 Nach dem Ende der Fussball-WM legt sich der Fokus der medialen Berichterstattung wieder auf die nationale Meisterschaft. Im Podium in dieser Zeitung vom 8. Juli springt auch der St. Galler SVP-Kantonsrat Oskar Gächter auf den Zug auf. Leider hat die Sommerpause nicht dazu geführt, dass die Thematik sachlicher und korrekter diskutiert wird.

 Richtige Analyse vonnöten

 Zwar begrüsst es der Dachverband 1879, wenn die Problemanalyse auf verschiedenen Ebenen stattfindet. Eine falsche Analyse der Probleme führt aber unweigerlich zu einer falschen Erwartungshaltung und zu einem falschen Vorgehen.

 Die Gewalt in den Stadien, wie sie Kantonsrat Gächter beschreibt, existiert nicht. Innerhalb der Stadien - und insbesondere in St. Gallen - ist Gewalt eine absolute Ausnahmeerscheinung. Die Bemühungen müssen sich daher auch nicht auf diesen Bereich konzentrieren. Es ist unsinnig, wie beispielsweise in der letzten Saison häufig vorgeschlagen wurde, den Vereinen reine Sitzplatzstadien vorzuschreiben, wenn es in den Stehplatzsektoren so gut wie nie zu Gewaltausbrüchen kommt. Auch für Familien und Kinder, die Herr Gächter bei einem Stadionbesuch gefährdet zu sehen scheint, ist der Stadionbesuch unproblematisch. Wie liesse es sich sonst erklären, dass der Family Corner bei den Heimspielen des FC St. Gallen regelmässig zuerst ausverkauft ist?

 Richtige Massnahmen treffen

 Richtigerweise fordert Herr Gächter ein Gesamtkonzept und erwähnt explizit die Mithilfe der Fans. Auch der Dachverband 1879 begrüsst ein solches Gesamtkonzept und hat sich stets dazu bereit erklärt, mit den verantwortlichen Stellen in einen Dialog zu treten. Die von Herrn Gächter gelobte Dialogbereitschaft der St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter beziehungsweise die Einbeziehung der Fans an sich vermisst der Dachverband 1879 auf kantonaler Ebene aber völlig - von der nationalen Ebene ganz zu schweigen. Ebenso kritisiert der Dachverband das blinde Festhalten am Instrument der Schnellverfahren. Die ergriffenen Rekurse gegen die im Zuge dieser Verfahren ausgesprochenen Verurteilungen waren zu einem beträchtlichen Teil erfolgreich.

 Die Bevölkerung aufrütteln

 Die klare Sachlage, die nach Aussagen von Verantwortlichen zentral und unabdingbar für ein Schnellverfahren ist, scheint also mehrmals nicht gegeben gewesen zu sein. Dass dies bisher nicht zu einer Änderung der Praxis geführt hat, ist bedenklich.

 Facettenreiche Fanszene

 Die Hoffnung von Oskar Gächter, die breite Bevölkerung aufrütteln zu können, teilen wir. Allerdings geht es bei einer breitfächrigen Thematisierung eben nicht nur darum, an bestehenden Instrumenten festzuhalten, wenn sie sich zumindest teilweise als untauglich erwiesen haben. Es geht auch nicht darum, nur über die Kosten der Einsätze oder die Einführung neuer repressiver Massnahmen zu diskutieren. Es geht darum, die Diskussion endlich auf eine Ebene zu hieven, die dem Facettenreichtum der Fanszene gerecht wird. Dieser Anspruch, den wir an alle Beteiligten stellen, wurde in der Vergangenheit leider oft nicht erfüllt.

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Basellandschaftliche Zeitung 20.7.10

Klassiker und zugleich Hochsicherheitsspiel

 Das Bierverbot und die Sicherheitsmassnahmen prägen heute Abend das Duell zwischen FCB und FCZ

 Georges Küng

 "Der Match FC Basel gegen FC Zürich gilt als Hochsicherheitsspiel. Selbstverständlich besteht ein spezielles Sicherheitsdispositiv. Aber ebenso klar ist, dass wir keine Einzelheiten kommunizieren. Damit wäre, sollten spezielle Massnahmen zum Zuge kommen, das Dispositiv wirkungslos." Das sagt Josef Zindel, Pressesprecher des FC Basel. Immerhin verrät der frühere Sportjournalist, dass "bis gestern Abend 27000 Eintritte verkauft wurden". Erfahrungsgemäss dürften somit heute um 20.15 Uhr gut 25000 Zuschauer im St.-Jakob-Park sein.

