MEDIENSPIEGEL 27.10.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS, Tojo)
- Bollwerk: Beleuchtetes Wischiwaschi um Drogenanlaufstelle
- Den rassistischen Konsens durchbrechen: Demo Langenthal 30.10.10
- Rauschknast BE: Regierung dagegen
- RaBe-Info 26.+27.10.10
- Clubleben Fribourg: Prozierend und ungewöhnlich gehören dazu
- GaynossInnen gegen Rechts
- Djane-Projekt kriegt Chancengleichheitspreis
- Antifeminismus: Amt für Frauenkampf zwingt Antifeministen in Untergrund
- Squat ZH: Luxushotel Atlantis für KünstlerInnen
- Lausanne autonome: Nachwehen
- Usine Genf im mobilen Party- und Kulturstreik
- Big Brother: Überwachungsstaat-Reformen; Polizeitränen
- Drogen: Nach den Joints kam Jesus gegen Drogen; Cannabis-Legalisierung CAL
- Migration Control: EU-Truppen gefordert
- Futurismus: Kunst im Dunstkreis des Faschismus
- Anti-Atom: Stromlücke-Propaganda; SP-Mühleberg-Kritik; Eurodistrict vs Atommüll-Endlager

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REITSCHULE
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Mi 27.10.10
19.30 Uhr - Rössli - "WILLKOMMEN IM PARADIES" Kriminelle Ausländer oder kriminalisierte Ausländer? Veranstaltung mit Solidarité sans Frontières

Do 28.10.10
20.30 Uhr - Kino - "MUSLIM/A" - La guerre est finie | Mitko Panov, CH 2009
21.00 Uhr - Rössli - All Ship Shape

Fr 29.10.10
21.00 Uhr - Kino - "WILLKOMMEN IM PARADIES" & "MUSLIM/A" - Ya Sharr Mout | Sabine Gisiger, Dok, CH 2008. In Anwesenheit der Protagonisten Mahmout Turkmani & Michael Spahr sowie der Regisseurin
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock & Midilux present: MAX COOPER (UK) live, Live-Act tba & Racker (be) " techno, minimal, house

Sa 30.10.10
19.30 Uhr - Kino - "MUSLIM/A" - Beirut, New Film, Disco | Kurzfilme von Raed Yassin
20.30 Uhr - Tojo - "Also mich interessiert mein Sexualleben mehr als der Israel-Palästina-Konflikt" ZhdK Zürich.
21.00 Uhr - Kino - "MUSLIM/A" - Ya Sharr Mout | Sabine Gisiger, Dok, CH 2008
22.00 Uhr - Dachstock - BAZE Plattentaufe "D' Party isch verbi" & Support: tba & Afterparty! " hiphop, electronica

So 31.10.10
18.00 Uhr - Kino - "MUSLIM/A" - Allah Made Me Funny | Musliminnen machen Standup-Comedy.
19.00 Uhr - Tojo - "Also mich interessiert mein Sexualleben mehr als der Israel-Palästina-Konflikt" ZhdK Zürich.
21.00 Uhr - Rössli - TROTTEL (HUN). " psychedelic, folk, rock, electronica

Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch

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kulturagenda.be 28.10.10

Minimal Techno von Max Cooper im Dachstock

Während seines Studiums begann der Brite Max Cooper mit dem Produzieren von elektronischer Musik und arbeitete nach seinem Uni-Abschluss parallel als Genforscher und Musiker. Den internationalen Durchbruch als Musiker schaffte Cooper mit seiner "Serie"-Plattenserie und Remixes für Indie-Pop-Bands wie Hot Chip und Au Revoir Simone.
Dachstock in der Reitschule, Bern. Fr., 29.10., 23 Uhr

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kulturagenda.be 28.10.10

Nach dem Rausch der Kater

"D' Party isch vrbi" heisst das dritte Solo-Album des Berner Rappers Baze. Dabei steht die nächste Sause bereits vor der Tür: Im Dachstock schreitet Baze zur Plattentaufe.

Es ist kein heiteres Werk. "D' Party isch verbi" handelt vom bösen Erwachen nach einem jahrelangen Fest, erzählt von den Mühen des Alltags und enthält Gesellschaftskritik. Neben Selbstreflexion und satten Beats überrascht das Album aber auch mit musikalischer Vielfalt. Trompeten-Fanfaren treffen auf Piano-Melodien treffen auf Synthesizer- Hymnen. Baze wollte mit dem Einbinden neuer Elemente aber nicht etwa einen Abgesang auf den Hip-Hop schreiben: "Andere Musikstile hatten schon immer Bedeutung in meinem Leben. Manchmal mag ich Hip-Hop im New- York-Style, dann wieder Folk-Songs." Die Vielfalt ist auch Resultat einer Zusammenarbeit mit dem Berner Klangkünstler Benfay: "Er hat ein unglaubliches Gefühl für Melodien. Sie enthalten vielleicht keine offensichtliche, dafür aber eine versteckte Schönheit, die umso interessanter ist." Was ist von Baze in Zukunft zu erwarten, wenn die Party jetzt vorbei ist? "Das kann ich noch nicht sagen. Ziemlich sicher wird die nächste Platte nicht mehr so dunkel sein, melancholisch aber schon."
Lukas Tinguely
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Dachstock in der Reitschule, Bern
Sa., 30.10., 22 Uhr. http://www.dachstock.ch

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kulturagenda.be 28.10.10

Sexualleben vs. Israel-Palästina-Konflikt im Tojo

"Also mich interessiert mein Sexualleben mehr als der Israel-Palästina-Konflikt" ist ein Stück über einen sexuell frustrierten und politisch orientierungslosen jungen Menschen. Die Tanzdarbietung ist das erste gemeinsame Projekt von Miriam Walther und Christopher Kriese, beide Regiestudierende an der Zürcher Hochschule der Künste.
Tojo Theater, Bern. Sa., 30.10., 20.30 Uhr, So., 31.10., 19 Uhr

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BOLLWERK
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BZ 26.10.10

Bollwerk

 Skepsis bei Alternativen zur zweiten Drogenanlaufstelle

 Am Bollwerk schliessen zwei Betriebe. Verantwortlich sei die Stadt, welche die Einrichtung einer zweiten Drogenanlaufstelle ablehnt. Der Stadtrat berät bald über Alternativen, doch die Lage am Bollwerk bleibt problematisch.

 Drogensüchtige und Dealer bei der Drogenanlaufstelle an der Hodlerstrasse. Gewalt vor der Reitschule auf der Schützenmatte, Vandalismus am Bollwerk: Eine ganze Reihe von Ladenbetreibern und Wirten hat den widrigen Umständen in den letzten Jahren getrotzt. Doch nun ist Schluss: Wie letzte Woche bekannt wurde, ziehen sich der Wirt der Brasserie Bollwerk, Stefan Zingg, und Monika Flach von der Vinothek Taberna Vineria zurück (wir berichteten). Beide machen die für sie unbefriedigende Drogenpolitik der Stadt verantwortlich. Sie fordern weiterhin eine zweite Drogenanlaufstelle. Im März 2009 hatte die Stadtregierung eine solche wegen Geldmangels abgelehnt. Eine provisorische Lösung an der Murtenstrasse beim Inselspital kam nicht zustande. Als Kompromiss wurden die Öffnungszeiten an der Hodlerstrasse am Abend um 45 Minuten verlängert - besonders für den Brasserie-Wirt ein Ärgernis. Gäste blieben abends aus. Im Oktober 2009 scheiterte zudem ein Versuch verschiedener Gastrobetriebe inklusive Reitschule, der Schützenmatte mit einem gemeinsamen Fest neues Leben einzuhauchen. Für Zingg ist das Gebiet definitiv zum "No-go-Areal" geworden. Daran wird sich so schnell auch nichts ändern.

 Zweite Anlaufstelle tabu

 Ohne zweite Anlaufstelle sei der heutige Andrang beim Fixer-stübli nicht zu reduzieren, sagt Vinothek-Betreiberin Monika Flach - für Stadtrat Pascal Rub (FDP) eine Illusion: Der Konsum würde sich zwar teilweise an den zweiten Ort verschieben, aber der polizeilich tolerierte "Ameisendeal" - der kleine Drogenhandel auf dem Vorhof - bleibe an der Hodlerstrasse. Trotz der milderen Umstände an der Murtenstrasse ging Rub zuvorderst auf die Barrikaden. In unmittelbarer Nähe der betroffenen Liegenschaft führt er ein Geschäft, und für den Freisinnigen wäre das Projekt für ein abbruchreifes Provisorium ohnehin zu teuer geworden. Mit einer interfraktionellen Motion forderte er den Gemeinderat auf, Alternativen zu prüfen. Zum Beispiel eine Anlaufstelle ohne "Ameisendeal", verringerter Anlauf beim Fixerstübli, frühere Schliessungszeiten bis hin zu einem sogenannten Case-Management.

 Dealer sollen bleiben

 Die Antwort des Gemeinderats liegt nun vor, darüber wird am 4. November im Stadtrat debattiert. Am "Ameisendeal" hält die Stadtregierung fest. Eine Unterbindung des Kleinhandels im Vorhof der Anlaufstelle würde wohl eine Verdrängung von 30 bis 50 Kleindealern Richtung Neuen- und Aarbergergasse bedeuten. "Dadurch müsste die Kantonspolizei einen umso grösseren Mehraufwand leisten, um die Situation kontrollierbarer zu halten", heisst es in der Motionsantwort. Auch an den Öffnungszeiten der Anlaufstelle, über die sich der Wirt der Brasserie enerviert, will der Gemeinderat festhalten. "Das neue Modell bewährt sich, die Aufnahmekapazitäten entsprechen dem Bedarf." Eine 180-Grad-Wende halte der Gemeinderat nicht für sinnvoll.

 Nicht im Bericht erwähnt sind weiterführende Massnahmen, die demnächst umgesetzt werden. Bald sollen nur Personen über 18 Jahre Eintritt ins Fixer-stübli erhalten. Monika Flach von der Vinothek befürchtet, dass die Minderjährigen nicht zu Hause bleiben, sondern vor dem Fixerstübli auf der Strasse herumlungern werden.

 Kein Gesamtkonzept

 Um das Gebiet von Bollwerk und Schützenmatte inklusive Reitschule nachhaltig aufzuwerten, erwarten verschiedene Seiten ein Gesamtkonzept. Der Balanceakt zwischen Fixerstübli und Gewerbe sowie zwischen Kultur und Gewalt bei der Reitschule ist bisher nicht gelungen. "Die Stadt macht nicht nichts", räumt Pascal Rub versöhnlich ein. Bereits habe der Stadtrat eine Motion überwiesen, die Schützenmatte besser zu beleuchten - in der Nacht ein wichtiger Sicherheitsfaktor.

 Hannah Einhaus

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ANTIFA/ANTIRA
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Indymedia 27.10.10

Antifa-Demo in Langenthal - diesen Samstag! ::

AutorIn : Bündnis Kein ruhiges Hinterland         

Den rassistischen Konsens durchbrechen: Unter diesem Motto findet am Samstag, 30. Oktober, um 14.30 Uhr eine von zahlreichen Organisationen getragene Demo in Langenthal statt. Der Umzug ist bewilligt. Weitere Informationen und auch die Nummer des Ermittlungsausschusses (EA) werden am Freitag auf Indymedia gepostet. Erscheint zahlreich - setzen wir ein starkes Zeichen gegen Rechts!

Flyer Demo Langenthal
http://ch.indymedia.org/media/2010/10//78387.pdf

Aufruf zur Demonstration

Den rassistischen Konsens durchbrechen!

Am 9. Oktober demonstrierten in Langenthal gegen 100 Rechtsextreme aus dem Umfeld von PNOS, SD, SVP und FPS gegen den Bau eines Minaretts. Sie fühlten sich dabei von der rassistischen Hetze gegen den "Islam" seitens (aber nicht nur) der SVP bestätigt. Wir wollen den Aufmarsch der Neonazis und anderer RassistInnen nicht unbeantwortet lassen und rufen deshalb alle Menschen dazu auf, gemeinsam ein starkes und selbstdiszipliniertes Zeichen gegen Rechtsextremismus und rassistische Hetze zu setzen.

Am 30. Oktober 2010 um 14.30 Uhr demonstrieren wir deshalb in Langenthal. Treffpunkt ist der Bahnhofplatz (bei Post).

Schon seit langer Zeit zeichnet sich die Region Langenthal durch überdurchschnittlich viele rechtsextreme Aktivitäten aus: Mehrere Demonstrationen und Kundgebungen der PNOS, Teilnahme der PNOS an Wahlen, Betrieb eines Vernetzungszentrums für Rechtsextreme aus dem In- und Ausland und mehrere gewalttätige Übergriffe auf Linke und MigrantInnen. Die Aktivitäten rund um die Minarett-Debatte in Langenthal zeugen ein weiteres Mal vom ausgrenzenden und menschenverachtenden Gedankengut der PNOS und ihres politischen Umfelds.

Die Minarett-Frage interessiert uns dabei nicht. Es geht nicht um pro oder contra Islam, es geht um den rassistischen Konsens, der bis tief ins linksbürgerliche Lager reicht. Der rassistische Konsens, der Fremdenfeindlichkeit, chauvinistische Propaganda, selbstherrliche Schweiztümelei und rassistische Kampagnen einfach hinnimmt.

In diesem politischen Klima werden "die Nigerianer" von Polizeikreisen und dem Bundesamt für Migration kollektiv als kriminell diffamiert, in vielen Städten werden junge afrikanische Männer straflos von PolizistInnen verprügelt und misshandelt, werden junge Migranten kollektiv als Raser und Gewalttäter dargestellt, werden Sans-Papiers über Jahre hinweg nicht regularisiert und als billige SchwarzarbeiterInnen ausgenutzt, werden abgewiesene Flüchtlinge zu unwürdigen und perspektivlosen Lebensbedingungen oder zum Untertauchen gezwungen. Im Zuge dieser Kampagnen ist das Schweizer Rechtssystem eine Zweiklassenjustiz geworden: Ohne Schweizer Pass muss ein Mensch mit höheren Strafen und mit Doppelbestrafung in Form von Einbürgerungsverweigerung, Ausbürgerungsandrohung, Landesverweis und Ausschaffungshaft rechnen.

Und die Aussichten sind düster: Die alltägliche rassistische Hetze in den Medien bleibt weitgehend unwidersprochen, keine der "grossen" Parteien wehrt sich offensiv gegen Ausschaffungsinitiative und Gegenvorschlag. Anstatt die menschenunwürdige Migrationspolitik zu hinterfragen, wetteifern die meisten Behörden, Parteien und Medien darum, wer die meisten Menschen ausschaffen kann. 400 (geltendes Recht), 800 (Gegenvorschlag) oder 1500 (Ausschaffungsinitiative) Menschen pro Jahr.

Wer sich einem Ausreisebescheid widersetzt, ob Ex-"VerbrecherIn" oder abgewieseneR Flüchtling, wird administrativ eingeknastet. Die Haftbedingungen in den Ausschaffungsgefängnissen sind menschenverachtend: Ohne Perspektive müssen selbst "Unausschaffbare" monatelang in den Verliessen der eidgenössischen Migrationspolitik verharren. Viele leiden unter psychischen Problemen, einige verletzen und verstümmeln sich, bringen sich um. Wer Widerstand gegen seine Ausschaffung leistet, wird gefesselt und geknebelt und unter Inkaufnahme seines/ihres Todes mit teuren Sonderflügen an die Regimes ausgeliefert, vor denen mensch geflüchtet ist. Kein Wunder gibt es immer wieder Hungerstreiks und Knastaufstände, wie aktuell im Genfer Ausschaffungsgefängnis "Frambois".

Bei einer Annahme der Ausschaffungsinitiative oder des Gegenvorschlags wird sich die Situation für die Betroffenen weiter verschlimmern. Die Zustände in den Ausschaffungsgefängnissen und während der Ausschaffungen werden noch unerträglicher. Doch dazu und zu vielen anderen schwerwiegenden Folgen ihrer menschenverachtenden und ausgrenzenden Politik schweigen SchreibtischtäterInnen, PolitikerInnen und Medienschaffende.

Dieses Schweigen und diesen rassistischen Konsens wollen wir durchbrechen.

Die Mentalität hinter dieser Hetze richtet sich nicht nur gegen MigrantInnen, sondern auch gegen uns alle. Und die rassistische Propaganda von Staat, Polizei, Parteien und Medien bestärkt braune Dumpfbacken, wie am 9. Oktober in Langenthal, in ihrem Hass. Denn wo Parteien und Medien hetzen, da prügeln und morden Neonazis und FaschistInnen.

Dem allem gilt es etwas entgegenzusetzen. Egal mit welchem Pass.

Bündnis kein ruhiges Hinterland!

Unterzeichnende Gruppen:
Büro gegen finstere Zeiten, Stop Murder Music, RJG, augenauf, Alternative Linke Bern, Antifa Oberland, Antifa Bern, Repro, RZL, JA!

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RAUSCHKNAST BE
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Bund 26.10.10

Junge Betrunkene gehören zum Arzt, nicht in die Zelle

 Der bernische Regierungsrat steht einer zentralen Ausnüchterungsstelle skeptisch gegenüber.

 Mit Forderungen nach zentralen Ausnüchterungszellen kann der bernische Regierungsrat nicht allzu viel anfangen: Die betroffenen, zumeist jugendlichen Alkohol- und Drogenkonsumenten gehörten in medizinische Obhut. Wichtig sei in solchen Fällen eine ärztliche Erstdiagnose. Häufig sei eine ärztliche Behandlung und Überwachung solcher Patienten nötig, schreibt der Regierungsrat in einer Antwort auf zwei entsprechende Vorstösse.

 Im Vordergrund steht für die Kantonsregierung deshalb die Prüfung, ob allenfalls bestehende Einrichtungen wie die Bewachungsstation am Berner Inselspital ausgebaut werden sollten. Prüfen will der Regierungsrat indessen, welche Kosten den Verursachern weiterverrechnet werden können. Bei der Kantonspolizei seien entsprechende Abklärungen im Gang.

 Entlastung der Notfallaufnahme

 Die Vorstösser beriefen sich auf ein Pilotprojekt in der Stadt Zürich mit einer derartigen zentralen Ausnüchterungsstelle. Dort werden die Kosten von 600 bis 950 Franken den Verursachern in Rechnung gestellt.

 Mit einer Ausnüchterungsstelle könnten die Notfallaufnahmen der Spitäler entlastet werden, argumentieren die Motionäre. Insbesondere an Wochenenden sind die Notfallaufnahmen der Spitäler mit zahlreichen schwer Betrunkenen belastet. Oft seien diese Menschen aggressiv und randalierten. Das letzte Wort wird der Grosse Rat sprechen. (sda)

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20 Minuten 26.10.10

Regierung gegen "Süffel"-Zellen

 BERN. Allein in der Notaufnahme des Berner Inselspitals landen jährlich rund 500 ohnmächtige jugendliche Komatrinker und Drögeler. Die Behandlungskosten trägt die Allgemeinheit. Polizeidirektor Hans-Jürg Käser setzte sich deshalb für die Einrichtung einer zentralen Ausnüchterungszelle nach Zürcher Vorbild ein.

 Doch nun folgt die Kehrtwende: "Für eine sorgfältige medizinische Begutachtung sind die Spitäler bereits heute eingerichtet, weswegen die Schaffung zusätzlicher Strukturen abwegig erscheint", antwortet die Kantonsregierung auf entsprechende Vorstösse der SVP und EVP. Auch von mobilen Ausnüchterungszellen an Grossanlässen hält der Regierungsrat nichts. Er will aber prüfen, ob man den Süffeln nicht wenigstens die Kosten für die betreute Ausnüchterung auferlegen könnte. In Zürich werden dafür 600 bis 950 Franken verrechnet.  mar

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RABE-INFO
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Mi. 27. Oktober 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_27._Oktober_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_27._Oktober_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2027.%20Oktober%202010
- Der emanzipierte Mann: Ivo Knill ist gegen Antifeminismus und für mehr Vaterrechte
- Das Projekt TAO: Wertvolles Wissen von SeniorInnen soll seinen Weg ins  Netz finden
- Label-Dschungel: Ein Ratgeber verschafft Durchblick

Links:
http://www.maennerzeitung.ch
http://www.wwf.ch/de/tun/tipps_fur_den_alltag/essend/labels

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Di. 26. Oktober 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_26._Oktober_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_26._Oktober_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2026.%20Oktober%202010
- UNO-Biodiversitätsgipfel: Eine weitere Konferenz mit grossen Worten und wenig Taten?
- Beschwerde gegen Schweizer Baumwoll-Grosshändler: Haben sie gegen die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen verstosssen?
- Queer Refugees: Warum sind homosexuelle Flüchtlinge oft auch im Fluchtland Diskriminierungen ausgesetzt?

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CLUBLEBEN FR
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Freiburger Nachrichten 27.10.10

Provozierende und ungewöhnliche Auftritte gehören zu einem Musikclub

 Programmator zu sein kann hart sein. Dennoch würden die Verantwortlichen der Freiburger Clubs nicht tauschen wollen.

 Pascal Jäggi

 Düdingen Im Gespräch mit den FN im Bad Bonn liessen David Unternaehrer, Pablo Niederberger (beide Fri-Son), Sylvain Maradan (Nouveau Monde) und Daniel Fontana (Bad Bonn) tief in ihre Arbeit blicken. Zu viel oder zu wenig Subventionen, neue Mentalitäten bei den Jugendlichen und die feine Kunst der richtige Konzertauswahl waren Themen der vier Programmchefs. Trotz Konkurrenz in anderen Städten zeigten sie sich überzeugt, dass Lokale für gepflegte Musik auch in der Region Freiburg eine Zukunft haben.

 Bericht Seite 2

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"Wir zeigen gerne mal Provokatives"

 Die Freiburger Musikszene muss kämpfen. Die Konkurrenz in anderen Städten schläft nicht. Geringe Zuschauerzahlen sind keine Ausnahme mehr. Die FN haben sich mit den Programmatoren des Fri-Son, des Nouveau Monde und des Bad Bonn über Chancen, Probleme und Risiken beim Betreiben eines Musikclubs unterhalten.

 Pascal Jäggi (Text) und Corinne Aeberhard (Bilder)

 In der Freiburger Agglomeration teilt sich die Anhängerschaft von Rockmusik und ähnlichen Konzerten an Wochenenden meist auf drei Orte auf: Das Bad Bonn in Düdingen sowie das Nouveau Monde im alten Bahnhof und das Fri-Son im Perolles, beide in Freiburg. Alle drei müssen um ihr Publikum buhlen, einem gemeinsamen Gespräch in der Küche des Bad Bonn stand aber nichts im Wege.

 Untereinander sehen sich Daniel Fontana (Bad Bonn), David Unternaehrer (Fri-Son) und Sylvain Maradan (Nouveau Monde) nicht als Konkurrenten. Fontana ist seit zwanzig Jahren Mitbetreiber und Programmator des Bad Bonn. Unternaehrer ist seit dieser Saison verantwortlich für das Programm des Fri-Son, und Maradan leitet die Geschicke des Nouveau Monde seit dem Umzug in den alten Bahnhof 2007. Als "Historiker", wie er sich in dieser Runde scherzhaft bezeichnete, nahm auch Pablo Niederberger teil. Er war seit 1986 beim Fri-Son mit dabei. Neu übernimmt Niederberger die Programmation der Roten Fabrik in Zürich.

 Wo steht ihr heute eigentlich, mit welchen Problemen habt ihr zu kämpfen?

 Daniel Fontana: Das ist ganz unterschiedlich. Unser Problem ist, dass die Beiz aufgrund gesetzlicher Anpassungen nicht mehr so gut läuft. Früher konnten wir die Konzerte dank diesen Einnahmen bis weit über 90 Prozent quersubventionieren. Eine in dieser Höhe wahrscheinlich selten erreichte Zahl.

 Sylvain Maradan: Bei uns läuft auch nicht alles perfekt, nicht jedes Konzert ist gut besucht. Aber wir können das ausgleichen mit Veranstaltungen, die weniger anspruchsvoll sind.

 Klingt nicht gerade spannend. Welche Art von Veranstaltungen sind gemeint?

 Maradan: Partys kommen bei den Gästen sehr gut an. Ein paar DJ, ein Motto, populäre Musik. Das bedeutet für einen Programmator allerdings nicht so viel Arbeit und ist nicht immer befriedigend.

