MEDIENSPIEGEL 2.8.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Zaffaraya: Party + Sorgen
- Antifa-Abendspaziergang 2.10.10
- Neonazis Burgdorf: Rechte Bar wieder zu
- Pnos BS/BL: Raus aus Jugendparlament
- Bleiberecht: Aktion an Bundesrätin-Rede in Eiken AG
- Sans-Papiers: Heiratsverbot
- Ausschaffung: Amnesty will Untersuchung
- Nothilfe: Migros-Gutscheine-Tausch; Kostenexplosion
- Big Brother: Überwachung BS
- Squat ZH: Luxusklinik immer noch besetzt
- Revolte BS: Versicherungsprobleme
- Antisemitismus: Frepo BS im Rückblick
- Drogen: Neue Legalisierungsdebatte
- Anti-Atom: Mühleberg-Abstimmung
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REITSCHULE
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Do 05.08.10
19.00 Uhr - Vorplatz - Aktion lebendiger Vorplatz
"Ping-Pong-Turnier"
Mi 18.08.10
20.00 Uhr - Dachstock - Portugal. The Man (USA)
Fr 20.08.10
20.30 Uhr - Tojo - Bern Retour - 6 Choreographien von 6
Berner
TänzerInnen.
Sa 21.08.10
20.30 Uhr - Tojo - Bern Retour - 6 Choreographien von 6
Berner
TänzerInnen.
So 22.08.10
19.00 Uhr - Tojo - Bern Retour - 6 Choreographien von 6
Berner
TänzerInnen.
Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch
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ZAFFARAYA
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20 Minuten 2.8.10
Zaffaraya: Party - und Zukunftssorgen
BERN. 25 Jahre nach der Gründung droht den Bewohnern der
alternativen Wohnsiedlung Zaffaraya erneut eine Räumung. Doch sie
wollen ihr Daheim nicht aufgeben.
25 Jahre Zaffaraya: Mit einer Party feierten Bewohner und
Sympathisanten am Samstag im Neufeld das Jubiläum der alternativen
Berner Wohngruppe. Die Freude war jedoch nicht ganz ungetrübt:
Auch ein Vierteljahrhundert nach ihrer Gründung auf dem
Gaskessel-Areal ist die Zukunft der Wohnwagensiedlung noch immer
ungewiss - nach 16 Jahren beim Autobahnzubringer Neufeld droht erneut
die Vertreibung. Eine Aufsichtsanzeige von SVP-Grossrat Thomas Fuchs im
Namen des Bundes der Steuerzahler fordert die baldige Auflösung
der illegalen Siedlung (20 Minuten berichtete).
Die Stadt Bern sucht derweil auf ihrem Gebiet nach alternativen
Standorten, wo verschiedene experimentelle Wohnformen legal Platz
finden könnten. In rund einem Jahr soll das Berner Stimmvolk dann
entscheiden, ob eine solche Zone eingerichtet werden soll oder nicht.
Doch davon halten die Zaffarayaner offenbar nicht allzu viel: "Ich
möchte hierbleiben", so Bewohner Christian Stähli
gegenüber "Schweiz Aktuell". "Es sei denn, die Alternative
wäre ein super Platz mit vielen Möglichkeiten." Doch daran
glaube er nicht.
In der Siedlung war die Anspannung gestern spürbar.
Gegenüber 20 Minuten wollte sich aber niemand äussern.
Nina Jecker
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BZ 2.8.10
Leserbriefe
Lärmen als Kavaliersdelikt?
Fest zum 25-Jahr-Jubiläum des Zaffaraya
Zum zweiten Mal in Folge wurde die Nacht vor dem 1. August von
der Zaffaraya-Gruppierung in Bern dazu genutzt, mit einem ausgedehnten
Fest die Nachtruhe der Anwohner im nahen und weiteren Umkreis zu
stören. Zwischen 23 Uhr und den frühen Morgenstunden
dröhnt in vollster Lautstärke Musik durch die Nacht - man
wähnt sich an einem Rockkonzert im Stade de Suisse oder
ähnlichem.
Nachfragen bei der Polizei sowie beim Berner
Stadtpräsidenten Alexander Tschäppät haben ergeben, dass
es sich um eine nicht bewilligte Veranstaltung handelte. Beide
Ansprechpartner sahen sich jedoch nicht imstande, dem Treiben ein Ende
zu setzen, was bei der Polizei doch sehr erstaunt. Es scheint, als
werde hier bestätigtermassen illegales Treiben (inklusive
Parkieren von Heerscharen von Autos rund um das Gelände) von
offizieller Seite mit einem Achselzucken geduldet.
Werden künftig auch bei Berner Durchschnittsbürgern
Nachtruhestörung und Wildparkieren als Kavaliersdelikt behandelt?
Ursula Bähler Dominik Gerber Bremgarten
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Telebärn 1.8.10
Als das Zaffaraya Bern erschütterte
http://www.kyte.tv/ch/telebaern/als-das-zaffaraya-bern-erschutterte/c=84713&s=989462
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Schweiz Aktuell 31.7.10
Zaffaraya: Alternative Wohnsiedlung in Bern
Vor genau 25 Jahren entstand die illegale Hüttensiedlung Zaffaraya
am Berner Aarestrand als Folge der Auseinandersetzungen zwischen
rebellierenden Jugendlichen und der Stadt Bern. Die umstrittene
Räumung zwei Jahre später wirkt bis heute nach.
http://videoportal.sf.tv/video?id=07c5430c-4917-4056-9ffd-a9e914d79516&referrer=http%3A%2F%2Fwww.sf.tv%2Fsendungen%2Fschweizaktuell%2Findex.php
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Bund 31.7.10
Steuerzahler und Bernaktiv bekämpfen Zaffaraya-Siedlung
Der Bund der Steuerzahler (BDS) des Kantons Bern und die
Vereinigung Bernaktiv (BA) haben gestern wegen der Zaffaraya-Siedlung
bei der Autobahnausfahrt Neufeld beim Regierungsstatthalteramt
Bern-Mittelland eine Aufsichtsuntersuchung verlangt, wie BDS
Bern-Geschäftsführer und BA-Präsident Thomas Fuchs
mitteilte. Die Frist für die Zaffaraya-Wohnwagen und weitere
Bauten sei "klar abgelaufen", und diese müssten deshalb entfernt
werden. Die "Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes" sei
"zwingend erforderlich". (pd)
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BZ 31.7.10
Jubiläum
Zaffaraya wird 25
Vor genau 25 Jahren haben sich Aktivisten mit Wohnwagen an der
Aare im Gaswerkareal niedergelassen. Das Zaffaraya entstand und
beschäftigte in der Folge die ganze Stadt. Nach der Stürmung
des Geländes im November 1987 durch die Polizei begann ein
Nomadenleben, das momentan auf einer Parzelle im Neufeld mit von der
Stadt bezahlter Infrastruktur Station macht. Nicht zum ersten Mal
versucht die Stadt derzeit für die Zaffarayaner wie für
andere Gruppen, die alternativ wohnen wollen, eine Hüttendorfzone
einzurichten. Derweil diesen Donnerstag wieder eine Aufsichtsanzeige
beim Statthalter eingereicht worden ist, welche die Auflösung der
Siedlung verlangt.
Vorerst wird im Zaffaraya mit dem alljährlichen Fest
Geburtstag gefeiert.
cab
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ANTIFA
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Indmyedia 1.8.10
http://ch.indymedia.org/de/2010/08/76989.shtml
10. Antifaschister Abendspaziergang Bern 02.10.2010 ::
AutorIn : Bündis Alle gegen Rechts:
http://www.buendnis-gegen-rechts.ch
Heraus zum 10. Antifaschistischen Abendspaziergang in Bern!
Vor 11 Jahren hat das Bündnis Alle gegen Rechts (BAgR) zum 1.
Antifaschistischen Abendspaziergang in Bern aufgerufen.
Damals hätten sich die Mitglieder der ersten Stunde wohl kaum
vorstellen können, dass das Bündnis über 10 Jahre aktiv
bleiben sollte und einst zum 10. Antifaschistischen Abendspaziergang in
Bern aufrufen würde. Im vergangenen Jahrzehnt, hat das BAgR so
einiges erlebt und geleistet: Die Wechsel im Team; die Änderungen
der Organisationsform; die Sprayereien und Kreidekritzeleien; die
Interviews; die Repression; die Umarmungsversuche und die
Kriminalisierung von Seiten der Behörden; die bürgerliche
Berichterstattung; über 4000 Leute an den unbewilligten
Antifaspaziergängen 4 und 5; einen gewaltigen Dämpfer nach
dem Aufgeben der Verschiebetaktik beim 7. Spaziergang; neuer Schwung
bei der überregionalen Antifa-Kampagne "die Dinge in Bewegung
bringen"; Beteiligung an diversen Bündnissen und Aktionen;
unzählige Sitzungen; Solibars; Konzerte; Übungen; Demos;
Diskussionen… Alles in Allem "same procedure as every year”. Bei aller
Freude über die vielen kleinen Erfolge, die errungen werden
konnten: Es gibt keinen Grund sich auszuruhen, denn die Ursachen, die
zur Gründung des BAgR bewegt haben, bestehen weiterhin.
Deshalb rufen wir zum 10. Mal zum Antifaschistischen Abendspaziergang
in Bern auf: Erneut wollen wir zeigen, dass es in Bern keinen Platz
für FaschistInnen gibt und ein Zeichen gegen den kapitalistischen
Alltag setzen.
Denn solange Rassismus, Ausgrenzung, Ausbeutung und Konkurrenz weiter
existieren, werden wir auf die Ursachen dafür hinweisen und
dagegen angehen.
Die Ideologien und Hetzkampagnen von Rechts verfehlen ihre Wirkung
nicht: Fremdenfeindlichkeit ist eine weit verbreitete Reaktion auf die
gravierenden Probleme unserer Zeit. Angst um "das Wohl der Nation", die
Arbeitsstelle, die Wohnung und sogar um die heimatliche Natur: In der
Überfremdung der Eidgenossenschaft sehen viele ZeitgenossInnen das
Problem für ihr ganzes Elend. Für sie gibt es kein Problem,
für welches sich nicht AusländerInnen als
Sündenböcke heranziehen liessen. So beliebt wie diese
Schlussfolgerungen sind, so falsch sind sie.
• Es sind nicht die AusländerInnen, welche die Konkurrenz um
Arbeitsplätze und Wohnungen eingerichtet haben, sondern die
Staaten, welche die kapitalistischen Verhältnisse durchsetzen und
garantieren.
• Die ArbeitgeberInnen, nicht die ausländischen
Arbeitskräfte, haben Interesse daran, die Löhne zu
drücken wo es nur geht, um den Profit zu maximieren.
• Es ist der weltweit eingerichteten, profitorientierten
Produktionsweise zu "verdanken", dass rücksichtlos alle
natürlichen Ressourcen vernutzt und Natur und Umwelt zerstört
werden.
• Es ist der Kapitalismus, welcher die Lebensgrundlage vieler Menschen
zerstört und sie zu Flüchtlingen macht.
• Es sind nicht die Flüchtlinge, sondern die Regierungen, die
"ihre" Nationen im Kampf um Einfluss, Macht und Ressourcen zum Mittel
des Krieges greifen lassen.
• Es ist Unsinn von Überfremdung zu sprechen, weil es die Staaten
sind, welche Menschen überhaupt erst zu In- und
AusländerInnen machen. Kaum auf der Welt, wird den Menschen auch
schon ein Zwangsverhältnis aufgedrückt: Die
Volksangehörigkeit per Pass! Durch dieses Herrschaftssystem werden
überhaupt In- und AusländerInnen geschaffen.
Wir haben nicht länger Bock, diese Verhältnisse
stillschweigend und widerspruchslos zu akzeptieren. Schliess dich dem
Kampf gegen Staat, Kapital und Faschismus an!
Antikapitalistisch vorangehen, statt der Welt beim Untergang zusehen.
Heraus zum 10. Antifaschistischen Abendspaziergang, Samstag 02.10.2010,
20.00 Uhr, Heiliggeistkirche Bern
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NEONAZIS BURGDORF
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Bund 31.7.10
Burgdorfer Szenebar der Rechtsradikalen wieder zu
In der Nacht war sie Ziel von Angriffen - nun ist die Royal Aces
Tattoo Bar in Burgdorf erneut geschlossen worden.
Vermutlich waren es Linksextreme, die in der Nacht auf gestern
mehrere Fenster der Royal Aces Tattoo Bar in Burgdorf mit Steinen
eingeschlagen haben. Die Bar am südwestlichen Fuss des
Schlosshügels gilt als Treffpunkt der rechten Szene. Aufgrund
dieses Vorfalls und gestützt auf Einschätzungen der
örtlichen Behörden hat die bernische
Volkswirtschaftsdirektion gestern entschieden, dass die Bar aus
Sicherheitsgründen erneut geschlossen wird. Eine weitere
Öffnung der Bar könnte neue Angriffe provozieren, "wobei auch
eine Gefährdung von Leib und Leben nicht ausgeschlossen werden
kann", steht in einer Polizeimitteilung. Der jüngste Anschlag war
bereits der zweite.
Im Zusammenhang mit dem im Juni eröffneten Lokal war es zu
heftigen Auseinandersetzungen zwischen links- und rechtsextremen
Gruppen gekommen. Aus Sicherheitsgründen schloss der Statthalter
die Bar am 12. Juli. Dagegen führten die Betreiber Beschwerde und
erreichten vor Wochenfrist, dass sie die Bar vorläufig wieder
öffnen durften (siehe "Bund" vom Donnerstag). Nach dem
jüngsten Vorfall hat die Volkswirtschaftsdirektion nun den Antrag
der Betreiber auf aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde abgewiesen.
(db)
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BZ 31.7.10
Burgdorf
Bar vorläufig geschlossen
Gestern wurden bei der Royal Aces Tattoo Bar erneut Scheiben
eingeschlagen. Nun haben die Behörden die Bar geschlossen.
Nach Auseinandersetzungen zwischen links- und rechtsextremen
Gruppierungen hat das Regierungsstatthalteramt die Royal Aces Tattoo
Bar in Burgdorf Mitte Juli geschlossen. Da die Wirtin Einsprache erhob,
konnte sie die Bar wieder eröffnen. Doch gestern früh
schlugen Unbekannte zum zweiten Mal die Scheiben ein. Jetzt hat die
Volkswirtschaftsdirektion die Bar vorläufig geschlossen.
jho/nh
Seite 19
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Burgdorf
Die Bar ist wieder zu
Nach dem zweiten Anschlag auf die Royal-Aces-Tattoo-Bar in
Burgdorf haben die Behörden die Bar wieder geschlossen.
Gestern Morgen um 6 Uhr standen Polizisten vor der
Royal-Aces-Tattoo-Bar am unteren Ende der Burgdorfer
Rütschelengasse. Sie suchten Spuren. Mitten in der Nacht hatte
eine unbekannte Täterschaft mehrere Scheiben der umstrittenen Beiz
demoliert. Die Kantonspolizei Bern wurde gemäss einer Mitteilung
der Medienstelle um 4.40 Uhr über den Vorfall informiert.
Bereits am 22. Juni hatten laut einem Bekennerschreiben, das auch
dieser Zeitung zugestellt wurde, Mitglieder des antifaschistischen
Lagers Teile des Gebäudes mit Farbe verschmiert. Schon damals ging
Glas in die Brüche. Ob für die jüngste Aktion dieselben
Kreise verantwortlich sind, ist unklar. Die Polizei (034 424 80 01)
sucht Zeugen. Der Sachschaden beläuft sich auf mehrere Tausend
Franken.
