MEDIENSPIEGEL 14.10.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS, Tojo)
- K.-o.-Tropfen: Kampagne
- Drogenanlaufstelle: Regendach
- Anti-SVP-Tag: Leserbriefe
- Anti-Rassismus: Demo Langenthal; Rentyhorn
- Pnos: Fotos weg
- RaBe-Info 14.10.10
- Big Brothe Video: Echtzeitüberwachung legal
- Big Brother Sport: Hooligan-Konkordat legal
- Knastbriefe: ABC in ZH; Skander Vogt; Camenisch; Billy
- Ausschaffungen: SVP-Hetze; GPK zu Fall GR
- A.C.A.B.: Guter Bulle, böse Kleider
- Punk. Fear of God
- Homohass: Inti zu Gay Pride Belgrad
- Anti-Atom: Mühleberg; Nachwuchs-Sorgen

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REITSCHULE
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Mi 13.10.10
19.00 Uhr - SousLePont - Herbst Spezialitäten

Do 14.10.10
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter mit DJ Xylophee, DJ Dunch, DJ FRATZ, Bruno, Isabelle, Mike, Nadja & DJ ELfERich
20.30 Uhr - Kino - "MUSLIM/A" - Der Weg nach Mekka. Die Reise des Muhammad Assad | Georg Misch, Doku, Österreich 2008

Fr 15.10.10
21.00 Uhr - Kino - "MUSLIM/A" - Der Weg nach Mekka. Die Reise des Muhammad Assad | Georg Misch, Doku, A 2008
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild East: DJ YURIY GURZHY & SHLJIVA ORCHESTRA (SER/D). " gypsy, balkan, russendisko

Sa 16.10.10
17.00 Uhr - öffentliche Führung durch die Reitschule - Treffpunkt beim Grossen Tor
21.00 Uhr - Kino - "WILLKOMMEN IM PARADIES" & "MUSLIM/A" - La guerre est finie | Mitko Panov, CH 2009
23.00 Uhr - Dachstock - Elektrostubete & Dachstock present: CHANNEL X (D) live, DJ's RAMON TAPIA (B), RINO (ZH), AUDIOBALSAM (BE), 2ND Floor & After: ANDRI (ZH) & MASTRA (BE) live, DJ's Jay Sanders, Little Lu, Jon Donson, Nino Zolo, Brian Python, Stubete Allstars, VJ's Mag & Dario. " techno, minimal, house

So 17.10.10
20.30 Uhr - Kino - "WILLKOMMEN IM PARADIES" & "MUSLIM/A" - La guerre est finie | Mitko Panov, CH 2009

Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch

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Bund 14.10.10

Black Milk

 Die ewige Entdeckung

 Neben Eminem hat Detroit keine welterobernde Hip-Hop-Söhne hervorgebracht. Auch wenn der heute 27-jährige Black Milk stets als der meistversprechende Rapper und Produzent der Motorenstadt gehandelt wurde, blieb dem Mann mit der Moll-Stimme der grosse Durchbruch verwehrt. Immerhin haben jüngst Leute wie Pharoahe Monch oder G-Unit-Star Lloyd Banks auf seine Produktionskunst zurückgriffen. Eine Entdeckung. Immer noch. (ane)

 Dachstock Reitschule So, 17. Okt., 20.30 Uhr.

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BZ 14.10.10

Toptipps

 Vom Abschied

 Zwei Tänzerinnen testen 20 Jahre nach ihrer Profikarriere, was ihr Körper noch leisten kann. Parallel dazu erzählt ein Popmusiker in einem Hotelzimmer von seinem Abschied. Die Tanz-Theater-Gruppe Kumpane präsentiert im Tojo-Theater in der Berner Reitschule ihr neues Stück "du bleibst wenn du gehst" - eine lustig-melancholische Produktion. pd

 Aufführungen: 20., 22., 23. 10., jeweils um 20.30 Uhr, Tojo-Theater, Reitschule, Bern.

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K.0.-TROPFEN
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20 Minuten 14.10.10

K.-o.-Tropfen: Experten warnen Berner Frauen

 BERN. Grosser Event gegen K.-o.-Tropfen: Experten warnen in Bern an einer öffentlichen Veranstaltung vor den Gefahren der verhängnisvollen Droge.

 Den Drink kurz aus den Augen lassen und schon ist man potenzielles Opfer eines Verbrechens: Die K.-o.-Tropfen-Problematik macht auch vor dem Kanton Bern nicht Halt. "Es gehen immer wieder Anzeigen ein", so Roland Keller von der Regionalfahndung Bern. Am 25. November klären deshalb Experten an einem öffentlichen Anlass in der Uniklinik für Frauenheilkunde über die betäubende Partydroge auf.

 "Die bekannteste Substanz ist GHB", weiss Cornelia Englmann, Assistenzärztin im Inselspital. "Sie kann zu starker Übelkeit, Erinnerungslücken oder Bewusstlosigkeit führen." Die 20-jährige Anja S.* wurde kürzlich selbst Opfer der verhängnisvollen Tropfen: "Ich erwachte mitten in der Nacht halbnackt in einem Park - mit totalem Filmriss." Genau dies ist problematisch: "Blackouts machen die Täterermittlung sehr schwierig", so Wolfgang Weinmann vom Institut für Rechtsmedizin Bern. Zudem können die Substanzen im Blut nur während acht Stunden nachgewiesen werden. Einziger Schutz: "Im Ausgang keine fremden Getränke annehmen oder die eigenen unbeaufsichtigt stehen lassen", so Englmann.

 Bigna Silberschmidt

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DROGENANLAUFSTELLE
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Bund 14.10.10

Anlaufstelle lässt Fixer nicht im Regen stehen

 Der Innenhof der Drogenanlaufstelle an der Hodler-strasse soll überdacht werden. Der Andrang ist so gross, dass Abhängige sich im Hof aufhalten müssen.

 Bernhard Ott

 Die Räumlichkeiten der Drogenanlaufstelle bieten Platz für gut 70 Abhängige. Ist der Andrang grösser, müssen sich die Leute im Innenhof aufhalten. "Dieses Jahr hatten wir punktuell über 100 Personen gleichzeitig", sagt Ines Bürge, Leiterin der Anlaufstelle. Damit diese Leute nicht in Schnee und Regen ausharren müssten, habe man längere Zeit ein Festzelt gemietet. Nun soll ein definitiver Wetterschutz eingerichtet werden, wie aus einer Baupublikation hervorgeht. Geplant ist ein 52 Quadratmeter grosser Unterstand aus Holz mit einem Blechdach. Bereits im Frühjahr hatten die federführenden Stadtbauten (Stabe) ein Baugesuch für eine Segelkonstruktion eingereicht. Nach Angaben von Stabe-Projektleiter Hanspeter Gugger ist für den Unterstand ein Budget von 37 000 Franken vorgesehen.

 Pläne für Zeltdach gescheitert

 Bei der Feinplanung haben die Verantwortlichen den Bau einer Segelkonstruktion aber wieder verworfen. Die Verankerung der Konstruktion war zum Teil an der Fassade der Anlaufstelle vorgesehen. Dies hätte das Gebäude aber derart starken Kräften ausgesetzt, dass eine Verstärkung der Fassade notwendig geworden wäre. "Allein für die Verstärkung mussten wir mit Kosten von 20 000 bis 30 000 Franken rechnen", sagt Gugger. Als Alternative habe man daher den Holzunterstand ins Auge gefasst, der "wie ein grosser Autounterstand" sei. Damit könne das Budget eingehalten werden. Laut Gugger hat die Zeltfirma eingeräumt, dass bei der Segelkonstruktion die Querkräfte auf die Fassade unterschätzt worden seien. Die Stabe haben aber darauf verzichtet, die Firma rechtlich belangen zu wollen. "Das wäre auch eine Zeitfrage gewesen. Der Witterungsschutz soll die Abhängigen ja bereits diesen Winter vor Schnee und Regen schützen", sagt Gugger.

 Der Andrang Abhängiger hält an

 In Innenhof und Anlaufstelle werden nicht mehr als 120 Personen eingelassen. Einen derart grossen Andrang hat es in diesem Jahr aber noch nicht gegeben, sagt Leiterin Ines Bürge. Dies sei nicht zuletzt auf die Zulassungsbeschränkungen für Abhängige aus dem Oberland zurückzuführen, aufgrund derer die Angebote in Thun ausgebaut worden seien. Laut Bürge ist der Andrang aber nach wie vor gross. Der ab November gültige Zulassungsstopp für jugendliche Abhängige unter 18 Jahren werde daran auch nicht viel ändern. "Wir haben jährlich bloss zwei, drei Personen, die jünger als 18 Jahre alt sind", sagt Bürge.

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ANTI-SVP-TAG
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BZ 14.10.10

Leserbrief

 Bern steht zu Chaoten

 Ausgabe vom 8. 10. 2010

 "Dieses Verhalten ist dumm"

 Die Aufregung über die jüngsten Protestaktionen von Linksaktivisten und Übergriffen gegen die Polizei sowie die unrühmliche Haltung der Reitschule zu diesen Chaoten erstaunt doch ein wenig. Obschon: Wer hat denn allen Ernstes geglaubt, die Ruhe vor der Reitschule-Abstimmung sei nicht abstimmungstechnisch motiviert gewesen?

 Wer hat denn allen Ernstes geglaubt, solche Ausschreitungen gehörten der Vergangenheit an? Die Abstimmung vom 26. September über die Schliessung der Reitschule zeigt aber deutlich, dass die Mehrheit der Stadtbevölkerung hinter solchen Schlägerbanden steht und diese sogar der Kultur zuordnen. Und das muss halt wohl die Minderheit der Bevölkerung akzeptieren - oder auswandern.