 David Unternaehrer: Wir haben unser Programm auch angepasst. So sind die Donnerstage seit dieser Saison auf die Studenten ausgerichtet, das hat sich bisher gelohnt. Angebote wie den Gratis-Dienstag haben wir hingegen gestrichen. Es bringt uns nichts, wenn immer nur 20 Leute kommen. Auch kleinere Anlässe gehen von den Produktionskosten her ins Geld.

 Gibt es Gründe, warum das Publikum nicht mehr automatisch an die Konzerte kommt?

 Pablo Niederberger: Es ist ja nicht so, dass niemand mehr kommen würde. Das Angebot ist aber grösser geworden. Die Clubs in Bern und Lausanne sind direkte Konkurrenten für das Fri-Son. Vor allem Lausanne ist in letzter Zeit aufgestiegen. Die Jungen gehen heute um sieben Uhr abends auf den Zug, verbringen die ganze Nacht in den Lausanner Clubs und fahren am Morgen zurück. Wir müssen um drei Uhr schliessen, wer von auswärts kommt, muss das Auto nehmen, was manche von der Fahrt nach Freiburg abhält.

 Kann das auf einen Mentalitätswandel der neuen Generation zurückgeführt werden?

 Unternaehrer: Für uns war es eben noch ein Statement, ins Fri-Son zu gehen. Nicht die Konzerte waren in erster Linie wichtig, sondern der Ort an sich, die alternative Kultur. Ich denke schon, dass heute für viele Besucher das Fri-Son einfach nur ein Konzertsaal unter vielen ist.

 Gerade das Fri-Son ist doch weit über die Kantonsgrenzen hinaus bekannt.

 Niederberger: Schon, aber wir haben an Exklusivität verloren. Wenn das "Docks" in Lausanne eine höhere Gage bezahlt, entscheiden sich viele Bands dafür.

 Unternaehrer: Es ist auch so, dass die angesagtesten Bands erst in einem Club in Zürich oder Lausanne oder auch an einem Sommerfestival spielen, bevor sie dann einige Monate später zu uns ins Fri-Son kommen. Das war nicht immer so, aber in dieser Hinsicht spielt Freiburg momentan in der zweiten Liga.

 Gibt es denn heue ganz einfach zu viele Konzerte?

 Fontana: Es gibt zu viele schlechte Konzerte! Deshalb bieten wir Neues und Exklusives. Vor kurzem hatten wir einen Typen hier, der mit einer Bohrmaschine funktionierende Laptops zerstört hat. Wir zeigen eben auch mal was Provokatives.

 Niederberger: Das muss finanziert werden, bei exklusiven Angeboten kommt nunmal nicht automatisch eine Menge Leute.

 Fontana: Da kommen die Subventionen ins Spiel. Die Region muss sich fragen, welches Kulturangebot sie präsentieren will. Ob nur reguläre Konzerte und überall Gesehenes gebucht werden soll, oder ob Darbietungen mit Erinnerungswert für eine Identität und Nachhaltigkeit, sprich Zukunft eines Clubs gefördert werden sollen.

 Also muss die Region die Clubs finanziell unterstützen?

 Fontana: Wir jammern nicht und es ist sicher nicht das Ziel, dass die Subventionen alle Kosten decken. Aber es muss auch mal gesagt sein, was unser Job bedeutet. Die Programmation ist ein Vollzeit-Beruf. Wer exklusive Bands finden will, muss täglich übers Internet auf dem laufenden sein. Wie gesagt, wir könnten uns die Arbeit leichter machen, aber dann wäre auch unser Anspruch auf Subventionen nicht gegeben.

 Geht die Rechnung "Grosse Konzerte finanzieren die kleinen", beispielsweise im Fri-Son, nicht auf? 1200 Leute, die 40 Franken zahlen, das muss doch Geld geben.

 Unternaehrer: Nur weil das Fri-Son voll ist, verdienen wir noch keinen Haufen Geld. Weil die Gagen in letzter Zeit markant gestiegen sind, ist es für einen Club selbst bei den Bands, die viele Leute anziehen, schwierig, schwarze Zahlen zu schreiben.

 Fontana: Gewisse Verbindungen im Musikbusiness könnten von mir aus gestrichen werden. Agenten treiben die Angebote für ihre Bands in die Höhe. Wer nicht mithalten kann, bleibt aussen vor. Ich versuche, so oft wie möglich direkt mit den Bands in Kontakt zu treten.

 Wie geht es weiter? Bringt die Zukunft für die Freiburger Clubs Veränderungen?

 Maradan: Ich will qualitativ gute Konzerte für wenig Geld anbieten. Kürzlich hätte ich eine Band haben können, für die ich 35 Franken Eintritt hätte verlangen müssen. Das passt nicht ins Nouveau Monde.

 Unternaehrer: Wir wollen uns nicht nur auf grosse Namen und Partys konzentrieren, sondern weiterhin Platz für Neues und Unbekanntes bieten - für mich ist das die eigentliche "raison d'être" eines Clubs. Damit dies finanziell möglich bleibt, müssen wir das Gespräch mit der öffentlichen Hand, aber vielleicht auch mit privaten Sponsoren suchen.

 Fontana: Wir mussten uns schon ändern. Mit neuen Angeboten wie den Sonntagsbrunchs kommen Leute vorbei, die noch nie im Bonn waren. Eine neue Situation für uns, aber es funktioniert und macht Spass.

 Niederberger: Genau kann man das nicht sagen. Vor zehn, fünzehn Jahren waren wir oben, jetzt sind wir in einer schwierigeren Phase. Aber ich bin überzeugt, dass sich das wieder ändern wird.

 Fontana: Keine Angst, wir bringen Freiburg schon wieder in die Erste Liga der guten Musik zurück ...

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 Konkurrenz: Geld und Namen sind in Lausanne

 Im Gespräch mit den Freiburger Programmatoren fiel ein Name besonders oft, wenn es um Konkurrenz ging: Les Docks. Der Lausanner Club hat in den letzten Jahren insbesondere dem Fri-Son den Rang abgelaufen.

 Alte Bekannte des Fri-Son

 Ein Blick auf die Homepage des Clubs in Lausanne zeigt viele alte Bekannte. Bands, die auf ihrer letzten Tour noch im Fri-Son aufgetreten sind, wie die französisch-israelische Sängerin Yael Naim, das französisch-finnische Duo The Do oder Tiken Jah Fakoly, Reggaestar aus der Elfenbeinküste, treten in den nächsten Monaten im Docks auf. Selbst der schon traditionelle Auftritt der Westschweizer Electrorock-Pioniere The Young Gods vor Weihnachten findet nicht mehr im Fri-Son statt. Einziges Konzertdatum in der Romandie ist am 18. Dezember im Docks.

 Auch der Franzose Ben L'Oncle Soul tritt in dieser Woche vor ausverkauftem Haus im Docks auf. Noch im Frühling beglückte er das Publikum im Nouveau Monde. "Heute könnten wir ihn uns nicht mehr leisten", sagt Programmator Sylvain Maradan. Als Hauptgrund für den rasanten Aufstieg des Docks gelten in der Szene die Subventionen durch die Stadt. Seit 2007 bewegen sich die Gelder in der Höhe von jährlich rund 700 000 Franken. Das Fri-Son kommt mit dem momentanen Dreijahresvertrag auf 145 000 Franken pro Jahr von der Agglo (vorher Coriolis).

 Schon länger ein Thema

 Schon 2007 hatte Raphaël Kummer, damals Direktor des Nouveau Monde, kritische Fragen zur Höhe der Subventionen gestellt. Kummer, Mitglied von Petzi, dem Dachverband der nicht gewinnorientierten Konzertlokale, freute sich zwar, dass die alternative Kultur unterstützt wird, fand die Subventionen aber unverhältnismässig hoch, wie er in einem Communiqué festhielt. Vor allem die Programmation sei "nicht genau definiert".

 Mittlerweile hat sich das geändert. Am Anfang habe das Docks Mühe gehabt, die Programmatoren-Stelle zu besetzen, meint Daniel Fontana. Entsprechend seien die Bands noch 2007 und 2008 nicht überzeugt gewesen. "Das Docks wurde von den anderen Veranstaltungsorten deshalb unterschätzt", sagt Fontana. Heute sei die Position der Programmation stark, auch das mache den Erfolg aus, nicht nur das Geld allein, hält der Programmator des Bad Bonn fest. pj

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GAYNOSSINNEN
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20 Minuten 27.10.10

Homosexueller Rechtsrutsch

 ZÜRICH. Charmeoffensive der Linken auf die Gays: Mit radikalen Forderungen wollen die Juso die "Verbürgerlichung" der Gay-Community stoppen.

 In der Gay-Community der Schweiz tobt ein politischer Richtungskampf. Die Linke, traditionellerweise Anwältin der homosexuellen Minderheit, sieht ihre Felle davonschwimmen. Auf Parteiebene marschierte die Gay-SVP trotz erbitterten Widerstands an der Zürcher Gay Pride 2010 mit und vor kurzem hat sogar die CVP eine Arbeitsgruppe Homosexualität gegründet. Aber auch in der schwul-lesbischen Basis stellen Aktivisten aus allen politischen Lagern eine "Verbürgerlichung" der Gay-Bewegung fest. "Kapitalistische Unternehmen haben Schwule als finanzstarke Doppelverdiener entdeckt. Sie geben nun vor, die Interessen der Schwulen und Lesben zu unterstützen", sagt Florian Vock, Vorstand der Juso-Gruppe GaynossInnen. Die Folge sei eine "erschreckende Oberflächlichkeit der Homo-Community".

 SVP-Gay-Politiker Thomas Fuchs bestätigt den Wandel nach rechts, ortet aber eine andere Ursache: "In der Schweiz war die Islam-Debatte ein Mitauslöser. Viele traditionell linke Gays haben wegen der akuten Schwulenfeindlichkeit vieler islamischer Länder gegen Minarette in der Schweiz gestimmt - und dabei gemerkt, dass sie eigentlich gar nicht mehr links sind."

 Die GaynossInnen wollen dem nicht tatenlos zusehen: In einem radikalen Positionspapier skizzieren sie deshalb eine Fortsetzung der gesellschaftlichen Befreiung der Homosexuellen (siehe Box). "Wir fordern die Aufhebung sämtlicher Normen bezüglich Sexualität, Geschlecht und Familienmodell", so Vock. Dabei sollen auch neue, "homosexistische" Normen ge-sprengt werden: "Zum Beispiel die Norm, dass homosexuelle Männer immer gut angezogen sein müssen."  

Gaudenz Looser

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 Familien ohne Verwandtschaft

 ZÜRICH. Unter anderem fordern die GaynossInnen, dass:

 die Geschlechterbegriffe "männlich" und "weiblich" aufgehoben werden.

 die sexuelle Orientierung und Partnerschaftsbegriffe von jeglichen Normen befreit werden (z. B. Beziehungen mit mehr als zwei Beteiligten).

 die Familie nicht mehr auf biologischer Verwandtschaft basiert, sondern als soziales Netzwerk ohne Norm funktioniert (ein Kind soll auch vier Eltern haben dürfen).

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DJANE
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Basler Zeitung 27.10.10

DJing ist auch Frauensache

 DJane Rubinia erhält den Chancengleichheitspreis beider Basel

 David Wohnlich

 Früher legten sie einfach Platten auf, heute sind sie eigenständige Künstlerinnen an den Plattentellern: Die Disc Jockeys, kurz DJs. Rubinia hilft Mädchen dabei, sich in dieser Kunst zu verwirklichen und zu DJanes zu werden.

 Solange die Lautsprecher noch schweigen, glaubt man sich eher in einem fröhlichen feministischen Kurszentrum zu befinden als in einer Disco. In einem Bücherregal reihen sich entsprechende Titel aneinander; eine Längswand ist zur einen Hälfte mit sexistisch-rassistischen Frauenbildern, zur anderen Hälfte mit positiven Frauenbildern bepflastert; in einem Ständer drängen sich Dutzende von Flugblättern und Prospekten zu feministisch motivierten Kursangeboten und Veranstaltungen.

 "Das ist unumgänglich", meint DJane Rubinia, mit bürgerlichem Namen Mithras Leuenberger. DJing, die Kunst an den Plattentellern, sei noch immer eine Männerdomäne - unterstützt von Medien, etwa Fachzeitschriften, in denen Frauen so gut wie gar nicht vorkämen. Dies, obwohl es viele erfolgreiche DJanes gebe.

Zuerst das Handwerk

Damit es noch mehr werden, hat DJane Rubinia die erste Schule für weibliche DJs, eben DJanes, aufgemacht. Hier lernen Mädchen und Frauen in zwei- oder dreitägigen Kursen oder in ausgedehnteren Intensivkursen zunächst das Handwerkliche, das heute das blosse Plattenauflegen oder CD-Einschieben bei Weitem übersteigt. DJanes kombinieren einzelne Beats mit anderen, bauen Sets (Abfolgen von Musiktiteln oder Fragmenten daraus) gleichsam dramaturgisch auf, tragen selber durch Scratching, durch das rhythmische Hin- und Herbewegen von Schallplatten, zum Klanggeschehen bei, gestalten die Sets intuitiv, indem sie die Stimmung in der Disco wahrnehmen und musikalisch umsetzen.

 Technik und deren kreative Anwendung sind Inhalte der ersten beiden Ausbildungsphasen - wobei bereits hier ein Aspekt der Emanzipation mitschwingt, denn Mädchen und Frauen, so DJane Rubinia, verstünden wesentlich mehr von Technik, als ihnen selber oft bewusst sei. Eine dritte Ausbildungsphase thematisiert dann konkret die Frauenfrage; hier geht es darum, dass die Mädchen und Frauen selbstbewusst entwickeln, was sie bereits mitbringen. Dabei kann es nicht vermieden werden, das Frauenbild anzusprechen, das in den Szeneköpfen herumgeistert: Der DJ ist ein männlicher Titan; die Mädchen und Frauen sind Chicks, die als sexy aussehende Garnitur willkommen sind, die aber etwas störend wirken, wenn sie plötzlich selber Kreativität entwickeln.

 Kombination

DJane Rubinia glaubt, dass diese Kreativität spezifisch weiblich sein kann: "Männer kategorisieren sich. Anhänger eines Stils grenzen sich gegen andere Stilarten ab." Frauen seien hier offener, liessen sich nicht "schubladisieren", kombinierten gern verschiedene Stilrichtungen.

 Die Mädchen und Frauen, die DJane Rubinias Kurse besucht haben, haben es auf dem männerdominierten Markt des DJing genauso schwer und treffen auf die geschlechtsspezifischen Hürden wie in allen anderen Arbeitsbereichen auch. "DJanes? Weibliche DJs? Warum braucht es das denn überhaupt?" sei eine oft gehörte Frage. Dennoch machen DJane Rubinias Schülerinnen ihren Weg - als kompetente Hobby-DJanes bis hin zu Profis, die - so ist zu hoffen - frischen, kreativen Wind in die Szene tragen und so auch vermehrt Frauen in die Discos locken - ohne dass diese, wie es vorläufig noch der Brauch ist, mit freiem Eintritt oder Gratisgetränken herangeködert werden müssen.

 Die künstlerische, vor allem wohl auch die gesellschaftliche Bedeutung von DJane Rubinias Tätigkeit wurde nun auch von den Fachstellen für Gleichstellung von Frauen und Männern in den beiden Basler Kantonen erkannt - und wird dadurch gewürdigt, dass ihr heute der Chancengleichheitspreis beider Basel verliehen wird. Nach einem Gespräch mit der heiteren, intelligenten Künstlerin mag man es etwas merkwürdig finden, dass es diesen Preis überhaupt geben muss, und man mag sich mit ihr zusammen vorstellen, dass er dereinst überflüssig wird. "Geschlechterfriede ist eine Voraussetzung für den Weltfrieden", meint sie. Daran arbeitet sie, und der Preis würdigt diese Arbeit.

 > http://www.chancengleichheitspreis.ch > http://www.rubinia-djanes.ch

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ANTI-FEMINISMUS
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Indymedia 27.10.10

Baustelle 'Emanzipation' ::

AutorIn : Amt für Frauenkampf         

Heute früh haben wir in den öffentlichen Verkehrsmitteln mit Plakaten auf die Baustelle 'Emanzipation' hingewiesen. Auf der Pestalozziwiese haben wir eine riesige Tafel zur Information über den Umbau aufgestellt.
http://ch.indymedia.org/images/2010/10/78361.jpg

Der Umbau ist in drei Teile gegliedert:
Die 1. Bauetappe, den 'Antifeministen' den Raum zu nehmen, wird am 30.Oktober abgeschlossen sein. Wir haben genug von den gängigen Sexismen unserer Gesellschaft. Den Rollback, der die wenigen, aber wichtigen Errungenschaften bezüglich der Gleichstellung zu überrollen droht, stoppen wir. Wir stellen uns René Kuhn und seinen 'Antifeministen' entgegen, welche im Zuge eines allgemeinen Rechtsrutschs gegen die Emanzipation Stimmung machen.
Die 2. Bauetappe ist, gleicher Lohn für gleiche Arbeit zu erkämpfen.Weiter muss endlich eine gerechte Aufteilung von Produktion und Reproduktionsarbeit stattfinden. Es gibt keine typische Frauen- bzw.Männerarbeit.
Die 3. Bauetappe ist, Kapitalismus und Patriarchat zu zerschlagen.
Ohne die Ueberwindung des Kapitalismus mit seinen spezifischen Ausbeutungsmechanismen der Frau - Doppelbelastung, prekäre Arbeitsbedingungen, Zuteilung der Haus- und Erziehungsarbeit - wird es keine gleichberechtigte, emanzipierte Gesellschaft geben!

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tagesanzeiger.ch 27.10.10

"Amt für Frauenkampf der Stadt Zürich" ruft zur Gewalt auf

Felix Schindler

 Linksautonome fordern auf Plakaten in öffentlichen Verkehrsmitteln, den "Sexisten aufs Maul zu geben". Und sie tun so, als stünde die Stadt hinter den Plakaten.

 Ein gewisses grafisches Geschick kann man den Linksautonomen nicht absprechen: Die Plakate, die sie heute Mittwochmorgen in öffentlichen Verkehrsmitteln aufgehängt haben, sehen aus, als seien sie von der Stadt gedruckt worden. Die Farbe von Hintergrund und Schrift und die Typografie erinnern an die städtischen Plakate, mit denen die Bevölkerung über Baustellen informiert wird. Sogar das Logo ist von jenem der Stadt inspiriert, und gezeichnet ist es vom "Amt für Frauenkampf der Stadt Zürich".

 Doch der Inhalt verrät sofort, dass es sich dabei um die jüngste Aktion von Linksautonomen gegen ein Treffen von Antifeministen handelt. Letztere haben angekündigt, sich am Samstag im Giardino Verde zu versammeln, worauf Linksautonome das Gemeindehaus Uitikon, die Werbetafel des Giardino Verde und das Haus des Pächters Giusep Fry verschmierten. Jetzt rufen sie dazu auf, "den Sexisten aufs Maul zu geben."

 Alle Plakate bereits wieder entfernt

 Auf den Plakaten ist die Rede von drei "Bauetappen", wobei die erste bereits am kommenden Samstag abgeschlossen sein soll. Bei dieser gehe es darum, "den Antifeministen den Raum zu nehmen". In einem Bekennerschreiben teilen die Urheber mit, sie würden sich "René Kuhn und seinen ‹Antifeministen› entgegenstellen". Ob die Urheber diese "Bauetappe" zu ihrer Zufriedenheit abschliessen werden, ist fraglich: Die Antifeministen haben angekündigt, ihr Treffen an einem geheimen Ort durchzuführen.

 Die Plakate wurden in verschiedenen Trams aufgehängt, bestätigt VBZ-Sprecherin Daniela Tobler auf Anfrage von Tagesanzeiger.ch. Sie seien inzwischen alle entfernt worden. Die Plakate haben exakt dasselbe Format wie die Werbungen, welche die VBZ an ihre Werbekunden verkauft. Die VBZ ist über die Aktion alles andere als erfreut: "Das ist nicht legal, verärgert unsere Werbekunden und könnte die Fahrgäste vor den Kopf stossen", sagt Tobler.

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Tagesanzeiger 27.10.10

Geheimes Lokal für Antifeministen

Schneebeli Daniel

 Uitikon - Das erste internationale Antifeminismus-Treffen findet am Samstag definitiv nicht im Restaurant Giardino Verde und nicht in Uitikon, sondern an einem anderen, geheim gehaltenen Ort statt. Grund sind die Drohungen eines anonymen Bündnisses gegen das Treffen (TA vom 25. Oktober). Markus Haubensak, Mitglied der IG Anti-Feminismus und Mitbesitzer des Giardino Verde, teilte gestern Abend mit, die IG sei mit dem Caterer, dem Uto-Kulm-Hotelier Giusep Fry, zum Schluss gekommen, auf die Veranstaltung in dem Lokal zu verzichten. Man wolle keine Plattform für Gewalt bieten. Die rund 150 Teilnehmer würden über den neuen Veranstaltungsort informiert. Die Antifeministen forderten die Polizei auf, mit Hochdruck nach den Aktivisten zu suchen. Gemäss unbestätigten Berichten handelt es sich bei ihnen teilweise um die gleichen Personen, die letzten Herbst einen Uni-Hörsaal besetzt hielten. Auch damals blieben die Aktivisten unter dem Namen "Uni von unten" anonym. (sch)

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NZZ 27.10.10

Antifeministen nicht in Uitikon

 Anzeige gegen Linksaktivisten

 fbi. · Das Antifeminismus-Treffen, das am 30. Oktober stattfinden soll, wird nun nicht in Uitikon, sondern an einem anderen, nicht genannten Ort durchgeführt werden. Laut einer Medienmitteilung der Organisatoren sind die Interessengemeinschaft und der Eigentümer des Restaurants Giardino Verde bei Gesprächen übereingekommen, das geplante Treffen aus Sicherheitsgründen nicht in Uitikon durchzuführen. Wie Markus Haubensak, der Besitzer des "Giardino Verde", sagt, werden die Teilnehmer vom Veranstalter am Samstagmorgen über den Ort des Treffens informiert. Es würden etwa 150 Personen erwartet. Ebenfalls wollen die Veranstalter strafrechtlich gegen die Linksaktivisten vorgehen, und zwar "wegen öffentlicher Aufforderung zu Gewalttätigkeiten" und um Schadenersatz für die entstandenen Kosten zu fordern, wie René Kuhn, der Gründer und frühere Präsident der SVP der Stadt Luzern, sagt.

 Die Aktivisten hatten in der Nacht auf Montag das Uitikoner Gemeindehaus mit Farbe besprayt (NZZ 26. 10. 10) und mit der Parole "Gemeinsam gegen Sexismus und Antifeministen" zu einer Kundgebung gegen das Treffen auf dem Uitikoner Dorfplatz aufgerufen. In einem anonymen Begleitschreiben bezeichnete das "Bündnis gegen das Antifeminismus-Treffen" die Veranstaltung als "grossräumigen ideologischen Angriff auf feministische Errungenschaften".

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Limmatthaler Tagblatt 27.10.10

Im Geheimen statt im "grünen Garten"

 Uitikon Organisatoren wollen Antifeminismus-Treffen durchführen - unbekannt ist, wo das sein wird

Matthias Kessler

 Und wieder eine Nacht, in der in Uitikon anonyme Sprayer umgingen: Laut Gemeindeschreiber Bruno Bauder wurde in der Nacht auf gestern Dienstag das Haus von "Uto Kulm"-Hotelier Giusep Fry verunstaltet. Zudem habe man, so Bauder, auch auf dem Gelände des "Giardino Verde" ungebetene Gäste gesichtet. Diese seien jedoch von den Wachleuten abgeschreckt worden.

 Bereits in der Nacht auf Montag waren das Gemeindehaus, ein Werbeschild für das "Giardino Verde" (siehe azLimmattaler Zeitung von gestern) und das Römerbad auf dem Dorfplatz mit Parolen wie "Feuer und Flamme dem Patriarchat" verschmiert worden. Verursacher sind Gegner des für den Samstag geplanten 1.Antifeminismus-Treffens im "Giardino Verde", Gärtnerei und Eventlokal in einem.

