MEDIENSPIEGEL 5.11.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo)
- Clubleben: Last-Minute-Tickets
- 40 Jahre Kellerkino
- Big Brother Sport: Legalize Pyros
- Big Brother Video: Zuerst Hooligans, dann Innenstadt;
Grenzwache
- RaBe-Info 5.11.10
- Obdachlos BE: Neuer Koordinator
- Randstand CH: Portraits
- Randstand Burgdorf: Suppenküche
- Wegweisung SG: Wegweisungsland
- Squat FR: Kein Gerichtsentscheid
- Squat ZH: Ultimatum + Angebote
- Squat VD: Saint-Martin kann bleiben
- Kulturstreik GE: evtl. Moa-Wiedereröffnung
- Drogen: Mehr Jugenddrogendelikte
- Alkohol: Freitag Nacht ZH; Saufclub LU
- Ausschaffungen: A-Knast Wauwilermoos; Schwyz; Work-Replik,
3xNein
- Anti-Feminismus: Wann ist ein Mann ein Mann...?
- Anti-Atom: Ausstiegszank BE; Alpiq-Verluste; Gorleben; Endlager
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REITSCHULE
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Fr 05.11.10
20.30 Uhr - Tojo - Ein Heimspiel. Von Theater Ararat.
Regie: Hanspeter
Utz.
21.00 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Pray the
Devil Back to
Hell, Gini Reticker, USA 2008
22.00 Uhr - Frauenraum - POPSHOP feat. Rubinia DJanes.
Mit DJ Nordlicht
und DJ Ellen V.
22.00 Uhr - Dachstock - Dubby Clubnight: FILEWILE (CH)
& 340 ML
(RSA/MZ), DJ Kev the Head. -- Dub, Electronica
Sa 06.11.10
18.00 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Pray the
Devil Back to
Hell, Gini Reticker, USA 2008
20.30 Uhr - Tojo - Ein Heimspiel. Von Theater Ararat.
Regie: Hanspeter
Utz.
21.00 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Sturm,
Hans-Christian
Schmid, D/DK/NL 2009
22.00 Uhr - Dachstock - 20 Jahre Gassenküche: DEXTER
JONES CIRCUS
ORCHESTRA (SWE), ZENO TORNADO (CH), EXENTERATION (CH). -- Rock,
Country, Metal, Blues
So 07.11.10
09.00 Uhr - Grosse Halle - Flohmarkt und Brunch im
SousLePont - bis
16.00 Uhr
13.30 Uhr - Kino - Kinderfilm am Flohmi-Sonntag: Muli -
Ein Film
über Menschen, Maultiere und Maulesel in der Schweiz, Schweiz
2010, Ines Meyer, Dialekt, 80 Minuten. In Anwesenheit von Maultieren
19.00 Uhr - Tojo - 1 m2 Freiheit. Von Lemon Kuliba. TOJ,
Jugendarbeit
Bern West. Regie: Azad Süsem.
20.00 Uhr - Rössli - JAPANESE NEW MUSIC FESTIVAL:
Tatsuya Yoshida,
Atsushi Tsuyama und Makoto Kawabata. -- Noise, Rock, New Music
20.15 Uhr - Kino - Zusammen TATORT gucken
Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch
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BZ 5.11.10
Heimspiel muss weitergehen
Tojo Theater "Ein Heimspiel" von Theater Ararat: Die
Börsenkurse
fallen, schlechte Nachrichten gehören zum Tagesablauf. Krankheiten
und Katastrophen werden zum Normalfall. Dann wird ein anonymer Fremder
hineingespült. Er scheitert, falls er nicht mitspielt. Denn dem
Ernst der (Heim-)Spiele kann sich niemand entziehen. pd
Heute Donnerstag und morgen Freitag, 20.30 Uhr, Tojo Theater,
Neubrückstrasse 8, Bern
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CLUB-LEBEN
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20 Minuten 5.11.10
Clubbing neu zum Last-Minute-Tarif
BERN. Zum Billig-Tarif feiern: Berner Clubs bieten neu
für
ihre Events Last-Minute-Tickets mit bis zu 80 Prozent Rabatt an.
Die Berner Clubs machen es jetzt wie die Airlines: Kurz
bevor der
Flieger abhebt bzw. die Party startet, werden die letzten Tickets zu
Tiefstpreisen verschleudert. Organisiert wird das Ganze über die
Internetplattform Jackbox.ch. "Wie Fluggesellschaften haben ja auch
Event-Veranstalter Fixkosten, bei denen sich jeder weitere Gast lohnt,
auch wenn er nur noch wenig bezahlt", so Jackbox.ch-Initiant Adrian
Herrmann. Gemeinsam mit einem Zürcher Kollegen hat der
28-jährige Berner die Last-Minute-Börse für
Ausgänger gegründet. Für die User ist das Angebot
gratis. Sie können sich registrieren und angeben, über welche
Veranstaltungen sie informiert werden möchten. Die verbilligten
Last-Minute-Tipps gibt es dann jeweils als SMS aufs Handy. Bezahlt
werden die Tickets ebenfalls via Mobiltelefon.
"Mir gefällt die Idee", so Stefan Zesiger vom Berner
Liquid-Club, der bei Jackbox.ch dabei ist. Aber nicht nur Partys stehen
im Angebot: Das Solothurner Kofmehl wird Jackbox vor allem bei
Konzerten nutzen und das Stadttheater Bern macht so Jagd auf
Kulturfans. Auch Sportskanonen können sparen: Im Berner Oberland
sind bereits das Chill Out Paragliding Interlaken und die Alpinschule
Adelboden mit dabei.
NINA JECKER
http://www.jackbox.ch
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40 JAHRE KELLERKINO
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Bund 5.11.10
Filme aus wilden Tagen
Das Berner Kellerkino feiert während einer Woche
seinen 40.
Geburtstag. Ein exquisites Programm mit legendären Filmen
lässt die Pioniertage des ersten unabhängigen Kinos der
Schweiz wieder aufleben.