 Gerhard Huber Herrenschwanden

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BZ 14.10.10

Alles ohne Bewilligung

 Ausgabe vom 8. Oktober

 "Dieses Verhalten ist dumm"

 Genau so macht sich die Polizei nicht bloss unglaubwürdig, sondern sogar lächerlich. Sie konnte bei der Antifa-Demo keine Schuldigen ermitteln. In der Stadt Bern braucht jeder Normalbürger eine Erlaubnis zum Verkauf von Alkohol, Schiessen mit Gotcha-Waffen auf öffentlichem Grund, Anbringen von Plakaten und so weiter. Die Antifa durfte das alles ohne Bewilligung und sogar unter Beobachtung der Polizei. Nun sagt doch Dieter Schärer, stellvertretender Chef der Regionalpolizei der Kapo, es wäre nicht verhältnismässig gewesen, die Demo aufzulösen.

 Da bin ich ganz anderer Meinung. Mindestens hätte man die Personalien derer ermitteln müssen, die diese strafbaren Handlungen gemacht haben. Das Image wird auch hier nicht vom Gros der Polizei, sondern von einigen überforderten Chefs noch mehr kaputt gemacht.Walter Krebs Bern

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ANTIRASSISMUS
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Indymedia 14.10.10
http://ch.indymedia.org/de/2010/10/78090.shtml

30.10. - Langenthal: Den rassistischen Konsens durchbrechen!

AutorIn : Bündnis Kein ruhiges Hinterland

DEN RASSISTISCHEN KONSENS DURCHBRECHEN!

DEMO, Samstag, 30.10.10
14.30 Uhr Bahnhofplatz Langenthal
(Bewilligungsgesuch wird eingereicht)

Bündnis KEIN RUHIGES HINTERLAND

Weitere Infos folgen...

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Langenthaler Tagblatt 14.10.10

Demonstration Aufruf der extremen Linken

 Auf der Webseite "switzerland.indymedia.org" rufen verschiedene linksextreme Gruppierungen zu einer Demonstration gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausgrenzung auf. Die Demonstration soll am Samstag, 30. Oktober in Langenthal durchgeführt werden und ist als Antwort auf die Demonstration der PNOS gegen Minarette vom vergangenen Samstag gedacht. Damals verzichtete die linken Gruppierungen kurzfristig auf eine Gegendemo und kündeten diese für später an. Nun ist das Datum klar. (uby)

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WoZ 14.10.10

Buchpräsentation

 Rentyhorn

 Nachdem die haitianisch-schweizerisch-finnische Künstlerin Sasha Huber unlängst in Helsinki ausgestellt hat, tritt sie nun im gleichnamigen Zürcher Klub auf: Im Helsinki präsentiert sie ihr Buch mit Fotos und Texten rund um das "Rentyhorn". Es basiert auf einer am 28. Mai 2007 vom His toriker Hans Fässler eingereichten Petition, die vorschlug, dem Schweizer Naturforscher, Glaziologen, Rassisten und Apartheidvordenker Louis Agassiz (1807-1873) den nach ihm benannten Berg, das 3935 Meter über Meer an der Kantonsgrenze Wallis-Bern liegende Agassizhorn wegzunehmen ("de-monter") und dafür einem Nebenhorn den Namen Rentyhorn zu geben. Renty war ein Sklave aus dem Kongo, den Agassiz auf einer Plantage in South Carolina fotografieren liess, um "wissenschaftlich" die Minderwertigkeit der "schwarzen Rasse" nachzuweisen.

 Im Juli dieses Jahres hat Fässler von den Gemeinden Fieschertal, Grindelwald und Guttannen Bescheid erhalten: "Louis Agassiz war ein grosser Geologe und Zoologe, wofür er durchaus Anerkennung finden darf. Andererseits vertrat er rassistische Ansichten, welche die Gemeinderäte Fieschertal, Grindelwald und Guttannen klar verurteilten. Auf die Umbenen­nung des Agassizhorn und die Benennung eines namenlosen Nebenhorns in Rentyhorn wird klar verzichtet, da die Namensgebung nach Personennamen nicht sinnvoll ist, wie der vorliegende Fall zeigt", schreiben die zuständigen Gemeinderäte. adr

 Sasha Hubers Rentyhorn-Buch in: Zürich Helsinki, Do, 21. Oktober, 19 Uhr. http://www.sashahuber.com / http://www.louverture.ch / http://www.helsinki.ch

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PNOS
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BZ 14.10.10

Langenthal

 Pnos kriegt nun doch kalte Füsse

 Die Partei national orientierter Schweizer (Pnos) krebst zurück: Im Nachgang zur Anti-Minarett-Demo vom Samstag in Langenthal zeigte die rechtsextreme Partei auf ihrer Webseite Porträtbilder von angeblichen linken Gegendemonstranten (vgl. Ausgabe von gestern). Mittlerweile sind die Personen aber mit einem Augenbalken unkenntlich gemacht worden. Der Roggwiler Demo-Organisator und Pnos-Vorsitzende Dominic Lüthard hatte gestern der BZ gesagt: Die Bilder seien eine "Vorsorgeaktion für die Zukunft". Man wolle den Linken zeigen, dass sie sich "nicht wohlfühlen können".

 Bei der Antifa, die ihre Gegendemo in Langenthal kurzfristig abgesagt hatte, hiess es dazu allerdings: Bei den Personen handle es sich wohl um Schaulustige.
 baz

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RABE-INFO
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Do. 14. Oktober 2010

- "Frauenkörper als Schlachtfeld": Internationale Aktionen gegen die systematische Vergewaltigung von Frauen als Kriegsmittel
- Internationaler Tag der Delphine: Tierschützer protestieren vor Japanischen Botschaften
- Hochmut - Neid - Zorn - Trägheit - Geiz - Völlerei und Wollust: Die sieben Todsünden kommen nach Bern

Links:
http://www.marchemondiale.ch
http://www.oceancare.org
http://www.paulkleezentrum.ch/ww/de/pub/web_root/pro/wechselausstellungen/lust_und_laster__die_7_tods_nd.cfm
http://www.kunstmuseumbern.ch/index.cfm

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BIG BROTHER VIDEO
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Bund 14.10.10

Bundesgericht erlaubt Video-Überwachung in Echtzeit

 SP und Grüne unterliegen mit ihrer Beschwerde gegen die bernische Videoverordnung vor Bundesgericht.

 Stefan Wyler

 Beim Thema Videoüberwachung im öffentlichen Raum war der Streit eskaliert: Sozialdemokraten und Grüne hatten laut über den Berner Regierungsrat und insbesondere Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (FDP) geschimpft: "Hinter dem Rücken des Grossen Rats" habe dieser in einer Verordnung die Echtzeitüberwachung eingeführt. Eine solche Liveüberwachung aber, so erklärten sie, finde im Polizeigesetz gar keine Grundlage, dieses erlaube nur Aufzeichnungen für eine spätere Auswertung im Fall von Straftaten. Die SP Kanton Bern und die kantonalen Grünen waren wegen der umstrittenen Videoverordnung auch ans Bundesgericht gelangt. Ihre Beschwerde aber haben die Richter in Lausanne gestern nun mit drei gegen zwei Stimmen abgewiesen. Die umstrittene Echtzeitüberwachung finde im Berner Polizeigesetz durchaus eine klare Gesetzesgrundlage, befand die Gerichtsmehrheit.

 Er sei "erleichtert" und "erfreut", dass das Bundesgericht die Videoverordnung als gesetzeskonform taxiert habe, sagte gestern Polizeidirektor Käser auf Anfrage. Er habe immer redlich politisiert, und er sei immer überzeugt gewesen, dass die Echtzeitüberwachung durch das Gesetz gedeckt sei. Der Präsident der Berner Grünen, Blaise Kropf, konnte dagegen eine "gewisse Enttäuschung" nicht verhehlen. Das mit knappem Mehr gefällte Urteil, sagte er, zeige aber doch, dass bei einer heiklen Materie wie der Videoüberwachung, wo es um Persönlichkeitsrechte gehe, bei der Gesetzgebung "grösstmögliche Präzision" nötig sei. - Seite 21

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"Es geht hier nicht um Big Brother"

 Das Bundesgericht sieht im Berner Polizeigesetz eine genügende Gesetzesgrundlage für die umstrittene Videoüberwachung in Echtzeit. Es weist die Beschwerde von SP und Grünen mit 3 gegen 2 Stimmen ab.

 Stefan Wyler

 Als der Grosse Rat im Herbst 2008 im Polizeigesetz die Videoüberwachung an öffentlichen Orten ermöglichte, da herrschte eitel Minne - selbst Linke und Grüne lobten die massvolle Vorlage, und alle betonten, man wolle keinen Big-Brother-Staat schaffen. Als der Regierungsrat dann aber im April 2009 die Videoverordnung präsentierte, kam es zum grossen Krach. "Durch die Hintertür" und gegen den Willen des Parlaments, so klagten jetzt SP und Grüne, habe die Regierung die Videoüberwachung in Echtzeit eingeführt. Das Polizeigesetz erlaube aber keine konstante Liveüberwachung des öffentlichen Raums, sondern lediglich eine nachträgliche Auswertung von Videoaufnahmen zur Aufklärung von Straftaten.

 Wegen des Wirbels verzichtete die Regierung vorerst darauf, die umstrittene Verordnungsbestimmung sofort in Kraft zu setzen - und der Grosse Rat überwies in der Folge mit grossem Mehr (und auch mit vielen Stimmen aus SP und Grünen) eine FDP-Motion, die sich für die Echtzeitüberwachung aussprach. Darauf setzte die Regierung die Verordnung in Kraft.

