MEDIENSPIEGEL 2.11.10
(Online-Archiv:
http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Kino, Rössli, DS)
- Cafeteria: Neue Ideen gesucht
- Bollwerk: Le Ciel-Eröffnung
- Stadtrat 4.11.10
- RaBe-Info 1.+2.11.10
- Antifa: Lautstarke Demo in Langenthal
- Pnos: Wahlabfuhr in Roggwil
- Alki-Treff Biel: Immer noch keine Alternativen
- Squat ZH: Transpi-Kunst; Atlantis-Hin-und-Her
- Kulturstreik GE: Strassenfest gegen Partynot
- Gentrification: Stadt für alle
- Police VD: Manipulationen
- Police ZH: Chreis 4 Cop
- Police GR: Angriffe
- Police CH: Zugsicherheit; bewaffnete Bahnpolizei
- Anti-Feminismus: Grosse Worte im geheimen Untergrund
- Alkohol: schädlicher als Heroin oder Crack
- Ausschaffungen: Veranstaltung; Ausschaffungsknast ZH;
Ausschaffungszahlen; bblackboxx.ch
- Migration Control: Tessin; EU-Grenze; Griechenland
- Anti-Atom: Mühleberg; Ausstieg BE; Preisdebatte; Endlager
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REITSCHULE
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Mi 03.11.10
19.30 Uhr - Rössli - Zyklus "Willkommen
im Paradis"
Zwangsausschaffungen - Werden Tote in Kauf genommen? Veranstaltung mit
Augenauf Bern
Do 04.11.10
20.30 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Snijeg -
Snow, Aida
Begic, Bosnien und Herzegowina 2008
20.30 Uhr - Tojo - Ein Heimspiel. Von Theater Ararat.
Regie: Hanspeter
Utz.
21.00 Uhr - Rössli - DJ Jane Vayne. -- Broadband
Spectrum
Fr 05.11.10
20.30 Uhr - Tojo - Ein Heimspiel. Von Theater Ararat.
Regie: Hanspeter
Utz.
21.00 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Pray the
Devil Back to
Hell, Gini Reticker, USA 2008
22.00 Uhr - Frauenraum - POPSHOP feat. Rubinia DJanes.
Mit DJ Nordlicht
und DJ Ellen V.
22.00 Uhr - Dachstock - Dubby Clubnight: FILEWILE (CH)
& 340 ML
(RSA/MZ), DJ Kev the Head. -- Dub, Electronica
Sa 06.11.10
18.00 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Pray the
Devil Back to
Hell, Gini Reticker, USA 2008
20.30 Uhr - Tojo - Ein Heimspiel. Von Theater Ararat.
Regie: Hanspeter
Utz.
21.00 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Sturm,
Hans-Christian
Schmid, D/DK/NL 2009
22.00 Uhr - Dachstock - 20 Jahre Gassenküche: DEXTER
JONES CIRCUS
ORCHESTRA (SWE), ZENO TORNADO (CH), EXENTERATION (CH). -- Rock,
Country, Metal, Blues
So 07.11.10
09.00 Uhr - Grosse Halle - Flohmarkt und Brunch im
SousLePont - bis
16.00 Uhr
13.30 Uhr - Kino - Kinderfilm am Flohmi-Sonntag: Muli -
Ein Film
über Menschen, Maultiere und Maulesel in der Schweiz, Schweiz
2010, Ines Meyer, Dialekt, 80 Minuten. In Anwesenheit von Maultieren
19.00 Uhr - Tojo - 1 m2 Freiheit. Von Lemon Kuliba. TOJ,
Jugendarbeit
Bern West. Regie: Azad Süsem.
20.00 Uhr - Rössli - JAPANESE NEW MUSIC FESTIVAL:
Tatsuya Yoshida,
Atsushi Tsuyama und Makoto Kawabata. -- Noise, Rock, New Music
20.15 Uhr - Kino - Zusammen TATORT gucken
Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch
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Bund 2.11.10
Friedensfrauen auf Berns Plätzen
Frauen sind "keine Friedensanfängerinnen" - und
dennoch
werden sie bei Friedensverhandlungen weltweit kaum beachtet. In Bern
macht eine Plakatausstellung auf diesen Missstand aufmerksam.
Simona Benovici
Friedensplakate in Berns Strassen - ein ungewohntes Bild,
aber
seit gestern Realität. Auf sechs wichtigen Plätzen der Stadt
- dem Casino-, Waisenhaus-, Rathaus-, Helvetia-, Kornhaus- und
Viktoriaplatz - prangen insgesamt 25 Bildsujets. Zu sehen sind Frauen:
starke, schwache, mächtige und ohnmächtige. Sie alle haben
eines gemeinsam: Sie kämpfen für den Frieden. Zehn Jahre ist
es her, seit der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1325, "Frauen,
Frieden und Sicherheit", einstimmig verabschiedet hat: Frauen sollen an
allen Friedensprozessen und -verhandlungen gleichberechtigt teilnehmen.
Mit der Plakataktion will das internationale Netzwerk FriedensFrauen
Weltweit nun auch in Bern auf die schleppende Umsetzung der Resolution
aufmerksam machen. "Es hat sich trotz Resolution wenig geändert",
sagt Ruth-Gaby Vermot-Mangold, Alt-SP-Nationalrätin, Ethnologin
und Präsidentin von Friedens-Frauen Weltweit. Die Resolution ist
in vielen Ländern erst ansatzweise umgesetzt - in vielen noch gar
nicht. Erst 23 Länder haben bis dato Aktionspläne für
die Einhaltung der völkerrechtlich bindenden Resolution vorgelegt,
darunter auch die Schweiz. Für Vermot ist die Forderung nach einer
angemessenen Berücksichtigung der Frauenperspektive bei
Entwaffnungen, Demobilisierungs- und friedensfördernden Massnahmen
unerlässlich. "Frauen sind keine Friedensanfängerinnen", sagt
sie, "allerdings auch keine besseren Menschen."
Würdigung der Friedensarbeit
Die Ausstellung "Ohne Frauen - keinen Frieden" konnte
unter
anderm dank der Unterstützung durch die Stadt Bern entwickelt
werden. Für Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP)
ein wichtiges Engagement, wie er sagt: "Wir bekennen uns klar dazu,
dass Friedensarbeit wichtige Arbeit ist." Bern habe immer wieder -
zusammen mit Genf - versucht, eine wichtige Rolle bei internationalen
Friedensverhandlungen einzunehmen.
Von New York in die Bundesstadt
Nun tritt die Bundesstadt nach den Weltstädten New
York und
Berlin als dritter Ausstellungsort der Plakataktion auf. Nachdem mit
der Ausstellung den UN-Delegierten im Hauptquartier der Vereinten
Nationen die harzige Umsetzung der Resolution vor Augen geführt
wurde, soll der Ruf nach mehr Gleichberechtigung im Friedensprozess in
Bern auch die breite Bevölkerung erreichen. Nebst den
Porträts von Friedensaktivistinnen, Ökonominnen,
Journalistinnen und anderen initiativen Frauen - alles
Persönlichkeiten, die 2005 im Rahmen der Kampagne "1000 Frauen
für den Friedensnobelpreis" für ebendiesen nominiert waren -
erinnert der Verein Friedens-Frauen Weltweit auch mit Filmen zu den
Themen Krieg und Frieden daran, die Umsetzung der Resolution
endgültig an die Hand zu nehmen. Gezeigt werden diese sowohl im
Kino der Reitschule als auch in der Cinématte.
Die Ausstellung auf sechs Stadtberner Plätzen ist
noch bis
20. November zu sehen. Vom 10.-12. November gastiert im Kulturcasino
ausserdem die Ausstellung "10 Jahre UNO-Sicherheitsratsresolution 1325:
Chancen & Grenzen". Das Filmprogramm findet sich im Internet unter
http://www.1000peacewomen.org.
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kulturstattbern.derbund.ch 1.11.10
Von Manuel Gnos am Montag, den 1. November 2010, um 07:00 Uhr
Kulturbeutel 44/10
(...)
Herr Sartorius empfiehlt:
Vergegenwärtigen mit den Sounds des englischen Duos Mount
Kimbie.
Allein schon wegen diesem grossartigen Remix lohnt sich am Freitag der
dringende Gang nach Düdingen ins Bad Bonn. Und wenn wir schon im
Freiburgischen sind, gibt es die Outkast-Hälfte Big Boi im Fri-Son
zu bewundern. Und dann noch: Die beiden lustigen Roadies des Herrn
Stahlberger namens Thomaten und Beeren. Im Vorprogramm von King Pepe am
Donnerstag im Café Kairo. Die Woche wird dann mit der
anwachsenden Liebe zu japanischer Musik im Rössli beschlossen, wo
das Japanese New Music Festival über die Bühne geht. Oder
anders: 3 Leute bilden 7 Projekte. Hingehen.
(...)
---
BZ 1.11.10
Plattentaufe von Baze
"Für uns geht die Party immer weiter, das ist das
Brutale"
Ein ekstatischer Abend ohne Zugeständnisse: Baze und
Band
liessen an der Plattentaufe im Dachstock ihr Publikum weit hinter sich,
begeisterten und erstaunten. Das "Gehiphopse" gehört offenbar der
Vergangenheit an.
Die Eule fixiert uns schon die längste Zeit. Ihr
Auge, eine
kaputte Discokugel, deutet an, dass nichts mehr ist, wie es mal war.
Erst mal ist aber alles wie immer. Langes Warten auf Baze und seine
Mannen, zuerst für Jahre aufs neue Album, jetzt seit Stunden aufs
Konzert. Ablenkung durch Bier und Small Talk. Eine halbe Stunde nach
Mitternacht ist es im Dachstock endlich so weit.
Doch kein atemloser Rapstar entert die Bühne, keine
treibenden Beats laden zum Kopfnicken ein. Stattdessen steht ein
einsamer Mann an den Tasten, kreiert atmosphärisch synthetischen
Sound, der auch den Anfang eines Rockkonzerts im Stadion machen
könnte, und Basil Anliker alias Baze schleicht sich nach einer
Weile unbeleuchtet hinter ihm durch auf die Bühne. Die Discokugeln
drehen. "D'Party isch vrbi" - kündet Baze an, und als die
Scheinwerfer ihn kurz vor Ende des ersten Lieds endlich finden,
erblickt man erstaunt einen Schwiegermuttertraum in Anzugsjacke und
rosarotem Hemd.
Herzschlag bleibt
Baze, 30 Jahre alt, ist erwachsen geworden. Sein Stil,
schon
immer poetisch dicht und offen für Einflüsse anderer
Musikrichtungen, hat sich mit dem Album "D'Party isch vrbi" noch mehr
gefestigt, die Beats wurden verlangsamt, die Aufregung auch, nicht aber
der Herzschlag. Es schwingt eine gewisse Resignation in den Songs mit,
eine Katerstimmung, die bei Baze aber gleichzeitig eine grössere
Gelassenheit vermuten lässt. So setzt sich der Rapper einem
Publikum aus, das einige Jahre jünger ist als er und sich eben an
diesem Punkt befindet, wo Baze vor kurzer Zeit selbst noch war. Auf der
rastlosen Suche nach grenzenlosem Spass, Unterhaltung, Abenteuer. Heute
Abend wollen diese Menschen begeistert und mitgerissen werden. Baze
schert sich keinen Deut darum. "Wer heute Gehiphopse erwartet, den muss
ich enttäuschen", sagt er trocken.
Joint? - Nein danke
Er macht keine Zugeständnisse ans Partyvolk und
verlässt sich auf seine Band, die einen einnehmenden Klangteppich
webt. Raphael Jakob rockt an der Gitarre und überrascht mit
ausufernden Soloeinlagen, Benjamin Külling an den Tasten und Rico
Baumann am Schlagzeug vervollständigen die Einheit, die ab und zu
etwas beängstigend Monumentales hat. "Für uns geht die Party
immer weiter, das ist das Brutale", stellt Baze einmal zwischen zwei
Liedern fest. Und findet sich souverän mit der Situation ab. "Nein
danke", sagt er zu einem Joint, der ihm aus der ersten Reihe angeboten
wird.
Kiffen ist vorbei - und auch der reine Bounce-Hip-Hop. Das
mag
einige Konzertbesucher aus der ersten Reihe frühzeitig nach hinten
vertreiben, begeistert aber den grossen Rest des Publikums, das nach
einem zweistündigen Eintauchen in fabelhafte Klangwelten und Reime
fast etwas verwirrt wieder zu sich kommt, blinzelt, und immer noch
unverwandt von derselben Nachteule angestarrt wird.
Marina Bolzli
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CAFETERIA
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BZ 2.11.10
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Neue-Ideen-fuer-die-Cafete-gesucht/story/30884263
Reitschule
Neue Ideen für die "Cafete" gesucht
Seit Monaten ist die Cafeteria der Reitschule besetzt. Die
Reitschüler wollen sie jetzt schliessen und später neu nutzen.
Die stadtbekannte "Cafete" in der Reitschule hat eine
bewegte
Zeit hinter sich: Querelen um angebliche Mietschulden in Höhe von
30 000 Franken und um die fehlende Partizipation der Betreiber am
"Gesamtprojekt Reitschule" führten im vergangenen Sommer zum Eklat.
Besetzung des Lokals
Ende Juni platzte einigen Reitschülern der Kragen:
Sie
rissen Teile der Infrastruktur heraus und schlossen das Lokal an der
Neubrückstrasse 8 a. Ob dieses harsche Vorgehen innerhalb der
eigenen Reihen mit der Reitschule-Abstimmung vom vergangenen September
zu tun hatte, mochte bis gestern Abend niemand von der Reitschule
beantworten.
Der Räumung folgte eine Besetzung durch ehemalige
"Cafete"-Betreiber, die bis heute anhält. Sie bewirten auch
derzeit ihre Gäste. Die Cafeteria wird dabei ihrem Namen gerecht.
Denn unter der Woche gibt es statt Bier nur alkoholfreie Getränke:
einen Chai-Tee etwa.
Geht es nach den Plänen der Reitschule, so soll die
"Cafete"
ihre Tore nun definitiv schliessen. Später wollen die
Reitschüler laut Tom Locher, einem Mitglied der Mediengruppe der
Reitschule, ihre Cafeteria neu nutzen. Die Vollversammlung der
Reitschule hat deshalb Interessierte in den eigenen Reihen dazu
eingeladen, Vorschläge für ein neues Projekt in der Cafeteria
einzureichen.
Entscheid im Dezember
Der Projektausschreibung ist zu entnehmen, dass
"grundsätzlich keine Einschränkungen für die
Raumnutzung" gemacht werden. Bedingung seien vielmehr "ein Interesse an
den Reitschule-Strukturen" sowie die "Anerkennung des Manifestes und
die Einhaltung deren Grundsätze". Zudem sollte die Neunutzung ohne
"übermässige Lärmbelastung" der Nachbarschaft auskommen.
Die Eingabefrist lief vorgestern Sonntag ab. Mitte
Dezember
wollen die Reitschüler über die künftige Nutzung
entscheiden. Wie viele Konzepte bis vergangenen Sonntag eingereicht
wurden, kommunizierte Tom Locher nicht. Dafür hätten - soweit
er sich erinnere - auch die "Cafete"-Besetzer ein Konzept für die
weitere Nutzung "ihres Lokals" eingereicht.
daf
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BOLLWERK
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Blick am Abend 1.11.10
TEEN-TALK
PARTYPEOPLE
Himmlische Cluberöffnung im Le Ciel
Grand Opening Night Le Ciel, Bern
Wann: Samstag, 30. Oktober
Musik: House, Electro und R'n'B
Spezielles: Mister Schweiz Jan Bühlmann war anwesend
Leute: Grosser Menschenaufmarsch und viele Frauen
Fazit: Der neue Club ist ein Party-Himmel
Stimmung: ☺☺☺☺
Mehr Bilder: usgang.ch
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STADTRAT
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Stadtratssitzung (Traktanden)
Donnerstag, 04. November 2010 17.00 Uhr und 20.30 Uhr
Sitzungssaal im Rathaus
NEUE LISTE////Die Stadtratssitzungen sind öffentlich
zugänglich (Besuchertribüne)
Traktanden
(...)
3. Reglement über die Videoüberwachung auf
öffentlichem
Grund sowie zum Schutz öffentlicher Gebäude (Videoreglement;
VR) (FSU: Bahnan / SUE: Nause) Fortsetzung Verhandlung Sitzung vom 21.
und 28. Oktober 2010 10.000187
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000187/gdbDownload
4. Motion Henri-Charles Beuchat (CVP)/Claude Grosjean
(GLP)/Dolores
Dana (FDP): Reduktion der Sicherheitskosten und bessere
Gewaltprävention (SUE: Nause) verschoben vom 21. und 28. Oktober
2010 10.000103
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000103/gdbDownload
5. Postulat Fraktion SP/JUSO (Leyla Gül/Giovanna
Battagliero, SP):
Keine übereilte Einführung der Videoüberwachung im
öffentlichen Raum, sondern Lancierung eines dreijährigen
Pilotprojekts (SUE: Nause) verschoben vom 21. und 28. Oktober 2010
10.000130
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000130/gdbDownload
(...)
14. Interfraktionelle Motion FDP, BDP/CVP, EVP, GLP, SVPplus
(Pascal
Rub, FDP/Vania Kohli, BDP/Barbara Streit-Stettler, EVP/Jan
Flückiger, GLP/Erich J. Hess, JSVP) vom 12. Februar 2009:
Alternativen zu einer 2. Drogenanlaufstelle; Begründungsbericht
(BSS: Olibet) 09.000041
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/09.000041/gdbDownload
(...)
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RABE-INFO
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Di. 2. November 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_2._November_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_2._November_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%202.%20November%202010
- Von Hürden und Hindernissen: Schwierige Situation von
MigrantInnen auf dem Berner Arbeitsmarkt
- Von Wirtschaftskrise und Ängsten als Katalysator von
Rassismus
- Von der Blockade in Devonport: Protest gegen das britische
Atomwaffen-System
Links:
http://www.gra.ch
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Mo. 1. November 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_1._November_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_1._November_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%201.%20November%202010
- Ohne Frauen keinen Freiden: UNO Resolution bleibt
unerfüllt
- Kopf der Woche: Kolumbianischer Gewerkschafter steht bei
Nestlé vor geschlossenen Türen
Links:
http://www.1000peacewomen.org/index.php
http://www.sinaltrainal.org
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ANTIFA
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BZ 1.11.10
Langenthal
Friedliche Demonstration
Die bewilligte Demonstration eines linken Bündnisses
am
Samstag in Langenthal verlief absolut friedlich.
"Sie werdens nicht vermuten - wir sind die Guten",
skandierten
die schwarz gekleideten und mehrheitlich vermummten Demonstranten, die
am Samstag durch Langenthal zogen. "Den rassistischen Konsens
durchbrechen", so lautete das Motto des Bündnisses "Kein ruhiges
Hinterland". Ihm gehören zahlreiche linksextreme Gruppierungen an.
Faschismus sei keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Und Schweigen
heisse Zustimmen. Das Minarett sei ihnen egal. Ursprünglich
wollten sie bereits vor drei Wochen demonstrieren, als Pnos und
Autopartei vor dem geplanten Minarett eine Kundgebung abhielten.
Ein paar Leute aus dem Umfeld des Lakuz, des autonomen
Kulturzentrums von Langenthal, waren auch dabei, aber nicht massgebend.
Sie hätten im Gegensatz zu den Demo-Anführern das
Chrämerhuus und die bewilligte Route gekannt. Die Demonstranten
brachten Kleber an und verteilten Flugblätter. Auch an zahlreiche
Polizisten in Zivilkleidung. Scharf geschossen wurde mit Worten: Die
SVP und Langenthals Stadtpräsident Thomas Rufener wurden heftig
angegriffen. Im Zuge der Ausschaffungsinitiative sei es salonfähig
geworden, braunes Gedankengut zu vertreten. Und dies bis weit ins
linksbürgerliche Lager hinein.
Robert Grogg
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Bund 1.11.10
Kundgebung in Langenthal
Hundert Personen haben am Samstag gegen Rechtsextremismus
protestiert.
Beobachtet wurden sie von Zivilpolizisten und Rechtsextremen hinter
Häuserecken.
"Ja, ja, das Übliche: Der schwarze Block!"
Philipp Schori
Linksautonome reisen mit der Eisenbahn - so auch an diesem
Samstagnachmittag: Viele besteigen in Bern den Zug Richtung Langenthal,
andere in Burgdorf. Das gemeinsame Ziel: der Protest gegen die
rechtsextreme Anti-Minarett-Kundgebung, die vor drei Wochen ebenfalls
in Langenthal stattfand (siehe Kasten). Im Zug spricht man über
den Vegetarismus, der im Berner Oberland erst wenig verbreitet sei;
eine Vierergruppe junger Männer möchte jassen - leider fehlt
es an Karten. Manche der späteren Kundgebungsteilnehmer
vermögen dem Klischee zu entsprechen und trinken Dosenbier - die
schwarze Kapuze hängt zwar noch runter, aber pünktlich bei
Ankunft in Langenthal wird sie über den Kopf gestreift. Immerhin
sei nur eine Minderheit vermummt, sagt der Langenthaler Gemeinderat
Rolf Baer (FDP), während sich die rund hundert Demonstrierenden in
Position bringen. Dennoch: Die Passanten verstünden diese
Aufmachung nicht. Die Demonstrierenden müssten den Mut haben, mit
ihrem Gesicht für ihr Anliegen - das an sich berechtigt sei - zu
kämpfen, sagt Sicherheitsdirektor Baer, der die vorwiegend jungen
Demonstrierenden über die ganze Zeit hinweg begleitet.
Von der Polizei ist erst wenig zu sehen: Eine Handvoll
Sicherheitskräfte regelt den Verkehr vor dem Langenthaler Bahnhof;
im Hintergrund sind rund zehn Polizisten in Vollmontur zu entdecken. Am
meisten Hektik ist da noch beim Zivilpolizisten im Bahnhofcafé
auszumachen. "Ja, ja, das Übliche: der schwarze Block!", meldet er
seinen Kollegen per Telefon. Neben ihm auf dem Tisch liegt eine
Handkamera; das Objektiv ist auf die Menschentraube gerichtet. Als sich
drei Linksautonome auf den Weg machen, um die Strassen rund um den
Bahnhofplatz zu begutachten, schreckt er plötzlich auf, schreitet
nach draussen - einigermassen unauffällig trägt er die Kamera
nun in der Hand. Der Zivilpolizist - auch er in einen Kapuzenpullover
gekleidet - taucht auch später von Zeit zu Zeit wieder auf; manch
Demonstrierender wird ihn registrieren: Man kennt sich.
Mit der demonstrantischen Viertelstunde Verspätung
begeben
sich die Aktivisten auf ihren einstündigen Marsch durch
Langenthal; aus dem orangefarbenen, in die Jahre gekommenen
Begleitfahrzeug dröhnt Rapmusik. An der Spitze des Zugs formieren
sich die schwarz gekleideten jungen Leute, die durch lautstarke
Sprechchöre auffallen: "Schiesst die SVP auf den Mond, das ist
Ausschaffung, die sich lohnt!", stimmt ein Redner in der Einkaufsmeile
Langenthals an. Ob ihn die SVP-feindliche Stimmung nicht störe,
will ein Radiojournalist von Patrick Freudiger wissen. Freudiger ist
SVP-Stadtrat in Langenthal und beäugt für kurze Zeit die
Kundgebung, die für zwei Reden zum Stehen gekommen ist. Es gelte
die Meinungsfreiheit, antwortet Freudiger dem Journalisten. Und wenn
"die hier" demonstrieren wollten, sei das ihr gutes Recht. Er aber,
Patrick Freudiger, arbeite lieber, als sich Kundgebungen
anzuschliessen. Freudiger bemängelt zudem, dass die Demonstranten
ihr Gesicht hinter Masken versteckten. Exakt in diesem Moment flammt
das einzige Mal während des ganzen Tags kurz Nervosität auf:
Ein Mann taucht aus einer Seitengasse auf - in der Hand eine Kamera.
Die Linksautonomen bemerken den offenbar aus dem rechtsextremen Milieu
stammenden Mann und beschimpfen ihn lauthals: Man kennt sich.
Der Mann zieht sich zurück, zurück zu einem
Sechsergrüppchen junger Leute, das hinter einer Häuserzeile
wartet. Auf deren Jacken prangen Symbole, die auf rechtsextremes
Gedankengut hinweisen. Die Nervosität klingt bald ab; die Polizei
markiert kurzzeitig Präsenz; zwanzig Minuten später löst
sich die Kundgebung beim Bahnhof auf: "Bella, ciao" erklingt.
--
Disziplinierte Demonstration
Für die Kundgebung in Langenthal vom Samstag konnten
sich
rund hundert Personen motivieren - die meisten aus dem linksautonomen
Lager. Die Demonstration war die Antwort auf den Marsch Rechtsextremer,
der am 9. Oktober stattfand und sich gegen den geplanten Minarettbau in
Langenthal richtete. Als Organisatorin trat damals die Partei National
Orientierter Schweizer (Pnos) auf. Wie schon die Kundgebung von rechts
verlief auch jene vom Samstag ohne aufsehenerregende
Zwischenfälle: "Die Auflagen wurden zu hundert Prozent
erfüllt", sagte der Langenthaler Sicherheitsdirektor Rolf Baer
(FDP) im Nachgang.
Zufrieden mit dem Verlauf des Protests zeigten sich auch
die
Organisatoren, namentlich das Bündnis "Kein ruhiges Hinterland",
dem etwa die Junge Alternative (JA!) und die Berner Antifa
angehören. In einem Communiqué schreiben sie, die
Kundgebung sei nicht bloss ein Zeichen gegen die umtriebigen Neonazis
in Langenthal, sondern auch gegen die staatliche Migrationspolitik und
die Ausschaffungsinitiative - gegen den "rassistischen Konsens"
zwischen den grossen Parteien im Allgemeinen. (phi)
---
Langenthaler Tagblatt 1.11.10
Antifa klagt an
Autonome 100 Aktivisten zogen am Samstag als Zeichen gegen
Rechtsextremismus durchs Zentrum. Laut Polizei war die Demo friedlich.
Botschaft und Wirkung wichen aber voneinander ab.
Eng beieinander stehen sie. Die vordersten halten Plakate
vor
ihre vermummten Gesichter: Der Oberaargau werde zu einem Hort von
rechtsextremer Gewalt, dröhnt es aus Megafonen vor dem
Choufhüsi. Mit der Demo will die Antifa den "rassistischen Konsens
durchbrechen" und auf ein Netzwerk von Neonazis und fremdenfeindlichen
Parteien in Langenthal und Umgebung hinweisen.
Auf den Marktgasse-Treppen beobachten Senioren, Familien
und
Jugendliche das schwarze Treiben. Die vermummte Frau am Mikrofon sagt:
"Schiesst die SVP auf den Mond!" Etwas abseits steht Patrick Freudiger.
Der Satz ringt dem SVP-Stadtrat ein Lächeln ab: "Demonstrieren ist
ein Grundrecht und daher legitim. Solange es nicht ausartet. Aber
dieses Aufgebot", er zeigt zur Polizei in Vollmontur, "das bezahlen
alles wir."
In einer Reihe sperren Polizisten die Gasse ab. Passanten
nähern sich ihnen, reden. Was fragen sie? "Von welcher Seite diese
Demo sei, und ob sie bewilligt ist", so der Einsatzleiter.
Zwei Vermummte lösen sich aus der Menge, steigen zum
Choufhüsi, einer mit einer Tasche. Der Einsatzleiter ruft seinen
Kollegen "Achtung" zu - und schickt zwei Polizisten: Die Vermummten
ziehen sich zurück.
Wenig später schreien vier Aktivisten: "Hau ab,
verpiss
dich, scheiss Nazi!" Ein Mann grinst, dreht sich um und hebt die
Stinkefinger. Dann klatschen alle Aktivisten und auch ein paar
Passanten, die Rede ist zu Ende.
Die Polizei hat wenig zu tun. Einige begleiteten wie
Sicherheitsdirektor Rolf Baer den Umzug, andere sperren Strassen. Ein
Polizist weist einen Aktivisten zurück. Er wollte ihm einen
Antifa-Kleber auf den Schutzschild drücken. In Vollmontur
säumen sie die ganze Demo-Route. Vom Bahnhof via Jurastrasse zum
Chrämerhuus, um den Affenplatz zum Choufhüsi und zurück.
"Keine Macht für niemand", ruft jemand. Gemeinderat Baer hat
Mühe: "Wir haben Meinungsfreiheit. Da muss man doch mit Namen und
Gesicht hinstehen."
Nach gut einer Stunde ist die Demo wieder beim Bahnhof,
aus den
Megafonen dröhnt jetzt Tanzmusik. Die Stimmung ist gelöst:
"Ich glaube, unsere Aktion ist gut angekommen", so ein Aktivist zu
seinem Kollegen.
Bei der Polizei hiess es gestern, die Demo sei im Rahmen
der
Bewilligung abgelaufen. Ein paar Personen seien kontrolliert worden.
(jpw/sat)
---
20 Minuten 1.11.10
Friedliche Antifa-Demo
LANGENTHAL. Rund 100 Demonstranten haben am Samstag an
einer
bewilligten Kundgebung in Langenthal teilgenommen. Mit diesem Protest
reagierten sie auf eine Anti-Minarett-Demo rechtsnationaler Kreise von
Anfang Oktober. In verschiedenen Reden wurden die rechtsextremen
Strukturen im Oberaargau und die Rolle der SVP angeprangert. Die im
Vorfeld befürchteten Ausschreitungen blieben aus - die Demo
verlief im Rahmen der Bewilligung.
---
Zentralschweiz am Sonntag 31.10.10
Linksautonome demonstrieren
Langenthal - In Langenthal haben gestern Nachmittag gegen
100
Personen, vorwiegend aus dem linksautonomen Lager, an einer Kundgebung
teilgenommen. Damit reagierten sie auf eine Kundgebung rechtsnationaler
Kreise von Anfang Oktober. Zunächst versammelten sich rund 70
Personen beim Bahnhof, unterwegs schlossen sich weitere dem
Kundgebungszug an. Die mehrheitlich vermummten Demoteilnehmer zogen mit
lautstarken Sprechchören und Musik vom Bahnhof durch die
Innenstadt. (sda)
---
Sonntagsblick 31.10.10
Showdown blieb aus
Linke Demo in Langenthal
Es hätte auch anders kommen können: Der
Aufmarsch von
rund 100 Linksautonomen gegen Rassismus am Samstag in Langenthal BE
verlief friedlich. Mit der Demonstration reagierten das Bündnis
"Kein ruhiges Hinterland", die Antifa Bern und andere linke
Gruppierungen auf den Protest von 150 Rechtsradikalen vom 9. Oktober
gegen den geplanten Bau eines Minaretts.
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PNOS
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Langenthaler Tagblatt 1.11.10
Pnos abgeblitzt, BDP neu im Rat
Bei den Gemeinderatswahlen in Roggwil schnitten die
Bürgerlichen Freien Wähler mit vier Sitzen am besten ab,
gefolgt von der SP mit zwei Sitzen. Der bisher als Parteiloser im Rat
sitzende Michael Huber - vor vier Jahren noch von der Gruppierung
"Akzänt" nominiert - wurde als Mitglied der BDP bestätigt.