Thomas Allenbach
Der Titel war Programm: Mit Jürg Hasslers Agitfilm
"Krawall"
startete Theres Scherer mit ihrem Ehemann Heini Scherer und einem
befreundeten Ehepaar in den Novembertagen des Jahres 1970 das
Kellerkino. Geboren aus dem Geist von 1968, sollte das Kino im Keller
an der Kramgasse 26 in Bern politisch Partei ergreifen und mit
ästhetischen Mitteln Lärm machen. Es waren pionierhafte,
wilde Tage. Theres Scherer erzählt von abenteuerlichen Reisen mit
nicht deklarierten Filmen im Kofferraum, vom Kampf gegen sture
Behörden und Kollegen, die ihr nicht zutrauten, dass das
Kellerkino allein gegen das Kino-Establishment überleben
könnte.
Rasch wurde die erste unabhängige Spielstelle der
Schweiz
zum Sprachrohr des andern Kinos und mit seiner Mischung aus Premieren,
Retrospektiven und Filmzyklen zum Vorbild für andere alternative
Kinos. Es ging um neue Bilder, andere Geschichten, um Werte wie
Solidarität mit Menschen am Rand. Es ging aber auch um
ästhetische Fragen, um Filme mit persönlicher Handschrift, um
Werke, in denen Leben und Kunst eins wurden, und um neue Formen der
Filmproduktion frei nach dem Diktum von Godard, wonach man nicht nur
politische Filme, sondern Filme politisch machen müsse.
Das mag für heutige Ohren abstrakt klingen -
lässt sich
jetzt aber konkret und sinnlich erfahren. Hanspeter Sperisen, der
aktuelle Leiter des Kellerkinos, hat zusammen mit Theres Scherer und
ihren Mitstreitern ein exquisites Geburtstagsprogramm zusammengestellt
mit prominenten Werken aus der Kellerkino-Geschichte: von Rosa von
Praunheims "Unsere Leichen leben noch" (heute um 20.30 Uhr) bis Bruno
Molls "Das ganze Leben", der nächsten Mittwoch den Abschluss
macht. Im Zentrum steht dabei der morgige Samstag mit freiem Eintritt
in alle Vorstellungen. Den Auftakt machen um 15 Uhr "Der kleine
Emmentalfilm" von Bernhard Luginbühl und Leonardo Bezzola sowie
Peter von Guntens legendärer "Bananera libertad" (1970). In seinem
Dokumentarfilm, der bis heute über 100 000 Menschen erreichte,
analysiert von Gunten am Beispiel der Bananenproduktion die
Zusammenhänge zwischen Armut in der - damals so bezeichneten -
Dritten Welt und dem Reichtum in den Industrienationen. Ganz auf die
hiesige bleierne Befindlichkeit ist Bernhard Gigers "Winterstadt"
(18.30 Uhr) fokussiert, jener "Klimafilm", mit dem Theres Scherer ihre
erfolgreiche Karriere als Produzentin startete.
Bis 10. November. Programm: Tägliche Kinoseite im
"Bund",
www.kellerkino.ch
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BIG BROTHER SPORT
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Blick am Abend 4.11.10
Legalize Pyros
FEUERWERK
Fussballfans sollen während des Spiels zeuseln
dürfen.
In einem Extrabereich.
ann.guenter@ringier.ch
Um den Rauch in Fussballstadien entbrennt immer wieder der
gleiche Streit. Für die einen gehören Petarden zum Spiel und
zur Fussballfankultur. Für die anderen stellen die bis zu 2000
Grad heissen Fackeln eine grosse Gefahr dar.
Diesen Grundsatzstreit wollen Flavia Wasserfallen und ihre
Mitstreiter von SP Stadt Bern ausdribbeln: "Pyros" in Stadien sollen
legalisiert und ein gesonderter Bereich für das Abfackeln von
Petarden geschaffen werden. "Sie können es mit der kontrollierten
Heroinabgabe vergleichen", sagt Wasserfallen zu Blick am Abend. "Man
kann die Fans nicht vom Pyro-Abbrennen abhalten." Die jetzige
Gesetzeslage sei doch paradox: Hohe Bussen, obwohl die Polizei das
Vergehen kaum ahnde. "Was mich auch aufregt: Wir haben alle Freude an
Bildern von brennenden Pyros in den Stadien, weil sie die gute Stimmung
zeigen. Die Verursacher aber werden kriminalisiert." Konkrete
Pläne für das angedachte Pilotprojekt gibt es noch keine.
"Aber es wäre doch einen Versuch wert!", sagt "YB-Fan-mit-Abo"
Wasserfallen.
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BIG BROTHER VIDEO
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Bund 5.11.10
Videoüberwachung wird in Bern nur begrenzt eingesetzt
Der Berner Stadtrat will jede Kamera einzeln bewilligen -
die FDP
kündet Widerstand an.
Simon Thönen
Im zweiten Anlauf stimmte das Berner Stadtparlament
gestern dem
Reglement für Überwachungskameras mit 36 zu 29 Stimmen zu.
Die polizeiliche Videoüberwachung wird in der Bundesstadt damit
grundsätzlich möglich. Allerdings wird der Stadtrat
gemäss dem jetzt beschlossenen Reglement jede
Überwachungskamera einzeln bewilligen müssen.
Aus Empörung über diese Bestimmung hatte die
FDP-Fraktion vor einer Woche im Stadtrat gegen das Videoreglement
gestimmt - und die umstrittene Vorlage in der Schlussabstimmung zum
Scheitern gebracht. Auch gestern versuchte die FDP erneut, die Klausel
über das Genehmigungsrecht des Parlaments für die einzelnen
Kameras zu kippen. Auf Antrag der GFL/EVP-Fraktion wurde jedoch
lediglich die Schlussabstimmung über die Vorlage wiederholt. Die
FDP kritisierte dies als "Diskussionsverweigerung" - und kündete
an, dass sie die Vorlage mit einem konstruktiven Referendum
bekämpfen wolle.
"Fan-Walk" zuerst überwacht
Mit der Überweisung eines unverbindlichen Postulats
gab der
Stadtrat gestern auch gleich bekannt, wo die ersten
Überwachungskameras installiert werden sollen: auf dem sogenannten
Fan-Walk, der Wegstrecke, die Sportfans zwischen dem S-Bahnhof Wankdorf
und dem Stade de Suisse zurücklegen.
Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) begrüsste die
Standortpriorität des Stadtparlaments. "Es geht hier genau um den
Bereich, bei dem es einen politischen Konsens für die
Videoüberwachung gibt", sagte Nause. Einsatzmöglichkeiten der
Überwachungskameras in der Innenstadt stünden dagegen nicht
im Vordergrund, fügte der Sicherheitsdirektor an. — Seite 23
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Das Videoreglement nahm die letzte Hürde auf die Schnelle
Berner Stadtrat wird jede einzelne Überwachungskamera
bewilligen müssen.
Simon Thönen
Vor dem Rathaus stand ein besorgter Bürger und hielt
ein
Plakat hoch: "Macht aus Bern keinen Bürgerpark!" Doch seine
Diskussion mit Stadtrat Jimy Hofer (parteilos) war wenig ergiebig. "Ich
habe kein Problem damit, gefilmt zu werden", meinte Hofer bloss.
Im Stadtrat ging die Sache dann sehr schnell: Das
Reglement
für Überwachungskameras, das zuvor für zähe
Debatten und parlamentarische Kapriolen gesorgt hatte ("Bund" vom 29.
10.), war innerhalb einer Viertelstunde genehmigt: Mit 36 zu 29 Stimmen
bei 5 Enthaltungen stimmte der Stadtrat dem Videoreglement in der Form
zu, in der er es vor einer Woche beraten, dann aber in der
Schlussabstimmung knapp abgelehnt hatte.
Das heisst: Der Stadtrat wird die Installation jeder
einzelnen
Überwachungskamera bewilligen müssen. Der besorgte
Bürger darf deshalb damit rechnen, dass Videoüberwachung in
Bern wohl nur in engen Grenzen eingesetzt wird.
FDP: "Diskussionsverweigerung"
Möglich gemacht hatte das Eilverfahren gestern ein
Ordnungsantrag der GFL/EVP-Fraktion, dass nur die Schlussabstimmung
wiederholt werden solle. Er obsiegte gegen einen Ordnungsantrag der
FDP. Sie wollte erreichen, dass der Gemeinderat über die
Platzierung der Videokameras entscheiden darf.
In einer Pressemitteilung bezeichnete die FDP das
Schnellverfahren gestern als "Diskussionsverweigerung" und das nun
beschlossene Videoreglement als "Pseudoreglement". Die Partei
kündete ein konstruktives Referendum an, um doch noch zu
erreichen, dass der Gemeinderat anstelle des Stadtrats für die
Platzierung der Kameras zuständig ist. Aus Empörung
darüber, dass das Stadtparlament über jede Kamera einzeln
entscheiden soll, hatte die FDP vor einer Woche gegen das Reglement
gestimmt - und es damals zum Scheitern gebracht.
"Fan-Walk" wird überwacht
Im Anschluss an die Abstimmung über das
Videoreglement
stimmte das Stadtparlament - in einer Art Vorgriff auf sein
künftiges Mitbestimmungsrecht - darüber ab, wo genau die
ersten Überwachungskameras installiert werden sollen.
CVP-Stadtrat Henri-Charles Beuchat beantragte, dass der
Weg
zwischen dem Stade de Suisse und dem S-Bahnhof Wankdorf überwacht
werden soll. Randalierende Sportfans auf dem sogenannten Fan-Walk
sollen gefilmt werden, so Beuchat, "damit wir dieser Tunichtgute
habhaft werden". Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) begrüsste
den Vorstoss: "Es geht hier genau um den Bereich, bei dem es einen
politischen Konsens für die Videoüberwachung gibt." Nause
erhofft sich von den Kameras mehr Ruhe bei Sportveranstaltungen. Der
Stadtrat überwies das Postulat mit 39 zu 27 Stimmen.
Der Entscheid des Stadtrats für die
Videoüberwachung
des Fan-Walks war unverbindlich - und eigentlich auch
überflüssig. Denn der Gemeinderat hätte mit Sicherheit
auch von sich aus für die Zone zwischen Stadion und S-Bahnhof
Wankdorf zuerst Überwachungskameras beantragt. Offenbar wollte die
Mehrheit des Stadtparlaments aber bereits jetzt zeigen, dass sie ihr
Mitbestimmungsrecht bei den Kamerastandorten mit Umsicht nutzen wird.
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BZ/Thuner Tagblatt 5.11.10
Ja zur Videoüberwachung
Stadt Bern Der Stadtrat hat gestern Abend die
Videoüberwachung im öffentlichen Raum ermöglicht. Die
ersten Kameras sollen beim Stade de Suisse installiert werden.
Nun hat auch die Stadt Bern ein Videoreglement - und damit
die
Grundlage, um den öffentlichen Raum mit Videokameras zu
überwachen. Der Stadtrat hat das Reglement gestern Abend mit 36 zu
29 Stimmen überwiesen. Berns Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP)
sprach gegenüber dieser Zeitung von einem "historischen Tag". Er
habe zwei Jahre lang dafür geschuftet. "Jetzt will ich keine Zeit
mehr verlieren."
Die ersten Kameras sollen beim sogenannten Fanwalk
zwischen dem
Stade de Suisse und dem Bahnhof Wankdorf installiert werden. Laut Nause
würden die Kameras nur an Spieltagen und nur während weniger
Stunden in Betrieb sein. Doch bis es so weit ist, muss das
Videoreglement einige Hürden nehmen - eventuell sogar eine
Volksabstimmung. Denn die FDP droht das Referendum an. Die Freisinnigen
stören sich daran, dass der Stadtrat und nicht der Gemeinderat die
Kamerastandorte bestimmen soll. Mit dem Volksvorschlag will die FDP
erreichen, dass der Gemeinderat die Standorte auswählen darf.
Damit torpedierte die FDP den bürgerlichen
Sicherheitsdirektor. "Womöglich lehnt das Volk das Reglement als
Ganzes ab", sagt Reto Nause. "Die FDP soll nochmals darüber
nachdenken."
