MEDIENSPIEGEL 20.9.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo, DS)
- Reitschule bietet mehr: Müslümpo; Erich vs
Müslüm; Urnen-Zukunft; Massenauflauf; Polo Hofer-Song;
Altern;
- Hanfklau durch Police BE: Fuchs hetzt gegen Zaffaraya
- RaBe-Info 20.9.10
- Big Brother Video: Städt. Videoreglement-Forderung
- Stadtrat 23.9.10
- Ei der Revolution: 400asa mobilisiert gegen Stadttheater
- Alkitreff in Biel: Szene auf Walserplatz muss weg
- Drogen: (il)legale Sucht kostet
- Hungerstreik ÖkoanarchistInnen: Indymedia-Feature
- Anti-Atom:; Krebsstudie; Grossdemo Berlin; Wellenberg;
Aktienmärkte; Mühleberg2-Kosten; Uranconnection
Frankreich-Niger
----------------------
REITSCHULE
----------------------
Mi 22.09.10
19.00 Uhr - SousLePont - Südafrika Spezialitäten
20.00 Uhr - Rössli - Rhododendron (BE)
Do 23.09.10
19.30 Uhr - Kino - Erklärung von Bern
präsentiert: Water
makes Money, CH/F, Leslie Franke, Herdolor Lorenz, Jean Luc Touly, Marc
Laimé, Christiane Hansen und AQUATTAC
20.30 Uhr - Tojo - Plan B ist tot Das erste Musical von
Sans Cible!
21.00 Uhr - Rössli - WINO (St. Vitus/The
Obsessed/Spirit
Caravan/Shrinebuilder/USA) Solo & Acoustic Tour, Support: Darsombra
(USA) - Folk/Songwriting/Rock/Doom
Fr 24.09.10
20.30 Uhr - Tojo - Plan B ist tot Das erste Musical von
Sans Cible!
21.00 Uhr - Frauenraum - Tanzbar mit DJ Piccolina,
Standard und
lateinamerikanische Tänze
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock & Midilux present:
REDSHAPE &
DRUMS live (Present/D), Mastra & Sonax 400 live, First Season
(Bonzzaj/BE) - Techno, Minimal, House
Sa 25.09.10
20.00 Uhr - Frauenraum - Östrosteronia Part 1 "Trans
dich
glücklich", Gründungsparty Transgendernetzwerk Schweiz mit
"n?importe quoi" & "Drumilia", danach Disco
20.30 Uhr - Tojo - Plan B ist tot Das erste Musical von
Sans Cible!
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: CAUSE4CONCERN
(C4C Rec/UK),
Deejaymf (cryo.ch), VCA (Biotic Rec), Oliv (Loccomotion), Lewin
(drumandbass.ch) - Drumnbass
So 26.09.10
0-24 Uhr - ganze Stadt - Abstimmungssonntag "NEIN" zur
Anti-Reitschule-Initiative der jSVP - siehe Tagespresse und
www.reitschulebietetmehr.ch
11.00 Uhr - SLP/Vorplatz - Abstimmungsfest Reitschule:
Konzis & more
19.00 Uhr - Tojo - Plan B ist tot Das erste Musical von
Sans Cible!
20.00 Uhr - Rössli - Ira lee & Mattr aka little
eskimo jesus
(Can/CH)
Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch
---
kulturstattbern.derbund.ch 20.9.10
Von Nicolette Kretz am Montag, den 20. September 2010, um 07:00
Uhr
Kulturbeutel 38/10
Frau Kretz empfiehlt:
Der neue Wurf vom Trio Kämpf/Lenz/Urweider "Alice im
Ungerland” ab
Mittwoch im Schlachthaus, zu dem Olifr Maurmann, Patrick Abt, Simon
Hari und Greis die Musik machen, sowie der neue Wurf von den jungen
Sens Cible "Plan B ist tot" ab Donnerstag im Tojo, zu dem z.B. Trummer,
Evelinn Trouble, Valeska Steiner, Fabian Gutscher und Pascal Nater
Musik beigesteuert haben.
(...)
Herr Sartorius empfiehlt:
Einen Besuch in einem städtischen Stimmlokal Ihrer Wahl.
Die
Öffnungszeiten finden Sie hier.
http://www.bern.ch/leben_in_bern/stadt/abstimmungen/info/lokale/
(...)
---
Bund 20.9.10
Im roten Bereich
Bonaparte im Dachstock: Knallbunt, endklug, todschick,
arschcool.
Da stellt sich die Frage: Ist das noch Unterhaltung oder schon
Pornografie? Wahrscheinlich beides.
Christoph Lenz
Das war keine gute Idee mit dem Klebeband. Die
Tänzerin
hatte sich während des letzten Songs darin eingesponnen, von Kopf
bis Fuss. Und als die Musiker nach dem Schlussakkord die Bühne
verliessen, ist sie einfach vergessen gegangen. Blind, weil das
Klebeband auch ihre Augen bedeckt, und mit nacktem Oberkörper
steht sie auf ihrem Podest. Sie zuckt und zappelt, doch es ist
hoffnungslos - hier kommt sie nicht mehr heil raus. Jetzt, da die Musik
verstummt und die Freak-Show von Bonaparte beendet ist, sieht sie aus
wie ein Tier, das aus einem heissen Traum in die kalte Realität
gepurzelt ist: verloren, waidwund, wunderschön. Dann reisst sie
sich ein Haarbüschel aus.
So viel Drastik war selten. Bonaparte am Freitagabend im
ausverkauften Dachstock der Reitschule, das ist eine Fasnacht auf
Speed, ein Stelldichein der ADHS-Zombies, ein popkultureller
Bilderorkan, kurzum: die totale Reizüberflutung. Knapp zwei
Stunden dauert das Konzert. Genauso lange dreht diese Maschine im roten
Bereich. Rast- und atemlos hopsen die sieben Musiker und Tänzer
vom ersten bis zum allerletzten Takt über die Bühne. Alle
paar Minuten schlüpfen sie in neue Rollen. Bald tragen sie
Pferdeköpfe, Lampenschirme, Totenschädel und Computer auf
ihren Häuptern. Bald hüllen sie sich in barocke Anzüge,
in blütenweisse Seidenroben, in Affenkostüme. Und als die
Garderobe gegen Ende nichts mehr hergibt, tragen sie halt nichts ausser
Strapsen (die Männer), Spitzenhöschen oder einer
Rohrverkleidung aus Aluminium.
Eine Handvoll Ausrufezeichen
Es ist ein unfassbares Durcheinander: Marina Abramovic
dirigiert
Mummenschanz, die SM-Domina singt am Kindergeburtstag aus dem
proletarischen Liederbuch, und im Streichelzoo treffen sich die Tiere
zur szenischen Lesung aus dem surrealistischen Manifest. Too much?
Natürlich. Aber das ist erst der Anfang.
Der Conférencier dieser grotesken Schau, der Berner
Sänger Tobias Jundt, schleudert derweil nämlich seine Parolen
ins Publikum: "Anti Anti", "Boycott Everything", "Rave Rave Rave" und
so weiter. Jedes Gefühl ist total, Leerstellen gibt es nicht. Und
wo sie sich zufällig auftun, hat der Sänger noch eine
Handvoll Ausrufezeichen in der Hinterhand, um sie auszufüllen.
Eine Ahnung von Jugendunruhen liegt in der Luft, aber auch ein Hauch
Ballermann für Nachwuchsintellektuelle. Denn: So klug das immer
klingt, vom "No, I'm Against It!" zum "Und die Hände in die
Höhe" ist es nicht weit. Eigentlich nur eine Frage der Wortwahl.
Und wo die Wörter nicht weiterhelfen, da gibt es
immer noch
Zeichen. Natürlich kennen sich Bonaparte auch hier bestens aus. So
werden in dieser Supernova der Referenzen die Codes aus einigen Hundert
Jahren Kulturgeschichte zusammengesampelt. Von der Pest bis zum
digitalen Virus, von Beaudelaire bis Zappa, von Napoleon bis Che
Guevara. Das Ergebnis: ein veritabler Kultur-Porno. Was dieser uns
sagen will? Nichts, ausser: Party! Party! Party!
Echtes Fleisch, echter Schweiss
Aber diese Gedanken kommen erst später. Bei allem
Kulturplunder - im Dachstock wird doch hauptsächlich das Stammhirn
stimuliert, und zwar nach allen Regeln der Kunst. Die Band knallt ihren
Elektro-Clash-Garage-Rock auch nach 110 Minuten noch satt und wuchtig
aufs Parkett. Und die Sensation über diese sieben jungen,
schönen, halb nackten Körper auf der Bühne hat sich noch
immer nicht gelegt. Vielleicht ist dies die Essenz dieser Show und auch
der Grund dafür, dass Bonaparte unlängst als beste Clubband
im deutschsprachigen Raum ausgezeichnet wurden: Wir haben alles schon
gesehen - im Fernsehen und im Internet. Wie schockierend ist da das
Erlebnis von echtem Schweiss, echtem Fleisch und echtem Schmerz. Wer am
Ende noch steht, ist platt, leer und glücklich. So geht das:
Katharsis heute.
---
BZ 20.9.10
Bonaparte-Konzert
Die totale Party im Dachstock
Das Partyvolk war glücklich: Die Trashpunker von
Bonaparte
gönnten Füssen und Augen keine Minute Ruhe. Die Band um den
Berner Tobias Jundt bot im Dachstock der Reitschule ein Konzert,
perfekt wie ein Video auf MTV.
Am Ende. Ausgekotzt. Der gross gewachsene, schlacksige
Junge legt
den lustigen rosaroten Pelzhut ab. Der Schweiss läuft ihm
übers Gesicht. Das müde Mädchen schiebt sich die
schwarze Augenbinde wie eine Sonnenbrille ins gekämmte blondierte
Haar und sagt: "Geil!" Es ist nachts um viertel vor zwei, eben sind der
kleine verrückte Herr und sein Zirkus von der Bühne
abgetreten. Fast zwei Stunden lang hat er den tobenden Massen im
Dachstock der Reitschule keine Ruhe gegönnt. Das Wort "Bath", das
auf der Rückseite seiner Regentenjacke prangt, nähme man sich
in diesem Moment gerne zu Herzen: Ein Bad hätten hier alle
nötig.
Der kleine Mann ist der Kopf von Bonaparte; ein Berner
namens
Tobias Jundt, der in Berlin lebt und vor wenigen Jahren eine Band
gründete, die wilden, trashigen, unkonventionellen und farbigen
Elektropunk macht. Eben jene Musik, auf die sich die Massen des
vermeintlichen Untergrunds stürzen. Längst ist Bonaparte an
der Oberfläche angekommen - das Konzert in Bern war schon seit
einer Weile ausverkauft.
Zum Trost jener, die leer ausgingen, gaben Bonaparte am
frühen Abend ein Gratiskonzert in Berns Einkaufszone. Einige
Stunden später sieht man Tobias Jundt, bemalt mit schwarzem
Flecken rund ums Auge, am Zupacken. Der Bandleader packt beim Aufbau
mit an. Der hat es in sich. Dem Konzept der Band - wechselnde
Besetzungen, aufwendige Verkleidungen, aufreizende Tanzeinlagen und
wilde Freakshows - ist Bonaparte auch mit wachsendem Erfolg treu
geblieben.
"Do you want to party?"
Kurz vor zwölf ist es so weit: "Do you want to party
with
Bon-a-partee?", fragt ein Mensch mit Gitarre und einer riesigen
Affenmaske. "Yeeesss!" Man will. Und wie. Das Mädchen im Publikum
schiebt sich die Augenbinde über. Die Dragqueen auf der
Bühne, in weissem Feenkostüm und weisser Mähne, zaubert
Trauben aus ihrem Ausschnitt und füttert sie an die verzauberten
Kerle in der ersten Reihe. Unter der weissen Perücke wird sich
irgendwann eine wilde Kammfrisur zeigen. Der jetzt noch ins
Monsterkostüm Gehüllte mutiert zum Pferd, Insekt, reitenden
Kommandanten. Kein Ende in Sicht, immer ist da noch eine neue
Verkleidung.
Kaiser Bonaparte hält Hof
Die visuellen Eindrücke sind gewaltig, das Auge kommt
nicht
mit, die Beine bewegen sich im Rhythmus der treibenden Beats, und
Kaiser Bonaparte steht unbeeindruckt am Mikrofon und schreit dem Volk
weitere Hymnen ins Ohr. "Anti Anti", "I Can't Dance" und "Blow It Up",
alles einfach mitzusingende Hits des ersten Albums. "My Horse Likes
You", "Computer in Love" - nicht minder leicht mitzugrölende Songs
ab der neuen Scheibe. Dieses Konzert ist so perfekt und spannend wie
ein Video auf MTV.
Gesungen wird englisch, gesprochen gar nicht. Dass man in
Bern
ist, wird schliesslich bei der ersten Zugabe doch noch klar. "No, I'm
against it", singt Bonaparte. Und lässt ein Kartonschild mit der
Aufschrift "No on Sep. 26" auf der Bühne kreisen. Das Publikum
tobt. Schliesslich endet der Zirkus, wie er begonnen hat. "Do you want
to party with Bon-a-partee?" Na klar, etwas anderes ist ja gar nicht
möglich.
Marina Bolzli
---
20 Minuten 20.9.10
Bonaparte: Trashige Freak-Show in Bern
BERN. Einmal ist keinmal, muss sich die schräge
Bonaparte-Truppe gedacht haben, als sie am letzten Freitag die
Hauptstadt bespielte - und zwar gleich zweimal.
Am frühen Freitagabend lockten Bonaparte gut hundert
Fans
und Schaulustige ins Berner Ryffligässli: Auf der Terrasse des
Fizzen gaben die Trash-Punker ein kurzes, aber sehr eindruckvolles
Intermezzo. Wer nicht wusste, dass es sich dabei um die hippe Berliner
Band um den Berner Tobias Jundt handelt, muss gemeint haben, ein Zirkus
ziehe durch die Stadt. Denn ausgefallene Outfits und Kostüme waren
Programm. Neben der Band - in Napoleonjacken und Plüschmützen
- turnten etliche Artisten in ausgefallenen und zumeist sehr knappen
Kostümen über die Terrasse.