Sicherheitsbedenken
Am 14. Juli hatte der Emmentaler Regierungsstatthalter Markus
Grossenbacher das am 11. Mai eröffnete Lokal geschlossen. Die
Antifa Bern bezeichnete die Royal-Aces-Bar von Anfang an als
"Neonazitreffpunkt". Im Internet lieferten sich extreme Linke und
Rechte deshalb hitzige Wortgefechte. Grossenbacher sah die
öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit gefährdet. Gegen die
Schliessung erhob Sophie Güntensperger, die Betreiberin des
Lokals, Einspruch. Sie sagte, in ihrem Lokal sei jedermann -
Rechtsradikale inbegriffen - willkommen.
Vorläufig geschlossen
Mit dem Einspruch war der Schliessungsbeschluss des Statthalters
aufgeschoben; Güntensperger konnte die Bar wieder öffnen.
Nach dem zweiten Anschlag von gestern Morgen hat die
Volkswirtschaftsdirektion aber entschieden, dass die
Royal-Aces-Tattoo-Bar vorläufig geschlossen bleibt. "Die Gefahr
einer weiteren Eskalation wird als hoch eingestuft", schreibt die
Volkswirtschaftsdirektion in einer Medienmitteilung. Eine weitere
Öffnung der Bar könnte neue Angriffe provozieren, wobei auch
eine Gefährdung von Leib und Leben nicht ausgeschlossen werden
könne, heisst es weiter.
Vor diesem Hintergrund hat die Volkswirtschaftsdirektion
Güntenspergers Antrag auf eine aufschiebende Wirkung der
Beschwerde abgewiesen. Die Bar darf vorläufig nicht mehr
öffnen.
jho/pd
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Telebärn 30.7.10
Burgdorfer Bar bleibt geschlossen
http://www.kyte.tv/ch/telebaern/burgdorfer-bar-bleibt-geschlossen/c=84713&s=988491
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PNOS
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Basellandschaftliche Zeitung 31.7.10
Auch die Grünliberalen wollen die Pnos jetzt ausschliessen
Die Rechtspartei Pnos soll nicht mehr dem Baselbieter
Jugendparlament angehören
Nach der Verurteilung eines Pnos-Mitglieds wegen
Rassendiskriminierung soll die ganze Partei aus dem Jugendparlament
ausgeschlossen werden. Das verlangen die jungen Grünliberalen.
Esther Jundt
Die Grünliberale Fraktion (glp) im Baselbieter
Jugendparlament ändert ihre Meinung: Nachdem sie vorerst keine
Einwände gegen eine Mitgliedschaft der Partei National
Orientierter Schweizer (Pnos) im Baselbieter Jugendparlament hatte,
strebt die Fraktion nun deren Ausschluss an. Der Grund für diese
Forderung liegt in der Verurteilung des Pnos-Mitglieds Philippe Eglin
wegen Rassendiskriminierung. Dieser hatte auf der Website der Partei
das Tagebuch der Anne Frank als eine geschichtliche Lüge
bezeichnet. Deswegen wurde der frühere Vorsitzende der Basler
Pnos-Sektion Mitte Juli vom Basler Strafgericht zu einer unbedingten
Geldstrafe verurteilt. Eglin kündigte Berufung an. Sollte er die
Revision einreichen, ist das Urteil nicht rechtskräftig.
Glp-Vizepräsident Dennis Schwaninger sagte gestern zur bz,
mit der Verurteilung Eglins sei eine neue Situation entstanden. Die
Pnos habe sich nie von den umstrittenen Äusserungen Eglins
distanziert. Damit bewege sich die ganze Gruppierung nicht mehr im
demokratischen und rechtsstaatlichen Rahmen. Schwaninger sagte weiter,
er sei an der Gerichtsverhandlung gewesen. Das Verhalten Eglins - keine
Reue oder Einsicht - habe ihn erschüttert. Ob die Pnos weiter dem
Jugendparlament angehören wird, sei davon abhängig, "wie die
Mehrheit der Jungparteien entscheidet".
Die internen Regeln des Jugendparlaments schreiben vor, dass der
Jugendrat mit einer Zweidrittelmehrheit über den sofortigen
Ausschluss von Mitgliedern entscheiden kann (bz vom 23. Juli). Dies
könne der Fall sein, wenn eine rechtskräftige Verurteilung
aufgrund einer unerlaubten politischen Äusserung vorliege. Den
Ausschluss Eglins könnte der neun Mitglieder zählende
Jugendrat beschliessen. Dieser ist eine regierungsrätliche
Kommission des Kantons Baselland, die die Schirmherrschaft über
das Jugendparlament übernommen hatte.
Mit Juso und Grünen
Nun gelangt die glp an diesen Rat mit der Bitte "um die
Einberufung und Durchführung einer offiziellen
Vorbereitungssitzung der Fraktionsvertreter des Jugendparlaments". An
der Versammlung sollen alle im Parlament vertretenen Fraktionen sowie
die Jungsozialisten und die Jungen Grünen teilnehmen. Diskutiert
werden soll die weitere Mitgliedschaft der Pnos. Eine Neubeurteilung
sei nötig, schreibt die glp in ihrem Antrag. Auch müsse ein
entsprechender Beschluss gefasst werden. "Nur mit einem klaren
Grundsatzentscheid der Jungparteien können wir das Jugendparlament
als repräsentative Plattform für die junge Generation
erhalten und positiv nutzen", schreiben die Grünliberalen. Sie
sind allerdings auch der Meinung, dass der Ausschluss der Pnos oder
Eglins erst nach einem rechtskräftigen Urteil erfolgen kann. Die
bürgerlichen Jungparteien sagten nach der Verurteilung Eglins,
dass Person und Partei getrennt werden müssten.
Die Mitgliedschaft der Pnos im Jugendparlament löste schon
einen grossen Wirbel aus. Die Jungsozialisten und die Jungen
Grünen blieben aus Protest den Parlamentssitzungen fern.
Allerdings scheinen die Linken inzwischen zur Einsicht gelangt zu sein,
dass die Abwesenheit nichts bringt. Eine Aussprache für nach den
Sommerferien war schon früher geplant.
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BLEIBERECHT
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Aargauer Zeitung 2.8.10
Sans-Papiers an der Bundesfeier
Friedliche Kundgebung mit Spannungen bei der Rede der
Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf in Eiken
Rund 115 Personen haben gestern bei einer Rede von
Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf in Eiken AG auf die Situation
der Sans-Papiers aufmerksam gemacht. Widmer-Schlumpf empfing eine
Delegation der Gruppe. Die Justizministerin gab gleich zu Beginn ihrer
Rede den Menschen von den Bleiberecht-Kollektiven der Schweiz den Tarif
durch. Haben sie Respekt vor der Bundesfeier, sagte sie - und erntete
Applaus der Bevölkerung.
Die Polizei hatte die rund 115 Demonstrierenden zuvor beim
Bahnhof eingekesselt. Sie mussten ihr Megaphon abgeben und zur Kenntnis
nehmen, dass Widmer-Schlumpf nur eine Delegation von fünf Personen
treffen würde.
Im Gegenzug verzichtete die Polizei auf die für die
zahlreichen anwesenden Sans-Papiers verhängnisvollen
Personenkontrollen, wie Stephan Reinhardt, Kommandant der Aargauer
Kantonspolizei, auf Anfrage sagte.
Weil die Demonstranten zu Beginn Parolen skandierten, drohte
Widmer-Schlumpf mehrmals, das Treffen zu streichen. Es fand
schliesslich ungefähr eine halbe Stunde nach der Ansprache unter
Ausschluss der Öffentlichkeit und der Medien statt. Ansonsten
verlief die Kundgebung gemäss Reinhardt friedlich.
Die Justizministerin vermied in ihrer Rede - entgegen ihrer
Ankündigung nach dem Auftritt in Grimentz VS - weitgehend die
Situation der Ausländer in der Schweiz zu thematisieren. Das Wort
Bleiberecht erwähnte sie ein einziges Mal. "Das ist das Merkmal
unserer politischen Schweiz, dass das Volk mit einer Mehrheit bestimmt,
was laufen soll in unserem Land, zum Beispiel auch, wer ein Bleiberecht
hat, wer da sein kann." Das Volk bestimme die Spielregeln.
Nach der Rede sagte sie vor den Medien, dass sie es unfair von
den Organisatoren dieser Demonstration finde, dass sie die Bundesfeier
der Bevölkerung von Eiken in dieser Art und Weise störten.
"Das gehört nicht zu unserer politischen Kultur." Eiken habe sehr
viel für diesen Abend gemacht. Sie werde der Delegation sagen,
dass die Schweiz für die berechtigten Fälle eine
Härtefallregelung habe und diese auch anwende.
Man sei jedoch nicht bereit, einfach alle, die hier bleiben
wollten, auch hier zu lassen. Sie nehme es für die
Eidgenossenschaft in Anspruch, dass sie sehr fair und humanitär
auch mit schwierigen Fällen umgehe. Das habe man verschiedentlich
auch bewiesen. (SDA)
--
Souveränität und Mitspracherecht
An der Eiker Bundesfeier regte Bundesrätin Eveline
Widmer-Schlumpf zum Nachdenken an
Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf machte in Eiken
deutlich, dass sich die Schweiz der internationalen Frage nicht
verschliessen kann. Dabei gilt es, die Souveränität zu
bewahren und sich ein Mitspracherecht zu sichern.
Susanne Hörth
Die Schweiz feiert ihren 719. Geburtstag. Mehr als ein
Jahrhundert älter ist die Gemeinde Eiken. Bundesrätin Eveline
Widmer-Schlumpf kam höchstpersönlich, um als Festrednerin an
der Bundesfeier der Eiker Bevölkerung zu ihrem
850-Jahr-Jubiläum zu gratulieren. Begrüsst wurde der hohe
Besuch aus Bern vom Eiker Gemeindeammann Georges Collin und
Regierungsrat Roland Brogli. In ihrer Ansprache beleuchtete die
Justizministerin die Rolle der Schweiz auf dem internationalen Parkett.
Auf dieser Ebene nehme die Unsicherheit zu, wenn es darum gehe,
Souveränität und Eigenständigkeit bei einem gleichzeitig
grossen internationalen Engagement zu wahren. "Der bilaterale Weg ist
problematischer geworden. Man kann die Probleme jedoch selbstbewusst
mit dem bewährten Modell Schweiz bewältigen", so die
Rednerin. Sie hob hervor, dass die internationale Frage diskutiert
werden müsse - und man werde auch klare Antworten finden. Eveline
Widmer-Schlumpf lieferte keine Lösungen, sondern betonte, dass das
Thema angegangen und darüber diskutiert werden muss, wo sich die
Schweiz auf dem internationalen Spielplan positionieren soll. "Wandel
gehört zum Leben, und wenn man den Wandel mitgestaltet, dann
resultiert auch etwas Positives. Wir kommen nur weiter, wenn wir
erkennen, dass der Kompromiss Stärke und nicht Schwäche
bedeutet", endete die Bundesrätin ihre Rede. Zuvor gab es noch
viele lobende Worte für Eiken, dessen Schönheit und die
engagierte Bevölkerung.
"Sans-Papiers" in Eiken
Das Motto der Gemeinde, "Eiken für alle", wurde an der
Bundesfeier in Eiken mit hohem Besuch aus Bern als bare Münze
genommen. Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf mahnte zu Beginn
ihrer Rede mit freundlichen, aber deutlichen Worten die angereisten,
zirka 150 demonstrierenden Sans-Papier, die Feier nicht zu stören.
Sie werde sich nach dem Anlass unter Ausschluss der Öffentlichkeit
mit einer Delegation der Gruppe "Bleiberecht-Kollektive" unterhalten.
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Basler Zeitung 2.8.10
Demonstration bei der Bundesrätin
Rund 150 Sans-Papiers tauchten plötzlich in Eiken auf
Franziska Laur
Die friedliche 1.-August-Feier im fricktalischen Eiken wurde
gestört von Sans-Papiers, die bei der Justizministerin Eveline
Widmer-Schlumpf Rechte einfordern wollten.
Fast ein bisschen zerbrechlich wirkte Bundesrätin Eveline
Widmer-Schlumpf zwischen ihren Gastgebern Georges Collin,
Gemeindeammann von Eiken, und Roland Brogli, Aargauer Regierungsrat.
Doch als sie vor dem Mikrofon stand und ihre Stimme erhob, um den rund
150 Sans-Papiers, die zur Feier marschiert waren, Paroli zu bieten,
schien sie zu wachsen. "Hier ist ein Dorf, das seinen 850. Geburtstag
feiert, und ich bitte Sie um Respekt. Verhalten Sie sich ruhig. Dann
werde ich am Schluss der Veranstaltung mit Ihnen reden", richtete sie
sich an die Demonstranten.
Und tatsächlich schafften es die Organisatoren der spontanen
Kundgebung, die sich anbahnende Missstimmung so weit zu beruhigen, dass
die Reden gehalten werden konnten. Eveline Widmer-Schlumpf
erwähnte das eigenständige Wesen der Eikerinnen und Eiker,
das nicht zuletzt aus ihrer 850-jährigen Geschichte entstanden
sei. Sie sprach jedoch auch von Veränderungen, die stets wieder
anstehen, und rief zur Mitgestaltung bei diesem Prozess auf.
Tatsächlich aber wollten die Sans-Papiers genau dieses
Mitwirkungsrecht in Eiken einfordern. Vom Motto "Eiken für alle"
hätten sie sich angesprochen gefühlt und die Einladung
angenommen, um endlich von Eveline Widmer-Schlumpf Antwort auf einen
vor längerer Zeit überreichten Brief zu bekommen. Ob sie
diese gestern bekommen haben, blieb geheim. Widmer-Schlumpf sprach
unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit den Demonstranten.
"Eigentlich ist das meine Welt"
Eveline Widmer-Schlumpf politisiert am liebsten an einem Tisch
mit Leuten, die konstruktive Vorschläge und Ideen einbringen.
BaZ: Warum haben Sie für eine Ihrer 1.-August-Reden diesen
Ort ausgewählt?
Eveline Widmer-Schlumpf: Der Gemeindeammann hat mich angefragt,
ob ich hier in Eiken den 850-Jahre-Geburtstag der Gemeinde mitfeiern
würde. Da ich noch nie im Aargau beziehungsweise im Fricktal die
1.-August-Rede hielt und Regierungsrat Roland Brogli zudem ein guter
Kollege von mir ist, habe ich gerne zugesagt.
In der Nordwestschweiz pflegt man gute Beziehungen zu den
EU-Staaten. Ist das nicht vorbildlich?
Ich bewundere den guten Kontakt mit den Gemeinden des grenznahen
Deutschlands und finde es tatsächlich sehr vorbildlich, wie man
hier in der Region über die Grenzen hinweg zusammenarbeitet und
sich kennt. Auch ich selber komme aus einer Gegend, wo man eine
Partnergemeinde in Deutschland hat.
Wo politisieren Sie lieber, in Bundesbern oder an Anlässen
wie Bundesfeiern? Heute müssen Sie sich ja noch mit den
Sans-Papiers auseinandersetzen.
