MEDIENSPIEGEL 30.10.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS, Tojo, Kino)
- Copy & Paste for ESC!
- Bollwerk: Le Ciel + Schuhparadies
- Altstadt: Es werde (schnell) Licht
- Demo-Recht Bern: Keine Zwangsroute
- Antifa: Demo gegen den rassistischen Konsens in Langenthal
- Rechtsextremismus: Klage gegen Hans Stutz abgewiesen
- Big Brother Video: Videoüberwachungswahnsinn im Stadtrat
- RaBe-Info 28.+29.10.10
- Rauschknast BE: nix für BE
- Drogen: THC im Hanf zu stark für Teenies
- Big Brother: Bitte Weiterschnüffeln
- Big Brother Sport: Freiburger Polizist als Hooligan
- Strassenmusik LU: Gegen Verbot
- Squat Fribourg: 3. Besetzung von Raie-Manta
- Squat ZH: Nutzungsfragen um besetztes Luxushotel Atlantis
- Kulturstreik Genf: Demos für Partys
- Antifeminismus: Treffen im Untergrund; Widerstand auf der Strasse
- Ausschaffung: Abschiebungen ins Elend; doppelte Bestrafung; SVP-Bild-Beschiss
- Anti-Atom: Atom-Ausstieg BE; dreckiges Uran in Beznau; Atomlobby; Endlager; Energytalk; Filz

----------------------
REITSCHULE
----------------------

So 31.10.10
18.00 Uhr - Kino - "MUSLIM/A" - Allah Made Me Funny | Musliminnen machen Standup-Comedy.
19.00 Uhr - Tojo - "Also mich interessiert mein Sexualleben mehr als der Israel-Palästina-Konflikt" ZhdK Zürich.
21.00 Uhr - Rössli - TROTTEL (HUN). " psychedelic, folk, rock, electronica

Mi 03.11.10
19.30 Uhr - Rössli - Zyklus "Willkommen im Paradis" Zwangsausschaffungen - Werden Tote in Kauf genommen? Veranstaltung mit Augenauf Bern

Do 04.11.10
20.30 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Snijeg - Snow, Aida Begic, Bosnien und Herzegowina 2008
20.30 Uhr - Tojo - Ein Heimspiel. Von Theater Ararat. Regie: Hanspeter Utz.
21.00 Uhr - Rössli - DJ Jane Vayne. -- Broadband Spectrum

Fr 05.11.10
20.30 Uhr - Tojo - Ein Heimspiel. Von Theater Ararat. Regie: Hanspeter Utz.
21.00 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Pray the Devil Back to Hell, Gini Reticker, USA 2008
22.00 Uhr - Frauenraum - POPSHOP feat. Rubinia DJanes. Mit DJ Nordlicht und DJ Ellen V.
22.00 Uhr - Dachstock - Dubby Clubnight: FILEWILE (CH) & 340 ML (RSA/MZ), DJ Kev the Head. -- Dub, Electronica

Sa 06.11.10
18.00 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Pray the Devil Back to Hell, Gini Reticker, USA 2008
20.30 Uhr - Tojo - Ein Heimspiel. Von Theater Ararat. Regie: Hanspeter Utz.
21.00 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Sturm, Hans-Christian Schmid, D/DK/NL 2009
22.00 Uhr - Dachstock - 20 Jahre Gassenküche: DEXTER JONES CIRCUS ORCHESTRA (SWE), ZENO TORNADO (CH), EXENTERATION (CH). -- Rock, Country, Metal, Blues

So 07.11.10
09.00 Uhr - Grosse Halle - Flohmarkt und Brunch im SousLePont - bis 16.00 Uhr
13.30 Uhr - Kino - Kinderfilm am Flohmi-Sonntag: Muli - Ein Film über Menschen, Maultiere und Maulesel in der Schweiz, Schweiz 2010, Ines Meyer, Dialekt, 80 Minuten. In Anwesenheit von Maultieren
19.00 Uhr - Tojo - 1 m2 Freiheit. Von Lemon Kuliba. TOJ, Jugendarbeit Bern West. Regie: Azad Süsem.
20.00 Uhr - Rössli - JAPANESE NEW MUSIC FESTIVAL: Tatsuya Yoshida, Atsushi Tsuyama und Makoto Kawabata. -- Noise, Rock, New Music
20.15 Uhr - Kino - Zusammen TATORT gucken

Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch

---

kulturstattbern.derbund.ch 31.10.10

Von Manuel Gnos am Sonntag, den 31. Oktober 2010, um 11:55 Uhr

Mach mau Räp, Mann!

Im Hinterkopf des Schreibenden hatte sich tatsächlich so etwas wie Furcht eingenistet, oder zumindest ein deutlich spürbarer Zweifel: Sollte er wirklich an ein ausverkauftes Rapkonzert im Dachstock gehen, fragte er sich, als er das Haus verliess und sich in Richtung Schützenmatte aufmachte. Das Reissen war tatsächlich recht gering in diesem Moment. Doch schliesslich ging es hier um die Taufe des dritten Baze-Albums, über das in den letzten Tagen und Wochen derart viel Gutes zu hören und zu lesen war.

Also doch hin. - Und es hätte sich nicht mehr lohnen können als gestern! Was dieser Sprechsänger auf die Bühne bringt, ist schon allerhand. Angefangen zum Beispiel mit diesem Intro seines Keyboarders, der synthetische Klavier- und Streichersätze ausschweifend ineinander verwob, was meinen Nebenmann zum Skandieren des titelgebenden Satzes veranlasste.

Dann kamen dieser Basil Anliker alias Baze und der Rest der Band auf die Bühne: Insgesamt vier smarte junge Herren, in Hemden gekleidet, Baze gar noch mit Anzugjacke. Und sie spielten als erstes gleich "D'Party isch vrbi". Und es wurde tatsächlich keine dieser angestrengt auf Spass und Unterhaltung getrimmte Nacht.

Die Mischung auf der Bühne war vollkommen: ein funky Schlagzeug, eine dezent eingesetzte Rockgitarre und die synthetischen Bässe kombiniert mit elektronischem Geflirre aus dem Keyboard. Da hat sich einer musikalisch etwas überlegt und nicht einfach einen Boden für seine Reime gesucht.

Überzeugend auch wie sich Baze zwischen den Songs ans Publikum wendet, oft eine Person in den vorderen Reihen direkt anspricht und zum Beispiel einen Joint zurückweist: "Nein Danke! Ich kiffe nicht mehr." Später erzählt er die Geschichte, wie er zu seinem Hemd gekommen ist, das seiner Freundin - weil rosa - "etwas zu homo ist": "Aber hey, richtige Männer müssen auch rosa tragen können!"

Anyway, mich hat die Sache derart überzeugt, dass ich mir (zum ersten Mal seit Big Zis' "Und jetz… was hät das mit mir z tue?") ein Hiphop-Album in Ruhe zu Hause anhören werde.

---

20 Minuten 29.10.10

"Die grosse Party ist vorbei - nicht aber die kleinen"

 BERN. Morgen tauft Baze sein drittes Album "DParty isch vrbi". Anders als die LP titelt, ist die Party für den 30-jährigen Rapper noch lange nicht vorbei, stellt er im Interview mit 20 Minuten klar.

 Baze, was erwartet uns morgen an der Plattentaufe?

 Meine Fans erwarten eine geile Band und ein guter Rapper - ganz gradlinig.

 Du taufst dein Album im Dachstock. Wann war dein erstes Mal dort?

 Das erste Mal war ich mit 13 dort im Ausgang.

 So früh?

 Ich bin sogar noch früher dort hingegangen, dann allerdings mit meinen Eltern.

 Mittlerweile bist du 30. Ist die Party nun vorbei?

 Überhaupt nicht!

 Wieso dann der Albumtitel?

 Mein Album erzählt von dem Erwachen nach dem jugendlichen Rausch. Nimmt man zum Beispiel die Finanzkrise, dann ist klar: Die ganz grosse Party ist vorbei, nicht aber die vielen kleinen.

 Merkst du keine Partymüdigkeit - altersbedingt?

 Leider nicht.

 Wo trifft man dich denn in Bern an? Immer an Hip-Hop-Partys?

 Da gehe ich eher selten hin. Ich mag Elektropartys, aber auch ein gutes Rockkonzert höre ich mir gerne an. Mein Favorit sind allerdings Homepartys: Mit Freunden in der Küche hocken, rauchen und trinken, das ist mein Ding.  

Maja Hornik

 Sa, 30.10., 22 Uhr, Baze live, Dachstock.

--

Nightlife

 Gigs der Woche

 Baze ist ready für die grosse Plattentaufe von "D Party isch vrbi". Der Berner Rapper ist Erwachsen geworden, seine Songs handeln vom grossen Erwachen nach dem jugendlichen Rausch. Eine geballte Ladung Kater-Songs also. Inhaltlich ja, doch sound-technisch ist seine Platte so gar nicht für ein Nickerchen gedacht. Fette Beats, Bläser und coolster Jazz. Bestimmt ein energiegeladener Abend mit den Baselbieter Tafs als Support!

 > Sa 30. Oktober, 22 Uhr, Dachstock der Reitschule, Bern

---

Bund 28.10.10

Sexualleben vs. Palästina-Konflikt

 Der Titel des Tanz-Theater-Stücks ist so ausufernd wie die kreative Energie, die dahinter steckt: "Also mich interessiert mein Sexualleben mehr als der Israel-Palästina-Konflikt" ist eine ältere Arbeit des Duos Miriam Walther (Regie, Tanz) und Christopher Kriese (Text, Regie), das letzte Woche mit "Suomi Ahoi" im Format "Startrampe" im Schlachthaus Theater zu Gast war. Um einen sexuell frustrierten, politisch orientierungslosen jungen Menschen geht es in diesem Stück, das in einem kreativen Ping-Pong zwischen Autor und Akteuren entstanden ist. Diverses rohes Textmaterial stellte Christopher Kriese den Spielern zur Verfügung, die daraus auswählten, was sie inspirierte, und damit zu Mitautoren wurden.

 Zunächst wurde das Stück an der Zürcher Hochschule der Künste aufgeführt, danach wurde es nach Hamburg weitergereicht ans Körber Studio Junge Regie und dann weiter an den Heidelberger Stückemarkt. Eine Frechheit sei dieses Stück, hiess es in der Festivalzeitung des Körber Studios, und eine kleine Theatersensation: "So emanzipiert rotzig, so verschwenderisch in ihrer Liebe zum Spiel, so vielschichtig in ihrer Lesbarkeit." Und "Theater der Zeit" meinte: "Christopher Kriese und Miriam Walther warteten neben dem dauernden Selbstbezug nämlich auch mit Selbstironie auf: In dem von Kriese selbstgeschriebenen Stück richten sich vier Spieler mit ihren Monologen unmittelbar an das Publikum, schmiegen sich mal an, mal schimpfen sie, stöhnen aber meistens über ihre kläglichen Versuche, mit anderen Menschen zusammenzuleben oder Verantwortung für das Weltgeschehen zu übernehmen." (reg)

 Tojo-Theater Reitschule Samstag, 30. Okt., 20.30 Uhr. Sonntag, 31. Okt., 19 Uhr.

---

Bund 28.10.10

Fünf Fragen an

 Selina Gasser

 Die Anglistin hat ihre Masterarbeit über Musliminnen geschrieben, die Stand-up- Comedy machen. Im Videoreferat "Allah made me funny" berichtet sie über diese Ausnahmeerscheinungen der Comedy-Szene; die Veranstaltung findet im Rahmen des Filmzyklus "Label: Muslima/Muslim" statt, der am Sonntag zu Ende geht. Kino in der Reitschule, Sonntag, 31. Oktober, 18 Uhr.

  "Mein Name ist Shazia Mirza - das steht zumindest in meinem Pilotenschein." Hat die pakistanisch-britische Komikerin, die mit diesem Satz kurz nach dem 11. September 2001 ihr Comedy-Programm eröffnete, keine Probleme bekommen?

 Wenn jemand Witze oder provokante Aussagen über den Islam macht, sind natürlich nicht alle einverstanden. Shazia Mirza wurde in einem Pub auf der Bühne attackiert. Im Fall von Shabana Rehman, einer anderen muslimischen Comedienne, wurde auf das Restaurant ihrer Schwester geschossen - in Oslo, einer Stadt, die nicht gerade für ihre Kriminalität bekannt ist. Rehman ist daraufhin nach Amerika gegangen; aber auch, um sich dort an einem Comedy-Institut ausbilden zu lassen. Was beide Comedians erhalten, sind Hass-Mails und Drohungen. Sie gehen aber kreativ damit um - und bauen sie gleich in ihre Programme ein.

 Man ist ja hierzulande schon erstaunt darüber, dass es überhaupt Musliminnen gibt, die Stand-up- Comedy machen. Was sind das für Frauen?

 Shabana Rehman ist in Norwegen aufgewachsen, Shazia Mirza in England. Beide haben einen pakistanischen Hintergrund und eine relativ traditionell lebende Familie, beide aber sind entweder in Europa geboren oder früh hierhergekommen und haben das europäische Schulsystem durchlaufen. Ich habe in meiner Masterarbeit versucht, etwas über die kulturelle und die Gender-Identität dieser Frauen herauszufinden, da die Frauenbilder in der westlichen und der islamischen Kultur ja sehr unterschiedlich sind. Allerdings standen mir die Frauen ja nur in ihren Rollen als Bühnen- und Medienfiguren zur Verfügung: Der Humor verschleiert ihre Identität, ist Schutz und Maske zugleich.

 Haben Mirza und Rehman eine politische Agenda?

 Das ist schwer zu sagen. Shazia Mirza will beweisen, dass es möglich ist, Muslimin zu sein und gleichzeitig Comedy zu machen; sie zeigt, dass die muslimische Frau nicht ein stummes, verschleiertes Etwas ist, und ist damit eine Anti-Stereotyp-Figur. Shabana Rehman ist sehr provokant: Sie will nicht zwischen Kulturen vermitteln, sondern sie sagt, sie will Ansichten beeinflussen. So schoss sie nicht nur gegen islamische Fundamentalisten, sondern auch gegen das multikulturelle Norwegen. Aber Stand-up-Comedy ist ja nicht per se eine politische Form, sondern eine Kunstform, die auch viel von der eigenen Geschichte der Comedians beinhaltet.

 Was für ein Publikum haben die beiden?

 Beide waren in Europa und den USA im Fernsehen zu sehen, sie spielen aber auch vor kleinerem Publikum im Pub oder Comedy-Club. Shazia Mirza trat auch in Pakistan auf und meinte daraufhin, ihr Programm sei gut angekommen, vor allem die schwierigen Witze über Sex und Religion. Diese Aussage ist aber mit Vorsicht zu geniessen.

 Sie haben über das Thema Ihre Masterarbeit geschrieben. Wie sind Sie darauf gekommen?

 Ich habe ein Seminar über schreibende arabische Frauen besucht, bei dem auch die Stand-up-Comedians vorkamen. Im Laufe des Studiums habe ich mich immer wieder mit den Funktionen des Humors in der postkolonialen Literatur beschäftigt und bin dann für meine Masterarbeit auf die Comedians zurückgekommen. Nun hoffe ich, dass es nach meinem Videoreferat zu einer Diskussion kommt und sich vielleicht auch Muslime dazu äussern. Auch, weil ich auf dem Gebiet weiter forschen möchte. (reg)

--------------------------
COPY & PASTE
--------------------------

Telebärn 28.10.10

Copy & Paste am ESC
http://www.kyte.tv/ch/telebaern/copy-paste-am-esc/c=84713&s=1060526

--------------------
BOLLWERK
--------------------

Blick am Abend 29.10.10

NIGHTLIFE

TOP Nicht verpassen!

Nightlife Tipp

 Le Ciel Opening

 Samstag, 2230 Uhr, Le Ciel, Bollwerk 31.

 Mit dem Le Ciel erhält Bern morgen Samstag eine neue Edel-Location, die bezüglich Interieur, musikalischer Ausrichtung und VIP-Treatment keine Wünsche offen lässt. Für die Einrichtung des Clubs ist das noble Möbelhaus Massi Milani verantwortlich und der anwesende DJ Jim Leblanc (Bild) spielt auch für Leute wie Paris Hilton. usgang.ch

---

20 Minuten 29.10.10

Le Ciel: Edel-Nachtclub für alle

 BERN. Die Berner Club-Kultur bekommt Zuwachs. Neu kann das Partyvolk der Hauptstadt im Le Ciel abfeiern - in kleinem, aber feinem Rahmen. Morgen ist Eröffnung.

  "Das Le Ciel ist kein Halli-Galli-Club", betont Inhaber Jan Kamarys im Gespräch mit 20 Minuten. Thema: die Berner Club-Kultur im Allgemeinen und Kamarys' Club-Neuling am Bollwerk im Speziellen. Der Jungunternehmer ist sich sicher: Bern braucht Input für seine Club-Szene, denn "die Leute sehnen sich nach etwas Neuem", meint er und fügt hinzu: "Ich liefere nur das Angebot zur steigenden Nachfrage." In Form eines Edel-Nachtclubs, der aber allen offen stehen soll. Einzige Bedingung: Der Club ist für über 21-Jährige, Männern gewährt man sogar erst ab 23 Jahren Einlass.

 Was nach Schickimicki klingt, scheint dennoch ein Konzept für die breite Masse zu sein. Dies will Kamarys klarstellen: "Wir heissen jeden herzlich willkommen, vom Bankier bis zum Studenten." Dementsprechend kreativ gestalten sich das Programm und das Sound-Konzept, das von Rock über Disco und RnB bis hin zu House reicht. Das Le Ciel setzt auf einen gediegenen Sound-Mix sowie DJ-Battles mit Gitarristen und Motto-Partys. Und international soll es sein. So schwingt sich DJ-Promi Bob Sinclar am 19. November hinter die Plattenteller.

 An der Premiere führt der Gstaader "Palace"-Resident Jim Leblanc durch die Partynacht. Wer auf der grosszügigen Tanzfläche mitfeiern will, sollte zeitig da sein. "Wir öffnen um 22.30 Uhr und erwarten viel Andrang", so Kamarys. Die weiblichen Gäste können sich schon vorab einen Platz sichern: auf der Friendlist auf der Club-Homepage, die auch in Zukunft den Damen den Eintritt vereinfachen soll.  
http://www.le-ciel.ch

Maja Hornik  

---

BZ 28.10.10

Bollwerk

  "Schuh Paradies" kommt

 Ende November wird neben dem Cinema Star am Bollwerk 17 und 19 eine "Schuh Paradies"-Filiale eröffnet.

 Jetzt ist das Geheimnis gelüftet, wer in die seit Monaten leer stehenden Räumlichkeiten (früher Fizzen, Altin Travel, Oldies Shop und Mode Discount Plus) am Bollwerk einzieht: Die Westschweizer Modekette La Halle eröffnet spätestens Ende November in den beiden Liegenschaften 17 und 19 eine "Schuh Paradies"-Filiale.

 Eigentlich sollte der Schuhladen schon längst offen sein, doch es gab Verzögerungen wegen der Brandschutzmassnahmen, sagte ein Sprecher des Zürcher Architekturbüros 03 auf Anfrage dieser Zeitung. Nach seinen Angaben soll der 400 Quadratmeter grosse Laden spätestens Ende November fertig umgebaut sein und eröffnet werden. Das Geschäft befindet sich nur im Parterre.

 Zweite Filiale in Bern

 Vermieter der beiden Liegenschaften 17 und 19 ist die Stadtberner Verwaltung Von Graffenried AG. Für einen Firmensprecher, der nicht mit Namen genannt werden will, werde dieser Laden bestimmt zur Beruhigung des Bollwerkes beitragen. Er sei froh, dass dieser Mieter gefunden werden konnte, so der Sprecher. Über die Höhe des Mietzinses wollte er jedoch keine Auskunft geben. In der Schweiz gibt es bereits 39 solche "Schuh Paradies"-Filialen, so auch an der Riedbachstrasse 8 in Bern-Bethlehem.

 Im Vorort und im Zentrum

 Der Ausbau der "Schuh Paradies"-Kette findet in den Gewerbegebieten in den Vororten in den Innenstädten und im Stadtrandbereich statt. Nach den Angaben der Modekette La Halle - zu der auch Kookai und NafNaf gehören - gehe die Einführung der Läden in der Schweiz gut voran.
 jsp

----------------------------
ES WERDE LICHT
----------------------------

Bund 29.10.10

Mehr Licht für die Berner Altstadt

 Dunkle Ecken in der Berner Altstadt sollen ausgeleuchtet werden: Dies fordern die Altstadtleiste. Das subjektive Sicherheitsempfinden sei gestört, sagte Edi Franz, Präsident des Rathausgass-Brunngass-Leists, Anfang Monat gegenüber dem "Bund". Und bereits hat sich etwas getan: Alle beteiligten Parteien inspizierten in zwei Begehungen die nächtlichen Lichtverhältnisse in der Altstadt. Resultat: Es sollen zusätzliche Lampen installiert werden. Dies sagte Leistpräsident Franz gestern auf Anfrage.

 1600 Franken pro neue Lampe

 Für die Montage der Lampen ist Energie Wasser Bern (EWB) zuständig. Wie viele Lampen EWB genau aufhängen wird, war gestern nicht in Erfahrung zu bringen: Die zuständigen Mitarbeiter waren telefonisch nicht erreichbar. Schätzungsweise handelt es sich um dreissig zusätzliche Lampen - ungefähr so viele, wie auf Geheiss des städtischen Denkmalpflegers in diesem Jahr abmontiert wurden. Die Installation einer Lampe kostet rund 1600 Franken.

 Die Altstadtleiste begrüssen die gemeinsame Begehung mit der städtischen Denkmalpflege und EWB: Man habe am Ende über andere Dinge gesprochen als über die Lampen in der Berner Altstadt, sagt Franz. Daraus schliesse er, dass alle zufrieden waren. Selbstverständlich müssten die Lichtverhältnisse nach Installation der Lampen noch einmal begutachtet werden; er sei aber guter Dinge. (phi)

---------------------------------
DEMO-RECHT BERN
---------------------------------

20 Minuten 29.10.10

Bern: Keine Demo-Route

 BERN. Der Gemeinderat will keine verbindliche Demonstrations-Route Bundesgasse-Bundesplatz für die Stadt Bern. Zwar mache ein entsprechender Vorschlag der Schweizer Demokraten durchaus Sinn, sei aber in der Praxis nicht umsetzbar, teilte die Regierung gestern mit. Denn bei einer Besammlung in der Bundesgasse würde vor jeder Kundgebung der Hirschengraben von den Teilnehmern in Beschlag genommen. Zudem bräuchte es ein grosses Polizeiaufgebot, um die Bundesgebäude zu schützen.

 Die Motionäre hatten die Route vorgeschlagen, um die Altstadt und die Gewerbler zu entlasten.

--------------
ANTIFA
--------------

Tele M1 30.10.10

Grossdemo Linksautonome Langenthal
http://www.telem1.ch/de/overlayplayer---0--0--0--T000311693.html

---

Langenthaler Tagblatt 30.10.10

Bildergalerie
http://www.langenthalertagblatt.ch/langenthal/linksautonome-wollen-zeichen-gegen-rassismus-setzen-101059092

---

Newsnetz 30.10.10

Kundgebung gegen Rechtsextremismus blieb ruhig

 In Langenthal haben am Samstagnachmittag gegen 100 Personen, vorwiegend aus dem linksautonomen Lager, an einer Kundgebung teilgenommen. Damit reagierten sie auf eine Kundgebung rechtsnationaler Kreise von Anfang Oktober.

 Zunächst versammelten sich rund 70 Personen beim Bahnhof, unterwegs schlossen sich weitere dem Kundgebungszug an. Die mehrheitlich vermummten Demoteilnehmer zogen mit lautstarken Sprechchören und Musik vom Bahnhof durch die Innenstadt.

 Ein grösseres Polizeiaufgebot war im Stadtzentrum zu sehen. In der Innenstadt waren viele Menschen unterwegs, so dass dem Demozug recht viel Aufmerksamkeit zuteil wurde. Verschiedene Kundgebungsteilnehmer hielten unterwegs Reden. Langenthal zeichne sich schon seit langem als Region mit überdurchschnittlich vielen rechtsextremen Aktivitäten aus, sagte eine Kundgebungsteilnehmerin. Etwa die Partei national orientierter Schweizer PNOS sei in der Region aktiv, auch Konzerte rechtsextremer Bands gebe es.

 Jüngst hätten sich Rechtsextreme zu einer Kundgebung gegen das geplante Minarett versammelt. Dagegen gelte es ein kräftiges Signal zu setzen. Scharf kritisiert wurden auch die Ausschaffungsinitiative und der Gegenvorschlag. Anstatt menschenwürdige Migrationspolitik zu betreiben, wetteiferten die meisten Behörden und Parteien darum, wer die meisten Menschen ausschaffen könne, hiess es.

 Friedlicher Marsch ohne Zwischenfälle

 Der rund einstündige Marsch durch die Innenstadt verlief friedlich und ohne nennenswerte Zwischenfälle. Am 9. Oktober hatten gegen 100 Personen, vorwiegend aus dem rechtsextremen Lager, gegen das geplante Minarett in Langenthal demonstriert. Eine gleichzeitige Gegenkundgebung von Linksautonomen wurde kurzfristig abgesagt und auf den 30. Oktober verschoben.

 Den Veranstaltern der Kundgebung vom Samstag geht es nach eigenen Angaben nicht um die Minarett-Frage. "Es geht nicht um pro oder kontra Islam, es geht um den rassistischen Konsens, der bis tief ins linksbürgerliche Lager reicht", schrieben sie auf der Homepage Indymedia im Aufruf zur Kundgebung.

 Dieser rassistische Konsens nehme Fremdenfeindlichkeit, chauvinistische Propaganda, selbstherrliche Schweiztümelei und rassistische Kampagnen einfach hin. Zur Kundgebung aufgerufen hatte ein Bündnis namens "kein ruhiges Hinterland". Unterstützt wurde sie unter anderen von der Antifa Bern, aufenauf und der Alternativen Linken Bern.

---

Indymedia 30.10.10

Lautstarke Demo in Langenthal gegen den rassistischen Konsen ::

AutorIn : Bündnis Kein ruhiges Hinterland         

Medienmitteilung

Erfolgreiche Demonstration "Den rassistischen Konsens durchbrechen!"

Langenthal, 30.10.10

Sehr geehrte Medienschaffende

An der heutigen Demonstration "Den rassistischen Konsens durchbrechen!" in Langenthal haben rund 120 Personen lautstark und entschlossen teilgenommen.

Der Protest richtete sich nicht nur gegen die rechtsextremistische Anti-Minarett-Kundgebung vom 9.10. in Langenthal, sondern auch gegen die Umtriebe von Rechtsextremen und Neonazis in den letzten Jahren in Langenthal und im Raum Oberaargau/Emmental sowie gegen die menschenverachtende und ausgrenzende repressive staatliche Migrationspolitik. In verschiedenen Redebeiträgen wurde die rechte Gewalt und rechtsextreme Strukturen in und um Langenthal sowie im Raum Oberaargau/Emmental beleuchtet und die fragwürdige Rolle der SVP thematisiert. Ebenso wurden die heuchlerischen, absurden und menschenverachtenden Debatten rund um die Ausschaffungsinitiative kritisiert, zur Solidarität mit den Betroffenen dieser Politik aufgerufen und weiteren Widerstand gegen Rechtsextremismus, Rassismus und die repressive staatliche Migrationspolitik angekündigt.

Die bewilligte Demo wurde vom "Bündnis Kein ruhiges Hinterland", einem Zusammenschluss verschiedener antifaschistischer und antirassistischer Gruppen und Einzelpersonen organisiert. Die Demonstration verlief im Rahmen der Bewilligung.

Mit freundlichen Grüssen

Bündnis Kein ruhiges Hinterland
(Büro gegen finstere Zeiten Bern, Stop Murder Music Bern, RJG, augenauf Bern, Alternative Linke Bern, Antifa Oberland, Antifa Bern, Repro, RZL, JA!)

Anhang:
- Demoaufruf
- Redebeiträge an Demonstration     

******************
    
AUFRUF ZUR DEMONSTRATION

Den rassistischen Konsens durchbrechen!

Am 9. Oktober demonstrierten in Langenthal gegen 100 Rechtsextreme aus dem Umfeld von PNOS, SD, SVP und FPS gegen den Bau eines Minaretts. Sie fühlten sich dabei von der rassistischen Hetze gegen den "Islam" seitens (aber nicht nur) der SVP bestätigt. Wir wollen den Aufmarsch der Neonazis und anderer RassistInnen nicht unbeantwortet lassen und rufen deshalb alle Menschen dazu auf, gemeinsam ein starkes und selbstdiszipliniertes Zeichen gegen Rechtsextremismus und rassistische Hetze zu setzen.

Am 30. Oktober 2010 um 14.30 Uhr demonstrieren wir deshalb in Langenthal. Treffpunkt ist der Bahnhofplatz (bei Post).

Schon seit langer Zeit zeichnet sich die Region Langenthal durch überdurchschnittlich viele rechtsextreme Aktivitäten aus: Mehrere Demonstrationen und Kundgebungen der PNOS, Teilnahme der PNOS an Wahlen, Betrieb eines Vernetzungszentrums für Rechtsextreme aus dem In- und Ausland und mehrere gewalttätige Übergriffe auf Linke und MigrantInnen. Die Aktivitäten rund um die Minarett-Debatte in Langenthal zeugen ein weiteres Mal vom ausgrenzenden und menschenverachtenden Gedankengut der PNOS und ihres politischen Umfelds.

Die Minarett-Frage interessiert uns dabei nicht. Es geht nicht um pro oder contra Islam, es geht um den rassistischen Konsens, der bis tief ins linksbürgerliche Lager reicht. Der rassistische Konsens, der Fremdenfeindlichkeit, chauvinistische Propaganda, selbstherrliche Schweiztümelei und rassistische Kampagnen einfach hinnimmt.

In diesem politischen Klima werden "die Nigerianer" von Polizeikreisen und dem Bundesamt für Migration kollektiv als kriminell diffamiert, in vielen Städten werden junge afrikanische Männer straflos von PolizistInnen verprügelt und misshandelt, werden junge Migranten kollektiv als Raser und Gewalttäter dargestellt, werden Sans-Papiers über Jahre hinweg nicht regularisiert und als billige SchwarzarbeiterInnen ausgenutzt, werden abgewiesene Flüchtlinge zu unwürdigen und perspektivlosen Lebensbedingungen oder zum Untertauchen gezwungen. Im Zuge dieser Kampagnen ist das Schweizer Rechtssystem eine Zweiklassenjustiz geworden: Ohne Schweizer Pass muss ein Mensch mit höheren Strafen und mit Doppelbestrafung in Form von Einbürgerungsverweigerung, Ausbürgerungsandrohung, Landesverweis und Ausschaffungshaft rechnen.

Und die Aussichten sind düster: Die alltägliche rassistische Hetze in den Medien bleibt weitgehend unwidersprochen, keine der "grossen" Parteien wehrt sich offensiv gegen Ausschaffungsinitiative und Gegenvorschlag. Anstatt die menschenunwürdige Migrationspolitik zu hinterfragen, wetteifern die meisten Behörden, Parteien und Medien darum, wer die meisten Menschen ausschaffen kann. 400 (geltendes Recht), 800 (Gegenvorschlag) oder 1500 (Ausschaffungsinitiative) Menschen pro Jahr.

Wer sich einem Ausreisebescheid widersetzt, ob Ex-"VerbrecherIn" oder abgewieseneR Flüchtling, wird administrativ eingeknastet. Die Haftbedingungen in den Ausschaffungsgefängnissen sind menschenverachtend: Ohne Perspektive müssen selbst "Unausschaffbare" monatelang in den Verliessen der eidgenössischen Migrationspolitik verharren. Viele leiden unter psychischen Problemen, einige verletzen und verstümmeln sich, bringen sich um. Wer Widerstand gegen seine Ausschaffung leistet, wird gefesselt und geknebelt und unter Inkaufnahme seines/ihres Todes mit teuren Sonderflügen an die Regimes ausgeliefert, vor denen mensch geflüchtet ist. Kein Wunder gibt es immer wieder Hungerstreiks und Knastaufstände, wie aktuell im Genfer Ausschaffungsgefängnis "Frambois".

Bei einer Annahme der Ausschaffungsinitiative oder des Gegenvorschlags wird sich die Situation für die Betroffenen weiter verschlimmern. Die Zustände in den Ausschaffungsgefängnissen und während der Ausschaffungen werden noch unerträglicher. Doch dazu und zu vielen anderen schwerwiegenden Folgen ihrer menschenverachtenden und ausgrenzenden Politik schweigen SchreibtischtäterInnen, PolitikerInnen und Medienschaffende.

Dieses Schweigen und diesen rassistischen Konsens wollen wir durchbrechen.

Die Mentalität hinter dieser Hetze richtet sich nicht nur gegen MigrantInnen, sondern auch gegen uns alle. Und die rassistische Propaganda von Staat, Polizei, Parteien und Medien bestärkt braune Dumpfbacken, wie am 9. Oktober in Langenthal, in ihrem Hass. Denn wo Parteien und Medien hetzen, da prügeln und morden Neonazis und FaschistInnen.

Dem allem gilt es etwas entgegenzusetzen. Egal mit welchem Pass.

Bündnis kein ruhiges Hinterland!

Unterzeichnende Gruppen:
Büro gegen finstere Zeiten Bern, Stop Murder Music Bern, RJG, augenauf Bern, Alternative Linke Bern, Antifa Oberland, Antifa Bern, Repro, RZL, JA!

********************

REDEBEITRÄGE

Langenthal - immer wieder rechtsextrem!