 Die Linke geht ans Bundesgericht

 Damit aber war die Sache noch nicht gegessen, denn SP und Grüne hatten bereits zuvor gegen die umstrittene Verordnung Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht. Die Regierung, so klagten sie, habe mit der Einführung der Echtzeitüberwachung ohne genügende gesetzliche Grundlage ins Grundrecht der persönlichen Freiheit eingegriffen und die Gewaltenteilung verletzt. Und so befasste sich gestern in einer öffentlichen Sitzung die erste öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts mit der bernischen Videogesetzgebung - und war sich nicht einig. Die Frage war: Findet die Einführung der Echtzeitüberwachung in Artikel 51 a des Berner Polizeigesetzes eine genügen de gesetzliche Grundlage? Zwei Bundesrichter sagten Nein - und sie setzten stark auf die historische Auslegung des umstrittenen Artikels, der ihnen in seinem Wortlaut nicht eindeutig erschien.

 Was die Grossräte einst sagten

 In der Grossratsdebatte zum Polizeigesetz sei die Einführung der Echtzeitüberwachung kein Thema gewesen, sagte Bundesrichter Jean Fonjallaz, und er zitierte ausführlich aus dem Ratsprotokoll: So sagte damals der BDP-Mann Ueli Spring: "Es ist definitiv keine aktive Überwachung, das heisst, es sitzt niemand hinter irgendeiner Kamera und überwacht die Situation eins zu eins." FPS-Grossrat Jürg Scherrer beklagte, dass keine Echtzeitüberwachung eingeführt werde, worauf der Präsident der vorberatenden Kommission, Markus Meyer (SP), erwiderte, man spreche eben "ausdrücklich von Bildaufzeichnung": Es laufe eine Kamera, und wenn irgendetwas passiere, habe man die Möglichkeit, die von der Kamera aufgezeichneten Bilder auswerten zu lassen. "Es geht hier nicht um den Big Brother, genau das wollen wir nicht". Niemand widersprach.

 Aus den Protokollen ergebe sich klar, so folgerte Bundesrichter Fonjallaz, dass der Grosse Rat keine Echtzeitüberwachung habe einführen wollen. Und an diesem historischen Willen des Gesetzgebers könne auch die spätere Grossratsdebatte zur FDP-Motion nichts ändern. Der Grosse Rat könne nicht durch eine spätere Interpretation ein Gesetz korrigieren. So nehme er den Gegnern die Referendumsmöglichkeit. Fonjallaz und ein Richterkollege sahen darum die Gewaltenteilung verletzt.

 Keine Angst vor Big Brother

 Anders jedoch sah dies die Bundesgerichtsmehrheit. Zuallererst, so befanden die drei Richter, müsse man ein Gesetz nach seinem Wortlaut auslegen. Und der Wortlaut sei klar. Das Gesetz erlaube Geräte zur Bildaufzeichnung und Bildübermittlung. "Was hat das denn für einen Sinn, die Bildübermittlung zu erlauben, wenn am anderen Ende niemand sitzen und die Bilder sichten darf?", fragte Bundesrichter Heinz Aemisegger. Und Bundesrichter Niccolò Raselli erklärte, es könne doch nicht sein, dass der schwerwiegendere Eingriff in die Persönlichkeitsrechte (die Aufzeichnung und Aufbewahrung der Videobilder) vom Gesetz gedeckt sei, nicht aber der weniger schwere Eingriff (die blosse Übermittlung). Befürchtungen bezüglich Big Brother fand die Gerichtsmehrheit ausserdem unbegründet. Nur unter streng definierten Voraussetzungen und an exponierten Orten werde im bernischen Recht die Videoüberwachung erlaubt.

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BZ 14.10.10

Bürger dürfen überwacht werden

 Die vom Berner Regierungsrat erlaubte Live-Videoüberwachung an deliktexponierten Orten stellt laut Bundesgericht kein Problem dar. Die Richter haben die Beschwerde der Grünen und der SP des Kantons Bern abgewiesen.

 2008 hatte der Berner Grosse Rat das Polizeigesetz geändert. Gemeinden wurde das Recht eingeräumt, mit Zustimmung der Kantonspolizei an öffentlichen und frei zugänglichen Orten, wo Straftaten zu erwarten sind oder bereits begangen wurden, Geräte zur Bildaufzeichnung oder -übermittlung zu installieren.

 Gesichter nicht erkennbar

 Rund ein halbes Jahr später erlaubte der Regierungsrat in seiner Videoverordnung die Konsultation der übermittelten Bilder in Echtzeit. Die Gesichter von gezeigten Personen sind unkenntlich zu machen, ausser es wird eine kritische Situation erkennbar.

 Die SP Kanton Bern und die Grünen des Kantons Bern gelangten dagegen ans Bundesgericht. In ihrer Beschwerde argumentierten sie, dass der Grosse Rat bei der Änderung der Polizeiverordnung eine Live-Überwachung ausgeschlossen habe. Zugelassen worden sei einzig eine nachträgliche Auswertung der Bilder im Falle einer Straftat.

 Die I. Öffentlichrechtliche Abteilung des Bundesgerichts in Lausanne hat die Beschwerde an ihrer Sitzung von gestern nun abgewiesen. Eine Mehrheit von drei der fünf Richter kam zum Schluss, dass für die vom Regierungsrat eingeführte Echtzeit-Überwachung mit dem Polizeigesetz eine genügende gesetzliche Grundlage besteht. Dieses spreche von Aufzeichnungs- und Übermittlungsgeräten. Der Einsatz von Letzteren würde laut Gericht kaum Sinn machen, wenn am anderen Ende nicht jemand sitzen und die Bilder in Echtzeit sichten dürfte. Andernfalls würde die Überwachung nichts nützen. Im Übrigen gehe der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte betroffener Personen bei einer Echtzeitüberwachung weniger weit als bei der anerkannten Möglichkeit von Aufzeichnung, Aufbewahrung und gegebenenfalls Auswertung der gemachten Bilder. Schliesslich betonte das Bundesgericht, dass es bei der fraglichen Live-Sichtung nicht um den von den Beschwerdeführern befürchteten "Big Brother" gehe. Grüne und SP bedauerten gestern in einer ersten Stellungnahme den Entscheid. Die Beratung habe aber gezeigt, dass in heiklen Fragen wie der Videoüberwachung höchstmögliche Sorgfalt angewendet werden müsse.
 sda

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NZZ 14.10.10

Bundesgericht

Videoüberwachung auch in Echtzeit

 Gesetzmässige Berner Regelung

 fel. Lausanne · Der Regierungsrat des Kantons Bern durfte die polizeiliche Videoüberwachung gefährlicher Orte in Echtzeit auf dem Verordnungsweg regeln. Das Bundesgericht hat am Mittwoch eine dagegen gerichtete Beschwerde aus sozialdemokratischen und grünen Kreisen abgewiesen. Der Entscheid fiel nach kurzer öffentlicher Beratung mit drei gegen zwei Stimmen eher knapp. Nach Auffassung der Mehrheit in der I. Öffentlichrechtlichen Abteilung ist die fragliche Bestimmung in der regierungsrätlichen Video-Verordnung durch den neuen Art. 51a des Polizeigesetzes gedeckt. Danach dürfen die Gemeinden im Einverständnis mit der Kantonspolizei an gefährlichen Orten Geräte zur Aufzeichnung oder zur Übertragung von Bildern aufstellen. Die Übertragung von Videobildern aber macht für die Mehrheit im höchsten Gericht nur Sinn, wenn das Übertragene auch beobachtet werden darf. Die Minderheit dagegen war davon ausgegangen, dass die Wahrnehmung der Bilder in Echtzeit über deren Aufzeichnung oder Übertragung hinausgehe und daher einer gesonderten gesetzlichen Grundlage bedürfe.

 Urteil 1C_315/2010 vom 13. 10. 10 - Begründung ausstehend.

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BIG BROTHER SPORT
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NZZ 14.10.10

Gewahrsam ist EMRK-konform

Hooligan-Konkordat

 fel. Lausanne · Das interkantonale Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen ist laut einem Urteil des Bundesgerichts mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vereinbar. Das gilt auch für den im sogenannten Hooligan-Konkordat vorgesehenen Polizeigewahrsam. Der Entscheid fiel am Mittwoch in Lausanne nach mehrstündiger öffentlicher Urteilsberatung mit vier gegen eine Stimme relativ deutlich.

 Fast sämtliche der gegen das Konkordat erhobenen Einwände sind von den fünf urteilenden Richtern in der I. Öffentlichrechtlichen Abteilung einstimmig abgewiesen worden. Das gilt insbesondere für die Rüge, es seien die Versammlungsfreiheit oder der Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts verletzt worden. Auch die umstrittenen Massnahmen des Rayonverbots und der Meldeauflage sind von allen Richtern gutgeheissen worden.

 Einziger Streitpunkt war die Frage, ob der im Konkordat vorgesehene Polizeigewahrsam (Art. 8 und 9) sich mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Strassburg vereinbaren lässt oder nicht. Der Wortlaut der EMRK lässt eine solche Freiheitsentziehung "zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung" zu (Art. 5 Ziff. 1b). Eine solche gesetzliche Verpflichtung sieht das Bundesgericht in einem Rayonverbot. Wird ein solches missachtet, kann nach Auffassung der Mehrheit im Gericht der im Konkordat vorgesehene Polizeigewahrsam angeordnet werden, um die Respektierung des Verbots zu erzwingen. Der überstimmte Richter erachtete die Umschreibung des Polizeigewahrsams im Konkordat als zu large. Er hätte die Bestimmung aufheben wollen, um die Kantone so zu zwingen, sie durch eine konkret auf die Missachtung des Rayonverbots zugeschnittene Formulierung zu ersetzen.

