MEDIENSPIEGEL 13.10.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS, Tojo)
- (St)Reitschule: Rache-Steinwürfe?
- Flohmi: Hehlerware unerwünscht
- Schützenmatte: Alte WCs werden abgebrochen
- Anti-SVP-Tag: Keine Anzeigen
- Rabe-Info 11.-13.10.10
- Randstand Biel: SIP vs Alkis
- Streetwork Lyss
- Schwarzer Peter BS: 10 Jahre Gassenarbeit
- Squat Fribourg: Räumung im Morgengrauen
- Rechtsextrem: Anti-Minarett-Demo-Aufmarsch in Langenthal
- Police BE: Segway für alle?
- Big Brother Video Thun: Verzögerungen
- Big Brother: Kontrollorgan BS; ZH kopiert
- A.C.A.B.: Studie - Gewalt gegen Stapo ZH nimmt zu; in AG ebenso
- Police CH: Sondereinsatz-Truppe in Diskussion
- Handschellen: Polizist wegen Körperverletzung verurteilt
- Alkohol: Anti-Konsumwahn-Strategien
- Drogen: Die FreundInnen der Kokain-Deal-Milliarden-Industrie
- Unsere Uni BS: Weitermachen ist angesagt
- Ausschaffungen: GPK GR; Sonderflug-Begleitung/-Kosten; Pnos-Flugi; Admin-Zahlen; BfM
- Ausschaffungsknast-Revolte in Frambois
- Bleiberecht: Besetzung St. Jakobskirche in Lausanne
- Migration Control: Revolte in Cagliari
- Rassismus im Fusball
- Homohass: Nazis, Hools und Orthodoxe gegen Gay Pride
- CH-Wasserwerfer für Germoney
- Squat NL: aktuelle Situation
- Anti-Atom: Tiefenlager; Terrorgefahr; Nachwuchs, 5 AKWs; Akteineinsicht Mühleberg; Finnland

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REITSCHULE
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Mi 13.10.10
19.00 Uhr - SousLePont - Herbst Spezialitäten

Do 14.10.10
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter mit DJ Xylophee, DJ Dunch, DJ FRATZ, Bruno, Isabelle, Mike, Nadja & DJ ELfERich
20.30 Uhr - Kino - "MUSLIM/A" - Der Weg nach Mekka. Die Reise des Muhammad Assad | Georg Misch, Doku, Österreich 2008

Fr 15.10.10
21.00 Uhr - Kino - "MUSLIM/A" - Der Weg nach Mekka. Die Reise des Muhammad Assad | Georg Misch, Doku, A 2008
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild East: DJ YURIY GURZHY & SHLJIVA ORCHESTRA (SER/D). " gypsy, balkan, russendisko

Sa 16.10.10
17.00 Uhr - öffentliche Führung durch die Reitschule - Treffpunkt beim Grossen Tor
21.00 Uhr - Kino - "WILLKOMMEN IM PARADIES" & "MUSLIM/A" - La guerre est finie | Mitko Panov, CH 2009
23.00 Uhr - Dachstock - Elektrostubete & Dachstock present: CHANNEL X (D) live, DJ's RAMON TAPIA (B), RINO (ZH), AUDIOBALSAM (BE), 2ND Floor & After: ANDRI (ZH) & MASTRA (BE) live, DJ's Jay Sanders, Little Lu, Jon Donson, Nino Zolo, Brian Python, Stubete Allstars, VJ's Mag & Dario. " techno, minimal, house

So 17.10.10
20.30 Uhr - Kino - "WILLKOMMEN IM PARADIES" & "MUSLIM/A" - La guerre est finie | Mitko Panov, CH 2009

Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch

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kulturagenda.be 14.10.10

Wie die Russen tanzen im Dachstock

Nach dem Konzert von Shljiva Orchestra ist nicht fertig mit urbanem Gypsy und Balkan Sound. DJ Yuriy Gurzhy gibt eines seiner legendären DJ-Sets. Gurzy hat zusammen mit Wladimir Kaminer die Russendisko erfunden. Erst kürzlich hatte er mit seiner Partyband Rotfront für feucht-fröhliche Russenstimmung unterm Dach gesorgt.
Dachstock der Reitschule, Bern. Fr., 15.10., 22 Uhr

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kulturagenda.be 14.10.10

Tanz-Theater-Gruppe Kumpane tritt im Tojo auf

Vor zwanzig Jahren haben zwei Tänzerinnen ihren Beruf an den Nagel gehängt. Nun prüfen die Protagonistinnen des Stücks "Du bleibst wenn du gehst" der Tanz-Theater-Gruppe Kumpane, was von ihrem Können noch da ist. Währenddessen denkt ein Schauspieler laut darüber nach, was es bedeutet, von einer Sache Abschied zu nehmen. Regie: Jürg Schneckenberger.
Tojo Theater in der Reitschule, Bern. Mi., 20., Fr., 22., und Sa., 23.10., jeweils 20.30 Uhr

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(ST)REITSCHULE
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BZ 12.10.10

Reitschule

 Steinwurf aus Rache?

 Der Steinwurf auf ein Polizeifahrzeug vor der Reitschule sei ein Racheakt gewesen. So steht es auf einschlägigen Internetseiten.

 In der Nacht auf Freitag wurde ein Polizeifahrzeug vor der Reitschule mit Steinen beworfen. Ein Polizist wurde dabei am Auge verletzt (siehe BZ vom Samstag). Wie die Zeitung 20 Minuten berichtete, war diese Aktion möglicherweise ein Racheakt gegen die Polizei.

 Anfang letzte Woche hat die Kantonspolizei in der Stadt Bern gezielt Personen kontrolliert, die in Verdacht standen, Kokainhandel zu betreiben. Während der koordinierten Aktion wurden 30 Personen angehalten. Viele Festgenommene setzten sich vehement zur Wehr oder versuchten, zu flüchten, wie die Polizei mitteilte. In der Reithalle kam es während einer dieser Aktionen zu einer Rangelei. Wie Agnes Hofmann von der Mediengruppe der Reitschule sagt, wurde eine Mitarbeiterin der Reitschule von einem Polizisten verletzt. "Da sich die zivil gekleideten und aggressiv auftretenden Männer bei der Verfolgung eines Mannes nicht als Polizisten ausgewiesen haben, stellte sich die Angestellte den mutmasslichen Schlägertypen in den Weg. Deswegen stiess der eine Mann der Mitarbeiterin den Ellbogen ins Gesicht, sodass sie eine leichte Hirnerschütterung erlitt." Polizeisprecherin Corinne Müller hat keine Kenntnis von einem solchen Vorfall. "Es wurde unserer Wissens auch keine Anzeige erstattet." Auf einschlägigen Internetseiten wird das Vorgehen der Polizei bei dieser Festnahme als Grund für die Steinwürfe auf das Polizeiauto am Freitag genannt. Der Aggressor sei die Polizei, die Steinwürfe werden von der Reitschule zwar verurteilt, jedoch als "Gegengewalt" bezeichnet. Agnes Hofmann: "Wir werden im Interesse aller bei den nächsten Gesprächen mit der Stadtverwaltung über diese Vorfälle reden."
 rah

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BZ 11.10.10

"Reithalle betrifft ganzen Kanton"

 Diverse Artikel zur Reitschule-Abstimmung

 Das Ja für die Erhaltung der Reithalle hat wieder einmal mehr gezeigt, dass die meisten Einwohner der Stadt noch nicht gemerkt haben, was die rot-grün-linke Regierung vorhat. Am liebsten hätte sie überall einen Zustand wie in der Reitschule, Zaffaraya und weiteren Schandflecken. Diese Regierung kann froh sein, dass sie sich hinter Gesetzen, Paragrafen und Vorschriften verstecken kann, denn wenn nämlich die Abstimmung auf kantonaler Ebene durchgeführt werden könnte, wäre der leidige Schandfleck Reithalle schon längst Vergangenheit. Denn die Reithalle ist nicht nur eine rein städtische Angelegenheit, sondern betrifft den ganzen Kanton Bern und die Schweiz. Ernst Hofer Zollikofen

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20 Minuten 11.10.10

Reitschule: Steine gegen Polizisten

 BERN. Keine zwei Wochen nach dem Volks-Ja haben Vermummte bei der Reitschule ein Polizeiauto attackiert – möglicherweise als Rache für eine Razzia.

 Als eine Patrouille der Kantonspolizei in der Nacht auf Freitag an der Reitschule vorbeifuhr, flogen plötzlich Steine. Ein Polizist wurde bei diesem Angriff mehrerer Vermummter so schwer am Auge verletzt, dass er ins Spital musste.

 War die Attacke in der Nacht auf Freitag ein Racheakt? "Das munkelt man in verschiedenen Beizen und im Internet", sagt Tom Locher von der Reitschule. Der Vorfall hänge möglicherweise mit der Razzia vom Dienstag in der Reitschule zusammen, bei der es zu Übergriffen durch die Polizei gekommen sei. Eine Angestellte habe dabei eine leichte Gehirnerschütterung erlitten und in die Notaufnahme müssen. "Trotzdem: Gegengewalt ist keine Lösung und kontraproduktiv", verurteilt Locher die Steinwürfe.

 Diese könnten aber erst der Anfang sein: "Solange es den rechtsfreien Raum Kapo gibt, müssen Polizeiübergriffe wohl so geahndet werden", lautet eine Drohung im Internet.

 Politiker verurteilen die Attacke. "So etwas passiert doch nur, weil alle wissen, dass es keine Konsequenzen hat", so Stadtrat Bernhard Eicher (FDP). SVP-Kantonsrat Thomas Fuchs rügt auch das Stimmvolk: "Genau das haben wir bei einem Ja befürchtet. Es dauert nicht mehr lange und es gibt Tote". Die Kapo nahm gestern keine Stellung.  

Pedro Codes

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20min.ch 10.10.10
http://www.20min.ch/news/bern/story/Reitschule--Steine-gegen-Polizisten-30491672

Reitschule: Steine gegen Polizisten

von Pedro Codes - Keine zwei Wochen nach dem Volks-Ja haben Vermummte bei der Reitschule ein Polizeiauto attackiert - möglicherweise als Rache für eine Razzia.

Als eine Patrouille der Kantonspolizei in der Nacht auf Freitag an der Reitschule vorbeifuhr, flogen plötzlich Steine. Ein Polizist wurde bei diesem Angriff mehrerer Vermummter so schwer am Auge verletzt, dass er ins Spital musste.

War die Attacke in der Nacht auf Freitag ein Racheakt? "Das munkelt man in verschiedenen Beizen und im Internet", sagt Tom Locher von der Reitschule. Der Vorfall hänge möglicherweise mit der Razzia vom Dienstag in der Reitschule zusammen, bei der es zu Übergriffen durch die Polizei gekommen sei. Eine Angestellte habe dabei eine leichte Gehirnerschütterung erlitten und in die Notaufnahme müssen. "Trotzdem: Gegengewalt ist keine Lösung und kontraproduktiv", verurteilt Locher die Steinwürfe.

Diese könnten aber erst der Anfang sein: "Solange es den rechtsfreien Raum Kapo gibt, müssen Polizeiübergriffe wohl so geahndet werden", lautet eine Drohung im Internet.

Politiker verurteilen die Attacke. "So etwas passiert doch nur, weil alle wissen, dass es keine Konsequenzen hat", so Stadtrat Bernhard Eicher (FDP). SVP-Kantonsrat Thomas Fuchs rügt auch das Stimmvolk: "Genau das haben wir bei einem Ja befürchtet. Es dauert nicht mehr lange und es gibt Tote". Die Kapo nahm gestern keine Stellung.

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Indymedia 8.10.10
http://ch.indymedia.org/de/2010/10/77949.shtml

Rache für Razzia in Retischule? ::

AutorIn : ...

Am vergangenen Dienstag stürmten über ein dutzend Polizeibeamte den Innenhof der Reitschule und das Reitschule-Restaurant.     
    
Offenbar machten sie gezielt Jagt auf Menschen mit schwarzer Hautfarbe. Es kam um ein Haar zur Konfrontation mit anwesenden Gästen.

Möglicherweise steht ein Angriff auf eine Polizeistreife damit in Zusammenhang:

 http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Vermummte-werfen-Steine-gegen-Polizeiauto-und-verletzen-Beamten/story/29689220

:: 4 Inhaltliche Ergänzungen :     > Ergänze diesen Artikel (.onion )     
    
Für Recht und Ordnung...
08.10.2010 18:51  
Solange es den rechtsfreien Raum Kantonspolizei gibt, müssen wohl Polizeiübergriffe so geahndet werden...


AutorIn: Fridoline Kneubühl
    
    
Militär und Polizei
08.10.2010 20:35  
 http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Polizeiaktion-auf-dem-Bundesplatz/story/15225415


AutorIn: = kein Militär


ursache und wirkung
08.10.2010 20:39  
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Verdaechtige-wehren-sich-vehement-gegen-polizeiliche-Drogenkontrollen/story/29842976


AutorIn: "drogenkontrolle"
    
    
Plan?
10.10.2010 12:25  
Was liegt jetzt als Gegenmassnahme vor, da es ja nicht möglich schien, vor Ort gleich einzuschreiten? Womöglich eine Fotoausstellung aus den Achtzigern mit dem vielsagenden Titel "Züri brännt"?


AutorIn: Rob
    
:: Nicht inhaltliche Ergänzungen :     
    
1. Kreative Alternativen schaffen! — Hodlerboy
2. Idioten — killtheleader

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FLOHMI
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Bund 13.10.10

"Wir wollen ganz klar keine Hehlerware"

 Der Flohmarkt bei der Reitschule ist für jeden offen – das ist nicht ohne Risiko

 Dölf Barben

 Die Geschichte klingt tatsächlich abenteuerlich: Eine Frau will Markenkleider im Wert von 22 000 Franken auf dem Flohmarkt der Berner Reitschule gekauft haben. Für 200 Franken. Die Richterin glaubte der Frau nicht. Im Gegenteil: Sie kam zum Schluss, dass die Frau mit Familienangehörigen zusammen die Kleider in Berner Geschäften gestohlen hatte und sie ihrerseits auf dem Flohmarkt loswerden wollte. Ihr Bruder hat dort angeblich regelmässig einen Stand betrieben. Die Frau wurde am Montag im Abwesenheitsverfahren zu einer Freiheitsstrafe von 200 Tagen verurteilt (siehe "Bund" von gestern).

 Dass Flohmärkte nicht ganz ungeeignet dazu sind, gestohlene Ware an den Mann und die Frau zu bringen, ist bekannt. Beim Flohmarkt der Reitschule, der jeweils am ersten Sonntag im Monat stattfindet und einer der grössten der Schweiz ist, war das Problem im Sommer 2004 akut geworden. Um die eintreffenden Händler besser kontrollieren zu können, wollten die Organisatoren den Zugang mit Gittern einschränken. Diese Massnahme passte nicht allen: Einige Jugendliche griffen die Organisatoren an. Auch die Händler selber hatten sich gegen vermehrte Kontrollen gesträubt.

 Weil das Problem nicht in den Griff zu bekommen war, aber auch weil zunehmend elektronische Geräte verkauft wurden, die nicht funktionierten, verliessen einige der damaligen Veranstalter den Flohmarkt – und gründeten bei der Dampfzentrale den Zentralmarkt. Dominique Maiga hat die Geschichte miterlebt und gehört heute zum Organisationsteam des Zentralmarkts, der im Sommerhalbjahr jeweils am letzten Sonntag im Monat über die Bühne geht.

 Maiga vermutet, dass seinerzeit auf dem Reitschule-Flohmarkt rund 5 bis 10 Prozent der angebotenen Ware Diebesgut gewesen sei, wie er auf Anfrage sagt. Verdächtig mache sich ein Händler dann, wenn er an seinem Stand zahlreiche Artikel der gleichen Art anbiete, zum Beispiel Handys oder CD-Player. Dass gewerbsmässige Ladendiebe ihre Beute auf Flohmärkten zu Geld machten, sei aber sicher nicht die Regel, sagte er. Auf dem Zentralmarkt begegnen die Organisatoren dem Hehlerei-Problem damit, dass die Händler sich registrieren müssen. Ausserdem habe der Markt nur einen Eingang, was die Kontrolle vereinfache.

 Gratwanderung auf dem "Flohmi"

 Der freie Zugang aber ist ein Markenzeichen des "Flohmi" bei der Reitschule. Und diese Offenheit und Vielseitigkeit soll beibehalten werden. Giorgio Andreoli vom Trägerverein Grosse Halle spricht von einer Gratwanderung. "Wir wollen ganz klar keine Hehlerware", sagt er. Bei einem Flohmarkt sei es aber unmöglich, eine Garantie abzugeben, dass jedes Angebot wirklich sauber sei. Auf der anderen Seite müsse man aufpassen, einen Flohmarkt nicht gleich unter Generalverdacht zu stellen. "Es geht nicht darum, dass wir die Adressen der Händler nicht erfassen wollen", sagt er. Würde dies aber getan, könnte es dazu führen, dass Leute nicht mehr kommen, die man dabeihaben möchte – etwa Leute, für die bereits eine solche Formalität zu aufwendig sei.

 Andreoli erachtet das Hehlerei-Problem auf dem Reitschule-Flohmarkt als "nicht so gravierend". Der eingangs erwähnte Fall erstaune ihn denn auch ein wenig – er würde diesen Geschichten "eher mit Skepsis begegnen". Auch der "Flohmi" habe seit den Vorfällen 2004 "klarere Regeln". Zudem legten die Organisatoren Wert auf einen verstärkten Kontakt zu den Händlern. Würde in grösserem Stil Neuware verkauft, "würde das auffallen". Die eigentliche Kontrolle sei aber Sache der Polizei, sagt Andreoli – und appelliert an die Verantwortung der Besucher. Von Käufern, die in dieser Hinsicht Beobachtungen machten, erwarte er, dass sie dies meldeten.

 Wenige Meldungen bei Polizei

 Für die Polizei ist Hehlerei auf Flohmärkten "kein grosses Thema". Dies sagt Markus Stauffer, Dienstchef Sicherheitsberatung bei der Kantonspolizei. Es hänge damit zusammen, dass die Polizei in dieser Hinsicht erst dann auf Flohmärkten einschreite, wenn ihr Meldungen über den Verkauf von Diebesgut zugetragen werden. Solche Meldungen gebe es aber "sehr, sehr wenige", sagt Stauffer. Die rund 200 Fälle von Hehlerei, die in der Kriminalstatistik aufgeführt sind, haben denn auch nichts mit Flohmärkten zu tun. Laut Stauffer handelt es sich dabei um Hehlerei "auf der Gasse". Davon ist beispielsweise dann die Rede, wenn Einbrecher ihre Beute versilbern wollen.

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Bund 12.10.10

Roma-Diebesbande: Dicke Taschen, dünne Beweislage

 Am Kreisgericht Bern-Laupen sind zwei Frauen wegen Diebstahl in Berner Geschäften verurteilt worden.

 Die Geschichte klingt abenteuerlich: Die Hauptangeklagte will die Berge von Markenkleidern, die bei ihr zu Hause gefunden worden sind und einen Wert von 22 000 Franken haben, auf dem Flohmarkt der Reitschule erworben haben. Von einem Afrikaner, für 200 Franken.

 Wegen banden- und gewerbemässigen Diebstahls hätten gestern zwei Frauen vor der Strafeinzelrichterin des Kreisgerichts Bern-Laupen sitzen sollen. Die Hauptangeklagte, eine 41-jährige Roma-Angehörige, ist aber inzwischen in ihr Heimatland Serbien ausgeschafft worden. In ihrer Abwesenheit ist sie gestern zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 200 Tagen verurteilt worden. Sie wird diese wohl nur verbüssen müssen, sollte sie dereinst wieder in die Schweiz zurückkehren, da die Behörden wahrscheinlich keinen internationalen Haftbefehl ausschreiben werden.

 Im ersten Halbjahr 2009 soll sie mindestens in acht Berner Geschäften Diebstähle begangen haben. Mit ihrem Bruder, ihrer Schwägerin und eventuell anderen Familienmitgliedern hat sie Kleider gestohlen, die gewaschen und auf dem Reitschule-Flohmarkt verkauft wurden. Nur die Hälfte der Ware konnte Geschäften zugeordnet werden. Die Polizei fand weiter über 5000 Franken Bargeld. Der Bruder und die Schwägerin sind in dieser Sache bereits zu 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Diese waren bereits 2008 kriminell tätig – hier waren die Beweise aber zu dürftig, um der Angeklagten etwas anlasten zu können.

 Der zweiten Angeklagten, ebenfalls eine Schwägerin, konnten nur Delikte nachgewiesen werden, bei denen sie erwischt wurde. Die Richterin liess bei ihrer Urteilsbegründung aber durchblicken, dass sie davon ausgeht, dass die 38-jährige Deutsche zwar nicht Teil der Bande war, aber auch öfters auf Raubtouren gegangen ist, da sie mit einem ausgeklügelten System vorging: mit präparierten Taschen. Sie muss eine Strafe von 3000 Franken bezahlen sowie einen Teil der Verfahrenskosten tragen. (jäg)

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SCHÜTZENMATTE
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Bund 12.10.10

Schützenmatt

 WC-Anlage wird rückgebaut

 Der Rückbau der seit mehreren Jahren geschlossenen öffentlichen WC-Anlage an der Schützenmattstrasse 2 hat begonnen. Die rechte Fahrspur wird während der Bauzeit eingeschränkt befahrbar und das Trottoir gesperrt sein. Die Arbeiten dauern bis Ende Oktober 2010. Der Gemeinderat beschloss diese Massnahme 2009 zur Verbesserung der Sicherheit und der hygienischen Verhältnisse im Gebiet Schützenmatte/Aarehang. (pd)

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BZ 12.10.10

Schützenmatt

 WC-Pavillon wird abgebrochen

 Seit gestern wird die seit längerem geschlossene WC-Anlage an der Schützenmattstrasse abgebaut. Bis Ende Oktober ist die rechte Fahrspur deshalb eingeschränkt befahrbar und das Trottoir gesperrt, wie einer Mitteilung der Stadtbauten Bern zu entnehmen ist. Den Abbruch beschlossen hat der Gemeinderat.

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ANTI-SVP-TAG
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BZ 13.10.10

Leserbriefe

 "Eine Blamage für ratlose Politiker"

 Ausgabe vom 8. oktober:

 "Dieses Verhalten ist dumm"

 Leider haben wir Leute in Exekutivämtern, die selten bis gar nie im "richtigen Arbeitsleben" waren, das heisst, sie waren Funktionäre und Beamte, die einen Blickwinkel haben, den all jene, die um ihren Lohn kämpfen müssen, nicht nachvollziehen können. Dass Politiker eine spezielle Spezies sind, leuchtet jedem ein, der diesen "Zirkus" verfolgt. Dass sich nun auch bürgerliche Politiker aus der Verantwortung stehlen, ist – gelinde gesagt – beängstigend. Immerhin ist Christian Wasserfallen, ein junger Parlamentarier, noch nicht so verfilzt, dass er Fehlleistungen – auch von Bürgerlichen – stillschweigend hinnimmt, sondern sie beim Namen nennt. Was sie im Zusammenhang mit den Anifa-Aktivisten geleistet haben, ist unglaublich.

 Offenbar merken es die Politiker nicht einmal mehr, welche haarsträubend lächerlichen Begründungen sie zu dieser phänomenalen Fehlleistung liefern. Deutlicher kann man Ratlosigkeit und Unfähigkeit gegen Kriminelle nicht mehr ausdrücken und sich blamieren. Sicher werden sich alle "normalen" Bürger vermehrt von diesem führungsmässig maroden Staat abwenden.Walter Leibundgut Kirchberg

 "(Un)Rechte der Antifa"

 Wir haben Sechs Fragen an die städtischen Behörden:

 1. Brauchen wir als Hotelier und Restaurateur eine Bewilligung, um unseren Gästen Alkohol auszuschenken?

 Antwort Behörden: Ja! Falls Sie "Antifa-Aktivisten" sind: Nein!

 2. Brauchen wir eine Bewilligung für das Anbringen von Plakaten an unseren Fassaden?

 Antwort Behörden: Ja! Falls Sie "Antifa-Aktivisten" sind: Nein!

 3. Wir möchten ein "fröhliches Paintball-Schiessen" in der Schauplatzgasse organisieren. Brauchen wir eine Bewilligung?

 Antwort Behörden: Ja! Falls Sie "Antifa-Aktivisten" sind: Nein!

 4. Brauchen wir für den Betrieb eines Verpflegungsstandes am Zibelemärit vor dem Hotel eine Bewilligung?

 Antwort Behörden: Ja, inkl. Gebühren! Falls Sie "Antifa-Aktivisten" sind: Nein.

 5. Brauchen wir für unseren Zibelemärit-Verpflegungsstand ein Hygienekonzept?

 Antwort Behörden: Ja! Falls Sie "Antifa-Aktivisten" sind: Nein!

 6. Dürfen wir am Zibelemärit- Verpflegungsstand Wegwerfteller und -gläser verwenden?

 Antwort Behörden: Nein! Falls Sie "Antifa-Aktivisten" sind: Ja!

 Liebe städtische Behörden – was müssen wir unternehmen um die gleichen "(Un)Rechte" wie die "Antifa-Aktivisten" zu erhalten?

 Beatrice & Hannes Imboden Hoteliers, Bern

 "Wischiwaschi von Nause"

 Die Leistungen von Reto Nause bezüglich den Demos sind mangelhaft, auch wenn er sich selbst am meisten lobt. Auch wenn Straftaten begangen werden und die Aktion am Anti-SVP-Tag nicht bewilligt war, schaut die Stadt weg und lässt die linken Chaoten weitermachen. Die Polizei, welche wegen diesen Sozialschmarotzern Überstunden macht, tut mir leid. Das Reto Nause seinem "Wischiwaschi"-CVP-Kurs treu bleibt, erstaunt nicht.

 Marc-Theodor Habegger Bern

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BZ 12.10.10

Anti-SVP-Aktionstag in Bern

 Es gibt keine einzige Anzeige

 Die Organisatoren des "Anti-SVP-Aktionstags" vom 6. Oktober wurden nicht ermittelt. Deshalb wird niemand verzeigt.

 Am letzten Mittwochabend haben rund 300 Antifa-Aktivisten auf dem Bahnhofplatz ohne Bewilligung gegen die SVP demonstriert. Die Aktivisten haben unter anderem Alkohol verkauft, mit Paintball-Pistolen geschossen oder Transparente am Baldachin befestigt (wir berichteten). Im Zusammenhang mit dieser Kundgebung kommt es zu keiner Anzeige.

 "Wir haben bei der Kundgebung zwei Personen identifiziert", sagte Dieter Schärer, stellvertretender Chef der Region Bern bei der Kantonspolizei. "Allerdings haben diese beiden lediglich beim Aufbau mitgeholfen. Das ist an sich keine strafbare Handlung."

 Strafbar gemacht haben sich nur die Organisatoren der Demonstration, diese konnte die Polizei aber nicht ermitteln. "Ich verstehe den Groll darüber, dass diese Leute nicht bestraft werden. Aber es wäre nicht verhältnismässig gewesen, die Kundgebung gewaltsam aufzulösen", so Schärer.

 Grundsätzlich braucht es in der Stadt Bern eine Erlaubnis, um Alkohol zu verkaufen. Dasselbe gilt für das Schiessen mit Gotcha-Waffen auf öffentlichem Grund und auch das Anbringen von Plakaten oder Transparenten.
 rah

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BZ 11.10.10

Über den Tisch ziehen

 Ausgabe vom 8. Oktober "Dieses Verhalten ist dumm"

 Dieses Verhalten ist dumm. Da hat Reto Nause absolut recht. Aber das Verhalten des GR ist noch dümmer. Die Antifa-Chaoten demonstrieren lassen ohne Bewilligung. Nach Sachbeschädigung die Polizei zurückhalten usw. Seit fast 30 Jahren dauert das Katz-und-Maus-Spielen der Reithallen-Bewohner (Antifa) mit dem Gemeinderat, gelernt hat er nichts. Er lässt sich nach wie vor von diesen Chaoten über den Tisch ziehen. Nause wundert sich, dass viele Bürger glauben, der Gemeinderat kusche vor diesen Chaoten. Es ist traurig, das sagen zu müssen: Er kuscht nicht nur, er stellt sie vor lauter Angst, sie würden wieder Zoros machen, unter Denkmalschutz.

 Ich werde bei Herrn Nause persönlich eine Bewilligung einholen, damit Leute von unserer Partei auf den Baldachin klettern und dort Plakate aufhängen dürfen, ohne von der Polizei heruntergeholt und bestraft zu werden.

 Walter Krebs Bern

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RABE-INFO
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Mi. 13. Oktober 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_13._Oktober_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_13._Oktober_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2013.%20Oktober%202010
- Moderne Sklavenhaltergesellschaft in Südspanien – Bauern- und Konsumentenverbände fordern mehr Verantwortung beim Gemüse- und Früchteimport
- Geiz ist nicht geil – Unterhaltungselektronik wird nach wie vor unter widrigen Umständen produziert
- Giftschlamm-Katastrophe in Ungarn – Greenpeace berichtet aus den betroffenen Gebieten

Links:
http://www.fair-computer.ch

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Di. 12. Oktober 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_12._Oktober_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_12._Oktober_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2012.%20Oktober%202010
- Gestoppte Demokratie? – Einschätzungen zur Ukraine nach acht Monaten Präsidentschaft von Janukowitsch.
- Stop the Bomb – Europaweite Proteste gegen die Schweizer Iran-Politik
-Cybermobbing stoppen – Kampagnenstart gegen eine unterschätzte Gefahr im Internet

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Mo. 11. Oktober 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_11._Oktober_2010_01.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_11._Oktober_2010_01.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2011.%20Oktober%202010
- Welttag gegen die Todesstrafe: Immer wieder werden in den USA Unschuldige zum Tode verurteilt
- Kopf der Woche: Der Brasilianische Aktivist Franklin Frederick und sein Kampf gegen die Privatisierung von Wasser

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RANDSTAND  BIEL
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bielertagblatt.ch 12.10.10

Zivilcourage in Uniform

Die Bieler Dienststelle für Sicherheit, Intervention und Prävention schickt seit Ende August ihre Leute auf die Strasse. Was macht sie eigentlich? Eine Nacht unterwegs mit der neuen Einheit.

(lin) Seit sechs Wochen sind die fünf Mitarbeiter der Dienststelle für Sicherheit, Intervention und Prävention (SIP) unterwegs. Auf den Strassen Biels erklären sie, wer sie sind und was sie tun. Beim alten Alkitreff (der heute noch aus ein paar Steinbänken besteht) kennt man sich: "Ah, das ist jetzt also die Freundin", sagt SIP-Leiter Jürg Burkhalter. Nach dem kurzen Schwatz geht er in behaglichem Tempo auf die andere Seite des Walserplatzes.

"Haben wir etwas verbrochen?", fragen die Blicke einiger Jugendlicher, als die blau-rot uniformierten Männer auf sie zukommen. Nein, Ousman Agnou macht sie bloss darauf aufmerksam, ihren Abfall nach ihrem kleinen Gelage nicht liegen zu lassen. "Und nicht mehr zu viel Bier, sonst – peng!", fügt Burkhalter hinzu. Er spielt dem Jugendlichen vor, wie dieser umfallen wird.

Ein Paradebeispiel

Auf dem Bahnhofplatz hat ein altbekannter Querulant einige Bierdosen zu viel geleert. Er will Geld, pöbelt die Leute an. Harmlos ist er. Störend ebenso. Agnou geht ruhig, aber bestimmt dazwischen: "Schau mal, du willst doch respektiert werden, oder? Dann respektiere auch die anderen." Hier beisst der SIP-Mann auf Granit gewordene Promille.

Mehr zum Thema im "Bieler Tagblatt" vom 13. Oktober oder im E-Paper

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bielertagblatt 11.10.10

Randständige im Sitzstreik

Die Besucher des ehemaligen Alkitreffs am Walserplatz halten nach dem Abbruch des Treffs die Stellung. So lange sie ruhig bleiben, können sie nicht weggewiesen werden.

bjg. Zwei Wochen sind seit der Schliessung des Alkitreffs am Walserplatz vergangen, und die Besucher treffen sich nach wie vor am selben Ort. Den ersatzlosen Abbruch "ihres Heims" quittieren die Randständigen mit einem Sitzstreik, wie sie es ausdrücken. Sie wollen damit demonstrieren, dass man Menschen nicht einfach unsichtbar machen kann. Ob sie durch ihre blosse Gegenwart stören, auch ohne die Holzbaracke rundherum, wird sich zeigen.

André Glauser, der Sicherheitsdelegierte der Stadt Biel, weiss jedenfalls bislang von keinen Reklamationen. So lange sich die Randständigen im öffentlichen Raum unauffällig benehmen, können sie nicht weggewiesen werden. In Artikel 29 des Kantonalen Polizeigesetzes sind die Kriterien festgehalten, wonach die Polizei Personen vorübergehend von einem Ort wegweisen oder fernhalten kann. Zusammenfassend ist dies der Fall, wenn Personen die öffentliche Sicherheit gefährden oder stören sowie damit gerechnet werden muss, dass sie anderen Menschen gegenüber Gewalt anwenden. In der Vergangenheit wurde der Artikel in Biel mehrfach angewendet. Insbesondere in der vormaligen Drogenszene im Heuerpark und rund um den Gaskessel, um die Drogendealerei einzudämmen.

Seit der Einführung der Einheitspolizei ist dafür die Kapo Bern zuständig. Jean Scheiben, Chef der Polizei in Biel, bezeichnet das Instrument der Wegweisung als "nicht das Gelbe vom Ei". Man müsse "sehr bewusst und restriktiv" damit umgehen. Denn wenn die Polizei jemandem ein Perimeterverbot erteile, dann gehe die betreffende Person in der Regel einfach woanders hin. Und damit sei das Problem auch nicht gelöst.

Alkitreff Walserplatz
• Der Treff existiert seit 2003. Anfangs bestand er aus einem Bauwagen neben dem Coop-Center.
• Dann wurde der Bauwagen neben das Communication Center versetzt und stetig erweitert.
• Am 27. September erfolgte der Abbruch des Treffs.
• Er dient einer Gruppe von rund 40 Personen als soziales Netz.
• Neu gibt es auf "Facebook" eine Gruppe "Pro Alkitreff Biel". (bjg)

Ausführlicher Bericht im BT vom Montag, 11. Oktober, auf Seite 7 - sowie im E-Paper

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Bund 11.10.10

Die Alkis bleiben, wo sie waren

 Auch wenn die Hütte der Alkis am Bieler Walserplatz nicht mehr steht: Die Besucher sind noch dort und treffen sich weiterhin am angestammten Platz. Jetzt stellen Politiker die Randständigen unter Beobachtung.

 Seit zwei Wochen ist der Alkitreff am Walserplatz Vergangenheit. Dem Baurecht wurde Genüge getan, die Baracke ist abgebaut, alle Spuren sind getilgt. Die Menschen sind geblieben. Sie treffen sich nach wie vor. An der Stelle, wo die Baracke stand, sitzen sie jetzt auf drei Steinbänke verteilt, trinken ihr Bierchen, plaudern, lachen, streiten und versöhnen sich wieder – genau so wie zuvor. Und daran wird sich wohl auch nichts ändern. "Wir bleiben hier, egal ob es stürmt, schneit oder hagelt", sagen sie. Etwa zehn Menschen sind es. Frauen und Männer, Jüngere und Ältere, Arbeitslose und solche, die einen festen Job haben. "Wir sind mit den Jahren wie eine Familie geworden", sagen sie, "wir wollen zusammenbleiben." Dass sie nun ohne Dach über dem Kopf sind und die Stadt Biel ihnen ihren Treff ersatzlos weggenommen hat, stimmt sie traurig. Sie fühlen sich abgeschoben und irgendwie auch verraten.