Seit Jahrzehnten kommt es in Langenthal immer wieder zu rechtsextremen Vorfällen, wie kaum anderswo in der Schweiz.
In der Vergangenheit war die Reaktion auf solche so einfach wie reflexartig. Nein, Langenthal sei nicht rechtsextrem oder rassistisch. Einige wenige, die meisten gar nicht aus der Region, seien es, die Langenthal für ihre Eskapaden missbrauchten, lasen und hörten wir. Einige wenige waren es in der Tat, verglichen zur Bevölkerung der Schweiz, aber auffällig war die Häufigkeit der Vorfälle in Langenthal definitiv. Trotzdem, Demonstrationen von Neonazis wurden von höchster städtischer Stelle verboten und als das LAKuZ von Neonazis verwüstet wurde, organisierten breite Kreise einen Fakelumzug gegen Rechtsextremismus.
Im Jahr 2010 regiert die SVP mit Thomas Rufener das selbsternannte Zentrum des Oberaargaus. Die SVP, die im gesamten Europa als rechtsextreme Partei erkannt wird und die aktuell massgeblich auf dem Buckel einer religiösen Minderheit in der Schweiz politische Propaganda betreibt. Im Jahr 2010 erhalten die selben Neonazis, die für die damaligen Angriffe auf das LAKuZ rechtskräftig verurteilt wurden, eine Bewilligung für eine Kundgebung vor dem islamischen Zentrum.
Es ist wohl mehr als Zufall, dass das offizielle Langenthal im Jahr 2010 mir seiner Tradition der Kritik am Rechtsextremismus bricht. Und es könnte ein unheilvoller Auftakt zu einer neuen rechtsesxtremen Welle in Langenthal sein. Denn es überrascht wenig, dass sich ein SVPler nicht daran stört, wenn eine - auch in der Schweiz allgemein so bezeichnete - rechtsextreme, rassistische Partei unter dem Vorwand, die sogenannten "Volksschädlinge" zu bekämpfen, auf die Strasse geht. Die öffentliche Zelebrierung von Fremdenhass und dumpfem völkischem Gehabe kann für die SVP kein Problem sein, sind es doch die gleichen Werte, die sie in jedem Abstimmungskampf verbreitet und trat doch der bekannte SVP-Politiker Fehr der Facebook-Gruppe der Oberaargauer Neonazis bei.

Vor diesem Hintergrund liegt es an uns allen, dass die Aussichten für Langenthal nicht ebenso grau werden, wie seine allwinterliche Hochnebeldecke!

Stehen wir gemeinsam ein für eine Welt ohne Rassismus und Ausgrenzung!

---

Rechtsextreme Strukturen in der Region Oberaargau und Emmental

Immer wieder gerät Langenthal durch rechtsextreme Aufmärsche und Aktivitäten in die Schlagzeilen. So auch vor drei Wochen, als die PNOS gemeinsam mit Exponenten der Autopartei und den Schweizer Demokraten zur Platzkundgebung rief. An die 100 Personen, hauptsächlich jüngere Neonazis, folgten dem Aufruf, gegen das geplante Minarett zu demonstrieren.

Die Platzkundgebung reiht sich in eine lange Kette von Ereignissen und Vorfällen in und um Langenthal ein. Von den regelmässigen Angriffen und Verwüstungen des Langenthaler Kulturzentrums Lakuz über diverse Aufmärsche und Parteiversammlungen der PNOS bis zu Beschimpfungen dunkelhäutiger Spieler an Eishockeymatches und dem Angriff auf Ricardo Lumengo 2008. Im Frühjahr 2004 machte Langenthal ausserdem mit der Wahl von Tobias Hirschi Schlagzeilen, dem ersten Kommunalpolitiker der Schweiz, welcher einer offiziell als rechtsextrem eingestuften Partei angehört.

Doch warum gerade Langenthal? Die Antwort ist schwierig zu finden, es gibt jedoch verschiedene Faktoren welche diese Entwicklung begünstigen. Die offizielle Durchschnittsstadt der Schweiz stellt einen wichtigen regionalen Knotenpunkt dar. Geographisch ist Langenthal aus den umliegenden Kantonen Luzern, Aargau und Solothurn in kurzer Zeit erreichbar. Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass Langenthal immer wieder als beliebter Treffpunkt für überregionale Anlässe ausgewählt wird.

Hinzu kommt, dass sowohl in Langenthal selbst, als auch im nahe gelegenen Burgdorf seit Jahren gut organisierte rechtsextreme Strukturen bestehen.

Als eine der ortsbekannten rechtsxetremen Organisationen tritt die Helvetische Jugend (kurz HJ) in Erscheinung, welche 2004 erstmals in Langenthal gegründet wurde. Mittlerweile verfügt die HJ auch über einen Ableger im Berner Oberland. Die Hauptakteure wie Stefan Wüthrich behaupteten lange Zeit, nichts mit der PNOS am Hut zu haben, obwohl bald klar wurde, dass die HJ nichts weiter als das Rekrutierungsfeld für Nachwuchs-PNOS'ler darstellte. Das heutige Vorstandsmitglied der PNOS Willisau, Benjamin Lingg, hat seine Wurzeln genau so in der HJ wie der als Schläger bekannte Pascal Lüthard, welcher kurze Zeit als Kantonalpräsident der PNOS Sektion Bern fungierte.

Die HJ führt sporadisch "Kameradschaftsabende" in der Region durch und ist auch verantwortlich für den bewaffneten Angriff auf eine geplante Antirassismusdemo in Willisau. Bei den anschliessenden Hausdurchsuchungen bei HJ-Mitgliedern kam ein beträchtliches Waffenarsenal sowie neonazistisches Propagandamaterial zum Vorschein.

Einen festen Wert der regionalen rechtsextremen Szene stellten jahrelang die Nationale Offensive in Burgdorf und die Initiative Vaterland in Langenthal dar. In beiden Organisationen waren Personen aktiv, welche heute dem harten Kern der PNOS angehören. So schrieb beispielsweise Dominic Lüthard, heutiger Bundesvorstand der PNOS, bereits in jungen Jahren fremdenfeindliche Artikel für das hauseigene Neonaziblättchen der Initiative Vaterland. Cedric Rohrbach, ehemaliger Vizepräsident der PNOS Emmental, betätigte sich jahrelang an vorderster Front als Aktivist der als gewaltbereit bekannten Nationalen Offensive. Beide sind zudem Mitglieder der rechtsextremen Band Indiziert, welche schweizweit bekannt und international bestens vernetzt ist. Regelmässig treten sie an einschlägigen Festivals wie dem deutschen Fest der Völker in Jena auf, oder geben gemeinsam mit Neonazibands aus allen möglichen Ländern Konzerte. Indiziert kann auch regional als einer der wichtigsten Faktoren für die Vernetzung der Nazis angesehen werden. Immer wieder gelang es ihnen, in der Region Langenthal und Burgdorf Proberäume oder Lokale als Treffpunkte zu mieten. Nachdem sowohl der Bandraum in Roggwil als auch der Sitzungsraum in Burgdorf aufgeflogen waren, betrieben die Neonazis in Langenthal kurzzeitig sogar eine kleine Bar namens RAC-Café. Den vorläufigen Höhepunkt dieser bedenklichen Entwicklung stellte die mittlerweile wieder geschlossene Royal Aces Tattoo Bar in Burgdorf dar.

Doch wie konnte es soweit kommen? Die geographische Lage und die rechtsextremen Strukturen können sicherlich noch keine ausreichende Erklärung bieten. Fest steht jedoch, dass auch in der Tradition Langenthals bereits nazistische und fremdenfeindliche Vorkommnisse verzeichnet sind. So wurde 1933 der frontistische "Bund für Volk und Heimat" im Hotel Löwen in Langenthal gegründet. Zudem existieren hartnäckige Gerüchte, dass die Porzellanfabrik bei einer allfälligen Übernahme der Schweiz durch die Deutsche Wehrmacht als Vernichtungslager hätte genutzt werden sollen. Damals wie heute können sich derartige Ideen nur aufgrund der schweigenden Zustimmung der Bevölkerung und dem Wegschauen der zuständigen Behörden verbreiten. Dem gilt es entschieden entgegen zu treten! Wir rufen die Bevölkerung von Langenthal und der ganzen Schweiz dazu auf, endlich die Augen zu öffnen, das Schweigen zu durchbrechen und klar Stellung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu beziehen!

Schweigen heisst Zustimmen!

Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen!

Kein Fussbreit den Faschisten!

---

Redebeitrag von augenauf Bern + Büro gegen finstere Zeiten Bern

Es steht ausser Frage, dass Neonazis und Rechtsextremismus auch in der Schweiz eine grosse Gefahr sind. Weit gefährlicher ist aber die Wechselwirkung zwischen diesem rechten Rand, der SVP und der herrschenden staatlichen Migrationspolitik. Denn die herrschende staatliche Migrationspolitik ist für die rechtspopulistischen Ideen mehr als empfänglich und verankert rassistische Vorstellungen nicht nur in Gesetzen und Verordnungen, sondern auch tief in der Gesellschaft.

Die Debatte um die Ausschaffungsinitiative der SVP ist ein Paradebeispiel, wie politische Opportunität rechtes Gedankengut salonfähig macht und den rassistischen Konsens untermauert. Bis weit ins sogenannt linke Lager hinein wird der Gegenvorschlag unterstützt, der zwar das Gleiche fordert wie die Initiative, im Gegensatz dazu aber umsetzbar ist. Dass er dabei im Gewand der Verfassungsmässigkeit daher kommt, macht ihn nicht humaner, sondern umso gefährlicher. Im aktuellen Abstimmungskampf wird der Diskurs reduziert auf eine Wahl zwischen dem kruden Wild-West-Rassismus der SVP und dem verfassungsmässig legitimierten Rassismus des Gegenvorschlages.

Dabei genügt ein Blick auf die heutige Ausschaffungspraxis, um die Absurdität weiterer Verschärfungen zu erkennen. Bereits heute sind kaum Personen ausländischer Herkunft vor einer Ausschaffung sicher. Ausser natürlich sie sind zahlungskräftige Ölscheichs, CEOs multinationaler Konzerne oder überdrehte High-Society-Promis. Ansonsten wird Menschen, auch wenn sie seit Jahren in der Schweiz leben und Teil dieser Gesellschaft sind, regelmässig aus nichtigen Gründen ihre Aufenthaltsbewilligung entzogen. Und gehen sie nicht freiwillig, so werden sie halt ausgeschafft.

Hier zeigt sich die staatliche Gewalt in ihrer ganzen Deutlichkeit. Menschen, selbst Kinder und Jugendliche, deren einziges "Verbrechen" darin besteht, in der Schweiz zu sein, werden monatelang in Ausschaffungshaft gesteckt. Wer sich weigert, "freiwillig" das Flugzeug zu besteigen, dessen Ziel meist das Land ist, aus dem er oder sie geflüchtet ist, wird einer erniedrigenden Ganzkörperfesselung unterzogen und unter strengster Bewachung mit einem kostspieligen Sonderflug ausgeschafft. Dieses Prozedere ist nicht nur menschenverachtend, sondern lebensgefährlich.

Die rohe Gewalt versteckt sich dabei hinter bürokratisierten Abläufen. Die Zuständigkeiten sind so verzettelt, dass jede Behörde, jeder Mensch nur ein Rädchen dieser gewaltigen Maschinerie ist - und alle Verantwortung abschieben kann. Die einzige Folge von Toten bei Ausschaffungen sind "Reformen" im Ausschaffungsprozedere: Nachdem 1999 in Zürich Khaled Abuzarifa und 2001 im Wallis Samson Chukwu ihre versuchten Ausschaffungen nicht überlebt hatten, wurde die sogenannte Zwangsanwendungsverordnung ZAV erlassen. Die ZAV sollte der staatlichen Gewalt bei Ausschaffungen Grenzen setzen, erlaubt dabei aber explizit den Einsatz von Tasern. Im März dieses Jahres ist in Zürich ein weiterer Mensch, Joseph Ndukaku Chiakwa, bei der Vorbereitung zur Ausschaffung ums Leben gekommen. Und erneut wurden Massnahmen angekündigt, welche solche "Todesfälle" in Zukunft verhindern sollen. Sie bestehen im Wesentlichen darin, einen Arzt mitfliegen zu lassen.

All diese Verordnungen und sogenannten Massnahmen dürfen nicht drüber hinwegtäuschen: Es gibt keine humanen Ausschaffungen. Eine Politik, die Menschen gegen ihren Willen und unter der Anwendung von Gewalt aus der Schweiz deportiert, nimmt Tote in Kauf. Befürwortende von Zwangsausschaffungen sagen gerne, dass die herrschende Schweizer Migrationspolitik nicht ohne das Druckmittel der Ausschaffungen auskommt. Das ist kaum zu bestreiten. Das heisst aber nicht, dass Ausschaffungen damit legitim werden. Es heisst viel mehr, dass die herrschende repressive Migrationspolitik als Ganzes abzulehnen und zu bekämpfen ist.

Ausschaffungen sind dabei nur die Spitze des Eisberges dieser menschenverachtenden Asyl- und AusländerInnenpolitik. Eine Politik, welche die Menschen per Gesetz in verschiedene Klassen einteilt. Eine Politik, in der Polizistinnen und Polizisten regelmässig dunkelhäutige Personen verprügeln und dafür von den Gerichten freigesprochen werden. Eine Politik, die Schutz suchende Menschen in Lager steckt. In Zentren, die sich in unterirdischen Zivilschutzanlagen oder in den entlegensten Winkeln der Bergregionen befinden, wo sie systematisch vom Rest der Gesellschaft isoliert werden. Es ist diese Politik, die Tote in Kauf nimmt.

Es gilt, sich nach der Abstimmung vom 28. November nicht frustriert ins Private zurückzuziehen, sondern wie immer in den letzten Jahren erst recht weiterzumachen mit dem Widerstand und dem Kampf für Solidarität, Bleibrecht und Regularisierung und gegen Rassismus, Ausgrenzung und Ausschaffungen. Und dies mit und für die Betroffenen. Denn während wir Schweizerpass-InhaberInnen wie heute relativ "frei" auf der Strasse Widerstand leisten können, findet ihr Widerstand oft unter schwierigen Bedingungen in den Camps, in Zivilschutzanlagen, in Berghütten, im illegalisierten Untergrund, in Ausschaffungs- und anderen Knästen oder während Sonderflügen statt. Viele können sich z.B. die Reise an die heutige Demo aus finanziellen und/oder Risikogründen nicht leisten. Wir uns hingegen schon. Gemeinsame Nachmittage in Camps und Nothilfelagern sowie lautstarke Besuche vor Ausschaffungsknästen sind deshalb geeignete Möglichkeiten ihren und unseren Widerstand zu verknüpfen.

Und: Es gilt weiterhin Widerstand gegen die Biedermänner/-frauen und die BrandstifterInnen zu leisten. Gegen SVP, Migrations-BürokratInnen, linken und bürgerlichen Opportunismus, schlagzeilengeilen Wahlkampfpopulismus, Medienhetze, Rechtsextreme und Neonazis. Gegen die Umsetzung und Praxis ihrer menschendverachtenden Politik und gegen ihre strukturelle und praktische brutale Gewalt.

Die nächste SVP-Initiative kommt bestimmt. Wir haben dazu schon jetzt einen Gegenvorschlag:
Schiesst die SVP auf den Mond, das ist Ausschaffung, die sich lohnt!

---

BZ 28.10.10

Langenthal

 Die Demo ist bewilligt

 Langenthal hat die linke Demonstration vom nächsten Samstag bewilligt. Es wird einen Umzug durch die Stadt geben.

  "Die Bewilligung ist erteilt, und die Umzugsroute haben wir festgelegt", sagt Andreas Ryf, Vorsteher des Amts für öffentliche Sicherheit der Stadt Langenthal. Zur Demonstration wird unter dem Titel "Den rassistischen Konsens durchbrechen" aufgerufen. Sie ist eine Reaktion auf die rechte Anti-Minarett-Demo vom 9.Oktober. Als Organisatoren treten gegenüber der Stadt das der linksautonomen Antifa nahestehende "Bündnis kein ruhiges Hinterland" und der Verein "Demokratische Juristinnen und Juristen der Schweiz" auf.Der Umzug soll um 14.30 Uhr bei der Hauptpost starten und via Jurastrasse zum Chrämerhuus führen. Dort ist bei der Einmündung in die untere Marktgasse eine erste Kundgebung geplant. Anschliessend gehts via Mühleweg, St.Urbanstrasse und Spitalplatz zum Choufhüsi. Dort gibts eine weitere Kundgebung. Danach führt die Route via Bahnhofstrasse (Manor), Aarwangenstrasse (Stadttheater) und Jurastrasse zurück zum Bahnhof. Die Demonstration soll bis 17 Uhr dauern.Zum Dispositiv der Polizei wollten gestern weder Ryf noch die Kantonspolizei Auskunft geben. Ryf sagte lediglich, dass "bis jetzt" keine Informationen bezüglich einer allfälligen Gegendemonstration vorlägen. Daniel Bader, Präsident der Stadtvereinigung Langenthal, sagt, eine solche Demonstration sei für die Geschäfte "nicht optimal". Doch es sei ein demokratisches Recht. "Wenn die Demonstration in geordnetem Rahmen abläuft, ist sie zu akzeptieren", sagt Bader.
 drh

---

Langenthaler Tagblatt 28.10.10

Stadt bewilligt Demonstration

 Julian Perrenoud

 Linke/Rechte Aktivisten aus dem linken Lager wollen am Samstag die vergangene Demonstration aus dem Lager der Rechten beantworten. Um Minarette gehe es diesmal nicht.

 Das Votum ist klar: Schon lange zeichne sich die Region Langenthal durch überdurchschnittlich viele rechtsextreme Aktivitäten aus. Kundgebungen und Wahlteilnahmen der Pnos, Übergriffe auf Linke und Migranten und zuletzt eben der Protestmarsch gegen den Bau eines Minaretts in Langenthal. Zu viel des fremdenfeindlichen Gedankenguts, befindet eine Gruppe linker Aktivisten, die unter dem Namen "Bündnis kein ruhiges Hinterland" zur Gegendemonstration aufruft. Doch die Minarett-Frage interessiere sie dabei nicht, schreiben die Organisatoren. Auf der Website des Mediennetzwerks "Indymedia" heisst es, "die rassistische Propaganda von Staat, Parteien, Polizei und Medien" habe "braune Dumpfbacken" am 9. Oktober in Langenthal in ihrem Hass bestärkt. Damit soll Schluss sein, das Bewilligungsgesuch zur Gegendemo sei eingereicht.

  "Die Demo ist legitim"

 Die Kundgebung soll um 14.30Uhr beim Bahnhof starten, womöglich vor der Post, vermutet Gemeinderat Rolf Baer (FDP), Ressort öffentliche Sicherheit. Offenbar werden viele der Aktivisten mit dem öffentlichen Verkehr anreisen. Die Route verläuft darauf entlang der Jurastrasse bis zum Chrämerhuus, via Wuhrplatz und Choufhüsi zurück zum Bahnhof. Andreas Ryf, Leiter des Amtes für öffentliche Sicherheit, bestätigt, das entsprechende Gesuch sei eingegangen. "Und wir haben es bewilligt." Langenthal entwickelt langsam aber sicher Routine für Polizeieinsätze dieser Art: Neben den Demos stehen, wie letzten Dienstag, die Eishockey-Derbys gegen Erzfeind Olten an, bei denen die Gefahr für Ausschreitungen hoch ist.

 Bis 17 Uhr soll der Protestmarsch dauern, Gemeinderat Baer wird sich während dieser Zeit selber ein Bild vor Ort machen. "Eine solche Demo ist absolut legitim, sofern sich alle Beteiligten an unsere Regeln halten." So hätten diese alles zu unterlassen, was die Einwohner am Bahnhof oder im Zentrum in irgendeiner Art und Weise beeinträchtigen könnte. Einzig der Verkehr wird kurzfristig umgeleitet. Baer und die Polizei stehen während der zweieinhalb Stunden in Kontakt mit den Verantwortlichen der Kundgebung.

  "Wir müssen bereit sein"

 Ob die Präsenz an Polizisten in Langenthal derart stark ausfallen wird wie am 9. Oktober, hat die Kantonspolizei Bern zu entscheiden. "Sie macht selber eine Lagebeurteilung", sagt Baer, "wir geben nur den Auftrag." Wie viele Beamte die Kapo aufbieten wird, verrät sie natürlich nicht. Gemäss Gesuch werden am Samstag zwischen 100 und 200 Demonstrierende erwartet. Genaue Prognosen sind schwierig.

 Unklar ist auch, wie sich die Gegenseite, die Aktivisten der Rechten, verhalten wird. Rolf Baer bekräftigt, er rechne grundsätzlich nicht mit einer Eskalation. "Wenn aber etwas passiert, müssen wir bereit sein."

-------------------------------------
RECHTSEXTREMISMUS
-------------------------------------

20 Minuten 29.10.10

Klage gegen Stutz ist nun vom Tisch

 LUZERN. Die Strafklage wegen Ehrverletzung gegen den Grossstadtrat Hans Stutz (Grüne) ist vom Amtsstatthalteramt Luzern abgewiesen worden. Grund: Kläger Anian Liebrand (JSVP) leistete innert Frist weder den Kostenvorschuss von tausend Franken noch einen Weisungsschein. Für Stutz ist deshalb klar: "Liebrand hat laut getrommelt und nichts geliefert. Aber er konnte auch nicht anders, seiner Strafklage mangelte es an Substanz."

 Stutz hatte in seinem Internet-Blog "Meldungen zu Rechtsextremismus und Rassismus in der Schweiz" geschrieben, es sei "gut so!", dass Liebrand bei der Armee nicht befördert worden war. Daraufhin reichte Liebrand die Klage ein. Auf Anfrage sagte er gestern, er sehe sich nach wie vor im Recht. "Weil aber eine SP-Friedensrichterin den Fall behandelt hätte, konnte ich mir kein faires Verfahren erhoffen." Liebrand muss nun die Gebühren von hundert Franken bezahlen.  mfe

-----------------------------------
BIG BROTHER VIDEO
-----------------------------------

Bund 30.10.10

Der Berner Stadtrat dürfte über Kamerastandorte entscheiden

 Die Aufweichung der Gewaltentrennung wäre ungewöhnlich, aber nicht widerrechtlich.

 Christian Brönnimann

 Sollte in der Stadt Bern Videoüberwachung doch noch eingeführt werden, will der Stadtrat selber bestimmen dürfen, wo Kameras angebracht und wann diese betrieben werden. Dies hat er am Donnerstagabend denkbar knapp, mit Stichentscheid von Ratspräsident Urs Frieden (GB), so entschieden (siehe "Bund" von gestern). Wenn dieser Entscheid nächste Woche nicht wieder umgestürzt wird, hätte sich das Stadtparlament also eine klar operative Kompetenz zugeschanzt.

 Kein scharfes Gesetz

 Ist dies staatsrechtlich überhaupt zulässig? Ja, sagt Stadtschreiber Jürg Wichtermann. Die Gewaltentrennung sehe zwar die Unterscheidung von operativen, vollziehenden Aufgaben der Regierung und strategischen, gesetzgeberischen Aufgaben des Parlamentes vor. "Einzelfälle wie Entscheide über Kamerastandorte sind eigentlich nicht Sache des Parlaments", sagt Wichtermann. Das Prinzip der Gewaltentrennung sei aber nicht ein scharfes Gesetz, sondern habe eine Wegweiserfunktion. Juristisch gesehen sei es nicht unzulässig, davon abzuweichen. "Die Fragen, ob eine Abweichung vom Prinzip zulässig ist und ob sie Sinn macht, sind zwei unterschiedliche", sagt Wichtermann. Letztere müsse politisch entschieden werden.

 Unzulässig wäre ein Abweichen vom Prinzip der Gewaltentrennung nur, wenn übergeordnetes Recht dies explizit anders regeln würde - wenn also beispielsweise der Kanton vorgeben würde, dass Gemeinderegierungen über Kamerastandorte zu entscheiden hätten. Dies ist gerade nicht der Fall. Das kantonale Polizeigesetz legt ausdrücklich fest, dass die Gemeinden die Zuständigkeiten selber regeln müssen.

 Zwei Abstimmungen wiederholen

 Bleibt noch die Frage, über welche Punkte in der Stadtratssitzung vom nächsten Donnerstag erneut abgestimmt wird. Gemäss Ratsreglement bezieht sich ein Wiedererwägungsantrag, wie er von der FDP gestellt und vom Rat angenommen wurde, auf ein "Geschäft oder einen Beschluss zu einem Geschäft". Konkret heisst dies laut Ratssekretärin Bettina Kläy, dass jeder einzelne Antrag von Neuem zur Diskussion gestellt werden könnte. Es sei aber geplant, nur die Abstimmung über die Zuständigkeit und die Schlussabstimmung über das Reglement zu wiederholen.

---

BZ 30.10.10

Stadtberner Videoreglement

 FDP-Präsidentin Dana ist zuversichtlich

 Die FDP rechtfertigt die "Notbremse" beim Videoreglement der Stadt Bern. Die Chancen für Kameras seien immer noch intakt.

 Das Videoreglement für die Stadt Bern scheiterte vorgestern im Stadtrat wegen einer Stimme Differenz. Schuld daran ist die FDP, die das "verwässerte" Reglement nicht mehr unterstützen mochte. "Das war eine spontane Reaktion", gibt Dolores Dana, FDP-Präsidentin und Stadträtin zu. Dank der angenommenen Wiedererwägung wird nun nochmals abgestimmt. Für Dana ist noch nichts verloren: "Die Chancen nächsten Donnerstag sind intakt." Sie ist überzeugt, der knappe Entscheid zur stadträtlichen Mitsprache zu den Standorten und Betriebszeiten der Kameras werde anders ausfallen. Sie baut ihre Zuversicht auf weniger Abwesenheiten und eventuelle Abweichler. Kommt es so weit, stünde die FDP hinter dem Reglement, versichert Dana. Gerade noch akzeptabel wäre es für sie, wenn der Gemeinderat seine Gesuche vor dem Einreichen bei der Polizei der Sicherheitskommission des Stadtrats vorlegen müsste.

  "Zahnloser Papiertiger"

 Sonst bliebe es dabei: "Lieber kein Reglement als ein zahnloser Papiertiger", findet Alexandre Schmidt (FDP). Die Schuld am Scheitern trüge aber nicht seine Partei, betont er und sagt an die Adresse der GFL: "Schuld daran sind jene, welche zuerst Ja sagen und dann nach und nach alle Zähne ziehen. Die FDP spielt solche Spiele nicht mit. Deshalb zogen wir die Notbremse."

 Manuel Widmer, GFL-Präsident und Stadtrat, entgegnet: "In unserer Fraktion gibt es unterschiedliche Meinungen zur Mitbestimmung des Stadtrats. Wir werden uns auch nicht auf eine festlegen." Am Schluss gebe die FDP immer der GFL die Schuld. "Wenn sich die FDP nun als Gralshüterin eines guten Reglements sieht, ist das lächerlich. Aber ich rechne damit, dass das Reglement zustande kommt." Widmer erwartet dann - egal welche Seite sich durchsetzt - eine Volksabstimmung. Philippe Müller, bis nach seiner Wahl in den Grossen Rat treibende Kraft in der bürgerlichen Sicherheitspolitik, versteht seine ehemaligen Fraktionskollegen: "Es wäre ein Witz gewesen, wenn der Stadtrat ein solches Reglement beschlossen hätte. Wir kämpften für die Videoüberwachung, und die GFL ist uns bisher stets in den Rücken gefallen."

 Nause soll einmal anecken

 Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) schrieb die FDP vorgestern in der Sicherheitspolitik ab. Dolores Dana stichelt nun zurück: "Reto Nause soll sich nicht mit einem faulen Kompromiss zufriedengeben. Dafür muss man auch einmal anecken."

 Der Kanton gibt vor, dass die Gemeinden Zuständigkeiten regeln und Gesuche für den Einsatz von Kameras pro Einsatzort detailliert begründen. Bewilligt werden diese durch die Polizei. Das reicht Dana: "Ich will nicht über jede doofe Kamera diskutieren und darüber reden, auf welcher Höhe, in welchem Winkel sie installiert wird und was sie aufnehmen darf." Genau dies wollte der Stadtrat. "Das würde zu endlosen Diskussionen führen. Am Schluss geschieht nichts", befürchtet sie. Notabene werde der Stadtrat beim Kreditbeschluss so oder so mitreden können. Dana versteht das Misstrauen der Ratslinken nicht: "Für einmal vertraue ich dem rot-grünen Gemeinderat mehr als sie." Dieser werde sicher nicht üppig vom neuen Mittel Gebrauch machen.

 Sicherheitspolitiker Müller schweben ein halbes bis ein Dutzend Standorte vor, etwa bei der Reitschule, der Grossen Schanze, sicher beim Fussballstadion, allenfalls in der Aarbergergasse. "Doch das ist Sache der Polizei", hält er fest. Als Freisinniger wolle er keine flächendeckende Überwachung. Sicherheit sei eine "Verbundaufgabe", in der verschiedene Massnahmen zusammenspielen müssen.
 cab

---

Telebärn 29.10.10

Polemik um Videoüberwachung
http://www.kyte.tv/ch/telebaern/polemik-um-videouberwachung/c=84713&s=1061400

---

Bund 29.10.10

Stadtrat streitet um Videoreglement

 Der Berner Stadtrat hat gestern Abend das Reglement über die Videoüberwachung im öffentlichen Raum mit einer Stimme Unterschied abgelehnt. Der Entscheid ist aber noch nicht definitiv. Nach der Sitzungspause fand ein Wiedererwägungsantrag eine Mehrheit. Nächste Woche entscheidet also das Parlament erneut über das umstrittene Geschäft.

 Der Stadtrat zog dem Reglement gestern einige Zähne. So ernannte er sich selber zur zuständigen Instanz, die über Platzierung und Betriebszeit der Kameras entscheiden kann. Erst diese Entschärfung führte zum Hin und Her, denn die FDP wollte die Kröte nicht schlucken und half der Ratslinken, das ganze Reglement zu versenken. Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) reagierte aufgebracht auf das "verantwortungslose" Vorgehen. Die FDP sei "vom Affen gebissen", sagte er. Nun habe man gar nichts mehr in der Hand. Die FDP selber war es dann, die den Wiedererwägungsantrag stellte, der mit 32 Ja- zu 28 Nein-Stimmen angenommen wurde. (bro) - Seite 25

--

Berner Stadtrat versenkt Videoreglement mithilfe der FDP

 Noch ist aber nichts definitiv - Wiedererwägungsantrag bringt Geschäft nächste Woche erneut in den Rat.

 Christian Brönnimann

 Das Berner Stadtparlament ist immer für eine Überraschung gut: Gestern Abend erteilte es Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) eine Abfuhr und lehnte das Reglement zur Videoüberwachung im öffentlichen Raum mit 32 zu 31 Stimmen ab. Den Ausschlag gegeben haben 7 Nein-Stimmen aus der FDP-Fraktion, die sich eigentlich seit Jahren für die Videoüberwachung einsetzt.

 Was war geschehen? Vor der Schlussabstimmung entschied der Stadtrat über verschiedene Anträge zum Reglement. Unter anderem obsiegte ein Minderheitsantrag aus der vorberatenden Kommission, der dem Stadtrat die Kompetenz zuschreibt, über das Anbringen und die Betriebszeiten der Kameras zu entscheiden. Der Gemeinderat hätte diese Zuständigkeit bei sich behalten wollen. Die Abstimmung darüber ging denkbar knapp aus, mit Stichentscheid des Ratspräsidenten Urs Frieden (GB).

 Die rechte Ratshälfte warnte vergeblich davor, dass es nicht Aufgabe des Stadtrats sei, über operative Fragen zu entscheiden. "Wenn der Stadtrat jede einzelne Kamera absegnen muss, hebt dies das Reglement aus den Angeln und es ist nichts mehr wert", sagte zum Beispiel Dolores Dana (FDP). Sonja Bietenhard (BDP) sprach von einem "Verstoss gegen die Gewaltentrennung". Rudolf Friedli (SVP) appellierte an das Parlament: "Vertraut doch bitte eurem linken Gemeinderat." Und sogar Peter Künzler (GFL) sagte in der Sitzung von letzter Woche, in welcher der erste Teil der Diskussion über das Videoreglement stattgefunden hatte: "Ich habe grosse Sympathien dafür, dass der Stadtrat die Kompetenz erhalten soll, aber diese Lösung ist einfach nicht praktikabel."

 Nause: "Das ist ‹bireweich›"

 Die FDP wollte die Kröte nicht schlucken. Getreu dem Motto "ganz oder gar nicht" lehnten die meisten Fraktionsmitglieder das entschärfte Reglement ab - sehr zum Missfallen von Gemeinderat Nause (CVP). Nach der Abstimmung stürmte er auf die Pressetribüne und machte seinem Ärger Luft: "Das ganze Reglement zum Kippen zu bringen, ist verantwortungslos und ‹bireweich›. Sie dürfen das ruhig zitieren." Die FDP sei ja vom Affen gebissen. "Rechtlich wäre es grundsätzlich möglich, den Stadtrat über die Platzierung jeder einzelnen Kamera entscheiden zu lassen, auch wenn der Gemeinderat dies lieber selber tun würde", erklärte Nause. Nun habe man aber gar nichts mehr in der Hand.

 Die Ratslinke quittierte das hauchdünne Resultat im Gegensatz zu Nause mit Jubel und Applaus. Doch die Freude war nicht von langer Dauer.

 Und noch einmal . . .

 FDP-Fraktionspräsident Bernhard Eicher erklärte nach der Abstimmung: "Es hätte uns halt nicht gepasst, dass der Stadtrat über jede Kamera ‹stürmen› würde. Das ist Nonsense." Er stellte nach der Sitzungspause einen Wiedererwägungsantrag und drohte bei Ablehnung mit einer parlamentarischen Initiative. Den Antrag hiess der Rat mit 32 zu 28 Stimmen gut. Diesmal gab die GFL den Ausschlag. Damit steht in der Sitzung von nächster Woche das Videoreglement zum dritten Mal auf der Traktandenliste. Laut Ratspräsident Frieden wird es dann nur noch um den umstrittenen Punkt der Zuständigkeiten und um die Schlussabstimmung gehen.