Gewählt wurden auch je sechs Mitglieder der Bau- und
Betriebskommission sowie der Bildungskommission. Bei Letzterer gab im
Vorfeld der für die Pnos kandidierende Dominic Lüthard zu
reden. Dieser hatte jedoch keine Chance. Er nimmts locker: "Ich bin
nicht enttäuscht", sagte er, "und habe damit rechnen müssen."
(iba) Seite 21
--
BDP gewinnt und Pnos blitzt ab
Roggwil Vier Vertreter der BFW, zwei der SP und ein
BDP-Mann - so
sieht der Gemeinderat aus
Irmgard Bayard
Nur gerade 38,81 Prozent der Stimmberechtigten von Roggwil
beteiligten sich am Wochenende an den Wahlen. Die wichtigste
Änderung im Gemeinderat: Michael Huber hat seinen Sitz verteidigen
können, allerdings neu für die BDP. FDP und SVP, die
gemeinsam als Bürgerliche Freie Wähler auftraten, eroberten
dank einem Restmandat vier Sitze. Die SP, die ohne Bisherige an den
Start ging, konnte ihre beiden Sitze halten.
Rudolf Baumberger, Präsident des BFW-Wahlausschusses,
zeigte
sich "sehr erfreut" über das Resultat. Sogar "sehr, sehr erfreut",
sei er darüber, dass die FDP von den vier BFW-Gemeinderäten
drei stelle. "Die BDP hat uns nicht geschadet", hielt er fest. Die
beiden Bisherigen liegen auf den ersten Plätzen. Wie erwartet ist
Gemeindepräsident Erhard Grütter mit 808 Stimmen klar vorne.
"Wir sind zufrieden, dass wir die beiden Sitze halten
konnten,
obwohl wir ohne Bisherige angetreten sind", sagte SP-Präsidentin
Yolanda Büschi. Etwas enttäuscht sei sie über ihre
eigene Nichtwahl. Als Überraschung darf bei der SP die Wahl von
Oliver Meyer gewertet werden. Er ist der Bruder des wegen
Amtszeitbeschränkung nicht mehr angetretenen Markus Meyer.
"Schade, dass es uns nicht gelungen ist, mehr Wähler zu
mobilisieren", sagte Büschi. Im Vorfeld habe man sich eine
Stimmbeteiligung von über 50 Prozent erhofft.
Die noch junge BDP konnte mit Michael Huber bereits auf
einen
"Bisherigen" zählen. Noch vor vier Jahren ging er für
"Akzänt" ins Rennen, wechselte aber in diesem Jahr zur BDP. "Mit
der Wahl sind wir sehr zufrieden", sagte Parteipräsident Martin
Burkhard. Schade fand auch er, "dass nicht mehr Bürgerinnen und
Bürger den Weg an die Urne fanden".
Die sechs Sitze der Bau- und Betriebskommission machen
ebenfalls
die drei Parteien unter sich aus. Drei Sitze eroberte die BFW, zwei die
SP und einen die BDP. Hier ergibt sich auch gleich eine Rochade: "Da
Michael Huber in den Gemeinderat gewählt wurde, kann er nicht
gleichzeitig auch Mitglied der Bau- und Betriebskommission werden",
erklärte Burkhard. Für die BDP wird daher der an zweiter
Stelle liegende Fritz Sommer Einsitz in die Kommission nehmen.
Gleich fünf Parteien wollten in die
Bildungskommission: Hier
sind die Gewinner die BFW und die SP, die sich die sechs Sitze teilen.
"Dass wir gegenüber den letzten Wahlen einen Sitz gewinnen
konnten, freut uns sehr", sagte Büschi für die SP. "Über
einen Sitz in der Bildungskommission hätten wir uns sicher
gefreut", meinte Burkhard von der BDP. Auch Lukas Zimmermann, Assistent
der Geschäftsführung der EVP des Kantons Bern, hätte
gerne einen Sitz erobert. "Es war knapp", sagte er. Für die Partei
sei es in erster Linie von Belang, dass überhaupt jemand zu den
Wahlen angetreten sei. "Es ist wichtig, präsent zu sein, das waren
wir."
Viel zu reden gab im Vorfeld die Kandidatur von Dominic
Lüthard, der für die Partei national orientierter Schweizer
(Pnos) in den Wahlkampf stieg. Das Aushängeschild der Rechtspartei
war immer wieder in den Negativschlagzeilen. Im Vorfeld der Roggwiler
Wahlen präsentierte er sich aber als braver Familienvater. Dass er
nicht gewählt wurde, nimmt er leicht: "Ich bin nicht unzufrieden
und auch nicht enttäuscht." Obwohl er noch im Juli seine Chancen
als "besser als vor vier Jahren" einschätzte, weil man ihn kenne,
sagte er gestern: "Ich bin im Dorf halt nicht so bekannt."
Hauptsächlich sei wohl die Partei der Grund für die
Nichtwahl. Ein Parteiwechsel komme für ihn aber nicht infrage. Die
Pnos erhielt aber dennoch 205 Kandidaten- und 146 Zusatzstimmen von
allen anderen Parteien.
Stille Wahl fürs Präsidium denkbar
Mit diesem Ausgang der Wahlen dürfte klar sein, dass
Erhard
Grütter weiterhin Gemeindepräsident bleibt. "Wir werden keine
Gegenkandidatur stellen", sagte Yolanda Büschi von der SP. Damit
darf Grütter mit einer stillen Wahl für das
Gemeindepräsidium rechnen.
Kommentar rechts oben
Die Resultate, Gemeinderat: BFW 3326 Kandidatenstimmen,
150
Zusatzstimmen, total 3476 Stimmen (48,35 Prozent). Gewählt sind:
Erhard Grütter (bisher), 808 Stimmen; Ulrich Kurt (bisher), 696;
Marianne Teuscher (neu), 486; Rudolf Baumberger, 469. SP: 2309
Kandidatenstimmen, 95 Zusatzstimmen, total 2404 Stimmen (33,44
Prozent). Gewählt sind: Marianne Burkhard (neu), 493; Oliver Meyer
(neu), 383. BDP: 1200 Kandidatenstimmen, 108 Zusatzstimmen, total 1308
Parteistimmen (18,19 Prozent). Gewählt ist: Michael Huber
(bisher), 631. Bildungskommission: (Stimmbeteiligung 38,29 Prozent).
Gewählt sind: BFW: Marianne Teuscher, 542, Denise Lüscher,
431, Rudolf Baumberger, 428. SP: Priska Grütter, 438, Monika
Frutig, 349, Liselotte Gasser Schär, 343. Von BDP, EVP und Pnos
wurde niemand gewählt. Bau- und Betriebskommission:
(Stimmbeteiligung 37,58 Prozent): Gewählt sind: BFW: Valentin
Kappenthuler, 689, Richard Bossert, 388, Christian Grob, 356. SP: Kurt
Schönenberger 488, Konrad von Däniken, 417. BDP: Michael
Huber, 466. Da dieser in den Gemeinderat gewählt wurde, wird der
Zweitplatzierte Fritz Sommer (410 Stimmen) Einsatz in die Bau- und
Betriebskommission nehmen.
--
Kommentar
Pnos hatte keine Chance
Irmgard Bayard
Die mit Spannung erwarteten Roggwiler Wahlen sind im
Endeffekt
wenig spannend ausgefallen: Die SP - ohne Bisherige in den Wahlkampf
gestiegen - konnte ihre Sitze halten. Der vor vier Jahren für
"Akzänt" angetretene Michael Huber sitzt nun für die BDP im
Rat.
Die einzige Kandidatur, die zu reden gab, war jene des
Rechtsextremisten Dominic Lüthard für die Bildungskommission.
Kurz vor den Wahlen präsentierte er sich in Flugblättern als
Saubermann, fürsorglicher Familienvater und aktives
Vereinsmitglied. Dass er Vater ist und sich im Tennisclub engagiert,
mag stimmen. Ein Saubermann ist er aber garantiert keiner. Welch
rassistisches Gedankengut er vertritt, zeigte sich, als er eine
dunkelhäutige Ex-Miss-Schweiz als "Geschwür" bezeichnete.
Dazu besingt Lüthard in seiner Rockband, wie die "reine Schweiz"
von "fremder Brut" zu befreien sei.
Nun wollte er diese Ideale in die Schule bringen: keine
Chance.
Die Roggwiler liessen sich nicht blenden. Der grösste Teil der
Wählerinnen und Wähler distanzierte sich mit der Nichtwahl
Lüthards von der Pnos. Dafür verdienen sie ein grosses Bravo.
irmgard.bayard@azmedien.ch
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ALKI-TREFF BIEL
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bielertagblatt.ch 2.11.10
Alkitreff Walserplatz 02.11.10 17:57
Eine Zuflucht an Weihnachten
Die Alkis am Walserplatz warten noch immer auf eine Entscheidung
des
Gemeinderats. Inzwischen rücken Kälte, Schnee - und
Weihnachten immer näher.
Die Antwort des Bieler Gemeinderats auf die Interpellation zur
Frage
des Alkitreffs am Walserplatz stellt den Grünen Stadtrat Christoph
Grupp nicht zufrieden. Er findet es beschämend, dass von einer
intensiven aber erfolglosen Suche nach einem Alternativstandort
für die Randständigen gesprochen wird. "Mir kann doch keiner
sagen, dass man in den ganzen sieben Jahren keine Lösung hat
finden können", ärgert sich Grupp.
Selbst das Provisorium, das die Sicherheitsdirektorin Barbara
Schwickert zumindest für den Winter bereitstellen will, soll in
den Augen des Gemeinderats anscheinend keine Gnade gefunden haben.
Dieses würde in einem Container auf dem Feldschlösschenareal
bestehen. Ob dieses Provisorium nun endgültig verworfen wird, ist
noch nicht sicher. Am kommenden Freitag soll die Weiterführung des
Alkitreffs nochmals Thema im Gemeinderat sein. Dann wird Schwickert
einen Bericht der Kantonspolizei Bern und der Bieler Sicherheitstruppe
SIP vorlegen können. Diese hatten den Auftrag, das Verhalten der
Randständigen am Walserplatz zu beobachten.
Den vollständigen Bericht lesen Sie im BT vom 3. November
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SQUAT FR
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La Liberté 2.11.10
Les projets culturels de Raie Manta ont pris forme durant le
week-end
Fribourg - Les squatteurs ont pu rester quelques jours
à
l'Espace Boxal. Ils en ont profité pour montrer les
activités qu'ils comptent y organiser.
Nicolas Maradan
Les membres du collectif Raie Manta ne demandaient que
ça:
avoir l'occasion de mettre sur pied les projets culturels dont ils
parlent depuis leur premier squat, à la fin du mois de
septembre. Ce week-end, à la faveur d'un sursis accordé
tacitement par les autorités, ils ont pu donner libre cours
à leur imagination dans les loxaux d'Espace Boxal, au passage du
Cardinal à Fribourg, qu'ils occupent depuis mercredi soir ("La
Liberté" du 29 octobre).
Concerts gratuits, jam-session ou encore apéro
étaient ainsi au programme. Samedi après midi, "La
Liberté" s'est glissée parmi de jeunes artistes
participant à un atelier de peinture. Reportage.
Un espace à disposition
"Est-ce qu'il y a encore du blanc?", demande Jacques*,
affairé au milieu d'un ancien bureau, aujourd'hui
complètement vide. Rouleau à la main, il attend que
l'énorme poisson violet qu'il a tracé au mur
sèche. Et ce n'est pas du vin que le jeune homme cherche, mais
bien de la peinture pour faire les finitions.
Sur la paroi opposée, Jacques a dessiné le
buste
stylisé d'une jeune femme, avec la mention "Elle". Un concept
artistique qu'il a développé et parsemé dans toute
la ville. "Je crois qu'il y a une dizaine de femmes comme ça
dessinées dans Fribourg", explique-t-il.
Une scène bricolée
Artiste à ses heures, Jacques a aussi
décoré
plus d'une centaine de galets qu'il a ensuite déposés au
bord de la Gérine. "Mais beaucoup ont été
volés", regrette-t-il. Du coup, quand il a vu que le collectif
Raie Manta mettait à disposition des locaux à l'Espace
Boxal pour peindre, il s'est précipité. "C'est
génial d'avoir comme ça un local pour développer
des projets", se réjouit-il. Membre du collectif, Ludivine*
résume simplement le concept de la journée: "on laisse
des murs aux artistes et ils en font ensuite ce qu'ils veulent". Il
faut toutefois préciser que ces actes, de même que
l'occupation du bâtiment, se sont faits de manière
illégale. Samedi après midi, une quinzaine de jeunes ont
répondu à l'appel, se répartissant dans tout le
bâtiment inoccupé au gré de leur inspiration.
De plus, tous les soirs durant le week-end, les jeunes ont
également organisé des concerts gratuits sur une
scène bricolée au sous-sol de l'immeuble. "Vendredi soir,
un groupe belge qui se produisait au café Le XXe est même
venu jouer chez nous après son concert", explique Johnny*, un
autre membre du collectif.
Plainte déposée
Pour le reste, les squatteurs n'ont pas encore
songé
à l'organisation de leurs projets sur le long terme. "On n'a
même pas encore choisi nos chambres", rigole Ludivine. Car, s'ils
ont pu rester à l'Espace Boxal quelques jours, les membres de
Raie Manta savent que leur séjour est compromis. Vendredi,
l'avocat du propriétaire des lieux leur a signifié qu'une
plainte allait être déposée.
"On part du principe que l'immeuble sera détruit et
on
s'engage à partir dès que les travaux commenceront",
rappelle Ludivine. "Mais, même si cela veut dire qu'on ne pourra
rester que quelques mois, ça nous laisserait déjà
le temps de faire beaucoup de choses ici", enchaîne la jeune
fille.
Pour rappel, le collectif Raie Manta aimerait fonder un
espace
autogéré où se côtoieraient restaurant
populaire, bibliothèque et magasin gratuit.
Quant à l'Espace Boxal, la date de sa destruction
n'a pas
encore été arrêtée. Le recours contre la
décision préfectorale de fermer les locaux au 30
septembre dernier, émanant de trois personnes et d'une
société, est toujours pendant au tribunal administratif
("La Liberté" du 28 octobre). I
* prénoms d'emprunt
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SQUAT ZH
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Tagesanzeiger 2.11.10
Schlechter Style
Kaum wird in der Stadt ein Haus okkupiert, hängt kurz
darauf
ein hässliches "Besetzt"-Leintuch an der Fassade. Das ist
irritierend - gerade wenn, wie im Atlantis, die Besetzung im Zeichen
der Kunst steht.
Von Thomas Wyss
"Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite
Chance." Ein
gutes Bonmot. Entstanden ist es in der Businesswelt. Da es jedoch
übermässig oft publiziert und rezitiert wurde, könnte
man meinen, es müsste langsam auch im weniger renditeorientierten
Segment der Bevölkerung angekommen sein. Zum Beispiel in der
Hausbesetzerszene. Das ist aber ganz offensichtlich nicht der Fall, wie
das Beispiel Hotel Atlantis zeigt. Kaum hatten die Besetzer am
vorletzten Freitag den ehemaligen Luxuskasten annektiert, hängten
sie ein weisses Leintuch raus, auf dem - mit fetten roten
Grossbuchstaben lieblos hingepinselt - "besetzt" stand. Jeder
Ästhet bekommt bei diesem Anblick vor lauter Fremdscham einen
Weinkrampf; normale Menschen finden es zumindest "gruusig".
Wenn ein Haufen Teenager ein Abbruchhaus in Beschlag
nimmt, um
dort mit Gabber-Partys, Punkkonzerten oder Botellones (an welchen das
Rauchverbot offiziell ausser Kraft gesetzt ist; ein bisschen Ideologie
muss schliesslich sein) eine romantisierte Anarchie auszuleben, kann
man es noch irgendwie nachvollziehen, dass einem stilvoll gestalteten
"Besetzt"-Transparent nicht oberste Priorität eingeräumt
wird. Aber von der Familie Donovan - so nennen sich die
Atlantis-Besetzer - hätte man echt mehr erwartet. Wer im Manifest
und an der Medienkonferenz explizit betont, das "untergegangene"
Atlantis im Geiste des legendären Chelsea Hotel in New York
auferstehen zu lassen und schrillen Kulturtätern Wohn- und
Atelierräume zur Verfügung zu stellen, muss sich an diesem
künstlerischen Anspruch messen lassen (nur damit das geklärt
wäre: Der Schreibende ist ein grosser Fan des Projekts; hier gehts
aber nicht um Inhalte, sondern allein um die mangelhafte Verpackung).
Stimmt, in den Folgetagen wurde die nüchterne
Betonfassade
des Atlantis mit Smileys, einer Pop-Art-Hotdog-Malerei oder einem
überdimensionierten Windrad geschönt; Sujets und Objekte, die
der Aktion etwas Sinn und Sinnlichkeit verliehen. Aber das Ur-Symbol,
also quasi die Visitenkarte der Donovans, war eben doch dieses
hässliche Leintuch. Besonders fragwürdig wirkt das
anachronistische "Transpi" auch deshalb, weil die Besetzer in anderen
relevanten Bereichen den "State of the Art" zelebrieren: Statt
verstaubte Roger-Staub-Mützen tragen sie fancy "Super Mario"- und
Smiley-Masken, statt Flugis zu verteilen, informieren und kommunizieren
sie via Blog, Mail und Facebook.
Die Südkurve machts vor
Leider ist solch schlechter (Design-)Style nicht die
Ausnahme,
sondern die Regel. Weshalb die Hausbesetzerszene bei ihrer zentralen
Botschaft jegliche Kreativität vermissen lässt (auch wenn
sich die Schriftfarbe und die Krummheit der Lettern von Fall zu Fall
dezent unterscheiden, die Resultate sind alle gleich peinlich), ist ein
grosses Rätsel.
Fehlt es am Geld? Ein zu billiges Argument. Die
FCZ-Südkurve
beweist mit ihren prächtigen Choreografien seit Jahren, dass man
auch ohne viel Stutz tolle Temporärkunst hinbekommt. Fehlt es an
Talent? Unmöglich. Auch wenn nicht jeder lokale Urbanartist mit
der Gabe eines Banksy oder Shepard Fairey gesegnet ist - genügend
Potenzial, um das Wörtli "Besetzt" in einer strassenkredibelen
Typografie auf ein Leintuch zu pinseln, ist sicher vorhanden. Ganz
schwach ist das Argument "Es wurde ja schon immer so gemacht, wieso
also ändern?". Sind wir etwa bei der SVP oder was?
Auch nicht in die Waagschale werfen kann man das heilige
Designprinzip "Form Follows Function": Würden Hausbesetzungen
optisch ansprechender verkündet, wäre das Interesse (und die
Akzeptanz) des Fussvolks für solche Aktionen bestimmt
grösser. Und wieso muss es immer das martialische "Besetzt" sein?
Würde ein Transparent mit der Message "Wir kommen in Frieden" oder
"Haaallooo, wir sind die neuen Nachbarn" nicht sympathischer wirken?
Zum Schluss dieses Votums noch ein kleiner Appell: Ende
Jahr,
liebe Besetzer, wird ja bekanntlich Carli Hirschmanns Superdisco Saint
Germain geschlossen. Wenn ihr diese Topfloor-Räume im Bally-Haus
(Bahnhofstrasse) okkupiert, wäre Zürich Tourismus froh, ihr
würdet den "Besetzt"-Aushang der schicken Umgebung anpassen (also
schön schreiben!) - nicht dass die Fotos der japanischen Touristen
dann durch ein schludriges Leintuch verunstaltet sind.
---
20 Minuten 2.11.10
Atlantis: Treffen organisiert
ZÜRICH. Die Besetzer des früheren Luxushotels
Atlantis
setzen sich heute mit einem Vertreter der Eigentümerin Rosebud
Holding an einen Tisch. Organisiert ist das Treffen von Unternehmer
Werner Hofmann, der das Atlantis für eine Zwischennutzung als
Studentenwohnheim gemietet hat. Er war gestern erneut vor Ort: "Um den
Besetzern zu zeigen, dass ich kein Päckli gemacht habe mit der
Eigentümerin", sagt Hofmann. Bis morgen müssen die Besetzer
entscheiden, ob sie Hofmanns Projekt übernehmen wollen - auch
finanziell.
---
tagesanzeiger.ch 1.11.10
Ein schlechtes Feindbild ausgesucht
Christoph Landolt
Mit Werner Hofmann haben die Atlantis-Besetzer den
falschen
Gegner gewählt. Der neue Mieter hat Verständnis für ihre
Anliegen und bietet Arbeit an.
Früher, das gibt Werner Hofmann gerne zu, hätte
er
vielleicht anders reagiert. Früher, das war vor dem 27. Januar
2010, als der Unternehmer in Buchs von fünf Kugeln niedergestreckt
wurde. Der Schütze war sein Angestellter, der sich danach selbst
richtete. Hofmann rang während Wochen um sein Leben. Dass er
überlebte, verdankt der 59-Jährige seiner Assistentin, die
ihn unablässig zum Atmen aufforderte. Dass er neun Monate
später wieder "super zwäg, voller Energie und ohne psychische
Probleme" ist, dafür sind für Hofmann seine Frau, seine
beiden Kinder und sein Freundeskreis verantwortlich.
Anders als vor den Schüssen sieht sich der ehemalige
Grenadier jedoch nicht mehr als Haudegen. "Heute rede ich lieber. Mit
‹Schnurre› erreicht man mehr." Mit Nichts als Worten ist Hofmann am
Samstag denn auch den Besetzern des ehemaligen Hotels Atlantis
gegenübergetreten. Gerade eine Woche ist es her, seit der
Unternehmer die leerstehende Liegenschaft per Handschlag gemietet
hatte. Was die Besetzer nicht wussten: Hofmann ist nicht der
Immobilienhai, der das Hotel in teure Eigentumswohnungswohnungen
verwandeln will.
Der Mann, den die Maskierten vor sich hatten, hat andere
Pläne. Statt "Freiräume" für Autonome soll Wohnraum
für Studenten entstehen. Die 150 Zimmer werden frisch gestrichen,
mit neuen Teppichen versehen und für 400 Franken pro Monat
vermietet. Bereits am 1. Dezember sollen die Studenten einziehen. Am
Donnerstag beginnt die Pinselrenovation, deshalb müssen die
Besetzer spätestens übermorgen Mittwoch raus.
Verständnis für Besetzer
Groll, dass die Besetzer in sein Haus eingedrungen sind
und auf
seine Kosten leben, hegt Werner Hofmann nicht. "Die haben auf ihr
Anliegen aufmerksam gemacht, das verstehe ich." Eine Zwangsräumung
soll es nicht geben, stattdessen bietet Hofmann den Besetzern Jobs an.
"Wenn das rechtzeitig fertig sein soll, brauchen wir viele Hände."
Hofmann wäre gar bereit, das Projekt an die Besetzer
zu
übergeben. Wenn sie ihm einen vernünftigen Businessplan
präsentierten, könnten sie die Studentenzimmer auch selbst
betreiben. "Aber das gibts nicht zum Nulltarif." Inklusive Nebenkosten
beträgt die Miete für das Atlantis rund 45'000 Franken. Im
schlimmsten Fall verloche man mit diesem Projekt eine Million,
schätzt Hofmann. "Ich könnte das verschmerzen." Doch der
Unternehmer ist überzeugt, dass die Nachfrage nach solchen
Räumen da ist. Nur schon aufgrund der Medienberichte hätten
sich etwa ein Dutzend Interessenten gemeldet.
Anpackender Unternehmer
Wenn alles gut gehe, schaue beim Atlantis-Projekt eine
schwarze
Null heraus, meint Hofmann. "Damit wird man sicher nicht reich, aber
darum gehts mir auch nicht." Hofmann, der seit 36 Jahren mit Leib und
Seele Unternehmer ist, will beweisen, "dass es uns gelingt, etwas auf
die Beine zu stellen - ganz im Gegensatz zu den Politikern."
Obwohl er Mitglieder der SVP ist, hat sich Werner Hofmann
nie in
ein Amt wählen lassen. "Statt in den Gemeinderat zu gehen, habe
ich die Vormundschaft für zwei Kinder übernommen." Damit habe
er konkret helfen können. Hofmann würde es wieder tun,
genauso, wie er als 24-Jähriger wieder ein
Sanitärgeschäft mit sechs Angestellten übernehmen
würde. Mit seiner zweiten Firma, die in der Immobilienbranche
tätig ist, will der Unternehmer nach dem Atlantis noch weitere
schwierige Projekte zum Erfolg führen. "Mich interessiert nicht
der aufgelegte Match. Man muss auch mit schlechten Karten jassen
können."
---
Tagesanzeiger 1.11.10
Ultimatum für Atlantis-Besetzer
Donzé René
Bis Mittwoch müssen die Besetzer das Hotel
räumen -
oder selber mieten.
Zürich - Im Konflikt um das leer stehende Hotel
Atlantis
zeichnet sich eine rasche Lösung ab. Am Samstag hat sich Werner
Hofmann mit den Besetzern getroffen und mit ihnen über ihren
Auszug verhandelt. Der Unternehmer aus Buchs hat das Hotel von der
Besitzerin für rund zwei Jahre gemietet und will dort als
Übergangslösung Studentenwohnungen einrichten. Dafür
bezahlt er monatlich für Miete und Nebenkosten gegen 50 000
Franken.
Hofmann möchte bis Dezember die Räume für
rund
eine halbe Million Franken instand stellen, um sie für 350 bis 400
Franken pro Monat zu vermieten. Nun hat er sich mit den Besetzern
darauf geeinigt, dass sie das Hotel bis Mittwoch 16 Uhr verlassen -
oder es selber mieten. Wie Hofmann gegenüber
Tagesanzeiger.ch/Newsnetz sagte, überlegen sich die Besetzer, ob
sie das Projekt selber realisieren wollen.
Das Hotel Atlantis wurde 2004 geschlossen und später
zwei
Jahre lang als Asylbewerber-Unterkunft genützt. Vor einer Woche
wurde es von Aktivisten besetzt. Die Besitzerin will das Hotel zu einer
Wohnsiedlung mit 70 Eigentumswohnungen umbauen. Laut Medienberichten
rechnet Hofmann damit, dass seine Sanitärfirma dannzumal den
Auftrag für den Bau aller neuen Sanitäreinrichtungen bekommt.
(rd)
---
Zürichsee-Zeitung 1.11.10
Hotel Atlantis
Bedenkzeit für die Besetzer
Werner Hofmann aus Buchs, Mieter des Hotels Atlantis,
verhandelt
mit den Hausbesetzern. Bis Mittwoch will er eine Lösung erreichen.
Dominique Marty
Ein wenig überrumpelt habe er die Hausbesetzer mit
seinem
Plan sicher, sagt Werner Hofmann und lächelt verschmitzt. Der
Sanitärunternehmer kommt soeben vom Gespräch mit den
Besetzern des Hotels Atlantis zurück. Er hat das ehemalige
Luxushotel gemietet, um darin günstigen Wohnraum für
Studenten und Lernende anzubieten. Ein Vorhaben, das den Besetzern
eigentlich entgegenkommen sollte, da sie genau dies gefordert hatten,
nachdem sie als "Familie Donovan" am Freitag vor einer Woche
"eingecheckt" hatten.
Mit drei Besetzern habe er sprechen können,
fährt
Hofmann fort. Sie wollen selbst eine Lösung erarbeiten, wie sie
das "Atlantis" nutzen wollen und eine Vermietung bewerkstelligen
würden. "Sie würden gerne das Management übernehmen und
hatten damit gerechnet, dass die Eigentümerin für
Verhandlungen auf sie zukommt."
"Unternehmerischer Geist"
"34 500 Franken Miete zahle ich ab November monatlich, und
mit
gut 20 Prozent Nebenkosten rechne ich zusätzlich", kalkuliert
Hofmann. Diese Beträge müssten die Aktivisten aufbringen
können. Die Besetzer seien "sympathisch" gewesen. Auch habe er
einen gewissen "unternehmerischen Geist" gespürt, darum will er
ihnen bis Mittwoch, 16 Uhr, Zeit lassen, um ihm einen genauen Plan zu
unterbreiten.
"Meine Forderungen dazu sind klar: Sie müssten
für
Miete und Nebenkosten aufkommen können, ausserdem muss die
Verantwortung klar definiert sein", erklärt der Buchser. Die
Besetzer selbst, die während der vergangenen Woche auf Radio und
Fernsehen anonyme Interviews gegeben hatten, wollten sich am Wochenende
nicht mehr gegenüber den Medien äussern.
---
Landbote 1.11.10
Hotelmieter gewährt Besetzern noch wenige Tage
sda
Zürich - Die Besetzer im ehemaligen Zürcher
Fünfsternehotel Atlantis müssen bis am Mittwoch ausgezogen
sein - oder entscheiden, ob sie das Projekt selber übernehmen
wollen. Dies sagte der neue Mieter, der Unternehmer Werner Hofmann, am
Samstag nach einem Gespräch mit den Besetzern. Wollen die Besetzer
also bleiben, müssten sie Hofmann den Zins bezahlen, den er jetzt
der Eigentümerin zahlen muss. Das sind rund 34 000 Franken, wie
der Geschäftsführer der Tescon T.S.C. AG aus Buchs am Samstag
gegenüber verschiedenen Medien sagte. Sein Ziel sei es, eine
friedliche Lösung zu finden. Bis am kommenden Mittwoch um 16 Uhr
sollen sich die Besetzer besprechen. "Ich möchte einfach, dass die
Räumlichkeiten so genutzt werden, wie ich es vorhatte", sagte er.
Im ehemaligen Hotel sollen günstige Zimmer für Studierende
und Lehrlinge angeboten werden. (sda)
---
20 Minuten 1.11.10
Atlantis: Studenten sollen einziehen
ZÜRICH. Die Besetzer des früheren Luxushotels
Atlantis
müssen bis am Mittwoch ausgezogen sein - oder entscheiden, ob sie
das Projekt Studentenwohnheim selber übernehmen. Dies sagte der
Unternehmer Werner Hofmann nach einem Gespräch mit den Besetzern.
Er hat das Atlantis für ein bis zwei Jahre gemietet und will die
150 Zimmer nach einer Pinselrenovation ab Dezember für 350 bis 400
Franken pro Monat an Studenten vermitteln. Möchten die Besetzer
bleiben, müssten sie Hofmann den Monatszins von 34 000 Franken
bezahlen, den er der Eigentümerin Rosebud Holding AG zahlt. Doch
das kommt für sie nicht in Frage: "Wir zahlen nur Strom und
Wasser", so ein Sprecher der "Familie Donovan". Bleiben werde man
trotzdem. Hofmann betont, dass er mit seinem Engagement nichts
verdiene. Eventuell winkt ihm aber beim späteren Umbau des Hotels
ein lukrativer Auftrag für seine Sanitärfirma. sda/rom
---
Sonntagsblick 31.10.10
Ultimatum
Hausbesetzer müssen raus
Die Besetzer des ehemaligen Zürcher
Fünfsterne-Hotels
Atlantis müssen bis Mittwoch ausgezogen sein - oder entscheiden,
ob sie das Projekt selber übernehmen wollen. Bleiben sie,
müssen sie dem neuen Mieter den Zins zahlen, den dieser den
Eigentümern zahlen muss: rund 34 000 Franken.
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KULTURSTREIK GE
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Bund 1.11.10
Protestfest für Jugendräume und alternative
Kulturlokale
Mehrere Hundert Personen haben in der Nacht auf Samstag in
Genf
mit einem Fest gegen fehlende Jugendräume und alternative
Kulturlokale protestiert. Mit der Räumung der letzten besetzten
Gebäude gibt es in der Rhonestadt kaum mehr alternative Lokale,
die erschwingliche Kulturanlässe anbieten. Die Polizei zählte
zwischen 1000 und 2000 Teilnehmende. Es kam zu Sachbeschädigungen.