 Zur Erinnerung: Sieben Jahre stand die selbst gezimmerte Hütte, baurechtlich illegal, aber mit Zustimmung und Unterstützung des damaligen Sozialdiensts der Stadt, neben dem Communication-Center. Sozial-, Bau- und Sicherheitsdirektion wussten zwar um die Illegalität. Weil aber das Konzept der Selbstverwaltung unter den Randständigen mehr oder weniger reibungslos funktionierte und sich keine der Direktionen wirklich dafür zuständig fühlte, entschied letztlich der Regierungsstatthalter. Dieser befahl den Abbruch per Ende September, nachdem die Situation im und um den Treff aus dem Ruder zu laufen drohte und sich Schlägereien häuften. Damit standen die Randständigen buchstäblich auf der Strasse, obwohl die drei Direktionen in den Monaten zuvor versicherten, bis zum Schliessungsdatum eine Übergangslösung für den Winter parat haben zu wollen.

 Die Situation beobachten

 Die Baracke ist jetzt zwar weg, damit ist das Thema im Bieler Gemeinderat aber keineswegs vom Tisch. An einer Sitzung beschloss er, der Sicherheitsdirektion den Auftrag zu geben, das Verhalten der Randständigen am Walserplatz zu beobachten. Anfang November soll ein Bericht vorliegen, aufgrund dessen der Gemeinderat einen Beschluss fassen will, wie mit dieser Gruppe von Menschen verfahren werden soll. Zwei Varianten stehen zur Wahl: "Entweder es gibt nichts", sagt die Sicherheitsdirektorin Barbara Schwickert, "oder wir erstellen ein Provisorium, das wir in kurzer Zeit und ohne Baubewilligung realisieren können." Schwickert nennt es eine "Variante light" für den Winter, will aber nicht sagen, wo dieses Provisorium zu stehen kommen soll. Es sei aber sicher an einem Ort, wo die Randständigen auch wirklich hingehen würden, sagt sie. Denn man habe den Ort in Absprache mit diesen ausgesucht. Schwickert: "Es nützt nichts, ihnen etwas hinzustellen, wenn sie es dann nicht benutzen."

 Zusammen mit der Kapo

 Die Überwachung der Randständigen am Walserplatz obliegt laut Schwickert der Kapo und den SIP-Truppen der Stadt Biel. Die SIP Biel (Sicherheit, Intervention, Prävention) besteht aus fünf Personen mit insgesamt 300 Stellenprozent. Sie sind seit August immer zu zweit und zu Fuss an den Punkten der Stadt unterwegs, wo sich Menschenansammlungen häufen. Der Kontakt der SIP zu den Randständigen am Walserplatz sei gut, sagt die Sicherheitsdirektorin. Man kenne einander, und sie bekomme täglich rapportiert, wie diese Begegnungen verlaufen seien. Die SIP habe die Aufgabe, mit den Randständigen das Gespräch zu suchen und zu schauen, wie es ihnen geht.

 Die Leute am Walserplatz, die als Randständige bezeichnet werden, haben sich inzwischen auf die neue Situation eingestellt. Als Aschenbecher dient ein Blechkübel, und falls es regnen sollte, wollen sie Schirme mitnehmen.

 Brigitte Jeckelmann/bt

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STREETWORK LYSS
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BZ 12.10.10

Die Linke fordert Streetworker

 Lyss soll Streetworker einsetzen, fordern SP und Grüne und wollen damit gegen Lärm, Dreck und Vandalismus vorgehen. Gassenarbeiter in Biel bezweifeln, dass Streetwork dazu das richtige Mittel ist.

 Gegröle mitten in der Nacht, Abfall in Blumenrabatten und Pärken, abgefackelte Mülleimer und zertrümmerte Windschutzscheiben an Bushaltestellen. Welche Gemeinde im Seeland war nicht schon vom einen oder andern betroffen. Meist wird die Jugend dafür verantwortlich gemacht und mehr Polizeipräsenz gefordert. Nicht so SP und Grüne in Lyss. Sie fordern: "Streetwork für Lyss." Am Bahnhof, dem Parkweg, neuerdings auch beim Monopoliplatz und um Schulhäuser bildeten sich "auffällige Gruppen". Damit einher gingen Lärm, Dreck und Vandalismus – vor allem in der Nacht. Die Polizei und private Sicherheitsdienste können aber nicht durchgehend präsent sein, um Einhalt zu gebieten.

 Streetwork ist nicht Polizei

 Bieler Gassenarbeiter bezweifeln, dass Streetwork die öffentliche Sicherheit gewährleistet. "Wir leisten Präventionsarbeit, die Polizei sorgt für Ruhe und Ordnung", sagt Eric Moser, Regionalleiter des Contact Netz, dem Streetwork angegliedert ist. Gassenarbeiter träten vor allem mit jungen Leuten in Kontakt, die in Schwierigkeiten kämen und der Gemeinde dadurch Probleme bereiten könnten, etwa durch Sucht oder anderes auffälliges Verhalten. Da suche man nach Lösungen, damit die Jungen nicht konsumieren oder etwas anderes anstellen, was Schaden anrichtet. Diese Arbeit dürfe nicht unterschätzt werden, sagt Moser: "Ein einziger Streetworker reicht für eine Stadt nicht aus." In Biel sind die Gassenarbeiter immer zu zweit unterwegs in den Quartieren: jemand von Streetwork und jemand von Jugend und Freizeit der Stadt Biel. Einer soll bei Suchtproblemen helfen und der andere für einen gesunden Lebensstil werben. Als Paar können sie auch Gruppen ansprechen, was alleine riskant wäre.

 Erfolgreich in Büren

 Büren hat einen Streetworker, Rolf Marti. Er ist Mitglied der Fraktion SP/ Grüne im Lysser Gemeindeparlament. Das Postulat habe er nicht initiiert, sagt Marti, doch sein Job in Büren habe das Thema in der Fraktion präsent gehalten. Der Bürener Gemeinderat hat den 53-jährigen Sozialpädagogen vor drei Jahren geholt, damit er jugendliche Randalierer in die Schranken weist. Diese Ziele scheint Marti erreicht zu haben. Der Gemeinderat des Stedtlis zeigte sich 2009 von Martis Arbeit überzeugt. Nach Büren vermittelt hatte ihn die Jugendfachstelle Lyss. Diese zog sich jedoch nach einer sechsmonatigen Pilotphase zurück. In Lyss ist die Arbeitsweise des Streetworkers von Büren umstritten. Tatsächlich wirkt seine Auffassung von Gassenarbeit zuweilen handgestrickt. So sagt Marti auch: "Ein Streetworker braucht keine Konzepte." Es genüge, wenn jemand Präsenz markiere. Marti sieht den Streetworker als "eine Art Papi". Indem er sich für die Jugendlichen interessiere, würden diese mit der Zeit auf ihn hören und auf "andere Ideen" kommen.

 "Keinen Ordnungsauftrag"

 "Natürlich ist der Begriff ‹Streetworker› nicht geschützt", sagt Moser. Doch was die Linke in Lyss in ihrer Interpellation anspreche, klinge eher nach einer Aufgabe für Polizei oder "Sicherheit, Intervention, Prävention" (SIP). Diese Fusstruppen der Stadt sollen gewaltlos zum Rechten sehen.

 Moser ist nicht alleine mit dieser Einschätzung: "Streetworker haben keinen Ordnungsauftrag", sagt Anna Mele, die für Jugend und Freizeit von der Mühlestrasse in Mett aus operiert. Seit drei Jahren kennt sie die Jugendlichen im Quartier, seit sechs Monaten hat sie ihr Büro mittendrin. All die Jahre habe es gebraucht, damit Vertrauen habe entstehen können. Mele: "Erst jetzt kann ich Themen wie Vandalismus mit den Jugendlichen besprechen und werde auch gehört."

 Jeannine Püntener

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SCHWARZER PETER BS
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Basellandschaftliche Zeitung 11.10.10

Spannende zehn Jahre auf der Gasse

 Schwarzer Peter Ray Knecht betreut Randständige, Obdachlose und Drogenabhängige

Rolf Zenklusen

 Ray Knecht treibt sich seit vielen Jahren auf den Basler Gassen herum – beruflich. Gestern, am 10. Oktober um 10.10 Uhr, feierte der 37-Jährige sein 10-Jahr-Jubiläum als Gassenarbeiter beim Verein Schwarzer Peter. Theres Wernli, damals selbst Gassenarbeiterin und heute Leiterin des Stadtteilsekretariats Kleinbasel, hatte den jungen Erlebnispädagogen damals ermuntert: "Bewirb dich bei uns. Wir wollen, dass du mit uns arbeitest." Obwohl er nicht genau wusste, auf was er sich einliess, hat er sich gemeldet – einige Formalitäten später war er Gassenarbeiter.

 "Das Vertrauen und die Offenheit, die man uns entgegenbringt, haben mich erstaunt", erinnert sich Knecht. Das Vertrauen beruhe auf den Grundhaltungen der aufsuchenden Sozialarbeit: Freiwilligkeit, Akzeptanz, Konstruktivismus, Parteilichkeit, Verschwiegenheit sowie geschlechter- und migrationsgerechte Arbeit. Der wohl wichtigste Grundsatz sei Vertrauen: Was aber nicht heisst, dass der Gassenarbeiter alles gutheisst, was der Klient macht. "Sondern, dass der Mensch und nicht dessen Handlung im Vordergrund steht."

 Es wäre arrogant und überheblich, von seiner persönlichen Realität auszugehen und diese als Massstab für richtig oder falsch zu setzen. Ein Randständiger oder Drogenabhängiger sei weder suspekt noch gefährlich, sondern erst einmal ein Mensch – einfach mit anderen Rahmenbedingungen. Wichtig sei ebenso die Freiwilligkeit, sagt Knecht: "Damit ersparen wir uns viele Leerläufe. Denn die Menschen, mit denen wir arbeiten, kommen auf uns zu, wenn sie bereit sind und wenn sie müssen."

 Hatten es die vier Gassenarbeiter früher noch vermehrt mit Drogenabhängigen zu tun (siehe Infobox), so beschäftigen sie sich jetzt vermehrt mit Randständigen und Obdachlosen. "Auf dem Sekretariat sind 100 Menschen angemeldet, die keine bezahlbare Wohnung finden", sagt Knecht. Es handle sich um Leute, die vielleicht ihren Job verloren haben oder deren Vergangenheit nicht in geregelten Bahnen verlaufen sei.

 Mit je einer Standaktion auf dem Barfüsser- und dem Rümelinsplatz hat der Verein Schwarzer Peter im August auf dieses Problem aufmerksam gemacht. Vermehrt betreuen die Gassenarbeiter Menschen mit psychischen Problemen. "Menschen, die den hektischen, schnellen Alltag nicht mehr bewältigen können", erläutert Knecht.

 Die enge Szene der Randständigen, die regelmässig Kontakt zu den Gassenarbeitern haben, umfasst rund 300 Personen. Das Vierer-Team registriert pro Jahr rund 10 000 Kontakte und führt knapp 2000 Beratungen durch. Die Hälfte der Menschen, die von den Gassenarbeitern betreut werden, haben einen Migrationshintergrund. Und ein Viertel der Klientel ist weiblich.

 Nach so vielen Jahren Gassenarbeit – rund einen Drittel der Arbeitszeit verbringt er tatsächlich auf der Gasse – ist Ray Knecht seines Berufes nicht müde. "Mein wirklicher Erfolg ist, dass die Menschen in den Basler Gassen mich als ehrlichen und unterstützenden Gassenarbeiter akzeptieren und schätzen." Dies zeigt sich auch an der Tatsache, dass er in den zehn Jahren nie verbal oder körperlich angegriffen wurde.

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 Gassenarbeit: Verein Schwarzer Peter

 Der Verein für Gassenarbeit Schwarzer Peter entstand 1983 als Reaktion auf die Probleme um die offene Drogenszene im Kleinbasel. Überlebenshilfe für Abhängige, Vermittlung zwischen Anwohnern, Behörden und der Szene sowie Schaffung schadensmindernder Massnahmen waren die ersten Ziele. Aus kleinen Projekten, wie zum Beispiel der Gassenküche oder dem ersten Gassenzimmer, entstanden Einrichtungen, die aus dem sozialen Basel heute nicht mehr wegzudenken sind: die Frauenoase, die Mobile Jugendarbeit Basel (MJA) oder der Jugendtreff Neubad. Die neueste Initiative des Vereins Schwarzer Peter ist die Wärmestube "Soup &Chill" beim Bahnhof SBB. (zen)

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SQUAT FRIBOURG
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Freiburger Nachrichten 13.10.10

Besetztes Gebäude an der Neustrasse 1 am Dienstagmorgen von der Polizei geräumt

 Der Polizeieinsatz beendete die Aktion des Kollektivs "Raie-Manta" ohne Gewalt.

 Carolin Foehr

 Freiburg Nach drei Tagen ist die Besetzung des Gebäudes an der Neustrasse 1 gewaltlos und ohne aktiven Widerstand zu Ende gegangen. Die Polizei hat am Dienstagmorgen gegen sieben Uhr die rund fünfzehn im Gebäude verschanzten Personen evakuiert und in Gewahrsam genommen. Am Nachmittag seien alle Besetzer wieder auf freien Fuss gesetzt worden, schreibt die Kantonspolizei in einer Mitteilung.

 Am vergangenen Freitagabend hatte sich das sogenannte Kollektiv "Raie-Manta" (übersetzt Teufelsrochen) in dem Gebäude nahe des Freiburger Bahnhofs eingerichtet. Die Mitglieder der Gruppe fordern mit ihren Aktionen ein Lokal für alternative kulturelle Aktivitäten, die ihrer Meinung nach in der Stadt fehlen.

 Eingänge zugenagelt

 Am Montagvormittag hatte Oberamtmann Carl-Alex Ridoré die Besetzer aufgefordert, das leerstehende Gebäude bis 18 Uhr zu verlassen. Diese verbrachten trotz des Ultimatums die Nacht vom Montag auf Dienstag an der Neustrasse 1.

 Hans Maradan, Pressesprecher der Kantonspolizei, erklärte: "Der Einsatz ist ohne grosse Zwischenfälle abgelaufen. Die Besetzer hatten zwar die Eingänge zugenagelt, sich gegenüber den Beamten aber ruhig verhalten." Auch auf Nachfrage wollte sich Hans Maradan weder zur genauen Zahl der verschanzten Personen noch zu jener der am Morgen aufgebotenen Beamten äussern.

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BZ 13.10.10

Freiburg

 Die Polizei beendet eine Hausbesetzung

 Die Polizei hat gestern am frühen Morgen ein besetztes Haus in der Nähe des Freiburger Bahnhofs geräumt.

 Nach drei Tagen ist die Besetzung des Gebäudes an der Neustrasse 1 gewaltlos und ohne aktiven Widerstand zu Ende gegangen. Die Polizei hat am Dienstagmorgen gegen sieben Uhr die rund 15 im Gebäude verschanzten Personen evakuiert und in Gewahrsam genommen. Am Nachmittag seien alle Besetzer wieder auf freien Fuss gesetzt worden, schreibt die Kantonspolizei in einer Mitteilung.

 Eingänge zugenagelt

 Am vergangenen Freitagabend hatte sich das sogenannte Kollektiv "Raie-Manta" (übersetzt Teufelsrochen) in dem Gebäude nahe des Freiburger Bahnhofs eingerichtet. Die Mitglieder der Gruppe fordern mit ihren Aktionen ein Lokal für alternative kulturelle Aktivitäten, die nach ihrer Meinung in der Stadt fehlen. Am Montagmorgen reichte die Besitzerin des Gebäudes deshalb eine Strafanzeige ein. Es folgten Verhandlungen, eine Inspektion des Gebäudes durch die Feuerwehr und Gespräche mit der Immobiliengesellschaft. Am Nachmittag bestätigte Oberamtmann Carl-Alex Ridoré seine Forderung vom Vormittag: Die Besetzer müssen das Gebäude noch am selben Tag verlassen. Doch nach Ablauf des Ultimatums und einer Demonstration von rund zwanzig Sympathisanten harrten die Mitglieder von "Raie-Manta" aus und verbrachten die Nacht auf Dienstag an der Neustrasse 1.

 Ohne Zwischenfälle

 Hans Maradan, Pressesprecher der Kantonspolizei, erklärte: "Der Einsatz ist ohne grosse Zwischenfälle abgelaufen. Die Besetzer hatten zwar die Eingänge zugenagelt, sich gegenüber den Beamten aber ruhig verhalten." Auch auf Nachfrage wollte sich Hans Maradan weder zur genauen Zahl der verschanzten Personen noch zu jener der am Morgen aufgebotenen Beamten äussern.
 cf/hus

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20 Minuten 13.10.10

Polizei stürmte besetztes Haus mitten in Freiburg

 FREIBURG. Die Freiburger Kapo räumte gestern Morgen früh ein besetztes Haus in der Nähe des Freiburger Bahnhofs.

 "Ich kriegte Angst", sagt Felix*. Gestern um 7 Uhr stürmten Polizisten das Haus an der Neustrasse 1 und rissen ihn aus dem Schlaf. Felix ist Teil des Besetzer-Kollektivs Raie-Manta, das sich am Freitagabend im leer stehenden Haus eingenistet hatte. Die Freiburger Kapo machte kurzen Prozess. Sie zurrte seinen 14 Mitbewohnern die Hände mit Kabelbindern zusammen und führte sie ab. Laut Polizeisprecher Hans Maradan störte der Einsatz nicht mal die Linienbusse an der Strasse. Und die fahren im 15-Minuten-Takt am heruntergekommenen Haus vorbei. Ein Gewerbler spricht von einem "überraschend grossen Polizeiaufgebot". Ein anderer findet: "Die Jungen wurden abgeführt wie Terroristen." Eine Büroangestellte hörte quietschende Reifen – und Schreie. "Die hörten sich aber an wie Kommandos unter den Polizisten", sagt sie.

 Die Polizei kommentiert die Umstände der Räumung nicht. "Der Oberamtmann beauftragte uns, das Haus ohne Verletzte zu räumen und möglichst gewaltarm vorzugehen, was wir auch gemacht haben", so Maradan. Für Felix endete die Geschichte gegen Mittag, als die Polizei ihn wieder entliess. "Ich musste meine DNA abgeben und einen Alkoholtest machen", sagt er. Das Haus wurde gestern polizeilich überwacht.  Pedro Codes

 * Name der Redaktion bekannt

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Freiburger Nachrichten 12.10.10

Unbewohntes Gebäude am Freiburger Bahnhof ist seit Freitagabend besetzt

 Die Besetzer wollen das Haus an der Neustrasse 1 nicht freiwillig räumen.

 Freiburg Zwei Hausbesetzungen innert zehn Tagen: Die alternative Szene in Freiburg macht in diesen Tagen von sich reden. Am Wochenende hat das Kollektiv "Raie-Manta" das seit Jahren leer stehende Gebäude an der Neustrasse 1 am Freiburger Bahnhof besetzt. Verhandlungen zwischen den Vertretern des Kollektivs, der Polizei sowie dem Oberamtmann Carl-Alex Ridoré und den Besitzern hatten zu keinem Ergebnis geführt.

 Nach Ablauf des vom Oberamtmann gestellten Ultimatums um 18 Uhr waren die Besetzer nicht abgezogen. Carl-Alex Ridoré erklärte sich bereit, das Kollektiv und seine kulturellen Pläne nach der Räumung des Gebäudes anzuhören. cf

 Bericht Seite 3

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"Wir besetzen leere Häuser, weil uns auf anderem Wege niemand zuhört"

 Das Kollektiv "Raie-Manta" blieb auch nach dem Ultimatum von Oberamtmann Ridoré gestern Abend in der Neustrasse 1.

 Carolin Foehr

 Zehn Tage nach der Besetzung der Arbeiterhäuser an der Industriegasse 24 und 26 hat das Kollektiv "Raie-Manta" erneut ein unbewohntes Gebäude ins Visier genommen. Am vergangenen Freitagabend hat es sich im Haus an der Neustrasse 1 eingerichtet.

 Erfolglose Verhandlungen

 Gestern Morgen reichte die Besitzerin des Gebäudes deshalb eine Strafanzeige ein (siehe Kasten). Es folgten Verhandlungen, eine Inspektion des Gebäudes durch die Feuerwehr und Gespräche mit der Immobiliengesellschaft. Am Nachmittag bestätigte Oberamtmann Carl-Alex Ridoré seine Forderung vom Vormittag: Die Besetzer müssen das Gebäude noch am selben Tag verlassen.

 Doch nach Ablauf des Ultimatums und einer Demonstration von rund zwanzig Sympathisanten harrten die Mitglieder von "Raie-Manta" am Abend noch immer an der Neustrasse aus.

 Abriss nächste Woche

 "Wir besetzen leere Häuser, weil uns auf anderem Wege niemand zuhört", hatte ein Mitglied von "Raie-Manta" am Morgen erklärt. Frühere Gespräche mit dem Oberamt des Saanebezirks und der Stadt über die Schaffung eines Zentrums hätten nichts gebracht. Auch dem Besitzer des Gebäudes, das Unternehmen Parvico der Villars Holding AG, hat das Kollektiv einen "Vertragsvorschlag" geschickt. "Wir wären bereit, selbst für Strom zu sorgen und das Gebäude nicht zu beschädigen, wenn der Besitzer es uns im Gegenzug für unsere Aktivitäten zur Verfügung stellt", erklärt ein anderer.

 Wie bereits bei der ersten Besetzung an der Industriegasse wies der Oberamtmann darauf hin, dass das Gebäude nicht den aktuellen Richtlinien der Feuerwehr entspräche. "Der Besitzer hat mir auch bestätigt, dass das Gebäude nächste Woche abgerissen wird", so der Oberamtmann weiter. Unter diesen Umständen sei es nicht verantwortlich, die Besetzer im Gebäude zu lassen.

 Ein Dach über dem Kopf

 Er sei aber bereit, das Kollektiv nach der Räumung zu treffen - wenn es denn konkrete Vorschläge für ein kulturelles Projekt habe. Der Sozialdienst der Stadt habe ausserdem eine Ad-hoc-Stelle für jene der Besetzer eingerichtet, die etwa ein Dach über dem Kopf bräuchten. Zu weiteren Massnahmen wollte sich Carl-Alex Ridoré gestern Abend nicht äussern - auch nicht über den zu erwartenden Räumungseinsatz oder die mögliche neue Besetzung eines anderen leeren Gebäudes in Freiburg.

 Neugierde geweckt

 Mit ihrer zweiten Aktion im Stadtzentrum hat die Gruppe der Besetzer bei vielen Passanten und Autofahrern Neugierde und teils auch Verständnis geweckt. "Na, endlich tut sich etwas", rief eine Passantin aus. "Mein halbes Leben lang habe ich dieses Haus leer stehen gesehen!"

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 "Fribourg Centre B": Der Abriss des Hauses Nr. 1 steht kurz bevor

 Auf dem Grundstück des am Wochenende besetzten Gebäudes plant die Immobiliengesellschaft Parvico der Gruppe Villars Holding den Bau zweier Wohnhäuser. Zudem soll das Parkhaus Schützenmatte erweitert und ein Zugang an der Neustrasse errichtet werden. Kostenpunkt des Projektes "Fribourg Centre B": 50 Millionen Franken.

 Die Immobiliengesellschaft wollte sich gestern gegenüber den Medien nicht zu den Ereignissen äussern. "Wir warten ab, wie sich die Situation entwickelt", erklärte Valérie Thomas, Verantwortliche für Immobilien der Gruppe Villars Holding, am Vormittag lediglich. Im Gespräch mit Oberamtmann Carl-Alex Ridoré wurde aber klar, "dass die Gesellschaft absolut nicht mit dem Vorschlag eines Kulturzentrums in dem Gebäude einverstanden ist". Dementsprechend negativ fiel die Antwort des Oberamtmannes am Nachmittag gegenüber den Besetzern aus.

 Strafanzeige eingereicht

 Die Parvico hatte am Montagmorgen von der Besetzung erfahren und Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch eingereicht. cf

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La Libert 12.10.10

Squatter un immeuble pour défendre la culture alternative

 Fribourg ● Deux semaines après avoir occupé deux bâtiments vides à Pérolles, le collectif Raie Manta a récidivé hier à la Route-Neuve.

Nicolas Maradan

 Occupé par les Nazis, puis en partie détruit lors de la bataille de Berlin, le Tacheles était un immeuble en ruine comme les autres au milieu de la capitale allemande. Jusqu'à un beau jour de février 1990 quand, quelques mois avant d'être démoli, le bâtiment fut occupé par des artistes qui, en quelques années, en firent ce qu'il est aujourd'hui encore: un centre de culture alternative reconnu.

 C'est avec les mêmes intentions que le collectif Raie Manta, composé de jeunes Fribourgeois, a investi ce week-end un immeuble inoccupé au sommet de la Route-Neuve, en plein cœur de Fribourg. La même équipe avait déjà occupé deux bâtiments vides à la rue de l'Industrie, à Pérolles, il y a deux semaines ("LL" du 30 septembre), mais ils avaient alors été rapidement délogés par la police. Cette fois, les squatteurs ont gagné un sursis: hier soir, ils occupaient toujours les lieux malgré un ultimatum fixé à 18 heures.

 Les jeunes du collectif Raie Manta - une trentaine en tout - disent être arrivés sur les lieux vendredi soir. Après un week-end plutôt discret, ils ont signifié leur présence dans la nuit de dimanche à lundi en accrochant des banderoles aux fenêtres. Leur but, ils l'affirment, n'était pas de se cacher. Les squatteurs ont d'ailleurs posté vendredi un courrier à destination du propriétaire des lieux pour lui expliquer leur démarche.

 "On s'est engagés à payer l'eau et l'électricité, à ne pas endommager le bâtiment et à partir dès que celui-ci devra être détruit", explique Cynthia*, une jeune fille d'une vingtaine d'années. Hier, le propriétaire n'avait cependant pas reçu le courrier.

 Des projets artistiques

 Que visent les squatteurs par cette action? "Ce bâtiment est vide, on veut pouvoir y créer quelque chose. Il y a plein d'immeubles comme celui-ci qui sont inoccupés à Fribourg et, dans le même temps, il y a beaucoup de projets à but non commercial qui ne trouvent pas de locaux pour s'exprimer", indique Martin*, assis au milieu d'un petit salon devenu la "pièce commune", au premier étage de l'immeuble. Des idées concrètes? "Nous voulons créer un lieu communautaire avec une bibliothèque, des locaux pour projeter des films ou donner des conférences. Nous voudrions aussi organiser des repas populaires ou encore permettre à des artistes d'avoir un espace pour travailler", énumère Martin.

 Au passage, les squatteurs dénoncent aussi la gentrification de la ville de Fribourg, c'est-à-dire l'embourgeoisement de ses quartiers, aux loyers de plus en plus chers.

 Destruction imminente

 Mais le propriétaire de l'immeuble ne l'entend pas de cette oreille. Contacté hier par "La Liberté", il préfère ne pas révéler son identité. Mais il indique qu'une plainte pour violation de domicile a été déposée dès lundi matin. Il ajoute que la présence des squatteurs pose problème car l'immeuble sera démoli dans une semaine afin de laisser la place à un complexe de deux immeubles avec un parking souterrain ("LL" du 30 juin).

 Deux conditions

 Hier matin, six agents de police encerclaient l'immeuble. Préfet de la Sarine, Carl-Alex Ridoré est arrivé sur les lieux vers midi pour négocier avec les membres du collectif. A l'issue de ces discussions, il a posé aux squatteurs deux conditions à la poursuite de leur séjour: que le bâtiment ne soit pas insalubre, et donc potentiellement dangereux, et que le propriétaire soit d'accord que les jeunes restent pendant un certain nombre de jours.

 Aucune de ces conditions n'ayant pu être satisfaite - l'immeuble ne répond pas aux normes contre les incendies et le propriétaire n'a pas changé d'avis - Carl-Alex Ridoré a fixé un ultimatum aux squatteurs: ils devaient quitter les lieux hier à 18 h.

 Toujours là

 A cette heure-là, les jeunes étaient cependant encore là. Contacté vers 19 h 30, le préfet a rappelé que le collectif devait quitter les lieux à l'heure dite. Mais, à 20 h, deux heures après la fin du délai accordé par les autorités, les squatteurs occupaient toujours le bâtiment... I

 * prénoms d'emprunt

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RECHTSEXTREM
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BZ 13.10.10

Langenthal

 Anzeige gegen Pnos

 Jetzt folgt das juristische Nachspiel: Die Organisa-toren der Anti-Minarett-Demo in Langenthal sind alle angezeigt worden.

 Die Anti-Minarett-Demo der rechtsextremen Partei Pnos vom Samstag in Langenthal ist noch nicht verdaut: Heinz Kaiser, bekannt als "Neonazijäger", hat eine Anzeige gegen die Organisatoren eingereicht. Diese betrifft den Roggwiler Dominic Lüthard, den Vorsitzenden der Pnos Oberaargau, und den Thunstetter Willi Frommenwiler, Präsident der kantonalen Autopartei. Grund für die Anzeige: Lüthard hat an der Demo mit dem Besen Minarette von einer Schweizer Fahne gefegt. Mit dieser Aktion stelle er ein "Nazibild" nach, findet Kaiser. In den 1930er-Jahren haben die Schweizer Frontisten mit Plakaten geworben, die einen Besen zeigen, der Juden wegwischt.
 baz

 Seite 19

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Langenthal/Roggwil

 "Neonazi-Jäger" zeigt Lüthard an

 Die Anti-Minarett-Demo vom Samstag in Langenthal hat ein Nachspiel: Organisator Dominic Lüthard von der rechtsextremen Pnos wird angezeigt. Der Grund: Der Roggwiler hat mit dem Besen Minarette weggewischt.

 Die Anti-Minarett-Demo der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) vom Samstag in Langenthal ist ohne grosse Friktionen über die Bühne gegangen. Doch jetzt folgt ein juristisches Nachspiel: Heinz Kaiser, schweizweit bekannt als "Neonazi-Jäger", hat die Organisatoren der Demo angezeigt. Dies bestätigte gestern die Aargauer Kantonspolizei. Betroffen sind unter anderen der Roggwiler Dominic Lüthard, Vorsitzender der Pnos Oberaargau, und der Thunstetter Willi Frommenwiler, Präsident der kantonalen Autopartei.

 "Ganz klar ein Nazi-Bild"

 Der Grund für Kaisers Schritt: An der Demo wischte Pnos-Lüthard mit dem Besen Kartonminarette von einer Schweizer Fahne. Damit erinnere die Pnos an ein Plakat aus den 30er-Jahren, wie es die nationalsozialistische Nationale Front seinerzeit unter dem Motto "wir säubern" kreiert habe, sagte Kaiser gegenüber Blick.ch. Die Aktion von Lüthard stelle ganz klar dieses "Nazi-Bild" nach.

 Auf Anfrage erklärt Kaiser: Das Wegwischen der Minarette ziele auf die Moslems ab. Und deswegen handle es sich um einen Verstoss gegen die Anti-Rassimus-Strafnorm.

 Pnos-Leute verurteilt

 Zudem erinnert der "Nazi-Jäger" an ein Plakat, das die Pnos vor ein paar Jahren für den Wahlkampf im Aargau eingesetzt hatte. Darauf wischt der gleiche Besen die gleichen Menschen weg wie auf dem Original aus den 1930er-Jahren. Und am oberen Rand prangt ebenfalls der Schriftzug "Wir säubern". Für dieses Plakat sind laut Blick.ch vier Exponenten der Pnos verurteilt worden.

 Von beiden Plakaten will Organisator Lüthard nichts gewusst haben, wie er auf Anfrage behauptet. Die Anzeige von Kaiser findet er denn auch "völlig übertrieben". Das Wegwischen der Minarette sei ja nur symbolisch passiert. Es hatte "einen gewissen Unterhaltungswert, und es tut mir auch nicht leid". Darüber hinaus hätten die Anwälte der Pnos die Aktion geprüft.

 Der Berner Medienanwalt Franz A. Zölch sagt allerdings: Attribute wie "Besen" und "Säuberung" seien vor dem Hintergrund dieses Frontistenplakats nicht unproblematisch. Zumal die Aktion in Langenthal stattgefunden habe, wo das Minarett ja, zumindest vorerst, bewilligt worden sei. Laut Zölch können selbst Gebärden als rassistisch taxiert werden. Ein abschliessendes Urteil kann aber auch er nicht abgeben. In der Praxis fehlen die Urteile zur Anti-Rassimus-Strafnorm, und das Gesetz lässt sich breit auslegen.

 Öffentlich am Pranger

 In einem anderen Fall ist Zölchs Verdikt allerdings glasklar: Die Pnos Oberaargau hat am Montag neun Porträtbilder von angeblich linken Gegendemonstranten vom Samstag auf ihrer Webseite aufgeschaltet. "Das ist eine klassische Persönlichkeitsverletzung", sagt Zölch. Unter der Voraussetzung allerdings, dass sich die abgebildeten Personen nicht aktiv an der Demo beteiligt hätten. Doch selbst dann findet er: Das reiche nicht aus, um die Personen "öffentlich an den Pranger" zu stellen.

 Für Pnos-Lüthard sind die Fotos eine "Vorsorgeaktion für die Zukunft". Es gehe darum, den Linken zu zeigen, dass sie sich "nicht wohl fühlen können". Lüthard ist "zu 99 Prozent" sicher, dass die Fotos auch tatsächlich Linksextreme zeigen.

 Wer hat die Fotos gemacht?

 Die Berner Antifa aber winkt ab. Es seien wohl eher Bilder von den zahlreichen Schaulustigen, schreibt die Antifa in einer Mail. Eigene Leute seien nicht dabei. Wer die Fotos geschossen hat, ist unklar. Laut Lüthard soll es "ein Anwohner" gewesen sein. Einen Namen will er nicht nennen.

 Dominik Balmer

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Basler Zeitung 12.10.10

SD-Präsident bei Rechtsextremen

 Basler Redner in Langenthal

 Patrick Künzle

 Markus Borner, Präsident der Basler Sektion der Schweizer Demokraten (SD), trat am Samstag an der Anti-Minarett-Kundgebung in Langenthal auf, die von der rechtsextremen Partei Pnos mitorganisiert wurde.

 Die rechte Szene blieb unter sich. 150 Leute demonstrierten am Samstag in Langenthal gegen den geplanten Bau eines Minaretts. Gemäss "Langenthaler Tagblatt" waren es vorwiegend "bullige Männer mit Glatze, Tätowierungen und schwarzer Kleidung". Gerufen zur Kundgebung hatten die rechtsextreme Kleinpartei Pnos und die Berner Autopartei. Hauptredner an der Veranstaltung war Dominic Lüthard. Der Berner gehört zum Bundesvorstand der Pnos und ist Sänger der Band Indiziert, die in ihren Liedern beispielsweise von einer "Mulattenflut" singt. Lüthard machte auch Schlagzeilen, als er die frühere Miss Schweiz Whitney Toyloy, die ausländische Wurzeln hat, als "Geschwür" bezeichnete.

 Wünsche und Grüsse

Bei der Demonstration der rechten Szene trat auch ein Gast aus Basel auf: Markus Borner, Kantonalpräsident der Schweizer Demokraten und Ex-Grossrat (1997–2005), betonte gemäss Pnos-Homepage an der Kundgebung, "dass weitere Minarette vom Volk nicht gewünscht sind und auch von den Schweizer Demokraten auf jedem möglichen Rechtsweg bekämpft würden". Gegenüber der BaZ sagte Borner gestern, er habe in Langenthal "die besten Wünsche und Grüsse" seiner Partei überbracht. Das Anliegen der Kundgebung "interessiert uns schliesslich auch". Gemeinsam mit der rechtsextremen Pnos aufzutreten, darin sieht er kein Problem. "Die Partei ist nicht verboten", sagt Borner. Er glaube zudem, dass sich die Pnos "auf einem guten Weg" befinde.