Gute fünf Stunden später stand die gesamte
Truppe
erneut auf der Bühne - im Berner Dachstock. Wer vom Gratiskonzert
im Ryffligässli schon beeindruckt war, dürfte später im
Dachstock wohl nicht mehr aus dem Staunen herausgekommen sein. Was sich
da auf der Bühne abspielte, war nicht einfach nur ein
schräger Gig - es war die reinste Freak-Show. Eine barbusige
Artistin, ein König im Leopardentanga, eine zerlumpte Marie
Antoinette und viele andere skurrile Gestalten belagerten zwei Stunden
lang die Bühne, während die Bonaparte-Jungs der pogenden
Menge einheizten. Ausgesprochen sehenswert!
Maja Hornik
---
Telebärn 18.9.10
Bonaparte in Bern
http://www.kyte.tv/ch/telebaern/bonaparte-in-bern/c=84713&s=1027360
--------------------------------------------------
REITSCHULE BIETET MEHR
---------------------------------------------------
kulturstattbern.derbund.ch 20.9.10
Von Gisela Feuz am Montag, den 20. September 2010, um 12:18 Uhr
Müslüms Po-Wackelung
Offenbar war am Samstag ganz Bern auf den Beinen. Auch der
Dachstock,
wo sich im Rahmen von "Reitschule beatet mehr" verschiedene Musiker aus
Bern sich für die Abstimmung vom nächsten Wochenende ins Zeug
legten, meldete ausverkauftes Haus. (Stimmmaterial ausgefüllt und
abgeschickt? Nicht? Dann wirds höchste Zeit!) Gemäss
Statusmeldung der Veranstalterin lief alles glatt und genau so, wie es
sollte. Etwa so wie Müslüms Po-Wackelung. An der gibt's
nämlich auch nichts auszusetzen.
---
Bund 20.9.10
Leserbrief Abstimmung über den Verkauf der Reitschule,
diverse
Artikel im "Bund"
Die Reitschule ist ein Stück Bern
Ich bin schon einiges älter als die meisten
Reitschule-Besucher/innen. Als ich vor 20 Jahren zum ersten Mal, noch
relativ jung, dieses Kulturzentrum besuchte, war ich magisch angezogen
von der Freiheit, von der chaotischen Schönheit, von der Vielfalt
der Angebote. Ich habe mich sofort verliebt in diesen Ort, wo man sein
kann, wie man ist. Wo bitte ist das heute sonst noch möglich?
Die Konzerte im Dachstock haben mich jedes Mal restlos
überzeugt. Der Ort ist so liebevoll eingerichtet. An der Bar nur
lachende, freundliche Gesichter, im Sous le Pont ganz feines Essen, im
Theater Leckerbissen der freien Kulturschaffenden, im Frauenraum Stille
und Musse, und dann einmal im Monat der Flohmarkt - wer könnte
sich diesem Zauber von Kunterbuntem entziehen?
In der Reitschule trifft sich der Arzt, der Manager mit
den
Freaks, den Suchenden, den Kreativen, dort ist es egal, wer man ist,
man geniesst zusammen das So-Sein. Immer wenn ich mit dem Zug
heimfahre, an der Reitschule vorbei, komme ich wirklich heim, in meine
Stadt mit meiner Reitschule. Es ist selbstverständlich, dass die
Reitschule so bleibt, wie sie ist. Immer im Wandel, immer
zeitgenössisch.
Marianna Mackay, Bern
---
Aargauer Zeitung 20.9.10
Ein neuer Anlauf zur Schliessung
Die Berner Reitschule soll geschlossen und verkauft
werden,
findet die SVP. Kulturschaffende wehren sich
Barbara Spycher, Bern
Am 26.September stimmt die Stadt Bern über die
SVP-Initiative "Schliessung und Verkauf der Reitschule" ab. Das
alternative Kulturzentrum soll an den Meistbietenden versteigert
werden, weil es "ein Hort von Gewalttätern und Drogendealern" sei.
Ob daraus ein Badetempel, ein Einkaufszentrum oder ein
Bürogebäude entstehen soll, lassen die Initianten offen.
Ausser SVP und FDP lehnen sämtliche Berner Parteien, inklusive
CVP, BDP und EVP, das Anliegen ab: Die kulturellen Freiräume
jenseits von Konsum und Kommerz seien wichtig für Bern. Die
bürgerlichen Parteien sehen aber Verbesserungspotenzial bei den
basisdemokratischen Strukturen der Reitschule: Die Stadt brauche klare
Ansprechpartner.
Es gilt als höchst unwahrscheinlich, dass die
Initiative
angenommen werden könnte. In den vier bisherigen Umnutzungs- und
Kreditabstimmungen hat sich das rot-grüne Bern stets hinter das
23-jährige Kulturzentrum gestellt. Im Sommer haben rund 20
Kulturschaffende von Züri West bis Stiller Has eine CD zur
Unterstützung der Reitschule herausgegeben. Kultstatus erreichte
daraus Müslüms Song "Erich, warum bisch du nid ehrlich?", der
sich an den Jung- SVP-Politiker Erich Hess richtet, einen der
Hauptexponenten der Initianten.
--
"Warum wosch du dMissständ nid gseh?"
Erich Hess will die Berner Reitschule an den
Meistbietenden
versteigern
SVP-Jungspund Erich Hess teilt gerne mit dem verbalen
Zweihänder aus - nun wird er selber Zielscheibe eines Songs.
Erich Hess hat etwas geschafft, was nur wenigen gelingt:
Ihm ist
ein Song gewidmet worden. Fast 300000 haben auf Youtube bereits
geschaut, wie Müslüm tanzt und singt: "Erich, warum bisch du
nid ehrlich? Erich, warum bisch du immer so aggressiv?" Das Lied spielt
auf die Aussagen des Jung-SVP-Politikers Hess an, wonach die Berner
Reitschule ein Hort von Terroristen, Krawallbrüdern und Dealern
sei. Deshalb will Hess das alternative Kulturzentrum an den
Meistbietenden versteigern.
Hess nimmt es gelassen, dass er von Müslüm
verhöhnt wird. Es gelte freie Meinungsäusserung. Jedoch sei
die Frage falsch gestellt: "Mir wird privat oft vorgeworfen, ich sei zu
direkt und zu ehrlich." Die Frage müsse lauten: "Erich, warum
bisch du so ehrlich?"
Hess fällt oft mit verbalen
Grenzüberschreitungen auf.
Das Berner Kulturzentrum Progr bezeichnete er als "Haus voller
Taugenichtse und Tagediebe", Asylbewerber hat er schon mit Ameisen
verglichen.
Im persönlichen Gespräch ist Hess höflich
und
bleibt selbst im schicken Nadelstreifenanzug sich selber: ein
29-jähriger Lastwagenfahrer und Politiker, im Emmental
aufgewachsen, der Alphorn, Schwyzerörgeli, Hackbrett und
Fahnenschwingen anderen kulturellen Darbietungen vorzieht. In der
Politik geht es rasch aufwärts mit Hess: Die letzten sieben Jahre
hat er im Berner Stadtparlament politisiert, jetzt wurde er ins
Kantonsparlament gewählt. Seit zweieinhalb Jahren ist er
Präsident der Jungen SVP Schweiz. Als solcher hat er auch schon
die Mutterpartei in die Knie gezwungen. Die SVP-Spitze hatte sich gegen
das Referendum gegen die EU-Personenfreizügigkeit ausgesprochen,
also sammelte Hess mit der Jungen SVP die nötigen Unterschriften.
Im Abstimmungskampf schwenkte die Mutterpartei dann auf seine Linie ein.
Mit der Abstimmung über die Reitschule dürfte er
keinen
Erfolg haben. "Ist diese Initiative Zwängerei oder
Selbstprofilierung, Herr Hess?" - "Weder noch", meint der Initiant.
Aber die Zustände in der Reitschule seien unhaltbar. Würde
sie geschlossen, "wird Bern nicht zu einer kulturellen Wüste",
findet Hess. Und fragt Müslüm zurück: "Warum wosch du
dMissständ nid gseh?" (spy)
--
"Warum bisch du nid ehrlich?"
Kult-Türke Müslüm setzt sich mit ganzen
"Herzeli"
für die Reitschule ein
Sein Solidaritätssong für die Reitschule hat
Müslüm zum nationalen Durchbruch verholfen. Sein Erfinder
Semih Yavsaner ist überrumpelt.
Nur die Augen erinnern an Müslüm. Der Schnauz
ist weg,
das rosa Jacket ist einem schwarzen gewichen, und wenn er spricht, ist
sein Berndeutsch akzentfrei. Semih Yavsaner (30) ist der Erfinder und
Interpret von Müslüm, der es in wenigen Wochen zu Kultstatus
brachte. Dabei war Müslüms erstes Lied "Erich, warum bisch du
nid ehrlich?" als Testlauf gedacht. Es erschien auf der CD gegen die
Reitschule-Schliessungs-Initiative und zielt auf deren Initianten,
SVP-Mann Erich Hess. Müslüms musikalischer Durchbruch war
erst für Weihnachten vorgesehen.
Doch dann kam alles anders: Müslüm, der
Türke mit
Akzent, farbigen Klamotten und grossem "Herzeli", singt sich in die
Herzen der Schweizer. Knapp 320000-mal wurde der Song auf Youtube
bereits angeklickt. Yavsaner wurde vom Hype überrumpelt, von den
Anfragen von Journalisten und linken Parteien, die Müslüm
für politische Anliegen gewinnen möchten. Doch Yavsaner will
nicht, dass Müslüm eine "Marionette für
SVP-unfreundliche Kampagnen" wird. Müslüm soll die Leute
stattdessen zu Weihnachten mit Müslüms Hauptsorge "Wo isch de
Liebe gebliebe?" beglücken.
Bis zur Abstimmung am 26. September aber engagiert sich
Müslüm noch für die Reitschule. Das alternative
Kulturzentrum ist Yavsaner ein echtes Anliegen. "In unserer
Gesellschaft ist vieles so gleichförmig - die Reitschule ist ein
wichtiger Gegenpol."
Was antwortet Yavsaner auf Erich Hess' Frage, warum er die
Missstände in der Reitschule nicht sehen wolle? Yavsaner genervt:
"Welche Missstände?" Müslüm hingegen antwortet gelassen:
"Zersch studiere, denn schubladisiere." Wieder übernimmt Yavsaner:
Wenn man Hess von "Terroristen" sprechen höre und die Reitschule
nur von aussen sehe, passe sie in diese Schublade. Aber: "Schaut
zweimal hin, macht euch ein eigenes Bild." Er stört sich an diesem
"Schubladendenken" der SVP. Bei der Reitschule, aber auch bei Kampagnen
gegen Ausländer. Das verletze die Gefühle vieler
Ausländer, weiss Yavsaner. Er ist auf dem Papier selber einer, hat
keinen Schweizer Pass, obwohl er in Bern aufgewachsen ist. "Aber hey,
wir lieben dieses Land genau gleich und geben uns Mühe, etwas
beizutragen." (spy)
---
20 Minuten 20.9.10
Gesagt
"Das alternative Kulturzentrum Reitschule ist ein
kreativer Pool,
in dem immer wieder Neues entstehen kann, eine sprudelnde Quelle von
Ideen."
Polo Hofer
Im "Sonntag" zur Initiative für die Abschaffung der
Reitschule.
---
swissinfo.ch 19.9.10
http://www.swissinfo.ch/ger/politik_schweiz/abstimmungen/Zukunft_der_Berner_Reitschule_an_der_Urne.html?cid=28360214
Zukunft der Berner Reitschule an der Urne
swissinfo
Ein rechtsfreier Raum oder ein Hort der alternativen
Kultur? Die
Reitschule polarisiert und belebt seit zwanzig Jahren die politische
Debatte. Am 26. September ist das Stadtberner Stimmvolk einmal mehr
aufgerufen, über die Zukunft des autonomen Kulturzentrums
abzustimmen.
Langsam fährt der Zug von Osten über den
Bahnviadukt
dem Berner Bahnhof entgegen. Die Reitschule, oder auch Reithalle
genannt, entgeht kaum den Blicken der Passagiere.Das imposante
Gebäude mit den Türmchen und dem atypischen Fachwerk ist von
oben bis unten mit Graffiti vollgesprayt.Ein Relikt aus der
Vergangenheit - an der Fassade, über dem unvermeidlichen Berner
Bären mit herausgestreckter Zunge, ist die Jahrzahl 1897 in Stein
gemeisselt und erinnert an die blühende Zeit der ehrwürdigen
Berner Reitschule.Die ursprünglichen Betreiber verliessen nach und
nach das Gebäude. Anfang der 1980er-Jahre wurde es zum ersten Mal
besetzt, im Sog der Zürcher Opernhauskrawalle vom Sommer 1980, als
die Jugendlichen dort für ein alternatives Kulturzentrum
kämpften.Die Behörden liessen 1982 die Reitschule
räumen, 1987 jedoch wurde sie definitiv besetzt und entwickelte
sich in der Folge zu einem der wichtigsten alternativen Kulturzentren
des Landes.
Fünfte Abstimmung
Sei diesem Datum ist die Reitschule in der
Bundeshauptstadt immer
wieder Gegenstand polarisierender Debatten. In den 23 Jahren des
Bestehens der Reitschule wurde die Berner Bevölkerung bereits vier
Mal über die Zukunft des Kulturzentrums zur Urne gerufen. Jedes
Mal ist die Abstimmung zu Gunsten der Reitschule ausgefallen.Am 26.