Ja, Sie haben mir versprochen, dass sie ruhig und anständig
ihre Argumente vorbringen. Allerdings politisiere ich am liebsten an
einem Tisch mit Leuten, die konstruktive Vorschläge und Ideen
einbringen. Eigentlich ist das meine Welt.
Ihr Kontrahent, alt Bundesrat Christoph Blocher, spricht in
Grindel. Spornt Sie das an?
Ich kenne den Terminkalender von Christoph Blocher nicht, und
tatsächlich interessiert er mich auch nicht.
--
Reden der Kontrahenten Eiken/Grindel. Die zwei Gegenspieler
Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf und alt Bundesrat Christoph
Blocher hielten beide in der Nordwestschweiz eine 1.-August-Ansprache -
die eine in Eiken im Fricktal, der andere in Grindel im
Schwarzbubenland. Die BaZ nutzte die Gelegenheit, um beiden dieselben
Fragen zur Region und zum Kontra-henten zu stellen.
---
bleiberecht.ch 1.8.10
1. August-Aktion: Bleiberecht besucht Widmer-Schlumpf in Eiken
Auch während der Rede von Widmer-Schlumpf zeigten wir unsere
Präsenz
Am 1. August feiert sich die Schweiz als Land der Freiheit und
Demokratie. Die Bleiberechtsbewegung nutzt diesen Tag, um zu zeigen,
dass hunderttausenden Papierlosen und abgewiesenen Asylsuchenden in der
Schweiz genau dies vorenthalten wird.
Aktion in Eiken
Die heutige Aktion für ein Bleiberecht für alle fand in Eiken
(AR) anlässlich der 1. August-Rede von Bundesrätin
Widmer-Schlumpf statt. Das Motto der Veranstalter der Feier lautet
"Eiken für alle". Als die circa 150 AktivistInnen am Bahnhof Eiken
eintrafen, wurden sie von einem Grosssaufgebot der Polizei empfangen
und eingekesselt. Nach längeren Verhandlungen wurde uns
schliesslich der Zugang zum Fest erlaubt, unter der Bedingung, dass wir
das Fest nicht stören.
Die AktivistInnen waren die gleichen Personen, die vom 26. Juni bis zum
2. Juli in Bern die kleine Schanze besetzt hielten. Im Rahmen der
Besetzung wurde Bundesrätin Widmer-Schlumpf ein Brief mit
Forderungen (vgl. Anhang) geschickt. Darauf hat sie bisher nicht
geantwortet.
Singend und mit Transparenten zogen wir auf dem Gelände ein und
hörten der Rede von Bundesrätin Widmer-Schlumpf zu, ohne sie
zu stören. Der Forderung, unsere eigene Rede zu halten, wurde
leider nicht entsprochen. Wir verurteilen, dass an einem Tag, an dem
die Freiheit und Demokratie in der Schweiz gefeiert wird, Personen ohne
Papiere offenbar keine Stimme haben dürfen. Nach der Rede
verliessen wir friedlich das Gelände.
Gespräch mit Widmer-Schlumpf
Momentan spricht eine Fünf-Personen-Delegation von
Flüchtlingen mit Bundesrätin Widmer-Schlumpf. Über
allfällige Resultate dieses Gesprächs werden wir Sie
informieren. Wir bezweifeln aber, dass die verantwortliche
Bundesrätin ihre unmenschliche Haltung gegenüber den weit
über hunderttausend Sans-papiers ändert.
Ziel der heutigen Aktion war es, Frau Widmer-Schlumpf nochmals auf
Situation von Papierlosen und abgewiesenen Asylsuchenden in der Schweiz
aufmerksam zu machen und die Bundesrätin direkt mit der Forderung
nach einer kollektiven Regularisierung und dem Recht auf Arbeit
für alle zu konfrontieren.
--
1. August-Rede der Bleiberecht-Kollektive
Folgende Rede wollten die Bleiberecht-Kollektive anlässlich der 1.
August-Feier in Eiken AG halten, um sich bei der anwesenden
Bundesrätin Widmer-Schlumpf und der Bevölkerung in Erinnerung
zu rufen. Leider wurde uns dies vom Organisationskommitee verweigert.
Liebe Bewohnerinnen und Bewohner des Stücks Erde, das "Schweiz"
genannt wird
"Eiken für alle" heisst das Motto der 1.-August-Feier in Eiken.
Wir - Menschen mit und ohne Papiere, die sich in der
Bleiberecht-Bewegung vereinigt haben - nehmen diese Einladung gerne an.
Denn wir kämpfen für ein Bleiberecht, gleiche Rechte für
alle. Da fühlten wir uns angesprochen.
Die Gründungsgeschichte der Schweiz erzählt von mutigen
Menschen, die nicht länger gewillt waren, die Unterdrückung
und die Arroganz ihrer Herren zu akzeptieren, weil sie in Freiheit und
Demokratie leben wollten. Mit dieser Haltung können wir uns
identifizieren. Auch wir kämpfen für Freiheit und Demokratie.
Auch wir verweigern uns. Wir sind nicht länger bereit, die
fremdenfeindliche und entwürdigende Migrationspolitik der Schweiz
still zu ertragen. Darum haben wir im Juni die Kleine Schanze in Bern
besetzt, darum sind wir heute hier.
Doch die Gründungsgeschichte der Schweiz ist nicht viel mehr als
ein Mythos. Und auch von den Idealen, die sie propagiert, findet sich
in der Realität herzlich wenig. Heute Abend wird Bundesrätin
Eveline Widmer-Schlumpf zur Feier des Tages eine Rede halten. Sie
verficht energisch eine Politik der Fremdenfeindlichkeit und des
Ausschlusses von AusländerInnen aus der Gesellschaft.
Bundesrätin Widmer-Schlumpf und mit ihr eine Unzahl von
Politikerinnen und Politikern von der SVP bis zum rechten Rand der
Grünen und der SP wollen eine Schweiz für wenige, oder anders
gesagt: eine Schweiz für alle, die Profit bringen. Sie stehen
nicht für die Freiheit und Demokratie, die wir meinen.
Unter den "profitablen" Arbeitskräften gibt es hunderttausend bis
dreihunderttausend, die ohne Aufenthaltsbewilligung
unentbehrliche Arbeit in Haushalten, Restaurants, Fabriken und in
Landwirtschaftsbetrieben leisten. Sie tun dies unter ausbeuterischen
Bedingungen und ohne sozialen Schutz. Jederzeit können sie
verhaftet werden. Ständig sind sie von Ausschaffung bedroht. In
einem heuchlerischen Doppelspiel brauchen die herrschenden Kreise der
Schweiz diese Menschen und drangsalieren sie gleichzeitig. Sie sperren
sie bis zu zwei Jahre in ihre Gefängnisse ein, nur weil sie ihren
Fuss auf dieses Stück Erde gesetzt haben. Diese Menschen haben
nichts verbrochen. Sie versuchen nur, ein würdiges Leben zu leben.
Die Schweiz, die sich gern mit ihrer "humanitären Tradition"
brüstet, verwehrt es ihnen.
Für die abgewiesenen Asylsuchenden hat die schweizerische
Migrationspolitik einige stossende Spezialitäten bereit. Sie
leben von einer minimalsten Nothilfe. Sie dürfen nicht arbeiten
und haben keine Perspektive. Zum Teil werden sie in unterirdische
Massenunterkünfte eingepfercht. Viele von ihnen kommen aus
Ländern mit extremer Armut oder schweren politischen Problemen.
Dennoch dürfen sie gemäss den Behörden nicht hier
bleiben.
Während der Besetzung der Kleinen Schanze haben wir
Bundesrätin Widmer-Schlumpf einen Brief mit unseren Forderungen
übergeben. Bis heute haben wir von ihr keine Antwort erhalten. Da
bleibt uns nichts anderes übrig als uns bei ihr nachdrücklich
in Erinnerung zu rufen. Das machen wir heute in Eiken. Wir wollen, dass
Bundesrätin Widmer-Schlumpf zu unseren Forderungen Stellung nimmt
und konkrete Schritte unternimmt, damit die Sans-Papiers und
Asylsuchenden ein würdiges Leben in der Schweiz führen
können. Diese Forderungen sind:
• Kollektive Regularisierung der Sans-Papiers und
Sans-Papières
• Sofortige Annahme aller Asylanträge
• Sofortiger Ausschaffungsstopp
• Abschaffung des Arbeitsverbots
• Abschaffung des Nothilferegimes
• Recht auf Heirat und Recht auf
Familienzusammenführung
• Recht auf Bildung
• Respektierung der Gewerkschaftsrechte
• Respekt der übergeordneten und grundlegenden
Menschenrechte
Es muss ein Ende haben mit der fremdenfeindlichen Grundhaltung, von der
grosse Teile der Justiz und der Behörden durchdrungen sind. In
diesem Sinn wünschen wir Ihnen ein schönes Fest und freuen
uns über interessante Begegnungen.
Die Bleiberecht-Kollektive der Schweiz
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SANS-PAPIERS
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Le Temps 31.7.10
Sans papiers, pas de mariage
Dès 2011, les personnes sans statut légal ne
pourront plus se marier, au nom de la lutte contre les mariages
fictifs. Un couple témoigne de la difficulté à
s'unir et des soupçons qui pesaient sur lui
Valérie de Graffenried
Ils n'auront plus le droit de se marier en Suisse. Dès le
1er janvier 2011, les clandestins et les requérants
d'asile définitivement déboutés ne pourront plus
épouser une Suissesse ou un Suisse, faute de permis de
séjour ou de visa valables. Toni Brunner (UDC/SG), auteur d'une
initiative déposée en 2005 pour "empêcher les
mariages fictifs", a gagné une bataille. Le parlement l'a suivi,
le Conseil fédéral aussi. Parmi les partis
gouvernementaux, seul le PS s'y est opposé. Et lors de la
procédure de consultation, cinq cantons seulement - Vaud,
Genève, Neuchâtel, Berne et Schaffhouse - ont jugé
la disposition trop restrictive. Et cela alors que la nouvelle loi sur
les étrangers de 2008 permet déjà aux officiers de
l'état civil de refuser de célébrer des unions en
cas de soupçons.
Les fiancés qui ne sont pas citoyens suisses devront
désormais apporter la preuve qu'ils ont le droit de
séjourner en Suisse jusqu'à la date prévue du
mariage: voilà ce que prévoient les nouvelles
dispositions. Autre nouveauté: les autorités de
l'état civil devront communiquer aux services de migration
compétents l'identité des personnes qui ne peuvent pas
prouver la légalité de leur présence.
C'est-à-dire les dénoncer.
Ces restrictions sont contestées par certains juristes, le
droit au mariage et à la famille étant garantis par la
Constitution fédérale (art. 12 et 14) et la Cour
européenne des droits de l'homme. Elles dénotent surtout
une volonté de compliquer encore davantage l'accès au
mariage pour les étrangers extra-européens. Et de rendre
leur parcours plus kafkaïen.
Bien sûr, des abus existent. Selon l'Office
fédéral de l'état civil, il y aurait entre 500 et
1000 mariages "suspects" par année. Le Tribunal
fédéral traite, chaque année, environ 100 recours
en relation avec des mariages de complaisance. Mais personne n'est en
mesure d'affirmer que tous les clandestins en Suisse - ils seraient
entre 100 000 et 300 000 - cherchent à se marier, avec la
complicité ou non d'un tiers, dans le seul but de rester en
Suisse ou d'obtenir une naturalisation facilitée. Par ailleurs,
ce sont au total près de 15 000 unions mixtes qui
sont célébrées par an, ce qui relativise le
chiffre brandi par l'Office fédéral de l'état
civil.
Lors des débats parlementaires, la gauche et une petite
poignée d'élus de droite, comme Claude Ruey (PLR/VD),
ont, en vain, dénoncé le caractère discriminatoire
du projet. "Quand tous les fiancés étrangers sont
présumés coupables, où est la
proportionnalité? Une police qui met tout le monde en prison,
sous prétexte que les voleurs existent, est-elle une police
efficace et mesurée?" s'est interrogée Liliane Maury
Pasquier (PS/GE). Elle réagissait au fait que le Conseil
fédéral, dans ses arguments, a souligné que les
dispositions seraient appliquées dans le respect du principe de
proportionnalité. Donc en tenant compte de certains cas
particuliers.
L'ancienne conseillère nationale libérale Suzette
Sandoz, spécialiste du droit du mariage, est, elle aussi,
choquée par un aspect de ces dispositions. "L'utilisation d'une
autorité civile pour dénoncer à la police une
personne même si celle-ci est en situation illégale en
Suisse équivaut à la mise sur pied d'une police d'Etat
comme dans les pires régimes totalitaires", a-t-elle
récemment écrit dans une de ses chroniques pour par la
NZZ am Sonntag.
Elle précise sa pensée au Temps. "Ce qui me
gêne vraiment est que les officiers d'état civil soient
poussés à la délation", souligne-t-elle. "Je peux
par contre comprendre qu'ils ne célèbrent pas le mariage
de personnes dont ils ne peuvent pas vérifier l'identité
et l'état civil, et donc si elles sont déjà
mariées. Car si c'est le cas, et même si une annulation de
l'union est possible, cela provoquerait des complications juridiques
importantes, notamment pour les enfants."
Concrètement, un sans-papiers peut rentrer dans son pays,
chercher les documents nécessaires et revenir légalement
en Suisse, avec un visa, argumentent les défenseurs du projet.
Un scénario dans les faits pas très réaliste, les
clandestins étant peu enclins à prendre ce genre de
risque. Autre obstacle: certains pays ne peuvent ou ne veulent pas
fournir les documents exigés.
Un Suisse pourra par ailleurs continuer à épouser
un étranger hors de Suisse et faire reconnaître son
mariage si ce dernier a été "valablement
célébré" et sans intention frauduleuse. Mais le
mariage n'a aucune incidence sur l'obligation du visa qui dépend
de la nationalité de l'étranger, précise Marie
Avet, porte-parole de l'Office fédéral des migrations. Le
conjoint étranger devra donc déposer une demande de visa
auprès du consulat suisse avec les documents d'état civil
pour la transcription du mariage dans le canton d'origine de
l'époux. Ensuite, il obtiendra en principe un visa D qui lui
permettra d'entrer en Suisse. Dès qu'il aura
déclaré son arrivée à la commune, il
obtiendra un permis B, renouvelable chaque année.
Autre cas de figure: la personne étrangère qui
réside à l'étranger et qui souhaite se marier en
Suisse. Elle devra d'abord demander un visa si sa nationalité
l'oblige à le faire. Ce sésame lui sera
délivré pour la durée de la procédure
préparatoire du mariage. Si celle-ci n'est pas achevée au
bout de trois mois, une autorisation de séjour de courte
durée est accordée après l'entrée en Suisse.
Les dispositions qui entreront en vigueur dès l'an
prochain ne devraient rien changer pour ces deux cas de figure. Mais
elles contribuent à renforcer le soupçon qui pèse
sur les étrangers. Un jeune Gambien de 20 ans aura
toujours plus de peine à obtenir un visa qu'une Indienne
d'âge mûr…
Une chose est sûre, en adoptant ces mesures la Suisse
rejoint les rangs des pays les plus restrictifs en la matière.
La France a bien durci ces dernières années sa
législation, mais sans aller aussi loin. Les maires peuvent
refuser de célébrer un mariage "suspect" et saisir le
procureur de la République. Mais le Conseil constitutionnel
s'est érigé en 2003 contre l'idée que
l'irrégularité du séjour puisse être une
entrave au mariage.