 Zu diesem Treffen aufgerufen hat die IG Antifeminimus (IGAF) von René Kuhn, Ex-Präsident der Stadtluzerner SVP, der im Sommer 2009 mit seinen Äusserungen zu Schweizer Frauen für Schlagzeilen sorgte. Nach eigenen Aussagen geht es ihm um eine Gleichstellung des Mannes gegenüber der Frau in Bereichen wie dem Scheidungs- und dem Sorgerecht. Rund 150Anmeldungen sind gemäss Kuhn für den Anlass eingegangen, auftreten werden sechs Referenten aus verschiedenen Organisationen, die ihre Auffassung aufzeigen.

 Strafklage der Organisatoren

 Die Veranstaltung findet nun jedoch definitiv nicht in Uitikon statt, wie die IGAF in einer von Markus Haubensak, Verwaltungsratspräsident der Winanatura AG, Eigentümerin des "Giardino Verde" (siehe Kontext), gestern Abend verbreiteten Mitteilung schreibt. Man sei zum Schluss gekommen, dass man "gegenüber Gewalt keine Plattform bieten will". Der neue Austragungsort werde geheim gehalten, die angemeldeten Teilnehmer würden "zu gegebener Zeit über den Ort informiert". Die Interessengemeinschaft bedauere, dass Vandalenakte verübt worden seien, dass dabei finanzieller Schaden entstanden sei, und dass "ihre friedliche Absicht mit illegalen Mitteln traktiert wird". Die Polizei wird aufgefordert, "mit allen möglichen Mitteln die Personen zu suchen, welche öffentlich zu Gewalt aufrufen".

 In einem im Laufe des Dienstagmorgens verschickten Communiqués hatte die IGAF bereits festgehalten, dass man "das 1.Internationale Antifeministen-Treffen durchführen" werde. Man habe ausserdem beschlossen, "gegen diese linksautonome Gruppierung Strafklage einzureichen wegen öffentlicher Aufforderung zu Gewalttätigkeiten". Ebenso werde eine Schadenersatzforderung für die entstanden Kosten gestellt.

 Dispositiv wird aufrecht erhalten

 Um die Sicherheit macht sich die Gemeinde Uitikon weiterhin Sorgen. "Wir halten den Kontakt zur Kantonspolizei", hatte Gemeindeschreiber Bruno Bauder noch vor der Bekanntgabe der Verlegung des Veranstaltungsorts erkärt - schliesslich sei, so Bauder, in den letzten Tagen grossflächig zu einer Demonstration am Samstag gegen das Treffen aufgerufen worden. Auch wenn sich die Antifeministen nicht in Uitikon träfen, stehe nicht fest, dass keine Demonstranten in die Gemeinde kämen.

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Basler Zeitung 27.10.10

Antifeministen machen mobil

 Linke drohen mit Gewalt

 Geheimtreffen

Die Aktionen Zürcher Linksaktivisten gegen das für Samstag geplante "erste internationale Antifeminismus-Treffen" reissen nicht ab: Nach dem Gemeindehaus von Uitikon, einer Ortschaft an der Zürcher Stadtgrenze, ist gestern auch das Privathaus des Wirts Giusep Fry versprayt worden. Dieser hätte die Antifeministen in Uitikon bewirten sollen, zog sich jedoch zurück. Jetzt ziehen die Organisatoren um den Provokateur René Kuhn die Konsequenzen: Sie verlegen das Treffen an einen "geheimen Ort".

 Auch Männerorganisationen kritisieren den Auftritt der Antifeministen - aber mit Worten: "Sie stellten zwar berechtigte Fragen", heisst es bei männer.ch, dem Dachverband der Schweizer Männer- und Väterorganisationen, "haben aber untaugliche Antworten."  
te/mz  > Seite 2

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Antifeministen flüchten in Untergrund

 Zürcher Treffen wird nach Drohungen am Samstag an einem geheimen Ort durchgeführt

 TIMM EUGSTER, Zürich

 Die Antifeministen um den Provokateur René Kuhn geben nicht auf: Sie wollen sich mit ihren Gesinnungsgenossen treffen - jedoch nicht wie geplant in Uitikon, sondern an einem geheimen Ort. Denn linke Aktivisten wollen ihnen "aufs Maul geben", und Uitikon prüfte gar ein Verbot.

 Markus Haubensak, der gebürtige Basler Unternehmer und Besitzer des Event-Gartenlokals Giardino Verde im zürcherischen Uitikon, würde die erwarteten 150 Antifeministen am Samstag von Herzen gerne bei sich beherbergen. Schliesslich ist er selber Mitglied der "Interessengemeinschaft Antifeminismus (IGAF)" und ein "vom Sorgeunrecht betroffener Vater".

 Haubensak ist von der IGAF denn auch als Freund "Tausender rechtloser Väter" gefeiert worden, nachdem das Restaurant Waid die Reservation der Antifeministen storniert hatte. Weil der Wirt nichts mit René Kuhn zu tun haben wollte, der Feministinnen vor einem guten Jahr als "zerlumpte Vogelscheuchen" bezeichnet hatte. Genau wie die Zürcher Kantonalbank, die der Organisation des ehemaligen Präsidenten der SVP Stadt Luzern kein Konto eröffnen wollte.

 Doch jetzt hat Haubensak kalte Füsse bekommen. Wie sein Caterer Giusep Fry, der am Montag seine Zusage zurückgezogen hat, die Antifeministen in den lauschigen tropischen Gewächshäusern am Üetliberg zu bewirten. "Wir wollen keine Plattform für Gewalt bieten", so Haubensak zur BaZ. Der Gärtnereibesitzer fürchtet wie die Gemeinde Uitikon Schlachten zwischen linken Aktivisten, Antifeministen und Polizisten. Denn seit Tagen rufen linke Aktivisten für Samstag zur "lautstarken" Kundgebung in Uitikon auf, garniert mit Aufrufen wie "Den Antifeministen aufs Maul geben!" oder "Frau Soll: Antifeministen verjagen sinnvoll und toll!" Mitglied im "Bündnis gegen das Antifeminismus-Treffen" ist unter anderem der von gewalttätigen 1.-Mai-Nachdemos bekannte Revolutionäre Aufbau.

 Gestern Morgen hat Haubensak bei der Gemeinde Uitikon angefragt, ob sie bei der Suche nach einem Alternativ-standort helfen könne. Doch diese dachte nicht daran - sondern prüfte, ob man die Veranstaltung nicht schlicht verbieten könnte. Schliesslich, so Gemeindeschreiber Bruno Bauder, gefährdeten nicht nur die Linksaktivisten Ruhe und Ordnung, sondern auch die Veranstalter, die sie provozierten. Ein rechtsstaatlicher Balanceakt, der sich Uitikon jetzt sparen kann: Nach einem Verhandlungsmarathon gab die IGAF gestern Abend bekannt, dass sie das Treffen nicht in Uitikon, sondern an einem anderen Ort in der Region Zürich durchführen werde, der den Angemeldeten erst unmittelbar vor Beginn mitgeteilt werden soll.

 Doch wo auch immer das Treffen stattfinden wird: Die Linksaktivisten dürften Wind davon kriegen. "Das ist uns absolut klar", räumt Haubensak ein. Und verspricht: "Aber die Polizei wird auch dort sein."

 NEUER FARBanschlag. Dass sie ihre Drohungen ernst meinen, haben die Aktivisten bereits in der Nacht auf Montag demonstriert, als sie das Uitiker Gemeindehaus mit einem zur Faust geballten Frauen-Symbol - dem Logo militanter Feministinnen - versprayten. In der Nacht auf gestern wurde nun ein Farbanschlag auf Fassade, Vorplatz und Garagentor des Privathauses des Caterers Giusep Fry verübt, wie die Kantonspolizei gestern gegenüber der BaZ bestätigte. Unterdessen hat sich auf der Internetplattform Indymedia eine "Aktion gegen IGAF" dazu bekannt. Und bereits am vergangenen Samstag haben rund 50 Männer und Frauen einen Bauzaun bei der Zürcher Sihlpost in 70er-Jahre-Manier kunstvoll mit Slogans gegen die Antifeministen verziert.

 Ihre Aktionen begründen die Linksaktivisten mit Zitaten von der Website der Antifeministen wie dem folgenden: "Der Feminismus ist die skrupellose Gewerkschaft bestimmter Frauen mit Minderwertigkeitskomplexen, Grössenwahnsinn und verqueren Männlichkeitsphantasien." Kuhn bezeichnet den Feminismus zudem als "menschenverachtende Ideologie" und rückt ihn symbolisch an den Platz des Nationalsozialismus: Das Logo der IGAF besteht aus einem Männchen, welches das Logo militanter Feministinnen im Papierkorb entsorgt - genau so, wie im Logo der Antifaschisten das Nazi-Symbol im Papierkorb entsorgt wird. Die Linksaktivisten schwingen ihrerseits unterschwellig die Nazikeule, indem sie den Slogan "Keinen Fussbreit den Faschisten" zu einem "Keinen Fussbreit den Antifeministen" machen.

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Männer fühlen sich diskriminiert

 Viele Männer sind unzufrieden, aber mit den Antifeministen solidarisieren wollen sie sich trotzdem nicht

 Monika Zech

 Hohe Unterhaltszahlungen und kleines Mitspracherecht bei der Erziehung ihrer Kinder sind die Hauptthemen der Männer, die unzufrieden sind. Aber nicht alle wollen deswegen gegen den Feminismus wettern.

 Der Mann, nennen wir ihn Erich, ist einer der vielen Männer in der Schweiz, dessen Ehe nicht gehalten hat. Erich lebt seit drei Jahren getrennt von Frau und Kind, seine Tochter ist acht Jahre alt. Seit drei Jahren muss Erich mit wenig mehr als dem Existenzminimum auskommen, gut die Hälfte seines Lohns gehört laut Trennungsvereinbarung Frau und Kind. "Ich will, dass es ihnen gut geht, deshalb habe ich diese Vereinbarung unterschrieben", sagt er. Aber eine gewisse Verbitterung ist nicht zu überhören: "Sie kann den Besitzstand wahren, ich mir nicht mal mehr Ferien leisten." Zusammen mit ihrem eigenen Lohn habe seine Frau monatlich fast 9000 Franken zur Verfügung. "Frauen fahren bei einer Trennung in der Regel einfach besser", meint Erich, und das sei ungerecht.

 Realität

Anita Thanei, SP-Nationalrätin und Rechtsanwältin, sieht das etwas anders. "Grundsätzlich sind die Regelungen im Scheidungsrecht geschlechtsneutral, aber die Männer bezeichnen sie als diskriminierend, weil sie nicht von den Tatsachen ausgehen." Davon, sagt Thanei, dass sich auch während der Ehe mehrheitlich die Mütter um die Kinder kümmern und dass die Gerichte bei ihren Entscheiden diese Realität berücksichtigten. "Bei einem Paar, das im partnerschaftlichen Modell gelebt hat, wird das vom Gericht im Fall einer Scheidung berücksichtigt", sagt Thanei. Und wenn beide berufstätig sind, koste es den anderen auch weniger. Anderseits sei die nach wie vor herrschende Lohnungleichheit bei den Frauen der Grund für das immer noch sehr verbreitete traditionelle Rollenmodell. "Es braucht also viele Korrekturen, um eine Änderung hinzukriegen", sagt Thanei.

 Um ein paar dieser Korrekturen kümmern sich die Gleichstellungsbüros, dafür sind sie geschaffen worden. Das eidgenössische Büro für Gleichstellung etwa führt die Lohnungleichheit als einen ihrer Themenschwerpunkte auf - und die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz als weiteren. Themen, in denen die Benachteiligung der Frau im Zentrum steht. Und wo sind die Bedürfnisse der Männer?

 Zum einen, antwortet Patricia Schulz, die Präsidentin im Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann, habe man vor zwei Jahren eine repräsentative Studie zur sexuellen Belästigung publiziert, die erstmals die Männer nicht nur als Täter, sondern auch als Opfer untersucht. "Es gibt ausserdem zahlreiche Projekte aus dem Erwerbsleben, die wir mit Finanzhilfen unterstützen und von denen ausdrücklich Männer profitieren können", so Schulz.

 Übergangen

Markus Theunert, Präsident bei männer.ch, dem Dachverband der Schweizer Männer- und Väterorganisationen, ist damit nicht zufrieden. "Der Handlungsbedarf im heutigen Geschlechterdialog ist gross". Die Diskriminierung der Männer - wie etwa bei der Wehrpflicht oder beim Sorgerecht werde heute zu wenig berücksichtigt.

 "Es braucht nicht nur Frauenförderungsprojekte, sondern auch Buben- und Männerprojekte", sagt Theunert. Er, der als einziger "Männervertreter" in der eidgenössischen Kommission für Frauenfragen sitzt, ärgert sich denn auch darüber, dass er mit seinem Antrag "für eine geschlechtsneutrale Umbenennung der Kommission" bei seinen Kommissionskolleginnen abgeblitzt ist. "Das Bewusstsein für Männeranliegen ist offenbar noch zu wenig vorhanden." Dennoch distanziert er sich von den Antifeministen. Er findet "ihre Fragen zwar berechtigt, aber die Antworten darauf falsch." Zudem im Ton daneben. Es gehe nicht an, den Feministinnen einseitig die Schuld für das, was falsch läuft, zuzuschieben.

 Selbst Erich, der den finanziellen Beitrag für seine Frau als ungerecht hoch bezeichnet, mag nicht in den Chor der Antifeministen einstimmen: "Das sind Männer, mit denen ich mich nicht solidarisieren kann", sagt er. "Die sehen Frauen hinter dem Herd und als Vorzeigeobjekt."

 Immerhin, ein Anliegen vieler Männer ist auf gutem Weg: Die Botschaft zur Gesetzesänderung für ein gemeinsames Sorgerecht ist gemäss Auskunft beim Eidgenössischen Justizdepartement, die neue Departementschefin Sommaruga werde demnächst darüber entscheiden.

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Tageskommentar

 Verhärtete Fronten

 Monika Zech

 Was die sogenannten Antifeministen von sich geben, ist widerlich. Es ist widerlich, Frauen als geldgierige Elemente oder - wie das der Gründer dieser Gruppe gerne tut - als Vogelscheuchen zu bezeichnen. Männer, für die eine Frau nur hübsch auszusehen hat und zu Hause sitzen soll, sind selbst schuld, wenn sie bei einer Scheidung zur Kasse gebeten werden. Schliesslich können solche Frauen nicht plötzlich selber für ihren Lebensunterhalt aufkommen. Aber dank den feministischen Frauen und Müttern gibt es heute auch Männer, die für ihre Kinder da sein und mehr als nur die Rolle des Familienernährers übernehmen wollen. Männer, die wissen, wie man ein krankes Kind behandelt oder wie man einen Eintopf auf den Tisch bringt. Ja, es gibt wirklich gute, engagierte Männer. Und die wollen keinen Rückschritt in die Zeiten ihrer Grossväter. Diese fordern aber zu Recht bessere Bedingungen für das Leben, das sie führen möchten. Sie wollen familienfreundliche Arbeitsplätze, auch andere Männerbilder als die ewiggestrigen - und sie brauchen Frauen, die mitmachen. Solche, die bereit sind, zum Lebensunterhalt beizutragen, und ihnen gerne die Kinder anvertrauen. Das sollte nun auch in den Gleichstellungsbüros begriffen werden, die sich immer noch am liebsten mit den altbekannten Themen beschäftigen: mit Lohnungleichheit, sexueller Belästigung und so weiter. Unbestritten wichtige Themen. Aber es ist jetzt Zeit, auch an die Männer zu denken. monika.zech@baz.ch

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Bund 27.10.10

Meinungen

 Militanz Demodrohungen und ein Anschlag verhindern die Antifeministen-Tagung in Uitikon - muss das sein?

Der Mob des politisch Korrekten

Thomas Widmer

 Das Prinzip der Meinungsfreiheit ist hierzulande anerkannt. Wird die Sache aber konkret, zeigt sich, wie schlecht Leute die Meinung anderer Leute ertragen. Am kommenden Samstag wollten in Uitikon gut 150 Personen zum "1. Internationalen Antifeminismus-Treffen" zusammenkommen. Dann gab es einen Farbanschlag auf das Gemeindehaus und eine Demodrohung von Linksaktivisten (der "Bund" berichtete). Der Druck, insbesondere auch gegen den Lokalbesitzer und den Caterer, hat Folgen: Man trifft sich jetzt anderswo, an einem geheimen Ort.

 Seltsam. Eigentlich haben wir im Land Versammlungsfreiheit. Gilt sie für Antifeministen nicht? Und wer entscheidet, welche Vereinigungen sich versammeln dürfen und welche nicht? Irgendein nächtlicher Stosstrupp?

 Ku-Klux-Klan ist anders

 Natürlich darf man mit diesen Antifeministen Mühe haben. Oberorganisator René Kuhn hat sich mit seinem Gerede über "Vogelscheuchen-Emanzen" diskreditiert. Anderseits sind die Menschen, die das Treffen besuchen wollen, keine Nazis, keine Skinheads, keine Ku-Klux-Klanler. Und es ist auch nicht geplant, dass an dem Anlass Frauen Schreckliches angetan wird. Weder in Form wirklich bösartiger Ideen noch direkter Gewalt.

 Oder doch? Eine Blogschreiberin zieht von der Versammlung zu Uitikon eine direkte Linie retour zu den Hexenverbrennern von einst. Aber dann müsste man beispielsweise auch den kommunistisch geprägten Waadtländer Nationalrat Josef Zisyadis als Erben von Sowjetdiktator Stalin denunzieren. Beides ist auf dieselbe Weise schwammig und halbhistorisch.

 Das Programm von Uitikon wirkt nachgerade harmlos. Die Vortragsthemen verraten Männernöte, geboren zum Grossteil wohl aus Scheidungsfrust: "Schweizer Väter werden täglich betrogen" - "Gleichstellung ist tot, Richtigstellung tut not" - "Weshalb wir in der Schweiz das männerfeindlichste Familienrecht der Welt haben".

 Belächelte Ministrömung

 Der Feminismus ist längst gesellschaftlicher Mainstream und Teil des Staates, man denke an die Gleichstellungsbüros. Er hat die Frauen mittlerweile ein gutes Stück vorangebracht. Der Antifeminismus ist im Vergleich bloss eine belächelte Ministrömung. Ein Reaktiönchen. Ein Auffangbecken für empörte Geschiedene. Die Machtverhältnisse sind nicht so, dass in Uitikon der "Tipping Point" der Demokratie erreicht wird, also die Mehrheiten des sozialen Fortschrittes ins Kippen geraten.

 Das ist das, was an dem Protest irritiert: Er geriert sich als Notwehr der Unterdrückten; dabei sind Frauenanliegen mehrheitsfähig und ein permanentes Parlamentsthema.

 Bitte mehr Gelassenheit!

 Ein Mob der politischen Korrektheit hat sich da formiert. Eine Eintreibertruppe der richtigen Haltung. Was und wer von ihren Vorstellungen abweicht, wird niedergeschrien. Wird gnadenlos hysterisiert nach dem Prinzip "Wir wollen es gar nicht genauer hören".

 Wäre bitte mehr Gelassenheit möglich? Die Gewissheit, im Recht zu sein, gibt keinem das Recht, andere am Sprechen zu hindern. Die Freiheit des Andersdenkenden ist ein linkes Motto, muss aber für beide Seiten des Politspektrums gelten. Antifeministen sind kurios, aber keine Monster.

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20 Minuten 27.10.10

Farbanschlag auf Frys Haus

 UITIKON ZH. Bereits vor dem ersten eigentlichen Treffen der Antifeministen diesen Samstag ist die Stimmung auf dem Siedepunkt in der Nacht auf gestern bewarfen Aktivisten des "Frauenkampfs" das Haus von Giusep Fry mit Farbeiern. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen, wie Werner Schaub, Mediensprecher der Kantonspolizei, bestätigt. Fry war zunächst als Caterer des Treffens der Gruppe rund um René Kuhn vorgesehen. "In keiner Art und Weise habe ich eine solche Gewaltbereitschaft erwartet", so Kuhn. "Dass andere Meinungen kundgetan werden, ist völlig legitim - schliesslich leben wir in einer Demokratie." Den an Frys Haus entstandenen Schaden bedauert Kuhn zutiefst: "Es ist an der Polizei, etwas zu unternehmen. Wir lassen uns nicht einschüchtern!" Die IG Antifeminismus trifft sich an einem geheimen Ort - private Sicherheitskräfte und Polizei werden ebenfalls anwesend sein.  SUT

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antifeminismus.ch 26.10.10

Antifeminismus-Treffen findet statt

Internationales Antifeminismus-Treffen findet statt - aber nicht in Uitikon

Nach ausgiebigen Diskussionen sind die Interessengemeinschaft Antifeminismus IGAF und der Caterer zum Schluss gekommen, dass das am Samstag geplante Treffen der IGAF definitiv nicht in Uitikon stattfinden wird.

Die Interessengemeinschaft Antifeminismus IGAF ist zum Schluss gekommen, dass sie gegenüber Gewalt keine Plattform bieten will. Deshalb sind alle Beteiligten zum Schluss gekommen, das 1. Internationale Antifeminismus-Treffen nicht in Uitikon durchzuführen. Der Austragungsort wird geheim gehalten und die angemeldeten Teilnehmer werden zu gegebener Zeit über den Ort informiert.

Die IGAF führt ein Treffen mit Diskussionen durch, bei welchen sechs Referenten aus verschiedenen Organisationen ihre Auffassung abgeben. Die IGAF bedauert es, dass durch Vandalenakte Gebäude verschmiert wurden und dadurch ein finanzieller Schaden entstanden ist. Sie bedauert auch, dass ihre friedliche Absicht mit illegalen Attacken traktiert wird. Die IGAF fordert die Polizei dazu auf, mit allen möglichen Mitteln nach den Personen zu suchen, welche öffentlich zu Gewalt aufrufen und diese Personen zu verurteilen.

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Indymedia 26.10.10

Aktion gegen Giusep Fry ::

AutorIn : Aktion gegen IGAF         

Wir haben heute Nacht den Wohnort von Giusep Fry in Uitikon, dem des Giardino Verde, mit Farbe markiert.

Er kann seinen Cateringauftrag stornieren und auf Ruhe hoffen - als Pächter des Giardino Verde bleibt er in der Schusslinie.
Die Interessengemeinschaft Antifeminismus IGAF trifft sich am 30.10 im Giardino Verde in Uitikon um sich über ihre erzreaktionären Ideen auszutauschen.     
    
Sie betrachten Feministinnen als Männerhasserinnen, sie vermuten hinter jeglichen Gleichstellungsannäherungen feministische Strippenzieherinnen und sehen Feministinnen grundsätzlich als Männerunterdrückerinnen.

Dafür erhalten sie nun die Quittung!
Egal ob Räumlichkeiten, Catering oder anderweitige Unterstützung. Egal ob in der Stadt oder auf dem Land - Reaktionäre sind angreifbar!

Dieses Treffen reiht sich ein in eine allgemeine Rechtsentwicklung. Diese ermöglicht es, dass sich reaktionäre Kräfte aus ihren Löchern wagen und ihre Ideologien verbreiten. Ob fundamentale Christen auf der Strasse, da Antifeminismus-Treffen oder die Ausschaffungsinitiative der SVP, wir sagen:

Reaktionäre Kräfte sind angreifbar - immer und überall!
Antifeminismustreffen verhindern!

Gemeinsam - Kampf gegen Reaktion und Kapital!

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Newsnetz 26.10.10

Männer in der Opferfalle

Michèle Binswanger

 Linke wollen die Antifeminismus-Tagung verhindern - ein Fehler, findet -Redaktorin Michèle Binswanger.

 Fast scheint es, als folge die Posse um die erste internationale Anti-Feminismus-Tagung einem sorgfältig inszenierten Drehbuch. Nachdem diese doch eher obskure Gruppe ihre Pläne für ein erstes internationales Treffen publik gemacht hatte, regte sich bereits Unmut. Wirte weigerten sich, der Gruppe ihre Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, und die Zürcher Kantonalbank ZKB lehnte es ab, ein Konto für sie zu eröffnen. Doch nicht alle liessen es bei passivem Widerstand bewenden. Nachdem die Antifeministen mit dem Restaurant "Giardino Verde" in Uitikon endlich einen offiziellen Austragungsort gefunden hatten, sind nun mutmasslich linke Gruppen auf den Plan getreten: Bereits eine Woche vor dem Treffen wurde die Bauwand gegenüber der Sihlpost in Zürich mit Bildern, Symbolen und Texten beklebt, Flugblätter wurden verteilt, worin dazu aufgerufen wird, "den Chauvis vor den Latz zu hauen" und "Radau zu machen". In Uitikon wurden gestern zudem zahlreiche Liegenschaften mit Sprüchen und Logos besprayt. Das "Giardino Verde" hat die Antifeministen daraufhin wieder ausgeladen.