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Oltner Tagblatt 12.10.10

Weitere Anti-Minarett-Demos sind geplant

 Weitgehend friedlich verlief am vergangenen Samstag die Kundgebung gegen den Minarett-Bau in Langenthal. Rund 150 Personen haben daran teilgenommen - gemäss den Organisatoren fast alle aus dem Oberaargau. Die Berner Kantonspolizei war am Rande präsent, machte Kontrollen und hinderte einige wenige Linke daran, zur Demo zu gelangen. Die Pnos kündigt weitere Aktionen an, sofern die Islamische Glaubensgemeinschaft am Bau festhalte. (sda)

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Bund 11.10.10

Demonstration gegen Minarett in Langenthal verlief ruhig

 Die Demonstration rechter Kleinparteien vor dem islamischen Glaubenszentrum in Langenthal ist am Samstagnachmittag ruhig verlaufen. Rund 90 Personen versammelten sich zum Protest gegen den Bau des geplanten Minaretts. Viele von ihnen gaben sich als Anhänger der rechtsextremen Szene zu erkennen. Zur Kundgebung aufgerufen hatten die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) und die Auto-Partei.

 Gegendemonstration verschoben

 Zu einer Konfrontation der Demonstranten mit Linksextremen kam es nicht. Die Antifa Bern hatte noch am Freitagabend bekannt gegeben, dass sie die angekündigte Gegendemonstration kurzfristig verschiebe. Ursprünglich hatte sie dazu aufgerufen, die bewilligte Kundgebung der Minarettgegner zu verhindern. Am Samstag fand sich dann lediglich eine Gruppe von rund 20 Linksaktivisten am Bahnhof ein, zog aber wieder ab. Die Polizei war dennoch mit einem Grossaufgebot im Einsatz, hielt sich jedoch weitgehend im Hintergrund. Mehrere Personen seien angehalten und nach Personenkontrollen wieder entlassen worden, teilte die Kantonspolizei mit. Die Absage ihrer Gegendemonstration hatte die Antifa in der Mitteilung damit begründet, dass sie die polarisierte Stimmung nicht noch weiter anheizen wolle. Sie ruft nun zu einer Demonstration am 30. Oktober in Langenthal auf. Die Kundgebung solle sich "gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausgrenzung" richten.

 Komitee distanzierte sich

 Die Stadt Langenthal hatte die Demonstration vom Samstag unter Auflagen bewilligt. Auch Stadtpräsident Thomas Rufener (SVP) verfolgte den Aufmarsch. "Die meisten Leute, die gekommen sind, sind mir nicht bekannt", sagte er. Viele Demonstranten müssten aus anderen Kantonen nach Langenthal angereist sein. Das politische Komitee Stopp Minarett Langenthal distanzierte sich vor Ort erneut von der Demonstration der Rechtsradikalen. Es hat angekündigt, dass es gegen die von der kantonalen Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion erteilte Baubewilligung für das Minarett Beschwerde vor Verwaltungsgericht einlegen werde. (mra)

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BZ 11.10.10

Langenthal

 Aufmarsch gegen das Minarett

 Die Konfrontation von Rechts- und Linksextremen in Langenthal blieb aus. Die Antifa hatte ihre Demo verschoben.

 Kurzfristig hatte die Antifa in der Nacht auf Samstag ihre Demo in Langenthal auf den 30.Oktober verlegt. Sie teilte mit, man habe wegen der grossen Polizeipräsenz die Stimmung nicht noch weiter anheizen wollen. Einige Linksautonome hatten dies nicht mitbekommen und kamen trotzdem nach Langenthal. Sie zogen friedlich wieder ab. Vor dem Gebetshaus der islamischen Glaubensgemeinschaft ging die bewilligte Demo von Pnos und Autopartei ohne Zwischenfälle über die Bühne. Rund 150 Rechtsradikale waren anwesend. rgwSeite 25
 krzel

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Minarett-Demo in Langenthal

 Rechtsextreme und Schaulustige

 Kurzfristig hatte die Antifa ihre Gegendemo am Samstag in Langenthal verschoben. Ein paar Dutzend Linksautonome kamen trotzdem. Die Pnos demonstrierte ungestört vor der Moschee. Polizisten wachten an allen Ecken.

 Im Da Luca am Bahnhof Langenthal sitzen ein paar Dutzend ratlose Linksautonome ohne Anführer. Sie haben nicht mitbekommen, dass ihre Demo in der Nacht auf Samstag verschoben wurde. Man wolle die polarisierte Stimmung jetzt nicht weiter anheizen und am 30. Oktober in Langenthal demonstrieren, so die Antifa. Stadtpräsident Thomas Rufener (SVP) räumt eine halbe Stunde Zeit ein, um eine Botschaft zu deponieren. Die Jungen halten sich an Bierdosen fest, drehen Joints und verziehen sich. Die Gefahr ist gebannt. Bis zur Moschee an der Bützbergstrasse stehen überall Polizisten. Versteckt in Fahrzeugen warten Dutzende von Kollegen in voller Kampfmontur.

 Gegen Barbara Egger

 Vor dem Gebäude der islamischen Glaubensgemeinschaft circa 150 Demonstranten aus der ganzen Deutschschweiz. Abseits viele Medienleute und einige Schaulustige. Anwohner stellen Festbänke und Grill auf, als käme die Tour de Suisse vorbei.

 Willi Frommenwiler, Thunstetten, ist Präsident der Autopartei.ch Kanton Bern. Übers Megafon erklärt er: "Hier geht es nicht um Muslime." Er wettert gegen Baudirektorin Barbara Egger und ihr "Unrechtsamt". Der Volkswille müsse respektiert werden. Markus Borner von den Schweizer Demokraten betont: "Wir bekämpfen alle Minarette." Er warnt vor politischem Islamismus und der Scharia.

 "Vorsätzliche Straftat"

 Gestört wird die Demo nur von Traktoren, die pausenlos Rüben zum Bahnverlad bringen. Dann übernimmt Dominic Lüthard, Roggwil. Äusserlich hebt er sich ganz klar ab von seinen glatzköpfigen schwarz gekleideten Pnos-Kollegen, trägt ein tadellos gebügeltes graues Hemd und gibt sich vor den Kameras adrett, als sei er auf dem Weg zu den zukünftigen Schwiegereltern. "Wir sind jetzt in der Politik", sagte er dazu. In Günsberg SO schaffte es die Pnos in den Gemeinderat, in Langenthal in den Stadtrat. Erreicht hat sie nichts. Immerhin findet man SVP-Nationalrat und Auns-Mitglied Hans Fehr in der Facebook-Gruppe von Lüthard. Die Baubewilligung für das Langenthaler Minarett bezeichnet Lüthard als "vorsätzliche Straftat", die Kundgebung als Erfolg. Den hat er allerdings den Linksextremen zu verdanken – sie haben für die grosse Polizei- und Medienpräsenz gesorgt. Dann provozieren doch noch einzelne Antifa-Leute. Sie werden von Polizisten sofort überwältigt. Glatzköpfe in Neonazi-Shirts applaudieren amüsiert und wünschen den Polizisten ein schönes Wochenende.

 Robert Grogg

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Langenthaler Tagblatt 11.10.10

Die Rechten blieben an der Demo unter sich

 Langenthal Die Anti-Minarett-Demonstration war eine medienwirksame Inszenierung der Pnos – und blieb friedlich

Quentin Schlapbach

 Einer strahlte an diesem grauen Samstagnachmittag wie ein Maienkäfer: Dominic Lüthard. Der Parteipräsident der rechtsextremen Partei national orientierter Schweizer (Pnos) hielt vor der letzten Inszenierung des Tages kurz inne und vergewisserte sich, dass auch ja alle Foto- und Fernsehkameras auf ihn gerichtet sind. Dann nahm er einen Besen und wischte vor der versammelten Schweizer Presse fünf Minarette aus Pappe von einer Schweizer Flagge.

 Die Pnos rief, und die Presse kam. Aus der lokalen Veranstaltung wurde ein nationales Medienspektakel.

 Die gut 150 Demonstranten protestierten am Samstag gegen den Entscheid der Berner Politik, dass das Minarett in Langenthal doch gebaut werden darf. Dies, obwohl die Schweizer Bevölkerung im vergangenen November Ja zu einem Bauverbot von Minaretten sagte. Die Demo sollte die ganze Bevölkerung repräsentieren, die für das Verbot ist, so das Ziel der Veranstalter. "Das ist weder eine rechte noch eine linke Versammlung", sagte beispielsweise Willi Frommenwiler, Präsident der Berner Autopartei.

 Ein Blick auf sein Publikum hätte genügt, um das Gegenteil zu beweisen. Es dominierten bullige Männer mit Glatze, Tätowierungen und schwarzer Kleidung.

 Gegen den Lärm geredet

 Bilder waren bei der Demo wichtiger als Worte. Das zeigte sich nicht zuletzt bei den vier Ansprachen. Statt eines Mikrofons mussten die Redner sich mit einem Megafon an die Demonstranten wenden. Dumm, dass die Hälfte der Redner das Gerät offenbar nicht richtig bedienen konnte. Und so kam aus den Reihen der Demonstrierenden immer wieder der Aufruf: "Lauter, wir verstehen nichts." Die Proteste nützten allerdings nichts.

 Auch mussten die Redner immer wieder mitten im Satz abbrechen, weil ein Traktor aufs benachbarte Feld fuhr. Den längsten Unterbruch hatte Willi Frommenwiler zu verzeichnen. Während seiner Rede erreichten Treichler aus dem Muotathal das Demonstrationsgelände. Mit ihren Kuhglocken prägten sie minutenlang die Lärmkulisse der Demo. "Das ist Kultur", lobte Frommenwiler die Treichler nach seinem unfreiwilligen Unterbruch.

 Burka und Kampfstiefel

 Eine Kultur, auf welche die Demonstranten verzichten wollen, ist die des politischen Islam. Als Sinnbild dafür dient ihnen neben dem Minarett auch die Burka. Um zu zeigen, wie es in der Schweiz bald aussehen könnte, zogen sich vier Demonstranten kurzerhand eine solche über. Bei zwei "Burka-Trägern" guckten unter dem Schleier immer noch die schwarzen Kampfstiefel hervor.

 Mit Schildern wie "Vermummung = Verdummung" unterstrichen sie ihre Ablehnung gegenüber der Ganzkörperverschleierung. Die Burka als Alltagsphänomen könne eintreffen, wenn Minarette gebaut werden, so ihre Logik.

 Demo wurde zum Zirkus

 Während des Anlasses kam es zu keiner Gewalt (siehe auch Kasten). Die Gegendemonstration von Linksautonomen sagten diese selbst kurzfristig ab. Dennoch fanden einige Vertreter der "Antifa-Bewegung" den Weg nach Langenthal. Ein grosser Teil konnte aber bereits am Bahnhof abgefangen werden.

 Dass die meisten Linksautonomen auf einen Marsch aufs Demonstrationsgelände verzichteten, dafür hat auch Langenthals Stadtpräsident Thomas Rufener gesorgt, der mit den Linksaktivisten redete. "Ich bot ihnen an, ihre Botschaft den Demonstranten zu überbringen", so Rufener. Sie verzichteten aber.

 Etwa 20 Mitglieder der "Antifa-Bewegung" schafften es dennoch Richtung Zentrum der islamischen Gemeinschaft. Dort fing sie aber die Polizei, die mit einem enormen Sicherheitsdispositiv präsent war, ab. Einer leistete Widerstand und wurde schliesslich unter dem Applaus der Rechtsradikalen von drei Polizisten abgeführt.

 Zinggs Distanz

 Auch vor Ort war Daniel Zingg (EDU), der mit seinem Komitee das geplante Minarett auf juristischem Weg bekämpft. Er betonte noch einmal, dass seine Organisation nichts mit dieser Demo zu tun hat. Der Anlass verkam mit der Zeit immer wie mehr zu einem Zirkus aus Politikern, Medienleuten, Polizisten und Rechtsradikalen. Die grossen Gewinner waren die Rechtsextremen, die das sich bietende Schaufenster geschickt ausnutzten. Weitere Aktionen seien geplant, sagte Lüthard nach der Demo: "Zuerst warten wir aber auf die Reaktion der islamischen Glaubensgemeinschaft."

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20 Minuten 11.10.10

Friedliche Demo gegen Minarett

 LANGENTHAL. Die von Vertretern der Pnos und der Autopartei organisierte Anti-Minarett-Demo in Langenthal verlief am Samstag friedlich. Zwar wurden laut der Polizei mehrere Leute angehalten, nach Personenkontrollen aber wieder entlassen. Im Vorfeld wurden Ausschreitungen befürchtet, weil Linke eine Gegendemo ankündigten. Diese wurde jedoch auf den 30. Oktober verschoben.

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Sonntagszeitung 10.10.10

Rechte fegen Minarett weg

 Kundgebung vor islamischem Gebetsraum

 Langenthal Über hundert Rechtsextremisten versammelten sich gestern Nachmittag in Langenthal vor dem Gebetsraum der Islamischen Gemeinschaft, auf dessen Dach ein kleines Minarett errichtet werden soll. Die Berner Baubehörden hatten vor kurzem einen Rekurs gegen den Bau abgelehnt, da das Gesuch vor der Annahme des Minarettverbots eingereicht worden war.

 Aufgerufen zur Kundgebung hatten ein Exponent der Autopartei und Dominic Lüthard, Präsident der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos). An der rechtsextremen Demo sprach auch ein Vertreter der Schweizer Demokraten (SD). Lüthard forderte die Islamische Gemeinschaft zum Rückzug des Baugesuchs auf, andernfalls werde man "mit weiteren Aktionen den Druck erhöhen". Zum Schluss fegte er mit einem Besen unter Applaus fünf Papier-Minarette von einer Karton-Schweizer-Flagge.

 Gegen Abend traf eine Handvoll Gegendemonstranten ein. Die Polizei konnte Ausschreitungen verhindern.  

Hans Stutz

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Sonntag 10.10.10

Protest gegen Minarett-Bau

 Die Polizei war mit einem Grossaufgebot vor Ort

 Rund 150 Rechtsradikale haben sich am Samstag vor der Moschee in Langenthal BE versammelt, um gegen den geplanten Bau eines Minaretts zu demonstrieren. Einige der Demonstranten zogen zwischenzeitlich Burkas an, andere trugen Transparente mit Aufschriften wie "Vermummung=Verdummung".

 Aufgerufen zur Protestaktion hatte die rechtsradikale Partei national orientierter Schweizer (Pnos). Reden hielten am Nachmittag auch Vertreter der Autopartei sowie der Schweizer Demokraten.

 Die Gegendemonstration der Linksautonomen war verschoben worden. "Unser Anliegen ist es, die polarisierte Stimmung nicht noch weiter anzuheizen", teilte die Antifa Bern auf ihrer Homepage mit. Sie kündigte an, Ende Oktober gegen "Rechtsextremismus, Rassismus und Ausgrenzung" zu demonstrieren. Dennoch trafen sich bereits gestern einige Linksautonome beim Bahnhof in Langenthal. Zu Zusammenstössen mit den Rechtsradikalen kam es nicht. Die Polizei war mit einem Grossaufgebot vor Ort, Beamte waren in der ganzen Stadt Langenthal verteilt.

 Das Komitee "Stopp Minarett Langenthal" hatte sich in einer Mitteilung vom Aufruf zur Demonstration distanziert. Eine Demo der Pnos in der "heiklen Sache Minarett Langenthal" sei nicht nachvollziehbar, teilte das Komitee mit.

 Mitte September hatte der Kanton Bern die Baubewilligung für das geplante Minarett bestätigt. Die Gegner des Minaretts kündigten an, den Fall ans bernische Verwaltungsgericht weiterziehen zu wollen. (PKR/QSC)

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Telebärn 9.10.10

Demo im Langenthal
http://www.kyte.tv/ch/telebaern/demo-in-langenthal/c=84713&s=1043471

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bernerzeitung.ch/derbund.ch/20min.ch 9.10.10
http://www.bernerzeitung.ch/region/emmental/Rechtsradikaler-Aufmarsch-gegen-Minarett/story/27615122
http://www.derbund.ch/schweiz/standard/Rechtsradikaler-Aufmarsch-gegen-ein-Minarett/story/10817946
http://www.20min.ch/news/bern/story/PNOS-macht-gegen-Minarett-Stimmung-13799779

Rechtsradikaler Aufmarsch gegen Minarett

sda / aw

 In Langenthal haben etwa 70 Personen, hauptsächlich aus der rechtsradikalen Szene, gegen den geplanten Bau eines Minaretts protestiert.

 In Langenthal haben am Samstagnachmittag etwa 150 Personen, hauptsächlich aus der rechtsradikalen Szene, gegen den geplanten Bau eines Minaretts protestiert. Die Polizei war mit einem enormen Sicherheitsdispositiv präsent.

 Obwohl die Gegendemonstration von Linksautonomen kurzfristig abgesagt worden war, fanden sich einige Vertreter der "Antifa- Bewegung" in Langenthal ein. Die meisten blieben allerdings beim Bahnhof.

 Brenzlig wurde es, als sich eine Handvoll Linksautonomer doch noch dem Zentrum der islamischen Gemeinschaft in Langenthal näherte. Dort war gerade der offizielle Teil der Protestkundgebung der Rechtsradikalen zu Ende gegangen.

 Einer der Linksautonomen wehrte sich gegen die Polizei, die mit Sperren ein Aufeinandertreffen der beiden Gruppierungen verhindern wollte. Daraufhin drückten ihn mehrere Polizisten zu Boden. Die Linksautonomen wurden dann unter dem Applaus und Gelächter der Rechtsradikalen abgeführt.

 Am Rande der Kundgebung hielt die Polizei mehrere Personen an, wie sie am Abend mitteilte. Die Angehaltenen seien nach Überprüfung der Personalien wieder entlassen worden. Die bewilligte Kundgebung sei friedlich verlaufen, bilanzierte die Polizei.

 Respekt für Volksentscheid gefordert

 Zur Platzkundgebung bei der Moschee in Langenthal hatten Dominic Lüthard von der Partei national orientierter Schweizer (PNOS) und Willi Frommenwiler, Präsident der bernischen Autopartei, aufgerufen.

 Es gehe darum, Respekt für den Volksentscheid gegen den Bau von Minaretten zu fordern, sagte Frommenwiler zu den Anwesenden. Er kritisierte die bernische Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion (BVE), die den Bau eines Minaretts "mit juristischen Spitzfindigkeiten" zulasse.

 Die BVE hatte vor über zwei Wochen die im Juni 2009 von der Stadt Langenthal ausgesprochene Baubewilligung für das Minarett bestätigt. Es gelte das Recht vor der nationalen Abstimmung über das Minarettverbot.

 Papp-Minarette weggefegt

 Unter den Protestierenden dominierten glatzköpfige Männer mit Tätowierungen und schwarzer Kleidung. Auch einige Anwohner und Schaulustige hörten den Reden direkt beim Zentrum der islamischen Glaubensgemeinschaft zu.

 Der Basler Markus Borner von den Schweizer Demokraten überbrachte den Berner Organisatoren eine Grussbotschaft. Anwesend war überdies ein kleiner Trychlerzug aus der Innerschweiz, der mit grossem Geläut zur Moschee marschierte.

 Zum Ende der Kundgebung traten vier Personen auf, deren Körper mit schwarzen Schleiern vollständig verhüllt waren. An ihnen hingen Transparente mit Sprüchen wie "Vermummung = Verdummung". Organisator Lüthard von der PNOS wischte dann symbolisch mit einem Besen fünf Minarette aus Pappe von einer Schweizer Fahne aus Karton weg.

 Aktionskomitee auf Distanz

 Von der Kundgebung hatte sich bereits im Vorfeld das Langenthaler Aktionskomitee "Stopp Minarett" distanziert. Ihr Sprecher Daniel Zingg war am Samstag vor Ort und sagte, die Demonstrierenden aus der rechtsradikalen Szene seien "Trittbrettfahrer", die ihr "Defizit an Publizität" wettmachen wollten.

 Das Aktionskomitee hat vor, auf dem Rechtsweg die Baubewilligung anzufechten. Es plant, vor dem bernischen Verwaltungsgericht gegen den Bau des Minaretts zu kämpfen.

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police.be 9.10.10

Langenthal: Anhaltungen am Rande von Kundgebung

9. Oktober 2010

pkb. Am Rande einer bewilligten Kundgebung in Langenthal hat die Kantonspolizei Bern am Samstagnachmittag mehrere Personen zur Kontrolle angehalten. Die Kundgebung verlief friedlich.

Die "Öffentliche Kundgebung gegen die Erteilung der Bewilligung zum Bau eines Minaretts" in Langenthal fand am Samstagnachmittag von zirka 1430 bis 1600 Uhr im Bereich der Chasseralstrasse statt. Die bewilligte Kundgebung verlief friedlich. Die Kantonspolizei Bern war stets präsent, musste aber nur am Rande der Veranstaltung eingreifen. Mehrere Personen wurden angehalten und nach Personenkontrollen wieder entlassen.

Regierungsstatthalteramt Oberaargau
Stadt Langenthal
(cm)

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pnos.ch 9.10.10

Erfolgreiche Kundgebung gegen das Minarett  (09.10.2010)

Heute, 9. Oktober 2010 hat ein breit abgestütztes, überparteiliches Komitee bestehend aus Autopartei, Schweizer Demokraten sowie der PNOS zu einer Kundgebung gegen das geplante Minarett in Langenthal aufgerufen. Dem Aufruf folgten rund 150 Personen, welche zu einem grossen Teil aus der Region Oberaargau stammten.

Um 14:40 Uhr konnte Dominic Lüthard (PNOS) wie geplant mit seiner Rede starten. Er erläuterte chronologisch die ganzen Hintergründe, wie es zum Rechtsstreit rund um das Minarett in Langenthal kam, und was von Seiten der PNOS bis zum heutigen Zeitpunkt dagegen unternommen wurde. Auf Lüthard folgte Willi Frommenwiler von der Autopartei. In seiner Rede betonte er, dass Volksentscheide zu respektieren wären, und dass auch in Langenthal die Bevölkerung Ja zum Minarettverbot gesagt hätte. Anschliessend folgte eine spontane Rede von Pierre Singer (ehemals Freiheitliche Arbeiterpartei Aargau), welcher in seinem Vortrag hervorhob, dass es sich bei der Minarettverbotsfrage um eine Position handelt, welche bis weit ins Linke Lager auf Zustimmung stösst. Seine These untermauerte er mit der Tatsache, dass sonst kaum 57% der Schweizer Bevölkerung Ja zum Minarettverbot gestimmt hätten. Auf Singers Beitrag folgte Markus Borner von den Schweizer Demokraten. Er betonte nochmals, dass weitere Minarette vom Volk nicht gewünscht sind, und auch von den Schweizer Demokraten auf jedem möglichen Rechtsweg bekämpft würden.

Nach einer kurzen Pause sprach erneut Dominic Lüthard zu den Kundgebungsteilnehmern. Er verlas einen offenen Brief, welchen die PNOS in den nächsten Tagen an die islamische Glaubensgemeinschaft in Langenthal senden wird. Weiter unterstrich er die Tatsache, dass der Minarettbau erst der Anfang einer drohenden Islamisierung darstellen würde. Was als nächstes folgen würde, wenn man diesem Treiben keinen Einhalt gebiete, zeigte er gerade selbst, indem er auf 4 mit Burka verkleidete Schauspieler verwies. Am Schluss demonstrierte er einen pragmatischen Lösungsansatz, wie die Schweiz von den Minaretten befreit werden könnte: Auf einem roten Tablett mit Schweizerkreuz waren 5 Papierminarette aufgestellt, welche er unter grossem Applaus mit einem Besen wegfegte. Nach dieser symbolischen Handlung wurde die Kundgebung als beendet erklärt.

Insgesamt kann die Kundgebung als voller Erfolg bezeichnet werden. So ist es dem überparteilichen Komitee in kurzer Zeit gelungen, 150 Personen zu mobilisieren. Dies zeigt auch, dass das geplante Minarett in Langenthal die Bevölkerung nach wie vor beschäftigt. Im Vorfeld geäusserte bedenken der Medien, dass Linksextremisten die Kundgebung stören würden, sind nicht eingetroffen. Mit der heutigen Unterstützung durch die Bevölkerung geht die PNOS gestärkt in die Zukunft, und wird auch weitere Aktionen durchführen, sollte die Islamische Gemeinschaft in Langenthal von ihrem geplanten Vorhaben nicht abweichen.

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POLICE BE
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Bund 11.10.10

Die Polizeipatrouille der Zukunft?

 Ob die Kantonspolizei künftig den Segway für Patrouillen einsetzt, wird die Auswertung des Tests zeigen. Probe gefahren wurde das Gerät bis letzten Samstag.

 Marc Schiess

 Verglichen mit einer Polizeipatrouille hoch zu Ross ziehen die etwas eigenartigen Segways zwar nicht weniger Blicke auf sich. Bezüglich Eleganz landen sie aber klar auf dem zweiten Platz. In Sachen Strassenverschmutzung machen sie dafür wieder Punkte gut.

 Der Segway ist ein aus den USA stammendes Fortbewegungsmittel mit zwei parallelen Rädern und einem Elektromotor: Der Fahrer steht aufrecht auf dem Gerät, er beschleunigt und bremst durch Körpergewichtsverlagerung. Ein Computer hält das Gefährt immer im Gleichgewicht. Fast immer. Im Test der Kantonspolizei holte sich eine Person beim Eingewöhnen an das Gerät blaue Flecken. Eigentlich hätte die Versuchsphase bereits letzten Dienstag beendet werden sollen. Weil andere Einsätze dazwischenkamen, wurde die Versuchsphase bis Samstag verlängert, man wollte genügend Testfahrten durchführen können. Peter Hirter, Dienstchef Mobile Polizei, findet gegenüber dem "Bund" lobende Worte für den Segway. Ausser den erwähnten blauen Flecken seien keine Zwischenfälle vermeldet worden. "Die Mitarbeiter hatten Spass am Fahren", fasste Hirter die Feedbacks der Testpersonen zusammen. Deutlich mehr als sonst seien die Patrouillen von Passanten angesprochen worden – mehrheitlich wegen des Segway.

 Einsatz bei Prävention und Demos

 Als mögliche Einsatzgebiete nennt Hirter die Quartiere, möglich sei auch das Begleiten friedlicher Demonstrationen. Die um 20 Zentimeter erhöhte Position des Segway-Fahrenden gestatte einen guten Überblick. Ganz allgemein könnte das Gerät für präventive Einsätze gute Dienste erweisen. Für die Verfolgung von Kriminellen würde der Segway laut Hirter dagegen nicht eingesetzt. Das als "Kleinmotorrad" zugelassene Gerät wäre dafür schlicht zu wenig schnell. Nur gerade 15 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit erreicht das in der Anschaffung circa 10 000 Franken teure technische Wunderding in der getesteten Version. Würde ein Polizei-Segway dereinst speziell ausgerüstet, erhielte er allenfalls sogar ein Blaulicht? Hirter winkt ab: Ausser einer Tasche mit Ausrüstungsgegenständen sei nichts vorgesehen. "Polizeiintern werden die gesammelten Erfahrungen nun geprüft und ausgewertet. Dann wird ein Fazit gezogen", sagt Hirter.

 Ginge es auch etwas schneller?

 Die Anfrage beim Bundesamt für Strassen (Astra), ob denn auch eine schnellere Segway-Version möglich wäre, wird nicht grundsätzlich verneint. Voraussetzung wäre gemäss Thomas Rohrbach, Pressesprecher des Astra, ein Gesuch um Zulassung. Dieses müsste vom Importeur des Segway gestellt werden. Damit eine schnellere Version zugelassen werden könnte, müsste das sonderbare Verkehrsmittel aber noch entsprechend modifiziert und zum Beispiel mit einem Abblendlicht und Reflektoren versehen werden.

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BIG BROTHER VIDEO THUN
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Berner Oberländer 13.10.10

Thun

 Gesuch vertrödelt

 Ursprünglich war bei der Stadt Thun die Rede davon, dass die Kameras für die Videoüberwachung im besten Fall im Juli installiert werden könnten. Der Termin verzögerte sich immer wieder, das Gesuch an den Kanton ist noch immer nicht eingereicht. Das hat nun in der Verwaltung zu einer geharnischten Reaktion des zuständigen Gemeinderats Peter Siegenthaler (SP) geführt. Noch diese Woche soll das Gesuch eingereicht werden.
 mik

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Videoüberwachung in Thun

 Kameras: Planung nicht eingehalten

 Die Videoüberwachung in Thun verzögert sich. Bis Ende Woche soll jetzt aber das Gesuch beim Kanton eingereicht werden.

 In Thun sollen Kameras mithelfen, die Auswüchse des Nachtlebens einzudämmen. Vorgesehen ist die Videoüberwachung an den fünf Standorten Untere Hauptgasse (Bereich Kraftstoffbar), Obere Hauptgasse (Bereich Borsalino/Saint Trop), Coop Kyburg (Bereich Ecke Aare–Kuhbrücke), Stauffergässchen (Bereich Spielplatz) sowie bei der Abdankungshalle des Schorenfriedhofs (wir berichteten).

 Bis jetzt nicht publiziert

 Anfang September sagte Erwin Rohrbach, Leiter der städtischen Abteilung Sicherheit, er hoffe, dass die Videoüberwachung noch "im laufenden Monat" im Thuner Amtsanzeiger publiziert werden könne. Bis heute ist die Publikation aber nicht erfolgt. "Ich habe mich darauf verlassen, dass die Terminplanung eingehalten wird. Das war aber nicht der Fall", sagte der zuständige Gemeinderat Peter Siegenthaler (SP) auf Anfrage dieser Zeitung. Das habe intern zu einer geharnischten Reaktion seinerseits geführt. Siegenthaler hat nun gefordert, dass das Gesuch bis Ende Woche beim Kanton eingereicht wird.

 Verhandlungen folgen

 Wie viel Zeit die kantonalen Stellen benötigen, um das Gesuch zu bearbeiten, ist laut Peter Siegenthaler unklar. "Das Gesuch soll aber möglichst rasch im Anzeiger publiziert werden." Gleichzeitig werden die Verhandlungen mit den Hauseigentümern aufgenommen, an deren Gebäude die Kameras installiert werden sollen.
 mik

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BIG BROTHER
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Basler Zeitung 13.10.10

Kontrollorgan für Staatsschutz gewählt

 Basel. Ständerätin Anita Fetz (SP) sowie die Rechtsprofessoren Heinrich Koller und Markus Schefer kontrollieren den Staatsschutz auf basel-städtischer Ebene. Der Regierungsrat hat sie in das Kontrollorgan gewählt, das in der neuen Verordnung über den Vollzug des Bundesgesetzes zur Wahrung der inneren Sicherheit vorgesehen ist. Das Organ unterstützt die Dienstaufsicht in allen Bereichen, die in der Kompetenz des Kantons liegen. Heinrich Koller war von 1998 bis 2006 Direktor des Bundesamts für Justiz und ist Professor für öffentliches Recht an der Uni Basel. Markus Schefer ist Ordinarius für Staats- und Verwaltungsrecht an der Uni Basel. Er hatte sich für eine Aufsicht über den Staatsschutz eingesetzt, aber die Beschränkung auf die Liste der vom Bund erteilten Aufträge kritisiert.

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Basellandschaftliche Zeitung 13.10.10

Fetz kontrolliert den Staatsschutz

 Fichen Die Basler Regierung hat die drei Mitglieder des neuen kantonalen Staatsschutz-Kontrollorgans gewählt: Ständerätin Anita Fetz (SP) und die beiden Basler Staatsrechtsprofessoren Heinrich Koller und Markus Schefer. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre. Basel-Stadt hat somit als erster Schweizer Kanton ein Organ zur Dienstaufsicht über den Bundes-Staatsschutz auf Kantonsgebiet. Die rechtlichen Voraussetzungen dazu hatte der Bundesrat im August nach Druck aus Basel geschaffen. Auslöser war eine schlagzeilenträchtige Affäre um die Fichierung von Mitgliedern des Grossen Rats (die Basellandschaftliche Zeitung berichtete). Fetz hatte sich im Ständerat für eine bessere Aufsicht des Staatsschutzes starkgemacht. Koller war 1998 bis 2006 Direktor des Bundesamtes für Justiz. Schefer hatte schon als Experte an der kantonalen Aufsichtsverordnung mitgewirkt. (SDA/BZ)

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Basler Zeitung 11.10.10

Zürich setzt auf Basler Kontrollmodell

 Basler Staatsschutz-Verordnung dient als Vorbild für verstärkte Aufsicht

 TIMM EUGSTER, Zürich

 Die Fichenaffäre hatte die Zürcher Politik völlig unvorbereitet getroffen. Doch jetzt handelt der städtische Polizeivorsteher Daniel Leupi: Er setzt auf das Basler Modell eines Kontrollorgans aus unabhängigen Personen. Der Kanton Zürich hingegen sieht keinen Handlungsbedarf.

 Noch im Sommer glaubte der Stadtzürcher Polizeivorsteher Daniel Leupi (Grüne), dass sich eine bessere Aufsicht über die Staatsschützer des Bundes ganz simpel bewerkstelligen lasse: Er werde persönlich und unangemeldet bei den Staatsschützern vorbeigehen, die in seinem Departement arbeiten, liess er damals der BaZ ausrichten. Unterdessen hat er gelernt: So einfach kann er nicht verhindern, dass nach seinem Parteifreund und Wahlkampfhelfer Balthasar Glättli weitere Parlamentarier von übereifrigen Staatsschützern fichiert werden. Schliesslich verbietet der Bund den Kantonen und Städten die volle Einsicht in die Tätigkeit der Staatsschützer: Eine Basler Verordnung, die drei weisungsungebundenen Persönlichkeiten eben dies erlauben wollte, akzeptierte der Bund nicht.

 Kontrollorgan

Am 1. Oktober hat die Basler Regierung nun eine überarbeitete Version in Kraft gesetzt, welche die dem Bund in langen Verhandlungen abgetrotzten Zugeständnisse voll ausreizt. Noch in der ersten Hälfte dieses Monats will der Basler Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass die drei Persönlichkeiten bestimmen, die unter seinem Vorsitz als kantonales Kontrollorgan fungieren sollen – mit eingeschränkten Kompetenzen: Einsicht in Fichen ist nur möglich, wenn der Nachrichtendienst des Bundes einverstanden ist. Im Streitfall entscheidet Bundesrat Ueli Maurer und in letzter Instanz das Bundesgericht.

 Gass freuts

Nun schwenkt Daniel Leupi auf diesen Basler Weg ein: Er habe die Basler Verordnung einer ersten Prüfung unterzogen und wolle sie als Vorbild für eine Zürcher Lösung nehmen, informierte er vergangene Woche die "Subkommission Polizeidaten" der gemeinderätlichen Geschäftsprüfungskommission. Leupis Sprecher Reto Casanova bestätigt: "Wir halten die Basler Verordnung für einen gangbaren Weg. Entscheide sind aber noch nicht gefallen."

 Hanspeter Gass freuts – und er hofft auf weitere Nachahmer: "Ich werde unsere Verordnung meinen Kolleginnen und Kollegen an der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren im November ausführlich vorstellen und empfehlen." Bis jetzt weiss Gass von keinem Kanton, der Interesse zeigen würde.

 Taube Ohren

Auf taube Ohren stossen dürfte er jedenfalls beim kantonalen Zürcher Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein (CVP), in dessen Departement ebenfalls Staatsschützer im Auftrag des Bundes angestellt sind. Vergangene Woche konnte der Regierungsrat bekannt geben, dass keine Parlamentarier fichiert worden sind. Seither ist der Druck aus dem Kantonsrat für eine Aufsicht, die über den neuen Minimalstandard des Bundes hinausgeht, stark gesunken.

