MEDIENSPIEGEL 9.10.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (GH, DS, Tojo)
- (St)Reitschule: (Rache?-)Steine auf Polizeiautos
- Drogenrazzia: Rangelei bei Reitschule
- Antifa 1 - Anti-SVP: Wasserfallen Junior + das Antifa-Pack; Nause findet alles blöd
- Rabe-Info 8.10.10
- Antifa 2 - Anti-Pnos Langenthal: Demo verschoben
- Privat-Security: Mehr staatliche Kontrolle
- Kufa Lyss: Lärmklagen
- Big Brother Video: (k)ein Pilotversuch in Stadt Bern
- Big Brother: 4254 Fichen in ZH; Schweigen in LU; Schengen wird teurer
- Verdingt: Ausbeutung + Ausgrenzung
- Obdachlos BS: viele Jugendliche
- Marco Camenisch nach Orbes verlegt
- Sans-Papiers: Protokoll der Wut; Lehrstellen FR
- Ausschaffungen: Untersuchungsbericht GR
- Alois B. Stocher: Olaf für alle
- Migration Controll: 50 Mio für Ghadhafis Flüchtlingslager
- Antifeminismus: Post- statt Bankkonto
- Drogen: Sucht im Alter; Rattengift-Designerdrogen
- Rauschknast: Pro + und Kontra

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REITSCHULE
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Sa 09.10.10
21.00 Uhr - Kino - "MUSLIM/A" - Mein Vater mein Onkel | Christoph Heller, D 2009
21.00 Uhr - Tojo - Plattentaufe "To The Bone" von 2FORSOUL.
23.00 Uhr - Frauenraum - ANKLANG - sie er LAUBt. Mit DJ's Princess P (BE) und Wicked Wilma (ZH) " elektro
22.00 Uhr - Dachstock - Patchwork & Dachstock present: TY (UK) & Band!, DJ's Sassy J & Soul Sociedad " hiphop, soul
22.00 Uhr - Grosse Halle - BOOKA SHADE in concert (Get Physical/D), M.A.N.D.Y. (Get Physical/D), Animal Trainer (Stil vor Talent) & Robel (Audiotheque)

So 10.10.10
20.00 Uhr - Rössli - Ceschi, 2econd Class Citizen, Buddy Peace

Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch

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Blick am Abend 8.10.10

Nightlife Tipp

 Booka Shade (D)

 Sa, 22 Uhr, Reitschule (Halle), Neubrückstrasse 8.

 Get Physical gilt als eines der kommerziell erfolgreichsten Electronica-Labels weltweit. Mit dem Live-Duo Booka Shade gastiert morgen Samstagabend eines der musizierenden Aushängeschilder von Get Physical in der Reitschule. Das aktuelle Album namens "More" ist bereits der vierte Booka Shade-Longplayer. usgang.ch

20 Minuten 8.10.10

tilllate.com empfiehlt

 Get Physical!

 Die Berliner Hochkaräter booka Shade und m.a.n.d.y., die mit "body language" einen der coolsten clubhits ever gelandet haben, geben in der reitschule bern ihre melodiösen hymnen und minimalen beats zum besten. need "more"? wer danach noch nicht genug von booka shade hat, krallt sich ihr neues album "more!" und feiert daheim weiter.

 > Get Physical Night, Sa 9. Oktober, 22 Uhr, Grosse Halle der Reitschule, Bern

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Bund 9.10.10

Um Kopf und Kragen

 Tierpfleger beneidet er. Nun kümmert sich der Berner Rapper Baze um seine eigenen Dämonen. Das klingt verdammt gut.

 Christoph Lenz

 "Erwachsen werden ist nicht einfach. Auch nicht, wenn man schon 30 ist. Es wird sogar eher schwieriger." Sagt der Mann, zündet sich eine Zigi an und schaltet das Handy aus. Die bessere Hälfte seines Lebens hat er also aufgebraucht - verbraten mit Partys, Drogen und Weibern. Jetzt kommt noch der Anhang. Was er damit anstellen soll? Kein Plan. Das ist schlimm. Aber ist es schlimmer als ein Kombi in der Einfahrt, ein Einfamilienhaus im Grünen und Einkaufstüten schleppen am Samstagmorgen in der Migros?

 Ein Spruch könnte die Stimmung jetzt heben, doch Basil Anliker, besser bekannt als Baze, zieht lieber nochmals an der Zigarette. "Zum Beispiel Tierpfleger", sagt er. Innere Ruhe und so. Sie beneide er. Ganz ehrlich. Verdammt.

 Vergiss Rap!

 Was ist der erste Schritt, den Rap zu verändern? Wahrscheinlich: alles zu vergessen, was damit zusammenhängt. Den Machismo, die Posen und die Competition, das Kopfnicken, die finsteren Mienen und das Käppi, den springenden Beat, die schwere Pauke und die ewige Aufschneiderei des MC. Vergiss alles und beginne von vorn. Dass einer den Mut dazu aufbringt, darauf hat die Schweiz lange gewartet. Jetzt ist es passiert. Baze sagt: "Ich habe früher oft darüber gerappt, wie gut ich rappen kann. Das will ich nicht mehr machen. Das frisst sich ja selbst auf."

 Noch nicht mal reden über Rap will er, lieber über Freak-Folk. Eineinhalb Jahre habe er ausschliesslich Musik aus diesem Genre gehört. Da sei ihm einiges klar geworden. Auf seinem neuen Album singt Baze nun öfter. Die Töne trifft er zwar nicht besonders zuverlässig, aber ins Herz wie ein Meisterschütze.

 Hinab zu den Dämonen

 Etwa im Duett mit Endo Anaconda. "D' Party isch vrbi" heisst das Stück, das auch dem Album (Chlyklass/Sound Service) seinen Namen gestiftet hat. Der Song weiss nichts zu berichten vom Schlamassel an den Börsenmärkten, dafür sehr viel von einem Mann, dem die toxischen Werte allmählich unheimlich werden, auf die er sein Leben gebaut hat. Mit seinen 30 Jahren ahnt er, dass bald einmal abgerechnet wird, bei anderen ists bereits geschehen. "D Kollege si tot, im Knascht oder schlimmer", singt Endo Anaconda. Also steigt Baze hinab zu seinen Dämonen und macht Inventur.

 Hier begegnet er seinen alten Geschichten wieder. Jenen von den pulvernen Träumen, abgepackt in kleine Briefchen. Vom Besuch bei Mutter im Kirchenfeldquartier. Von der miserablen Qualität der heutigen Pornos. Von den Bauchschmerzen, den blutunterlaufenen Augen und dem Alka Seltzer am Sonntagnachmittag. Von den Freuden des Antidepressivums Remeron, der durchzockten Nacht oder auch nur der nächsten Runde Bier. Vom Scheissgefühl, wenn dann doch die Lichter angehen. Von den Pizzas, die, wenn sie geliefert werden, geradeso kalt sind wie der Schweiss auf dem Rücken, wenn das Gift ausgefahren ist. Von der fiesen Sehnsucht nach dem kleinen Glück und der zerstörerischen Hoffnung auf das grosse Los, das doch nie kommt. Von Angst und Zweifeln und der grauen Leere dazwischen.

 So aufregend war Schweizer Sprechgesang lange nicht mehr. Bukowski und Lauener, Van Zandt und Chlöisu Friedli - sie alle sind dabei auf diesem schlimmen Trip, klopfen Baze auf die Schultern und grinsen schelmisch.

 Die Brücke ist abgefackelt

 Kein anderer Hauptstadt-Rapper hätte ein solches Prunkstück zustande gebracht. Selbst bei ihm waren Zweifel berechtigt. Sicher, "Mis Meitli" und "Baze unplugged" sind wichtige Wegmarken der letzten Jahre. Doch schien es mitunter, als gefalle Baze sich allzu gut in der Rolle des drolligen Sprücheklopfers, des blasierten Players und des flauschigen Partybären. Man hat ihn unterschätzt, als Erzähler - und als Musiker.

 Denn auch hier riskiert Baze Kopf und Kragen. Er hat seine Geschichten vom Berner Soundkünstler Benfay und dem Zürcher Big-Zis-Produzenten Marton Di Katz einfassen lassen in schroffe, sklerotische und bisweilen hoch beklemmende Beats. Ein verblüffendes Gemenge aus Elektro, Folk, Jazz, Grunge, Rock, Wave und Musique Concrète entfaltet sich. Die Brücke zum Hip-Hop hat Baze abgefackelt. Von hier gibt es kein Zurück. Zu nahe ist er seinem Leitgestirn Beck schon gekommen.

 "Wieso bringsch mi nid um?"

 Dessen wichtigste Frage treibt übrigens auch Baze um: "Fuck. I bi ne Loser Baby, auso wieso bringsch mi nid um?" Verdient hätte er es, da ist sich der Rapper gegen Ende des Albums ziemlich sicher. Doch das Baby greift nicht zum Revolver, sondern vergibt ihm einmal mehr. Und weil sonst niemand da ist, der ihn umbringen könnte, erledigt Baze den Job halt selbst. Nicht sofort. Sondern gerade so wie während der letzten Jahre. Mit langen Nächten, letzten Runden, Träumen aus Briefchen, Alka Seltzer, allerletzten Runden und so weiter. Baze lässt sich nicht abbringen von seiner Selbstzerstörung. Die Rechnung schliesst nämlich immer noch im Plus: "We das der Priis isch / woni zahl für all die Täg / woni chönnt schtärbe vor Glück / de zahli bar u gib Trinkgäud." Erwachsen werden ist verschoben. Das nennt man dann wohl "Rock 'n' Roll".

 Plattentaufe: 30. Oktober, Dachstock, Bern.

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20 Minuten 8.10.10

Caspa sorgt im Dachstock für ein Dubstep-Gewitter

 BERN. Jungs-Mucke im Dachstock: Am Freitag bringt Caspa sein Dubstep-Inferno nach Bern.

 Es donnert, zischt und röhrt gewaltig, wenn der junge britische Produzent DJ Caspa auflegt - und die Menge dreht durch. Egal ob auf den Britischen Inseln, Neuseeland oder in den USA - sein brachialer Dubstep-Sound kommt sowohl in Ländern mit einer grossen elektronischen Clubkultur an als auch in solchen, wo es keine hat. Dementsprechend häufig ist er auch unterwegs. Auf seinen Streifzügen durch die Clubs macht er heute halt im Berner Dachstock.

 Eine erstaunliche Agenda. Denn als Boss dreier Labels gehört DJ Caspa zu den fleissigeren Aktivisten der jüngeren Dubstep-Geschichte. Zudem findet Caspa auch noch Zeit, an Dubstep-Beats zu basteln. Bei seinen eigenen Produktionen zeigt er sich etwas sanfter als sonst. So verpasste er etwa Ludacris' "How Low" oder "I Remember" von Deadmau5 ein softes Dubstep-Kleid.

 Im Dachstock schickt er sich an, zusammen mit seinem Label-Schützling MC Rod Azlan ein Brachial-Inferno zu entfachen. Als Support für die beiden fungieren Ben Danger und BB1 - beides Berner Botschafter des Dubstep.

 Pedro Codes

 Fr, 9.10., 23 Uhr, Dangerdubz, Dachstock.

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20 Minuten 8.10.10

2 For Soul, eine vierköpfige Berner Combo, interpretiert alte Soul- und Popklassiker neu - und zwar unplugged. Nun taufen sie endlich ihre zweite Platte "To the Bone" und gehen wieder auf Tour. Bei diesen Musikern sitzt jeder Ton perfekt, ohne dass die Seele des Soul dabei verlorenginge.

 > Sa 9. Oktober, 21 Uhr, Tojo-Theater der Reithalle, Bern

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Blick am Abend 7.10.10

VERLOSUNG

 Gratis zu "2ForSoul"

 Sechs Jahre mussten sich die Fans der Berner Soul-Combo "2ForSoul" gedulden. Jetzt erscheint das zweite Album "To The Bone". Von den Beatles über Bob Dylan bis hin zu Blackstreet interpretieren Marco Basci (Bild rechts) und Raphael Jakob bekannte und weniger bekannte Songs in einer souligen Version. Blick am Abend verlost für den CD-Release am Samstag, 9. Oktober, um 21 Uhr im Tojo-Theater in der Reithalle 2x 2 Tickets. Einsendeschluss: Freitag, 8. Oktober, 12 Uhr. Die Gewinner werden benachrichtigt.

 E-Mail mit KONZERT und Name an bern@blickamabend.ch

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(ST)REITSCHULE
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Bund 9.10.10

Vermummte werfen Steine auf Polizeiauto

 In der Nacht auf gestern Freitag haben mehrere vermummte Personen bei der Reitschule in Bern ein Polizeiauto mit Steinen beworfen. Dabei wurde ein Polizist leicht am Auge verletzt und musste im Spital ambulant behandelt werden. Laut einer Mitteilung der Kantonspolizei fuhr das Polizeiauto auf der Schützenmattstrasse stadtauswärts, als es um circa 2.40 Uhr zum Vorfall kam. Am Fahrzeug gingen die Front- und Seitenscheibe zu Bruch. Der Sachschaden beträgt mehrere Tausend Franken.

 Beginnen nun die Provokationen gegen die Polizei kurz nach der Reitschule-Abstimmung von Ende September von neuem, wie es von bürgerlicher Seite her befürchtet wird? "Es ist spekulativ, zu sagen, dass es nur wegen der Abstimmung zuletzt so lange ruhig geblieben ist", sagt Polizeidirektor Reto Nause (CVP) dazu. Der gestrige Vorfall könne auch ein zufälliges Einzelereignis sein. So oder so sei die Aktion "untolerierbar und in aller Form zu verurteilen". So etwas dürfe nicht passieren. Nause verspricht, die Situation "genau und kritisch" im Auge zu behalten.

 Ob die Polizei nach dem Vorfall Kontakt mit den Reitschule-Verantwortlichen hat aufnehmen können, gibt eine Polizeisprecherin unter Hinweis auf das laufende Verfahren nicht bekannt. Die Täter sind flüchtig. Die Polizei ersucht um Zeugenhinweise (031 634 41 11). (bro)

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BZ 9.10.10

Reitschule

 Ein Angriff auf die Polizei

 Vor der Berner Reitschule warfen Vermummte Steine gegen ein Polizeifahrzeug. Ein Polizist wurde dabei verletzt.

 Am Freitagmorgen gegen 2.40 Uhr warfen vermummte Personen Steine auf einen Patrouillenwagen der Kantonspolizei. Tatort war laut Polizeimeldung die Schützenmattstrasse auf der Höhe der Reitschule.

 Durch die Steine wurde ein Polizist leicht verletzt. Die Patrouille musste sofort ins Spital, damit der verletzte Polizist behandelt werden konnte. Daher wurde die Verfolgung der Vermummten nicht aufgenommen. Am Fahrzeug wurden die Front- und Seitenscheibe eingeschlagen, und die Motorhaube erlitt Kratzer und Lackschäden. Der Sachschaden beläuft sich auf mehrere Tausend Franken. Die Unbekannten konnten bis jetzt nicht ermittelt werden. Die Kantonspolizei in Bern sucht Zeugen (Telefon 031 634 41 11).
 rah/pd

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Indymedia 8.10.10
http://ch.indymedia.org/de/2010/10/77949.shtml

Rache für Razzia in Retischule?