La nouvelle réglementation suisse se calque en revanche
sur celles du Royaume-Uni, des Pays-Bas, de la Norvège et du
Danemark. Au Danemark, une loi de 2007 précise que le mariage ne
peut être célébré que si les fiancés
sont citoyens danois ou au bénéfice d'un titre de
séjour valable. Idem en Norvège, avec une loi qui date de
1994 déjà.
Les règles des Pays-Bas sont plus précises. Un
article du Code civil néerlandais prévoit l'obligation de
présenter à l'officier de l'état civil une
déclaration du chef de l'autorité compétente en
matière d'étrangers sur la régularité du
séjour du futur époux. Une déclaration qui n'est
pas requise si les futurs époux ou pacsés ont leur
résidence à l'étranger, ni pour ceux qui viennent
d'un pays membre de l'UE ou de l'AELE.
Au Royaume-Uni, un résident qui ne vient pas d'un pays de
l'EEE doit être titulaire d'un "visa pour mariage", d'un "visa de
fiancé" ou être détenteur d'une autorisation de
mariage appelée "certificate of approval" délivrée
par le Home Office avant de pouvoir effectuer une déclaration de
mariage. Et cela depuis 2004. Mais il y a une exception: en Angleterre
et dans le pays de Galles, ces dispositions ne sont pas applicables aux
mariages célébrés selon les rites de l'Eglise
anglicane et qui sont précédés de la publication
des bans.
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"La lutte contre les mariages blancs manque de vision"
Serge Michel
Pour Taiba Rahim,la différence enrichit
Il y a quinze ans, Taiba Rahim, fille de berger afghan et
enseignante de formation, était employée locale du CICR
à Kaboul. Elle y rencontre Pierre Krähenbühl, à
l'époque chef adjoint de la délégation,
désormais directeur des opérations de l'institution.
Projet de mariage, récolte acrobatique dans une capitale en
guerre des cinq documents exigés par Berne, visa
délivré au Pakistan, mariage en Suisse, permis B, puis C
et, enfin, la naturalisation.
Aujourd'hui, Taiba anime l'association Nai-Qala qui a
déjà construit deux écoles en Afghanistan, chacune
pour un millier d'élèves. Elle a reçu pour cela le
Prix 2010 "femme exilée, femme engagée" de la Ville de
Genève. Une troisième école est en construction,
une clinique est en projet. Les fonds, Taiba les a obtenus en allant
parler de son pays dans les écoles de Suisse romande, où
la mobilisation des enfants et des enseignants l'a bouleversée.
"Ils ont vendu des biscuits, ciré des chaussures, lavé
des voitures pour les enfants afghans", dit-elle. Elle se passionne
pour l'histoire de la pauvreté dans les vallées alpines
et ne cesse de tisser des liens entre la Suisse et l'Afghanistan. Mais
la nouvelle loi suisse sur les mariages l'inquiète. "La
différence est un enrichissement, plaide-t-elle. Quelle image la
Suisse donne-t-elle aux nouvelles générations? La peur.
Ne devrait-on pas s'occuper de sujets plus importants, plus
visionnaires, que de lutter contre quelques mariages blancs?"
De la difficulté d'épouser l'homme qu'on aime
Julie et Modou ont suivila procédure qui sera la norme en
2011…
C'était en 2006, la soirée du match
France-Brésil de la Coupe du monde. Les rues de Lausanne
étaient pleines de supporters heureux ou déçus.
Julie croise Modou dans la foule. Ils se parlent et ils se plaisent.
Ils se revoient. Quelques mois plus tard, Julie déménage
à Lausanne, pour vivre avec Modou. Julie est Vaudoise,
étudiante. Modou est Gambien, sans papiers. Sa demande d'asile a
été refusée mais il a évité
jusque-là l'expulsion, en fournissant des renseignements
inexacts.
En 2008, la nouvelle loi sur les étrangers rend sa
situation plus précaire encore. Pour préserver leurs
chances de vivre ensemble, Julie et Modou décident de se marier.
En Suisse? "C'était risqué, dit Julie. Cela pouvait
réveiller la procédure d'expulsion." Le jeune couple opte
pour la Gambie. Ils atterrissent à Banjul en juin 2008 et
passent devant l'officier d'état civil quelques jours plus tard.
Puis sautent dans un taxi collectif pour Dakar, afin de faire
enregistrer leur union à l'ambassade de Suisse la plus proche et
déposer une demande de visa pour Modou, au titre de regroupement
familial.
Il doit alors fournir ses empreintes digitales et expliquer dans
quelles circonstances il a déjà séjourné
six ans en Suisse. Modou retourne attendre en Gambie et Julie rentre
chez elle, d'où elle ne cesse d'appeler l'ambassade à
Dakar pour que la demande suive son cours. Or il ne semble pas y avoir
de cours pour des demandes pareilles. "Il a fallu deux mois pour que
les documents soient envoyés à Berne", dit-elle,
dépitée.
De là, le dossier est transmis à sa commune
d'origine, pour enregistrement, puis au Service de la population
à Lausanne (SPOP), chargée de statuer sur la demande de
visa du mari. Cinq mois s'écoulent, rien ne bouge. Julie appelle
des responsables qui prétendent ne pas être là.
Elle se rend à des rendez-vous qui, le jour venu, n'auraient pas
été fixés. Elle fait et refait la queue au guichet
et subit, au mieux, la froideur, au pire le mépris et
l'agressivité des fonctionnaires.
"Ils me regardaient comme une victime dont la naïveté
avait été abusée. Je ressortais à chaque
fois en morceaux." Tout est toujours flou: "Les versions sur
l'état du dossier changeaient d'un fonctionnaire à
l'autre, d'un jour à l'autre, se souvient-elle. C'est de ma vie
qu'il s'agissait et c'étaient eux qui en disposaient."
Le temps passe, comme entre parenthèses. Julie a pris, en
se mariant, l'une des décisions les plus importantes de sa
vingtaine d'années et rien ne lui permet d'être certaine
de revoir son mari en Suisse. Elle l'appelle souvent. Elle craque et va
deux semaines le voir en Gambie. Elle se démène pour
trouver des relais qui mentionnent son cas à des responsables
haut placés du SPOP.
Enfin, en décembre 2008, elle reçoit une lettre,
qui lui pose trois questions, plutôt intimes. Elle se fend de
longues réponses, parle d'amour et d'avenir. Et continue
d'attendre. En février 2009, elle apprend par la bande que le
visa attend son mari à l'ambassade suisse de Dakar depuis trois
semaines. Personne n'a jugé bon de l'avertir. Modou va chercher
le visa, retourne à Banjul, monte dans l'avion, reprend sa place
dans l'appartement commun, trouve un travail. Happy end? "C'est
plutôt un départ à zéro", estime la jeune
mariée.
La vie de Modou n'était pas en danger en Gambie, comme
pour d'autres déboutés de l'asile. Il n'a pas subi de
pressions de sa famille ou de son entourage. "On a eu de la chance",
conclut Julie.
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AUSSCHAFFUNG
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Sonntagszeitung 1.8.10
Amnesty fordert Untersuchung einer brutalen Ausschaffung
Eine kurdisch-syrische Familie wurde in Chur wie Schwerverbrecher
abgeführt
Chur Die Gefangenen im Churer Gefängnis Sennhof waren
geschockt. Durch ihre Zellenfenster mussten sie am 14. Juli mit
ansehen, wie eine Frau und ein Mann gepackt wurden, wie ihnen ein Helm
und eine Gesichtsmaske übergestülpt und sie an Händen
und Füssen gefesselt wurden. Beide schrien. Ihre vier kleinen
Kinder standen daneben und weinten fürchterlich. "Dann hob ein
Polizeibeamter die Frau hoch und warf sie wie ein Spielzeug in den
Bus", berichtet ein Insasse der SonntagsZeitung. Zwei der Kinder seien
"wie Puppen" zu ihr in den Bus geworfen worden. Die anderen Kinder und
der Mann, der im Sonnenhof seit Monaten in Auslieferungshaft sass,
mussten in den zweiten Bus.
Diese Schilderung stützt neben dem kurdisch-syrischen
Ehepaar der katholische Gefängnisseelsorger Josef Erdin. "Ich bin
selbst nicht dabei gewesen", sagt Erdin. "Aber ich habe gehört,
dass es zu Szenen gekommen ist, die sich so niemals wiederholen
dürfen." Wohl auch, weil die Insassen lauthals protestierten,
Kaffeetassen und brennendes WC-Papier aus den Zellenfenstern warfen und
die Situation zu eskalieren drohte.
Amnesty International (AI) verlangt jetzt in einem Schreiben, das
der SonntagsZeitung vorliegt, Aufklärung von Regierungsrätin
Barbara Janom Steiner. Die Bündner Justizministerin, die
prüfen soll, ob das Vorgehen mit der Kinderrechts- und der
Folterkonvention vereinbar ist, weilt derzeit in China. Sie war deshalb
für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Laut Amnesty sind die Kinder schwer traumatisiert
Das Bundesamt für Migration (BFM) bestätigt, dass die
Frau beim Besuch des Mannes im Ausschaffungsgefängnis samt der
Familie gepackt und zwangsausgeschafft worden ist. Entgegen der
Schilderung der Gefangenen sagt BFM-Sprecher Michael Glauser,
Gesichtsmasken würden bei Level-IV-Ausschaffungen von Familien nie
verwendet. Die Helme hätten sie nur bei der Festnahme und beim
Einstieg ins Flugzeug in Belpmoos tragen müssen. Die 2- bis
7-jährigen Kinder hätten sich im Flugzeug frei bewegt.
AI hingegen sagt, die Eltern hätten keinen Augenkontakt mit
den schreienden Kindern aufnehmen können. Der Bündner
Fremdenpolizeichef Heinz Brand gibt zu, dass Eltern und Kinder im
Flugzeug getrennt waren.
Laut AI sind die Kinder schwer traumatisiert. Das
Zweitjüngste soll in Syrien tagelang die Nahrungsaufnahme
verweigert haben, worauf es ins Spital eingeliefert werden musste.
Die Ausschaffungshaft wäre in drei Monaten vorbei gewesen.
Laut "Südostschweiz" hätten sich Private der Familie annehmen
wollen. Jetzt lebt die Frau mit den Kindern bei ihrem Bruder. Den Mann
will er nicht beherbergen.
Schon vor der Einreise in die Schweiz hatte der Ehemann einen
schweren Unfall erlitten. Er ist auf Medikamente angewiesen. Die
Bündner haben ihm nur eine Minidosis mitgegeben. Zur medizinischen
Versorgung sei man nicht verpflichtet, so Brand.
Pascal Tischhauser
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NOTHILFE
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Rundmail 2.8.10
MIGROS-Gutschein Tauschaktion am Dienstag
Liebe Freunde
Wie ihr wahrscheinlich schon wisst, hat das Flüchtlingscafé
bis Ende
August (24.08.10) Sommerpause. Trotzdem werden wir diesen Dienstag,
den 3. August im Kasama (Militärstrasse 87a, ZH) von 10:00-15:00
Migros-Gutscheine tauschen.
Da sich seit Beginn der Pause ziemlich viele Gutscheine angesammelt
haben, wären wir diese Woche besonders froh um eine breite Abnahme.
Es würde uns also freuen, wenn die eine oder der andere Zeit
finden
würde am Dienstag vorbeizukommen.
Solidarische Grüsse
Flüchtlingscafé REFUGEES WELCOME
Verein Refugees Welcome
Postfach 1132
8026 Zürich
Email: refugees-welcome@immerda.ch
Mailing List: refugees-welome@list.immerda.ch
http://www.refugees-welcome.ch
PC-85-787217-5 (Spenden-Konto)
PC-85-706512-2 (Migrosgutschein-Konto)
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Sonntagszeitung 1.8.10
Nothilfekosten explodieren
Schuld sind immer mehr negative Asylentscheide
Bern Die Kosten der Nothilfe für abgewiesene Asylbewerber
steigen rasant. Während im Jahr 2008 für neue Fälle 9,5
Millionen Franken ausgegeben wurden, kosteten diese laut Monitoring
Sozialhilfestopp im vergangenen Jahr 17,4 Millionen. Insgesamt
verursachte das neue, seit 2008 geltende Regime 2009 29,5 Millionen.
Laut Bundesamt für Migration (BfM) bewirken "mehr negative
Asylentscheide und ein Anstieg der durchschnittlichen Bezugsdauer" den
Anstieg. Der Bund vergütet den Kantonen die Nothilfe mit einer
Pauschale pro Asylentscheid. Da viele Abgewiesene nicht ausreisen und
Nothilfe erhalten, gehen die Reserven zur Neige. "Die neue Pauschale
des Bundes wird zur Deckung der Kosten bald nicht mehr reichen", so der
Zürcher Sozialamtsvorsteher Ruedi Hofstetter. Der Kanton zahle
für die Nothilfe 9 Millionen aus der eigenen Tasche. "Die
Pauschale reicht für die Kantone gesamthaft gesehen aus", kontert
BfM-Sprecher Jonas Mon- tani. Die Kantone würden damit einen
Überschuss erzielen. Dies sei notwendig, damit die Kosten auch
künftig gedeckt werden könnten.
Joel Widmer
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BIG BROTHER
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Basler Zeitung 31.7.10
Vom Staat überwacht
Basel. Maya Heuschmann ist Mitglied bei Amnesty International und
setzt sich für kurdischstämmige Türken ein. Wegen ihres
Engagements wurde die Linksaktivistin vom Staatsschutz überwacht.
Erfahren hat sie davon erst im Zuge der Basler Fichenaffäre von
2008. Im Gespräch mit der BaZ erzählt sie von ihrer
Fichierung und von der Repression des türkischen Staats. >
Seite 27
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"Der Staatsschutz hat nichts gelernt"
Die Basler Linksaktivistin Maya Heuschmann wurde 2002 fichiert
Maria Krummenacher
Als Linksaktivistin ist Maya Heuschmann in den Fokus des
Staatsschutzes geraten. Mit der BaZ sprach sie über die
Fichierung, ihr Engagement für Kurden und darüber, dass sie
eigentlich lieber im Hintergrund bleibt.
Die Fichierung von sechs türkisch- und
kurdischstämmigen Basler Grossräten im Jahr 2008 liess Maya
Heuschmann (65) aufhorchen. Sie war in Erscheinung getreten als
Gründungsmitglied der privaten Städtepartnerschaft Basel und
Van, einer Stadt im von Kurden bewohnten Südosten der Türkei,
und als Aktivistin für kurdischstämmige Türken. Zudem
war sie im Zusammenhang mit ihrem Engagement bei Amnesty International
mehrfach in die Türkei gereist. Eine Fiche auf ihren Namen war
mehr als wahrscheinlich.
Maya Heuschmann sitzt an einem regnerischen Nachmittag im
Schmalen Wurf und erzählt von ihrer Fichierung. Für das
Treffen mit der BaZ hat sie das Traditionslokal am Rhein vorgeschlagen.
Sie fühle sich hier einfach wohl, sagt sie und bestellt einen
Espresso. Heuschmann war sich der möglichen Folgen einer
Fichierung bewusst. "Ich befürchtete aufgrund des Austauschs
zwischen den türkischen und schweizerischen Geheimdiensten
Repressionen in der Türkei", erklärt sie. Bereits einmal
wurde sie über Nacht an einem Checkpoint in kurdischem Gebiet
festgehalten. Ohne stichhaltige Begründung war ihr die Weiterreise
verwehrt worden. "Das war kein gutes Gefühl", sagt sie.