 Falls das Reglement nächste Woche doch noch eine Mehrheit finden sollte, hat der Stadtrat bereits folgende Veränderungen beschlossen: Es muss eine allgemein zugängliche Liste geführt werden, die ausdrücklich Auskunft gibt über Standorte, Betriebszeiten, Aufnahmefeld und allfällige Echtzeitüberwachungsfunktion der Kameras. Der Gemeinderat muss bereits in drei Jahren einen ersten Evaluationsbericht veröffentlichen. Diese Evaluation muss von einer unabhängigen, externen Stelle durchgeführt werden. Wenn die Wirksamkeit von Kameras nicht nachgewiesen werden kann, muss der Gemeinderat deren Entfernung beschliessen.

 Knapp gescheitert ist das Ansinnen, Echtzeitüberwachung nur bei Massenveranstaltungen zuzulassen.

--

Kommentar

 Unverständlicher Zickzackkurs

Christian Brönnimann

 Ja - nein - vielleicht doch. Der Berner Stadtrat fährt in der Frage um die Videoüberwachung im öffentlichen Raum einen Zickzackkurs und rückt sich dabei einmal mehr in ein schlechtes Licht. Im Frühling gab er selber den Startschuss für die Erarbeitung der Grundlagen. Letzte Woche untermauerte er mit dem Eintretensentscheid die positive Einstellung. Nur sieben Tage später schickt der Rat nun das Reglement mit zweifelhafter Begründung bachab, nur um zu beschliessen, nächste Woche erneut über das Reglement entscheiden zu können.

 Was bei einer Person ein ungern gesehener Charakterzug ist - Wankelmütigkeit - ist beim Parlament mehr als ein Störfaktor. Die Schuld am unglaubwürdigen, unprofessionellen und ineffizienten Verhalten trägt in diesem Fall die FDP. Sie ist ob ihrer eigenen Konsequenz erschrocken. Es ist völlig legitim, nicht erfreut darüber zu sein, dass Kameras vom Stadtrat und nicht vom Gemeinderat beschlossen werden müssten. Deshalb aber gleich die Notbremse zu ziehen, ist eine Überreaktion. Sogar Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) gestand ein, dass es grundsätzlich möglich sei, die Legislative über die Kamerastandorte entscheiden zu lassen. Gerade weil die Frage so heikel ist, wäre dies vielleicht gar nicht die schlechteste Variante: Einerseits könnte die Überwachung an den unumstrittenen Punkten - beim Stade de Suisse zum Beispiel - so schon bald eingesetzt werden, weil sie eine Mehrheit findet. Anderseits könnten Kameraskeptiker die Befürchtung begraben, dass die Regierung unkontrolliert Kameras en masse installiere - allen wäre geholfen.

 Man stelle sich vor, wie eine Demokratie aussähe, wenn jeder knappe Mehrheitsentscheid mit einem Wiedererwägungsgesuch infrage gestellt würde. Nach dem Schnellschuss der Rentenaltererhöhung für städtische Angestellte und dem Fauxpas beim Gegenvorschlag zur Kita-Initiative hat sich der Stadtrat gestern Abend innert kürzester Zeit erneut ein Ei gelegt.

---

BZ 29.10.10

Stadtrat Bern

 Im falschen Videofilm

 Berns Stadtrat führte gestern ein Polittheater auf, statt die Videoüberwachung einzuführen. Die FDP überlistete sich selber.

 Es sah gestern Abend im Berner Stadtrat nach einer sicheren Mitte-rechts-Mehrheit für die Einführung der Videoüberwachung aus. Aber es kam anders. Ausgerechnet die FDP, die sich als Partei der Sicherheit gibt, versenkte das Vorhaben - aus Trotz gegen einen Stichentscheid, wonach künftig nicht die Stadtregierung, sondern der Stadtrat die Standorte der Videokameras bestimmen soll. Die FDP konnte ihre Selbstüberlistung dann rückgängig machen: Ihr Wiedererwägungsantrag kam durch, die Videoüberwachung steht nächsten Donnerstag noch einmal zur Debatte.
 tob/svb

 Seite 23

--

Berner Stadtrat

 FDP lehnt Kameras ab - aus Frust

 Haarsträubende Szenen im Stadtrat: Aus Frust über einen Stichentscheid hat die FDP die Videoüberwachung abgelehnt. Als der Partei die Konsequenz ihrer Trotzreaktion bewusst wurde, verlangte sie eine neue Abstimmung.

 So hässig ist Berns Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) kaum je zuvor in der Öffentlichkeit aufgetreten: Nach der verlorenen Schlussabstimmung übers Videoreglement im Berner Stadtrat stürmte er auf die Pressetribüne. Dort machte er seinem Ärger Luft. Nause attackierte die FDP-Fraktion mit den Worten "bireweich" und "Die wurden doch vom Affen gebissen". Dann versicherte er den baffen Journalisten, dass er dies genau so meine und mit exakt diesen Worten zitiert werden wolle.

 Unten im Saal vermischten sich die Jubelschreie der Linken mit den Seufzern der FDP-Mitglieder. Diesen wurde bewusst, welche Konsequenzen ihr Verhalten mit sich führt.

 Überraschende Wendung

 Was war geschehen? Das Berner Stadtparlament debattierte gestern Abend übers Videoreglement. Konkret gings um die Frage, ob in der Stadt Bern die dissuasive Videoüberwachung im öffentlichen Raum eingeführt werden soll. Die gesetzliche Grundlage dazu besteht im Kanton Bern seit der Teilrevision des Polizeigesetzes im Jahr 2008. Seither kann jede Gemeinde bei der kantonalen Polizeidirektion Gesuche für Überwachungskameras im öffentlichen Raum stellen, sofern die Zuständigkeiten geregelt sind. Die Kameras dürfen nur an neuralgischen Stellen eingesetzt werden. In Bern stand der sogenannte Fan-Walk zwischen Stade de Suisse und S-Bahn-Station Wankdorf im Vordergrund.

 Die Meinungen im Stadtparlament waren gestern längst gemacht. Die Fraktionen hatten ihre Positionen kundgetan, und niemand zweifelte mehr daran, dass sich die Mitte-rechts-Koalition durchsetzen und die Videoüberwachung einführen würde. Gestritten wurden noch über Details im neuen Videoreglement. Es ging um Formulierungen und Fristen, etwa darum, ob der erste Evaluationsbericht nach drei Jahren zu erstellen sei oder doch lieber erst nach fünf.

 Doch ein Änderungsantrag brachte die FDP in Rage: Es war der Stichentscheid von Stadtratspräsident Urs Frieden (GB), der möglich machte, dass der Stadtrat die Kamerastandorte und die Betriebszeiten auswählt - und nicht der Gemeinderat.

 Slalomkurs der FDP

 Dieser Entscheid warf die FDP-Vertreter aus der bürgerlichen Bahn. Die Verwirrung dauerte an bis zur Schlussabstimmung, die einen kurzen Moment später stattfand. Angeführt von Parteipräsidentin Dolores Dana lehnten sieben von acht anwesenden FDPlern die Videoüberwachung ab. Damit verhalfen sie der Ratslinken zum überraschenden und lautstark gefeierten Sieg. Das Videoreglement wurde mit 32 zu 31 Stimmen versenkt.

 Zurück zu Sicherheitsdirektor Reto Nause. Als bei diesem der erste Ärger verflogen war, wählte er seine Worte auf der Pressetribüne gewählter aus. "Die FDP hat sich heute aus der Sicherheitspolitik verabschiedet." Nun fehle dem Gemeinderat die gesetzliche Grundlage, um an ausgewählten Orten Überwachungskameras zu installieren. "Ausgerechnet die FDP hat das Videoreglement gebodigt. Ich bin emotional zerstört."

 FDP-Fraktionschef Bernhard Eicher versuchte noch, den FDP-Slalomkurs zu erklären. "Wenn der Stadtrat die Kamerastandorte auswählen darf, ist das Videoreglement zahnlos und bringt niemandem etwas." Weshalb er trotzdem kurz darauf ein Wiedererwägungsgesuch stellte, bleibt ein Rätsel. Weil auch die anderen FDP-Mitglieder innerhalb weniger Minuten eine 180-Grad-Drehung vollführten, kam die Wiedererwägung mit 32 zu 28 Stimmen durch. Jetzt muss der Stadtrat in einer Woche nochmals übers Videoreglement abstimmen.

 Tobias Habegger

 Diese FDP-Vertreter haben im Stadtrat das Videoreglement abgelehnt: Hanspeter Aeberhard, Dolores Dana, Bernhard Eicher, Mario Imhof, Dannie Jost, Pascal Rub und Alexander Schmidt.

---

BZ 29.10.10

Stadtrat Bern

 SP bekämpft Kameras von Privaten

 Die SP fordert strengere Regeln für Überwachungskameras von Privaten. Damit kratzt die Stadtpartei an eidgenössischem Recht.

 Auch Videoüberwachung durch Private tangiere die Persönlichkeitsrechte der gefilmten Personen. Das schreibt die SP in einer Motion, die sie gestern Abend im Stadtrat eingereicht hat. "Doch private Überwacher müssen heute weniger strenge Vorgaben erfüllen, um Überwachungsgeräte zu betreiben, als die öffentliche Hand." Dagegen wolle die SP kämpfen.

 Fehlende Hinweisschilder

 Konkret kritisieren die Genossen, dass viele der Kameras ungenügend gekennzeichnet seien. Gemäss einem Merkblatt des Eidgenössischen Datenschützers müssen Überwachungskameras mit "einem gut sichtbaren Hinweisschild" versehen sein. Ein solches Schild fehle in der Stadt Bern unter anderem bei den Kameras im Bahnhof und auf der Parkterrasse.

 Zudem würden laut SP in der Stadt Bern immer mehr Privatpersonen Videoüberwachungsgeräte installieren, welche den öffentlichen Raum miterfassen. "Dabei wird die Einhaltung der geltenden bundesrechtlichen Regelungen weder konsequent kontrolliert noch durchgesetzt", schreibt die SP.

 SP fordert Bestrafung

  "Dieser Zustand ist unhaltbar." In der Motion wird der Gemeinderat aufgefordert, die Videoüberwachung durch Private auf Reglements- beziehungsweise auf Verordnungsstufe zu regeln. "Die Überwachung ist zu untersagen, und Widerhandlungen sind unter Strafe zu stellen", so der Text des Vorstosses.

 Aktuell ist die Videoüberwachung durch Private im Bundesgesetz über den Datenschutz geregelt. Es ist nicht das erste Mal, dass sich Lokalpolitiker über eidgenössische Gesetze hinwegsetzen wollen. Das versuchten sie bereits bei der Hanflegalisierung.
 tob

---

20 Minuten 28.10.10

SP: Kampf gegen private Kameras

 BERN. Zurzeit wird in Bern heiss darüber diskutiert, ob und in welcher Form der Staat öffentliche Plätze mit Kameras überwachen soll. Doch die "Big Brother"-Überwachung durch staatliche Kameras ist für die SP nicht das einzige Problem: "Immer mehr Privatpersonen in der Stadt Bern installieren Videoüberwachungsgeräte, die den öffentlichen Raum miterfassen", kritisiert Stadträtin Giovanna Battagliero. Dieser Zustand sei unhaltbar. Battagliero fordert den Gemeinderat dazu auf, die Überwachung des öffentlichen Raums durch Private zu untersagen und Widerhandlungen zu bestrafen.

--------------------
RABE-INFO
---------------------

Fr. 29. Oktober 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_29._Oktober_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_29._Oktober_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2029.%20Oktober%202010
- Videoüberwachung Stadt Bern - Während sich der Stadtrat streitet, dürfen Private jetzt schon ohne strenge Regeln überwachen
- Schuldenberatung im Internet - Caritas bietet zehnsprachige Webseite an
- Streik in Genf - Das Kulturzentrum Usine kämpft für mehr alternative Kultur

Links:
http://www.caritas-schuldenberatung.ch

---

Do. 28. Oktober 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_28._Oktober_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_28._Oktober_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2028.%20Oktober%202010
- Forderung nach Rückschaffungs-Stop nach Griechenland
- Petition gegen israelische Wasserpolitik im Westjordanland
- Philosophische Gedanken zum Rechtsrutsch in Europa

Links:
http://www.humanrights.ch/home/de/Schweiz/Inneres/Asyl/Umsetzung/idcatart_9354-content.html
http://www.amnesty.ch/de/laender/naher-osten-nordafrika/israel-besetzte-gebiete/dok/2010/wasserpolitik-uebergabe-unterschriften

-------------------------------
RAUSCHKNAST BE
-------------------------------

Langenthaler Tagblatt 28.10.10

Besoffene härter anpacken

 Seit vergangenem März betreibt die Stadt Zürich eine Zentrale Ausnüchterungsstelle (ZAS). Diesen Monat zog das zuständige Polizeidepartement eine positive Zwischenbilanz. "Die ZAS ist leider notwendig", hiess es mit Verweis auf die 316 Männer und Frauen, die von der Polizei in die ZAS eingeliefert wurden. Angestachelt vom Vorbild der Zürcher und zur Entlastung des Spitalpersonals von Notfallstationen verlangten zwei EVP-Grossräte per Motion eine ZAS im Kanton Bern. Gemäss seiner jetzt veröffentlichten Antwort zum Vorstoss erachtet der Regierungsrat eine ZAS jedoch als wenig sinnvoll. Auch die weiter verlangten neuen kantonalen gesetzlichen Regelungen, dass Betrunkene für die von ihnen ausgelösten Ausnüchterungskosten selber aufkommen müssen, will der Regierungsrat lediglich prüfen. "Ich fühle mich missverstanden", klagt Mitmotionär Ruedi Löffel (EVP/Münchenbuchsee. (uz) Seite 18

--

Die Ausnüchterung selber bezahlen?

Motion Die Kantonsregierung erachtet eine zentrale Ausnüchterungsstelle als wenig sinnvoll

Bruno Utz

 Alkoholleichen von öffentlichen Plätzen und Strassen einsammeln oder Sturzbetrunkene, die randalieren und pöbeln, anhalten, das gehört sicher nicht zu den angenehmsten Aufgaben der Polizei. Und auch auf den Notfallstationen der Spitäler sind Betrunkene nicht die willkommenste Kundschaft. "Sie sind häufig aggressiv, verbal ausfällig und oft gewalttätig", schreiben Thomas Fuchs und Sabine Geissbühler (beide SVP) in ihrer Motion "Schluss mit Komasaufen und Drogenrausch auf Kosten der Allgemeinheit". Sie fordern unter anderem vom Regierungsrat, er solle Gesetzeslücken schliessen, sodass diese Leute für die von ihnen verursachten Kosten zur Kasse gebeten werden und nicht die Steuer- und Krankenkassenprämienzahlenden.

 Ins gleiche Horn stossen Ruedi Löffel und Marc Jost (beide EVP). Sie und 22 weitere Unterzeichner der Motion "Mit einer ZAS Spitäler und Prämienzahlende entlasten" verlangen, dass der Regierungsrat eine Zentrale Ausnüchterungsstelle (ZAS) in Betrieb nimmt. In ihrem Vorstoss verweisen die EVP-Räte auf die Stadt Zürich, die seit März in einem Pilotbetrieb eine ZAS führt. Eine solche Ausnüchterungsstelle bringe gegenüber der heutigen Situation einen dreifachen Nutzen:

 Die Notfallaufnahmen der Spitäler, welche die Betrunkenen bisher grösstenteils betreuen müssten, könnten entlastet werden.

 Die störende Tatsache, dass die Allgemeinheit via Krankenversicherung für die Folgekosten von Alkoholexzessen aufkommen müsse, könne teilweise korrigiert werden.

 Bei der Ausnüchterung in einer ZAS entfalle die ärztliche Schweigepflicht. Diese verhindere heute oft, dass die Erziehungsverantwortlichen vom Absturz ihrer minderjährigen Kinder erführen. Ein frühes Gespräch mit allen Beteiligten könne weitere Exzesse verhindern.

 Kostenverrechnung prüfen

 In der gemeinsamen Antwort zu den beiden Vorstössen zeigt sich der Regierungsrat bereit, "zu prüfen, ob und welche Kosten den Verursachern von alkoholbedingten Sanitäts- und Polizeieinsätzen sowie Spitalaufenthalten zusätzlich weiterverrechnet werden können". Bei der Kantonspolizei seien im Hinblick auf die anstehende Polizeigesetzrevision bereits entsprechende Abklärungen im Gang. Der Regierungsrat ist bereit, die entsprechenden Punkte der beiden Vorstösse als Prüfungsauftrag (Postulat) entgegenzunehmen.

 Kein Gehör hat er jedoch bezüglich der Einrichtung einer ZAS. Der Betrieb einer Ausnüchterungseinrichtung mit medizinischer Betreuung sei wenig sinnvoll.

  "Ich fühle mich missverstanden und habe ein ungutes Gefühl", kommentiert Ruedi Löffel die Regierungsantwort. "Der Bescheid ist dürftig", töne zwar hart, treffe jedoch zu. "Auf mein Kernanliegen, eine ZAS, geht die Regierung gar nicht richtig ein. Man hat sich offenbar auch schlecht informiert", sagt Löffel und verweist auf die Zwischenbilanz des Stadtzürcher Polizeidepartements von Anfang Oktober zu ihrer ZAS (vergleiche Kontext). Mit der Schaffung einer Ausnüchterungsstelle könnten die Betrunkenen von der Zuständigkeit der Krankenversicherungsgesetzgebung des Bundes weggenommen werden. Löffel: "Erst wenn sie vom ‹Spital weg sind›, können die Kosten weiterverrechnet werden." Seine Motion hätten Grossräte aus sechs Parteien mitunterzeichnet. "Deshalb werde ich in der Novembersession sicher daran festhalten." Auch Thomas Fuchs, Erstunterzeichner der SVP-Motion, reagiert "enttäuscht" auf die Antwort. "Die Regierung weicht aus." Auch er werde auf der Umsetzung des Vorstosses beharren.

--

 ZÜRICH: "DIE ZAS IST LEIDER NOTWENDIG"

 Die Stadt Zürich nahm am 12. März im alten Zellentrakt des Amtshauses eine Zentrale Ausnüchterungsstelle (ZAS) in Betrieb. Die ZAS wird gemeinsam von der Stadtpolizei und den städtischen Gesundheitsdiensten Zürich geführt. Ziel ist es, Betrunkene, die sich und/oder andere gefährden, in polizeilichen Gewahrsam zu nehmen und unter medizinischer Betreuung auszunüchtern. Die Halbjahresbilanz zum einjährigen Pilotversuch fiel positiv aus: "Die Erfahrungen zeigen, dass die ZAS leider notwendig ist", berichtete das Polizeidepartement Anfang dieses Monats. Durchschnittlich würden jedes Wochenende 13 Personen in die ZAS eingeliefert. Insgesamt seien es 316 Männer und 50 Frauen im Alter zwischen 15 und 69 Jahren gewesen. Nur knapp die Hälfte seien Stadtzürcher gewesen. Meistens würden die ZAS-Klienten von der Polizei aufgrund einer Anzeige aufgegriffen und eingeliefert. Jeder Klient werde gemäss dem medizinischen Konzept beurteilt und während des ganzen Aufenthaltes überwacht. Der Blutalkoholgehalt bei der Einlieferung sei zwischen 0,07 und 4,19 Promille gelegen. Von den 366 Klienten und Klientinnen hätten 22 ins Spital eingewiesen werden müssen. Die Kosten in der ZAS müssten die Klienten berappen. Wer weniger lang als drei Stunden betreut werde, bezahle 600 Franken, längere Aufenthalte kosteten 950 Franken. (UZ)

--

  "Insel"-Notfall

 Gemäss einer Studie des Inselspitals Bern ist die Anzahl von Alkoholvergiftungen bei den Notfallpatienten von 1,4 Prozent im Jahr 2000 auf 3,3 Prozent im Jahr 2007 angewachsen. Bei den 16- bis 25-Jährigen stieg der Anteil sogar von 2,6 auf 6,5 Prozent an. Insgesamt wurden in den acht Jahren 1763 Patienten mit Alkoholvergiftung behandelt. 1422 davon waren Erstdiagnosen, 342 "Wiederholungstäter", wovon die meisten über 35 Jahre alt. Unter den Patienten waren anderthalbmal so viele Männer wie Frauen. Sie hatten durschnittlich 2,25 Promille Alkohol im Blut, die Jungen 1,65 Promille. Knapp ein Viertel der Jungen hatte neben Alkohol auch andere Drogen konsumiert, vor allem Cannabis und Kokain. (uz)

----------------
DROGEN
----------------

20 Minuten 29.10.10

Starker Drogenhanf macht Berner Teens abhängig

 BERN. Weil das Gras immer stärker wird, gibt es immer mehr Cannabis-süchtige Teenager. Das bereitet Berner Experten Sorgen.

  "Heute ist der THC-Gehalt im Hanf bis zu viermal so hoch wie noch vor ein paar Jahren", sagt André Fürst von Hanf- info.ch. Der Grund: Weil die Polizei stärker Jagd auf Anbauer mache, werde Hanf fast nur noch in Indoor-Anlagen gezogen. Dort könne er dank idealer Bedingungen bis zu 24 Prozent THC-Gehalt erreichen.

 Die Folgen kennt Andreas Fuchs von der Berner Jugend-, Eltern- und Suchtberatung Contactnetz: "Durch den höheren THC-Gehalt steigt das Risiko, psychisch abhängig zu werden." Gefährdet seien besonders junge Kiffer mit wenig Cannabis-Erfahrung. Die Eltern seien mit der Situation oft überfordert, so Fuchs. Bei manchen Warnzeichen müsse aber gehandelt werden: Der Sohn muss abends unbedingt noch raus, um einen Joint zu rauchen, sackt in der Schule ab und kommt morgens kaum mehr aus dem Bett. "Dann könnte ein Suchtproblem vorliegen." Manchmal reagierten Jugendliche zudem sehr heftig, wenn sich etwas zwischen sie und den nächsten Joint stelle. "Da geht schon mal Mobiliar zu Bruch", so Fuchs.

 Hilfe finden Eltern im Contactnetz-Kurs "Wenn Jugendliche trinken und kiffen". Dort können sie sich ab dem 11. November austauschen und bekommen Tipps für den weiteren Umgang mit dem Suchtmittelkonsum ihres Sprösslings.  

NINA JECKER

-------------------------
BIG BROTHER
--------------------------

WoZ 28.10.10

Kommentar

 Staatsschutz: Erfolgreich versagt

 Von Dinu Gautier

 Sie, Jürg Bühler, sind einerseits Geheimdienst-Vizedirektor, andererseits ein mit allen Wassern gewaschener Schlawiner. Im Sommer noch waren Sie eine der Hauptfiguren in einem für Sie - sollte man denken - eher unangenehmen Untersuchungsbericht der parlamentarischen Geschäftsprüfungsdelegation GPDel. Der Bericht zeigte: In der Zeit, als Sie im Inlandgeheimdienst in der Chefetage sassen, schwoll die Fichierungsdatenbank ISIS dermassen an, dass sich 200 000 Personen darin wiederfinden würden, hätten sie denn das Recht, reinzugucken. Erlauben Sie mir, Ihnen etwas vereinfacht das Fazit der GPDel in Erinnerung zu rufen: Ihre Untergebenen haben willkürlich Datenmüll ins System eingespeist, der zu grossen Teilen irrelevant oder falsch war. Vollautomatisch interpretierte der Computer auch entlastende Informationen zum Verdacht um, Personen könnten eine Gefahr für unseren Staat darstellen.

 Das Personal, das für die Qualitätssicherung und damit auch das Löschen von Daten zuständig gewesen wäre, haben Sie kurzerhand abgezogen - fortan halfen diese Beamten den KollegInnen bei der weiteren Fütterung des Sys tems mit Müll. Um die Mängel zu vertuschen, so die GPDel, habe der Staatsschutz auf Desinformation und Informatikmogeleien gesetzt.

 Ende letzter Woche hat sich der Bundesrat zu den Empfehlungen der GPDel geäussert. Zwar verspricht der Bundesrat Besserung, Ihnen, Herr Bühler, streicht er aber nicht etwa Müllmännerstellen (weniger Müllmänner würden weniger Schrott zusammentragen). Im Gegenteil: Sie erhalten mehr Personal für das Abtragen des Schrottberges, im Vertrauen, dass Sie es nicht wieder für andere Aufgaben abziehen. Am Mittwoch präsentierte der Bundesrat eine Gesetzesrevision, laut der Schulen oder Spitäler Ihnen künftig Auskunft geben müssten. Und mit Tarn identitäten sollen Sie auch operieren dürfen.

 Einmal mehr haben Sie gezeigt: Die beste Methode, einen Geheimdienstapparat aufzublasen, ist dessen eigenes Versagen.

---

Bund 28.10.10

Der Nachrichtendienst soll zu Auskünften über seine Fichen verpflichtet werden

 SVP-Bundesrat Maurer will fichierten Personen mehr Rechte einräumen. Seine eigene Partei könnte ihm dabei einen Strich durch die Rechnung machen.

 Fabian Renz

 Das geheime Staatsschutz-Informations-System (Isis), in dem Tausende von verdächtigen Personen fichiert sind, soll seine Sonderstellung verlieren. Geht es nach dem Willen des Bundesrates, dann wird Isis künftig wie alle anderen Datenbanken dem Datenschutzgesetz unterstellt sein. Das bedeutet: Jedermann dürfte vom Nachrichtendienst grundsätzlich verlangen, über die ihn betreffenden Fichen ins Bild gesetzt zu werden. Ein solches direktes Auskunftsrecht gibt es bei Isis heute nicht. Nur in absoluten Ausnahmefällen kann der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Betroffenen in beschränktem Rahmen einige Angaben machen: dann nämlich, wenn vom Gesuchsteller keine Bedrohung ausgeht und ihm aufgrund einer missbräuchlichen Fichierung ein "irreparabler" Schaden droht.

 Die nunmehr aufgegleiste Liberalisierung gehört zu der vom Bundesrat gestern beschlossenen Teilrevision des BWIS (Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit, siehe Kasten). Sie brächte noch keinen gläsernen Geheimdienst: Nach wie vor dürften die Isis-Verantwortlichen die Auskunft verweigern, einschränken oder verzögern, wenn der Gesuchsteller etwa unter Terrorismus-Verdacht steht. Dennoch würde die Neuerung vom Datenschutzbeauftragten Hanspeter Thür aus mehreren Gründen wärmstens begrüsst. "Dass Auskünfte nur noch in Spezialfällen verweigert werden dürfen und hierzu eine anfechtbare Verfügung nötig ist, schafft Rechtssicherheit", betont Thürs Sprecherin Eliane Schmid. Derzeit nämlich steht Betroffenen kein Rechtsweg offen, um sich gegen einen negativen Informationsentscheid zu wehren. Auch dass Auskunftsgesuche direkt an den Nachrichtendienst statt an den Datenschutzbeauftragten gehen sollen, stösst bei Thürs Amtsstelle auf Zustimmung: Dies entspreche dem Grundsatz im Datenschutzgesetz, so Eliane Schmid.

 Ablehnung aus der SVP

 Trotzdem ist ungewiss, ob der Bundesrat dieses grosszügigere Regime wird realisieren können. Erst im Februar lehnte der Nationalrat mit deutlicher Mehrheit eine Motion der Sozialdemokratin Susanne Leutenegger Oberholzer (BL) ab, die just jenes Modell forderte, das nun der Bundesrat vorschlägt. "Wir halten an diesem Kurs fest, im Wissen darum, dass das für Diskussionen sorgen wird", sagte Maurer gestern. Überzeugungsarbeit wird er nicht zuletzt in seiner eigenen Partei leisten müssen. SVP-Vertreter Christoph Mörgeli war es, der als Wortführer der Gegner die Motion Leutenegger Oberholzer im Nationalrat bekämpfte - aus Sicherheitsbedenken. An seiner Meinung hat sich nichts geändert, wie Mörgeli gestern auf Anfrage festhielt: "Die Terroristen würden sich ja freuen, wenn sie ein grundsätzliches Recht auf Auskunft erhielten."

--

 Mini-BWIS: Kein Lauschangriff

 Der Nachrichtendienst muss vorerst auf den grossen "Lauschangriff" verzichten. Die Teilrevision des BWIS (Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit), die der Bundesrat gestern beschlossen hat, enthält noch keine Regelungen zu heiklen Methoden der Informationsbeschaffung. Über diese umstrittenen Fragen will der Bundesrat erst 2012 entscheiden.

 Im Frühjahr 2009 hatte das Parlament eine BWIS-Revision zurückgewiesen, die dem Nachrichtendienst bei der Überwachung von Personen weitgehende Kompetenzen eingeräumt hätte. Mit der gestern verabschiedeten Vorlage will Bundesrat Ueli Maurer wenigstens die unbestrittenen Teile der Revision so rasch als möglich verwirklichen. Geregelt werden etwa die Bewaffnung von Mitarbeitern des Nachrichtendienstes und die Entschädigung von Informanten. (fre/sda)

---

BZ 28.10.10

Bundesrat

 Vorläufig kein "Lauschangriff"

 Der Nachrichtendienst muss vorerst auf den "Lauschangriff" verzichten. Über umstrittene Methoden der Informationsbeschaffung will der Bundesrat erst 2012 entscheiden. Beschlossen hat er unbestrittene Neuerungen.

 Eigentlich wollte der Bundesrat mehr: Nach seinem Willen sollte der Geheimdienst präventiv Telefone, Computer oder Hotelzimmer überwachen dürfen. Dem Parlament ging dies jedoch zu weit. Im Frühjahr 2009 wies es die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen an den Bundesrat zurück.

 Gestern hat der Bundesrat nun die Botschaft zu einer Minirevision des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) verabschiedet. Es handle sich um einen Zwischenschritt, sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer vor den Medien. Die Neuerungen seien organisatorischer Art.

 Mit Auskunftsrecht

 Neu geregelt wird das Auskunftsrecht: Wer erfahren will, ob er fichiert ist, soll künftig Auskunft verlangen können. Die Wahrheit erfährt er oder sie allerdings nur, wenn aus Sicht des Nachrichtendienstes nichts dagegenspricht. Der Nachrichtendienst kann die Auskunft aus Gründen des Staatsschutzes verweigern, einschränken oder aufschieben.

 Heute besteht kein direktes Auskunftsrecht. Interessierte können lediglich vom Datenschützer prüfen lassen, ob der Staatsschutz unrechtmässig Daten über sie bearbeitet. Der Nachrichtendienst rechnet nicht damit, dass die Änderung eine Flut von Auskunftsgesuchen auslöst.

 Geregelt werden im Gesetz auch die Bewaffnung von Mitarbeitenden des Nachrichtendienstes, die Entschädigung von Informanten und die Verleihung von Tarnidentitäten. Dabei wird laut dem VBS die bereits heute gängige Praxis gesetzlich verankert.

 Es gehe mitnichten um eine "flächendeckende Bewaffnung", sondern darum, rund 10 Prozent der Mitarbeitenden mit Waffen ausrüsten zu können, heisst es in der Botschaft. Die mit der Informationsbeschaffung beauftragten Mitarbeiter bewegten sich teilweise in einem schwerstkriminellen Milieu.

 Tarnidentitäten sind unter anderem bei gewalttätigem Extremismus erlaubt. Will der Nachrichtendienst Mitarbeiter oder Informanten mit solchen Identitäten ausstatten, muss er dies vom VBS-Chef genehmigen lassen.

 Mit Auskunftspflicht

 Von Fluggesellschaften oder Taxiunternehmen kann der Nachrichtendienst Auskunft verlangen, etwa über Passagierlisten. Auch die Behörden haben eine besondere Auskunftspflicht gegenüber dem Nachrichtendienst, zum Beispiel bei Drohungen. Auf Basis des revidierten Gesetzes soll der Bundesrat ausserdem Tätigkeiten verbieten können, die dazu dienen, "terroristische oder gewalttätig-extremistische Umtriebe zu unterstützen" - zum Beispiel Geldsammlungen für ausländische Terrororganisationen.

 Der Ausbau der präventiven Überwachung ist damit allerdings noch nicht vom Tisch: 2012 will der Bundesrat ein umfassendes Nachrichtendienstgesetz vorlegen. Bis dahin will er ausloten, was mehrheitsfähig ist. Das Thema sei "derart heikel", dass es sich lohne, sorgfältig vorzugehen, sagte Maurer.

 Der Nachrichtendienst wünsche sich stets mehr Mittel, während in der Politik die Stimmung wechsle. "Je nach Lage hat das Thema Konjunktur auf die eine oder andere Seite", sagte Maurer. Im Einzelfall - wenn etwas passiert - werde auch in der Politik der Ruf nach mehr Überwachung laut.

  "Ich weiss noch nicht, wo wir landen", sagte Maurer. Nach seiner Einschätzung sei die Bereitschaft in der Politik aber in letzter Zeit gewachsen. Es gehe auch darum, mit dem Ausland mitzuhalten. Im Vergleich zu ausländischen Nachrichtendiensten, die "fast alles" dürften, habe der Schweizer Nachrichtendienst nämlich heute wenig Möglichkeiten.
 sda

---

NZZ 28.10.10

Kleine Schritte und ein Auskunftsrecht

 Bundesrat Maurer legt nach dem Absturz des "Lauschangriffs" eine Mini-Gesetzesrevision zur inneren Sicherheit vor

 Der Bundesrat teilt die Revision des Gesetzes über die innere Sicherheit auf: Zunächst will er Unbestrittenes regeln und ein Auskunftsrecht schaffen. Die strittigen Fragen bleiben offen.

 Niklaus Nuspliger, Bern

 Im Frühjahr 2009 war die Revision des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) im Parlament am Widerstand der Ratslinken und der SVP gescheitert. Stein des Anstosses waren die als "Lauschangriff" gegeisselten besonderen Mittel der Informationsbeschaffung, die dem Staatsschutz das Abhören von privaten Räumen und von Telefongesprächen oder das Eindringen in Computer erlaubt hätten. Solche Massnahmen sind heute nur im Rahmen eines Strafverfahrens mit richterlicher Ermächtigung erlaubt. Am Mittwoch hat der Bundesrat die Revision wie angekündigt aufgeteilt. Die politisch umstrittenen Fragen will er in einem Nachrichtendienstgesetz bis spätestens Ende 2012 beantworten. Die weniger strittigen Punkte sind Bestandteil einer Zusatzbotschaft zur BWIS-Revision, die der Bundesrat zuhanden des Parlaments verabschiedet hat.