(sda)
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NZZ 1.11.10
Protestfest auf den Strassen Genfs
(sda) · Mehrere tausend Personen haben in der Nacht
auf
Samstag in Genf mit einem Fest gegen fehlende Jugendräume und
alternative Kulturlokale protestiert. Mit der Räumung der letzten
besetzten Gebäude gibt es in der Rhonestadt kaum mehr alternative
Lokale, die erschwingliche Kulturanlässe anbieten. Gemäss
Organisatoren haben an der nächtlichen Parade etwas über 3000
Personen teilgenommen. Die Polizei zählte zwischen 1000 und 2000
Teilnehmende. Auch sei es zu Sachbeschädigungen gekommen, sagte
ein Polizeisprecher.
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GENTRIFICATION
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Radio Z (Nürnberg) 1.11.10
http://www.freie-radios.net/mp3/20101101-quotgentri-36980.mp3
http://www.freie-radios.net/portal/streaming.php?id=36980
"Gentrifidingsbums oder eine Stadt für alle" - Interview
mit Autor
Christoph Twickel
In vielen deutschen Großstädten ist seit Jahren
derselbe
Prozeß zu beobachten: ehemals gemiedene Stadtviertel, die durch
Altbau-Charme und niedrige Mieten eine alternative Szene anlocken,
werden Schritt für Schritt aufgewertet - bis die
ursprünglichen Bewohnerinnen und Bewohner sich das Leben in ihrem
Quartier nicht mehr leisten können. Auch in Nürnberg wird
über die sogenannte Gentrification oder Gentrifizierung
diskutiert. Besonders im Stadtteil Gostenhof macht man sich Sorgen,
dass eine Verdrängung der bisherigen Anwohnerschaft in Gang
gesetzt werden könnte. In anderen Städten haben diese
Verdrängungsprozeße längst in viel größeren
Dimensionen begonnen, aber auch der Protest dagegen hat sich inzwischen
formiert. Der Hamburger Journalist und Autor Christoph Twickel legt nun
einen kleinen Leitfaden für die Auseinandersetzungen um die
Stadtteilaufwertung vor. "Gentrifizidingsbums oder eine Stadt für
alle" heißt das Buch. Im Interview mit ihm hat Tobias Lindemann
als aller erstes interessiert, mit welcher Intention er an das Buch
herangegangen ist. (Text kann als Anmod verwendet werden)
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POLICE VD
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Sonntagszeitung 31.10.10
Manipulation am Videomaterial war laut Experte doch möglich
Prügelvorwurf an Wärter: Gefälschter
Rapport?
Zürich Die Ermittlungen im Fall der fünf
Wärter,
die einen Zürcher Financier im Lausanner Gefängnis Bois
Mermet verprügelt haben sollen, bringen brisante Details ans
Licht. Im Zentrum der Untersuchung steht ein verschollenes Video. Eine
Überwachungskamera hätte den Vorfall, den die Aufseher
bestreiten, festhalten sollen. Doch genau während der angeblichen
Prügelei fiel das Gerät aus - wegen eines Stromunterbruchs,
wie das Gefängnis sagt. Es sei ausgeschlossen, dass das Gerät
manuell abgeschaltet wurde, dies hätten Fernmeldetechniker in
einem Rapport festgehalten, sagte Denis Pittet vom Waadtländer
Innendepartement. Einer der Spezialisten widerspricht nun dem Rapport,
den er selber unterzeichnet hat. Gegenüber dem
Untersuchungsrichter sagt er, Manipulation sei sehr wohl möglich.
Als ihn der Ermittler nach der Passage im Rapport fragte, wo das
Gegenteil steht, sagte er: "Ich weiss nicht, was das heisst." Pikant:
Die Passage steht nach den Unterschriften. Wurde sie später
hinzugefügt, ohne Wissen des Spezialisten? Er will der
SonntagsZeitung keine Auskunft geben.
Der Lausanner Bundesanwalt, der gegen den betroffenen
Financier
ermittelt, ist inzwischen vom Fall suspendiert worden. Am Mittwoch
setzte der Bundesrat in dem Fall einen Sonderermittler ein. Der
Bundesanwalt soll die Finma und Grossbanken mit falschen Informationen
über eine Zürcher Firma beliefert haben. Catherine Boss
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POLICE ZH
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20 Minuten 1.11.10
Stadtpolizei Zürich: Mit Fadenkreuz und Totenkopf
Jeder dritte Stadtpolizist hat Angst, im Dienst
angegriffen zu
werden. Privat geben sich die Beamten des Kreis 4 jedoch gerne als
harte "Cops".
Ronny Nicolussi
Sie sind um ihren Job nicht zu beneiden, die Polizisten im
Zürcher Kreis 4. Das Gebiet rund um die Langstrasse ist ein hartes
Pflaster. Eine ruhige Kugel schiebt hier niemand. Erst kürzlich
ging aus einer Diplomarbeit am Institut für Strafrecht und
Kriminologie der Universität Bern hervor, dass Übergriffe
gegen Polizisten deutlich zunehmen. Jeder dritte Polizist habe demnach
Angst, im Dienst angegriffen zu werden.
Danach sieht es allerdings nicht aus, wenn man einen Blick
in den
internen Online-Shop der Regionalwache Aussersihl wirft. Angeboten
werden etwa Pullover, T-Shirts, Tangas und Merchandisingprodukte mit
dem Aufdruck "chreis 4 cop". Der Schriftzug wird von einer gezeichneten
Darstellung des Kreis 4 durch ein Zielfernrohr begleitet. Erst vor
knapp einem Jahr sorgte die Stadtpolizei Zürich mit der Aktion
"Respekt" für Aufsehen. Die Beamten wurden damals, wegen hartem
Durchgreifen an der Langstrasse, als Möchtegern-Rambos kritisiert.
Jetzt erhält der Vorwurf neue Nahrung.
Allerdings wehrt sich der Initiator des Shops vehement
gegen
diese Darstellung. Betrieben wird der Shop vom 51-jährigen
Wachtmeister Walter Maurer. Dieser leistet seit 26 Jahren Dienst bei
der Stadtpolizei Zürich, seit acht Jahren im Kreis 4. Seinen Shop
sieht er als Instrument für Teambildung und Motivation der
Polizisten.
Harte Cops in der Freizeit?
Die Artikel seien vor allem für den Freizeit-Gebrauch
gedacht. Einzig eine Krawattennadel und Aufkleber für das Magazin
der Pistole (siehe Bilder) würden während des Dienstes
getragen. Trotzdem schweissten die Produkte die Einheit zusammen. Dass
die Polizisten in der Freizeit mit den Requisiten im Hip-Hop-Stil die
harten Cops spielen wollten, was so gar nicht zum gewünschten Bild
des Polizeikommandos passen würde, verneint Maurer gegenüber
20 Minuten Online: "Für mich ist Cop einfach ein Ausdruck für
Polizist." Zudem stehe auf den meisten Produkten sowieso nur die
Kurzform des Slogans "c4c", die wohl für niemanden eine
Provokation darstelle.
"Vertretbarer Rahmen"
Das Polizeikommando weiss von den Produkten.
Polizeisprecher
Marco Cortesi sagt: "Das ist nicht wahnsinnig tragisch. Die Artikel
bewegen sich in einem vertretbaren Rahmen." So viel Freiheit müsse
schon drinliegen. Keine Freude hat das Kommando hingegen an einer
Espressotasse, die mit einem Totenkopf verziert ist, der eine
"c4c"-Mütze trägt. Solange solche Produkte nur im
Privatbereich gebraucht würden, könne man aber damit leben.
"Entscheidend ist, wie sich ein Polizist verhält", so Cortesi.
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POLICE GR
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Südostschweiz 2.11.10
Polizeiauto mit Flaschen und Steinen beworfen
Die zunehmende Respektlosigkeit gegenüber der Polizei
ist
nicht nur in Grossstädten feststellbar. Auch in kleineren Orten -
wie in der Nacht auf Samstag in Landquart - werden Polizisten bedroht
und Polizeiautos beschädigt.
Von Theo Gstöhl
Landquart. - Weil sich vor dem Pub an der Bahnhofstrasse
in
Landquart zwei Gruppen junger Leute in die Haare geraten waren, wurde
am Freitagabend kurz vor Mitternacht die Polizei gerufen. Als die
Patrouille der Kantonspolizei Graubünden dort eintraf, befanden
sich rund 20 Personen vor dem Lokal. Während sich die beiden
Polizeibeamten ein erstes Bild der Lage verschafften, urinierte ein
junger Mann an das Polizeifahrzeug. Die Polizisten schritten dann
unverzüglich ein und setzten dem Treiben ein Ende.
Beschimpft und bedroht
Weitere Personen ergriffen dann Bierflaschen und Steine
und
bewarfen damit den Streifenwagen. Dabei entstand am Polizeifahrzeug
beträchtlicher Sachschaden - unter anderem ging die Heckscheibe
durch einen Steinwurf zu Bruch. Aber auch Einrichtungen im Inneren des
Fahrzeugs wurden beschädigt. Die beiden Polizisten wurden zudem
massiv beschimpft und gar bedroht, sodass sie den Pikettdienst des
Polizeipostens Landquart zur Verstärkung aufbieten mussten.
Wie gestern beim Mediendienst der Kantonspolizei zu
erfahren war,
handelt es sich bei den Hauptbeteiligten um vier junge Männer -
alles Einheimische. Sie werden nun wegen mehrerer Delikte verzeigt, so
wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie wegen
Sachbeschädigung. Sie werden auch für den angerichteten
Schaden am Polizeifahrzeug und dessen Einrichtung aufkommen müssen.
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Bierflaschen gegen ein Polizeiauto
Landquart. - Eine Gruppe junger Leute hat am Freitag kurz
vor
Mitternacht in Landquart Bierflaschen und Steine gegen ein
Einsatzfahrzeug der Bündner Kantonspolizei geworfen. Am Auto
entstand beträchtlicher Sachschaden, unter anderem ging die
Heckscheibe in die Brüche.
Die Polizei war zu einem Lokal an der Lanquarter
Bahnhofstrasse
gerufen worden, weil sich zwei Gruppen junger Leute in die Haare
geraten waren. Vor dem Lokal hielten sich rund 20 Personen auf.
Als sich die zwei Polizisten ein Bild von den
Geschehnissen
machten, urinierte ein junger Mann an das Einsatzfahrzeug. Weitere
Personen schmissen Bierflaschen und Steine gegen das Auto. Zudem wurden
die Polizisten massiv beschimpft und bedroht.
Die jungen Leute werden nun wegen mehrerer Delikte
verzeigt.
Ausserdem müssen sie für den Schaden aufkommen, wie die
Polizei am Montag in einem Communiqué vermeldete. (sda)
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POLICE CH
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Tagesanzeiger 1.11.10
Sicherheit in der S-Bahn
Wer sorgt am besten für sichere Züge in der
Nacht?
Seilziehen um das Sicherheitskonzept auf den
Nacht-S-Bahnen: Der
Ton zwischen den Zugchefs, den SBB und dem Zürcher Verkehrsverbund
wird härter.
Von Ruedi Baumann
Zürich - Klar ist: 210 Zugchefs, die bisher ab 21 Uhr
auf
allen S-Bahnen patrouillierten, sollen abgeschafft und durch einen
flexibel eingesetzten Sicherheitsdienst abgelöst werden (siehe
Artikel rechts zum neuen Sicherheitskonzept). Die Zugbegleiter warnen
vor einem Sicherheitsverlust und wehren sich für ihre Jobs. Zuerst
haben sie beim Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) eine Petition mit
3000 Unterschriften eingereicht. Nun sind sie selbstbewusster geworden
und haben zweimal im HB Zürich - in Uniform und in gelben Westen -
Flugblätter verteilt. Damit begaben sie sich zumindest rechtlich
in eine Grauzone.
"Wir haben keine einzige negative Reaktion erlebt; wir
sind
vielmehr von den Passanten ermuntert worden, für die bisherige
Zugbegleitung zu kämpfen", sagt Arne Hegland,
Regionalsekretär der Bahnpersonalgewerkschaft SEV. Gemäss
SEV-Mediensprecher Peter Moor habe man die Flugblätter "reaktiv
verteilt" - das heisst nur auf Anfrage und nicht so offensiv wie
beispielsweise die "Blick am Abend"-Verteiler. Der SEV plant weitere
Flugblattaktionen in typischen Pendlerbahnhöfen wie Uster,
Dietikon oder Zug. Sogar unterwegs bei der Arbeit in den S-Bahnen
hätten die Zugchefs Flyer dabei, sagt Moor, "aber nur für den
Fall, dass sie angesprochen werden".
SBB: Klare Rechtslage
Die SBB als Arbeitgeberin der Zugchefs sind über
diese
Flugblattaktionen nicht glücklich. "Die Ausgangslage ist klar",
sagt Mediensprecher Daniele Pallecchi, "Verteilungen jeglicher Art im
Bahnhof oder im Zug sind bewilligungspflichtig. Die Zugchefs haben aber
keine Bewilligung." Man werde nun das Gespräch mit den
Verantwortlichen suchen. Peter Moor sieht diesem Gespräch gelassen
entgegen. "Wir stehen nur für Informationen zur Verfügung,
das ist schliesslich unser Job."
Die Flugblätter bieten aber auch inhaltlich
Zündstoff.
"Die Behauptungen auf dem Flyer stimmen nicht in allen Punkten", sagt
ZVV-Mediensprecherin Beatrice Henes. Falsch sei zum Beispiel, dass es
sich um ein "Abbaukonzept" handle. "Es wird gleich viel Personal
eingesetzt, und es stehen die gleichen Mittel zur Verfügung wie
heute", betont Henes. Aus der Luft gegriffen sei die Aussage, die
Züge würden in der Nacht nicht mehr gereinigt. "Es gibt
weiterhin Reinigungspersonal, das regelmässig durch die Züge
geht." Zudem helfe der neue Sicherheitsdienst beim Einsammeln von
Zeitungen oder Dosen.
ZVV: Kundendienst bleibt
Ebenso wenig einverstanden ist man beim ZVV mit der
Behauptung
auf dem Flyer, die Passagiere müssten künftig auf den
Kundendienst verzichten. "Auch der Sicherheitsdienst wird beim Ein- und
Aussteigen helfen", sagt Beatrice Henes. Ihr zweites Argument:
Tagsüber sei die S-Bahn auch nicht begleitet, und da würden
mehr Leute mit Kinderwagen verkehren als nachts. Zudem sei die eher
junge Kundschaft in der Nacht geübt im Umgang mit elektronischen
Hilfsmitteln wie Online-Fahrplänen auf dem Handy.
Beim Konflikt zwischen Personal und Verkehrsverbund
fällt
auf, dass sich die beiden Seiten gern missverstehen und es dadurch zu
persönlichen Verunglimpfungen kommt. Zuerst hatte das Bahnpersonal
verlangt, in der S-Bahn den Nachtzuschlag zu streichen, weil die
Kontrolle und das Eintreiben der Fünfliber Konfliktpotenzial
bergen würden und ein unnötiges Sicherheitsrisiko
darstellten. Das Personal schoss mit dieser Forderung allerdings ein
Eigengoal. Prompt reagierte der ZVV mit der Bekanntgabe einer
Statistik, wonach die Einnahmen im Nachtnetz trotz gestiegener
Frequenzen massiv gesunken seien. Grund: Die Zugchefs würden
offensichtlich ihren Job nicht mehr ordentlich erledigen. Auf diesen
Vorwurf hin verlangte der SEV eine öffentliche Entschuldigung.
"Das ist stillos, so geht man in der Schweiz nicht miteinander um",
sagt Arne Hegland vom SEV.
Beim Verkehrsverbund sagt Beatrice Henes, dass sich
Direktor
Franz Kagerbauer beim SEV in einem Brief erklären werde. Die
Kritik an den Mindereinnahmen im Nachtnetz richte sich nicht ans
Personal, sondern ans System. "Die Kontrollen in den vollen Zügen
mit teilweise aggressiven und angetrunkenen Passagieren sind sehr
anspruchsvoll und zeitraubend. Die Einnahmen sinken, weil die Zugchefs
in Zweierteams nicht mehr durch die ganzen Züge gelangen."
Gemäss Henes habe man den Zugchefs nie mangelnde Motivation
vorgeworfen.
In die Diskussion um das neue Sicherheitskonzept hat sich
inzwischen auch die Politik eingeklinkt. "In den Parlamenten der
grossen Agglomerationsgemeinden sind Vorstösse in Planung", sagt
SEV-Sprecher Peter Moor. Die Gemeinden würden die Hälfte der
Kostenunterdeckung des ZVV übernehmen und hätten deshalb ein
Mitspracherecht. Im Kantonsrat - der Kanton bezahlt die andere
Hälfte - hat die SP bereits eine Anfrage deponiert. Renate
Büchi, die in Richterswil 16 Jahre lang Sicherheitsvorsteherin
war, findet das neue Sicherheitskonzept "zu extrem". Nur weil sie in
der Nacht eine S-Bahn benütze, die nicht zu den gefährdeten
Linien gehöre, wolle sie nicht auf eine Begleitung verzichten.
SP-Kantonsrätin Büchi schlägt deshalb einen Kompromiss
zwischen den "sympathischen Zweierpatrouillen" und den "kriegerisch,
überfallartig eingesetzten Achterpatrouillen" vor.
Bedenkenswert sei auch die Prüfung des deutschen
Systems
(siehe Artikel links) mit Zweierpatrouillen aus einem ausgebildeten
Polizisten und einem Bahnangestellten. "Die heutigen Zugbegleiter haben
zu wenig Rechte und dürfen renitente Passagiere nicht einmal
festhalten."
Bewaffnete Bahnpolizei?
Derzeit gibt es Bestrebungen, die Transportpolizisten zu
bewaffnen. Anders als in Deutschland waren in der Schweiz
Bahnpolizisten mit Schusswaffen bisher undenkbar. Wie die
"SonntagsZeitung" schreibt, fordert der Polizeibeamtenverband nun eine
Praxisänderung, da sich die Sicherheitslage in den Zügen und
auf den Bahnhöfen verschäft habe. Auch der SEV sperrt sich
laut dem Zeitungsbericht nicht mehr gegen die Bewaffnung der
Tansportpolizisten.
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Sicherheit in der S-Bahn
Für die Passagiere in der S-Bahn soll sich die
Sicherheit
sogar erhöhen
Das neue Konzept des Zürcher Verkehrsverbundes ist in
der
Schweiz einmalig. Es sei keine Sparübung, sagt der ZVV. Ein
Grossteil der Züge bleibe begleitet.
Von Stefan Häne
Zürich - Angenommen, eine Frau fährt nach 23 Uhr
mit
der S 2 von Ziegelbrücke nach Zürich. In Lachen steigen
alkoholisierte Jugendliche ein und beginnen, die Frau zu begrapschen.
In einem solchen Fall könnte der Fahrgast heute die beiden
Zugchefs auf der S-Bahn alarmieren. Oder aber das Duo wird selber auf
den Vorfall aufmerksam und greift ein.
Seit 2004 wird jede S-Bahn ab 21 Uhr von einer solchen
Zweierpatrouille begleitet. Doch nicht mehr lange: Der Zürcher
Verkehrsverbund (ZVV) führt mit den SBB ein neues, in der Schweiz
noch unerprobtes Sicherheitssystem ein. Sein Name: "Ein Raum, ein
Kommando". Ab 1. Januar 2011 wird nicht mehr jeder einzelne Zug vom
Anfangs- bis zum Endbahnhof begleitet sein. Anstelle der Zugchefs sind
künftig Transportpolizisten für die Sicherheit
verantwortlich, ebenso ein neuer Sicherheitsdienst und
Präventionsassistenten. Kontrolleure überprüfen die
Billette. Sie werden hauptsächlich Züge auf problematischen
Linienabschnitten begleiten. Die SBB versichern, zu wissen, "zwischen
welchen Stationen und an welchen Wochentagen und Tageszeiten gerne
Unruhe auftritt". Offen ist, was das neue Konzept bringt. Nachfolgend
die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Laut Umfragen des ZVV fühlen sich die Passagiere
abends
zunehmend sicherer. Warum braucht es denn ein neues Sicherheitskonzept?
Der ZVV hält das System der Zugbegleitung nach 21 Uhr
für zu wenig flexibel. Für die Sicherheit in der S-Bahn
müssen heute die Zugchefs sorgen. "Für brenzlige Situationen
sind sie aber nicht ausgestattet", sagt ZVV-Sprecherin Beatrice Henes.
Schwer wiegt dies gemäss ZVV, dass die Zugchefs abends oft
alkoholisierte oder gar randalierende Jugendliche in Zweierteams
kontrollieren müssten. Aus Angst, selber Opfer zu werden,
täten sie dies aber nur noch zum Teil.
Können die Sicherheitsleute im Zug künftig
schnell
genug Hilfe leisten?
Der skizzierte (fiktive) Vorfall wirft diese Frage auf.
Der ZVV
antwortet darauf ausweichend mit einer Gegenfrage: Was passiert, wenn
am Nachmittag eine Frau in einem schwach besetzten, nicht begleiteten
Zug belästigt wird? "Eine absolute Sicherheit gibt es nie", sagt
Henes. Ein Grossteil der Züge bleibe begleitet. Die Zugchefs
warnen vor einem Wegfall der durchgehenden Begleitung ab 21
Uhr: Ihre Anwesenheit wirke vorbeugend gegen Vandalismus und Gewalt.
Wie erfolgt die Alarmierung?
Bis Ende Jahr werden alle S-Bahnen videoüberwacht
sein und
Notrufknöpfe haben, die eine direkte Verbindung in die
Einsatzzentrale der Transportpolizei ermöglichen. Zudem ist heute
schon in allen Waggons die Telefonnummer der Transportpolizei gut
sichtbar angebracht (0800 117 117). Neu werden das Sicherheitspersonal
und die Transportpolizei auch an Bahnhöfen präsent sein, und
die Zusammenarbeit mit der Kantons- und Gemeindepolizei wird
intensiviert. Geplant ist zudem, alle Mitarbeiter mit GPS
auszurüsten, damit die Einsatzzentrale die Sicherheitsleute nicht
mehr permanent lokalisieren muss. "So werden immer jene Teams
eingesetzt, die am schnellsten am Ort des Geschehens sein können",
sagt SBB-Sprecher Daniele Pallecchi.
Wann sind die neuen Einsatzgruppen unterwegs?
Grundsätzlich den ganzen Tag über, mit
Schwerpunkt am
Abend und in der Nacht. Das ZVV-Nachtnetz bleibt vollständig
begleitet. Zudem gilt die neue Sicherheitsorganisation auf dem gesamten
ZVV-Gebiet, also auch auf den regionalen Buslinien, die ihre Sicherheit
heute privat organisieren.
Gibt es bereits ab 1. Januar 2011 keine Zugchefs mehr?
Nein, die Umsetzung des Konzepts erfolgt schrittweise und
soll
bis Ende 2012 abgeschlossen sein. Zugchefs, die einen anderen Job
gefunden haben, werden laufend durch Mitarbeiter des neuen
Sicherheitsdienstes ersetzt. Alle rund 210 betroffenen Zugchefs sind
durch den SBB-Gesamtarbeitsvertrag vor einer Entlassung geschützt.
Die SBB bieten ihnen intern andere Stellen an. Die
Bahnpersonalgewerkschaft SEV bezweifelt, dass sich für alle
Lösungen finden lassen.
Ist das neue Konzept eine versteckte Sparübung?
Nein, sagt der ZVV. Heute und auch in Zukunft stehen
für die
Sicherheit und Kontrolle im ZVV-Netz über 40 Millionen Franken pro
Jahr bereit. Auch der Bestand des Sicherheitspersonals bleibt mit rund
500 Personen gleich hoch (siehe Grafik).
Lässt sich künftig leichter schwarzfahren, weil
abends
nicht mehr jede S-Bahn begleitet ist?
Der ZVV stellt dies in Abrede. Das Risiko, kontrolliert zu
werden, bleibe weiterhin hoch. Neu führt der ZVV auch nachts
vermehrt Schwerpunktkontrollen durch. Diese seien "äusserst
effektiv", da mehr Personal als bei gewöhnlichen Kontrollen im
Einsatz stehe. "Der Schwarzfahrer hat nicht mehr so einfach die
Möglichkeit, sich der Kontrolle zu entziehen", sagt Sprecherin
Henes. Der ZVV muss wegen Schwarzfahrern pro Jahr Einnahmeausfälle
von rund 30 bis 40 Millionen Franken in Kauf nehmen, das sind rund 7
Prozent seiner Einnahmen aus dem Ticketverkauf.
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20 Minuten 1.11.10
Gibt es bald bewaffnete Bahnpolizisten?
ZÜRICH. Die Bahnpolizisten in den SBB-Zügen
sollen
schon bald geladene Schusswaffen tragen. Dies fordert Heinz Buttauer,
Präsident des Schweizerischen Polizeibeamtenverbands (VSPB), wie
die "SonntagsZeitung" berichtet. Die Sicherheitslage in den Zügen
und auf den Bahnhöfen habe sich verschärft, so Buttauer.
Darum sei es wichtig, dass Bahnpolizisten dort Waffen tragen
dürften. Für den Sprecher der Transportgewerkschaft SEV,
Peter Moor, wäre es dagegen ein Horror-Szenario, wenn in einem
fahrenden Zug geschossen würde. Der SEV sperrt sich aber nicht
mehr grundsätzlich gegen Waffen für Transportpolizisten. Auch
die SBB überdenken ihre Haltung, wie SBB-Sprecher Christian Ginsig
bestätigt.
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Sonntagszeitung 31.10.10
Bewaffnete Bahnpolizei
Für mehr Sicherheit in Zügen und Bahnhöfen
Zürich Die Bahnpolizisten in den SBB-Zügen
sollen schon
bald geladene Schusswaffen tragen. Dies fordert Heinz Buttauer,
Präsident des Schweizerischen Polizeibeamtenverbands VSPB. Die
Sicherheitslage in den Zügen und auf den Bahnhöfen habe sich
derart verschärft, dass die Bahnpolizisten neu solche Waffen
tragen müssten. Mittlerweile sperrt sich auch die
Transportgewerkschaft SEV nicht mehr grundsätzlich gegen Waffen
für Transportpolizisten. Die SBB klären ab.
Seite 8
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"Wir fordern eine bewaffnete Bahnpolizei"
Der Polizistenverband will gleiche Kompetenzen für alle
Korps -
inklusive Zugriffsrecht auf Ripol
Zürich Bis vor kurzem waren bewaffnete Bahnpolizisten
in
Schweizer Zügen undenkbar. Jetzt könnte sich eine Wende
abzeichnen: "Wir fordern eine bewaffnete Bahnpolizei", sagt Heinz
Buttauer, Präsident des Schweizerischen Polizeibeamtenverbands
VSPB. Die Sicherheitslage in den Zügen und auf den Bahnhöfen
habe sich verschärft, entsprechend wichtig ist dem Verband, dass
die Bahnpolizisten dort Waffen tragen dürfen. Weiter müsse
die Bahnpolizei Zugriff auf das Fahndungssystem Ripol erhalten: "Sie
ist ein vollwertiges Polizeikorps und braucht die gleichen Kompetenzen
wie alle anderen Polizeien auch." Der VSPB hatte die Bewaffnung
bekämpft, weil die SBB die Bahnpolizei gemeinsam mit der Securitas
führten. Aus Sicht des Verbandes hätte so eine private
Sicherheitstruppe Waffen erhalten.
Auch die Transportgewerkschaft SEV hat ihre Position
justiert:
"Für uns wäre es ein Horrorszenario, wenn in einem fahrenden
Zug geschossen würde", sagt SEV-Sprecher Peter Moor. Darum seien
Einsätze von bewaffnetem Sicherheitspersonal in den Zügen
bedenklich. Trotzdem sperrt sich der SEV nicht mehr grundsätzlich
gegen Waffen für Transportpolizisten: "Schon heute sind
Kantonspolizisten und Grenzwächter bewaffnet in Zügen
unterwegs, da sollte man die Bahnpolizei gleich behandeln."
Zurzeit läuft eine Vernehmlassung des Bundesamts
für
Verkehr (BAV) zur Verordnung über die Sicherheitsdienste und
Transportpolizeien von Verkehrsunternehmen.
Auch die SBB sind daran, erstmals ihre Haltung zur
Bewaffnung der
Bahnpolizei zu definieren. So wurden die Mitglieder des
unabhängigen Kundenbeirats und andere Interessenvertreter
bezügliche bewaffneten Transportpolizisten um ihre Meinung
gebeten. Das bestätigt SBB-Sprecher Christian Ginsig. Die
Konzernleitung hat bisher aber weder einen Entscheid gefällt noch
eine Stellungnahme ans BAV abgegeben.
Die BLS AG, das zweitgrösste Bahnunternehmen, will
dagegen
ganz auf eine Transportpolizei verzichtet: "Wir bauen ab 2011 einen
Sicherheitsdienst mit unseren eigenen Leuten auf", sagt Sprecher Hugo
Wyler. Dies, weil damit mehr Kundennähe und eine deeskalierende
Wirkung verbunden sei. Zudem habe sich die Zusammenarbeit mit den
Kantonspolizeien bewährt.
Noch unentschieden sind die kantonalen Polizeidirektoren
und
Polizeikommandanten. Beide Konferenzen legen ihre Position erst im
November fest.
Matthias Halbeis
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20min.ch 31.10.10
SBB: Bahnpolizei soll doch Waffen tragen
Die Bahnpolizisten in den SBB-Zügen sollen schon bald
geladene
Schusswaffen tragen. Dies fordert Heinz Buttauer, Präsident des
Schweizerischen Polizeibeamtenverbands (VSPB).
Was bis vor kurzem noch undenkbar war, könnte jetzt
schon
bald Realität werden: Eine Bahnnpolizei, die bewaffnet ist. Heinz
Buttauer, Präsident des Schweizerischen Polizeibeamtenverbands
(VSPB) fordert dies in der "SonntagsZeitung". Die Sicherheitslage in
den Zügen und auf den Bahnhöfen habe sich verschärft,
entsprechend wichtig ist dem Verband, dass die Bahnpolizisten dort
Waffen tragen dürfen. Weiter müsse die Bahnhpolizei Zugriff
auf das Fahndungssystem Ripol erhalten:" Sie ist ein vollwertiges
Polizeikorps und braucht die gleichen Kompetenzen wie alle anderen
Polizeien auch", so Buttauer.
Der VSPB hatte die Bewaffnung früher bekämpft,
weil die
SBB die Bahnpolizei gemeinsam mit der Securitas führten. Aus Sicht
des Verbandes hätte so eine private Sicherheitstruppe Waffen
erhalten.