"Privilegierte Fichierte".
Als sie beim Dienst für Analyse und Prävention des Bundes
(DAP) um Auskunft über ihre Fiche bat, erfuhr sie, dass diese
bereits im Jahr 2002 angelegt und mittlerweile gelöscht worden
war. Der Eintrag stand im Zusammenhang mit einer Liste mutmasslicher
Linksaktivisten. Heuschmanns Reaktion auf den Bescheid des DAP: "Ich
bin keine mutmassliche Linksaktivistin. Ich bin tatsächlich eine."
Im ersten Moment habe sie der Fichierungsgrund amüsiert.
Doch bald sei die Belustigung grosser Entrüstung gewichen. "Es hat
mich wahnsinnig wütend gemacht, dass der Staatsschutz seit den
1980er-Jahren nichts dazugelernt hat", sagt Heuschmann. Sie ist in
Basel aufgewachsen und kennt viele, die fichiert worden sind. "Das
waren skurrile Zeiten", sagt sie. Meterlange Papiere mit den
geschwärzten Namen der Informanten seien ihren Freunden
ausgehändigt worden. Sie selber hat sich damals nicht nach einer
möglichen Fiche erkundigt. "Das kümmerte mich nicht", sagt
sie mit einem Lachen.
Heuschmann bezeichnet sich als "privilegierte Fichierte". Sie
steht nicht gerne im Mittelpunkt und möchte viel lieber über
andere als sich selber sprechen. Zum Beispiel über die Migranten,
deren Einbürgerungsverfahren sich wegen einer Fichierung
unnötig in die Länge ziehen, ohne dass sie über den
Grund informiert würden. Heuschmann begleitet diese Menschen auf
ihrer beschwerlichen Reise durch den Schweizer Bürokratiedschungel.
Schockiert von Folter
Seit März 2010 ist Heuschmann Länderkoordinatorin für
die Türkei bei der Schweizer Sektion von Amnesty International.
Auf ihren Reisen habe sie immer wieder erlebt, wie die Rechte und die
Würde von Menschen mit Füssen getreten werden. Besonders die
Folgen von Folter haben sie schockiert. "Mit Folter wird ein Mensch
gebrochen", sagt Heuschmann. Diese brutalste Form der Entwürdigung
dürfe nirgends geduldet werden. Mit Amnesty International hat sie
in der Türkei ein Rehabilitationszentrum für Folteropfer
besucht. Der Eindruck sitzt tief: "Was ich dort gesehen habe, hat mich
nie mehr losgelassen." Wenn Maya Heuschmann darauf von der Bedeutung
der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte spricht, sind
Gedanken an gönnerhaftes Gutmenschentum beim Zuhörer weit
weg. Nennt sie die Menschenrechte eine "riesige Errungenschaft", so ist
das keine Floskel, sondern eine simple Tatsache. Diese Frau ist keine
Missionarin.
Geheimer Name.
Heuschmanns Türkei-Reisen haben sie oft in kurdischdominierte
Gebiete geführt. Dort ist sie Zeugin von Repression des
türkischen Staates gegen kurdischstämmige Türken
geworden. "Der türkische Staat hat seine Versprechen
gegenüber den Kurden nie eingelöst", sagt Heuschmann.
Neben der Arbeit bei Amnesty leistet Heuschmann mit dem Verein
Städtepartnerschaft Basel-Van Hilfe im Kleinen. Im kurdischen Van
eröffnete der Verein eine Wäscherei sowie eine Teppich- und
Keramikwerkstatt. Den Namen der Wäscherei erwähnt Heuschmann
mit keinem Wort. Aus gutem Grund, wie die BaZ herausfand. Die
Wäscherei Maya ist nach ihr benannt und rückt Heuschmann
dorthin, wo sie eigentlich nie sein wollte: in den Mittelpunkt.
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SQUAT ZH
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Tagesanzeiger 2.8.10
Küsnacht für zwei Stunden ohne Strom
Huber Marius
Küsnacht - In weiten Teilen Küsnachts ging am
Freitagabend plötzlich gar nichts mehr. Ein Stromunterbruch genau
um 20 Uhr vermieste vielen den Fernsehabend und zwang sie zu einem
Alternativprogramm. Erst zwei Stunden später, die Sonne war
längst untergegangen und die Hauptsendezeit vorbei, gingen die
Lichter wieder an. Etwas länger dauerte es bei den
Strassenlaternen: Wer etwa auf der Seestrasse die Gemeindegrenze nach
Küsnacht überquerte, fand sich laut Zeugen schlagartig von
ungewohnter Dunkelheit umgeben. Schuld am Ausnahmezustand war nach
Angaben der Werke am Zürichsee ein Defekt an einer Leitung in
Itschnach, in der Nähe der besetzten Klinik St. Raphael. Die
Hausbesetzer hätten mit dem Vorfall aber offenbar nichts zu tun,
sagte Küsnachts Sicherheitsvorstand Arnold Reithaar (SVP) auf
Anfrage. (hub)
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Tagesanzeiger 31.7.10
"Lieber Hausbesetzer als Asylanten"
In der Nachbarschaft der besetzten Küsnachter Klinik St.
Raphael hält sich die Aufregung über die friedlichen
Neuzuzüger in Grenzen. Die Polizei war vor Ort und hält sich
vorderhand zurück.
Von Michel Wenzler und Patrik Berger
Küsnacht - Gestern Nachmittag im Hof der besetzten Klinik
St. Raphael in Küsnacht. Die Sonne scheint angenehm warm, es ist
ruhig. Von den zehn Besetzern, die sich in der Klinik einquartiert
haben (TA von gestern), ist nichts zu sehen. Nur ein Transparent deutet
darauf hin, dass die leer stehende Luxusklinik seit Mittwoch von einem
unbekannten Künstlerkollektiv bewohnt ist.
Plötzlich knirscht der Kies in der Einfahrt. Ein schwarzer
Range Rover mit dunklen Scheiben fährt im Schritttempo vor. Eine
blonde Frau um die fünfzig lässt die Scheibe runter und
schaut sich um. Ein Fenster öffnet sich im ersten Stock, ein
junger Mann lugt nervös heraus. Die Autofahrerin gibt sich als
Nachbarin zu erkennen. "Was ist denn hier los?", fragt sie den Sprecher
der Künstlergruppe, der einen weissen Arztkittel mit dem
Kliniklogo trägt.
Übers Wochenende toleriert
Der Hausbesetzer rückt nur spärlich mit Informationen
heraus. Die Klinik sei vom Collective Saint Raphael besetzt worden, man
wolle hier Wohn- und Arbeitsräume einrichten. Viel mehr ist dem
jungen Mann nicht zu entlocken. Er will nicht einmal sagen, ob die
Hausbesetzer Strom haben. "Wir leben einigermassen komfortabel", sagt
er lediglich.
Auch die Identität der Eindringlinge ist unklar. Gemäss
Küsnachts Sicherheitsvorstand Arnold Reithaar (SVP) blieb der
Polizei gestern der Zutritt zur Klinik weiterhin verwehrt. "Die Lage
ist aber entspannt, die Besetzer sind friedlich", sagt der Gemeinderat.
"Links-autonome Chaoten sind das nicht."
Die Gemeindepolizei beschränkt sich deshalb vorerst darauf,
die Situation über das 1.-August-Wochenende zu beobachten. "Das
Know-how, um das Haus zu räumen, hätten wir als
fünfköpfige Truppe ohnehin nicht", sagt Reithaar. Eine
Hausräumung geschehe nur in Absprache mit der Kantonspolizei. Und
solange sich die Anwohner nicht gestört fühlten, greife die
Polizei nicht ein.
Gestört fühle sie sich überhaupt nicht, sagt die
Frau im Range Rover. Im Gegenteil, eigentlich sei es gut, dass es
wieder Leben im Gebäude gebe. "Und Künstler sind mir lieber
als Roma oder Asylsuchende", sagt die Nachbarin. Wichtig sei ihr aber,
dass es ruhig bleibe. Bis jetzt war es das: Von der Hausbesetzung
selber hat die Frau nämlich nichts mitbekommen. Auch ihr
Gärtner, der mehrere Privatgärten im noblen Wohnviertel
pflegt, hat nichts bemerkt. Und die Hausbesetzer versprechen, dass es
weiterhin ruhig bleiben wird. Er habe keine Angst, dass die mediale
Aufmerksamkeit eine Schar Festfreudiger aus der Zürcher
Hausbesetzerszene anlocke, sagt der Sprecher der Künstlergruppe.
Besitzer verhandeln nicht
Das Collective Saint Raphael hofft, mit den Besitzern der Klinik
einen Zwischennutzungsvertrag auszuhandeln. Das Gebäude
gehört zu einem Teil der Zürcher Klinik Pyramide, zu einem
anderen Teil einer Gruppe von Belegärzten. Nach eigenen Angaben
stehen die Künstler mit den Eigentümern in Kontakt.
Dies dementiert Beat Huber, der Direktor der Klinik Pyramide.
"Weder der Verwaltungsrat noch die Geschäftsleitung wurden
kontaktiert", sagt er. Huber geht nicht davon aus, dass es zu
Verhandlungen kommt - geschweige denn, dass ein Vertrag abgeschlossen
wird. Wie es weitergeht, ist allerdings noch unklar. Am Montag kehre
ein Teil der Verwaltungsräte aus den Ferien zurück und werde
sich dann beraten. Bisher hätten sie sich noch nie mit solchen
Problemen herumschlagen müssen.
Überhaupt kommt es an der Goldküste nicht oft zu
Hausbesetzungen. Vor knapp drei Jahren hatten sieben Personen mit acht
Hunden ein leer stehendes Haus an der Seestrasse in Zollikon besetzt,
um für den Winter ein Dach über dem Kopf zu haben. Die
Polizei räumte das Haus umgehend, die Besetzer leisteten keinen
Widerstand. Ebenfalls in Zol-likon quartierten sich 1996 Studenten in
der verlassenen Blauen Villa im Dorfzentrum ein. Nach Ablauf des
Ultimatums, das ihnen der Besitzer gestellt hatte, zogen sie friedlich
von dannen.
Gemeinde vermutet Insider
Arnold Reithaar, seit acht Jahren Sicherheitsvorstand in
Küsnacht, kann sich dagegen an keine Hausbesetzung in seiner
Gemeinde erinnern. Er vermutet, dass bei der Klinik St. Raphael Insider
am Werk sind. "Das Gebäude liegt abgeschieden und ist nicht
einfach zu finden", sagt er. "Die Besetzer müssen die Liegenschaft
gut ausgekundschaftet haben." Vermutlich wussten sie Bescheid
darüber, dass die Klinik seit dem Sommer 2008 leer steht.
Ursprünglich war geplant, das Gebäude abzubrechen und einen
Neubau zu erstellen. Die Ärzte scheuten aber das finanzielle
Risiko.
---
Zürichsee-Zeitung 31.7.10
Küsnacht Besetzer wollen "verhandeln" - Eigentümer winkt ab
Künstler besetzen Privatklinik
Neuer Wirbel um die alte Klinik St. Raphael: Studenten nehmen das
zum Verkauf stehende Gebäude in Beschlag.
Anna Moser
Der Küsnachter Sicherheitsvorstand verbringt seine
Sommerferien zuhause. Zum Glück, denn unversehens ist er in diesen
trägen Juli-Tagen zum gefragten Mann geworden: Seit
Donnerstagmorgen muss sich Arnold Reithaar mit einer Hausbesetzung
mitten im Itschnacher Villenquartier befassen. Ein zehnköpfiges
Künstlerkollektiv hat die leer stehende Privatklinik St. Raphael
in Beschlag genommen. Die Gemeindepolizei sei von der Gruppe per Fax
informiert worden, berichtet Reithaar. Man habe sich "umgehend" ein
Bild von der Situation gemacht - ein vorerst beruhigendes Bild, wie der
SVP-Sicherheitsvorstand versichert: "Nichts erinnert an Hausbesetzungen
wie in Zürich mit Linksautonomen, die alles kaputtmachen."
Ringen um Denkmalschutz
Pikant ist: In ihrem Bekenner-Fax schreiben die Besetzer auch,
dass sie mit den Klinik-Eigentümern in Verhandlungen
bezüglich einer "Zwischennutzung" stünden. Dem widerspricht
auf Anfrage Beat Huber, Delegierter des Verwaltungsrats der Klinik St.
Raphael AG: "Wir verhandeln nicht mit Hausbesetzern." Man nehme aber
die Angelegenheit "relativ gelassen", betont Huber. Übers
Wochenende werde nichts unternommen, ausser dass ein Hauswart hie und
da zum Rechten sehe. Die Klinik St. Raphael gehört zur
Zürcher Pyramide-Gruppe. Bis vor anderthalb Jahren plante diese in
Küsnacht einen Neubau der medizinischen Luxusklasse. Dann ging das
Geld aus, und die Wirtschaftskrise brach herein. Seither wird für
das Areal ein Käufer gesucht. Die Situation ist verworren - denn
die Gemeinde Küsnacht, die sich selber für einen Kauf
interessiert, hat das Klinikgebäude im September 2009 unter Schutz
gestellt. Dagegen ist eine Beschwerde hängig. Seite 3
--
Küsnacht Zukunft der Klinik St. Raphael ist ungewiss - in
mehrfacher Hinsicht
Seilziehen um ein altes Gemäuer
Um die ausgediente Klinik St. Raphael wird es nicht ruhig: Nach
der umstrittenen Unterschutzstellung machen nun Hausbesetzer
Schlagzeilen.
Anna Moser
Man wähnt sich vor einer verlassenen toskanischen Villa -
oder im stillen Innenhof eines Klosters. Die sandfarbene Fassade zieren
schmale Fenster mit gelb-roten Butzenscheiben. Auf dem Dach wächst
Moos, auf dem Kiesplatz liegen Föhrennadeln. Doch wer näher
tritt, vernimmt Stimmen und erheischt gar hinter der massiven
Glastür einen Blick auf einen jungen Mann im Doktorkittel. Seit
über zwei Jahren ist hier, in der ehemaligen Privatklinik St.
Raphael in Küsnacht-Itschnach, kein Patient mehr ein- und
ausgegangen. Und der Mann in Weiss ist auch kein Arzt - sondern ein
Künstler.
Auf das Klopfen der Journalistin reagiert er kaum, gibt bloss
zurück: "Es kommt gleich jemand." Dann öffnet sich ein
Fenster im ersten Stock, ein Mann im hellblauen Polo-Hemd und ein
weiterer "Doktor" schauen heraus. Nein, auf Provokation hätten sie
es nicht abgesehen, beteuert der Wortführer in Hellblau. Das
augenfällige "Besetzt"-Transparent hätten sie nur angebracht,
damit niemand hier Einbrecher vermute. Nein, Namen könnten sie
keine preisgeben. Ja, sie seien eine Gruppe von Kunststudenten, etwa zu
zehnt, mit der Absicht, in der alten Klinik "zu wohnen und zu
arbeiten". Und ja, sie seien "irgendwie hier reingekommen". Er grinst,
fast verlegen, winkt und schliesst das Fenster.