 Verfilzte Emanzen

 Der heftige Unmut gegen die Antifeministen mag in erster Linie am Aushängeschild der Gruppe liegen, als welches der bekannte SVP-Querulante René Kuhn dient. Ihm werden unter anderem Beteiligungen an Frauenhandel nachgesagt, vor allem aber hatte Kuhn mit abwertenden Bemerkungen über Frauen und Linke für Unmut gesorgt, die er als "ungepflegte, verlumpte, verfilzte Emanzen, die wie Vogelscheuchen rumlaufen" bezeichnet hatte.

 Doch gerade wer mit Kuhn und seinen Antifeministen nicht einverstanden ist, kann sich über den aggressiven Widerstand der Anti-Antifeministen nicht freuen. Ganz abgesehen davon, dass solche Aktionen übermässige Aufmerksamkeit für eine an sich obskure Gruppe generieren, stecken dahinter zutiefst antidemokratische Reflexe - die gerade auch vor dem Hintergrund der Geschichte der Frauenbewegung antiquiert, ja lächerlich wirken.

 Man mag das aus der Entwicklung der Frauenbefreiungsbewegung in der Schweiz erklären. Diese wurzelte nämlich in der Alternativbewegung und teilweise der Autonomiebewegung und griff zu radikalen Methoden, um ihren Anliegen zu Aufmerksamkeit zu verhelfen. Organisiert in unzähligen Selbsthilfe- und Arbeitsgruppen zu verschiedensten Themenbereichen, griffen sie auch immer wieder zu medienwirksamen Aktionen, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. 1975 unterbrachen Aktivistinnen der FBB die Herbstsession des Nationalrates, rollten Transparente aus, warfen nasse Windeln auf die Ratsmitglieder, weil sich der Nationalrat in der Frage eines straflosen Schwangerschaftsabbruchs quer stellte.

 Reaktionäre Antifeministen

 Doch heute stehen wir an einem ganz anderen Punkt. Die Gleichberechtigung ist stetig vorangeschritten und es ist tatsächlich an der Zeit, dass man sich darüber Gedanken macht, inwiefern Frauen noch benachteiligt werden, oder ob es nicht auch Bereiche gibt, in denen eine Gegenemanzipation der Männer angezeigt wäre. Stichwort tiefere Lebenserwartung und höhere Selbstmordrate bei Männern, die härtere Beurteilung von Männern vor Gericht, ihre Benachteiligung in Familien- und Sorgerechtsfragen, Frauengewalt und Männerdiskriminierung.

 Natürlich ist störend, dass die Antifeministen vom reaktionären Standpunkt aus argumentieren, ihre Opferperspektive in kämpferisch-verhärmtem Ton artikulieren und ziemlich humorlos wirken. Das, und dass sie die Zeit zurückdrehen und sich im Patriarchat wieder gemütlich einrichten wollen, sollte in der heutigen Zeit lächerlich genug wirken. Eine autonome Linke, die diesen Männern im Vorfeld Gewalt androht, ist da gar nicht nötig, ja, sie spielt einem René Kuhn tragischerweise sogar in die Hände. Erstens verleiht sie ihnen mehr Öffentlichkeit, als nötig wäre, zweitens bestätigt sie gerade die These von den aggressiven Feministen und Feministinnen. Kommt dazu, dass solche Aktionen natürlich genau so reaktionär und konservativ sind, wie die Positionen der Antifeministen selbst.

 Besser würde man die Antifeministen ihre Veranstaltung abhalten lassen. Oder, um es mit dem kolumbianischen Aphoristiker Nicolás Gómez Dávila zu sagen: "Die Parteigänger einer Sache sind in der Regel die besten Argumente gegen sie." Das trifft hier auf beide Seiten zu.

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antifeminismus.ch 26.10.10

Drohungen zum Antifeminismus-Treffen

Wegen massiver Drohungen von linksautonomen Gruppierungen gegen das 1. Internationale Antifeminismus-Treffen, werden zurzeit intensive Gespräche mit diversen Personen geführt. Leider können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht definitiv bekannt geben, ob wir das Treffen durchführen können. An erster Stelle kommt die Sicherheit für unsere Teilnehmer und wir führen das Treffen nur dann durch, wenn die Sicherheit garantiert ist.

Wie und wann das Treffen durchgeführt wird, wird im Verlaufe des heutigen Tages spätestens Abend feststehen. Die angemeldeten Teilnehmer werden informiert.

Zurzeit können wir den Medienvertretern keine Auskünft erteilen.

Wir danken für Ihr Verständnis.

Interessengemeinschaft Antifeminismus IGAF

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20 Minuten 26.10.10

Linke Drohungen erfolgreich: Anti-Feministen vor Rückzug

 ZÜRICH. Erfolg für die Linksextremen: Wegen neuen Vandalenakten erwägen die Anti-Feministen einen geheimen Austragungsort. Ein Rechtsexperte beklagt die massive Verletzung demokratischer Rechte.

 Die Linksautonomen hatten die Randale in Uitikon eigentlich erst auf Samstag angekündigt. Dann soll in der Zürcher Gemeinde im Restaurant Giardino Verde das erste internationale Anti-Feminismus-Treffen stattfinden. Doch die Aktivisten, die sich AG Frauen nennen, haben bereits gestern eine Kostprobe ihrer Zerstörungswut geliefert: Mehrere Liegenschaften, das Gemeindehaus, der Dorfplatz wie auch das Restaurant Giardino Verde in Uitikon wurden mit Sprüchen und Logos beschmiert. Auf der Internetseite Indymedia.org werfen sie der Gemeinde vor, dass sie sich nicht gegen das Anti-Feminismus-Treffen stelle.

 Der Uitiker Gemeindepräsident Bruno Bauder ist in Alarmbereitschaft: "Wir überprüfen, ob es rechtlich möglich ist, das Anti-Feminismus-Treffen zu verbieten." Auch Giusep Fry, Besitzer des Hotels Uto Kulm, der für das Catering im Giardino Verde zuständig ist, hat kalte Füsse bekommen. Gestern beschloss er, die Anti-Feministen nicht zu bewirten. Initiant René Kuhn überlegt sich jetzt, einen anderen Caterer zu engagieren oder aber "das Treffen an einem geheimen Ort" durchzuführen. Kuhn: "Das entsprechende Lokal hätten wir schon." Doch auch die Möglichkeit, das Treffen abzusagen, schliesst er nicht aus.

 Rechtsanwalt David Gibor findet dieses Vorgehen verkehrt: "Anstatt jene zu schützen, die ihr verfassungsmässiges Recht auf Versammlungsfreiheit ausüben wollen, kuscht man vor jenen, die öffentlich zu Gewalt aufrufen und sich damit strafbar machen." Auch unpopuläre Randgruppen hätten das Recht auf freie Meinungsäusserung. Gibor: "Verbietet man solche Treffen, noch dazu nach Gewaltandrohungen, untergräbt man Fundamente der Demokratie. Recht sollte Macht nicht weichen."
 
Désirée Pomper

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 Bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe für Linksaktivisten

 ZÜRICH. Laut dem Zürcher Rechtsanwalt David Gibor lassen sich gegen die Aktivisten der linksautonomen Gruppierung, die das AntiFeminismus-Treffen bedrohen, mehrere Straftatbestände prüfen. "Aussagen auf den Flugblättern wie ‹Gebt den Anti-Feministen aufs Maul› oder ‹Haut den Chauvis vor den Latz› sind als öffentliche Aufforderung zu Gewalttätigkeiten zu deuten", sagt Gibor. Auch der Tatbestand der Schreckung der Bevölkerung sei zu prüfen: "Durch die Flugblätterkampagne und die anschliessenden Sprayereien wird die Uitiker Bevölkerung erheblich verunsichert und in Angst versetzt." Auch riefen die Linksautonomen in den Flugblättern dazu auf, in Uitikon Radau zu machen. "Wenn zahlreiche Personen auf öffentlichem Grund zusammenkommen und mit vereinten Kräften Personen oder Sachen schädigen, kann dies Landfriedensbruch darstellen."Bei allen Tatbeständen drohten bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. dp

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Limmattaler Tagblatt 26.10.10

Aufruhr vor Antifeminismus-Treffen

Uitikon Sprayer übers Wochenende aktiv - Durchführung nach Gewaltandrohung auf der Kippe

Matthias Kessler

 Kämpferisch ist sie geballt, die Faust, umschlossen vom Kreis, der zusammen mit dem unten angefügten Kreuz das Symbol für die Frau vervollständigt. Und kämpferisch bis gar aufwiegelnd sind insbesondere auch die Parolen, die beim Symbol mit Hilfe einer Schablone hingesprayt wurden: "Gemeinsam gegen Sexismus", "Kein Millimeter dem Sexismus", und sogar "Feuer und Flamme dem Patriarchat" oder "Den Antifeministen aufs Maul geben".

 In Uitikon gingen übers Wochenende Sprayer um. Zum einen wurden, wohl in den Morgenstunden des Montags, die Nord- und die Ostfassade des Gemeindehauses verunstaltet, zum anderen fanden sich die Sprayereien auch auf der Tafel, auf der für das "Giardino Verde" als Eventlokalität Werbung gemacht wird.

 Anzeige wegen Vandalismus

 Grund für die Vandalenakte ist das für den kommenden Samstag geplante 1.Antifeminismus-Treffen im "Giardino Verde", das von René Kuhn und seiner Interessengemeinschaft Antifeminismus organisiert wird. Kuhn hatte vor rund einem Jahr erstmals von sich reden gemacht, als er, damals noch Präsident der Stadtluzerner SVP, sich abschätzig über das Erscheinungsbild von Schweizer Frauen, vor allem politisch links stehender Frauen, äusserte. Sein Antifeminismus-Treffen sollte zunächst im Restaurant Waid in Zürich stattfinden, wurde dann, nach der Absage der "Waid", ins "Giardino Verde" verlegt (siehe dazu auch azLimmattaler Zeitung vom 21.September).

 Bei der Gemeinde Uitikon ist man über den ganzen Aufruhr, der durch die Veranstaltung verursacht wird, verärgert. Die Gemeinde sei in den letzten Wochen, sagt Gemeindeschreiber Bruno Bauder, immer wieder im Zusammenhang mit diesem Treffen erwähnt worden. "Wir haben uns das nicht ausgesucht, müssen nun aber den Schaden tragen", so Bauder.

 Wegen der Sprayereien, im Laufe des frühen Montagnachmittags bereits wieder entfernt, habe die Kantonspolizei einen Rapport erstellt, wegen Vandalismus werde offizialrechtlich gegen unbekannt ermittelt, erklärt Bauder.

 Gegner des Treffens hatten sich mit einer Kundgebung bei der Zürcher Sihlpost am Samstag ein erstes Mal positioniert. Auf einer Bretterwand sprayten sie Parolen gegen Kuhns Interessengemeinschaft.

 Verbot dürfte schwierig werden

 Könnte die Gemeinde den Anlass nicht einfach verbieten? Da sehe er "eher schwarz", sagt Bauder; es handle sich um "einen privatrechtlichen Anlass in einem privaten Gebäude". Dem Gemeinderat gehe es deshalb vornehmlich darum, die Sicherheit der Bevölkerung während der Veranstaltung zu gewährleisten. Aus diesem Grund stehe man auch in Kontakt mit der Kantonspolizei.

 Auf das polizeiliche Dispositiv wolle sie nicht näher eingehen, hält Cornelia Schuoler vom Mediendienst der Kantonspolizei fest. Aber: "Wir beobachten die Vorkommnisse sehr genau. Wir sind in Kontakt mit den Behördenvertretern und werden gestützt auf unsere Erkenntnisse entsprechende Massnahmen treffen."

 Organisator Kuhn wiederum sieht die Aufregung um den Anlass als "eine Schweinerei, ein Armutszeugnis". Er habe bislang immer geglaubt, er lebe in einem Land, in dem die Meinungsfreiheit gross geschrieben werde. Und: Ihm gehe es nicht um eine Besserstellung des Mannes oder eine Schlechterstellung der Frau, sondern darum, auf existierende Ungleichbehandlungen zulasten des Mannes hinzuweisen. Gerade beim Scheidungsrecht oder in Sorgerechtsfragen sei der Mann benachteiligt. Könne der Anlass nun nicht in Uitikon durchgeführt werden, verfüge er jedoch über einen PlanB, so Kuhn, "aber den verrate ich nicht".

 "Erstaunt und erschüttert"

 Markus Haubensak, Verwaltungsratspräsident der Winanatura AG, zu der das "Giardino Verde" gehört, ist "erstaunt und erschüttert" über die Vorkommnisse, insbesondere über den Aufruf zu Gewalt. Über das weitere Vorgehen wolle man am Dienstag informieren.

 Eigenen Angaben zufolge nichts mit dem Anlass zu tun hat "Uto Kulm"-Besitzer Giusep Fry, der offizielle Caterer des "Giardino Verde". Für diese Veranstaltung gebe es keinen Vertrag mit den Organisatoren, so Fry. Ohne Details zu kennen, vermute er, dass das Treffen ausfallen werde.

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NZZ 26.10.10

Antifeminismus-Treffen im Gegenwind

 Dachverband der Schweizer Männerorganisationen distanziert sich vom Anlass

(fbi)

 fbi. · Das Antifeminismus-Treffen, das am 30. Oktober im "Giardino Verde" in Uitikon hätte stattfinden sollen, steht laut einem Bericht des Onlineportals "Tagesanzeiger.ch" auf der Kippe. Die Betreiber des Lokals wollen einen definitiven Entscheid am heutigen Dienstag bekanntgeben.

 Der Anlass, zu dem sich laut Angaben der Interessengemeinschaft Antifeminismus etwa 150 Personen aus dem In- und Ausland angemeldet haben, hatte bereits im Vorfeld hohe Wellen geschlagen. Linksaktivisten hatten mit der Parole "Gemeinsam gegen Sexismus und Antifeministen" zu Protesten gegen das Treffen aufgerufen (NZZ 25. 10. 10). Die Kundgebung sollte ebenfalls am 30. Oktober auf dem Uitikoner Dorfplatz stattfinden. In der Nacht auf Montag wurde zudem das Uitikoner Gemeindehaus mit Farbe besprayt. Davor mussten die Organisatoren auch den Veranstaltungsort wechseln, weil sich das Zürcher Restaurant Waid weigerte, die Lokalität für den Anlass freizugeben. Zudem lehnte es die Zürcher Kantonalbank ab, mit der Interessengemeinschaft eine Geschäftsbeziehung einzugehen und für sie ein Bankkonto zu eröffnen.

 Der Veranstalter des Antifeminismus-Treffens ist kein unbeschriebenes Blatt: Es handelt sich um den ehemaligen Präsidenten der SVP der Stadt Luzern, René Kuhn. Für Schlagzeilen sorgte er im letzten Jahr mit abschätzigen Bemerkungen über Frauen in der Schweiz. Diese bezeichnet er unter anderem als "verfilzte Weiber". Daraufhin musste er auf Druck seiner Partei von allen Ämtern zurücktreten. Umso eifriger pflegt der Informatiker seither sein Lieblingsthema, den Kampf gegen den Feminismus. In diese Richtung zielt auch sein neustes Machwerk "Zurück zur Frau - weg mit den Mannsweibern und Vogelscheuchen, ein Tabubruch".

 Dachverband distanziert sich

 Von dem Antifeminismus-Treffen klar distanziert hatte sich "männer.ch", der Dachverband der Schweizer Männer- und Väter-Organisationen. Ein Teil der Anliegen des Antifeminismus-Treffens möge zwar berechtigt sein, der Tonfall aber sei inakzeptabel, sagt dessen Präsident Markus Theunert. Er wehrt sich gegen einen Geschlechterkampf, der "einseitig (feministischen) Frauen die Schuld an den geschlechterpolitischen Verwerfungen zuschiebt". Der Verband strebe einen Dialog an. Dazu habe die Organisation mit dem eidgenössischen Gleichstellungsbüro und dem Dachverband der Frauenorganisationen "Alliance F" eine Plattform eingerichtet. Besonders auf Gesetzesebene bestehe dringend Nachholbedarf. Es müssten Rahmenbedingungen beispielsweise im Familienrecht oder beim Vaterschaftsurlaub geschaffen werden. Der Verband will aber auch auf unerwünschte Folgen traditioneller Männlichkeitsvorstellungen, wie bei der Jugendgewalt, aufmerksam machen, wie Markus Theunert sagt. Männer und Frauen gegeneinander aufzuwiegen, wie das Kuhn und seine Mitstreiter täten, sei dagegen wenig zielführend. Man dürfe auch nicht vergessen, dass die bisherige politische Agenda in Geschlechterfragen nicht von Feministinnen gemacht worden sei, sondern von der bürgerlichen Mehrheit im Parlament. Diese habe für die männerpolitischen Anliegen bisher wenig Gehör gezeigt.

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NLZ 26.10.10

Absage für Kuhns "Antifeminismus"

 Zürich sda. Die Interessengemeinschaft Antifeminismus um den früheren Luzerner SVP-Politiker René Kuhn hat Mühe, einen Austragungsort für ihr "Internationales Antifeminismus-Treffen" zu finden. Gestern haben der Grundeigentümer eines Areals im zürcherischen Uitikon sowie ein Catering-Service ihre Zusage zurückgenommen. Dies nachdem in der Nacht auf gestern ein Farbanschlag auf das Gemeindehaus Uitikon verübt worden war. Bereits früher hatte ein anderes Zürcher Restaurant seine Zusage widerrufen. René Kuhn trat 2009 aus dem Luzerner Stadtparlament zurück, nachdem er mit frauenfeindlichen Sprüchen für Schlagzeilen gesorgt hatte.

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Bund 26.10.10

René Kuhn Der ehemalige Luzerner SVP-Präsident organisiert das 1. internationale Treffen gegen den Feminismus.

 Der Antifeminist

Simone Rau

 Was er mag: Weine, Zigarren, Reisen, Fischen - und seine russische Frau Oxana. Was er nicht mag: "linke Emanzen", "zerlumpte Vogelscheuchen", überhaupt "Frauen, welche nichts auf ihr Äusseres geben und bei denen man zweimal hinschauen muss, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt". Diese Tiraden haben René Kuhn letzten Sommer die politische Karriere gekostet. Jetzt hat sich der ehemalige Luzerner SVP-Präsident mit seiner Antipathie für Feministinnen erneut ins mediale Rampenlicht begeben: Am Samstag lädt er im Giardino Verde in Uitikon zum ersten internationalen Antifeminismustreffen. 150 Personen haben sich angemeldet; auf dem Programm stehen sechs Vorträge zum Thema Gleichberechtigung aus männlicher Sicht.

 Mit dem Anlass löst Kuhn erneut eine Welle der Empörung aus. Doch dieses Mal sind es nicht die Frauen, die Widerstand leisten, sondern linke Aktivisten: Ein "Bündnis gegen das Antifeminismustreffen" ruft in Flugblättern zu einer Kundgebung am Samstag auf. Die gleichen 50 Frauen und Männer haben in der Nacht auf gestern das Gemeindehaus in Uitikon und die Werbetafel des Giardino Verde beschmiert. Dies hat Üetliberg-Hotelier Giusep Fry, der für das Catering des Lokals zuständig ist, zum Rückzug bewogen. Noch ist nicht klar, ob der Anlass stattfinden wird. Gespräche mit dem Besitzer sind im Gang.

 Kuhn selbst nimmt die Drohungen "nicht auf die leichte Schulter", wie er sagt. Er hat die Polizei eingeschaltet - und ärgert sich gewaltig. Es sei ein "Armutszeugnis, dass man dermassen eingeschüchtert wird. Und das in der Schweiz, wo eigentlich Meinungsfreiheit gilt." Sowieso kann er die Empörung über seine im April gegründete IG Antifeminismus, die inzwischen rund 1000 Mitglieder, davon 100 Frauen, hat nicht verstehen. "Der Name provoziert, ich weiss, aber es geht doch um die Inhalte! Gleiche Rechte und Pflichten für Frauen und Männer, Gleichberechtigung, wie es das Wort sagt - wer kann da etwas dagegen haben?" Er spricht laut, er spricht schnell, wenn er anfügt: "Wer sagt, ich sei ein Frauenhasser, redet dummes Zeug. Ich bin in Wirklichkeit ein Frauenliebhaber. Ein Frauenversteher." Das zeigten seine Zuschriften, die zu 80 Prozent von Frauen stammten, die seine Anliegen unterstützten. Ob das die Damen aus der Dominikanischen Republik, die er laut "Blick" einst an Schweizer Männer vermittelte, auch so sehen, erwähnt Kuhn nicht.

 Man merkt rasch: Der Mann mit der glatt polierten Glatze und der markanten Brille ist alles, nur kein Zweifler. Er vertritt seine Ansichten vehement - auch in seinem Buch "Zurück zur Frau. Weg mit den Mannsweibern und Vogelscheuchen, ein Tabubruch". Da schreibt der 43-jährige Informatiker über schlampige Ehefrauen und russische Businessladys, binationale Ehen und das Verdrängen der Weiblichkeit. Er klagt nicht nur an, sondern hat Tipps für die Frauen parat. Die klingen dann so: "Geniesst es, eine Frau zu sein. Es gibt für die Männer nichts Schöneres auf der Welt als eine attraktive Frau, welche Weiblichkeit ausstrahlt."

 Die Frau seiner Träume hat Kuhn in Oxana aus Russland gefunden. Auch in ihrem Leben spielen Frauen eine Rolle: Sie kümmert sich um die gemeinsame Tochter. Und sie malt Aktbilder. Nur die Geschmäcker der Eheleute sind verschieden. Oxana mag vollschlanke, ungeschminkte Frauen mit üppiger Intimbehaarung und Haaren unter den Armen. Mannsweiber eben.

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SQUAT ZH
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Tagesanzeiger 27.10.10

Ein Chelsea-Hotel am Uetliberg

 Die Atlantis-Besetzer pochen auf das Bedürfnis nach Freiräumen. Die Besitzerin will nicht mit den Aktivisten verhandeln.

 Von Beat Metzler

 Das frühere Luxushotel Atlantis soll in den nächsten Jahren als Unterkunft für Künstler dienen. Kulturschaffende sollen in den 150 Zimmern ihr Atelier einrichten und dort für ein paar Monate arbeiten. So würde der Betonbau am Fusse des Uetlibergs zu einem Hotel im Stil des Chelsea Hotels in New York, dem legendären "Künstlerhotel", in dem Maler, Musiker und Schriftsteller übernachten. Zusätzlich werde im Atlantis ein öffentliches Café entstehen. Das sagten Aktivisten der "Familie Donovan", die das Atlantis seit Freitag besetzt halten, an ihrer gestrigen Pressekonferenz.

 Wer Raum erhalte und wer nicht, werde in einem Auswahlverfahren entschieden. Es würden aber nur Künstler berücksichtigt, die sich für das Gesamtprojekt engagierten, erzählten vier Männer, die sich als Smiley, Super-Mario oder Donkey-Kong verkleidet hatten, alles Ikonen der späten 80er-Jahre. Heute Abend können Interessierte ihre Wünsche vortragen. Verschiedene Ideen, wie das Anlegen eines Gemüsegartens, sind schon eingegangen.

 "Längerer Aufenthalt"

 Wann der Betrieb startet, stehe noch offen. Erst müsse man eine Infrastruktur aufbauen. Das Projekt werde nicht-kommerziell geführt, sagten die Besetzer, die anonym bleiben wollen und sich über die Anzahl der Beteiligten ausschweigen. Als Grund für ihre Aktion führen sie die Raumknappheit in Zürich an. Es sei stossend, dass ein derart grosses Hotelgebäude leer stehe.