 Weitgehendes Auskunftsrecht

 Vor den Medien in Bern erklärte Verteidigungsminister Ueli Maurer, die Zusatzbotschaft passe das Recht den alltäglichen Realitäten des neuen Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) an. Neben rein organisatorischen werden aber auch substanzielle Änderungen vorgeschlagen: Wie in der Antwort auf den Bericht der parlamentarischen Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) bereits angekündigt (NZZ 23. 10. 10), soll ein Auskunftsrecht für Personen geschaffen werden, die vermuten, in den Staatsschutz-Datenbanken zu figurieren. Das vom Bundesrat vorgeschlagene Auskunftsrecht stützt sich auf das Datenschutzgesetz und geht damit noch weiter als von der GPDel verlangt.

 Heute besteht ein indirektes Einsichtsrecht, das durch den eidgenössischen Datenschützer wahrgenommen wird und die Betroffenen im Unklaren lässt. Neu könnte man direkt an den NDB gelangen, wobei er die Auskunft unter Verweis auf übergeordnete Sicherheitsinteressen verweigern kann. Die Modalitäten würden per Verordnung präzisiert. Würde die Einsicht in die Personendaten verwehrt, könnte die Verfügung ans Bundesverwaltungsgericht weitergezogen werden. Das weitgehende Auskunftsrecht dürfte nicht unbestritten sein, im März lehnte der Nationalrat eine entsprechende Motion ab.

 Weiter sieht die Revision eine Auskunftspflicht für Behörden und öffentliche Stellen im Einzelfall vor. Auch gewerbliche Transporteure wie Taxis oder Fluggesellschaften müssten dem NDB neu Auskünfte erteilen. Diese Punkte seien in der früheren Vernehmlassung nicht bestritten gewesen, sagte Maurer.

 Suche nach Mehrheiten

 Ferner geht es um Regelungen, die an Spionagefilme erinnern: So soll der Nachrichtendienst Agenten, die sich etwa in extremistischem Milieu bewegen, mit Tarnidentitäten ausstatten können. Geregelt wird auch die Bewaffnung von rund 10 Prozent der Beamten oder die finanzielle Entschädigung von Informanten. Schliesslich sollen bestimmte Tätigkeiten wie Geldsammlungen für ausländische Terrororganisationen verboten werden können.

 Anhand der Mini-Revision will Maurer im Parlament ausloten, wie eine mehrheitsfähige Regelung der präventiven Überwachung aussehen könnte. Das Thema sei politisch heikel, weshalb er sorgfältig vorgehen wolle. Im Vergleich zu ausländischen Nachrichtendiensten seien die Möglichkeiten des NDB klein, da Verdächtige nur im öffentlichen Raum beobachtet werden könnten, sagte Maurer. In der Abwägung zwischen Freiheitsrechten und Sicherheit wisse er noch nicht, "wo wir landen werden".

--

Staatsschutz in der Pflicht

 Bundesrat vertagt Grundsatzdebatte

 nn. · Ueli Maurers Zusatzbotschaft zur Revision des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) ist alles andere als ein grosser Wurf. Die politisch heiklen Punkte werden ausgespart. Wie weit der Staatsschutz präventiv in die Privatsphäre der Bürger eindringen und Privaträume, Telefone oder Computer überwachen darf, wird in zwei Jahren nicht leichter zu beantworten sein als heute. Wenn der Bundesrat 18 Monate nach dem Scheitern der BWIS-Revision im Parlament nicht in der Lage ist, die Marschrichtung aufzuzeigen, ist dies wenig glaubwürdig. Denn sind die präventivpolizeilichen Instrumente für die Wahrung der Sicherheit tatsächlich so elementar, wie der Nachrichtendienst beteuert, dann würde deren Einführung eigentlich keinen Aufschub dulden.

 Immerhin: Der Bundesrat will die nötige Grundsatzdebatte nun anstossen. Der Wunsch des Nachrichtendienstes nach mehr Befugnissen ist dabei nicht a priori abzulehnen. Ist der freiheitlich-demokratische Staat in seiner Existenz bedroht, können punktuelle Eingriffe in Grundrechte angezeigt sein, um der Gesamtbevölkerung die Ausübung ihrer Grundrechte weiter zu ermöglichen.

 Zunächst ist nun aber der Nachrichtendienst gefordert: Er muss beweisen, dass er sich bei der Sammlung und Bearbeitung von Personendaten tatsächlich jene neue Zurückhaltung auferlegt, die er auf die Kritik der Geschäftsprüfungsdelegation hin versprochen hat. Auch das vom Bundesrat vorgeschlagene Auskunftsrecht für potenziell Fichierte bringt erfreuliche rechtsstaatliche Verbesserungen, die das Vertrauen in den Staatsschutz stärken würden.

 Im Hinblick auf ein neues Nachrichtendienstgesetz haben Bundesrat und Nachrichtendienst anhand einer nüchternen Bedrohungsanalyse die Anforderungen an den Staatsschutz und die Notwendigkeit präventivpolizeilicher Instrumente darzulegen. Ein neues Gesetz müsste restriktiv und präzise umschreiben, wann eine Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit vorliegt, die schwere Eingriffe in persönliche Freiheiten rechtfertigt. Nicht jeder, der politisch oder religiös radikale Haltungen vertritt, gefährdet den Staat in seiner Existenz.

 In der Güterabwägung zwischen Freiheit und Sicherheit ist die Freiheit hoch zu gewichten. Für die direktdemokratische Schweiz, die sich gerne auf das Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und Staat beruft, können durchaus andere Massstäbe gelten als anderswo.

---

Basler Zeitung 28.10.10

Wer nicht fichiert ist, darfs nun wissen

 Der Bundesrat will ein direktes Auskunftsrecht im Staatsschutzgesetz verankern

 Ruedi Studer, Bern

 Künftig soll Gesuchstellern eine Auskunft nur verweigert werden, wenn Geheimhaltungsinteressen des Staatsschutzes dagegen sprechen. Ob der Bundesrat im Parlament damit durchdringt, ist aber offen.

 Die Aufdeckung der Basler Fichenaffäre vor zwei Jahren trägt Früchte. Nachdem der Staatsschutz selbst bereits Korrekturmassnahmen vorgenommen hat, unternimmt nun auch der Bundesrat einen weiteren Schritt Richtung mehr Transparenz: Mit der Revision des Staatsschutzgesetzes (siehe Text unten) will er auch das Auskunftsrecht neu regeln. Und zwar nach den Grundsätzen des Datenschutzgesetzes. Demnach kann jede Person Auskunft verlangen, ob und weshalb sie fichiert ist - und soll diese Informationen grundsätzlich auch erhalten. Nur wenn der Staatsschutz überwiegende Geheimhaltungsinteressen geltend machen kann, darf er die Auskunft verweigern.

 Gegenüber heute wäre das ein Paradigmenwechsel. Denn das Auskunftsrecht ist derzeit sehr restriktiv geregelt: Auf Gesuch hin kann einzig der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Einsicht in eine allfällige Akte nehmen und bei einer unrechtmässigen Datenbearbeitung Korrekturmassnahmen einleiten. Doch eine direkte Auskunft, ob überhaupt eine Fiche über einen existiert und was diese beinhaltet, erhält man nur in begründeten Ausnahmefällen. Die meisten Gesuchsteller werden in der Praxis mit einem nichtssagenden Standardbrief abgespeist.

 Mit der neuen Regelung hingegen würde die Begründungspflicht quasi umgekehrt: Nicht mehr der Gesuchsteller muss erklären, warum er ausnahmsweise Einsicht erhalten soll, sondern der Staatsschutz müsste begründen, weshalb er die Auskunft verweigert.

Optimale Lösung

Dies ist ganz im Sinne des Datenschützers: "Wir haben die heutige Regelung immer als unpraktikabel kritisiert", erklärt dessen Sprecherin Eliane Schmid. Die Pläne des Bundesrats seien daher zu begrüssen: "Eine aus unserer Sicht optimale Lösung."

  "Positiv überrascht" zeigt sich der Präsident der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) der eidgenössischen Räte, der Baselbieter SP-Ständerat Claude Janiak. Denn der Bundesrat geht mit seinem Vorschlag einen Schritt über das hinaus, was die GPDel in ihrem kritischen Staatsschutzbericht angeregt hatte. Die Delegation hatte empfohlen, das Auskunftsrecht analog dem Gesetz über die polizeilichen Informationssysteme zu regeln. So sollte für die Staatsschutzdatenbank gelten, was heute für die Datenbanken über Bundesdelikte gilt.

 Bei diesen erhält ein Registrierter zwar sofort Auskunft, sofern keine Strafverfolgungsinteressen dagegen sprechen; doch für nicht Registrierte wird die Auskunftserteilung aufgeschoben: Erst nach drei Jahren wird ihnen mitgeteilt, dass sie nicht verzeichnet sind. "Gegenüber heute wäre das zwar ebenfalls eine Verbesserung", sagt Schmid dazu, aber: "Die Frist ist zu lang; damit werden ausgerechnet die nicht Registrierten unverhältnismässig lange im Ungewissen gelassen."

Diskussionsstoff

Es ist gut möglich, dass dieses Modell auch beim Staatsschutz noch zum Zug kommen könnte. Im Parlament dürfte die Ausgestaltung des Auskunftsrechts nämlich noch für Diskussionsstoff sorgen, wie auch SVP-Bundesrat Ueli Maurer vermutet. Denn erst im Frühling hat der Nationalrat mit 95 zu 64 Stimmen eine Motion der Baselbieter SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer abgelehnt, welche das nun vom Bundesrat geplante Auskunftsrecht forderte. Schon damals hatte sich der Bundesrat - vertreten durch Eveline Widmer-Schlumpf - für die Motion ausgesprochen. Der Vorstoss scheiterte am geschlossenen Nein der SVP.

 Nun will Maurer einen neuen Anlauf für ein liberaleres Auskunftsrecht wagen. Man müsse immer wieder eine Güterabwägung zwischen individuellen Freiheitsrechten und deren Einschränkungen vornehmen, sagt er. Und meint, die GPDel-Kritik im Hinterkopf: "Der Druck für eine Änderung ist gross."

 Leutenegger Oberholzer schöpft daher wieder Hoffnung, dass sich ihr Vorschlag doch noch durchsetzen könnte. Da das Geschäft nun durch Maurer vertreten werde, seien die Chance dafür gross. "Und es kann nicht im Interesse der SVP sein, dass normale Bürger fichiert werden, das widerspricht dem Schutz der Privatsphäre." Der Zürcher SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli hingegen, der den Leutenegger-Vorstoss bekämpft hatte, sagt weiterhin: "Es braucht gar keine Änderung."

--

 Vorläufig kein Ausbau der präventiven Überwachung

 Mini-Revision. Der Bundesrat hat gestern die Botschaft zu einer Mini-Revision des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit verabschiedet. Es handelt sich um eine überarbeitete Version jenes Gesetzesentwurfs, den das Parlament an den Bundesrat zurückgewiesen hatte. Neu geregelt wird das Auskunftsrecht (siehe Text oben). Geregelt werden im Gesetz auch die Bewaffnung von Mitarbeitenden des Nachrichtendienstes, die Entschädigung von Informanten und die Verleihung von Tarnidentitäten. Dabei wird laut Verteidigungsminister Ueli Maurer die bereits heute gängige Praxis gesetzlich verankert. Es gehe mitnichten um eine "flächendeckende Bewaffnung", sondern darum, rund zehn Prozent der Mitarbeitenden mit Waffen ausrüsten zu können. Die mit der Informationsbeschaffung beauftragten Mitarbeiter bewegten sich teilweise in einem schwerst kriminellen Milieu. Tarnidentitäten sind unter anderem bei gewalttätigem Extremismus erlaubt. Will der Nachrichtendienst Mitarbeiter oder Informanten mit solchen Identitäten ausstatten, muss er dies von Maurer genehmigen lassen. Der Ausbau der präventiven Überwachung ist damit allerdings noch nicht vom Tisch: 2012 will der Bundesrat ein umfassendes Nachrichtendienstgesetz vorlegen.  SDA

---

Südostschweiz 28.10.10

Noch gibts keine Lizenz zum "grossen Lauschangriff"

 In zwei Jahren will der Bundesrat darüber entscheiden, ob der Nachrichtendienst zur Informationsbeschaffung auch umstrittene Methoden anwenden darf. Bereits beschlossen hat er weniger heikle Neue- rungen.

 Bern. - Eigentlich wollte der Bundesrat mehr: Nach seinem Willen sollte der Geheimdienst präventiv Telefone, Computer oder Hotelzimmer überwachen dürfen. Dem Parlament ging dies jedoch zu weit. Im Frühjahr 2009 wies es die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen an den Bundesrat zurück. Gestern nun hat der Bunderat die Botschaft zu einer Mini-Revision des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) verabschiedet, die auf die umstrittenen Neuerungen verzichtet. Es handle sich um einen Zwischenschritt, sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer vor den Medien.

 Auskunftsrecht mit Einschränkung

 Bei der aktuellen BWIS-Revision geht es laut dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) mehrheitlich um die Aktualisierung von Regeln, die sich auf Verordnungsstufe bewährt haben. Neu geregelt wird etwa das Auskunftsrecht, das bis anhin nicht direkt besteht. Interessierte können lediglich vom Datenschützer prüfen lassen, ob der Staatsschutz unrechtmässig Daten über sie bearbeitet. Wer in Zukunft erfahren will, ob er fichiert wird, soll Auskunft darüber verlangen können. Die Wahrheit erfährt er oder sie allerdings nur, wenn aus Sicht des Nachrichtendienstes nichts dagegen spricht. Der Nachrichtendienst kann die Auskunft aus Gründen des Staatsschutzes verweigern, einschränken oder aufschieben - und rechnet daher auch nicht damit, dass die Änderung eine Flut von Auskunftsgesuchen auslöst.

 Waffen und Tarnidentitäten

 Geregelt werden im Gesetz auch die Bewaffnung von Mitarbeitenden des Nachrichtendienstes, die Entschädigung von Informanten und die Verleihung von Tarnidentitäten. Es gehe dabei mitnichten um eine "flächendeckende Bewaffnung", sondern darum, rund zehn Prozent der Mitarbeitenden mit Waffen ausrüsten zu können, heisst es in der Botschaft. Die mit der Informationsbeschaffung beauftragten Mitarbeiter bewegten sich teilweise in einem schwerstkriminellen Milieu. Tarnidentitäten sind neu unter anderem bei gewalttätigem Extremismus erlaubt. Will der Nachrichtendienst Mitarbeiter oder Informanten mit solchen Identitäten ausstatten, muss er dies vom VBS-Chef genehmigen lassen.

 Künftig kann der Nachrichtendienst auch von Fluggesellschaften oder Taxiunternehmen Auskunft verlangen, etwa über Passagierlisten. Auf Basis des revidierten Gesetzes soll der Bundesrat ausserdem Tätigkeiten verbieten können, die dazu dienen, "terroristische oder gewalttätig-extremistische Umtriebe zu unterstützen" - zum Beispiel Geldsammlungen für ausländische Terrororganisationen.

  "Lauschangriff" ist nicht vom Tisch

 Der Ausbau der präventiven Überwachung - der sogenannte "Lauschangriff" - ist mit der gestern präsentierten Botschaft allerdings noch nicht vom Tisch: 2012 will der Bundesrat ein umfassendes Nachrichtendienstgesetz vorlegen. Bis dahin will er ausloten, was mehrheitsfähig ist - was der Nachrichtendienst also künftig dürfen soll. Das Thema sei "derart heikel", dass es sich lohne, sorgfältig vorzugehen, sagte Maurer. Der Nachrichtendienst wünsche sich stets mehr Mittel, während in der Politik die Stimmung wechsle. "Je nach Lage hat das Thema Konjunktur auf die eine oder andere Seite", sagte Maurer. Im Einzelfall - wenn also etwas passiert - werde auch in der Politik der Ruf nach mehr Überwachung laut.

  "Ich weiss noch nicht, wo wir landen", gab Maurer denn auch ohne Umschweife zu. Nach seiner Einschätzung sei die Bereitschaft in der Politik aber in letzter Zeit gewachsen. Es gehe auch darum, mit dem Ausland mitzuhalten. Im Vergleich zu ausländischen Nachrichtendiensten, die "fast alles" dürften, habe der Schweizer Nachrichtendienst nämlich wenig Möglichkeiten. Er dürfe nicht einmal Hotelzimmer verwanzen. (sda)

---

grundrechte.ch 27.10.10

BWIS II "light"

27. Oktober 2010

Zusatzbotschaft und Entwurf für die Änderung des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit

Der Bundesrat hat am 27. Oktober 2010 die Botschaft zu einer Teilrevision des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) verabschiedet. Es handelt sich um eine überarbeitete Version des Gesetzesentwurfs, der im Frühjahr 2009 von den Eidg. Räten an den Bundesrat zurückgewiesen worden war.

Nach der Rückweisung der ursprünglichen BWIS II-Vorlage durch die Eidgenössischen Räte im Frühjahr 2009 wurde diese überarbeitet. Insbesondere wurde auf die in der ursprünglichen Botschaft enthaltenen besonderen Mittel der Informationsbeschaffung verzichtet. Die Notwendigkeit solcher Massnahmen soll im Rahmen des zukünftigen, gesamtheitlichen Nachrichtendienstgesetzes nochmals geprüft werden. Die Botschaft zu diesem Gesetz soll spätestens Ende 2012 vorliegen.

Direktes Einsichtsrecht

Einwohner sollen neu direkt Einsicht in Staatsschutzakten nehmen können. Die Artikel 8 und 9 des Datenschutzgesetzes kommen zur Anwendung. Die Auskunft kann verweigert werden, wenn dies wegen überwiegender öffentlicher Interessen, insbesondere der inneren oder äusseren Sicherheit der Eidgenossenschaft, erforderlich ist.

Spitzel und andere Kröten

Nicht akezptabel ist für grundrechte.ch die vorgesehene Verrechtlichung von Tarnidentitäten. Praktisch bedeutet dies, dass die Zuhilfenahme und Entlöhnung privater Spitzel insgesamt als rechtlich unbedenklich gelten soll und dies im weiten Vorfeld einer möglichen Straftat, also ohne eigentlichen Straftatverdacht.

Viel zu weit geht ferner die vorgesehene gesetzliche Auskunfts-Verpflichung von Transportunternehmungen oder Institutionen, die im öffentlichen Auftrag arbeiten, wozu auch Schulen, Universitäten, Spitäler etc. gehören.

grundrechte.ch hat bereits bei der Vernehmlassung zum BWIS II die Möglichkeit des Verbots von Organisationen und deren Tätigkeiten kritisiert und fordert das Parlament auf, diese vorgesehene Regelung ersatzlos zu streichen.

* Zusatzbotschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit ("BWIS II reduziert")
http://grundrechte.ch/2010/20987.pdf
* Änderung Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (Provisorische Fassung)
http://grundrechte.ch/2010/20988.pdf
* Medienmitteilung grundrechte.ch vom 27. Oktober 2010
http://grundrechte.ch/2010/Medienmitteilung+Zzusatzbotschaft+BWIS.pdf
* Basler Zeitung vom 28. Oktober 2010
http://grundrechte.ch/2010/BaZ_27102010.pdf

siehe auch

* 200 000 neue Fichen
http://grundrechte.ch/2010/aktuell30062010.shtml

-----------------------------------
BIG BROTHER SPORT
-----------------------------------

Freiburger Nachrichten 30.10.10

Freiburger Polizist kassiert schweizweit Stadionverbot

 Während eines Play-off-Spiels Gottéron - Servette bespuckte ein Polizist Spieler und Personal von Servette. Dafür hat er ein Jahr Stadionverbot erhalten.

 Pierre-Andre Sieber/La liberté

 Freiburg Die Kantonspolizei Freiburg und der Sicherheitsdienst des HC Freiburg-Gottéron gehen bei Sportanlässen nach der Null-Toleranz-Maxime vor. Und das mit Erfolg. Weil dies ein Polizist der Kriminalpolizei vergessen hat, kassierte er ein Stadionverbot, das in der gesamten Schweiz gültig ist. Nach Pierre Nidegger, Kommandant der Kantonspolizei Freiburg, wurde der fehlbare Polizist zudem in der sogenannten Hooligan-Datenbank, Hoogan, eingetragen.

 Was ist geschehen? Der Vorfall ereignete sich bereits im März. Während eines Play-off-Spiels Gottéron - Servette rastete der Kriminalpolizist, der das Spiel privat besuchte, aus. Am Ende des Matchs bespuckte er sowohl Spieler als auch technisches Personal von Servette.

 Allerdings wurde der Polizist dabei vom Sicherheitsdienst des damals noch St. Leonhard genannten Stadions (heute FKB-Arena) gesehen. Zusätzlich erfassten ihn die Videokameras während der Tat. Als der Sicherheitsdienst jedoch versuchte, den Mann festzunehmen, versuchte er zu fliehen, allerdings erfolglos, wie Polizeikommandant Pierre Nidegger bestätigt.

 Danach nahm der Sicherheitsdienst die Identität des Mannes auf, erst mal ohne zu wissen, dass es sich dabei um einen Polizisten handelte. "Das haben wir erst danach erfahren", sagt Jacques Sottas, Verantwortlicher des Sicherheitsdienstes von Gottéron. Dadurch ändere sich aber nichts. "Er hat eine Tat begangen, die sanktioniert werden muss", erklärt Sottas. Man sei vorgegangen wie bei jedem Normalsterblichen.

 Durchgegriffen hat auch Polizeikommandant Nydegger: Der Polizist hat nach einer Administrativuntersuchung eine Verwarnung erhalten. Eine zweite könnte für den Polizisten die Kündigung bedeuten. bearbeitet von hw/FN

---

La Liberté 30.10.10

Un policier interdit de patinoire

 incivilité - Lors d'un match de play-off contre Genève-Servette, un agent de la Sûreté, qui y assistait à titre privé, a craché sur les joueurs et le staff des Aigles.

Pierre-André Sieber

 Un hooligan averti en vaut deux. A la patinoire de Saint-Léonard, la Police cantonale fribourgeoise et le service de sécurité du HC Fribourg-Gottéron pratiquent la "tolérance zéro". Avec efficacité. Pour l'avoir oublié, un agent de la Police de sûreté (!) "purge" actuellement un an d'interdiction de patinoire. Une exclusion valable dans toute la Suisse. Selon Pierre Nidegger, commandant de la Police cantonale fribourgeoise, l'agent en infraction a été inscrit dans la banque de données Hoogan - qui répertorie toutes les données relatives aux personnes qui ont fait preuve d'un comportement violent lors de manifestations sportives organisées en Suisse ou à l'étranger. Le voilà donc fan "non grata" de la patinoire des Vernets à Genève, à celle de la Valascia à Ambri. Du jamais-vu en 15 ans à la police cantonale.

 Mais qu'a-t-il donc fait pour écoper de cette sanction administrative infligée par les responsables du HC Fribourg-Gottéron comme le prévoit la réglementation antihooligan? L'incident remonte à mars dernier, alors que la patinoire BCF Arena s'appelait encore Saint-Léonard, lors des play-off disputés à couteaux (de patins) tirés entre le HC Gottéron et Genève-Servette. Selon nos sources, fort énervé par la victoire des Aigles, l'agent qui assistait à titre privé à la rencontre a "pété un plomb". A la fin du match, il s'est mis à cracher sur les joueurs et le personnel technique du Genève-Servette HC.

 Filmé par vidéo

 Repéré visuellement par le personnel de surveillance puis par la vidéo de surveillance, le fauteur de troubles a été très vite localisé. Mais au moment où le personnel du HC Fribourg-Gottéron a tenté de l'intercepter, il a essayé de le semer, comme le précise Pierre Nidegger.

 En vain. Le service d'ordre a alors enregistré l'identité de l'interpellé sans savoir qu'il s'agissait d'un policier. "Nous ne l'avons appris qu'après", confirme Jacques Sottas, responsable de la sécurité du HC Fribourg-Gottéron, fier de l'efficacité de ses troupes. "Un adjoint a même attiré l'attention là-dessus après l'interpellation. Mais ça ne change rien. Il a commis un acte qui devait être sanctionné."

 Et voilà le policier figurant parmi les 1006 personnes indésirables dans les patinoires de Suisse, dont une vingtaine à Fribourg. Dans cette identification, la vidéo a joué un rôle déterminant. "Il n'a pas contesté", confirme-t-on du côté du HC Fribourg-Gottéron. "Il a simplement dit qu'il avait pété les plombs. ça peut arriver à tout le monde mais qu'est-ce qui se passerait si tout le monde se mettait à cracher sur l'adversaire à chaque défaite? Un policier, ce n'est tout de même pas n'importe qui!"

 Copie à la police

 Dans pareil cas, le rapport d'intervention remonte jusqu'au responsable de la sécurité du club, en l'occurrence Jacques Sottas. C'est lui qui prononce la sanction d'interdiction de patinoire. "Des copies de la décision sont transmises à la Ligue nationale de hockey sur glace ainsi qu'à la police cantonale", ajoute Jacques Sottas. "Dans le cas de ce policier, nous avons agi comme pour le commun des mortels."

 Du côté de Gottéron, on fait remarquer que même un avocat suisse figure sur la liste Hoogan et qu'il peut toujours exercer. Mais ce qui serait passé inaperçu dans une autre profession ne l'a pas été pour le policier fribourgeois.

 Le commandant a sévi

 Son patron, le commandant de la police cantonale, a ouvert une enquête administrative qui a débouché sur un avertissement. Le commandant ne peut en effet pas accepter qu'un de ses hommes pratique ce que la police essaie d'éradiquer chez les supporters. "L'avertissement n'est pas une sanction mineure: il précède le renvoi", souligne Pierre Nidegger. "C'est une mesure administrative équivalant à un carton jaune sur un terrain de foot. Deux jaunes et ce peut être l'expulsion."

 La métaphore est claire et bien choisie. Et ce d'autant plus que, depuis le mois de juillet, celui qui sera interdit des terrains de foot le sera aussi pour les patinoires et vice versa. Pierre Nidegger n'est pas étranger à cette décision prise par la Conférence des commandants de polices cantonales de Suisse (CCPCS) qu'il préside durant l'année 2010. L'agent de la Sûreté fribourgeoise a eu chaud: la mesure n'est pas rétroactive. Il lui reste donc les matches de foot pour se distraire et bien se conduire. Quant au Genève-Servette HC, qui affronte demain le HC Gottéron, il n'a plus à redouter le policier cracheur. I

--

Finie, la rigolade

 Ce n'est pas le policier fribourgeois qui va dire le contraire: ça ne rigole plus dans les patinoires et dans les stades. Plus question de faire une fondue dans les gradins avant le match, comme c'était le cas à la patinoire des Augustins il y a 30 ans! Dans l'échelle des sanctions, l'interdiction locale de patinoire/stade ou étendue à toute la Suisse - dont la durée peut être de deux ans - sont des mesures sévères. Mais il y a plus contraignant.

 Un hooligan particulièrement agressif peut se voir "interdire de périmètre", une sanction prononcée par la Police cantonale. Elle repose sur la Loi fédérale instituant des mesures visant au maintien de la sûreté intérieure (LMSI). S'il est sous le coup de cette mesure, le perturbateur - plusieurs heures avant et plusieurs heures après le match - ne peut par exemple pas emprunter un parcours allant de la gare de Fribourg à la patinoire.

 C'est la Police cantonale également qui décide si un perturbateur doit être inscrit sur la banque de données Hoogan dont la surveillance est assurée par la Police fédérale (Fedpol). Werner Augsburger, directeur de la Ligue nationale de hockey sur glace, salue l'efficacité de ces mesures qui responsabilisent les clubs. "Si une amende est infligée à un club pour un acte de hooliganisme, comme un jet d'objet, il a intérêt à trouver le ou les responsables pour se retourner contre eux", commente-t-il. "En raison des coûts de procédure à supporter, les frais peuvent être élevés. Un cas en Suisse alémanique à la suite d'un jet de pétard a débouché sur une facture de 135 000 francs uniquement pour les frais juridiques." PAS

----------------------------------
STRASSENMUSIK LU
----------------------------------

20 Minuten 28.10.10

Strassenmusik: SP kämpft für Luzerns Lokalmatadoren

 LUZERN. Mit einem neuen Reglement will die Stadt Strassenmusik faktisch verbieten. Jetzt wehrt sich die SP/Juso zusammen mit dem Luzerner Musiker Sam Pirelli.

 Heute beschliesst der Luzerner Grossstadtrat ein neues Reglement zur Strassenmusik. Künftig sollen Musiker nur noch viermal pro Monat in den Strasse auftreten dürfen - und Grossveranstaltungen gänzlich fernbleiben. Die Stadt reagiert damit auf einen SVP-Vorstoss, der das Ziel hatte, osteuropäische Bettler zu vertreiben.

 Sam Pirelli, der selber eineinhalb Jahre auf Luzerns Strassen spielte, ist mit den Anpassungen überhaupt nicht einverstanden: "Das Reglement zielt auf Bettler ab, bestraft aber Profimusiker, die sich einen Zustupf verdienen wollen." Zudem sei die Stadt am Abend ohnehin schon "klinisch tot". Auch dass sie bei Grossveranstaltungen fernbleiben sollen, sei Unsinn. Pirelli: "An Anlässen wie dem Blue Balls herrscht sowieso überall Lärm."

 Unterstützung erhalten die Strassenmusiker jetzt von der SP: "Als Bewohner der Stadt haben sie ein Recht, ihrer Beschäftigung nachzugehen", findet SP-Grossstadtrat David Roth. Er wird deshalb zwei Anträge einreichen, um die Regelungen zugunsten der Luzerner Musiker anzupassen.

Markus Fehlmann/Matthias Giordano

-------------------
SQUAT FR
------------------

Indymedia 29.10.10

Neuer Squat in Fribourg ::

AutorIn : manta bonana         

Nach den beiden Besetzungen in der Route neuve 1 und der Rue de l'industrie 24/26, besetzen wir nun den leerstehenden Flügel des espace Boxal am Passage de Cardinal 2.     

Aller guten Dinge sind drei

Nach den beiden Besetzungen in der Route neuve 1 und der Rue de l'industrie 24/26, besetzen wir nun den leerstehenden Flügel des espace Boxal am Passage de Cardinal 2.
Zur Erinnerung: Wir wollen einen Raum für Diskussionen, Filme, Kunst, Konzerte und Vorführungen einrichten, eine Bibliothek mit einem Info- und Gratisladen, eine Volksküche, einen Gemeinschaftsgarten und viele weitere Projekte ins Rollen bringen.
Wir bleiben im espace Boxal bis mit einem konkreten Projekt begonnen wird, was bekanntlich eine Sanierung der Parzelle durch die Refonda AG und den anschliessenden Bau eines Wohnkomplexes samt 50-Meter-Schwimmbecken und Wellnessbereich bedeutet.
Der espace Boxal gehört zu den Immobilien wie der Commanderie und der Vannerie, die im Zuge der Gentrifizierung Fribourgs den Kulturschaffenden ersatzlos gestrichen wurden.
In einem Monat haben wir nun drei Häuser besetzt. Die starke Repression hat unseren Willen nur gestärkt. Was wir anstreben ist kein Traum, es ist ein mögliches Ideal - Aufgeben können wir nicht.
Räumungen, Verhaftungen, Einschüchterungen - wir bleiben!

Danke an alle die uns unterstützt haben!

Kollektiv Raie Manta
raiemanta@riseup.net
http://manta.ch.gg

---

Freiburger Nachrichten 29.10.10

Raie-Manta hat schon wieder ein Gebäude besetzt

 Freiburg Zum dritten Mal innerhalb eines Monats haben junge Aktivisten, die sich Kollektiv Raie-Manta nennen, ein Gebäude in Freiburg besetzt. Der Büroturm des Espace Boxal, vis-à-vis der Cardinal-Brauerei, ist seit Donnerstag in den Händen der Besetzer. Ziel ist es, ein kulturelles und soziales Zentrum zu errichten. Die Besetzer wollen von ihrem "Ideal" nicht abrücken und sagen, dass die "bisherige Repression" sie nur stärker gemacht habe. Kontakt mit den Behörden hat es bis Donnerstagabend keinen gegeben. pj

 Bericht Seite 6

--

Raie-Manta schlägt erneut zu: Jetzt ist der Espace Boxal besetzt

  "Aller guten Dinge sind drei", meint das Kollektiv Raie-Manta und hat am Donnerstag einen freistehenden Teil des Espace Boxal besetzt.

 Pascal Jäggi

 Freiburg So leicht geben sie nicht auf: Die Mitglieder des Kollektivs Raie-Manta haben bereits zum dritten Mal innerhalb eines Monats ein Gebäude in der Stadt Freiburg besetzt (siehe Kasten). Seit Donnerstag dient der Büroturm des Espace Boxal als Ort, wo Wünsche und Vorstellungen der Besetzer umgesetzt werden sollen. Laut einem Communiqué sind die Besetzer daran, ihr "Ideal" umzusetzen. Genauer: "Wir wollen einen Raum für Diskussionen, Filme, Kunst, Konzerte und Vorführungen einrichten, eine Bibliothek mit einem Infoladen, eine Volksküche, einen Gemeinschaftsgarten und weitere Projekte umsetzen."

 Der grösstenteils leere Espace Boxal sei ideal dafür, sagt ein Sprecher des Kollektivs gegenüber den FN. "Es ist hier weder unhygienisch noch baufällig." Im Gegenteil, der Strom läuft, die Besetzer sagen, für sie seien die Räume komfortabel. Gerade für den Winter würde sich das Gebäude des "To Bee Squat" (in Anlehnung an die frühere Disco To See am selben Ort) sehr gut eignen, meint der Sprecher.