 Urteil 1C_428/2009 - Begründung ausstehend.

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St. Galler Tagblatt 14.10.10

Bundesgericht winkt Hooligan-Konkordat durch

 Lausanne. Das Bundesgericht hat die im Hooligan-Konkordat vorgesehenen Massnahmen abgesegnet. Laut Gericht ist der vorsorgliche Polizeigewahrsam gegen unbelehrbare Gewalttäter mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar.

 Mehrere Beschwerden

 In dem auf 2010 in Kraft getretenen Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt bei Sportveranstaltungen sind als Mittel im Kampf gegen Hooligans Rayonverbote, Meldepflichten und Polizeigewahrsam vorgesehen. Zusätzlich wird der Polizei erlaubt, die Namen von Gewalttätern an Clubs und Stadionbetreiber weiterzuleiten. Gegen den Konkordatsbeitritt des Kantons Zürich gelangten mehrere Privatpersonen und Organisationen ans Bundesgericht. Es hat die Beschwerden nun abgewiesen.

 Umstritten war unter den Richtern in Lausanne einzig die Anordnung des Polizeigewahrsams. Eine Mehrheit von vier der fünf Richter kam schliesslich zum Schluss, dass diese Massnahme mit den Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu vereinbaren ist. Laut Gericht ist davon auszugehen, dass der vorsorgliche Polizeigewahrsam nur angeordnet werden darf, wenn ein Rayonverbot oder eine Meldepflicht zuvor erfolglos geblieben ist. In diesem Fall sei der Polizeigewahrsam im Sinne der EMRK "zur Durchsetzung der Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht" erforderlich.

 Auf Ankündigung

 Zu beachten sei weiter, dass der Polizeigewahrsam angekündigt werde und so einer gerichtlichen Prüfung offenstehe. Einig waren sich die Richter darin, dass durch die vorgesehenen Massnahmen die Unschuldsvermutung und die Versammlungsfreiheit betroffener Personen nicht verletzt wird. Was Rayonverbote betrifft, räumt das Gericht ein, dass damit das Problem von Gewalt an Sportanlässen nicht endgültig zu lösen ist. Als Gegenmassnahmen seien sie aber trotzdem geeignet. (sda)

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20 Minuten 14.10.10

Hools-Massnahmen abgesegnet

 LAUSANNE. Die im Hooligan-Konkordat vorgesehenen Massnahmen wurden vom Bundesgericht abgesegnet. Der umstrittene vorsorgliche Polizeigewahrsam gegen unbelehrbare Gewalttäter ist gemäss Gericht mit der Europä- ischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vereinbar.

 In dem auf 2010 in Kraft getretenen Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt bei Sportveranstaltungen sind als Mittel im Kampf gegen Hooligans Rayonverbote, Meldepflichten und Polizeigewahrsam vorgesehen. Zusätzlich wird der Polizei erlaubt, die Namen von Gewalttätern an Klubs und Stadionbetreiber weiterzuleiten.

 Laut Gericht darf der strittige Polizeigewahrsam aber nur angeordnet werden, wenn ein Rayonverbot erfolglos geblieben ist - in diesem Fall sei er im Sinne der EMRK "zur Durchsetzung der Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht" erforderlich.  SUT

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KNASTBRIEFE
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WoZ 14.10.10

Gefangenschaft

 Am Libertären Montag im Zürcher Infocafé Kasama ist das Anarchist Black Cross (ABC) zu Gast. ABC hat sich zusammengeschlossen, um Gefangenen zu helfen, die sich gegen Ausbeutung und Vereinzelung wehren. Allerdings will ABC weder eine reine "Gefangenenunterstützungsgruppe" sein noch eine, die sich nur mit politischen Gefangenen beschäftigt. ABC lehnt generell alle Gefängnisse und Zwangsanstalten ab.

 Zürich Kasama, Militärstrasse 87a, Mo, 18. Oktober, 19.30 Uhr.

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WoZ 14.10.10

LeserInnenbriefe

 Werdet Sand im Getriebe

 "Strafvollzug: Die Gefängnistür einen Spalt öffnen", WOZ Nr. 36/10

 Menschen leben, um etwas zu bewegen, andere sterben für dasselbe!

 Sollte Skander Vogts Tod im Knast von Bochuz tatsächlich Türen zur Einhaltung von Menschenrechten im Strafvollzug geöffnet und damit die willkürliche Verwahrungshaft in die Defensive gedrängt haben, wäre dies ein bedeutender Schritt. Doch dem ist nicht so.

 Die vergangenen dreissig Jahre haben uns mehr als deutlich gezeigt: Sozialpolitik und damit auch das sogenannte Prinzip Resozialisierung fallen nur dort auf fruchtbaren Boden, wo sie der Profitmaximierung dienen.

 Es gab für uns nie einen Grund, einzuschlafen. Aber es wird immer schwieriger, Menschen zu solidarischer Verantwortung zu bewegen, denn nur sie - und nicht die PolitikerInnen - könnten die Welt verändern: Seid unbequem, seid Sand, nicht Öl im Getriebe der Welt!

 Knastgruppe bern

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Indymedia 14.10.10

ein Brief von Marco ::

AutorIn : RHI         

Heute ist Marco's 1.Brief nach der nach racheglüsten anmutenden Nacht-un Nebelaktion: seine Verschleppung von Pöschwieser Knast in den weit entfernten Hochsicherheitsknast Bochuz!

Dieser repressive Akt ist als Antwort auf die angelaufene Kampagne in Solidarität mit den revolutionären Langzeitgefangenen, dem kollektiven Hungerstreik mit Billy, Silvia, Costa und all den anderen revolutionären Handlungen zu verstehen!
Wir lassen uns nicht so einfach stoppen - jetzt erst recht:
Solidarität ist eine Waffe -drehen wir den Spiess um!

http://www.rhi-sri.org
    
Briefe von Marco
http://ch.indymedia.org/media/2010/10//78087.pdf

"Liebe GenossInnen

Do. 7.10 10 vor Arbeitsbeginn Nachmittags wurde ich über Gegensprechanlage der Zelle "informiert“ es habe keine Arbeit, ich könne auf der Zelle bleiben (in 6 Jahren nie dagewesen. Ha,ha...), dann wurde ich ins Abteilbüro gerufen, " Herr Hauenberger (Chef Abteile 5-8) wollte mich sprechen“, da war er aber nicht und zwei Prätorianer-Wärter (gross, nach viel Muskel und wenig Hirnmasse ausgewählt) brachten mich zum Umkleide- und Effektendienst ("der Hatschier muss Ihnen etwas zeigen“, übliche Masche..) Dort weitere Prätorianer, mir wurde die Versetzungsverfügung von Herrn Thomas Noll, sattsam bekannter "Vollzugschef“ Direktionsmitglied und ehemaliger Notfallpsychiater Pöschwies, vorgelegt. Versetzung wegen "Gefährdung Anstalt wegen Demos“ und "Gefährdung des Personals“. Entzug der aufschiebenden Wirkung aus "Sicherheitsgründen“ der 10-tägigen Rekursfrist, und Orbe habe mich zu meiner Weiterinternierung bereit erklärt. Musste mich umkleiden und ohne Effekten "kommen nach“ mit einschneidenden Kabelbindern an den Handgelenken am Gurt befestigt und Fussketten, an der Klappenkiste befestigt, mit 4 ZH Bullen losfliegen. Landung Yverdon les Bains auf einem von vermummten Bullen abgesperrten Industrieparkplatz. Die brachten mich mit Transporter rasch hierher, wo ich im Eintrittsabteil“ neugierig auf meine "Ware“ warte. Immerhin in "Privatkleidern“ Uniform gelte für die Arbeit. Auch sonst sieht es so aus, als werde hier Perfidie und Schwachsinn etwas weniger auf die Spitze getrieben als im Avantgardeknast Pöschwies des Justizabschaums ZH.
Ist aber soweit irrelevant, relevant hingegen ist die eindeutige politische Repressalie und Geiselstatus-Dynamik als politischer bzw. Kriegsgefangener vom Staat und Kapital, und Verantwortlichkeit der Kantone bzw. Institutionen Zürich/Vaud.
Nun nehme ich aber keinesfalls an, dass sich militanter Widerstand durch kopflose und schwäche beweisende Symptombekämpfung seitens der Repression so billig ins Bockshorn jagen, einschüchtern und erpressen lässt... (smily) Sondern im Gegenteil, dass sie ihre Lage nur noch ein klein wenig verschlimmert haben, dass auch diese weitere kleine Entlarvung ihrer paranoiden Verkommenheit wieder um zu auch grundlegender militanter Reflexion, Analyse und theoretisch-praktischer Entwicklung und Stärkung als korrekte Richtung weit über den spezifische (Fall, Repression) hinaus bewirken kann...

Seid herzlich umarmt , a presto

Marco"

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Indymedia 13.10.10

Communique von Billy zum Hungerstreik ::

AutorIn : liberta         

Eine Uebersetzung von Billy aus dem Gefängnis in Thun als Beitrag zur Initiative vom Hungerstreik von 10. - 30. September 2010

Ein paar kurze, persönliche Ueberlegungen als Beitrag zur Initiative.