September müssen die Berner und Bernerinnen über die von der
Schweizerischen Volkspartei (SVP) lancierte Initiative, die eine
Schliessung und den Verkauf der Liegenschaft an bester Lage in Bern
verlangt, abstimmen. Für die Gegner ist die Reitschule nichts
weiter als eine Refugium für Krawallbrüder der extremen
Linken und Drogenhändler.Den Kampf gegen diesen "rechtsfreien"
Raum führt Erich Hess, 29 Jahre, Präsident der jungen SVP. Er
stammt aus dem Emmental und macht keinen Hehl aus seiner Vorliebe
für Alphorn, Schwyzerörgeli und Fahnenschwingen.Die
Reitschule soll nach seinem Willen und jenem der Initianten dem
Meistbietenden verkauft werden. Die zukünftige Nutzung bleibt
jedoch unerwähnt - ein Schwimmbad, ein Einkaufszentrum,
Büros?Die SVP wird in ihrem Kampf durch die lokale
Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) unterstützt, die über
Jahre vom bekannten Mitglied Kurt Wasserfallen geprägt war.Der
ehemalige Berner Polizeichef und eifrige Verfechter der "Null-Toleranz"
starb 2006. Er war der Erzfeind der Antifaschisten, die beschuldigt
wurden, die Reitschule als Basis für ihre gewalttätigen
Ausschreitungen zu missbrauchen.
Lokale Spannungen
Der bernische Sicherheitsdirektor, der Christlichdemokrat
Reto
Nause, lässt jedoch in der Lokalpresse verlauten, es gebe keinen
Grund zur Beunruhigung: "Die Zeit, als die gewalttätigen
Demonstranten die Reitschule als Rückzugsort benutzten,
gehört seit zwei Jahren der Vergangenheit an", betont er.Der
Dialog zwischen der Berner Polizei und den Betreibern der Reitschule,
die ständig von "polizeilicher Provokation" sprachen, habe sich in
den letzten Jahren verbessert, so Tom Locher, Mitglied der Mediengruppe
der Reitschule.Marco Giugni, Politologe an der Universität Genf,
stellt fest, dass die Spannungen im Zusammenhang mit autonomen Zentren
oft einen konjunkturellen Hintergrund haben und mit der lokalen Politik
verbunden sind. "In Genf hat der Druck der Behörden zu heftigen
Konflikten mit den Hausbesetzern und dem alternativen Milieu
geführt."Nüchtern betrachtet haben die meisten alternativen
Zentren seit dreissig Jahren einen Prozess der Institutionalisierung
durchlaufen. "Die Hauptsorgen fokussieren sich eher auf betriebliche
Probleme als auf die politische Mobilisierung", so Marco Giugni.Als
treffendes Beispiel erwähnt Tom Locher die Einführung eines
ausgeklügelten Schlüsselsystems: "Vor zwanzig Jahren konnte
jeder in der Reitschule herumspazieren, wie es ihm beliebte."
Drogenabhängige
"Seit dem Aufkommen der Antiglobalisierungs-Bewegung Ende
der
1990er-Jahre konnte rund um die Zentren eine politische Remobilisierung
festgestellt werden", unterstreicht Marco Giugni. Die
Anti-WEF-Demonstrationen in der ersten Hälfte der 2000er-Jahre
endeten regelmässig in einem Chaos rund um die Reithalle.Doch
nicht nur die politischen Aktivitäten führten zu
Kontroversen, sondern auch der Vorwurf, die Reithalle sei ein
Zufluchtsort für den Drogenhandel und -konsum.Der Mord an einem
Drogenhändler vor der Reitschule im August 2008 provozierte eine
heftige Diskussion in der Hauptstadt. Zu dieser Zeit nahmen die
Drogenabhängigen den Vorplatz des Kulturzentrums in Beschlag und
trugen zum "katastrophalen Bild der Institution" bei, erklärt Tom
Locher."Wir waren Opfer von Entscheidungen der Stadtregierung, die die
Drogenabhängigen aus dem Stadtzentrum verjagt hatten", so Tom
Locher weiter.Dank einem ständigen Dialog mit den
Drogenabhängigen und der Rückeroberung des öffentlichen
Raums vor der Reithalle, wo heute eine Bar betrieben wird und Konzerte
stattfinden, konnte das Problem eingedämmt werden, was sogar von
den Behörden anerkannt wird.
Führungen
In dieser Stadt, die seit 20 Jahren von einer
rot-grünen
Mehrheit regiert wird, sind die Chancen für einen Erfolg der
SVP-Initiative am 26. September eher gering. "Die Reitschule ist zu
einem Ausgehort geworden, der von mehreren Generationen von Bernerinnen
und Bernern geschätzt wird", erklärt Tom Locher.Daher
organisierte die Reitschule im Vorfeld der Abstimmung Führungen
mit dem Ziel, die verschiedenen kulturellen Angebote besser bekannt zu
machen. Dazu gehören Kino, Theater, eine Bibliothek mit
umfangreicher antifaschistischer, antisexistischer und anarchistischer
Literatur - und die Spezialitäten wie etwa der "Frauenraum", ein
Konzertraum von Frauen nur für Frauen.Und schliesslich ist da noch
der "Dachstock", der grosse Konzertsaal direkt unter den Dachbalken der
alten Reitschule, dessen Ruf weit über die Hauptstadt hinaus geht.
--
AUTONOME ZENTREN
Die meisten autonomen Kulturzentren entstanden in den
1980er-Jahren als
Folge der Jugendunruhen, die sich gegen das damalige
Kulturestablishment richteten.
Die heftigsten Demonstrationen gab es im Sommer 1980 in
Zürich,
als die jungen Leute ein autonomes Jugendzentrum (AJZ) forderten und
sich erbitterte Kämpfe mit der Polizei lieferten.
Diese Jugendunruhen führten zu einem Umdenken in der
Kulturpolitik
der Stadt Zürich, die sich mehr öffnete: Am 25. Oktober 1980
öffnete die Rote Fabrik als erstes autonomes Kulturzentrum der
Stadt ihre Tore.
Anschliessend wurde in mehreren Schweiz Städten der Ruf
nach
autonomen Zentren laut, die auch bewilligt wurden, ganz nach dem
Vorbild der Kaserne Basel und der Berner Reithalle.
Die Protestbewegung dehnte sich auch auf die Westschweiz aus:
Unter dem
Slogan "Lôzane bouge" gab es während zweier Jahren (1980-81)
Demonstrationen, bei denen es zu heftigen Auseinandersetzungen mit den
Lausanner Ordnungskräften kam.
Das AJZ Biel ist das älteste selbstverwaltete
Jugendzentrum, das
immer noch in Betrieb ist: Es entstand aus der 68er-Bewegung und
befindet sich in der Kuppel des ehemaligen Gaswerks der Stadt, wie
zahlreiche andere alternative Kulturzentren in der Schweiz auch.
REITSCHULE ODER REITHALLE
Das Gebäude der Reitschule (auch Reithalle genannt) wurde
1897
errichtet und diente zuerst als Reitschule und dann bis in die
1980er-Jahre als Lagerraum.
Zwischen 1981 bis 1982 entstand aus der Reitschule zum ersten
Mal ein
Kulturzentrum, bevor sie wieder geräumt wurde.
Nach der Zwangsräumung des Zelt- und Wagendorfes
"Zaffaraya" 1987
wurde die Reitschule im gleichen Jahr wieder besetzt und nicht mehr
"hergegeben".
Die Reitschule ist eines der wichtigsten autonomen Kulturzentren
der
Schweiz: Sie verfügt über ein Kino, ein Theater, eine
Druckerei, eine Schreinerei, verschiedene Bars und Konzertsäle
sowie eine grosse Mehrzweckhalle.
Das Kulturzentrum wird als Hauptort des politischen Protestes
der
extremen Linken betrachtet. Die Kritiker beschuldigen die Betreiber,
sich nicht genügend von der antifaschistischen Bewegung und der
Gewalt zu distanzieren, die am Rande von Demonstrationen in der
Hauptstadt immer wieder vorkommt.
--
Links
* Reitschule Bern
http://www.reitschule.ch/reitschule/index.shtml
* Initiative zur Schliessung der Reitschule
http://www.reitschulinitiative.ch/index.htm
* swissworld.org: Jugendunruhen der 1980er-Jahre
http://www.swissworld.org/de/geschichte/20_jahrhundert/jugendunruhen_der_1980er_jahre/
--
Zum Thema
* 31.05.2010
Im heissen Sommer 1980, als Zürich brannte
http://www.swissinfo.ch/ger/gesellschaft/Im_heissen_Sommer_1980,_als_Zuerich_brannte.html?cid=8968762
* 06.04.2008
Mai 68: Vor 40 Jahren auch in der Schweiz
http://www.swissinfo.ch/ger/Home/Archiv/Mai_68:_Vor_40_Jahren_auch_in_der_Schweiz.html?cid=6549054
--
Fotogalerien
Bewegte Zeiten, bewegende Bilder
Zürich, Sommer 1980: Bewegende Bilder aus bewegten Zeiten
von
Olivia Heussler.
http://www.swissinfo.ch/ger/multimedia/fotogalerie/Bewegte_Zeiten,_bewegende_Bilder.html?cid=8997852
---
furiousclarity.de 19.9.10
http://www.furiousclarity.de/?p=2738
Massenauflauf in Bern: Das Abstimmungsfest am 18.09. in und vor
der
Reitschule
Reitschule Bern
Auf dem Vorplatz der Reitschule steppt um Mitternacht der
Bär. Die
Tickets, die im Vorverkauf erhältlich gewesen sind, gingen
schneller weg, als man "SVP? Ach nee!” sagen konnte. Auch die
zweihundert Karten an der Abendkasse verpuffen aufgrund einer
unglaublichen Nachfrage innerhalb von wenigen Minuten.
Im Dachstock findet seit 22 Uhr das Abstimmungsfest "Reitschule
bietet
mehr” mit TOMAZOBI, THE MONSTERS, MANI PORNO, BAZE und vielen anderen
statt. Auch das Sous le Pont und das TOJO-Theater platzen aus allen
Nähten. Das Thekenpersonal an der Bar auf dem Vorplatz
stößt an seine Grenzen. Bereits um ein Uhr gibt es
draußen keine Getränke mehr.
Bereits acht Tage vor der Abstimmung der
"Anti-Reitschule-Initiative”
gehen die Berner auf die Straßen, um ihre Solidarität mit
diesem einzigartigen Ort zu bekunden. Wenn alle Sympathisanten
nächsten Sonntag wählen gehen, sollte der Plan von der SVP
ein weiteres Mal mit einem gewaltigen "Nein!” durchkreuzt werden.
Die Stimmung ist fabelhaft. Lange herrschte hier nicht mehr ein
solches
Treiben in dieser Größenordnung. Selbst die Kneipen in der
Umgebung sind voll. Um den Alkoholpegel halten oder steigern zu
können, weichen viele aus, die sich keinen Eintritt mehr in die
Reitschule verschaffe können. Die "IndieZone”-Party im ISC ist
vermutlich aus diesem Grund ebenfalls ausverkauft, weshalb sich ein
Gang ins Lorrainequartier anbietet. Der Stadtteil hat fatalerweise
seine Kantsteine hochgeklappt. Die Bewohner sind alle ausgeflogen und
dem Ruf der Reitschule gefolgt: Das Du Nord hat geschlossen. Das
Café Kairo hat geschlossen. Die Brasserie Lorraine hat
geschlossen. Trost gibt ein türkisches Lokal, in dem noch Bier und
Börek verkauft werden.
Um zwei Uhr erhält man im ISC wieder Einlass. Der Club
feiert in
diesem Jahr seinen 40sten Geburtstag. Happy Birthday auch von uns! Die
Sängerin von THE MONOFONES legt die üblichen Indieperlen auf.
Viele Typen tanzen um eine verhältnismäßig geringe
Anzahl von Frauen tollpatschig herum. Das Publikum ist an diesem Abend
ist überwiegend jung und uninteressant. Jeder, der etwas auf sich
hält und sich früh genug um Tickets gekümmert hat, ist
in der Reitschule. Schließlich ist dieser Ort unverzichtbar und
bietet mehr…
"…mehr Kultur, mehr Kino, mehr Musik, mehr Theater,
mehr Auseinandersetzung für eine bessere Welt und
mehr Utopien sowieso!”
Also:
NEIN zur Reitschule-Initiative am 26. September 2010!
Wir sehen uns beim Brunch.
(Christoph Parkinson)
---
Sonntag 19.9.10
"Nonsens kann jeden Sinn annehmen"
Polo Hofer und Balts Nill greifen mit dem einst
verschollenen
Song "Früehlig" in den Abstimmungskampf um die Reitschule ein
von Stefan Künzli
"Das ist nun schon die vierte oder fünfte Abstimmung
über die Reitschule", wettert Polo Hofer und spricht von einer
"Zwängerei". Es gehe den Initianten um den Berner SVP-Grossrat
Erich Hess nur um populistische Stimmungsmache. Denn die Initiative sei
absolut chancenlos. Für Polo ist das alternative Kulturzentrum
"ein kreativer Pool, in dem immer wieder Neues entstehen kann, eine
sprudelnde Quelle von Ideen". "Ich bin total für die Reitschule
und widme ihr deshalb den Song ‹Mir sy gäge Früelig›." Ein
Song mit einigem Hitpotenzial.
"Es wird Früehlig, bliib gschiider im Huus, duss isch
es
gfährlech, dBöim schlö uus."
"Es wird Früehlig und mir si degäge, mer si
für
Schnee, für Iis u für Räge."
"Mir schiesse mit Iiswürflel gäge dSunne, no het
de
Früehlig nid gwunne."
"Mir sy gäge Früehlig, dä schadet nume,
dä
Früehlig", singt Polo in dem Song, indem er die "populistischen
Betonköpfe und notorischen Neinsager um Initiant Hess erkennt.
Dabei war der ebenso absurde wie originelle, dadaistische
Text
eigentlich nicht fürdie Abstimmung um die Reitschule bestimmt. Er
stammt auch nicht von Hofer, sondern von einem gewissen Ueli Balsiger.