 Neben den weitgehend leeren Büroräumen befinden sich im Keller auch Bandräume. Es ist ein weiteres Ziel des Kollektivs, solche zu finden. Tatsächlich sind viele Bands auf der Suche nach Probelokalen. Nicht zuletzt hat Neo-Chorleiter Gustav in den FN auf seine eigene Suche aufmerksam gemacht. Die Besetzer sind zuversichtlich und haben bereits ein ganzes Wochenendprogramm geplant. Mit der Polizei habe es bisher noch keinen Kontakt gegeben, sagten die Besetzer gestern Abend.

 Abbruch blockiert

 Für den Espace Boxal existiert ein Bauprojekt mit Wohnungen und Geschäften (ein ursprünglich geplantes 50-Meter-Schwimmbecken wird wohl nicht kommen). Momentan ist der Abbruch aber sistiert. Drei Private und eine Firma haben gegen den Schliessungsentscheid von Oberamtmann Carl-Alex Ridoré Rekurs eingelegt. Das Kantonsgericht hat über die vor einem Jahr eingereichten Rekurse noch nicht entschieden. Mehrere Mieter haben ihre Räumlichkeiten bisher noch nicht verlassen.

--

 Chronologie

 Drei Besetzungen in einem Monat

 Industriegasse, Neustrasse, Espace Boxal. Diese Stationen hat das Besetzerkollektiv Raie-Manta in einem Monat in der Stadt Freiburg durchlaufen. Im September waren die geschützten Arbeiterhäuser an der Industriegasse 22 und 24 das Ziel, sechs Tage nach dem Start der Besetzung verliess das Kollektiv die Häuser freiwillig. Am 12. Oktober verlief alles etwas heftiger. Nachdem das Haus an der Neustrasse 1 besetzt worden war, liessen die Aktivisten ein Ultimatum von Oberamtmann Carl-Alex Ridoré verstreichen. Am Morgen verschaffte sich die Polizei Zutritt, für die Besetzer endete der Tag auf dem Polizeiposten. pj

---

La Liberté 29.10.10

Raie Manta, un groupe de jeunes qui aiment jouer à police et squatteurs

 Fribourg - Le collectif Raie Manta occupe à nouveau un immeuble vide. Mais qui se cache derrière ce groupe mystérieux? Et quel est le but de ces squats? Interview.

 Nicolas Maradan

 Jamais deux sans trois. Après avoir occupé un immeuble à la rue de l'Industrie à la fin du mois de septembre et un autre à la Route-Neuve à la mi-octobre, le collectif Raie Manta a remis ça en s'installant mercredi soir dans les locaux d'Espace Boxal, inoccupés ou presque, au passage du Cardinal à Fribourg. Mais qui sont exactement ces jeunes squatteurs qui jouent au chat et à la souris avec le préfet et la police? Hier matin, Cynthia, Félix, Johnny et Ludivine* ont accueilli "La Liberté" dans leur nouvelle demeure.

 Le collectif Raie Manta, c'est quoi?

 Johnny: Un groupe d'une quinzaine de jeunes entre vingt et trente ans. On se connaissait tous depuis longtemps, mais le collectif en tant que tel est né lors de notre première occupation, à la fin septembre. A ce moment-là, on s'est choisi un nom pour être reconnus à l'extérieur.

 Que veut dire ce nom?

 Félix: Cela vient du fait que la raie manta est un animal imposant, que l'on surnomme le "diable des mers", mais qui en fait est totalement pacifique.

 Quel est le profil des membres?

 Johnny: Des étudiants à l'université ou à l'école d'ingénieurs, d'autres travaillent et d'autres qui ne font ni l'un, ni l'autre. Certains de nos membres sont enseignant, dessinateur en génie civil ou charpentier.

 Quand on parle de squatteurs, on pense tout de suite à des gens qui n'ont pas de domicile. Est-ce votre cas?

 Ludivine: Là encore, il y a de tout. Certains ont un appartement ou vivent en colocation, d'autres habitent chez leurs parents et certains n'ont pas de domicile fixe.

 Etes-vous politisés?

 Cynthia: Faire un squat est un acte politisé en soi.

 Félix: Ce n'est pas de la politique institutionnelle. Nous ne sommes pas affiliés à un parti. Nous voulons juste défendre nos idées.

 C'est la troisième fois que vous occupez un bâtiment à Fribourg. Quel est le but de ces actions?

 Johnny: D'un côté, il y a beaucoup de bâtiments vides à Fribourg. De l'autre, il y a des groupes comme le nôtre qui veulent créer quelque chose et qui manquent de locaux. Nous voulons utiliser ces espaces inoccupés pour développer des projets sociaux et culturels tout en s'engageant à quitter les lieux dès que des travaux concrets seront entamés. Laisser des bâtiment inoccupés juste pour faire de la spéculation n'a aucun sens.

 Vous dites qu'il y a beaucoup d'immeu- bles vides à Fribourg. Combien et où sont-ils?

 Cynthia: On ne peut pas vous dire où ils sont exactement sans se griller...

 Johnny: Nous avions fait une liste d'immeubles. Nous en avions alors compté sept et d'autres sont entre-temps venus s'ajouter à la liste. A la base, Boxal n'y figurait même pas.

 Que ferez-vous si vous recevez l'autorisation de rester à Espace Boxal?

 Cynthia: Pour commencer, on va s'installer un peu mieux que simplement en posant des sacs de couchage par terre. Et, dans les prochains jours, nous avons prévu d'organiser des concerts gratuits ou des jam-sessions où chacun peut apporter son instrument et venir jouer. Ensuite, nous monterons des projets plus importants, comme des repas populaires, un magasin gratuit, un atelier de sérigraphie ou encore une crèche. On a mille projets.

 *Prénoms d'emprunt.

  "On veut faire nos preuves"

 Votre but lors des actions précédentes était de créer le dialogue. Y a-t-il eu des contacts avec les autorités depuis l'occupation de l'immeuble de la Route-Neuve?

 Cynthia: Le dialogue avec les autorités, on n'en veut pas. En revanche, beaucoup de gens nous ont exprimé leur soutien. On a eu beaucoup d'échos positifs.

 Mais le préfet de la Sarine, Carl-Alex Ridoré, s'était dit ouvert à la discussion concernant un lieu de culture alternative.

 Johnny: D'un côté, le préfet nous dit qu'il veut nous aider à mettre en place nos projets. De l'autre, il se mêle d'un problème qui ne le regarde pas: on rentre dans un bâtiment, on négocie avec le propriétaire et, si celui-ci n'est pas d'accord, il dépose une plainte qui ira devant le juge. Ce dernier émettera un avis d'explusion. C'est comme ça que ça se passe. Le préfet fait un excès de zèle. S'il veut nous aider, qu'il nous laisse faire nos preuves.

 Lors de la dernière occupation, vous aviez été délogés par la police. Comment cela s'était-il passé?

 Cynthia: Nous avons fait entre cinq et huit heures de garde à vue, dont une heure avec des menottes trop serrées.

 Félix: Il y a eu une grosse différence de traitement entre notre première et notre deuxième occupation. La première fois, la police nous a fait sortir. La deuxième, ils ont pris notre ADN, nos empreintes, notre photo. On a été mis à nu. Ce dispositif nous a surpris. I

-------------------
SQUAT ZH
-------------------

tagesanzeiger.ch 30.10.10

"Diese Frist gebe ich, dann ziehe ich meine Lösung durch"

Matthias Chapman

 Die Besetzer des früheren Zürcher Hotels Atlantis haben am Samstagmittag Besuch erhalten. Der Buchser Unternehmer und derzeitige Mieter Werner Hofmann will eine Lösung. Nach dem Gespräch zeigte er sich zuversichtlich.

 13:30 Uhr: Hofmann kehrt von den Verhandlungen mit den Besetzern zurück. Gut eine Stunde hätten sie gesprochen. Keiner war vermumt, das hatte er verlangt. "Das sind gute Typen", so der Unternehmer. Er sei offen für verschiedene Lösungen. Laut Hofmann wollen sich die Besetzer überlegen, ob sie das Projekt selber durchziehen wollen. Will heissen, Hofmann verlangt von ihnen den Zins, den er jetzt der Eigentümerin zahlen muss, also rund 34'000 Franken. Hinzu kämen noch Nebenkosten, also gesamthaft gut 45'000 bis 50'000 Franken. Monatlich. Allein für das Heizen der Räume seien 160'000 Liter Öl pro Jahr nötig, rechnet Hofmann vor. Schon so kämen 80'000 Franken zusammen.

 Während des Gesprächs mit Hofmann huschen immer mal wieder Smile-Vermummte über die Balkone, um gleich wieder hinter den Glastüren zu verschwinden.

 Bis Montag wollte er ihnen Frist geben, das war sein Plan. Herausgekommen ist Mittwoch 16 Uhr. "Diese Frist gebe ich, dann ziehe ich meine Lösung durch." Für einen kurzen Moment wird Hofmann, der zuvor äusserst locker wirkte, energisch. Seine Lösung heisst, die Handwerker verwandeln das Gebäude innert Monatsfrist in eine Art Studentenwohnheim. Zimmer will er erstellen, für 350 bis 400 Franken pro Monat. Schon Anfang Dezember will er fertig sein. Pinselrenovation sagt er dem. Streichen und neue Teppiche.

 Was geschieht, wenn am Mittwoch auch keine Lösung da ist? Hofmann weicht aus. Mit der Polizei will er aber nicht einfahren. "Mir reicht es schon, wenn ich einen Zettel unter der Windschutzscheibe habe."

 Dann zeigt uns Hofmann noch das Innere des Atlantis. Es ist kalt, dunkel und lädt nicht gerade zum Bleiben ein. Wir schreiten durch verschiedene Zimmer. Sie sind heruntergekommen. Steckdosen rausgerissen, Teppiche abgenutzt, die Wände verkritzelt. Zuvor wohnten hier während knapp zwei Jahren Asylanten. Von den Besetzern bekommen wir praktisch nichts zu sehen. Nur ab und zu gehen Türen, ein junger Mann in Trainerhosen quert den Gang. Sprechen will er nicht. Am Handy redet er englisch.

 12 Uhr: Ein Landrover fährt beim Atlantis vor. Werner Hofmann steigt aus, mit weiblicher Begleitung und einem Hund. Er mietet das Atlantis und will es innert kürzester Zeit zu einem Gebäude mit Studentenwohungen umfunktionieren. Nur hat er ein Problem. Seit einigen Tagen wird das Gebäude im Triemli-Quartier besetzt.

 Hofmann lässt sich allerdings dadurch nicht von seinen Plänen abbringen und sucht den direkten Kontakt. "Ich will denen in die Augen schauen und keine Vermummte sehen", sagt Hofmann. Journalisten will er beim Gespräch keine dabei haben. "Nachher hole ich Euch und zeige die Zimmer. Dann könnt Ihr Euch ein Bild davon machen: Vorher - Nachher." Nachher heisst für ihn in gut einem Monat. Er will 500'000 Franken investieren. Dann sollen Zimmer für 350 - 400 Franken bereit stehen. Für Studenten. Das ist seine Idee. "Ich gebe ihnen, was sie wollen."

 Ist Hofmann ein Wohltäter? Immerhin zahlt er 34'000 Franken Miete für die Liegenschaft, pro Monat. "Nein, ich rechne mit einer schwarzen Null." Im Hinterkopf hat er aber noch ein anderes Geschäft. Er rechne damit, dass beim späteren Umbau - geplant sind 70 Eigentumswohungen - er mit seiner Sanitärfirma Brun die ganzen Sanitäreinrichtungen bauen kann. 3,5 Millionen Franken könnte ihm der Auftrag einbringen. So seine Schätzung. Noch allerdings ist es nicht soweit.

 Dann schreitet er ins Gebäude. An der Glasfront öffnet er mit einem Schlüssel die Tür und verschwindet in den Räumen des Atlantis. Sein Ziel: "Ich will, dass die Besetzer bis am Montag ausziehen."

 Das Hotel war Ende der 1960er Jahre erbaut worden. Lange galt es als Top-Adresse in Zürich. Ende Oktober 2004 wurde es geschlossen. Von Januar 2009 bis August 2010 nutzte es die Stadt als Unterkunft für rund 200 Aslysuchende, dann stand es wieder leer. Vor einer Woche wurde es von Aktivisten besetzt. Sie erklärten, das Gebäude für öffentliche Veranstaltungen nutzen zu wollen.

 Besitzerin ist noch immer die "Neue Hotel Atlantis AG", eine Tochter der Rosebud Hotels Holding in Luxemburg. Und sie hat das ehemalige Hotel an Hofmanns Tescon T.S.C. AG aus Buchs ZH vermietet. Die Zwischennutzung soll anderthalb bis zwei Jahre dauern. In der Zwischenzeit wird das Bewilligungsverfahren für die Erstellung von Wohnungen vorangetrieben.

---

Zürichsee-Zeitung 30.10.10

Hausbesetzung Unternehmer mietet Hotel für mindestens ein Jahr

  "Atlantis" wird zu Studentenheim

 Schon lange will Werner Hofmann aus Buchs günstige Studentenwohnungen schaffen. Jetzt packt er mit dem Hotel Atlantis seine Chance.

 Dominique Marty

  "Gerne hätte ich das Hotel Atlantis für mein Vorhaben gleich gekauft", sagt Werner Hofmann aus Buchs. Der Unternehmer hat gestern einen Mietvertrag für das ehemalige Zürcher Luxushotel unterschrieben, das derzeit von Aktivisten besetzt wird. Nun will er im Hotel günstigen Wohnraum für Studenten anbieten, bis das Gebäude totalsaniert ist und darin Eigentumswohnungen gebaut werden können. "Die Besitzer wollen an ihrem Bauvorhaben festhalten", sagt Hofmann, "einer Zwischennutzung für Studenten, für die ich die Verantwortung übernehme, stimmten sie jedoch zu."

  "Ich mache das aus Idealismus"

 Hofmann besitzt in Buchs die Sanitärfirma Hans Brun AG, in der im Ja- nuar ein Mitarbeiter Amok lief. Hof-mann wurde dabei schwer verletzt. Er gilt als Pragmatiker und als Unternehmer mit sozialem Engagment, für den der Mensch mehr zählt als Noten in Zeugnissen. Seit drei Jahren ist er nun mit seinem neusten Projekt beschäftigt: Er sucht nach einer Liegenschaft, in der er günstige Zimmer für Studenten anbieten kann. "Der Bedarf dafür ist da, Ange-bote aber gibts zu wenig", sagt er, "da wollte ich als Unternehmer die Initiative ergreifen." In dieser Zeitung hat er vergangene Woche von der Besetzung des Hotels Atlantis gelesen, "und sogleich wusste ich: das ist die Chance".

 Er nahm Kontakt auf mit der Besitzergesellschaft Rosebud Héritage im waadtländischen Vich. "Für die Eigentümer löst mein Plan ein Problem, nämlich die Hausbesetzung", sagt Hofmann, "ausserdem wird so das Gebäude bis zum Umbau gut genutzt." 60 000 Franken verlangten die Besitzer monatlich; der Unternehmer handelte sie auf 33 000 Franken runter. Am Freitag unterschrieb er den Mietvertrag. "Jetzt muss ich noch 500 000 Franken investieren für eine kleine Sanierung, und dann sollen Anfang Dezember die ersten Studenten einziehen können", skizziert Hofmann seine Pläne.

 Wer zahlen will, darf bleiben

 400 Franken pro Zimmer und Monat soll die Miete betragen. Jedes verfügt über ein Badezimmer, viele auch über einen Balkon. "Gewinn mache ich damit nicht, und das will ich auch nicht", stellt der Unternehmer klar. "Ich mache das aus einer Art Idealismus und hoffe, dass dieses Projekt Schule macht."

 Der Mietvertrag ist auf ein Jahr befristet. "Das Baubewilligungsverfahren für den Totalumbau dauert aber sicher länger", schätzt der gelernte Sanitär. Er will heute Samstag mit den Hausbesetzern sprechen und sie für seine Idee gewinnen. "Die Polizei soll dabei draussen bleiben", findet er. "Ich will das friedlich lösen. Die Besetzer haben ihr Ziel erreicht: eine sinnvolle Zwischennutzung. Wenn sie im ‹Atlantis› bleiben wollen, können sie das - sie müssen künftig einfach Miete bezahlen."

---

20 Minuten 29.10.10

Atlantis-Besetzer arbeiten weiter an Nutzungskonzept

 ZÜRICH. Die Eigentümerin des besetzten Hotels Atlantis will in den kommenden Tagen einen Mieter für eine Zwischennutzung präsentieren (20 Minuten berichtete). Trotzdem arbeiten die Besetzer an ihrem Nutzungskonzept weiter, wie die "Familie Donovan" auf Anfrage mitteilt. Die Aktivisten wollen im früheren Luxushotel bereits nächste Woche erste Projekte umsetzen. "Beim Openhouse am Mittwoch sind viele Leute mit konkreten Ideen gekommen", sagt die Sprecherin der "Familie Donovan". Darunter seien zum Beispiel Off-Theater-Produktionen und Nähateliers. "Es braucht Platz dafür, das spüren wir."

---

Tagesanzeiger 28.10.10

Gestern im Gemeinderat Hotel Atlantis

 SVP fordert die Polizei zur Räumung auf

 In einer Fraktionserklärung kritisierte die SVP, dass die Polizei nichts gegen die Besetzer des Hotels Atlantis unternehme. Die "Chaoten" wollten im Atlantis einen rechtsfreien Raum schaffen. Es drohten Zustände wie im Wohlgroth-Areal, "Sachbeschädigungen und Drogenhöhlen". Die Polizei müsse das Hotel räumen und die Personalien der Beteiligten aufnehmen. (bat)

---

Landbote 28.10.10

Neuer Mieter fürs "Atlantis" in Sicht

 sda

 zürich - Die Besitzer des derzeit besetzten ehemaligen Fünfsternehotels Atlantis wollen in den nächsten Tagen einen neuen Mieter präsentieren. Die Verhandlungen stünden kurz vor dem Abschluss, teilten sie gestern mit. Die Neue Hotel Atlantis AG (NHA) möchte möglichst bald 70 Eigentumswohnungen einbauen. Bis dahin müsse das Gebäude sinnvoll genutzt werden, heisst es. Bis im Sommer waren Asylbewerber darin untergebracht. Seither wurde nach einem Mieter für das Gebäude gesucht, bis die Stadt die Baubewilligung für einen Umbau erteilt. Die NHA sei daran interessiert, eine legale Zwischennutzung ermöglichen zu können, die der Stadt zugutekomme, wird Geschäftsführer Pierre Buyssens zitiert.

 Zukunft der Aktivisten unklar

 Aktivisten hatten das leer stehende Hotel am letzten Freitag besetzt. Sie hofften darauf, das Gebäude bis zum Vorliegen einer Baubewilligung nutzen zu können, wie sie am Dienstag maskiert vor den Medien bekannt gaben. Sie nutzen die oberen Stockwerke und kommen für Wasser- und Stromkosten auf.

  "Wir hatten keinen Kontakt zu den Aktivisten", sagt NHA-Sprecher Robert Gubler. Das sei dann Sache des neuen Mieters. "Wenn es zu einer Lösung kommt, umso besser." Wie lange und ob die Besetzer die Räumlichkeiten weiter nutzen können, ist im Moment also noch unklar. (sda)

---

20 Minuten 28.10.10

Bald Mieter für Atlantis?

 ZÜRICH. Neue Wende im Fall des besetzten Luxushotels Atlantis: Die Besitzerin Rosebud Holding will das Gebäude nun plötzlich für eine rund einjährige Zwischennutzung freigeben. "Wir stehen schon länger in Verhandlungen - diese stehen kurz vor dem Abschluss", sagt Robert E. Gubler, der die Medienarbeit für Rosebud übernommen hat, zu 20 Minuten. "Es gibt Wohnmöglichkeiten etwa für Studenten oder für sozial Benachteiligte." An den Plänen, das Hotel in Eigentumswohnungen umzubauen, halte man fest. Das Baugesuch soll im Frühjahr 2011 eingereicht werden - bislang war die Rede von Ende 2010. Kein Thema ist laut Gubler, die Zwischennutzung an die Besetzer zu übertragen. Gemäss Marco Cortesi, Medienchef der Stadtpolizei Zürich, findet "in den nächsten Tagen" ein Treffen mit den Hauseigentümern statt: "Erst wenn es einen Mieter oder konkrete Pläne gibt, wird ein Ultimatum für die Besetzer zum Thema."  rom

---

Tagesanzeiger 28.10.10

Hotel Atlantis: Neuer Mieter gefunden?

 Das Hotel Atlantis-Sheraton im Triemli-Quartier ist seit dieser Woche von Aktivisten besetzt. Diesem Treiben will die Besitzerin des ehemaligen Fünfsternehotels, die Rosebud Héritage, so schnell wie möglich ein Ende setzen. Sie sucht seit Mitte Jahr einen neuen, temporären Mieter für das leer stehende Gebäude. Sie will damit eine sinnvolle und rechtmässige Nutzung des Hauses ermöglichen, bis die Stadt die Baubewilligung für einen Umbau erteilt. Diese Verhandlungen stehen kurz vor dem Abschluss, wie die Besitzer-Holding mitteilt. "Es ist nicht einfach gewesen. Aber die Verhandlungen sind sehr weit fortgeschritten, und wir sind zuversichtlich, in den nächsten Tagen einen temporären Mieter präsentieren zu können", sagt Pierre Buyssens, Geschäftsführer der Neuen Hotel Atlantis AG. Es wäre schade, so Buyssens, wenn das Gebäude bis zur erteilten Zwischennutzung nicht sinnvoll zwischengenutzt würde. (wsc)

---

NZZ 28.10.10

Neue Pläne für Hotel Atlantis

 70 Eigentumswohnungen

 fbi. · Das einstige Zürcher Nobelhotel Atlantis, das seit dem Freitagmorgen besetzt wird, soll möglichst bald umgebaut werden. Dies geht aus einer Mitteilung hervor, die die Neue Hotel Atlantis AG am Mittwochabend verbreitet hat. Eigentümerin ist die Rosebud Hotels Holding in Luxemburg, die Projektleitung für die Neunutzung liegt aber bei der Neue Hotel Atlantis AG. Anstelle des Hotels sollen 70 Eigentumswohnungen entstehen. Bis eine Baubewilligung vorliegt, will man das Gebäude temporär vermieten, wie Pierre Buyssens, der Geschäftsführer der Neue Hotel Atlantis AG, sagt. Die Verhandlungen mit potenziellen Mietern seien bereits weit fortgeschritten, und man hoffe, diese in den nächsten Tagen präsentieren zu können. Die Polizei müsse dann handeln und die Besetzung beenden.

 Räumung bei Baubewilligung

 Damit ist ein Ende der Besetzung des Hotels aber noch nicht absehbar. Wie Marco Cortesi, der Sprecher der Stadtpolizei Zürich, auf Anfrage sagt, werden in den nächsten Tagen Gespräche mit den Besitzern des Hotels stattfinden. Die Polizei könne das Gebäude jedoch erst räumen, wenn eine Baubewilligung vorliege. Zudem müsse auch ein Strafantrag gestellt werden, bevor die Polizei die Besetzer kontaktiere und ihnen eine Frist zur Räumung des Gebäudes setze. Diesbezüglich habe die Hoteleigentümerin bisher aber noch nichts unternommen.

 Besetzer hoffen auf Einigung

 Die Besetzer, die sich "Familie Donovan" nennen, haben am Mittwochabend zu einem "Ideenaustausch" eingeladen. Man hoffe, das "Atlantis" bis zum Vorliegen der Baubewilligung weiterhin nutzen zu können, sagte einer der Aktivisten. Bisher seien sie aber von den Besitzern nicht kontaktiert worden. Über die Art der angestrebten Nutzungen war eher Vages zu erfahren. Das "Atlantis" solle zu einem Ort für "Veranstaltungen, Ausstellungen und Präsentationen" werden, hiess es. Jeder, der wolle, solle sich einbringen können. Interessierte könnten ihre Ideen präsentieren, diese würden diskutiert, und danach werde entschieden, wer Räume im Hotel bekomme. Im Vordergrund stehe die Zusammenarbeit verschiedener Gruppen. Bisher seien sehr viele Ideen eingereicht worden, sagte ein Mitglied der "Familie Donovan".

 Das Hotel Atlantis war 1970 als eines der besten Häuser Zürichs eröffnet worden. Mitte der neunziger Jahre setzte jedoch der Niedergang ein, und 2004 wurde das Hotel geschlossen. Danach stand es während 5 Jahren leer. Von Anfang 2009 bis im August dieses Jahres diente es als Übergangszentrum für Asylsuchende.

--------------------------------
KULTURSTREIK GE
--------------------------------

sf.tv 30.10.10

Proteste gegen fehlende Kulturlokale

 In Genf haben mehrere tausend Personen gegen fehlende Jugendräume und alternative Kulturlokale demonstriert. Dabei ist es auch zu Sachbeschädigungen gekommen.

sda/grod

 Seit rund zwei Jahren herrscht in Genf ein Mangel an Lokalen und Räumlichkeiten. Die "Usine" ist einer der letzten Kulturorte und jedes Wochenende völlig überfüllt.

 Die Organisatoren rechneten mit 3000 Demonstranten, gemäss Polizei waren es dann tatsächlich aber nur rund 2000. Der Umzug blieb trotzdem nicht komplikationsfrei: Eine Gruppe von Teilnehmenden demolierte eine Baustelle und diverse Autos wurden arg beschädigt.

---

Tribune de Genève 30.10.10

L'Usine en semi-grève et le Moa au Stade

Aurélie Toninato

 L'Usine parade dans les rues mais reste ouverte, le Moa délocalise sa fête au Stade de Genève

 Pour les noctambules, le week-end s'annonce moins morose que les précédents. Ce soir, des concerts sont prévus à l'Usine et l'Union des espaces culturels autogérés organise un événement à la Parfumerie. Ces soirées ne sonnent pas la fin de la contestation, comme le souligne Jules de Bernis, permanent à l'Usine: "On se donne le droit de relancer la grève le week-end prochain, selon ce qui aura été dit à la séance du Conseil municipal de mardi. On espère au minimum des avis et envies explicites autour des lieux culturels. " Pour l'Usine, l'utilisation occasionnelle de bâtiments vides, à l'abandon ou destinés à la destruction, pourrait être une solution d'urgence.

 Utiliser des bâtiments vides, c'est aussi le choix de Sébastien Courage. Le cofondateur du Moa a délocalisé la fête au Stade de Genève pour le week-end, dès 22 heures. Une solution provisoire qui pourrait devenir définitive: Sébastien Courage n'a toujours pas reçu l'autorisation de rouvrir le Moa. Pourtant, le Service du feu a validé hier les travaux de remise aux normes, effectués jeudi.

 Hier soir, l'Usine était en semi-grève. Son programme: musique jusqu'à 1 heure du matin puis fermeture des portes et début d'une parade festive pour revendiquer l'ouverture de nouveaux espaces culturels nocturnes. A l'heure où nous mettons sous presse, quatre autres associations avaient prévu de rallier le mouvement et d'effectuer un parcours dans la ville, en faisant halte devant différents lieux représentant le passé culturel de Genève, comme Artamis.

---

Tribune de Genève 29.10.10

Opinions

 Salir la ville, ça non!

Michel Chevrolet

 Samedi dernier, des fans de la culture alternative ont lancé un défilé improvisé, de l'Usine vers la gare Cornavin: deux camionnettes lancées, avec de la musique et des bières gratuites.

 En passant à la place Neuve, certains - une minorité - ont tagué des éléments historiques de Genève: le Grand Théâtre, le Conservatoire et la statue du Général Dufour!

 Cette attitude est intolérable! Ces agissements dégradent l'image de notre ville, souillent son patrimoine et décrédibilisent la cause défendue.

 Rappelons l'objectif de ce défilé. L'Usine, excédée de devoir refuser chaque week-end 300 personnes à l'entrée, fait grève. Ça peut se comprendre, les lieux nocturnes bon marché fermant les uns après les autres.

 Alors occuper l'espace public pour exprimer son ras-le-bol, cela ne me dérange pas. Mais à condition d'encadrer les manifestants et d'empêcher des déprédations!

 Michel Chevrolet Candidat PDC au Conseil administratif

---

20 Minutes 30.10.10

Mi-grève, mi-fête à L'Usine

 coulouvrenière. Les noceurs pourront tout de même se rendre dans l'antre de la culture alternative ce soir. Pour sa mobilisation en faveur de nouvelles salles, L'Usine se mettra partiellement en grève et fermera ses portes après les deux concerts programmés, à 1 h. Puis une parade festive avec les différents acteurs culturels genevois emmènera les fêtards en vadrouille musicale

---

GHI 28.10.10

VIE NOCTURNE

 L'Usine claque la porte

 Saturée depuis des mois, l'Usine sera fermée ce week-end. Ses membres affirment ne pas vouloir laisser le public dans la rue, mais le flou règne sur ce qui sera proposé.

 SARAH PERNET

 Sans doute galvanisés par la bonne tenue de la grève de samedi dernier, les permanents de l'Usine ont décidé de la reconduire ce week-end, voire "jusqu'à ce qu'une solution soit trouvée." Selon la permanente Albane Schlechten, la situation est intenable pour l'Usine, qui doit refuser du monde chaque wee-end, en raison de la pénurie de lieux nocturnes accessibles à tous les publics. Quitte à fâcher les politiques, les voisins ou les partenaires.

 10 000 francs de perte par soirée

  "Nous devons être cohérents poursuit Albane Schlechten. Il y a des plus en plus de tensions à l'entrée en raison du trop-plein de monde. Il en va de la sécurité. Mais c'est embêtant pour tout le monde, y compris pour nous qui perdons de l'argent, soit environ 10 000 francs par soir." Quant aux éventuelles annulations de groupes, la permanente de l'Usine compte sur la compréhension des artistes: "C'est une démarche qu'ils soutiennent certainement. Le manque de salle est une problématique qui touche toute l'Europe, pas uniquement Genève." Cependant, elle assure qu'elle ne pas laissera le public du week-end désoeuvré. Mais quoi et où? Mystère. Dans les rues, sur la place des Volontaires, personne ne sait ou ne veut rien dire. Aucune demande d'autorisation pour l'utilisation du domaine public n'est parvenue au Conseil d'Etat, ou à la police. "Pour nous, l'Usine est fermée, confirme le porte-parole Jean-Philippe Brandt. Mais nous allons suivre les développements pour répondre aux besoins de la population."

 Voeux pieux

 Ministre en charge de la culture, Patrice Mugny est furieux. "La Ville n'est pas responsable des fermetures, lance-t-il. Il serait temps que les autres communes et le Canton se sentent concernés. Quant à la grève, cela augmente la pression. Je ne suis pas contre la révolte, mais ce n'est pas très cohérent qu'Usine se révolte contre ceux qui la subventionnent. On ne va pas trouver une solution en un jour, il faut du dialogue." Pourtant, ce ne sont pas les voeux pieux qui manquent: le Canton annonce la création d'une plate-forme de concertation sur les lieux culturels, une structure pour ouvrir... le dialogue. Les Genevois ne sont pas près de se déhancher dans un nouvel endroit.

 Deux soirées de soutien en faveur du MOA et des autres lieux menacés sont organisées vendredi 29 et samedi 30 octobre au Stade de Genève.

---

Tribune de Genève 28.10.10

A l'Usine depuis ses 5 ans

Aurélie Toninato

 Au premier regard, Albane Schlechten n'a rien d'une fervente militante. Son attitude discrète et son visage de petite fille sage ne laissent rien deviner de son combat en faveur des lieux alternatifs. Et pourtant, en ce moment, la figure de proue de l'Usine, c'est elle. Elle y travaille comme permanente à 50%, responsable de l'administration, de la promotion et de la médiation entre membres de l'association faîtière l'Usine. Ses citations fleurissent dans tous les médias genevois pour déplorer la désertification des lieux nocturnes genevois. Et quel meilleur avocat que cette abonnée de feu Artamis et de l'Usine depuis son plus jeune âge. "Je fréquentais déjà l'Usine à l'âge de… 5 ans! Ma mère m'y emmenait le dimanche après-midi, lors des thés dansants. La salle était décorée, on y jouait quelques performances artistiques et il y avait plein d'autres enfants. J'aimais cet endroit avec ses recoins bizarres et ses habitués qu'on ne croisait pas ailleurs. C'était un monde merveilleux. "

 L'Usine de jour comme de nuit

 Et même aujourd'hui, à 26 ans, c'est toujours son lieu de prédilection. "En majorité, je sors à l'Usine! Ça fait parfois bizarre, je ne sais plus où est la limite entre travail et loisirs, car même si je ne travaille pas, les gens me sollicitent quand même. " Car ses horaires irréguliers de permanente ne l'empêchent pas de faire la fête. "Je suis toujours une fêtarde. Cela ne signifie pas seulement faire la fête à deux heures du matin avec un verre de whisky-Coca. C'est un état d'esprit, une façon de profiter de la vie. " Et profiter de la vie passe aussi par des activités en dehors de l'Usine. Le week-end, la militante enfourche son vélo et parcourt les routes, souvent dans les environs de Puplinge où réside sa grand-mère. Une bonne balade, "pour m'aérer la tête!"