 Die Aktivisten haben bisher "nur" die oberen Stockwerke des Atlantis besetzt. Im Erdgeschoss befinden sich technische Anlagen für den Betrieb des benachbarten Guesthouse Atlantis. Zudem wird dort immer noch Hotel-Inventar liquidiert. Diese Abläufe wolle man nicht stören, sagten die Besetzer. Für Wasser und Strom komme man selber auf. Die Aktivisten stellen sich auf einen längeren Aufenthalt ein. Bis die Baubewilligung erteilt sei, könnten schnell zwei Jahre verstreichen. Den fehlenden Kontakt zur Besitzerin werten die Besetzer als Zeichen, dass dieser "die Argumente fehlen". Im Quartier liege die Sympathie auf ihrer Seite. Die Besitzergesellschaft Rosebud Héritage mit Sitz im waadtländischen Vich gibt auf Anfrage an, ein Gesprächsangebot der Aktivisten absichtlich nicht beantwortet zu haben. "Um uns an die Zürcher Gepflogenheiten zu halten, beraten wir zuerst mit unserem Anwalt", sagte der Verantwortliche Pierre Buyssens. Die Besetzung komme aber zu einem äusserst ungünstigen Zeitpunkt. Man wolle Ende Jahr die Baueingabe machen. "Für Abklärungen müssen wir immer wieder ins Hotel. Ausserdem werden wir eine Musterwohnung einrichten."

 Im Atlantis sollen 70 Eigentumswohnungen auf einer Gesamtfläche von 10000 Quadratmeter entstehen. Die Pläne hat das Zürcher Architekturbüro Atelier ww entworfen. Man habe sich schon mehrmals mit den Behörden getroffen, sagt Buyssens. Das Projekt sei weit fortgeschritten, vielleicht entstehe eine Wohnform mit Hotelservice.

 "Möglichst schnell bauen"

 Buyssens verteidigt sich gegen den Vorwurf, Rosebud Héritage habe das Atlantis zu lange leer stehen lassen. Die Gruppe habe schon mehrere Projekte für das Hotel verfolgt, unter anderem ein Heim für Demenzkranke. Man habe diese Vorhaben aber nicht mit vollem Elan vorantreiben können, weil der Verkauf anderer Hotels die Gesellschaft vereinnahmt habe. "Wir mussten zuerst die Zukunft des Royal Savoy in Lausanne, des Bürgenstockhotels und des Schweizerhofs in Bern regeln." Rosebud Héritage werde das Atlantis nicht verlottern lassen, bis sie einen Käufer finde, sagt Buyssens. "Wir streben schnellstmöglich eine Baubewilligung an, um die Wohnungen auf den Markt zu bringen." Mit den Aktivisten einen befristeten Vertrag zu vereinbaren, schliesst Buyssens deshalb aus. In Zürich gilt die Praxis, dass die Polizei besetzte Gebäude erst dann räumt, wenn die Besitzerin über eine Baufreigabe verfügt. Das Atlantis wurde 1970 als eines der modernsten Luxushotels der Schweiz eröffnet. Seit 2004 steht das Haus leer.

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Landbote 27.10.10

Besetzer planen im "Atlantis" Veranstaltungen

 sda

 Die Aktivisten, die das leer stehende Hotel Atlantis in Zürich besetzen, wollen mit dem Besitzer ein gutes Einvernehmen. Noch gabs keinen direkten Kontakt.

 zürich - Die maskierten Aktivisten, die sich Familie Donovan nennen, sagten gestern vor den Medien, sie hätten lediglich von dritter Seite jeweils etwas von den Besitzern gehört. Eigentümer des "Atlantis" ist die Rosebud Hotels Holding in Luxemburg. Die Projektleitung für eine neue Nutzung liegt bei der Westschweizer Firma Rosebud Héritage. Dass sie noch nichts Offizielles von den Besitzern gehört haben, deuten die Besetzer als "gutes Zeichen". Sie hoffen, bis zum Vorliegen einer Baubewilligung das Gebäude nutzen zu können.

 Obere Etagen genutzt

 Die Aktivisten nutzen die oberen Stockwerke. Für Wasser- und Stromkosten kommen sie auf. Die Anzahl der Bewohner schwanke, hiess es am Dienstag. Die Besetzer wollen im "Atlantis" öffentliche Veranstaltungen, Ausstellungen und Präsentationen durchführen und Labors zur Verfügung stellen. Jeder soll sich einbringen können. Im Vordergrund stehe die Zusammenarbeit verschiedener Gruppen, heisst es im "Atlantis-Anzeiger".Interessierte können ihre Ideen vorbringen. Diese werden diskutiert. Danach wird entschieden, wer Räume bekommt. Das Ganze soll zwar die Kosten decken, aber nicht gewinnorientiert sein, sagte ein Besetzer.

 Das Ende 1970 erbaute Hotel unweit des Triemlispitals war eines der ersten modernen Fünfsternehotels in der Stadt Zürich. Ende Oktober 2004 wurde es geschlossen. Von Januar 2009 bis August 2010 nutzte die Stadt das "Atlantis" als Unterkunft für rund 200 Asylsuchende. (sda)

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20 Minuten 27.10.10

Atlantis-Besetzer hoffen auf Einigung mit Besitzern

 ZÜRICH. Die Besitzerin des Atlantis will bis Ende Jahr ein Baugesuch für den Umbau einreichen. Ob sie bis dahin die Besetzung des früheren Luxushotels duldet, will sie heute bekannt geben.

 Jetzt geht es plötzlich rasch: Nachdem das frühere Luxushotel Atlantis seit sechs Jahren meist leer stand und am Freitag von Aktivisten besetzt wurde, reagiert die Luxemburger Besitzerin Rosebud Holding: "Bis Ende Jahr reichen wir ein Baugesuch für den Umbau zu Eigentumswohnungen ein", sagt Projektleiter Pierre Buyssens zu 20 Minuten. Erst wenn die Baubewilligung da ist, könnte die Polizei das Haus räumen. Dazu muss es aber nicht kommen: Vielleicht dürfen die Besetzer bis dahin bleiben - mit dem Einverständnis der Rosebud Holding. Über das weitere Vorgehen will Buyssens die Besetzer und die Öffentlichkeit heute informieren.

 Die Besetzer, die sich "Familie Donovan" nennen, sind gestern maskiert vor die Medien getreten: "Wir wollen so lange wie möglich bleiben und streben ein gutes Einvernehmen an", sagten sie. "Von der Eigentümerin wurden wir zwar bisher nicht kontaktiert, aber mit dem Hauswart haben wir diverse Abmachungen getroffen." Demnach bleiben etwa die technischen Räume unangetastet. Auch komme man für die Strom- und Wasserkosten auf. Und besetzt würden primär die oberen Stockwerke. Wie viele Leute mittlerweile darin wohnen und arbeiten, wollten sie nicht sagen.

 Auf dem Atlantis-Blog wimmelt es derweil von Ideen, wie die Besetzer das Gebäude öffentlich nutzen sollen: von einem Hotel des Lernens über die längste Kügelibahn der Welt bis zu einem Café in der früheren Döltschistube. Letzteres würden zwei ältere Anwohnerinnen begrüssen, die gestern vor dem Atlantis aufkreuzten: "Da kämen wir gerne vorbei."  

Roman Hodel

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Tagesanzeiger 26.10.10

Atlantis: Besitzer fordert Abzug der Besetzer

Metzler Beat

 Seit letztem Freitag halten Aktivisten das Hotel Atlantis beim Triemli besetzt. Sie wollen das ehemalige 4-Sterne-Hotel als öffentlichen Veranstaltungsort nutzen. Auf ihrer Homepage werden bereits zahlreiche Ideen ausgetauscht.

 Wie lange die Besetzer im Atlantis bleiben dürfen, ist derzeit unklar. In Zürich gilt die Praxis, dass die Polizei besetzte Gebäude erst dann räumt, wenn ein bewilligtes Bauprojekt vorliegt. Das ist beim Atlantis nicht der Fall. Gemäss Urs Spinner, dem Sprecher des Hochbaudepartements, ist bei der Stadt noch keine Baueingabe eingegangen. Der Projektverantwortliche der Besitzergesellschaft Rosebud Héritage, Pierre Buyssens, sagte gegenüber Radio 1 allerdings, dass er nicht verstehe, warum das Hotel nicht polizeilich geräumt werde. Das Atlantis stehe nicht leer, man plane, in den nächsten Wochen Sitzungszimmer und Musterwohnungen einzurichten. Rosebud Héritage will im Hotel 70 Eigentumswohnungen einbauen. Die Bewilligung soll im Frühling/Sommer des nächsten Jahres vorliegen. Auch im Triemliquartier ist man gemäss Quartiervereinspräsident Max Kurzen "nicht begeistert" über die Besetzung.

 Der Betonbau wird seit 2004 nicht mehr als Hotel genutzt, zwischen Januar 2009 und letztem August waren dort Asylbewerber einquartiert. (bat)

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20 Minuten 26.10.10

Atlantis: Räumung gefordert

 ZÜRICH. Das besetzte ehemalige Hotel Atlantis soll rasch polizeilich geräumt werden. Dies fordert die Luxemburger Hotelbesitzerin Rosebud Héritage. Man könne nicht verstehen, weshalb die Polizei noch nicht eingegriffen habe, sagte Projektleiter Pierre Buyssens gegenüber Radio 1. Die Stadtpolizei Zürich hingegen sieht auf Anfrage vorerst keinen Handlungsbedarf. Das ehemalige Luxushotel oberhalb des Triemli-Spitals ist seit Freitag von Kulturaktivisten besetzt.

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LAUSANNE AUTONOME
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24 Heures 26.10.10

Face aux jeunes, les agents de police vont-ils au casse-pipe?

 ViolencesL'affaire des trois policiers blessés par des "autonomes" lors d'une interpellation musclée vendredi soir devant le Casino de Montbenon suscite des réactions contrastées

Laurent Grabet

 Le débordement de violence provoqué par une intervention policière musclée vendredi (24 heuresd'hier) à Montbenon dans le cadre du Lausanne Underground Film & Music Festival (LUFF) fait débat. "Deux policiers auraient pu mourir. Un palier a été franchi", assène Gérald Hagenlocher, commandant de la police lausannoise. De son côté, contacté hier par24 heures, Patrick Suhner, porte-parole du LUFF, condamne les violences à l'égard des forces de l'ordre mais aussi leur "intervention disproportionnée et manquant de tact".

 Rappelons les faits: vendredi vers 23 h, deux agents débarquent à Montbenon, où 150 personnes profitent tranquillement des cantines du LUFF. Les agents pensaient trouver là les anarchistes qui avaient tagué des murs de la gare plus tôt dans la soirée. Après avoir violemment plaqué au sol et "poivré" un suspect, un agent a reçu un coup de pied au visage de la part d'une femme, qui sera ensuite arrêtée. Un autre a essuyé des coups de poing. Et un troisième, équipé d'un gilet de protection, a reçu un pavé sur la nuque. Tous s'en sont sortis sans blessures graves. Une vingtaine de policiers - dont des membres du groupe d'intervention - ont ensuite été appelés en renfort. La police a fait un usage massif de sprays au poivre. Un festivalier a été durablement touché aux yeux. En riposte, une poignée d'individus ont jeté des cailloux sur les forces de l'ordre.

 Intervention disproportionnée?

 Marc Vuilleumier déplore ces réactions. Hier, le municipal en charge de la Sécurité a rencontré ses hommes à l'Hôtel de Police. "Ils sont satisfaits que la justice garde les deux jeunes arrêtés en détention. Cela souligne la gravité des événements. " Pour Patrick Suhner, du LUFF, ils auraient pu l'être beaucoup plus. "Si nous ne nous étions pas interposés entre la foule et la police, ça aurait dégénéré. " Pour le trentenaire, certains policiers voulaient en découdre. "Quand je me suis présenté pour calmer le jeu, l'un d'eux m'a demandé sur un ton superagressif: "Si vous êtes organisateur, pourquoi vous avez une bière à la main alors?" L'homme se demande aussi si sévir au milieu d'une foule de personnes - parmi lesquelles une cinquantaine de punks, ne portant pas la police dans leur cœur - était judicieux. N'aurait-il pas plutôt fallu le faire avant, après ou différemment? "Nous devons pouvoir intervenir partout et n'importe quand, répond le commandant Hagenlocher. Et puis on est toujours plus intelligent après. " Quant à la "disproportion" dont plusieurs témoins des échauffourées accusent ces "robocops"? Le commandant insiste: "Si disproportion il y a eu, ce n'est pas de notre côté!"

 Mathieu, qui a été embarqué avec deux des fauteurs de troubles avant d'être relâché, n'est pas de cet avis. "Dans le fourgon, raconte le Jurassien de 25 ans, les policiers me donnaient des beignes alors que je restais poli malgré l'énervement!" Gérald Hagenlocher s'en étonne. "Gifler les personnes arrêtées est contraire à nos principes. " Même scepticisme face au témoignage de Laurence, une bénévole du LUFF, qui dit avoir vu un policier sortir son spray avant même qu'il ait repéré qui que ce soit. Ce qui est contraire à la procédure.

 Pour Gérald Hagenlocher, ces incidents montrent surtout que l'autorité policière est de moins en moins respectée. La Fédération suisse des fonctionnaires de police s'en était déjà inquiétée en octobre 2009 en remettant une pétition au Conseil fédéral. Les échauffourées de vendredi ne devraient pas manquer de nourrir le débat politique. Depuis plusieurs mois en effet, les interventions politiques visant à juguler la vie nocturne lausannoise se multiplient.

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Point fort

 "On attend que de tels actes soient sanctionnés"

 Les interventions qui tournent mal se multiplient. "Certains policiers se posent des questions", confie Lionel Imhof, président de l'Association des fonctionnaires de police de Lausanne.

 "Les policiers qui ont été blessés vendredi soir vont bien physiquement. Et psychiquement? Je n'ai pas encore eu l'occasion de leur parler. " Lionel Imhof est le président de l'Association des fonctionnaires de police de Lausanne (AFPL). Selon lui, les récentes interventions difficiles sur le terrain sont trompeuses. "C'est un concours de circonstances. Elles sont peut-être rapprochées dans le temps mais, statistiquement, les incivilités et les agressions dont sont victimes les policiers ne sont pas plus nombreuses à Lausanne en 2010 qu'en 2009. " Cela n'empêche toutefois pas certains agents de se poser des questions, de se sentir incompris et mal considérés. "Ils restent des hommes. " Normal: pratiquement coup sur coup, quatre interventions policières ont mal tourné depuis la rentrée(lire ci-contre).

 "Ces incidents ne suffisent pas à remettre notre profession en cause, ni même notre motivation. Mais cela n'empêche pas la réflexion. Nous demandons notamment davantage de policiers, histoire d'envisager d'autres stratégies d'intervention. Les politiques sont bien entendu au courant. Et il y a une grande attente de notre part que des tels actes de violence soient sanctionnés par la justice", explique Lionel Imhof.

Laurent Antonoff

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 Cinq chefs d'inculpation

 Les deux jeunes arrêtés vendredi seraient des Romands d'environ 25 ans. Ils ont été inculpés de lésions corporelles simples qualifiées, de mise en danger de la vie d'autrui, d'émeute et de violence ou menace contre les autorités et les fonctionnaires. La femme est également inculpée pour insultes. Elle avait décoché un coup de pied au visage du policier qui immobilisait et avait "poivré" son ami. Lequel avait résisté à son interpellation. Le duo est en détention préventive pour une durée qui dépendra des besoins de l'instruction. Il risque jusqu'à 5 ans de prison et une peine pécuniaire. "On ne sait pas s'ils étaient venus pour assister au LUFF ni s'ils appartenaient au groupe qui avait tagué la gare précédemment. L'enquête le démontrera", souligne le juge en charge du dossier. Ce sont en effet les grands A symbole de l'anarchie et le sigle ACAB signifiant "All cops are bastards"(ndlr: "Tous les flics sont des connards")sprayés sur les murs du parking de la gare qui avaient déclenché l'opération de police. Comme l'a immortalisé la vidéosurveillance, la dizaine de jeunes "autonomes" avaient tenté ensuite de voler de l'alcool à la Coop. L. GR.    

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USINE GE IM STREIK
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Indymedia 27.10.10
http://ch.indymedia.org/de/2010/10/78357.shtml

Die Usine im Streik ::

AutorIn : l'Usine  |  übersetzt von : der Wind

Die Usine, selbstverwaltetes Kulturzentrum in Genf, ist seit Samstag Abend auf unbestimmte Zeit im Streik, darauf wartend, dass neue Orte geöffnet werden.     
    
Meine Nächte sind schöner als Eure Tage...nicht mehr wirklich seit drei Jahren!

Genf, die Stadt am Ende des Genfersees, "eine Welt für sich" mit ihren Banken, ihre Uhren und ihre Luxushotels, das perfekte Klischee der Luxusstadt par excellence.

Eine Stadt, die ziemlich oft die Interessen der Immobilienspekulanten stärker gewichtet als die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Bevölkerung mit etwas weniger Kohle.

Seit Ende der 80er Jahre bis 2007 animierte eine andere Form von Reichtum ihre Nächte: Musik und Partys.

Unter dem strengen Blick Calvins blühten zahlreiche zahlreiche alternativ genannte Musik- und Theaterszenen auf: Cave12, die Etage, die Madone, die K-Bar oder das Shark, um nur einige zu nennen. Genf war unumgänglich für Europatourneen und zudem eine Stadt, in welcher die Diversität gepflegt wurde.

Dann, 2007, machte das Toleranzklima, welches die Entwicklung alternativer Räume begüngstigte, der Vernichtung von allen Lokalen, die nicht dem Bild, die eine an die Macht gekommene politische Mehrheit in der Exekutive bzw. Judikative Genf geben wollte, Platz.

Die Mehrheit hat einen Satz gegen die Squats gewonnen, aber sie ist, in Anbetracht der Debatten der letzten Wochen im Zentrum der öffentlichen Arena, der Lähmung eines Teils des kulturellen Lebens von Genf und auch der Frustration einer Jugend, die zuwenig Räume hat, die ihr gehören, weit davon entfernt, den Krieg gewonnen zu haben.

Schon vor mehr als zwei Jahren, vor der Schliessung von Artamis, machten die Usine und die UECA die politischen Behörden auf den Mangel von Räumen aufmerksam.

Heute, in Anbetracht des Erfolgs der spontanen Organisation einer wilden Party, der Unfähigkeit der Gewählten, Lösungen zu finden, um den Notzustand zu beenden und ihre mangelnde Offenheit, wenn es darum geht, über die Öffnung eines Konzertraums in einem neuen Quartier der Stadt zu diskutieren, läuten wir die Alarmglocke.

Heute Abend und auf unbestimmte Zeit schliessen wir die Türen der Usine am Wochenende!

Heute Abend schliessen wir uns unserem Publikum an, wie auch den 1000 Leuten, die gestern nicht rein kommen konnten und draussen frieren mussten, weil es keine Räume gibt, die sie empfangen würde und die das Recht haben, mehrere Ausgangsmöglichkeiten, Programme und Athmosphären zu entdecken.

Heute Abend läuten wir die Alarmglocke für die Usine, aber vor allem für das kulturelle Leben von Genf und ihre Nächte.

Das Recht auf Party erbittet man nicht, man nimmt es sich!

USINE IM STREIK!

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20 Minutes 26.10.10

En grève, L'Usine fermera ses portes les week-ends

 Genève. Le centre alternatif reconduit son action initiée samedi dernier. Les soirées de fin de semaine se tiendront désormais dans la rue.

 "L'état d'urgence" a été décrété. Les permanents de L'Usine ont annoncé hier qu'ils reconduisaient la grève lancée ce week-end. Jusqu'à nouvel avis, les fêtards trouveront portes closes à la place des Volontaires les vendredis et samedis soir. "Mais nous ne lâcherons pas notre public, précise Albane Schlechten. Nous organiserons à l'extérieur les concerts prévus les week-ends. Devant le bâtiment ou ailleurs dans la rue."

 Le débrayage durera tant que d'autres lieux de culture n'auront pas ouvert à Genève. "Nous sommes dépassés: dehors, c'est souvent presque l'émeute, souligne encore Albane Schlechten. C'est dangereux pour la foule." Hier, l'association annonçait que les autorités municipales et cantonales seraient averties de ce coup de force. Lequel est déploré par certains magistrats. "Si le but est d'augmenter la pression, c'est réussi, ironise Patrice Mugny. Il n'y a pas de solution à court terme." Pour le municipal responsable de la culture, L'Usine, subventionnée à hauteur de 1,2 million de francs par la Ville, faillit à sa mission en verrouillant ses portes. Au Canton, la question de la pénurie de locaux est identifiée. Une plate-forme de concertation sur les lieux culturels sera d'ailleurs lancée le 18 novembre. "Les préoccupations de L'Usine sont compréhensibles, réagit Pierre-Alain Girard, secrétaire général du Département des constructions. Mais on peut regretter qu'elle ne préfère pas en discuter autour d'une table." -Irène Languin

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Le Matin 26.10.10

L'usine se met en grève le week-end

 Vie nocturne

Le centre culturel genevois veut protester contre le manque de salles.

 A Genève, l'Usine se met en grève les week-ends. Saturé, ce haut lieu de la culture alternative tire la sonnette d'alarme depuis deux ans, en vain. Ses soirées festives auront lieu dans la rue jusqu'à ce que les autorités trouvent de nouvelles salles pour les jeunes. Le coup d'envoi de cette mobilisation a été donné samedi soir à 23 h. Au lieu d'ouvrir ses portes, l'Usine a convié la foule amassée devant le bâtiment à une "promenade nocturne et festive", a indiqué hier devant les médias Albane Schlechten, permanente du centre alternatif. Plus d'un millier de personnes ont déambulé en musique et pacifiquement dans les rues de Genève jusqu'à 4 h.

 La fermeture d'Artamis en 2008 avait eu pour effet un report des noctambules sur l'Usine. Récemment, celle du Moa Club a provoqué une nouvelle hausse de la fréquentation "qui tourne presque à l'émeute à l'entrée", selon la permanente. Vendredi soir, 400 personnes n'ont pas pu entrer dans le bâtiment, dont la capacité est limitée à 1500 personnes.

 La grève sera reconduite les vendredis et samedis soir jusqu'à l'ouverture d'un autre lieu. Vendredi soir, 2500 jeunes ont déjà manifesté sur la plaine de Plainpalais leur mécontentement face à l'appauvrissement de la vie nocturne dans le canton.

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Tribune de Genève 26.10.10

Grève: l'Usine dansera dans la rue le week-end

Marc Moulin

 Le centre alternatif clôt ses portes, tant qu'on ne trouve pas de nouveaux lieux

 Les habitués de l'Usine ont intérêt à s'habiller chaudement. Au terme d'un week-end de mobilisation, les responsables du centre culturel autogéré ont annoncé hier que leurs salles festives resteraient désertes le week-end et cela "jusqu'à ce qu'une solution soit trouvée avec la Ville et le Canton". "On fait grève à l'intérieur, mais on continuera à l'extérieur, a expliqué Albane Schlechten, permanente du lieu. Nous alertons les autorités depuis deux ans sur le manque de lieux. Depuis qu'Artamis est fermé, nous sommes saturés. Nous refusons 200 ou 300 personnes chaque soir le week-end. La récente fermeture du Moa a encore renforcé la fréquentation: ça tourne presque à l'émeute à l'entrée. " "En demandant de nouveaux lieux, on pense aussi à nos voisins, renchérit son collègue Jules de Bernis. La situation est tendue à l'extérieur. "

 L'Usine va donc reconduire la formule expérimentée samedi soir. Le centre a fermé ses portes et organisé une "promenade nocturne et festive" à travers la ville qui s'est achevée vers 4 heures du matin, place Neuve. "Cela s'est relativement bien passé, juge Albane Schlechten. Et on a constaté que les tunnels de la ville ont une capacité de 1500 personnes…"

 Selon les responsables de l'Usine, l'utilisation de salles de la Ville comme exutoires semble impossible: le Palladium fait notamment déjà l'objet de nombreuses réservations. Deux lieux, "presque vides", sont convoités à la Queue d'Arve et au sentier des Saules. La construction d'une nouvelle salle sous le futur écoquartier d'Artamis est souhaitée, ainsi que le PS le revendique aussi par un communiqué paru dimanche. Pour les socialistes, les nuisances d'un tel lieu pourraient être canalisées en orientant son accès du côté des bâtiments administratifs du quartier.