Besser bekannt als Balts Nill, bis 2005 die andere Hälfte von
Stiller Has und danach Reden-Schreiber von Moritz Leuenberger im
Präsidialjahr. Und vor allem: Der Song wurde schon 1983
aufgenommen, war aber verschollen und vergessen.
Wiederentdeckt wurde "Früehlig" von Polos
Sound-Engineer
Eric Merz im Rahmen einer Rettungsaktion für Songmaterial der
SchmetterBand. Wie Merz erklärt, wurde ein Grossteil der Songs
nämlich auf Bändern aufgenommen, die sich mit der Zeit selber
zerstören. Um die Songs für die Nachwelt zu erhalten, ist
Merz ins Archiv gestiegen. Dabei ist er auf den "Früelig"
gestossen.
Die Geschichte des Songs begann aber noch früher: in
der
Mitte der 70er-Jahre. Balts Nill erinnert sich an seine
"Jugendsünden" als Philosophiestudent und Journalist: "Mit meinem
Freund Michael Massini verfasste ich ab und zu Flugblätter. Wir
druckten sie und verschickten sie zum Teil per Post an irgendwelche
Leute - natürlich ohne Absender -, warfen sie auf unseren
nächtlichen Streifzügen in Briefkästen oder klemmten sie
unter Autoscheibenwischer."
"Es waren in erster Linie Nonsens- und Blödeltexte,
die die
Leute verwirren sollten", meint Nill. Die Texte waren aber klar
politisch motiviert, wie auch das Flugblatt "Der Frühling kommt",
das um 1976 entstanden sein muss. "Aber wir machten uns über beide
politischen Seiten lustig: die rechten kalten Krieger und ihre Sprache
sowie die linken Flugblattschreiber, die in unseren Augen sowieso immer
zu spät kamen", erklärt Nill.
Zum Songtext wurde "Der Frühling" erst 1983. Für
einen
Wettbewerb von DRS3 übersetzte Nill den Text in die Mundart,
packte ihn in Strophen, verschickte die Rohfassung anonym an den Sender
- und gewann. Polo hat den Song darauf mit seiner Band (Carlo Schuster,
Peter Schaller, Mauro Zompicchiatti, Thomas Wild, Hape Brüggemann)
vertont. "Eine historische Aufnahme, denn es ist der erste Song der
SchmetterBand", so Hofer.
Doch dann gab es Zoff. Nill und seine Chaostruppe Caduta
Massi
(die Vorläuferband von Stiller Has) wollten den Song selber
aufnehmen. Die Band löste sich aber zuvor auf. Der Song ging
vergessen, bis ihn Merz wieder aufstöberte.
Damals, in den frühen 80er-Jahren, bekam der Song
"eigentlich unbeabsichtigt" eine politische Stossrichtung. "Er passte
in die 80er-Bewegung mit seinem ‹Weg mit dem Packeis›-Groove der
Bewegten." Das Flugblatt, das ja einige Jahre zuvor geschrieben worden
war, hat den Stil vorweggenommen, der in der 80er-Bewegung aktuell
wurde.
"Wunderbar, wie sich dieser Nonsens dem Zeitgeist anpassen
und
wie ein Chamäleon die Farbe wechseln kann", freut sich Nill.
Gerade durch den Klimawandel werde der Song gegen den Frühling und
die wärmende Sonne "wieder topaktuell". "Er erlebt den dritten
Frühling", sagt Nill. Aber natürlich könne er auch im
Abstimmungskampf für die Berner Reitschule eingesetzt werden. "So
ist das mit dem Nonsens", erklärt Nill, "der kann jeden Sinn
annehmen."
Polo Hofer: Mir sy gäge Früelig, SoundService.
Erscheint am 20. Sept. als Download-Single. Polo Hofer: Rimix,
SoundService. 16 neu gemischte und restaurierte Archiv-Songs. Erscheint
am 1. Okt.
--
http://itunes.apple.com/ch/album/mir-sy-gaege-frueelig-rimix/id393780978
---
BZ 18.9.10
BERN, BABY, BURN
Früher, als ich noch jedes Wochenende zweimal in den
Ausgang
ging (liebes Leben, ist diese Phase wirklich vorbei?), war ich auch
jedes Wochenende in der Reitschule. Deshalb werde ich auch ein
kräftiges I love Reitschule in die Urne werfen.
Für Jugendliche ist das nämlich ein tipptopper
Ort.
Nicht nur wegen der Musik im Dachstock. Und weil halt alle dort sind.
Und weil man dort so viel raucht und trinkt und küsst und
konsumiert und sich dabei schön antikapitalistisch fühlen
kann.
Sondern ein wenig auch, weil Erwachsene die Reitschule
blöd
und/oder gefährlich finden. Dann müssen Jugendliche grad
extra hin, das ist quasi ihr Job.
Heute bin ich nur noch selten in der Reitschule. (Eben,
das
Alter!) Neulich am Flohmarkt. Es gab Ramsch und Kettensägen. Und
ein Gspänli erzählte mir: Wenn man dort sein Zeug verkaufen
will, muss man am Morgen um 4 Uhr vor dem Tor stehen und ellbögeln
wie verruckt, damit man einen guten Verkaufsplatz bekommt.
"Basiskapitalismus", nannte sie das. Uiuiui!
Sarah Pfäffli (28, sarah.pfaeffli@bernerzeitung.ch)
und
Fabian Sommer schreiben hier abwechslungsweise weiss auf schwarz, wos
in ihrer Stadt echt brennt. Sie aus Bern, er aus Biel.
---------------------
HANFKLAU
---------------------
20min.ch 20.9.10
http://www.20min.ch/news/bern/story/War-Hanf-als-Medizin-gedacht--12924118
Zaffaraya-Plantage in Bern
War Hanf als Medizin gedacht?
von Patrick Marbach - Nachdem ihre Hanfplantage aufgeflogen ist,
wehren
sich die Zaffarayaner: "Das Cannabis haben wir zum Teil aus
medizinischen Gründen angebaut."
"Wir haben es mit waschechten Dealern zu tun", erklärte
SVP-Grossrat Thomas Fuchs, als er die Polizei auf den Fall ansetzte (20
Minuten berichtete). "Diese Anschuldigungen sind aus der Luft
gegriffen", nervt sich Zaffaraya-Bewohnerin K. A.* "Niemals haben wir
mit Drogen Geld gemacht."
Das Cannabis sei zum Grossteil für den medizinischen
Gebrauch
vorgesehen gewesen. K. A. leidet unter Multipler Sklerose. "Nur dank
Cannabis bin ich arbeitsfähig und nicht auf Unterstützung
angewiesen." Auf ärztliche Empfehlung hin habe sie sich mit
weiteren MS- und Krebspatientinnen zur Selbsttherapie entschlossen und
den Hanf gepflanzt. "Weil wir befürchteten, dass uns ein Teil
gestohlen wird, haben wir es bei der angebauten Menge
übertrieben", räumt K. A. ein. Und natürlich hätten
sich auch andere Zaffarayaner am Hanf bedient.
80 Kilo nasse Stauden hat die Polizei im Hüttendorf
sichergestellt. Rund ein Viertel der Menge wäre getrocknet zum
Rauchen geblieben. "Mit dem Cannabis, das letzte Woche im Wankdorf und
in Bremgarten beschlagnahmt wurde, haben die Zaffarayaner nichts zu
tun", versichert K. A.
*Name der Redaktion bekann
--
Hanf als Medizin
Cannabis kann Symptome der Multiplen Sklerose lindern.
Wissenschaftliche Studien belegen therapeutische Effekte bei Schmerzen,
Spastik und Schlafstörungen. In der Schweiz darf aber kein
Arzt Cannabis verschreiben. Betroffene behelfen sich deshalb mit
Hanfprodukten, die illegal und schwer zu dosieren sind.
---
20 Minuten 20.9.10
http://www.20min.ch/news/bern/story/Kiloweise-Hanf-angebaut-und-gebunkert--25541393
Zaffaraya: Kiloweise Hanf angebaut und gebunkert?
BERN. Fast 200 Kilogramm Hanf hat die Kapo Bern
sichergestellt.
Brisant: Der grösste Teil stammt offenbar aus der
Hüttensiedlung Zaffaraya.
Zweimal hat die Kantonspolizei Bern letzte Woche bei
Outdoor-Hanfplantagen zugeschlagen und insgesamt fast 200 Kilogramm der
Droge sichergestellt. Die "Beute" wurde sogleich vernichtet. Was die
Polizei nicht bekannt gab, war der Fundort von rund 160 der 200
Kilogramm: im und neben dem Hüttendorf Zaffaraya, beim
Neufeld-Zubringer.
"Ein Skandal", schimpft SVP-Grossrat Thomas Fuchs, der die
Hanfplantage der Polizei bereits vor gut zwei Wochen gemeldet hatte -
"ohne dass diese reagierte". Erst nach einer privaten Anzeige sei
gehandelt worden.
Die Kapo schweigt dazu: "Details geben wir nicht bekannt",
so
Sprecher Stefan von Below gestern in "Sonntag". Wie kommuniziert werde,
habe der Untersuchungsrichter entschieden. Fuchs hingegen hat einen
schweren Verdacht: "Hier werden Kriminelle absichtlich geschützt."
Schliesslich gehe es in diesem Fall nicht mehr um eine kleine
Balkonplantage, sondern um Hanf im Wert von rund einer halben Million
Franken. "Wir haben es mit waschechten Dealern zu tun."
Die restlichen rund 40 sichergestellten Kilogramm Hanf
stammen
aus Bremgarten. NJ
---
Sonntag 19.9.10
Hanf-Razzia war im Zaffaraya
BERN 80 Kilogramm Hanfpflanzen und 76 Kilogramm Hanfstauden fand
die
Berner Kantonspolizei bei einer Razzia vor wenigen Tagen. Das hat sie
kommuniziert. Was sie jedoch verschwieg: Der Hanf wurde im
Zaffaraya-Dorf sichergestellt. "Mir erzählte jemand, dort gebe es
eine grosse Hanfplantage", sagt SVP-Grossrat Thomas Fuchs. Er habe die
Kantonspolizei informiert, doch es sei nichts geschehen. "Dann
erstattete eine Privatperson Anzeige." Das Zaffaraya ist ein
Gelände für "selbstbestimmtes Wohnen und Leben" in Bern. Was
die Polizei im Zaffaraya gefunden habe, "übertraf alles, was sie
erwartete". Das ist brisant, nur eine Woche vor der Abstimmung
über die SVP-Initiative, welche die Schliessung und den Verkauf
des umstrittenen Berner Kulturzentrums Reitschule an den Meistbietenden
fordert. Denn im Zaffaraya verkehre eine "ähnliche Klientel" wie
in der Reithalle, sagt Fuchs. Auf Anfrage will die Berner
Kantonspolizei nichts dazu sagen, wo der Hanf gefunden wurde. "Details
geben wir nicht bekannt", sagt Sprecher Stefan von Below. Der
Untersuchungsrichter habe entschieden, dass so kommuniziert werde.
Wegen der Abstimmung in einer Woche? Von Below: "Dazu äussere ich
mich nicht." Thomas Fuchs findet dafür nur ein Wort:
"Unglaublich." (att)
---
BZ 18.9.10
200 Kilo Hanf vernichtet
An drei Orten in Bern und Bremgarten hat die
Kantonspolizei
grosse Mengen Hanf sichergestellt und vernichten lassen.
Ende August und Anfang September hatte die Kantonspolizei
Bern
Hinweise aus der Bevölkerung bekommen, dass an der Berner
Neubrückstrasse im Raum Park & Ride Neufeld, beim Wankdorf und
in Bremgarten Hanfplantagen gefunden werden könnten. Die daraufhin
eingeleiteten Ermittlungen hätten dann dazu geführt, dass in
den letzten Tagen verschiedene Hausdurchsuchungen vorgenommen worden
seien, teilte die Kantonspolizei gestern mit.
In einem Garten in Bremgarten konnten 30 Kilogramm nasse
Hanfpflanzen und 10 Kilo getrocknete Pflanzen sichergestellt werden. Im
Raum Park & Ride Neufeld, wo sich auch die alternative Siedlung
Zaffaraya befindet, wurden zwölf Kehrichtsäcke mit
Hanfpflanzen (rund 80 Kilogramm) beschlagnahmt, im Gebiet Wankdorf
waren es 76 Kilogramm Hanfstauden, schreibt die Polizei. Die
Hanfpflanzen seien vernichtet worden, und weitere Ermittlungen seien im
Gang. Wo genau der Hanf sichergestellt wurde, wollte die Polizei auf
Anfrage nicht sagen.
pd/mm
---
police.be 17.9.10
Bern und Bremgarten: Hanfpflanzen sichergestellt
17. September 2010
pkb. Die Kantonspolizei Bern hat in den letzten Tagen in Bern
und
Bremgarten Hanfpflanzen in grösserem Umfang sicherstellen
können. Sie wurden der Vernichtung zugeführt.
Ende August und Anfang September 2010 hatte die Kantonspolizei
Bern
nach eigenen Feststellungen und Hinweisen aus der Bevölkerung
Erkenntnisse erhalten, wonach an der Neubrückstrasse im Raum P+R
Neufeld und Wankdorf in Bern und in Bremgarten, Hanfplantagen
angetroffen werden können.
Die daraufhin eingeleiteten Ermittlungen der Kantonspolizei Bern
haben
dann dazu geführt, dass in den letzten Tagen verschiedene
Hausdurchsuchungen vorgenommen wurden. In einem Garten in Bremgarten
konnten insgesamt 30 kg nasse Hanfpflanzen und 10 kg getrocknete
Pflanzen sichergestellt werden; im Raum P+R Neufeld betrug die
Sicherstellung zwölf Kehrichtsäcke mit Hanfpflanzen (rund 80
Kilogramm) und im Gebiet Wankdorf 76 Kilogramm Hanfstauden.
Die Hanfpflanzen wurden der Vernichtung zugeführt.