 "Der Regierungsrat sieht keinen Handlungsbedarf", betont Hans-Peter Tschäppeler, Generalsekretär der Sicherheitsdirektion: "Wir setzen auf die bewährte Lösung, dass der Polizeikommandant mit dem Sicherheitsdirektor die Dienstaufsicht über die Staatsschützer übernimmt." Dazu Gass: "Mir ist es ein Anliegen, dass aussenstehende Personen von höchster Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit mit dieser Aufgabe betraut werden."

 Bilanz ziehen

Nach einem halben Jahr will Gass Bilanz ziehen, ob seine Kontrolleure mit beschränkten Kompetenzen eine effektive Aufsicht garantieren können. Falls nicht, darf er mit Unterstützung aus der Stadt Zürich rechnen: "Auch wir werden genau verfolgen, ob sich eine lokale Aufsicht mit derart vielen Einschränkungen bewährt", so Christian Traber, Präsident der Subkommission Polizeiakten.

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A.C.A.B.
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Tagesanzeiger 13.10.10

Gewalt gegen die Stadtpolizei nimmt stark zu

 In Zürich gingen 2008 viermal mehr Anzeigen wegen verbaler und tätlicher Übergriffe ein als 1990. Jetzt verlangen die Beamten mehr Schutz.

 Von Patrick Kühnis

 Hat die Gewaltbereitschaft gegenüber Polizistinnen und Polizisten in der Stadt Zürich zugenommen? Diese Frage haben von 299 Zürcher Stadtpolizisten stattliche 97 Prozent in einer Umfrage mit "Ja" oder "Eher ja" beantwortet.

 Der Eindruck an der Front täuscht nicht, besagt jetzt eine Diplomarbeit an der Universität Bern, welche die Aggressionen und Übergriffe gegen Zürcher Uniformierte genauer untersucht hat. Anhand bisher unveröffentlichter Statistiken stellt Studienautor Daniel Todesco seit 1990 eine "markante Zunahme" dieser Delikte fest. Zwischen 1990 und 2008 stiegen die Anzeigen wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte in der Stadt um das Vierfache an. Parallel dazu nahm auch die Zahl der Verurteilungen innert 16 Jahren in ähnlichem Ausmass zu. Der Studienautor, der bis Frühjahr selber bei der Stadtpolizei gearbeitet hat, spricht von einer "alarmierenden Entwicklung". Gleichzeitig macht er dafür teilweise auch das striktere Anzeigeverhalten im Korps verantwortlich.

 Die Stadtpolizei Zürich, die schon seit längerem die zunehmende Brutalität beklagt und sich 2009 mit einer umstrittenen Aktion mehr Respekt verschaffen wollte, schweigt zur neuen Studie. Man wolle die umfassende Studie erst genau studieren und erst danach allfällige Schlüsse daraus ziehen, heisst es bei der Pressestelle.

 Für die Diplomarbeit wurden auch 299 Polizisten befragt, die besonders exponiert sind. Für sie ist klar, wie Polizeiführung und Justiz auf die wachsende Zahl der Übergriffe reagieren sollten: mit mehr Personal und härteren Strafen gegen die Angreifer. Auch wünschen sich die Polizisten mehr Rückendeckung vom Kommando, wenn es zu Verfahren wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte kommt. Gleichzeitig geben sich die Polizisten auch überraschend selbstkritisch: Für 85 Prozent von ihnen hängt es stark vom eigenen Auftreten ab, ob eine Situation eskaliere oder nicht.

 Für einen besseren Selbstschutz soll die Stadtpolizei zudem gezielte Weiterbildungen veranstalten – und die Beamten flächendeckend mit Tasern ausstatten. Ein Problem haben viele Polizisten auch mit ihrer Uniform: Diese sei zu "freundlich" und zu sehr "Dienstleistungsbekleidung". Sie wünschen sich eine dunklere, robustere und Respekt einflössendere Uniform.

 Angriffe auf Zürcher Polizisten

 Kommentar: Ist das Problem zunehmender Gewalt nicht auch hausgemacht? – Seite 2

 Besonders gefährdet sind die Polizisten in der Regionalwache City. – Seite 13

 Übergriffe gibt es auch gegen Zugbegleiter, Buschauffeure und Sanitäter. – Seite 13

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Jeder dritte Stadtpolizist hat Angst, im Dienst angegriffen zu werden

 Beschimpft, bespuckt, geschlagen: Eine neue Studie zeigt, dass die Übergriffe gegen Zürcher Polizisten stark zugenommen haben. Die Beamten sind besorgt – üben aber auch Selbstkritik.

 Von Patrick Kühnis

 Zürich – Sie rechneten mit einer simplen Festnahme, als die Situation plötzlich aus dem Ruder lief: Stadtpolizisten wollten vor einem Monat spätabends auf der Langstrasse einen mutmasslichen Drogendealer verhaften – und brachten damit eine Menschenmasse gegen sich auf. Über 100 Passanten solidarisierten sich mit dem Verdächtigen. Die Stimmung heizte sich auf, Bierflaschen flogen. Die Lage beruhigte sich erst, als zur Verstärkung zwei Dutzend Beamte vorfuhren und mit Gummischrotgewehren im Anschlag ihre Kollegen absicherten. Die Stadtpolizei sprach hinterher von der "grössten Bedrohung seit langem".

 Jetzt zeigt eine Diplomarbeit am Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Bern erstmals das Ausmass der Anfeindungen und Aggressionen, denen Zürcher Beamte im Polizeialltag ausgesetzt sind. Der Verfasser Daniel Todesco, der bis zum Frühjahr selber bei der Stadtpolizei gearbeitet hat, spricht von einer "alarmierenden Entwicklung". Denn der Trend bei den Vorfällen, die unter "Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte" fallen, ist eindeutig: Von 1990 bis 2008 stieg die Zahl aktenkundiger Delikte in der Stadt pro 1000 Einwohner um knapp das Vierfache, im ganzen Kanton sogar knapp um das Fünffache. Das Risiko für einen Polizisten, angegriffen zu werden, ist dabei auf Stadtgebiet dreimal höher als ausserhalb. Besonders gefährdet sind Beamte im Langstrassenquartier, rund um den Hauptbahnhof – und vor allem in der Regionalwache City.

 Mehr Anzeigen, mehr Urteile

 12 Prozent der Verfahren wegen Gewalt und Drohung verliefen zwar im Sand. Analog zu den Verzeigungen nahm aber die Zahl der Verurteilungen wegen verbaler und tätlicher Attacken deutlich zu: Zwischen 2004 und 2006 wurden deswegen im Kanton viermal mehr Personen bestraft als 1990 (siehe Grafik). Todesco erklärt den Anstieg nicht nur mit der realen Zunahme der Delikte, sondern auch mit "verändertem Anzeigeverhalten" und "vermehrten Kontrollen". Sprich: Die Polizei greift härter durch, wenn jemand ihre Autorität infrage stellt.

 Mit den nackten Zahlen gab sich To-desco nicht zufrieden. Anhand der Polizeirapporte eines ganzen Jahres untersuchte er die Übergriffe genauer. Die Ausschreitungen am 1. Mai und nach dem Spiel FCZ – FCB klammerte er dabei aus, um nicht einzelnen Vorfällen mit vielen Verdächtigen ein zu grosses Gewicht zu geben. Seine Befunde:

 Von Juli 2008 bis Juli 2009 kam es in Zürich zu 185 Vorfällen, die als Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte taxiert wurden. Die Hälfte davon betraf Stadtpolizisten, der Rest auch VBZ- und SBB-Personal.

 An den 94 Übergriffen gegen Stadtpolizisten waren 95 Tatverdächtige involviert, die zumeist bei einer Verhaftung oder einer Personenkontrolle ausfällig wurden. Drei Viertel davon waren Männer, zwei Drittel besassen einen Schweizer Pass, und häufig war Alkohol im Spiel. Die Urheber traten dabei den Beamten sehr oft in die Beine oder schlugen ihnen ins Gesicht. "Daneben ist Spucken eine beliebte Vorgehensweise, um Polizistinnen und Polizisten in konfliktreichen Situationen entgegenzutreten", heisst es in der Studie weiter.

 Die Polizisten wehrten sich gegen die Übergriffe – mit physischer Gewalt, Pfefferspray oder Stock. Zweimal zogen die Beamten eine Schusswaffe, einmal setzten sie ihr Gegenüber mit einer Elektroschockpistole ausser Gefecht. 42 Prozent der Tatverdächtigen wurden verletzt, als sie sich mit den Polizisten anlegten. Die Beamten überstanden die Angriffe in der Regel ohne grosse Blessuren. Kamen sie zu Schaden, dann meist durch den Einsatz ihrer eigenen "Zwangsmittel".

 Die Aggressionen gehen an den Beamten der Stadtpolizei nicht spurlos vorbei. Rund ein Drittel fürchtet sich inzwischen bei der täglichen Arbeit vor einem tätlichen Angriff und einer möglichen Verletzung. Das ergab eine Online- umfrage für Todescos Diplomarbeit, an der 299 exponierte Korpsangehörige teilnahmen.

 Die Polizisten sind durchaus auch selbstkritisch. 85 Prozent sagen, es hänge stark vom Auftreten der Beamten selbst ab, ob ein Einsatz eskaliere. Mehrfach kam auch die Rückmeldung, dass immer häufiger unerfahrene Polizisten zusammen Dienst schieben. Darum fehle oft das nötige Fingerspitzengefühl. Auch solle das Kommando einzelne Polizisten, die wiederholt in Übergriffe verwickelt seien, aus dem Verkehr ziehen. Stattdessen sollten nur konfliktfähige Beamte an die Front.

 Kommentar Seite 2

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 Gewalt gegen Beamte

 Aktion "Respekt" ging daneben

 Die Studie zur Gewalt gegen Beamte stösst bei der Stapo auf grosses Interesse. Beim Thema bewies sie aber nicht immer eine glückliche Hand.

 Zürich – "Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten der Stadtpolizei Zürich" heisst die 134-seitige Studie von Daniel Todesco. Gerne hätte der TA gewusst, was die Stadtpolizei offiziell zu den Befunden sagt. Doch das Thema ist dem Kommando so wichtig, dass dieses dazu noch keine Fragen beantworten will. Die Stadtpolizei will die umfassende Arbeit zuerst genau studieren und dann prüfen, welche Lehren man daraus ziehe, sagt Medienchef Marco Cortesi. "Wir haben das bereits in der Geschäftsleitung traktandiert."

 Weniger wortkarg gab sich die Stadtpolizei, als sie vor einem Jahr die Aktion "Respekt" durchführte. Um den zunehmenden Aggressionen zu begegnen, verstärkte sie ihre Mannschaft an den Brennpunkten der Stadt und ahndete kompromisslos alle Respektlosigkeiten. Ein Vorgehen, das für Diskussionen sorgte. So filmte eine "10 vor 10"-Kamera, wie Polizisten einen Velofahrer am Kragen packten, an die Wand schleuderten und in Handschellen abführten, weil er beim Falschfahren einen Polizeiwagen touchiert hatte. Eine andere Szene zeigte, wie Beamte einen welschen Juristen gleich in eine Arrestzelle verfrachteten, weil er seine Hand nicht aus der Hosentasche nehmen wollte. Bei der Stadtpolizei gingen darauf diverse Reklamationen ein. Kommandant Philipp Hotzenköcherle betonte aber in einem Interview, es habe überwiegend positive Reaktionen auf die Aktion gegeben. Seine Leute hätten sich korrekt verhalten.

 Der Verband Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB) mit 23 000 Mitgliedern bekämpft seit Jahren die Gewalt gegen Uniformierte. In einer Petition forderte er Bundesrat und Parlament dazu auf, sofort Haftstrafen auszusprechen, das Mindeststrafmass zu erhöhen und im Wiederholungsfall das Strafmass zu verdoppeln, um Übergriffe gegen Beamte härter zu ahnden. (pak)

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Kommentar Gerichtsreporter Thomas Hasler zur Studie über die zunehmende Gewalt gegenüber Polizisten.

 Das Beste ist die Selbstkritik

Thomas Hasler

 Winston Churchill soll gesagt haben: "Traue keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast." An dieses Bonmot fühlt man sich erinnert, wenn man die Studie eines Ex-Polizisten zur Gewalt gegenüber seinen Ex-Kollegen bei der Stadtpolizei Zürich genauer anschaut.

 Laut dem Verfasser ist zwischen 1990 und 2008 ein "alarmierender Anstieg" des Delikts "Gewalt und Drohung gegen Beamte" festzustellen – und zwar um 392   Prozent. Die "rein zufällig gewählte Zeitspanne" könnte rein zufällig aber auch anders gewählt sein: Zwischen 1992 und 2008 nämlich hat das erwähnte Delikt nur um 197 Prozent zugenommen.

 Ähnliches zeigt sich auch im Zusammenhang mit der Onlinebefragung der Polizisten. Weit über 90 Prozent der Antwortenden meinen, die Gewalt gegenüber ihnen habe zugenommen und sei auch brutaler geworden. Was ist dieser Befund wert, wenn nur ein gutes Drittel der besonders exponierten Polizisten die Fragen beantwortet hat? Antworteten die Ängstlichen? Die Forschen? Die besonders Betroffenen?

 Immerhin verschweigt die Studie nicht, dass die Zunahme auch mit einem veränderten Anzeigeverhalten und einer stärkeren Kontrolltätigkeit zu tun hat. Letzteres ist darum relevant, weil sich zwei Drittel der Gewalt im Zusammenhang mit einer Verhaftung oder einer Personenkontrolle ereignen. Ersteres hat mit einer gesteigerten Rapportierung zu tun. Denn mit dem Hinweis auf die zunehmende Gewalt lässt sich auf politischer Ebene eher eine Aufstockung des Korps begründen. Und es gab eine Zeit, in welcher die Strafanzeige wegen Gewalt und Drohung ein klassisches Gegenmittel war, um der Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs zu begegnen.

 Die Studie ist in ihrer Selbstkritik dennoch bemerkenswert: 85 Prozent der Antwortenden meinen, ihr eigenes Auftreten und Verhalten habe einen Einfluss, ob es zu Gewalt und Drohung kommt. 97   Prozent vertrauen ihrer Fähigkeit, konfliktreiche Situationen verbal und ohne Gewalteskalation zu lösen. Und es wird auch nicht verschwiegen, dass gewissen Polizisten schlicht Konfliktfähigkeit und Einsatztauglichkeit abgehen. Die ketzerische Frage sei erlaubt: Ist das Problem zunehmender Gewalt auch hausgemacht?

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Aargauer Zeitung 13.10.10

Respekt vor Polizei sinkt auch im Aargau

 Gewalt Immer öfter werden Leute bei Kontrollen verbal ausfällig oder sogar handgreiflich

Toni Widmer

 Letzten Samstag ist in Aarau ein Stadtpolizist im Dienst am Bein verletzt worden. Er war von einem bisher unbekannten Motorradlenker angefahren worden, der sich einer Kontrolle entzogen hatte (die az berichtete). Der Stadtpolizist ist nicht der einzige Aargauer Polizist, der es am Wochenende mit gewaltbereiten "Kunden" zu tun bekommen hatte:

 In der Nacht auf Samstag war ein 27-jähriger Schweizer bei einer Kontrolle in Brugg auf zwei Regionalpolizisten losgegangen und hatte sich derart renitent verhalten, dass er in Handschellen gelegt werden musste.

 In der Nacht auf Sonntag war es ein 37-jähriger Schweizer, der sich am Aarauer Flösserplatz mit Kantons- und Regionalpolizisten prügeln wollte und von diesen überwältigt werden musste.

 Beschimpft, bespuckt, angegriffen

 "Die Polizei ist auch im Aargau bei Interventionen und Kontrollen immer häufiger mit Leuten konfrontiert, die sich renitent verhalten", sagt Kapo-Mediensprecher Bernhard Graser. Der Respekt gegenüber der Polizei sei in den vergangenen Jahren merklich gesunken. Wo früher bei Kontrollen und Interventionen Anordnungen umgehend befolgt worden seien, allenfalls unter leichtem Murren, werde heute nicht selten ein sehr aggressives Verhalten an den Tag gelegt: "Unsere Leute wer-den nicht nur grob beschimpft oder bespuckt, sondern nicht selten auch tätlich angegriffen", sagt Graser.

 Konfrontiert würden die Polizistinnen und Polizisten dabei aber nicht nur mit der Gewalt von angehaltenen Personen: "Immer mehr müssen wir feststellen, dass bei unseren Einsätzen Drittpersonen ins Geschehen eingreifen, sich mit Unruhestiftern oder anderen Tätern solidarisieren und mit ihnen dann gemeinsam Front gegen die Polizei machen", erklärt der Mediensprecher.

 Ein schweizweites Problem

 Vielfach seien bei solchen Vorfällen auch Alkohol und/oder Drogen im Spiel. "Die Reaktionen haben viel mit dem veränderten Ausgangsverhalten zu tun und sind Ausdruck unserer 24-Stunden-Spassgesellschaft", glaubt Graser. Die Leute gingen nach Veranstaltungsschluss nicht mehr umgehend nach Hause, sondern blieben auf den Gassen. Dort versuchten sie dann, noch "irgendetwas" zum Laufen" zu bringen. Für die Kantons- und Regionalpolizeien seien solche Einsätze äusserst mühsam: "Da werden Kräfte gebunden, die wir andernorts sinnvoller einsetzen könnten." Beleidigungen und Gewalt gegen die Polizei gehören nicht nur im Aargau schon bald zur Tagesordnung. Die Hemmschwelle gegenüber den Ordnungshütern ist in den vergangenen Jahren schweizweit deutlich gesunken und hat laut dem VSPB (Verband Schweizerischer Polizei-Beamter) die Grenze des Inakzeptablen erreicht. Laut VSPB wurden im Jahr 2008 schweizweit über 2000 Fälle von Angriffen gegen Polizistinnen und Polizisten registriert. Das entspricht gegenüber dem Jahr 2000 einer Zunahme von 160 Prozent. Der Verband hat im Herbst 2009 eine Petition zum Thema ausgearbeitet und diese dem Bundesrat überwiesen. Mit der Petition "Stopp der Gewalt gegen die Polizei" verlangt der VSPB, dass von Bundesrat und Parlament Massnahmen ergriffen würden, um diesen Missstand zu bekämpfen.

 Das Thema ist von Daniel Todesco im Rahmen seines Nachdiplomstudiums auch wissenschaftlich untersucht worden. Der ehemalige Wettinger Kantischüler, spätere Zürcher Stadtpolizist und heutige Mitarbeiter der Zürcher Staatsanwaltschaft weist nach, dass sich jeder dritte Polizist vor tätlichen Angriffen fürchtet.

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POLICE CH
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Bund 11.10.10

Eine Truppe für Sondereinsätze

 Die Kantone prüfen den Aufbau einer Reservetruppe, die das Militär bei Grossanlässen entlasten soll. Der Vorschlag kommt nicht überall gut an.

 David Schaffner

 Geht es um die Sicherheit an Grossanlässen, sollen künftig weniger die grünen Tarnanzüge der Armee dominieren, sondern die blauen Uniformen der Polizei. Die Kantone prüfen den Aufbau einer überkantonalen Reserveeinheit, die an Veranstaltungen wie dem World Economic Forum, grossen Sportereignissen wie der Euro oder beim Schutz von Botschaften zum Einsatz kommen würde.

 Der Tessiner Staatsrat Luigi Pedrazzini bestätigt eine Meldung der "SonntagsZeitung": "Eine Arbeitsgruppe der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) prüft, welche Aufgaben die Kantonspolizeien künftig abdecken sollen und wie viele Polizisten dafür nötig sind." Derzeit ist der Druck hoch, dass sich die Armee von Aufgaben zurückzieht, für die sie laut Verfassung nicht vorgesehen ist. Sowohl Bundesrat Ueli Maurer als auch Sicherheitspolitiker wollen, dass die Polizei einspringt.

 "Möglich wäre dies, wenn wir eine neue Reserveeinheit für spezielle Anlässe aufbauen", erklärt Pedrazzini. "Angestellt würden die Mitglieder dieser Einheit bei den kantonalen Korps, für die sie an normalen Arbeitstagen arbeiten." Noch unklar ist, unter wessen Führung die Einheit stehen würde und wie oft die Mitglieder zu gemeinsamen Trainings zusammenkommen müssten. Einzelheiten sollen sich im Frühling 2011 klären, wie KKJPD-Generalsekretär Roger Schneeberger sagt.

 Bei den Kantonen ist das Projekt nicht unumstritten: "Ich bin skeptisch bis ablehnend", sagt der Berner Sicherheitsdirektor Hans-Jürg Käser. "Es ist zwar richtig, wenn die Kantone mehr Sicherheitsaufgaben übernehmen. Eine neue Einheit müssen wir aber nicht gründen." Es genüge einerseits, wenn die Kantone ihre Korps aufstockten.

 Andererseits drängt Käser darauf, dass der Bund den Kantonen künftig mehr Geld gibt: "In einer Leistungsvereinbarung müssen wir regeln, wie viel der Bund beispielsweise für die Botschaftsbewachung zu bezahlen hat." Es genüge eine Vereinbarung mit Bern, Zürich und Genf. In anderen Ständen gebe es gar keine ausländischen Vertretungen. Der Zürcher Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein war gestern nicht erreichbar.

 Widerspruch zu Armeebericht

 Kritisch gibt sich auch der Zürcher SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer: "Grundsätzlich klingt die Idee gut. Die Kantone sollen mehr Aufgaben übernehmen", meint er. "Bei der Armee müssen wir aber genauer hinsehen." So sehe der neue Armeebericht vor, dass nur 22 000 Mann für die klassische Verteidigung zuständig seien und 35 000 Mann für Einsätze im Inland. "Wofür sollen wir denn diese Männer einsetzen, wenn die Kantone sie gar nicht brauchen?", fragt Schlüer. Er fordert eine Armee, die sich auf die Verteidigung konzentriert.

 Auf Zustimmung stösst das Projekt bei Sicherheitspolitikern von CVP und SP: "Die Kantone brauchen mehr Polizisten, aktuell besteht ein Mangel an 1500 bis 1800 Einsatzkräften", sagt CVP-Nationalrat Jakob Büchler. Auch SP-Nationalrätin Evi Allemann fordert mehr Polizisten: "Es ist aber nur dann genügend Geld vorhanden, wenn die Korps mehr Aufgaben übernehmen und dafür vom Bund bezahlt werden", sagt Allemann. Ähnlich wie Käser fordert sie eine Leistungsvereinbarung – allerdings mit sämtlichen Kantonen.

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 Armee Materialverschrottung kostet Hunderte von Millionen

 Die Verkleinerung der Armee geht ins Geld. Laut Verteidigungsminister Ueli Maurer muss für die Verschrottung von Armeematerial durch spezialisierte Firmen mit Kosten von "Hunderten von Millionen" Franken gerechnet werden. "Das müssen wir aus dem ordentlichen Budget bezahlen", sagte Maurer in einem Interview mit dem "SonntagsBlick". Anfang Oktober beauftragte der Gesamtbundesrat den Verteidigungsminister, die Armee – bei einem gleichbleibenden Jahresbudget von 4,4 Milliarden Franken – auf einen Bestand von noch 80 000 aktiven Soldaten zu reduzieren. Maurers SVP hatte sich für einen Bestand von 120 000 Mann starkgemacht.

 Maurer wies Vorwürfe zurück, er und seine Partei trauerten einer rückwärtsgewandten Armee nach: "Vergessen Sie diese Räubergeschichte endlich!" 120 000 Mann seien kein Massenheer, sondern würden maximal drei Wiederholungskurse mehr bedeuten. Maurer sprach sich im Weiteren dafür aus, auch mit einer kleineren Armee zivile Sportanlässe zu unterstützen. "Unsere Soldaten lernen bei diesen Veranstaltungen etwas." Er bekräftigte zudem seine "strikte" Ablehnung der Übernahme von Polizeiaufgaben durch die Armee. In den letzten Jahren habe es "eine schleichende Tendenz" gegeben, die Armee einzubinden, wenn die Polizeimittel nicht gereicht hätten. (sda)

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NZZ 11.10.10

Interkantonale Polizeireserve?

 Arbeitsgruppe der Polizeidirektoren

 (sda) · Die Kantone prüfen den Aufbau einer interkantonalen Reservepolizeieinheit, die jederzeit für spezielle Einsätze bereitstehen könnte. Eine solche Bereitschaftseinheit gibt es in Deutschland. In der Schweiz erarbeitet nun eine Arbeitsgruppe Vorschläge dazu.

 Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) habe die Arbeitsgruppe unter dem Präsidium von Luigi Pedrazzini, dem Vorsteher des Tessiner Departements für Justiz, Sicherheit und Inneres, im Frühling eingesetzt, sagte KKJPD-Generalsekretär Roger Schneeberger auf Anfrage und bestätigte damit eine Meldung der "Sonntags-Zeitung". Die Prüfung einer interkantonalen Reservepolizeieinheit sei eine von drei Fragen. Sie könnte unter anderem am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos oder an grossen Sportanlässen zum Einsatz kommen. Denkbar sei, so Pedrazzini, dass beispielsweise die Tessiner Kantonspolizei 20 oder 30 Personen ständig für diese Reserveeinheit zur Verfügung stellen würde. Die anderen Kantone würden sich ihrer Grösse entsprechend ebenfalls beteiligen. Fehle es an Aufträgen auf interkantonaler Ebene, könnten die Polizisten gemäss Pedrazzini in ihren kantonalen Korps für nicht prioritäre Aufgaben eingesetzt werden.

 Die Arbeitsgruppe solle im Weiteren abklären, welche Aufgaben die Kantonspolizeien künftig abdecken müssten und wie viele Polizisten dafür nötig seien, sagte Schneeberger. Grundsätzlich stelle sich die Frage, ob das heutige System an seine Grenzen stosse, sagte Schneeberger. Er wollte sich nicht dazu äussern, welche Stossrichtung die Vorschläge der Arbeitsgruppe haben könnten. Die Schaffung einer nationalen Polizeireserveeinheit stösst bei mehreren kantonalen Polizeidirektoren auf Ablehnung. Konkrete Anträge sind laut Schneeberger für die übernächste Versammlung der KKJPD im Frühling 2011 zu erwarten.

 Bereits heute stehen bei Grossereignissen wie Fussball- und Eishockeyspielen oder Demonstrationen regelmässig Polizeikräfte aus mehreren Kantonen auf der Basis von interkantonalen Polizeikonkordaten im Einsatz. Die Frage nach der genauen Abgrenzung der Polizeiaufgaben ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass heute auch das Grenzwachtkorps und die Armee auf dem Gebiet der Kantonspolizeien tätig sind. So ist das Grenzwachtkorps wegen der Schengen-Regeln immer häufiger im Landesinnern aktiv. Die Armee wiederum übernimmt mit Durchdienern und Militärpolizei den Schutz der Botschaften.

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20 Minuten 11.10.10

Kommt eine spezielle Bereitschafts-Polizei?

 BERN. Die Kantone prüfen den Aufbau einer Polizeieinheit, die jederzeit für spezielle Einsätze bereitstehen soll. Eine solche Bereitschaftseinheit gibt es in Deutschland bereits. "Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob das heutige System an seine Grenzen kommt", so Roger Schneeberger, Generalsekretär der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren. Schon heute stehen bei Grossereignissen wie Fussballspielen oder Demonstrationen regelmässig Polizisten aus mehreren Kantonen im Einsatz. Dies geschieht im Rahmen von Zusammenarbeitskonkordaten zwischen den Kantonen.

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Sonntagszeitung 10.10.10

Kantone planen neue Polizeitruppe

 Nationale Bereitschaftspolizei soll Aufgaben von der Armee übernehmen

 Von Andreas Windlinger

 Bern Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) prüft die Schaffung einer gesamtschweizerischen Polizeitruppe mit mehreren Hundert Einsatzkräften. Vorbild sind die Bereitschaftspolizeikorps der deutschen Bundesländer. Die neue nationale Polizeieinheit könnte beim Weltwirtschaftsforum (WEF), bei Sportanlässen mit Gewaltpotenzial oder bei grossen Demonstrationen zum Einsatz kommen. Das bestätigt Luigi Pedrazzini, Tessiner Regierungsrat und Präsident der zuständigen KKJPD-Arbeitsgruppe, gegenüber der SonntagsZeitung.

 Die Kantone reagieren mit ihrem Projekt auf zunehmenden politischen Druck. Gefordert wird, dass sie Aufgaben im Sicherheitsbereich, die heute noch von der Armee wahrgenommen werden, selber erfüllen. Der St. Galler Rechtsprofessor Rainer J. Schweizer bezeichnet in einem Gutachten, das er für das VBS verfasst hat, die heutige Situation etwa bei der Botschaftsbewachung als verfassungswidrig.

 Allerdings sind nicht alle Kantone vom Plan einer nationalen Polizeitruppe begeistert – nicht zuletzt, weil sie dafür neue Stellen finanzieren müssten. Entscheiden wird die KKJPD im nächsten Frühling.

Seite 3

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VBS-Gutachter: Botschaftsschutz durch Militär ist verfassungswidrig

 Kantone müssen ihre Polizeikorps aufstocken und Schutzaufgaben selber wahrnehmen

 Von Andreas Windlinger

 Bern Rechtsprofessor Rainer J. Schweizer kommt in seinem 120-seitigen Gutachten, das er im Auftrag von VBS-Chef Ueli Maurer für die Erarbeitung des Armeeberichts verfasst hat, zu brisanten Schlüssen. Er sei "der Auffassung, dass langfristige Armeeeinsätze wie die blosse ordnungspolizeiliche Botschaftsbewachung gegen die Verfassung verstossen", sagt Schweizer.

 Zwar setzt die Armee für den Botschaftsschutz in der Schweiz seit Anfang Jahr keine WK-Soldaten mehr ein, sondern nur noch Durchdiener und Militärpolizisten. Laut Schweizer ist das Problem damit aber nicht gelöst. "Auch dass Durchdiener dauerhaft Botschaften bewachen müssen, ist verfassungsrechtlich nicht zulässig", bekräftigt er – und widerspricht damit einem Gutachten seines Professorenkollegen René Rhinow, auf welches sich das VBS bisher stets berief. Die Bundesverfassung halte klar fest, dass die Armee Assistenzdienst zugunsten der zivilen Behörden "nur in ausserordentlichen Lagen" leisten dürfe, sagt Schweizer.

 Kantone prüfen nationale Reservepolizeieinheit

 Verantwortlich für den unbefriedigenden heutigen Zustand sind gemäss Schweizer weder primär die Chefs von VBS und Armee noch das Parlament, sondern die Kantone. "Es darf nicht sein, dass die Armee immer wieder Ersatzpolizei spielt, nur weil gewisse Kantone nicht bereit sind, das nötige Geld für die Aufstockung ihrer Polizeikorps zur Verfügung zu stellen."

 Schweizers Gutachten ist Wasser auf die Mühlen von VBS-Chef Maurer. Dieser möchte die Armee seit längerem aus polizeiähnlichen Dauereinsätzen zurückziehen – und macht etwa bei der Neuaushandlung des Regimes für die Botschaftsbewachung per 2013 entsprechend Druck. Letzte Woche stichelte Maurer auf dünner Faktenbasis, die Kantone hätten selbst den Einsatz gegen den Amok-Rentner Peter Hans Kneubühl in Biel nicht selber bewältigen können und die Armee zur Hilfe rufen müssen.

 Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) hat auf den steigenden politischen Druck bereits reagiert und vor anderthalb Monaten eine Arbeitsgruppe unter dem Tessiner Regierungsrat Luigi Pedrazzini eingesetzt. Sie soll klären, um wie viele Stellen die Polizeikorps aufgestockt werden müssen, damit die Kantone künftig die Armee weniger oft zur Hilfe rufen müssen. Die Arbeitsgruppe prüft dabei auch die Schaffung einer nationalen Reservepolizeieinheit nach deutschem Vorbild (siehe Seite 1). Diese würde von den Kantonen alimentiert und könnte unter anderem am WEF oder an Sportanlässen zum Einsatz kommen.

 Zug würde lieber auf die Militärpolizei zurückgreifen

 Denkbar sei, dass etwa die Kantonspolizei Tessin 20 oder 30 Personen ständig für diese Reserveeinheit zur Verfügung stellen würde, sagt Pedrazzini. "Die anderen Kantone würden sich ihrer Grösse entsprechend ebenfalls beteiligen." Wenn die Polizisten auf nationaler Ebene nichts zu tun hätten, könnten sie laut Pedrazzini in ihren kantonalen Herkunftskorps für nicht-prioritäre Aufgaben eingesetzt werden.

 Viele Kantonsvertreter sind allerdings skeptisch. Der Zuger Sicherheitsdirektor Beat Villiger etwa schlägt als Alternative vor, dass die Kantone im Bedarfsfall auf die Militärpolizei zurückgreifen. "Gegenüber einer nationalen Polizeieinheit bin ich skeptisch", sagt auch der Thurgauer Sicherheitsdirektor Claudius Graf-Schelling.

 Bereits in der Ära von Bundesrätin Ruth Metzler war ein Projekt für eine nationale Polizeitruppe, an welcher der Bund beteiligt gewesen wäre, an politischen Widerständen gescheitert.

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HANDSSCHELLEN
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Bund 13.10.10

Polizist zu Recht wegen zu enger Handschellen verurteilt

 Das Bundesgericht hat das Urteil des Neuenburger Kantonsgerichts gegen einen Neuenburger Polizisten wegen fahrlässiger Körperverletzung bestätigt. Der Polizist hatte einem Mann zu enge Handschellen angelegt. Der Mann beklagte sich daraufhin über Schmerzen im Handgelenk. Der Polizist ging jedoch nicht darauf ein. Einige Tage nach den Vorfall diagnostizierte ein Facharzt für Orthopädische Chirurgie bei dem Familienvater Probleme mit einen Nerv, ausgelöst durch zu enge Handschellen. Laut dem Bericht des Arztes zog sich der Mann eine Mononeuropathie (Nervenkompressionssyndrom) zu, eine Druckschädigung eines Nervs. Kurz darauf reichte der Mann Strafanzeige ein. In seinem Urteil betonte das Bundesgericht, wie schon zuvor das Polizeigericht La Chaux-de-Fonds und das Neuenburger Kantonsgericht, dass der Polizist fahrlässig gehandelt habe. Dafür erhielt er eine Geldstrafe von 10 Tagessätzen. Der Polizist muss nun die Gerichtskosten von 4000 Franken übernehmen. (sda)

 Urteil 6B_459/2010 vom 30. 9. 2010

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http://jumpcgi.bger.ch/cgi-bin/JumpCGI?id=30.09.2010_6B_459/2010

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ALKOHOL
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20 Minuten 13.10.10

Dank Gespräch weniger Alkohol

 LAUSANNE. Ein kurzes Gespräch reicht und Junge schrauben ihren Alkohol-Konsum deutlich zurück, so eine neue Studie. Jetzt fordern Eltern, Lehrer zu Suchtexperten auszubilden.

 Mehr als 100 000 Jugendliche in der Schweiz trinken mindestens einmal pro Woche Bier, Wein oder Schnaps. Nun hat eine Forschergruppe um Jean-Bernard Daeppen vom Universitätsspital Lausanne in einer Studie mit über 400 Rekruten nachgewiesen, dass Junge bereits nach einem Kurzgespräch unter vier Augen klar weniger trinken: Sechs Monate später nahmen sie 20 Prozent weniger Alkohol zu sich als ihre Altersgenossen, die mit keinem Psychologen gesprochen hatten.