 Magistrat chargé de la Culture, Patrice Mugny réplique: "Qui voudra vivre dans un quartier où une salle déverse chaque nuit un millier de personnes dans la rue? demande le Vert. Il faut en outre s'abstenir d'opposer les besoins culturels: les dépôts de musée prévus sous Artamis sont nécessaires. Il n'existe pas actuellement de lieu d'entreposage correct. " Quant à la grève, l'écologiste trouve étrange que l'Usine mette en demeure la Ville, partenaire de l'Usine puisqu'elle lui accorde des subventions, alors que c'est l'Etat qui a ordonné les fermetures incriminées. Pour lui, la seule solution à court terme est d'obtenir la réouverture du Moa et de Weetamix. "L'Usine est subventionnée pour organiser des soirées, pas pour faire grève, rappelle Patrice Mugny. Cela n'est pas une menace, mais cela risque de poser un problème au Conseil administratif. "

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Le Courrier 26.10.10

L'Usine restera en grève jusqu'à l'obtention de nouveaux lieux

 VIE NOCTURNE • Sans nouveaux espaces mis à disposition parles autorités genevoises, l'Usine sera fermée tous les week-ends et descendra fêtér dans la rue.

PAULINE CANCELA

 Que les nostalgiques des "fiasko-mobile" se régalent, leur retour est en marche à Kalvingrad, version 2010. L'Usine maintiendra en effet la grève amorcée samedi dernier (voir notre édition d'hier) et fêtera dans la rue jusqu'à ce que les autorités trouvent des nouveaux lieux de fête pour la culture émergente, ont fait savoir hier les deux permanents du centre alternatif genevois. Les salles de concert - le Zoo et le Rez - resteront donc fermées tous les vendredis et samedis soirs, quitte à perdre de l'argent. "Nous exigeons des mesures concrètes de la part de la Ville et de l'Etàt, déclare Albane Schlechten. Avec trois cents personnes sur le carreau chaque soir, nous sommes au bord de l'émeute. En attendant des solutions, nous serons dans les rues avec notre public." Le problème ne date pas d'hier. Depuis deux ans, l'Usine tire la sonnette d'alarme et envoie des pétitions à la Ville et au canton, mais en vain, comme le rappelle Jules de Bernis. "La fermeture du Moa n'a fait que rajouter une pression supplé-mentaire sur la fréquentation de l'Usine, saturée depuis la fin d'Artamis, ajoute-t-il. Les conditions ne sont plus acceptables." La grève est donc une "opération de force" nécessaire, et l'organisation de fêtes en extérieur devient presque un gage de sécurité, ironisent les permanents.

 "Stratégie irresponsable" La police cantonale en est moins sûre, et sera sur ses gardes tant que la situation n'est pas débloquée, indique le porte-parole, Jean-Philippe Brandt.

 La Ville auraitpeut-être des solutions d'urgence - salle du Faubourg et Palladium -, mais rien à long terme, selon Rémy Pagani, conseiller administratif chargé des constf~uctions. Pour lui, la grève est un signal fort susceptible d'activer les dé-marches au niveau du canton, "qui a une plus grande marge de manoeuvre". Son collègue Patrice Mugny, à la tête de la culture en Ville de Genève, est, en revanche, déçu par l'attitude de l'Usine, qu'il juge "irresponsable": "Cela n'ouvre aucune solution et remet en question les liens, de confiance existant entre la Ville et l'association subventionnée. On ne peut pas jouer aux rebelles tout en demandant un soutien public." Mais~pas de mesures hâ-tives, tempère le magistrat, la question sera abordée lors de la prochaine séance du Conseil administratif.

 L'histoire se répète Du côté de l'Etat, on affirme ne pas disposer de locaux dans l'immédiat. "Si on pouvait trouver des solutions, on en trouverait", lance Pierre-Alain Girard, secrétaire général adjoint au Département des constructions. Il relève l'inquiétude croissante du canton face à cette problématique, ainsi que le montre la résolution en faveur des lieux culturels acceptée le 14 octobre dernier par le Grand Conseil. Et d'annoncer le lancement d'une plate-forme de concertation le 18novembre prochain, "qui n'a pas attendu la grève pour se mettre en oeuvre".

 De quoi faire bondir Albane Schlechten. D'après elle, les solutions existent déjà. En té-moignent des lieux sous-occupés pat l'Etat, comme le bâtiment du Fonds cantonal d'art contemporain au sentier des Saules ou un dépôt au chemin des Gravières. Ces derniers pourraient être investis provisoirement par l'Union pour des espaces culturels autogérés.

 Les demandes pour ces endroits ont été faites, et refusées, déplore Albane Schlechten.

 "C'est un vrai retour en arrière", dénoncent les permanents du centre alternatif. La situation a en effet un air de déjà-vu: en 1989, l'association Etat d'urgence avait obtenu l'Usine à la suite d'incessantes lettres aux autorités, manifestations et discothèques sauvages - les "fiaskomobile". Vingt ans plus tard, alors que plusieurs lieux alternatifs ont fermé, l'histoire se répète.

 Pour rappel, la grève a dé-marré samedi passé vers 23h.

 Portes fermées, l'Usine a alors rassemblé la foule pour une "promenade festive" aux allures de manifestation pacifique. Près d'un millier de personnes ont dansé et défilé sous une pluie battante, jusqu'au petit jour. I Débrayage culturel SAMUEL SCHELLENBERG Pas bête, l'Usine genevoise. Après une première soirée de grève samedi dernier, le haut lieu de la culture alternative version nocturne a décidé de reconduire le mouvement de protestation chaque vendredi et samedi - et ce ((jusqu'à l'ouverture d'un autre espace)>. Alors que des boîtes fermées récemment pour cause de non-respect des normes rêvent de réouverture - Moa, Weetamix -, l'Usine fait le pari d'une interruption volontaire de ses soirées.

 Loin d'être un autogoal, la mesure radicale pourrait s'avérer des plus efficaces.

 Car désormais, à la Ville comme à l'Etat, tout le monde sera impliqué dans le brûlant dossier ((vie nocturne": les départements respectifs des infrastructures, de la sécurité, de la culture et de la cohésion sociale. On pourra continuer à se renvoyer la balle, mais la pression ne va cesser de monter. Précision utile: l'Usine ne se contentera pas de fermer ses portes, mais organisera par ailleurs de nouvelles ((promenades nocturnes festives", comme samedi dernier - plus de mille personnes ont déambulé sous la pluie dans les rues de Genève, et ceci jusqu'à 4h du matin, avec soundsystem et bière à volonté.

 L'Usine a raison: ce n'est pas à elle d'accueillir - ou plutôt de refouler - tous les laissés pour compte de Genève by night. Ce qui était en train d'arriver, avec tout ce que cela implique en termes de frustration des personnes interdites de fête pour cause de nombre de places limitées - une situation potentiellement explosive. L'Usine, ne l'oublions pas, subit déjà des attaques de la part de son voisinage, pour cause de nuisances sonores provoquées par ses usagers lorsqu'ils quittent le bâtiment. Prolonger le statu quo signifiait donc mettre en danger tous les acquis de ce bastion culturel alternatif.

 Ainsi, accuser l'Usine d'drresponsabilité", comme le fait le Département de la culture de la Ville, est un peu court: au contraire, l'ex-fabrique de la place des Volontaires se montre parfaitement conséquente. Et adresse par là même un joli clin d'oeil à ses débuts, en 1989, lorsqu'elle multipliait les lettres aux autorités, manifestations ou soirées dansantes sauvages. A l'époque, ça avait marché.

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Tribune de Genéve 25.10.10

La nuit genevoise s'est enflammée ce week-end

 Deux nuits de fêtes et de manifestations ont agité la rue genevoise ce week-end. Des suites de la fermeture du Moa

 Défendre la vie nocturne genevoise et clamer leur ras-le-bol aux autorités étaient les objectifs des quelque 3000 manifestants qui ont fait de la rue leur terrain de fête vendredi et samedi soir.

 Ils étaient plus de 2000 réunis sur la plaine de Plainpalais vendredi pour revendiquer la réouverture du Moa. Le lendemain soir, 1000 fidèles de l'Usine en grève ont progressé en un tonitruant cortège vers la place Neuve. Là, ils ont marqué un arrêt concert au pied de la statue du général Dufour avant de repartir aux Grottes où ils ont fêté jusque tard dans la nuit. Rien n'a pu freiner la foule dansante, pas même la police, qui a observé le cortège à distance. "On déplore quelques dégâts mineurs", précise son porte-parole, soit des tags et une terrasse enflammée par des feux d'artifice. Ce sont surtout les TPG et la Voirie qui ont eu du travail. Au petit matin, la pluie a mis fin aux célébrations. Page   19

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Week-end festif, mais à haut risque

Dejan Nikolic

 ULe week-end a été mouvementé. Certains diront que cela faisait longtemps qu'ils ne s'étaient pas autant amusés à Genève. Personne ne s'attendait à voir autant de monde sur la plaine vendredi à la tombée de la nuit. Le défilé géant depuis l'Usine, le lendemain soir, en a également surpris plus d'un.

 Si l'un de ces regroupements avait dégénéré, qui aurait été responsable? "Pas la Ville, puisqu'elle n'a pas été saisie d'une demande formelle, relève Sandrine Salerno, maire de Genève. Nous avons passé un contrat de confiance avec les initiateurs. " La soirée n'était ni interdite, ni autorisée. Selon Caroline Widmer, porte-parole de Pierre Maudet, magistrat en charge du Domaine public et de la sécurité, les participants sont seuls responsables en cas de problème.

 Une mystérieuse coupure de courant vers 20 h 30 vendredi aurait pu mettre le feu aux poudres… "J'ai dû exiger que l'on rétablisse la lumière", relève Manuel Tornare. Le conseiller administratif en charge de la Cohésion sociale, de la jeunesse et des sports estime que "la classe politique au pouvoir a été nulle". Avec moins de la moitié des effectifs de gendarmerie présents - le reste étant affecté à Montreux - les autorités ont pris un risque. "Je suis très satisfait du déroulement de la soirée", conclut son organisateur, Bob Cruz, qui n'exclut pas de réitérer l'expérience.

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20 Minutes 25.10.10

Les noctambules défilent en masse

 Ras-le-bol. La manif pour les lieux culturels, vendredi, aréuni 2500 ados sur la Plaine. Le lendemain, 1000 noceurs étaient dans la rue suite à une grève de L'Usine.

 Le monde des fêtards genevois a fait entendre son mécontentement à la fin de la semaine dernière. Face à l'appauvrissement de l'offre culturelle, L'Usine a fermé ses portes samedi vers 23 h 30. Le dernier bastion de la fête alternative a annoncé qu'il ferait grève les soirs de week-end jusqu'à nouvel avis. "Cela fait longtemps que nous sommes saturés. Mais depuis deux semaines, c'est le délire", déclare Albane Schlechten, permanente à L'Usine. L'association a rejoint son public dans la rue pour défiler pacifiquement jusqu'à la place Neuve. Un millier de noceurs y ont improvisé une fiesta durant une heure, au son d'une sono et dans le brouillard des fumigènes.

 Le soir d'avant, c'est la plaine de Plainpalais qui a été investie par 2500 jeunes. Ils exprimaient leur colère de voir leurs lieux de réunion disparaître les uns après les autres. Le rassemblement, toléré par les autorités, s'est déroulé dans le calme. Seule une "petite bagarre" a été signalée par la police.

 Les ados les plus endurants ont festoyé jusqu'à 5 h du matin autour de braseros et à grand renfort d'alcool. Les ambulances ont d'ailleurs dû intervenir à six reprises pour évacuer les plus fatigués des fêtards... Cette nuit de bombance a aussi laissé des traces au sol: bouteilles, mégots et vomissures constellaient le nouveau revêtement de la Plaine samedi au petit matin. La voirie a mis plusieurs heures à faire place nette.  -Irène Languin

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 Ediles préoccupés par la jeunesse

 "Une société qui a peur de ses jeunes a peur de son avenir": le conseiller administratif Manuel Tornare regrette que la classe politique s'effraie du mouvement d'humeur initié par la jeunesse genevoise. Selon le magistrat socialiste, "certains services ont traîné les pieds: à Plainpalais, il n'y avait pas assez de poubelles. Et j'ai dû faire rallumer les lumières éteintes par les SIG!" De son côté, son collègue Rémy Pagani dit avoir trouvé des lieux pour reloger dans un avenir proche certains établissements, tel le MàD.

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Le Matin 23.10.10

Genève by night se mobilise
 
RassemblementIls étaient plusieurs centaines, hier soir, sur la plaine de Plainpalais pour défendre la vie nocturne genevoise.

 Les glacières commencent à affluer. Des petits feux sont improvisés. Peu à peu, la manifestation prend. Un appel au rassemblement circulait depuis plusieurs jours sur Facebook. Suite à la fermeture de deux hauts lieux nocturnes genevois, le MOA et le Weetamix, le besoin de montrer la nécessité de trouver des lieux accessibles pour les jeunes devenait urgent.

 Sur le coup des 22 heures, ils sont quelque mille sympathisants à occuper la plaine de Plainpalais, en plein centre de Genève. Un peu moins que les 6000 qui avaient répondu favorablement à l'appel, certes, mais le coup est néanmoins marqué. Certains sont venus en couple, d'autres en petits groupes. Assis par terre, ou debout, une boisson à la main, ils discutent en se moquant du froid. "Ça fait plaisir de nous retrouver entre nous, c'est une bonne occasion", explique ce jeune, au milieu de sa dizaine d'amis. S'il regrette l'absence de musique, il sera bientôt comblé. Un autre groupe débarque, tirant un petit chariot sur lequel est installée une sono: "C'est pour montrer qu'on ne dort pas, qu'on est bel et bien là", répond Guillaume, précisant qu'il a fait l'effort de choisir une musique variée, pour plaire à tout le monde. "On n'a plus de lieux où faire la fête. Il faut se mobiliser. Même si le MOA ce n'est pas mon genre, il faut les soutenir, il faut qu'il y ait une diversité de choix dans une ville comme Genève", poursuit-il, avant d'être rejoint par un ami, blouson noir et crête sur la tête.

 Manifestation tranquille

 L'animation se met peu à peu en place. Improvisée. Un feu s'allume dans un tonneau métallique. Chaleur bienvenue dans cette fraîche soirée. "On a aussi prévu de faire des projections de vidéos, histoire de proposer un peu de divertissement", explique le membre d'un collectif, lui aussi atterré par la vacuité nocturne d'une ville comme Genève.

 La police en retrait

 Une manifestation pas autorisée, mais tolérée. En témoignent les policiers présents, en retrait, mais attentifs. "Oui, ils nous ont demandé nos âges, et nous ont expliqué de ne pas forcer sur l'alcool", explique un jeune. "Mais ne vous inquiétez pas, on n'est pas là pour faire du grabuge. " Hier soir à 22 h 30, la plaine de Plainpalais était vivante, mais dans une ambiance bon enfant. "C'est sympa, oui, mais on n'a pas vraiment envie de passer l'hiver à faire la fête dehors", ironise une participante.

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 RÉACTIONS

 C'est vrai qu'il ne reste pas beaucoup d'endroits à Genève, ou alors ils sont très chers, avec un dress code trop strict. Et moi je ne suis pas du genre talons aiguilles, j'ai juste envie de pouvoir sortir tranquille.

 coraline21 ans

 Il ne reste plus que l'Usine. Heureusement que ce lieu existe, c'est le seul endroit où je sors. Mais c'est souvent plein. Le week-end dernier, on n'a pas pu rentrer, ils ont dû refuser du monde.

 sylvain22 ans

 On va voir ce que ça donne. Mais on est contents d'être là, entre amis. On a pris un peu à boire, mais pas pour toute la nuit non plus! J'espère qu'il y aura un peu plus de musique, sinon ça risque d'être un peu triste.

 kevin16 ans

 Je fais partie d'une petite association. On est venu à dix, avec notre camion rempli. Du bois pour le feu, et du matériel vidéo pour proposer des projections. Histoire de montrer qu'il n'y a pas que l'alcool qui motive.

 Yannick23 ans

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BIG BROTHER
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Newsnetz 27.10.10

Bund muss sich bei Telefon-Überwachung zurückhalten

sda / oku

 Der Schweizer Nachrichtendienst darf nicht präventiv Telefone oder Computer von Privaten überwachen. Das hat der Bundesrat beschlossen.

 Der Nachrichtendienst muss vorerst auf neue Mittel der Informationsbeschaffung verzichten. So soll zum Beispiel die technische Überwachung an nicht allgemein zugänglichen Orten weiterhin untersagt sein. Dies hat der Bundesrat entschieden.

 Der Bundesrat hat am Mittwoch die Botschaft zu einer Teilrevision des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) verabschiedet. Es handelt sich um eine überarbeitete Version jenes Gesetzesentwurfs, den das Parlament an den Bundesrat zurückgewiesen hatte.

 Nach dem Willen des Bundesrates hätte der Nachrichtendienst künftig präventiv Telefone und Computer überwachen dürfen. Dies ging dem Parlament aber zu weit. Nun hat der Bundesrat eine überarbeitete Fassung vorgelegt, die auf die umstrittenen Neuerungen verzichtet.

 Schutz für Informanten

 Ein Ausbau der Überwachung ist damit aber noch nicht gänzlich vom Tisch: Die Notwendigkeit weiterer Massnahmen soll im Rahmen der Schaffung eines gesamtheitlichen Nachrichtendienstgesetzes nochmals geprüft werden, wie das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) schreibt. Die Botschaft zu diesem Gesetz will der Bundesrat spätestens Ende 2012 vorlegen.

 Bei der aktuellen BWIS-Revision geht es laut dem VBS mehrheitlich um die Aktualisierung von Regeln, die sich auf Verordnungsstufe bewährt haben. Als Beispiel nennt das Departement die Lagedarstellung bei heiklen Grossereignissen wie dem WEF.

 Geregelt wird auch der Schutz und die Entschädigung von Informanten, die Verleihung von Tarnidentitäten und die Bewaffnung von besonders gefährdeten Mitarbeitenden des Nachrichtendienstes. Dabei werde die bereits heute gängige Praxis gesetzlich verankert, schreibt das VBS.

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admin.ch 27.10.10

Zusatzbotschaft und Entwurf für die Änderung des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit
Bern, 27.10.2010 - Der Bundesrat hat am Mittwoch die Botschaft zu einer Teilrevision des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) verabschiedet. Es handelt sich um eine überarbeitete Version des Gesetzesentwurfs, der im Frühjahr 2009 von den Eidg. Räten an den Bundesrat zurückgewiesen worden war.

Nach der Rückweisung der ursprünglichen BWIS II-Vorlage durch die Eidgenössischen Räte im Frühjahr 2009 wurde diese überarbeitet. Insbesondere wurde auf die in der ursprünglichen Botschaft enthaltenen besonderen Mittel der Informationsbeschaffung verzichtet, so zum Beispiel auf das Beobachten an nicht allgemein zugänglichen Orten, auch mittels technischem Überwachungsgerät. Die Notwendigkeit solcher Massnahmen soll im Rahmen des zukünftigen, gesamtheitlichen Nachrichtendienstgesetzes nochmals geprüft werden. Die Botschaft zu diesem Gesetz soll spätestens Ende 2012 vorliegen.

Bei den verbleibenden Punkten der Vorlage BWIS II geht es einerseits um die Aktualisierung von Regelungen, die sich auf Verordnungsstufe bewährt haben, so die Lagedarstellung bei sicherheitspolizeilich heiklen Grossereignissen wie dem WEF. Andererseits geht es um die Weiterführung und die explizite formellgesetzliche Verankerung von bereits seit vielen Jahren gängigen Massnahmen und Tätigkeiten wie Schutz und Entschädigung von Informantinnen und Informanten, Verleihung von Tarnidentitäten und Bewaffnung von besonders gefährdeten Mitarbeitenden des Nachrichtendienstes.

Adresse für Rückfragen:
Sebastian Hueber
Chef Kommunikation VBS ai
031 324 88 75

Herausgeber:
Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport
Internet: http://www.vbs.admin.ch

Dateianhänge:

Zusatzbotschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit - prov. Fassung (pdf, 298kb)
http://www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/20987.pdf

Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit - prov. Fassung (pdf, 94kb)
http://www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/20988.pdf

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Bund 27.10.10

Meinungen

Datenschutz Die Arbeit der Polizei leidet unter absurden Vorgaben.

 Schutz für die Täter

Erwin Haas

 Nichts gegen den Grundsatz, die Bürger in einem freiheitlichen Land mit Persönlichkeitsschutz vor der Neugierde Dritter zu schützen. Neider, Werber oder auch übereifrige Datensammler im "Schnüffelstaat" werden damit davon abgehalten, Informationen über das Privatleben der Menschen missbräuchlich zu verwenden.

 Doch die neue Vorgabe des Bundes, dass die Polizei nicht einmal mehr die Personenfotos im Schweizer Ausweissystem anschauen und damit Leute identifizieren darf ("Bund" von gestern), ist an Absurdität nicht zu überbieten.

 Knüppel zwischen die Beine

 Der Rechtsstaat will die Polizei, damit sie für Ruhe und Ordnung sorgt und Verbrechen aufklärt. Doch derselbe Staat wirft den Gesetzeshütern immer mehr Knüppel zwischen die Beine. Die Politik hat den Informationsfluss zwischen Ämtern und der Polizei mit neuen Gesetzen derart eingeschränkt, dass diese ihre Arbeit nur noch auf zeitraubenden und teuren Umwegen erledigen kann. Damit stellt die Politik den Täterschutz weit über den Opferschutz.

 Verwehrt bleiben der Polizei nämlich auch Steuer- und Zivilstandsdaten oder Angaben zum Zu- oder Wegzug von Personen in den Gemeinden, die durchaus fahndungsrelevante Erkenntnisse bieten könnten. Und um Einblick in Überwachungsvideos oder in die Chronik von Handygesprächen zu erhalten, müssen die Fahnder zuerst einen Staatsanwalt oder Gerichtspräsidenten um Erlaubnis bitten - der sie dann möglicherweise, wie bei einem Mordfall in Schwyz geschehen, auch noch verweigert.

 Kampf gegen Windmühlen

 Solchen Datenschutz hat eine Gesellschaft, die mit Cumulus und Kreditkarten sowie im Internet freiwillig Millionen von Daten und Bildern preisgibt, nicht verdient. Der Staat verhält sich mit seinen Auflagen wie ein Bauherr, der eine Schutzmauer gegen Einbrecher will, dem Maurer aber den Einsatz von Mörtel und Kelle verbietet.

 Wohin das führt, ist absehbar: Die Polizisten, die sich schon lange über Personalknappheit beklagen, werden ihre Arbeit zunehmend als Kampf gegen Windmühlen empfinden und Anzeigen, zu deren Aufklärung ihnen die Mittel fehlen, in der Schublade vergilben lassen.

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Bund 26.10.10

Wenn die Polizei im Dunkeln tappt

 Die Polizei hat nur noch eingeschränkten Zugriff auf das zentrale Ausweissystem des Bundes. Das sei eine "unnötige Schikane" sagen Polizisten - und warnen vor den Folgen.

 Daniel Foppa

 Als die Berner Polizei Mitte September versuchte, den rasenden Rentner Peter Hans Kneubühl zu fassen, veröffentlichte sie ein falsches Fahndungsfoto des Mannes. Solch peinliche Fehler könnten sich in Zukunft häufen - denn die Polizei hat neuerdings keinen Zugriff mehr auf die Personenfotos im zentralen Ausweissystem des Bundes. "Das ist eine unnötige Schikane", sagt die Berner Polizistin und SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler. Und Heinz Buttauer, der Präsident des Verbands Schweizerischer Polizeibeamter, spricht gar davon, dass diese Einschränkung die polizeiliche Arbeit in "inakzeptabler Weise behindert".

 Bedenken berücksichtigt

 Ursache für den Ärger ist die vom Bundesrat auf den 1. März 2010 in Kraft gesetzte Verordnungsänderung über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige. Demnach haben Polizisten im zentralen Informationssystem Ausweisschriften künftig keinen Zugriff mehr auf die dort gespeicherten Personenfotos. Sie können wohl Namen, Adresse, Geburtsdatum und weitere Angaben zu einer Person abfragen - deren Bild aber bleibt gesperrt.

 Laut Angaben des Bundesamts für Polizei (Fedpol) wurden die Zugangsrechte aus Datenschutzgründen eingeschränkt. Auf diese Weise trage man den Bedenken in der Bevölkerung Rechnung, die bei der Abstimmung über den biometrischen Pass laut geworden seien, schreibt das Fedpol. Verbandspräsident Buttauer kann das Argument nicht nachvollziehen: "Die Polizei nutzt die Daten nur im Sinne der Bevölkerung. Mir sind keine Klagen über missbräuchlich verwendete Personenfotos bekannt." Zudem sei nicht ersichtlich, weshalb die Polizei keinen Zugriff mehr auf die Bilder habe, das Grenzwachtkorps aber schon.