Weitere Ermittlungen sind im Gang.
Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland
(pf)
--------------------
RABE-INFO
---------------------
Mo. 20. September 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_20._September_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_20._September_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2020.%20September%202010
- Tag des Studienbeginns: Organisationen und Parteien buhlen um
die
Gunst der Studentinnen und Studenten
- Kopf der Woche: die Künstlerin Chantal Michel und ihr
Märchenschloss
Links:
http://www.uniaktuell.unibe.ch/content/news/2010/was_bei_studienbeginn_vom_kindheitstraum_bleibt
http://www.chantalmichel.ch
----------------------------------
BIG BROTHER VIDEO
----------------------------------
Bund 18.9.10
Stadtratskommission für Videoreglement
Stadt Bern - Der Gemeinderat soll in der Stadt Bern
Überwachungskameras installieren dürfen. Dieser Ansicht ist
die vorberatende Stadtratskommission für Finanzen, Sicherheit und
Umwelt (FSU). Die FSU hat dem Videoreglement, das der Gemeinderat
vorgeschlagen hatte, in ihrer Sitzung vom 13. September mehrheitlich
zugestimmt, wie die FSU in einer Medienmitteilung bekannt gibt. Der
Stadtrat wird am 21. Oktober über das Videoreglement befinden.
Gegen die Vorlage könnte zudem ein Referendum ergriffen werden.
Die FSU knüpft ihre Zustimmung allerdings an
Bedingungen.
Drei Jahre nach der Inbetriebnahme müsse der Gemeinderat
nachweisen, dass die Überwachungskameras die öffentliche
Sicherheit auch tatsächlich verbessern. Kann er dies nicht,
müssen die Kameras wieder entfernt werden. Zudem müsse er
eine Liste der Kameras publizieren, die auch Angaben über die
Betriebszeit und das Aufnahmefeld der Kameras enthält. Eine
Minderheit der FSU will Überwachungen in Echtzeit nur bei
Massenveranstaltungen zulassen. (st)
-------------------
STADTRAT
-------------------
Stadtratssitzung (Traktanden)
Donnerstag, 23. September 2010 14.00 Uhr und 16.30 Uhr
Sitzungssaal im Rathaus
NEUE LISTE///Die Stadtratssitzungen sind öffentlich
zugänglich (Besuchertribüne)////// Im Rahmen der
Stadtratssitzung findet von 1530 bis 16.15 eine Debatte des
Kinderparlaments statt
Traktanden
(...)
8. Dringliche Interpellation Luzius Theiler, Regula Fischer
(GPB-DA):
Gitterzaun zwischen Stadion Wankdorf und S-Bahnstation: Mehr oder
weniger Sicherheit? (SUE: Nause) 10.000209
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000209/gdbDownload
(...)
10. Kleine Anfrage Fraktion FDP (Philippe Müller, FDP):
Wildwest-Kapitalismus vor der Reitschule? (SUE: Nause) verschoben vom
16.09.2010 10.000203
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000203/gdbDownload
(...)
12. Motion Fraktion GB/JA! (Stéphanie Penher/Natalie
Imboden,
GB): Bollwerk, Schützenmatte und Zugangsachsen besser beleuchten
(TVS: Rytz) verschoben vom 09.09.2010 09.000386
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/09.000386/gdbDownload
13. Motion Fraktion GB/JA! (Cristina Anliker-Mansour, GB/Rahel
Ruch,
JA!): Keine sexistische und rassistische Werbung in der Stadt Bern
(TVS: Rytz) verschoben vom 09.09.2010 09.000387
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/09.000387/gdbDownload
-----------------------------------
EI DER REVOLUTION
-----------------------------------
Bund 18.9.10
Das Ei der Revolution
Theater ist lustig: Die Gruppe 400asa fordert in ihrem
Stück
"La Cérémonie" das Publikum auf, das Stadttheater mit
Eiern zu bewerfen. Dann kommt die Polizei und findet das nicht
besonders spassig.
Pia Strickler
Das Ziel heisst Stadttheater Bern. Dort, so verspricht
eine
eilends verschickte Pressemitteilung von 400asa, werde jedem Zuschauer
die Möglichkeit gegeben, seiner Haltung dem altehrwürdigen
Kulturtempel gegenüber einen sehr physischen und persönlichen
Ausdruck zu verleihen. Es wird auch gleich verraten, wie: mit Eiern,
die in einem "rituellen Akt an die Fassaden des Stadttheaters
geschmissen werden können - oder auch nicht". Eine
revolutionäre Geste soll es werden, und zwar gegen
bürgerliche Kultur, gegen das konservativ konzipierte
Stadttheater, gegen die Feudalstruktur - oder so ähnlich.
Chabrol am Zürichberg
Die mobile Theaterperformance (unter der Regie von Samuel
Schwarz) startet im Keller des Schlachthaus-Theaters. Eine Kaugummi
kauende Brünette kündigt ein Kasperlitheater an. Gespielt
wird die Kurzfassung von Claude Chabrols Film "La
Cérémonie", der Inspirations- und Titelquelle des Abends.
Die Geschichte rund um eine reiche Familie und ihr Dienstmädchen
spielt nun am Zürichberg, die Handpuppen und ihre menschlichen
Stimmen sind herrlich karikierend, und selbst ob des blutigen Endes
amüsiert man sich gut.
Während die Familiengeschichte läuft, werden die
Besucher nach und nach auf einen Audiorundgang geschickt. Nun sind
Wartezeiten nicht zu vermeiden: ein dramaturgischer Tiefpunkt. Aber
schliesslich hält man dann doch einen Walkman in Händen, die
Play-Taste darf gedrückt werden. Ein Rundgang durch Berns Altstadt
beginnt. Der Stimme auf dem Tonband folgend, wird man durch Gassen und
Lauben geschleust. Die Beschreibungen sind präzis und lassen einen
die eine oder andere Entdeckung machen. Übrigens ist es nicht
irgendjemand, der den Weg weist: Man hat es mit einem der fünf
Protagonisten aus Chabrols Film zu tun. Aber Melinda zum Beispiel ist
jetzt nicht mehr einfach die Tochter aus gutem Hause, sie ist nun auch
Teil eines chinesisch-schweizerischen Kulturprojekts. Wie im Film ist
sie ungewollt schwanger, diesmal von einem chinesischen
Künstlerkollegen. Fazit: Dumm gelaufen für Melinda, aber
irgendwie auch ein bisschen langweilig, diese Gesichte.
Saubere Fassaden
Irgendwann kommt man an einem Korb mit Eiern vorbei. Man
solle
eins mitnehmen und gut aufbewahren - die Revolution wird kommen!
Endlich dirigiert einen die Stimme zum Stadttheater. Jetzt darf werfen,
wer will. Am Boden liegen ein paar Eierschalen - man muss schon fast
eingeweiht sein in die subversiven Pläne, um sie zu sehen. An der
Fassade hängen Transparente, die zum Entern des Stadttheaters
aufrufen. Ein paar Polizisten spielen jetzt übrigens auch mit -
oder sind die echt?
Im Foyer des "bürgerlichen Kulturhauses" wird "La
Cérémonie" fortgesetzt. Imperialismuskritik, brechtsche
Theatertheorie und chinesische Dramen bekommt man nun vorgesetzt. Der
Abend schleppt sich von einem dramaturgischen Taucher zum
nächsten. Aber alles wird mit grossem schauspielerischen Einsatz
und Charme dargeboten. Tuchfühlung mit den Akteuren ist
garantiert. Die Präsenz der jungen Truppe beeindruckt - und doch
wartet man insgeheim auf den finalen Knall, der diesem irgendwie
überflüssigen Treiben ein Ende setzt. Mehr als ein paar
Proteinspuren an der Fassade des altehrwürdigen Kulturtempels und
eine vermutlich kurz gehaltenen Notiz in einem Polizeibericht - jawohl,
die Polizisten waren tatsächlich echt - bleiben nicht übrig.
Die Vorstellung heute Samstagabend ist ausverkauft.
---
BZ 18.9.10
Performance von 400asa
"Und jetzt wirf das Ei"
Ein perfekter Theaterabend: Die Gruppe 400asa um Samuel
Schwarz
kritisiert in ihrer Theaterperformance "La Cérémonie" die
Zweiklassengesellschaft. Und schafft dabei den Spagat zwischen
intellektuell und volksnah.
Das Ei liegt versteckt unter einem Busch im Pärkchen
vor dem
Stadttheater. Dahin gelockt hat mich Gilles, der mich seit einer halben
Stunde begleitet. Gilles ist der Sohn der reichen Familie Lelievre, die
im Verlaufe des heutigen Abends vom Dienstmädchen Sophie und deren
Freundin Jeanne ermordet werden wird. Der Kampf gegen die
Zweiklassengesellschaft ist angelaufen.
Kasperlitheater
Er hat um halb neun im Keller des Schlachthaus-Theaters
begonnen,
wo Schauspielerinnen der Gruppe 400asa ein Kasperlitheater
aufführen. Sie spielen "La Cérémonie" nach, den Film
des eben verstorbenen Regisseurs Claude Chabrol. Besagte Familie
Lelievre symbolisiert darin das Bürgertum, das Dienstmädchen
Sophie die unterdrückte Klasse. Doch das ist nur der
Ausgangspunkt: Raffiniert verweben 400asa von da an Gesellschaftskritik
und Kulturpolitik und kritisieren die angeblich imperialistische
Arroganz von Kulturhäusern und Förderstellen
Das wird dem Publikum schön vor Augen geführt,
wenn die
chinesischen Gäste zu exotischen Einlagen verkommen. Besonders
brisant in diesem Zusammenhang ist, dass 400asa dieses Projekt im
Rahmen eines Kulturaustauschs von Pro Helvetia mit China realisieren
konnte. Der Showdown passiert im Stadttheater, nachdem die Zuschauer
auf sich alleine gestellt per Audioguide durch die Stadt geführt
worden sind.
Polizei rückt an
Ich entdecke neue Winkel von Bern, während Gilles mir
von
seiner Leidenschaft für Musik erzählt. Mir ist unheimlich
zumute, als ich eine dunkle Treppe nehmen soll, und ich weiss nicht, ob
der Mann, der einsam auf einer Parkbank sitzt und einen Joint raucht,
zur Inszenierung gehört. Schliesslich stehe ich mit dem rohen Ei
in der Hand vor dem Stadttheater. Hier drin befinde sich das
Bürgertum, raunt Gilles in meine Ohren. "Und jetzt wirf das Ei
jetzt", sagt er. Hypnotisiert gehorche ich und ignoriere den
Polizeibeamten, der sich neben den Eingang des altehrwürdigen
Hauses gestellt hat.
Marina Bolzli
Die letzte Vorstellung von "La Cérémonie"
heute
Abend ist ausverkauft.
---
kulturstattbern.derbund.ch 17.9.10
Von Roland Fischer am Freitag, den 17. September 2010, um 19:14
Uhr
Dochnoch-Eklat
Kurz vermeldet: Gestern gab es doch noch richtiges Theater rund
ums
Theater und die Biennale. Eier flogen gegen die Fassade des
Stadttheaters, von den Balkonen oben wurde mit kalten Wassergüssen
geantwortet - ein Heidenspass. Bis die Polizei aufkreuzte und vom Radau
und der Bar Rage oben im Foyer offenbar so beeindruckt war, dass sie
nichts weniger als eine Besetzungsaktion von Linksaktivisten witterte.
Dem Vernehmen nach vermochten die Biennale-Verantwortlichen die
Ordnungshüter mit Müh und Not davon abzuhalten, gleich das
ganze Haus zu räumen. Ärger gab das Ganze natürlich
trotzdem. Wer den ganzen Trubel verursacht hat? Die (notabene mit der
neuesten Produktion "La Ceremonie" von der Biennale eingeladene)
Theatergruppe 400asa, deren Chef Samuel Schwarz ja das Stadttheater
ohnehin am liebsten usurpieren möchte. Und weil es bis zur
richtigen Theaterrevolution wohl noch ein Weilchen hin ist, stachelt er
seine Zuschauer inzwischen mal zum Eierschmeissen an.
"Lustvoll-politisches Hauptstadttheater" (Eigenwerbung 400asa)? Zum
Schenkelklopfen.
------------------------------
ALKITREFF BIEL
------------------------------
BZ 18.9.10
Biel
Alkitreff muss weg
Ende dieses Monats wird der Alkitreff am Bieler
Walserplatz
verschwinden. Die Stadt reagiert damit auf mehrere Beschwerden.
Der Alkitreff am Walserplatz in Biel wird per Ende
September
endgültig geschlossen. Ab 2003 begannen alkoholabhängige
Randständige damit, einen Treffpunkt für sich
zusammenzuzimmern. Eine Bewilligung dafür gab es nicht. Hinter dem
Bieler Bahnhof entstand ein abenteuerlich anmutendes Barackenensemble.
Die Stadt hatte über lange Zeit beide Augen zugedrückt, und
wenn es keine Klagen gegeben hätte, dann wären sie den Alkis
womöglich weiterhin gut gesinnt.
Aber die Randständigen sollen die öffentliche
Ordnung
gestört haben. Das hat verschiedene Beschwerden ausgelöst.
Bei der unmittelbar neben dem Alkitreff ansässigen
Wirtschaftsförderung löste das Treiben der Randständigen
besonderes Missfallen aus. Schliesslich soll die Organisation
Investoren den Standort Biel schmackhaft machen. Der Gemeinderat
beschloss jedenfalls, den Treff zu schliessen und die Bauten zu
entfernen.
Der zuständige Gemeinderat, Pierre-Yves Moeschler
(PSR),
bedauert, dass bislang kein neuer Ort für die rund 50
alkoholabhängigen Menschen gefunden wurde. "Es fehlen uns
strukturelle und finanzielle Mittel", sagt Moeschler. "Wir werden aber
Lösungen finden", ergänzt der Sozialdirektor.