Seit Mitte 2009 ermöglicht das kantonale
Polizeigesetz
dissuasive Videoüberwachung. Bis jetzt haben laut Angaben der
Kantonspolizei erst "eine Handvoll" Gemeinden Gesuche eingereicht. Ob
die Stadt Thun darunter ist, die Kameras an fünf Standorten
vorsieht, wollte die Polizei nicht bestätigen. Bisher wurde nur
ein Gesuch bewilligt, nämlich dasjenige der Gemeinde Studen.
tobSeite 7
--
Der Stadtrat will nun doch Kameras
VideoreglementKehrtwende im Berner Stadtparlament: Das
Videoreglement wurde im zweiten Anlauf verabschiedet.
Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) plant bereits die ersten
Überwachungskameras - zwischen Wankdorfbahnhof und Stade de Suisse.
Also doch noch: Nun hat der Stadtrat die
Videoüberwachung in
der Stadt Bern gutgeheissen. Das auf den Buchstaben genau gleich
formulierte Videoreglement, das letzte Woche noch gescheitert war,
wurde gestern Abend mit 39 zu 29 Stimmen angenommen.
In der Vorwoche hatten die Freisinnigen noch gegen das
Videoreglement gestimmt. Sie sind dagegen, dass der Stadtrat und nicht
der Gemeinderat über die Kamerastandorte entscheiden soll. Gestern
enthielten sich fünf FDP-ler der Stimme, was dem Reglement zum
Durchbruch verhalf. FDP-Fraktionspräsident Bernhard Eicher
bezeichnete das verabschiedete Reglement als "Pseudo-Reglement". Jetzt
habe Bern zwar ein Videoreglement, aber auf lange Sicht keine Kameras.
"Das ist ein Etikettenschwindel."
FDP droht mit Referendum
Die FDP kündigte sogleich ein Referendum an: "Das
Stimmvolk
muss jetzt halt der Stadt Bern zu einem griffigen Videoreglement
verhelfen", sagte Bernhard Eicher. Mit dem Volksvorschlag will die FDP
erreichen, dass der Gemeinderat die Kamerastandorte definieren kann.
Damit torpediert die FDP innerhalb weniger Tage ein
weiteres Mal
den bürgerlichen Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP). Das
angekündigte Referendum berge die Gefahr einer totalen Ablehnung
durchs Volk, sagte Nause nach der Debatte gegenüber dieser
Zeitung. Denn Linksaussen sei die Fundamental-Opposition nach wie vor
gross. "Mir ist es lieber, das Parlament entscheidet über die
Kamerastandorte, als gar kein Videoreglement in den Händen zu
halten." Früher sei der Freisinn in Sicherheitsfragen immer ein
zuverlässiger Partner gewesen. "Doch heute sammelt die FDP am Ende
noch neben Linksautonomen Unterschriften fürs Referendum."
Beim Stade de Suisse gehts los
Trotzdem sprach Nause von einem "historischen Tag".
Für
dieses Reglement habe er zwei Jahre lang geschuftet. Dafür wurde
er gestern Abend gleich doppelt belohnt: Neben dem Ja zum
Videoreglement tat ihm das Parlament einen weiteren Gefallen. Es
überwies ein CVP-Postulat, das eine Kreditvorlage für die
Installation von Kameras zwischen Wankdorfbahnhof und Stade de Suisse
fordert. Das sei zwar nur ein unverbindliches Postulat, sagte Nause.
"Doch für mich ist es ein klarer Auftrag, mit dem Kameraprojekt
beim Fanwalk vorwärts zu machen." Es sei höchste Zeit,
Hooligans mit Überwachungskameras zu überführen. "Wenn
die Kameras nur kurz vor und etwas nach Fussballspielen eingeschaltet
sind, dürfte ich im Stadtrat ein weiteres Mal eine Mehrheit
finden."
Weitere potenzielle Kamerastandorte sind in Bern etwa die
Aarbergergasse, die Schützenmatte oder die grosse Schanze. "Weil
es ein heikles Thema ist, werden wir jede einzelne Kamera auf Herz und
Nieren prüfen, ob sie wirksam ist", sagte Nause. Doch bewilligt
werden die Kameras schliesslich von der Kantonspolizei. Laut
Polizeiangaben haben im Kanton Bern erst "eine Handvoll" Gemeinden ein
Gesuch eingereicht. Bisher wurde erst eines davon bewilligt,
nämlich dasjenige der Gemeinde Studen.
Tobias Habegger
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BZ Kommentar
Kein Grund für Albträume
Wer durch die Bahnhofhalle geht, wird gefilmt. Wer im
Warenhaus
einkauft, wird gefilmt. Nun können auch Kameras im
öffentlichen Raum der Stadt Bern installiert werden. Sich deswegen
von Albträumen à la Big Brother plagen zu lassen, ist
übertrieben. Bis es so weit ist, wird voraussichtlich zuerst das
Stimmvolk befragt. Egal, ob dann der Stadtrat oder der Gemeinderat die
Kamerastandorte bestimmt, müssen die Gesuche von der Polizei
bewilligt werden. Diese hat sich an enge Vorgaben im kantonalen
Polizeigesetz zu halten. Für eine flächendeckende
Überwachung der Innenstadt, wie sie etwa in England grassiert,
fehlt sowieso das Geld.
Das will in Bern auch niemand. Im Fokus stehen Hotspots,
an denen
sich Straftaten häufen. Ein solcher Ort ist etwa der Fankorridor
zwischen Fussballstadion und Bahnhof Wankdorf. Kameras im
unübersichtlichen Treppenhaus zwischen Parkterrasse und Grosser
Schanze würden wie im Parkhaus das Sicherheitsgefühl
erhöhen. Punktuell eingesetzt machen Videokameras Sinn. Weil sie
Straftaten aufklären helfen, wirken sie abschreckend. Wer in ihnen
jedoch ein Allheilmittel sieht, ist auf dem Holzweg.