Es wird wohl den Ton der Wärter auf Deutsch sein oder ich weiss nicht warum, aber in meinem Kopf habe ich immer den Satz "Arbeit macht frei"; und ich denke, dass diese "schon etwas veraltete" Aussage letztendlich das Leitmotiv dieser Gesellschaft geworden ist. Den Zwang zur Arbeit, der Produktion und Profits. Dies scheint alles der Massstab zu sein in den akutellen Verhältnissen, den "Wert" des Einzelnen und seinem eventuellen Recht zu existieren. Was ist ein Baum im Vergleich zu einer Hochspannungsleitung? Was sind die Afrikaner im Vergleich zu Orangen, die es das ganze Jahr in den Supermärkten gibt? Was sind eine Kuh, ein Huhn oder ein Pferd im Vergleich zur Milch beim Frühstück, zu den Chicken Nuggets am Mittag oder einem Steak (aus lokaler Produktion, versteht sich wohl!) zum Abendessen?

Du hast die Berechtigung auf Rechte in dem Moment, wo du einen Job hast; nützlich für die Wirtschaft bist. Vielleicht. Du bist frei, wenn du arbeitest! Ein Dach über dem Kopf zu haben, etwas zum Essen und all die Ablenkungen, die du dir dadurch erlauben kannst indem du immer wieder konsumierst.

Wenn du jedoch dieser Logik nicht anpasst oder gar verweigerst, wehe dem, und wir wissen schon, was dann passiert: Du wirst zu einem Problem, kriminalisiert oder mit Medikamenten vollgestopft. Eben wenn du dich der Akkumulation, der Kontrolle und der kapitalistischen Herrschaft in den Weg stellst.

Noch immer plündern sie im Namen des Profits und ihrer Herrschaft die Kontinente, die Meere und Ozeane. Mit dem Ziel der Versklavung des Bestehenden, legen Sie sich ins Zeug zum auch das “Nicht-Existierende” und kaum “Wahrnehmbare” zu versklaven. Mittels Bio- und Nanotechnologie wollen sie bis ins Innerste alles Lebendingen vordringen.Dazu kommt die Manipulation von Materien und allem Lebendigem um sie “produktiver und funktioneller” in ihren Funktionen für die Wirtschaft zu gestalten.

Dort wo ihre Kriege, Kolonialismus, ihre Diktaturen oder die demokratischen PolitikerInnen (die Ordnung und Ruhe garantieren, im Namen der Wirtschaft) noch nicht angekommen sind, dort verbreiten sich die Multinationalen und ihre Forschungsexperten. Ihre fantastische, umweltfreundliche und alles “erhaltbare”, digitalisierte und “barmherzige” Welt zugunsten der reichen Länder. Gibt es doch in den “armen” Ländern noch genug menschliche und natürliche Ressourcen zu plündern.

Es ist dieses System, die Entwicklung, welche ihre tödlichen Wege nimmt, ihre Angriffe gegen das Leben. Unser Wunsch nach Freiheit, nach Selbstbestimmung kann unmöglich mit dem koexistieren, noch mit der Autorität und den Institutionen, welche dieses System verteidigen und aufrecht erhalten. Es ist vielmehr den Wunsch nach Befreiung von dieser zerstörerischen Entwicklung. Der Kapitalismus, die Regierungen und die Wirtschaft können zugunsten ihres Wachstums auf etwas zurückgreifen: Auf die Unterdrückung.

Obwohl die Bundesbehörden uns in den letzten fünf Monaten Kontrollen und Einschränkungen auf unsere Korrespondenzen auferlegten sowie in den immer zu kurzen gewährten Besuche, geht es mir nicht darum etwas von den Behördern zu fordern. Sowieso könnten sie mir nichts zu meinem Vorteil anbieten, ausser ihrer Idee von Freiheit der vielen “Wenn” und “Aber”, ihrer strengen Überwachung, ihrer Drohungen und Erpressungen.

Die Freiheit, für welche wir kämpfen, welche sie wohl kaum verstehen. Denn diese Freiheit toleriert keine ihrer Grenzen, ihre Knäste und ihre dreckigen Geschäfte. Sie akzeptiert weder ihre Ausbeutung noch die Vernichtung der Frauen und Männer, der Tiere und der Erde, für ihren Profit und Habgier.

Wenn unser Hass und unsere Wut aufwacht, die Sinne, der Hunger, der Körper, das Unbändige in uns bin ich beruhigt, dass WIR nicht nur von der Maschine beherrscht sind; und uns nicht per Knopfdruck ein- und ausschalten lassen gegenüber den Katastrophen, welche sie auf diesem Planeten anrichten. Wir verkörpern unseren Hass gegen dieses Herrschaftssystem der Vernichtung. Dem gegenüber steht unser lebendiger und aktiver Zusammenhalt für diejenigen die Drinnen und Draussen, am Tag und in der Nacht kämpfen.

Freiheit für uns alle, Freiheit für Mumia, Freiheit für Marco, Freiheit für Alfredo, Freiheit für alle Gefangenen und Unterstützung der Kampagne für die Langzeitgefangenen!

Danke für die Briefe, Postkarten, den Stimmen, den Initiativen unter der Sonne und den Sternen, welche die Herzlichkeit der Solidarität übermitteln.


Ciao Costa! Ciao Silvia!

Mit einer starken Umarmung

Thun, 21 settembre 2010,

Billy

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AUSSCHAFFUNGEN
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Newsnetz 14.10.10

"Sie schlagen, schreien und beissen"

Claudia Blumer

 Jede vierte Ausschaffung misslingt. Das Bundesamt für Migration gehe bei den Ausschaffungen zu wenig restriktiv vor, zu wenig konsequent, behauptet SVP-Nationalrat Thomas Hurter.

 Ein Viertel aller geplanten Ausschaffungen kann nicht durchgeführt werden, weil sich die Betreffenden der Rückführung widersetzen. Laut Recherchen von "10vor10" wurden vergangenes Jahr 2600 Ausschaffungsflüge nicht angetreten. Durch die ungenutzten Flugplätze entstanden dem Staat Mehrkosten von 270'000 Franken. SVP-Nationalrat Thomas Hutter spricht von einem Vollzugsnotstand.

 Herr Hurter, jede vierte Ausschaffung scheitert. Überrascht Sie das? Nein, dieser Problematik sind wir uns bewusst und es gibt Handlungsbedarf. Ich habe deshalb in der Herbstsession ein Postulat eingereicht mit dem Ziel, auf alternative Ausschaffungsmöglichkeiten auszuweichen. Im Bundesamt für Migration herrscht ein Vollzugsnotstand.

 Was werfen Sie dem Bundesamt für Migration vor? Dass es die Ausschaffungen zu wenig restriktiv und konsequent durchführt. Dabei gibt es zwei Ebenen. Die Menschliche: Der Auszuschaffende weiss genau, wie er sich verhalten muss, damit er hier bleiben kann. Die zweite Ebene betrifft das zwischenstaatliche Verhältnis: Die Schweiz müsste mit Staaten, welche sich weigern, ihre Landsleute zurückzunehmen, härter verhandeln und beispielsweise Unterstützungsbeiträge von der Kooperation abhängig machen. Ich erwarte vom Bundesamt für Migration, dass es aktiv wird und die Missstände bekämpft.

 Halten Sie nichts vom Prinzip der Freiwilligkeit, welches das Bundesamt für Migration hochhält? Freiwilligkeit wäre natürlich das Beste, doch das ist oft Wunschdenken, bei Staaten ebenso wie bei Menschen. Wenn sich ein Auszuschaffender wehrt, was meistens kalkuliert ist, dann wiederholt sich das ganze Prozedere in einigen Monaten. Erst bei der sogenannten Eskalationsstufe 4 wird er zwangsausgeschafft. Das sind enorme Kosten.

 Die leer bleibenden Flugzeugsitze kosten aber nur 270'000 Franken. Da kommen massive Folgekosten dazu bei den wiederholten Ausschaffungsversuchen, und die letzte Massnahme, die Zwangsausschaffung, ist wegen des Sicherheitsaufgebots die teuerste Variante. Linienflugzeuge eigenen sich nur bedingt für Ausschaffungen. Mit Militärflugzeugen könnten die Ausschaffungen effizienter und einfacher abgewickelt werden und wahrscheinlich günstiger.

 Sie sind selber Pilot und sehen die Problematik aus nächster Nähe. Ja, ich habe solche Fälle mehrmals erlebt. Auszuschaffende wehren sich oft mit Händen und Füssen, sie schlagen um sich, schreien und beissen. In solchen Fällen geht die Sicherheit der übrigen Passagiere vor.

 Könnte es sein, dass das Bundesamt für Migration überfordert ist? Es finden sich bis jetzt auch niemand, der ab Januar die Flüge als neutraler Beobachter begleitet. Mich nähme es wunder, ob sich das irgendein anderes Land leisten kann, einen humanitären Beobachter mitzusenden. Es handelt sich um illegal Anwesende und man hat einen Vertrag mit den Partnerstaaten, dass diese rückgeführt werden. Meiner Meinung nach sind solche Begleitungen überflüssig.

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Landbote 14.10.10

"Sie begannen zu schreien und zu schlagen"

 Eveline Rutz

 Linienpilot und Nationalrat Thomas Hurter hat einige Ausschaffungen miterlebt. Er ist überzeugt, dass diese von der Luftwaffe effizienter ausgeführt werden könnten.

 Herr Hurter, können Sie ein Beispiel einer Ausschaffung nennen, das Ihnen speziell in Erinnerung geblieben ist?

 Thomas Hurter, Nationalrat (SVP, SH): Da gibt es natürlich einige Beispiele, die allerdings bereits einige Jahre zurückliegen. Die Ausschaffungen sind immer wieder ähnlich abgelaufen. Die Menschen, die ausgeschafft werden sollten, wurden zum Flugzeug gebracht. In dem Moment, in dem sie hätten einsteigen müssen, begannen sie um sich zu schlagen und zu schreien, da sie genau wussten, dass wir sie dann nicht mitnehmen würden. Sie wurden zurückgebracht und hatten damit drei, vier Monate gewonnen.