BT
-----------------
DROGEN
-----------------
Bund 18.9.10
Die Frage
Welche Sucht kommt am teuersten zu stehen?
Sucht kostet viel Geld. Am teuersten für die
Gesellschaft
sind die illegalen Drogen, die pro süchtige Person jährlich
135 000 Franken soziale Kosten verursachen. Alkoholiker
kosten die Allgemeinheit 6800 Franken, der Tabakkonsum 2900 Franken.
Mit 3000 Franken pro Kopf sind die Spielsüchtigen in den Casinos
ähnlich teuer. Bei ihnen fallen die Kosten ins Gewicht, die durch
häufigen Stellenwechsel, Absenzen, Suizide und Scheidungen
verursacht werden. Da nur 20 000 Personen als
spielsüchtig gelten, hält sich die Beanspruchung der
Gesellschaft mit 60 Millionen Franken in Grenzen. Die Alkoholiker
kosten das Land jährlich 7 Milliarden Franken, die Raucher 11
Milliarden, die Drogensüchtigen 4 Milliarden. (jä)
-----------------------------
HUNGERSTREIK
-----------------------------
Indymedia-Feature 17.9.10
Billy, Costa, Silvia und Marco - Hungerstreik in den
Knästen ::
((i)) - with a little help from our friends
Seit dem 10. September 2010 befinden sich vier
revolutionäre
ÖkoanarchistInnen in Knästen in der Schweiz im Hungerstreik.
Billy, Costa, Silvia und Marco Camenisch schreiben in ihrer
Erklärung, dass "[w]egen den umständehalber bestehenden
Begrenzungen und Verzögerungen der Kommunikation, die unter uns
drei in U-Haft sogar im totalen Kommunikationsverbot bestehen, ist die
Abmachung und Organisierung dieser Initiative schwierig und vielleicht
nur in der Folge werden ausführlichere auch individuelle
Nachrichten, Bestätigungen und Erklärungen möglich sein.
Aber als revolutionäre AnarchistInnen wollen wir von hier drinnen
hiermit entschlossen unsere internationalistische solidarische
Teilnahme jenseits jeglicher spezifischen Tendenz an den
revolutionären Initiativen und Kämpfen drinnen und draussen
gegen Repression, Knast, Isolation, Folter bekräftigen."
Silvia, Billy und Costa sitzen seit dem 15. April 2010 in Haft
in der
Schweiz, weil ihnen vorgeworfen wird einen Anschlag geplant zu haben.
Bei einer Verkehrskontrolle wurden Sprengstoff und Gegenstände zum
Bau von Sprengsätzen gefunden, sowie ein BekennerInnenschreiben,
"das auf einen geplanten Anschlag auf das IBM-Forschungszentrum in
Rüschlikon ZH hinweist”. Marco Camenisch sitzt seit mehreren
Jahren aufgrund seiner militanten Intervention in der Schweiz und
Italien gegen die Atomindustrie.
Newswire Artikel: Soli-Knastspaziergang in Biel 10. September
2010 |
Solidaritätstransparent "MARCO LIBERO" in Zürich |
Hungerstreikerklärung x Marco, Silvia, Billy und Costa! | Sonntag
17.30 Marco Camenisch auf LoRa! | Farbanschlag auf Amt für
Justizvollzug in Zürich | Hungerstreik: Flyer+Banner gegen Nano
und Biotechnologien
[ hier klicken um mehr darüber zu lesen ]
http://ch.indymedia.org/de/2010/09/77495.shtml
-----------------------
ANTI-ATOM
-----------------------
Basler Zeitung 20.9.10
Schweizer Krebsstudie soll auch Deutsche berücksichtigen
Die Waldshuter möchten in eine Untersuchung zum
Krebsrisiko
rund um AKW einbezogen werden
Franziska Laur
Die Schweizer sind dabei zu prüfen, ob Atomkraftwerke
Kinder
krank machen. Allerdings machen die Untersuchungen an der Grenze halt.
Ein Fehler, sagen die Waldshuter.
Wenn Rita Schwarzelühr-Sutter, Waldshuter
SPD-Bundestagsabgeordnete, aus dem Fenster ihres Hauses blickt, so
sieht sie die Dampffahne des AKW Leibstadt. Der Gedanke, ob das rund
einen Kilometer entfernte Schweizer Kraftwerk schädigende
Immissionen ausstösst, beschäftigt sie seit der Geburt ihrer
Kinder: "Doch die Frage, ob es rund um die Schweizer AKW vermehrt
Krebserkrankungen bei Kindern gibt, kann nur mit einer
grenzüberschreitenden Studie beantwortet werden", sagt sie.
In Deutschland wurde 2007 eine Studie zu diesem Thema
publiziert.
Die Resultate schockierten selbst die Projektleiter: Kleine Kinder, die
in der Umgebung von Atomkraftwerken aufwachsen, haben ein doppelt so
hohes Risiko, an Leukämie zu erkranken wie unbelastete Kinder.
Allerdings konnten die Autoren keine gesicherten Aussagen über die
Ursachen des vermehrten Auftretens der Krebserkrankungen machen.
Eine ähnliche Studie namens Canupis läuft nun
auch in
der Schweiz. Die Resultate sollen in den nächsten Monaten
vorgestellt werden. Doch trotz der Intervention der Waldshuter - auch
Landrat Tilman Bollacher hat sich um den Einbezug bemüht - waren
die Projektverantwortlichen nicht bereit, ihre Studie auszudehnen.
Ruf nach mehr Daten. Ein Fehler, sagt Claudio Knüsli
aus
Basel. Er ist Onkologe und Präsident von PSR/IPPNW Schweiz, der
ÄrztInnenorganisation für soziale Verantwortung und zur
Abschaffung von Atomwaffen. Knüsli begrüsst zwar die
Canupis-Studie sehr, hat jedoch Bedenken bezüglich ihrer
statistischen Nachweiskraft. Er schätzt das Risiko eines falschen
Resultats als "bedenklich hoch" ein. In der Schweiz sei die
Bevölkerungszahl um ein Vielfaches tiefer als in Deutschland. "Die
Schweiz ist zu klein, um das Krebsrisiko bei Kindern statistisch
richtig zu erfassen", sagt Knüsli. Seiner Meinung nach
müssten nicht nur Kinder, sondern auch Schwangere und die
grenznahe Bevölkerung auf der deutschen Seite untersucht werden.
Dies sieht auch Schwarzelühr-Sutter so: "Es braucht
eine
gewisse Datenbasis, und wenn man die nicht hat, so kann man keine
aussagekräftige Studie erstellen."
Martin Feller, Projektmanager der Canupis-Studie, weist
diese
Aussagen zurück: "Mit den uns zur Verfügung stehenden Daten
können wir den gleichen Effekt wie in Deutschland auch bei uns in
der Schweiz nachweisen", sagt Feller. Man habe die deutsche Grenzregion
nicht einbeziehen können, weil innert absehbarer Zeit und zu
finanziell vertretbaren Bedingungen kein vergleichbarer Datensatz zur
Verfügung gestanden sei. Ausserdem sei die grenznahe deutsche
Region in AKW-Nähe nicht dicht besiedelt.
Dem widerspricht Schwarzelühr-Sutter aufs
Schärfste:
"Von Waldshut aus kann man ja in den Kühlturm des AKW Leibstadt
spucken", sagt sie. Und in den beiden zusammenhängenden
Städten Waldshut-Tiengen würden immerhin rund 20 000 Leute
wohnen. Wenn das keine dichte Besiedelung sei. Sie zweifelt am Willen
der Projektverantwortlichen, tatsächlich ein aussagekräftiges
Resultat zu erhalten.
Inmitten von AKW. Die Bedenken der Waldshuter Nachbarn
sind
verständlich in Anbetracht der Tatsache, dass mehrere nukleare
Anlagen in ihrer Nähe liegen: Mit Leibstadt und Beznau I und II
sind es drei der fünf Schweizer AKW. Auch die Forschungsanlagen
des Paul-Scherrer-Instituts und Würenlingen mit dem Zwischenlager
für Atommüll liegen nicht weit entfernt. "Nun kommen die
potenziellen Standorte für ein Atommülllager in
Grenznähe hinzu", sagt Schwarzelühr-Sutter. Vorerst bleibt
ihr wenig anderes übrig, als weiterhin besorgte Blicke über
die Grenze hinweg zu schicken.
--
Die Canupis-Studie
Kinderkrebs. Um einen allfälligen Zusammenhang
zwischen der
Häufigkeit von Kinderkrebs und dem Wohnort in der Nähe von
Atomkraftwerken zu untersuchen, wird in der Schweiz vom Institut
für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern
eine Studie durchgeführt. Diese Canupis-Studie wird 840 000
Franken kosten: je 210 000 Franken bezahlen die AKW-Betreiber und das
Bundesamt für Gesundheit, 420 000 Franken die Krebsliga.
Untersucht hat man in der Schweiz 2957 Kinder mit Jahrgang 1985 bis
2007, die jemals in ihrem Leben an Krebs erkrankt sind, darunter 981 an
Leukämie. Da ein Prozent der Schweizer Bevölkerung im Umkreis
von fünf Kilometern eines AKW wohnen, wäre es auffällig,
wenn relevant mehr als 30 Kinder in dieser Umgebung an Krebs erkrankt
sein sollten. Die Datensammlung wurde eben abgeschlossen, bis im Januar
soll sie ausgewertet sein und vorgestellt werden.
Zudem hat der Aargau die Anhörung zu einem Kredit
für
ein kantonales Krebsregister beendet. Gemäss dem Basler Onkologen
Claudio Knüsli eine sinnvolle Sache, da man in dieser hoch
industrialisierten Gegend potenziell krebserregende Einflüsse
bisher nicht analysieren konnte. Die beiden Basel haben ein gemeinsames
Krebsregister. ffl
---
Basler Zeitung 20.9.10
AKW-Gegner machen mobil
Grossdemonstration in Berlin
GEGEN LÄNGERE LAUFZEITEN. "Das ist ein sehr breiter
Protest
quer durch alle Generationen und Schichten", sagte Gesine Lötzsch,
Chefin der Linkspartei, nachdem am Samstag in Berlin mehrere
Zehntausend Personen gegen die geplante Verlängerung der
AKW-Laufzeiten demonstriert hatten. Ihr Parteikollege Gregor Gysi
erkannte in der Demonstration den "rebellischen Geist in der
Bevölkerung". Vertreter der Linkspartei, der SPD und der
Grünen hatten den Massenprotest unterstützt.
Christian Lindner, Generalsekretär der regierenden
FDP, warf
SPD und Grünen im Gegenzug vor, mit den Ängsten der Menschen
zu spielen. Die Organisatoren der Protestaktion sagten nach der
Kundgebung, ihre Erwartungen an die Zahl der Teilnehmer seien
übertroffen worden. vo > SEITEN 2, 9
--
Die Anti-AKW-Bewegung meldet sich zurück
Gegner der Atomkraft wollen die deutsche Regierung mit
Protesten
von längeren AKW-Laufzeiten abbringen
BENEDIKT VOGEL, Berlin
Einen "heissen Herbst" wollen die AKW-Gegner der Regierung
Merkel
bescheren. Bei der Grossdemonstration vom Samstag in Berlin gesellten
sich junge Aktivisten zu den alten Anti-AKW-Kämpfen.
Vor einem Jahr, kurz vor der Bundestagswahl vom 27.
September
2009, demonstrierten in Berlin Zehntausende für die Stilllegung
der deutschen Atomkraftwerke. Die Wahl brachte dann eine
christlich-liberale Regierung an die Macht. Diese hat nun vor Kurzem
beschlossen, die 17 deutschen AKW länger laufen zu lassen als
bisher geplant, nämlich 44 statt 32 Jahre.
MEnSCHENKETTE. Bereits im April waren rund 100 000
Menschen am
Unterlauf der Elbe auf die Strasse gegangen und hatten dort mit einer
120 Kilometer langen Menschenkette gegen die damals schon absehbare
Laufzeitverlängerung protestiert.
Am Wochenende riefen die Anti-Atom-Aktivisten nun abermals
zu
einer Grossdemonstration gegen die unterdessen konkreten
Regierungspläne für einen "Wiedereinstieg" in die Atomkraft.
"Deutlich mehr als 30 000" (so die Schätzung der Polizei) bis 100
000 Personen (so die Veranstalter) marschierten am Samstag durch das
Regierungsviertel in Berlin und bildeten dann eine Menschenkette um
Reichstagsgebäude und Kanzleramt.
Die Kundgebungsteilnehmer knüpften an die
Demonstrationen
gegen das Atomkraftwerk Brokdorf (Schleswig-Holstein) oder die
Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf (Bayern) in den 70er- und
80er-Jahren an. Allgegenwärtig in Berlin war die rote Sonne mit
dem Slogan "Atomkraft? Nein Danke". Andere Demonstranten münzten
ihren T-Shirt-Slogan auf die aktuelle Regierung: "Schwarz-Geld Nein
Danke".
GEGEN GORLEBEN. Mit einem "ukrainischen Pilzrisotto"
spielten die
Kundgebungsteilnehmer auf den schweren Atomunfall von 1986 in
Tschernobyl an. Unter den Teilnehmern waren auch viele Junge und
Familien. Sie demonstrierten neben jenen, deren erste
Anti-AKW-Demonstrationen schon 30 und mehr Jahre zurückliegen
dürften.
Ein Teil der Demonstranten war aus dem Wendland
(Niedersachsen)
mit Traktoren angereist. Sie sind gegen die Politik der Regierung, weil
diese die zuvor sistierten Erkundungsarbeiten für ein Endlager in
Gorleben wieder aufnehmen will. Passend dazu wurde vor dem Berliner
Hauptbahnhof aus Konservendosen ein Atommülllager nachgestellt.