Zurzeit läuft eine Vernehmlassung des Bundesamts
für
Verkehr (BAV) zur Verordnung über die Sicherheitsdienste und
Transportpolizeien von Verkehrsunternehmen. Auch die SBB sind daran,
erstmals ihre Haltung zur Bewaffnung der Bahnpolizei zu definieren. So
wurden die Mitglieder des unabhängigen Kundenbeirats und andere
Interessenvertreter bezüglich bewaffneten Transportpolizisten um
ihre Meinung gebeten. Das bestätigte der SBB-Sprecher Christian
Ginsig gegenüber der "SonntagsZeitung". (feb)
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ANTI-FEMINISMUS
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NLZ 2.11.10
Auch die provokative und ungenehme Meinung ist frei
Noémie Schafroth über Meinungs- und
Versammlungsfreiheit
Die Provokation liebt er, für ein bisschen
öffentliche
Aufmerksamkeit geht er weit: René Kuhn, einst Grossstadtrat und
SVP-Parteipräsident in der Stadt Luzern und mittlerweile fast
schweizweit bekannt als selbst erklärter "Vorkämpfer"
für antifeministische Anliegen.
Auf seiner Website veröffentlichte er letztes Jahr
einen
Text, in dem er sich über "linke zerlumpte Frauen" ereiferte und
sich damit so heillos in die Nesseln setzte, dass es ihn seine
politischen Ämter kostete. Bis zum vergangenen Wochenende bestand
die Krönung seiner medialen Karriere darin, sich in einem Beitrag
der "Rundschau" als Zigarren schmauchender Provokateur zu gefallen und
- im Ton zwar diplomatischer, aber inhaltlich ohne Kompromisse - seine
Tiraden gegen politisch links stehende Frauen zu platzieren.
Nun gingen die Wogenerneut hoch: Am Samstag fand das 1.
Internationale Antifeminismustreffen statt. Die geharnischten und
gehässigen Reaktionen im Vorfeld liessen prompt nicht lange auf
sich warten, die Medien labten sich am Provokationspotenzial.
Im zürcherischen Uitikon, wo die Tagung
ursprünglich
hätte durchgeführt werden sollen, gabs einen Farbanschlag auf
ein Wohnhaus, Linksaktivisten und Feministinnen drohten mit einer
Demonstration. Die Organisatoren der Tagung reagierten, indem sie das
Treffen kurzerhand an einen geheimen Ort verlegten. Für die
Geheimhaltung führten sie Bedenken um die Sicherheit der
Teilnehmer ins Feld. Es scheint also, dass es mit der Meinungs- und der
Versammlungsfreiheit nicht weit her ist, sobald die Sache nicht nur
kontrovers, sondern auch emotional wird.
Ungeachtet dessen, ob einem die von René Kuhn ins
Leben
gerufene Tagung gefällt oder nicht: Auch für Antifeministen
gelten die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit. Einschränkungen
dieser beiden Grundrechte, die in der Bundesverfassung
gewährleistet sind, bestehen allenfalls, wenn ein
öffentliches Interesse vorgeht (zum Beispiel die Sicherheit) oder
wenn die Grundrechte von Dritten in Gefahr sind.
Davon kann im Falle der Antifeminismustagung, die aus ein
paar
Referaten und Diskussionen im Anschluss bestand, nicht die Rede sein.
Die meisten Äusserungen sind zwar für die überwiegende
Zahl der Bürger und Bürgerinnen eine plumpe Provokation oder
ein Affront. Abschätzige Äusserungen gegenüber Frauen
sind aber weder ein Straftatbestand noch ein Risiko für die
öffentliche Sicherheit.
Genauso wie die Antifeministen durch die Meinungs- und die
Versammlungsfreiheit geschützt sind, so gelten die beiden
Grundrechte auch für die rund 40 Demonstranten, die ihren Unmut
mit einer Kundgebung in Zürich ausdrückten. Die laut einem
Bericht der "Basler Zeitung" vornehmlich jungen Männer und Frauen
demonstrierten, weil "diese Typen um Kuhn nicht ungestört ihre
rückständigen rechtslastigen Ideologien verbreiten
dürfen".
Ob des ganzen Wirbels bleibt die heilsame Erkenntnis, dass
sich
die meisten absurden Äusserungen aufgrund ihres Inhalts ohnehin
von alleine diskreditieren. Für die Gegner des
Antifeminismustreffens, das nächstes Jahr wieder durchgeführt
werden soll, besteht also kein Grund, in Panik zu geraten.
Interessanter als die Hysterie um die Tagung vom letzten
Samstag
sind ohnehin einige der Fragen, die dort offenbar aufgeworfen wurden.
So kritisierten die Männer-Interessenorganisationen die
"Ungleichbehandlung von Mann und Frau in Scheidungs-, Unterhalts- und
Sorgerechtsfragen". Solche heisse Eisen, an denen man sich leicht die
Finger verbrennt, müssen aufgegriffen und diskutiert werden -
ungeachtet dessen, ob einer ihrer Fürsprecher René Kuhn
heisst.
Noémie Schafroth
noemie.schafroth@neue-lz.ch
---
St. Galler Tagblatt 2.11.10
Salzkorn
Nein, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit
stellen sie nicht gerade dar, diese "Antifeministen", die sich am
Wochenende nur gerade im Geheimen treffen konnten, weil ihre
Veranstaltung von rabiaten Störern bedroht wurde. Der
Gemeindebehörde von Uitikon rutschte das Herz ob der Drohungen so
tief in die Hosen, dass sie das Treffen des traurigen Häufleins
männlicher Scheidungs- und Sorgerechts-Verlierer gleich verbieten
wollte.
Die Anti-Antifeministen sind in Zürich ja sonst eher
als
Antifaschisten bekannt, deren Demos meist von Radau und Scheibengeklirr
begleitet sind. Sie sind die späten Erben der antiautoritären
Achtundsechziger, die inzwischen von den Anti-Antiautoritären
schon fast überrollt sind. Beide sind ja inzwischen in die Jahre
gekommen und blättern heute eher in Katalogen von
Anti-Aging-Produkten.
Übrigens schwimmt ja auch die SPS wieder auf der
Anti-(Kapitalismus-)Welle. Vielleicht sollte man all den verbissenen
Antis mal ein Antispasmodikum verschreiben: ein Mittel gegen
ideologische Krämpfe. G. F. H.
---
Tagesanzeiger 1.11.10
Es gibt auch Emanzipationsverlierer
Die Anti-Feminismus-Tagung war harmlos. Die Anliegen, die
dort
diskutiert wurden, hätten aber Aufmerksamkeit verdient - bloss
gingen sie in der allgemeinen Empörung unter.
Von Bettina Weber
Es gibt, das steht seit Samstag fest, nicht nur
Globalisierungsverlierer. Es gibt auch Emanzipationsverlierer.
Männer, die so richtig unter die Räder kommen. Vor allem bei
Scheidungen. Die Geschichten, die sie erzählen, sind bisweilen
himmeltraurig. Wie die vom Mann in den Geox-Schuhen, der ungefragt
loslegt. Dass man ihm nach dem Tod seiner Frau fünf Jahre lang das
Kind weggenommen habe. Weil man, wie ihm einst ein Beamter erklärt
habe, automatisch von der "Unfähigkeitsvermutung" des Mannes in
Sachen Kinderbetreuung ausgehe. Wie er habe kämpfen müssen,
sich extra eine Stelle gesucht habe, wo er Teilzeit arbeiten
könne, wie er sich, als das Kind endlich zurück war, alle
sechs Monate Besuche von der Vormundschaftsbehörde habe gefallen
lassen müssen, an denen er gefragt worden sei, wann und was das
Kind zu Abend esse. "Wäre das", fragt er rhetorisch, "einer Frau
passiert?" Deshalb ist er zur Tagung angereist. Weil er sich, obschon
er den Namen "Anti-Feminismus" äusserst unglücklich
gewählt findet, endlich Gehör verschaffen will. Denn er sei
kein Einzelfall.
Bloss wird das, was der Mann zu sagen hat und sehr wohl
Aufmerksamkeit verdient hätte, in der Empörung und im
allgemeinen Geschrei untergehen, die in den vergangenen Tagen
aufgeflammt sind (siehe Text unten). Ob René Kuhn als Sprachrohr
des Vereins dem Mann mit den Geox-Schuhen und dessen Leidensgenossen
einen Gefallen getan hat, ist fraglich. Aber Kuhn hat seine Lehre bei
der SVP gemacht und verstanden, wie erfolgreiches Politmarketing
funktioniert. Und so nannte er den Verein Anti-Feminismus, weil ein
"Anti" verlässlich jene Portion Empörung hervorruft, die
für Schlagzeilen sorgt. Und er provozierte, indem er Schweizer
Frauen als Vogelscheuchen bezeichnete. Kuhn hielt den brennenden
Reifen, und die Medien und linken Gruppierungen sprangen wie der
dressierte Pudel im Zirkus durch ihn hindurch.
Seit 30 Jahren engagiert
Dabei hätte ein Klick auf die Homepage gezeigt, dass
es dem
Verein mitnichten um die Abschaffung des Frauenstimmrechts geht.
Sondern dass bestehende Ungerechtigkeiten, insbesondere bei
Scheidungen, thematisiert werden sollen. Dass da zum Beispiel der
Präsident der Interessengemeinschaft der geschiedenen und getrennt
lebenden Männer reden würde - ein Verein, den es seit 30
Jahren gibt, und der Männer, die sich in Scheidung befinden,
unterstützt. Der Vortrag war dann auch äusserst
differenziert, indem die diversen Revisionen des Scheidungsrechts
zugunsten der Frauen als richtig und nötig bezeichnet wurden, aber
gleichzeitig eben das Ausufern in der Praxis kritisiert wurde. Und wenn
gemäss den Aussagen des Präsidenten der IGM im Kanton
Zürich gerade mal in 0,05 Prozent aller Fälle dem Vater das
Sorgerecht zugesprochen wird (in den beiden Halbkantonen Appenzell 0,0
Prozent), dann heisst das doch was. Auch wenn die Frage erlaubt sein
muss, ob all die Väter, die ein zu frauenfreundliches System
beklagen, sich schon vor der Scheidung so engagiert gezeigt haben in
der Kinderbetreuung, indem sie etwa Teilzeit arbeiteten.
Was den Verein Anti-Feminismus stört, nämlich
die
Bevorzugung des Weiblichen in bestimmten Belangen, wird auf
wissenschaftlicher Ebene schon länger diskutiert. Der Basler
Soziologe Walter Hollstein ("Was vom Manne übrig blieb") und der
amerikanische Anthropologe Lionel Tiger ("Auslaufmodell Mann") etwa
gehen mit dem eigenen Geschlecht zwar mitunter hart ins Gericht,
kritisieren in ihren Büchern aber ebenso einen überbordenden
Feminismus.
Unter Generalverdacht
Wenn bei British Airways und Air France keine
alleinreisenden
Kinder neben alleinreisende Männer gesetzt werden dürfen,
dann werden diese wegen ihres Geschlechts unter den Generalverdacht der
Pädophilie gestellt. Wenn eine Rektorin in Basel den Fussballplatz
schliesst und in eine "Begegnungszone" umwandelt mit der
Begründung, Buben sollten nicht rumrennen, sondern reden, dann ist
da in der Tat etwas ziemlich missverstanden worden. Und wenn
Mütter ungestraft die Waffe Kindsmissbrauch in Scheidungsprozessen
einsetzen können, dann gehört das diskutiert. Erst recht von
Feministinnen. Denn Feminismus bedeutet doch, dass man über ein
ausgeprägtes Unrechtsempfinden verfügt. Weshalb man einsehen
müsste, dass es Entwicklungen gibt, die auch Männer zu Opfern
macht. Das Recht, Diskriminierung geltend zu machen, haben nicht die
Frauen gepachtet.
Mehr Gelassenheit, bitte
Trotz alldem funktioniert die Welt allerdings immer noch
häufig andersherum. Die beiden jungen Konstrukteurinnen
jedenfalls, die ebenfalls an der Tagung teilnahmen und extra aus St.
Gallen angereist waren, weil sie ihre Lehrabschlussarbeit zum Thema
"Emanzipation der Frau" schreiben, zuckten bei der Frage, wie es ihnen
denn so ergehe in einem Männerberuf, mit den Schultern. Die
gleichaltrigen männlichen Lehrlinge hätten mit ihnen
überhaupt kein Problem, für die sei das völlig normal.
Von älteren Männern indes seien dumme Sprüche an der
Tagesordnung. Das sei zwar auf Dauer ermüdend, kümmere sie
aber nicht gross. "Die haben halt einfach die Zeichen der Zeit noch
nicht verstanden - werden aber nicht darum herumkommen." Man hätte
der ganzen Debatte mehr von dieser Gelassenheit gewünscht.
--
Tagung und Demo getrennt
Wie auf einer Schnitzeljagd
Wegen Drohungen gegen die Veranstalter und Schmierereien
am
ursprünglich geplanten Tagungsort im Giardino Verde in Uitikon
musste für die auf den Samstag angekündigte
Anti-Feminismus-Tagung ein neuer Ort gesucht werden. Aus
Sicherheitsgründen, so hiess es, werde dieser streng geheim
gehalten. Und so bekamen Journalisten, die sich akkreditiert hatten, am
Samstagmorgen um sechs Uhr ein SMS, in dem es hiess, sie sollen sich am
Flughafen im Terminal A zu einem Mann mit dem Schild "Tagung Egala"
begeben. Der verwies sie an einen weiteren Mann, der unterhalb der
grossen Anzeigetafel stand. Dieser wiederum schickte sie zu einem Mann,
der ihnen ein Formular aushändigte, auf dem Journalisten und
Fotografen garantieren mussten, keine Fotos der Teilnehmenden oder vom
Ort zu machen und diesen nicht öffentlich bekannt zu geben. Gegen
Unterschrift erhielten sie ein Couvert, das eine Wegbeschreibung zum
neuen Tagungsort beinhaltete, nochmals verbunden mit der
"inständigen" Bitte, diesen nicht an Dritte weiterzuleiten. Das
geschah natürlich trotzdem; bereits um 10.24 Uhr vermeldete das
linke Nachrichtenportal Indymedia die Adresse: ein Hotel in der
Nähe von Glattfelden. Davon wussten auch die rund 40 Personen,
vornehmlich junge Männer und Frauen, die sich um 12 Uhr am
Zürcher Central versammelten. Sie demonstrierten, weil "diese
Typen um Kuhn nicht ungestört ihre rückständigen
rechtslastigen Ideologien verbreiten dürfen". Und man sei stolz
darauf, "den erzreaktionären Haufen aus dem Giardino Verde nahe an
die deutsche Grenze vertrieben zu haben".
Dass die Veranstaltung ungestört verlief und sich
keine
Demonstranten an den Tagungsort verirrten, lag wohl an dessen
peripherer Lage. Zudem hat, so Veranstalter René Kuhn, die
Polizei diskret patrouilliert. (bwe/roc)
---
Landbote 1.11.10
Geheimtreffen der Antifeministen
Sandra Biberstein
Die Sorgerechtsfrage und das Leiden derjenigen
Männer, die
sich als Opfer des Feminismus sehen, standen am ersten Internationalen
Antifeminismustreffen im Mittelpunkt. Doch was Feminismus ist, wurde
nur widersprüchlich definiert.
glattfelden - "Ich bin hier, um zu erfahren, was man
dagegen tun
kann", sagt ein Teilnehmer. "Ich habe meinen vierjährigen Sohn
noch nie gesehen." Seine Ex-Frau verweigere ihm das Besuchsrecht. Wie
viele andere Männer zwischen 35 und 60 Jahren, die am Samstag das
Antifeminismustreffen besuchten, sieht er sich als Opfer. Er habe keine
Chance, das Sorgerecht zu erhalten. "Ich habe inzwischen resigniert,
aber vielleicht gibt es ja in ein paar Jahren eine
Gesetzesänderung", meint der junge Vater.
Auch Thomas hofft, dass sich durch das Engagement der
Interessengemeinschaft Antifeminismus (IGAF) die gesetzliche Situation
in der Schweiz ändert. Die hohen Anwaltskosten hätten ihn
ruiniert, seine Kinder sehe er nur selten. Er spricht damit ein Problem
an, mit dem sich viele der hundert Männer konfrontiert sehen, die
am ersten Internationalen Treffen der IGAF anwesend waren.
"Ausweispapiere mitnehmen"
Das Treffen fand an einem geheimen Ort statt, nachdem
Linksautonome Störaktionen angekündigt hatten. Aus Angst,
dass die Gegner des Treffens den idyllisch gelegenen Standort am Rhein
ausfindig machen könnten, verschickten die Organisatoren um 6 Uhr
morgens den Teilnehmern und der Presse eine SMS mit dem Inhalt
"Treffpunkt zwischen 9.15 und 9.30 Flughafen Kloten, Terminal A Abflug.
Zum Schild ‹Seminar Egala› begeben. Ausweispapiere mitnehmen."
Dort erhielten sie ein Kuvert mit weiteren Informationen.
Zudem
sicherten sich die Veranstalter mit einem Vertrag ab, in dem sie die
Journalisten ausdrücklich darum baten, den Ort und die
Identität der Teilnehmenden nicht bekannt zu geben.
"Es ist ein Armutszeugnis, dass wir fast in den Untergrund
getrieben werden", sagt René Kuhn, der ehemalige Luzerner
SVP-Präsident und Vorstandmitglied der IGAF, in seiner
Begrüssungsrede. "Wir sind keine Frauenhasser. Wir kämpfen
für die Gleichberechtigung und gegen Frauenprivilegien, die in der
Ideologie des Feminismus gefordert werden." Mit dem Namen
"Antifeministen" wollte die IGAF bewusst provozieren. "Die Medien
behandeln unser Thema. Wir haben das Ziel also erreicht."
In den einzelnen Referaten ging es vor allem um das Leiden
der
Männer und wer daran Schuld hat. Alfredo Stüssi,
Präsident der Männerpartei Schweiz, machte auf die
Benachteiligung beim Sorge- und Obhutsrecht für Kinder aufmerksam
und schlug eine "50/50-Formel" vor. Auch George Zimmermann von der
"Interessengemeinschaft geschiedener und getrennt lebender Männer"
sprach von ungerechten Scheidungsgesetzen und Alimentenzahlungen, die
nur den Mann betreffen, nicht aber die Frau. Die Ursache für das
Leiden der Männer ist für ihn eindeutig der Feminismus: "Die
Gleichstellung ist tot, weil der militante Feminismus und die Gender
Studies heute eine einseitige Frauenförderung betreiben."
Widersprüchliche Definitionen
Als Antifeministen wollen sich aber weder die mehrheitlich
aus
Deutschland angereisten Teilnehmer noch die Referenten sehen. "Ich
wusste gar nicht, was genau unter Feminismus zu verstehen ist", sagte
einer der Anwesenden. Die Referenten präsentierten zudem
widersprüchliche Definitionen des Feminismus. Nach Nietzsche sei
die Ideologie der Kampf des missratenen Weibes gegen das wohlgeratene.
Nicht nur die Feministinnen und Feministen, auch die neue
Rolle
der Frau in der Gesellschaft wurde zum Teil lächerlich gemacht.
Der Referent Eckhard Kuhla meinte zu einem Bild aus den 50er-Jahren,
das das damalige Rollenbild der Frau zeigte: "Ach, wie schön muss
es damals noch gewesen sein. Die Frau schaute zum Mann auf." Und
Michail Savvakis von "Der Maskulinist" erntete für Aussagen wie
"Im Mann liegt die Quelle der Freiheit" oder "Nur dank dem Mann konnten
sich die Frauen erst emanzipieren" tosenden Applaus.
Von den acht anwesenden Frauen beteiligte sich keine an
der
Diskussion. "Ich stehe vollends hinter den Argumenten dieser
Männer", sagte eine. Kritischer hingegen äusserten sich zwei
junge Männer, die eine Abschlussarbeit zum Thema
"Frauenstimmrecht" schreiben. "Mit den Problemen bei der
Sorgerechtsfrage sind wir einverstanden, mit anderen Punkten
überhaupt nicht." Um 17 Uhr war das Treffen zu Ende und wurde
abrupt aufgelöst. "Sie wissen, wo wir sind", sagte Kuhn.
SANDRA BIBERSTEIN
--
Gegendemonstration am Central
Sehr lange blieb der Veranstaltungsort des
Antifeminismustreffens
nicht geheim. Bereits um 10.30 Uhr wurde am Samstag der genaue Standort
über das linke Nachrichtenportal Indymedia verbreitet. Das
Bündnis gegen das Antifeminismustreffen liess die Antifeministen
ihr Treffen in Zweidlen bei Glattfelden durchführen und
demonstrierte in Zürich. Um 12 Uhr versammelten sich rund 100
Personen am Central und zogen durch das Niederdorf zum Bellevue. "Gegen
Sexismus! Antifeministen vertreiben!", lautete die Aufschrift auf einem
der Transparente. Mit Flugblättern thematisierten sie die
Entwicklung der Gesellschaft nach rechts und machten darauf aufmerksam,
dass sich die Ideologie der Antifeministen auch in dieses
reaktionäre Klima einordnen lasse. Die Veröffentlichung des
Standorts führte zudem am späten Nachmittag zu einem
unvermittelten Abbruch des Treffens. (sbi)
---
20 Minuten 1.11.10
Braucht es Feminismus überhaupt noch?
ZÜRICH. Feministin und Präsidentin der SP-Frauen
Julia
Gerber Rüegg kreuzt im Streitgespräch mit Antifeminist
Michael de Luigi von der Organisation Mannschafft die Klingen.
Herr De Luigi, Sie bezeichnen die Feministinnen als
menschenfeindlich und werfen ihnen vor, Hass zu säen.
Michael de Luigi: Der Feminismus von heute hat nichts zu
tun mit
dem vor vierzig Jahren und vertritt längst nicht alle Frauen. Er
will nicht nur die Gleichberechtigung, sondern alle Vorteile von damals
behalten. Sei es das AHV-Rentenalter, die
Militärdienstverweigerung oder gerade die Vorrechte auf Kinder.
Die Feministinnen sind nicht bereit, Macht abzugeben. Sie verhindern,
dass Frauen und Männer aufeinander zugehen, und hetzen sie
gegeneinander auf.
Julia Gerber Rüegg: Ihre respektlose und martialische
Art im
Rahmen des Antifeminismuskongresses über Frauen ist stossend. Ich
kann mir aber vorstellen, dass diese Aggressivität von schweren
Verletzungen zeugt.
Ein grosses Anliegen der Antifeministen ist das gemeinsame
Sorgerecht nach Trennung und Scheidung.
De Luigi: Gerichte und Behörden drängen
Väter
häufig aus der Erziehungsverantwortung. In der Schweiz werden
Kinder als das Eigentum ihrer Mütter betrachtet. Väter sind
nur zum Zahlen da. Fast alle Länder Europas kennen gemeinsame
Elternverantwortung nach einer Trennung, ausser die Schweiz. Wenn ich
sehe, wie viele Väter und Kinder das System kaputt macht, verstehe
ich nicht, wieso man dieses aufrechterhält. Die Kinder sind es,
die für diesen ideologischen Staatsapparat die Zeche zahlen.
Gerber Rüegg: Auch die SP- Frauen wollen das
gemeinsame
Sorgerecht, aber nicht erst bei der Scheidung, sondern ab Geburt. Paare
sollen sich von Anfang an verständigen, wie sie Verantwortung und
Erziehung gemeinsam wahrnehmen wollen. Maria Roth-Bernasconi,
Nationalrätin und Co-Präsidentin der SP Frauen Schweiz, hat
einen entsprechenden Vorstoss eingereicht. Wir haben Mannschafft dazu
eingeladen, dies zu unterstützen. Leider haben wir nichts mehr von
Ihnen gehört dazu.
Herr De Luigi, was für eine Art Feminismus
wünschen Sie
sich?
Am liebsten gar keinen. Ich wünsche mir Leute, die
für
echte Gleichberechtigung eintreten.
Frau Gerber, braucht es Feminismus überhaupt noch?
Solange Männer wie Herr De Luigi behaupten,
Lohndisparität sei eine Lüge, braucht es Feminismus.
Désirée Pomper
---
20min.ch 31.10.10
Treffen der Antifeministen: Mehr Hilferuf als Kampfschrei
Das erste Treffen der Antifeministen ging in
hochkonspirativem
Rahmen über die Bühne. Unser Reporter hat den
Sicherheitscheck bestanden. Er weiss jetzt, dass High Heels und
Lippenstift nicht so wichtig sind.
Joel Bedetti
Der Beginn dieser Geschichte ist wie ein schlechter
Agentenfilm,
das hat der Kollege von "Tele Top" treffend bemerkt. Weil
Anti-Anti-Feministen den Frieden des Anti-Feministenkongresses
bedrohen, findet der Kongress von gestern Samstag an einem geheimem Ort
statt. Um 6.15 Uhr bekomme ich ein SMS von der IG der Antifeministen
mit der Aufforderung, mich um 9.15 Uhr im Flughafen, Terminal A,
einzufinden: "Zum Schild Seminar Egala begeben. Weitere Informationen
dort. Ausweispapiere mitnehmen. Absolute Vertraulichkeit beachten,
keine Weitergabe dieser Informationen."
Die konspirative Energie der IGAF (Interessensgemeinschaft
der
Antifeminsten) ist kaum zu toppen. Beim Terminal A steht ein Mann mit
Schnauz, abgetragener Lederjacke und zu langen Hosen. Er hält
einen Fresszettel in der Hand, auf dem mit Filzstift "Seminar Egala"
steht. Ich nenne meinen Namen. Der Mann nickt und raunt mir
verschwörerisch zu, mich unauffällig zu einem kleinen, lustig
dreinblickenden Mann in grauem Anzug zu begeben, der drei Meter weiter
vorne steht. Der Mann im grauen Anzug fordert mich auf, zu einem
älteren Mann in Jeansjacke zu gehen, der etwa zwei Meter neben ihm
steht und drei Meter neben dem Mann mit der abgetragenen Lederjacke.
Dieser Mann streicht mich auf einer Anwesenheitsliste durch und reicht
mir eine Wegbeschreibung. Ich unterschreibe eine Erklärung, dass
ich keinerlei Informationen über den Austragungsort preisgebe. Das
abgeschiedene Kongresshotel, in dem das Treffen stattfindet, ist aber
irgendwie auch keine weitere Erwähnung wert.
High Heels sind gesund
Im Foyer des Kongresshotels stehen die Besucher, es sollen
so um
die 130 sein, herum, essen Gipfeli und helfen sich bei der Bedienung
der Kaffeemaschinen. Es sind vor allem Männer zwischen 40 und 60.
Um 10 Uhr eröffnet René Kuhn den ersten
Anti-Feministen-Tag. Er erzählt eine Art Weihnachtsgeschichte
(überall wurden die Antifeministen bei ihrer Suche nach einem Dach
über dem Kopf abgewiesen, bis sie in diesem abgeschiedenen Hotel
aufgenommen wurden), sagt etwas zu Demokratie und Meinungsfreiheit und
bittet um Spenden für die IGAF.
Entstanden ist die IGAF im vergangenen Sommer, als
René
Kuhn in die Schlagzeilen kam, weil er als Präsident der SVP Luzern
"linke Emanzen" als "zerlumpte Vogelscheuchen" bezeichnete, unter denen
er sich in einem "Gruselkabinett" wähne. SVP-Präsident ist er
seither nicht mehr, dafür hat er ein Buch geschrieben, indem er
die Frauen zu mehr Weiblichkeit auffordert. Zum Beispiel weist er
anhand einer italienischen Studie nach, dass das Tragen von High Heels
die Beckenmuskulatur stärke und die Lust am Sex erhöhe.
Kein Lack an den Fingernägeln
Ausserdem führt er genauer aus, was man unter einer
"zerlumpten Vogelscheuche" beziehungsweise linken Emanze zu verstehen
hat: Sie trägt einen Jutesack statt einer Handtasche, sie latscht
wie eine Ente durch die Landschaft, statt dass sie stolz die
Brüste herausstreckt, sie trägt Männerschuhe oder
Birkenstock-Sandalen, sie zieht "farbige Lumpen an, welche meist
grün, gelb oder orange sind", und hat eine "voluminöse,
ungepflegte Wuschel-Haarpracht auf ihrem Kopf." Ausserdem lackiert sie
sich nicht die Fingernägel. So viel zum bisherigen intellektuellen
Substrat der IGAF.
Der Saal ist mittelvoll. Ich zähle 12
Frauenköpfe und
75 Männerköpfe, davon 27 Glatzköpfe. Ein Organisator
watschelt wie eine Ente durch die Gegend, statt dass er stolz die Brust
herausstrecken würde. Es scheint, als seien die ästhetischen
Ansprüche der Antifeministen an sich selbst tendenziell niedriger.
Einer könnte direkt von einer Baustelle kommen. Ein Mann vor mir
trägt einen granitgrauen Anzug mit einer Art Schulterstücken.
An der Lehne hängt eine beigefarbene Jacke, die aussieht, als
hätte er sie in der vorigen Nacht als Kopfkissen benutzt. Der
neben ihm starrt mit offenem Mund nach vorne und wippt unablässig
mit dem Stuhl. Der andere schaut traurig aus der Wäsche, seine
Jeans sind ausgefranst, ausserdem unternimmt er wenig gegen seine
Pickel.
Schuhe bei Dosenbach
Weiter vorne erblicke ich einige Gestalten, welche etwa
genau das
tragen, was man sich unter "grün-, gelb- und orangefarbenen
Lumpen" vorstellen könnte. Ob ihre Frauen linke Emanzen sind? Es
ist zumindest nicht mehr ganz auszuschliessen. Allgemein dominieren
unüberlegte Frisuren, zu weite Lederjacken oder pastellfarbene
Windjacken, und die meisten Schuhe sehen aus, als seien sie aus einer
Ausverkaufs-Auslage bei Dosenbach gefischt worden. Die hohen
ästethischen Ansprüchen, die Kuhn an die Damen stellt, werden
beim Anti-Feministen-Treffen kaum erfüllt. René Kuhn
übrigens trägt einen schwarzen Anzug, ein hellrosa Hemd und
eine violette Kravatte. Sie ist etwas kurz gebunden.
Der zweite Vortrag heisst "Gleichstellung ist tot -
Richtigstellung tut not." Der Referent trägt ein weisses
Leinenhemd und darüber einen schwarzen Sacko. Eine elegante
Erscheinung, mit einer etwas gewagten Lesebrille: beige, mit bunten
Flecken.
Der Mann, der Trottel
Nach ihm meldet sich nochmals der kleine Mann vom
Flughafen und
bittet die Besucher, nach dem Treffen mit Autos und nicht mit dem
Öffentlichen Verkehr heimzufahren, da das auffällig wirken
könnte. Verhaltener Applaus im Saal.
Der nächste Referent, im hellblauen Hemd mit
glänzendem, grauen Kittel und einer marineblauen Kravatte regt
sich darüber auf, wie der Mann heute in Film und Werbung als
Trottel, die Frau aber als selbstbewusste Emanze dargestellt werde.
Georg Orwell und die feministische Gefahr
Nachdem der Präsident der Männerpartei das
Parteiprogramm präsentierte, gibt es Mittagessen. Sanftes Klimpern
und scheppern, in der Luft hängt der Geruch der Gasrechauds. Es
gibt Gnocchi, Reis, Rindsgeschnetzeltes und geschmorte Rübli. Nach
einer Stunde füllt sich der Vortragssaal wieder. Man plaudert, der
Security-Mann streichelt flüchtig den Kopf eines Mädchens,
das vor ihm hin und her tanzt, nimmt dann aber schnell die Hand
zurück.
Langsam ist die Luft draussen. Nach dem Essen wird es
langfädig. Der Redner spricht über die angebliche
feministische Unterwanderung der Gesellschaft, zitiert George Orwell
und beschwört die deutschen Zuhörer, dass die Schweiz kein
Rechtsstaat sei, wie man immer meine. Der Mann vor mir spielt mit dem
iPhone. Ein anderer verlässt den Saal mit Zahnpasta und
Zahnbürste. Ich breche auch auf.