AutorIn:...

Am vergangenen Dienstag stürmten über ein dutzend Polizeibeamte den Innenhof der Reitschule und das Reitschule-Restaurant.     
    
Offenbar machten sie gezielt Jagt auf Menschen mit schwarzer Hautfarbe. Es kam um ein Haar zur Konfrontation mit anwesenden Gästen.

Möglicherweise steht ein Angriff auf eine Polizeistreife damit in Zusammenhang:

http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Vermummte-werfen-Steine-gegen-Polizeiauto-und-verletzen-Beamten/story/29689220

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police.be 8.10.10

Bern/Zeugenaufruf: Vermummte warfen Steine

8. Oktober 2010

pkb. Am Freitagmorgen haben Unbekannte in Bern Steine gegen ein Patrouillenfahrzeug der Kantonspolizei Bern geworfen und dabei den Fahrer verletzt. In diesem Zusammenhang werden Zeugen gesucht.

Am Freitag, 8. Oktober 2010, etwa um 0240 Uhr, fuhr ein Patrouillenwagen der Kantonspolizei Bern von der Hodlerstrasse auf der Schützenmattstrasse in Bern stadtauswärts. Auf Höhe der Eisenbahnbrücke/Reithalle warfen plötzlich mehrere vermummte Personen Steine gegen das Fahrzeug. Dabei wurde ein Korpsangehöriger leicht verletzt und musste sich im Spital ambulant behandeln lassen. Am Fahrzeug wurden die Front- und Seitenscheibe eingeschlagen und die Motorhaube erlitt Kratzer und Lackschäden. Der Sachschaden beläuft sich auf mehrere Tausend Franken.

Die Unbekannten konnten bis jetzt nicht ermittelt werden.

Deshalb ersucht die Kantonspolizei in Bern Zeugen des Vorfalls oder Personen, die verdächtige Wahrnehmungen gemacht haben, sich mit ihr über Telefon 031 634 41 11 in Verbindung zu setzen.

Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland
(pf)

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RAZZIA
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Bund 8.10.10

Grosskontrolle gegen Drogenhändler

 Die Kantonspolizei hat während dreier Tage in der Stadt Bern mutmassliche Kokainhändler kontrolliert. Sie hielt 30 Personen an und stellte kleinere Mengen an Kokain, Heroin und Marihuana sowie Bargeld sicher. 18 Personen wurden wegen Kokainhandels und Verstössen gegen das Ausländergesetz in Haft genommen. Zwei Fälle wurden an das Strafeinzelgericht Bern-Laupen zur Beurteilung überwiesen. 10 Personen wurden in Ausschaffungshaft gesetzt. (sda)

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BZ 8.10.10

Polizei-Aktion

 18 Dealer verhaftet

 In einer gezielten Aktion hat die Polizei in der Stadt Bern 18 Dealer verhaftet. 10 davon befinden sich in Ausschaffungshaft.

 In den letzten drei Tagen hat die Polizei in der Stadt Bern gezielt Personen kontrolliert, die in Verdacht standen, Kokainhandel zu betreiben. Die Kontrollen fanden im Gebiet der Reithalle, der oberen Innenstadt, Münsterplattform und Rathausgasse statt. Insgesamt wurden 30 Personen angehalten. Sie stammen grösstenteils aus afrikanischen Staaten. 18 Personen davon wurden vorübergehend wegen Kokainhandel und Verstössen gegen das Ausländergesetz in Haft genommen. 10 dieser Personen, die sich hier illegal aufhielten, wurden in Ausschaffungshaft versetzt.
 pd

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20 Minuten 8.10.10

Kontrollen: 18 Personen verhaftet

 BERN. Die Kapo hat bei einer Aktion gegen den Drogenhandel in Bern 30 Personen angehalten sowie Drogen und Bargeld sichergestellt. 18 Personen wurden vorwiegend wegen Kokainhandels und Verstössen gegen das Ausländergesetz in Haft genommen. Zehn Leute hielten sich illegal im Land auf und wurden in Ausschaffungshaft versetzt. Bei vielen der Festnahmen wehrten sich die Verdächtigen oder versuchten zu flüchten. Die Kontrollen fanden zwischen Montag und Mittwoch bei der Reithalle, in der oberen Altstadt, bei der Münsterplattform und in der Rathausgasse statt.

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police.be.ch 7.10.10

Stadt Bern: Gezielte Kontrollen wegen Drogenhandels

7. Oktober 2010

pkb. In den letzten drei Tagen hat die Kantonspolizei in der Stadt Bern gezielt Personen kontrolliert, die in Verdacht standen, Kokainhandel zu betreiben. Während der koordinierten Aktion wurden 30 Personen angehalten und Drogen sowie Bargeld sichergestellt.

An der koordinierten Aktion zwischen dem 4. und 6. Oktober 2010 wegen des Verdachts auf Handel mit Betäubungsmittel waren verschiedene Bereiche der Kantonspolizei Bern in Zusammenarbeit mit der Fremdenpolizei der Stadt Bern beteiligt. Die Kontrollen fanden jeweils am Nachmittag und in den Abendstunden im Gebiet der Reithalle, der oberen Innenstadt, Münsterplattform und Rathausgasse statt. Insgesamt wurden 30 Personen angehalten. Sie stammen grösstenteils aus afrikanischen Staaten. 18 Personen davon wurden vorwiegend wegen Kokainhandel und Verstössen gegen das Ausländergesetz in Haft genommen und durch das Untersuchungsrichteramt Bern-Mittelland mit einem Strafmandat belegt. Zwei Fälle wurden an das Strafeinzelgericht Bern-Laupen zur Beurteilung überwiesen. Zehn dieser Personen, die sich hier illegal aufhielten, wurden in Ausschaffungshaft versetzt; sechs davon wurden bereits andern Kantonen zur Ausschaffung zugeführt. Die Polizei stellte im Verlauf der Aktion kleinere Mengen an Kokain, Heroin und Marihuana sowie Bargeld, das aus dem Drogenhandel stammen dürfte, sicher.

Bei vielen Festnahmen setzten sich die verdächtigen Personen vehement zur Wehr oder versuchten zu flüchten. In der Folge wurden denn auch mehrere Männer wegen Hinderung einer Amtshandlung verzeigt. Auch im Bereich der Reithalle kam es während einer Festnahme zu einer Rangelei. Trotzdem mussten während der gesamten Aktion keine nennenswerten Verletzungen registriert werden.

Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland
(ust)

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ANTIFA I: ABENDSPAZIERGANG/ANTI-SVP
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BZ 9.10.10

Wasserfallen:

 "Stadt Bern kapituliert vor Antifa"

 Der Rechtsstaat müsse für alle gelten, sagt FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen und übt Kritik am "Anti-SVP-Aktionstag".

 Christian Wasserfallen ist verärgert. Der FDP-Nationalrat war am Mittwoch Zeuge der unbewilligten Antifa-Kundgebung auf dem Berner Bahnhofplatz. Knapp 300 Demonstranten haben dabei unter anderem mit Gotcha-Pistolen auf SVP-Zielfiguren geschossen (wir berichteten). "Wenn unsere Partei eine Standaktion auf dem Bahnhofplatz durchführen will, um Lebkuchen zu verteilen, müssen unsere Leute eine Bewilligung haben. Aber dieses Antifa-Pack macht einfach, was es will", sagt Wasserfallen.

 Kritik an Nause und Käser

 Für den Nationalrat ist klar, dass die Polizei hätte einschreiten müssen. "Der Rechtsstaat gilt für alle. Es kann nicht sein, dass man diese Leute gewähren lässt, nur weil man befürchtet, dass sie sonst noch mehr Ärger machen. Das kommt einer Kapitulation gleich." Der Rechtsstaat werde so schrittweise abgeschafft und gelte nur noch für diejenigen, die sich grundsätzlich an die Regeln halten.

 Wasserfallen übt harte Kritik am städtischen Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP). "Leider spielt Herr Nause das Spiel der Antifa mit, was mich von einem bürgerlichen Gemeinderat massiv enttäuscht." Auch sein Parteikollege, der kantonale Polizeidirektor Hans-Jürg Käser, habe versagt. "Es ist seine Aufgabe, dem Rechtsstaat Geltung zu verschaffen", so Wasserfallen.

 Nause: "Schaden geringer"

 In der gestrigen Ausgabe der BZ verteidigte Reto Nause die Politik der Stadt. Die Fakten würden für Berns Demo-Management sprechen. "Wenn man die Schadensumme der letzten beiden Jahre addiert und mit den Jahren davor vergleicht, wird man feststellen, dass nur noch sehr wenig passiert ist", so Nause.

 Der CVP-Gemeinderat verurteilte die Antifa-Aktivisten ebenfalls scharf. Ihr Verhalten sei "dumm", sagte er.

Ralph Heiniger

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BZ 9.10.10

Leserbriefe

 "Warum jedes Mal gewalttätig?"

 Zum Artikel "Wieder einige unverbesserliche" vom 4. 10.

 Mit Ohnmacht, Betroffenheit und Befremden haben wir die Antifa-Demo vom vergangenen

 Samstag hautnah miterlebt. Leider ist es wohl so, dass die Stadt und der Staat hier nur noch für Schadensbegrenzung sorgen können. Für die Stadt ist der Ausgang dieser Demo offenbar ein Erfolg, weil im Vergleich zu anderen Jahren nur sehr geringe Schäden entstanden sind. Für die Hausbesitzer an der unteren Junkerngasse sind die Schäden aber nicht gering. Wir müssen ab und zu Graffiti entfernen lassen, aber unsere Hausfassaden wurden noch nie in diesem Umfang verschmiert. Wir möchten höflich anfragen, wer jetzt für diesen Schaden zuständig ist. Wir erwarten, dass die Stadt für die Reinigung aufkommt! Gerne würden wir auch von Gemeinderat Nause erfahren, warum neuerdings solche Demonstrationen durch die Junkerngasse geführt werden. Unverständlich bleibt, warum eine antifaschistische Demonstration, welche sich gegen rechtsextreme Gewalt richtet, jedes Mal so gewalttätig verlaufen muss.

 Sandra und Stefan HenziBern

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 "Lieber Chaoten"

 Am 10. Abendspaziergang der Antifa wurden einmal mehr Schäden und Kosten von mehreren 100 000 Franken verursacht (inklusive Polizeieinsatz). Öffentliche Gebäude, Sandsteinfassaden, Schaufenster, Plakatwände wurden versprayt. Zum Ärger der Benutzer wurde der ÖV von den Chaoten zeitweise stillgelegt. Leuchtpetarden wurden gegen Häuser und offene Fenster geschossen. Pflastersteine, Glasflaschen und andere Gegenstände wurden gegen Polizisten, welche sich im Innenhof des Untersuchungsgefängnisses an der Hodlerstrasse befanden, geworfen. Dies alles bezeichnet man heute als ruhige Demo!

 Einmal mehr hat sich gezeigt, dass sich der Gemeinderat lieber dem linken Chaotentum der Reitschule beugt, als dem Gesetz Geltung zu verschaffen. Sogar den Angriff auf Leib und Leben unserer Gesetzeshüter nimmt der Gemeinderat in Kauf, nur um seine linke Wählerschaft nicht zu verärgern. Bezahlen müssen dieses Vorgehen einmal mehr die geschädigten Hauseigentümer und der Steuerzahler in der Stadt Bern. Und zu guter Letzt feiern die Antifa-Demonstranten noch in der Reitschule ihren Abendspaziergang, und auch hier zahlt der Steuerzahler durch die Leistungsverträge an der Reitschule und ihrer eingemieteten Kulturinstitutionen mit.

 Roland Jakob, SVP-StadtratBern

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Bund 8.10.10

Reto Nause: "Demo war nervig, blöd und kontraproduktiv"

 Die unbewilligte Demonstration auf dem Bahnhofplatz ärgert den Polizeidirektor.

 Markus Dütschler

 Ein Menschenpulk auf dem Bahnhofplatz am Mittwochabend: laute Musik, Bier fliesst, Transparente hängen vom Baldachin herunter, jemand schiesst mit einem Luftgewehr auf SVP-Symbole ("Bund" von gestern). Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) ist not amused. Er findet deutliche Worte für die nicht genehmigte Demonstration: "Sie war nervig, blöd und kontraproduktiv." Ironischerweise machten sich die "Meitschi und Buben" abermals zu Wasserträgern der SVP.

 Eine Spontandemo im Sinne des Reglements war der Anlass laut Nause nicht. Die linken Organisatoren wollten damit an den "Widerstand" gegen den Marsch der SVP durch Bern am 6. Oktober 2007 erinnern. Bei der ebenso unbewilligten Gegenkundgebung kam es zu wüsten Krawallen. Laut Nause hätte die Aktion vom Mittwoch - wenn auch nicht auf dem Bahnhofplatz - wohl genehmigt werden können, sofern jemand um eine Bewilligung nachgesucht hätte. Die Polizei hielt sich am Mittwoch diskret im Hintergrund und beobachtete die Lage.

 Tanzt da jemand der Stadt auf der Nase herum? Nause verurteilt die Aktion. Er begreife zum Teil, wenn der zurückhaltende Kurs des Gemeinderats als zu pragmatisch kritisiert werde. Er verweist aber auf die Erfolge dieser Politik: Die Aktion bleibe weitgehend bedeutungslos, und grosse Krawalle habe es seit zwei Jahren nicht mehr gegeben. Die Polizei müsse verhältnismässig vorgehen und Sach- und Personenschäden vermeiden. Das habe sie getan. Einen Entfernungsartikel im Kundgebungsreglement habe das Volk nicht gewollt, bedauert Nause: "Nun müssen wir mit dieser Lücke weiterleben."

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BZ 8.10.10

Demo auf Berns Bahnhofplatz

 "Dumme Aktivisten"

 Auf dem Berner Bahnhofplatz schossen Antifa-Aktivisten auf SVP-Zielfiguren. Gemeinderat Reto Nause verurteilt das scharf.

 Ihr Verhalten sei dumm, sagt Berns Sicherheitsdirektor Reto Nause über die linken Aktivisten, die am Mittwoch unter dem Baldachin auf dem Bahnhofplatz eine unbewilligte Kundgebung durchgeführt haben. Am "Anti-SVP-Aktionstag" schossen die Linksextremen unter anderem mit Paintball-Pistolen auf Zielfiguren, auf denen ein SVP-Logo angebracht war. "Mit ihren Aktionen machen diese Leute die beste Wahlwerbung für die SVP", sagt CVP-Gemeinderat Nause im Interview.