OPPOSITION MACHT FRONT. Die Kundgebung in Berlin war auch
ein
Aufmarsch der politischen Opposition. Spitzenvertreter von SPD,
Grünen und Linkspartei mischten sich unter die von Umwelt- und
Anti-Atom-Organisationen organisierte Kundgebung. SPD und Grüne
hatten den "Ausstieg" aus der Atomkraft, also die Beschränkung der
Laufzeiten auf durchschnittlich 32 Jahre, im Jahr 2000 in ihrer
gemeinsamen Regierung durchgesetzt.
"Angela Merkel wird merken, dass sich die Bürger
nicht
verschaukeln lassen", gab sich SPD-Parteichef Sigmar Gabriel
kämpferisch. "Wer nachts vier Konzernbossen 100 Milliarden Euro
schenkt und danach auch noch Geheimabsprachen über die
Sicherheitsrabatte für alte Atommeiler trifft, der muss sich nicht
wundern, wenn er die Menschen auf die Strasse treibt." SPD-Chef Gabriel
spielte damit an auf die Zusatzerträge, welche die vier
Atomkraftbetreiber Eon, RWE, Vattenfall und EnBW aufgrund der
Laufzeitverlängerung einstreichen.
--
Tageskommentar
Schwarz-Grün nein danke
BENEDIKT VOGEL, Berlin
Wäre Angela Merkel am Samstag in ihrem Büro im
Berliner
Kanzleramt gewesen, hätte sie auf die Menschen hinunterblicken
können, die im Regierungsviertel gegen ihre Energiepolitik
protestierten. Doch die Kanzlerin konnte sich den Augenschein sparen.
Denn ihre christlich-liberale Regierung hat bei dem Beschluss für
längere AKW-Laufzeiten längst gewusst, dass sie die Leute auf
die Strassen treiben wird. Der Wiedereinstieg in die Atomkraft ist in
Deutschland nämlich alles andere als populär.
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle zitierte vor zwei
Wochen, als er die Regierungspläne vorstellte, eine Umfrage.
Demnach befürworten gut vier von zehn Bundesbürgern
längere Laufzeiten. Anders ausgedrückt: Die Regierung hat
eine Mehrheit gegen sich.
Grünen-Parteichefin Claudia Roth nannte die
Regierungspolitik am Wochenende einen "Anschlag auf die Demokratie". Da
nahm sie den Mund dann aber doch etwas voll. Die Wähler haben die
atomfreundliche Regierung nun mal gewählt - in drei Jahren
können sie sie wieder abwählen.
Möglicherweise werden die politischen Folgen des
Atomkurses
schon viel früher sichtbar werden. Im nächsten Frühjahr
wählt das Bundesland Baden-Württemberg einen neuen Landtag.
Die Atomfrage dürfte mit darüber entscheiden, ob die
schwarz-gelbe Regierung von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU)
in Stuttgart an der Macht bleibt.
Die Oppositionsparteien SPD und Grüne haben mit dem
Anti-AKW-Protest wieder ein einendes Thema gefunden. Der gemeinsame
Kampf lässt die beiden Parteien, die den Atomausstieg 2000
beschlossen hatten und sich später zeitweilig auseinanderlebten,
wieder näher zusammenrücken. Je mehr aber die Grünen
wieder auf die SPD zugehen, desto mehr entfernen sie sich von der CDU,
mit der sie in Hamburg regieren und die sie im Frühjahr bei der
Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen noch umworben hatten.
Eine schwarz-grüne Koalitionsregierung in Stuttgart
nach der
Landtagswahl vom kommenden März rückt mit dem
Anti-Atom-Protest ein Stück weiter in die Ferne. Zumal auch der
Widerstand gegen das Bahnprojekt "Stuttgart 21" die alte Frontstellung
zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün neu belebt.
benedikt.vogel@baz.ch
---
Zentralschweiz am Sonntag 19.9.10
Wellenberg/Stans
Grüne rufen zum Boykott auf
map. Für die Suche nach einem Tiefenlager für
radioaktive Abfälle in der Schweiz wurden zahlreiche Berichte und
Gutachten erstellt. Sechs Regionen kommen in Frage. Das Bundesamt
für Energie (BFE) führt dazu Informationsveranstaltungen
durch. Morgen Montag geht es um den Wellenberg. Der Info-Abend beginnt
um 19 Uhr im Schulzentrum Turmatt in Stans.
Gemeinsame Aktion
Die Grünen Nidwalden fordern die Bevölkerung nun
auf,
die Info-Veranstaltung zu boykottieren. "In Nidwalden sind die
Meinungen gemacht. Wir brauchen keine Partizipation, besonders, nachdem
auch das Bundesamt für Energie zur Einsicht gekommen ist, dass der
Wellenberg bei weitem nicht der beste Standort ist", betont
Parteipräsident Norbert Furrer. Die Grünen rufen deshalb dazu
auf, bei der Schulanlage Turmatt zu erscheinen, aber nicht an der
Informationsveranstaltung teilzunehmen. "Wir führen diese Aktion
zusammen mit anderen Organisationen durch. Das Bundesamt soll wissen,
dass unsere Meinungen klar sind."
Zur Erinnerung: Das Nidwaldner Volk hatte zweimal Nein
dazu
gesagt, radioaktive Abfälle im Wellenberg bei Wolfenschiessen zu
lagern, letztmals an einer Urnenabstimmung im Jahr 2002.
---
Finanz und Wirtschaft 18.9.10
Strombaisse bringt die BKW nicht aus der Ruhe
Der Berner Versorger zeigt im Heimmarkt keine
Schwäche -
Abstimmung zu Mühleberg II rückt näher - Aktien
erfordern Geduld
Die Bernischen Kraftwerke BKW FMB Energie lassen im
Heimmarkt die
Muskeln spielen und lassen sich von der Baisse am europäischen
Strommarkt nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Bald steht der
grösste Schweizer Versorger aber vor einem schwerwiegenden
Entscheid: Anfang 2011 stimmt der Kanton Bern darüber ab, ob das
BKW-Kernkraftwerk Mühleberg ersetzt werden soll.
Den ersten Testlauf müssen die BKW schon vorher
absolvieren.
Die Stadt Bern legt Ende November fest, ob und wie lange sie sich noch
mit Strom aus Kernkraft versorgen will. Das betrifft die BKW zwar nicht
direkt, zumal das Stadtwerk EWB dort für die
Elektrizitätswirtschaft verantwortlich ist. Eine klare Absage an
die Kernenergie hätte jedoch auch für die kantonale
Abstimmung eine ungünstige Signalwirkung und könnte die
Position der BKW in den zähen Standortverhandlungen mit Alpiq und
Axpo schwächen.
Obschon einiges auf dem Spiel steht, sollten Anleger einen
kühlen Kopf bewahren, denn in den nächsten zehn bis
fünfzehn Jahren können die BKW wohl weiterhin auf den
diensterprobten Reaktor in Mühleberg zählen. Die zu Beginn
der Siebzigerjahre ans Netz genommene Anlage hat Ende 2009 von den
Behörden eine unbefristete Betriebsbewilligung erhalten und
steuert nahezu 30% zur eigenen Stromproduktion des Unternehmens bei. Um
sich abzusichern, haben sich die Berner zudem an einem grossen
Steinkohlekraftwerk im norddeutschen Wilhelmshaven für 430 Mio. €
beteiligt. Es soll 2012 den Betrieb aufnehmen und könnte die
Stromproduktion des Reaktors in Mühleberg im Gesamtportfolio des
Unternehmens zumindest teilweise ersetzen.
Handel bekundet Mühe
Robust ist auch das Resultat zum ersten Semester. Mit
insgesamt
gut 13 Mrd. Kilowattstunden (kWh) haben die BKW zwar etwas weniger
Strom abgesetzt als in der Vorjahresperiode. Das gilt jedoch nicht
für den Heimmarkt, wo die Nachfrage wegen der Konjunkturerholung
leicht zugenommen hat. Das Vertriebsgeschäft in der Schweiz
erweist sich damit als stabiler Pfeiler. Vor den schwierigen
Bedingungen an den internationalen Märkten sind die BKW aber nicht
gefeit: Im internationalen Grosshandel gingen die Einnahmen deutlich
zurück, und das Geschäft mit Energiederivaten verfehlte knapp
die Gewinnschwelle. Tiefere Preise und rückläufige Volumen
hatten somit zur Folge, dass der konzernweite Umsatz 13% auf
annähernd 1,6 Mrd. Fr. sank.
Operativ ist davon erst auf den zweiten Blick etwas zu
sehen. Das
für die erbrachte Leistung massgebende Betriebsergebnis vor
Abschreibungen und Amortisationen (Ebitda) hat sich leicht auf mehr als
260 Mio. Fr. verbessert, weil mit der Baisse am Strommarkt auch die
Kosten zur Energiebeschaffung abgenommen haben. Zudem wurden 30 Mio.
Fr. an Rückstellungen aufgelöst. Ohne diesen Einmaleffekt
bewegt sich das Resultat etwa 10% unter dem Vorjahr und damit im Rahmen
der Markterwartungen.
Weniger aussagekräftig ist der Gewinn. Er wird sehr
durch
das Finanzergebnis geprägt, das wiederum abhängt von der
Performance der staatlichen Reservefonds zur Stilllegung von
Kernkraftwerken und zur Entsorgung nuklearer Abfälle. Weil die
Finanzmärkte im ersten Semester anders als im Vorjahr mehr oder
weniger seitwärts tendiert haben und Verschiebungen am
Devisenmarkt den Eurobestand abwerteten, resultierte unter dem Strich
ein 14% geringerer Gewinn von 134 Mio. Fr.
Keine Neuigkeiten gibt es zum Aktienpaket, das die BKW
diesen
Sommer zusammen mit dem strategischen Partner Groupe E vom deutschen
Grossaktionär Eon zurückgekauft haben. Es ist jedoch bekannt,
dass die Berner ihre Eigenständigkeit behalten und sich
vorzugsweise im Bereich Versorgung verstärken wollen (vgl.
Interview mit CEO Kurt Rohrbach in FuW Nr. 53 vom 10. Juli). Um eine
Lösung zu finden, hat die Führungsequipe nun noch rund ein
Jahr Zeit.
Prognose für Umsatz gesenkt
Für 2010 rechnen die BKW nicht mehr damit, den
Vorjahresumsatz von 3,6 Mrd. Fr. Umsatz zu erarbeiten. Bereits im
Frühjahr wurde auf bereinigter Basis ein tieferer Ebitda als die
2009 erzielten rund 470 Mio. Fr. prognostiziert. Wir senken die
Gewinnschätzung um 10 auf 240 Mio. Fr. oder 4.60 Fr. pro Titel. In
den vergangenen Wochen haben die Aktien BKW im Gleichschritt mit
anderen europäischen Versorgerwerten erneut schwächer
tendiert und verkehren inzwischen deutlich unter 70 Fr. Für
langfristig orientierte Investoren mit etwas Geduld eröffnet sich
damit eine günstige Gelegenheit zum Einstieg.CG
---
BZ 18.9.10
Strompreise
Gasche wehrt sich
BKW-Präsident Urs Gasche wehrt sich im Interview
gegen den
Vorwurf, die Strompreise der BKW seien zu hoch.
"Wir kalkulieren die Preise so, wie sie aus
unternehmerischer
Sicht sein müssen." BKW-Präsident Urs Gasche findet nicht,
dass sein Unternehmen die Strompreise zu hoch ansetzt. Vergleiche mit
anderen Kantonen lässt Gasche so nicht gelten. Zudem streitet er
im Interview ab, dass die BKW im Hintergrund ein verstecktes
"Kässeli" speise, um in Mühleberg ein neues Atomkraftwerk zu
finanzieren. Des Weiteren ist Gasche zuversichtlich, dass die Mehrheit
der Berner Stimmberechtigten im Februar für den Bau eines neuen
AKW in Mühleberg votieren wird.
phm/sny
Seite 3
--
BKW-Präsident Urs Gasche
"Wir füttern kein AKW-Kässeli"
Die Strompreise im Kanton Bern liegen deutlich über
dem
schweizerischen Durchschnitt. Der neue BKW-Präsident Urs Gasche
nimmt Stellung und verneint, dass man mit hohen Strompreisen ein neues
AKW vorfinanzieren wolle.
Wann senkt die BKW die Strompreise?
Urs Gasche: Wir kalkulieren die Preise so, wie sie aus
unternehmerischer Sicht sein müssen. Diese Logik bestimmt auch den
möglichen Zeitpunkt einer Senkung. Die Preise müssen
einerseits konkurrenzfähig sein, gleichzeitig müssen sie es
aber der BKW erlauben, die Investitionen in die Instandhaltung und
Erneuerung der Anlagen zu finanzieren.
Die Tatsache, dass die Preise über dem Schweizer
Schnitt
liegen und der Kanton Bern in fast allen Verbraucherkategorien zu den
teuersten zählt, lässt Sie kalt?
Fairerweise muss man den Vergleich mit der vergleichbaren
Konkurrenz machen. Es ist ziemlich schwierig, die Strompreise in der
Schweiz zu vergleichen. Vor allem weil die Netzkosten sehr
unterschiedlich sind. Deshalb ist es für uns auch kein Ziel, mit
der nicht vergleichbaren Konkurrenz gleichzuziehen.
Die Preisstatistik zeigt aber, dass vergleichbare Kantone
wie
etwa Graubünden und Luzern, die ebenfalls abgelegene Regionen
versorgen und grosse Netze betreiben müssen, tiefere Preise haben
als der Kanton Bern.
Ich kenne die Kalkulation und die Preispolitik der anderen
Energieunternehmen nicht im Detail. In den anderen Kantonen gibt es
andere Bedingungen und häufig Energie zu Vorzugspreisen im
Zusammenhang mit den Konzessionen. Auch ein Vergleich mit der Axpo ist
nicht zulässig. Die BKW ist ein börsenkotiertes Unternehmen,
das zur Finanzierung der Versorgungssicherheit angemessene Erträge
erwirtschaften und das Kapital verzinsen muss.
Mit anderen Worten: Die Strompreise der BKW sind deshalb
so hoch,
weil die Aktionäre eine Dividende erwarten.