 Die Ferien, der ungewohnte Spieltag und die Tatsache, dass das Fernsehen die Partie überträgt, wird einige Zuschauer kosten. Und im rot-blauen Umfeld verhehlt man nicht, dass ein Duell Basel gegen Zürich nach den Sommerferien einige tausend potenzielle Matchbesucher mehr ins "Joggeli" gelockt hätte.

 Derzeit Gleichstand

 Seitens des FC Zürich gibt man sich zu Sicherheitsmassnahmen ebenso bedeckt. Auf Fan-Foren ist zu lesen, dass "ein Match FCB gegen den FCZ in der 1. Runde zu wenig Reiz habe". Denkbar, dass die Hardcore-Fans auch Urlaub machen oder ein Auftaktspiel halt noch keine richtige Standortbestimmung ist. Immerhin gibt ein anonymer Schreiber zu bedenken, dass "jetzt beide Teams gleich viele Punkte haben. Nach einigen Runden dürfte dies nicht mehr der Fall sein."

 Der FC Basel hat kürzlich die Aktion "Nur mit Dir!" lanciert. Ziel ist es, die Anzahl der Saisonkarten von 22350 auf 25000 zu steigern. "Wir haben vorerst Firmen angeschrieben und Flyers kreiert. In den nächsten Wochen werden wir weitere Aktionen lancieren; erst dann können wir sagen, ob wir uns diesem ehrgeizigen Ziel nähern", sagt Zindel. In der Matchzeitung "Joggeli Magazin" ist dieser Aktion eine ganze Seite gewidmet. Ein geglückter Saisonauftakt der Fink-Elf würde sicher helfen.

 Kritik am Bierverbot

 Ein grosses Politikum, zumindest für Berchtold Catering, ist das Bierverbot. Thomas Anliker, Geschäftsführer der Berchtold Catering AG, spricht Klartext: "An den Ständen im Stadion und auf Basler Boden darf kein alkoholhaltiges Bier ausgeschenkt werden. Dies tangiert viele Menschen und auch einen Klub wie den FC Concordia, der einige Stände führt. Dass aber auf der anderen Seite der St.-Jakob-Strasse, auf Baselbieter Boden, normales Bier ausgeschenkt wird, zeigt, dass diese Massnahme schlicht ungerecht ist. Und wenn jemand schon mit einigen Promille intus an den Match kommen will, so trinkt er halt in der Stadt, nimmt ein paar Sixpacks mit - und umgeht das Bierverbot", gibt Anliker zu bedenken. Den Ausfall schätzt der Berchtold-Geschäftsführer auf rund 20 Prozent oder gut 20000 Franken.

 Ein beliebter Treffpunkt der FCB-Fangemeinde war der "Braune Mutz" am Barfüsserplatz. Dieser ist aber eine Baustelle, sodass nun "das obligate Bier vor dem Match zu Hause eingenommen wird", erklärt ein langjähriger Birsfelder Matchbesucher. Er hofft einfach, dass "der FCB ein verfrühtes 1.-August-Feuerwerk zündet - natürlich nur auf dem Spielfeld".

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BIG BROTHER
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St. Galler Tagblatt 20.7.10

Fragen zu Staatsschutz und HSG

 St. Gallen. Weiss die St. Galler Regierung, wie viele Kantonseinwohner in der neuen Fichensammlung des Schweizer Staatsschutzes registriert sind? SP-Kantonsrat Fredy Fässler (St. Gallen) jedenfalls will es wissen. Er fordert die Regierung mittels Einfacher Anfrage auf, die entsprechende Zahl zu eruieren und offenzulegen. Zudem soll die Regierung sich dafür einsetzen, dass Betroffene Einsicht in ihre Fichen erhalten - und dass der Staatsschutz abgeschafft wird.

 Nebst dem Staatsschutz interessiert sich Fässler für die "Kriegsforschung an der HSG", wie er einen zweiten Vorstoss betitelt. 2007 war an der HSG das C Set gegründet worden, ein "Kompetenzzentrum für Sicherheitswirtschaft und Technologie als Kooperation zwischen dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport sowie dem Institut für Politikwissenschaft an der Universität St. Gallen". Das C Set befasst sich mit wirtschaftlichen Fragen im Zusammenhang mit Sicherheitsthemen.

 Fredy Fässler fragt die Regierung, wie sich das Institut finanziere und wie dessen Tätigkeit unter dem Aspekt der Schweizer Neutralität zu beurteilen sei. Der St. Galler SP-Kantonsrat will aber auch beantwortet haben, ob es für gewisse potenzielle Auftraggeber - etwa "Schurkenstaaten oder Entwicklungsländer" - Schranken gebe. (lü)

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KRIEG@HSG
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20 Minuten 20.7.10

Kriegsforschung an der Uni St. Gallen?