 Die Polizei war zwar vor Ort, liess die Aktivisten aber gewähren. Nause muss sich deshalb gegen den Vorwurf wehren, die Stadt Bern kusche vor der Antifa. "Wenn man das DemoManagement der Stadt beurteilen will, dann muss man die Fakten ansehen. Die Fakten sprechen für unsere Politik", erklärt Nause. Es sei zu keinen Sachbeschädigungen gekommen, und es seien auch keine Passanten in Gefahr gewesen, betont die Kantonspolizei.
 rah

 Seite 21

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Aktivisten auf dem Berner Bahnhofplatz

 "Dieses Verhalten ist dumm"

 Berns Sicherheitsdirektor Reto Nause verurteilt den Anti-SVP-Aktionstag. Er wehrt sich gegen den Vorwurf, dass die Stadt vor der Reithallenszene kuschen würde. Die Fakten würden für die Politik der Stadt sprechen, so Nause.

 Reto Nause, mit welcher Strafe muss ich rechnen, wenn ich am Berner Bahnhof ohne Bewilligung Alkohol verkaufe?

 Reto Nause: Dann werden Sie verzeigt.

 Wurden die Leute, die dies im Rahmen des Anti-SVP-Aktionstages gemacht haben, auch verzeigt?

 Wir haben diverse Leute identifiziert und werden prüfen, aufgrund welcher Sachverhalte wir Anzeige erstatten können.

 Warum kuscht die Stadt Bern bei Antifa-Demonstrationen?

 Das ist eine Unterstellung. Wenn man das Demo-Management der Stadt beurteilen will, dann muss man die Fakten ansehen. Die Fakten sprechen für unsere Politik. Wenn Sie die Schadensumme der letzten beiden Jahre addieren und mit den Jahren davor vergleichen, werden Sie feststellen, dass nur noch sehr wenig passiert ist. Wir beurteilen jede Kundgebung für sich. Dabei ist es das oberste Ziel der Stadt Bern, Personen zu schützen und Sachschäden zu verhindern. Es kam am Mittwoch zu keinen Sachbeschädigungen. Ausserdem war die Polizei vor Ort und hätte eingegriffen, wenn durch die Aktionen Passanten gefährdet worden wären.

 Also sind Sie mit dem Einsatz der Polizei zufrieden?

 Die Polizei hat ausgezeichnet gearbeitet und sich taktisch äusserst klug verhalten.

 Und wie beurteilen Sie das Verhalten der Antifa-Aktivisten?

 Ihr Verhalten war dumm. Mit ihren Aktionen machen diese Leute die beste Wahlwerbung für die SVP. Ausserdem haben sie keine Bewilligung für die Kundgebung eingeholt, sie haben ohne Erlaubnis Alkohol verkauft und Konzerte veranstaltet.

 Warum schaut die Stadt einfach zu?

 Wir müssen innerhalb der bestehenden Rechtsordnung agieren. In der Stadt Bern gibt es von Gesetzes wegen eine hohe Toleranzgrenze gegenüber solchen Kundgebungen. Der Entfernungsartikel wurde zum Beispiel erst kürzlich vom Volk abgelehnt.

 Am Sonntag vor einer Woche wurde die Reitschule-Initiative abgelehnt. Seither fanden bereits zwei Kundgebungen der Antifa statt. Glauben Sie, dass es in diesem Stile weitergeht?

 Weder der Antifa-Spaziergang noch der Anti-SVP-Aktionstag sind neu. Diese Veranstaltungen gibt es schon länger. Dieses Jahr fanden sie einfach innerhalb weniger Tage statt.

 Hält die Stadt künftig an ihrem "pragmatischen Weg" im Umgang mit Demonstrationen fest?

 Ob wir auch in Zukunft so weitermachen wie jetzt, hängt von den Organisatoren der Kundgebungen und vom Kontext ab. Grundsätzlich gibt es aber ein Recht auf freie Meinungsäusserung , und auch die Versammlungsfreiheit ist in der Bundesverfassung festgeschrieben.

 Und wenn zum Beispiel PNOS-Aktivisten auf Zielscheiben von SP-Politikern schiessen würden?

 Das ist eine rein hypothetische Frage. Wir reden doch besser über die Probleme, die jetzt auf dem Tisch liegen. Es wäre nicht seriös, wenn ich dazu jetzt eine Aussage machen würde. Grundsätzlich wird jede Kundgebung individuell beurteilt.
 
Interview: Ralph Heiniger

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 Reitschüler:

 "Nicht immer verantwortlich"

 Organisiert wurde der 3. Anti-SVP-Aktionstag vom sogenannten Bündnis 6. Oktober. "Das jährliche Fest setzt ein Zeichen gegen die rassistische Politik der SVP", schreibt das Bündnis in einer Medienmitteilung.

 Auf Anfrage äusserte sich auch die Mediengruppe der Reitschule: "Die Reitschule ist ein Kultur- und Begegnungszentrum und kann nicht für sämtliche politischen Aktionen verantwortlich gemacht werden."
 tob

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 Kein Spielzeug, sondern Waffe

 Antifa-Aktivisten haben am Bahnhof mit Paintballwaffen geschossen. Durch ein solches Geschoss kann man ein Auge verlieren.

 "Wenn es dumm läuft, kann man durch eine solche Kugel ein Auge verlieren", sagt der Berner Büchsenmacher und Waffenexperte Gaston Poyet. Bei den Waffen, mit denen am Bahnhof geschossen wurde, handelt es sich um Gotcha-Pistolen des Kalibers 68. Sie verschiessen Farbkugeln und werden beim Paintball verwendet. Paintball ist ein Mannschaftssport, bei dem Gegenspieler mit Farbmunition markiert werden. In Insiderkreisen werden die Gotcha-Pistolen deshalb auch als Markierer bezeichnet.

 Wie auf der Internetseite der Kantonspolizei Bern nachzulesen ist, fallen Paintballpistolen unter das Waffengesetz. Für den Erwerb von solchen Waffen ist ein schriftlicher Vertrag notwendig. Wenn Sicherheitsvorschriften eingehalten werden, können Paintballpistolen auf abgesperrtem und privatem Grund ohne Bewilligung benutzt werden. "Sollte der Grund jedoch öffentlich, das heisst im Besitz der Gemeinde oder des Staats sein, ist deren Einwilligung einzuholen", schreibt die Kantonspolizei.

 "Es kam im Rahmen der Kundgebung zu einer Anhaltung, welche für den Betroffenen eine Anzeige zur Folge hat", sagte Polizeisprecherin Florie Marion gestern auf Anfrage. Weswegen diese Person angehalten worden war, sagte Marion gestern allerdings nicht.

 Die Polizei betont, dass sie mit uniformierten und zivilen Polizisten vor Ort war. Zu Sachbeschädigungen sei es nicht gekommen, und es seien auch keine Personen gefährdet worden.
 rah

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 Bahnhofplatz

 Schüsse unter dem Baldachin

 Die Passanten staunten am Mittwochabend nicht schlecht: Auf dem Bahnhofplatz wird geschossen: mit Paintballwaffen auf Metallfiguren. Dort, wo die Farbkugeln die papierenen SVP-Logos trifft, klafft ein grosses Loch. Viele schauen kurz hin. Die meisten gehen kopfschüttelnd weiter. Zwei Fragen sind erlaubt: Was wäre, wenn jemand getroffen würde? Und warum darf unter dem Baldachin geschossen werden?
 cng

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Indymedia 7.10.10

Communiqué zum Anti-SVP-Tag ::

07-10-2010 17:01     

AutorIn : Bündnis 6. Oktober         

Gestern, 6.Oktober 2010, fand zum dritten Mal das Anti-SVP-Fest auf dem Bahnhofplatz statt. Um die 300 BesucherInnen und mehrere Dutzend Passanten lauschten den verschiedenen musikalischen KünstlerInnen, wie Tommy vercetti oder Lo & Leduc, genossen leckere Vegan-Burgers oder vergnügten sich beim lustigen, aber völlig ungefährlichen Paintball-Schiessstand auf braune Holzstatuen.

Gestern, 6.Oktober 2010, fand zum dritten Mal das Anti-SVP-Fest auf dem Bahnhofplatz statt. Um die 300 BesucherInnen und mehrere Dutzend Passanten lauschten den verschiedenen musikalischen KünstlerInnen, wie Tommy vercetti oder Lo & Leduc, genossen leckere Vegan-Burgers oder vergnügten sich beim lustigen, aber völlig ungefährlichen Paintball-Schiessstand auf braune Holzstatuen.

Das Anti-SVP-Fest findet jedes Jahr am 6.Oktober statt und setzt ein Zeichen gegen die fremdenfeindliche, rassistische Poltik der SVP sowie anderen faschistischen Parteien und Gruppierungen. Vor drei Jahren wollten FunktionärInnen und AnhängerInnen der SVP einen "Marsch auf Bern" (angelehnt an Mussolinis "Marsch auf Rom") durchführen. Dieser Umzug wurde damals jedoch von zahlreichen AntifaschistInnen erfolgreich verhindert.

Die SVP betreibt eine auf Emotionen und Ängsten basierende Politk, mit der gezielt Ängste geschürt und Hass gesät. So behauptet die SVP, dass an einer hohen Kriminalitätsrate die AusländerInnen schuld seien. Es komme also auf die Herkunft der Menschen an, ob mensch kriminell oder nicht. Soziale Verhältnisse werden ausser Acht gelassen.
Des Weiteren befindet die SVP MigrantInnen, die keinen Job/Lehrstelle finden als nicht intergrationswillig. Dass es eine fremdenfeindliche Haltung oder zumindest eine diffuse Angst vor Fremden unter UnternehmerInnen gibt, spielt der SVP keine Rolle. Es werden Menschen aufgrund ihres Namens benachteiligt und ausgeschlossen, somit wird es erheblich schwerer eine Lehrstelle/Anstellung zu erhalten.

Es geht aber nicht nur darum die SVP und ihre Politik zu kritisieren, sondern aufzuzeigen, dass hinter der Trennung "SchweizerInn - AusländerInn" letztendlich der Staat steht. Der Staat mit all seinen Behörden und Ämtern sagt wer dazugehört, wer geduldet und wer hier nicht erwünscht ist.

Der Kampf gegen Rassismus und Faschismus ist mit dem Anti-SVP-Tag aber noch lange nicht getan. Es ist ein tagtäglicher Kampf, den wir gemeinsam bestreiten müssen.
Wo immer FaschistInnen am Werk sind, dürfen wir nicht zögern Widerstand zu leisten.

Bündnis 6. Oktober

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RABE-INFO
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Fr. 8. Oktober 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_8._Oktober_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_8._Oktober_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%208.%20Oktober%202010
- Verstrickungen zwischen der Gentechlobby und der europäischen  Lebensmittelkontrolle
- Wenn fremde Flaggen gehisst werden: Heftige Emotionen in Murten
- Bielersee-Manifest: Jugendliche ergreifen die Stimme

Links:
http://www.charlatan.ch

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ANTIFA 2: ANTI-PNOS
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Bund 9.10.10

Minarett-Gegner distanzieren sich von Kundgebung der Pnos

 Linksautonome wollen die heutige Demonstration vor der Moschee in Langenthal verhindern.

 Sebastian Meier

 "Es ist schwer einzuschätzen, was passieren wird", sagt der Langenthaler Gemeindepräsident Thomas Rufener (SVP) nach der letzten Rücksprache mit der Polizei. Thema der Sitzung war eine für heute Nachmittag angekündigte Kundgebung der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) und der Auto-Partei vor der Moschee an der Bützbergstrasse. Die Stadt hat die Demonstration zwar bewilligt, angekündigt ist aber zur gleichen Zeit auch eine Gegendemonstration linksautonomer Aktivisten. "Die Demonstration gilt es zu verhindern", schrieben die Antifa-Sektionen Bern und Oberland in ihrem schweizweit verbreiteten Aufruf.

 Die Gemüter erhitzten sich wegen eines rund zwei Wochen alten Entscheides der kantonalen Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion (BVE). Diese hatte entschieden, dass die muslimische Glaubensgemeinschaft Xhamija e Langenthalit auf ihrer Moschee an der Bützbergstrasse ein Minarett bauen darf. Dies fast ein Jahr nachdem das Schweizer Stimmvolk ein Bauverbot für muslimische Gebetstürme deutlich angenommen hatte.

 Uneinige Minarettgegner

 In der SVP - der Initiantin des Minarettverbots - stösst die bewilligte Kundgebung indes auf wenig Rückhalt. "Ich bin jedenfalls nicht dabei", sagt etwa Patrick Freudiger, Fraktionspräsident der SVP Langenthal und Mitglied des Komitee gegen die strategische Islamisierung. In der Frage nach dem Langenthaler Minarett stünde er zwar auf der Seite der Aktivisten, doch wolle er sein Engagement als Kampf gegen das Minarett und nicht gegen eine Religionsgemeinschaft verstanden wissen. Im Gegensatz zu den Parteien rechts der SVP bleibe er "auf dem Weg der Freiheit".

 Für das gleiche Ziel gebe es verschiedene Wege, sagt auch Daniel Zingg (EDU), Mitinitiant der Minarett-Initiative und Sprecher des gegründeten Komitees Stopp Minarett Langenthal. Der eingeschlagene Weg stehe einer sachlichen Auseinandersetzung im Wege: "Die Frage eskaliert zu einem Kampf zwischen links und rechts", sagt er und distanziert sich entschieden von der Kundgebung. Die pauschalisierenden Positionen von Pnos und Auto-Partei hätten "einen braunen Anstrich" und drängten damit auch fundamentalistische Muslime in eine bequeme Opferrolle.

 Weg übers Verwaltungsgericht

 Anstelle der direkten Konfrontation wollen sowohl Zingg als auch Freudiger das Langenthaler Minarett über rechtliche Kanäle zu Fall bringen. Beide Minarettgegner kündigten an, das bewilligte Baugesuch vor dem Verwaltungsgericht anzufechten. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich ein Gericht über die Verfassung hinwegsetzt", sagt Freudiger. Die Argumentation der Baudirektion sei "nicht stichhaltig", sagt auch Zingg. Seit 2006 liegt das umstrittene Gesuch auf der Gemeindeverwaltung. Weil daraufhin über 70 Einsprachen eingegangen waren, zog sich das Bewilligungsverfahren über dreieinhalb Jahre hin. Die BVE hiess das Gesuch der Glaubensgemeinschaft schliesslich mit dem Verweis gut, dass neues Recht nicht auf hängige Baugesuche angewandt werden könne.

 Weshalb sich die Gemüter am drei Meter hohen Gebetsturm so sehr erhitzen, sei für ihn nicht nachvollziehbar, sagt Mutalip Karaademi, Präsident des muslimischen Kulturzentrums. Die These, das Minarett sei die Speerspitze des Islamismus, hält er für masslos übertrieben. "Ich liebe dieses Land, und ich liebe diese Stadt", sagt er. Dazu gehöre auch ein Respekt vor den demokratischen Institutionen. Auch wenn er mit gemischten Gefühlen auf die kommende Demonstration blicke und für ihn der Samstag "eigentlich der Tag der Familie" sei, so respektiere er doch das Demonstrationsrecht. Er habe die rund 50 Mitglieder der Glaubensgemeinschaft aber angewiesen, zu Hause zu bleiben, um nicht unnötig Öl ins Feuer zu giessen.