 Diese Erkenntnis könnte die Präventionsarbeit revolutionieren: Das Bundesamt für Gesundheit ist derzeit daran, die Ausbildung von entsprechenden Spezialisten zu verbessern. Daeppen geht noch weiter: "Idealerweise müsste man für alle jungen Risiko-Trinker die Möglichkeit schaffen, an solchen Gesprächen teilzunehmen." Die Präsidentin der Vereinigung Eltern gegen Drogen, Sabina Geissbühler-Strupler, fordert deshalb für jede Schule einen Gesundheitsverantwortlichen: "Man könnte einen Lehrer speziell ausbilden, der mit den Schülern ihre Alkohol- und Drogenprobleme bespricht." Dies käme erst noch billig – verglichen mit den 6,5 Milliarden Franken, die der Alkohol-Missbrauch pro Jahr kostet.

 Bereits teilweise umgesetzt hat das Modell die Zürcher Fachstelle für Alkoholprobleme in der Ausbildung der Lehrlingsbetreuer. Dani Ernst, Leiter Prävention: "Der direkte Kontakt mit Jugendlichen bringt viel mehr, als ihnen nur eine Broschüre in die Hand zu drücken."  Hal

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Landbote 12.10.10

Nationale Alkoholkampagnen schenken ein
 
Sabine Arnold

 Gestern ist eine neue nationale Präventionskampagne zum Thema Alkohol lanciert worden. Fachleute meinen, Grosskampagnen seien wirksam – unter Umständen.

 BERN – Postkunden werden ab heute dazu aufgefordert, über ihr Alkoholproblem zu reden. "Sucht Info Schweiz" – eine private Organisation, die bis vor Kurzem Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) hiess – hat gestern eine neue Kampagne lanciert. Unter dem Motto "Alkoholprobleme gehen uns alle an. Reden wir darüber!" werden in den Postfilialen kurze Werbefilme ausgestrahlt. Zudem erhalten die Kunden am Schalter eine Parkscheibe mit Flyer. Im November folgen Kinospots.

 Nach den Plakatkampagnen der Vorjahre mit dem Glas als Sujet und dem Slogan "Schau zu dir und nicht zu tief ins Glas", an denen auch der Bund beteiligt war, hat "Sucht Info Schweiz" zum dritten Mal eine nationale Kampagne lanciert. Sie will mit der neuen Kampagne zeigen, dass Alkoholprobleme in allen Gesellschaftsschichten und in jedem Alter vorkommen.

 Zeigen solche Grosskampagnen überhaupt Wirkung? Susanna Baumann, Suchtberaterin in Horgen, sagt, diese könnten die Menschen schon "wecken". Die bisherigen Kampagnen hätten dazu beigetragen, dass das Thema Alkohol in der Öffentlichkeit neben den illegalen Drogen präsenter geworden sei. Baumann hat die Erfahrung gemacht, dass Prävention über die Medien besser wirkt als zum Beispiel über Veranstaltungen. Zum Informationsanlass "Alkoholprobleme im Alter" in einem Altersheim sei trotz hochkarätigen Rednern, Kaffee und Kuchen kein einziger Zuhörer erschienen. "Die Alkoholproblematik ist mit Scham- und Schuldgefühlen verbunden." Sie frage ihre Klienten jeweils, wie sie auf ihre Fachstellen gestossen seien. Häufig spiele die Mundpropaganda eine Rolle, oft hätten die Betroffenen auch einmal einen Zeitungsartikel ausgeschnitten und später wieder hervorgekramt.

 Kampagne erreicht 50 Prozent

 Heinz Bonfadelli, Medienwissenschaftler an der Universität Zürich, hat untersucht, wie Präventionskampagnen im Gesundheitsbereich wirken. Die Hälfte der Bevölkerung könne man mit einer solchen erreichen. 5 bis 10 Prozent davon änderten auch ihr Verhalten, reduzierten zum Beispiel den Alkoholkonsum. Harte Daten in diesem Bereich zu erhalten, sei aber schwieriger als etwa beim Rauchen. Ob eine Kampagne wirkt, hänge auch von anderen Bedingungen ab. Zum Beispiel habe das Rauchverbot in Restaurants für das Thema sensibilisiert. Dass Alkohol immer günstiger und für Junge leichter zugänglich werde, senke die Wirksamkeit einer Alkoholkampagne hingegen eher.

 Die Postfilialen als Kanal zu nutzen, sei sinnvoll, weil eine Botschaft dort auf einen guten Bevölkerungsdurchschnitt trifft, sagt Bonfadelli. Zudem hätten die Kunden genug Zeit, sich den Spot anzuschauen. Das sei die Schwierigkeit bei Plakaten, deren Botschaft nach spätestens drei Sekunden erfassbar sein muss. Sowohl beim Warten vor dem Postschalter als auch im Kino kann man sich der Präventionsbotschaft zudem nicht entziehen.

 Gleichzeitig sei Prävention in einem Tabubereich natürlich heikel. Niemand spreche gern über seine eigenen Alkoholprobleme. "Allenfalls kann man auf diesem Weg das Umfeld eines Betroffenen aufrütteln."lSABINE ARNOLD

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St. Galler Tagblatt 12.10.10

Vernünftig trinken

 Der Alkoholkonsum von Jugendlichen geht zwar zurück, dafür wird exzessives Trinken – auch als "Komasaufen" bekannt – immer häufiger. Jetzt kommt ein neues Alkoholgesetz.

Patricia Michaud/sda

 Das neue Alkoholgesetz, dessen Vernehmlassung noch bis zum 31. Oktober läuft, schreibt sich den Jugendschutz auf die Fahne. Dies, obwohl in der Schweiz der Alkohol kein Massenphänomen sei, "das als problematisch zu bewerten wäre", wie Nicolas Rion, Sprecher der Alkoholverwaltung (EAV), sagt. Demzufolge fusse die Präventionspolitik nicht in der "Verteufelung des Produkts".

 Konkret schafft das Gesetz eine Grundlage für Alkoholtestkäufe durch Jugendliche und verschärft die Regeln für Billigst- sowie Lockangebote. Zwar begrüssen Alkoholpräventionskreise die Massnahmen: Es sei aber paradox, wenn die Prävention gestärkt, der Markt aber liberalisiert werde. Damit sprechen sie etwa die lockeren Bestimmungen an, die für Bier- und Weinwerbung im Gegensatz zu Spirituosen gelten.

 Kontraproduktive Nulltoleranz

 Dennoch pocht Jean-Félix Savary von der Westschweizer Studiengruppe für Suchtfragen nicht auf eine Nulltoleranz-Politik. Sie könne kontraproduktiv wirken, weil vom Verbotenen ein Reiz ausgehe. Zudem gehöre gerade Alkohol auch zu Jugendritualen. Vielmehr spricht er sich für eine "ernsthafte" Regulierung aus. "Angezeigt ist eine Erziehung zum <vernünftigen> Konsum von Alkohol", sagt Savary. Der Umgang mit Alkohol lasse sich "lernen".

 Vorbild Familie

 Für das Erlernen einer "vernünftigen Trinkkultur" könne gerade die Familie eine zentrale Rolle spielen, sagte Corine Kibora von Sucht Info Schweiz. Eine Studie zeigte, dass Eltern häufig den Einfluss der Gleichaltrigen oder der Werbung auf den Alkoholkonsum ihrer Kinder überschätzen. Die Eltern müssen sich ihrer Rolle also bewusst werden.

 Verlangt wird aus Kreisen der Alkoholprävention teilweise auch eine Erhöhung der Steuer auf Alkohol. Dieser Forderung liegt die Vermutung zugrunde, dass der Preis einen grossen Einfluss darauf habe, wie viel Alkohol getrunken wird. Doch dieser Zusammenhang ist umstritten.

 Seit Jahren geht der Alkoholkonsum in der Schweiz zurück, auch bei den Jugendlichen. Dagegen kam mit dem "Komasaufen" ein neues Phänomen auf: Laut Sucht Info Schweiz wurden 2006 und 2007 im Schnitt täglich sechs bis sieben Jugendliche deswegen ins Spital gebracht.

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presseportal 11.10.10

Sucht Info Schweiz : Notwendige Unterstützung bei Alkoholproblemen

 Lausanne (ots) - Mit einer nationalen Kampagne am Postschalter macht Sucht Info Schweiz eine breite Öffentlichkeit auf alkoholbedingte Risiken aufmerksam. Sie zeigt, wo sich der Alkohol negativ auswirkt und was die Prävention leisten kann. Ab heute erhält die Kundschaft in mittelgrossen Postzentren eine Parkscheibe mit Flyer.

 Über Alkoholprobleme zu reden oder sich Hilfe zu holen, fällt den Betroffenen und ihren Angehörigen meist schwer. "Wir wollen das Schweigen brechen", sagt Michel Graf, Direktor von Sucht Info Schweiz. Nach den Plakatkampagnen der Vorjahre führt Sucht Info Schweiz in diesem Herbst zum dritten Mal eine nationale Kampagne durch, welche die Öffentlichkeit für die umfassende Betroffenheit sensibilisiert: Alkoholprobleme kommen in allen Gesellschaftsschichten und bei Menschen jeden Alters vor. Mit dem Motto "Alkoholprobleme gehen uns alle an. Reden wir darüber!" sollen kurze Spots in den Postzentren dazu beitragen, den gesellschaftlichen Dialog anzuregen, das Schweigen zu brechen und damit Menschen mit Alkoholproblemen und ihre Angehörige zu unterstützen. Auf die aktuelle Aktion in der Post folgen im November Spots im Kino und Internet.

 Alkoholbedingte Probleme entstehen nicht erst bei einer Abhängigkeit und sie betreffen nicht nur die Konsumierenden selbst: Dies zeigt sich beispielsweise im Strassenverkehr: Die eingeschränkte Fahrfähigkeit bereits nach geringen Alkoholmengen kann zu schwerwiegenden Folgen führen. Daran erinnert die Parkscheibe, die in mittelgrossen Postzentren abgegeben wird. Mit der Parkscheibe erhält die Postkundschaft einen Flyer, welcher weitere Aspekte des problematischen Alkoholkonsums anspricht: Kinder, die mit einem alkoholkranken Elternteil aufwachsen, Wiedereingliederung ins Arbeitsleben nach einer Alkoholtherapie, Alkoholkonsum Jugendlicher. Die Problemlast und Betroffenheit ist breit, die Prävention entsprechend vielfältig. Menschen, die vom Alkoholproblem einer nahestehenden Person betroffen sind: Darauf fokussiert der Spot an den Bildschirmen in Schalternähe. Die Aktion in der Post startet am 11.   Oktober und dauert gut zwei Wochen.

 Hilfe mit vielen Gesichtern Mit den Spendengeldern aus der aktuellen Aktion ermöglicht Sucht Info Schweiz regionalen Stellen die Durchführung von Gesprächsgruppen für Kinder aus alkoholbelasteten Familien und hilft Ratsuchenden weiter, indem sie Fragen rund um das Thema Sucht und Suchtmittel beantwortet sowie Therapie- und Beratungsangebote vermittelt. Gleichzeitig entwickelt sie pädagogische Hilfsmittel für die Schule, Kindergarten und Krippen, Informationsmaterial für Betroffene und Nahestehende und gewährt finanzielle Hilfe für Menschen, die wegen Alkoholproblemen in einer Notlage sind.

Sucht Info Schweiz in Kürze

Sucht Info Schweiz ist eine private Organisation mit gemeinnützigem Zweck. Sie will Probleme verhüten oder vermindern, die aus dem Konsum von Alkohol, anderen psychoaktiven Substanzen oder potenziell abhängigkeits-erzeugenden Verhaltensweisen hervorgehen. Sucht Info Schweiz konzipiert und realisiert Präventionsprojekte, engagiert sich in der Gesundheitspolitik und der psychosozialen Forschung. Sucht Info Schweiz ist auf nationaler Ebene tätig und pflegt Kontakte zu Institutionen im Ausland. Wir treten daher auch unter den Bezeichnungen Addiction Info Suisse, Dipendenze Info Svizzera und Addiction Info Switzerland auf.

 Diese Medienmitteilung finden Sie auch auf der Internetseite von Sucht Info Schweiz: http://www.sucht-info.ch

 Kontakt: Monique Helfer Medienverantwortliche mhelfer@sucht-info.ch Tel.: 021 321 29 74

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DROGEN
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Basler Zeitung 11.10.10

Gegen das Nigerianer-Netzwerk hat die Polizei keine Chance

Polizei fordert mehr Ausschaffungen – ohne grosse Hoffnungen

 TIMM EUGSTER

 Dank Kontrollen, schärferen Strafen und Ausgrenzungen hat es Zürich geschafft, Kokaindealer etwas aus der Öffentlichkeit zu verdrängen. Doch die Polizei weiss: Es gibt kein Mittel, das den Nachschub stoppen kann.

 Anders als Kolumbien oder Mexiko setzt die Schweiz nicht die Armee gegen Drogenhändler ein. Dafür hat sich Anfang 2009 die Bundeskriminalpolizei eingeschaltet, welche den Kampf gegen "internationale Schwerstkriminalität" und Terroristen anführt. Ihre Rolle beschränkt sich allerdings praktisch darauf, die Verfahren zu koordinieren und den Informationsaustausch sicherzustellen. Noch immer sind es die einzelnen kantonalen und kommunalen Polizeibehörden, die den Kampf gegen den Drogenhandel führen. Und diese haben vor allem ein Ziel: Die Bevölkerung vor aggressiven Dealern und Ansammlungen von Süchtigen zu schützen. "Wir wollen keine Zustände mehr wie in den 90er-Jahren an der Rheingasse", betont Thomas Homberger, Leiter Betäubungsmitteldezernat bei der Basler Staatsanwaltschaft. Noch immer aber sind die Strassendealer rund um den Claraplatz und am Rheinbord nicht zu übersehen.

 Bemerkenswert ist der Erfolg in Zürich: Obwohl das Geschäft boomt, ist es in der Kokainmetropole viel weniger sichtbar als noch vor fünf Jahren. In der Langstrasse sind die Zeiten vorbei, wo nigerianische Kügelidealer sich wie die Platzhirsche aufführten, jedem Passanten "Coci" andrehen wollten und äusserst aggressiv reagieren konnten, wenn man sich über das Angebot beschwerte. Beat Rhyner, Fahndungschef der Zürcher Stadtpolizei: "Die Dealer verkaufen heute eher in Hinterhöfen, Restaurants und Wohnungen, und am liebsten an bekannte Kunden." Stark verunsichert hätten sie die vielen Scheinkäufe durch Zivilpolizisten – ein laut Rhyner sehr effizientes Mittel, einem Kügelidealer, der bei einer normalen Polizeikontrolle das Drogenkügelchen einfach herunterschluckt, Handel nachzuweisen.

 STOPP WEGEN BUNDESGERICHT. Allerdings hat das Bundesgericht solche Scheinkäufe untersagt, Zürich führt sie seit Frühling 2010 nicht mehr durch. Jetzt fürchtet Rhyner, dass sich die Situation wieder zuspitzen könnte. Er wünscht sich deshalb, dass eine klare gesetzliche Grundlage für Scheinkäufe geschaffen wird.

 Gewirkt hat laut Rhyner auch die verschärfte Zürcher Gerichtspraxis. In monatelangen Observationen hat die Polizei Strassendealern Handel im grossen Stil nachweisen können – und damit die Gerichte überzeugt, gerade im Wiederholungsfall nicht mehr bloss Geldstrafen, sondern vermehrt unbedingte Freiheitsstrafen auszusprechen.

 Bei Asylbewerbern bewährt haben sich laut Rhyner zudem Ausgrenzungen – also Verbote, sich beispielsweise in der Stadt Zürich aufzuhalten. Er wünscht sich, dass auch andere Dealer aus bestimmten Stadtgebieten ferngehalten werden könnten – was heute gesetzlich nicht möglich ist.

 AUSSCHAFFEN. Ausserdem sind die Schwellen für den Entzug einer Aufenthaltsbewilligung und erst recht einer Niederlassungsbewilligung für Rhyner heute viel zu hoch. EU-Ausländer können praktisch gar nicht ausgeschafft und mit einer Einreisesperre belegt werden. Die Ausschaffungsinitiative der SVP verlangt, dass Ausländer, die mit Drogen handeln, ausgeschafft werden – beim Gegenvorschlag des Parlaments braucht es einen schweren Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz.

 Rhyner warnt allerdings vor der Erwartung, dass der Kampf gegen die "afrikanische Netzwerkkriminalität" überhaupt zu gewinnen sei: "Wir können ihnen das Leben schwermachen, man kann wichtige Leute inhaftieren – aber wir bringen den Grosshandel nicht unter Kontrolle." So lange die Nachfrage da sei, werde es Leute geben, die sie befriedigen. Selbst vom Bund koordinierte Schwerpunktaktionen und grosse Drogensicherstellungen führten in Zürich nicht zu einer Verknappung bei Kokain und auch nicht zu einem Preisanstieg. Homberger kommt für Basel zum selben Schluss. Nicht einmal der aktuelle Anstieg der Kilopreise auf dem internationalen Markt – wegen Aufgriffen von mehreren Tonnen auf hoher See und einer deutlichen Zunahme der Konsumenten – wirkt sich auf die Gassenpreise aus: "Die Händler strecken die Ware einfach stärker", schreibt die Bundeskriminalpolizei. Was zu zusätzlichen Gesundheitsrisiken für die Konsumenten führe.

 Mehr als eine "lokale und temporäre Eindämmung der Verfügbarkeit" beurteilt auch die Bundeskriminalpolizei als unrealistisch, wie sie auf Anfrage der BaZ schreibt. Zu den Kosten der Polizeiaktionen gegen die Kokainnetzwerke kann sie trotz gesamtschweizerischer Übersicht über 70 Verfahren keine Angaben machen. Sicher ist, dass sie enorm sind: So hat alleine der Kanton Aargau innert zweier Jahre 1,25 Millionen Franken in Telefonüberwachung und Dolmetscher investiert.

 "NICHT SPÜRBAR". Die Stadt Zürich setzt ein Drittel, Basel die Hälfte der Drogenfahnder zur Verfolgung der Hintermänner ein. Was würde nun passieren, wenn man diese anders einsetzen würde? Rhyner: "Es wäre wohl für die Bevölkerung nicht unmittelbar spürbar." Doch erstens sei der Kampf gegen den Drogengrosshandel ein gesetzlicher Auftrag. Zweitens sei anzunehmen, dass noch mehr Drogenhändler noch grössere Mengen einführen und die Preise mittelfristig sinken würden. Und: "Die Öffentlichkeit würde es wohl kaum verstehen, wenn wir nur noch die Kleinen jagen und die grossen Fische unbehelligt lassen würden."

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Nigerianische Dealer haben überall Freunde

 Von der Zürcher Langstrasse bis aufs bolivianische Koka-Feld: So funktioniert das Drogengeschäft

 TIMM EUGSTER

 Sie kamen als Asylbewerber – und wurden in wenigen Jahren reich und mächtig: Nigerianische Dealer sind heute Drahtzieher eines hocheffizienten globalen Netzwerks. Ihr Geschäftsmodell funktioniert, weil sie überall Verbündete haben: Von den Konsumenten über korrupte Regierungen bis zu den Koka-Bauern.

 Der Kokainhandel ist ein gigantisches Business. Alleine in Europa werden jährlich gegen 10 Milliarden Franken umgesetzt: Konsumiert werden 124 Tonnen, so schätzt die UNO-Drogenbekämpfungsbehörde UNODC – und jedes verkaufte Kilo pumpt rund 80 000 Franken in das kriminelle Netzwerk. Für die Schweiz existieren laut Bundeskriminalpolizei nur sehr grobe Schätzungen: Demnach wird Kokain im "einstelligen Tonnenbereich" konsumiert. Polizei und Grenzwächter haben 2009 die Rekordmenge von 560 Kilogramm konfisziert.

 In der Schweiz ist der Kokainhandel – wie in ganz Europa – hauptsächlich in der Hand nigerianischer Dealernetzwerke. Sie wickeln den Handel teilweise über ihre alte Heimat Westafrika ab und haben sich auch in Lateinamerika festgesetzt, wo sie exzellente Beziehungen zu den Kartellen aufgebaut haben. Je näher die Droge zum Konsumenten gelangt, desto grösser werden die Profite. Die UNODC geht von folgender Gewinnverteilung aus:

 > 56 Prozent streichen die Zwischenhändler und Endverkäufer in Europa ein (5,6 Mrd.). Siehe Texte "Karriere dank Geschick und Schweizer Frauen" und "Illegale Fracht".

 > 17 Prozent gehen an die Schmuggler innerhalb Europas (1,7 Mrd.). Siehe "Weisse fallen nicht auf".

 > 25 Prozent gehen an die Zwischenhändler in Südamerika und Afrika (2,5 Mrd.). Siehe "Das Kartell ist der Staat" und "Blutspur in Lateinamerika".

 > 1 Prozent geht an die Verarbeiter und Schmuggler innerhalb der Anbauregionen in den Anden (100 Mio.).

 > Weniger als 1 Prozent geht an die Koka-Bauern (weniger als 100 Mio.). Siehe "Ein Koka-Bauer als Präsident".

 1 Das Partyvolk schützt seine Dealer

 KONSUM BOOMT. Es ist ein ganz normaler Donnerstagabend an der Zürcher Langstrasse. Das Partyvolk ist da, die kaputten Typen, die Prostituierten, die Freier – und nigerianische Dealer. Plötzlich sind auch Polizisten da: Sie wollen einen Schwarzen festnehmen, den sie als Kokainverkäufer verdächtigen. Doch in kürzester Zeit sind sie eingekesselt: Das Langstrassen-Volk solidarisiert sich mit dem Mann. Es fliegen erste Flaschen. Erst als Verstärkung mit Gummischrotgewehren aufmarschiert, kann die Polizei den Mann verhaften.

 Kein Zweifel: Die Sympathie der Strasse gilt dem mutmasslichen Dealer, der sämtliche Szenen mit der aufputschenden Droge versorgt, die hier den Takt angibt – und nicht der Polizei, der Partyverderberin. "Kokain", sagt Beat Rhyner, Fahndungschef der Zürcher Stadtpolizei, "ist im Zürcher Nachtleben überall und stark präsent." Das zeige sich etwa im überdrehten und aggressiven Verhalten der Leute.

 HAUSDEALER. Doch die Langstrasse ist im Kokainmarkt nur ein Randphänomen. Hier kaufen die Gelegenheitskonsumenten, die keinen Stammdealer haben. Und damit in Kauf nehmen, für 20 bis 50 Franken statt einem Kügelchen von etwa 0,3 Gramm gestrecktem Kokain ein Kügelchen aus Koffein und dem Betäubungsmittel Lidocain zu erhalten. Oder gleich Mehl.

 Die Profikonsumenten beziehen das Gramm von ihrem Hausdealer für 50 bis 100 Franken – also merklich billiger als auf der Gasse. Oft handelt es sich um einen Bekannten, der die Droge per Handy von einem Dealer auf der letzten Stufe eines nigerianischen oder dominikanischen Netzwerks bestellt.

POLIZEI SCHAUT WEG. "Den typischen Kokainkonsumenten", sagt Fahndungschef Rhyner, "den gibt es nicht." Vom bettelnden Polytoximanen bis in die High Society, vom Jugendlichen bis zum 60-Jährigen: "Kokain ist die Droge, die sich am schnellsten und stärksten in allen Schichten verbreitet." Die offiziellen Zahlen dazu: Gaben 2002 erst 1,7 Prozent der über 15-Jährigen an, Kokain konsumiert zu haben, waren es 2007 bereits 2,8 Prozent. Als Gründe sehen Experten den Wunsch nach schneller Euphorie, Kontakterleichterung, erhöhter Leistungsfähigkeit und Potenz. Das Risiko, bestraft zu werden, ist minim. "Wir machen keine Jagd auf Konsumenten", sagt Rhyner. "Aber wenn wir jemanden erwischen, sind wir zu einer Anzeige verpflichtet." 200 Franken kostet die Busse für Ersttäter.

 2 Karriere dank Geschick und Schweizer Frauen

 PROFIDEALER. Wenn der Fahnder Beat Rhyner über das nigerianische Netzwerk spricht, schwingt Bewunderung mit: "Sie haben als kleine Strassendealer begonnen, dann haben sie hervorragende Strukturen aufgebaut, und sie expandieren immer weiter."

 Vor allem im Strassendeal sind noch immer viele Asylbewerber tätig, die in den Zentren oder an afrikanischen Treffpunkten rekrutiert werden. Die Drahtzieher im Hintergrund jedoch verfügen in der Regel über eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung. Die fast einzige Möglichkeit, diese zu erhalten, ist Heirat: Die Chancen auf politisches Asyl sind für Nigerianer praktisch null.

 Die Schweizer Ehefrauen dieser Zwischenhändler, so zeigt sich in Strafverfahren, haben meist keine Ahnung von den illegalen Geschäften ihrer so umgänglichen und netten Männer. Sie sehen nichts von den 10 000 Franken und mehr, die er pro Monat verdienen kann. Das Geld geht oft sofort nach Nigeria, professionell organisiert per eigenem Geldkurier oder simpel über Western Union. Den Lebensunterhalt der Paare finanziert oft die Frau – er ist offiziell arbeitslos. Betreibt er sein Drogenbusiness, spricht er am Handy die Sprache Igbo, die sie nicht versteht. "Wenn wir einen Mann verhaften, erhalten wir oft empörte Anrufe und Briefe der Frauen, die total von der Unschuld ihres Gatten überzeugt sind", sagt Rhyner.

 Geschickt agieren nigerianische Dealer auch in Bezug auf die Strafverfolgungsbehörden. Die Bundeskriminalpolizei drückt es so aus: "Anstelle der langfristigen Hierarchien anderer krimineller Gruppen sind die Strukturen flach und temporär. Nach der Tat zerfallen diese und formieren sich für ein nächstes Geschäft neu. Durch den Einsatz einer Vielzahl von Akteuren wird auch verhindert, dass einzelne Verluste durch Aufgriffe der Behörden das Gesamtgeschäft gefährden." Zudem sei die "Abschottung durch sprachliche und kulturelle Barrieren nahezu perfekt". Übrigens: Familienbanden sind in den weltweiten Netzwerken nigerianischer Dealer unüblich – jeder arbeitet auf eigene Rechnung.

 3 Weisse fallen nicht auf

 KURIERDIENSTE. Die nigerianischen Zwischenhändler in der Schweiz bestellen das Kokain bei Landsleuten in Spanien und den Niederlanden. Über die Grenze gelangt es meist in sogenannten "Fingerlingen": Die Kuriere verpacken das Pulver in Kondome und schlucken diese – am Ziel kommen sie unten wieder heraus. Afrikaner haben diese Schmuggelmethode entwickelt und perfektioniert – doch sie werden heute rigoros kontrolliert. Die nigerianischen Rekrutierer haben deshalb unterdessen grosse Mühe, Landsleute anzuheuern – und weichen zurzeit vor allem auf Osteuropäer aus den neuen EU-Staaten aus. Oder, noch besser, auf Schweizer. Die Kuriere reisen per Bahn, per Flugzeug, im Auto – je nachdem, wo gerade wenig Kontrollen zu erwarten sind.

 4 Illegale Fracht

 EINFALLSTORE. Rotterdam, Amsterdam und spanische Häfen sind die grossen Einfallstore für Kokain in Europa. Hier ansässige Nigerianer bestellen das Kokain entweder direkt in Südamerika bei Landsleuten mit Verbindungen zu den Kartellen – oder sie beziehen es von der Zwischenstation in Westafrika. Geliefert wird die Droge meist versteckt in Containerfrachtern oder kleineren Schiffen.

 5 Das Kartell ist der Staat

 DREHSCHEIBE. Die nigerianischen Händler haben in den letzten fünf Jahren ein neues Geschäftsfeld entdeckt: ihre alte Heimat. Eine neue Alternativroute führt über Westafrika. Dabei steuern die grossen "Mutterschiffe" aus Südamerika die Häfen von Guinea-Bissau, Guinea oder Benin an. Hier wird die Ware ausgeladen, gelagert, umgepackt und nach Europa weitergeleitet – jetzt besser getarnt auf kleineren Schiffen oder per Luftkurier. Bis zu einem Drittel der Ladung bleibt als Bezahlung respektive Bestechung für die lokalen Dienste vor Ort. Diese können bis zu einem quasioffiziellen Drogentransport per Militärhelikopter gehen. Die Behörden sind laut Erkenntnissen der UNO-Drogenbekämpfungsorganisation UNODC bis auf höchste Regierungsebenen ins Geschäft involviert.

 Das Kokainbusiness hat in Westafrika schon gewalttätige Abrechnungen innerhalb der Eliten provoziert, die um die grössten Profite rivalisieren – aber anders als in Südamerika keine Gewaltspirale mit Tausenden von Ermordeten angefacht. Die UNODC erklärt dies so: Wo der Staat mit seinem Gewaltmonopol sozusagen selbst das Drogenkartell ist, gibt es weder einen Krieg zwischen rivalisierenden Kartellen noch einen Krieg zwischen Staat und Kartellen.

 KÜHLSCHRÄNKE. Breiter im Volk verteilt werden die Profite der nigerianischen Strassen- und Zwischenhändler Europas: Die Überweisungen an die Familien ermöglichen Kindern den Schulbesuch, den Kauf von Kühlschränken, Autos, Häusern. Dass der Geldsegen aus dem Kokainhandel stammt, würden viele verheimlichen, sagt Celeste Ugochukwu, Präsident der nigerianischen Diaspora-Organisation in der Schweiz: "Die Familien wären sonst dagegen." Deshalb halte sich auch die Vorstellung so hartnäckig, man könne in Europa durch legale Arbeit reich werden.

 6 Blutspur in Lateinamerika

 TRANSIT. "Die Länder mit den weltweit höchsten Mordraten liegen fast alle an den Schlüssel-Schmuggelrouten für Kokain", stellt die UNO-Drogenbekämpfungsorganisation UNODC in ihrem neuesten Jahresbericht fest. Tatsächlich ist die Bilanz des von den USA vor bald 30 Jahren ausgerufenen "Kriegs gegen Drogen" in Lateinamerika katastrophal: Armee und Polizei konnten trotz Budgets von mehreren Milliarden Dollar weder Anbau noch Schmuggel dauerhaft reduzieren. Ganze Regionen versinken in Gewalt: Die Street Gangs der Kartelle töten einander, sie töten Polizisten, Militärs, Staatsanwälte und Journalisten – wenn sie diese nicht kaufen oder einschüchtern können. In Mexiko werden jährlich 14 000 Menschen ermordet. Am schlimmsten ist die Lage in Honduras, wo die Mordrate fünfmal höher ist als in Mexiko und 36-mal höher als in Kanada. Seit in Venezuela ein grosser Teil der Lieferung nach Europa verschifft wird – auch durch nigerianische Händler –, haben sich dort die Morde verachtfacht.

7 Ein Koka-Bauer als Präsident

 ANBAU. Die Andenländer Kolumbien, Peru und Bolivien sind die grössten Kokainproduzenten der Welt. Am entschlossensten geht Kolumbien gegen Drogenhandel und -anbau vor. Die Regierung hat es geschafft, linke Guerilleros wie rechte Paramilitärs, die sich beide über Kokaingeschäfte finanzieren, für den Moment zu schwächen – doch jetzt drängen neue Gruppen ins Geschäft. In der Kokainmetropole Medellin, die offiziell für "befriedet" erklärt worden war, wurden letztes Jahr wieder 1800 Menschen ermordet. In Peru ist derweil die besiegt geglaubte Terrorgruppe "Leuchtender Pfad" ins Kokaingeschäft eingestiegen und gibt ihr Comeback. Relativ friedlich ist es dagegen in Bolivien, wo Indio-Präsident Evo Morales die amerikanische Drogenbekämpfungsbehörde aus dem Land geworfen hat. Dafür hat die Anbaufläche seit Amtsantritt des Präsidenten, der noch immer auch Boss einer Kokabauerngewerkschaft ist, um mindestens 30 Prozent zugenommen. Kokablätter bringen der armen Landbevölkerung rund hundert Mal mehr Einkommen als eine Orangenplantage.

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UNSERE UNI BS
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Sonntag 10.10.10

Uni-Protestbewegung bereitet neue Aktion vor

 Um die Studentengruppierung "Unsere Uni", die letzten November die Aula besetzt hatte, war es zuletzt still – dabei ist sie durchaus noch aktiv

von Michael Nittnaus

 Herumliegende Stühle, Protestplakate, Schlafsäcke, Sprayereien: In der Aulades Kollegiengebäudes am Petersplatz herrschte letzten November Chaos. Heute ist an der Uni Basel von der Aula-Besetzung nichts mehr zu spüren – genauso wenig wie von den Wortführern der unabhängigen Studierendengruppierung "Unsere Uni". In den Semesterferien räumte die Universität die "Unsere Uni"-Cafeteria im Kollegiengebäude samt Stellwänden und Infomaterialien – ohne die Betroffenen darüber zu informieren.

 "Ich habe schon lange nichts mehr von ‹Unsere Uni› gehört. Sie sind wohl in der offiziellen Studierendenvertretung der Skuba aufgegangen", mutmasst Rektor Antonio Loprieno. Dies kann Skuba-Co-Präsident Lukas Kissling nicht bestätigen: "Seit Juni hatten auch wir keinen Kontakt mehr zu ihnen." Für ihn sei "Unsere Uni" nach wie vor nur schwer greifbar, da es keine offiziellen Mitglieder gebe. So kann Kissling auch nicht sagen, welche Mitglieder des Studierendenrates sich zu "Unsere Uni" zählen.

 "Uns gibt es sehr wohl noch", betont nun Tina Bopp gegenüber dem "Sonntag". Der Phil.-I-Studentin missfällt, dass "uns viele nur am Aktivismus messen, es jedoch keine ernsthafte Diskussion über Inhalte gibt". Wie viele Studis zum "harten Kern" von "Unsere Uni" zählen, ist laut Bopp schwer zu sagen. Nach der Aula-Besetzung seien einige ausgestiegen, andere dafür neu dazugekommen. Hinzu kämen Dutzende Sympathisanten. Zurzeit treffe man sich alle paar Wochenin Lese- und Diskussionsgruppen, pflege Kontakte und baue das nationale und internationale Netzwerk aus. "Wir wollen weiter Missstände innerhalb der Uni und ihre gesellschaftlichen Zusammenhänge thematisieren", hält Bopp fest. Dies täte die Skuba nämlich immer noch viel zu wenig, weil sie ein administrativer Apparat mit zig Aufgaben sei. "Auch im Studierendenrat ist es schwierig, wirklich Politik zu machen", bedauert die Studentin, die selbst Einsitz hat. Ob die Einbindung in die offiziellen Strukturen der richtige Schritt war, möchte Bopp noch nicht beurteilen.

 Ganz auf eigene Aktionen verzichten möchte "Unsere Uni" denn auch nicht. "Wir planen wieder etwas", so Bopp. Eine Aktion im Umfeld des 1-Jahr-Jubiläums der europaweiten Studentenproteste sei vorstellbar. Mehr verrät sie allerdings nicht. "Generell begrüssen wir, wenn sich Studierende politisch mit der Uni befassen", reagiert Kissling vorsichtig optimistisch auf die Ankündigung und stellt klar: Bei vielen Themen würde man mit "Unsere Uni" übereinstimmen, bloss nicht mit der Art ihres Protestes.

 Aber was hat die Aula-Besetzung überhaupt gebracht? Die meisten Forderungen von damals stehen auch heute noch im Raum: weniger Verschulung, keine Präsenzkontrollen, keine Studiengebühren, bessere Arbeitsbedingungen für das Reinigungspersonal sowie die Abschaffung des Unirates. Letzteres wurde in abgeschwächter Form vom Studierendenrat aufgenommen: Eine Motion im Grossen Rat fordert den Einsitz der Studierenden im Unirat. Und dem Thema Reinigungspersonal nahm sich vorübergehend die Gewerkschaft Unia an, wobei sie ihre Bemühungen bereits wieder eingestellt habe, so Bopp ernüchtert. Sie hält aber fest: "Wir bereuen die Besetzung der Aula überhaupt nicht. Sie hat Raum für kritische Diskussionen zu Themen geschaffen, die sonst an der Uni keinen Platz haben."