 Polizistin Geissbühler sagt, der eingeschränkte Zugriff habe Folgen für die Polizeiarbeit. "Kam bisher jemand auf den Posten und gab eine Vermisstenanzeige auf, konnten wir im System nachschauen, wie die vermisste Person aussieht. Das ist nun nicht mehr möglich." Weiter könnten auch Fahndungen erschwert werden. Sucht die Polizei nach einer Person, die noch nicht polizeilich registriert ist, hat sie nicht mehr auf Anhieb ein Foto zur Verfügung. Sie ist auf Bilder von Angehörigen und Bekannten angewiesen - und dabei kann es zu Fehlern wie im Fall Kneubühl kommen.

 Identität nur schwer zu prüfen

 Laut Buttauer stellen sich auch neue Probleme bei der Aufnahme von Passverlustmeldungen. "Wenn früher jemand auf den Posten kam und behauptete, ihm sei der Pass gestohlen worden, konnten wir dank dem Zugriff auf das Personenfoto identifizieren. Künftig stehen uns nur noch Angaben wie Name und Adresse zur Verfügung." Der Verbandspräsident warnt davor, dass sich auf diese Weise falsche Personen einen Verlustschein ergattern könnten.

 "Ich kann mich auf Facebook über jemanden schlaumachen und mich dann gegenüber der Polizei als diese Person ausgeben", sagt Buttauer. Die Beamten seien aufgeschmissen, da für sie das tatsächliche Bild der Person verborgen bleibe. Polizistin Andrea Geissbühler sagt dazu: "Ich habe auch schon für Personen Verlustscheine ausgestellt, bei denen ich nicht zu Hundert Prozent sicher war, wen ich wirklich vor mir hatte."

 Das Fedpol erachtet dies für nicht sonderlich problematisch. Es betont, dass niemand nur aufgrund eines Verlustscheins einen neuen Pass erhalte. Vielmehr werde die Identität der Person auf dem Passbüro eingehend geprüft. Geissbühler gibt sich damit nicht zufrieden. "Dann soll die Polizei besser gleich aufhören, Verlustscheine auszustellen", sagt die Berner Polizistin. Sie will sich nun auf politischer Ebene gegen die Einschränkung wehren: In der Wintersession wird die SVP-Nationalrätin eine Motion einreichen, um die neue Bestimmung wieder rückgängig zu machen.

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DROGEN
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Thuner Tagblatt 27.10.10

Daniel Beutler, Mühlethurnen/Kehrsatz

 Hausarzt: Zuerst Joints, dann Jesus

 Wegen seiner radikalen Haltung gegen die Heroinabgabe ist Daniel Beutler in die Schlagzeilen geraten. Er, der seit zehn Jahren eine Hausarztpraxis in Mühlethurnen führt, hat jahrelang gekifft. Bis er zu Gott fand.

 Am Telefon klingt seine Stimme etwas belegt. Es erstaunt daher nicht, als er sagt: "Ich war früher selber drogensüchtig." Beim Treffen in seiner Praxis beim Bahnhof Mühlethurnen ist Daniel Beutler dann aber für eine Überraschung gut. Es finden sich keine Spuren von Drogenvergangenheit in seinem Gesicht. Im Gegenteil: Er sieht kernig aus, wie ein Tierarzt, der gerade im Stall ein Kalb entbunden hat.

 Der 48-Jährige kümmert sich seit zehn Jahren um die gesundheitlichen Probleme der Mühlethurner. Seine Hausarztpraxis befindet sich im Parterre seines Wohnhauses, gleich neben der Gemeindeverwaltung. Zudem hat Beutler ein Hausarzt-Mandat in der Entzugsklinik Marchstei in Kehrsatz. Jeden Freitagnachmittag geht er dort auf Visite. Diese Tätigkeit bei Marchstei hat ihn plötzlich breiter bekannt gemacht. Denn im Bulletin "Eltern gegen Drogen" hat Beutler die staatliche Heroinabgabe kritisiert (siehe Kasten).

 Nachts am Computer

 Nachts sitzt der Hausarzt oft am Computer. Denn nebenberuflich ist er Publizist aus Leidenschaft. In Fach- und Verbandsblättern schreibt er vor allem über das Thema, das ihn am meisten bewegt: die Schweizer Drogenpolitik. In seinen Beiträgen warnt er vor den Folgen des revidierten Betäubungsmittelgesetzes, das am 1. Januar in Kraft treten wird. Abstinzenzorientierte Organisationen wie Eltern gegen Drogen ruft er darin auf, "die Entwicklung in der Drogenszene intensiv zu beobachten". Ziel sei es, zu beweisen, dass das neue Gesetz "den Drogenkonsum fördert und den Jugendschutz schwächt" (Eltern gegen Drogen 1/2010).

 Mit Joints zu neuen Welten

 Im hellen, aprikosenfarben gestrichenen Behandlungszimmer öffnet Daniel Beutler das Fenster, lässt die Landluft herein, setzt sich auf den Drehstuhl und erzählt, wie er selber von den Drogen loskam. Bei ihm war es nicht Heroin oder Kokain, sondern Cannabis, das während Jahren seinen Alltag diktierte. Das Esoterische, das Spirituelle, überhaupt sämtliche Grenzwissenschaften interessierten ihn. Joints schienen ihm das geeignete Mittel, um die Türen zu diesen Welten ganz zu öffnen.

 Das Leben nur im Kopf

 "Schon bald war ich schwer cannabisabhängig, rauchte vier, fünf Joints pro Tag", erzählt Beutler. Er hatte Vorstellungen von seiner Zukunft, zog in Erwägung, die Schauspielschule oder ein Theaterprojekt zu machen. Doch das geschah nur im Kopf. In Wahrheit nahm er beliebige Jobs an - mal war er Schreiner, mal Taxifahrer - , um sich über Wasser zu halten. "Ich war nicht mehr funktionsfähig. Ich glitt immer mehr in eine Scheinwelt ab." Trotzdem raffte er sich mit 27 zum Medizinstudium auf.

 "Eine Warze, die abfällt"

 Im ersten Studienjahr 1987 wurde Daniel Beutler dann vom Kiffer zum Bekehrten. Er hatte in der Mediziner-Bibelgruppe für Buddha werben wollen, liess diesen dann fallen und schloss Gott in seine Arme. "Seither rauchte ich keinen einzigen Joint mehr. Es war wie eine Warze, die plötzlich abfällt." Vorher habe er mehrere Male erfolglos versucht, von dem Stoff loszukommen. Die meisten Drogenkranken brauchen mehrere Anläufe, um den Entzug zu schaffen, sagt Beutler. "Manchen gelingt das erst nach dem zehnten Mal." Das "Staatsheroin" hilft niemandem beim Ausstieg. Davon ist der Hausarzt überzeugt, und für diese Überzeugung kämpft er an Podien, bei Referaten und in seinen Artikeln.

 Flash auch dank Dormicum

 So sieht Beutlers Sicht der Dinge aus: Schwerstsüchtige wollen, dass die Droge knallt, sie wollen ein Flash. Die zwei Dosen, die ihnen im geregelten Rahmen des Heroinprogramms zweimal täglich abgegeben werden, genügen ihnen nicht. Die Sucht weitet sich auf andere Stoffe aus. Manche nehmen zum Beispiel hohe Dosen des Schlafmittels Dormicum, das ihnen - "leider zu oft" - vom Arzt abgegeben wird. Sie hoffen, so trotzdem ein Flash zu erreichen.

 Als weltweit erstes Land hat die Schweiz vor 16 Jahren mit der kontrollierten Heroinabgabe an Schwerstsüchtige begonnen. Vor zwei Jahren stimmten die Schweizer mit 68 Prozent dem Betäubungsmittelgesetz und somit der Verankerung dieser Praxis zu. Studien kamen zum Schluss, dass sich der Gesundheitszustand der Patienten stabilisiert, sich ihre Wohn- und Sozialsituation verbessert und ihre Straftaten zurückgehen. Beutler bestreitet das nicht, sagt aber: "Durch die Heroinabgabe landen sie auf dem Abstellgleis. Es geht nicht weiter." Nur die Abstinenz helfe langfristig wirklich weiter. Beutler hat diese Abstinenz selber geschafft. "Ich habe nie mehr einen Joint geraucht." Vor der Legalisierung von Cannabis warnt er. Heroin sei eine relativ reine Substanz, die gut ausgeschieden werden könne. "Cannabis hingegen bleibt Wochen bis Monate im Körper - die Wirkung ist gerade bei Jungen unberechenbar."

 Als Hausarzt in einem Dorf lehnt sich Beutler mit seinem Engagement ganz schön zum Fenster raus. Es hat ihn auch schon Patienten gekostet. Die einen stört, dass er ein ehemaliger Drogenkonsument ist. Die anderen, dass er als bekennender Christ mit den Anti-Drogen-Fundis mitmischt. "Es gibt Patienten, die ihre Unterlagen von Angehörigen kommentarlos bei mir abholen lassen." Doch Daniel Beutler muss weiterkämpfen für "die Themen, die brennen". Er ist EDU-Mitglied, mit der EVP-Grossrätin Melanie Beutler-Hohenberger verheiratet, wurde vor anderthalb Jahren zum dritten Mal Vater und wird es demnächst ein viertes Mal. "Meine zwei Söhne sind erwachsen. Sie kiffen nicht und nehmen keine Drogen", sagt er.
 
Katharina Merkle

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 Klinik Marchstei

 Marchstei: "Alles beim Alten"

 Daniel Beutler sei nicht degradiert worden. Es handle sich um ein Missverständnis, so der Chef der Entzugsklinik Marchstei.

 Im Infobulletin der Schweizerischen Vereinigung Eltern gegen Drogen und des Dachverbandes Drogenabstinenz Schweiz betätigt sich Daniel Beutler als Autor. In der Mai-Ausgabe hat er erneut dezidiert gegen das "Staatsheroin" angeschrieben. Zur Untermauerung seiner These, dass das Heroinprogramm schaden kann, führte er Beispiele aus der Drogenentzugsklinik Marchstei in Kehrsatz an. So habe dort ein Süchtiger regelrecht darum kämpfen müssen, aus dem Programm auszusteigen und sich für einen Entzug zu entscheiden. Dass ausgerechnet der Hausarzt dieser staatlich mitfinanzierten Institution solche Äusserungen macht, stiess der grünen Grossrätin Barbara Mühlheim sauer auf. Sie selber leitet die heroingestützte Behandlung Koda in Bern und äusserte sich in einem "Bund"-Artikel dazu. Die Gegenseite in der Person von SVP-Grossrätin und Eltern-gegen-Drogen-Präsidentin Sabina Geissbühler (SVP) machte sich wiederum für Beutler stark.

 Politik in Klinik tabu

 Die Klinik teilte in einem Com-muniqué mit, sie distanziere sich von Beutlers Aussagen. Sie seien seine private Meinung, nicht die der Klinik. Den Namen Marchstei hätte er im Artikel tatsächlich nie erwähnen dürfen, entschuldigte sich Beutler. "Für uns und Herrn Beutler ist die Sache damit erledigt", sagt Klinikleiter Stefan Weigelt. Mit der fachlichen Zusammenarbeit sei er sehr zufrieden. Beutlers fachliche Haltung der Klientel gegenüber decke sich mit dem Hauptanliegen, Menschen auf dem Weg in die Abstinenz zu begleiten. Weigelt unterstreicht aber: "Wir legen grossen Wert auf eine Trennung zwischen persönlicher politischer Haltung und der Tätigkeit in der Klinik."

 51 schafften den Entzug

 Dass Daniel Beutler eine Leitungsfunktion verloren habe oder gar entlassen worden sei, sei ein kommunikatives Missverständnis. An der Funktion des Mediziners hat sich nichts geändert. Er ist nach wie vor der einzige Arzt im Marchstei, kommt wie schon seit drei Jahren auf Visite und steht für die Betreuung zur Verfügung.

 Die Klinik mit fünf Betten wurde 1992 vom christlich ausgerichteten Trägerverein Marchstei eröffnet. 2009 absolvierten dort 51 Personen erfolgreich einen Drogenentzug. Der sogenannte warme Entzug ist auch bei Marchstei üblich. Dabei kommen Medikamente zum Einsatz, die die Drogen ersetzen. Zum Beispiel Methadon oder Subutex. "Was man landläufig als Drogen bezeichnet, wird bei uns nicht eingesetzt - sie sind in unserem Haus streng verboten", sagt Leiter Weigelt.

 Wertvolle Praktiker

 Daniel Beutler war früher selber drogenkrank (siehe Haupttext). Laut Stefan Weigelt gibt es in der Suchthilfe durchaus Fachleute mit eigener Drogenerfahrung. "Wenn diese verarbeitet ist und sich die Abstinenz bewährt hat, kann diese Vergangenheit eine wertvolle Ressource sein", sagt der Klinikleiter.
 kle

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Südostschweiz 26.10.10

Kalifornien könnte bald zum Kiffer-Paradies werden

Cannabis im Supermarkt? Ein Joint im Strassen-Café? Das könnte in Kalifornien Realität werden. Es ist gut möglich, dass nächsten Dienstag eine Initiative zur Legalisierung von Marihuana angenommen wird.

 Von Thomas J. Spang

 San Francisco. - Tom Ammiano hat für den Fall der Fälle schon ein Gesetz in der Schublade liegen, das regeln soll, wie Cannabis-Produkte künftig an den Mann gebracht werden. Der Abgeordnete, der San Francisco im kalifornischen Parlament vertritt, will bei Annahme von Proposition 19 am 2. Novelber sämtlichen Geschäften, die Alkohol verkaufen, auch die Abgabe von Marihuana erlauben. Neben kalifornischen Weinen dürften in den Supermärkten dann auch Joints mit Gras aus heimischem Anbau angeboten werden.

 Der Staat und Private wittern das grosse Geld

 Eine Studie im Auftrag des Bundesstaates an der US-Westküste schätzt den Markt für Cannabis-Produkte allein in Kalifornien auf 14 Milliarden Dollar. Die Möglichkeit, diesen zu regulieren und Steuern darauf zu erheben, liefert den Befürwortern der Initiative in Zeiten leerer Staatskassen ein starkes Argument. Bis zu 1,4 Milliarden Dollar könnten nach einer Legalisierung an den Fiskus fliessen. Städte und Bezirke hätten das Recht, die Steuer lokal zu erheben.

 "Das ist unsere wirtschaftliche Zukunft", meint Bonnie Neely, die in der Regierung von Humboldt County sitzt - einem der drei nördlichen Bezirke Kaliforniens, die das sogenannte "Smaragd-Dreieck" ausmachen. Hier liegt das Zentrum des heimischen Hanfanbaus für medizinische Zwecke. Geschäftstüchtige Bauern träumen schon davon, dass in den grünen Bergen das Napa Valley der Cannabis-Industrie entstehen könnte.

 Richard Lee gehört zu denen, die mit dem legalen Handel von medizinisch verordnetem Marihuana bereits reich geworden sind. Sein Netz aus Abgabestellen, in denen er Hanf aus eigenem Anbau gegen Vorlage einer ärztlichen Empfehlung - und Geld natürlich - verkauft, bringt der Industriestadt Oakland heute 800 000 Dollar Steuereinnahmen. Lee könnte kaum etwas Besseres passieren als eine Freigabe von Cannabis für alle Kalifornier über 21 Jahre. Was Lee, der die Proposition 19 verfasst hat und sie mit 1,5 Millionen Dollar sponsert, dem Verdacht aussetzt, nicht das Gemeinwohl, sondern sein Geschäft im Auge zu haben.

 "Es steht auf Messers Schneide"

 Das mag einer der Gründe sein, warum die Initiative in Umfragen zuletzt an Popularität verlor. Die "Los Angeles Times" ermittelte jüngst sogar 51 Prozent dagegen und 39 Prozent dafür. Damit hätte sich das Verhältnis zwischen Befürwortern und Gegnern gegenüber früheren Ergebnissen umgedreht.

 Demoskopen warnen aber vor übereilten Rückschlüssen. "Es gibt sehr gute Gründe für Über- und Untertreibungen", meint Nate Silver, der für die "New York Times" Umfragen analysiert. Dazu gehörten fehlende Vergleichsmöglichkeiten, die schwierige Erreichbarkeit junger Wähler und Verzerrungen bei den Antworten auf die Fragen der Demoskopen zu dem sensiblen Thema. "Es steht auf Messers Schneide", meint Nater daher.

 In einem Bundesstaat, in dem sich die Wähler 1996 schon einmal über das politische Establishment hinweggesetzt und die Abgabe von Marihuana aus medizinischen Gründen erlaubt haben, argumentieren die Gegner mit dem Inhalt der Volksinitiative selbst: Proposition 19 würde ein rechtliches Chaos anrichten und die Gerichte auf Jahre hinaus lahmlegen. Gouverneur Arnold Schwarzenegger seinerseits hat versucht, die "Dringlichkeit" einer Legalisierung herunterzuspielen, indem er den Besitz von Marihuana kürzlich zu einer blossen Ordnungswidrigkeit herabstufte. Wer erwischt wird, zahlt maximal 100 Dollar Busse.

 Die Kandidaten für Schwarzeneggers Nachfolge im Gouverneursamt und die Bewerberinnen für den US-Senat haben sich gegen die Initiative ausgesprochen. Ebenso wie US-Justizminister Eric Holder, der ankündigte, notfalls auf Grundlage von Bundesgesetzen gegen den organisierten Cannabis-Handel vorzugehen.

 Die Befürworter der Initiative haben ihrerseits prominente Unterstützung. Vor allem aus Hollywood, wo Stars wie Sängerin Melissa Etheridge, Schauspieler Danny Glover oder der Satiriker Bill Maher öffentlich für die Legalisierung eintreten. Aber auch von Experten wie Joycelyn Elders, die unter Bill Clinton als "Surgeon General" für die Gesundheitsrichtlinien der Regierung zuständig war. "Das ist keine toxische Substanz", wirbt Elders heute für eine Freigabe von Cannabis. "Wir sollten unsere Ressourcen für andere Dinge nutzen."

 Dafür sind nicht zuletzt viele Polizisten

 So sehen es auch viele Polizisten, die hinter der Initiative stehen. Die Ordnungshüter würden sich gerne auf wirkliche Verbrechen konzentrieren - doch die Festnahme von mehr als 60 000 Personen im Jahr wegen unerlaubten Cannabis-Besitzes bindet viel Personal. Der Staat Kalifornien gibt nach Schätzung des Cato-Instituts etwa 970 Millionen Dollar aus, um die Marihuana-Gesetze durchzusetzen.

 Die unabhängige Denkfabrik Rand erwartet USA-weite Konsequenzen im Falle einer Annahme der Volksinitiative. "Es verändert das Stigma", meint Beau Kilmer, der zu dem Thema forscht. Und es würde den Drogenkartellen einen Schlag versetzen, die ihr Geschäft an Supermärkte, Kneipen und Landwirte in Kalifornien verlören.

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Kommentar

 Die Chance zum Durchbruch

 Von Thomas J. Spang

 Die Wähler in Kalifornien können am 2. November mit der Legalisierung von Cannabis Geschichte schreiben. Es wäre der erste Bundesstaat in den USA, der den Besitz, Gebrauch, Anbau und Handel mit Marihuana straffrei machen würde. Die Annahme der Volksinitiative 19 würde den internationalen Drogenkartellen einen schweren Schlag versetzen. Der geregelte Verkauf von Marihuana-Produkten würde deren lukrativen Schwarzmarkt zerstören. So würden mehr Dealer von den Strassen verschwinden als durch jede Razzia.

 Dies wäre nicht nur ein wichtiger Beitrag zum Schutz der Jugend, die damit weniger in Berührung mit wirklich gefährlichen Drogen geriete. Ein Ja zu "Prop19" würde auch die Verschwendung kostbarer Staats-Ressourcen beenden. Fast eine Milliarde US-Dollar fliessen Jahr für Jahr in die Durchsetzung der bestehenden Marihuana-Gesetze. Statt durch die Verfolgung von Bagatell-Delikten lahmgelegt zu werden, könnte sich die Polizei auf die Bekämpfung echter Kriminalität konzentrieren.

 Tatsächlich gibt es keinen rationalen Grund, Cannabis-Produkte anders zu behandeln als die allseits akzeptierte Alltagsdroge Alkohol. Im Gegenteil, vieles spricht dafür, das Joints und Kekse weniger schädlich sind als Schnaps und Bier. Was nicht heisst, das der Konsum der einen oder anderen Droge zu empfehlen wäre. Insbesondere Jugendlichen nicht, die sich noch in der Entwicklung befinden.

 Kalifornien hat die Chance, einer realistischeren Drogenpolitik zum Durchbruch zu verhelfen. Aber es darf nicht bei der Annahme der lausig formulierten Volksinitiative bleiben. Danach müssen die Gesetzgeber einheitliche Regeln schaffen und diese dann auch auf kommunaler Ebene umsetzen.

 Wenn die Wähler am kommenden Dienstag Ja sagen, hätte dies auch Konsequenzen im Rest des Landes. Es wäre der Anfang vom Ende eines Verbots, das soviel Sinn macht, wie das Verteufeln von Alkohol zu Zeiten der Prohibition. Der grösste Bundesstaat würde Cannabis von einem kulturellen Vorbehalt befreien, der erklärlich ist, aber wenig Sinn macht.

 zentralredaktion@suedostschweiz.ch

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MIGRATION CONTROL
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NZZ 26.10.10

Athen ruft die EU im Kampf gegen illegale Migration um Hilfe

 Bitte um Schnelle Grenzwacht-Eingreifteams für die Landgrenze zur Türkei

 Griechenland wird mit dem Strom von Migranten an seiner Landgrenze zur Türkei nicht mehr fertig und hat die EU um Hilfe ersucht. Die Mitgliedsländer des Schengenraums sollen Athen mit besonderen Grenzwächter-Teams beistehen.

 Peter Winkler, Brüssel

 Griechenland hat die EU um Beistand für die Sicherung seiner Landgrenze zur Türkei ersucht, weil es dort mit dem Strom von Migranten, die illegal einreisen, nicht mehr fertig wird. Da die betreffende Grenze auch EU- und Schengen-Aussengrenze ist, hat Athen um die Entsendung von Schnellen Grenzwacht-Eingreifteams (Rapid Border Intervention Teams, Rabits) aus den anderen Mitgliedländern des Schengenraums ersucht. Die Grenzschutzagentur der EU, Frontex, muss über das Gesuch innert fünf Tagen entscheiden. Da dies der erste derartige Fall ist, wird Frontex dem Ersuchen aus Athen ohne Frage stattgeben.

 Zwei Achsen, ein Trichter

 Illegal einreisende Migranten gelangen über zwei grosse Achsen nach Europa. Die eine hat ihren Ursprung am Horn von Afrika und in der Sahelzone, die andere im Mittleren Osten (Iran, der Irak, Afghanistan). Seit die Migrationsströme übers Mittelmeer und über den Atlantik mit Massnahmen in den Transitländern deutlich zurückgedrängt wurden, konzentrieren sich die Schlepperbanden und illegal einreisende Migranten immer mehr auf die Ostroute durch die Türkei.

 Die Grenze zu Griechenland ist damit zu einem Trichter für die Migrationsströme aus beiden Achsen geworden. Zwar hat die EU-Kommission mit Ankara ein Rückübernahmeabkommen ausgehandelt, doch der EU-Innenministerrat hat dieses noch nicht gutgeheissen. In den letzten Monaten verstärkte Griechenland, unter anderem auch mit drei Frontex-Operationen, den Schutz seiner überaus langen Seegrenze deutlich. Die Schlepperbanden und Migranten reagierten darauf, indem sie auf die Landgrenze zwischen der Türkei und Griechenland auswichen. Dies führte nach Angaben der EU-Kommission dazu, dass sich die Lage in einem 12,5 Kilometer langen, schlecht zugänglichen Grenzabschnitt nahe der Stadt Orestiada in den letzten Wochen verschlechterte. Da die Grenze praktisch nicht mehr kontrolliert werden könne, strömten täglich Hunderte von Migranten ins betreffende Gebiet, um die Grenze zu überqueren.

 Beistandsmechanismus

 Athen hat deshalb einen Mechanismus aktiviert, der genau zu diesem Zweck geschaffen wurde: Wenn in einem Land der Migrationsdruck zu gross wird, sollen die Schengen-Mitgliedstaaten - unter ihnen auch die Schweiz - Teams von besonders erfahrenen Grenzwächtern unter Aufsicht der Frontex zur Unterstützung des überforderten Landes entsenden. Diese Rabits sollen bei der Sicherung der Grenzen und beim korrekten Empfang der Flüchtlinge mithelfen. Sie müssen dabei stets unter Anleitung von Beamten des Gastlandes operieren.