 Das heisst, die Besatzung eines Flugzeuges entscheidet selber, ob sie jemanden, der sich so massiv wehrt, mitnimmt oder nicht?

 Zu meiner Zeit war das so, ja. An Bord kann man niemanden brauchen, der sich nicht benimmt. Die Fluggesellschaft Swiss hatte einmal einen Fall, bei dem der abgewiesene Asylbewerber die anderen Passagiere zu seinen Gunsten mobilisieren konnte. Da ist es fast zu einer Schlägerei gekommen. Heute werden teilweise Flugzeuge eigens für derartige Transporte gemietet. Das verursacht hohe Kosten - vor allem, wenn die Flugzeuge unverrichteter Dinge in die Schweiz zurückkehren müssen. Vor zwei Monaten scheiterte beispielsweise eine Rückschaffung von sechs Asylbewerbern nach Nigeria. Sie hat rund 110 000 Franken gekostet.

 Nach dem erwähnten Fall haben Sie im Parlament ein Postulat eingereicht. Was fordern Sie genau?

 Ich möchte, dass der Bundesrat prüft, ob derartige Ausschaffungen nicht von der Armee gemacht werden können. Die Mittel dazu wären vorhanden.

 An welchen Flugzeugtyp denken Sie?

 An die Beechcraft 1900 der Luftwaffe. Sie verfügt über 18 Sitzplätze und wird sowohl für den Transport von Personen als auch von Material eingesetzt. Sie kommt beispielsweise im Kosovo zum Einsatz. Sie hat eine mittlere Reichweite. Bei Ausschaffungen nach Afrika wären also Zwischenlandungen nötig. Aber das ist ja kein Problem.

 Wäre dies günstiger als die derzeitige Ausschaffungspraxis?

 Man müsste keine Linienflugzeuge mehr mieten und keine speziellen Crews mehr aufbieten. In einer Armeemaschine kann der Transport zudem flexibler gestaltet werden. Ich denke da etwa an Abgewiesene, die gefesselt ausgeschafft werden.

 Laut einem Bericht der Sendung "10 vor 10" des Schweizer Fernsehens bucht der Bund für Ausschaffungen jährlich 2600 Sitzplätze vergebens. Dafür werden Steuergelder unnötig verschleudert.

 Das ist so. Es handelt sich um knapp 300 000 Franken, die so verloren gehen. Bei diesen Kosten sprechen wir nur von den ungenutzten Flugtickets. Dazu kommen noch Folgekosten. Das zeigt mir, dass man andere Möglichkeiten suchen muss. Die Variante mit der Luftwaffe ist eine solche Möglichkeit. Man muss sich aber auch überlegen, wie man andere Regierungen dazu bringen kann, abgewiesene Asylbewerber zurückzunehmen. Es kann doch nicht sein, dass sich ein Land, das sich vertraglich verpflichtet hat, seine Landsleute aufzunehmen, im letzten Moment weigert, dies tatsächlich zu tun. Man muss viel konsequenter vorgehen. Ich könnte mir vorstellen, dass man Hilfsgelder an Bedingungen knüpft. Mit Algerien hat Bundesrätin Micheline Calmy-Rey bereits ein Rücknahmeabkommen unterzeichnet. Die algerische Regierung wurde schon dreimal in die Schweiz eingeladen, um über die Details zu verhandeln. Doch Algerien hat diese Einladungen nicht angenommen. Da braucht es wahrscheinlich eine deutlichere Sprache.

 lINTERVIEW: EVELINE RUTZ

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Südostschweiz 14.10.10

GPK befasst sich mit Kurden-Ausschaffung

 Die Ausschaffung einer kurdischen Familie durch die Bündner Behörden schlug hohe Wellen. Jetzt befasst sich die GPK des Bündner Parlaments mit dem Fall der Syrer.

 Von Hansruedi Berger

 Chur. - Der dreiköpfige Ausschuss der Geschäftsprüfungskommission (GPK) wird sich in den nächsten Tagen mit dem Untersuchungsbericht des Churer Rechtsanwalts Andrea Cantieni zur Ausschaffung der kurdischen Familie nach Syrien befassen. Wenn sich daraus offene Fragen ergeben, wird der Bericht sämtlichen Mitgliedern der GPK zur Diskussion unterbreitet. Dies sagte Grossrat Jakob Barandun, Vorsitzender des GPK-Ausschusses, auf Anfrage. Zusammen mit der zuständigen Regierungsrätin Barbara Janom Steiner und allenfalls dem Verfasser der Studie würden dann allfällige Unklarheiten diskutiert.

 Keine besondere Massnahme

 Barandun betonte jedoch, dass dieses Vorgehen der GPK keineswegs aussergewöhnlich sei. Es würden sämtliche Berichte der Regierung durch die GPK kontrolliert. Allerdings gibt Barandun zu, dass dieser Untersuchungsbericht wegen der besonderen Situation von ihm "ganz besonders aufmerksam" gelesen werde.

 Janom Seiner sagte gestern vor den Medien in Chur, dass sie den Untersuchungsbericht nicht offenlegen werde, wie dies von Amnesty International und dem Verein Miteinander Valzeina gefordert werde. Sie begründete ihren Entscheid einerseits mit dem Persönlichkeitsschutz der beteiligten Personen.

 Andererseits gehe es aber auch um Sicherheitsaspekte. So kämen im Bericht beispielsweise polizeitaktische Verhaltensweisen bei Ausschaffungen zur Sprache.

 Schwere Vorwürfe erhoben

 Die kurdische Familie war Mitte Juli von den Bündner Justiz- und Polizeibehörden nach Syrien ausgeschafft worden. Amnesty International und der Verein Miteinander Valzeina sprachen dabei unter anderem von Folter und Misshandlung der Betroffenen. Der daraufhin von Rechtsanwalt Cantieni im Auftrag von Janom Steiner vorgenommene Untersuchungsbericht kommt jedoch zu einem anderen Schluss. Darin werden die Beschuldigten von den Vorwürfen entlastet.

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A.C.A.B.
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Tagesanzeiger 14.10.10

Gewalt gegen Polizisten Neue Uniformen lösen das Problem nicht.

 Guter Bulle, böse Kleider

Von Patrick Kühnis

 Jetzt hat die Stadtpolizei schwarz auf weiss, was ihre Leute an der Front seit Jahren beklagen. Der Polizeialltag auf Zürcher Strassen ist ruppiger geworden und gefährlicher (TA von gestern). Laut einer Studie nahmen die registrierten Aggressionen gegen Polizisten drastisch zu. Inzwischen hat jeder dritte Beamte Angst, im Dienst verletzt zu werden.

 Der Studienautor fragte die Polizisten auch, wie man sie besser schützen könnte. Der Grossteil der Antworten fiel wenig überraschend aus: Die Beamten wünschen sich mehr Personal, härtere Strafen für die Angreifer, gezielte Aus- und Weiterbildungen und mehr Rückendeckung.

 Securitas? Nein danke

 Aufhorchen lässt aber, dass sich in der Umfrage "eine grosse Zahl von Personen" eine andere Uniform wünscht. Und zwar eine dunklere und robustere, eine, die mehr "Respekt verschafft". Das Erscheinungsbild soll dem Gegenüber "klare Signale vermitteln". Die jetzige Dienstkleidung sei einfach zu freundlich. Vor allem stören sich die Polizisten daran, dass sie fast gleich herumlaufen wie Securitas-Wächter.

 Braucht also ein guter Bulle nur eine böse Uniform, um sich Respekt zu verschaffen? Das wäre ein grosses Missverständnis. Kleider machen zwar Leute, sie lösen aber keine Konflikte. Schon gar nicht jene, die der Zürcher Polizei am meisten zu schaffen machen. Dafür reicht ein Blick in die Studie. Der typische Angreifer ist ein polizeibekannter Einzeltäter, der in einer psychologischen Ausnahmesituation zulangt. Nicht selten ist Alkohol im Spiel. Könnte ihn eine martialische Uniform wie aus einem Hollywoodstreifen stoppen? Kaum. Womöglich provozierte sie ihn erst recht.

 Wahrscheinlich will die Polizei mit ihrem Kleiderwunsch auch nicht das Gewaltproblem lösen, sondern sich in der breiten Bevölkerung mehr Achtung verschaffen. War Polizist einmal ein Traumberuf, werden die Ordnungshüter heute belächelt und beleidigt. Sie haben Mühe, genügend Nachwuchs zu rekrutieren. Sie hören: "Habt ihr nichts Besseres zu tun?", wenn sie Auto- und Velofahrer büssen. Richtig ernst nimmt sie der Bürger erst, wenn er in Not ist. Das schmerzt die Vertreter der Staatsgewalt. Eine neue Uniform macht das nicht wett.

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PUNK
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Tagesanzeiger 14.10.10

Er wollte die Musik zerstören

 Erich Kellers Band Fear of God schockte in den Achtzigerjahren sogar Punks. Heute betreibt der einstige Hardcore-Aktivist einen internationalen Musikblog, der in der Szene viel Beachtung findet.
 Von Samira Zingaro

 "Prägen Musiker die Musik, oder prägt Musik die Musiker?" Diese Frage stellt Erich Keller auf seiner virtuellen Musikplattform, die eine linke Berliner Wochenzeitung als "besten und erfolgreichsten Punk-Blog" lobt. Die Frage ist relevant für den 42-jährigen Historiker. Sie könnte auch heissen: "Prägt die Zeit die Musik oder die Musik die Zeit?" Im Falle des einstigen Hardcore-Aktivisten, der seit 15 Jahren in Zürich lebt, war seine Zeit: Landleben in Herisau, eine abgebrochene Lehre als Kabelmaschinen-Operator, Rebellion, Heavy-Metal.