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AUSSCHAFFUNGEN
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Südostschweiz 13.10.10

GPK befasst sich mit Kurden-Ausschaffung

 Sollte es in Zusammenhang mit der Ausschaffung der sechsköpfigen Kurdenfamilie offene Fragen geben, werden diese von der Geschäftsprüfungskommisson des Grossen Rats geklärt.

 Von Hansruedi Berger

 Chur. - Der dreiköpfige Ausschuss der Geschäftsprüfungskommission (GPK) wird sich in den nächsten Tagen mit dem Untersuchungsbericht des Churer Rechtsanwalts Andrea Cantieni zur Ausschaffung der kurdischen Familie nach Syrien befassen. Wenn sich daraus offene Fragen ergeben, wird der Bericht sämtlichen Mitgliedern der GPK zur Diskussion unterbreitet. Dies sagte Grossrat Jakob Barandun, Vorsitzender des GPK-Ausschusses, gestern auf Anfrage. Zusammen mit der zuständigen Regierungsrätin Barbara Janom Steiner und allenfalls dem Verfasser der Studie würden dann allfällige Unklarheiten diskutiert.

 Keine besondere Massnahme

 Barandun betonte jedoch, dass dieses Vorgehen der GPK keineswegs aussergewöhnlich sei. Es würden sämtliche Berichte der Regierung durch die GPK kontrolliert. Allerdings gibt Barandun zu, dass dieser Untersuchungsbericht wegen der besonderen Situation von ihm "ganz besonders aufmerksam" gelesen werde.

 Janom Seiner sagte gestern vor den Medien in Chur, dass sie den Untersuchungsbericht nicht offenlegen werde, wie dies von Amnesty International und dem Verein Miteinander Valzeina gefordert werde. Sie begründete ihren Entscheid einerseits mit dem Persönlichkeitsschutz der beteiligten Personen. Andererseits gehe es aber auch um Sicherheitsaspekte. So kämen im Bericht beispielsweise polizeitaktische Verhaltensweisen bei Ausschaffungen zur Sprache.

 Schwere Vorwürfe erhoben

 Die kurdische Familie war Mitte Juli von den Bündner Justiz- und Polizeibehörden nach Syrien ausgeschafft worden. Amnesty International und der Verein Miteinander Valzeina sprachen dabei unter anderem von Folter und Misshandlung der Betroffenen. Der daraufhin von Rechtsanwalt Cantieni im Auftrag von Janom Steiner vorgenommene Untersuchungsbericht kommt jedoch zu einem anderen Schluss. Darin werden die Beschuldigten von den Vorwürfen entlastet.

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Le Temps 13.10.10

L'OSAR prête à envoyer des observateurs sur les vols spéciaux

 De nombreuses organisations, comme la Croix-Rouge, refusent de cautionner ces renvois forcés. Mais l'Organisation suisse d'aide aux réfugiés se dit prête à accepter un mandat de l'ODM pour éviter des dérapages

Valérie de Graffenried

 L'Organisation suisse d'aide aux réfugiés (OSAR) est prête à le faire. Alors que la Croix-Rouge, sollicitée par l'Office fédéral des migrations, vient de balayer l'offre, l'OSAR est disposée à participer aux vols spéciaux de la Confédération chargés d'expulser de force des requérants déboutés, confirme son secrétaire général, Beat Meiner, au Temps. Ces vols sont très contestés. Surtout depuis la mort d'un Nigérian sur le tarmac de l'aéroport de Kloten en mars dernier.

 Dès janvier 2011, des observateurs indépendants, susceptibles de dénoncer des dérapages, seront présents sur ces vols, a promis Alard du Bois-Reymond, le patron de l'ODM. Une exigence à laquelle doivent se plier les Etats Schengen. Mais voilà: comme la Croix-Rouge, qui a pris sa décision après avoir consulté le CICR, révélait dimanche la NZZ am Sonntag, la plupart des organisations contactées ne peuvent s'imaginer exécuter ce genre de travail. Par crainte d'être instrumentalisées et de devoir cautionner des pratiques qu'elles jugent indignes.

 Actif au sein de l'Observatoire romand pour le droit d'asile et des étrangers, François Couchepin ne mâche pas ses mots. "Le CICR a eu raison de refuser de cautionner les méthodes de torture utilisées pour faire disparaître un certain nombre de sans-papiers", lâche l'ex-chancelier de la Confédération. "Ces retours sont exécutés en ligotant les victimes, après les avoir langées pour que les odeurs de leurs éventuelles déjections n'incommodent pas les héroïques policiers qui les surveillent", dénonce le radical.

 "Une telle implication serait exclue pour nous car porteuse de confusion pour les personnes que nous défendons", souligne de son côté Orlane Varesano, de la Ligue suisse des droits de l'homme, section Genève. Pour elle, cette tâche pourrait être assumée par des députés.

 "Nous sommes conscients des risques. Nous comprenons qu'une organisation, seule, refuse d'accepter cette mission. Mais comme organisation faîtière, l'OSAR, qui revendique depuis des années la présence d'observateurs neutres sur ces vols, est prête à endosser cette responsabilité. Nous sommes convaincus que nous pouvons apporter une contribution en faveur de renvois plus respectueux des droits humains", explique Beat Meiner. L'OSAR travaille avec Caritas Suisse, l'Entraide protestante, l'OSEO, l'Union suisse des comités d'entraide juive et la section suisse d'Amnesty International. Beat Meiner précise ne pas avoir encore reçu de demande de l'ODM. L'office dit de son côté être en contact avec "plusieurs ONG", mais refuse de donner plus de détails.

 Ces observateurs peuvent-ils vraiment rester neutres s'ils sont payés et encadrés par l'ODM? Beat Meiner ne voit pas vraiment de problème. Amnesty n'accepterait pas ce rôle, souligne à son tour Manon Schick, porte-parole de la section suisse de l'organisation. Selon elle, ce mandat pourrait en revanche être exercé par la Commission nationale de prévention de la torture. Contacté, son président, Jean-Pierre Restellini, ne dit pas non. Il met tout en œuvre pour que des membres de sa commission participent à plusieurs vols spéciaux cette année déjà.

 "C'est sur la base de ces observations que nous prendrons ensuite une décision", souligne-t-il, marqué par le fait qu'un policier lui avait lui-même parlé de situation "inhumaine". "Nous ne sommes que douze et il serait impossible de surveiller tous les vols. Mais notre commission pourrait par exemple être chargée de constituer un corps d'observateurs, que nous formerions et débrieferions. Ces vols sont délicats, mais se refiler la patate chaude ne sert à rien." Une autre solution serait de convaincre la nouvelle conseillère fédérale Simonetta Sommaruga de renoncer à ces vols controversés, glisse-t-il.

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20 Minuten 12.10.10

Ausschaffungsflüge: Rotes Kreuz sagt Nein

 BERN. Das Rote Kreuz (SRK) will bei Ausschaffungsflügen abgewiesener Asylsuchender keine neutralen Beobachter stellen. Darum hatte das Bundesamt für Migration (BFM) die Organisation gebeten. Ab 2011 schreibt das Dublin-Abkommen mit der EU solche Beobachter vor. "Ich bedaure diese Entscheidung, aber sie ist keine Überraschung", sagte BFM-Direktor Alard du Bois-Reymond gegenüber Radios RSR. Diese Aufgabe sei heikel für das Rote Kreuz. Man werde sich nun an andere nichtstaatliche Organisationen (NGO) wenden, Interessenten gebe es.

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10vor10 12.10.10


2600 Ausschaffungsflüge nicht angetreten

Jeder vierte Ausschaffungsflug wird nicht angetreten. Der Bund muss die Flugtickets trotzdem bezahlen. 2600 Sitze waren letztes Jahr davon betroffen, das entspricht etwa 270‘000 Franken.
http://videoportal.sf.tv/video?id=e293a72f-f8ee-43f5-a23f-99b801cbcc7e

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sf.tv. 12.10.10

Jede vierte Ausschaffung scheitert: Bund kauft 2600 Flugbillette für nichts

sf

 Jeder vierte für die Rückführung oder Ausschaffung von Ausländern gebuchte Flugsitz bleibt leer. Das bestätigt Eveline Gugger Bruckdorfer, Vizedirektorin des Bundesamtes für Migration gegenüber "10vor10". Das Bundesamt für Migration musste letztes Jahr 2600 Flugbillette annullieren oder umbuchen. Der Bund bezahlte den Fluggesellschaften dafür 270'000 Franken.

 Letztes Jahr scheiterte jede vierte Ausschaffung aus der Schweiz kurz vor dem Abflug. "Wir haben von den organisierten Rückführungen 2009 rund einen Viertel nicht durchführen können", bestätigt Eveline Gugger Bruckdorfer, Vizedirektorin des Bundeamtes für Migration (BFM) die Recherchen von "10vor10". Hauptgrund ist, dass sich die ausreisepflichtigen Ausländer gegen die Ausreise wehren und nicht in den Flieger einsteigen.

 "Eine Verschwendung von Steuergeldern"

 Der Bund bezahlte den Fluggesellschaften für die nicht benutzten Flugbillette 2009 rund 270'000 Franken. Laut dem Bundesamt für Migration war die Anzahl nicht angetretener Flüge in den Vorjahren etwa gleich hoch.

 SVP-Nationalrat und Linienpilot Thomas Hurter kritisiert das BFM scharf: "Das ist eine Verschwendung von Steuergeldern. Das Bundesamt fährt einen zu laschen Kurs." Er fordert, für Ausschaffungen künftig Maschinen des Militärs zu verwenden.

 Bundesamt hält an seiner Politik fest

 Das Bundesamt für Migration verteidigt seine Politik: "Annullierungen entstehen vor allem, wenn die Leute ohne Polizeibegleitung ausreisen sollen", so Eveline Gugger Bruckdorfer. Auf eine gewisse Freiwilligkeit zu setzen sei billiger, als schon Anfang an Zwang anzuwenden. Deshalb nehme das Bundesamt für Migration eine gewisse Anzahl Annullierungen "ein Stück weit in Kauf".

 Mehr dazu sehen Sie heute Abend um 21.50 Uhr in der Sendung "10vor10".

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bernerzeitung.ch 12.10.10

Pnos-Flugblatt verstösst wohl nicht gegen Antirassismus-Strafnorm

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 Die rechtsextreme Partei national orientierter Schweizer (Pnos) mischt sich in den Abstimmungskampf um die Ausschaffungsinitiative ein. Die Pnos will eine schwarze Liste mit Ausländern verteilen, die zur Fahndung ausgeschrieben sind. Das verstosse nicht gegen die Antirassismus-Strafnorm, sagen Juristen.

 Auf dem Flugblatt hat die Pnos 34 Personen mit Bild aufgelistet, die wegen eines Vergehens von der Polizei gesucht werden oder wurden. Neben den Fotos sind auch die Nationalitäten und die vorgeworfenen Straftaten auf der Liste zu finden. Aufgeführt ist beispielsweise Ded Gecaj, der einen Lehrer umgebracht haben soll und inzwischen an die Schweiz ausgeliefert worden ist.

 Bernerzeitung.ch hat die schwarze Liste dem Freiburger Strafrechtsprofessor Marcel Niggli unterbreitet. Dieser kommt zum Schluss, dass das Flugblatt zwar hetzerisch und stark fremdenfeindlich, aber wohl mit dem heutigen Strafrecht gegen Rassismus kaum zu ahnden sei.

 Kommission gegen Rassismus spricht von "Unwahrheiten"

 Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) stört sich an "verschiedenen Unwahrheiten", welche das Flugblatt transportiere: So gebe es ebenfalls Täter, die Schweizer seien, diese seien aber nicht aufgeführt und abgebildet, moniert die EKR. Zudem behaupte die Pnos einfach, die abgebildeten Täter seien verantwortlich für Straftaten, bei denen Schweizer die Opfer gewesen seien.

 "Der Informationsgehalt der Broschüre ist sehr gering, während sie mit Absicht und äusserst suggestiv dazu verwendet wird, Angst und fremdenfeindliche Gefühle zu schüren", sagt EKR-Geschäftsführerin Doris Angst. In anderen Ländern, zum Beispiel Mitgliedstaaten der EU, wäre eine solche Publikation wohl verboten. "In der Schweiz ist sie es wohl leider nicht", so Angst.

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Telebärn 11.10.10

Kritik an Pnos-Kampagne
http://www.kyte.tv/ch/telebaern/kritik-an-pnoskampagne/c=84713&s=1044419

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admin.ch 11.10.10

Zahlen zur Ausschaffungsinitiative und zum Gegenentwurf

Bern-Wabern, 11.10.2010 - Gemäss heutiger Praxis werden jährlich schätzungsweise 350-400 Wegweisungen von straffälligen Ausländerinnen und Ausländern angeordnet. Dagegen würden bei Annahme der Volksinitiative "für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative)" auf Grund der Verurteiltenstatistik rund 1'500 Wegweisungen verfügt werden. Entsprechend den im Gegenentwurf vorgesehenen Kriterien müssten jährlich schätzungsweise zwischen 750 und 800 straffällige Ausländer weggewiesen werden. Von diesen maximalen Zahlen müssen aber jedoch noch diejenigen Fälle abgezogen werden, bei denen der Vollzug der Wegweisung nicht möglich ist.

Eine Umfrage der Vereinigung der kantonalen Migrationsbehörden (VKM) schätzt, dass gemäss heutiger Praxis jedes Jahr 350-400 Wegweisungen gegen straffällige Ausländerinnen und Ausländer mit einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung angeordnet werden. Diese Umfrage erfolgte 2008 im Auftrag des Bundesamts für Migration (BFM). Eine genaue Statistik über diese Fälle besteht nicht.

Gemäss einer Auswertung der Verurteiltenstatistik 2008 des Bundesamtes für Statistik schätzt das BFM, dass im Vergleich zur heutigen Praxis bei einer Annahme der Ausschaffungsinitiative jährlich rund viermal so viel straffällige Ausländerinnen und Ausländer mit Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung weggewiesen werden müssten (rund 1'500 Wegweisungen). Die höhere Zahl bei der Initiative ergibt sich hauptsächlich daraus, dass gemäss der Initiative auch Bagatellfälle insbesondere im Bereich Drogenhandel und Einbruch zu einer automatischen Wegweisung führen würden. Auch hier gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass bei einem Teil dieser Fälle der Vollzug der Wegweisung nicht möglich wäre, weil das Non-Refoulement-Gebot verletzt würde oder eine solche aus technischen und organisatorischen Gründen ausgeschlossen wäre.

Entsprechend den im Gegenentwurf vorgesehenen Kriterien müssten jährlich schätzungsweise zwischen 750 und 800 straffällige Ausländerinnen und Ausländer mit Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung weggewiesen werden. Auch diese Zahlen basieren auf der Verurteiltenstatistik 2008. Doch hier gilt es zu beachten, dass bei einem Teil dieser Fälle die Grundsätze der Verfassung und des Völkerrechts solchen Massnahmen entgegenstehen würden, die gemäss dem Gegenentwurf einzuhalten sind.

Beide Schätzungen berücksichtigen den missbräuchlichen Bezug von Sozialhilfe und Sozialversicherungsleistungen nur teilweise.

Adresse für Rückfragen:
Albrecht Dieffenbacher, Bundesamt für Migration, Tel. +41 31 325 95 42
Herausgeber:

Bundesamt für Migration
Internet: http://www.bfm.admin.ch/bfm/de/home.html

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NZZ am Sonntag 10.10.10

Bundesamt für Migration wird zum Sanierungsfall

 Einen Monat bevor Widmer-Schlumpf das Departement wechselt, kommt es in ihrem Amt zu weiteren Abgängen und neuen operativen Problemen.

 Markus Häfliger, Andreas Schmid

 Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf hinterlässt ihrer Nachfolgerin Simonetta Sommaruga ein Bundesamt für Migration (BfM) im Ausnahmezustand. Einen Monat vor Widmer-Schlumpfs Departementswechsel haben zwei weitere erfahrene BfM-Kaderleute gekündigt. Sie sind bei der Reorganisation zurückgestuft worden und ziehen die Konsequenzen. Bisher haben mindestens sieben Kaderleute das Amt freiwillig oder unfreiwillig verlassen. Die Situation im BfM wird von Mitarbeitern als höchst angespannt und chaotisch beschrieben.

 Hinzu kommen schwere operative Probleme. Seit einem Todesfall im März sind die Ausschaffungen nach Afrika teilweise blockiert. Jetzt kommt es zu einem weiteren Rückschlag: Das Schweizerische Rote Kreuz lehnt es ab, künftig als neutrale Beobachterin die Ausschaffungsflüge zu begleiten; ab 2011 sind solche Begleiter aber gemäss Dublin-Abkommen Pflicht. Das Rote Kreuz begründet seine Absage mit "grundlegenden Vorbehalten".

 ►Seite 13

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Ein Bundesamt im Ausnahmezustand

 Eveline Widmer-Schlumpf hinterlässt ihrer Nachfolgerin im Migrationsamt viel schwierige Arbeit

 Das Rote Kreuz als Begleiterin bei Ausschaffungen: So wollte der Bund Rückführungen beaufsichtigen lassen. Doch das Rote Kreuz lehnt ab. Das ist nur das jüngste von vielen Problemen.

 Markus Häfliger, Andreas Schmid

 Zu einem Gespräch haben sich Alard du Bois-Reymond, der Direktor des Bundesamts für Migration (BfM), und seine zukünftige Chefin noch nicht getroffen. Er habe der neuen Departementsvorsteherin Simonetta Sommaruga bisher erst zur Wahl gratuliert, sagt du Bois-Reymond. Zu bereden haben werden die beiden in nächster Zeit jedoch viel.

 Nach wie vor schleppend verläuft die Rückführung abgewiesener Asylsuchender. Zudem muss das Prozedere für Ausschaffungsflüge weiter angepasst werden. Das BfM sondierte deshalb beim Schweizerischen Roten Kreuz (SRK), ob dieses bei Ausschaffungsflügen neutrale Beobachter stellen würde. Zu einem solchen Monitoring haben sich die am Dublin-Abkommen beteiligten Staaten auf 2011 hin verpflichtet. Doch das SRK will das Mandat nicht übernehmen. "Wir haben die Anfrage intensiv geprüft, wegen grundlegender Vorbehalte aber abgesagt", sagt Kommunikationschef Beat Wagner. Im Kontext der Internationalen Rotkreuz-Bewegung wäre die Beobachter-Aufgabe für das SRK bei zwangsweisen Ausschaffungen "überaus problematisch". Das habe auch die Rücksprache mit dem Internationalen Roten Kreuz ergeben, das die Beteiligung von eigenen nationalen Gesellschaften an Zwangsausschaffungen mit Sonderflügen negativ beurteile, sagt Wagner. Ausser in Luxemburg übernehme die Organisation weltweit keine solche Sonderrolle bei Rückführungen von abgewiesenen Asylsuchenden.

 Er bedaure die Absage des SRK, sagt BfM-Direktor du Bois-Reymond. "Es hätte mich sehr gefreut, wenn die Organisation den Mut aufgebracht hätte, die Aufgabe zu übernehmen." Er begreife aber die ablehnende Haltung angesichts der "politisch aufgeladenen Situation". Nun werde man das Mandat wohl ausschreiben.

 Neben den operativen Schwierigkeiten ist das BfM nach wie vor intensiv mit sich selbst beschäftigt. BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, die ins Finanzdepartement wechselt, überlässt Nachfolgerin Simonetta Sommaruga von der SP einige knifflige Aufgaben. Diese wird die Nachwirkungen der innert kurzer Zeit durchgezogenen Reorganisation noch länger spüren.

 "Niemand ist mehr dort, wo er war", sagt eine BfM-Mitarbeiterin. Sie müsse bei jedem Schritt überlegen, wen sie kontaktieren und wohin sie anrufen müsse. Bis alle die Funktion ausüben könnten, die ihnen jetzt übertragen sei, daure es zwei Jahre. Für zusätzliche Unruhe sorgt, dass nach zahlreichen Abgängen im Kader zwei weitere dazukommen: Ex-Abteilungschef Adrian Wymann und der ehemalige Sektionschef Reto Hüsler gehen auch.

 BfM-Direktor Alard du Bois-Reymond verneint nicht, dass die Stimmung im Amt angespannt ist. Der Wechsel an der Spitze des Departements sorge für neue Unsicherheit. "Die schwierigste Zeit ist aber überwunden, die war im Juni", sagt du Bois-Reymond. Die Reorganisation ist jetzt auf Kurs." Sie hinterlasse allerdings Spuren, schliesslich sei es eine tiefgreifende Reorganisation und nicht lediglich Kosmetik.

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 Weitere Verhandlung mit Nigeria

 Im März hat das Bundesamt für Migration (BfM) alle Ausschaffungsflüge gestoppt, nachdem ein nigerianischer Asylbewerber beim Versuch einer Zwangsausschaffung gestorben war. Seit Juli führt das BfM wieder Sonderflüge durch, einzig nach Nigeria ist dies weiterhin nicht möglich, weil sich das Land weigert, zurückgeschaffte Landsleute aufzunehmen. Nach ersten Verhandlungen werden Schweizer Vertreter nun am 5. November erneut eine nigerianische Delegation empfangen, um über Massnahmen zu verhandeln, wie Rückführungen von abgewiesenen Asylsuchenden vorgenommen werden können.

 Er sei optimistisch, dass man sich finde und bald danach erneut Sonderflüge nach Nigeria durchführen könne, sagt BfM-Direktor Alard du Bois-Reymond. Dieser Zeitplan habe sich bereits im Juli herauskristallisiert, als man sich zu Gesprächen in Nigeria getroffen habe. Anfang November wird neben Vertretern des BfM auch Staatssekretär Peter Maurer vom Aussendepartement an der Verhandlung teilnehmen. (asc.)

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AUSSCHAFFUNGSKNAST-REVOLTE
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Indymedia 13.10.10

(Frambois-Revolte) 2. Communiqué Bleiberecht-Kollektiv VD

AutorIn : NoNationNoBorder  |  übersetzt von : der Wind         

Das zweite Communiqué des Bleiberecht-Kollektivs enthält einige Präzisierungen hinsichtlich des Ablaufs des Aufstands.
Gefunden auf:  http://www.droit-de-rester.blogspot.com/     

Revolte in Frambois: Unsere Solidarität

Samstag 9. Oktober: Revolte der Gefangenen im Verwaltungsgefängnis Frambois (GE)

Gemäss einem am Tag danach erhaltenen Zeugenbericht begann alles mit einem Jugendlichen, der vom Friedensrichter in Lausanne zurückkam und der gegen die Entscheidung des Richters, in noch 3 Monate in Frambois zu behalten, rebellierte. Er ist dort schon seit 4 Monaten. Da er ausser sich war, wollten die Wärter ihn entfernen und in diesem Moment beteiligten sich andere Gefangene an der Revolte und griffen die Wärter an, diese ergriffen die Flucht. Schliesslich revoltierte das ganze Gefängnis mit Gewaltakten gegen das Mobiliar. Einige holten die Matratzen aus ihrem Zimmer, um sie anzuzünden und sagten, sie seien bereit zu sterben für ihre Freiheit. Die Führung rief die Polizei, welche daraufhin die Räumlichkeiten belagerte (100 Polizisten, Ambulanz etc.) Die Gefangenen ergaben sich ohne Zusammenstösse. Seither sind zwei Gefangene, die als Anführer betrachtet werden, in Einzelhaft und man sagte ihnen, sie würden vor ein Strafgericht kommen. Die Gefangenen beschuldigen die Behörden, die Afrikaner zu diskriminieren: die Weissen bleiben nur kurze Zeit im Gefängnis und werden entweder freigelassen oder in ihr Heimatland zurückgeschickt. Die Schwarzen hingegen müssen mehrere Monate in Frambois bleiben, auch wenn sie keine Rückreiseerlaubnis für ihr Heimatland bekommen. Seit gestern Abend ist im Gefängnis wieder Ruhe eingekehrt, doch die Gefangenen erwarten Antworten von den Behörden und verlangen, dass die beiden Personen nicht verurteilt werden.

Anzufügen bleibt, dass einer der beiden sich in Einzelhaft befindenden Gefangenen eine verzweifelte Nachricht geschickt hat, in welcher er mit Selbstmord droht "falls ich nicht in spätestens 13 Tagen freigelassen werde, werde ich mich umbringen. Ich will diesen Leidensweg nicht weitergehen".

Wir verstehen nicht nur die Wut und die Revolte der Gefangenen von Frambois, wir teilen sie. Mehrere Male hörten wir die Schreie aus Frambois und machten darauf aufmerksam, aber niemand wollte sie hören. Am wenigsten die Waadtländer Regierung, die dieses Gefängnis rege benutzt.

In der momentanen, durch die von der Rechten mit ihrem Gegenvorschlag unterstützte Kampagne der SVP für ihre Ausschaffungsinitiative vergiftete Atmosphäre sollte erwähnt werden, dass die grosse Mehrheit der Gefangenen von Frambois kein Delikt, kein Verbrechen begangen hat,...., ausser man betrachtet ein Asylgesuch als Verbrechen?

Frambois ist ein unhaltbarer Wartesaal. In diesem Verwaltungsgefängnis erwartet einem nicht der Tag seiner Freilassung, sondern die eventuelle Vollziehung seiner Strafe: die Ausschaffung. Man weiss nicht, wann es passieren wird: vielleicht morgen oder übermorgen, aber immer im Morgengrauen, wenn alle noch schlafen.

Die Gefangenen wissen allerdings auch, neben ihren eigenen Gründen, nicht ins Land zurückkehren zu wollen, aus welchem sie geflüchtet sind, was sie erwartet: ein Flug von mehreren Stunden an den Sitz gefesselt, erniedrigt und misshandelt...sofern es nicht der Tod ist, der sie erwartet, wie den jungen Nigerianer letzten März.

Sie wissen auch, dass die Polizei ihres Heimatlandes sie mit allen Informationen, die der Asylbewerber den Schweizer Behörden über die Gründe seiner Flucht, seine Netzwerke etc. gab, erwartet, Informationen, die eigentlich vertraulich wären, von den Schweizer Behörden jedoch breitwillig übermittelt werden. Sie wissen, dass sie als Verräter betrachtet und oft wieder ins Gefängnis gesteckt werden. Sie wissen auch, dass das Risiko besteht, in einem Land anzukommen, das nicht ihr Heimatland ist (sondern jenes, das den Bürokraten gerade in den Kram passt) und dass sie sich allein werden durchschlagen müssen.

Mit den Gefangenen, die revoltierten, teilen wir auch ihre Fragen: Wieso werden Leute, die man nicht ausschaffen kann, über Monate hinweg eingesperrt? Wieso werden sie daran gehindert, in ein anderes europäisches Land zu reisen, wo ihre Partnerin oder oft ihre Kinder wohnen?

Wir verlangen, dass die beiden verhafteten Gefangenen nicht verurteilt werden. Wir verlangen, dass die politischen und die Justizbehörden des Kantons ihre Verantwortung wahrnehmen und dass die Sicherheit und die mentale und körperliche Gesundheit der Gefangenen auch in Haft respektiert wird. Wir verlangen die Einhaltung des Rechts auf Bewegungsfreiheit und die Regularisierung aller Menschen, die wegen der einfachen Tatsache, in diesem Land leben zu wollen, eingesperrt sind.

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La Liberté 13.10.10

Requérants déboutés

 La gauche dénonce

 Le groupe A Gauche Toute!, les socialistes et les Verts se sont offusqués hier au Grand Conseil des longs mois de détention administrative subis par les requérants déboutés à Frambois (GE). Des requérants d'asile de plusieurs cantons romands sont détenus dans ce centre en vue de leur renvoi forcé. Dans une déclaration commune de la gauche, le député Jean-Michel Dolivo a dénoncé "une salle d'attente insupportable", rappelant qu'une révolte a éclaté samedi dans ce centre de détention. ATS

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Indymedia 12.10.10

(Frambois-Revolte) Brief einer Partnerin eines Häftlings ::

AutorIn : NoNationNoBorder  |  übersetzt von : der Wind         

AUF ZU EINER UNTERSTÜTZUNGSMOBILISIERUNG FÜR DIE GEFANGENEN! NO BORDERS, NO NATION, STOP DEPORTATION! STAY TUNED!     

Guten Tag,

Ich heisse Tamara und bin 18 Jahre alt, mein 19-jähriger Freund M. ist Student am SCAI Genf [Berufsübergangsschule], wir lebten gemütlich wie Junge in unserem Alter, er hatte hier viele Freunde kennengelernt und sich immer besser integriert. Wir waren glücklich!
Heute jedoch ist er, der jetzt seit mehr als einem Jahr mein Freund ist, im Framboisgefängnis in Genf inhaftiert mit dem Ziel, ihn in sein Land zurückzuschicken, nach Gambia.
Allerdings habe das OCP ["Kantonales Bevölkerungsamt", zuständig für Aufenthaltsfragen] eine Bewilligung vom senegalesischen Ministerium, das ihn als "Senegalesen" anerkannt habe.
Um mit dem Anfang zu beginnen, es ist nun zwei Jahre her, seit er in der Schweiz angekommen ist, wo er Asyl beantragte, welches ihm dann verwehrt wurde, nachdem er zwei Monate im Flughafen blieb, obwohl er eine sehr belastende Geschichte hinter sich hat.

Dann, vor eineinhalb Monaten, musste sich mein Freund wie jeden Monat beim OCP präsentieren, um den Stempel zu machen, dank welchem ihm Asyl zugute (ein ziemlich grosses Wort für 10 Fr./Tag!) kommt. Dort angekommen erwarteten ihn zwei Senegalesen mit dem Ziel, ihn als Senegalesen anzuerkennen, oder eben nicht. Gambia und Senegal haben das Wholof als gemeinsame Sprache, in dieser Sprache kommunizierten sie auch, trotz sehr verschiedenen Akzenten. Die beiden Männer haben ihm danach gesagt, er hätte Afrika nicht verlassen sollen und über seine Situation gescherzt. Mein Freund nahm dies natürlich übel und forderte sie auf, sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern, worauf sie laut lachten. Nach dieser Befragung verlangte man von ihm, in zwei Wochen ins OCP zurückzukommen, statt wie normal in einem Monat.

Zwei Wochen später teilte ihm das OCP mit, dass sie dran seien, sein Rückreise zu planen. Nach Senegal! Er spricht nur ein bisschen Französisch, während es dort die Nationalsprache ist, und er war noch nie dort. Er lehnt ab. Er ist überzeugt, dass der Grund für seinen Nationalitätenwechsel im Wortwechsel mit den Senegalesen zu suchen ist, denn gerade wegen dem Akzent unterscheidet er sich von einem Senegalesen, ein Irrtum ist kaum plausibel. Die Polizei holt ihn also vor Ort ab, um ihn nach Frambois zu bringen. Sie haben ihm natürlich Handy und Geld weggenommen. Und seine Papiere, die man später neu drucken und ihm mit dem Nationalitätenwechsel zurückgeben wird.

Zwei Tage später steht er vor Gericht und wagt es, den Richter zu fragen:
- Monsieur, sind sie Schweizer?
- Ja
- Würde jemand ihre Nationalität in "Deutscher" umwandeln, fänden sie das gerecht? Hätten sie nicht den Eindruck, einen Teil ihrer Identität zu verlieren? was der Richter bestätigte, ohne mehr dazu zu sagen.

Die folgenden Tage versuchte er sich bei den anderen Gefangenen zu informieren, um den Namen eines/einer auf solche Fälle spezialisierte Anwalts/Anwältin zu bekommen. Am darauffolgenden Freitag rief er eine Anwältin an, die man ihm empfohlen hatte, doch es war besetzt. Ich versuchte es auch, doch sie sagte mir, es sei nicht an mir, sie zu kontaktieren. Sie rief M. am darauffolgenden Montag zurück und sagte ihm, dass er die Frist von zehn Tagen habe, um bei einem Richter Rekurs einzulegen und somit die Hilfe einer Anwältin zu bekommen. Es war aber genau elf Tage her! Und der Sozialarbeiter des Gefängnisses, der meinen Freund hätte informieren sollen, hat das nie getan. Er kann frühestens in einem Monat die Unterstützung durch einen Anwalt beantragen.

Einige Tage später brachte man ihm zum Flughafen, was Teil der Prozedur ist, um zu versuchen sein Einverständnis zu bekommen und ihn dazu zu bringen, in ein Linienflugzeug mit Passagieren einzusteigen, was er verweigerte. Im Gegenzug gäben sie ihm Geld für seine Zukunft. In Senegal.

In zwei Tagen wird er seit einem Monat eingesperrt sein und was er durchmacht wünsche ich niemandem. Sie werden wie Verbrecher behandelt. Leute zerstümmeln sich, andere (häufig schon lange eingesperrt) versuchen, sich das Leben zu nehmen und noch andere treten in den Hungerstreik. Mein Freund ist glücklicherweise noch nicht so weit, aber ich sehe, wie sein Zustand jeden Tag schlimmer wird. Er hat einen verspannten Nacken, jeden Tag Migräne, Fieberbläschen und all das wegen dem Stress, den sie erdulden. Vor einigen Tagen erhängte sich ein Mann, M. und andere Gefangene fanden ihn bewusstlos aber lebend, die Augen ganz weiss und das Gesicht bleich. Es ist sehr hart, draussen zu sein, aber nichts tun zu können und zu fühlen, wie die Ohnmacht langsam immer stärker wird. Er wird bald die Freilassung und erneut die Hilfe dieser Anwältin beantragen, aber das ist nur Teil der Prozedur, die anderen Gefangenen haben das alle schon getan und es funktioniert nur sehr selten...

Es ist sehr schwierig. Allen voran für ihn und auch für mich, die ich darüber hinaus die Thematik der Sans-Papiers in der Schweiz nicht sehr gut kenne. Er ging zur Schule, interessiert sich für alles, integrierte sich problemlos und wir waren verliebt wie zwei kleine Kinder in der Primarschule, das fehlt mir! Es ist schlimm, dass das von einem Tag auf den anderen zerstört wird und sehr wenige Leute wissen, wie es in der Schweiz wirklich läuft mit den Sans-Papiers. Das muss sich ändern! Wir brauchen wirklich Eure Hilfe. Danke im voraus!

[AdÜ: Der Grund für den "Nationalitätenwechsel" ist vermutlich die Tatsache, dass die Schweiz mit Senegal seit 2003 ein Rückübernahmeabkommen hat, nicht aber mit Gambia. Eine solche Praxis entlarvt den Terror der Ausschaffungsmaschinerie und hat mit den Märchen des bürgerlichen Rechtsstaates nicht viel zu tun. Interessant wäre zu erfahren, ob schon andere ähnliche Fälle bekannt geworden sind, denn es darf vermutet werden, dass solche "Tricks" eher die Regel denn die Ausnahme darstellen.]     

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Le Temps 12.10.10

Les dessous de la révolte des requérants africains de Frambois

 Des demandeurs d'asile déboutés se sont révoltés samedi contre leurs conditions de détention. La tension monte. Mais les autorités restent passives. Le malaise à Frambois remet en lumière la problématique des requérants

Valérie de Graffenried

 "Nous étions comme dans une Cocotte-Minute. La situation ne pouvait qu'exploser." Ali*, contacté à Frambois, le centre de détention administrative où sont placés des requérants d'asile déboutés en voie d'expulsion, raconte les circonstances de l'émeute déclenchée samedi matin. Des détenus, à bout de nerfs, ont saccagé les locaux, avant d'être maîtrisés par les forces de l'ordre. Bilan: un surveillant avec une côte cassée, un deuxième avec une minerve. La direction de Frambois (GE) a porté plainte contre les deux détenus à l'origine de l'insurrection, placés depuis en isolement.