Christoph Aebischer
ist Redaktor im Ressort Stadt Bern.
christoph.aebischer@bernerzeitung.ch
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20 Minuten 5.11.10
Grünes Licht für Videokameras
BERN. In der Stadt Bern kann die Videoüberwachung nun
doch
eingeführt werden. Gestern hat das Stadtparlament das
entsprechende Reglement im zweiten Anlauf gutgeheissen.
Sicherheitsdirektor Reto Nause erhofft sich davon Erleichterungen bei
der Aufklärung von Straftaten und mehr Ruhe rund um
Sportveranstaltungen. Die Innenstadt steht nicht im Vordergrund. Die
FDP ist dagegen und strebt nun eine Volksabstimmung an.
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BZ 5.11.10
Grenzwache stellt 40 Spezialkameras auf
Überwachung Die Schweizer Grenzwache baut ihren
Bestand an
intelligenten Kameras zur automatischen Identifizierung von Autonummern
massiv aus. 40 bis 70 solcher Geräte will sie neu an Grenzposten
installieren.
Mit einem hocheffizienten Instrument will die
Zollverwaltung
Autodiebe an der Grenze abfangen. Sie hat beim deutschen Konzern
Siemens 40 neue sogenannt intelligente Kameras bestellt. Gleichzeitig
haben sich die Grenzwächter gemäss Ausschreibung die Option
auf 30 weitere solche Geräte gesichert. Das ergaben Recherchen
dieser Zeitung. Die Kameras werden in den nächsten drei Jahren
gestaffelt an Grenzwachposten ausgeliefert, heisst es ebenfalls in der
Ausschreibung.
Totale Überwachung?
Diese "Kameras zur automatischen
Fahrzeugnummernschild-Erkennung"
, wie die Apparate offiziell heissen, filmen und identifizieren die
Kontrollschilder sämtlicher vorbeirollender Fahrzeuge automatisch.
Sie gleichen die erfassten Autonummern - ebenfalls automatisch - mit
dem Datenbanksystem von Ripol ab. Ripol ist die Abkürzung für
"Recherches informatisées de police". Es ist ein riesiges
Datenbanksystem unter anderem mit Daten gesuchter Personen, gesuchter
Fahrzeuge und ungeklärter Straftaten. Landet eine der Kameras
einen Treffer, schlägt das System Alarm. Die Grenzwache hält
fest, dass die Daten nur mit jenem Teil von Ripol verglichen werden,
welcher die ausgeschriebenen Autonummern enthält.
Diese Fahndungsmethode soll mit der Bestellung der neuen
Geräte ausgebaut werden, bestätigt Stefanie Widmer,
Sprecherin der Grenzwache. Ein Teil der neuen Kameras sei auch als
Ersatz für bereits bestehende vorgesehen.
Einzelne solche Kameras betreibt die Grenzwache
nämlich
bereits seit einigen Jahren. Wie viel das sind, will die Sprecherin aus
strategischen Gründen nicht sagen. Doch ein Bericht des
Justizdepartements zur öffentlichen Videoüberwachung in der
Schweiz aus dem Jahr 2007 löst das Rätsel: "An elf
Grenzposten sind Videokameras mit automatischer Autonummernerkennung
installiert", heisst es dort. Seither wurden, soweit eruierbar, bis zur
aktuellen Beschaffung keine neuen Kameras mehr bestellt.
Die neuste Serie dieser Kameras deckt ein sehr weites
Spektrum
ab. Damit wirbt Siemens. Eine einzige Kamera genüge, um eine
zweispurige Strasse in beiden Fahrtrichtungen bei Tag und Nacht zu
überwachen.
Heikle Anwendung
Heikel ist der massive Ausbau des Überwachungssystems
aus
zwei Gründen: erstens wegen des Datenschutzes. Eine
Bundesverordnung regelt ausführlich, mit welchen Mitteln die
Grenzwache die Grenze überwachen darf. Ausdrücklich erlaubt
sind etwa Videoaufnahmen mit Drohnen. Auch gewisse andere
Videoüberwachungen dürfen die Grenzwächter unter
bestimmten Voraussetzungen zu Fahndungszwecken durchführen. In
dieser Verordnung nirgends aufgeführt ist hingegen die
automatische systematische Identifizierung und Abgleichung aller
Nummernschilder an einem Grenzübergang. Eliane Schmid, Sprecherin
des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, sagt auf Anfrage,
dass sie die Legalität solcher Kameras nicht beurteilen
könne, weil ihr die nötigen Detailinformationen dazu fehlten.
Einige Kantonspolizeikorps setzten notabene auch vereinzelt solche
Geräte ein.
Grenzwachsprecherin Widmer versichert: "Es geht hier
ausschliesslich um Sachfahndung, also um Fahrzeugnummern und nicht um
Personen." Deshalb sei dies datenschutztechnisch kein Problem.
Schengen-kompatibel
Zweitens tangiert der grossflächige Einsatz solcher
Kameras
das Schengen-Abkommen. Der Kodex zum Abkommen besagt nämlich im
Grundsatz, dass "Binnengrenzen an jeder Stelle ohne Personenkontrollen
überschritten werden dürfen, und zwar unabhängig von der
Staatsangehörigkeit der betreffenden Personen". Weiter steht: "Die
Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen bedeutet auch die
Abschaffung der Grenzüberwachung." Tove Ernst, Sprecherin der
für Schengen zuständigen Abteilung in der Europäischen
Kommission, hält fest: Die Verwendung von Kameras zur
Überwachung der Fahrzeugkontrollschilder an der Grenze tangiere
das Schengen-Abkommen nicht, solange die Daten nicht zur
Überprüfung der die Grenze querenden Insassen diene.
Mischa Aebi
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RABE-INFO
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Fr. 5. November 2011
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_5._November_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_5._November_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%205.%20November%202010
- Was der Kanton Bern in den vergangenen 20 Jahren erreicht hat
- Warum sich Schweizer Boden eignet um daron co2 zu lagern
- Warum Frauen dreier verschiedenen Religionen ihr Haar bedecken
Links:
http://www.sta.be.ch/site/index/sta-startseite/weiteres/weiteres-gleichstellungskommission.htm
http://www.bfe.admin.ch/dokumentation/energieforschung/index.html
http://www.haus-der-religionen.ch
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OBDACHLOS
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Bund 4.11.10
Der Brückenbauer in der Wohn- und Obdachlosenhilfe
Peter Kobi leitet seit Mitte August die
Koordinationsstelle
Obdachlosigkeit der Stadt Bern. Obwohl er im Hintergrund arbeitet, ist
er einer der wichtigsten Männer in der Obdachlosenhilfe.