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 Hilflosigkeit Griechenlands angesichts des Stroms von Migranten

 elh. · Griechenland ist mit der illegalen Einwanderung überfordert. Das wird immer deutlicher. Täglich sollen 250 bis 300 Einwanderer aus dem Nachbarland Türkei illegal über den Grenzfluss Evros (türkisch: Meri, bulgarisch: Marica) nach Griechenland kommen. Die meisten von ihnen stammen aus Asien oder Afrika. Während in den ersten neun Monaten des Jahres 2009 noch 6615 illegal einreisende Immigranten am Evros gefasst wurden, ist diese Zahl im Jahre 2010 auf 31 219 angestiegen.

 Andererseits ist die illegale Einreise in der Ost-Ägäis im gleichen Zeitraum deutlich zurückgegangen (Lesbos: minus 75,61 Prozent; Samos: minus 77,36 Prozent; Dodekanes: minus 78,53 Prozent). Dies ist wohl vor allem auf die hier bereits bestehende Zusammenarbeit zwischen der Grenzschutzagentur der EU, Frontex, und der griechischen Küstenwache zurückzuführen. Die vielen dem türkischen Festland vorgelagerten Inseln und abgelegenen Küsten waren in den vergangenen Jahren das bevorzugte Ziel der Migranten.

 Früher oder oder später kommen die meisten illegal Eingewanderten in die grossen Städte des Landes. Laut Schätzungen leben inzwischen über 350 000 Migranten illegal in Griechenland, fast immer unter menschenunwürdigen Bedingungen. Bevorzugte Ziele sind die Hafenstadt Patras auf dem Peloponnes, wo die Migranten auf eine Weiterreise mit einem Lastwagen auf einer Fähre hoffen, und natürlich Athen.

 Im Zentrum der Hauptstadt kommt es immer öfter zu Zwischenfällen, auch unter rivalisierenden Ausländergruppen, wobei auch schon Schusswaffen oder Äxte, Messer oder Brechstangen zum Einsatz gekommen sind. Vor allem die Kleinkriminalität nimmt in vielen Stadtteilen in erschreckendem Ausmass zu, was bei vielen Griechen und Ausländern mit einem legalen Status Empörung auslöst. Am Wochenende wurden zwei Politiker aus dem linken Lager, die bei den Kommunalwahlen am 7. November kandidieren, von aufgebrachten Bürgern mit Joghurt und Eiern beworfen, weil sie sich für die Rechte der Migranten eingesetzt hatten. Das Problem besteht vor allem auch darin, die Wirtschaftsflüchtlinge von den politischen Flüchtlingen zu unterscheiden. Im Sommer waren rund 40 Flüchtlinge aus Iran, die zum Teil schon sechs Jahre in Griechenland lebten, in einen Hungerstreik getreten, um endlich den Flüchtlingsstatus zu erhalten. Einer von ihnen hatte sich sogar den Mund zugenäht, um eine ärztliche Behandlung zu verhindern.

 Dabei ist der Weg nach Griechenland keinesfalls ungefährlich. Immer wieder werden Personen, die illegal einreisen wollten, tot aufgefunden. Viele von ihnen ertranken bei der Überquerung des Grenzflusses Evros. Eine weitere tödliche Gefahr sind die Landminen im Grenzgebiet zwischen Griechenland und der Türkei am Fluss Evros. Sie sind nur zum Teil entfernt worden.

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St. Galler Tagblatt 26.10.10

Griechenland ruft die EU wegen Flüchtlingen um Hilfe

 Weil die Grenzen anderswo dichter sind, wird Griechenland von illegalen Migranten überrannt. Athen fordert von den Schengen-Staaten die Entsendung schneller Eingreifteams zur Grenzsicherung. Angefragt wird wohl auch die Schweiz.

 Von Marianne Truttmann

 Athen/Brüssel. - Griechenland hat die EU um Hilfe gebeten, weil das Land vom wachsenden Strom von illegalen Flüchtlingen überfordert ist, welche über die türkische Grenze ins Land einreisen. EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström will Griechenland mit Hilfe der Grenzschutzagentur Frontex unterstützen, wie ihr Sprecher am Sonntag mitteilte. Innerhalb von fünf Tagen soll der Entscheid fallen, welche Schengen-Länder schnelle Einsatzteams zur Grenzsicherung nach Griechenland entsenden. Auch die Schweiz muss mit einer Anfrage von Frontex rechnen (siehe Kasten).

 Die ausländischen Grenzwächter sollen Griechenland bei der Kontrolle der Landgrenze zur Türkei unterstützen. Die Lage in Griechenland ist laut EU-Kommission "zunehmend dramatisch". So ist die Grenze zur Türkei auf einer Strecke von 12,5 Kilometern beim Grenzfluss Evros nahe der griechischen Stadt Orestiada praktisch ungeschützt.

 Seeweg wird unattraktiv

 An der Landgrenze zur Türkei wurden in den ersten acht Monaten dieses Jahres 23 000 Flüchtlinge aufgegriffen, im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum noch 5600 gewesen. Gleichzeitig gingen die Zahlen auf den Ägäis-Inseln zurück: Von 15 000 angehaltenen Migranten im Vorjahr auf noch 4000 in diesem Jahr.

 Die Flüchtlingströme in die EU haben sich in jüngster Zeit massiv verschoben, dies als Folge der strengen Kontrollen im Mittelmeer. Während Flüchtlinge aus Afrika bisher vor allem mit Booten von Libyen über das Mittelmeer in die Europäische Union gelangten, reisen sie inzwischen vermehrt über die Türkei. Dabei handelt es sich laut EU-Kommission vor allem um Afrikaner, Afghanen, Pakistaner und Iraker.

 Die EU will auch die Türkei in die Lösung des Flüchtlingsproblems einbeziehen. Ein von der EU-Kommission ausgehandeltes Rücknahmeabkommen mit der Türkei muss von den EU-Staaten noch genehmigt werden.

 Athen in der Kritik und unter Druck

 Griechenland wird seit Jahren von Flüchtlingsorganisationen sowie von einzelnen EU-Mitgliedstaaten kritisiert, weil es Flüchtlinge systematisch zurückweist und die Asylanträge nicht ordnungsgemäss behandelt Die EU-Kommission hat deshalb bereits vor mehreren Monaten ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland eingeleitet. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl wirft Griechenland massive Menschenrechtsverletzungen vor. So würden verfolgte Flüchtlinge häufig im Grenzfluss Evros ertrinken oder durch Minen getötet, da das Grenzgebiet zur Türkei noch immer vermint ist.

 Da sich Griechenland an einer Schengen-Aussengrenze befindet, wird das von der Eurokrise gebeutelte Land zusätzlich durch die Dublin-Verordnung belastet. Gemäss dem vertrag von Dublin muss jenes Schengen-Land, über das ein Flüchtling erstmals in die EU einreist, das Asylgesuch behandeln. In einem anderen Schengen-Land aufgegriffene Flüchtlinge können wieder dorthin zurückgeschickt werden.

 "Verschiebebahnhof" für Migranten

 Pro Asyl bezeichnet dieses Verfahren als "grossen EU-Verschiebebahnhof für Flüchtlinge, bei dem sich die Länder einen Wettstreit liefern, wer am meisten Flüchtlinge abschieben kann". Seit Jahren sucht Brüssel erfolglos nach einer gerechteren Lastenteilung. Die EU hat Griechenland allerdings bereits bisher für die Bewältigung des Flüchtlingsproblems massiv personell und finanziell unter die Arme gegriffen und überwacht bereits erfolgreich die Ägäis. Ein Teil der zur Verfügung gestellten EU-Gelder sei von Athen noch gar nicht abgerufen worden, sagte der Sprecher von Malmström.

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 Schweizer Hilfe wäre freiwillig

 Bern. - Die EU-Agentur Frontex in Warschau ist für den Schutz der EU-Aussengrenzen zuständig. Die Mitgliedstaaten stellen ihr Grenzschützer zur Verfügung. Diese arbeiten unter der Kontrolle des Mitgliedstaates, in dem sie tätig sind.

 Die Schweiz hat 2009 ein Schengen-Zusatzabkommen abgeschlossen, mit dem sie sich an der Frontex beteiligt. Dabei hat sie zugestanden, Einsätze schneller Einsatzteams mit Fachleuten zu unterstützen, falls sie angefragt wird. Ein solcher Einsatz sei freiwillig, erklärte Walter Pavel von der Eidgenössischen Zollverwaltung gestern. Die Schweiz würde dafür Fachleute wie Dokumenten- oder Fahrzeugspezialisten entsenden, die nur an Landesgrenzen oder Flughäfen eingesetzt würden. Das Grenzwachtkorps hat für allfällige Einsätze bereits entsprechendes Personal ausgewählt und einen Pool von 30 Personen zusammengestellt. Daraus würden für einen gleichzeitigen Einsatz maximal fünf Personen ausgewählt. (mt)

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FASCHISMUS
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Tagesanzeiger 27.10.10

Die Schweizer Wurzeln des italienischen Futurismus

 Eine Ausstellung im Museo Vela in Ligornetto widmet sich dem Schaffhauser Intellektuellen und Künstler Federico Pfister.

 Von Vera Bueller, Ligornetto

 Die Veranstaltungen begannen grundsätzlich mit Beleidigungen und Beschimpfungen, die sich gegen die Bewohner und die Stadt richteten, in der das Gastspiel stattfand. Anschliessend wurde ein Manifest verlesen, Kunst gezeigt, Musik und Theater gespielt. Und die Abende waren aus Sicht der Autoren nur dann erfolgreich, wenn es zu Tumulten kam, Sicherheitskräfte einschreiten mussten und das Medienecho entsprechend gross war.

 Was sich wie eine moderne Guerilla-Marketingstrategie anhört, spielte sich in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts in Italien ab und war Teil der Futurismus genannten neuen Kunstrichtung. Die avantgardistische Bewegung wollte mit der kulturellen Vergangenheit Italiens brechen, dem Land eine neue Identität verleihen und war von Anfang an als provokativer Tabubruch konzipiert: Jugend, Aggressivität, Gewalt, Krieg, Rücksichtslosigkeit wurden verherrlicht, die Zerstörung von Bibliotheken, Museen sowie Akademien als Hort einer überlebten Anschauung gepriesen.

 Nähe zum Faschismus

 Der Futurismus hatte - trotz ideologischer Nähe zum italienischen Faschismus - grossen Einfluss auf unterschiedliche Strömungen der Moderne wie Expressionismus, Dadaismus, Vortizismus, Art déco, Surrealismus und Konstruktivismus. In jüngster Zeit erlebt er sogar eine Renaissance. Zum richtigen Zeitpunkt - unmittelbar nach dem 100-Jahr-Jubiläum des Futurismo-Gründungsmanifests von 1909 und dem 150-Jahr-Jubiläum der Ausrufung des Königreichs Italien von 1861 - führt das Museo Vela eine überraschende Ausstellung zum Futurismus durch. Das in der Deutschschweiz wenig bekannte Museum, im Besitz des Bundes und unmittelbar an der italienischen Grenze im malerischen Ligornetto gelegen, zeigt eine Ausstellung mit Werken Federico Pfisters.

 Der Sohn einer bedeutenden Schaffhauser Familie, die seit mehreren Generationen in Italien geschäftlich tätig war, gehörte zum engen Kreis der italienischen Futuristen. Pfister, 1898 in Neapel geboren, studierte Kunstgeschichte bei Heinrich Wölfflin in München, absolvierte ein Archäologiestudium in Florenz, war als Architekt in Rom tätig, kommentierte und übersetzte bedeutende kunsthistorische Schriften aus dem Deutschen ins Italienische. Auch verfasste er verschiedene, viel beachtete philosophische Abhandlungen.

 Vor allem aber war Federico Pfister ein interessanter Maler, weshalb sich die Ausstellung im Museo Vincenzo Vela hauptsächlich auf diesen Aspekt seiner künstlerischen Laufbahn konzentriert. Nachdem er sich bereits 1917 dem Futurismus zugewandt hatte, nahm er in den frühen Zwanzigerjahren den Künstlernamen De Pistoris an, unter dem er neben Prampolini, Pannaggi, Depero und Paladini einer der wichtigsten Vertreter des "Futurismo Meccanico" wurde. Der Abdruck von Pfisters Arbeiten in den ersten beiden Heften der zweiten Serie der Zeitschrift "Noi" in den Jahren 1923 bis 1925 und seine Teilnahme an der Biennale Romana in Rom 1925 belegen das hohe Ansehen, das der Künstler zu jener Zeit genoss.

 Briefmarke mit einem Pfister

 Die Ausstellung im Museo Vincenzo Vela, übrigens das zweitgrösste Museum des Bundes und vor einigen Jahren von Mario Botta aufwendig restauriert, dokumentiert das künstlerische Schaffen Federico Pfisters mit über 120 Werken, darunter Zeichnungen, Skizzenhefte, Aquarelle, Ölmalereien und vorbereitende Studien auf Leinwand für einen Freskenzyklus, der allerdings nie realisiert wurde. Zu sehen ist auch eine Briefmarke, die die italienische Post zum 100. Jahrestag des Futurismus 2009 herausgab und die ein Gemälde De Pistoris' zeigt.

 Mit dieser monografischen Ausstellung knüpft das Museum an frühere Aktivitäten an, denn schon seit Jahren werden in der Villa Vela vielschichtige Persönlichkeiten vorgestellt, deren kulturelle Bildung und breit gefächertes Interesse sich auf unterschiedlichste Weise ausdrückte: Thomas Mann oder der Archäologe und Begründer der Kunstgeschichte, Johann Joachim Winckelmann, der Sprachwissenschaftler und Ethnofotograf Paul Scheuermeier sowie die Bildhauer Henry de Triqueti und Augustus St.   Gaudens.

 Ähnlichkeiten zu Vela

 Der Umstand, dass Federico Pfister Schweizer Staatsbürger war, dabei aber nicht nur als Künstler, sondern als vielseitig engagierter Kulturschaffender in Italien wirkte und auch in schwierigen Zeiten einen wissenschaftlichen Beitrag zum Wachstum des Landes leistete - wobei ihm seine Schweizer Nationalität zuweilen Vorteile, zuweilen aber auch Nachteile bereitete -, lässt überdies Ähnlichkeiten mit dem Bildhauer Vincenzo Vela offenbar werden. Aus diesem Grund erscheint das Künstlerhaus-Museum als eidgenössische Institution, das in geografischer Hinsicht dem Nachbarland Italien zugewandt ist, als geradezu prädestiniert, um Federico Pfisters Leben und Werk anhand einer Einzelausstellung näher zu beleuchten.

Museo Vincenzo Vela, Ligornetto, bis 12. Dezember.
http://www.museo-vela.ch

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http://de.wikipedia.org/wiki/Futurismus

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ANTI-ATOM
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Saldo 27.10.10

Schweizer Stromproduktion: Die Lichter gehen nicht aus

 Die Atom lobby warnt vor einer angeblich drohenden Stromlücke. Dabei will sie mit zusätzlichen Atomkraftwerken den lukrativen Verkauf von Strom ins Ausland ausweiten.

 Die Stromkonzerne malen die Energiezukunft der Schweiz in düsteren Farben. Kein Zufall, denn die Volksabstimmung über neue AKW ist für das Jahr 2013 vorgesehen. Das von den Konzernen finanzierte Nuklearforum behauptet: "Unser Land muss in absehbarer Zeit seinen Kernkraftwerkpark erneuern, um der drohenden Stromlücke vorzubeugen."
Auch Gerold Bührer Chef des Wirtschaftsverbandes Econoiniesuisse, schlug im "Sonntagsblick" Alarm: "Bei der Stromversorgung drohen wir in Engpässe zu laufen." Die Betriebsbewilligungen alter AKW würden auslaufen, ebenso französische Lieferverträge für Strom.
Es brauche deshalb in der Schweiz zwei neue AKW.

2009: 9 Milliarden Kilowattstunden Produktionsüberschuss

Anders sieht das WWF-Energieexperte Patrick Hofstetter. Für ihn hat das "Gerede von der Stromlücke nichts mit der Realität zu tun". Jürg Buri von der Schweizerischen Encrgie-Stiftung (SES) wirft den Atomenergie-Verfechtern sogar ein Spiel "mit falschen Karten" vor. Die neuen AKW dienten nämlich vor allem dem Export von Strom, nicht der Versorgung der Schweiz.

 Die Zahlen geben ihm recht. Im Jahr 2009 produzierte die Schweiz laut Elektrizitätsstatistik des Bundesamts für Energie mehr Strom als sie brauchte. Inländische Kraftwerke erzeugten 66,5 Milliarden Kilowattstunden Strom, die Konsumenten verbrauchten aber nur 57,5 Milliarden,

Laut Jürg Buri hatte die Schweiz beispielsweise im Juni2009 "eine Leistungsreserve im Umfang von nicht weniger als acht AKW Gösgen". Dagegen führen die Schweizer Energiekonzerne ins Feld, dass die Stromproduktion im Inland heute in den Wintermonaten den Landesbedarf nicht decke.
Laut Antonio Sommavilla von der Berner BKW ist die Schweiz im Winter per Saldo ein "Netto-Stromimporteur". Das heisst: Unter dem Strich importiere sie im Winter mehr Strom als sie exportiere.

 Kritiker erwidern: Die Lichter gingen trotzdem noch nie aus und werden auch nicht ausgehen. Denn selbst die Stilllegung von drei alten AKW ab dem Jahr 2020 gefährdet ihnen zufolge die Versorgung nicht. Dadurch würden zwar rund 15 Prozent der heimischen Stromproduktion wegfallen.

 Doch der Bund will zwei Drittel davon allein durch die Förderung erneuerbarer Energie ausgleichen. Gemäss Heinz Karrei; Chef des Energiekonzerns Axpo, verlangsame zwar der "unerwartete Widerstand" von Umweltverbänden und lokaler Bevölkerung gegen neue Produktionsanlagen für erneuerbare Energien den Ausbau.
 Das Ziel lässt sich laut WWF dennoch bis spätestens 2020 erreichen.

 Was viele nicht wissen: Schweizer Energieunternehmen erzeugen viel Strom im Ausland. Laut SES-Berechnungen beteiligen sich sieben Schweizer Konzerne zurzeit an 70 ausländischen Kraftwerkprojekten. Die Alpiq etwa betreibt im tschechischen Kladno ein Kohlekraftwerk, die Bündner Repower im süditalienischen Teverola ein Gaskraftwcrk, und die BKW baut im norddeutschen Wilhelmshaven ein Kohl ekraftwerk.

Spitzenstrom lässt sich um die Mittagszeit teuer ins Ausland verkaufen

Die aktiven Anlagen im Ausland erzeugen laut SES bereits 48 Milliarden Kilowattstunden Strom. Sind alle geplanten Auslandkraftwerke mit Schweizer Beteiligung in Betrieb, bringen diese weitere 49 Milliarden Kilowattstunden. Damit übersteigt die ausländische Stroniproduktion der Schweizer Konzerne diejenige im Inland um fast das Doppelte. Buri erklärt: "Dieser Strom liesse sich rein theoretisch in die Schweiz holen."

Die Schweiz ist keine Strominsel, wie die Atomlobby suggeriert. Sie ist durch grosse Stromleitungen mit dem Ausland vernetzt. Hiesige Unternehmen importierten 2009 fast soviel Strom wie das Inland verbrauchte - und exportierten sogar etwas mehr. Experte Hofstetter betont: "Als zentrale Stromdrehscheibe wäre die Schweiz das letzte Land Europas, in dem die Lichter ausgingen."

Die Atomstrategie der Schweizer Energieunternehmen zielt nach Einschätzung der Experten vor allem aufs lukrative Auslandgeschäft.
Im Zentrum steht dabei der Spitzenstrom, den sie in ihren alpinen Pumpspeicherwerken in der Schweiz gewinnen. Dazu pumpen sie nachts Wasser in höhergelegene Stauseen. Sie nntzen dafür den nachts besonders billigen, weil reichlich verfügbaren Kohle- und Atomstrom aus dem Ausland, sogenannten Bandstrom. Auf Knopfdruck lassen die Betreiber tagsüber das Wasser durch Turbinen in die Tiefe strömen. Fast die Hälfte dieses Stroms verkaufen sie dann teuer ins Ausland, etwa nach Italien. Denn zur Mittagszeit ist die Nachfrage gross. Das Geschäft lohnt sich: Die 174 grössten Elektrizitätswerke der Schweiz wiesen von 2004 bis 2008 10,2 Milliarden Franken Reingewinn aus. Über zwei Drittel davon kamen aus dem Auslandsgeschäft.

 Die Strornversorger Axpo und Mpiq bauen zwei neue grössere Pumpspeicherkraftwerke, die BKW und die Bündner Repower planen zwei weitere. Arbeiten all diese Werke einmal voll, können die Betreiber laut SES fast viermal mehr Spitzenstrom als heute anbieten.
 Dafür brauchen sie fünfmal mehr Bandstrom. Grund: Bei dieser Art der Stromgewinnung geht ein Viertel der Energie verloren. Buri kritisiert: "Mit dem Ausbau der Pumpkraftprojekte schafft sich die Branche ihre Stromlücke selbst." Als Lösung für dieses Problem fordert die Elektrobranche zwei neue AKW, die künftig mehr als dreimal so viel Bandstrom produzieren sollen wie die drei ab 2020 ausgemusterten Anlagen zusammen.

 Preisaufschläge für Privatkunden trotz satter Gewinne

Die Konsumenten können von dieser Überproduktion nicht profitieren - im Gegenteil. Die Strombranche verbuchte auch 2008 und 2009 Milliardengewinne. Gleichzeitig erhöhte sie laut einer neuen Statistik des Preis-überwachers die Strompreise für Privatkunden um 6 bis 12 Prozent. Laut BKW-Sprecher Sommavilla hat der BKW-Preisaufschlag von 6 Prozent aber nichts mit dem Bau neuer AKW zu tun.
 Er decke nur die höheren Kosten und finanziere nötige Investitionen zur Erneuerung alter Anlagen. Für SF5-Experte Buri ist aber klar: "Mit den Preisaufsehlägen wächst der Gewinn. Und der fliesst ins Eigenkapital der Unternehmen - für den Bau neuer AKW."

Eric Breitinger

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20 Minuten 26.10.10

AKW: SP kritisiert Berner Regierung

 BERN. Die Regierung wehrt sich gegen Vorwürfe, beim geplanten Bau eines neuen Kernkraftwerks bei der Information zu schummeln. Das Volk würde umfassend aufgeklärt, verspricht die Regierung.

 SP-Grossrat Andreas Hofmann hatte in einem politischen Vorstoss kritisiert, dass die Regierung immer nur von einem "Ersatz" für das bestehende Kraftwerk in Mühleberg spreche. Dabei produziere das neue Werk 4,5 mal mehr Strom. "Das ist, wie wenn ein Mensch, der seinen Kleinwagen verschrotten lässt und dafür einen Lastwagen kauft, sagen würde, er habe damit seinen Kleinwagen ersetzt", ärgert sich Hofmann. Deshalb sei der regierungsrätliche Begriff "Ersatzkernkraftwerk" falsch und würde die Stimmbürger in die Irre führen.

 Die Regierung versteht zwar die Kritik der SP, will aber an ihrer Sprachregelung festhalten.  PP

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Basler Zeitung 26.10.10

Eurodistrict gegen Atommüll-Endlager

 Basel. Der Districtsrat übergab am vergangenen Freitag seine ablehnende Stellungnahme zu einem Atommüll-Endlager am Standort Bözberg einer Vertreterin des Bundesamts für Energie. Das Parlament des Trinationalen Eurodistricts Basel hatte sich schon 2009 mehheitlich gegen ein Atommüll-Endlager am Rand seines Gebiets ausgesprochen, weil die Agglomeration Basel schon mit Industrie- und Verkehrsanlagen belastet und einem erhöhten Erdbebenrisiko ausgesetzt ist. Lob erhielt im Districtsrat laut einer Mitteilung der breite Einbezug von Behörden und Bevölkerung auch in Deutschland. Die Ergebnisse der ersten Etappe des Standortauswahlverfahrens für die Atommüll-Endlager liegen bis Ende November öffentlich auf.