Das trifft nicht zu. Die Dividende war noch nie und ist
nicht
ausschlaggebend für die Strompreisgestaltung. Aber es ist bis zu
einem gewissen Grad die Pflicht der BKW, sich so zu verhalten, wie es
ein privates Unternehmen tut. Und dazu gehört die
Ausschüttung einer Dividende an die Aktionäre.
Macht allenfalls der Kanton als Hauptaktionär Druck,
dass
die Dividende möglichst hoch ausfällt?
Nein. Im Gegenteil. Aus eigener Erfahrung als ehemaliger
Finanzdirektor und Kantonsvertreter im Verwaltungsrat weiss ich, dass
die Regierungsvertreter aus Kundensicht argumentieren und für
tiefe Preise eintreten.
Die BKW führt als Begründung immer wieder die
hohen
Netzkosten ins Feld. Diese Argumentation wirkt aber je länger, je
mehr abgegriffen.
Dieses Argument ist absolut stichhaltig. Vor allem wenn
man einen
Vergleich mit Stadtwerken wie der Berner EWB oder dem Zürcher EWZ
anstellt. In einer Stadt haben Sie pro Kilometer Leitung viel mehr
Kunden als auf dem Land, dadurch sind die Kosten pro Kilowattstunde
dort deutlich tiefer.
Was sagen Sie zum Vorwurf, die BKW nutze das Monopol aus
und
erziele deshalb hohe Gewinne wie im ersten Halbjahr 2010?
Die BKW kommt aus einer Monopolsituation und bereitet sich
auf
die Strommarktöffnung vor. Von Missbrauch der früheren
Monopolsituation kann nicht die Rede sein. Wir sind im Übrigen in
der Preisfestlegung nicht völlig frei und unterstehen der
Kontrolle der Eidgenössischen Elektrizitätskommission.
Der Gewerbeverband geht mit den Stromkonzernen hart ins
Gericht.
Verbandspräsident Bruno Zuppiger verlangt angesichts der
Gewinnreserven von drei Milliarden Franken, welche die BKW ausweist,
tiefere Preise.
Er spricht damit offensichtlich unser Eigenkapital an, was
nichts
mit Reserven zu tun hat. Die BKW hat eine Eigenkapitalquote von knapp
50 Prozent. Dank dieser Situation kann das Unternehmen gewisse
Schwächephasen durchstehen und die nötigen Investitionen
tätigen. Ich verstehe nicht, dass man der BKW vorwirft, dass sie
gesund kapitalisiert ist. Erwartet Gewerbeverbandspräsident Bruno
Zuppiger nun tatsächlich, dass die BKW zugunsten der Kundschaft
ihre Substanz vernichtet? Ich verstehe seine Argumentation wirklich
nicht.
Haben Sie ihn kontaktiert?
Nein. Ich kann nicht auf jede Aussage, die zur BKW gemacht
wird,
reagieren. Solche Kritik ist ein Teil des politischen Spiels. Als
Politiker und neu gewählter Verbandspräsident muss er etwas
machen, das seine Wählbarkeit erhöht. Mit seiner Forderung
versucht er den Gewerblern aus dem Herzen zu sprechen.
Es gibt auch Stimmen, die sagen, die BKW wolle über
den
Strompreis ihre Gewinnreserven aufstocken, um die Finanzierung des
neuen AKW sicherzustellen.
Unsere Zahlen sind öffentlich. Sie werden keinen
Hinweis
darauf finden, dass wir mehr Mittel äufnen, als sachgerecht ist.
Darum ist es absurd, wenn man der BKW vorwirft, sie schraube den
Strompreis heute in die Höhe, um ein verstecktes AKW-Kässeli
zu füttern.
Wobei die BKW natürlich schon darauf achtet, dass der
Strompreis zu einer Steigerung des Eigenkapitals beiträgt.
Dass wir mit 50 Prozent eine gesunde Eigenkapitaldecke
haben und
eine solche über die Jahre immer angestrebt haben, ist ja nicht
neu. Selbstverständlich versuchen wir, in Kenntnis der
unterschiedlichen Investitionsbedürfnisse - und dazu gehört
womöglich der Bau eines neuen AKW -, finanzierungsfähig zu
sein. Das ist für ein Unternehmen doch das Normalste auf der Welt.
Was soll daran falsch sein?
Befürchten Sie im Hinblick auf die vollständige
Liberalisierung des Strommarkts nicht, dass viele BKW-Privatkunden zur
günstigeren Konkurrenz abwandern?
Wir haben keine Angst vor der Marktöffnung. Die
Kunden
wollen eine sichere und zuverlässige Stromversorgung, und das
bietet die BKW.
Der nächste wichtige Termin für die BKW ist der
13.
Februar 2011. Dann stimmt der Kanton Bern über die Zukunft der
Kernenergie ab. Wie wollen Sie die Berner dazu bringen, sich für
Mühleberg II auszusprechen?
Wir haben keine spezielle Kernkraftkampagne geplant. Wir
informieren die Leute schon heute permanent, etwa über
Broschüren, die der Stromrechnung beigelegt sind. Die Menschen
müssen wissen, wie unsere Produktionsanlagen funktionieren und
warum es die Kernkraft aus unserer Sicht braucht. Wir behalten uns
zudem ausdrücklich vor, auf allfällige Missinformation der
Kernkraftwerkgegner entsprechend zu reagieren, beispielsweise mit
Inseraten.
Wird die BKW dem Handels- und Industrieverein (HIV) Geld
für
die Pro-AKW-Kampagne bezahlen?
Die BKW ist HIV-Mitglied und zahlt den entsprechenden
Beitrag.
Für Abstimmungspropaganda richten wir ihm aber keine finanzielle
Unterstützung aus.
Wäre die BKW existenziell gefährdet, falls sie
künftig kein AKW mehr betreiben könnte?
Ich behaupte, dass sich die Existenzfrage nicht stellen
würde, auch wenn es für die BKW natürlich ein schwerer
Rückschlag wäre: Als Arbeitgeber wären wir nicht mehr
gleich interessant, weil mit Mühleberg ein Herzstück der BKW
wegfallen würde. Und natürlich wäre es für die BKW
als Unternehmen eine bessere Absicherung, wenn sie weiterhin ein
eigenes Kernkraftwerk betreiben könnte, als wenn sie sich als
Partner an einem anderen Werk beteiligen würde. Es wäre aber
vor allem ein Rückschlag für den Wirtschaftskanton Bern, der
im Standortwettbewerb geschwächt würde.
Von aussen hat man den Eindruck, der Ausgang der
Abstimmung vom
13. Februar sei offen. Wie zuversichtlich sind Sie?
Sie haben recht, der Ausgang ist ungewiss. Ich bin aber
optimistisch. Die Berner Stimmberechtigten haben sich in der
Vergangenheit bei Abstimmungen in der Mehrheit stets für die
Kernkraft ausgesprochen. Wenn es uns gelingt, den Leuten die Angst zu
nehmen und aufzuzeigen, dass ohne Kernkraft ein grosser Teil des
Strombedarfs nicht gedeckt werden kann, auch mit erneuerbaren
Energieträgern nicht, dann haben wir, glaube ich, gute Chancen.
Müsste die BKW angesichts der unsicheren Zukunft der
Kernenergie nicht stärker in alternative Energien investieren?
Im Kanton Bern haben wir bei allen Vorhaben
Widerstände. Im
Kanton Glarus wird in kürzester Zeit ein neues Speicherkraftwerk
erstellt. Bei uns hätte die Wasserkraft auch noch Potenzial. Nur
hagelt es hier immer gleich Einsprachen. Dasselbe gilt für andere
Energieformen: Mit Geothermie haben wir keine Chance, und wenn wir
Windprojekte wie jenes auf dem Mont Crosin ausbauen wollen, haben wir
sofort Opposition. Und seltsamerweise kommt dieser Widerstand oft aus
jener Ecke, die auch die Kernenergie ablehnt. Aber was bitte schön
ist denn die Alternative?
Interview: Philippe Müller Stefan Schnyder
Urs Gasche (55) ist seit dem 1. Juni
Verwaltungsratspräsident des Energiekonzerns BKW. Zuvor war er
neun Jahre lang Finanzdirektor des Kantons Bern.
---
NZZ 18.9.10
Frankreichs Uranindustrie in Niger in Bedrängnis
Dreiste Entführung von mehreren Mitarbeitern des
Areva-Konzerns im unsicheren Grenzgebiet zu Mali und Algerien
Im Uranabbaugebiet im Norden Nigers sind sieben
Mitarbeiter der
französischen Areva entführt worden. Die Täter werden
unter islamistischen Extremisten und Tuareg-Rebellen vermutet.
mhf. Buipe (Ghana) · Eine Gruppe von
Entführern hat
in der Nacht auf Donnerstag in Arlit, rund 850 Kilometer
nordöstlich der nigrischen Hauptstadt Niamey, einen Wohntrakt des
französischen Areva-Konzerns überfallen und sieben
ausländische Mitarbeiter, unter ihnen fünf Franzosen,
entführt. Bei den Opfern handelt es sich um Angestellte der Areva
sowie der französischen Bauunternehmung Satom, die für Areva
Auftragsarbeiten durchführt. Die Bewohner der Bergbaustadt, die
als Hochrisikogebiet gilt, werden angeblich von dreihundert
einheimischen Gendarmen beschützt. Dass der dreiste Überfall
von etwa dreissig Bewaffneten dennoch gelang, lässt darauf
schliessen, dass diese vor Ort über Komplizen verfügten.
Banditen und Terroristen
Laut Angaben der französischen Agentur AFP
flüchteten
die Täter ins Grenzgebiet von Niger, Mali und Algerien. Nach
Angaben aus Niamey sind die Täter unter der Gruppe al-Qaïda
au Maghreb islamique (AQMI) zu suchen. Aber auch Banditen oder
ehemalige Tuareg-Rebellen könnten dahinterstecken. Die
Unterscheidungen unter den Gruppen von Gesetzlosen zerfliessen in dem
Gebiet wie der Wüstensand. Seit 2008 landeten in nunmehr neun
Fällen insgesamt neunundzwanzig entführte westliche
Ausländer in den Händen von AQMI, unter ihnen elf Touristen
und achtzehn ansässige Angestellte von Firmen oder Organisationen.
Zwei Geiseln wurden ermordet, zuletzt im Juli Michel Germaneau, ein
französischer Entwicklungshelfer. Die meisten Entführten
kamen gegen Zahlung eines Lösegelds frei. Im Fall Germaneau hatte
Frankreich eine militärische Befreiungsaktion gewagt, die jedoch
scheiterte - laut Sicherheitsexperten, weil Paris mit Mauretanien
kooperierte und naiv Informationen ausgetauscht hatte. Kurz nach der
Aktion im Norden Malis ermordete AQMI die Geisel und drohte Paris mit
Angriffen auf dessen Interessen.
Widerstand der Tuareg
Frankreich ist in Niger besonders verletzlich, weil der
staatliche Konzern Areva, der weltgrösste Hersteller von
Uranbrennelementen, den wachsenden Bedarf an Atomstrom mit Uran aus
Niger decken will. 2013 soll im Air-Gebiet die Imouraren-Mine
eröffnet werden, dannzumal die weltweit zweitgrösste
Uranmine. Auf einer Fläche von der doppelten Grösse der
Schweiz hat Niger auch Konzessionen an chinesische, indische,
kanadische und südafrikanische Uranunternehmen vergeben.
Das Abbaugebiet durchschneidet das Siedlungsgebiet der
Tuareg.
Laut Umweltschützern sind wegen der Uranminen 70 Prozent des
Grundwassers, die Lebensgrundlage der Tuareg-Nomaden, aufgebraucht.
Neue Wasservorkommen müssten mit Pipelines herbeigeschafft werden.
Eine Greenpeace-Studie vom April weist in der Umgebung von Arlit
gesundheitsschädigende Mengen von Radioaktivität im Sand und
im Wasser nach. Areva behauptet dagegen, internationale Normen
einzuhalten. Die Uranminen waren 2007 Anlass für einen Aufstand
der Tuareg, der 2009 nur vordergründig mit einem Abkommen beendet
wurde.
--
Rückschlag für Areva in Niger
Entführung im Versorgungsgebiet
Manfred Rist (rt)
rt. Paris · Noch tappt man im Dunkeln
bezüglich der
Entführung von sieben Mitarbeitern des Nuklearkonzerns Areva in
Niger, doch in Paris stellt man sich darauf ein, dass die Sache einen
politischen Hintergrund hat. Bei fünf der Areva-Angestellten
handelt es sich um französische Staatsbürger. Aus
historischen Gründen und aufgrund der starken wirtschaftlichen
Präsenz des Landes in diesem Gebiet stehen Franzosen seit geraumer
Zeit im Visier von Kaida-Ablegern in Afrika.
Die Entführung stellt auch die global grösste
staatliche Kernkraftgruppe vor Probleme, und sie wirft ein Licht auf
die zentrale Bedeutung von Niger im Dispositiv der Unternehmung und die
Uranversorgung im Allgemeinen: Areva baut dort seit 42 Jahren in zwei
Minen Uran im Umfang von 8600 t pro Jahr ab. Zudem hat Areva
Investitionen im Umfang von 1,2 Mrd. € an einem dritten Standort
(Imouraren) geplant. Dort sollen ab dem Jahr 2013 jährlich 5000 t
Uran gefördert werden, womit das schwarzafrikanische Land hinter
Kanada und vor Kasachstan zum weltweit zweitgrössten
Uranproduzenten aufsteigen würde.
Für die Gruppe Areva, die einen Umsatz von rund 14
Mrd. €
erzielt, ist die Versorgung mit Uran wegen der vertikalen Integration
der Gruppe zentral. Im vergangenen Jahr wurde mit der nigrischen
Regierung ein neuer Schlüssel zur Verteilung der Einnahmen und zur
Förderung von Entwicklungshilfeprojekten ausgehandelt.