Rahel Bucher
In der Öffentlichkeit sind sie meistens unsichtbar,
und mit
den klassischen Clochards von früher haben sie nicht mehr viel
gemeinsam. Weder bauen sie sich in Berns Gassen mit Kartonkisten einen
Schlafplatz, noch liegen sie in Hauseingängen oder auf
Parkbänken. Und doch gibt es auch in Bern Menschen, die ihr Dach
über dem Kopf verloren haben. Für diese Menschen setzt sich
Peter Kobi ein. Seit Mitte August leitet der 54-Jährige die
Koordinationsstelle Obdachlosigkeit der Stadt Bern.
Es kann jeden treffen
"Wir gehen davon aus, dass es in der Stadt Bern 10 bis 15
Personen gibt, die ständig draussen übernachten oder immer
wieder von Provisorium zu Provisorium ziehen", sagt Kobi. Dazu kommen
noch diejenigen, die ein höheres Risiko haben, obdachlos zu
werden. Besonders betroffen davon sind laut Kobi
Suchtmittelabhängige, Prostituierte, psychisch kranke oder
angeschlagene Menschen, Strafentlassene, Arbeitslose,
Ausländerinnen und Ausländer mit "vorurteilsbelasteter"
Nationalität sowie junge Erwachsene, die sich gegen
gesellschaftliche Regeln auflehnen.
Aber auch Eheprobleme - zum Teil verbunden mit
häuslicher
Gewalt - könnten eine Ursache für Obdachlosigkeit sein.
"Nicht zuletzt kann aber jede und jeder plötzlich von
Obdachlosigkeit betroffen sein." So zum Beispiel nach einem Hausbrand
oder bei einem grossen Wasserschaden. In all diesen Fällen und
wenn auch die letzten Stricke - wie zum Beispiel ein vorher noch
intaktes Beziehungsnetz - reissen, kommt Peter Kobi zum Einsatz.
Unsichtbar, aber nicht unwichtig
Denn obwohl er für die Obdachlosen genauso unsichtbar
ist
wie sie selbst für die Gesellschaft, ist er für sie einer der
wichtigen Männer im Hintergrund. Der ausgebildete Sozialarbeiter
kümmert sich darum, dass es in der Stadt Bern im Rahmen der
Obdachlosen- und Wohnhilfe genügend Schlaf- und Wohnangebote gibt.
Dafür steht ihm ein Budget von rund 2,9 Millionen Franken pro Jahr
zur Verfügung, wovon 2,6 Millionen durch den kantonalen
Lastenausgleich übernommen werden.
Zurzeit sind es vier Trägerschaften, mit denen die
Stadt
Bern Leistungsverträge abgeschlossen hat: Heilsarmee Sozialwerk,
Wohnen Bern, Verein Wohn- und Lebensgemeinschaft Stadt und Region Bern
sowie die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen Stadt Bern. Diese
Organisationen bieten Plätze für rund 200 Personen an. Im
Jahr 2009 wurden in allen subventionierten Institutionen zusammen 40
659 Übernachtungen gezählt.
Ebenfalls definiert und kontrolliert er die Anforderungen
an die
Institutionen. Diese reichen von der Bereitstellung eines Notbetts
über die Betreuung in einer Wohn- oder Tagesstruktur bis zur
Begleitung oder Beratung im selbstständigen Wohnen. "Ich habe eine
Art Brückenfunktion zwischen Obdachlosen, Sozialamt,
Liegenschaftsverwaltung, psychiatrischen Kliniken, Institutionen der
Drogen- und Suchthilfe und den Obdachloseninstitutionen", beschreibt
Kobi seine Aufgabe ganz sachlich und kommt wieder auf die von
Obdachlosigkeit Betroffenen zu sprechen.
Mehr obdachlose Männer
"Die Mehrheit der Obdachlosen sind Männer", sagt er.
Unter
anderem habe dies damit zu tun, dass Männer im Falle eines
Schicksalsschlags wie Verlust der Partnerin oder des Arbeitsplatzes
schneller auf der Gasse landeten als Frauen. Männer könnten
sich in der Regel weniger gut in eine Wohn- oder Hausgemeinschaft
einfügen. Weibliche Kontaktnetze scheinen zudem tragfähiger
zu sein als männliche.
Neben den Unterschieden nach Geschlecht gebe es auch
saisonale
Schwankungen, erklärt Kobi. "Normalerweise gibt es im Winter mehr
Obdachlose als im Sommer." Aber auch in Krisenzeiten nehme die Anzahl
Obdachloser zu. Kobi: "Je höher die Arbeitslosigkeit, desto
höher die Anzahl Menschen, die obdachlos werden können." Er
erzählt ganz nüchtern und wirkt pragmatisch. Trotzdem blitzt
dann und wann ein Funke Idealismus durch. So zum Beispiel wenn er sein
wichtigstes Ziel formuliert: "In der Stadt Bern sollen alle ein Dach
über dem Kopf haben."
Mehr Fälle erwartet
Um diesem Ziel näher zu rücken, klärt er
neben dem
Bedarf auch die Bedürfnisse von Menschen ab, die ihren Wohnraum
verlieren, keine zumutbaren Mittel für eine
Übernachtungsmöglichkeit haben und über keine Anschrift
verfügen. So hat sich in den letzten Jahren etwa gezeigt, dass
Notschlafstellen und Notbetten nur noch bedingt dem gesellschaftlichen
und individuellen Bedarf entsprechen. Vielmehr sei ein Trend in
Richtung längerfristige Wohnbegleitung festzustellen, sagt Kobi.
"Immer mehr Menschen werden auf begleitete Wohnplätze angewiesen
sein", prophezeit er. Denn leistungsschwächere, sozial
auffällige oder psychisch instabile Menschen würden zunehmend
aus dem Arbeitsmarkt verdrängt und damit einhergehend auch ihre
Tagesstruktur und ihre Wohnung verlieren.