 ST. GALLEN. SP-Kantonsrat Fredy Fässler wirft der Uni St. Gallen vor, sie betreibe Kriegsforschung. In einer einfachen Anfrage will er von der Regierung wissen, ob sie das für ethisch tragbar hält.

 An der HSG wird am Kompetenzzentrum für Sicherheitswirtschaft und Technologie (C Set) zu Themen wie kollaborative Rüstungsprogramme oder Privatisierung von Sicherheit geforscht. "Das C Set hat bereits systematisch die militärindustrielle Politik von Kleinstaaten untersucht und daraus ‹Best practices› abgeleitet", steht auf der Website des Thinktanks. Für SP-Kantonsrat Fredy Fässler ist damit klar: "Abseits der öffentlichen Wahrnehmung forscht das Institut, wie man möglichst kostengünstig Krieg führt. Und das an der HSG. Für mich ist das einfach geschmacklos."

 Auch der Beirat des Instituts mit Vertretern von Rüstungsindustrie, Armee und Nachrichtendienst stösst Fässler sauer auf: "Da wirkt ein illustrer Filz aus Militär und Industrie im Hintergrund." Der SP-Kantonsrat gelangt deshalb mit einer einfachen Anfrage an die St. Galler Regierung: "Ich will Klarheit und eine öffentliche Diskussion über die Projekte des C Set." Zudem will er wissen, ob die Regierung die Tätigkeit ethisch für vertretbar hält.

 Für eine Stellungnahme vonseiten der HSG stand gestern niemand zur Verfügung.  
JuF

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ANTI-ATOM
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Basler Zeitung 20.7.10

Das Wochengespräch

 "Die kritischen Stimmen werden nicht gehört"

 Der Basler Arzt Andreas Nidecker über die Zukunft des Atomstroms

 INTERVIEW: Renato Beck

 Mit einer Gruppe Schweizer Mediziner engagiert sich der Radiologe Andreas Nidecker (62) gegen die Kerntechnik - und gegen das Vergessen der Katastrophe Tschernobyl.

 BaZ: Herr Nidecker, waren Sie schon Mal in einem Atomkraftwerk?

 Andreas Nidecker: Selbstverständlich. Ist aber schon einige Jahre her.

 Und wie war Ihre Gefühlslage, wie der Erkenntnisgewinn?

 Der Besuch hat weder meine Gefühlslage noch meinen Puls verändert. Hab auch keine neuen Erkenntnisse gewonnen, ausser dass unsere Besuchergruppe von der tüchtigen Mitarbeiterin in Gösgen mit herzlicher und bewundernswerter Hartnäckigkeit vom Nutzen und der Harmlosigkeit des Atomstroms hätte überzeugt werden sollen.

 Spüren Sie um sich herum eine veränderte Wahrnehmung der Kerntechnik? Verschwindet das Unbehagen mit der Zeit?

 Das Unbehagen mag verschwinden, jedoch finde ich gravierender, dass das Wissen um ein Ereignis wie "Tschernobyl" verschwindet. Junge Menschen unter 20 Jahren haben ja die Katastrophe von Tschernobyl gar nicht erlebt und drum haben sie wahrscheinlich eine andere, unbeschwertere Beziehung zur "sicheren" Kerntechnologie als viele der älteren Erwachsenen. Dies erschwert unsere Aufklärungsarbeit gelegentlich, weil Jugendliche in diesem Land stets nur die Story vom absoluten Bedarf für AKW hören zur Behebung der baldigen sogenannten "Stromlücke". Die kritischen Stimmen und die Warner werden im lauten PR-Konzert für neue AKW nicht gehört.

 Ist es nicht verantwortungsvoller, Atomstrom aus einem sicheren Schweizer Werk zu beziehen, statt womöglich dereinst importiert aus Tschernobyl, Reaktor B?

 Atomstrom aus einem Reaktor in Tschernobyl oder aus Gösgen sind nun sicher nicht die Alternativen, die es zu diskutieren gilt. Die neuen und guten Möglichkeiten heute sind doch Strom vom Dach oder Bach - oder immer häufiger auch aus der Güllegrube. Oder die Alternative: Wärme aus dem Wald oder vom eigenen Körper bei Null-Energie-Häusern. Wer will denn noch bei einer Technologie verharren, die vorgestern modern war, sich aber heute schlicht aus dem Markt trippelt: weil sie risikobehaftet und anfällig auf Terrorismus ist, weil die Entsorgung der atomaren Abfälle nicht gelöst ist, weil es Probleme mit der Wasserkühlung in heissen Sommermonaten geben kann - und weil sie letztlich ausgesprochen teuer ist. Ausserdem vergessen viele, dass Uran genau so endlich verfügbar ist auf der Erde wie etwa Erdöl.

 > Fortsetzung am Mittwoch