 Albane Schlechten passe souvent ses soirées sur son lieu de travail parce qu'elle aime l'Usine mais aussi parce que l'offre des autres lieux ne répond plus à ses attentes. "Je trouve que du temps des squats, on avait beaucoup plus de choix pour sortir. Il y avait un mélange des genres musicaux et humains qu'on ne retrouve plus. La vie nocturne est aujourd'hui appauvrie. "

 Sa lutte contre cet appauvrissement a vraiment commencé après un stage à Paris, à l'association Act Up, qui lutte contre le sida. "Pendant cette période, les squats de Rhino, de la Tour et de l'Arquebuse ont été fermés et ça m'a énormément frustrée de ne pas être sur place. En revenant à Genève, j'ai décidé que je voulais trouver un travail qui regroupe l'aspect militant et celui culturel. J'ai postulé à l'Usine et ai obtenu le poste de permanente. "

 Sur le devant de la scène

 Albane Schlechten contribue ensuite à la création de l'Union des espaces culturels autogérés (UECA) et se portera même candidate à la Constituante en 2008. "La pasionaria de la culture", comme la surnomme un politicien, ne sera pas élue. Après cette tentative, fini la politique? Silence pensif de l'intéressée. "En fait, je ne crois pas être prête pour me lancer dans ce domaine. Avec l'UECA et l'Usine, je fais déjà une sorte de politique, mais elle n'est pas de type partisane. " Pour la jeune femme, pas de campagne politique à mener mais une image à gérer. Surtout depuis que la fermeture du Moa l'a propulsée sous le feu des projecteurs médiatiques. Une situation difficile à gérer? "A part mes collègues, qui me taquinent à cause de cette présence dans les médias, non! On se bat pour défendre la culture alternative et le fait que ce soit relayé par les médias est une consécration de notre travail. " Mais à l'évocation du mouvement de grève lancé à l'Usine la semaine passée et qui sera reconduit ce week-end, son expression se durcit et le ton se fait plus sec: "Nous prenons un risque avec ces grèves et nous sommes conscients que la Ville pourrait nous retirer ses subventions. Nous voulons de nouveaux locaux et nous sommes décidés à aller jusqu'au bout pour les obtenir. " Une pasionaria discrète mais déterminée.

--

 Albane Schlechten

 Bio express

 1984:naissance à Genève.

 1989:découverte de l'Usine le dimanche après-midi avec sa maman, à l'occasion des thés dansants.

 2003:études universitaires en Sciences politiques, "un cursus complet qui touche plusieurs domaines d'étude".

 2007:participation à la création de l'UECA et premiers pas au poste de permanente à 50% à l'Usine.

 2008:Albane Schlechten est candidate pour les élections à la Constituante, sur la liste de la Fondation pour l'expression associative (Fage). Elle n'a pas été élue.

---

Hotelrevue 28.10.10

Lausanne devient Olympe de la nuit

 Lausanne peut vendre ses nuits comme son label olympique et se flatte de son ambiance. Alors que Genève a la nostalgie de sa vie alternative.

 Alexandre Caldara

 La vie nocturne à Lausanne est devenue depuis une dizaine d'années une priorité dans le marketing touristique. "Par sa diversité et sa densité, elle fait partie intégrante de l'offre, on reprend les agendas des clubs sur notre site internet et on en parle dans nos manuels. C'est un art de vivre qui a du succès", souligne Claude Petitpierre directeur de Lausanne Tourisme.

 Pour sa part, Thierry Wegmüller, secrétaire du Pool Lausanne la nuit, parle de très bons contacts depuis huit ans avec les milieux politiques "qui ont permis d'établir une charte de sécurité. On sait organiser des évènements, on doit en être fiers." Les deux hommes s'accordent pour dire que l'on peut évoquer la ville de la nuit, aussi facilement que le label ville olympique.

  "L'ambiance existe", dit Thierry Wegmüller et pour lui elle s'inscrit parfaitement dans la dynamique de la ville ces dix dernières années, au même titre que la construction du métro M2. Il se réjouit de voir ces activités nocturnes répertoriées dans des guides tels que le Routard ou le Lonely Planet. Rien qu'en logeant les artistes, les 35 clubs du Pool engendrent 2 500 nuitées dans les hôtels lausannois.

 Dans les milieux du tourisme et chez les patrons de clubs, on ne semble pas trop s'inquiéter des déclarations de certains partis politiques qui expriment en ce moment des craintes face à une dégradation de l'ambiance nocturne. "Comme par hasard, on s'approche des élections à la Municipalité, les problèmes qui surgissent la nuit ont trait à la société en général et ne sont pas de la responsabilité des discothèques ou des bars qui se trouvent au bout de la chaîne", estime Thierry Wegmüller.

 Claude Petitpierre n' a jamais entendu un hôte exprimer des soucis liés à l'insécurité. Il ne nie pas que certaines mesures particulières pourraient être prises, mais ne pense pas qu'il faut revenir en arrière en termes de règlements, notamment sur les horaires de fermeture fixés pour les boîtes de nuit à cinq heures du matin. Pour Thierry Wegmüller, certains articles de presse ont tendance à stigmatiser des communautés: "On peut s'amuser correctement - de nombreuses soirées le prouvent. Les jeunes doivent être respectés, c'est le meilleur moyen pour qu'il s soient aussi respectueux des autres."

 Claude Petipierre se souvient des années 1990 où certains hôtes se plaignaient de s'ennuyer la nuit à Lausanne. "Notre tourisme est composé à 70% par le tourisme d'affaires. Cette clientèle est ravie par la qualité de l'offre actuelle. Ce qui se passe à Genève en ce moment en matière de vie nocturne n'est pas digne d'une ville de cette grandeur."

 Les autorités genevoises viennent en effet d'ordonner la fermeture du Moa Club et la suspension des activités de Weetamix. Et dans une enquête récente, 94% des Genevois interrogés estiment qu'il y a pénurie de vie nocturne.

 A Genève, les clubs sont dispersés dans la ville et une certaine nostalgie des nuits alternatives, de la liberté des squats règne, comme une recherche de contenus culturels. La salle de concerts L'Usine reste un lieu plébiscité par les Genevois.

-------------------------------
ANTI-FEMINISMUS
-------------------------------

Indymedia 31.10.10

Video zum Wandbild gegen Antifeministen (22.10.10) ::

AutorIn : reader         

hier noch ein Video zur Wandbild-Aktion. gefunden hier:

http://www.aufbau.org/index.php?option=com_content&task=view&id=889&Itemid=1

hier noch ein Video zu dieser Wandbildaktion:
http://ch.indymedia.org/de/2010/10/78268.shtml

Video hier:
 http://www.aufbau.org/index.php?option=com_content&task=view&id=889&Itemid=1

---

Tele M1 30.10.10

Internationales Antifeminismus-Treffen
http://telem1.ch/de/overlayplayer---0--0--0--T000311695.html

---

Indymedia 30.10.10

Akustische "Grüsse" an den Antifeminismus-Kongress ::

AutorIn : Kommando Tinitus für Antifeministen!         

Wir statten den Antifeministen heute gegen 13.00 Uhr einen kleinen Besuch ab!     
    
Nach dem über Indymedia die geheime Adresse des Antifeminismus-Kongress publiziert wurde, während sich die Antifeministen in Sicherheit glaubten, beschlossen wir, sie in ihrem Versteck zu besuchen.

Es erwies sich als nicht besonders einfach, das Hotel Riverside zu finden. Versteckt es sich doch in einem, zwar idyllischen, aber abgestorbenen Tal in der kleinen Gemeinde Zweidlen, fernab von jeglicher Zivilisation. (Von wegen "wir lassen uns nicht aus der Stadt vertreiben…")

Einige Meter weg vom Hotel brachten wir einige Feuerwerkskörper und Knallkörper zur Detonation. Besonders überrascht durch unser Erscheinen waren Mitglieder des privaten Sicherheitsdienst, welche sich wie eine von einem Löwen gejagte Gazelle auf und davon machten. (Für Sicherheit sorgen geht doch eigentlich irgendwie ganz anders???)

Auch einige Anti-Feministen fühlten sich gezwungen, ihren Unmut über unsere Aktion durch irritiertes Gebrüll kund zu tun.

Zeigen wollten sie sich aber nicht, nur einige PW's, wohl an zwei Händen abzuzählen, waren zu sehen. (Von wegen 150 Teilnehmer...)

Direkte Aktion gegen Reaktion!

Gegen Sexismus und Antifeminismus - Für eine revolutionäre Perspektive!

---

Antifeministen vertrieben! Starke Demo! ::

AutorIn : Bündnis gegen das Anti-Feminismus-Treffen

Während sich die Antifeministen nach Zweidlen zurückziehen mussten, haben mitten in Zürich 100 Leute gegen Sexismus und reaktionäre Hetze demonstriert.     
    
Antifeministen zurückgedrängt

Die Antifeministen können zwar heute, Sa. 30.10.2010 ihr Treffen durchführen, allerdings mussten sie dafür in den Hochsicherheitsbereich des Flughafens Zürich-Kloten auf äusserst verdeckte Art und Weise mobilisieren. Heute um 6Uhr früh haben die TeilnehmerInnen den Treffpunkt per SMS erhalten und wurden ins Terminal A des Flughafenn Zürich bestellt. Dort mussten sie sich zwischen 9.00 und 9.30 Uhr bei einer Person melden, welche ein Schild mit der Aufschrift EGALA trug. Bei dieser Person wurden die Ausweise überprüft und man wurde in der Flughafenhalle weitergeleitet, wo die geheime Adresse ausgehändigt wurde. Dann fuhren die TeilnehmerInnen in privaten Fahrzeugen mit teils ausländischen Kennzeichen Richtung Norden. Ihr Ziel war das Hotel Riverside, an der Lettenstrasse 139 in 8192 Zweidlen (Nähe von Glattfelden). Dort trafen sie ab 10 Uhr nacheinander ein. Um 10.30 Uhr wurde der geheime Ort über das linke Nachrichtenportal Indymedia verbreitet.

Kundgebung und Demo in Zürich

Während sich die AntifeministInnen aus Zürich im "Geheimen" an den Rand des Landes, an die deutsche Grenze zurückgezogen haben, versammelten sich in der Zürcher Innenstadt ca. 100 Personen am Central und zogen durch das Niederdorf ans Bellevue. Am Central wurde ein sechs Meter langes Transparent mit einem Frauenkampf-Zeichen und der Aufschrift "Gegen Sexismus! Antifeministen vertreiben!" entrollt.

Auf Flugblättern und Transparenten wurde auf die Entwicklung nach rechts in der Gesellschaft aufmerksam gemacht. In dieses reaktionäre Klima reihen sich die Veranstalter und Besucher dieses Treffens mit ihrer Ideologie von vorgestern nahtlos ein.
An Parolen und Reden war zu hören:

Für emanzipierte Geschlechterrollen
Gegen Sexismus
Für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Patriarchat
Gegen Lohnungleichheit
Für sichere Arbeit und Rente
Gegen Gewalt an Frauen
Für eine starke Frauenbewegung

Diese Aktionen gegen das Antifeministen-Treffen werten wir als einen Erfolg der linken, frauenkämpferischen Bewegung, die mit verschiedenen Interventionen ihren Protest gegen die reaktionären Kräfte zum Ausdruck gebracht hat. Dies zeigt, dass die rechten Ideologen, die sich mit Losungen der "Gleichberechtigung" tarnen, angreifbar sind.
Lassen wir den Ideen von vorgestern keinen Raum, treten wir AntifeministInnen und dem Rechtsruck entschlossen entgegen!

"Wir sind sauer - Achtung, hier kommt Frauenpower!"

---

Fotos zur Kundgebung und Demo gegen Sexismus und Rechtsruck
http://ch.indymedia.org/de/2010/10/78434.shtml

---

Aufenthaltsort der Antifeministen ausfindig gemacht ::

AutorIn : Aktion Verschteckis         

Tagungsort der Antifeministen trotz Schnitzeljagd ausfindig gemacht. Über Besuch freuen sie sich sicher.     
    
Die Antifeministen können zwar heute, Sa. 30.10.2010 ihr Treffen durchführen, allerdings mussten sie für ihr Treffen in den Hochsicherheitsbereich des Flughafens Zürich-Kloten auf äusserst verdeckte Art und Weise mobilisieren. Von dort wurde ein kleines Häufchen von Personen in das Hotel Riverside, an der Lettenstrasse 139 in 8192 Zweidlen (Nähe von Glattfleden) geführt. Über Besuch würden sie sich sicher freuen ....

Dieses Vorgehen werten wir als einen Erfolg der linken, frauenkämpferischen Bewegung, die im Vorfeld in verschiedenen Interventionen ihren Protest gegen die reaktionären Kräfte zum Ausdruck gebracht hat. Dies zeigt, dass die rechten Ideologen, die sich mit Losungen der "Gleichberechtigung" tarnen, angreifbar sind.
Lassen wir den Ideen von gestern keinen Raum, treten wir AntifeministInnen und Maskulinisten entschlossen entgegen.
Auf zur Mobilisierung heute Samstag, 30.10.2010 um 12.00 beim Central, Zürich.

Keinen Fussbreit den Antifeministen!

---

Landbote 30.10.10

Leitartikel: Karin Landolt über das von Linksaktivisten verhinderte antifeminismustreffen in Uitikon

 Die Antifeministen sind kein Grund, nervös zu werden

 Karin Landolt

 Das "Internationale Antifeminismus-Treffen", das für heute im zürcherischen Uitikon geplant war, findet jetzt an einem geheimen Ort statt. Linksaktivisten und Hardcorefeministinnen haben den Gastgeber mit Farbanschlägen und verbalen Attacken eingeschüchtert. Für die 150 angemeldeten Teilnehmer (unter denen sich laut Mitveranstalter René Kuhn 15 Prozent Frauen befinden) musste Hals über Kopf ein neuer Versammlungsort organisiert werden.

 Was haben die Gegner des Treffens nun erreicht, ausser dass sie den Antifeministen - deren Absicht fraglos kritisiert werden darf - enormen Auftrieb gaben? Kuhn hat längst den Überblick verloren, er schätzt, dass sich die vor Wochenfrist gezählte Mitgliederzahl, damals waren es tausend, gerade eben verdoppelt hat. Ob er gegen die feministischen Linksaktivisten, denen er die Mitgliederschwemme verdankt, Strafanzeige eingereicht hat, verrät er nicht.

 Wo ist das Problem, wenn eine Gruppe von Männern sagt, dass sie sich von einem "feministisch dominierten System" ungerecht behandelt fühlt? Wenn sie wütend sind über die gängige Sorgerechtspraxis im Scheidungsfall, über das ungleiche Rentenalter und die einseitige Militärpflicht? Was ist falsch daran, wenn eine solche Gruppe über ihre Probleme diskutiert und allenfalls Verbesserungsvorschläge formulieren will? Darf man den Feminismus nicht öffentlich anzweifeln, ohne gleich einen Farbbeutel an den Kopf geknallt zu kriegen? Ist es politisch unkorrekt, wenn sich ein Mann als Opfer der Gleichstellungspolitik sieht? Und ist es verwerflich, wenn sich eine immer grösser werdende Zahl von Männern dazu entschliesst, sich in die Diskussion einzuschalten? Es ist nicht zu übersehen: Den Antifeministen geht es gleich wie vor ein paar Jahren der deutschen Ex-Tagesschau-Moderatorin Eva Herman, die es gewagt hatte, die Errungenschaften des Feminismus in ihren Büchern kritisch zu betrachten. Sofort haben linksfeministische Kreise versucht, sie in die braune Ecke abzudrängen, sie politisch mundtot zu machen. Ein Armutszeugnis in einer aufgeklärten, demokratischen Gesellschaft. Genützt hat es den Gegnerinnen und Gegnern auch nichts, im Gegenteil, Herman fühlt sich in ihrer Haltung nur bestärkt.

 Es ist tatsächlich ungeheuerlich, wie viele despektierliche, pauschal gegen Frauen gerichtete Wutausbrüche in Form von Gästebucheinträgen auf der Homepage der Antifeministen zu finden sind. Und natürlich ist es billig und unglaubwürdig, wenn René Kuhn die fehlende Zeit vorschiebt dafür, dass diese üblen Beschimpfungen nicht gelöscht werden. Aber sind wir uns doch bewusst: Zu Zeiten des Frauenstreiks gab es auch die gefürchteten Emanzen, die kriegsgurgelähnlich alle Männer - die für sie ja nur Patriarchen sein konnten - pauschal auf den Mond wünschten. Ist daraus ein Matriarchat entstanden? Ganz sicher nicht. Die Feministinnen haben also keinen Grund, nervös zu werden, wenn das alte patriarchalische Muster im einen oder anderen Männerherzen durchschlägt.

 Besänftigen dürfte sie, dass es neben der extremen Variante des Männeraufstandes auch moderatere männerpolitische Kräfte gibt, welche die bisherigen Gleichstellungsbemühungen nicht grundsätzlich in Frage stellen, sondern nur darum kämpfen, die Gleichstellungsagenda künftig mitzubestimmen. Darüber sollten wir uns freuen, Männer wie Frauen. Damit sind wir nämlich an einem wichtigen Punkt in der Gleichstellungsfrage angelangt. Nach Jahrtausenden des Herrschens und Jahren des Schweigens wollen Männer nur das eine: mitreden. Auch wenn die gemeinsame Tonart vielleicht noch nicht gefunden ist, müssen die brennenden Fragen beider Geschlechter gemeinsam beantwortet werden. Auch wenn Frauen noch immer unter Doppelbelastung, Lohnschere und gläserner Decke leiden, so sind die von Männern gestellten Fragen in Bezug auf Sorgerecht und Rentenalter ebenso akut.

 Frauen sind nicht mehr bloss Opfer. Frauen sind aber sicher auch nicht bessergestellt, wie Antifeministen dies behaupten. Gleichstellung bleibt ein permanenter Entwicklungsprozess, an dem sich alle beteiligen müssen. Das aber bitte nicht an einem geheimen Ort. Sollen die Antifeministen doch diskutieren, und ihre Sicht einer verbesserten Welt darlegen. Sollte sich diese dann als rückwärtsgewandt erweisen, wie wiederum Feministinnen befürchten, gibts nur eines: Den Kampf der Argumente, aber sicher nicht der Farbbeutel und der verbalen Entgleisungen.lkarin.landolt@dienordostschweiz.ch

---

Aargauer Zeitung 30.10.10

Analyse zum heutigen Antifeminismus-Treffen

 Gleiche Rechte - auch für Männer

Philipp Mäder

 Keine Frage: Es sind krude Typen, die heute an einem lange geheim gehaltenen Ort zum "Internationalen Antifeminismus-Treffen" zusammenkommen. Die radikale Männergruppe um den ehemaligen Luzerner SVP-Präsidenten René Kuhn bekämpft den Feminismus als "eine ungerechtfertigte Ideologie der Privilegienbeschaffung durch Männerhasserinnen". Wen wundert es, dass die Proteste - vor allem von links - nicht ausblieben.

 Und doch: Der viele Rauch um das Treffen deutet darauf hin, dass es auch ein Feuer gibt. Es lodert dort, wo schon die Frage nach einer Benachteiligung von Männern verboten ist. Wo Frauen und politisch korrekte Männer sofort den argumentativen Zweihänder hervorholen, sobald sich jemand getraut, Beispiele für eine Schlechterstellung der Männer zu nennen. Dabei geht es vor allem um folgende vier Themen - und die Diskussionen verlaufen immer nach dem gleichen Muster.

 Erstens das Sorgerecht. Wer darauf hinweist, dass Väter bei Scheidungen ohne die Einwilligung der Mütter das Sorgerecht an ihren Kindern verlieren, bekommt zu hören: Die Väter beteiligen sich eben immer noch zu wenig an der Betreuung ihrer Kinder.

 Zweitens das AHV-Alter. Wer darauf hinweist, dass Frauen trotz längerer Lebenserwartung noch immer ein Jahr vor den Männern AHV beziehen, bekommt zu hören: Die Männer verdienen halt immer noch mehr als die Frauen.

 Drittens die Wehrpflicht. Wer darauf hinweist, dass nur die jungen Männer in die Armee einrücken oder Zivildienst leisten müssen, bekommt zu hören: Die Frauen stellen dafür die Kinder auf die Welt.

 Viertens das Schulsystem. Wer darauf hinweist, dass die von Lehrerinnen geprägten Schulen den Mädchen und Frauen an Gymnasien und Universitäten zur Mehrheit verholfen haben, bekommt zu hören: Es sind aber noch immer die Männer, die später auf den Chefsesseln sitzen.

 Alle diese Einwände sind berechtigt. Männer wechseln weniger Windeln als Frauen, verdienen aber noch immer mehr als diese. Frauen müssen nicht ins Militär, haben aber kaum Zutritt zu den Teppichetagen der Unternehmen. Doch ist diese Aufrechnung der weiblichen Benachteiligungen gegen die männlichen Benachteiligungen argumentativ legitim? Und vor allem: Ist dies die richtige Strategie, um die faktische Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen - und nicht nur eine im Gesetz?

 Man stelle sich die umgekehrte Taktik der Frauen vor: Sie geben den Vätern unabhängig vom Zivilstand die gleichen Rechte an den Kindern - und machen dafür Druck, dass sich die Männer entweder an der Kindererziehung beteiligen oder die Zahl der Krippen steigt. Sie verzichten auf ein tieferes AHV-Alter - und können dafür mit umso mehr Berechtigung gleiche Löhne und eine soziale Abfederung von Frühpensionierungen einfordern. Sie gehen wie die Männer in die Armee oder in den Zivildienst - und nutzen das dort geknüpfte Netzwerk zielstrebig für den Aufbau einer eigenen Karriere.

 Natürlich werden nun die Frauen erwidern: Wir haben halt nicht genug Macht, um all das durchzusetzen. Fragt sich bloss, weshalb. Denn die Frauen stellen in der Schweiz die Mehrheit - als Wählerinnen und als Konsumentinnen. Doch statt diese Macht wahrzunehmen, gefallen sich viele Feministinnen in der Rolle der vermeintlichen Minderheit.

 Aus diesem Zwist der Geschlechter gibt es nur einen Ausweg: Anstatt Kämpferinnen für Frauenrechte und Kämpfern für Männerrechte braucht es einen gemeinsamen Kampf für Gleichstellung. Dabei müssen die Sachthemen im Vordergrund stehen: Wie lassen sich Karriere und Familie vereinbaren - für Frauen und für Männer? Wie sieht eine Schule aus, die Knaben und Mädchen fördert? Welchen Dienst sollen junge Erwachsene für die Gesellschaft leisten - unabhängig von ihrem Geschlecht?

 Davon sind wir noch weit entfernt. So gehören der - welch bezeichnender Name! - Eidgenössischen Kommission für Frauen (EKF), die den Bundesrat zur Gleichstellung berät, 17 Frauen und 3 Männer an. Die Kommission publiziert Sätze wie diesen: "Im Prinzip ist die EKF selbstverständlich für eine Gleichbehandlung der Geschlechter - das ist auch ihre Aufgabe. Die EKF ist aber der Meinung, dass die Erhöhung des Frauenrentenalters aus Gleichstellungsgründen nicht zwingend ist." Klar ist: Solange es solche Kommissionen gibt, wird es auch "Antifeminismus-Treffen" wie das heutige geben.

 philipp.maeder@azmedien.ch

---

NLZ 30.10.10

Wütend über die vaterlose Gesellschaft

 Männerrechte

Gerhard Lob

 Der Konflikt um den Austragungsort des Antifeminismus-Treffens in Zürich verstellt den Blick auf die wahren Probleme vieler Männer. Vor allem geschiedene Väter fühlen sich diskriminiert.

 Gerhard Lob

 schweiz@neue-lz.ch

 Heute findet das erste Antifeminismus-Treffen der Schweiz in Zürich statt. Die rund 150 Teilnehmer werden sich an einem geheimen Ort versammeln. Dies, weil die Vertreter der Interessengemeinschaft Antifeminismus (Igaf) den Widerstand von linken Aktivisten und Anti-Antifeministen fürchten, welche bereits Demos angekündigt und das ursprünglich geplante Veranstaltungslokal mit Farbbeuteln verunstaltet haben. Die rund 150 Teilnehmer des Treffens sollen kurzfristig über den neuen Veranstaltungsort informiert werden. Hinter dem Treffen steckt der ehemalige Luzerner SVP-Kantonsrat René Kuhn, der Feministinnen als "zerlumpte Vogelscheuchen" bezeichnete.

 Gewalt löst die Probleme nicht

 Die Drohungen gegen die Veranstalter des Antifeminismus-Treffens haben eine grosse Kontroverse ausgelöst. Für die Männerpartei der Schweiz ist klar: "Wir danken euch Krawallisten! Ihr zeigt auf, dass wir Recht haben und das Ungleichgewicht dringend wiederhergestellt werden muss." Selbst männer.ch, der Dachverband der Schweizer Väter- und Männerorganisationen, der die Veranstaltung ablehnte, zeigt sich entrüstet. "Es muss möglich sein, dass so eine Veranstaltung in der Schweiz stattfindet, auch wenn man ihre Inhalte nicht teilt", sagt Markus Theunert, Präsident des Dachverbands.

 Der Hickhack um die Veranstaltung birgt aber vor allem die Gefahr, dass über die eigentlichen Anliegen wenig gesprochen wird. Dabei ist Tatsache: Männer fühlen sich in der Schweiz zusehends diskriminiert. Nach jahrzehntelangen Forderungen der Frauen für gleiche Mitsprache, gleichen Machtanteil in Politik und Wirtschaft oder gleiche Löhne, erheben sich zunehmend Männer, denen die Gleichstellungsforderungen der Frauen zu weit gehen. "Es gibt eine wachsende Anzahl von Männern, die wütend sind", sagt Theunert.

 Dauerfrust für Geschiedene

 Eines der grossen Probleme zeigt sich bei geschiedenen oder getrennt lebenden Vätern. Hohe Unterhaltszahlungen und mangelndes Mitspracherecht bei der Erziehung der Kinder führen häufig zu Dauerfrust. In 95 Prozent aller Fälle erhält die Mutter das Sorgerecht. Das gemeinsame Sorgerecht ist immer noch eine Ausnahme in der Schweiz, auch wenn dies bald geändert werden soll. Seine Kinder sieht der Vater häufig nur an einem Nachmittag in der Woche sowie jedes zweite Wochenende. Nach einer Scheidung verbleiben Mutter und Kinder im Regelfall im bisherigen Heim, während der Vater ausziehen muss.

 Für die Väter bedeutet dies konkret, dass sie Alimente bezahlen müssen, nicht nur für die Kinder, die sie praktisch nie sehen, sondern auch für die Ex-Frau, und das auf Jahre. "Die Väter verlieren Haus und Kinder, umgekehrt kommen extreme finanzielle Verpflichtungen auf sie zu - es ist ein Desaster", meint der Fotograf Adriano Heitmann aus Stabio, der zu den Gründungsmitgliedern der Männerbewegung Papageno gehört und die Entwicklung zu einer "vaterlosen Gesellschaft" ohne männliche Bezugspersonen anprangert.

 Mittelstandsväter unter Druck

  "Geschiedene Väter sind effektiv häufig am Existenzminimum, vor allem solche aus der Mittelschicht", räumt eine Scheidungsanwältin auf Anfrage ein. Denn die Gutverdiener müssten zwar wesentlich mehr bezahlen, könnten aber auch mehr verkraften. Ihren Namen will die Anwältin nicht in der Zeitung lesen, denn beruflich muss sie für ihre - vorwiegend - weiblichen Kunden in Trennungs- und Scheidungsfällen das Maximum rausholen. Man müsse aber berücksichtigen, fügt sie an, dass häufig Mütter auf Erwerbstätigkeit verzichteten und sich der Kindererziehung widmeten. Die Gerichte würden diesem Umstand natürlich Rechnung tragen.

 Die Sensibilitäten in den Männerbewegungen sind natürlich verschieden. In antifeministischen Strömungen finden sich die radikalsten Kräfte. "Für uns ist der Antifeminismus aber der falsche Weg", sagt Markus Theunert von männer.ch, der im Übrigen als einziger Mann in der eidgenössischen Frauenkommission sitzt. Es müsse stets einen Geschlechterdialog geben in Hinblick auf eine echte Gleichstellung von Mann und Frau. Theunert: "Die Frage darf sich nicht darum drehen, ob es den Männern oder den Frauen schlechter geht. Sondern darum, wie Männer und Frauen gemeinsam das Projekt Chancengleichheit zum Wohl aller gestalten können."

 Infos im Internet: http://www.maenner.ch

---

Bund 29.10.10

Tribüne Was hinter der Polemik von René Kuhn steckt.

 Zunehmendes Unbehagen der Männer

Markus Theunert

 Die IG Antifeminismus von René Kuhn hat mit derben Sprüchen und einem Kongress viel Publizität geschaffen. Doch was sagen uns die wütenden Parolen? Sie sind der Ruf einer wachsenden Zahl von Männern, die sich als Emanzipationsverlierer erleben. Ein Warnsignal. Und ein Appell, Gleichstellungspolitik neu zu denken.

 In der Schweiz ist Gleichstellungspolitik weitgehend Frauensache. Die Gleichstellungsbüros sind frauendominiert. Das Gleichstellungsgesetz zielt nur auf das Erwerbsleben - und meint damit faktisch Frauenförderung (oder bestenfalls Männerermunterung). Das Problem: Die Benachteiligungslage ist heute nicht mehr eindeutig. Sicher, die Frauen sind bezüglich Macht und Geld immer noch im Hintertreffen. Doch auch den Männern verlangen die traditionellen Rollen einen hohen Preis ab. Männer leisten Militärdienst, arbeiten länger und sterben früher. Sie führen in so ziemlich allen Kategorien unerwünschten Verhaltens: Suizid, Morde, tödliche Verkehrsunfälle, Herzinfarkte, Schulabbrüche, Burnout, Stress, Rauchen, Trinken.

 Die nach wie vor notwendige Frauenförderung durch Männerförderung zu ergänzen, ist ein Gebot der Stunde. Konkret: Väter in die Familien, Bubenarbeit in die Schulen, Mentoren zu den Jugendlichen, Männer in die Gleichstellungsinstitutionen. Sogar die konservative deutsche Bundesregierung setzt auf "eine eigenständige Jungen- und Männerpolitik". Die Schweiz hat hier Nachholbedarf.

 Moderne Gleichstellungspolitik ist aber mehr als Frauenpolitik und Männerpolitik. Wir haben nicht weniger als die historische Chance, eine geschlechtergerechte Gesellschaft zu realisieren. Wenn wir sie nutzen wollen, brauchen wir den Geschlechterdialog auf Augenhöhe, das Aushandeln einer gemeinsamen Perspektive. Das gilt für den Küchentisch wie für die Bundespolitik. Diesem Dialog sind einseitige Opferhaltungen, Schuldzuweisungen und Polarisierungen abträglich - egal, ob sie von Männer- oder Frauenseite kommen.

 Markus Theunert ist Präsident von männer.ch, dem Dachverband der Schweizer Männer- und Väterorganisationen und Mitglied der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen.

---

swissinfo.ch 29.10.10

Swiss stage world's first antifeminism event

swissinfo

 Somewhere in Switzerland on Saturday around 150 men's rights activists will be gathering at a secret location for the "first international antifeminism meeting".

 Amid plans by feminist activists to hold protests, the venue was changed and the new location kept under wraps until the last minute.

 Only those who filled out an application form and paid the SFr55 ($55) registration fee will find out. And around 30 journalists who expressed an interest in attending. "Even I don't know where it is being held," said Ulf Andersson, a member of the Swiss-based antifeminist interest group IGAF (Interessengemeinschaft Antifeminismus) organising the event.IGAF says "the meeting is an exceptional opportunity of making our concerns known to the public". Addressing the day-long conference will be IGAF founder René Kuhn, and speakers from a German gender policy initiative, the Swiss men's political party, an interest group for divorced men and European and Swiss men's and father's rights groups. Andersson described it as a "very special" and "historic moment". "The major goal is not to come to conclusions about anything but mostly to meet like-minded people. As you have seen, there are forces trying to stop us from having this meeting," Andersson told swissinfo.ch. News of the meeting was reported in the press and led to a demonstration by 50 feminist activists in Zurich and graffiti was sprayed on a community hall in Uitikon, canton Zurich, where the meeting was planned. Leaflets have also been handed out for a rally to coincide with the event. "A lot of people have the wrong impression about what an antifeminist really is," said Andersson. "They believe that an antifeminist is a woman-hater. Not at all. An antifeminist is a kind of peacekeeper who wants to return things to normal. As an antifeminist I believe in true equality between a man and a woman."

 Core beliefs

 In a written statement prepared for Saturday's meeting, Andersson has drawn up five key beliefs of antifeminists: "opposing the feminist hatred of men, valuing the nuclear family, believing in the child's rights to both its parents after a divorce or a separation, looking at the individual and not judging people by their gender, and accepting that men and women are different and counting that as assets".Anderson founded the Swedish father's rights group PappaRättsGruppen after being prevented from seeing his daughter for six years after getting divorced from his wife. With support from a father's rights group his situation has since changed and he is now able to see his 11-year-old occasionally. But he blames "feminist" social workers for his plight. In his eyes, "feminists have hijacked the word equality" and today, "feminist stands for pure evil". He cites radical feminist organisations who call for men to be grounded at home after 9pm or bear placards calling for "male slaughter, female supremacy", as an example.

 Risk of discrimination

  "A totalitarian ideology like feminism draws particularly strong opposition" in Switzerland, said IGAF president Urs Bleiker, explaining one of the reasons why it was chosen as the location for the international meeting. The organisers are Swiss, he noted, but "the Swiss love of freedom" also was a contributing factor in choosing the location. While the Swiss Federal Office for Gender Equality is not worried about the event happening within the country's borders, director Patricia Schulz told swissinfo.ch that she was concerned by "this movement's denunciation of all women who do not correspond to its limited vision of what constitutes a ‘real woman'. There is a very high risk of discrimination in the ideas of this movement."She added that the organisers did not appear to be looking to stimulate debate that could lead to solutions to the real problems faced by many men, rather they "seem particularly to want to place the responsibility for its problems on women who can be described as ‘emancipated', without realising that there are certainly other causes".

 Marginal position

 By holding the meeting in Switzerland, the organisers are capitalising on the "current conservative discourse which is very prevalent, and where parts of the agenda put forward by the antifeminists seem to fit nicely", commented Sabin Bieri, of the Interdisciplinary Centre for Gender Studies in Bern. "Feminist positions today, although diverse, stand for more justice in our societies, including politics and the economy. This does not mean - and has never meant - a reversal of discriminating structures," said Bieri.She said one of the most popular examples drawn upon by antifeminists and more mainstream men's interest groups is the discrimination of fathers in divorce decrees. "All I can read from the antifeminist position is frustration, possibly rooted in personal experiences. I think it is a very marginal position with no potential for generating initiatives which would be acceptable for average citizens," she added.