"Das macht man so"
Wortkarg sind die Mitglieder des "Collective Saint Raphael", wie
sich die Gruppe laut einem Artikel des "Tages-Anzeigers" nennt. Die
Zurückhaltung hat einen Grund: Man will es sich mit den
Eigentümern der Klinik nicht verscherzen. Auf die Frage, weshalb
sie denn die entsprechenden Verhandlungen nicht vor dem Einzug
geführt hätten, gibt der Künstler-Anführer zur
Antwort: "Das macht man so bei einer Besetzung" - um jedoch gleich
anzufügen, dass sie nicht aus der einschlägigen Szene
stammten.
Die jungen Leute streben nach eigenen Worten eine
"Zwischennutzung" an. Denn die Klinik St. Raphael steht derzeit zum
Verkauf, nachdem ein aufwändiges Neubauprojekt zuerst jahrelang
durch Rekurse verzögert und dann an Geldmangel gescheitert ist.
Dass es zu einer vertraglich geregelten Zwischennutzung kommt, kann
sich Beat Huber, Verwaltungsrat der Klinik St. Raphael AG, allerdings
"fast nicht vorstellen". Denkbar sei eher, dass man den Besetzern eine
Kulanzfrist zum Verlassen der Gebäude einräume. Am Montag
soll sich der Verwaltungsratspräsident ein genaueres Bild der Lage
machen.
Polizei verstärkt Patrouillen
Laut dem Küsnachter Sicherheitsvorstand Arnold Reithaar
könnten die Eigentümer Anzeige wegen Hausfriedensbruchs
erstatten. Die Gemeindepolizei sei vorderhand "auf Stand-by" und
verstärke ihre Patrouillen im Hinterzelg. Man sei auch auf
Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen, was etwa die Nachtruhe
angehe. Ausserdem stellt Reithaar die Frage, die sich wohl viele
stellen: "Wie kommen die jungen Leute gerade auf diese Liegenschaft?
Steckt da mehr dahinter?" In der Tat bietet die Klinik, obwohl
leerstehend, einiges an Brisanz. Seit Januar 2009 versucht der
Verwaltungsrat das Land zu verkaufen. Künftige Nutzer wären
in ihren Plänen jedoch stark eingeschränkt, denn die 18 000
Quadratmeter grosse bebaubare Fläche liegt in der Zone für
öffentliche Bauten. Hinzu kommt, dass der Gemeinderat das
ehemalige Hauptgebäude, die "Villa Nager" aus dem Jahr 1938, unter
Schutz gestellt hat - gegen den Willen der Klinik-Verantwortlichen, die
dagegen Rekurs erhoben haben. Ein Entscheid der kantonalen
Baurekurskommission steht noch aus.
Auch die Gemeinde Küsnacht hat Interesse, das Klinikareal zu
erwerben. Konkrete Pläne liegen laut Reithaar keine vor. Rein
"prophylaktisch" wurden aber im diesjährigen Budget 30 Millionen
Franken für den Posten eingesetzt.
"Wir haben genug Schnauf"
Darauf angesprochen, äussert sich Beat Huber vorsichtig: Die
unerwartete Unterschutzstellung habe sich "eher negativ auf die
Motivation ausgewirkt", weiter mit der Gemeinde als mögliche
Käuferin zu verhandeln. Auch zu anderen Interessenten gebe es
"unverbindliche Kontakte". - Wie es längerfristig mit der alten
Klinik St. Raphael weitergeht, ist also völlig offen. Derzeit gilt
es vor allem den Rekursentscheid abzuwarten. Sicher ist für Huber
nur eines: "Wir haben genug Schnauf, um nicht an den Nächstbesten
zu verkaufen." Und nicht ohne Galgenhumor fügt er an: "Wir haben
Zeit - da muss man vielleicht auch mal eine Hausbesetzung riskieren."
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REVOLTE BS
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Sonntag 1.8.10
Versicherer wollen nicht mehr zahlen
Basler Gewerbeverband schlägt Alarm: Nach mehreren
Saubannerzügen hätten Gesellschaften angekündigt,
Schäden nicht mehr zu versichern
Von Daniel Ballmer
Weiterer Schreck für Gewerbetreibende: Werden Schäden
nicht mehr versichert, haben viele ein Problem. Der Gewerbedirektor
sieht auch den Staat in der Pflicht.
"Das wäre eine nackte Katastrophe", klagt Urs Welten. Noch
immer ist der Präsident von Pro Innerstadt geschockt über den
Saubannerzug vom Pfingstfreitag - und befürchtet noch Schlimmeres.
Innert Minuten hatten vermummte Chaoten zahlreiche Schaufenster in der
Freien Strasse zertrümmert. Schmierten antikapitalistische Parolen
und Kommunismussymbole an Fassaden. Schadensbilanz: rund 600000
Franken. Und das dicke Ende könnte für die Ladenbesitzer erst
noch folgen.
Denn der Basler Gewerbeverband schlägt Alarm: "Verschiedene
Versicherungsgesellschaften haben angekündigt, das Risiko
‹Glasbruch aufgrund von Dritteinwirkung› nicht mehr zu versichern",
schreibt der Verband an seine Mitglieder. Die Versicherer scheinen
endgültig genug zu haben: Der Zug der Verwüstung vom 21. Mai
war bereits der dritte in diesem Jahr. Schon am 1. Mai und an der
Anti-WEF-Demo kam es zu massiven Sachbeschädigungen. "Und wieder
zahlt das Basler Gewerbe!", ärgert sich der Gewerbeverband. Wegen
gestiegener Versicherungsprämien müssten viele
Detailhändler ihre Schaufenster selber berappen. Kosten: 20000 bis
30000 Franken.
Versicherer wollten die Leistung entweder ganz ausschliessen oder
nur noch gegen eine massive Erhöhung der Prämien oder mit
zusätzlichen Auflagen wie Sicherheitsglas anbieten,
präzisiert Gewerbedirektor Peter Malama. Von diesen Massnahmen
betroffen wären vorab kleinere Geschäfte. Bei den grossen
Ladenketten zeigten sich die Versicherungen kulanter. "Die massive
Prämienerhöhung wäre für viele kleinere Gewerbler
aber ein grosses Problem", betont Malama. "Dabei haben sie mit den
Demonstrationen gar nichts zu tun."
"Die Versicherer wollen eben eigentlich nur Kunden, bei denen
alles in Ordnung ist", ergänzt Welten. "Es ist wie bei den
Krankenkassen: Die versichern auch lieber gesunde Menschen." Eine
Schaufensterscheibe auf eigene Kosten zu ersetzen, könne aber
rasch zigtausend Franken kosten. Hinzu kämen grosse Umtriebe und
Einnahmeausfälle. Welten: "Was sollen wir denn tun? Sollen wir die
Läden zumauern?" Noch sei vereinbart, die Namen der betroffenen
Versicherungsgesellschaften nicht zu nennen, sagt Malama. Im Oktober
will sich der Gewerbeverband mit der Vereinigung der Basler
Versicherungsgesellschaften zu einer Aussprache treffen.
Als "paradox" bezeichnet der Gewerbeverband, dass Basel auf der
einen Seite Millionen für das Stadtbild und ein positives Image
ausgibt. "Andererseits aber werden aufgrund der von der Polizei
gepflegten ‹Verhältnismässigkeit› Gewaltexzesse,
Sachbeschädigungen und Störungen der öffentlichen
Sicherheit zugelassen", ärgert sich der Verband. "Mitten in diesem
Widerspruch steht das Basler Gewerbe, das den Schaden Mal für Mal
ausbaden darf." Die Basler Polizei aber wolle jeweils nicht zu
früh eingreifen, um nicht noch mehr Gewalt zu provozieren, weiss
Malama. "In Zürich greift sie viel rascher durch."
In der Pflicht sieht Malama hier auch den Staat, der viele Demos
"grosszügig" bewillige: "Kann der verantwortliche Veranstalter
für die Sachschäden nicht zur Kasse gebeten werden,
könnte künftig auch eine Staatshaftung zum Tragen kommen",
überlegt sich der Basler Gewerbedirektor. "Wenn der Staat
mitverantwortlich ist, wieso sollte er denn nicht subsidiär
für Schäden aufkommen?" Problematischer sei dies
natürlich bei unbewilligten Anlässen.
Nach dem Saubannerzug hatte die Polizei angekündigt, ihre
Präsenz zu verstärken. "Vorerst sind wir zufrieden mit dieser
Massnahme", sagt Welten. Die Situation habe sich bereits verbessert.
"Und auch die geplante Videoüberwachung dürfte dazu
beitragen, dass der Vandalismus eingedämmt werden kann." Noch in
diesem Jahr will das Justiz- und Sicherheitsdepartement die
Installation von Kameras an 20 neuralgischen Hotspots beantragen. "Die
guten Erfahrungen mit der Videoüberwachung in Trams lassen
hoffen", sagt Welten. "Ich hoffe, dass sich das Vandalismus-Problem
damit für uns erledigt."
--
Die Ermittlungen laufen nach wie vor
Rund zehn Wochen sind vergangen, seitdem Chaoten in Basels
exklusiver Shoppingmeile ein Bild der Verwüstung hinterlassen
haben. Von den Tätern fehlt nach wie vor jede Spur. Die
Ermittlungen laufen weiter. In Verdacht stehen sollen Linksautonome,
welche die Villa Sauvage neben der Bell AG in Beschlag genommen haben.
Details zum aktuellen Stand kann Markus Melzl von der
Staatsanwaltschaft Basel-Stadt keine nennen. "Auch die betroffenen
Geschäftsinhaber haben nichts mehr gehört", klagt Urs Welten.
Für den Präsidenten von Pro Innerstadt unbefriedigend: "Man
will wissen, ob es Verdächtige gibt." Auf Anfrage erhielten
Geschädigte im Rahmen der Strafprozessordnung Auskunft, versichert
Melzl. Sofern die Ermittlungen dadurch nicht gefährdet werden.
Denn noch geben die Behörden nicht auf: "Auch wenn ein Fall
zwischenzeitlich ad acta gelegt werden sollte, kann es im Zusammenhang
mit weiteren Ermittlungen plötzlich neue Hinweise geben." (db)
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ANTISEMITISMUS
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Sonntag 1.8.10
"Basler Fremdenpolizei war antisemitisch"
Die Historikerin Noëmi Sibold hat ein Buch über die
Geschichte der Basler Juden vor, im und nach dem Zweiten Weltkrieg
geschrieben
Von Bojan Stula
Mit ihrer Doktorarbeit "Bewegte Zeiten" ist die Nichtjüdin
Noëmi Sibold auf der Basler Bestsellerliste gelandet.
Noëmi Sibold, wieso hat es über 60 Jahre gedauert, ehe
die Juden in Basel dank Ihnen zu einer historischen Würdigung
gekommen sind?
Noemi Sibold: Es gab schon früher kleinere historische
Schriften aus den Reihen der jüdischen Gemeinde, doch blieb diesen
verständlicherweise eine grössere Öffentlichkeit
verwehrt. Für die lange Wartezeit einer Aussendarstellung gibt es
mehrere Gründe. Zum einen legt die Aktensperrfrist von 50 Jahren
stets eine natürliche Beschränkung auf. Zum anderen ist in
Basel erst in den 1990er-Jahren das Interesse an alltags- oder
sozialgeschichtlichen Darstellungen mit einem Fokus auf Minderheiten
erwacht. Gerade in Bezug auf die jüdische Geschichte war Professor
Heiko Haumann an der Uni Basel eine wichtige Triebfeder, später
Professor Jacques Picard.
Der frühere Präsident der Israelitischen Gemeinde
Basel, Alfred Goetschel, sagte einmal, seine Generation habe wie keine
andere im Ersten und im Zweiten Weltkrieg "bewegte Zeiten" erlebt. Das
ist auch der Titel Ihres Buches. Welches grundlegende Fazit konnten Sie
über die Basler Juden im Zweiten Weltkrieg ziehen?
Der aufkommende Antisemitismus und die Verpflichtung, die
Finanzierung und Organisation der jüdischen Flüchtlingshilfe
zu übernehmen, machte den Basler Juden ihre Aussenseiterrolle
bewusst - dies war eine sehr schmerzhafte Erfahrung. Doch da Basel seit
1935 von einer SP-Mehrheit in der Regierung geführt wurde, das
"rote Basel", lebten die Jüdinnen und Juden hier in einem
vergleichsweise angenehmen gesellschaftlichen Klima. Dies in deutlichem
Gegensatz zu anderen Kantonen.
Woran lässt sich dieses "angenehme Klima" festmachen?
Die jüdische Gemeinde Basels unterhielt gute Beziehungen zu
den SP-geführten Departementen, die Universität setzte sich
für ihre jüdischen Studierenden ein. Aber auch in den
bürgerlichen Parteien waren Juden vertreten, die sich als
integrierter Teil der Basler Gesellschaft verstanden. Man kann den
Quellen entnehmen, dass in Basel parteiübergreifend eine starke
Abneigung gegenüber dem Nationalsozialismus bestand. Dennoch
bedeutete die Ablehnung der von den Nazis propagierten Judenfeindschaft
nicht, dass man selber ganz frei von antijüdischen Ressentiments
war.
Wie reagierten die Basler Juden auf den aufkommenden
Antisemitismus und das Fröntlertum zu Beginn der 1930er-Jahre?
Zuerst gab sich das Abwehrkomitee der jüdischen Gemeinde
kämpferisch und wollte als Reaktion auf den Boykott jüdischer
Geschäfte in Deutschland am 1.April 1933 einen Gegenboykott
deutscher Geschäfte organisieren. Doch das ging dem Zentralorgan,
dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG), zu weit. Gegen
das Kampfblatt der Fröntler ging man mit juristischen Mitteln vor.
Als aber rechtliche Schritte scheiterten, zogen sich die Basler Juden
immer mehr zurück, vermieden ungewollte Öffentlichkeit,
demonstrierten aber gegen aussen Einigkeit und setzten sich so
gegenseitig unter einen hohen Konformitätsdruck.
Kurz vor und nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde auch
Basel von der Welle der jüdischen Flüchtlinge aus
Nazi-Deutschland erfasst. Sie beschreiben, wie das restriktive
Verhalten der Basler Fremdenpolizeizu schweren Konflikten führte.
Man kann eindeutig feststellen, dass die Basler Fremdenpolizei
eine antisemitische Politik betrieb. Jüdische Flüchtlinge und
auch Studierende wurden schikaniert, beispielsweise durch einen sehr
restriktiven Meldezwang. Man gab den Flüchtlingen durch zahlreiche
Auflagen und Beschränkungen zu jedem Zeitpunkt deutlich zu
verstehen, dass sie in Basel bestenfalls geduldet waren. Auch im
kantonalen Vergleich handelte die Basler Fremdenpolizei restriktiver
als anderswo.
War die antisemitische Haltung der Basler Fremdenpolizei
hausgemacht oder wurde sie von Bern gesteuert?
Sicher bestand ein eidgenössischer Einfluss. Allerdings
verfügen kantonale Behörden in einem föderalistischen
System über einen grossen Handlungsspielraum. Die Basler
Fremdenpolizei verteidigte ihre harte Haltung durch die exponierte
Grenzlage und die Nähe zu Nazi-Deutschland. Aber auch
bürgerliche Kreise forderten eine Beschränkung der
jüdischen Flüchtlingskontingente. Dies mit der
Begründung, die eigenen Juden vor einem Ansteigen der
antisemitischen Stimmung schützen zu wollen, wenn zu viele fremde
Juden ins Land kommen. Das war natürlich wiederum in sich eine
antisemitische Haltung.
Gab es Widerstand gegen die offizielle Flüchtlingspolitik?