Immer ein "offenes Ohr"
Aber nicht nur die Leistungsgesellschaft kritisiert er,
sondern
auch den Wohnungsmarkt, der für die sozial Schwächsten kaum
mehr Wohnraum zur Verfügung hält. "In Bern gibt es insgesamt
zu wenig günstigen Wohnraum", sagt er, und die Problematik werde
sich weiter verschärfen. Immer wieder würden bei ihm auch
Leute anrufen, die auf dem regulären Weg versuchten, eine
günstige Wohnung zu finden. Diese könne er auf die
inserierten Wohnungen bei der städtischen Liegenschaftsverwaltung
hinweisen.
Und was, wenn jemand wirklich auf der Strasse steht? Die
meisten
melden sich zuerst beim Sozialdienst oder auch bei Einrichtungen der
Heilsarmee, stellt Kobi fest. Diese helfen den Betroffenen dann weiter
und kontaktieren ihn allenfalls. Oder aber die Betroffenen melden sich
direkt bei ihm. Das komme zwar nicht so häufig vor. Trotzdem habe
er immer "ein offenes Ohr für alle Anliegen", versichert er.
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RANDSTAND CH
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Work 5.11.10
Portraits von unten
Die arme Schweiz
Sie leben von Sozialhilfe, sind alleinstehend,
alleinerziehend,
obdachlos: die sogenannten Armutsbetroffenen. Der Journalist Walter
Däpp und der Fotograf Hansueli Trachsel aus Bern haben die
Tür zur Dunkelkammer der Schweiz aufgestossen. "Wir haben Menschen
mit beeindruckenden Lebensgeschichten getroffen", schreiben Däpp
und Trachsel. "Menschen, die mit Würde, Anstand, Kreativität
und erstaunlicher Demut versuchen, ihren Alltag zu bewältigen."
Walter Däpp, Hansueli Trachsel: Vom Traum, reich zu
sein.
Armutszeugnisse aus der Schweiz. Stämpfi-Verlag, Bern 2010, 80
Seiten, Fr. 29.-.
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RANDSTAND BURGDORF
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BZ 5.11.10
Suppe für die Alkiszene
Burgdorf
Am 15. November startet ein neues Projekt: Immer montags und
freitags
bietet eine privat organisierte Gruppe im Bahnhofquartier warmes
Mittagessen für Randständige an.
Burgdorf und seine Alkoholikerszene im Bahnhofquartier -
dies ist
eine wechselvolle Geschichte von Ärgernis, gegenseitiger
Annäherung, Missverständnissen, Zugeständnissen, Duldung
und hartnäckigem Misstrauen.
Nun schaltet sich eine als Verein organisierte Gruppe
Privater
ein. Initiant ist der Burgdorfer Martin Stäger, dem das Wohl der
Randständigen am Herzen liegt. In den Bereichen Prävention,
Therapie und Polizei sei die Suchtproblematik in Burgdorf bereits
ausreichend abgedeckt, sagt er. Im Sachen Überlebenshilfe gebe es
jedoch noch kein Angebot. Deshalb hat er zusammen mit anderen
engagierten Leuten eine Suppenküche gegründet, die vorerst
bis im Frühling immer am Montag- und Freitagmittag eine warme
Mahlzeit anbietet. Ursprünglich hätte die Ausgabe in einem
Zirkuswagen erfolgen sollen, jetzt wird im Gemeinschaftsraum der
Evangelisch-Methodistischen Kirche gegessen.
Kostenlos warm essen - das ist nicht zu verachten. Wird
sich das
Angebot in der Region herumsprechen? Werden sich schon bald
Randständige aus dem ganzen Emmental und den Nachbarregionen in
langen Warteschlangen vor der Lokalität in Burgdorf einfinden?
Einen solchen Effekt jedenfalls befürchtete die Stadt, als sie dem
Initianten im Frühling verbot, mit einem Verpflegungswagen im
öffentlichem Raum aufzufahren. Heute sagt die für das Soziale
zuständige Gemeinderätin Annette Wisler Albrecht: So, wie die
Suppenküche jetzt aufgezogen sei, nämlich in einem privaten
Raum, sei es weniger problematisch. In diesem Rahmen fühlten sich
wohl eher Einheimische angesprochen.heb Seite 4
--
Burgdorf
Warme Küche für Leute aus der Alkiszene
BurgdorfIn wenigen Tagen startet in Burgdorf die
Suppenküche
für Randständige. Ursprünglich wollten Martin
Stäger und seine Mitinitianten das Angebot in einem Zirkuswagen
lancieren; nun wurde für das private Projekt ein Raum in der
Johanneskapelle gefunden.
Der Burgdorfer Martin Stäger kennt Leute, die in die
örtliche Suchtszene abgerutscht sind. Viele von ihnen sind
körperlich geschwächt und werden gerade im Winter, wenn es
kalt ist, noch grösseren Strapazen ausgesetzt sein. Dass sie alle
eine eigene Wohnung haben, weiss Stäger zwar, aber ebenso bekannt
ist ihm die Tatsache, dass die meisten von ihnen aus sozialen und
praktischen Gründen den Tag meistens im Freien verbringen - einst
vor dem Coop City an der Bahnhofstrasse, derzeit bei der alten
Butterzentrale ebenfalls im Bahnhofquartier. "Hier treffen sie sich, um
nicht allein sein zu müssen, und hier warten auswärtige
Klienten auf den abendlichen Termin in der heroingestützten
Suchttherapie", sagt der gelernte Psychiatriepfleger.
Montags und freitags
Was den Randständigen an ihrem Aufenthaltsort im
Freien
fehlt, ist warme Küche - und hier will Stäger zusammen mit
anderen engagierten Privatleuten einspringen. Sie gründeten zu
diesem Zweck den Verein Suppenküche und werden am 15. November nun
starten: Im Gemeinschaftsraum der Evangelisch-Methodistischen Kirche an
der Bahnhofstrasse 12 gibt es künftig immer am Montag und Freitag
von 11.30 bis 13.30 Uhr gratis warme Küche und einen Kaffee.