Persönliche Schicksale
Viel Neues gab es am ersten Antinfeministen-Treffen nicht
zu
hören. Die Redner berichteten darüber, dass Gleichstellung
nicht Gleichberechtigung sei, dass nicht alle Feministinnen konstruktiv
seien und über das Sorgerecht bei der Scheidung. Oft waren aber
einfach diffuse Ängste gegenüber Frauen zu spüren.
Wer beim Treffen eine Versammlung von Machos vermutete,
welche
nach mehr High Heels und Lippenstift schreien, lag falsch. Den
Gesprächsfetzen neben den Vorträgen konnte man entnehmen,
dass viele der Anwesenden mit persönlicheen Schicksalen zu
kämpfen haben. Sie haben Kampfscheidungen hinter sich und
dürfen ihre Kinder nicht mehr sehen. Vor allem aber war die
Unsicherheit spürbar, welche die Auflösung der traditionellen
Geschlechter gerade bei Männern mittleren Alters hervorruft. Der
Antifeminismus scheint mehr ein Hilferuf als ein Kampfschrei zu sein.
--
Treffen der Antifeministen
ZÜRICH. Das erste internationale
Antifeminismus-Treffen
unter der Leitung René Kuhns fand am Samstag in einem Hotel an
einem geheimen Ort im Kanton Zürich statt. Dies nachdem
linksautonome Kreise Gewaltandrohungen gemacht hatten. Rund 100
Männer erschienen - die meisten davon getrennte oder geschiedene
Väter, die ihre Kinder seit Monaten nicht mehr gesehen haben. Die
fehlenden Rechte gebeutelter Väter war denn auch das Hauptthema
des Anlasses.
---
Sonntagszeitung 31.10.10
Gebeutelte Antifeministen
Das erste internationale Treffen zeigt: Diese Männer
haben
echte Probleme
Von Chris Winteler
Zürich Schliesslich landen die Antifeministen und ihr
medialer Begleittross in einem tristen Seminarraum. "Himmeltraurig",
findet René Kuhn, 43, Mitgründer der IG Antifeminismus
(IGAF), "dass wir quasi in den Untergrund gezwungen werden."
Ursprünglich hätte das erste Internationale
Antifeminismus-Treffen in einer lauschigen Location in Uitikon ZH
stattfinden sollen. Nachdem linke Aktivisten mit Radau drohten und das
Gemeindehaus mit Sprayereien verschmierten, zog sich der Gastgeber
zurück.
Dafür habe die IGAF nun doppelt so viele Mitglieder,
"sicher
etwa 2000, wir können die Anmeldungen gar nicht mehr zählen",
so Kuhn. Am Donnerstag sagte der ehemalige Luzerner SVP-Präsident:
"Die ganze Welt interessiert sich für die Tagung." Eine TV-Station
nach der andern melde sich an, "BBC und so weiter", er habe den
Überblick verloren. Gekommen sind drei Regionalsender.
"Tragische Fälle, glauben Sie mir, es ist zum Weinen"
Kuhn ist das Zugpferd der IGAF. Man wisse halt, wofür
er
stehe. Er wars, der Schweizer Frauen als "Vogelscheuchen" bezeichnet
hatte. Sein Buch "Zurück zur Frau" verkaufte sich 8000-mal.
Dutzende Männer hätten sich ihm nach der Lektüre
anvertraut. "Unglaublich tragische Fälle, glauben Sie mir, es ist
zum Weinen." Selber aber gehts ihm gut, verheiratet mit Oxana, einer
blonden Russin, zusammen haben sie eine kleine Tochter. Oxana sei "zu
100 Prozent emanzipiert". Aber keine Feministin! Denn Feminismus gleich
Frauenprivilegien auf Kosten der Männer. Staubsaugen, einkaufen,
er mache alles, "aber fragen Sie doch meine Frau". Oxana Kuhn sagt:
"Ich kann mich wirklich nicht beklagen, sorry." Ob sie sich fürs
Foto setzen könnten, bittet sie, sie trage hohe Absätze,
möchte den Mann nicht überragen.
Rund 100 Männer sind gekommen, viele aus Deutschland.
Frustrierte Geschiedene, traurige Väter. Ihr Schicksal verbindet.
Gesprächsfetzen beim Mittagsbuffet: "Sie hat mich ruiniert", "Ich
warte auf den Gerichtsentscheid", "Ich habe meinen Sohn sieben Monate
nicht gesehen". Zur gleichen Zeit demonstrieren in Zürich 40 Leute
gegen das Treffen.
Engagierte Redner, aufmerksame Zuhörer: George
Zimmermann
von der IG geschiedener Männer spricht von "Scheidung als
weiblichem Volkssport". 80 Prozent der Scheidungen würden von
Frauen eingereicht. Alfredo Stüssi, Präsident der
Männerpartei Schweiz, hat News: Die Partei heisse neu "Subitas" -
"also hopp, wir machen". 2011 wolle er mit "Subitas" in den
Nationalrat. Es gibt keinen Skandal, keine Provokation. Der Name
"Antifeminismus" sei nicht glücklich gewählt, gibt Kuhn zu.
Aber: "Wäre jemand gekommen, wenn wir ‹Pro Männerrechte›
hiessen? - Ziel erfüllt, Aufmerksamkeit erreicht."
---
Zentralschweiz am Sonntag 31.10.10
René Kuhn
Das Geheimtreffen der Antifeministen
Andreas Bättig
Gestern haben sich die Anti-feministen rund um René
Kuhn
in Zürich getroffen. Dabei ging es zu wie in einem Agentenfilm.
Als Antifeminist hat man es in diesen Zeiten nicht
einfach. Und
das fängt schon beim Organisieren des 1. Internationalen
Antifeminismus-Treffens an. Die Veranstalter rund um den ehemaligen
Luzerner SVP-Grossstadtrat René Kuhn fürchteten gewaltsame
Aktionen von militanten Feministinnen. Deshalb gelangte man nur auf
höchst konspirative Weise zum Austragungsort. Per SMS teilte Kuhn
gestern Morgen mit, dass man sich zwischen 9.15 und 9.30 Uhr zum
Terminal 1 des Zürcher Flughafens begeben soll. Dort warteten zwei
Männer mit einem Schild mit der Aufschrift "Egala". Diese
Männer wiederum hatten einen Briefumschlag parat, in dem sich die
genaue Wegbeschreibung zum Austragungsort befand. Der darf an dieser
Stelle nicht genannt werden, ein entsprechender Vertrag musste
unterzeichnet werden - aus Sicherheitsgründen. Es handelte sich um
einen Ort in der Umgebung von Zürich.
100 Teilnehmer
Im Austragungssaal versammelten sich rund 100
Antifeministen. Und
die meisten schienen eines gemeinsam zu haben: Sie wurden nach eigenen
Angaben Opfer einer unschönen Scheidung. Da war zum Beispiel
Bruno, der sich von seiner Frau scheiden liess und sich beklagt, dass
er seine Kinder fast nie zu Gesicht bekommt, weil sie das Obhutsrecht
hat. Oder Marco, der ebenfalls "Opfer einer Scheidung" wurde und nun
"völlig zu Unrecht ein Vermögen an Unterhaltszahlung an seine
Ex-Frau entrichten muss". Sie alle einte ein Feindbild: die
Feministinnen. Ja, die Feministinnen hätten die Gesellschaft
durchsetzt. Und diese Durchsetzung spiegle sich eben gerade in unserem
Scheidungsrecht wieder. Das bevorzuge nämlich die Frau klar.
Gespannt lauschten die Antifeministen von 11 bis 16 Uhr
dabei
diversen Vorträgen. Diese handelten von plumpem und machoidem
Sexismus gegen Frauen bis zu durchaus spannenden Aspekten rund um das
Scheidungsrecht.
Mit dabei war etwa Alfredo E. Stüssi, Präsident
der
Männerpartei Schweiz. Er präsentierte seine 50/50-Formel. Das
heisst, dass die Sorgepflicht und das Obhutsrecht hälftig zwischen
Mann und Frau geteilt werden sollen.
Auch René Kuhn meldete sich zu Beginn der
Veranstaltung zu
Wort. Viel zur Debatte rund um den Antifeminismus hatte er aber nicht
beizutragen. Er halte extra keinen langen Vortrag - zu Gunsten der
anderen Redner. Trotzdem sagte Kuhn ein paar Sätze: "Die
Männer leiden stumm vor sich hin", wusste er. Oder: "Auch Frauen
leiden unter dem Feminismus."
Weiteres Treffen geplant
Damit soll nun aber Schluss sein. Es herrschte
Aufbruchstimmung
bei den Antifeministen an diesem Samstagnachmittag. Und deshalb wurde
am Ende bereits ein zweites internationales Treffen angekündigt.
Wo das stattfinden wird, ist natürlich noch absolut streng geheim.
Hinweis: Braucht es heute Männerförderung? Pro
und
Kontra auf Seite 35.
andreas.baettig@neue-lz.ch
---
Sonntagsblick 31.10.10
Die Männer mit den gebrochenen Herzen
VON BEAT KRAUSHAAR , JESSICA
FRANCIS
(TEXT) UND PAOLO FOSCHINI (FOTOS)
Das erste Antifeministen- Treffen der Schweiz löste
Protest
aus. Statt Frauenhassern aber sah man viele traurige Männer.
Am Flughafen Kloten steht ein Mann. Er hält eine
Tafel in
der Hand. "Egala" steht darauf. Es ist das Codewort für die
Teilnehmer des ersten Internationalen Antifeminismus-Treffen. Die
Geheimaktion wurde nötig, nachdem letzte Woche Linksaktivisten mit
Spray-Attacken und Demo-Aufruf gegen den Anlass mobil gemacht hatten -
mit dem Ziel, ihn zu verhindern.
Er findet trotzdem statt. Nicht wie geplant in Uitikon ZH,
sondern in einem Saal nahe Glattfelden ZH. Rund 100 Personen,
vorwiegend Männer zwischen 40 und 60 Jahren, sind gekommen. Nicht
die erwarteten Antifeministen, die Frauen als männerfressende
Schlampen beschimpfen, sondern vor allem Männer mit gebrochenen
Herzen.
Wenn sie Frauen hassen, dann nur eine: die Ex. Fast alle
teilen
das gleiche Schicksal: Trennung, Kampfscheidung - und keine Chance, das
Sorgerecht für die Kinder zu erhalten. Der meistgehörte Satz:
"Mit der Drohung, meine Kinder nie mehr zu sehen, presst mich meine Ex
finanziell aus wie eine Zitrone." Artig lauscht man den Referenten, von
denen die Hälfte aus Deutschland kommt. Bei Sätzen wie
"Scheidungsfälle sind eine Sammlung von Kriminalfällen" oder
"Feminismus ist heute klar männerfeindlich" rauscht höflicher
Beifall auf. Die meisten sind offenbar wegen des
Gemeinschaftsgefühls hier. Und um mal wieder zu erleben, dass sie
mit ihren gebrochenen Herzen nicht alleine sind.
Der provokative Titel "Internationales
Antifeminismus-Treffen"
hat aber auch etwas Positives bewirkt: viel Aufmerksamkeit.
Und eine Demonstration ihrer Gegner am Samstag in
Zürich,
bei der eine junge Frau sagte: "Was die Antifeministen rauslassen, ist
ein Skandal. Trotzdem werden ihre Aussagen verbreitet - wir müssen
dagegen ankämpfen. Sonst ist unsere Gesellschaft verloren."
Dass ihm so viel Radikalität unterstellt wird, bringt
Daniel
Neuhaus (44), Teilnehmer des Treffens in Glattfelden, zum Lachen. "Ich
musste auf Wikipedia nachschauen, was Antifeminismus heisst."
--
"Aus Protest gegen die Willkür des Rechts und weil
ich mein
Kind nicht sehen darf, habe ich Haus und Firma verschenkt. Jetzt bin
ich arbeitslos und gehe dann stempeln."
Michael Balmer (40)
"Als Opfer häuslicher Gewalt ist man als Mann
chancenlos.
Feminismus, der nicht auch die Diskriminierung der Männer
anprangert, ist deshalb menschenfeindlich."
Daniel Neuhaus (44)
"Der Titel Antifeminismus ist nur ein Aufhänger. Es
geht um
die Gleichberechtigung für den Mann beim Sorgerecht der Kinder und
gegen die Ohnmacht der Männer."
Eugen Vogt (56)
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ALKOHOL
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Südostschweiz 2.11.10
Alkohol schadet mehr als Heroin
Alkohol ist laut einer neuen Studie weitaus
gefährlicher als
Heroin oder Crack. Er wirkt sich nicht nur auf die Konsumenten selbst
aus, sondern besonders stark auch auf deren Umfeld, wie Forscher im
Fachmagazin "Lancet" schreiben.
London. - Die Experten untersuchten verschiedene Drogen
auf ihre
Zerstörungskraft für den Körper und die Gesellschaft.
Zwar stellten sich Heroin, Crack und Metamphetamine als die
tödlichsten Rauschgifte heraus. Wurden aber die sozialen
Auswirkungen miteinbezogen, führte Alkohol die Rangliste der
gefährlichsten Drogen an. Darauf folgen Heroin und Crack.
Marihuana, Ecstasy und LSD schätzen die Forscher als deutlich
weniger zerstörerisch ein. Die Experten halten Alkohol für so
gefährlich, weil er weitverbreitet ist und sich nicht nur auf die
Konsumenten, sondern besonders stark auch auf ihr Umfeld auswirkt.
Alkohol nicht verbieten
"Denken Sie nur mal, was (durch Alkohol) bei jedem
Fussballspiel
passiert", sagt Wim van den Brink, Professor für Psychiatrie und
Sucht an der Amsterdamer Universität, der einen Kommentar zu der
Studie mitverfasste. Zudem stehe exzessives Trinken in Zusammenhang mit
höheren Todesraten und spiele bei Gesetzesverstössen
häufiger eine Rolle als die meisten anderen Drogen.
Experten raten dennoch nicht dazu, Alkohol einfach zu
verbieten.
Leslie King, einer der Autoren der Studie und Berater am
Europäischen Beobachtungszentrum für Drogen, warnt sogar
davor: Eine Prohibition, wie sie einst in den USA galt, sei kein
Ausweg. "Alkohol ist zu sehr in unserer Kultur verwurzelt, er kann
nicht einfach entfernt werden", sagt King. Er rät dazu, gezielt
die Vieltrinker ins Visier zu nehmen, nicht die Mehrheit der Leute, die
es bei einem oder zwei Bier bewenden lassen. Regierungen sollten die
Preise für Alkohol anheben und mehr Aufklärung betreiben.
Legal und illegal
Die Fachleute sprechen auch eine brisante Frage an: die
rechtliche Einordnung der verschiedenen Drogen. Grossbritannien
verschärfte zum Beispiel im vergangenen Jahr die Strafen für
den Besitz von Marihuana. Bei solchen Entscheiden stütze sich die
Regierung nicht immer auf Wissenschaft", sagt van den Brink mit Blick
auf die Studie. Einnahmen aus Steuern - etwa auf Tabak und Alkohol -
könnten die Überlegungen der Regierung beeinflussen, wie die
verschiedenen Substanzen gesetzlich behandelt würden. Eines stehe
aber fest, sagt der Experte: "Legale Drogen verursachen mindestens so
viel Schaden wie illegale." (sda)
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20 Minuten 2.11.10
Studie: Alkohol die gefährlichste Droge
LONDON. Überraschendes Ergebnis: Alkohol ist laut
einer
neuen Studie weitaus gefährlicher als Heroin oder Crack.
Er wirkt sich nicht nur auf den Konsumenten selbst aus,
sondern
besonders stark auch auf dessen Umfeld, wie Forscher im Fachmagazin
"Lancet" schreiben. Die Experten untersuchten verschiedene Drogen auf
ihre Zerstörungskraft für den Körper und die
Gesellschaft. Zwar stellten sich Heroin, Crack und Metamphetamine als
die tödlichsten Rauschgifte heraus. Wurden aber die sozialen
Auswirkungen miteinbezogen, führte Alkohol die Rangliste der
gefährlichsten Drogen an.
Darauf folgen Heroin und Crack. Marihuana, Ecstasy und LSD
schätzen die Forscher als deutlich weniger zerstörerisch ein.
Die Experten halten Alkohol für so gefährlich, weil er
weitverbreitet ist und sich nicht nur auf die Konsumenten, sondern
besonders stark auch auf deren Umfeld auswirkt.
"Denken Sie nur mal, was durch Alkohol bei jedem
Fussballspiel
passiert", sagt Wim van den Brink, Professor für Psychiatrie und
Sucht an der Amsterdamer Universität, der einen Kommentar zur
Studie mitverfasste. Zudem stehe exzessives Trinken in Zusammenhang mit
höheren Todesraten und spiele bei Gesetzesverstössen
häufiger eine Rolle als die meisten anderen Drogen. Leslie King,
Mitautor der Studie, rät dazu, gezielt die Vieltrinker ins Visier
zu nehmen, nicht die Mehrheit der Leute, die es bei einem oder zwei
Bier bewenden lassen. Regierungen sollten die Preise für Alkohol
anheben und mehr Aufklärung betreiben.
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sf.tv 1.11.10
Alkohol ist schlimmer als Heroin und Crack
ap/from
Ein gemütliches Glas oder zwei: Alkohol gehört
zu
unserer Kultur wie die Treichel zur Kuh. Eine neue Studie aus
Grossbritannien zeigt jetzt aber, der Begleiter in geselligen Runden
zählt im Grund zu den gefährlichsten Drogen der Welt. Bei
entsprechender Perspektive stellt Alkohol gar Heroin und Crack in den
Schatten.
Die Experten des britischen Zentrums für
Kriminalitäts-
und Justizstudien (CCJS) untersuchten verschiedene Drogen auf ihre
Zerstörungskraft für den Körper und die Gesellschaft.
Zwar stellten sich Heroin, Crack und Metamphetamine als die
tödlichsten Rauschgifte heraus.
Doch sobald die Wissenschaftler die sozialen Auswirkungen
miteinbezogen, führte Alkohol die Rangliste der
gefährlichsten Drogen an, gefolgt von Heroin und Crack. Marihuana,
Ecstasy und LSD schätzen die Forscher als deutlich weniger
zerstörerisch ein.
Bei Verbrechen oft Alkohol im Spiel
Die Experten halten Alkohol für so gefährlich,
weil er
weitverbreitet ist und sich nicht nur auf die Konsumenten, sondern
besonders stark auch auf ihr Umfeld auswirkt. Die Ergebnisse der Studie
sind in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift "Lancet" erschienen.
"Denken Sie nur mal, was (durch Alkohol) bei jedem
Fussballspiel
passiert", sagt Wim van den Brink, Professor für Psychiatrie und
Sucht an der Amsterdamer Universität. Er hat einen Kommentar zu
der "Lancet"-Studie mitverfasst. Exzessives Trinken schädigt
demnach fast das gesamte Organsystem. Alkoholmissbrauch steht in
Zusammenhang mit höheren Todesraten. Ausserdem spielt er bei
Gesetzesverstössen häufiger eine Rolle als die meisten
anderen Drogen, einschliesslich Heroin.
Preise für Alkohol erhöhen
Die Experten raten dennoch nicht dazu, Alkohol einfach zu
verbieten. Leslie King, einer der Autoren der Studie und Berater am
Europäischen Beobachtungszentrum für Drogen, warnt sogar
davor: Eine Prohibition, wie sie einst in den USA galt, sei kein Ausweg.
"Alkohol ist zu sehr in unserer Kultur verwurzelt, er kann
nicht
einfach entfernt werden", sagt King. Er rät dazu, gezielt die
Vieltrinker ins Visier zu nehmen, nicht die Mehrheit der Leute, die es
bei einem oder zwei Biere bewenden lassen. Regierungen sollten die
Preise für Alkohol anheben und mehr Aufklärung betreiben.
Am Alkoholmissbrauch verdienen viele
Die Fachleute sprechen auch eine brisante Frage an: die
rechtliche Einordnung der verschiedenen Drogen. Grossbritannien
verschärfte zum Beispiel im vergangenen Jahr die Strafen für
den Besitz von Marihuana. Einer der bis dahin wichtigsten Berater der
damaligen Regierung, David Nutt, wurde nach seiner Kritik an dem
Schritt entlassen.
Nun schaltete er sich als Hauptautor der Drogen-Studie
wieder in
die Debatte ein, stellt die Studie doch in Frage, wieso Alkohol
allgemein anerkannt, Marihuana jedoch fast überall verboten ist.
"Was Regierungen für illegal erklären, hat nicht immer auf
Wissenschaft gestützt", sagt auch van den Brink.
Einnahmen aus Steuern - etwa auf Tabak und Alkohol -
könnten
die Überlegungen der Regierung beeinflussen, wie die verschiedenen
Substanzen gesetzlich behandelt würden. Eines stehe aber fest,
sagt der Nutt: "Legale Drogen verursachen mindestens so viel Schaden
wie illegale."
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AUSSCHAFFUNGEN
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Mittwoch, 03.11.: Infoveranstaltung von augenauf zu
Zwangsausschaffungen
*Zwangsausschaffungen - Werden Tote in Kauf genommen?*
Eine Veranstaltung von augenauf im Rahmen der
Veranstaltungsreihe von
"Willkommen im Paradies"
Wann: Mittwoch 3. November, 19.30 Uhr
Wo: Reitschule Bern, im Rössli
Hintergrundinformationen zur Ausschaffungspraxis der Schweiz
Demonstration der Fesselungstechniken bei Ausschaffungen
Berichte von Direktbetroffenen
Mehr Infos: http://www.willkommen-im-paradies.ch
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Limmattaler Tagblatt 2.11.10
"Freunde findet man nur draussen"
Kloten 2600 Ausschaffungshäftlinge kommen
jährlich ins Flughafengefängnis
Dominique Marty
"Ich bin keine Kriminelle, und trotzdem werde ich wie eine
behandelt und bin eingesperrt", sagt Anyango Nabil (Namen
geändert). Die 34-jährige Kenianerin sitzt seit fünf
Monaten in Ausschaffungshaft im Flughafengefängnis Kloten. Vor
sechs Monaten ist sie in die Schweiz eingereist. "In Kenia hatte ich
keine Perspektive", erklärt sie. Einem Schlepper habe sie rund
1800 Franken bezahlt, damit dieser sie wegbringt, weg nach Europa. Ihre
12-jährige Tochter liess sie zurück. "Die Schweiz war nicht
mein Ziel, ich wurde einfach hierher gebracht." Anyango landete in
Kloten am Flughafen und ging nach Zürich, wo sie sich einen Monat
lang irgendwie durchschlug, bei "Freunden" lebte. Irgendwann griff die
Polizei sie auf. "Ich habe keine Papiere", sagt sie. Schliesslich
landete sie im Flughafengefängnis in Kloten in der
Ausschaffungshaft. Seither versucht das Bundesamt für Migration,
Anyango Nabil Reisedokumente zu beschaffen, um sie nach Kenia
auszuschaffen.
Im Durchschnitt gibts zwei Monate
106 Menschen sitzen derzeit in Ausschaffungshaft im
Flughafengefängnis, alle Plätze sind besetzt. 94 Männer
und 12 Frauen - mehr als die Hälfte kommen aus Afrika, gut ein
Drittel allein aus Nigeria. Insgesamt waren dieses Jahr Angehörige
von über 100 Nationen in dieser Abteilung. "Diese Leute sind nicht
hier, weil sie straffällig wurden", stellt Thomas Manhart, Chef
des Amts für Justizvollzug, klar. Sie sind in Haft, weil sie sich
illegal in der Schweiz aufgehalten haben oder weil ihr Asylgesuch
abgelehnt wurde. Weil sie die Schweiz nicht freiwillig verlassen haben,
beantragte das Amt für Migration des Kantons Zürich die
Ausschaffungshaft.
"Wir werden hier gut behandelt", erzählt Anyango
Nabil
weiter. Sie liest viel, schaut fern, treibt Sport und arbeitet
täglich. Das Gefängnis bemüht sich um Aufträge,
welche die Insassen verrichten können. Briefe und Pakete mit
Werbeartikeln verpacken oder Steckdosen und anderes Elektromaterial
einschweissen. Die Maschinen, die zum Verpacken nötig sind,
liefern die Auftraggeber gleich ins Gefängnis mit. "Nicht frei zu
sein ist für mich sehr hart", nimmt Anyango den Faden wieder auf.
Schaue sie aus dem Fenster, sehe sie die Flieger starten und landen und
all die Leute, die sich frei bewegen können. Ihre Tochter fehle
ihr. "Über eine Bekannte habe ich Kontakt mit ihr. Sie ist noch in
Afrika." Am schwierigsten sei für sie die Ungewissheit. "Wie lange
ich noch hier im Gefängnis bleiben muss, kann mir niemand sagen",
sagt sie.
Gut zwei Monate sitzen die Insassen im Durchschnitt in
Haft, bis
die Kantonspolizei die Ausschaffung vornehmen kann. Bis zu zwei Jahre
dürfen sie maximal inhaftiert bleiben, danach muss der Staat sie
auf freien Fuss setzen. "Frei kommen auch Inhaftierte, deren
Identität wir nicht klären können", sagt Manhart. Ein
Blick in die Statistik zeigt: Im Durchschnitt wird jeder dritte Insasse
wieder freigelassen, zwei Drittel werden ausgeschafft.
Eine Schlägerei pro Woche
1200 Frauen und Männer wurden im vergangenen Jahr
hier in
Kloten eingewiesen und haben wenige Tage bis Monate in Haft verbracht.
Weitere 1400 so genannte Night-Stops landeten hier für eine Nacht,
um am nächsten Morgen ausser Landes gebracht zu werden. Insgesamt
hat das Migrationsamt des Kantons Zürich im letzten Jahr 1500
Ausschaffungen durchgeführt. In der Abteilung herrscht ein stetes
Kommen und Gehen. "Wir sind hier alle in der gleichen Situation", sagt
Anyango, das schweisse manchmal ein wenig zusammen, aber echte Freunde
finde man nur draussen.
"Die Stimmung in der Ausschaffungshaft ist angespannter,
die
Insassen nervöser als in der Untersuchungshaft", sagt auch
Hans-Rudolf Gerber, Leiter des Flughafengefängnisses. "Die
Häftlinge der U-Haft werden einer Straftat verdächtigt, darum
ists für sie klarer, weshalb sie im Gefängnis sitzen",
erklärt er. "Der Freiheitsentzug ist hier für die Insassen
weniger einleuchtend, und darum ist es auch schwieriger, sie zur
Kooperation in ihrem Verfahren zu bewegen."
Die Nervosität führe auch mal zu Konflikten.
"Manchmal
werden sie verbal ausgetragen, seltener, vielleicht einmal in der
Woche, kommt es zu Handgreiflichkeiten oder Schlägereien",
fügt Gerber an.Anyango Nabil muss nun zurück in ihre Zelle im
vierten Stock, wo die Frauen untergebracht sind. Denn gemischte
Abteilungen gibts im Gefängnis nicht. "Ich möchte arbeiten
gehen, hier in der Schweiz, in Europa", sagt sie. "Zurück nach
Kenia will ich nicht, dort habe ich keine Zukunft."
--
Ausschaffungshaft: 106 Plätze
Das Flughafengefängnis wurde 1995 gebaut, die
Abteilung
Ausschaffungshaft 1996 eröffnet. Das Gefängnis verfügt
für diese Abteilung über 106 Plätze. Gegenüber der
Untersuchungshaft gibt es in dieser Abteilung erleichterte
Haftbedingungen. So kennen die Insassen den Gruppenvollzug; die
Zellentüren sind tagsüber geöffnet. Kontakte nach
draussen sind ohne Einschränkung erlaubt. Statt einer Stunde
dürfen sie täglich eineinhalb Stunden im Hof spazieren. Ein
Ausschaffungshäftling kostet den Staat pro Tag zwischen 160 bis
205 Franken - jährlich sind für die Abteilung
Ausschaffungshaft 6,4 Millionen Franken budgetiert. (dma)
---
NZZ 2.11.10
Ohropax für jeden Ausschaffungshäftling
Ein Rundgang im fast immer voll belegten Zürcher
Ausschaffungsgefängnis im Flughafenareal
Kriminelle Ausländer oder jene, die kein
Aufenthaltsrecht in
der Schweiz erwirken konnten, werden seit je ausgeschafft. Das
Zürcher Amt für Justizvollzug hat am Montag für die
Medien die Tore des Ausschaffungsgefängnisses geöffnet.
Brigitte Hürlimann
Wenn eine derart emotional und kontrovers debattierte
Volksinitiative wie die "Ausschaffungsinitiative" zur Abstimmung kommt,
dann erinnern sich die Medien daran, dass es seit 1996 ein grosses
Zürcher Ausschaffungsgefängnis gibt, das sich im
Flughafenareal befindet. Über die Haftbedingungen in diesem
aussergewöhnlichen Gefängnis, das eigentlich keins sein
sollte, weil es ums Wegbefördern aus der Schweiz und nicht um die
Bestrafung kriminellen Tuns geht, ist schon oft berichtet worden. Das
Zürcher Amt für Justizvollzug hat nun am Montagmorgen die
Tore des Ausschaffungsgefängnisses erneut für die
Journalisten geöffnet - jedoch in der Einladung darauf
hingewiesen, dass eigentlich kaum ein Zusammenhang mit der Initiative
bestehe: weil hier der grösste Teil der Insassen aus Gründen
des Ausländerrechts inhaftiert ist und nicht aus strafrechtlichen
Gründen.
600 Wegweisungen 2009
Die Gefängnisverantwortlichen betonten beim Rundgang
deshalb
wiederholt, sie befürchteten keine grossen Veränderungen,
auch bei einer allfälligen Annahme der Initiative. Das
Ausschaffungsgefängnis, das für 106 Personen konzipiert
wurde, ist seit seiner Eröffnung fast immer voll belegt oder gar
massiv überbelegt. Vor allem in den Jahren 2002 bis 2006 mussten
im Gefängnis bis zu 130 Frauen und Männer beherbergt werden,
was den Betrieb an die Grenzen der Funktionsfähigkeit brachte.
Seit 2008 nimmt die Anzahl der Insassen eher ab, bleibt aber auf hohem
Niveau stabil.
Über die Gründe für die
Belegungsschwankungen
konnte Amtsleiter Thomas Manhart keine Angaben machen: Dies sei Sache
des Migrationsamts, das die Menschen via Haftrichter ins
Ausschaffungsgefängnis führe, mit oder ohne kriminelle
Vergangenheit. Das Migrationsamt des Kantons Zürich hatte es am
Montag vorgezogen, sich nicht den Medienfragen vor Ort zu stellen.
Immerhin hatte das Amt schon vor dem Gefängnisrundgang
interessierten Journalisten mitteilen lassen, man habe vergangenes Jahr
rund 600 Wegweisungen verfügt, davon rund 110 wegen einer
strafrechtlichen Verurteilung. Mehr Mut als die Verantwortlichen des
Migrationsamts bewiesen am Montag eine junge Frau aus Nigeria und ein
Mann aus Tunesien, die den Journalisten Red und Antwort standen,
über den Alltag im Ausschaffungsgefängnis berichteten und von
der Angst, zurück ins Heimatland spediert zu werden. Der Vollzug
der Ausschaffungshaft unterscheidet sich klar vom Strafvollzug, und
zwar seit das Bundesgericht ein Machtwort gesprochen hat. Im
Ausländergesetz wird zu diesem Thema nur festgehalten, die Haft
sei in geeigneten Räumen durchzuführen, der Inhaftierte so
weit wie möglich zu beschäftigen und eine Zusammenlegung mit
der strafrechtlichen Haft zu vermeiden. Erst das Bundesgericht
konkretisierte, wie und warum sich eine Ausschaffungshaft vom
Strafvollzug zu unterscheiden habe.