Der Basler Gemeindepräsident Alfred Goetschel hat stets bei
den Behörden interveniert, wenn er von drohenden Abweisungen
jüdischer Flüchtlinge erfuhr. Allerdings ermahnte der SIG die
Basler Juden, nicht zu vielen Flüchtlingen in die Schweiz zu
verhelfen, um nicht die Betreuungskosten ins Unermessliche ansteigen zu
lassen. Die Finanzierung des jüdischen Flüchtlingswerks wurde
den Schweizer Juden aufgebürdet, welche diese dank der Hilfe von
amerikanischen Juden zustande brachten.
Sie beschreiben das Dilemma vieler Juden in der
Flüchtlingsfrage zwischen loyalem Schweizer Staatsbürger und
solidarischem Glaubensgenossen. Gab es diesen inneren Konflikt auch
nach der Staatsgründung Israels 1948?
Ja, sehr stark sogar. Auf der einen Seite stärkte die
Nachricht der Staatsgründung das jüdische Selbstbewusstsein,
vor allem auch in den Reihen der jüdischen Basler
Jugendorganisationen. Auf der anderen Seite wollten sich die
Repräsentanten der Gemeinde nicht dem Vorwurf der doppelten
Loyalität aussetzen. Man verstand sich in erster Linie als
Schweizer beziehungsweise als Schweizer Jude.
Wie reagierten die Basler Jüdinnen und Juden, als immer mehr
Nachrichten über die Gräuel der Schoah, der Judenvernichtung
durch die Nazis, durchdrangen?
In den Basler Quellen sind fast keine Reaktionen auf die Schoah
beschrieben. Man weiss aber, dass der SIG danach kämpferischer
auftrat. In den Reihen der jüdischen Jugendorganisationen machte
sich zum Teil Resignation breit.
Welche Ihrer Forschungsergebnisse haben Sie selber
überrascht?
Die starke Rolle, welche die jüdischen Basler
Jugendorganisationen im jüdischen Basel spielten. Diese war bisher
in der wissenschaftlichen Literatur unbekannt.
Und welches grundlegende Fazit können Sie über die
Basler Juden vor und während des Zweiten Weltkriegs ziehen?
Eine schwierige Frage. Wohl jenes, dass es in Basel kein
jüdisches Kollektiv gab. Die "Basler Juden" gab und gibt es nicht.
Von der jüdischen Gemeinde Basels hatte man bisher eher das Bild
eines Männervereins. Doch gab und gibt es neben der Gemeinde
zahlreiche andere Gruppierungen, und innerhalb der Gemeinde
vielfältige Haltungen. Zwar erfolgte ab 1933 eine Sammlung der
Kräfte im Kampf gegen den Antisemitismus. Dabei traten
persönliche Differenzen vorübergehend in den Hintergrund.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg brachen aber all diese Konflikte
wieder auf.
Zum Beispiel?
Es gab einen schweren Konflikt über die politische Haltung
der Jugendorganisation Haschomer Hazair, der man - nicht ganz zu
Unrecht - Nähe zum Kommunismus vorwarf. Schliesslich strich die
Israelitische Gemeinde Basels die Subventionen an diesen Jugendbund.
Da nun eine Darstellung über diese Zeit vorliegt: Wie hat
die jüdische Gemeinde Basels auf die Veröffentlichung Ihrer
Dissertation reagiert?
Eine offizielle Stellungnahme habe ich bisher noch nicht
erhalten. Es gab vereinzelte Reaktionen von jüdischen
Privatpersonen, die überwiegend positiv waren. Vor allem ehemalige
Mitglieder der Jugendbünde haben mir dazu gratuliert, dass ihre
Geschichte endlich einmal erzählt wird.
Warum haben Sie sich als Nichtjüdin für so ein
spezifisches Thema interessiert?
Da haben verschiedene Gründe zusammengespielt. Nicht zuletzt
dieser, dass ich im Basler Staatsarchiv auf den frisch erschlossenen
Aktenbestand der Israelitischen Gemeinde aufmerksam gemacht worden bin.
Hatten Sie nie Angst, dass Sie als Nichtjüdin an diesem
Thema scheitern könnten?
Vor allem zu Beginn habe ich an mir gezweifelt, ob ich diesem
Thema überhaupt gerecht werden könne. Im Nachhinein hat es
sich aber vielleicht als Vorteil erwiesen, dass ich unbefangen an das
Thema herangehen konnte und mich nicht etwa aufgrund eines
persönlichen Familienschicksals mit dem Thema
überidentifiziert habe. Womit ich aber nicht sagen will, dass
nicht auch jüdische Historikerinnen ein solches Buch hätten
schreiben können.
Wie sind Sie mit dem Verkaufserfolg Ihres Buches zufrieden?
Ich war sehr erstaunt, als es plötzlich in den Top Ten der
Basler Bestsellerliste auftauchte. Offensichtlich spricht es gewisse
Leserkreise an, was mich sehr freut.
Und wie viel verdienen Sie daran?
Ich verdiene nichts am Verkauf meiner Bücher. Ich musste
aber auch nicht für die Druckkosten aufkommen. Ich hatte das
Glück, dass meine Darstellung vom SIG herausgegeben wurde, und
dieser den Druck finanziert hat.
--
Zur Person
Die 37-jährige Historikerin Noëmi Sibold wuchs in
Münchenstein auf, absolvierte ihre Schulzeit in Basel und
studierte an den Universitäten Basel und Bern Geschichte,
Politologie und Rechte. An der Uni Basel bekleidet die verheiratete
Mutter von zwei Töchtern die Stelle einer Wissenschaftlichen
Mitarbeiterin auf dem Dekanat der Philosophisch-Historischen
Fakultät. Von 2004 bis 2007 vertrat Sibold als SP-Grossrätin
den Wahlkreis Kleinbasel, ehe sie aus beruflichen Gründen aus dem
Basler Parlament zurücktrat. Ihre Dissertation "Bewegte Zeiten.
Zur Geschichte der Juden in Basel" ist in diesem Frühjahr im
Zürcher Chronos-Verlag in der Schriftenreihe des Schweizerischen
Israelitischen Gemeindebunds in einer Auflage von 600 Exemplaren
erschienen. (bos)
Das Buch
Die auch für Laien gut lesbare Darstellung über die
Geschichte der Juden in Baselist in der Buchhandlung Lüdin in
Liestalfür 48 Franken erhältlich.
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DROGEN
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Bund 2.8.10
Neue Debatte über die Legalisierung von Drogen lanciert
Fachgruppe des Bundes propagiert Straffreiheit auch für
harte Drogen und löst damit Kritik aus.
Daniel Friedli
Geri Müller ist begeistert. In einem neuen Leitbild für
die künftige Suchtpolitik der Schweiz schlägt eine vom Bund
beauftragte Expertengruppe vor, wofür der grüne Nationalrat
schon lange plädiert: die Entkriminalisierung aller Drogen und
damit den straffreien Konsum auch der heute illegalen Stoffe von Hanf
bis Heroin.
"Ein Public-Health-Ansatz verzichtet auf die gesundheitspolitisch
wenig hilfreiche Unterscheidung zwischen legalen und illegalen
Substanzen", heisst es im Bericht, den das Bundesamt für
Gesundheit (BAG) Anfang Juni von der Öffentlichkeit unbemerkt
vorgestellt hat. Stattdessen plädieren die Autoren für legale
Märkte, auf denen noch genauer zu bestimmen wäre, wer unter
welchen Bedingungen welche Substanzen kaufen oder verkaufen dürfte.
Rote Köpfe bei Bürgerlichen
"Das ist eine kohärente Suchtpolitik, die alle psychoaktiven
Substanzen und auch anderes Suchtverhalten umfasst", sagt Co-Autor
François van der Linde. Bei den Bürgerlichen sorgt das
Konzept freilich für rote Köpfe. "Das ist chancenlos",
ärgert sich CVP-Nationalrätin Ruth Humbel, die sich gegen
eine "Verharmlosung" von harten Drogen wehrt.
Auch SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler kann die
Offensive der Experten aus den eidgenössischen Kommissionen
für Alkohol-, Drogen- und Tabakfragen nicht verstehen. Die
Süchtigen wollten nichts als weg von den Drogen, da sei deren
erleichterte Abgabe sicher der falsche Weg. Zumal das Volk schon die
Entkriminalisierung von Cannabis wuchtig abgelehnt habe.
BAG hilft mit bei Umsetzung
Trotzdem scheint das BAG gewillt, dem neuen Konzept Leben
einzuhauchen. Es will mithelfen, das Leitbild nun zu vermitteln, zu
vertiefen und zu verankern. Dazu werden alle betroffenen Akteure in die
Diskussion einbezogen. Und laut François van der Linde sollen
sich bald Arbeitsgruppen an die Umsetzung der einzelnen Punkte machen.
- Seite 6
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Entkriminalisierung vom Hanf bis zum Heroin
Eine Expertengruppe unter Führung des Bundes will in der
Drogen- und Suchtpolitik neue Wege einschlagen.
Daniel Friedli
Pascal Strupler wählte ein Bild aus dem Fussball, um die
Richtung vorzugeben. "Das ist eine Steilvorlage", sagte der Chef des
Bundesamtes für Gesundheit (BAG), als er Anfang Juni vor Experten
das neue Leitbild "Herausforderung Sucht" präsentierte. Und wie
steil dieser Pass ist, den eine Gruppe von Fachleuten mithilfe und im
Auftrag des BAG da spielt, zeigt sich daran, dass man nichts weniger
als "grundsätzlich neue Regulierungsfragen" diskutieren will.
Die grundsätzlichste dieser Fragen ist dabei wohl jene, die
am heutigen Verbot von harten Drogen rüttelt: "Das suchtpolitische
Handeln (…) verabschiedet sich von einer vereinfachenden Unterscheidung
zwischen legalen und illegalen Substanzen", lautet der Leitsatz dazu.
Denn der Verzicht auf einen legalen Markt rechtfertige sich auch bei
sehr gefährlichen Stoffen nur dann, wenn Minderjährige so
wirksamer geschützt werden könnten. Und dies wiederum sei nur
möglich, wenn das Verbot das Drogenangebot weitestgehend reduziere.
Da dies heute nicht der Fall ist, läuft das Leitbild, wie
Co-Autor François van der Linde erklärt, faktisch auf die
Entkriminalisierung aller Drogen hinaus - vom Cannabis bis zum Heroin.
"Verbote im Sinne des Strafrechts bringen nichts", sagt der
Präsident der Eidgenössischen Kommission für
Drogenfragen. Vielmehr erschwere es die Illegalität, die
Qualität der Substanzen zu kontrollieren und die Süchtigen
für eine Therapie zu erreichen. Stattdessen plädiert van der
Linde dafür, die Suchtpolitik auf die tatsächliche
Problemlast auszurichten, die nun einmal bei legalen Suchtmitteln
höher sei als bei illegalen. Dazu möchte er die
Verfügbarkeit der Stoffe generell durch einen Markt regeln, in dem
der Konsum nicht verboten, das Angebot aber je nach Substanz
unterschiedlich eingeschränkt ist: für harte Drogen wie
Heroin oder Kokain strikter als etwa für Hanf. Für diesen
kann sich der Chef der Steuerungsgruppe für das Leitbild etwa das
holländische Modell der Coffee-Shops vorstellen, in denen Hasch
gekauft und konsumiert werden darf. Oder eine staatlich kontrollierte
Abgabe, wie sie das Stadtzürcher Parlament in einem Versuch
getestet haben möchte.
Umgekehrt heisst dies für die Experten, dass die Hersteller,
Händler und Verkäufer von Suchtmitteln stärker in die
Verantwortung zu nehmen sind. Sie sollen vom Gesetz zu einer engeren
Steuerung von Angebot und Nachfrage verpflichtet werden. Laut Co-Autor
Bruno Erni, dem Präsidenten des Fachverbandes Sucht, denkt man
dabei in erster Linie an Tabak und Alkohol - und an Massnahmen wie etwa
staatliche Mindestpreise. Darüber hinaus soll das Leitbild aber
für alle Suchtmittel gelten, also auch für Medikamente,
Doping oder Glücksspiele. Auch ihr Missbrauch soll als Krankheit
anerkannt und durch den Aufbau eines integrierten Angebots zur
Früherkennung, Beratung und Unterstützung beim Ausstieg und
der sozialen Wiedereingliederung behandelt werden. Und zwar auch dann,
wenn dies zusätzliche finanzielle Mittel erfordere.
Angst um die Jugend
So weit der Pass, für den die Gegner freilich bereits die
Abwehr in Stellung bringen. "Die Entkriminalisierung ist der falsche
Weg", sagt SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler. Das
Konsumverbot sei heute für viele Menschen ein entscheidender
Grund, die Finger von Drogen zu lassen. Bei einer Entkriminalisierung
würde diese Hemmschwelle sinken. Die Berner Polizistin bezweifelt
auch, dass mit einem legalen Markt der schwarze Markt zu besiegen
wäre. Sie befürchtet vielmehr, dass die Dealer dann noch
aggressiver die Jungen bedrängen würden, für die der
Zugang zum Stoff ja verboten bliebe. Zudem wehrt sie sich dagegen, jede
Sucht per se als Krankheit zu definieren. Dies hätte letztlich zur
Folge, dass die ohnehin schon stark belasteten Prämienzahler auch
noch für die Abgabe von Kokain oder Hasch bezahlen müssten.
Mit dieser Skepsis ist Geissbühler nicht allein. Andere
bürgerliche Parlamentarier verweisen darauf, dass das Volk erst im
November 2008 das Betäubungsmittelgesetz bestätigt und sich
damit auch für eine Repression mit abschreckenden Strafen
ausgesprochen habe. Für die Autoren des Leitbilds besteht darin
indes kein Widerspruch zu ihrem Konzept. Auch dieses komme nicht ohne
Repression aus. Denn jemand müsse letztlich kontrollieren, dass
nur jene Suchtmittel kauften und verkauften, die dazu berechtigt
wären.
--
Drogenkonsum
Warten auf die Arbeitsgruppe
Auch der Bundesrat zeigte sich beunruhigt: Die Quote der
15-Jährigen, die bereits ein- oder mehrmals Heroin konsumiert
hätten, sei zwischen 2003 und 2007 von 0,6 auf 1,4 Prozent
gestiegen, antwortete er im Frühling auf eine Anfrage von
SP-Nationalrat Hans Widmer (LU). Der Prozentsatz der gleichaltrigen
Kokain-Konsumenten habe in der gleichen Zeit gar von 1,4 auf 3,2
Prozent zugenommen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) versprach
darum, es werde eine Arbeitsgruppe einsetzen, welche diesen Trend zur
Zunahme analysieren und bis Ende dieses Jahres Vorschläge für
politische Gegenmassnahmen ausarbeiten sollte.
Passiert ist seither indes nichts. Wie beim BAG zu erfahren ist,
hat sich die entsprechende Fachgruppe noch nicht konstituiert und hat
dementsprechend auch noch nie getagt. Auch mit allfälligen
Resultaten ist dieses Jahr nicht mehr zu rechnen. Die Experten wollen
dazu die ersten Zahlen aus der nächsten Monitoring-Periode
abwarten. Und diese werden frühestens für Mitte 2011
erwartet, heisst es. (fri)
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Kommentar
Mutig, aber riskant
Daniel Friedli
Es klingt nach einem kühnen Vorhaben, das die Drogenexperten
des Bundes da planen. Keine drei Jahre nachdem das Volk nur schon die
Entkriminalisierung von Cannabis wuchtig verworfen hat, gehen sie noch
einen Schritt weiter und propagieren in einem neuen Leitbild legale
Märkte für alle Drogen. Das mag - je nach Blickwinkel - mutig
bis realitätsfremd erscheinen, gleichwohl ist es sachlich richtig.