 Seit viereinhalb Jahren betreibt Erich Keller auf Englisch seinen Blog zu Punk-, Hardcore- und Heavy-Metal-Musik. 1200 Besucher täglich, 610 Beiträge mit 12 527 Kommentaren, so die aktuelle Statistik. Der Musikautor stellt dort unter anderem Tausende von Tracks als MP3-Files zur Verfügung, meist digitalisiert von Vinyl in "höchster Qualität", wie er sagt. Selbst der britische "Guardian" erwähnt die Seite und ihre raren Musikstücke. Keller beschreibt die Internet-Plattform als eines der Überbleibsel seiner bewegten Jugend. Denn eigentlich findet er: "Die damalige Zeit mit ihrer Musik ist vorbei." So seien die heutigen Punk-, Hardcore- und Heavy-Metal-Erzeugnisse nichts anderes als Retro und Nostalgie. "Irgendwann müssen auch Aktivisten akzeptieren, dass ihre Bewegung tot ist."

 Mit Bierflaschen beworfen

 Die wilden Jugendjahre überlebt habe ausserdem auch seine "reflexive und beobachtende Haltung der Umwelt gegenüber", meint Keller. Wie schwer ihm die Anpassung fiel, zeigt ein Blick in seine eigene Musikgeschichte. Zwischen 1986 und 1988 brüllte er als Frontmann der vierköpfigen Band Fear of God. In der autonomen Berner Reitschule hätten Punks die Gruppe noch während des Soundchecks mit Bierflaschen beworfen. Zwar spielte die Band mit der Punk-Grösse Henry Rollins in der ausverkauften Roten Fabrik, "doch gefallen hat unsere Musik hierzulande keinem". Fans hatten sie umso mehr im Ausland - von den USA bis nach Japan. So erzählt Keller die Geschichte des Flüchtlings Olaf aus Berlin, der "mit nur einer Plastiktasche und unserer Platte" dem DDR-Regime entkam. Bis heute stehe er mit diesem Mann in Kontakt. "Unsere Musik hat die Aggressivität und Auflehnung von damals ausgedrückt. In der Schweiz funktionierte das nicht", erinnert sich Keller. Die Platte und später die CD waren mit einer Auflage von 15 000 Stück rasch ausverkauft. "Es gibt davon unzählige Schwarzpressungen. Diese Platte ist noch immer ein ästhetischer Schock", sagt Erich Keller. Selbst für Punks sei diese Musik zu hart gewesen. Wer reinhört, gibt ihm recht. 21 Stücke Kriegsmusik, bei denen man zuerst glaubt, die Lautsprecher seien defekt. Doch sie ist zugleich auch witziges Zeitdokument. Als "Hidden Track" hat Erich Keller eine damalige DRS-3-Einspielung der Band hinzugefügt. Der irritierte Moderator ist hörbar froh, dass das Gebrüll nur 45 Sekunden dauert.

 Heavy Metal ist Büezer-Musik

 Ziel der Band sei weniger die politische Botschaft gewesen, sondern der Trieb, Musik zu zerstören. "Nach dieser Scheibe sollte Musik im bisherigen Sinn nicht mehr möglich sein", sagt Keller und ist überzeugt, dass sich eine solche Aufnahme in ihrer Härte nicht wiederholen lässt. Auf Wikipedia wird die Band als prägend für den Grindcore bezeichnet, eine extreme Form von Hardcore-Punk. Erich Keller wehrt sich bis heute gegen solche Schubladisierungen. "Punk war in der Schweiz ein städtisches Phänomen der Mittelschicht, Heavy Metal hingegen Büezer-Musik aus der Provinz." Als Jugendlicher aus Herisau interessierte sich Keller deshalb nicht für Punk. Erst der wilde, chaotische Hardcore habe ihm den Weg zu diesem Musikstil geöffnet.

 Ein Berliner dokumentiert Keller und sein Schaffen zurzeit in einem Film. Für einen Beitrag in seinem Blog investiert Keller bis zu zwei Stunden. Die Seite kommt ohne Werbung aus, Geld sammelt er einmal im Jahr mit einem Spendenaufruf. Das decke die Serverkosten, sagt er. Sein Geld verdient Keller, der auch einen Artikel für das aktuelle Buch "100 Jahre Zürcher Volkshaus" beisteuerte, zurzeit als freischaffender Historiker. "Einer der tagsüber doziert und am Abend Iron Maiden hört - das ist eine Herausforderung", sagt er. Nach seinen Worten war es nicht immer leicht in der Zeit an der Uni auf seinem zweiten Bildungsweg diese zwei Welten zu vereinen. Ihn erstaune es bis heute, dass ihn die Musik, die ihn als Teenager so geprägt habe, bis heute nicht loslässt. Seine 75-jährige Mutter, die sich von ihrem Sohn mittlerweile AC/DC-Platten wünscht, sagt über ihn: "Wenigstens bist du dir treu geblieben."

 www.goodbadmusic.com

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HOMOHASS
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Radio Dreyeckland (Freiburg) 13.10.10

Gay Pride in Belgrad: Homophobe Übergriffe

Anmod:
Nach mehreren Jahren Pause konnte am letzten Sonntag endlich die zweite Gay Pride in Belgrad stattfinden. Auf Druck der EU waren die Behörden bereit, die Sicherheit der Parade durch massiven Polizeieinsatz zu gewährleisten. Und der war nötig: Die Parade wurde von einem homophoben Mob angegriffen, die versuchten, die Barrikaden zu durchbrechen. Unter dem Motto "Verteidigung der Familie"und dem Segen irre blickender lieferten sich die Schwulen- und Lesbenhasser schließlich einen Kampf mit der Polizei, bei dem zahlreiche Menschen verletzt wurden. Die Teilnehmerinnen der Pride konnten wenigstens während der Veranstaltung vor Übergriffen geschützt werden. Unsere Interviewpartnerin Sofie lebt in Kroatien und war bei der Pride in Belgrad.
http://www.freie-radios.net/mp3/20101013-gaypridein-36600.mp3

Abmod:
Sohpie war letztes Wochenende in Belgrad und hat an der Gay Pride teilgenommen.

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ANTI-ATOM
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WoZ 14.10.10

Atomkraftwerk Mühleberg

 Die krampfhafte Geheimnis krämerei macht misstrauisch

 Die Ramseiers leben gleich neben dem AKW Mühleberg. Sie gehören zu den AnwohnerInnen, die sich gegen eine unbefristete Betriebsbewilligung für das AKW wehren. Kein einfaches Unterfangen, wird ihnen doch die Einsicht in wichtige Akten verweigert.

 Von Susan Boos (Text) und Lukas Unseld (Fotos)

 Ein Schritt nach rechts, ein bisschen lächeln, nach links schauen, noch ein Foto und noch eins. Rosmarie und Walter Ramseier stehen im Maisfeld und posieren geduldig für ein gutes Bild. Träge zieht die Aare vorbei, auf der anderen Seite steht das Atomkraftwerk Mühleberg. Ein bisschen peinlich ist es ihnen schon. Irgendwann lacht Walter Ramseier und sagt: "Dafür, dass dieses Atomkraftwerk endlich abgestellt wird und kein neues gebaut wird, tun wir vieles." Das Land, auf dem sie stehen, gehört der BKW FMB Energie AG. Der Kanton Bern kontrolliert das Energieunternehmen, das hier unten im Aaretal westlich von Bern das AKW betreibt und daneben noch ein weiteres bauen möchte.

 Das arg angeschlagene AKW

 Ramseiers Hof liegt hinter dem bewaldeten Hügel in Oltigen, dort ist das Land stotzig. Das Land gegenüber des AKWs pachten sie schon seit Jahrzehnten von der BKW, weil es gutes, flaches Land ist. Früher pflanzten sie hier Gemüse und Kartoffeln, alles biologisch.

 Einmal, erinnert sich Rosmarie Ramseier, habe es tagelang fürchterlich geregnet, das Feld sei ganz nass gewesen. Trotzdem fuhren sie mit einer Maschine rein, doch das Gefährt blieb stecken. Also holten Ramseiers einen Traktor, um es rauszuziehen. Es war eine Riesenplackerei. Und plötzlich stand die Polizei da - die Berner Sondereinheit Enzian mit ihren Einsatzfahrzeugen und in voller Kampfausrüstung. Da seien sie schon etwas überrascht gewesen, erzählt Rosmarie Ramseier: "Die Polizisten haben uns dann gesagt, der Sicherheitsdienst des AKWs habe sie alarmiert. Der fürchtete, auf unserem Feld werde ein Sabotageakt vorbereitet." Letztlich hat das Ganze die Ramseiers ein wenig amüsiert, denn das wäre das Letzte, was sie möchten: dass im AKW drüben etwas passiert.

 Ramseiers gehören zu den über hundert BeschwerdeführerInnen, die sich gegen die unbefristete Betriebsbewilligung wehren, die Mühleberg kurz vor Weihnachten vom Umwelt- und Energiedepartement (Uvek) erhalten hat. Bislang lief das Kraftwerk mit einer befristeten Bewilligung, deren Verlängerung die BKW alle zehn Jahre neu beantragen musste. Vor bald vierzig Jahren ging das Werk ans Netz und gilt inzwischen als arg angeschlagen. Zum Beispiel weist der Kernmantel im Reaktor Risse auf. Etliche Betreiber ausländischer AKWs, die mit demselben Problem konfrontiert waren, haben den Reaktor gleich stillgelegt oder wenigstens den Mantel getauscht. In Mühleberg dagegen hat man versucht, den kaputten Kernmantel mit vier Klammern, sogenannten Zugankern, zu flicken. Die Risse wachsen jedoch weiter. Zudem ist der Meiler ungenügend gegen Erdbeben geschützt, und auch seine Notkühlung gilt als unzureichend.