 Es sei aber ebenfalls eine demokratische Institution gewesen, welche das Baugesuch genehmigt habe. Auf das Minarett zu verzichten, sei für ihn deshalb nach wie vor keine Option.

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BZ 9.10.10

Minarett-Demo

 Gespannte Ruhe

 Vor den beiden für heute angekündigten Demos beim Bahnhof und der Moschee herrscht in Langenthal gespannte Ruhe.

 Alle warten - niemand weiss, was passiert. Bei der Medienstelle der Kantonspolizei, auf der Stadtverwaltung und bei den Exponenten der Links- und Rechtsextremen gabs gestern keine Neuigkeiten. Einzig der Sprecher des Aktionskomitees "Stopp Minarett", Daniel Zingg (EDU), verschickte eine Meldung. Er schreibt: "Wir bedauern, dass die Stadt Langenthal die Bewilligung zu der von der Pnos und der Autopartei organisierten Demo erteilt hat und distanzieren uns nach wie vor von den Organisatoren dieser Kundgebung."

 Für das Aktionskomitee "Stopp Minarett" sei diese Bewilligung in einer so heiklen Sache nicht nachvollziehbar. Wisse man doch aus der Vergangenheit, dass es extremen politischen Gruppierungen oft bloss um Publizität und nicht um die Sache gehe. Das Komitee "Stopp Minarett" werde auf dem rechtlichen Weg die erteilte Baubewilligung für das Minarett anfechten. Zudem plane man Anfang November in Langenthal eine öffentliche Veranstaltung. Dort könne sich auch die Bevölkerung äussern.

 Um 14.30 Uhr soll vor dem islamischen Glaubenszentrum an der Bützbergstrasse die bewilligte Kundgebung von Pnos und Autopartei stattfinden. Um 14 Uhr treffen sich die Linksautonomen am Bahnhof. Sie wollen die Kundgebung verhindern. Die Polizei erklärte auf Anfrage, für die Bevölkerung bestehe keine Gefahr.
 rgw

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Langenthaler Tagblatt 9.10.10

Langenthal Kommt es zum Gewaltausbruch?

 Das könnte heute in Langenthal ein heisser Samstag werden vor dem Lokal der islamischen Glaubensgemeinschaft Xhamia e Langenthalit an der Bützbergstrasse. Ein Komitee aus Pnos und Autopartei hat eine Kundgebung gegen das geplante Minarett der Glaubensgemeinschaft angekündigt. Jetzt lancieren Linksaktivisten eine Gegenbewegung. Unbekannte rufen im Internet dazu auf, "Eigeninitiative zu zeigen und am Samstag nach Langenthal zu fahren, um diese Nazis zu stören". Kommt es in Langenthal zu einem Schlagabtausch zwischen Linken und Rechten? Dominic Lüthard, Präsident der Pnos Schweiz und Organisator der Anti-Minarett-Kundgebung, lässt sich von den Linksaktivisten jedenfalls nicht beirren: "Wir haben eine Bewilligung der Stadt, deshalb werden wir ganz klar an unserem Vorhaben festhalten." Die Aktion der Linksaktivisten will Lüthard gar nicht kommentieren. Die Stadt bewilligte die Demo Anfang dieser Woche. Laut Stadtpräsident Thomas Rufener (SVP) bleibt es dabei. Daran habe sich nichts geändert, sagte er am Donnerstag. Gestern wollte er aber nochmals Rücksprache nehmen mit der Polizei. Nichts mit der Kundgebung zu tun haben will das Aktionskomitee "Stopp Minarett". Dieses wehrt sich seit langem auf juristischem Weg gegen das geplante Religionssymbol. (mz)

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Indymedia 8.10.10

Gegendemo gegen den Naziaufmarsch in Langenthal verschoben!

AutorIn : Antifa     : http://www.antifa.ch/index.php/agenda/2010agenda/15116-gegendemo-gegen-den-naziaufmarsch-in-langenthal-verschoben.html

Wir haben uns entschlossen, die Kundgebung gegen die PNOS von morgen Samstag kurzfristig zu verschieben.     

Unser Anliegen ist es, die polarisierte Stimmung nicht noch weiter anzuheizen und unseren Protest gegen die rassistische Hetze der extremen Rechten mit möglichst vielen Menschen aus unterschiedlichen politischen Kreisen auf die Strasse zu tragen.

Deshalb rufen wir für den Samstag, 30. Oktober 2010, in Langenthal zu einer Demo gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausgrenzung auf.

Antifa Bern, Antifa Oberland, REPRO

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Langenthaler Tagblatt 8.10.10

Kommt es zum Gewaltausbruch?

Tobias Granwehr

 Minarett Linksaktivisten rufen zur Gegenbewegung auf. Damit soll die angekündigte Anti-Minarett-Demo gestört werden. Die Stadt hält trotzdem an der Bewilligung fest.

 Das könnte ein heisser Samstag werden vor dem Lokal der islamischen Glaubensgemeinschaft Xhamia e Langenthalit an der Bützbergstrasse. Ein Komitee aus Pnos und Autopartei hat eine Kundgebung gegen das geplante Minarett der Glaubensgemeinschaft angekündigt (wir berichteten). Jetzt lancieren Linksaktivisten eine Gegenbewegung. Unbekannte rufen im Internet dazu auf, "Eigeninitiative zu zeigen und am Samstag nach Langenthal zu fahren, um diese Nazis zu stören".

 Kommt es in Langenthal zu einem Schlagabtausch zwischen Linken und Rechten? Dominic Lüthard, Präsident der Pnos Schweiz und Organisator der Anti-Minarett-Kundgebung, lässt sich von den Linksaktivisten jedenfalls nicht beirren: "Wir haben eine Bewilligung der Stadt, deshalb werden wir ganz klar an unserem Vorhaben festhalten." Die Aktion der Linksaktivisten will Lüthard gar nicht kommentieren: "Wir legen den Fokus auf das Minarett und nicht auf das Thema rechts gegen links." Das Komitee aus Pnos und Autopartei wolle gegen das Minarett demonstrieren - und nicht einen Strassenkampf hervorrufen, sagt er.

 Die Stadt bewilligte die Demo Anfang dieser Woche. Laut Stadtpräsident Thomas Rufener (SVP) bleibt es dabei. Daran habe sich nichts geändert, sagte er gestern. Heute Freitagmorgen wolle er aber nochmals Rücksprache nehmen mit der Polizei, so Rufener.

 Die Demonstration steht unter dem Motto "Nein zum Minarett in Langenthal". Die islamische Glaubensgemeinschaft akzeptiere den Volkswillen nicht, begründet Lüthard die Kundgebung der Rechtsparteien. Vielleicht werde die Gemeinschaft nach der Demo von ihrem Vorhaben absehen. Nichts mit der Kundgebung zu tun haben will das Aktionskomitee "Stopp Minarett". Dieses wehrt sich seit langem auf juristischem Weg gegen das geplante Religionssymbol.

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BZ 8.10.10

Minarett-Demo

 Jetzt gegen Rassismus

 Pnos und Autopartei demonstrieren am Samstag in Langenthal gegen das bewilligte Minarett. Seit gestern mobilisieren aber Antifa Bern und Oberland nach eigenen Angaben schweizweit, um die "Rassisten" zu stören. Ihnen ist das Minarett weitgehend egal. Sie wollen die bewilligte Kundgebung, die sie als Naziaufmarsch bezeichnen, verhindern. Pnos und Autopartei würden nicht bloss gegen ein Bauwerk demonstrieren, sondern gegen fremde Kulturen, für Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung. Die Antifa spricht von einer Gegenplattform zur Ausgrenzung ethnischer und religiöser Minderheiten.
 rgw

Seite 21

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Demo Langenthal

 Minarett wird zur Nebensache

 Langenthal steht ein heisser Samstag bevor: Die Antifa mobilisiert jetzt schweizweit. Sie will die bewilligte Pnos-Demo verhindern. Das Minarett ist dabei Nebensache. Für die Bevölkerung bestehe keine Gefahr, sagt die Polizei.

 Die für Samstag geplante Kundgebung der Partei national orientierte Schweizer (Pnos) sowie der Berner Autopartei vor dem islamischen Kulturzentrum Langenthal sei nicht bloss eine Demonstration gegen ein Bauwerk, sondern eine gegen fremde Kulturen. "Diese Demonstration steht für Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung", schreiben die Exponenten der Antifa Bern und Oberland. Solche Tendenzen seien mit der Politik der SVP mehrheitsfähig geworden. Die Pnos versuche nun an diese Anliegen anzuknüpfen. Deshalb wolle man die Demonstration der Pnos am Samstagnachmittag verhindern "und eine Gegenplattform zur zunehmenden Ausgrenzung von ethnischen und religiösen Minderheiten schaffen".

 "Mobilisieren schweizweit"

 Ein direkter Kontakt zu den Antifaleuten ist nicht möglich. Einzelne Fragen beantworteten sie jedoch per Mail: "Unser Hauptanliegen ist es, ein klares Zeichen gegen diese rechtsextreme Kundgebung zu setzen. Es geht uns nicht um Abrechnungen oder um dieses Minarett. Wir finden es generell nötig, dass rassistische Ansichten nicht unwidersprochen bleiben dürfen." Wie viele Leute ihrem Aufruf folgen werden, sei aufgrund der kurzen Vorbereitungszeit schwer abzuschätzen, schreiben sie. Wir mobilisieren schweizweit via Internet und Flyer."

 Während Pnos und Autopartei um 14.30 Uhr direkt vor dem Lokal der islamischen Glaubensgemeinschaft demonstrieren wollen, treffen sich die Linken um 14 Uhr bei der Hauptpost.

 Polizei warnt nicht

 Pnos und Autopartei haben eine Bewilligung der Stadt Langenthal erhalten. Am Samstag liegt die Verantwortung jedoch bei der Kantonspolizei. Die beantwortet aus taktischen Gründen keine Fragen. "Eine Warnung an die Bevölkerung ist zurzeit nicht nötig", sagt jedoch Mediensprecher Michael Fichter. Aber man werde die Entwicklung natürlich genau verfolgen.

 2006 gings gut aus

 Am 16. Dezember 2006 konnte der damalige Gemeinderat Werner Meyer (FDP) zusammen mit der Polizei bei einer fast identischen Ausgangslage ein direktes Aufeinandertreffen von Pnos und Linksautonomen verhindern. Damals konnten die Antifaleute auch davon abgebracht werden, ins Langenthaler Stadtzentrum zu marschieren.

 Anders 2004: Rund 150 Rechtsradikale wollten die Langenthaler 1.-Mai-Kundgebung stören. Am Bahnhof trafen sie auf 70 Linksautonome, die aus Olten angereist waren. 25 Polizisten konnten eine wüste Schlägerei nicht verhindern.

 Auch in Burgdorf 2009

 Burgdorf bereitete sich am 8. März 2009 auf angekündigte Auseinandersetzungen zwischen Rechts- und Linksradikalen vor. Damals zogen die Pnos-Leute jedoch überraschend nach Bern weiter.

 Langenthals Stadpräsident Thomas Rufener (SVP) konnte gestern Abend nichts Neues sagen. Die Stadt werde ungewollt zum Schauplatz auswärtiger Demonstranten, und das Minarett stehe dabei nicht mehr im Mittelpunkt. Er verfolge die Lage permanent und beurteile sie zusammen mit der Kapo.

 Anwalt wird klagen

 Am Samstag geht es in Langenthal jetzt kaum mehr ums Minarett, sondern um Links- gegen Rechtsextreme. Einer bleibt besonnen: Mutalip Karaademi. Als Präsident der islamischen Glaubensgemeinschaft Langenthal will er Fragen um das Minarett auf juristischem Weg klären. Er und seine Leute werden nicht vor Ort sein. Ihr Anwalt will aber bei Sachbeschädigungen klagen.

Robert Grogg

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PRIVAT-SECURITY
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BZ 9.10.10

Sicherheitsdienste

 Mehr staatliche Kontrolle für Privatpolizisten

 Private Sicherheitsdienste werden bisweilen selber zum Sicherheitsproblem. Nun werden sie in die Schranken gewiesen.

 Bei privaten Sicherheitsfirmen herrscht Wildwuchs. Innert zehn Jahren hat sich die Zahl der Schweizer Security-Mitarbeiter auf 16 000 verdoppelt.

 Ein Grund dafür ist, dass der Berufsstand kaum geschützt ist. Im Kanton Bern etwa darf sich jeder im Objekt- oder Personenschutz betätigen - ungeachtet seiner Vergangenheit oder seiner sozialen Kompetenz. Ja, er braucht dafür nicht einmal eine Ausbildung. Laut den kantonalen Polizeidirektoren treiben darum auch unseriöse Firmen und Personen ihr Unwesen.

 Damit soll nun Schluss sein. Der Vorstand der kantonalen Polizeidirektorenkonferenz verlangt neue Mindeststandards. Dazu gehört, dass eine Betriebsbewilligung zwingend vorgeschrieben wird. Zudem soll für sämtliche Personen, die in diesem Bereich arbeiten, eine obligatorische Ausbildung sowie eine Berufsausübungsbewilligung eingeführt werden.

 Der Gesetzesentwurf wird bereits im November der Versammlung und alsdann den Kantonen vorgelegt. Der Widerstand dürfte sich in Grenzen halten. Selbst der Verband Sicherheitsdienstleister sieht nämlich die staatliche Kontrolle nicht als Schikane, sondern als Chance an, um das ramponierte Image der Branche zu verbessern.
 pas

 Seite 3

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Sicherheitsdienste

 Ausbildungspflicht für Hobbycops

 Im Kanton Bern kann sich jeder eine Uniform überziehen und sich Security-Mann nennen. Damit soll nun Schluss sein. Ein Gesetzesentwurf verlangt für alle Mitarbeiter im Sicherheitsbereich eine minimale Ausbildung - schweizweit.

 Die Sicherheitsbranche boomt. Gemeinden landauf, landab heuern Private für Patrouillengänge an, wenn sie Probleme haben mit Vandalismus, Schlägereien, Diebstählen oder Alkoholexzessen unter Jugendlichen. Während die Zahl der Polizisten in der Schweiz seit Jahren bei 16 000 stagniert, hat sich jene der privaten Hilfssheriffs im gleichen Zeitraum auf 16 000 mehr als verdoppelt. Bald dürfte ihr Heer grösser sein als jenes der Staatsdiener. Für den Verband des Schweizerischen Polizeibeamtenverbands zeigt diese Tendenz vor allem eins, "nämlich, dass der Staat die Sache nicht im Griff hat".