Ohrenbetäubender Lärm
Im Ausschaffungsgefängnis, das einen Teil des
Flughafengefängnisses in Anspruch nimmt, dürfen die Insassen
dank dem Bundesgericht den grössten Teil des Tages ausserhalb
ihrer Doppelzellen verbringen. Sie dürfen fast jeden Tag Besuch
empfangen und so oft telefonieren, wie sie wollen. Eineinhalb Stunden
pro Tag ist für "Spazieren" reserviert. Dies findet in kargen
Höfen statt, die von fünf Meter hohen Mauern umsäumt und
mit einem Drahtzaun abgedeckt werden. Doch das Schlimmste am Spazierhof
ist weder die Enge noch der Beton, sondern der ohrenbetäubende
Fluglärm - alle Insassen bekommen beim Eintritt Ohropax.
Die Gefängnisleitung bemüht sich darum, den
Frauen und
Männern Arbeit gegen ein bescheidenes Entgelt anzubieten, bekommt
aber meist viel zu wenige Aufträge, um alle Arbeitswilligen
beschäftigen zu können. Wem das Spazieren im
ohrenbetäubend lauten Betonhof nicht behagt, der darf ab und zu
den bescheidenen Fitnessraum im Innern des Gebäudes benutzen. Der
gleiche Raum dient auch für Gebete und Messen - und ab 16 Uhr 30
müssen alle zurück in die Zellen und werden bis am
nächsten Morgen eingeschlossen. Das im Sommer 2008 von der
Justizdirektion angekündigte Projekt für ein
zusätzliches Zürcher Ausschaffungszentrum mit einem weniger
restriktiven (und kostenintensiven) Regime ist derzeit auf Eis gelegt:
aus Spargründen.
--
Menschen aus Afrika, China oder dem Irak
brh. · Am 1. November, an Allerheiligen, waren 93
Menschen
im Zürcher Ausschaffungsgefängnis inhaftiert; 81 Männer
und 12 Frauen. Sie stammen vor allem aus Schwarzafrika (weit über
die Hälfte) und aus dem Maghreb, aus dem Balkan sowie aus dem Irak
und aus China. Ein Drittel der Insassen kommt aus Nigeria, was einer
markanten Zunahme in den letzten 5 Jahren entspricht. Deutlich
über ein Drittel der Frauen und Männer sind unter 30 Jahre
alt.
Durchschnittlich halten sich die
Ausschaffungshäftlinge gut
2 Monate lang im Flughafengefängnis auf; 2008 betrug die
durchschnittliche Aufenthaltsdauer noch rund 3 Monate. Auch bei einer
Kumulation von verschiedenen Haftarten - Vorbereitungs-, Ausschaffungs-
und Durchsetzungshaft - darf die ausländerrechtliche Haft nach dem
künftigen, neuen Recht (Schengenabkommen) höchstens 18 Monate
dauern. Derzeit liegt in der Schweiz die Höchstdauer noch bei 24
Monaten. Gut zwei Drittel der Ausschaffungshäftlinge im
Flughafengefängnis verlassen die Anstalt "zwecks Ausschaffung"
wieder, rund ein Drittel kommt frei. Über die Gründe für
solche Freilassungen konnten die Gefängnisverantwortlichen am
Medienrundgang nur spekulieren; vermutlich werde die Höchstdauer
erreicht, der Inhaftierte reise freiwillig aus, oder das Ziel der Haft,
die Ermöglichung der Ausschaffung, falle dahin. Einweisende
Behörde ist das Migrationsamt, es stellt die entsprechenden
Anträge beim Haftrichter. Ein Tag in Ausschaffungshaft kostet die
einweisende Behörde pro Person und Tag zwischen 160 (aus dem
Kanton Zürich) und 220 (Ausserkantonale) Franken. Das
Ausschaffungsgefängnis budgetiert jährliche Kosten in der
Höhe von rund 6,4 Millionen Franken.
---
Landbote 2.11.10
Beim Gefängniseintritt gibt es Ohropax
Oliver Graf
400 Ausländer werden in diesem Jahr das
Ausschaffungs-
gefängnis beim Flughafen Zürich verlassen. Drei Viertel von
ihnen werden in ihr Heimatland ausgeflogen. Der Rest kommt auf freien
Fuss - ihre Ausschaffung lässt sich nicht vollziehen.
KLOTEN - Es ist ein ständiges Kommen und Gehen. Durch
die
eine Türe des Ausschaffungsgefängnisses, direkt neben der
Einsatzzentrale, bei der sämtliche Bilder der
Überwachungskameras eingehen, bringt der Caterer die Menüs
(pro Insasse kosten die täglichen Mahlzeiten 24.50 Franken). Die
Wäscherei liefert die saubere Wäsche. Und drei- bis siebenmal
pro Tag treffen hier neue Insassen ein.
In einer sogenannten Einstellzelle warten die neuen
Ausschaffungshäftlinge, bis alles Formelle erledigt ist. Die
Beamten listen etwa die mitgebrachten Gegenstände auf und geben
das Eintrittspaket mit Trainer, Badeschlarpen und einem Hygienepack ab,
das angesichts der nahen Start- und Landepiste 16/34 auch Ohropax
enthält. Die neuen Insassen verhielten sich beim Eintreffen
unterschiedlich, sagt Abteilungsleiterin Géibel Capiaghi. Aber
klar ist: "Sie sind nicht freiwillig hier."
Botschaften an der Wand
Das zeigt sich auch auf den vollgekritzelten Wänden
der
Einstellzelle. Da bittet einer Gott darum, dass er die Schweiz mit
einem Erdbeben bestraft. Andere klagen die ihnen widerfahrene
"Ungerechtigkeit!" an. Die meisten hinterlassen auf diesen Wänden
aber einfach ihren Namen. Es komme immer wieder vor, dass ein neuer
Insasse hier an der Wand einen Bekannten findet, sagt Capiaghi.
Das Ausschaffungsgefängnis beim Flughafen Zürich
verfügt über 106 Plätze in 61 Zellen. Einzelzellen gibt
es keine. Mehrheitlich handelt es sich um Zweierzellen, in denen zwei
Betten, ein kleiner TV und eine Toilette auf 12,5 Quadratmetern
untergebracht sind (4,1 auf 3,05 Meter).
Die Belegung der Zellen ist enormen Schwankungen
unterworfen, wie
Rudolf Hablützel, der Stabschef Gefängnisse Kanton
Zürich, sagt. Abhängig ist die Zahl einerseits von den
Neueintritten, den die zuständigen Migrationsämter
verfügen. Andererseits auch von der Zahl der Ausschaffungen - oder
Entlassungen. Gemäss Hochrechnung verlassen in diesem Jahr 415
Personen das Gefängnis. 299 werden in ihre Heimatländer
ausgeschafft, 116 auf freien Fuss gesetzt.
Maximal zwei Jahre
Für eine Entlassung gibt es laut Hablützel
verschiedene
Gründe. Gemäss Gesetz dürfen Ausschaffungshäftlinge
insgesamt nicht länger als 24 Monate hinter Gitter sein (bald wird
diese Limite gemäss EU-Richtlinie und Schengen-Abkommen auf 18
Monate gesenkt). Oder dann erweist sich eine Ausschaffung als
unmöglich, weil ein Land die Aufnahme verweigert.
Die gestern in Haft befindlichen 81 Männer und 12
Frauen,
von denen die grosse Mehrheit unter 35-jährig ist, befinden sich
im sogenannten "offenen Vollzug". Das heisst: Die Zellentüren sind
nicht ganztägig abgeschlossen. Die Insassen können sich auf
dem Gang oder in den Zellen treffen. Während einigen Stunden
können sie auch im Gefängnis einer Arbeit nachgehen. "Alle
würden gern arbeiten und so bis 16 Franken am Tag verdienen", sagt
Hans-Rudolf Gerber, der Leiter des Flughafengefängnisses. Doch
Aufträge gibt es nur wenige. Kompliziertes können die
Insassen nicht produzieren, dafür verbleiben sie zu kurz am Rande
des Flughafenareals. Angesichts des fehlenden Know-how bleibt es bei
einigen wenigen einfachen Verpackungsarbeiten.
Im Ausschaffungsgefängnis gelten etwas lockerere
Bestimmungen als etwa während einer Untersuchungshaft. Anderthalb
Stunden lang dürfen die Insassen hier auf dem ummauerten
Gefängnishof spazieren (U-Haft: eine Stunde). Zudem wird der
Briefverkehr nicht zensiert, Telefonate sind unbeschränkt
möglich und angemeldete Besuche sind fast täglich erlaubt.
Die Gäste bringen auch Gaben mit. Verderbliche Waren, Früchte
etwa, stehen angesichts fehlender Kühlmöglichkeiten - wie
natürlich auch Feilen - auf der Schwarzen Liste (im
Gefängnisshop kann aber Obst erworben werden). Aus
Sicherheitsgründen werden die Mitbringsel geröntgt, die
Besucher auf Metallgegenstände untersucht. Nach Drogen wird dabei
nicht aktiv gesucht. Aus einem einfachen Grund, wie Abteilungsleiterin
Géibel Capiaghi sagt. Dies sei nämlich gar nicht zu
verheimlichen: Sei ein Insasse im Besitz von Drogen, hätten auch
andere Häftlinge gern etwas davon. "Wer nichts erhält, der
verpfeift den anderen."
Die Insassen des Ausschaffungsgefängnisses befinden
sich
nicht im eigentlichen Strafvollzug. Bei ihnen handelt es sich um
Personen, die gegen das Gesetz über die Ausländer verstossen
haben, die Schweiz aber nicht freiwillig verlassen wollen. Bei ihnen
gelte es, sagt Thomas Manhart, Chef des Zürcher Amtes für
Justizvollzug, ein Untertauchen zu verhindern. "Anders als bei
Untersuchungshäftlingen besteht bei ihnen aber keine
Kollusionsgefahr."
Geschichten, die nicht zählen
Weil sie die Schweiz nicht freiwillig verlassen wollen,
ist die
Stimmung im Gefängnis am Pistenrand oft angespannt. Ein Tunesier,
der seit drei Monaten hier leben muss, schimpft: "Die Behörden
machen mich kaputt." Vor 14 Jahren sei er in die Schweiz gekommen.
Wegen einer Frau. Doch nach der Heirat habe sie ihn verlassen, jetzt
fehle ihm eine gültige Aufenthaltsbewilligung. Arbeiten könne
er deshalb nicht mehr und werde bald in sein Heimatland geflogen. "Nach
14 Jahren kann ich doch in Tunesien nicht mehr neu anfangen." Er wolle
bleiben, er sei doch unschuldig.
Géibel Capiaghi wertet diese Geschichte nicht.
"Jeder hat
seine Geschichte", sagt sie. Im Ausschaffungsgefängnis spiele
diese aber keine Rolle. "Wir entscheiden nicht, ob jemand ausgeschafft
wird, ob es gerechtfertigt ist." Das sei Aufgabe des Migrationsamtes
(Sicherheitsdirektion). Das Gefängnis (Justizdirektion) sei
für die Unterbringung und Betreuung zuständig.
Nicht zuständig sind die Wärter des
Gefängnisses
auch für die Ausschaffung, von deren Zeitpunkt die Insassen im
Voraus keine Kenntnis haben. Die Kantonspolizei holt jene, die in ihr
Heimatland geflogen werden, am frühen Morgen ab. Dann öffnet
sich die Tür des Flughafengefängnisses für sie zum
letzten Mal. OLIVER GRAF
--
Ausschaffung: Der Tagesablauf
og
Der Tag im Ausschaffungsgefängnis beginnt offiziell
um 7.30
Uhr mit der Abgabe der Morgenmedikamente. Das Frühstück, das
am Vorabend verteilt wurde, haben die Insassen zu diesem Zeitpunkt
bereits individuell eingenommen. Ab 7.40 Uhr können die
Häftlinge während anderthalb Stunden auf einem der drei
Höfe spazieren. Von 9.15 bis 11.30 Uhr können sie einer
einfachen Arbeit nachgehen oder sich in ihren Zellen und auf dem Gang
treffen. Um 11.30 Uhr werden die Mittagessen und die Mittagsmedikamente
verteilt. Am Nachmittag folgen erneut Arbeit oder offener Vollzug (13
bis 16 Uhr). Um 16.30 Uhr werden die Ausschaffungshäftlinge wieder
in ihre Zellen eingeschlossen. Um 17 Uhr folgen Abendessen und
Abendmedikamente. Um 21 Uhr werden die Nachtmedikamente abgegeben.
Zweimal wöchentlich ist ein Arzt anwesend, dreimal
ein
Psychiater. Zudem bietet alle 14 Tage ein Zahnarzt seine Dienstleistung
an. Dabei gehe es darum, sagt die Gefängnisleitung, die
"Kaufähigkeit der Insassen zu erhalten". Sonderwünsche, etwa
Bleaching, würden nicht erfüllt.
Das Amt für Justizvollzug des Kantons hat gestern
Journalisten einen "Einblick in die Ausschaffungshaft" gewährt und
dabei durch das Flughafengefängnis geführt. (og)
--
Das Gefängnis am Flughafen
Oliver Graf
Das Flughafengefängnis ist das grösste im
Kanton. 1995
wurde die Abteilung mit 108 Plätzen für Untersuchungshaft und
kurze Freiheitsstrafen eröffnet, welche vier kleine,
renovationsbedürftige Bezirksgefängnisse ersetzte. 1996 wurde
das zweite Gebäude am Pistenrand eingeweiht: Hier stehen 106
Plätze für Ausschaffungshäftlinge zur Verfügung.
Rund die Hälfte der Insassen stammt derzeit aus Afrika. Die
Statistik weist als grösste Gruppe weiterhin Nigerianer aus.
Dahinter folgen jedoch neu Iraker und Chinesen. (og)
---
Tagesanzeiger 2.11.10
Der Kanton Zürich schafft vor allem Asylsuchende und
Illegale aus
1500 Ausschaffungen hat das Zürcher Migrationsamt
2009
angeordnet. Keine 10 Prozent betrafen Kriminelle. Die
SVP-Volksinitiative erhöhe die Zahl der Ausschaffungen nicht
markant, sagen Experten.
Von Stefan Häne
Zürich/Kloten - Zornig ist der Mann: "Ich gehe nicht
in mein
Heimatland zurück! Ich habe das Recht, hier zu bleiben!" Er
scheint fest entschlossen zu sein. Er wirkt authentisch - obschon die
Szene etwas Künstliches hat: Um ihn stehen Journalisten, die
gestern auf Einladung des kantonalen Amts für Justizvollzug das
Flughafengefängnis besichtigen durften. Der Mann, etwa
40-jährig, stammt aus Tunesien, lebt seit 14 Jahren in der
Schweiz, seine Ehe ist in die Brüche gegangen. Weshalb er die
Schweiz verlassen muss, sagt er nicht. Wiederholt beteuert er,
unschuldig zu sein.
Auf rund weitere 100 Insassen wartet dieser Tage dasselbe
Schicksal wie auf den Nordafrikaner: die Ausschaffung. Das
Flughafengefängnis zählt 214 Plätze, 106 davon sind
für die Ausschaffungshaft bestimmt, der Rest für die
Untersuchungshaft und den Strafvollzug. Die durchschnittliche
Aufenthaltsdauer liegt bei 74 Tagen, die Kosten betragen pro Kopf und
Tag je nach Insasse zwischen 160 und 220 Franken.
Braucht es am Flughafen bald ein grösseres
Gefängnis,
falls das Schweizer Stimmvolk am 28. November die
Ausschaffungsinitiative der SVP annimmt? Thomas Manhart, Chef des Amts
für Justizvollzug, rechnet nicht mit einer markanten Zunahme von
Ausschaffungshäftlingen im Flughafengefängnis, wie er gestern
erklärte. Weshalb dem so ist, zeigt ein Blick in die Statistik.
Letztes Jahr hat das kantonale Migrationsamt in 113 Fällen
Wegweisungen von straffälligen Ausländern verfügt;
landesweit waren es gemäss einem neuen Bericht des Forums für
Migrationsstudien an der Universität Neuenburg 750; bislang wurde
die Zahl auf 350 bis 400 geschätzt (TA vom 22. Oktober). Die
betroffenen Ausländer haben schwere Delikte begangen - etwa
Drogenhandel, Raub, Körperverletzung oder Mord.
Exakte Zahlen fehlen
Wie viele der 113 Wegweisungen Ausschaffungen waren - also
Wegweisungen mit Zwangsmassnahmen -, ist laut Bettina Dangel,
Sprecherin des Zürcher Migrationsamts, nicht eruierbar: Die
meisten Wegweisungen werden angefochten, was in der Regel langwierige
Rechtsmittelverfahren nach sich zieht. Um die Zahl der Ausschaffungen
krimineller Ausländer zu erheben, müsste das Migrationsamt
"die 113 Fälle über Jahre statistisch verfolgen". Auf diesen
Aufwand verzichtet es. Entscheidend ist laut Dangel ein anderer Punkt:
Der Grossteil der Ausschaffungen betrifft nicht straffällig
gewordene Ausländer mit Aufenthaltsbewilligung, sondern Personen,
die sich illegal in der Schweiz aufhalten oder einen abschlägigen
Asylentscheid erhalten haben. Auf die beiden letzteren Kategorien
hätten weder die SVP-Initiative noch der Gegenvorschlag Einfluss,
sagt Dangel.
Dublin-Vertrag zeigt Wirkung
1515 Ausschaffungen hat das Zürcher Migrationsamt
letztes
Jahr angeordnet - 50 Prozent mehr als im Vorjahr, aber weniger als
2005. Die Schwankungen sind nicht das Resultat einer mal strengeren,
mal largeren Praxis, wie Dangel sagt. Der Grund dafür liege in der
wechselnden Bereitschaft anderer Länder, ihre
Staatsangehörigen aufzunehmen. Algerien etwa verweigert jegliche
Rücknahme; im Kanton Zürich halten sich deshalb 100 Algerier
auf, welche die Schweiz eigentlich verlassen müssten.
Mehr Ausschaffungen bewirkt laut Dangel eine neue Regel,
die seit
letztem Jahr gilt: Die Schweiz kann Flüchtlinge ausser Landes
schicken, die in einem europäischen Land bereits ein Asylgesuch
gestellt haben. Damit greift, was SVP-Politiker 2005 an der Urne
bekämpft hatten und nun als wirkungslos bezeichnen: das
Dublin-Abkommen.
---
Newsnetz 1.11.10
Aus dem Innern des Ausschaffungsgefängnisses
Claudia Blumer
Hans-Rudolf Gerber, Leiter des Flughafengefängnisses
Zürich-Kloten, führt durch die Abteilung Ausschaffunsghaft,
in der jene sitzen, die raus sollen.
84 Männer und 11 Frauen warten derzeit im
Flughafengefängnis Zürich-Kloten auf ihre Ausschaffung. Die
meisten sitzen aus administrativen Gründen im Gefängnis ein,
wie Vertreter des Amts für Justizvollzug am Montag vor den Medien
sagten. Nur ein kleiner Teil der Insassen sei straffällig geworden.
Die Ausschaffungshäftlinge geniessen
grösstmögliche Freiheit: Sie können täglich Besuch
empfangen und jederzeit telefonieren, mehrere Stunden täglich
spazieren oder arbeiten. Es gibt eine Bibliothek, einen Fitnessraum und
Einkaufsmöglichkeiten. Die Insassen teilen sich meistens eine
Zweierzelle, nach Möglichkeit achtet die Gefängnisleitung
darauf, dass die Zellengenossen dieselbe Sprache sprechen und derselben
Religion oder demselben Kulturkreis angehören, wie
Gefängnisleiter Hans-Rudolf Gerber sagt.
Geschätzte 600 Franken pro Tag und Insasse
Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt etwas
mehr
als zwei Monate, nach spätestens 24 Monaten muss ein Insasse
ausgeschafft oder freigelassen werden. Die Kosten des
Ausschaffungsgefängnisses belaufen sich pro Jahr auf 6,4 Millionen
Franken. Der Bund oder der Kanton zahlen pro Tag und Häftling
einen Beitrag von rund 200 Franken. Die effektiven Kosten eines
Gefängnistages seien nicht ausgewiesen, sagt Hans-Rudolf Gerber.
Grob geschätzt seien 600 Franken ein realistischer Wert.
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Newsnetz 1.11.10
Vom Ausschaffungsgefängnis an die Langstrasse
Claudia Blumer
Pro Jahr entlässt das Zürcher
Ausschaffungsgefängnis zwischen 300 und 400 Häftlinge - einen
Viertel davon in die Freiheit. Oft nur so lange, bis sie wieder im
Flughafengefängnis landen.
299 Häftlinge des Flughafengefängnisses
Zürich-Kloten werden dieses Jahr ausgeschafft. 116 Insassen haben
mehr Glück: Sie werden in die Freiheit entlassen. 2009 wurden 332
Häftlinge ausgeschafft und 99 entlassen. Der Anteil der
Häftlinge, die auf freien Fuss gesetzt werden, beträgt somit
rund einen Viertel. Ein Wert, der über die vergangenen Jahre
hinweg konstant geblieben ist, wie das Amt für Justizvollzug am
Montag vor den Medien darlegte.
"Die Entlassungen haben verschiedene Gründe", sagte
Rudolf
Hablützel, Stabschef Gefängnisse des Kantons Zürich.
Manche Häftlinge seien nicht ausschaffbar wegen der politischen
Verhältnisse im Herkunftsland oder wegen fehlender
Identitätspapiere. Andere nimmt das Herkunftsland nicht
zurück. Ein Beispiel dafür ist Nigeria, das seit dem Tod
eines Ausschaffungshäftlings im März keine von der Schweiz
ausgeschafften Nigerianer mehr ins Land lässt, ausser die
Betroffenen stimmen der Ausschaffung zu. Nigeria stellt auch den
grössten Teil der Gefängnisinsassen (siehe Box). "Die meisten
der in die Freiheit Entlassenen stammen folgerichtig aus Nigeria", sagt
Hans-Rudolf Gerber, Leiter des Flughafengefängnisses,
gegenüber .
Später wieder inhaftiert
Schliesslich darf eine Ausschaffungshaft höchstens 24
Monate
dauern. Wenn bis dahin die Ausschaffungsmodalitäten nicht geregelt
sind und die Ausschaffung nicht durchgeführt worden ist, werden
die Gefängnisinsassen auf Befehl des Haftrichters entlassen. "Das
heisst aber nicht, dass sie auf freiem Fuss bleiben", sagt Rudolf
Hablützel. "Wir haben die Angaben dieser Leute. Oft werden sie
später wieder aufgegriffen, im Bereich der Zürcher
Langstrasse zum Beispiel."
Die Entlassungen und Wiederverhaftungen haben zur Folge,
dass ein
Teil der monatlich rund 100 Neueintritte (Zahl aus dem Jahr 2009) schon
einmal im Gefängnis eingesessen hat. "Die Leute, die
hierherkommen, sind uns oft von früheren Aufenthalten her
bekannt", bestätigt Hans-Rudolf Gerber.
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Basler Zeitung 1.11.10
Das Asylzentrum am Stadtrand ins Zentrum gerückt
Die Kunstaktion "Close up - Demanufacturing Consent"
versucht,
einen neuen Zugang zum Thema Ausschaffung herzustellen
Simon Jäggi
Eine Ausstellung im Raum Keck auf dem Kasernenareal will
eine
andere Sichtweise auf die Ausschaffungsthematik einbringen.
Am äussersten Rand der Stadt, in unmittelbarer
Nähe zum
Zoll Otterbach, steht wuchtig das Ausschaffungsgefängnis
Bässlergut. Nebenan befindet sich das Empfangs- und
Verfahrenszentrum für Asylsuchende. Es ist ein grauer Ort im
Nirgendwo, von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Die
Kunstvermittlerin Almut Rembkes wollte dem entgegenwirken.
Vor vier Jahren schuf sie deshalb in diesem Gebiet das
Projekt
bblackboxx. In den Räumlichkeiten in nächster Nähe zum
Gefängnis finden Begegnungen und Kunstprojekte statt. Zahlreiche
Asylsuchende nutzen das Angebot. "Den Asylsuchenden wollen wir einen
Ort der Ermutigung bieten in einer Situation der Ohnmacht", sagt
Künstler Marcel Schwald.
Seit Freitag zeigt bblackboxx im Ausstellungsraum Keck auf
dem
Kasernenareal Aquarelle, die im Umfeld des
Ausschaffungsgefängnisses entstanden sind. Zudem ermöglichen
Videoschaltungen zu den Toren des Gefängnisses einen Blick auf
diesen Ort. Zeitgleich finden dort Konzerte und weitere Aktionen statt.
"Close up - Demanufacturing Consent" ist der Titel der Kunstaktion. Der
Zeitpunkt der Ausstellung ist kein zufälliger. "Im Hinblick auf
die kommende Abstimmung wollten wir versuchen, den gängigen
Diskurs zu durchbrechen", sagt Rembkes. Die Ausstellung soll einen
neuen Zugang zum Thema Ausschaffung ermöglichen.
> http://www.bblackboxx.ch
Öffnungszeiten: täglich von 17-19 Uhr, bis zum
7.
November
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MIGRATION CONTROL
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NLZ 2.11.10
Jetzt schon mehr Illegale als im Vorjahr
Grenzwacht
Kari Kälin
Die Südgrenze als Einfallstor in die Schweiz: Die
Tessiner
Grenzwächter greifen dieses Jahr rekordverdächtig viele
illegale Einwanderer auf.
Kari Kälin
kari.kaelin@neue-lz.ch
Gut 300 Grenzwächter bewachen die Südgrenze im
Tessin -
und sie haben dieses Jahr alle Hände voll zu tun. Bis Ende
September haben sie auf ihren Patrouillen durch die Züge und an
der grünen Grenze bereits 1900 illegale Einwanderer entdeckt, wie
Davide Bassi, Sprecher Grenzwachtregion IV Lugano, gegenüber
unserer Zeitung sagt.
Das sind bereits jetzt 300 Personen mehr als im ganzen
letzten
Jahr. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass die Zahl bis Ende Jahr auf
2000 klettert. Solche Werte hat man im Kanton Tessin noch nie erreicht,
sagte Bassi gegenüber dem "Corriere del Ticino".
Dabei war der Sommer für die Tessiner
Grenzwächter
besonders intensiv: Allein in den Monaten Juni, Juli und August
schnappten sie 686 illegale Migranten.
Die meisten stellen ein Asylgesuch
"Der überwiegende Teil trägt keine
Ausweispapiere auf
sich. Meistens stellen die Leute, die wir aufgreifen, ein Asylgesuch",
sagt Bassi. Haben die von der Grenzwache gefassten Personen bereits in
einem andern Schengenland um Aufnahme ersucht, werden sie
zurückspediert - was gut klappe, wie Bassi sagt.
Trotz des grossen Drucks an der Südgrenze wird das
Tessiner
Korps vorderhand nicht durch Personal aus anderen Grenzwachtregionen
aufgestockt. "Wir können unser Dispositiv den Umständen
anpassen", sagt Bassi. Sollte sich die Lage verschärfen,
könne man schnell reagieren und Verstärkung anfordern.
Schlupfloch der Schweiz
Der Kanton Tessin ist das Schlupfloch der Schweiz, durch
welches
der grösste Teil der illegalen Einwanderer in das Land kommt.
Schweizweit hat das Grenzwachtkorps in den Jahren 2008 und 2009 jeweils
rund 3500 Personen registriert, die illegal ins Land drangen. Mehr als
die Hälfte wählten jeweils die Südgrenze.
Doch über welche Wege versuchen die meist papierlosen
Ausländer, helvetischen Boden zu betreten? "Eine auch nur
annähernd genaue quantitative Aussage, wie viele Personen
über welche Route an die Südgrenze gelangt sind, ist nicht
möglich", sagt Marie Avet, Pressesprecherin beim Bundesamt
für Migration (BFM).
Aufgrund von Unterlagen wie Bahntickets und Quittungen sei
davon
auszugehen, dass nur eine Minderheit auf der Griechenland-Route in die
Schweiz gelange. Griechenland hat erst kürzlich von der
EU-Grenzwachtagentur Frontex Hilfe angefordert, um der steigenden
Anzahl Flüchtlinge an der türkisch-griechischen Grenze Herr
zu werden. "Bisher hat die Situation in Griechenland nur einen
marginalen Einfluss auf die Migration in die Schweiz", sagt Avet.
Längere Zeit illegal in Italien
Stattdessen hat das BFM Hinweise, dass ein bedeutender
Teil der
aufgegriffenen Personen, häufig nigerianische
Staatsangehörige, sich teilweise während längerer Zeit
illegal in Italien aufhielten, bevor sie ihr Glück in der Schweiz
versuchten.
Und weshalb der Andrang? Die Schweiz sei von der aktuellen
Wirtschaftskrise weniger stark betroffen als zum Beispiel Italien, sagt
Avet.
Der Zürcher SVP-Nationalrat Hans Fehr hingegen nennt
einen
ganz anderen Grund: Eveline Widmer-Schlumpf. Die BDP-Bundesrätin,
die seit Anfang Monat das Finanzdepartement führt, habe als
Justizministerin im Asyldossier ein Chaos veranstaltet, im Bundesamt
für Migration für einen "unglaublichen Personalverschleiss"
gesorgt und nun die Flucht in ein anderes Departement ergriffen.
Andere Länder wie Frankreich, Österreich,
Schweden oder
Grossbritannien hätten den Kampf gegen die illegale Migration
intensiviert. "Die Personen, die von der Lampedusa-Route her kommen,
spüren schnell, wo der Widerstand am geringsten ist", sagt Hans
Fehr.
"Bequem illegal in die Schweiz"
Er ist deshalb nicht überrascht, dass die Tessiner
Grenzwächter in diesem Jahr rekordverdächtig viele illegale
Einwanderer aufgreifen. Er hofft, dass der Bundesrat jetzt bald seine
Motion umsetzt, die er letztes Jahr eingereicht hatte und die im
National- und in abgeschwächter Form auch im Ständerat
gutgeheissen wurde.
In seinem Vorstoss forderte Fehr 200 bis 300
zusätzliche
Grenzwächter, um die Kontrolle - vor allem an der Südgrenze -
zu verstärken. Laut dem SVP-Mann würden lediglich rund 20
Prozent der Eurocityzüge kontrolliert. "So kann man bequem illegal
in die Schweiz reisen."
--
Ist die Schweiz ein Asyl-Magnet?
Studie red. Kritik an der Asylpolitik der Schweiz
äussert
eine Studie des Internationalen Zentrums für
Migrationspolitikentwicklung in Wien. Dieses verglich die
Asylmassnahmen in der Schweiz mit der Asylpolitik in Grossbritannien
und Dänemark. Auftraggeber der Studie war das Bundesamt für
Migration, wie die "SonntagsZeitung" kürzlich berichtete.