 Trotzdem hat das Uvek der BKW für Mühleberg eine unbefristete Betriebsbewilligung erteilt, vor allem, weil alle anderen Atomkraftwerke in der Schweiz eine solche erhalten hatten. Was das Risiko betrifft, hat das Uvek trotz massiver Kritik blindes Vertrauen in die Gutachten des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (Ensi).

 Dagegen wehren sich nun die hundert Beschwerdeführer Innen und das "Komitee Mühleberg Ver-fahren", das von diversen Parteien und Organisationen, aber auch vom Kanton Basel-Stadt und von der Stadt Genf unterstützt wird.

 Die AtomgegnerInnen kämpfen in diesem Verfahren mit einem ganz besonderen Problem: Sie sind diejenigen, die darlegen müssen, dass Mühleberg unsicher ist. Dabei erhalten sie keinen Zugang zu wichtigen Akten. Sowohl das Uvek wie das Ensi verweigern ihnen die Einsicht in die meisten relevanten Berichte mit der Begründung, die Unterlagen müssten geheim bleiben, weil es um "die öffentliche Sicherheit" gehe oder weil die Akten "Geschäftsgeheimnisse" enthalten würden. Die BKW selbst hat ohnehin kein Interesse daran, dass diese Unterlagen veröffentlicht werden.

 Erstaunlicherweise hat das Bundesverwaltungsgericht im Sommer entschieden, BKW wie Ensi müssten die Akten dem Gericht aushändigen. Jetzt liegen die 86 Bundesordner dort.

 Die Mühleberg-GegnerInnen mussten nun ihrerseits bis letzten Freitag dem Gericht darlegen, weshalb es ihnen die Akten zugänglich machen soll. Unter den umstrittenen Akten befindet sich der sogenannte Sicherheitsbericht. Es sei absurd, ausgerechnet diesen Bericht für geheim zu erklären, sagt der Berner Anwalt Rainer Weibel, der die EinsprecherInnen und das Komitee juristisch vertritt: "Der Sicherheitsbericht enthält zum Beispiel Angaben darüber, wie mögliche Störfälle gehandhabt würden. Das Ziel dieses Berichtes ist doch gerade, dass sich die Öffentlichkeit ein Bild über den Sicherheitszustand des AKWs machen kann."

 Vorwurf der Sabotage

 Es sei klar, dass nicht alle Akten öffentlich gemacht werden könnten, sagt Weibel: "Es wäre aber problemlos möglich, Experten kontrolliert Zugang zu gewähren" - das habe es bei verschiedenen Dokumenten zu den Kernmantelrissen in Mühleberg auch schon gegeben.

 Im Übrigen sei es nicht zulässig, den AtomgegnerInnen Sabotageabsichten zu unterstellen, wie dies das Ensi und die BKW täten. Die Beschwerdeführenden würden ja in der Nähe des AKWs leben und hätten ganz sicher kein Interesse, sich oder ihre Familien zu gefährden.

 Die Mühleberg-GegnerInnen würden auch gerne wissen, wie die Risse im Kernmantel überhaupt gemessen werden, doch selbst das soll geheim bleiben. Die Öffentlichkeit erfährt also nicht, was da im Reaktor vorgeht: ob zuverlässig gemessen wird und wie vertrauenswürdig die Prognosen sind.

 Weibel sagt: "Dieses Bemühen, möglichst viel geheim zu halten, deutet für mich darauf hin, dass die BKW und das Ensi Angst vor einer gerichtlichen Überprüfung haben - es könnte also etwas an unseren Befürchtungen dran sein, dass das Atomkraftwerk überhaupt nicht sicher ist. Sonst müssten sie nicht so krampfhaft versuchen, die Akten unter Verschluss zu halten."

 Um sich fachlich abzustützen, hat das Komitee beim Öko-Institut Darmstadt ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die Expert Innen dieses Instituts kommen zur beunruhigenden Erkenntnis: "Insgesamt sind die Stellungnahmen des Ensi widersprüchlich, wenig aussagekräftig und nicht geeignet, die mögliche Gefährdung durch den Kernmantelschaden zu widerlegen. Sie weisen im Gegenteil auf einen wesentlichen Schadenszustand im Kernkraftwerk Mühleberg hin." Das AKW verfüge "über alle wesentlichen Sicherheitsdefizite, die gemäss aktuellem Regelwerk bei Sicherheitseinrichtungen zu vermeiden sind".

 "Einmal", sagt Walter Ramseier, "haben BKW-Leute ziemlich direkt gedroht, uns das Land nicht mehr zu verpachten." "Dann haben wir halt einfach wieder ein bisschen stillgha", wirft Rosmarie Ramseier ein. Noch können sie die 1,26 Hektaren nutzen, die BKW hat jedoch die Möglichkeit, den Pachtvertrag sehr kurzfris tig zu kündigen.

 Ein alter Schweizer Sennenhund geht un gelenk über Ramseiers Hof und wedelt freundlich. Walter Ramseier zeigt stolz seine neue Schnitzelheizung. Dank dieser neuen Heizanlage verbrauchten sie sechzig Prozent weniger Holz, sagt er. Er habe wirklich nichts gegen Technik, überhaupt nicht, auch wenn man ihnen das immer wieder unterstelle. Gerne würden sie Sonnenkollektoren auf dem Dach installieren, aber hier an der Aare gebe es einfach zu viel Nebel.

 Er erzählt vom Zivilschutzbunker im Dorf. Dort müssten sie hin, wenn im AKW etwas passieren würde. Manchmal gebe es dort Dorfversammlungen, ein schrecklicher Ort, sagt er, unvorstellbar, wie die 67 Menschen, die heute noch im Ort leben, da miteinander zurechtkommen sollten, wenn wirklich etwas Schlimmes passieren würde. "Und die gehen auch einfach davon aus, dass wir die Tiere allein lassen würden - das können wir doch nicht."

 Aber immerhin, sagt Walter Ramseier, seien zwei Drittel der OltigerInnen gegen Mühleberg. "Oder vielleicht sogar drei Viertel", sagt Rosmarie Ramseier.

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 Wie es weitergeht

 Das Bundesverwaltungsgericht wird laut eigenen Angaben "demnächst" über die Akteneinsicht entschieden; allerdings wird nicht präzisiert, was "demnächst" heisst. Danach ist es grundsätzlich möglich, den Fall ans Bundesgericht und weiter an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg zu ziehen - das könnte noch Jahre dauern.

 Die befristete Betriebsbewilligung von Mühleberg gilt noch bis Ende 2012. Die BKW steht also unter Druck. Allerdings wird das Werk kaum stillgelegt, wenn das Verfahren Anfang 2013 nicht abgeschlossen ist. Eher ist eine provisorische Verlängerung der Betriebsbewilligung zu erwarten, bis der letztinstanzliche Entscheid gefällt ist.

http://www.muehleberg-ver-fahren.ch

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20 Minuten 14.10.10

Schweizer Kernkraftwerken geht der Nachwuchs aus

 ZÜRICH. Gravierender als in anderen Branchen macht sich der Mangel an Fachkräften bei AKWs bemerkbar. Nun drängen die Kraftwerkbetreiber auf politische Unterstützung.

 Über 14 000 Stellen in der Schweiz sind offen, weil Fachkräfte aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik fehlen; diese Leute fehlen auch in den fünf Schweizer Atomkraftwerken. Ein Nachwuchsproblem bahnt sich an - nicht zuletzt, weil Ausbildung und Nachfolgeplanung in AKWs oft über zehn Jahre dauern. "Das Atomenergiebusiness hat in der Schweiz für Jungingenieure in den letzten Jahren wegen mangelnder Wachstumsperspektiven sicher an Attraktivität eingebüsst", so Stefan Arquint vom Verband Swiss Engineering STV. Damit spricht er das langjährige Moratorium an. Zudem wird der Schweizer Lieblingspersonalpool Deutschland wegen der neulich beschlossenen Fortführung der Kernenergie dort selbst auf massiv mehr Fachkräfte angewiesen sein. Verschärft wird die Fachkräftenachfrage, weil auch hierzulande der Bau neuer AKWs diskutiert wird.

 In der Tat ergrauen derzeit die AKWs in der Schweiz. Bei Axpo (AKW Beznau I und II) werden in den nächsten fünf Jahren 20 % der Fachkräfte in Schlüsselpositionen der Kernenergie pensioniert. Auch Gösgen steht laut Sprecher Konstantin Bachmann "vor einem Ablöseprozess der Pioniergeneration". Beide AKW-Betreiber haben neulich die Möglichkeit geschaffen, Angestellte über das ordentliche Pensionsalter hinaus zu beschäftigen. Die Branchenvereinigung Nuklearforum Schweiz warnt aber: "Das Engagement der Branche allein genügt auf die Dauer nicht." Sie forderte diese Woche deshalb mehr Einsatz von Politik und Bildung.  

Elisabeth Rizzi

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 Kernenergie in der Schweiz

 ZÜRICH. Kernenergie liefert 40 Prozent des Schweizer Strombedarfs. In der Schweiz werden fünf Kernkraftwerke betrieben: Beznau I und II, Gösgen, Leibstadt und Mühleberg. Die älteren Kraftwerke können noch bis etwa 2020 betrieben werden, die neueren bis 2040. 1990 stimmte das Volk für einen zehnjährigen AKW-Baustopp. Inzwischen hat die Stimmung gedreht. 2007 beschloss der Bundesrat, die bestehenden AKW zu ersetzen oder durch Neubauten zu ergänzen.