 Tatsächlich tummeln sich unter den privaten Sicherheitsdiensten unseriöse Klein- und Kleinstbetriebe, die vermehrt für Negativschlagzeilen sorgen. Aufsehen erregte beispielsweise der Sicherheitsdienst des Berner Clubs Mad Wallstreet, dessen Agenten am frühen Morgen des 29. November 2009 mehrere Gäste mit Schlägen traktierten, mit Handschellen fesselten, sie ins Bahnhofparking schleppten und dort unter massivem Druck festhielten - so lange, bis sie ihrerseits von der Bahnpolizei zur Räson gebracht wurden. Der Fall ist bei der Justiz hängig.

 Ausbildung wird Pflicht

 Das Problem ist immer wieder dasselbe: In Bern sowie in zehn weiteren Kantonen ist der Berufsstand des Security-Mannes nicht geschützt. Oder anders gesagt: Hier darf sich jeder ein geeignetes Tenü überziehen und Sicherheitsdienste anbieten. Diesem Treiben will die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) nicht weiter zusehen. Es gehe nicht an, dass im äusserst sensiblen Sicherheitsbereich "rambomässige" Hobbypolizisten eingesetzt würden, sagt deren Generalsekretär Roger Schneeberger. "Der Vorstand hat darum an seiner letzten Sitzung Zulassungsregeln und Qualitätsstandards verabschiedet, die künftig für alle Sicherheitsfirmen und deren Angestellte in der Schweiz verbindlich sein sollen", so Schneeberger auf Anfrage. Der Gesetzesentwurf betrifft die gesamte Branche, die im öffentlichen Raum tätig ist: vom Türsteher und Parkplatzkontrolleur über Objektschützer und Geldtransportunternehmen bis hin zum Privatdetektiv und Bodyguard. Sie alle sollen künftig nur noch arbeiten dürfen, wenn sie über das Schweizer Bürgerrecht oder seit mindestens zwei Jahren über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen, wenn sie einen guten Leumund und keine relevanten Vorstrafen haben und über eine spezifische Ausbildung verfügen. Die Uniformen der zivilen Ordnungsdienste müssen sich ausserdem klar von jenen der Polizei unterscheiden, und diese gibt auch vor, welche Waffen die Sicherheitsfachleute auf sich tragen dürfen. "Klar ist", betont Roger Schneeberger, "das Gewaltmonopol bleibt bei der Polizei." Zivile Dienste dürften nur dann einschreiten und Personen festhalten, wenn es sich um eine Notsituation handle.

 Mitmachen ist Pflicht

 Der Weg zum Gesetzesentwurf war ein langer. Die internationale Diskussion um die Auslagerung staatlicher Aufgaben an private Securitys bewog den Bundesrat zwar bereits 2007 dazu, seine Aufträge an solche Firmen in einer Verordnung zu regeln. In den Kantonen wird die Marktzulassung aber bis anhin sehr unterschiedlich gehandhabt. Die Westschweizer Kantone regeln die Zulassung in einem Konkordat, einige Deutschschweizer Kantone kennen eigenständige Zulassungsbedingungen, wieder andere gar keine. Zu letzteren elf gehört - wie bereits erwähnt - Bern. Eine Motion der Berner Nationalrätin Evi Allemann (SP) für eine Harmonisierung unter den Kantonen wurde 2008 abgelehnt.

 Nun also kommt der Systemwechsel über die kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren. "Ich bin zuversichtlich, dass die Vorlage an der Herbstversammlung im November passiert", sagt Roger Schneeberger. Wenn anschliessend fünf Kantone das Gesetz ratifizieren, kann ein entsprechendes Konkordat gegründet werden. "Unser Ziel ist aber, dass alle Kantone mitziehen", sagt Schneeberger. "Ansonsten macht die ganze Übung wenig Sinn." Was Schneeberger anspricht, ist das Problem des Binnenmarktgesetzes: Aufgrund dessen kann eine private Sicherheitsfirma mit einer Bewilligung in einem Kanton ihre Geschäftstätigkeit auf die gesamte Schweiz und sogar auf das Ausland ausweiten. Ein einziger Ausscherer unter den Kantonen würde also das ganze Konstrukt zum Einsturz bringen.

 Von den Sicherheitsfirmen selber ist kein Widerstand zu erwarten. "Wir befürworten die Einführung einheitlicher Qualitätsstandards ausdrücklich", sagt Wolfram Manner, Geschäftsleiter des Verbands Schweizerischer Sicherheitsdienstleistungsunternehmer (VSSU), dem 90 Prozent aller Security-Angestellten angeschlossen sind - "im Interesse der Branche und im Interesse unserer Kunden."

Pascal Schwendener

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KUFA LYSS
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BZ 9.10.10

Kulturfabrik Lyss

 Anwohner klagen über Lärm

 Vor einem Monat wurde die Kufa in Lyss eröffnet. Die Anwohner ziehen eine durchzogene Bilanz und fordern Verbesserungen.

 Als 2008 von der Gemeinde Lyss entschieden wurde, dass die Kulturfabrik (Kufa) beim Parkschwimmbad gebaut wird, feierten die Anwohner kein Freudenfest. Schliesslich war ein Kulturtempel mit regelmässigen Grossanlässen und einem Fassungsvermögen von 700 Personen geplant. "Wir realisierten, dass wir keine Möglichkeit hatten, den Bau zu verhindern, deshalb wollten wir mitreden", sagt Walter Marti, der Quartierleist Oberer Aareweg, der die Anwohner vertritt. Gesagt, getan. Bei jeder Bausitzung war fortan ein Vertreter der Anwohner dabei. Trotzdem gingen auf die Baueingabe vom Oktober 2008 24 Einsprachen ein. "Sieben Punkte mussten für uns erfüllt sein, für zwei erhielten wir mündliche Zusagen. Das hat uns nicht gereicht", erklärte Marti. Dazu gehörte unter anderem ein neuer Zugangsweg, damit die Besucher nicht durchs Quartier gehen, dass der Wald zwischen Quartier und Kufa als Lärmschutz bleibt und dass ein Fahrverbot durchs Quartier verhängt wird. Der grosse Teil der Anliegen ist bis heute erfüllt worden. "Teilweise kamen die Zusicherungen aber erst, nachdem wir unsere Einsprachen weitergezogen hatten", so Marti. Das ist passé. Die Kufa ist gebaut und seit Anfang September eröffnet.

 Aussprache konstruktiv

 Am Mittwoch fand der erste Austausch zwischen den Kufa-Betreibern, der Gemeinde Lyss und den Anwohnern statt. "Es war eine sachliche und kultivierte Sitzung", sagte Marti. Dabei stellte sich heraus, dass weder die Musik aus der Kufa noch lärmende Leute rund um das Lokal ein Problem sind, aber: "Auf dem Weg zum Bahnhof wurden grosse Blumenkübel umgestossen, es gab nächtliche Saufgelage mitten auf Quartierstrassen, und es wurden Leute morgens um halb vier aus dem Bett geklingelt", fasste Marti die Sorgen der Anwohner zusammen.

 Vor allem Bewohner der Bielstrasse waren die Leidtragenden. Da die Veranstaltungen jeweils von Donnerstag bis Samstag stattfinden, "müsse daran intensiv gearbeitet werden", sagt Marti. Ben Arn von der Kufa bedauert die Zwischenfälle: "Es ist schade, dass sich Einzelne nicht benehmen können." Die Kufa hat an der Sitzung erklärt, die Zwischenfälle seien auf öffentlichem Grund passiert und fallen deswegen nicht in ihren Zuständigkeitsbereich. Die Anwohner haben nun hohe Erwartungen an die Gemeinde. "Wir haben nichts von den Vorfällen gewusst und nehmen diese ernst", sagt Margrit Junker, die für die Kufa zuständige Gemeinderätin. Es könne nicht sein, dass Anwohner am Wochenende regelmässig geweckt würden.

 Personal vor Quartier

 Die Probleme könnten laut Marti mit einfachen Massnahmen gelöst werden: "Die Bushaltestelle müsste am Wochenende abends näher zur Kufa verlegt werden, und der Moonliner sollte unmittelbar davor halten." Die Anliegen sollen laut Junker geprüft werden, doch viele Hoffnungen macht sie den Anwohnern nicht: "Wir bauen in den nächsten zwei Jahren noch drei Kreisel dort. Bis dahin wird die Bushaltestelle kaum verschoben." Auch der Moonliner wird vorläufig nicht vor der Kufa halten, habe das zuständige Unternehmen entschieden. Eine erste Massnahme jedoch wurde sofort umgesetzt: Bis am Wochenende wird das Sicherheitspersonal anders postiert, um die nächtlichen Heimkehrer vom Quartier fernzuhalten.

Tanja Kammermann

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BIG BROTHER VIDEO
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Bund 8.10.10

Videoüberwachung: Gemeinderat will keinen Pilotversuch

 Anders die SP: Sie fordert, die Wirkung von Videoüberwachung erst einmal drei Jahre zu testen.

 Christian Brönnimann

 Übernächste Woche diskutiert der Berner Stadtrat die Frage, ob in der Stadt Bern Videoüberwachung im öffentlichen Raum grundsätzlich ermöglicht werden soll. Auf der Traktandenliste steht der gemeinderätliche Entwurf eines Videoreglements, das Zuständigkeiten und Abläufe festlegt. Dem kantonalen Recht entsprechend ist darin unter anderem eine Evaluation der Wirksamkeit der Kameras alle fünf Jahre vorgesehen.

 Das ist den Kamera-Skeptikern nicht genug. In einem Postulat fordert die SP, dass vor einer möglichen definitiven Installation von Videokameras ein dreijähriger Pilotversuch durchgeführt wird. "Videoüberwachung ist umstritten. Die Auswirkungen auf die objektive Sicherheit und das subjektive Sicherheitsgefühl lassen sich nicht nachweisen", begründet SP-Stadträtin Leyla Gül den Vorstoss. Ein Probelauf ohne definitive Einführung sei deshalb unerlässlich.

 Nause will nicht doppelt prüfen

 Nun liegt die gemeinderätliche Antwort auf den Vorstoss vor. Daraus wird ersichtlich: Die Stadtregierung hält nichts von der Idee eines Pilotversuchs. Die kantonale Gesetzgebung alleine stelle bereits sicher, dass die Wirksamkeit der Videokameras geprüft werde. "Weil wir sowieso alle Kamerastandorte regelmässig evaluieren müssen, ist jedes Projekt gleichzeitig ein Pilotprojekt", sagt Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP). Und weiter: "Wenn wir nun auch noch auf Gemeindeebene eine Evaluation vorschreiben, dann müssen wir die Wirkung der Kameras zweifach prüfen, einmal nach drei und einmal nach fünf Jahren." Es sei nicht sinnvoll, wenn kommunales und kantonales Recht auseinandergingen. Überdies: "Auch wenn erst einmal ein Pilotprojekt gemacht werden soll, braucht es dazu ein gültiges Videoreglement."

 Die SP steht mit ihrer Forderung indes nicht alleine da. In eine ähnliche Richtung geht ein Antrag der vorberatenden Kommission für Finanzen, Sicherheit und Umwelt (FSU). Sie beantragt ebenfalls, dass die erste Evaluation bereits nach drei und nicht erst nach fünf Jahren erfolgt. Zudem soll im Reglement explizit festgehalten werden, dass Kameras, deren Wirksamkeit nicht nachgewiesen werden kann, wieder abmontiert werden. "Der Antrag ist ein Versuch, sicherzustellen, dass das Videoreglement nicht missbraucht werden kann", erklärt Kommissionsreferentin Rania Bahnan Büechi (GFL). Die Tatsache, dass die technischen Möglichkeiten der Videoüberwachung noch neu seien, schüre Ängste.

 Auch dem Kommissionsantrag steht Reto Nause skeptisch gegenüber. "Eine fünfjährige Betriebszeit vor der Evaluation ist sicherlich besser, weil dann verlässlichere Aussagen zur Wirkung möglich sind", sagt er. Würde der Stadtrat der zusätzlichen Sicherung zustimmen, wäre dies aber bloss "ein Schönheitsfehler". Wichtig sei das Reglement an sich. Dieses unterstützt die FSU-Kommission.

 Externe oder interne Prüfung?

 Im SP-Vorstoss wird zudem gefordert, die Wirksamkeit der Kameras sei von einer externen Stelle auszuwerten. Das Reglement sieht den Gemeinderat als Evaluationsinstanz vor. Dies sei ebenfalls von der kantonalen Gesetzgebung so vorgegeben, sagt Nause dazu. "Genauso wie alles andere Materielle zum Thema auch." Würde zum Beispiel der Stadtrat mit der Evaluation der Kamerastandorte betraut, dann würde sich die Legislative zu stark "ins operative Geschäft" einmischen, so Nause.

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 Nächste Woche urteilt das Bundesgericht

 Am kommenden Mittwoch wird sich das Bundesgericht in Lausanne mit der Videoüberwachung im Kanton Bern befassen. In einer öffentlichen Sitzung berät es über eine Beschwerde der SP Kanton Bern und der Grünen Kanton Bern gegen die regierungsrätliche Videoverordnung. Ohne gesetzliche Grundlage und entgegen dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, so kritisieren SP und Grüne, habe die Regierung in ihrer Verordnung die sogenannte "Echtzeitüberwachung" an öffentlichen Orten zugelassen. Das zugrunde liegende Polizeigesetz erlaube aber keine konstante Live-Überwachung des öffentlichen Raums oder öffentlicher Gebäude, sondern lediglich eine nachträgliche Auswertung von Videoaufnahmen zur Aufklärung von Straftaten. SP und Grüne verlangen darum vom Bundesgericht, die Bestimmung über die Echtzeitüberwachung aus der bernischen Videoverordnung zu streichen. Der bernische Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (FDP) dagegen stellt sich auf den Standpunkt, dass die Echtzeitüberwachung "eine absolute Selbstverständlichkeit" sei und im kantonalen Polizeigesetz durchaus eine ausreichende Gesetzesgrundlage finde. (sw)

 Das Videoreglement und verschiedene Vorstösse zum Thema sind für die Stadtratssitzung vom 21. Oktober traktandiert.

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BIG BROTHER
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NZZ 9.10.10

Zahlreiche Meldungen an Nachrichtendienst

 Kantonspolizei übermittelt Daten

 rsr. · Die Zürcher Kantonspolizei hat in den vergangenen fünf Jahren zahlreiche Daten an den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) weitergeleitet, wie der Antwort des Regierungsrats auf eine entsprechende Anfrage von drei CVP-Kantonsräten zu entnehmen ist. Konkret handelt es sich um die Angaben zu 4254 Personen, 317 Organisationen, 43 Anlässen und Demonstrationen sowie 130 Unternehmen.

 Das Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit schreibt den Kantonen vor, Gefährdungen durch verbotenen Nachrichtendienst, Terrorismus, Gewaltextremismus und Nonproliferation dem NDB zu melden. In ein anderes System - die sogenannte Hooligan-Datenbank - werden die ebenfalls gewünschten Angaben zu Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen eingetragen.