 Jessica Dacey,swissinfo.ch

---

St. Galler Tagblatt 29.10.10

Diskriminierte Männer

 Der Konflikt um den Austragungsort des ersten Antifeminismus-Treffens in Zürich verstellt den Blick auf die zugrunde liegenden Probleme vieler Männer. Vor allem geschiedene Väter fühlen sich in Sorgerechtsfragen diskriminiert.

Gerhard Lob

 Nun ist klar: Das erste Antifeminismus-Treffen der Schweiz wird am Samstag im Raum Zürich stattfinden. Aber an einem unbekannten Ort. Nachdem linke Aktivisten und Anti-Antifeministen Widerstand und Demos ankündigten und bereits Anschläge mit Farbbeuteln erfolgt sind, zog der Wirt des Event-Lokals Giardino Verde im zürcherischen Uitikon seine Zusage für die "Interessengemeinschaft Antifeminismus" (Igaf) zurück. Die rund 150 Teilnehmer sollen jetzt im letzten Moment über den neuen Veranstaltungsort informiert werden. Hinter dem Treffen steckt der umstrittene Luzerner SVP-Politiker René Kuhn (siehe Seite 2).

 Hohe Unterhaltszahlungen

 Die Rückzieher des Wirts und die Verlagerung der Veranstaltung an einen anonymen Ort haben zahlreiche Diskussionen ausgelöst. Für die Männerpartei der Schweiz ist klar: "Wir danken Euch Krawallisten! Ihr zeigt auf, dass wir Recht haben und das Ungleichgewicht dringend wieder hergestellt werden muss." Selbst männer.ch, der Dachverband der Schweizer Väter- und Männerorganisationen, der die Veranstaltung ablehnte, zeigt sich entrüstet. "Es muss möglich sein, dass so eine Veranstaltung in der Schweiz stattfindet, auch wenn man ihre Inhalte nicht teilt", sagt Markus Theunert, Präsident des Dachverbands. Der Hickhack um die Veranstaltung birgt vor allem die Gefahr, dass sich zunehmend mehr Männer diskriminiert fühlen. Nach jahrzehntelangen Forderungen der Frauen für gleiche Mitsprache, gleichen Machtanteil in Politik und Wirtschaft oder gleiche Löhne erheben sich zunehmend Männer, denen die Gleichstellungsforderungen der Frauen zu weit gehen. Eines der grossen Probleme zeigt sich bei geschiedenen oder getrennt lebenden Vätern. Hohe Unterhaltszahlungen und mangelndes Mitspracherecht bei der Erziehung der Kinder führen häufig zu Dauerfrust.

 In 95 Prozent aller Fälle erhält die Mutter das Sorgerecht. Das gemeinsame Sorgerecht ist immer noch eine Ausnahme in der Schweiz, auch wenn dies bald geändert werden soll. Seine Kinder sieht der Vater häufig nur an einem Nachmittag in der Woche sowie jedes zweite Wochenende. Nach einer Scheidung verbleiben Mutter und Kinder im Regelfall im bisherigen Heim, während sich der Vater ein neues Zuhause suchen muss.

 Am Existenzminimum

 Für die Väter bedeutet dies konkret, dass sie Alimente bezahlen müssen, nicht nur für die Kinder, die sie praktisch nie sehen, sondern auch für die Ex-Frau, und das auf Jahre. "Die Väter verlieren Haus und Kinder, umgekehrt kommen extreme finanzielle Verpflichtungen auf sie zu - es ist ein Desaster", meint der Fotograf Adriano Heitmann aus Stabio, der zu den Gründungsmitgliedern der Männerbewegung "Papageno" gehört und die Entwicklung zu einer "vaterlosen Gesellschaft" ohne männliche Bezugspersonen anprangert. Gerade für heranwachsende Buben sei dies ein grosses Problem.

  "Geschiedene Väter sind effektiv häufig am Existenzminimum, vor allem solche aus der Mittelschicht", räumt eine Scheidungsanwältin auf Anfrage ein. Denn die Gutverdiener müssten zwar wesentlich mehr bezahlen, könnten aber auch mehr verkraften. Ihren Namen will die Anwältin nicht in der Zeitung lesen, denn beruflich muss sie für ihre - vorwiegend - weiblichen Kunden in Trennungs- und Scheidungsfällen das Maximum herausholen. Man müsse aber berücksichtigen, fügt sie an, dass häufig Mütter auf Erwerbstätigkeit verzichteten und sich der Kindererziehung widmeten. Die Gerichte würden diesem Umstand natürlich Rechnung tragen, genauso wie der weit verbreiteten Lohnungleichheit zuungunsten der Frauen.

 Gemeinsam statt gegeneinander

 Die Anliegen der Männerverbände konzentrieren sich keineswegs allein auf die Frage des Unterhalts und der Alimente. Manche Verbände wie die Männerpartei fordern auch die Wehrpflicht für Frauen oder ein einheitliches Rentenalter mit 65 Jahren. Kritisiert wird, dass viele Gleichstellungsbüros vor allem die Belange von Frauen berücksichtigten.

 Die Sensibilitäten in den Männerbewegungen sind verschieden. In antifeministischen Strömungen finden sich die radikalsten Kräfte. "Für uns ist der Antifeminismus der falsche Weg", sagt Markus Theunert. Es müsse stets einen Geschlechterdialog geben im Hinblick auf eine echte Gleichstellung von Mann und Frau. Die Frage dürfte heute nicht lauten: Geht es den Männern oder den Frauen "schlechter"? Die entscheidende Frage muss laut Theunert heissen: "Wie können Männer und Frauen gemeinsam das Projekt <Chancengleichheit> zum Wohl aller gestalten?"

--

KOPF DES TAGES

 Der Chauvinist

 Er hat eigentlich nichts gegen Frauen. Nur gegen solche, die schlecht angezogen sind, die ihre "feminine Seite nicht zeigen", kurz: gegen die "zerlumpten Vogelscheuchen". René Kuhn schimpfte letztes Jahr auf seiner Webseite gegen "linke Emanzen", die "in Lumpen herumlaufen, keinen Schmuck tragen und keine Schminke gebrauchen". Für den 43-Jährigen eine Zumutung, dass man täglich diese "linken, ungepflegten, verfilzten Weiber" anschauen müsse, wie er damals schrieb.

 Kuhns Tiraden lösten im Sommer 2009 einen Aufschrei in Politik und Medien aus und kosteten den Luzerner letztlich das Amt des Präsidenten der Stadtluzerner SVP sowie den Sitz im Stadtparlament. Nach massiver Kritik - auch aus der eigenen Partei - krebste Kuhn zwar zurück und erklärte in einer Stellungnahme auf seiner Homepage, er habe mit seinen Aussagen "eine kleine Minderheit linker Frauen" gemeint. Es nutzte nichts - Kuhn hatte mit seinen provokanten Äusserungen seiner politischen Karriere ein Ende gesetzt.

 Mit dem Ende dieser 20jährigen Karriere öffnete sich für Kuhn ein "neues Lebenskapitel", in dem er sich voll und ganz dem Kampf gegen den Feminismus widmet. Im Januar veröffentlichte der Informatiker ein Buch, indem er seine fragwürdigen Einsichten über das Wesen und Erscheinungsbild der Schweizer Frauen darlegt: "Zurück zur Frau - weg mit den Mannsweibern und Vogelscheuchen. Ein Tabubruch."

 In dem Buch lässt sich Kuhn lautstark über "schlampige Ehefrauen" aus, über die berufliche Verhätschelung und die Privilegien der Frau und über Chefbeamtinnen, die "rumlaufen wie ein Clochard". Inhaltlich kohärent leistete sich der Luzerner mit der glatt polierten Glatze und der markanten Brille in dem Buch auch gleich einen Rundumschlag gegen "linke Medien" und Politiker.

 Die polemische und chauvinistische Wortwahl und das negative Frauenbild des 200seitigen Werks scheint bislang nur wenige anzusprechen. Das Buch bleibe in den Läden liegen, berichtete "20 Minuten" im vergangenen Mai. Dafür hatte Kuhn dazumal eine ganz einfache Erklärung: Die "linken Buchverkäuferinnen" seien schuld, dass sein Werk ein Ladenhüter sei. Über seine Webseite seien dagegen Tausende Bücher verkauft worden.

 Nun hat sich der Luzerner erneut ins mediale Rampenlicht begeben: Als Gründer der "Interessengemeinschaft Antifeminismus" setzt er sich für die wahre Gleichberechtigung der Geschlechter ein. Im Kampf gegen "die destruktive feministische Ideologie" stellte er das erste internationale Antifeminismustreffen auf die Beine. Nach massiven Protesten aus linken Kreisen findet das Treffen morgen an einem geheimen Ort statt.

 Viel lieber als die hiesigen Frauen sind Kuhn die Russinnen, die einfach besser "zu sich schauen und sich demzufolge auch weiblich kleiden und bewegen". Da erstaunt es auch nicht, dass er seit sechs Jahren mit Oxana verheiratet ist, einer Südrussin, die er 2001 in die Schweiz gebracht hatte. (hae)

---

20 Minuten 29.10.10

Antifeminismus Was hinter der Polemik von René Kuhn steckt.

 Unbehagen der Männer

Von Markus Theunert*

 Die IG Antifeminismus von René Kuhn hat mit derben Sprüchen und einem Kongress viel Publizität geschaffen. Doch was sagen uns die wütenden Parolen? Sie sind der Ruf einer wachsenden Zahl von Männern, die sich als Emanzipationsverlierer erleben. Ein Warnsignal. Und ein Appell, Gleichstellungspolitik neu zu denken.

 In der Schweiz ist Gleichstellungspolitik weitgehend Frauensache. Die Gleichstellungsbüros sind frauendominiert. Das Gleichstellungsgesetz zielt nur auf das Erwerbsleben - und meint damit faktisch Frauenförderung (oder bestenfalls Männerermunterung). Das Problem: Die Benachteiligungslage ist heute nicht mehr eindeutig. Sicher, die Frauen sind bezüglich Macht und Geld immer noch im Hintertreffen. Doch auch den Männern verlangen die traditionellen Rollen einen hohen Preis ab. Männer leisten Militärdienst, arbeiten länger und sterben früher. Sie führen in so ziemlich allen Kategorien unerwünschten Verhaltens: Suizid, Morde, tödliche Verkehrsunfälle, Herzinfarkte, Schulabbrüche, Burnout, Stress, Rauchen, Trinken.

 Die nach wie vor notwendige Frauenförderung durch Männerförderung zu ergänzen, ist ein Gebot der Stunde. Konkret: Väter in die Familien, Bubenarbeit in die Schulen, Mentoren zu den Jugendlichen, Männer in die Gleichstellungsinstitutionen. Sogar die konservative deutsche Bundesregierung setzt auf "eine eigenständige Jungen- und Männerpolitik". Die Schweiz hat hier Nachholbedarf.

 Moderne Gleichstellungspolitik ist aber mehr als Frauenpolitik und Männerpolitik. Wir haben nicht weniger als die historische Chance, eine geschlechtergerechte Gesell- schaft zu realisieren. Wenn wir sie nutzen wollen, brauchen wir den Geschlechterdialog auf Augenhöhe, das Aushandeln einer gemeinsamen Perspektive. Das gilt für den Küchentisch wie für die Bundespolitik. Diesem Dialog sind einseitige Opferhaltungen, Schuldzuweisungen und Polarisierungen abträglich - egal, ob sie von Männer- oder Frauenseite kommen.

 * Markus Theunert ist Präsident von männer.ch, dem Dachverband der Schweizer Männer- und Väterorganisationen und Mitglied der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen.

---

NLZ 29.10.10

Versammlungsort bleibt geheim

Antifeminismus

 rgr. Weit über 1000 Mitglieder zählt heute laut René Kuhn seine "IG Antifeminismus". "Darunter sind 10 bis 15 Prozent Frauen", sagt der ehemalige Luzerner SVP-Grossstadtrat. Das erste internationale Treffen der IG soll morgen Samstag im Kanton Zürich stattfinden - allerdings bleibt der Versammlungsort weiterhin geheim, nachdem ein "Bündnis gegen das Antifeminismus-Treffen" in Uitikon ZH zu einer Kundgebung am Samstag aufgerufen hatte. Ursprünglich plante René Kuhn, sein Treffen in Uitikon abzuhalten. Dort kam es diese Woche zu Schmierereien am Gemeindehaus, welche von Linksaktivisten verübt worden waren.

  "Wir werden die 150 angemeldeten Gäste aus Sicherheitsgründen zu gegebener Zeit über den Austragungsort informieren", sagte Kuhn gestern. Er spricht von einem "Armutszeugnis", dass man in der Schweiz "derart eingeschüchtert" werde.

---

Indymedia 28.10.10

Gemeinsam gegen Sexismus - dem Rechtsruck entgegentreten ::

AutorIn : Bündnis gegen den Antifeminismuskongress         

Aufgrund der veränderten Bedingungen ruft das Bündnis gegen das Antifeminismustreffen zu einer Kundgebung am Samstag 30. 10. 2010 um 12 Uhr am Central in Zürich auf.     
    
Verschiedene Aktionen haben in dieser Woche bewirkt, dass der Antifeminismuskongress nicht wie geplant in Uitikon stattfindet. Dies hat deutlich gemacht, dass solche reaktionären Veranstaltungen nicht hingenommen werden müssen, sondern angreifbar sind. Die vielfältigen Proteste sind ein starkes Zeichen für den Frauenkampf.
Es soll jedoch nicht einfach darum gehen, diesen Kongress zu bekämpfen, sondern auch, ihn als Teil einer gesellschaftlichen Tendenz kenntlich zu machen. Denn solche Anlässe entstehen aus einer politischen Gundstimmung heraus und setzten ihrerseits die Agenda für die öffentliche Diskussion. Das Antifeminismustreffen reiht sich ein in einen gesellschaftlichen Rollback, in dem die nach wie vor himmelschreiende ökonomische und sexuelle Ausbeutung von Frauen zunehmend kaschiert oder unter Bezug auf angeblich natürliche Gechlechterverhältnisse legitimiert wird. Feministische Forderungen werden immer mehr lächerlich gemacht und geraten unter Rechfertigungsdruck. Dieser Rollback ist, wie der gesamte derzeitige Rechtsruck, nicht zuletzt eine Folge der aktuellen ökonomischen Verschärfungen: Mit der zunehmenden sozialen Destabilisierung hat die Propaganda der "Sicherheit" Hochkonjunktur und damit Konstrukte wie nationale Identität, gemeinsame Leistungsmoral oder "natürliche" Geschlechterordung. Dazu gehört auch die Hetze gegen die "Feinde" dieser angeblichen Sicherheiten, seien es MigrantInnen oder "Sozialschmarotzer".
Wir lassen nicht zu, dass die letzten Reste gesellschaftlicher Solidatität aufgekündigt werden. Unsere Antwort auf den Rechtsruck lautet: Feminismus, Widerstand, internationale Solidarität. Mit dem Protest gegen den Antifeminismuskongress ist es nicht getan. In Sachen Feminismus gibt es noch einen Haufen zu tun!!!!!!!

---

http://www.aufbau.org/index.php?option=content&task=view&id=896

---

Südostschweiz 28.10.10

Männer fordern echte Gleichberechtigung für sich ein

 Der Konflikt um das erste Anti- feminismus-Treffen verstellt den Blick auf die zugrunde liegenden Probleme vieler Männer. Vor allem geschiedene Väter fühlen sich in Sorgerechtsfragen diskriminiert.

 Von Gerhard Lob

 Zürich. - Jetzt ist klar: Das erste Antifeminismus-Treffen der Schweiz wird am Samstag im Raum Zürich stattfinden. An einem unbekannten Ort. Nachdem linke Aktivisten und Anti-Antifeministen Demos angekündigt hatten und bereits Anschläge mit Farbbeuteln erfolgt sind, zog der Wirt des Event-Lokals "Giardino Verde" im zürcherischen Uitikon seine Zusage für die Interessengemeinschaft Antifeminismus (Igaf) zurück. Die rund 150 Teilnehmer sollen nun im letzten Moment über den neuen Veranstaltungsort informiert werden. Hinter dem Treffen steckt im Übrigen der höchst umstrittene ehemalige Luzerner SVP-Grossrat René Kuhn, der Feministinnen bereits als "zerlumpte Vogelscheuchen" bezeichnet hatte.

 Die Verlagerung der Veranstaltung an einen geheimen Ort hat zahlreiche Diskussionen ausgelöst. Für die Männerpartei der Schweiz ist klar: "Wir danken Euch Krawallisten! Ihr zeigt auf, dass wir recht haben und das Ungleichgewicht dringend wieder hergestellt werden muss." Selbst der Dachverband der Schweizer Väter- und Männerorganisationen männer.ch, der die Veranstaltung ablehnt, zeigt sich entrüstet. "Es muss möglich sein, dass so eine Veranstaltung in der Schweiz stattfindet, auch wenn man ihre Inhalte nicht teilt", sagt Verbandspräsident Markus Theunert.

 Immer mehr Männer sind wütend

 Das Hickhack um die Veranstaltung birgt vor allem die Gefahr, dass über die eigentlichen Probleme wenig gesprochen wird. Dabei ist Tatsache: Männer fühlen sich zusehends diskriminiert. Nach jahrzehntelangen Forderungen der Frauen nach gleicher Mitsprache und gleichen Löhnen erheben sich nun Männer, denen die Gleichstellungsforderungen der Frauen zu weit gehen. "Es gibt eine wachsende Anzahl von Männern, die wütend sind", so Theunert.

 Eines der grossen Probleme zeigt sich bei geschiedenen oder getrennt lebenden Vätern. Hohe Unterhaltszahlungen und mangelndes Mitspracherecht bei der Erziehung der Kinder führen oft zu Dauerfrust. In 95 Prozent aller Fälle erhält die Mutter das Sorgerecht. Das gemeinsame Sorgerecht ist immer noch eine Ausnahme in der Schweiz, auch wenn dies bald geändert werden soll. Seine Kinder sieht der Vater nur an einem Nachmittag in der Woche sowie jedes zweite Wochenende. Nach einer Scheidung verbleiben Mutter und Kinder im Regelfall im bisherigen Heim, während sich der Vater ein neues Zuhause suchen muss. "Die Väter verlieren Haus und Kinder, umgekehrt kommen extreme finanzielle Verpflichtungen auf sie zu - es ist ein Desaster", meint der Fotograf Adriano Heitmann aus Stabio, der zu den Gründungsmitgliedern der Männerbewegung Papageno gehört.

 Am Existenzminimum

  "Geschiedene Väter leben effektiv häufig am Existenzminimum, vor allem solche aus der Mittelschicht", räumt eine Scheidungsanwältin auf Anfrage ein. Ihren Namen will die Anwältin nicht in der Zeitung lesen, denn beruflich muss sie für ihre - vorwiegend weiblichen - Kunden in Trennungs- und Scheidungsfällen das Maximum rausholen. Man müsse aber berücksichtigen, fügt sie an, dass häufig Mütter auf Erwerbstätigkeit verzichteten und sich der Kindererziehung widmeten. Die Gerichte würden diesem Umstand natürlich Rechnung tragen.

 Wehrpflicht für alle gefordert

 Die Anliegen der Männerverbände konzentrieren sich aber keineswegs auf Fragen zu Unterhalt und Alimenten. Die Männerpartei etwa fordert die Wehrpflicht für Frauen und ein einheitliches Rentenalter von 65 Jahren. Kritisiert wird auch, dass viele Gleichstellungsbüros vor allem die Belange von Frauen berücksichtigen.

 Die Sensibilitäten in den Männerbewegungen sind verschieden. In antifeministischen Strömungen finden sich auch radikalste Kräfte. "Für uns ist der Antifeminismus aber der falsche Weg", sagt Markus Theunert. Es müsse stets einen Geschlechterdialog geben in Hinblick auf eine echte Gleichstellung von Mann und Frau. Die Frage dürfe heute nicht lauten: Geht es den Männern oder den Frauen "schlechter"? Die entscheidende Frage sei: "Wie können Männer und Frauen gemeinsam das Projekt Chancengleichheit zum Wohl aller gestalten?"

---

Le Temps 28.10.10

René Kuhn, ou la provocation dérangeante de l'antiféminisme

 Il avait déjà choqué avec des propos machistes. L'ex-président de l'UDC de la ville de Lucerne coorganise un congrès antiféministe qui ne passe pas inaperçu

Anne Fournier, Zurich

 L'homme est un peu débordé, depuis le début de la semaine. Surtout exaspéré. Demandé de toute part, dit-il, car le Congrès antiféministe prévu ce week-end à Zurich fait des mécontents. "C'est la preuve que nos idées touchent", estime René Kuhn, le plus médiatique des organisateurs.

 Très vite, il insiste, comme s'il redoutait d'être mal compris: il aime les femmes. Les femmes qui "respectent l'égalité des sexes". Les "féministes", elles, l'horripilent. Comprenez, "ces dames qui réclament plus de droits pour les femmes aux dépens des hommes". Surtout, il est agacé que le public n'ait pas eu vent du réel motif de son engagement, soit "les injustices subies par les hommes lors de divorces". Un peu Calimero, celui qui jusqu'ici a souvent porté le qualificatif de "macho".

 A 43   ans, cet informaticien lucernois, amoureux de voyages, de cigares et de ses dames (sa femme russe Oxana et sa fille de 5   ans) est l'un des promoteurs de cette rencontre jusqu'ici inédite en Suisse qui devrait avoir lieu samedi. "Devrait", car sa tenue suscite des réactions. Après les refus de certains établissements, ce sont, le week-end dernier, les agressions d'activistes de gauche, notamment sur les murs d'un restaurant pressenti pour l'occasion, qui ont exaspéré les organisateurs. Qu'à cela ne tienne. L'adresse sera tenue secrète, communiquée aux seuls participants. On en espère entre 150 et 200 pour parler des problèmes de pères divorcés, lésés par les revendications de femmes. René Kuhn: "J'ai reçu tant de messages d'hommes désemparés que j'ai jugé bon de m'engager." Il précise: "Je n'ai pas de problème de couple mais ces témoignages m'ont empêché de dormir."

 Qui est donc ce bon samaritain? En 2009, cet ex-président de l'UDC de la ville de Lucerne publie sur son blog des propos désobligeants sur les femmes de gauche, qualifiées d'"épouvantails à moineaux" en raison de leur apparence (celles de Suisse alémanique, précise-t-il au téléphone). C'est de retour d'un voyage en Russie avec son épouse qu'il a été "choqué": "En Suisse, même à 2   mètres d'une femme on peine parfois à remarquer qu'elle n'est pas un homme. Mais c'est mon opinion!" Le sieur n'a pas été compris de tous et sa carrière politique a été stoppée.

 Deux ans et un livre plus tard, son âme de combattant est toujours vive, d'où son affiliation à la communauté d'intérêts anti-féministe IGAF créée en avril et qui compterait 800 membres. Elle prétend dénoncer les femmes qui abusent des lois pour exercer une vengeance et accuser faussement les hommes de violence.

  "On peut penser ce qu'on veut des antiféministes mais leur existence prouve que les hommes ont commencé à chercher une nouvelle façon d'être homme", suggérait récemment une chroniqueuse du Tages-Anzeiger. René Kuhn préfère lui se dire "lucide" et avoue que le titre "antiféministe" a été choisi parce qu'il lui sied de provoquer. "Nous voulons simplement échanger nos idées."

 Or, la provocation ne séduit pas ceux qui pourraient l'être, soit les   représentants d'associations d'aide aux hommes, si l'on en croit Werner Huwiler, du "Mannebüro" de Zurich. "Ce n'est pas en disant de manière univoque et frustrée que les hommes sont victimes du divorce que l'on résout les problèmes. Aujourd'hui, avec les lois en vigueur, la discussion est possible dans le partage des responsabilités, estime-t-il. Même s'il y aura toujours des perdants."

 Professeure d'histoire contemporaine à l'Université de Berne, Brigitte Studer estime pour sa part ce genre de groupe "très marginal": "Au-delà de sa vision simpliste du féminisme, il incarne un combat d'arrière-garde dans un contexte de retour à la tradition de mouvements néo-conservateurs. En fait, c'est d'abord une posture politique, une hostilité à l'émancipation des femmes. Au début du XXe   siècle, ce mouvement s'est manifesté, notamment pour défendre les "différences naturelles", dénoncer une confusion des rôles entre hommes et femmes. Dans un contexte de crise, ce genre d'espace peut offrir un champ d'expression aux problèmes du quotidien."

 N'empêche: la démarche des antiféministes - avec ou sans complications organisationnelles - ne laisse pas indifférent, preuve en est la résistance qu'elle suscite. En Suisse alémanique, elle se greffe sur un discours autour du rôle des sexes qui, ces dernières années, a pris racine auprès de certains conservateurs. Ceux-ci critiquent les budgets alloués aux Bureaux de l'égalité ou - à un autre niveau - le congé maternité jugé irresponsable pris par la cheffe d'ABB Suisse.

 Rédacteur en chef de la Weltwoche, Roger Köppel se rallie à ces critiques. "C'est la nécessité d'assumer le rôle que l'on s'est donné", explique-t-il. Son magazine a fait des rapports homme-femme un refrain quasi hebdomadaire, "parce que nous oublions que les femmes représentent le sexe fort malgré tout ce qu'ont voulu faire croire le féminisme et son orthodoxie", assure-t-il. Pourtant, il estime ce congrès antiféministe dépassé dans ses revendications. "Il est surtout essentiel de redéfinir le rôle alloué à l'Etat dans les relations familiales."

---------------------------------
AUSSCHAFFUNGEN
----------------------------------

Basler Zeitung 28.10.10

Abschiebungen ins Elend

 Die Schweiz schafft anders als EU-Staaten weiter nach Griechenland aus

Renato Beck

 Die UNO spricht von einer humanitären Krise im griechischen Asylwesen und fordert dazu auf, vorerst keine Flüchtlinge mehr abzuschieben. Die Schweiz hat seit Anfang Jahr trotzdem 40 Personen zurückgeschafft.

 Der jüngste Appell der UNO ist erst zwei Tage alt: Am Dienstag rief das Flüchtlingshochkommissariat UNHCR die Mitgliedstaaten der EU dazu auf, keine Asylbewerber aufgrund des Dublin-Abkommens nach Griechenland auszuschaffen. Dublin II, das auch von der Schweiz unterzeichnet wurde, bestimmt, dass Asylbewerber in jenen Staat zurückgebracht werden können, in dem sie die EU-Aussengrenze überquert haben. Griechenland gilt als eines der wichtigsten Eingangstore für Flüchtlinge in die EU, vor allem aus der Türkei sollen täglich Hunderte illegal einreisen.

 Mit der Situation kommt das Land nicht zurecht. UNHCR spricht von einer humanitären Krise im griechischen Asylwesen: "Die meisten Asylsuchenden erhalten keine Unterstützung, viele leben auf der Strasse, müssen in Parks oder leerstehenden Gebäuden schlafen." Für die Flüchtlinge sei es fast unmöglich, überhaupt ein Asylverfahren zu erhalten, weil der griechische Staat kein funktionierendes Asylsystem habe. Diese Woche traten deshalb laut UNHCR 25 Asylsuchende aus Iran in einen Hungerstreik. Sieben nähten sich die Münder zu. Sie campierten über ein Jahr in Athen, ohne eine Antwort auf ihr Asylbegehren zu erhalten. Auch Misshandlungsvorwürfe wurden laut: UNHCR berichtet über Fälle von Polizeigewalt gegen inhaftierte Asylsuchende. Manfred Nowak, UN-Sonderberichterstatter für Folter, bezeichnet die Haftbedingungen als "unmenschlich und erniedrigend".

 Gerichte schreiten ein. Zahlreiche EU-Staaten, darunter Dänemark, Grossbritannien und die Niederlande haben aufgrund dieser Zustände reagiert und schieben vorerst keine Asylbewerber mehr nach Griechenland ab. Gestern stoppte auch das Verfassungsgericht in Österreich eine Abschiebung, und in Deutschland befindet dieselbe Instanz heute in einem Grundsatzentscheid zum Rechtsschutz bei Abschiebungen im Dublin-Verfahren.

 In der Schweiz werden trotzdem weiter Asylbewerber nach Griechenland abgeschoben. Seit Anfang Jahr sind es laut dem Bundesamt für Migration (BFM) 40. Einzig besonders Schutzbedürftige, sogenannt "vulnerable persons", müssen derzeit nicht nach Griechenland zurück. Darunter fallen Familien mit Kindern, Alte, Kranke und Minderjährige. Im Februar wurde die Regelung aufgrund der prekären Lage entsprechend angepasst. Bevor die Schweiz die Abschiebungen ganz aussetzt, wartet sie laut BFM auf einen Entscheid der EU-Kommission.

 Wie lange die Schweiz diese Praxis noch aufrechterhalten kann, ist fraglich. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bereits angekündigt, sämtliche Abschiebungen nach Griechenland zu untersagen, die an das Gericht herangetragen werden.

---

Basler Zeitung 28.10.10

Forum
 
Gastbeitrag

Gegen doppelte Bestrafung

Anni Lanz, Basel

 Die Aktivistin für Menschenrechte (Solidarité sans frontières) lehnt Initiative und Gegenvorschlag zur Ausschaffung straffälliger Ausländer ab.

 Es sind keine Musterschüler, für deren Recht sich das "2 x Nein"-Komitee gegen Ausschaffungsinitiative und Gegenvorschlag starkmacht. Es sind Straffällige, meistens junge Männer. Doch es geht um Rechtsgleichheit für alle, ob mit oder ohne Schweizer Pass, nicht um Ideologie, sondern um die rechtsstaatlichen Prinzipien, dass eine Straftat gleich bestraft wird - unabhängig von der Herkunft - und eine Chance auf Wiedergutmachung gewährt wird. Menschenrechte muss man nicht durch Einbürgerung verdienen.

 Illegalisiert

Beide Vorlagen wollen mit detaillierten Strafkatalogen die Doppelbestrafung für Ausländer und Ausländerinnen in der Verfassung verankern. Das bestehende Ausländergesetz (AuG) ist schon problematisch und geht sehr weit, wie etwa der Niederlassungsentzug eines mir bekannten jungen Mannes zeigt: Da er ein Delikt beging, wurde ihm während seiner Strafhaft die C-Bewilligung entzogen. Sein Schweizer Vater hatte ihn als Kind hierher geholt, da er in seinem zerrütteten Land alle Familienangehörigen verloren hatte. Der Vater hatte keine Zeit für den Sohn, so geriet dieser auf die schiefe Bahn. In Haft lernte er viel, bereute seine Tat. Nun ist er "illegalisiert", Arbeit und Ausbildung sind ihm verboten. Er darf nur eines: in sein ihm entfremdetes Herkunftsland ausreisen.

 Das AuG sieht Widerruf der Aufenthaltsbewilligung bei längerfristiger Freiheitsstrafe vor. Doch für Niedergelassene setzt es höhere Hürden, berücksichtigt familiäre Verhältnisse und Anwesenheitsdauer in der Schweiz. Initiative und Gegenvorschlag hingegen fordern zwingend eine Wegweisung nach bestimmten Delikten und Strafmassen, auch wenn die straffällige Person ohne Schweizer Pass schon in der zweiten oder dritten Generation hier lebt.

Hart für Familien

Der Widerruf erfolgt in beiden Vorlagen nicht nur bei schweren Delikten; diese werden durch geringere ergänzt: Bei der Initiative missbräuchlicher Sozialhilfebezug, beim Gegenvorschlag mehrere Geldstrafen - summiert auf 720 Tagessätze innert zehn Jahren. Vor Ausschaffung wegen Betrug brauchen sich freilich Ausländer der Wirtschaftselite nicht zu fürchten, da es bei ihnen selten zu nachhaltigen Anklagen kommt.

 Beide Vorlagen zielen auf Ausländer, die lange hier leben. Neu Zugereiste erhalten, werden sie straffällig, erst mal gar keine Aufenthaltsbewilligung. Widerruf trifft aber nicht nur lang anwesende Straffällige hart. Ganze Familien werden auseinandergerissen oder mitausgewiesen. So verlieren Kinder und Ehefrau eines Straffälligen ohne Schweizer Pass, je nach Aufenthaltsstatus, entweder den Vater und Partner oder ihr Aufenthaltsrecht.

 Wer einmal strauchelt, soll von Angehörigen getrennt, ausgewiesen werden? Wer wirft den ersten Stein? Nein zu beiden Vorlagen heisst, das Prinzip der Rechts- und Chancengleichheit zu verteidigen.

 Kinder und Ehefrau eines Straffälligen ohne Schweizer Pass verlieren Vater, Partner oder Aufenthaltsrecht.

---

Blick am Abend 27.10.10

Da staunte der Kerl mit dem Kopftuch

 KAMPAGNE

 Die SVP hat ihre Brutalo-Models nicht gefragt.

 Die SVP will mit abschreckenden Fotos gewalttätiger ausländischer Mitbürger um Stimmen für die Ausschaffungsinitiative werben. Doch wer lässt sich schon gerne als Kinderschänder oder Vergewaltiger an die Wand plakatieren?

 Die PR-Agentur der SVP suchte nach "Kriminellen" oder "Betrügern". Bei iStockphoto, einem kanadischen Anbieter für lizenzfreie Bilder, wurde sie fündig. Für unter hundert Franken kaufte sie die Fotos, wie die "Aargauer Zeitung" berichtet. Dann einen schwarzen Balken über die Augen gelegt und schon wurde aus dem posierenden Gangster ein Vergewaltiger, aus dem Autoverkäufer ein Sozialbetrüger und aus einem anderen Fotomodell ein Kinderschänder.

 Die Aufregung bei iStockphoto und dem Fotografen Milan Zeremski ist gross: "Fotos von uns dürfen auf diese Weise nicht für politische Kampagnen verwendet werden."