Die Schweizer Drogenpolitik krankt seit je an einem inneren
Widerspruch. Gegen harte Drogen wird mit dem Strafrecht hart
vorgegangen, bei weichen Suchtmitteln hält man sich mit Repression
zurück. Dabei fällt die tatsächliche Schadensbilanz
gerade umgekehrt aus: Unter dem Missbrauch von Alkohol, Tabak oder
Medikamenten leiden deutlich mehr Menschen als unter jenem von harten
Drogen. Auch der soziale und wirtschaftliche Schaden für die
Gesellschaft ist grösser. Trotzdem käme es niemandem in den
Sinn, Alkoholikern mit Gefängnis zu drohen.
Dies zeigt, dass die Schweizer Suchtpolitik zu sehr ideologisch
geprägt ist. Im Zentrum sollten die Süchtigen stehen, nicht
die Suchtmittel. Und diesen wäre mit einem kontrollierten, legalen
Markt besser geholfen. Die Entkriminalisierung würde es einfacher
machen, das Angebot zu kontrollieren, Süchtige zu erkennen und zu
therapieren und den Schaden zu mindern.
Politisch dürfte dies indes auf absehbare Zeit ein frommer
Wunsch bleiben. Zum einen, weil es einfacher und populärer ist,
mit Verboten Härte und Sicherheit vorzugaukeln. Zum anderen, weil
auch die heutige Politik trotz aller Inkohärenz nicht schlecht
funktioniert. Reformen erscheinen nicht dringlich, das Gute wird zum
Feind des Besseren.
Dies wissen auch die Autoren des neuen Leitbilds. Sie müssen
sich darum die Frage gefallen lassen, ob eine solche
Legalisierungsdebatte jetzt wirklich nötig ist - oder ob sie damit
nicht viel eher die kleinen Fortschritte gefährden, die zumindest
beim Hanfkonsum mit dem Übergang zu einem Bussensystem derzeit
vorbereitet werden. Denn leider ist in der aktuellen politischen
Konstellation die Gefahr gross, dass letztlich das Bessere zum Feind
des Guten wird.
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ANTI-ATOM
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Bund 2.8.10
Mühleberg-Abstimmung 2011
Noch ist offen, wie BKW werben wird
Der Energiekonzern soll sich am Abstimmungskampf beteiligen
können, sagt Regierungsrätin Simon.
Noch will sich der Energieversorger BKW nicht offiziell dazu
äussern, wie er den Bernerinnen und Bernern in den nächsten
Monaten sein neues Atomkraftwerk (AKW) schmackhaft machen möchte.
Diese Frage wird sich aber schon bald nach den Sommerferien stellen,
denn am 13. Februar 2011 dürfte im Kanton die konsultative
Abstimmung darüber stattfinden, ob das heutige AKW Mühleberg
ersetzt werden soll.
Nachdem die propagandistische Einmischung des Energiekonzerns in
einen Abstimmungskampf in der Waadt 2009 für Aufsehen gesorgt hat
(siehe Kasten), muss sich die BKW nicht zuletzt Gedanken über ihr
Budget machen und darüber, ob sie dieses bekannt geben sollte.
Zudem muss sie sich überlegen, wie ihre Kampagne den Vorwurf
unsachlicher Propaganda mit dem Geld der Stromkunden umgehen kann.
Hinter den Kulissen werden solche Fragen jetzt diskutiert. Über
Plakate, Flugblätter und Geld will BKW-Sprecher Antonio Sommavilla
aber noch nicht sprechen. Klar sei bisher lediglich, dass BKW-Leute
sich an Veranstaltungen für die Atomenergie aussprechen
würden. Die SP stellt schon jetzt eindeutige Forderungen. "Wir
wollen im Hinblick auf die Abstimmung keine BKW-Plakate und
Flugblätter sehen. Ferner dürfen keine BKW-Gelder in
Pro-Mühleberg-Komitees fliessen. Das verstehen wir unter
Zurückhaltung", sagt die Langenthaler Grossrätin Nadine
Masshardt. Die BKW dürfe überhaupt kein Geld der
Stromkonsumenten für politische Propaganda verwenden. Klare
Forderungen stellt Masshardt auch an den Kanton, im BKW-Verwaltungsrat
vertreten durch SP-Energiedirektorin Barbara Egger und
BDP-Finanzdirektorin Beatrice Simon: "Der Kanton sollte sich unseres
Erachtens im BKW-Verwaltungsrat dafür einsetzen, dass die
Grundsätze, an die sich der Konzern in Abstimmungskampagnen halten
muss, verschärft werden."
Egger weilt zurzeit in den Ferien. Simon - deren Partei betont
AKW-freundlich ist und deren Parteipräsident Urs Gasche auch als
BKW-Verwaltungsratspräsident amtet - sagt, sie trage die
Entscheidung der Regierung, das Verhalten der BKW vor Abstimmungen
unter die Lupe zu nehmen, "selbstverständlich" mit. "Ich halte
mich ans Kollegialitätsprinzip. Grundsätzlich ist es aber
sicher gerechtfertigt, dass sich die BKW am Abstimmungskampf beteiligt
und die Wichtigkeit eines neues AKWs für den Wirtschaftsstandort
Bern betont." Zur Frage, ob der Energiekonzern sein Propaganda-Budget
offenlegen sollte, meint Simon: "Generell ist es besser, wenn
Unternehmen proaktiv kommunizieren." Noch hat der BKW-Verwaltungsrat
die Arbeit am Papier zum Verhalten des Konzerns vor Abstimmungen nicht
aufgenommen. (sn)
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Der Fall Aareschutz-Initiative
Vor der Abstimmung über ein neues AKW Mühleberg lohnt
ein Blick zurück: wie die BKW 1993 in den Abstimmungskampf zur
Aare-Initiative eingriff , was ihr eine (folgenlose) bundesgerichtliche
Rüge eintrug.
Stefan Wyler
Wenn das Bernervolk demnächst seine Meinung zu einem neuen
Atomkraftwerk Mühleberg äussern darf, dann will, so hat sie
es angekündigt, auch die Bernische Kraftwerke AG (BKW) im
Abstimmungskampf mittun und für ihr AKW-Projekt werben (siehe
Zweittext). Die SP hat schon präventiv protestiert. Die
Diskussion, ob und wie weit ein Konzern, der mehrheitlich dem Staat
gehört, mit öffentlichen Geldern einen Abstimmungskampf in
eigener Sache führen darf, dürfte intensiv werden.
Unübersehbar sind dabei die Parallelen zu einer
Auseinandersetzung, die Mitte der 1990er-Jahre auf politischer und
juristischer Ebene den Kanton Bern bewegte: der Streit um die
Aareschutz-Initiative. Mit dieser wollten Naturschützer die
Aarelandschaft einem strengeren Schutz unterstellen - was umstrittene
Projekte wie den Ausbau des Grimselkraftwerks oder eine
Grundwasserfassung in der Belpau erschwert bis verunmöglicht
hätte. Die BKW, der Wasserverbund Region Bern und mehrere
öffentliche Elektrizitätsunternehmen führten eine recht
intensive Gegenkampagne.
Linke beklagt "Desinformation"
Die Berner Stimmberechtigten haben die Initiative am 26.
September 1993 mit 158 246 Ja zu 117 505 Nein deutlich abgelehnt.
Mehrere Initiativbefürworter klagten darauf, die BKW und ihre
öffentlichen Mitstreiter hätten mit ihrer irreführenden
Kampagne die Abstimmung unzulässig beeinflusst. Sie forderten mit
mehreren Beschwerden, das Resultat sei für ungültig zu
erklären und die Abstimmung sei zu wiederholen.
Beurteilen musste die Sache der Grosse Rat - und hier gingen
Linke und Grüne, die die Beschwerden gutheissen wollten, mit der
BKW hart ins Gericht. Die Polit-Werbung des Stromkonzerns sei "jenseits
aller Grenzen" gewesen, sagte der damalige SP-Präsident Jürg
Schärer, grüne Grossrätinnen geisselten die
"Angstmacherkampagne", beklagten "Desinformation": Es gehe nicht an, so
befand die Ratslinke, dass staatlich beherrschte Unternehmen mit
öffentlichen Geldern den Volkswillen beeinflussten. Der
Schriftsteller und Freie-Liste-Grossrat Ernst Eggimann sah durch die
Werbung des Stromkonzerns die Demokratie "unterhöhlt". Und er
sprach jene Frage an, die etlichen Leuten Unbehagen bereitete: den
Umstand, dass die BKW ihre Kampagne mit Mitteln bestritt, an die alle
Stromkunden beisteuern. Eggimann: "Ist es nicht absurd, wenn die
Befürworter der Initiative notgedrungen auch die Kampagne der
Gegner mitfinanzieren mussten? Ist es naiv, wenn ich noch meine, das
Heftchen ‹Strom› hätte nach demokratischen Verständnis beiden
Seiten gleich viel Platz für ihre Argumente zur Verfügung
stellen müssen?"
Das Muribad-Argument
Die bürgerliche Ratsmehrheit aber setzte sich durch und
lehnte die Abstimmungsbeschwerden ab. Sie hielt die Kampagne der
öffentlichen Stromproduzenten und des Wasserverbunds in
finanzieller Hinsicht für verhältnismässig, und sie
wollte auch die meisten umstrittenen Propaganda-Aussagen nicht
beanstanden. In zwei Punkten allerdings rügte auch die
Grossratsmehrheit die parastaatliche Gegnerkampagne. Ausdrücklich
kritisierte sie dabei das umstrittenste Argument der Initiativgegner:
In einem Bild-Bericht in der Kundenzeitschrift "Strom" hatte die BKW
behauptet, bei strenger Auslegung der Aare-Initiative müssten auch
Freibäder wie das Muribad oder das Aarebad Münsingen
"entfernt" werden. Hier habe die BKW die Grundsätze der
Sachlichkeit und der Zurückhaltung verletzt, zu der sie als
halbstaatliches Unternehmen in ihrer Informationstätigkeit
verpflichtet sei, urteilte der Grosse Rat. SVP-Grossrat Hermann
Weyeneth hatte sich vergeblich gegen diese "Schein-Verurteilung dem
politischen Frieden zuliebe" gewehrt.
Im Endergebnis aber lehnte die Grossratsmehrheit die Beschwerden
ab: Die Stimmberechtigten, so argumentierte sie, seien insgesamt
durchaus in der Lage gewesen, die Argumente von Befürwortern und
Gegnern und auch die beiden unsachlichen Aussagen von BKW und
Wasserverbund "richtig einzuordnen". Und: Die Möglichkeit, dass
die Abstimmung ohne diese Mängel anders ausgefallen wäre,
erscheine angesichts der grossen Differenz zwischen Ja- und
Nein-Stimmen als "derart gering, dass sie nicht in Betracht kommt".
Mehr Kritik aus Lausanne
Die Initianten zogen den Fall ans Bundesgericht. Und dieses
äusserte sich in seinem Urteil im Mai 1995 in mehreren Punkten
strenger gegenüber der Kampagne der BKW und ihren Mitstreitern als
der Grosse Rat: So taxierte es mehr als nur zwei Behauptungen als
"unsachlich" und "falsch". Die Bundesrichter aber befanden, die
kritisierten Unwahrheiten wögen "objektiv nicht schwer"; sie seien
"bei unvoreingenommenem Vergleich mit der Propaganda der
Befürworter als teilweise unsachlich zu erkennen" gewesen.
Kritischer als der Grosse Rat wertete das Bundesgericht das
finanzielle Engagement der BKW und ihrer öffentlichen Mitstreiter.
Diese hatten mit rund 250 000 Franken etwa gleich viel ausgegeben wie
das Initiativkomitee. Allein die BKW hatte drei Inserate über 100
Mal in 50 Zeitungen und Zeitschriften erscheinen lassen. Dazu das
Bundesgericht: "Die Beeinflussung der Meinungsbildung im
Abstimmungskampf ist in einer Demokratie grundsätzlich den
Parteien, (privaten) Organisationen und Interessierten, ihren Komitees,
der freien Presse etc. vorbehalten. Gemischtwirtschaftliche und
öffentliche Unternehmen dürfen zwar, wenn sie von der Materie
besonders betroffen sind, auf sachliche und zurückhaltende Art
ihren Standpunkt darlegen und allfällige von den
Abstimmungsgegnern verbreitete Fehlinformationen berichtigen. Die
Beschwerdegegner, die dem ideell ausgerichteten Initiativkomitee an
Finanzkraft weit überlegen sind, haben dessen Abstimmungskampagne
allein mit ihrer Gegenpropaganda etwa aufgewogen. Damit dürften
sie zu weit gegangen sein."
Nicht matchentscheidend
Am Ende aber wies auch das Bundesgericht die Beschwerden mit
demselben Argument ab wie der Grosse Rat. Zwar möchten, so erwog
es, die teils unsachlichen Argumente und "der beträchtliche
Einsatz finanzieller Mittel" einen gewissen Einfluss auf das
Abstimmungsergebnis gehabt haben. Es sei aber angesichts des sehr
deutlichen Resultats "äusserst unwahrscheinlich", dass die
teilweise unzulässige Einmischung für das Ergebnis
entscheidend gewesen sei.
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BKW-Propaganda
Die umstrittene Intervention in der Waadt
Rund 250 000 Franken hatten die BKW und andere öffentliche
Unternehmen 1993 im Kampf gegen die Aare-Initiative aufgewendet, was
dem Bundesgericht schon etwas gar viel schien. 250 000 Franken aber
(inflationsbereinigt: rund 290 000 Franken) sind kein sonderlich
beeindruckender Betrag mehr, vergleicht man ihn mit den rund 500 000
Franken, die die BKW, die zu 52,5 Prozent dem Kanton Bern gehört,
letztes Jahr in eine Abstimmungskampagne im Kanton Waadt gesteckt hat:
Es ging um eine Konsultativabstimmung zur Verlängerung der
Betriebsbewilligung für das heutige AKW Mühleberg. Die
BKW-Intervention nützte allerdings wenig, die Waadtländer
votierten mit 64 Prozent Nein-Stimmen gegen eine verlängerte
Bewilligung für das AKW. (Der Bund hat diese später dennoch
gewährt.) Er habe nichts davon gewusst, dass die BKW mit 500 000
Franken im Waadtländer Abstimmungskampf involviert sei, schrieb
der Berner Regierungsrat kürzlich in seiner Antwort auf eine
Interpellation von SP-Grossrat Roland Näf. Er sei aber der
Ansicht, so hielt der Regierungsrat fest, dass "Unternehmen wie die
BKW, die mehrheitlich der öffentlichen Hand gehören, bei
Volksabstimmungen grundsätzlich keine Informations- und
Kommunikationsmassnahmen finanzieren" sollten. Der Regierungsrat
erklärte allerdings auch, er habe auf die als Aktiengesellschaft
privatrechtlich organisierte BKW "keine direkten
Eingriffsmöglichkeiten". Er wolle sich jedoch via Kantonsvertreter
im BKW-Verwaltungsrat für eine Überprüfung der
BKW-internen "Grundsätze zur Information bei Volksabstimmungen"
einsetzen. (sw)