 Felix Endrich, Sprecher des NDB, erklärt auf Anfrage, dass lange nicht alle Daten aus den Kantonen auch wirklich "staatsschutzrelevant" seien und aufbewahrt würden. Seit Mitte Jahr sei nach einer entsprechenden Empfehlung der Geschäftsprüfungsdelegation die Kontrolle der eingegangenen Daten noch restriktiver geworden.

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NLZ 9.10.10

Offene Fragen zum Staatsschutz

Luzern red. Der Regierungsrat nimmt vorläufig keine Stellung zum Staatsschutz im Kanton. Er will dies in der Antwort auf die Anfrage von Kantonsrätin Monique Frey (Grüne) tun. Sie verlangte Mitte September Auskunft über die Anzahl der fichierten Personen. In Zürich hat der Dienst für ideologisch motivierte Delikte der Kantonspolizei in den letzten fünf Jahren 4254 Personen registriert (siehe Ausgabe von gestern). Im Juni war bekannt geworden, dass der Bund 200 000 Personen fichiert hat.

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NLZ 8.10.10

4254 Personen in Zürich fichiert

 Staatsschutz

sda.

 Im Juni wurde bekannt, dass der Bund 200 000 Personen fichiert hat. In Zürich wollten die Kantonsparlamentarier nun Gewissheit.

 sda. Der Dienst für ideologisch motivierte Delikte der Kantonspolizei Zürich (IMD) hat in den vergangenen fünf Jahren 4254 Personen registriert. Das geht aus einer Antwort hervor, die der Regierungsrat gestern auf eine Anfrage der CVP im Kantonsrat publiziert hat.

 Fichen über Firmen und Demos

 Registriert hat der IMD zudem 317 Organisationen, 43 Anlässe und Demos sowie 130 Unternehmen. Die Daten der Registrierten seien vollumfänglich an den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) weitergegeben worden, schreibt der Regierungsrat.

 Laut Regierungsrat ist der Dienst für ideologisch motivierte Delikte in enger Zusammenarbeit mit dem Nachrichtendienst des Bundes "verantwortlich für die Erkennung und die Bearbeitung der Handlungsschwerpunkte in den Bereichen verbotener Nachrichtendienst, Terrorismus und Gewaltextremismus" auf dem Gebiet des Kantons Zürich. Die Dienststelle umfasst 600 Stellenprozente und verfügt über ein Staatsschutz-Informationssystem.

 Ebenfalls wollten die CVP-Kantonsräte in Erfahrung bringen, ob auch Parlamentarier fichiert wurden. Antwort der Zürcher Regierung: Mitglieder des Zürcher Kantonsrats seien im Datensystem nicht verzeichnet.

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NZZ 8.10.10

Schengen wird teurer

 Keine Mehrkosten für die Schweiz

 (sda) · Die Weiterentwicklung der Polizeidatenbank SIS II verschlingt in den nächsten drei Jahren nochmals 12,9 Millionen Euro. Für die Schweiz entstehen aber vorerst keine zusätzlichen Kosten, wie Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf in Luxemburg sagte. Momentan arbeitet das Bundesamt für Polizei mit der Schengen-Datenbank SIS I. "Dieses System funktioniert gut und wird immer wieder an die neusten Entwicklungen angepasst", erklärte die Bundesrätin. Sie vertrat die Schweiz am Donnerstag im gemischten Schengen-Ausschuss, der jeweils am Rande des Treffens der EU-Innenminister tagt. SIS II wurde in der Schweiz so weit entwickelt, "dass wir in drei bis sechs Monaten bereit sind, sobald der genaue Zeitpunkt der definitiven Lancierung bekannt ist", sagte Widmer-Schlumpf.

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zh.ch 29.9.10

208/2010
Anfrage: Staatsschutz - Ein aufsichtsfreier Raum?
zugeteilt an: keine
Direktion: DS Sicherheitsdirektion

Pendent bei erledigt

* 29.09.2010: Antwort Regierungsrat
* 05.07.2010: Eingereicht

Beteiligte Personen:
 Pinto Jean-Philippe, - Erstunterzeichner/-in     
 Wiederkehr Josef, Dr. - Mitunterzeichner/-in     
 Holenstein Christoph, Dr. - Mitunterzeichner/-in     

Ablaufschritte/Status
Antwort Regierungsrat
Beschreibung Status: Antwort RR

Sitzungsdatum: 29.09.2010

Dokument(e):
 Antwort RR 208/2010 Staatsschutz - Ein aufsichtsfreier Raum?     File
http://www.kantonsrat.zh.ch/DocumentLoader.aspx?ID=94558781-734f-444d-9e8b-49c58ad90833&Title=Antwort%20RR%20208/2010%20Staatsschutz%20-%20Ein%20aufsichtsfreier%20Raum?%20.pdf&lib=dokument&FileName=1433_A5.pdf

Eingereicht
Beschreibung Status: Einreichung

Sitzungsdatum: 05.07.2010

Dokument(e):
 Anfrage 208/2010 Staatsschutz - Ein aufsichtsfreier Raum?     File
http://www.kantonsrat.zh.ch/DocumentLoader.aspx?ID=6981fbd7-8135-4ffd-b6bd-944fa9dd71e0&Title=Anfrage%20208/2010%20Staatsschutz%20-%20Ein%20aufsichtsfreier%20Raum?%20.pdf&lib=dokument&FileName=K10208.pdf

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VERDINGT
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BZ 9.10.10

Verdingkind Roland Begert

 Er stellt eine düstere Geschichte versöhnlich dar

 Roland Begert wurde ausgebeutet und ausgegrenzt. Über sein Leben als Verdingkind und seinen späteren Werdegang zum Gymnasiallehrer hat Begert ein Buch geschrieben. Am 20. Oktober liest er daraus in Kehrsatz vor.

 Vor zwei Jahren ist sein biografischer Roman "Lange Jahre fremd" erschienen. Seither ist Roland Begert ein viel beachteter Buchautor und eilt von Lesung zu Lesung. Über 60-mal hat er das Publikum mit der Geschichte des Verdingkindes Florian in seinen Bann gezogen. Auch bei seinen nächsten Auftritten in Kehrsatz, Aarberg und Langenthal wird dies nicht anders sein. Das Schicksal des heute 73-Jährigen - verpackt in den Roman - berührt, geht unter die Haut. Dem Publikum sitzt ein Mann gegenüber, der als Kind Weihnachten im Stall oder im kalten Zimmerchen verbringen musste. Er gehörte nicht zur Familie, die in der Stube Platz genommen hatte. Für die Gesellschaft war er ein Nichtsnutz aus schlechtem Hause, für die Mutter ein Bub, der ihr fremd war.

 Keine Anklage

 Doch Begert klagt nicht an und hadert mit dem Schicksal. Er stellt in seinem Buch das Leben von Verdingkindern in einen gesellschaftlichen Kontext und zeigt die damaligen Gegebenheiten auf. "Es ist eine humanitäre Tragödie, für die es keine Ausrede, aber doch einige Erklärungen gibt", sagt er im Gespräch. Ihm sei es wichtig, nicht einfach einzelne Akteure anzuprangern, sondern ein Kapitel düsterer Schweizer Geschichte zu beleuchten. "Ich will niemanden verletzen und sehe mich nicht als Richter", sagt Begert. Es ist diese versöhnliche Einstellung des 73-Jährigen, die es dem Publikum und dem Leser erleichtert, die schwere Kost zu verdauen. Zurück bleibt der Nachgeschmack nach Ungerechtigkeit. Dass Begert selbst das Ersparte, welches er mit dem Fang von Mäusen verdient hatte, weggenommen wurde, ist nicht entschuldbar. Dass er seiner Kindheit beraubt wurde, auch nicht.

 Enge Verknüpfung

 Begert blickt gelassen auf sein Leben zurück. "Im Laufe der Erfahrungen habe ich den Spruch ‹Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott› in ‹Hilf dir selbst, es hilft dir niemand› umgewandelt", sagt er. Später habe er nach dem Sinn des Lebens gesucht und sei seinen eigenen Weg gegangen. Auf diesem Weg holte er als Erwachsener die Matura nach, erlangte den Doktortitel und war während 30 Jahren als Lehrer für Wirtschaft und Recht am Gymnasium Kirchenfeld in Bern tätig. Aus Begert spricht der Analytiker und Wissenschafter, wenn er sich gegen Zahlungen und eine Entschuldigung des Staates gegenüber Verdingkindern ausspricht. "Das bringt all denen, die bereits gestorben sind, nichts. Und der Gesellschaft wenig", sagt er. Viel wichtiger sei es, diese Zeit geschichtlich aufzuarbeiten. "Damals waren die Armuts- und Landwirtschaftspolitik eng miteinander verknüpft", sagt Begert. Das Bauernsterben, meint er, hätte bereits in den 1950er-Jahren begonnen, wenn auf den Höfen nicht Verdingkinder als Gratisarbeitskräfte zur Verfügung gestanden hätten. Dieses Stück gesellschaftspolitische Zeitgeschichte aufzuarbeiten und daraus Lehren zu ziehen, sei wichtiger, als die Akte "Verdingkind" mit einer Entschuldigung zu schliessen.

 Ursula Grütter

 "Lange Jahre fremd": Die Vorlesung in Kehrsatz findet am 20. Oktober statt, in Aarberg am 3. November und in Langenthal am 9. November. Infos:

 •www.editionliebefeld.ch

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OBDACHLOS
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20 Minuten 8.10.10

Immer mehr junge Basler ohne Dach über dem Kopf

 BASEL. Rund die Hälfte der Basler Obdachlosen sind unter 30. Der Verein für Gassenarbeit Schwarzer Peter schlägt Alarm und fordert mehr Unterkünfte.

 Unter Basels Obdachlosen gibt es immer mehr Junge. Rund 40 Menschen zwischen 20 und 30 Jahren haben derzeit keinen festen Wohnsitz, wie die Zählungen des Vereins für Gassenarbeit Schwarzer Peter ergaben. Das sind rund die Hälfte aller Basler Obdachlosen - Tendenz steigend. "Viele sind Secondos und stammen aus armen Verhältnissen", sagt Gassenarbeiter Michel Steiner. Das verwundert nicht, ist es doch schon längst sozialwissenschaftlich erhärtet, dass sich Armut vererbt.

 Jetzt schlagen die Gassenarbeiter Alarm. "Es braucht eine separate Notschlafstelle für die Jungen", fordert Steiner. "Gassenveteranen sind schlechte Vorbilder. Bei einer Durchmischung ist ein weiterer Abstieg vorprogrammiert", warnt Steiner. Er weiss auch schon, wo die neue Notschlafstelle sein sollte: Im Haus der Gassenküche am Lindenberg, das schon früher als Notunterkunft für Frauen diente. Die Betten sind noch vorhanden. Das Haus gehört derzeit der Caritas und wird eventuell der Christoph-Merian-Stiftung verkauft. Diese könnte sich eine solche Nutzung vorstellen.

 Das Basler Sozialdepartement sieht derzeit keinen Handlungsbedarf. "Durch die Viererzimmer lässt sich Rücksicht auf das Alter nehmen", meint Generalsekretärin Brigitte Meyer. Zudem würden nur wenige Junge die Notschlafstelle länger nutzen.

Lukas Hausendorf

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MARCO CAMENISCH
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Indymedia 9.10.10

Marco verschleppt von Regensdorf nach Orbe

AutorIn : Soccorso Rosso Internazionale  |  übersetzt von : Rote Hilfe International         

Solidarität mit Marco Camenisch     

In einer Nacht- und Nebelaktion wurde Marco von Regensdorf in den
weitabgelegenen Hochsicherheitsknast von Orbe verschleppt!
Plötzlich und aus dem Nichts heraus, ohne Vorwarnung. Marco war seit seinem Prozess vor 8 Jahren in Pöschwies.

Wir können nur vermuten, dass die Kampagne für die Freiheit revolutionärer Langzeitgefangenen, sein seit 20 Jahren zum ersten mal durch die Mauern nach aussen getretene Stimme (youtube), der kollektive Hungerstreik mit Silvia, Costa und Billy, sein aktives Intervenieren und Verhalten in den internationalen politischen Bewegungen, den zunehmeden Mobilisierungen und Aktionen damit in Zusammenhang stehen könnten. Wir werden es nicht hinnehmen und schon gar nicht im gemeinsam eingeschlagenen Weg uns aufhalten lassen:

Drinnen und Draussen ein Kampf gegen Staat und Kapital - Solidarität mit den revolutionären Gefangenen - Marco libero!


Schickt massenweise Soligrüsse an:
Marco Camenisch
Penitencier de Bochuz
Case Postale 150
1350 Orbe

Solidarität ist unsere Waffe - setzen wir sie ein

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SANS-PAPIERS
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Wilisauer Bote 8.10.10

Sans-Papiers - ein Protokoll der Wut

 Keine Papiere auf sich zu haben ist in heutiger Zeit ein Verbrechen, daher sind die meisten Afrikaner, die zu uns kommen, Kriminelle. Die Regierungs- und Polizeistellen unterstellen selbstverständlich, dass diese Fremden ihre Papiere vor dem Überqueren der Schweizergrenze wegwerfen. Man müsste wohl einmal entlang der Schweizergrenze, dort, wo am meisten Afrikaner eindringen, gehen und - ist die beamtenseitige Unterstellung richtig - man würde massenweise Papiere finden.

 Wie aber sollten die Kleinen Afrikas zu Papieren kommen? Bei der Taufe, sofern sie denn getauft sind, wird ihnen kein Taufschein ausgestellt. Auch später im Leben sind Papiere nicht nur teuer sondern auch irrelevant. Falls jemand zu Papieren durch Bestechung kommt, kann er irgendein Geburtsdatum angeben, denn das genaue weiss kaum ein gewöhnlicher Mensch aus Afrika südlich der Sahara. Also gibt der Kunde irgendein ihm im Moment wichtiges Datum an, macht sich jünger oder älter, je nachdem.

 Rose, so hiess sie unter uns bis anhin. Sie wurde eines Tages aufgefischt. Man musste ihr Papiere für die Ausweisung ausstellen. Sie konnte sich an kein Geburtsdatum erinnern, also wurde ihr der 1. Januar, das neue Jahr zugeteilt. Rose sei auch nicht ihr Name. Sie nannte einen anderen Namen, und fortan war sie Gabo.

 Patricia wollte als sehr jung erscheinen und stellte ihr Geburtsdatum um fast sechs Jahre zurück, bis sie viel später, als sie alt und inzwischen Schweizerin geworden war, realisierte, dass sie wegen ihres neuen Alters sechs Jahre länger auf ihre AHV warten muss.