 Die SVP ist sich keiner Schuld bewusst und steht hinter ihren Plakaten. gtq

----------------------
ANTI-ATOM
----------------------

Bund 30.10.10

Komitee für den Atomausstieg 2039

 Vor der städtischen Volksabstimmung vom 28. November hat sich ein weiteres Komitee "Atomausstieg 2039 - Ja zum vernünftigen Gegenvorschlag" gebildet. Es wirbt für den Gegenvorschlag des Gemeinderates zur Volksinitiative "Energiewende Bern". Der Gegenvorschlag sieht einen Ausstieg bis 2039 vor, die Initiative fordert ihn bis etwa 2030.

 Mitglieder sind Persönlichkeiten aus der SP und den grünen Mitte-Parteien, darunter Nationalrat Alec von Graffenried (Grüne), der Fraktionschef der Grünliberalen, Michael Köpfli, und der SP-Stadtrat und Unia-Gewerkschafter Ruedi Keller.

 Das Komitee bevorzugt den Gegenvorschlag, weil er eine längere Frist zum Atomausstieg vorsieht als die Volksinitiative. Der "überhastete Ausstieg birgt finanzielle Risiken", schreibt es in einer Mitteilung. Wie der Gemeinderat will das Komitee die Erträge aus der Beteiligung des stadteigenen Werks Energie Wasser Bern (EWB) am AKW Gösgen bis 2039 für Investitionen in erneuerbare Energien nutzen. "Wir wollen den Wert unserer Beteiligung an Gösgen ausschöpfen, anstatt sie irgendeinem Investor zu überlassen", sagt Komiteesprecher und SP-Stadtrat Beat Zobrist.

 Bei der Stichfrage wirbt das Komitee für den Gegenvorschlag. Ansonsten treten die Komiteemitglieder jedoch laut Zobrist für ein doppeltes Ja zu Gegenvorschlag und Initiative ein. "Die Annahme der Initiative ist uns lieber als gar kein Ausstieg aus der Atomenergie", sagt Zobrist. (st)

---

BZ 30.10.10

Atomausstieg

 SP ist sich uneins

 Ein drittes Komitee setzt sich für den Atomausstieg der Stadt Bern bis 2039 ein. Mit von der Partie sind auch einige SP-Politiker.

 Der Ausstieg aus der Atomenergie bis 2030 käme die Stadt teuer zu stehen, warnt der städtische Energieversorger EWB. Realistisch sei der Gegenvorschlag zur Initiative Energiewende mit dem Ziel 2039. Das leuchtet Exponenten der GFL, GLP, SP und Gewerkschaften ein. Sie gründen deshalb laut einer Mitteilung ein drittes Komitee, das sich explizit zum Gegenvorschlag des Gemeinderats bekennt. Sie setzen einen anderen Akzent als das Komitee Energiewende Bern. Insbesondere die SP ist damit gespalten: Die Stadträte Beat Zobrist, Ruedi Keller und Nicola von Greyerz grenzen sich von der Initiative des Grünen Bündnisses ab. Der überhastete Ausstieg gefährde die Selbstständigkeit von EWB und würde zur Vernichtung von 350 Millionen Franken führen. Das Co-Präsidium des Komitees teilen sich der grüne Nationalrat Alec von Graffenried und die langjährige GFL-Grossrätin Lilo Lauterburg. Die Volksabstimmung findet am 28. November statt.
 cab

---

Aargauer Zeitung 30.10.10

Atomkritik an Axpo und Aargau

 Weil sich im Atomkraftwerk Beznau auch Brennstäbe aus dem russischen Majak befinden, stehen die Axpo und die Aargauer Regierung in der Kritik. In Majak ist die Umgebung seit einem Unfall grossflächig radioaktiv verseucht. Die Axpo betont dazu, sie beziehe die Brennelemente von der Areva und diese wiederum von Unterlieferanten aus Russland. Wenn Majak oder andere Unterlieferanten die internationalen Umweltstandards nicht einhalten können, werde die Axpo über die Konsequenzen befinden. Die Aargauer Regierung bestehe darauf, "dass in allen Bereichen unserer Gesellschaft die Umweltvorgaben strikt einzuhalten sind", schreibt Landammann Peter C. Beyeler dazu. Per Auftrag im Parlament fordern die Grünen die fristlose Auflösung der Verträge und eine lückenlose Information. (lü)Seite 13

--

Majak-Brennstäbe heizen Regierung ein

AKW Beznau Kritik an der Axpo wegen Brennstäben aus dem verseuchten Majak in Russland

Hans Lüthi

 Die Axpo wirbt gerne mit ihrem sauberen, weil fast CO-freien Strom aus den Atomkraftwerken, vor allem aus dem eigenen am Standort Beznau in Döttingen. An der sauberen Weste hafte einiger Schmutz, behaupten die AKW-Gegner von Greenpeace. Konkret werfen sie der Axpo vor, sie setze auch wiederaufbereitetes Uran aus der Anlage im russischen Majak ein. Dort ist die Gegend seit einer Explosion vor über 50 Jahren grossräumig radioaktiv verseucht (siehe Box). Gemäss Vorwürfen von Greenpeace geht die Anlage auch heute noch unsorgfältig bis fahrlässig mit dem radioaktiven Material um.

 Bezug vom Lieferanten Areva

 Die Frage an die Axpo, warum sie überhaupt aus so fragwürdigen Quellen Brennstäbe beziehe, beantwortet Mediensprecherin Anahid Rickmann schriftlich so: "Die Axpo bezieht das im Kernkraftwerk Beznau verwendete wiederaufbereitete Uran nicht direkt von einer Wiederaufbereitungsanlage, sondern vom Brennstofflieferanten Areva." Dieser wiederum lasse die Brennstäbe von einem russischen Unterlieferanten fertigen, der Uran aus diversen Anlagen beziehe, darunter sei auch Majak. "Wir prüfen diese Verträge", verspricht die Axpo, aber bei der Lieferkette über diverse Unternehmen und Staaten sei das ein Prozess, der einige Zeit beanspruche. "Wir wollen zuerst volle Klarheit, dann werden wir entscheiden." Falls die beteiligten Wiederaufarbeitungsanlagen internationale Umweltstandards nicht einhalten sollten, "wird die Axpo über Konsequenzen befinden müssen", schreibt Rickmann.

 Konflikt mit Umwelt-Deklaration

 Für die Axpo steht ein grosses Stück Glaubwürdigkeit auf dem Spiel, sie selber schreibt: "Wir haben als erster KKW-Betreiber begonnen, Transparenz über die gesamte Lieferkette zu schaffen." Diese Selbstdeklaration zur Nachhaltigkeit bedeute, "dass alle an der Lieferkette beteiligten Unternehmen internationale Umwelt- und Qualitätsstandards zum Schutz der Mitarbeiter, der Bevölkerung und der Umwelt einhalten". Majak-Brennelemente wurden zwischen 2004 und 2010 in der Beznau eingesetzt, sie werden während 6 Jahreszyklen im Reaktorkern Energie erzeugen. Ein weiterer Vertrag mit Areva läuft laut Axpo bis zum Jahr 2020.

 Regierung will volle Transparenz

 Der Aargau erwarte, wie die anderen Aktionäre auch, dass die Axpo die Energie nachhaltig produziere und die nötige Transparenz schaffe, antwortet Landammann und Baudirektor Peter C. Beyeler auf eine entsprechende Frage. Die Argumentation des Kantons ist auffallend ähnlich wie jene des Stromkonzerns selber. Zu den Konsequenzen heisst es wörtlich: "Der Regierungsrat besteht darauf, dass in allen Bereichen unserer Gesellschaft die Umweltvorgaben strikt einzuhalten sind." Die Anstrengungen der Axpo für volle Transparenz seien zu begrüssen, die Kriterien der Nachhaltigkeit müssten konsequent angewendet werden. Und zur Sauberkeit: "Strom aus Kernkraftwerken ist sauber, denn sie stossen bei der Produktion kein CO aus - ausser einer beschränkten Menge in den vor- und nachgelagerten Prozessen", so die Sicht der Regierung.

 Aktionär Aargau mitbetroffen

 In seiner Interpellation schreibt Grossrat Beat Flach (GLP, Auenstein), Majak sei neben Tschernobyl "der verstrahlteste Ort der Welt". Die Axpo rede gerne von sauberem Strom. Wer aber zu den Bezügern von Majak gehöre, trage "eine Mitverantwortung für das Elend in dieser Region". Das Problem betreffe den Kanton Aargau ganz konkret, weil er mit seinen 28 Prozent Anteil an der Axpo (je 14% Kanton und AEW) zu den Hauptaktionären gehöre. Entsprechend kritische Fragen stellt Flach der Regierung und fordert eine umfassende Information und allenfalls eine fristlose Auflösung der Verträge. Zudem müsse die Herkunft des Brennmaterials offengelegt werden.

 Per Auftrag fordert die Fraktion der Grünen vom Regierungsrat einen lückenlosen Bericht über das Uran aus Majak und die Folgen für Menschen und Umwelt. Die Regierung solle die Axpo dazu bewegen, "die Verträge mit den russischen Lieferanten fristlos aufzulösen". In der Begründung schreiben die Grünen, die Kantone dürften nicht ungestraft die "schmutzigen Tatsachen verschweigen" und mit dem Slogan "sauberer Atomstrom" werben. Der Auftrag ist ausser von den Grünen auch von den Fraktionen der SP, GLP und EVP unterzeichnet worden.

 Russische Atombombe aus Majak

 Die Kernanlage Majak, 1500 Kilometer östlich von Moskau, hat einen fast so schlechten Ruf wie Tschernobyl. Die Russen entwickelten hier ab 1945 ihre ersten Atomwaffen. Wegen einer chemischen Reaktion explodierte am 29. September 1957 ein 250 Kubikmeter grosser Tank. Grosse Mengen radioaktiver Stoffe wurden in die Atmosphäre geschleudert. Durch die schlimmste Atomkatastrophe vor Tschernobyl wurden die Gewässer verseucht, 13000 Menschen mussten umgesiedelt werden. Während Jahrzehnten hielten die Russen den Unfall geheim. Auf dem Gelände waren bis zu zehn Kernreaktoren in Betrieb, seit 1991 nur noch zwei für medizinische, militärische und Forschungszwecke. Zudem gibt es in Majak heute eine Anlage zur Wiederaufarbeitung von Brennstäben und ein Lager für radioaktive Abfälle.

---

Oltner Tagblatt 30.10.10

Meine Meinung

 Penetrante Methoden der Atomlobby

 von Barbara Wyss Flück

 Ungefragt schickt mir das Nuklearforum Schweiz, im wattierten Spezialumschlag, eine CD mit dem Titel: Kernenergie für die Schweiz. Ich weiss nicht, wer alles diese Werbung bekommen hat. Ich habe aber herausfinden können, dass dieses Vorgehen offenbar seit Jahrzehnten System hat. Bereits die Vorgängerorganisation SVA (Schweizerische Vereinigung für Atomenergie) hatte in den Siebzigerjahren - vor der ersten Volksabstimmung über eine Atomausstiegsinitiative - die Schulen ungefragt flächendeckend mit einer Diaschau mit Atomkraftwerbung versorgt. Die Form hat sich geändert, die Inhalte sind geradezu erschreckend gleich geblieben: Unsere Atomkraftwerke sind die sichersten und radioaktive Strahlung gibt es sowieso in der Natur und überall und wenn wir nicht ..., werden uns die Lichter ausgehen (neu heisst es Stromlücke).

 Auch das Abfallproblem war damals und ist heute schon gelöst. Dass die Technik und das geplante Wirtsgestein nicht mehr dasselbe ist, ist ein vernachlässigbares Detail. Sogar die gescheiterte Technik des "Schnellen Brüters" wird wieder bemüht. Doch das Erschreckende für mich ist schliesslich weniger die einseitige "Produktewerbung", es ist vielmehr die Tatsache, mit welcher Vehemenz die entsprechenden Kreise bereits drei Jahre vor einer voraussichtlichen Volksabstimmung die Werbetrommel rühren. Und diese Vehemenz kostet uns nicht wenig. Sie kostet zig Millionen. Allein die Alpiq hat für die Atomkraftwerbung jährlich 6 Millionen vorgesehen. Das ist nur der offizielle Budgetposten, wie viele weitere Millionen durch die verschiedenen "Tarnorganisationen" in diese Werbung fliesst, lässt sich dank des "Beobachter"-Artikels vom 1. Oktober 2010 wenigstens grob abschätzen. Im eingangs erwähnten Werbemittel wird behauptet, die Atomkraftwerke funktionierten ohne Subventionen. Doch wir Stromverbraucher bezahlen mit unseren Tarifen diese Werbemaschinerie, dabei sind die Stromunternehmungen alle mehrheitlich im öffentlichen Eigentum.

 Mit dem entsprechenden politischen Willen könnte nicht nur diese einseitige Werbung verhindert werden, das Geld könnte ohne weiteres zur Förderung der Energieeffizienz - der weitaus umweltfreundlichsten Beseitigung der sogenannten Stromlücke eingesetzt werden. Dies wäre eine echte Problemlösung. Sie ist aber nicht im Sinne der AKW-Lobbyorganisation und kommt deshalb in der erwähnten Werbe-CD konsequenterweise nicht vor. Die Schweizer Stromkonzerne wollen das Volk von der Notwendigkeit neuer AKWs überzeugen. Die PR-Offensiven kosten Millionen, die wir über unsere Stromrechnung bezahlen.

 Die Atomkraft, durchs Nuklearforum und andere so penetrant und einseitig beworben, bedeutet für mich, gerade auch im Hinblick auf die nachfolgenden Generationen eine Hypothek, die ich nicht unterstützen kann. In Olten aufgewachsen, hat mich Gösgen politisiert - ich bleibe bei meiner Meinung.

 Barbara Wyss Flück, Solothurn, Sozialarbeiterin und Familienfrau. Als Grüne-Kantonsrätin gehört sie der Umbawiko, Umwelt-, Bau- und Wirtschaftskommission an.

---

Tagesanzeiger 29.10.10

Der "saubere" Atomstrom der Axpo stammt aus schmutzigem Uran - bis 2020

 Die Axpo bezieht für ihre Atomkraftwerke Uran aus heiklen russischen Quellen - und zwar bis 2020. Nun machen die Grünen Druck.

 Von Maurice Thiriet

 Die Axpo betont bei jeder Gelegenheit, wie sauber Atomstrom sei. Zu Unrecht, wie die "Rundschau" Anfang September berichtete. Die Axpo bezieht das Uran für ihre Atomkraftwerke vom russischen Anbieter Elektrostahl. Dieser wiederum lässt die Brennelemente im russischen Majak vorproduzieren. In und um Majak haben unabhängige Forscher in Boden und Wasser ähnliche Strahlenwerte wie in Tschernobyl gefunden. Ein Experte im Auftrag von Greenpeace bezeichnete Majak als den "dreckigsten Ort auf der Welt, den man sich für die Vorproduktion von Brennelementen vorstellen kann".

 Die Axpo sagte dem "Rundschau"-Team neun Monate lang, dass die Abklärungen, woher das Uran stamme, "derzeit vorgenommen" würden. Ein Kadermann der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) erklärte dem Reporterteam indes nach einmaliger Anfrage, dass aus Russland exportiertes Uran für Atomkraftwerke nur aus Majak und von nirgendwo anders stammen könne.

 Hat die Axpo gelogen?

 Auf dem heissen Stuhl der "Rundschau" versuchte Axpo-CEO Manfred Thumann den Schaden zu begrenzen und sagte wörtlich: "Der Brennstoffliefervertrag, den wir dort haben, der ist praktisch erfüllt." In Tat und Wahrheit läuft der Liefervertrag für Brennelemente aus Majak aber noch bis 2020 weiter, wie die Aargauer Grünen bei den russischen Zulieferern in Erfahrung gebracht haben. Eine Sprecherin der Axpo bestätigte auf Anfrage des TA, dass die Verträge bis 2020 laufen.

 Die Grünen fordern nun in einem Vorstoss, den auch die Fraktionen der SP, der GLP und der SD unterzeichnet haben, die Aargauer Regierung müsse darauf hinwirken, dass der entsprechende Vertrag gekündigt werde. Und Thumann solle die "Konsequenzen" tragen für seine "falschen Angaben". Der Kanton Aargau ist zusammen mit Zürich, Schaffhausen, Glarus und Zug Mitbesitzerin der Axpo.

  "Skandalöse Kommunikation"

 Für Irène Kälin von den Aargauer Grünen müssen jetzt die Fakten auf den Tisch. "Es geht nicht, dass die Axpo sich in der Öffentlichkeit mit CO2-Reduktion brüstet und beim Thema Majak wortkarg wird oder gar lügt. Wir müssen künftig wissen, woher das Uran kommt, das in Schweizer Kraftwerken verwendet wird", sagt Kälin.

 Ihr Parteikollege, Nationalrat Geri Müller, ist ebenfalls sauer: "Die Kommunikation der Axpo in Sachen Majak ist skandalös. Man gibt nur gerade zu, was man zugeben muss. Und wer bei einer Vertragslaufdauer von weiteren zehn Jahren von ‹praktisch erfüllt› spricht, führt die Öffentlichkeit erneut hinters Licht."

 Die Axpo will zu den Vorwürfen keine weitere Stellung nehmen und beantwortet mehrere schriftliche Anfragen des TA nicht: Solange man nicht genau wisse, wie sich die Lieferkette für das Uran zusammensetze, könne man sich nicht weiter dazu äussern, heisst es beim Stromkonzern. Auch nicht dazu, ob der fragliche Liefervertrag überhaupt vor 2020 einseitig gekündigt werden kann, wie dies die Grünen verlangen.

---

Tagesanzeiger 29.10.10

Atommülllager könnte auch Image schaden

Rohr Markus

 Unterland - Die Organisation Forum Lägern Nord (FLN), welche Gemeindebehörden vor allem aus dem Zürcher Unterland vertritt, verlangt bei der Suche nach einem Endlager für radioaktive Abfälle vertiefte Abklärungen. Untersucht werden soll auch ein möglicher Imageschaden für die Region.

 Derzeit läuft die öffentliche Anhörung für die Suche nach einem Tiefenlager für Atomabfälle. Die Nagra hat die sechs Standorte Lägern Nord, Südranden, Zürcher Weinland, Bözberg, Jurasüdfuss und Wellenberg als mögliche Gebiete vorgeschlagen. Das FLN ist grundsätzlich gegen ein Atommülllager im Zürcher Unterland, verschliesst sich aber dem Standortfindungsprozess nicht und will an diesem teilnehmen. Die langfristige Sicherheit sei bei der Suche nach einem geeigneten Standort das wichtigste Kriterium, schreibt das FLN in seiner jüngsten Stellungnahme. Dabei müssten die Daten der sechs Standorte vergleichbar sein. Dies hält das FLN im Moment noch nicht für gegeben. Es verlangt deshalb vertiefte Abklärungen, insbesondere zur Problematik der Erosion und möglicher Gasentwicklungen in den sechs Regionen.

 Vertiefte Studien für Region

 Das Forum begrüsst die geplante Durchführung von Studien über die wirtschaftlichen, raumplanerischen und ökologischen Auswirkungen eines Tiefenlagers für die betroffenen Regionen. Für den Standort Lägern Nord fordert das Forum gar eine regionsspezifische Vertiefungsstudie betreffend die Auswirkungen eines Atommülllagers auf das Image und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Region. Schützenswerte Landschaften und Objekte sowie der Verlauf der Grundwasserströme erforderten eine besondere Rücksichtnahme und seien bei der Interessenabwägung höher zu gewichten als andere Kriterien, heisst es in der Stellungnahme des FLN.

 2016 will der Bundesrat dem Parlament aus den sechs genannten Standorten deren zwei vorschlagen, je einen für schwach- und mittelaktive sowie hoch radioaktive Abfälle. Das FLN vertritt die Auffassung, dieser Einengungsprozess sei noch nicht entscheidungsreif. Von den Bundesbehörden und den Kantonen erwartet das Forum Lägern Nord klare Leitplanken und Absprachen. Die Differenzen zwischen diesen Behörden dürften nicht auf dem Buckel der Regionen ausgetragen werden. (rrm)

---

nzz.ch 28.10.10

"Vertiefte Felduntersuchungen" für Tiefenlager

 Forum Lägern-Nord verlangt weitere Abklärungen

 Bei der Suche nach einem Tiefenlager für radioaktive Abfälle verlangt das Forum Lägern-Nord "vertiefte Felduntersuchungen". Ob einer der sechs möglichen Standorte geeigneter sei als ein anderer, lasse sich derzeit nicht beurteilen, hat das Forum am Donnerstag mitgeteilt.

 (sda) Konkret fordert die Behördenorganisation eine regionsspezifische Vertiefungsstudie. Diese soll unter anderem klären, welche Auswirkungen ein Tiefenlager auf das Image der Region oder auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt hätte.

 Auf diese Fragen braucht es gemäss Forum "ehrliche Antworten". "Nur wenn wir noch genauer hinschauen, können wir objektiv und letztlich fair beurteilen", heisst es in der Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung, die der Bund Anfang September gestartet hatte. Diese bildet den Abschluss der ersten Etappe der Standortsuche.

 Wichtigstes Kriterium bei der Standortfrage "ist und bleibt" laut Mitteilung die langfristige Sicherheit. Diesbezüglich seien jedoch noch einige Fragen offen. Unklar seien etwa das Ausmass der Erosion sowie die Gasentwicklung bei den eingelagerten Behältern.

 Im Forum Lägern-Nord sind die Gemeinden der Region nördlich der Lägern organisiert, eine von sechs möglichen Standorten für ein geologisches Tiefenlager für radioaktive Abfälle. Insgesamt kommen 202 Ortschaften in Frage, 12 davon in Deutschland. In der zweiten Etappe sollen sich die Standortregionen in einer "regionalen Partizipation" einbringen können.

---

Thuner Tagblatt 28.10.10

THUN: BKW-Energytalk im Freienhof

AKW oder neue Energien? Die Geister scheiden sich

 Die BKW lud zum öffentlichen Energytalk im Hotel Freienhof. Die Meinungen rund ums Thema Energie gingen stark auseinander.

  "Wir brauchen immer mehr Strom, pro Jahr sind es im Schnitt 1 bis 2 Prozent", sagte eingangs des Podiums Martin Pfisterer, Mitglied der BKW-Unternehmensleitung. Pfisterer sagte weiter, dass die Zukunftsstrategie der BKW sicherlich auch auf der klimafreundlichen Versorgung beruhe. Wichtig sei jedoch, dass genau analysiert werden müsse, ob die Grosskraftwerke - besonders die bestehenden Atomkraftwerke - einfach ersetzt werden könnten. Lukas Gutzwiler, Vertreter des Bundesamts für Energie, sagte es noch deutlicher: "Die Ansprüche betreffend Strom sind gestiegen. Wo früher eine Birne in der Küche ausreichte, gibt es heute einige Lampen, welche zum Küchendesign passen."

 Keine AKW - oder doch?

 An die europäische Energieversorgung andocken, um die AKW abstellen zu können, und vermehrt erneuerbare Energie nutzen: Eric Nussbaum, SP-Nationalrat, sieht darin die Stromzukunft der Schweiz. BDP-Nationalrat Hans Grunder konterte, dass man das Bestehende nutzen und behalten und dafür den CO2-Ausstoss reduzieren sollte. Anders sah das Jürg Buri, Geschäftsleiter der Schweizerischen Energiestiftung (SES): "Wir brauchen in der Schweiz in Zukunft keine AKW. Sie machen nur 15 Prozent des Strombedarfs aus. Deshalb müssen wir auf die Karte erneuerbare Energie setzen."

  "Wir müssen wirtschaftlich denken und am bestehenden festhalten. Bisher sind die Projekte der AKW-Gegner einfach unklar", sagte dazu Adrian Haas, Direktor des Handels- und Industrievereins des Kantons Bern (HIV). In der Folge der Podiumsdiskussion kreuzten vor allem Eric Nussbaum und Adrian Haas die Klingen. Am Schluss waren die Meinungen geteilt - auch im Rahmen der Voten aus dem Publikum. Martin Pfisterer freute sich über das grosse Interesse, denn der Freienhof-Saal war sehr gut besetzt. "Energie und Strom stossen auf grosses Interesse und sind der Bevölkerung wichtig. Ich freue mich auf die gemeinsame Zukunftsherausforderung", sagte er.

 Heinz Schürch

---

L'Hebdo 28.10.10

INTERVIEW
 ROGER NORDMANN

 DORIS LEUTHARD DOIT SE LIBÉRER DE L'EMP RISE DU LOBBY NUCLÉAIRE

 PROPOS RECUEILLIS PAR  MICHEL GUILLAUME

 ÉNERGIE.

 Le conseiller national socialiste plaide pour les énergies renouvelables en lançant un programme d'actions très concrètes pour l'habitat, les transports et l'électricité qu'il détaille dans un essai percutant.

 C'est une problématique qui revient à la une de l'actualité. Lorsque, le 27 septembre dernier, la conseillère fédérale PDC Doris Leuthard s'est emparée du Département fédéral de l'environnement, des transports, de l'énergie et de la communication (DETEC), on l'a d'emblée soupçonnée de vouloir relancer le dossier nucléaire. Dans ce contexte, Libérer la Suisse des énergies fossiles, le livre* que publie le conseiller national Roger Nordmann, tombe à point nommé pour animer le débat. Il propose de sortir du nucléaire et d'affranchir la Suisse des énergies fossiles.

 Doris Leuthard qui fond sur le DETEC, cela vous inquiètet-il?

 J'ai un œil qui pleure, et l'autre qui rit. Avec elle, il sera plus difficile de mettre en place une politique de promotion des énergies renouvelables et d'efficacité énergétique. Mais personnellement, je serai plus à l'aise pour mener le combat antinucléaire que si le département était resté en mains socialistes.

 Doris Leuthard sera-t-elle indépendante du lobby de l'association economiesuisse, qui réclame deux nouvelles centrales nucléaires?

 Elle ne le sera pas. Dans le débat sur la réduction des émissions de CO2 pour l'après-Kyoto, rappelez-vous qu'elle voulait d'abord, sous l'influence d'economiesuisse, atteindre les objectifs uniquement en achetant des certificats à l'étranger. J'atteste qu'elle a un peu évolué depuis. Si elle veut se forger un bilan, elle doit absolument se libérer de l'emprise des old boys du lobby nucléaire, comme Michael Kohn par exemple.

 Vous voulez "libérer la Suisse des énergies fossiles" tout en vous débar ras sant du nucléaire. N'est-ce pas une utopie?

 Non, c'est une nécessité. En vingt ans, nous pouvons réduire de 80 à 50% notre dépendance aux énergies non renouvelables. Ensuite, les progrès technologiques permettront d'aller encore plus loin. Alors que les énergies fossiles se raréfient et renchérissent (85 dollars le baril de pétrole), seuls les pays qui arriveront à réduire cette dépendance pourront maintenir leur prospérité.

 Votre politique n'impliquet- elle pas de renoncer au confort actuel?

 Au contraire, c'est pour maintenir la prospérité actuelle qu'il faut s'affranchir du gaspillage d'énergie non renouvelable. C'est l'épuisement des ressources fossiles, le réchauffement et le gaspillage énergétique qui menacent le confort.

 N'est-ce pas un faux débat que d'opposer les énergies les unes aux autres en démonisant ainsi le nucléaire?

 Non. Vu les montants à investir dès maintenant, il faut faire les bons choix entre le nucléaire et les énergies renouvelables. Le bureau Infras a calculé que le scénario de l'industrie nucléaire revient à 44 milliards d'investissement jusqu'en 2035. Il chiffre la variante de l'efficacité énergétique et de la promotion des énergies vertes à environ 60 milliards. Mais Infras démontre surtout que la rentabilité est meilleure dans la seconde variante grâce aux économies d'énergie réalisées.

 Vous prônez des mesures contraignantes et incitatives. Etes-vous sûr qu'elles auront l'effet dissuasif souhaité?

 L'histoire montre que les taxes incitatives ont fait leurs preuves. A la suite du choc pétrolier des années 70, l'Europe a taxé l'essence, au contraire des Etats-Unis. Or, on constate aujourd'hui que les Européens ont une énorme avance sur les Américains. Leurs voitures sont moins gourmandes en essence, leurs constructeurs plus performants et leur aménagement du territoire moins dispersé. De plus, les Européens utilisent bien davantage les transports publics.

 A combien fixeriez-vous une taxe sur les carburants?

 Entre 20 et 40 centimes par litre. Si on l'introduit pour remplir les caisses de l'Etat, personne n'en voudra. Mais si on l'utilise pour un système de transport performant et non polluant, les gens la comprendront.

 Ne risquez-vous pas de rendre l'économie suisse moins compétitive et de mettre des emplois en danger?

 C'est le contraire qui est vrai. La vraie menace est le renchérissement du prix du pétrole qui fera baisser le pouvoir d'achat des gens et les moyens pour l'Etat d'investir. C'est en tablant sur les énergies propres, avec des technologies de demain et non d'avant-hier qu'on gagnera des marchés d'exportation.

 Vous vous inspirez de l'Allemagne, qui a introduit la rétribution au prix coûtant des énergies vertes. Mais ce pays produit toujours 60% de son électricité dans des centrales au charbon.

 De 1998 à 2009, l'Allemagne a vu sa part d'électricité verte passer de 1 à 13%. C'est un gros progrès. Si la Suisse fait de même au cours des dix prochaines années grâce au même modèle, elle aura déjà remplacé un tiers de sa production nucléaire.

 Pour obtenir l'équivalent de la centrale de Mühleberg, il faudrait installer 740 éoliennes de 2 mégawatts ou 2300 centrales solaires comme celle du Stade de Suisse. N'est-ce pas trop ambitieux?

 Ma vision de la Suisse n'est pas celle d'un Ballenberg radioactif! En fait, si on utilise le potentiel de la biomasse, de l'hydroélectricité et de l'éolien, mon scénario s'avère tout à fait réaliste. Je propose d'ériger un millier de turbines éoliennes pour parvenir à 5 térawattheures (TWh) en 2030. Fin 2008, l'Autriche avait déjà réussi à produire 2 TWh.

 Etes-vous sûr d'y parvenir, compte tenu de la forte opposition des protecteurs de la nature?

 Il faudra convaincre. C'est vital pour lutter contre le réchauffement climatique. Les experts prévoient une hausse de 5 à 6 degrés de la température d'ici à un siècle dans le scénario de l'inaction. Il ferait ainsi à la vallée de Joux le même climat qu'au bord du Léman et au bord du Léman le même climat qu'au bord de la Méditerranée. C'est cela, la vraie menace qui pèse sur notre paysage et nos écosystèmes.

 Vous êtes un fervent partisan de l'efficacité énergétique. Quel standard voulez-vous imposer dans la construction?

 Tous les nouveaux bâtiments devront être obligatoirement autosuffisants en énergie.

 Cela ne les rendra-t-il pas trop chers à la construction?

 Les surcoûts pour Minergie-P sont de l'ordre de 10%, mais le propriétaire s'y retrouve en dix à quinze ans grâce aux économies d'énergie qu'il réalise.

 Et pour le parc actuel des immeubles?

 Il faut quadrupler le programme national d'assainissement des bâtiments. Actuellement, Berne et les cantons mettent 280 millions par année à disposition, montant qui devrait passer à un milliard par an, financé par la taxe CO2 sur les combustibles.

 Vous combattez le nucléaire. La raison ne consisterait-elle pas à conclure un pacte énergétique avec les électriciens, en concédant une centrale nucléaire contre une promotion beaucoup plus ambitieuse pour les énergies vertes?

 Je n'ai absolument pas l'intention de soutenir la relance d'une technologie dangereuse, polluante et qui produit des déchets actifs pendant plus de 200 000 ans. En revanche, au Parlement, nous avons montré que nous pouvions dégager des majorités en faveur des énergies renouvelables et de l'efficacité énergétique.

 Avouez que c'est surtout le nucléaire qui est aussi majoritaire au Parlement!

 Oui, les nucléocrates ont acheté la moitié du Parlement. La bataille se décidera devant le peuple. Je suis optimiste. La population veut un approvisionnement énergétique indigène et propre. Ce que nos ancêtres ont réussi avec l'hydroélectricité, nous devons le réussir avec la biomasse, le solaire et l'éolien. Autant d'énergies qui arrivent gratuitement en Suisse, contrairement au gaz, au pétrole et à l'uranium.

 Avez-vous une voiture?

 Non. Je me déplace avec les transports publics, et à Lausanne en vélo. Lorsque j'ai besoin d'une voiture, je fais appel aux services de l'entreprise d'auto-partage Mobility.

 Ce qui est possible pour un citadin l'est-il aussi pour un habitant de la campagne?

 Je ne dis pas que tout le monde peut se passer de voiture. C'est pour cela que je suis favorable à des voitures plus propres, soit qui ne produisent pas plus de 130 grammes de CO2 par km. Aujourd'hui, les voitures suisses sont les plus voraces d'Europe (215 grammes).

 A droite, vous êtes considéré comme un "intégriste". Cela vous gêne-t-il?

 Je n'en suis pas un en tout cas. Je suis plutôt un réaliste soucieux d'utiliser les progrès technologiques à disposition, comme le montre d'ailleurs si bien Bertrand Piccard avec son avion solaire. Dans ces nouvelles technologies vertes, des dizaines de milliers d'emplois sont en jeu et je me bats pour qu'ils soient créés en Suisse. Pour moi, les intégristes sont ceux qui enfouissent la tête dans le sable ou qui n'utilisent que le rétroviseur comme inst rument de travail.

 * Libérer la Suisse des énergies fossiles. Editions Favre, 200 p.

 PROFIL

 ROGER NORDMANN

 1973 Naissance à Lausanne.

 1996 Licence en sciences politiques et économiques à Berne.

 1998 Conseiller politique indépendant.

 1999 Election à la constituante vaudoise.

 2004 Conseiller national (PS/VD).

 2010 Président de Swissolar et vice-président de l'ATE.