Wegen ihrer zögerlichen Asylpolitik sei die Schweiz
ein
Magnet für Asylbewerber, heisst es in der Studie. In der Schweiz
würden Reformen im Vergleich mit anderen Ländern "relativ
spät" an die Hand genommen. Bisher habe es keine einschneidenden
Massnahmen gegeben wie beispielsweise in Grossbritannien, das in
Zusammenarbeit mit Frankreich und Belgien auch auf ausländischem
Boden kontrolliere, oder in Dänemark, wo die Verfahrens- und
Aufenthaltsregeln verschärft worden seien. In der Schweiz liegt
die Quote bei 2,08 Anträgen pro 1000 Einwohner, in Grossbritannien
bei 0,74, in Dänemark bei 0,84.
Immer mehr Flüchtlinge aus Eritrea und Nigeria
Asylgesuche az. In den letzten Monaten hat nicht nur die
Zahl der
illegalen Grenzübertritte stark zugenommen. Auch die Zahl der
Asylgesuche in der Schweiz ist im letzten Quartal angestiegen - von
Juli bis September 2010 waren es 3926 Gesuche, was einem Plus von 10,8
Prozent entspricht. Dies stellt das Bundesamt für Migration (BFM)
in seiner jüngsten Asylstatistik fest.
An der Spitze der Statistik befinden sich immer noch
Eritrea und
Nigeria, wobei aus diesen Ländern auch eine starke Zunahme zu
verzeichnen ist (siehe Grafik). Hauptgrund für die hohen Zahlen
aus Eritrea ist laut BFM, dass Ehepartner und Kinder von
Flüchtlingen aufgrund der geltenden Gesetze ebenfalls als
Flüchtlinge anerkannt werden. Was die Situation in Nigeria
betreffe, gebe es "keine Hinweise auf eine baldige Trendwende".
Serbien: Mehrheit sind Roma
Rückläufig sind die Asylzahlen aus Serbien.
Allerdings
weist das Bundesamt für Migration darauf hin, dass es sich bei
"einer deutlichen Mehrheit der Asylsuchenden aus Serbien" um Roma
handle.
Zunahme aus Afghanistan
Auffällig ist die plötzliche Zunahme der
Asylzahlen aus
Afghanistan. In den europäischen Nachbarländern sei
Afghanistan mittlerweile das bedeutendste Herkunftsland von
Asylsuchenden, schreibt das BFM. Unter den europäischen
Zielländern liege die Schweiz aber "lediglich an elfter Stelle".
Die meisten Asylanträge von Afghanen würden in Deutschland
gestellt - etwa acht Mal mehr als in der Schweiz.
6119 Ausreisen seit Jahresbeginn
In seiner Statistik hält das BFM auch fest, dass 6119
Ausländer seit Jahresbeginn auf dem Luftweg ausgeschafft worden
seien. 67,5 Prozent der Ausreisen beträfen den Asylbereich, der
Rest falle in den Bereich des Ausländerrechtes.
Asylstatistik des Bundesamtes für Migration auf
www.zisch.ch/bonus
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NZZ am Sonntag 31.10.10
Schweizer sichern bald die EU-Grenze
Geplant ist Einsatz von 30 Grenzwächtern - Abkommen
wird "so
rasch als möglich" unterzeichnet
Ab nächstem Jahr sollen Grenzwächter aus der
Schweiz
den EU-Raum vor Schleppern und Migranten schützen.
Lukas Häuptli
Die Schweiz soll der Europäischen Union ab 2011 rund
30
Grenzwächter zur Verfügung stellen. "Das Grenzwachtkorps wird
vor allem Fachleute wie Dokumenten- und Fahrzeug-Spezialisten
entsenden", sagt Stefanie Widmer, die Sprecherin der
Eidgenössischen Zollverwaltung, gegenüber der "NZZ am
Sonntag". "Einsätze auf hoher See dagegen sind undenkbar."
Zwei entsprechende Verträge zwischen der Schweiz und
der
Europäischen Union sind bereits in Kraft, über ein drittes
und letztes Abkommen wird seit August verhandelt. Dieses soll laut
Widmer "so rasch als möglich" abgeschlossen werden. Die
EU-Grenzschutz-Behörde Frontex geht davon aus, dass der Vertrag
"in den nächsten Wochen" unterzeichnet wird, wie Sprecher Michal
Parzyszek erklärt. Damit sind alle rechtlichen Voraussetzungen
geschaffen, dass ab 2011 Schweizer Grenzwächter an Einsätzen
zur Sicherung der EU-Aussengrenze vor Migranten teilnehmen können.
Die Schweiz rechnet damit, dass ihre Beteiligung an
Frontex rund
drei Millionen Franken pro Jahr kosten wird. Die 30 bewaffneten
Schweizer Grenzschützer bleiben auch in Zukunft Angestellte des
Bundes, werden aber Teil des "Rabit"-Pools von Frontex. "Rabit" steht
für "Rapid Border Intervention Teams", schnelle
Grenz-Eingriffs-Equipen. Der Pool besteht zurzeit aus 730
Grenzwächtern aus zahlreichen Staaten, die das Grenz- und
Sicherheitsabkommen Schengen unterzeichnet haben. Vorgesehen ist, dass
die EU in Krisenfällen Grenzwächter aus dem "Rabit"-Pool
rekrutiert und zur Unterstützung nationaler Behörden bei der
Grenzsicherung einsetzt. Das ist am Freitag zum ersten Mal in der
Geschichte der EU geschehen. Frontex entschied, 175 Grenzwächter
aus Schengen-Staaten an die griechisch-türkische Grenze zu
schicken, um gegen Migranten und Schlepper vorzugehen. In Griechenland
droht die Lage wegen Zehntausender neuer Migranten und Asylsuchender zu
eskalieren. Die Flüchtlingslager sind überfüllt, die
hygienischen Zustände desolat.
►Seite 11
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Schweizer Grenzwächter sichern bald auch EU-Grenzen
Einsatz von bis zu 30 Spezialisten an der
Schengen-Aussengrenze
Die EU schickt nächste Woche Grenzschützer aus
ganz
Europa nach Griechenland, um die Schengen-Aussengrenze gegen Migranten
und Schlepper zu sichern. Ab nächstem Jahr sollen auch Schweizer
an solchen Einsätzen teilnehmen.
Lukas Häuptli
In Griechenland droht die Eskalation: Jeden Tag kommen 200
bis
300 Männer, Frauen und Kinder auf Booten, auf Lastwagen und zu
Fuss im Land an. Es sind - je nach weltanschaulicher Warte - Migranten,
illegale Einwanderer oder schutzbedürftige Asylsuchende. Viele von
ihnen versuchen, aus Griechenland in andere europäische Staaten zu
gelangen. Viele landen in einem der überfüllten
Flüchtlingszentren, in denen zum Teil miserable hygienische
Zustände herrschen. Und nur wenige haben in Griechenland Zugang zu
einem ordentlichen Asylverfahren.
Wegen der desolaten Situation im Land forderte der
Uno-Sonderberichterstatter gegen die Folter die europäischen
Staaten vor zehn Tagen auf, Asylsuchende vorläufig nicht mehr nach
Griechenland zurückzuführen (vgl. Kasten). Und am Freitag hat
Frontex, die EU-Behörde zur Sicherung der Schengen-Aussengrenze,
beschlossen, 175 Grenzschützer aus ganz Europa nach Griechenland
zu schicken. Sie sollen ab nächstem Dienstag die dortigen
Behörden bei der Sicherung der Landgrenze zur Türkei
unterstützen. Der Einsatz soll bis zu zwei Monate dauern. "Es ist
der erste derartige Einsatz in der Geschichte von EU und Schengen
überhaupt", sagt Frontex-Sprecher Michal Parzyszek. Schengen ist
ein Grenz- und Sicherheits-Abkommen, dem bis jetzt 31 europäische
Staaten, darunter die Schweiz, beigetreten sind.
Die EU-Behörde Frontex hat die 175 Grenzwächter
für Griechenland aus ihrem "Rabit"-Pool rekrutiert. "Rabit" steht
für "Schnelle Grenz-Eingriffs-Equipen", und der Pool umfasst
zurzeit 730 Grenzschützer aus allen EU-Staaten. Und: Ab
nächstem Jahr wird auch die Schweiz Grenzwächter für die
Sicherung der Schengen-Aussengrenze zur Verfügung stellen. Zwei
entsprechende Verträge mit der EU sind bereits in Kraft. Über
einen dritten und letzten wird seit August verhandelt. "Die
Verhandlungen sind weit fortgeschritten", hält der
Frontex-Sprecher Parzyszek fest. "Wir hoffen, sie in den nächsten
Wochen abschliessen zu können." Ähnlich tönt es auf
Schweizer Seite: "Beide Seiten sind bestrebt, das Abkommen so rasch als
möglich abzuschliessen", sagt Stefanie Widmer, Pressesprecherin
der Eidgenössischen Zollverwaltung, zu der auch das Schweizer
Grenzwachtkorps gehört. Im sogenannten Administrativ-Abkommen
werden die Details zum Einsatz von Schweizer Grenzwächtern an der
Schengen-Aussengrenze geregelt. Ist das Abkommen in Kraft, kann die EU
auch Schweizer Grenzwächter einsetzen. Das Grenzwachtkorps geht
davon aus, dass das im nächsten Jahr der Fall sein wird.
Vorgesehen ist, dass die Schweiz der EU "rund 30
Grenzwächter" zur Verfügung stellt, wie Widmer weiter sagt.
"Das Grenzwachtkorps wird vor allem Fachleute wie Dokumenten- oder
Fahrzeug-Spezialisten entsenden. Einsätze auf hoher See dagegen
sind undenkbar." Die Schweizer Grenzwächter bleiben während
eines allfälligen Schengen-Einsatzes Angestellte der Schweiz. Der
Bund geht davon aus, dass ihn die Beteiligung an Frontex jährlich
drei Millionen Franken kostet.
Zu einem Einsatz der "Rabit"-Grenzwächter kommt es,
wenn ein
Schengen-Staat Frontex darum ersucht und diese dem Ersuchen stattgibt.
Dann rekrutiert die Behörde aus ihrem Pool die für den
Einsatz erforderlichen "Rabit"-Mitglieder. Jeder Staat - und damit in
Zukunft auch die Schweiz - kann den Einsatz der eigenen
Grenzwächter ablehnen, wenn er zur fraglichen Zeit "einen
begründeten Eigenbedarf" nachweisen kann.
Das Schweizer Grenzwachtkorps hat rund 2000
Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter. Die eigentlichen Grenzwächter sind bewaffnet. In den
letzten beiden Jahren griffen sie an der Schweizer Grenze je rund 3500
Migrantinnen und Migranten auf, die meisten von ihnen im Kanton Tessin.
Rückführungs-Stopp?
Das Bundesamt für Migration (BfM) erwägt, die
Rückführungen von abgewiesenen Asylsuchenden nach
Griechenland vorläufig zu stoppen. "Wir überprüfen
zurzeit die Praxis in Bezug auf Griechenland", sagt BfM-Sprecherin
Marie Avet dazu. Das Land sei als Einfallstor zu Europa den
Migrationsströmen ungleich stärker ausgesetzt als andere
Staaten. "Die Situation in Griechenland ist daher schwierig, und eine
Änderung scheint kurzfristig nicht in Sicht." Der Bund hat im
Rahmen des sogenannten Dublin-Abkommens seit Anfang Jahr 40 abgewiesene
Asylsuchende nach Griechenland zurückgeführt. Das ist
möglich, weil die betroffenen Asylsuchenden über Griechenland
in die Schweiz gereist waren. (luh.)
---
Sonntagszeitung 31.10.10
Der Strom des Elends
Das griechische Evros-Gebiet ist für viele
verzweifelte
Asylsuchende die erste europäische Anlaufstelle
Von Chrissi Wilkens
Alexandroupoli Shoghofa drückt ihr Baby fest an sich.
Verzweifelt und ängstlich steht die junge Frau mit ihrem Mann am
Bahnhof im nordgriechischen Alexandroupoli, wenige Kilometer von der
griechisch-türkischen Grenze entfernt. Vor ein paar Stunden wurde
die afghanische Flüchtlingsfamilie aus dem Auffanglager im nahen
Soufli freigelassen. In der Hand hält Shoghofa das
Entlassungspapier, mit der Aufforderung, binnen 30 Tagen Griechenland
zu verlassen. Zwei Monate war das Paar mit dem Baby unterwegs, zu Fuss
und per Bus, von Afghanistan bis in die Türkei.
"In einem Paddelboot haben wir nachts den Fluss Evros
überquert, um nach Europa zu kommen. Polizisten haben uns gefasst
und nach Soufli gebracht", sagt Shoghofa. Sie konnte kaum glauben, dass
sie in Europa angekommen war: "Das Lager war übervoll. Frauen,
Männer und Kinder dicht aneinandergedrängt. Manche schliefen
vor der Toilette im Abwasser. Es gab keinerlei medizinische
Versorgung." Nun wartet sie mit Dutzenden afghanischer und somalischer
Flüchtlinge auf den Zug nach Athen, um von dort aus Schutz zu
suchen.
Mehr als 40 Menschen sind dieses Jahr im Evros ertrunken
Der Fluss Evros trennt über 130 Kilometer hinweg die
Türkei von Griechenland. Der Grenzfluss ist das letzte Eingangstor
nach Europa, seit der Seeweg weitgehend versperrt ist. Mehr als 90
Prozent der Migranten und Flüchtlinge aus Asien und Afrika,
schätzungsweise 350 Personen pro Tag, versuchten dieses Jahr das
vermeintlich sichere EU-Paradies über den Evros zu erreichen. Mehr
als 34 000 Migranten wurden seit Anfang des Jahres im Evros-Gebiet
aufgegriffen, fast viermal mehr als 2009. Mehr als 40 Menschen sind
seit Jahresanfang in den Fluten des Flusses ertrunken. Wie die
Organisation Welcome to Europe im August berichtete, wurden ihre
Leichen in einem Massengrab verscharrt.
In den fünf offiziellen Auffanglagern im Evros-Gebiet
herrschen laut dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR "tragische
Zustände"; es spricht von einer "humanitären Krise" in
Griechenland. Familien mit Kindern, unbegleitete Minderjährige,
alle werden in elenden, oft fensterlosen Räumen un- tergebracht,
abgeriegelt von der Aussenwelt und meist ohne Zugang zum Asylverfahren.
In Athen stapeln sich mehr als 45 000 unerledigte Asylanträge.
Im August haben im Auftrag der Organisation Pro Asyl zwei
griechische Anwältinnen im Evros-Gebiet recherchiert. Die
Ergebnisse sind schockierend. Sie dokumentierten Fälle, in denen
durch falsche Angaben der Polizeibehörden Minderjährige zu
Erwachsenen gemacht oder einem falschen Herkunftsland zugeordnet
wurden. Wie N. S. - der 15-jährige Afghane wurde als
volljähriger Türke registriert. "Die Flüchtlinge werden
nicht einmal in einer ihnen verständlichen Sprache über die
Gründe ihrer Inhaftierung informiert. Sie wissen manchmal nicht,
dass ihnen die rasche Rückschaffung in die Türkei droht",
sagt die Anwältin Marianna Tzeferakou.
Die EU schickt den Griechen 175 Grenzschützer
Der iranische Flüchtling E. A. war im Auffanglager
Soufli
gefangen. "Sie haben alle Beweisdokumente, die ich mitgebracht hatte,
in den Abfall geworfen. Ich habe mehrmals verlangt, einen Asylantrag zu
stellen. Keiner hat mich beachtet", sagt er. E. A. wurde freigelassen,
nachdem die griechischen Behörden erfolglos versucht hatten, ihn
in die Türkei zurückzuschieben.
Die EU schickt nun 175 Frontex-Grenzschützer zur
Unterstützung Griechenlands ins Evros-Gebiet. Mit Waffen,
Helikoptern, Hunden und moderner Überwachungstechnologie sollen
sie die Migranten daran hindern, EU-Boden zu betreten.
Die Afghanin Shogofa wird es wenigstens bis Athen
schaffen. Aber
sie fürchtet, dort auf der Strasse zu landen. So wie viele, die
über den Evros gekommen sind. Und wie all jene, die es sogar
weiter in einen andern EU-Staat geschafft haben, dann aber ins
"Erstasylland Griechenland" zurückgeschoben werden.
--
Schweiz ist vorsichtig mit Rückführungen
In diesem Jahr wurden in 40 Fällen Asylsuchende im
Dublin-Verfahren nach Griechenland geschickt.
Die Schweiz hat dieses Jahr 310 sogenannte
Dublin-Fälle
festgestellt, für die Griechenland als Erstasylland zuständig
ist. Wegen der Überlastung Griechenlands schafft sie unbegleitete
Minderjährige, Familien mit Kindern, Betagte und Kranke aber nicht
dorthin zurück. Einige EU-Staaten verzichten momentan ganz auf
Rückführungen nach Griechenland. Der Menschenrechtsexperte
Manfred Nowak war im Auftrag der UNO in griechischen Auffanglagern.
Anstelle des Dublin-Abkommens fordert er eine Regelung, welche auch die
Interessen der Asylsuchenden und irregulären Migranten
berücksichtigt. (UZ)
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ANTI-ATOM
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20 Minuten 2.11.10
Regierung will AKWs sistieren
BERN. Ein Ja zu neuen Kernkraftwerken, ohne dass die
Endlagerung
der radioaktiven Abfälle gelöst ist, wäre gegenüber
den kommenden Generationen verantwortungslos: Diesen Standpunkt
vertritt die Berner Kantonsregierung. Sie ist sogar bereit, sich mit
einer Standesinitiative für ein Moratorium einzusetzen. Da sich
die Suche nach einem geeigneten Tiefenlager kaum beschleunigen lasse,
bestehe nur noch die Möglichkeit, die laufenden
Rahmenbewilligungsverfahren einstweilen zu sistieren. Endlager
würden frühestens 2040 zur Verfügung stehen.
Mit diesen Argumenten empfiehlt der Regierungsrat eine
entsprechende Motion des Grünen Christoph Grimm zur Annahme.
Konsequenterweise würde die Kantonsregierung auch das Projekt
Mühleberg 2 nicht weiterführen, wenn es allein nach ihr
ginge, erklärt Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer. Doch in
dieser Frage hat das Volk am 13. Februar das letzte Wort. MAr
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Bund 2.11.10
Harter Abstimmungskampf um Atomausstieg der Stadt Bern
Simon Thönen
Am 28. November stimmt das Stadtberner Volk über zwei
Varianten des Atomausstiegs ab: Die Volksinitiative Energiewende Bern
will, dass das stadteigene Werk Energie Wasser Bern (EWB) seine
AKW-Beteiligungen innerhalb von zwanzig Jahren aufgibt. Der
Gegenvorschlag des Gemeinderates sieht eine längere Frist bis 2039
vor. Energiedirektor Reto Nause (CVP) kämpft für den
Gegenvorschlag und gegen die Initiative.
Doch die Unterschiede zwischen den zwei Vorlagen sind
inzwischen
in den Hintergrund gerückt. Ein Komitee von bürgerlichen
Parteien und Wirtschaftsverbänden wirbt für ein doppeltes
Nein. Das rot-grüne Lager und die grünen Mitte-Parteien
kämpfen in erster Linie für ein doppeltes Ja. - Seite 23
--
Wie Bern aus der Atomenergie aussteigen will
Über zwei Wege zum Ausstieg aus der Atomenergie
stimmen die
Stadtberner am 28. November ab. Energie Wasser Bern (EWB) ist bereits
auf dem Pfad weg vom Atomstrom und hin zu erneuerbarer
Elektrizität eingespurt.
Simon Thönen
Beim persönlichen Tatbeweis für eine
umweltfreundliche
Stromversorgung sind die Stadtberner Schweizer Meister. "Über die
Hälfte unserer Privatkunden und gegen die Hälfte der
Firmenkunden wählten erneuerbaren Strom", sagt Daniel Schafer, CEO
des stadteigenen Werks Energie Wasser Bern (EWB): Für einen
geringen Aufpreis liefert EWB den Kunden ausschliesslich
Wasserkraftstrom. Angebote mit dem deutlich teureren zertifizierten
Ökostrom leisten sich immerhin neun Prozent der Privatkunden und
drei Prozent der Unternehmen.
Umstieg mit alten AKW bezahlen
Umweltfreundliche Elektrizität ja bitte - falls die
Mehrkosten sich in Grenzen halten. So könnte man die
Gemütslage der EWB-Kundschaft zusammenfassen. Nach dieser Devise
hat EWB auch den Fahrplan für den Ausstieg der städtischen
Stromversorgung aus der Atomenergie entwickelt: Die Erlöse aus dem
Verkauf des Stroms aus den abgeschriebenen und billig produzierenden
alten AKW sollen genutzt werden, um die Stromversorgung bis 2039 auf
erneuerbare Energie umzustellen.
Mit Verspätung wird damit ein alter Volksauftrag
angepackt:
Bereits 1999 hatte das Stadtberner Volk mit Dreiviertelmehrheit eine
Gemeindeordnung angenommen, die den Atomausstieg als Ziel festschreibt.
In der Volksabstimmung vom 28. November entscheiden die Stadtberner und
Stadtbernerinnen nun über zwei Varianten des Atomausstiegs, welche
sich nur in der Frist unterscheiden (siehe Text unten).
Die Volksinitiative Energiewende Bern will, dass EWB bis
in
zwanzig Jahren - konkret bis 2031 - AKW-Beteiligungen aufgibt und auf
erneuerbare Stromproduktion umstellt.
Der Gegenvorschlag des Gemeinderates sieht eine
längere
Frist bis 2039 vor, was der EWB-Strategie entspricht.
Doch inzwischen geht es nicht mehr nur um das Tempo des
Atomausstiegs, sondern um diesen überhaupt. Ein bürgerliches
Komitee, das vom städtischen Handels- und Industrieverein (HIV)
geführt wird, wirbt für ein doppeltes Nein zu beiden
Vorlagen. Auf Plakaten warnt das "2 x Nein"-Komitee mit roten Karten
vor einer Verdoppelung des Strompreises. Der bürgerliche
Gemeinderat und Energiedirektor Reto Nause (CVP) plädiert
angesichts der Kampagne für eine Versachlichung der Debatte. "Man
darf die Produktionskosten von alten, abgeschriebenen AKW nicht mit
neuen Anlagen für erneuerbare Stromproduktion vergleichen."
(Artikel rechts)
AKW-Ersatz ist bereits im Bau
Mit dem AKW-Ausstieg würde Bern eine Pionierrolle
übernehmen - nach der Stadt Zürich, die den Ausstieg bereits
2008 beschlossen hat. Die Herausforderung ist gross: AKW-Strom macht
heute fast 60 Prozent der Stromproduktion von EWB aus. Der
entsprechende schweizerische Anteil beträgt 40 Prozent. Bis 2039
will EWB total rund 940 Millionen Franken investieren. Jährlich
sollen im Durchschnitt 11 Millionen Kilowattstunden erneuerbare Energie
zugebaut oder zugekauft werden.
Die erste Etappe des Atomausstiegs steht am Berner
Stadtrand beim
Forsthaus bereits im Bau: Mit der neuen Kehrichtverbrennungsanlage
(KVA) entsteht dort auch ein Kraftwerkpark, der die Beteiligung von EWB
am französischen Atomkraftwerk Fessenheim um das Dreifache
ersetzen wird.
Der dort vorgesehene Strom-Mix ist ein Kompromiss: Im
engen Sinn
erneuerbar ist die Stromproduktion des neuen Kraftwerks, das mit Holz
betrieben wird. Nur teilweise als erneuerbar gilt der Strom, der
mittels Abfallverbrennung erzeugt wird. Da der Abfall ohnehin verbrannt
wird, ist dies nicht umstritten.
Anders das Gaskombikraftwerk, das im Forsthaus ebenfalls
gebaut
wird - und das den grössten Teil der Strommenge liefern wird. Das
"2 x Nein"-Komitee kritisiert das Gaskraftwerk denn auch als
"CO2-Schleuder direkt vor unserer Haustür". EWB-Chef Schafer
räumt ein, dass der CO2-Ausstoss "ein Wermutstropfen" ist.
"Gesamthaft betrachtet sparen wir mit den neuen Anlagen im Forsthaus
jährlich aber fast 60 000 Tonnen CO2 ein." Vor allem aber liefere
das Gaskombikraftwerk in erster Linie Wärme für das
städtische Fernheiznetz - und leiste so einen Beitrag, um
Ölheizungen zu ersetzen. Das Gaskraftwerk wird als
Übergangslösung bis etwa 2032 laufen.
Investitionen auch im Ausland
Der Bau des Kraftwerkparks im Forsthaus wird nicht
ausreichen, um
auch die bedeutendere Beteiligung am AKW Gösgen zu ersetzen. Dazu
will EWB in den kommenden Jahren kontinuierlich mehr Stromproduktion
aus Biomasse, Solar- und Windkraft erwerben - Letztere auch im Ausland.
"So würden Arbeitsplätze aus der Region Bern ins Ausland
verlagert", kritisiert Bernhard Eicher, FDP-Fraktionschef im Stadtrat.
Für EWB ist dies jedoch eine Kostenfrage: Sonne und Wind liefern
in vielen Ländern günstigeren Strom als in der Schweiz.
So wie jetzt im Forsthaus ist auch gegen Ende der
Ausstiegsperiode ein grösserer Investitionsschub geplant. Eine
Option ist ein Geothermiekraftwerk. Ein solches könnte Bandenergie
liefern wie AKW - aber die Aussichten sind ungewiss. Wie jede Firma
kann EWB die Investitionen in zwanzig Jahren nicht schon jetzt
festlegen. Falls das Bernervolk am 28. November für den
Atomausstieg stimmt, ist dieser nicht mehr eine politische Forderung -
sondern das Alltagsgeschäft der Firma EWB.
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Ausstiegsfristen
AKW-Laufzeiten bestimmen Fristen
Die Stadt Zürich will bis 2044 aus der Atomenergie
aussteigen, der Berner Gemeinderat bis 2039. Wie kommt man auf so
präzise Termine? Die Antwort ist einfach: Beide Städte wollen
den billigen Strom aus den Beteiligungen an alten abgeschriebenen AKW
bis zum Ende nutzen - um den Umstieg auf erneuerbare Energie zu
finanzieren. Dabei rechnen sie mit einer AKW-Laufzeit von 60 Jahren.
Beim AKW Leibstadt ergibt dies 2044, beim AKW Gösgen 2039.
Allerdings: 60 Jahre sind eine lange Laufzeit und keineswegs
garantiert. Zum Vergleich: In Deutschland müsste Gösgen auch
nach der kürzlich beschlossenen Laufzeitverlängerung für
AKW schon nach 40 Jahren vom Netz.
Die Volksinitiative "Energiewende Bern" gibt eine Frist
von 20
Jahren für den Atomausstieg vor - bis 2031. Die kürzere Frist
verursache beim stadteigenen Werk EWB Margenverluste von total 351
Millionen Franken, warnt der Gemeinderat. Dies, weil Investitionen in
erneuerbare Stromproduktion rascher erfolgen müssten, vor allem
aber, weil der billige Atomstrom aus dem alten AKW Gösgen
früher wegfallen würde.
Gösgen-Beteiligung verkaufen?
Eine interessante Idee brachte in der Stadtratsdebatte
über
die Volksinitiative und den Gegenvorschlag GFL-Fraktionschef Peter
Künzler ins Spiel: Falls die Volksinitiative angenommen
würde, könne EWB seine Beteiligung am AKW Gösgen 2031 ja
auch einfach verkaufen - und so die noch ausstehenden Erträge
kapitalisieren. "Dies wäre eine Option", räumt EWB-Chef
Daniel Schafer auf Anfrage ein, "eine offene Frage ist jedoch, wie viel
die Gösgen-Beteiligung relativ kurz vor dem Ende der Laufzeit noch
wert wäre." (st)
Abstimmung 28. November Volksinitiative Energiewende Bern
und
Gegenvorschlag
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Strompreisdebatte
Strom wird teurer - ob mit oder ohne Atomkraft
Alle neuen Kraftwerke verteuern den Strom - wie stark, ist
kaum
abschätzbar.
"Strompreis verdoppeln" - davor warnt auf Plakaten das
Komitee,
das für ein doppeltes Nein am 28. November wirbt - sowohl zur
Initiative Energiewende Bern wie auch zum Gegenvorschlag. Wie das "2 x
Nein"-Komitee auf die Verdoppelung der Strompreise kommt,
schlüsselt es auf seiner Internetseite auf: Es beruft sich auf
eine Studie des Planungsbüros Infras, welche davon ausgehe, "dass
sich ohne Kernenergie der Strompreis bis 2018 verdoppelt".
Dabei handelt es sich allerdings um eine Studie mit einem
Szenario ohne neue Kernkraftwerke auf schweizerischer Ebene, ein Bezug
zur Stadt Bern besteht nur insofern, als das stadteigene Werk EWB sie
mitfinanziert hat.
Die angenommene Verdoppelung der Strompreise bis 2018 hat
direkt
nichts mit der Frage zu tun, ob die alten AKW durch neue ersetzt werden
- diese würden ja sowieso erst in den 2020er-Jahren in Betrieb
gehen. Es handelt sich um eine Schätzung der Entwicklung der
Strompreise einerseits. Andererseits geht Infras davon aus, dass auf
schweizerischer Ebene eine massive Lenkungsabgabe auf Strom
eingeführt wird.
Bernische Abgabe ist bescheiden
Eine "Ökoabgabe" auf Stadtebene ist zwar in
Initiative und
Gegenvorschlag vorgesehen - aber nur, falls es das übergeordnete
Recht erlaubt. Da der Kanton eine eigene Förderabgabe beschlossen
hat, ist die städtische Abgabe eine theoretische Option. Die
kantonale Abgabe, über die das Volk im Frühjahr 2011
abstimmen wird, beträgt eher bescheidene 0,5 bis 1 Rappen pro
Kilowattstunde.
Generell ist anzunehmen, dass die Strompreise einfach
deshalb
steigen werden, weil der Strom aus alten, abgeschriebenen Atom- und
Wasserkraftwerken ersetzt werden muss. "Das Teuerste, was man machen
kann, ist, ein neues AKW zu bauen", meint die grüne
Grossrätin Natalie Imboden - und verweist darauf, dass sich die
Baukosten beim neuen EPR-Atomreaktor in Finnland bereits verdoppelt
hätten.
Vorsichtiger drückt sich Energiedirektor Reto Nause
(CVP)
aus: "Ich bin mir nicht sicher, ob es die Stromkonsumenten in Bern
wirklich billiger zu stehen käme, wenn EWB in neue Kernkraftwerke
investieren würde."
Exakte Prognosen zur langfristigen Entwicklung der
Strompreise
seien unseriös, betont EWB-Chef Daniel Schafer, fügt aber an:
"Alles deutet darauf hin, dass die Strompreise steigen werden, ob man
nun auf AKW oder auf erneuerbare Energie setzt." Immerhin spreche der
Trend für Letztere. "Bei den Erneuerbaren zeigt die Kostenkurve in
die richtige Richtung: nach unten. Bei neuen Kernkraftwerken dagegen
zeigen die Gestehungskosten nur nach oben." (st)
--
Sichere Endlagerung des atomaren Abfalls hat Vorrang
Bevor die Endlagerung radioaktiver Abfälle nicht
geklärt ist, will der Regierungsrat kein neues AKW.