 Die Diktatoren Afrikas händigen gar keine Papiere aus, um die Untertanen bei der Stange zu halten, denn mehr und mehr ist der Mensch heute ohne Papiere ein Unmensch und Betrüger. Also gehen nur wenige weg. Plötzlich stelle ich mir vor, dass Tyrannen mit unserer Einwanderungsbehörde etwas gemeinsam haben: Stellt keine Papiere aus und wir dulden euch. Kommen schwarze Flüchtlinge überhaupt irgendwo und nur mit Bestechung durch, besitzen sie gar keine Papiere oder irgendwo teuer gekaufte, natürlich falsche und damit letztlich nutzlose Papiere. Realisieren nämlich die Flüchtigen, dass sie im DORT Papiere benötigen, müssen sie zu Fälschern und Betrügern gehen. Das ist eine Zunft genauso wie die der Schlepper. Die zivilisierten Länder fördern mit ihrer Papier-Forderung nichts ausser Verbrechen - Namen-Fälschungen, Geburtstagsfälschungen, Papier-Fälschungen, alles von den Heiligen im Norden aufgezwungene Verbrechen, sofern denn diese Fälschungen aus Not überhaupt der Kriminalistik zugeordnet werden können, denn alle entstanden aus Notwehr. Die Verbrechen finden im Norden, bei den Scheinheiligen, statt.

 Weniger als die Hälfte der betroffenen Menschen hat zu Papier einen echten Bezug gefunden, denn sie leben noch immer in der oralen Welt, dort, wo man einander noch mündlich und mit Handschlag oder einem Augenwimpern vertraut. Es ist arrogant, aber auch dumm, wenn Parteimitglieder und Beamte, wenn Gesetzgeber und Richter dermassen auf Papieren herumreiten; geradezu zynisch und makaber wird das Ganze, wenn sie beim Vorweisen solcher Papiere behaupten, dass diese gefälscht seien. Wer einmal in der Falle der Papierlosigkeit sitzt, wird zum Spielball; er oder sie kommt aus dem sinnlosen Netz des Gesetzes nicht mehr heraus.

 Auch wenn ich den Herren Blocher und Maurer, Hollenstein und Darbellay höchstens Naivität und Unwissenheit unterstelle, muss ich dennoch feststellen, dass ihr Umgang mit Sans-Papiers für ihre Wahl-Manipulationen sehr hilfreich ist. Die Sans-Papiers haben längst aus vielleicht einstigen Demokraten Menschenverächter gemacht.

 Die Lösung des Problems sei leicht, behaupten Politiker: Man soll diese 20 000 Papierlosen in und um Zürich einfangen und wie einst Schweine ringen, um sie dann in Freiheit über die Grenze zu stossen. Einmal sagen diese selbstgerechten Manipulatoren, es gäbe diese Zahl gar nicht; sie sei eine Übertreibung der politischen Gegner; doch ein andermal ruft man bei Stimmenfang aus, die ganze Schweiz sei von solchen unzivilisierten Elementen, ja, Papierlosen, unterwandert.

 Genauso scheinheilig sind die Gewerkschafter. Ist doch klar, sonnenklar, ganz papierkonform, dass diese Sans-Papiers unregistriert, unangemeldet und schwarz arbeiten müssen. Genauso verlogen in ihren Argumenten und ihrem Verhalten auf politischer Ebene wie die Politiker sind die Gewerkschafter.

 Und die Kirchen? Ein Druck von ihnen kommt wahrlich nicht. Die Kirche will sich doch nicht mit Gesetzlosen abgeben und schuldig werden. Man führt sie höchstens zur einen Tür herein und kurz danach zur anderen hinaus.

 Es müsste doch in einem zivilisierten und menschenrechtskonformen Staat selbstverständlich sein, Sans-Papiers wenigstens sofort Papiere auszustellen, um dann daraufhin die einzelnen Fälle unter die Lupe zu nehmen. Doch, so heisst es, dafür habe man weder Zeit noch Geld. Und zum Hohn von allem heisst es, dazu hätte man kein Recht.

 Eine Gesellschaft, die mit Papieren überhäuft und Hunderten von Gesetzen (schriftlich festgehalten) überschwemmt ist, kann mit papierlosen Menschen nicht mehr umgehen. Ein Amerikaner hat gemeint, man solle ihnen wie einem Auto ein Nummernschild geben. Vom papierlosen Zustand würden sie wenigstens in eine nummerierte Präsenz aufsteigen, meinte er ernsthaft. Eine Nummer zu werden heisst also der neue Humanisierungsprozess.

 Es steht noch schlimmer. Als Papierloser und Unnummerierter ist ein Mensch ein Krimineller. Wenn daher etwas Verdächtiges im Shopville oder im Kreis Chaib geschieht, sind es Sans-Papiers, die nun die Zigeuner von einst weitgehend abgelöst haben. So blöd ist der Papiermensch geworden, dass er nicht mehr mit seiner Vergangenheit, der Papierlosigkeit, umgehen kann. Entwicklung heisst schliesslich hinter sich lassen und vergessen und dauernd neue Gesetze der Ausgliederung zu entwickeln. Ja, das scheint langsam zum neuen Fortschrittsbegriff zu werden: Ausgliedern, Wegschicken, geschlossene Gesellschaften.

 Wir sind eine Papiergesellschaft mit Papiermenschen geworden. Statt Stroh im Kopf haben viele Menschen das Heu auf einer falschen Bühne.

WB-Podium

 Al Imfeld*

 *In dieser Rubrik gibt der WB verschiedenen Persönlichkeiten aus dem Hinterland und dem Wiggertal Gelegenheit, sich regelmässig zu einem selbst gewählten Thema frei zu äussern.

 Al Imfeld, 1935 geboren, wuchs in Buttisholz und Luthern auf. Studium vergleichender Religionswissenschaft und Tropenlandwirtschaft, lebte in den USA, in Vietnam, Japan, auf den Philippinen, in Rhodesien/Zimbabwe, Malawi, Tansania und Kenia. Er lebt als Schriftsteller, Journalist und Berater in Zürich.

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Freiburger Nachrichten 8.10.10

Zugang von Sans-Papiers zur Lehre gefordert

 Die Frage, ob junge Sans-Papiers eine Lehre absolvieren dürfen, muss nach Meinung des Staatsrates genau analysiert werden.

 Walter Buchs

 Freiburg Mit 57 zu 33 Stimmen bei vier Enthaltungen hat der Grosse Rat ein Postulat überwiesen, mit dem der Staatsrat beauftragt wird, zu prüfen, wie Jugendlichen ohne gesetzlichen Status eine Bildung zugesichert werden kann. Es geht dabei in erster Linie um die Frage, ob junge Sans-Papiers eine Lehre absolvieren können, denn der Zugang zu Mittelschulen ist bereits möglich.

 "Die Situation der Jugendlichen ohne gesetzlichen Status ist nach der obligatorischen Schulzeit sehr schwierig", stellte SP-Grossrat Xavier Ganioz fest, welcher das Postulat zusammen mit der grünen Grossrätin Christa Mutter, beide Freiburg, eingereicht hatte.

 Man könne nicht auf der einen Seite Schwarzarbeit bekämpfen und auf der anderen Seite Jugendlichen ohne rechtlichen Status den Zugang zur Lehre ermöglichen, sagte SVP-Sprecherin Claire Peiry aus Treyvaux. FDP-Sprecher Jean-Daniel Wicht aus Givisiez wurde noch deutlicher: "Das Postulat ist ein Weg, Illegalität zu legalisieren."

 Sache des Bundes

 Staatsrat Erwin Jutzet hielt dem entgegen, dass mit der Überweisung des Postulats noch gar nichts legalisiert, sondern lediglich eine Bestandesaufnahme gemacht werde. Die Lehre unterstehe sowieso dem Arbeitsgesetz und dafür sei der Bund zuständig.

 Christa Mutter wies darauf hin, dass auf Bundesebene bereits zwei Motionen überwiesen wurden mit dem Ziel, jungen Sans-Papiers den Zugang zur Berufslehre zu ermöglichen. Die Umsetzung des Postulats werde es ermöglichen, dass der Kanton Freiburg bereit ist, die Bundeslösung sofort umzusetzen.

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La Liberté 8.10.10

Jeunes Sans papiers

Rapport sur un problème

Philippe Castella

 La situation des jeunes sans papiers dans le canton de Fribourg mérite une analyse détaillée. Un rapport sur la question va être élaboré. Le Grand Conseil a accepté hier un postulat de Xavier Ganioz (s, Fribourg) et Christa Mutter (v, Fribourg) allant dans ce sens.

 Si les jeunes sans statut légal sont admis à l'école obligatoire, les portes se ferment ensuite pour l'apprentissage ou les études. C'est à cette situation à laquelle les postulants aimeraient remédier. "A la fin de la scolarité obligatoire, ces jeunes sont traités comme s'ils n'existaient plus", déplore Xavier Ganioz. "Au lieu de pouvoir se former, ils sont contraints à rester inactifs ou à travailler au noir." Une situation qui touche plusieurs dizaines de jeunes dans le canton de Fribourg, selon lui.

 Pour le radical Jean-Daniel Wicht, c'est là un "discours complètement schizophrène. C'est ouvrir la porte en vue de légaliser l'illégalité." Et de développer: "Si nous avons besoin des sans-papiers pour faire tourner notre économie, alors régularisons-les." La situation doit être trouvée au niveau fédéral pour lui.

 Discours similaire à l'UDC: "On ne peut pas à la fois combattre le travail au noir et demander l'accès à l'apprentissage pour les jeunes sans papiers", soutient Claire Peiry-Kolly. Elle ajoute: "Comment voulez-vous justifier auprès des jeunes Suisses et des étrangers ayant un permis qu'on favorise des jeunes en situation irrégulière?" Pour Christa Mutter, c'est tout l'inverse: les jeunes Suisses ne comprennent pas que les amis avec lesquels ils ont effectué toute leur scolarité ne puissent pas accéder à l'apprentissage.

 De son côté, le conseiller d'Etat Erwin Jutzet tient à préciser: "Ici, c'est un postulat. On ne régularise pas la situation de ces gens-là. Ce qui nous est demandé, c'est de faire un état des lieux." Par ailleurs, les choses sont en train de bouger au Parlement fédéral. Des motions favorables à la formation des jeunes sans papiers viennent d'y être acceptées. "Avoir ce rapport sera un atout lorsque des décisions tomberont", défend Erwin Jutzet. Au vote, le postulat a été accepté avec l'appui de la gauche et du PDC ( 57 à 33 et 4 abstentions). I

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AUSSCHAFFUNGEN
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Südostschweiz 8.10.10

Untersuchungsbericht soll veröffentlicht werden

 Chur. - Der Verein Miteinander Valzeina (VMV) übt harsche Kritik an der Untersuchung über die Ausschaffung der sechsköpfigen kurdischen Familie im vergangenen Juli. Die Aussagen des untersuchenden Rechtsanwalts Andrea Cantieni und Regierungsrätin Barbara Janom Steiner seien widersprüchlich und zum Teil sogar falsch, schreibt der VMV in einer Medienmitteilung von gestern.

 Die Untersuchung sei nicht transparent, da weder die Aufzeichnungen der Überwachungskamera in der Churer Strafanstalt Sennhof noch der Abschlussbericht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden. Solange dies nicht geschehe, müsse der VMV davon ausgehen, dass es sich beim Untersuchungsbericht um eine Verteidigungsschrift für die Bündner Polizei und die Behörden handle, heisst es in dem Schreiben weiter.

 Keine Klärung

 Die Medienkonferenz von Janom Steiner in der vergangenen Woche (Ausgabe vom 30. September) habe keine Klärung der Geschehnisse bei der Ausschaffung der betroffenen Familie gebracht, sondern zeige Ungereimtheiten und werfe viele Fragen auf, so der VMV. Insbesondere kritisiert der Verein, dass Cantieni nicht mit den Mitgliedern der betroffenen Familie gesprochen hat. Zudem zweifelt der VMV trotz gegenteiliger Behauptungen von Cantieni und Janom Steiner an der Verhältnismässigkeit der ganzen Ausschaffungsaktion. (so)

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http://www.vmv.ch

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ALOIS B. STOCHER
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20 Minuten 8.10.10

"Dieses Gedankengut ist doch bei vielen vorhanden"

 Markieren, sammeln, ausschaffen - das ist das knallharte satirische Plädoyer der Organisation zur Lösung der Ausländerfrage (OLAF).

 Mit einer eigens erstellten Website nimmt sie die Ausschaffungsinitiative auf die Schippe. Alois B. Stocher, Geschäftsführer von OLAF, erklärt in ernstem Ton, aber mit bitterbösem Humor: "Jeder Ausländer in der Schweiz ist ein Ausländer zu viel." Über diese spezielle Form der Opposition debattieren die Leser im Talkback.

 Hansi: Ich sehe das schon als Denkanstoss, aber als Denkanstoss dazu, wie blind die Linken sein müssen!! Was genau ist falsch daran, Ausländer, die unser Rechtssystem missachten, auszuschaffen?

 Peter: Das ist Politklamauk der linken städtischen Jugend. So etwas hat wenigstens einen gewissen Unterhaltungswert.

 Patrick: Die Anspielungen sind extrem, aber dieses schreckliche Gedankengut ist doch bei vielen Schweizern vorhanden.

 Matheo: Beängstigend, wie die Fronten bei diesem Thema verschwimmen! Wieso Satire, wenn uns gewisse Politiker die grössten Lacher bescheren und oftmals ein Kopfschütteln!

 Beat: Egal ob Satire oder seriös. Seine Aussagen treffen jedenfalls zu. Lasst uns die Notbremse ziehen, ihr lieben Eidgenossen!

 Airmail: Realsatire braucht es da ja gar nicht: Die Kampagnen von SVP sind ja für jeden mit ein wenig Hirn Realsatire genug. Das Video und mehr dazu auf Olaf.20min.ch

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MIGRATION CONTROL
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NLZ 8.10.10

EU-Innenminister lassen Ghadhafi aussen vor

 Asyl

 Der libysche Staatschef verlangte von der EU 5 Milliarden Franken für den Schutz von Flüchtlingen. Er bekommt nur einen Bruchteil davon.

 sda. Die EU-Innenminister haben gestern in Luxemburg über das EU-Asylsystem und die Zusammenarbeit mit Libyen diskutiert. Dabei forderten einzelne Mitgliedstaaten, dass die EU nicht nur Libyen in der Migrationsfrage unterstützen sollte. Konkret steckt nun die EU-Kommission 50 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren in Projekte zum besseren Schutz von Einwanderern und Flüchtlingen in Libyen. Das ist ein Bruchteil der 5 Milliarden Euro, die Libyens Machthaber Muammar el Ghadhafi kürzlich jährlich von der EU gefordert hatte, damit sein Land weiter afrikanische Einwanderer zurückhalte.

 5 Milliarden Euro entsprächen den Entwicklungshilfegeldern, welche die EU-Kommission jedes Jahr gesamthaft für Afrika ausgebe, sagte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. Deshalb sei es völlig unmöglich, eine solche Summe nur für Libyen aufzuwenden.