 Tout a débuté samedi matin avec une casserole qui a volé dans la cafétéria de l'établissement. Boubacar* est très nerveux. Il ne digère pas une visite chez le juge de paix de Lausanne effectuée la veille, où ce dernier lui a fait savoir qu'il resterait trois mois de plus à Frambois. Excédé, Boubacar décide de tout saccager. Des surveillants tentent de le maîtriser; trois autres Africains se joignent à la rixe, dont Salomon*, déjà deux tentatives de suicide à son actif. L'établissement concordataire abrite dix-huit autres résidents. Et presque tous se mêlent à la bagarre.

 Deux surveillants sont blessés. Une employée appelle la police. Boubacar et Salomon décident de se dénuder et de s'enduire d'huile. "Pour que nous ne puissions pas les interpeller. Ils en ont aussi aspergé partout sur le sol", souligne Jean-Philippe Brandt, porte-parole de la police genevoise. "Ils voulaient en fait s'immoler. Heureusement que l'huile ne brûle pas…", déclare un témoin de la scène. Dépêchée sur place avec des pompiers et une ambulance, la brigade de sécurité publique parvient à maîtriser la situation quelques heures plus tard. Sans trop de heurts. Mais les dégâts matériels sont importants.

 Selon Jean-Philippe Brandt, la rixe a démarré en raison de problèmes survenus entre un groupe d'Africains au rez-de-chaussée et des Géorgiens au premier étage. "C'est faux!", s'énerve Ali. "Il n'y a pas de racisme entre nous. Les Géorgiens nous ont au contraire aidés. Quand les policiers sont arrivés, ils ont mis leurs matelas et draps dans le couloir et ont menacé d'y mettre le feu s'ils nous faisaient du mal." En fait, raconte Ali, qui a été menotté après la bagarre, les tensions découlent de sentiments d'injustice.

 "Nous les Africains, nous sommes souvent détenus pendant de longs mois à Frambois, parfois jusqu'à dix-huit, alors que les Maghrébins et ressortissants de l'Est partent généralement après deux, trois semaines. On se sent discriminés. Nous ne sommes pas des criminels, juste des gens qui cherchons l'asile. Ces détentions prolongées sont totalement injustes et arbitraires! Ici, nous mourons à petit feu", dénonce-t-il. Voilà qui remet en lumière la problématique des requérants que la Suisse peine à expulser. Et pas forcément à cause de leur attitude récalcitrante: souvent leur pays d'origine rechigne à les reprendre. Ou exige des contreparties. L'Office fédéral des migrations a récemment connu plusieurs couacs avec ses vols spéciaux controversés, depuis la mort d'un Nigérian à Kloten en mars.

 La réaction des autorités genevoises? Nadine Mudry, secrétaire adjointe en charge du domaine des migrations au secrétariat général du Département de la sécurité, de la police et de l'environnement, assure que "les violences de samedi ne sont pas liées aux conditions de détention à Frambois, d'ailleurs jamais contestées". "Cette rixe est un événement isolé qui démontre que certains détenus sont prêts à tout pour ne pas être expulsés", dit-elle. Aucune mesure particulière n'est pour l'instant envisagée.

 Loly Bolay, députée socialiste et présidente de la Commission des visiteurs du Grand Conseil genevois, ne compte, elle, pas rester passive. Elle s'est rendue samedi à Frambois vers 14h30, après l'intervention de la police. Avec un collègue, ils ont visionné les vidéos de surveillance et interrogé des détenus. Loly Bolay a recueilli la même version des faits que le Temps, qu'une compagne d'un détenu vient aussi corroborer. "Des Africains se sont effectivement rebellés pour protester contre leurs conditions de détention, sources de tensions", dit-elle. Elle proposera cette semaine des mesures au sein de la Commission des visiteurs.

 Ces émeutes à Frambois, qui avait déjà des problèmes de personnel au bord du burn-out, étaient prévisibles, souligne une source préférant rester anonyme. Salomon a envoyé le 9 septembre un message désespéré aux autorités dans lequel il menaçait de se tuer. "Si je n'ai pas obtenu ma liberté avant treize jours, je me suicide", écrivait-il au chef du service de l'Office de la population. "Je ne veux plus continuer ce calvaire."

 Salomon a une compagne et un enfant qui vivent aujourd'hui en Allemagne. C'est en voulant les rejoindre qu'il a été arrêté en Autriche, puis expulsé vers la Suisse selon les règles de Dublin qui veut qu'un requérant soit renvoyé vers le premier pays où il a déposé une demande d'asile. Le voilà depuis plus de six mois à Frambois, avec des coûts se montant à plus de 280 francs par jour. "Trois requérants sont restés plus de quinze mois ici", précise Ali. "Frambois est une salle d'attente insupportable", résume le Collectif Droit de rester.

 *Prénoms fictifs

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NZZ 11.10.10

Revolte in Genfer Gefängnis

 (sda) · Im Genfer Ausschaffungsgefängnis Frambois ist es am Samstagmittag zu einer Revolte gekommen. Rund 20 erzürnte Insassen beschädigten die Inneneinrichtung. Eine Verstärkung der Kantonspolizei stellte schliesslich die Ruhe wieder her. Die Revolte habe ihren Ursprung gegen 11 Uhr 15 bei vier Insassen gehabt und sich rasch ausgebreitet, bestätigte Polizeisprecher Jean-Philippe Brandt eine Meldung des Westschweizer Radios RSR. Die Ursache dafür konnte Brand nicht benennen. Die Asylkoordination Waadt und die Genfer Sektion der Menschenrechtsliga kritisierten bereits mehrere Male die Zustände im Gefängnis Frambois. Die Kantone Genf, Waadt und Neuenburg betreiben das Ausschaffungsgefängnis gemeinsam.

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Tribune de Genève 11.10.10

La police intervient en force à Frambois

 Les policiers sont intervenus en nombre samedi à la mi-journée à Frambois, le centre où sont détenus les requérants d'asile en attente de renvoi. Des individus révoltés ont saccagé les lieux vers 11 h 15. Deux heures plus tard, tout rentrait dans l'ordre.

 Plus de 5000 marcheurs au bord du lac

 La 19e Marche de l'espoir a attiré la foule. En tout, dimanche après-midi, plus de 50 000 kilomètres ont été parcourus, soit plus que la circonférence de la Terre. Organisée par Terre des hommes, la manifestation permettra de financer des projets en faveur de la sécurité alimentaire dans les pays du Sud.

 Sauvetage de nuit pour l'hélico des HUG

 Dans la nuit de samedi à dimanche, l'hélicoptère de la base Rega-HUG a été sollicité pour une mission nocturne inhabituelle: le sauvetage d'un paintballer, victime d'une chute de 6 mètres, au nord du lac des Rousses, en France voisine. En raison du terrain escarpé et de l'état du blessé, le trentenaire a été hélitreuillé après avoir été préparé à son évacuation par le médecin urgentiste de la Rega avec l'aide d'un spécialiste des secours en hélicoptère. Transféré aux HUG, ses jours ne sont pas en danger. L'alarme est parvenue à la base samedi peu après 19 h. Quelques jours plus tôt, le même hélico est intervenu de nuit dans l'Ain pour sauver une femme agressée par son mari.

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20 Minutes 11.10.10

Grabuge parmi les détenus

 GENèVE. Une émeute a éclaté, samedi à la mi-journée, au centre de détention administrative de Frambois, dans la campagne genevoise. Une vingtaine de détenus en colère ont détruit la cuisine de l'établissement. La police a été appelée en renfort pour ramener le calme. Le mouvement est parti vers 11 h15 de quatre détenus et s'est rapidement étendu à une vingtaine de personnes, soit la quasi-totalité des prisonniers, selon une information de la Radio suisse romande. La situation s'est normalisée vers 13 h 30. Les motifs de la colère des détenus sont inconnus. La Coordination asile migration Vaud et la Ligue suisse des droits de l'homme, section Genève, ont dénoncé à de nombreuses reprises les conditions d'emprisonnement et d'expulsion par la force des migrants détenus à Frambois. Trois cantons – Vaud, Genève et Neuchâtel – gèrent l'établissement. –ats/dti

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Sonntag 10.10.10

Meuterei in Genfer Gefängnis

 GENF Im Ausschaffungsgefängnis Frambois brach am Samstagmittag eine Meuterei aus. 20 erzürnte Insassen verwüsteten die Einrichtung, wie das Westschweizer Radio RSR mitteilte. Es kehrte erst Ruhe ein, als die Polizei im Gefängnis eintraf. Jean-Philippe Brandt, Sprecher der Kantonspolizei Genf, konnte keine Auskunft darüber geben, weshalb die Gefangenen ausrasteten. Die Unruhen seien um 11. 15 Uhr von vier Personen ausgegangen und hätten sich schnell ausgebreitet. Die Asylkoordination Waadt und die Genfer Sektion der Schweizer Menschenrechtsliga haben schon einige Male die Bedingungen im Genfer Gefängnis kritisiert.(RED)

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BLEIBERECHT
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Indymedia 12.10.10

Besetzung der St.-Jakobskirche in Lausanne ::

AutorIn : NoNationNoBorder  |  übersetzt von : der Wind         

Heute eröffnet das Bleiberecht-Kollektiv ein Refugium in der St.-Jakobskirche in Lausanne.     
    
- In Anbetracht der Tatsache, dass die Spezialflüge (Zwangsausschaffungen) wieder stattfinden in Missachtung der Grundrechte und trotz dem nicht lange zurückliegenden Todesfall eines nigerianischen Asylbewerbers.

- In Anbetracht der Tatsache, dass die Schweiz sich hinter den Dublin-Abkommen (Rückschaffung ins erste betretene europäische Land) versteckt, um den Menschen eine Untersuchung ihres Asylgesuchs zu verweigern, indem sie systematisch ausgeschafft werden ohne dass die möglichen Risiken berücksichtigt werden.

- In Anbetracht der Tatsache, dass diese Gesetze der Verweigerung des Asylrechts und der Willkür sich für die Menschen in Form einer Gefahr für Leib und Leben und einer Zwangsausschaffung (während Stunden gefesselt und geknebelt) in Länder, mit welchen sie nichts mehr verbindet, konkretisieren.

- In Anbetracht der Tatsache, dass der Kanton ihre Regularisierung blockiert, sogar wenn die betroffenen Personen seit 5 Jahren hier leben, und sie unter dem Regime der Nothilfe unter unmenschlichen Bedingungen leben lässt.

- In Anbetracht der Tatsache, dass wir in einer Ära der Barbarei leben, wo es legitim scheint, dass man Menschen während mehreren Monaten einsperrt aufgrund der einfachen Tatsache, in der Schweiz Asyl beantragt zu haben. In Missachtung der Grundrechte und der menschlichen Würde.

Wir gehen ins Refugium, um von einer Zwangsauschaffung bedrohte Personen zu schützen und um uns der Politik der Willkür in Sachen Asyl zu widersetzen. Wir verlangen, dass alle Menschen, die sich in dieser Situation befinden, in der Schweiz bleiben können und dass ihr Aufenthaltsstatus regularisiert wird.

Wir verurteilen die Hetze, welche Menschen, die durch das Asylnetz gefallen sind und denen die Ausschaffung bevorsteht, betrifft. Schon letzten Samstag kam es zu einem Aufstand im Gefängnis Frambois (GE), wo ob ihrer Situation verzweifelte Gefangene revoltierten. Das Refugium ist v.a. auch nötig, um Menschen vor langen Monaten im Gefängnis zu schützen, die auf lange Monate oder Jahre Dahinvegetieren in Sozialhilfezentren folgen.

Nachdem wir lange mit den Verantwortlichen der Kirchen verhandelt haben, um einen Platz für das Refugium zu bekommen - jedoch ergebnislos - und in Anbetracht der Dringlichkeit hinsichtlich der Gefahr, die mehrere Personen belastet, sehen wir uns heute gezwungen, einen Platz zu haben. Wir erwarten von den Kirchen einen Dialog in der Hoffnung, von nun an ihre Unterstützung für diese Aktion zu bekommen.

Die Bevölkerung ist willkommen, uns zu besuchen und den Personen, die ein ruhiges Leben möchten nach all den durchgemachten Zerreissproben während ihrer Migration, ihre Unterstützung zu zeigen.

Jede Auschaffung ist eine zuviel!

Bleiberecht für alle!

Lausanne, 11.10.10

Bleiberecht-Kollektiv Lausanne

http://www.droitderester.ch

Kontakttel.: 076 426 06 22 oder 079 679 78 80

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MIGRATION CONTROL
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Blick am Abend 12.10.10

Revolte auf dem Flughafen

 CHAOS

 Nordafrikanische Flüchtlinge setzten am Montag im Auffanglager in Cagliari, der Hauptstadt Sardiniens, Matratzen und Decken in Brand. Sie belagerten das Gebäude, in dem 220 Asylanten untergebracht sind. Danach stürmten rund 20 auf die Piste des nahe gelegenen Flughafens und legten den Flugbetrieb lahm. Grosses Chaos herrschte auch im Flüchtlingslager, in das die Polizei mit Tränengas eindrang und 40 Flüchtlinge festnahm. In den letzten elf Tagen kam es schon zu drei ähnlichen Revolten. Die Asylanten protestieren gegen eine Umsiedelung in andere Einrichtungen. ehi

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RASSISMUS
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Tagesschau 11.10.10


Rassismus weiterhin Problem im Fussball

Die internationale Liga gegen Rassismus und Antisemitismus Licra will gegen Rassismus im Fussball vorgehen. Dort kommt es nämlich immer wieder zu rassistisch motivierten Vorfällen.
http://videoportal.sf.tv/video?id=6372f2f8-0d78-4dca-a602-a24ded5c7be0

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HOMOHASS
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Bund 13.10.10

Meinungen

 Gewalt gegen Homosexuelle Die Angriffe auf die Belgrader Gay Pride sind Spätfolgen des nationalen Wahns im Serbien der 90er-Jahre.

 Die Parade fand statt. Das ist gut.

Von Enver Robelli

 Das Zentrum Belgrads bietet in diesen Tagen ein Bild der Verwüstung. Erneut haben Nationalisten und Hooligans gewütet. Dabei haben die Randalierer dieses Mal nicht gegen die Abspaltung des Kosovo protestiert. Nun waren die Homosexuellen die Zielscheibe. Etwa 6000 Schläger aus dem ganzen Land gingen am Sonntag auf "Schwulenjagd". Sie nahmen eine Parade der Homosexuellen zum Anlass, um sich Strassenschlachten mit der Polizei zu liefern. Ähnliche Umzüge von Schwulen und Lesben waren in den vergangenen Jahren aus Angst vor Ausschreitungen abgesagt worden.

 Nun konnte die Polizei zwar die etwa 1000 Teilnehmer der Parade schützen. Es gelang ihr aber nicht, Angriffe auf die Parteizentrale der regierenden Demokraten und Sozialisten abzuwehren und Plünderungen zu verhindern.

 Nach allem, was bisher bekannt ist, war der Gewaltausbruch in Belgrad von rechtsnationalen Gruppen organisiert, die sich aus Hooligans, frustrierten Nationalisten und Verlierern der Transformation zusammensetzen. Der Bodensatz für den Hass auf die Schwulen bildete sich vor allem in den 90er-Jahren, als in Serbien der nationalistische Wahn tobte. Damals rekrutierten paramilitärische Truppen ihre Anhänger in der Hooligan-Szene der Belgrader Fussballclubs. Die Medien verherrlichten Schwerkriminelle, die erbarmungslos gegen die angeblichen Feinde Serbiens kämpften.

 Mit der Folge, dass die Paramilitärs mit ihren Kalaschnikows, schweren Geländewagen und den sie begleitenden langbeinigen Schönheiten zu den Vorbildern der Jugend wurden. Die Hochzeit des auch in Westeuropa bekannten Gangsters Zeljko Raznjatovic alias Arkan mit der Turbofolk-Sängerin Ceca wurde zum nationalen Ereignis hochstilisiert.

 Unschöne Rolle der Kirche

 In diesem Umfeld war kein Platz für Schwule. Am antihomosexuellen Reflex hat sich aber auch zehn Jahre nach der demokratischen Wende in Serbien nicht viel geändert. Die Schwulen gelten vor allem in rechtsextremen Kreisen weiterhin als Fremdkörper, die den nationalen Schulterschluss stören. Der Wertezerfall in den 90er-Jahren hat noch immer unangenehme Folgen für die homosexuelle Szene in Serbien.

 Eine unschöne Rolle spielt auch die serbisch-orthodoxe Kirche. Schon vor der Gay-Pride-Parade verdammten ihre Würdenträger die Homosexualität als Krankheit und Bedrohung der Familie. Am Sonntag marschierten sogar einige Popen Hand in Hand mit kahl geschorenen Krawallmachern.

 Nach Polizeiangaben kamen etwa zwei Drittel der Randalierer aus den Dörfern und Provinzstädten nach Belgrad. Diese Masse, die nichts zu verlieren hat und nur auf einen Anlass wartet, um sich mit der Polizei Gefechte zu liefern, steht unter dem Einfluss der klerofaschistischen Gruppierung Obraz. Obraz heisst so viel wie "Antlitz" oder auch "Würde".

 Sieg des Rechtsstaates

 Ihre Führer wollen eine moralische und spirituelle Erneuerung Serbiens und lehnen die Annäherung an den Westen ab. Sie stellen die Serben als bedrohtes Volk dar. Gemeinsam mit Vertretern der orthodoxen Geistlichkeit betreibt Obraz den Kult um den Nationalheiligen Sava und den mutmasslichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic.

 Im Duell mit dieser Gruppe hat der Rechtsstaat am Sonntag einen Sieg errungen: Die Gay Pride konnte trotz Gewalt stattfinden. Damit sich die Verachtung von Schwulen und überhaupt von Andersdenkenden endgültig verzieht, braucht es aber eine tiefgehende Demokratisierung. Erst dann werden die alten Feindbilder überflüssig.

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st.tv 11.10.10

Belgrad: Strassenschlacht bei Schwulen-Umzug

agenturen/halp

 Nach dem ersten Umzug von Homosexuellen in der serbischen Hauptstadt Belgrad ist es am Sonntag zu schweren Krawallen gekommen. Mehrere tausend rechtsextreme Randalierer lieferten sich stundenlange Strassenschlachten mit der Polizei, die den Umzug schützte. Die Randalierer, die zum Teil von Geistlichen angeführt wurden, demolierten Autos, plünderten Geschäfte, rissen Verkehrszeichen aus der Verankerung und setzten Müllcontainer in Brand.

 Die Unruhen seien ein "unerhörter Ausbruch von Hass" durch eine "faschistische Gruppe", sagte Verteidigungsminister Dragan Sutanovac: "Das ist ein sehr trauriger Tag für Serbien".

 Antiterror-Einheiten, Tränengas und Millionen-Schäden

 Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Menge an verschiedenen Punkten im Zentrum der Stadt abzudrängen. Mehr als 140 Menschen, zumeist Sicherheitskräfte, wurden laut der Polizei verletzt. Über 200 Demonstranten seien festgenommen worden.

 Antiterror-Einheiten zerstreuten die Gewalttäter auch in der zentralen Fussgängerpassage, wo sie Schaufenster demolierten hatten. Zwei Linienbusse wurden verwüstet, ein Magazin im Sitz der Regierungspartei DS wurde in Brand gesetzt. Auch die Auslage im Gebäude des Staatsfernsehens ging zu Bruch.

 Belgrads Bürgermeister Dragan Djias erklärte, die Aufräumarbeiten nach den Verwüstungen würden rund eine Million Euro kosten.

 Unter Ausschluss der Öffentlichkeit

 Schätzungsweise 1000 Menschen hatten sich zur "Gay Pride" der Schwulen und Lesben in einem Park im Zentrum versammelt. Der kurze Umzug fand praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Polizei hatte das Gebiet schon am Vorabend teilweise gesperrt.

 Diplomaten und Parlamentarier der EU, des Europaparlamentes, des Europarates und der OSZE wandten sich an die Teilnehmer des Umzuges. Die "Parade" sei ein Test für die Achtung der Menschenrechte in Serbien. Es gehe gegen die Diskriminierung von Minderheiten und die Einhaltung von Menschenrechten.

 EU: "Wichtiger Tag für Toleranz und Meinungsfreiheit"

 "Wir sind hier, um diesen wichtigen Tag zu feiern, um die Werte der Toleranz, der Meinungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit zu feiern", sagte der Leiter der EU-Mission in Serbien, Vincent Degert, in seiner Rede.

 Vor neun Jahren war der erste Umzug gescheitert, nachdem Extremisten die Teilnehmer angegriffen hatten. Im letzten Jahr war die Demonstration nach Drohungen abgesagt worden. Rund 5000 Polizisten schützten die Homosexuellen vor Übergriffen, zu denen verschiedene extremistische Organisationen offen oder indirekt aufgerufen hatten.

 Bischöfe und nationalistische Medien in einem Boot

 Auch am Sonntag trugen einige Randalierer wieder Heiligenbilder, Ikonen und Kreuze und sangen Kirchenlieder. Am Samstag hatten schätzungsweise 20'000 Menschen gegen den Homosexuellenumzug friedlich demonstriert.

 Bischöfe der serbisch-orthodoxen Kirche hatten ebenso zur Verhinderung des Umzuges aufgerufen wie nationalistische Zeitungen.

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NZZ 11.10.10

Gewalt rund um die Belgrader "Gay-Parade"

 Aufruf zur Respektierung der verfassungsmässigen Rechte – verbreitete Homophobie

 Trotz exzessiver Gewalt von Hooligans gegen Polizisten und massiven Sachschäden hat die "Gay-Parade" in Belgrad ungestört stattfinden können. Dies ist ein wichtiger Erfolg für den Rechtsstaat in Serbien.

 Andreas Ernst, Belgrad

 Erstmals haben Homosexuelle in Serbien einen Umzug für Freiheit und Toleranz unbehelligt durchgeführt. Die Voraussetzung dafür war allerdings ein riesiges Polizeiaufgebot, das den Versammlungsort und die kurze Marschroute hermetisch abriegelte. Die durchwegs bürgerlich gekleidete tausendköpfige Menge, die sich im Manege-Park versammelte, wurde verstärkt durch den Minister für Minderheitenrechte, Svetozar Ciplic, und ausländische Diplomaten. In Ansprachen wurde auf das verfassungsmässige Recht auf Gleichberechtigung gepocht, was die anwesenden mit zustimmendem Trillerpfeifen quittierten. "Wir wollen einfach, dass man sieht, dass es uns gibt", sagte eine Teilnehmerin mittleren Alters.

 Dazu hatte kaum ein Belgrader die Möglichkeit. Aus gutem Grund, wie sich herausstellte, als Hunderte von jugendlichen Hooligans die Polizei mit faustgrossen Steinen anzugreifen begannen. Banden von 10 bis 20 Jugendlichen mit Kapuzen über dem kurzgeschorenen Kopf attackierten die Polizeikordons, nachdem sie die Polizisten übel beschimpft und in Sprechchören zur "Schwulenjagd" aufgerufen hatten. Über 40 Polizisten wurden verletzt, mindestens einer schwer. Ein Dutzend Krawallmacher erlitten Verletzungen. Es gab viele Verhaftungen.

 Der zentrale Boulevard "Terazije" bot am Nachmittag ein Bild der Zerstörung mit eingeschlagenen Schaufenstern und brennenden Abfallcontainern. Zwischen den Krawallmachern und im Qualm des brennenden Abfalls waren auch Protestierende auszumachen, die singend Heiligenbildchen und Kreuze hochhielten. Die orthodoxe Kirche Serbiens hält Homosexualität für eine (heilbare) Krankheit. Ihre Spitze hatte sich gegen die Parade, aber auch gegen jede Gewalt ausgesprochen. Das Hauptquartier der regierenden Demokratischen Partei wurde mit Molotowcocktails angegriffen. Auch gegen die Zentrale der Sozialistischen Partei, welcher der Polizeiminister Ivica Dacic vorsteht, wurden Brandflaschen geworfen.

 Dacic hatte am Tag vor der "Gay-Parade" die Bürger aufgerufen, das verfassungsmässige Recht der Homosexuellen zu respektieren. Vor einem Jahr war der Anlass abgesagt worden, weil sich die Polizei ausserstande erklärt hatte, die Teilnehmer zu schützen. Dies hat nun funktioniert. Nach einer kurzen Party in den Räumen des studentischen Kulturzentrums wurden die Aktivisten in Polizeibussen aus dem Stadtzentrum chauffiert. Dass die diesjährige Parade die Toleranz gegenüber den Homosexuellen vergrössern wird, kann kaum erwartet werden. Homophobie ist auf dem Balkan weiterhin politisch korrekt. Dass es den Hooligans und den hinter ihnen stehenden nationalistischen und klerikal-faschistischen Organisationen nicht gelungen ist, die "Gay-Parade" zu sprengen, ist indessen ein wichtiger Sieg für den serbischen Rechtsstaat.

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La Liberté 11.10.10

Le centre de Belgrade saccagé après la Gay Pride

 En dépit d'un fort déploiement policier, des hooligans et groupes radicaux ont attaqué le siège du Parti démocratique et la télévision, en marge de la première Marche des fiertés homosexuelles organisée depuis 2001

Jean-Arnault Dérens, Belgrade

 Belgrade semble avoir été balayée par un cyclone. Des émeutes d'une rare violence ont éclaté en marge de la Gay Pride organisée dimanche dans la capitale serbe. Des hooligans et des militants d'extrême droite ont attaqué la police, ravageant le centre de la ville. En fin d'après-midi, on dénombrait plus d'une centaine de blessés, dont 80 dans les rangs de la police, qui a dû faire intervenir les blindés pour reprendre le contrôle de la situation.

 La précédente et première tentative d'organiser une Gay Pride à Belgrade remonte à juin 2001. Le cortège avait été immédiatement attaqué par des militants nationalistes. L'an dernier, les menaces des groupes radicaux avaient conduit à annuler la manifestation au dernier moment. Cette année, le gouvernement avait prévu les grands moyens pour assurer la sécurité de la Marche des fiertés homosexuelles, qui a rassemblé un gros millier de personnes. Pas moins de 6000 policiers étaient mobilisés, et des hélicoptères survolaient le cortège qui a défilé en milieu de matinée dans le centre de la capitale serbe. La marche s'est néanmoins déroulée dans une ambiance bon enfant, les manifestants scandant: "L'amour est un droit de l'homme." Pour la première fois, des responsables politiques de haut niveau et des diplomates occidentaux s'étaient joints au cortège.

 Au même moment, des hooligans et des militants des groupes radicaux d'extrême droite ont commencé à attaquer les policiers aux abords de la place Slavija, jetant des pierres et des cocktails Molotov. A l'issue de la marche, tandis que la police évacuait les manifestants vers plusieurs endroits de la ville, les incidents se sont généralisés. Les hooligans se sont dirigés vers les quartiers de Kalenic et de Terazije, dans le centre de la capitale. Ils ont incendié le siège du Parti démocratique (DS), le parti de centre gauche au pouvoir. Ils ont également attaqué le siège de la télévision d'Etat, la RTS, ainsi que celui du Parti socialiste de Serbie (SPS), partenaire de coalition du DS, en criant aux policiers "d'aller au Kosovo". En fin d'après-midi, les rues de la capitale offraient un spectacle de désolation: voitures incendiées, vitrines enfoncées des magasins, mobilier urbain saccagé.

 Les groupes capables d'organiser de telles violences sont parfaitement connus: il s'agit de mouvements comme Obraz ou le groupe 1389, dont l'interdiction avait déjà été envisagée l'an dernier, après les menaces proférées contre la tentative d'organiser la Gay Pride et le meurtre du supporteur français de football Brice Taton, lynché en plein centre de la capitale serbe. Ces groupes ont régulièrement démontré leur capacité à organiser des émeutes urbaines, notamment à l'occasion de la proclamation d'indépendance du Kosovo, en février 2008, ou de l'arrestation de Radovan Karadzic, au mois de juillet suivant.

 Ces agitateurs entretiennent des relations étroites avec certains secteurs de l'Eglise orthodoxe. Celle-ci avait condamné la Gay Pride, en organisant samedi une "marche des familles orthodoxes, qui a rassemblé plusieurs milliers de personnes. Dimanche après-midi, le patriarche Irinej de Serbie a appelé à la "paix civile", mais sans condamner explicitement les auteurs des violences.

 L'homosexualité est toujours mal perçue par l'opinion serbe, fortement attachée aux valeurs patriarcales. Les gays, bi et transsexuels sont contraints à une quasi-clandestinité, tandis que la capitale ne compte plus aucun lieu ouvertement gay. Cependant, la Gay Pride cristallise des enjeux beaucoup plus larges: les militants d'extrême droite mêlent slogans homophobes, nationalisme et rejet de l'intégration européenne.

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Le Matin 11.10.10

Policiers pris pour cible

 Gay PridePlus de 120 personnes, surtout des policiers, ont été blessées dans des heurts qui ont opposé de jeunes homophobes aux forces de l'ordre dans la capitale serbe.

 La Gay Pride organisée hier à Belgrade, la première depuis près de dix ans, a été marquée par des heurts violents entre forces de l'ordre et des éléments homophobes, faisant de cent blessés, ainsi que par des actes de vandalisme.

 Le centre de la capitale serbe a connu un climat de haute tension en raison de la présence de 6000 jeunes qui ont tenté pendant plusieurs heures et en vain de s'approcher de la manifestation des homosexuels.

 Des effectifs très importants de la police, en tenue antiémeute, avec casques et boucliers, les ont finalement repoussés après avoir bouclé le quartier où se tenait la Gay Pride.

 La manifestation des homosexuels, qui avaient déployé le drapeau arc-en-ciel de leur cause, a réuni un millier de personnes, défilant sans incident dans un périmètre restreint du centre-ville.

 Le gouvernement serbe était représenté par un ministre, celui des Droits de l'Homme et des Minorités, Svetozar Ciplic. "Il s'agit d'un premier pas. Une longue route nous attend, mais je suis heureuse que cela(la Gay Pride)se soit enfin produit", a déclaré Sara, une participante. "Après avoir vécu dans la peur, nous avions besoin de cette marche afin de devenir visibles. Etre entourés de policiers n'est pas l'idéal, mais c'est une première. Dans dix ans, peut-être, les choses seront différentes", a estimé Nikola.

 Il s'agissait de la première Gay Pride à Belgrade depuis 2001, la manifestation d'alors s'étant soldée par des violences de la part d'éléments ultranationalistes et de supporters d'équipes de football. Celle de l'année dernière avait dû être annulée en raison des menaces proférées par ces mêmes milieux.

 Plusieurs représentants européens avaient souligné ces jours derniers que la façon dont se tiendrait la Gay Pride illustrerait le degré de maturité de la démocratie serbe. Après un rassemblement festif à l'issue de leur manifestation, il était prévu que les homosexuels serbes quittent les lieux à bord d'autobus de la police.

 Toute la matinée et le début de l'après-midi ont été marqués par de vives tensions et des heurts violents entre la police et des groupes de jeunes très mobiles.

 Les policiers ont essuyé des jets de pierres et autres projectiles, avant de charger à plusieurs reprises devant les éléments homophobes qui se dispersaient en courant.

 "La chasse a commencé", "mort aux p…(homosexuels)", scandaient de jeunes manifestants. D'autres incendiaient des bennes à ordures ou brisaient des vitres de voitures.

 Les heurts ont fait 124 blessés parmi les policiers et 17 parmi les manifestants. Deux cent sept personnes ont été interpellées et cent ont été arrêtées, a indiqué la police.

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Südostschweiz 10.10.10

Mit Heiligen-Ikonen gegen Homosexuelle

 Belgrad. - Schätzungsweise 20 000 Menschen haben gestern in der serbischen Hauptstadt Belgrad gegen Homosexuelle demonstriert. Die Menge zog durch die Innenstadt, um in letzter Minute ein Verbot der für heute geplanten ersten Parade von Schwulen und Lesben durchzusetzen. Die Demonstranten, vor allem junge Männer, schwenkten serbische Fahnen und trugen Ikonen sowie Heiligen-Bilder. Dessen ungeachtet machte Innenminister Ivica Dacic klar, dass der Schutz auch der homosexuellen Minderheit von der Verfassung vorgeschrieben werde. Er versprach den etwa 500 erwarteten Teilnehmern der Schwulen- und Lesbenparade höchstmögliche Sicherheit. (sda)

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WASSERWERFER
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78 neue Wasserwerfer für Germoney......von Firma Rosenauer ::

AutorIn : @@@@@@         
    
Neue Wasserwerfer für Deutschland gewaltätigsten und legalen Sportverein, der Polizei.
Das da geklotzt wird, ist verständlich, trotzdem sieht der 900 000 Teuro schwere, mit Hightech vom feinsten vollgestopfte WaWe eher aus wie eine Kehrichtmaschiene....
Wenn das thema nicht so ernst wäre.
Die Firma, die die Fahrzeuge baut, hat auch in der Schweiz Niederlassungen.

Für was die 78 neuen Wasserwerfer, mitsamt dazugehörenden 52 Spähfahrzeugen mit Zoom und Richtmikrofon (siehe  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33486/1.html) eingesetzt werden, wissen wir.
Das neueste ist, das nun auch Otto-Normal-Bürger/in öfters mit durchgeknallten WaWe-Fahrer/innen zu tun haben.

Untersuchung zu Stuttgart 21 —"Härtester (polizei) Einsatz seit vielen Jahrzehnten"

Ein Demonstrant bleibt auf einem Auge blind. Doch wer ist für die Gewalt bei der Demonstration gegen Stuttgart 21 verantwortlich? Die Grünen fordern einen Untersuchungsausschuss.

Das alles steht im Hetzplatt Suedeutsche zeitung:  http://www.sueddeutsche.de/thema/Stuttgart_21

Die Bereitschaftspolizeien der Länder sind stolz auf ihre Wasserwerfer und präsentieren sie regelmäßig in internationalen Übungen. Kurz vor dem G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm hatten Polizeien aus Deutschland, Belgien und Holland ihre Wasserwerfer zum inszenierten Barrikadenkampf mitgebracht.

Bericht darüber
http://www.rp-online.de/niederrheinsued/korschenbroich/nachrichten/korschenbroich/Ueben-fuer-den-G8-Gipfel_aid_437025.html

Nun zurück zum neuesten Wasserwerfer. Ein Beschrieb, was er kann, gibt es auf der Hersteller-Seite. Mit geschwellter Brust wird dieses Bürgerkriegs-Instrument beschrieben.......

Leonding (Österreich)/St. Augustin (NW) – Rosenbauer übergab den Prototyp des ersten "Wasserwerfer 10000 Cobra" an das deutsche Bundesministerium des Innern (BMI). Der neue Wasserwerfer (WAWE) basiert auf einem dreiachsigen Mercedes Actros 3341 AK/42/6×6 (Euro 5 mit AdBlue) mit 408 PS (300 kW). Beim Außendesign verzichtete Rosenbauer bewusst auf gerade Flächen, um das Liegenbleiben von Brandsätzen auf dem Dach des Fahrzeuges zu verhindern.

weiterlesen auf:
http://www.feuerwehrmagazin.de/magazin/fahrzeuge-modelle/fahrzeuge/rosenbauer-wasserwerfer-fur-die-polizei-3733

Anschrift: ROSENBAUER AG
Feuerwehrgeräte
Eichweg 4
8154 Oberglatt
Tel: +41 (0) 43 411 1212
Fax: +41 (0) 43 411 1220
E- Mail:  info@rosenbauer.ch
Internet: www.rosenbauer.com

Für eine @ndere Welt!!
Für die Anarchie!!     
   
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SQUAT NL
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Indymedia 13.10.10

Situation in den Netherlande (Anti-Squat-Gesetz) ::

AutorIn : @@@@@         

Das Schlimme (vorhersehbare???) ist eingetroffen. Innerhalb kurzer Zeit ziehen die Bonzen und ihre Arschkriecher, die Politiker, in den Nietherlande alle Register und wollen das Land in gewaltige Unruhe stürzen. Um die 1000 Squats sollen geräumt werden.
Tausende Menschen verlieren ihre Häuser..