Die bernische Kantonsregierung möchte, dass zuerst
die Frage
nach der Endlagerung radioaktiver Abfälle geregelt wird, bevor
neue Atomkraftwerke gebaut werden. Der Regierungsrat wäre bereit,
sich dafür mit einer Standesinitiative beim Bund einzusetzen. Das
letzte Wort hat jedoch der Grosse Rat. Ein Ja zu neuen Kernkraftwerken,
ohne dass das Endlagerproblem gelöst ist, wäre gegenüber
den kommenden Generationen verantwortungslos, schreibt der
Regierungsrat in einer gestern veröffentlichten Antwort auf einen
Vorstoss aus den Reihen der Grünen. Weil die schwierige Suche nach
geeigneten Endlager-Standorten wohl kaum beschleunigt werden
könne, müssten stattdessen die laufenden
Rahmenbewilligungsverfahren einstweilen sistiert werden, schreibt der
Regierungsrat. (sda)
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Langenthaler Tagblatt 2.11.10
Vor KKW-Neubau Abfall-Endlagerung lösen
Bruno utz
Motion Bevor ein neues Kernkraftwerk gebaut wird, soll der
Bund
die Endlagerung von radioaktiven Abfällen lösen. Eine
entsprechende Standesinitiative will der Regierungsrat beim Bund
einreichen.
"Die Entsorgung von radioaktiven Abfällen muss
umgehend
gelöst werden." Diese Forderung im Zusammenhang mit der beim Bund
anstehenden Vergebung von Rahmenbewilligungen für neue
Kernkraftwerke erheben Christoph Grimm (Grüne/Burgdorf) und 24
weitere Grossräte per Motion. Der Kanton Bern als
Mehrheitsaktionär der BKW Energie AG und als Standortkanton eines
Kernkraftwerks müsse ein grosses Eigeninteresse haben, dass die
Endlagerproblematik vor der Erteilung neuer Rahmenbewilligungen
gelöst sei, begründet Grimm.
"Der Regierungsrat befürwortet die Motion", schreibt
dieser
in seiner gestern veröffentlichten Antwort. Laut dem
bundesrätlichen Sachplan für geologische Tiefenlager werde
ein Lager für die schwach- und mittelaktiven Abfälle
frühestens im Jahr 2030 zur Verfügung stehen, für die
hoch radioaktiven Abfälle daure es mindestens bis zum Jahre 2040.
"Dies bedeutet, dass neue Kernkraftwerke in Betrieb gehen würden,
bevor deren hoch aktive Abfälle in der Schweiz endgelagert werden
könnten." Eine Standesinitiative werde die eingeleitete
Standortsuche jedoch kaum beschleunigen. "De facto bleibt demnach als
einzige Möglichkeit, die laufenden Rahmenbewilligungsverfahren
einstweilen zu sistieren", folgert der Regierungsrat. Zum heutigen
Zeitpunkt bestehe zudem keine Gewähr, dass das Endlagerproblem in
der Schweiz überhaupt gelöst werden könne. "Ein Ja zu
neuen Kernkraftwerken, ohne dass die Endlagerung von deren radioaktiven
Abfällen gelöst ist, wäre gegenüber den kommenden
Generationen verantwortungslos und mit den Grundsätzen der
nachhaltigen Entwicklung nicht vereinbar."
Der Grosse Rat entscheidet in der Novembersession
über die
Motion. Am 13.Februar 2011 findet die Konsultativbefragung des Berner
Stimmvolks zum geplanten Ersatzkernkraftwerk Mühleberg statt.
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Bund 2.11.10
Schaffhausen
Gegen Atommüll-Endlager auch in der Nachbarschaft
Der Kantonsrat Schaffhausen hat gestern mit 47 zu 9
Stimmen
für die Änderung des Gesetzes gegen
Atommüll-Lagerstätten gestimmt. Bislang verpflichtete dieses
die Behörden des Kantons, mit allen rechtlichen und politischen
Mitteln Widerstand dagegen zu leisten, dass auf Kantonsgebiet ein Lager
für radioaktive Abfälle errichtet wird. Nun ist der
Kantonsrat auf eine Vorlage eingetreten, die diesen Widerstand auf die
angrenzende Nachbarschaft - etwa den Kanton Zürich - ausweitet.
(sda)
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Basler Zeitung 2.11.10
Von Menschen und Endlagern
Markierung für Jahrtausende
atommüll. Der Bözberg im Fricktal wird derzeit als
einer von
insgesamt sechs möglichen Schweizer Standorten für ein
Atommülllager diskutiert. Rein naturwissenschaftlich betrachtet,
sei man mit der Realisierung solcher Endlager schon ziemlich weit, sagt
der Geologe Marcos Buser, Mitglied der Eidgenössischen Kommission
für nukleare Sicherheit. Doch weit grösser als die technische
Herausforderung sei die gesellschaftliche. Denn wie kann man heute
diese Endlager so markieren, dass unsere Nachfahren in tausend, in
zehntausend Jahren oder gar in einer Million Jahre davor gewarnt sind?
"Wie sag ichs meinen Kindeskindern?", fragt Buser morgen in einem
Vortrag. Der BaZ hat er es schon zuvor im Interview gesagt.
spe > Seite 2
--
"Wir müssen die Kindeskinder warnen"
Marcos Buser hat eine Bundesstudie über die
Markierung von
Endlagern verfasst
Interview: Susanna Petrin
Unsere Nachfahren sollen auch in Tausenden von Jahren vor
Atommüll-Lagern gewarnt werden. Doch wie kommuniziert man mit der
Zukunft? Der Geologe Marcos Buser hat über dies und mehr schon
viele Forschungen angestellt.
BaZ: Herr Buser, was wissen wir noch über die
Gesellschaft
vor 10 000 Jahren?
Marcos Buser: "Praktisch nichts", habe ich kürzlich
im "Geo
Science" geschrieben. Ein Archäologe hat sich darüber
aufgeregt und gesagt, man könne dank Funden viel über die
damalige Gesellschaft aussagen. Ich relativiere meine Aussage
inzwischen und sage: Wir haben viele Bruchstücke, aus denen wir
Materielles rekonstruieren können. Doch alles Ideelle - die
damalige Kultur, das Soziale, die Religion - ist kaum fassbar und
bleibt ein Konstrukt.
Radioaktiver Abfall muss laut Gesetz so entsorgt werden,
dass der
"dauernde Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet ist". Die
Rede ist von bis zu einer Million Jahren, eine rund fünf Mal so
lange Zeitspanne, wie es den Homo Sapiens überhaupt gibt.
Ein Teil des Abfalls strahlt nur 1000 Jahre, ein anderer
Teil,
das Uranium, strahlt mehrere Milliarden Jahre. Irgendwann ist die
Radioaktivität aber auf einem fast stabilen Niveau, das sie kaum
mehr unterschreitet. Darum hat man die Million Jahre in der Schweiz
offiziell als Richtwert genommen. So lange sollte der Abfall unter der
Erde verwahrt werden.
Eine Million Jahre ist eine sehr lange Zeit. Die Nationale
Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra)
sagt: Das Abfallproblem ist gelöst, wir haben den technischen
Nachweis für eine derart lange sichere Lagerung. Halten Sie das
technisch auch für möglich?
Es ist heikel, das so absolut zu behaupten. In den letzten
dreissig Jahren wurden technisch grosse Fortschritte gemacht, aber es
sind noch gewaltig viele Fragen offen. Ich halte ein Endlager für
machbar, aber die Art und Weise der Umsetzung hat einen grossen
Einfluss auf die Sicherheit. Man ist geologisch auf einem guten Weg.
Doch der Nachweis, dass es dann wirklich funktioniert, muss noch
erbracht werden.
Was fehlt denn noch?
Eine Anlage auf dem Papier und eine Anlage in der
Realität,
das sind zwei Paar Schuhe. Auf dem Papier lässt sich alles
problemlos machen. Sobald es aber an die Realisierung geht, merkt man,
wo die Schwierigkeiten liegen. Wie bei jedem Bau auch.
Was ist das Hauptproblem?
Eine Frage ist kaum zu beantworten: Dringt
Radioaktivität
heraus und wie viel? Dazu gibt es Modelle: Erkenntnisse aus
Experimenten, die über drei, zehn oder vielleicht hundert Jahre
laufen, extrapoliert man auf eine Million Jahre. Die Frage lautet: Ist
das zulässig? Vielleicht gibt es irgendwann neue Erkenntnisse.
Oder vielleicht werden die aktuellen Befürchtungen sich
auflösen. Aber heute gibt es noch zu viele Unsicherheiten, als
dass man behaupten könnte, das Problem sei gelöst. Für
alles, was die Gesellschaft anbelangt und die Entwicklung oberhalb des
Lagers, sind enorm viel Bedenken anzumelden.
Es gibt aber diesen radioaktiven Abfall, irgendetwas muss
man nun
damit tun.
Ja, da gibt es nichts zu diskutieren. Diesen Abfall zu
stapeln,
ist unverantwortlich. Ich bin zwar ein AKW-Gegner. Aber ich bin auch
einer der wenigen, die von Anfang an gesagt haben: Das ist ein Problem,
das müssen wir lösen. Als Grüner habe ich mit dieser
Haltung grosse Schwierigkeiten mit den eigenen Leuten bekommen.
Die Nagra wirft Endlager-Kritikern vor, sie seien nur
dagegen, um
(neue) AKW zu boykottieren, was unfair sei.
Da muss man die Nagra zurückpfeiffen, und zwar
schärfstens. Die Nagra ist nur für eine sichere Endlagerung
zuständig und sollte jegliche Kommentare zu AKW unterlassen. Diese
zeigen für mich die unselige Verknüpfung zwischen den
Produzenten der Abfälle und dem Entsorger - ein fundamentaler
Konstruktionsfehler bei Abfällen mit solchen Laufzeiten.
Besteht die Gefahr, dass spätere Zivilisationen
vergrabenes
Plutonium herausholen und daraus Bomben bauen?
Ja, das könnte passieren. Die Internationale
Atomagentur
verlangt deshalb, dass die Lagerbestände überwacht werden.
Aber das ist eines der grossen Probleme, das noch nicht richtig
diskutiert wurde und mir grosse Sorgen bereitet. Das Endlagerkonzept
ist nicht konsistent. Ursprünglich war vorgesehen gewesen, die
rezyklierbaren Materialien zu trennen und wiederaufzuarbeiten. Doch
diese Option ist in der Schweiz bis 2016 blockiert und etwa in
Deutschland ganz verboten. Und vor allem: Reaktoren, die Plutonium und
spaltbares Uran 235 verbrennen sollten, existieren noch gar nicht. Der
einst skizzierte Brennstoffkreislauf ist aus den Berichten verschwunden.
Das Kernenergiegesetz schreibt auch eine "dauerhafte
Markierung
eines Endlagers" vor. Wozu braucht es diese?
Die effektive Gefahr für das Endlager ist weniger die
Geologie als die Gesellschaft. Es ist nicht so, dass man die
Gesellschaft vor dem Endlager schützen muss, sondern das Endlager
vor der Gesellschaft. Es ist leicht vorstellbar, dass die
Bohrtechnologien sich gewaltig entwickeln werden. In absehbarer Zeit
wird der Mensch noch intensiver und tiefer im Untergrund nach
verwertbarem Material suchen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das
einen Nutzungskonflikt auslöst. Darum müssen künftige
Generationen vor dem Endlager gewarnt werden.
Aber wenn die Technik immer raffinierter wird, werden die
Menschen wohl erkennen, wo etwas Gefährliches lagert.
Vielleicht. Aber man hat schon bei den Altlasten, etwa
jenen der
Basler Chemie, gemerkt, wie schnell das Wissen über diese
Standorte verloren geht. Über diese Informationen herrscht schon
nach wenigen Jahrzehnten ein Chaos. In ein paar Jahrtausenden werden
nur noch Bruchteile des heutigen Wissens übrig bleiben. Ausserdem
kann man davon ausgehen, dass die Nukleartechnik schon bald
überholt ist und somit künftigen Generationen nicht mehr
bekannt sein wird. Die Gefahr, dass der über Jahrtausende
lebensbedrohliche Atommüll in Zukunft unterschätzt wird, ist
gross.
Forscher haben viele Ideen für die Kennzeichnung von
Endlagern entwickelt. Welche ist Ihr Favorit?
Ich bin für eine Kombination von Kennzeichnungen. Es
braucht
erstens zwingend eine Markierung in allen Galerien im Untergrund -
wegen der Rückholbarkeit. Weiter sollte der Standort auch an der
Oberfläche markiert werden. Dort würde ich dafür
Zehntausende von Tonscherben verwenden, denn dieses Material war bisher
nie interessant für eine Wiederverwertung. Alle paar Quadratmeter
könnte man mit diesen Scherben universale Warnzeichen formen, etwa
Totenköpfe und Strahlenzeichen. Monumente dagegen zerfallen
schnell, Inschriften sind nach ein paar Hundert Jahren unleserlich.
Drittens empfehle ich parallel dazu Wächter der Anlagen. Eine
Gemeinschaft, etwa die Standortgemeinde, sollte den Auftrag haben, das
Wissen um die Gefährlichkeit von Generation zu Generation
weiterzugeben.
Wie geht es weiter, wer wählt welche Markierung aus?
Laut Gesetz der Verursacher. Das halte ich für keine
gute
Lösung, denn der Verursacher denkt kurzfristig und in seinem
Interesse. Es bräuchte dafür ein breit abgestütztes
Gremium, das die Interessen der Gesellschaft im Auge hat. Das ist eine
gesellschaftliche Aufgabe, die auch sehr spannend ist. Es eröffnet
eine Debatte über die eigenen Technologien und die Verantwortung
für unsere Zukunft.
--
Von Munchs Schrei bis zur Strahlenkatze
Studie und Vortrag. Morgen Mittwoch um 19.15 Uhr hält
Marcos
Buser zusammen mit Susanne Hauser, Professorin für Kunst- und
Kulturwissenschaften, an der Pädagogischen Hochschule in
Zürich einen Vortrag über die Markierung von
Atommülllagern für eine Million Jahre. Der 61-jährige
Geologe und Sozialwissenschaftler beschäftigt sich schon seit 30
Jahren mit dem Thema Endlager. Buser ist Autor des Buchs "Mythos
Gewähr", Mitglied diverser Fachkommissionen, darunter der
Eidgenössischen Kommission für nukleare Sicherheit, und er
ist der Verfasser der vom Bund in Auftrag gegebenen "Literaturstudie
zum Stand der Markierung von geologischen Tiefenlagern". Darin machen
sich Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen Gedanken
über Warnungen, die auch noch in Jahrtausenden verstanden werden
könnten. Die Ideen reichen von Monumentalanlagen über
Piktogramme, die zum Beispiel Gesichtsausdrücke verwenden wie jene
des Bilds "Der Schrei" von Edvard Munch, bis zu dreidimensionalen
Warnzeichen mit Gedenkstätten und Archivräumen. Auch
meterhohe Granitstacheln, Erdwälle, Dichtungen, akustische, Echo
erzeugende Klangfigurationen oder etwa fluoreszierende Farbstoffe
wurden ins Auge gefasst. Zu den ausgefallensten Ideen gehört eine
eigens dafür gezüchtete Strahlenkatze, die ihr Fell
verlöre, sobald sie höheren Strahlendosen ausgesetzt
wäre. spe
> http://www.energiestiftung.ch
---
Sonntag 31.10.10
Neues KKW und Tiefenlager im Niederamt?
Herbert Niklaus, Geschäftsleitungsmitglied der Alpiq, zu
den
Nuklearanlagen, für die das Niederamt als Standort im
Gespräch ist
Wenn das Volk zustimmt, kann bis 2025 im Niederamt ein
neues
Kernkraftwerk ans Netz gehen. Dafür setzt sich Herbert Niklaus vom
Stromkonzern Alpiq ein. Für den Bau eines Tiefenlagers für
radioaktive Abfälle sieht er jedoch geeignetere Standorte als das
Niederamt. Auch hier hat das Volk das letzte Wort.
Von Beat Nützi
Die Alpiq hat am 9. Juni 2008 beim Bundesamt für
Energie ein
Rahmenbewilligungsgesuch (RBG) für ein neues Kernkraftwerk im
Niederamt (KKN) eingereicht. Wie verläuft der Bewilligungsweg?
Herbert Niklaus: Chronologisch könnte der
Bewilligungsprozess etwa wie folgt ablaufen: 2008 Einreichung der
Unterlagen für ein RBG; 2009 bis 2011 Prüfung der Unterlagen
durch die Behörden; 2012 Entscheid des Bundesrats und Parlaments;
2013 Referendum und Volksabstimmung; 2014 bis 2017
Baubewilligungsgesuch und Erteilung der Baubewilligung; 2017 bis 2022
Bauphase; 2022 bis 2025 Tests und Betriebsbewilligung; 2025
Inbetriebnahme.
Was spricht für den Standort Niederamt?
Niklaus: Der Standort im Niederamt eignet sich
hinsichtlich
Raumplanung, Umwelt, Geologie, Hydrologie und technischer Infrastruktur
sehr für den Bau eines neuen Kernkraftwerks. Es ist schweizweit
wahrscheinlich der geeignetste Standort für ein neues
Kernkraftwerk. Unserer Meinung nach ist es zwingend, dass neue
Kernkraftwerke an die besten dafür geeigneten Standorte kommen.
Die Reihenfolge, nach derer die bestehenden Anlagen von Netz gehen, ist
sekundär.
Und wie steht es mit den Umweltanliegen im Niederamt?
Niklaus: Im Projektareal liegen teils ökologisch
wertvolle
Naturobjekte, insbesondere Teile der Alten Aare samt Ufervegetation.
Während der Bauphase werden einige dieser Naturobjekte tangiert.
Die Eingriffe in die Ufervegetation beschränken sich jedoch auf
standortbedingte Bauten, welche auf ein Minimum reduziert werden. Die
meisten der Beeinträchtigungen verschwinden nach der Bauphase.
Durch den Betrieb sind danach lediglich geringe lokale
Beeinträchtigungen auf den Naturraum zu erwarten. Es werden
hierfür Ersatz- und Ausgleichsmassnahmen realisiert. Die Entnahme
und Rückleitung von Kühlwasser aus dem Oberwasserkanal des
Wasserkraftwerks Gösgen wird so gestaltet, dass in den aquatischen
Lebensräumen keine schädliche Erwärmung verursacht wird.
Wie soll die Anlage verkehrstechnisch erschlossen werden?
Niklaus: Es besteht die Möglichkeit, das Areal des
KKN
über dieselben Achsen wie das bestehende KKG zu erschliessen. Das
Vorhaben führt sowohl auf dem lokalen als auch auf dem
übergeordneten Strassennetz zu keiner signifikanten
Veränderung der Verkehrsabläufe. Die Erschliessung des
Bauareals per Strasse und Schiene ist vergleichsweise sehr gut.
Mit welchen Lärmimissionen ist zur rechnen?
Niklaus: Der geplante Hybridkühlturm des KKN wird
gewisse
Lärmemissionen mit sich bringen. Zwei wesentliche
Geräuschquellen sind dabei zu unterscheiden: Zum einen ist es
Wasser, welches nach der Abkühlung in ein Auffangbecken fliesst,
und zum andern sind es Ventilatoren, die zur Belüftung eingesetzt
werden. Diese Lärmemissionen unterliegen dem von der
eidgenössischen Lärmschutzverordnung (LSV) für
Industrie- und Gewerbelärm festgelegten Planungswert. Im Fall der
dem KKN nächstgelegenen Wohnsiedlung im Gebiet Mühledorf auf
der Aare-Insel entspricht dies einem Wert von 50 Dezibel, was in etwa
dem Geräuschpegel von leichtem Regen entspricht. Technische
Massnahmen wie der Einbau von lärmarmen Ventilatoren und
zusätzliche Schalldämpfungen stellen sicher, dass dieser Wert
nicht überschritten wird.
Wie hoch ist der Landverbrauch?
Niklaus: Eine neue Anlage benötigt etwa 20 bis 25
Hektar
Land. Während der Bauphase müssen zusätzlich etwa 20
Hektar als temporäre Installationsflächen zur Verfügung
stehen.
Welchen Nutzen für die Region sehen Sie?
Niklaus: Die Region Niederamt wird von direkt und bei
Zulieferern
neu geschaffenen Arbeitsplätzen sowie Steuereinnahmen profitieren.
Wie hoch ist das Investitionsvolumen?
Niklaus: Die vorgesehenen Investitionen für ein neues
Kernkraftwerk im Niederamt werden auf sechs bis acht Milliarden Franken
geschätzt. Rund 30 bis 40 Prozent der Kosten fallen dabei auf Bau-
und konventionelle Installationstätigkeiten.
Wie viele neue Arbeitsplätze entstehen?
Niklaus: Das KKN wird in der Region direkt rund 400 bis
500 neue
Arbeitsplätze schaffen. Dazu kommen noch indirekte mit dem KKN
verbundene Arbeitsplätze. Damit wird das KKN zu einem wichtigen
Arbeitgeber in der Region. In der Bauphase werden rund 1500 bis 3000
Arbeitskräfte vor Ort sein. Die Arbeitskräfte werden in
Baustellensiedlungen, sprich Containern sowie in den umliegenden
Gemeinden wohnen.
In welchem Ausmass kann das regionale Gewerbe profitieren?
Niklaus: Durch den Bau und später durch den Betrieb
des
Kernkraftwerks im Niederamt werden Aufträge an das regionale
Gewerbe in Millionenhöhe vergeben. Als Vergleich dient das
benachbarte Kernkraftwerk Gösgen, das einen jährlichen Umsatz
mit Lieferanten aus der Region in Höhe von 5 bis 10 Millionen
Franken ausweist (inkl. Investitionen).
Wie können die Gemeinden über Steuereinnahmen
partizipieren?
Niklaus: Das neue Kernkraftwerk und seine Mitarbeitenden
und
Zulieferer werden für Steuereinnahmen in der Höhe eines
zweistelligen Millionenbetrags sorgen. Dies wird sich in einigen
Gemeinden positiv auf den Steuerfuss niederschlagen. Die
Aufschlüsselung des Gemeindesteueraufkommens liegt jedoch nicht in
der Kompetenz von Alpiq. Sie erfolgt nach anwendbaren Steuergesetzen
und durch die Verhandlungen unter den Gemeinden auf Grundlage der
sozioökonomischen Studie.
Was bringt diese Studie?
Niklaus: Die Gemeinden des Niederamts wollen gut
informiert in
die Planungsprozesse und in die Verhandlungen mit der Alpiq und dem
Bund eintreten. Darum hat der Verein Gemeindepräsidentenkonferenz
Niederamt (GPN) im Herbst 2009 beim Beratungsunternehmen Rütter +
Partner (Rüschlikon) eine sozioökonomische Studie in Auftrag
gegeben. Die Studie fokussiert sich auf verschiedene Forschungsinhalte.
Ein Teil umfasst die Analyse der Wirkungen eines neuen KKW hinsichtlich
Ökonomie, Gesellschaft und Umwelt. Ein weiterer Teilbereich
befasst sich mit der Höhe von Steuern und Abgeltungen sowie mit
Vorschlägen für Ersatz- und Unterstützungsmassnahmen
für die Region Niederamt. Und in einem dritten Teil wird ein
Verteilschlüssel für Steuern und Abgeltungen erarbeitet.
Wann sind die Ergebnisse dieser Studie zu erwarten?
Niklaus: Die Ergebnisse aus Teil 1 werden im
Januar/Februar 2011
erwartet. Auch unabhängig von dieser Studie stehen wir in
regelmässigem Kontakt mit den Behörden von Kanton und
Gemeinden. Denn wir wollen das Projekt in partnerschaftlicher
Zusammenarbeit mit den Behörden und der Bevölkerung
realisieren und auf deren Bedürfnisse eingehen.
Gegen die entsprechende Richtplanänderung für
den
KKN-Standort gingen rund 800 Einsprachen ein. Wie geht es mit diesen
weiter?
Niklaus: Der Regierungsrat wird noch diesen Herbst
über den
Richtplan beschliessen. Der Regierungsratsbeschluss wird danach an die
einspracheberechtigten Gemeinden im Niederamt und
Regionalplanungsverbände versandt, die während einer Frist
von zehn Tagen dagegen Einsprache erheben können. Die Einsprache
wird im kommenden Frühling vom Kantonsrat behandelt.
Vor allem die Gemeinde Dulliken hat kritisch Stellung
bezogen.
Niklaus: 13 Gemeinden haben eine Einsprache eingereicht.
Darunter
auch die Einwohnergemeinde Dulliken. Kritische und ablehnende
Stellungnahmen, wie diejenige von Dulliken, gehören zu einem
transparenten und demokratischen Meinungsbildungsprozess. Die genauen
Beweggründe für das Vorgehen von Dulliken werden sich sicher
noch klären. Wir haben die Einwendung zur Kenntnis genommen. Sie
wird wie die anderen auch vom Kanton aufgenommen und ins
Richtplanverfahren einfliessen. Sicher gilt es auch, die Ergebnisse der
laufenden sozioökonomischen Studie der GPN abzuwarten. Sie wird
zusätzliche Erkenntnisse zu den verschiedenen Auswirkungen des KKN
auf die Region bringen und die objektive Beurteilung des Projekts
erleichtern.
Einiges zu reden gab der Kühlturm des neuen KKW. Wie
muss
man sich diesen vorstellen?
Niklaus: Der Kühlturm des geplanten Kernkraftwerks
Niederamt
ist ein Hybridkühlturm. Im Vergleich zum Naturzugkühlturm des
Kernkraftwerks Gösgen mit 150 Metern Höhe wird der
Hybridkühlturm nur noch etwa 60 Meter hoch sein und ist technisch
auf einen weitgehend schwadenfreien (keine Dampffahne) Betrieb
ausgelegt. Bei kalter und feuchter Witterung kann aber zeitweise ein
leichter Schwaden sichtbar sein.
Wie steht es in Bezug auf die Sicherheit?
Niklaus: Bei den Reaktoren der Dritten Generation von KKW
ist die
Sicherheit noch weiter erhöht worden. Die bewährten
Grundsätze der heutigen Kernkraftwerke bleiben aber bestehen. Sie
basieren auf mehrfachen Barrieren und Sicherheitssystemen zur
Verhinderung unkontrollierbarer Kettenreaktionen im Reaktor
(Schnellabschaltung).
Was ist unter "mehrfachen Barrieren" zu verstehen?
Niklaus: Diese Sicherheitsbarrieren wirken wie ineinander
gestellte Gefässe. Tritt an einem dieser Behälter ein Leck
auf, sorgen die übrigen weiterhin für die Sicherheit. Damit
Radioaktivität überhaupt austreten könnte, müssten
gleichzeitig sämtliche Barrieren versagen. Es gibt folgende
Barrieren: Barriere 1: Dicht verschweisste Hüllrohre der
Brennstäbe; Barriere 2: Reaktordruckbehälter aus extrem
dickwandigem Spezialstahl; Barriere 3: Betonkammer, die den
Reaktordruckbehälter umschliesst; Barriere 4: Druckfeste
Sicherheitshülle aus Stahl (Containment); Barriere 5:
Reaktorgebäude aus meterdickem Beton. Es schützt die Anlage
insbesondere auch vor Einwirkungen von aussen wie vor
Flugzeugabstürzen oder Sabotage.
Und wie steht es mit den Sicherheitssystemen?
Niklaus: Wichtige Komponenten wie Steuerungen und
Alarmauslösungen sind immer mindestens doppelt vorhanden und
räumlich voneinander getrennt. Fällt eine aus, steht immer
noch eine zweite oder dritte zur Verfügung, die dieselbe Funktion
vollumfänglich erfüllen kann. So ist gewährleistet, dass
das Gesamtsicherheitssystem jederzeit funktioniert. Der Reaktor wird
vom Kommandoraum dauernd überwacht. Bei Überschreiten von
definierten Schwellenwerten schaltet das System den Reaktor innert
Sekunden automatisch ab und setzt falls nötig die
zusätzlichen Sicherheitssysteme, wie beispielsweise die
Notkühlung, in Betrieb.
Baut die Alpiq das neue KKN zusammen mit Partnern?
Niklaus: Die KKN AG ist heute eine 100- Prozent-Tochter
von
Alpiq. Das Projekt wird von Alpiq geleitet und vorangetrieben. Die
Gespräche für eine Partnerschaft mit Axpo und BKW sind im
Gang. Wir hoffen, sie bald erfolgreich abschliessen zu können.
Das Niederamt ist auch im Gespräch als Standort
für
nukleare Entsorgung. Wie stellt sich die Alpiq dazu?
Niklaus: Wir setzen uns dafür ein, dass das
Tiefenlager am
geeignetsten Standort gebaut wird. Wir sind überzeugt, dass uns
das laufende, mehrstufige Auswahlverfahren der Nagra am Schluss zu dem
oder den geeignetsten Standorten führen wird. Wo diese liegen
werden, wissen wir jetzt noch nicht. Was wir aber jetzt schon kennen,
ist die behördliche Bewertung der sechs Standortgebiete.
Gemäss Nagra kommt die Region Jura-Südfuss, zu der das
Niederamt gehört, nur für die Lagerung von schwach- und
mittelaktiven Abfällen infrage. Und auch dafür ist sie - im
Gegensatz zu anderen Gebieten - nur "geeignet", aber nicht "sehr
geeignet". In diesem Sinne gibt es geeignetere Standorte als das
Niederamt.
Als Grundlage für die Standortevaluation dienen die
von der
Nagra und dem Bundesamt für Energie vor zwei Jahren vorgestellten
sechs geologisch geeigneten Standortgebiete. Bis wann ist mit einem
Entscheid zu rechnen?
Niklaus: Die Standortsuche erfolgt in drei Etappen und
wird rund
zehn Jahre dauern. In der ersten Etappe stehen die Information der
Bevölkerung und der Aufbau der regionalen Mitwirkung im
Vordergrund. In den Standortregionen hat nun das
Partizipationsverfahren begonnen. Die Plattform Jura-Südfuss,
bestehend aus Gemeinde- und Kantonsvertretern, ist Anlaufstelle
für die Einwohnerinnen und Einwohner der Standortregion und will
deren Anliegen in die Verfahren einbringen.
Und wie geht es weiter?
Niklaus: In der zweiten Etappe, 2011 bis 2014, werden
sozioökonomische Studien, Sicherheitsanalysen, Raumplanung und
Umweltthemen angegangen und natürlich die Partizipationsverfahren
weitergeführt. Wahrscheinlich fällt bereits 2013/14 ein
Vorentscheid und pro Abfallkategorie werden zwei Standorte weiter und
ins Detail geprüft. Voraussichtlich 2018/19 wird der Bundesrat
über die Erteilung der Rahmenbewilligung für je einen
Standort für schwach- und mittelradioaktive Abfälle SMA und
hochradioaktive Abfälle HAA oder für einen Standort für
beide Abfallkategorien entscheiden. Nach dem Entscheid des Bundesrats
folgt die Genehmigung durch das Parlament und eine allfällige
Volksabstimmung im Zeitraum 2018/20, falls das fakultative Referendum
gegen die Rahmenbewilligung ergriffen wird.
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Zur Person
Der 55-jährige Herbert Niklaus ist seit 1996 bei der
Alpiq
(vormals Atel) tätig, zuerst bis 2000 als Leiter Kraftwerke und
Technische Dienste, dann bis 2004 als Geschäftsführer der
Atel Netz AG. Seit 2005 ist Niklaus Geschäftsleitungsmitglied und
Leiter des Bereichs Energieservice. Der Elektroingenieur ETH wohnt mit
seinen drei Kindern in Rohr (AG). (bn)