 Libyen ohne Asylwesen

 Libyen ist vor allem für Flüchtlinge aus Ländern südlich der Sahara ein riesiges Auffanglager. Das nordafrikanische Land kennt aber kein eigentliches Asylsystem. Mit der diese Woche vereinbarten "Zusammenarbeitsagenda" will die EU unter anderem helfen, ein solches System aufzubauen, nach welchem die Asylsuchenden internationalen Standards entsprechend behandelt werden. Malmström bezeichnete diese angehende Zusammenarbeit als Durchbruch in der Einwandererfrage.

 Einzelne EU-Innenminister warnten laut Ratskreisen davor, sich nur auf Libyen zu konzentrieren. Es gebe auch andere Länder in der Region, die von Migrationsströmen betroffen seien und EU-Hilfe benötigten. Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière betonte, dass das Problem der illegalen Migration ohne die Zusammenarbeit mit Drittstaaten nicht zu lösen sei.

 Druck auf Griechenland

 Allerdings, so De Maizière, müssten auch die südlichen EU-Staaten unterstützt werden. So steht Deutschland, wie auch die EU-Kommission, in engem Kontakt mit Griechenland. Das EU-Land steht vor allem wegen unhaltbarer Zustände in den Flüchtlingslagern in der Kritik. Einige EU-Länder haben die Rückführung von Asylbewerbern nach Griechenland gestoppt. Die Schweiz verfolgt die Praxis, dass Verletzte, minderjährige oder alte Personen nicht nach Griechenland zurückgeschafft werden.

 Nun stellte Griechenland kürzlich ein Programm zur Verbesserung der Situation vor. "Wir werden ihnen helfen, ein Asylsystem aufzubauen, das den europäischen Normen entspricht", sagte Malmström. Der deutsche Innenminister warnte, die Umsetzung dürfe nicht zu lange dauern.

 Solidarität unter den Mitgliedstaaten "setzt voraus, dass jeder sein Möglichstes tut". De Maizière wehrt sich dagegen, dass die Rückführungsregelung, wie sie im Dublin-Abkommen vorgesehen ist, ausgesetzt wird. Auch die Schweiz besteht auf dieser Regelung, welche vorsieht, dass Asylbewerber an das Erstantragsland zurückgeschafft werden können.

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ANTI-FEMINISMUS
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Landbote 8.10.10

René Kuhn erhält nun ein Postkonto

 Bern - Der "Antifeminist" René Kuhn kann nun doch noch ein Konto eröffnen: bei der Post. Wie der "Blick" gestern berichtete, wird ihr der neue Kunde allerdings wegen eines Bundesgerichtsurteils vom Juli förmlich aufgezwungen. Das Urteil besagt, dass PostFinance einen Grundversorgungsauftrag zu erfüllen habe und deshalb alle Kunden berücksichtigen muss. Verschiedene Banken, darunter die Zürcher Kantonalbank, wollten zuvor nichts mit Kuhn zu tun haben. (red)

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DROGEN
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 St. Galler Tagblatt 9.10.10

"Ursachen einer Sucht angehen"

 Sucht im Alter ist ein Tabuthema, obwohl zum Beispiel ein Drittel der Alkoholabhängigen in der Schweiz erst nach dem Pensionsalter abhängig wird. Fachmann Roland Walther plädiert dafür, das Thema anzusprechen und Hilfe zu suchen.

Christa Kammsager

 Alte Menschen zu betreuen, könne schön und erfüllend sein, aber auch nervenaufreibend und belastend. "Fast jeder kommt einmal in seinem Leben in die Situation, wo er sich um einen alten Menschen kümmern muss", leitete Gemeinderätin Käthi Zürcher in das Thema des Abends ein. Die Kommission für Altersfragen widmete sich dem Tabuthema "Sucht im Alter" und lud dazu den Salmsacher Roland Walther, einen Fachmann für Suchtfragen, ein. Das grosse Interesse zeigte, dass Pflegende nicht selten mit diesem Thema konfrontiert sind.

 Weniger Lebensqualität

 "Eine Sucht schränkt die Lebensqualität ein, egal in welchem Alter", so Referent Roland Walther. Es gebe nicht nur die substanzabhängige Sucht, sondern auch beispielsweise Online-Sucht, Essstörungen oder TV- und Sex-Sucht. Das seien Verhaltenssüchte. Gepaart sei eine Sucht meist mit Ängsten, Beziehungsproblemen, Traumata oder Psychosen, so der Suchtfachmann.

 Von Substanzen, welche Stimmung, Wahrnehmung oder Gefühle verändern würden, seien in der Schweiz viele Menschen abhängig: 2 Prozent der Schweizer missbrauchen Medikamente, 18 Prozent sind abhängig von Nikotin, 0,2 Prozent von illegalen Drogen und 4,5 Prozent von Alkohol. Das habe für die Schweiz auch immense Kosten zur Folge: Zum Beispiel sterben an den Folgen von Nikotinmissbrauch jeden Tag rund 30 Menschen, mit allen immateriellen Kosten, die dadurch entstünden, koste allein das Rauchen die Gesellschaft rund 10,7 Mia. Franken pro Jahr.

 Motivation ist entscheidend

 "Die Motivation, weshalb jemand zu einer Substanz greift, ist entscheidend für die Entstehung einer Sucht", so Roland Walther. Wenn jemand Wein am Abend trinke zu einem feinen Essen und als Genuss, sei das etwas ganz anderes, als wenn jemand Wein konsumiere als Einschlafhilfe oder um etwas besser ertragen zu können.

 "Wir alle bewegen uns auf dem dünnen Seil Persönlichkeitsanlagen, Umwelteinflüsse, Lebenssituation und Substanzen", drückt sich Roland Walther aus. "Manche schaffen diesen Balanceakt und manche nicht." Erwiesen sei, dass sich eine Sucht stets schleichend entwickle und jeder Mensch individuell auf Substanzen reagiere. "Entscheidend ist also <wieso> jemand konsumiert."

 Krankheit und Schmerz

 Gewisse Faktoren würden eine Sucht im Alter noch begünstigen: So sinke zum Beispiel der Wasseranteil im Körper ab einem Alter von 50 Jahren. "Substanzen fahren dann schneller und gröber ein." Krankheiten und Schmerzen würden auch eher dazu führen, dass man zu Substanzen greife, ebenso Vereinsamung, die Pensionierung und damit einhergehend oft ein Selbstwertverlust. "Ein Drittel der Alkoholabhängigen in der Schweiz entwickeln ihre Sucht erst nach 65."

 Die heimliche Sucht

 Gross sei die Dunkelziffer beim Thema Medikamentenmissbrauch. Diese heimliche Sucht werde auch oft die "Alterssucht" oder "Frauensucht" genannt. Nicht selten sei sie auch durch Ärzte verursacht, die oft kulant Medikamente verschreiben würden. "Viele Ärzte behandeln nur die Symptome und klären die Ursachen dafür zu wenig ab", bedauert Roland Walther. "Oft sind eher unauffällige und sozial integrierte Personen abhängig von Medikamenten."

 Hinschauen und ansprechen

 Roland Walther plädierte in seinem Referat dafür, hinzuschauen und es anzusprechen, wenn ein älterer Mensch abhängig ist von Substanzen. "Angehörige oder Pflegende sollen nicht moralisieren, aber darauf hinweisen, was man wahrnimmt, sieht und spürte." Man solle diese Wahrnehmungen neutral und wertfrei ansprechen zum Beispiel mit dem Satz beginnen "ich stelle fest, dass…" Es lohne sich auf jeden Fall, auch im Alter aufzuhören mit dem Missbrauch von Alkohol oder anderen verändernden Substanzen. "Viele ältere Menschen <geniessen> oft ein stationäres Therapieprogramm und fühlen sich dort aufgehoben." Die Reduktion von Substanzen sei bereits ein guter Erfolg. Wichtig in der Therapie sei auf jeden Fall, die Ursachen einer Sucht anzugehen, also vielleicht Ängste oder verdrängte Trauer aufzuarbeiten. Klar sei auch, dass jeder Fall eines Süchtigen ein Einzelfall sei, den man individuell angehen müsse. "Aber bei allen gilt, sich unbedingt Hilfe und Unterstützung von Fachpersonen holen."

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 Person

 Roland Walther

 Roland Walther ist Leiter der psycho-somatischen Abteilung der Suchtstation des Spitals Wattwil. Er wohnt in Salmsach und ist dort Gemeinderat mit Zuständigkeit für das Ressort Gesundheit. Seit 25 Jahren ist Roland Walther im Suchtbereich tätig. Er hat jede Facette in der Suchtarbeit mitgemacht, von der aufsuchenden Gassenarbeit bis zur stationären Einrichtung. (chs)

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Tagesanzeiger 8.10.10

Mit Rattengift versetzte Designerdrogen

 Nach diversen Todesfällen sagt die polnische Regierung den "Händlern des Todes" den Kampf an.

 Von Ulrich Krökel, Warschau

 Sie heissen Amphibia, Taifun oder schlicht Good Stuff und sind im Internet auch für Schweizer erhältlich. Die polnischen Anbieter machen keinerlei Hehl daraus, was sich hinter ihren in krassen Farben beworbenen Produkten verbirgt: Psychopillen und Aufputschmittel aller Art. Dopalacze (Beschleuniger) heissen die in Polen legal vertriebenen Stoffe, um die nun ein regelrechter Krieg entbrannt ist.

 Die Regierung hat den Händlern den Kampf angesagt, weil an den vor allem bei jungen Leuten beliebten Designerdrogen in letzter Zeit mehrere Menschen gestorben sind. Einige Hersteller strecken die Rauschmittel offenbar mit giftigen Substanzen, die sonst zur Rattenbekämpfung eingesetzt werden.

Polizei und Gesundheitsbehörden haben seit dem Wochenende Tausende von "Smart Shops", die sich oft in der Nähe von Schulen befinden, geschlossen und versiegelt.

 Doch die Staatsmacht stösst bei den Händlern auf erheblichen Widerstand. Der erst 23 Jahre alte Dawid Bartko etwa, der nach eigenen Angaben 127 "Smart Shops" betreibt und als König der millionenschweren Szene gilt, bezeichnete die Razzia als "rechtswidrig" und kündigte juristische Schritte an.

 Tatsächlich gibt es Lücken in der polnischen Gesetzgebung, insbesondere bei der Kennzeichnungspflicht chemischer Substanzen. So kommt es immer wieder vor, dass Designerdrogen als Düngemittel über die Theke gehen. Die Forderung der EU aus dem Jahr 2008, den Verkauf von Aufputschmitteln denselben Vorschriften zu unterwerfen wie den Handel mit Drogen, verhallte in Warschau lange Zeit ungehört. Nun greift die Regierung hart durch, macht dabei aber keine glückliche Figur. Denn gegen den Onlinevertrieb kann sie vorerst nichts unternehmen.

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RAUSCHKNAST ZH
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Landbote 9.10.10

Pro und Kontra

Braucht auch Winterthur Ausnüchterungszellen?
 
Das Spital ist für besoffene Randalierer die falsche Adresse

Oliver Graf

 Gleich vorweg: Es geht nicht um die Polterabendteilnehmer, die mit Papierhüten auf dem Kopf lärmend durch die Marktgasse schwanken. Es geht nicht um die Ausgehfreudigen, die in geselligem Rahmen einen über den Durst getrunken haben. Es geht um jene, die viel zu viel trinken - und dann die Beherrschung verlieren. Um jene, die am Montag jeweils regelmässig in der Nachrichtenspalte auf der "Letzten Seite" des "Landboten" auftauchen. Jene, die besoffen randalieren, die im Suff anderen die Nase brechen oder die sich schlicht und einfach ins Koma trinken.

 Die Gesellschaft muss sich in irgendeiner Form um diese Personen kümmern, die andere oder sich selber gefährden. Die Ausnüchterungszelle ist dafür die beste Lösung. Sie zeigt den "Gästen", die diese Zimmer beziehen müssen, klar die Grenzen auf. Zudem, als eine Art Denkzettel, müssen sie auch für einen Teil der Übernachtungskosten aufkommen. Dass ein Grossteil der Klientel die Rechnung nicht bezahlt, kann nicht als Argument gegen die Ausnüchterungszelle verwendet werden - dies ist angesichts der speziellen Kundengruppe dieser Dienstleistung nur logisch. Auch im Spital würden deren Kosten von der Allgemeinheit übernommen. Von einer Luxuslösung zu sprechen, ist deshalb auch schlicht falsch: Einen Betrunkenen ausnüchtern zu lassen, verursacht nun mal Kosten, egal ob in einer speziellen oder in einer normalen Zelle oder gar im Spital.

 Ins Spital gehört diese Personengruppe ohnehin nicht. Die Ärzte und die Pflegemitarbeitenden des Kantonsspitals Winterthur haben wichtigere Aufgaben, als sich von Betrunkenen anpöbeln zu lassen. Eine Ausnüchterungszelle à la Zürich böte den richtigen Rahmen für deren medizinische Versorgung und Betreuung.

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Die kahlen Zellen sind unnütz und teuer - einfach Luxus

 flu

 Die Ausnüchterungszellen der Zürcher Stadtpolizei sind - gemessen an der Uridee - ein Flop. Ursprünglich sollten vor allem jugendliche "Kampftrinker" dort landen, die randalieren, prügeln oder sich ins Delirium saufen. Sie oder ihre Eltern sollten für die Nacht im Bunker 600 bis 950 Franken blechen, damit es ihnen eine Lehre sei. Ganz nach dem Motto von Ex-Polizeivorsteherin Esther Maurer (SP): Repression ist auch Prävention. Jetzt zeigt aber die Bilanz: Unter den 360 Menschen, die seit März eingeliefert wurden, war bloss eine Handvoll Jugendlicher. Die "Gäste" sahen meist anders aus: junge Erwachsene, männlich, sozial isoliert, polizeilich bekannt, betrunken und/oder mit Drogen zugedröhnt. Die meisten wurden nicht darum eingebuchtet, weil sie Stadtpolizisten oder Sozialarbeitern an irgendeinem "Brennpunkt" aufgefallen wären. Sondern weil sie jemand, der sich gestört oder bedroht fühlte, weghaben wollte und nach dem Kärcher rief. So ist den Leuten aber nicht geholfen; wenig später landen sie ja wieder auf der Strasse. Darum machen die Zellen auch kaum Eindruck: Weniger als die Hälfte der Rechnungen, die die Stadt verschickte, wurde beglichen. Viele bleiben liegen, weil es den "Klienten" an Einsicht, Geld oder beidem mangelt. Und das Betriebsdefizit des Zellentrakts, das sowieso in die Hunderttausende von Franken geht, wächst und wächst.

 Wer sich oder andere ernsthaft gefährdet, gehört in eine Klinik oder einen Knast. Die Stadt Zürich leistet sich mit den Ausnüchterungszellen ein teures Mittelding und einen Luxus, der im Kampf gegen Jugendgewalt nichts bringt. In Winterthur setzt man glücklicherweise auf andere Mittel. Zum Beispiel den Jugenddienst der Stadtpolizei, der langfristig mehr nützt - nüchtern betrachtet.