Deshalb:
Die rechtlichen Verschärfungen, die einhergehen mit dem Anti-Squat-Gesetz, in einem kurzen Überblick:
    
Seit 1.Oktober werden Hausbesetzung in den Niederlanden krimininalisiert. Die Strafe für Hausfriedensbruch wurde von einem Höchststrafmaß von 4 Monaten auf 1 Jahr angehoben. Für Besetzen in Verbindung mit Einschüchterung oder Gewalt erwartet eine/n nun eine Höchststrafe von 2 Jahren Gefängnis und für Besetzen in einer Gruppe(ab 3 Personen) in Verbindung mit Gewaltanwendung gibt's ein Höchststrafmaß von 2 Jahren 8 Monaten.

Obwohl die grösseren Städte (Amsterdam, Den Haag, Utrecht, Rotterdam) entschlossen waren, dieses Gesetz nicht durchzusetzen, verkündete Eberhard van der Laan, der neue Bürgermeister von Amsterdam, Ende September, dass alle 300 Squats so schnell wie möglich geräumt werden sollen, was die Menschen äusserst überraschte und verärgerte.

Hartes Durchgreifen, scheint der neue Plan in welchem die schätzungsweise 300 besetzten Häuser Amsterdams in 3 Kategorien unterteilt werden. Unter Kategorie 1 fallen Häuser, die beim Zeitpunkt der Besetzung weniger als ein Jahr leer standen oder die durch jegliche für die Stadt oder Nachbarschaft negative Aktivitäten aufgefallen sind. Unter Kategorie 2  fallen Gebäude, die zwar erst nach einem Jahr Leerstand besetzt wurden, für welche es allerdings Pläne gibt. Selbiges gilt für Kategorie 3 mit dem unterschied dass es keine Pläne für diese Häuser gibt. Die Stadt schätzt dass ca.200 Häuser unter Kategorie 1 und 2 fallen und will, dass diese schnellst möglich geräumt werden. Die verbleibenden 100 Häuser der Kategorie 3 sollen erst geräumt werden wenn die Polizei die nötige Kapazität dafür hat.

In der Praxis wird dies so aussehen, dass die bisher 3 bis 4 jährlichen Räumungswellen im kommenden Jahr  mindestens  6 mal durchgeführt werden. Die Nächste wird noch 2010 stattfinden. Häuser der Kategorie 1 sollten bereits vor und zwischen dieser Räumungswellen geräumt werden, allerdings nur im Falle dass die Räumung dieser Häuser nach keiner zu Großen Polizeipräsenz fragt. Andernfalls werden auch diese Häuser gemeinsam mit den Häusern der Kategorie 2 im Zuge der Räumungswellen geräumt.  Bei einer Räumungswelle werden mit enormem Polizeiaufgebot und eigens dafür trainierten Spezialeinheiten 5 bis 15 Häuser an einem Tag geräumt.

Wenige Stunden nach Veröffentlichung dieser Strategie antwortete die Pressegruppe der Amsterdamer BesetzerInnenbewegung mit einer Presseausendung, in welcher sie ankündige 200 leerstehende Gebäude in Amsterdam zu besetzen und warnte die Amsterdamer Stadtregierung davor, dass diese provokante Politik zu zahlreichen harten Konfrontationen zwischen Polizei und BesetzerInnen führen würde.  Auf indymedia.nl wurde dazu aufgerufen am Freitag dem 01.10. zahlreich bei der schon länger angekündigten Demonstration gegen das Besetzungsverbot zu erscheinen und Hassmasken mitzubringen.

Bei dieser Demo mit ungefähr 800 BesetzerInnen und SymphatisantInnen kam es zu einer Hausbesetzung, bei der die "erste illegale Besetzungsaktion" gefeiert wurde. Es wurden mehrere Luxuswohnungen in der Spuistraat mit guter Aussicht auf das gegenueberliegende Polizeipraesidium besetzt. Die Demo bewegte sich weiter und nach etwa 200 metern kam berittene Polizei im Gallop auf die Demo zugeritten. Mit Farbbomben, Steinen, Flaschen und Fahrraedern bewegten die DemonstrantInnen die berittene Polizei zur Umkehr.

Kurz darauf wurde die Demo von Riot-Cops mit heftigem Schlagstockeinsatz attackiert. die berittene Polizei hatte es mittlerweile geschafft, sich wieder zu formieren und ritt im Gallop von hinten in die Demo. Dabei gab es mehrere Verletzte und Verhaftete, die Teilnehmenenden konnten allerdings nicht daran gehindert werden, sich die Strasse zurückzuerobern, was sich in Krawallen und weiteren Auseinandersetzungen in der Innenstadt Amsterdams äusserte.

Das erste Mal seit Jahrzehnten versuchte die Polizei die Aufstände mit Tränengas zu stoppen, schlussendlich wurden 11 Menschen verhaftet, es gab einige Verletze auf beiden Seiten, wobei einige DemonstrantInnen ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, darunter eine Person mit zwei Löchern im Kopf. Das Krankenhaus soll rechtliche Schritte gegen die Polizei wegen versuchter fahrlässiger Tötung unternommen haben.

Am folgenden Tag kam es zu einer Demonstration in Nijmegen, an der ca. 600 Menschen teilnahmen, welche mit ähnlicher Polizeigewalt konfrontiert wurde. Ausserdem wurde in Amsterdam eine Polizeistation mit Molotov cocktails attakiert.

Riot-cops, Militärpolizei, Wasserwerfer und Helikopter sind in hoher Konzentration in Amsterdam anzutreffen, was eine konstante Stresssituation für die HausbesetzerInnen und die restliche Bevölkerung darstellt.Die erste Räumgswelle steht wahrscheinlich kurz bevor.

weitere Informationen gibts auf http://www.indymedia.nl/

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ANTI-ATOM
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Oltner Tagblatt 13.10.10

Niederamt

 "Sicherheit zuerst" beim Tiefenlager

 Obergösgen Der Gemeinderat befasste sich mit dem Sachplan zur Etappe 1.

 Von Corin Klingenstein

 Das Bundesamt für Energie (BFE) organisiert zur Anhörung für die Etappe 1 des Auswahlverfahrens für ein geologische Tiefenlager öffentliche Informationsveranstaltungen. Dort wird über die wichtigsten Inhalte und das weitere Vorgehen informiert. Das Anhörungsverfahren läuft vom 1. September bis 30. November 2010. Die vollständigen Unterlagen liegen während dieser Zeit auf den Gemeindeverwaltungen von Olten und Schönenwerd sowie beim Amt für Raumplanung auf. Die Informationsveranstaltung für die Region Jurasüdfuss hat bereits stattgefunden (wir berichteten). Der Gemeinderat Obergösgen hat sich mit dem Thema befasst und folgende Punkte festgehalten:

 Tektonik: Grösste Ungewissheit

 Ein geologisches Tiefenlager soll nach dem anerkannten Grundsatz "Sicherheit zuerst" dereinst bei optimalen Voraussetzungen am sichers-ten Ort, bezogen auf die sechs Standortgebiete, realisiert werden. Ein legitimer Vergleich ist nur bei gleichem Kenntnisstand über die Standortgebiete möglich. Im Standortgebiet Jurasüdfuss herrscht grösste Ungewissheit bezüglich der bestehenden Tektonik. Junge, lokale tektonisch-geologische Störungen, welche nie genau untersucht wurden, sprechen zurzeit gegen das Standortgebiet Jurasüdfuss.

 Verfahren und Kriterien beim Sachplan führen offenbar zum Ergebnis, dass in der Schweiz zwei geologische Tiefenlager gebaut werden sollen. Demnach ist ein Standortgebiet für stark radioaktive Abfälle und ein anderes für mittel und schwach radioaktive Abfälle vorgesehen. Diese Aufteilung ist logisch nicht nachvollziehbar, und das Risiko wird so verteilt. Es soll lediglich ein Tiefenlager auf ein Standortgebiet, konzentriert unter höchsten Sicherheitsbedingungen, erstellt und betrieben werden.

 Atomares Ballungszentrum Niederamt

 Bereits heute fällt mit dem KKG und dem Nasslager eine hohe Konzentration an Atomkraft auf das Niederamt. Gleichzeitig befindet sich das Niederamt in einem Richtplanverfahren für das neue KKN, welches mit einer weit höheren Kapazität als das bestehende KKG die Region zusätzlich atomar, aber über fast ein Jahrzehnt auch mit immensen Bautätigkeiten, Verkehrsströmen und Menschenmengen an Arbeitskräften belasten würde.

 Sollte zusätzlich noch der Entscheid für ein geologisches Tiefenlager auf diese Region fallen, würde nach Ansicht des Gemeinderats das Image des Niederamts schlechthin auf den "Atom-Moloch" der Schweiz reduziert und das fragile sozioökonomische Gleichgewicht - mit den schlimmsten Befürchtungen zu den absehbaren Standortnachteilen - definitiv zum Kippen gebracht.

 Die ganze Stellungnahme an das Bundesamt für Energie kann auf der gemeindeeigenen Homepage unter www.obergoesgen.ch eingesehen werden.

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Landbote 13.10.10

Schweizer KKWs – bedingt terrorsicher

 Thomas Münzel

 Kernkraftwerke als Terrorziel? Aktuelle Bedrohungsanalysen halten dies für durchaus denkbar und Greenpeace warnt vor entsprechenden Sicherheitslücken. Atomfachleute und Risikoforscher relativieren das Gefahrenpotenzial jedoch stark.

 BERN – Es ist ein Szenario, das viele Menschen seit dem 11. September 2001 fürchten: Terroristen entführen ein Passagierflugzeug und steuern es in ein Atomkraftwerk. Der deutsche Umweltminister Norbert Röttgen meinte kürzlich, dass deutsche Kernkraftwerke nicht ausreichend gegen solche terroristische Angriffe aus der Luft geschützt sind. Deshalb sollen die KKWs nun baulich nachgerüstet werden. Glaubt man jedoch einer neuen Studie der Umweltorganisation Greenpeace in Deutschland, braucht es gar keinen Flugzeugabsturz, um Kernkraftwerke zu einem Sicherheitsrisiko werden zu lassen. Schon ein Anschlag mit konventionellen Waffen könnte einen schweren Reaktorunfall auslösen. Es bestünden grosse Sicherheitslücken. Bis zu einem Drittel der Fläche Deutschlands könnte so kontaminiert werden. Die "Erfolgswahrscheinlichkeiten einer Terrorgruppe" wird in der Studie von Greenpeace Deutschland als "beunruhigend hoch" eingeschätzt.

 "Was für Deutschland gilt, gilt für die Schweiz genauso", zeigt sich die Berner Nationalrätin Franziska Teuscher (Grüne) auf Anfrage überzeugt. Entsprechende Sicherheitsprobleme würden auch hierzulande schon seit Jahren thematisiert. Sowohl in den jährlichen Berichten zur Inneren Sicherheit, wie auch im aktuellen Armeebericht werde auf die Terrorgefahr gegen KKWs und deren erforderlichen Schutz hingewiesen. "Doch das allein genügt natürlich nicht, denn das Risiko wird ja deswegen nicht kleiner", meint Teuscher. "Der beste Schutz für die Bevölkerung besteht deshalb noch immer darin, dass man diese veralteten Atomkraftwerke in der Schweiz endlich vom Netz nimmt."

 Kein perfekter Schutz möglich

 Risikoforscher Wolfgang Kröger vom Laboratorium für Sicherheitsanalytik an der ETH Zürich bezweifelt allerdings, dass ein KKW für Terroristen tatsächlich ein erstrangiges Ziel darstellt. "Denn die Kernkraftwerke in der Schweiz bieten durch bauliche, betriebliche und organisatorische Sicherheitsstandards einen sehr hohen Schutz gegen Terrorismus, Sabotage und Computerviren." Den perfekten, absoluten Schutz vor böswilligen Attacken gebe es hingegen auch für KKWs nicht. Und zwar weder in der Schweiz noch im Ausland. "Man kann jedoch den Schutzgrad durch einige Massnahmen erhöhen. Beispielsweise dadurch, dass man dem fehlgeleiteten Flugzeug oder Raketengeschoss viel Beton entgegensetzt", glaubt Kröger. "In dieser Hinsicht, was also die Dicke der Betonwände angeht, sind die neuen Schweizer KKWs natürlich besser als die alten." Kröger räumt ein, dass Untersuchungen gezeigt hätten, "dass ein Kernkraftwerk kaum geschützt ist, wenn ein von Terroristen gelenktes Passagierflugzeug mit maximaler Absturzgeschwindigkeit senkrecht auf ein Kernkraftwerk stürzt". Allerdings sei die Wahrscheinlichkeit, dass das Flugzeug das Kernkraftwerk dann tatsächlich treffe, "sehr klein".

 Hannes Hänggi vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat in Brugg präzisiert Krögers Aussagen insofern, als dass er darauf hinweist, dass ein Flugzeug bereits beim Aufprall auf ein Schweizer KKW – ausserhalb der Gebäudehülle – "fast vollständig" zerstört werde. Und: "Gegen ein Durchdringen des Reaktorgebäudes weisen alle KKW in der Schweiz einen Vollschutz bei mittleren Aufprallgeschwindigkeiten auf." Wo genau die Belastungsgrenze bei Flugzeugabstürzen oder bei panzerbrechenden Raketen liegt, wollte Hänggi "aus verständlichen Gründen" nicht öffentlichen machen. Die Kernkraftwerke in der Schweiz seien jedoch auch gegen das Eindringen einer Terrorgruppe mehrfach geschützt. "Damit Terroristen bis in den inneren nuklearen Teil der Anlage vordringen könnten, müssten sie mehrere Sicherheitsbarrieren überwinden, was kaum möglich ist", hält Hänggi fest. Zudem seien Szenarien erstellt worden, in denen grosse Sprengladungen auf dem Areal eines KKW zur Detonation gebracht wurden. "Dass es dadurch zu einer Kernschmelze kommt, kann praktisch ausgeschlossen werden." Für Risikoforscher Kröger soll man deshalb nicht nur die KKWs im Blickfeld behalten, sondern vor allem auch Staudämme, Sportveranstaltungen und andere Infrastrukturen. "Denn da gibt es noch viele anfällige Stellen, die von Terroristen leichter ausgenutzt werden könnten."lTHOMAS MÜNZEL

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NZZ 13.10.10

Suche nach AKW-Fachleuten im Ausland

 Nachwuchsförderung und Forschung in der Nukleartechnik haben auch politische Dimensionen

 Die Stromfirmen sind auf AKW-Spezialisten aus dem Ausland angewiesen, wie eine Studie zeigt. Ein Rückzug des Staates aus der Forschung kann sich auf die Debatte negativ auswirken.

 Davide Scruzzi

 Während in der Öffentlichkeit vor allem die Forschungstätigkeit für Alternativenergien wahrgenommen wird, ist auch der Bedarf der AKW-Branche nach Wissenschaftern angestiegen. Immerhin werden derzeit drei AKW-Vorhaben und das Tiefenlager-Projekt vorangetrieben. Anlagenbetreiber, Forschungsstellen und die Sicherheitsbehörde nennen für die Zeit von 2010 bis 2014 einen Bedarf an 320 bis 550 neuen Ingenieuren und Wissenschaftern – dabei sind in den AKW nur 20 Prozent der Mitarbeiter Hochschulabsolventen. Zwar böten Lehre und Forschung hierzulande bereits eine gute Ausgangslage für die künftige Nutzung der Kernenergie, schreibt die Interessenorganisation Nuklearforum Schweiz in einem neuen Bericht. Wie andere Branchen hat aber auch der Nuklearsektor mit seinen Tausenden von Beschäftigten mit Rekrutierungsproblemen zu kämpfen und geht schon jetzt im Ausland auf Personalsuche. Würden neue AKW gebaut, dürfte sich der Ausländeranteil in den Anlagen von knapp 20 auf rund 30 Prozent erhöhen, schätzt der Axpo-Konzern, der an einer neuen Bildungseinrichtung in München beteiligt ist.

 Horst-Michael Prasser, Professor für Kernenergiesysteme an der ETH Zürich, macht kein Hehl daraus, dass seine Disziplin bei vielen Studierenden das Image einer "Dinosaurier-Technik" habe. Doch wenn er bei Einführungsveranstaltungen auf die Breite der Forschung und die erreichten Effizienzgewinne hinweise, liessen sich junge Leute begeistern. 50 Teilnehmer besuchen bei Prasser Kurse als Ergänzung zu anderen Lehrgängen. Etwa ein Dutzend Studierende entscheiden sich jedes Jahr für den Masterstudiengang in Kerntechnik. Nur ein kleiner Teil der Ingenieure in einem AKW benötigt aber einen eigentlichen Abschluss in Kernenergie. Die Branche schlägt denn auch neue Angebote an den Fachhochschulen vor sowie einen Ausbau in der Kernphysik und bei der Strahlenbiologie.

 Die Kosten für Forschung und Lehre im Bereich Kernspaltung teilen sich AKW-Betreiber und öffentliche Hand derzeit ungefähr hälftig auf. Der staatliche Anteil ist seit Ende der 1980er Jahre von gesamtschweizerisch 39 auf 26 Millionen Franken gesunken. Horst-Michael Prasser betont seine Rolle als "Professor der ETH". Sein Lehrstuhl werde aber im Gegensatz zu demjenigen seines Vorgängers unter dem Strich zu über 80 Prozent von den AKW-Betreibern finanziert. Das Nuklearforum hinterfragt die Ausweitung der privaten Finanzierung und verweist auf die Notwendigkeit öffentlich anerkannter unabhängiger Experten in der politischen Debatte – ein Anliegen, dem sich wohl auch AKW-Gegner anschliessen.

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L'Illustré 13.10.10

INFOGRAPHIE

 L'ÉNERGIE NUCLÉAIRE EN SUISSE

 En Suisse, l'électricité ne représente qu'un petit quart (23,6% en 2009) de l'énergie consommée. Les produits pétroliers (essence et mazout) et le gaz naturel restent les agents énergétiques dominants (67,2% en 2009).

 Mais l'électricité est irremplaçable pour faire fonctionner machines et appareils, pour assurer l'éclairage public et privé, pour faire rouler trains et tramways. Et la quasi-autonomie électrique actuelle de la Suisse doit être maintenue. En effet, nos voisins européens tiennent d'abord à garantir leur propre approvisionnement. Et ils sont eux aussi confrontés au vieillissement de leurs centrales nucléaires et à des impératifs écologiques qui rendent inconfortable la construction de centrales au charbon, au pétrole ou au gaz.

 Le débat sur le renouvellement des centrales nucléaires suisses est donc en train de monter en puissance. Le nucléaire étant soumis au référendum facultatif, il est vraisemblable que le peuple votera dans trois ans environ sur un projet d'une ou de deux nouvelles centrales d'ici à 2020, pour remplacer probablement les vieux réacteurs de Beznau et de Mühleberg.

 LES CINQ RÉACTEURS SUISSES: DEUX GÉANTS ET TROIS NAINS

 GÖSGEN (SO)
 30% de la capacité électrique nucléaire suisse Mise en service: 1979

 MÜHLEBERG (BE)
 11% de la capacité électrique nucléaire suisse Mise en service: 1972

 LEIBSTADT (AG)
 36% de la capacité électrique nucléaire suisse Mise en service: 1984

 BEZNAU 1 ET 2 (AG)
 23% de la capacité électrique nucléaire suisse Mise en service: 1969 et 1971

 LES TROIS PRODUCTIONS ÉLECTRIQUES EN SUISSE EN 2009

 5% d'électricité thermique, solaire et éolienne

 39% d'électricité nucléaire

 56% d'électricité hydraulique

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Bund 12.10.10

AKW-Gegner wollen Akten der Sicherheit sehen

 Die BKW halte Sicherheitsakten absichtlich zurück, behaupten die AKW-Gegner.

 Die Gegner des AKW Mühleberg pochen auf Einsicht in die Sicherheitsakten des Atomkraftwerks. Alle Mühleberg-Originalakten gehörten zum laufenden Bewilligungs- und Beschwerdeverfahren, machen sie in einer Eingabe ans Bundesverwaltungsgericht geltend. Sie werfen dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) und dem Mühleberg-Betreiber BKW vor, Akten gesetzeswidrig zurückzuhalten. Die Beschwerdeführer möchten die geheimen Dokumente einsehen, um ihre seit Jahren erhobenen Sicherheitseinwendungen beweisen zu können, heisst es in einem Communiqué. Einige wichtige Dokumente würden den Beschwerdeführern "in klarer Verletzung des Kernenergiegesetzes" vorenthalten. Das extremste Beispiel sei der Sicherheitsbericht mit dem rechnerischen Nachweis zur Beherrschung von Störfällen. Dieser Rapport müsse für die Öffentlichkeit verfasst sein, denn das Ziel sei es, dass Betroffene und gegebenenfalls ein Gericht sich ein Bild über die Betriebsrisiken und die Schutzmassnahmen eines AKW machen könnten. Ein solcher Bericht sei noch im Betriebsbewilligungsverfahren 1992 öffentlich aufgelegt worden.

 Die Beschwerdeführer stören sich zudem daran, dass Ensi und BKW die Geheimhaltung der meisten Akten mit dem Sabotageschutz begründeten. Damit würden den Beschwerdeführern und den von ihnen beauftragten Experten unausgesprochen Sabotageabsichten unterstellt. Das laufende Verfahren dreht sich um die unbefristete Betriebsbewilligung, die das AKW Mühleberg am 17. Dezember 2009 vom Bund erhalten hat. Gegen diesen Entscheid des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) erhoben die Mühleberg-Gegner Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. (sda)

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BZ 12.10.10

AKW Mühleberg

 Gegner wollen Akten einsehen

 Die Gegner des AKW Mühleberg beharren auf ihrer Position. Sie verlangen, alle Originalakten sehen zu dürfen.

 Die Gegner des unbefristeten Weiterbetriebs des AKW Mühleberg werfen dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) und dem Mühleberg-Betreiber BKW vor, Akten gesetzeswidrig zurückzuhalten. Die Beschwerdeführer möchten die geheimen Dokumente einsehen, um ihre seit Jahren erhobenen Sicherheitseinwendungen endlich beweisen zu können, wie es in einem Communiqué von gestern heisst.

 Einige elementare Dokumente würden den Beschwerdeführern "in klarer Verletzung des Kernenergiegesetzes" vorenthalten, kritisieren die Beschwerdeführer. Das krasseste Beispiel sei der Sicherheitsbericht mit dem rechnerischen Nachweis zur Beherrschung von Störfällen wie Rohrbruch oder Erdbeben.

 Dieser Rapport müsse für die Öffentlichkeit verfasst sein, denn das Ziel sei es, dass Betroffene und gegebenenfalls ein Gericht sich ein Bild über die Betriebsrisiken und die Schutzmassnahmen eines AKW machen könnten.

 Grünes Licht vom Bund

 Die Beschwerdeführer stören sich im Weiteren daran, dass das Ensi und die BKW die Geheimhaltung der meisten Akten mit dem Sabotageschutz begründen. Dabei könnten die Akten nur von den Beschwerdeführern und den von ihnen beauftragten Experten eingesehen werden. Diesen Menschen würden somit unausgesprochen Sabotageabsichten unterstellt.

 Das laufende Verfahren dreht sich um die unbefristete Betriebsbewilligung, die das AKW Mühleberg am 17. Dezember 2009 vom Bund erhalten hat. Gegen diesen Entscheid des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) wehrten sich die Mühleberg-Gegner mit einer Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht.

 Die BKW hat bislang nie genau gesagt, bis wann sie das AKW weiterbetreiben möchte. Allgemein geht man davon aus, dass sie das AKW erst im Zeitraum von 2020 bis 2025 vom Netz nehmen will.
 sda/sny

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20 Minuten 12.10.10

Werden AKW-Mängel geheim gehalten?

 BERN. Die Gegner des Atomkraftwerks Mühleberg bestehen darauf, Einsicht in die Sicherheitsakten der Anlage zu erhalten. Dass das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) und die BKW die Akten zurückhielten, sei gesetzeswidrig. Die Gegner wollen mit einer Eingabe am Bundesgericht erreichen, dass sie im Rahmen des laufenden Beschwerdeverfahrens gegen eine unbefristete Betriebsbewilligung alle Originalakten einsehen dürfen. Beim ENSI und der BKW sieht man hingegen gute Gründe für eine Geheimhaltung: Diese diene dem Sabotageschutz. "Die Akten wären lediglich von uns beauftragten Experten einsehbar", kontert Gegner Jürg Aerni. "Folglich unterstellen uns das ENSI und die BKW hier indirekt Sabotageabsichten." Aerni befürchtet, dass es nur darum gehe, Sicherheitsmängel zu verschweigen.  NJ

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Blick am Abend 11.10.10

"Wir wollen Akteneinsicht"

 AKW

 Die Mühleberg-Gegner beschweren sich, dass ihnen Dokumente vorenthalten werden.

 Vor knapp einem Jahr hat das Atomkraftwerk Mühleberg vom Bund die unbefristete Betriebsbewilligung erhalten. Die Mühleberg-Gegner kritisieren nun, dass sie keine Einsicht in die Sicherheitsakten des Atomkraftwerks erhalten. "Alle Mühleberg-Originalakten gehören zum laufenden Bewilligungsund Beschwerdeverfahren", schreiben die Gegner in einer Eingabe ans Bundesverwaltungsgericht.

 Sie werfen dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat und den Mühleberg-Betreibern BKW vor, Akten gesetzeswidrig zurückzuhalten. Die Beschwerdeführer möchten die geheimen Dokumente einsehen, um ihre seit Jahren erhobenen Sicherheitseinwendungen endlich beweisen zu können.

 Einige elementare Dokumente würden den Beschwerdeführern "in klarer Verletzung des Kernenergiegesetzes" vorenthalten, kritisieren die Gegner. Krassestes Beispiel sei der Sicherheitsbericht mit dem Nachweis zur Beherrschung von Störfällen wie Rohrbruch oder Erdbeben. SDA/ehi

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Basler Zeitung 11.10.10

Olkiluoto wird zum Testfall für die Schweizer Atomenergie

 Auf einer finnischen Insel soll 2013 das erste AKW neuster Generation ans Netz gehen

 Susanna Petrin, Olkiluoto

 Die Blicke von Atomenergie-Befürwortern wie Gegnern aus ganz Europa richten sich zurzeit auf ein riesiges Bauprojekt in Finnland: Dort wird der leistungsstärkste Atommeiler der Welt hochgezogen. Die BaZ wurde vom Nuklearforum, der Atomlobby, zur Besichtigung eingeladen.

 Er sieht aus wie ein Mausoleum. Und er ist, mit seiner 70 Meter hohen Kuppel, grösser als den Tadsch Mahal: Der Atomreaktor Olkiluoto 3 (OL 3), der dritte Meiler auf der gleichnamigen Insel vor der Westküste Finnlands, wird ein Werk der Superlative. Erster Druckwasserreaktor Europas, stärkster Meiler der Welt, Erzeuger von 1600 Megawatt Nettoleistung, gut doppelt so viel wie heute üblich. 2013 soll der Superreaktor ans Netz gehen – falls die finnische Behörde für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz (Stuk) die Inbetriebnahme bewilligt.

 Falls. Das Monument bewegt so manche zum Beten. Mehr als 3000 Mängel sollen schon protokolliert worden sein, mehrere Baustopps führen zu einer Verzögerung von vier Jahren, die Kosten explodieren. Die französische Herstellerfirma Areva hat der finnischen Betreiberfirma (TVO) den EPR (European Pressurized Water Reactor) in einem Vertrag zu einem Fixpreis von 2,5 Milliarden Euro verkauft. Das war 2003. Mittlerweile sollen die Kosten gut doppelt so hoch liegen; die Schätzungen variieren. Auf Nachfrage vor Ort halten sich Vertreter beider Firmen bedeckt: "Geschäftsgeheimnis".

 Normal oder Schlampig?

Bei einer Fragerunde mit Journalisten wird deutlich, dass zwischen den Franzosen und den Finnen dicke Luft herrscht. Darüber, wer Schuld an den Verzögerungen und Mehrkosten trägt und folglich draufzahlen muss, streiten sich Areva und TVO seit Monaten vor einem Schiedsgericht. Areva-Pressesprecher Christian Wilson beschwichtigt: "Den Eindruck von dicker Luft kann ich nicht teilen." Die Zahl der erkannten "Abweichungen in der Fertigung und Errichtung" sei normal für ein Projekt dieser enormen Grösse.

 "Atom-Schlamperei" titelte dagegen das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", "Pfusch am Sklavenreaktor" die WOZ. Derweil sprechen die Atomkraft-Befürworter von "Lehrgeld", das man bezahlen müsse. Das Wissen darüber, wie man ein AKW baut, sei verloren gegangen. Schliesslich sei in Europa seit der Katastrophe von Tschernobyl anno 1986 kein neues AKW mehr erstellt worden, heisst es auch in vielen Medienberichten. Nicht erwähnt wird ein im März dieses Jahres ans Netz gegangenes russisches AKW. Zudem nahmen Rumänien und Frankreich in jüngerer Zeit Reaktoren in Betrieb.

 Trotzdem lautet der Tenor, dass man sich das Know-how wieder aneignen müsse. Dies koste bei einem Erstling der dritten Generation Zeit und Geld, doch das Resultat werde sich sehen lassen, ist etwa Jörg Starflinger überzeugt, Gruppenleiter Kraftwerkstechnik am Karlsruher Institut für Technologie. Starflinger ist als Experte mit von der Partie, als das Nuklearforum Journalisten auf der Insel herumführt. Unabhängig ist er aber nicht, sein Institut wird von Areva mitfinanziert. "Die neue dritte AKW-Generation ist noch sicherer als die zweite", sagt Starflinger. Unter anderem dank Neuheiten wie einer doppelten Betonschale, die vor Flugzeugabstürzen schützt, sowie einem Core Catcher; eine Vorrichtung, die schmelzendes Kernmaterial im Reaktor auffängt.

 Weitere AKW werden geplant

Auf der OL 3 Baustelle laufen Hunderte von Arbeitern aus aller Welt hin und her – insgesamt sind über 4000 Personen mit dem Projekt beschäftigt. Auf einem anderen Teil der Insel testen derweil zwei Männer den Boden. Hier soll Olkiluoto 4 (OL 4) dereinst zu stehen kommen. Das finnische Parlament hat dem Projekt im Juli zugestimmt, genauso wie noch einem weiteren AKW andernorts. Die Finnen und ihre Industrie brauchen viel Strom, rund doppelt so viel wie die Deutschen.

 "Wir benötigen auch in Zukunft AKW neben alternativen Energien", sagt Starflinger, denn: "Der Wind weht nicht immer, die Sonne scheint nicht immer." Und wie um ihm Recht zu geben, steht an diesem sonnigen Herbsttag das Windrad neben den laufenden Reaktoren OL 1 und 2 still.

 Doch während im Besucherzentrum bereits farbige Broschüren zu OL 4 aufliegen, hoffen Umwelt- und Anti-Atomkraft-Organisationen wie Greenpeace, nicht einmal OL 3 möge je ans Netz gehen. "Dieser neue AKW-Typ ist gefährlich, er ist sogar weniger sicher als die heutige Generation", sagt Jean-Yvon Landrac, ein französischer Physiker und Mitglied der Organisation "Sortir du Nucléaire". Von den vielen Problemen, wie sie auch beim Bau eines EPR im französischen Flammanville auftreten, hält Landrac eines für besonders gravierend: "Das Sicherheitssystem ist nicht vom Betriebssystem getrennt. Das ist so gefährlich, wie wenn in einem Auto die Bremse an die Heizung gekoppelt würde." Der Physiker bezweifelt, dass diese und andere Schwierigkeiten zufriedenstellend gelöst werden, denn: "Der Zeit- und Kostendruck ist enorm, unter solchen Bedingungen ist ein Unglück programmiert."

 Behörde entwarnt

"Der Zeitplan ist für uns sekundär, an allererster Stelle steht die Sicherheit", sagt dagegen Keijo Valtonen, Assistant Director bei der Sicherheitsbehörde Stuk. Stuk poche auf eine Trennung der beiden Systeme. Areva werde aufzeigen, wie sich diese Anforderung bewerkstelligen lasse. Er zweifle nicht daran, dass sämtliche Probleme lösbar seien, sagt Valtonen.

 Darauf hofft auch die Schweizer Atomlobby. Die Stromfirmen Axpo, BKW und Alpiq haben je ein Rahmenbewilligungsgesuch für ein neues AKW eingereicht; der EPR fungiert unter den infrage kommenden Modellen. Gelingen oder Nichtgelingen des finnischen Erstwerks wird auch die Chance für neue hiesige AKW stärken – oder schwächen.

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Die Finnen wollen das erste Endlager

 Auf Olkiluoto sollen schon ab 2020 hochradioaktive Abfälle im Boden versenkt werden

Susanna Petrin, Olkiluoto

 Bis zu einer Million Jahre muss Atommüll von der Zivilisation ferngehalten werden – fünfmal länger, als es den Homo sapiens gibt. Auf der Insel Olkiluoto soll das erste Endlager Europas stehen.

 Die Insel Olkiluoto ist eine richtige Atominsel. Auf ihren 15 Quadratkilometern Fläche stehen zwei AKW, ein drittes ist in Bau (vgl. Text oben), ein viertes geplant. Zudem gibt es ein Tiefenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus AKW, Medizin, Forschung und Industrie.

 In 520 Meter Tiefe

Ausgediente radioaktive Brennelemente liegen derzeit im Wasserbecken eines Zwischenlagers. Sobald diese ihre Umgebung nach 40 bis 60 Jahren nicht mehr über Mass aufheizen, könnten sie an einem sichereren Ort aufbewahrt werden. Doch ein solches Endlager ist noch nirgends auf der Welt in Betrieb.

 Die Finnen wollen nun die Ersten sein. Ebenfalls auf Olkiluoto werden derzeit Schächte gegraben. Bis in 520 Meter Tiefe will man vordringen, ab 2020 soll der strahlende Müll hier in Bohrlöchern im Boden des Lagerstollens bis zu einer Million Jahre eingeschlossen werden. Zuvor wird er laut Plan in Stahl-Kupfer-Behältern verpackt. Zwischen Bohrloch und Behälter kommt wasserdichter Bentonit.

 Die grösste Herausforderung ist hier dieselbe wie bei jedem Endlagerprojekt: Es darf über all die Jahrtausende hinweg kein Wasser zu den Abfällen gelangen. Weder die Schweizer Nagra – die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle – noch die finnische Endlagergesellschaft zweifeln daran, dass dies gelingen wird. Tests zeigten, dass der endgelagerte Atommüll den Menschen nicht einmal dann gefährlich werden könnte, wenn die Erde bebt oder wenn eine Eiszeit den Kontinent überziehen sollte.

 Kritiker wie der französische Physiker und Anti-Atom-Aktivist Jean-Yvon Landrac glauben diesen Behauptungen nicht: "Es ist verrückt, ein Endlager auf einer Insel tief unter dem Meeresspiegel zu bauen." Ausserdem eigne sich das dortige Wirtsgestein nicht: Granit sei brüchig. Wasser werde eintreten, die Kupferfässer werden rosten, warnt Landrac.

 Alles im Griff

In der Schweiz soll der in Stahlbehältern verpackte hochradioaktive Müll in Opalinuston tiefgelagert werden – mehrere Standorte sind im Gespräch, derzeit läuft das Mitwirkungsverfahren. "Das Problem der Tiefenlagerung ist grundsätzlich technisch gelöst", sagt Nagra-Geschäftsleitungsmitglied Markus Fritschi. Im Untergrund scheine die Zeit stillzustehen. "Die Geologie kann einen Einschluss auf Hunderttausende von Jahren gewährleisten", ist Fritschi überzeugt.