Alkohol dagegen wird keiner ausgeschenkt, und Tabak ist hier ebenfalls
tabu.
Gekocht und ausgeschenkt wird nicht nur von
Vereinsmitgliedern,
sondern auch von weiteren Freiwilligen. Und woher nimmt der Verein das
Geld? "Wir beziehen die Nahrungsmittel von der Schweizer Tafel",
erklärt Martin Stäger. Diese Institution sammelt in den
Geschäften datumsverfallene, aber noch immer einwandfreie
Nahrungsmittel ein und liefert diese kosten-los an soziale
Institutionen. Die Burgdorfer Suppenküche arbeitet zudem mit
einheimischen Geschäften zusammen, die im Bedarfsfall Lebensmittel
spenden. Müssen allfällige Ergänzungskäufe
getätigt werden, greift man auf den finanziellen Notvorrat aus den
Vereinsmitgliederbeiträgen zurück.
Unerwünschter Sog?
Verschiedene angefragte Stiftungen und die Stadt selber
beteiligen sich am Projekt - zumindest vorläufig - jedoch nicht.
"Besagte Stiftungen sprechen vor allem Gelder für
Behinderteninstitutionen, und die Stadt stellt sich auf den Punkt, dass
eine Suppenküche Randständige aus der ganzen Region anziehen
könnte", berichtet Stäger. Bei der Akibu, der
Arbeitsgemeinschaft der Kirchen in Burgdorf, stiessen die Initianten
jedoch auf offene Ohren: Der Erlös der Kollekte aus dem
Bettagsgottesdienst floss dem Verein Suppenküche zu, und
Akibu-Präsident Beat Kurmann, zugleich Pastor der
Evangelisch-Methodistischen Kirche, stellte für das Projekt den
Gemeinschaftsraum in der Johanneskapelle zur Verfügung.
Damit war die Raumfrage elegant gelöst, denn
ursprünglich hätten die Initianten eine Gassenküche in
einem Zirkuswagen aufziehen wollen, scheiterten aber an den hohen
Anschaffungskosten und dem Nein der Stadt. Den Wagen hätte man
unmittelbar bei der alten Butterzentrale aufstellen wollen, also
möglichst nahe bei der Kundschaft. Diese hat es nun auch bei der
alternativen Lösung nicht weit: Die Evangelisch-Methodistische
Kirche respektive deren Johanneskapelle befindet sich bloss hundert
Schritte von der alten Butterzentrale entfernt.
Nun wollen Martin Stäger und seine Leute erst einmal
schauen, wie sich die Suppenküche bis im Frühling
anlässt, und dann über weitere Schritte entscheiden.Etwa
darüber, die Mitwirken-den bescheiden zu entschädigen. Oder
auch, erneute Verhandlungen mit der Stadt aufzunehmen. "Falls sich
zeigen sollte, dass die Küche keine Leute von auswärts
anzieht, bringt sich die Stadt vielleicht doch noch ein, ich habe die
Hoffnung nicht aufgegeben", sagt Stäger.
Hans Herrmann
--
"In diesem Rahmen kann es klappen"
Gemeinderätin Annette Wisler Albrecht findet das
private
Burgdorfer Suppenküchenprojekt in der jetzigen Form soweit in
Ordnung.
Die in Burgdorf für das Soziale zuständige
Gemeinderätin Annette Wisler Albrecht nimmt das private
Suppenküchenprojekt des Vereins um Martin Stäger wohlwollend,
aber nicht euphorisch zur Kenntnis. Der Initiant habe an die Stadt ein
Gesuch um Erlaubnis und finanzielle Beteiligung gestellt, als das
Projekt noch in einem zentral aufgestellten Wagen hätte
durchgeführt werden sollen. "Dazu sagten wir klar Nein, denn ein
solches Angebot hätte Randständige aus anderen Orten anziehen
und die Problematik in der Stadt verschärfen können", sagt
Wisler auf Anfrage. Jetzt aber, da die Suppenküche in einer
privaten Räumlichkeit untergebracht sei, habe sich die
Ausgangslage verändert. Hier beschränke sich die
Teilnehmerschaft wohl eher auf Leute aus Burgdorf selber; zudem sei es
in einem Gebäude einfacher, Regeln durchzusetzen. "In diesem
Rahmen kann das Angebot funktionieren; im Übrigen finde ich es
toll, dass sich Freiwillige für andere Menschen einsetzen."
In Bezug auf die Randständigen sei es Aufgabe der
Politik,
dafür zu sorgen, dass sich im Bahnhofquartier nach wie vor alle
Leute wohl fühlten, sagt Wisler weiter. Die von der Stadt
durchgeführten runden Tische hätten einiges zum gegenseitigen
Verständnis beigetragen. So hätten die Geschäftsleute
erfahren, dass manche Randständige sehr wohl einer Arbeit
nachgingen, während die Szene zur Kenntnis genommen habe, dass
sich ihre andauernde Gegenwart an der Bahnhofstrasse zum Teil
umsatzmindernd auswirke. Heute trifft sich die Alkoholikerszene denn
auch nicht mehr an exponiertester Stelle vor dem Coop, sondern unter
dem Dach der alten Butterzentrale.
heb
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WEGWEISUNG SG
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St. Galler Tagblatt 5.11.10
Der Trend zu Ruhe und Ordnung
Wegweisungsland
In Rorschach steht ein "Reglement über Ruhe, Ordnung
und
Sicherheit" zur Debatte. Dessen Eckpunkte sind systematische
Videoüberwachung, die verstärkte Präsenz privater
Sicherheitsdienste sowie die Möglichkeit, Personen wegzuweisen.
Rorschach reiht sich damit in eine Vielzahl Ostschweizer Gemeinden ein,
die ähnliche Reglemente für den öffentlichen Raum
erlassen haben oder daran arbeiten. Den Startschuss zu dieser
Entwicklung gab das 2005 eingeführte St. Galler Polizeireglement.
Wir schauen zurück, fragen Fachleute, woher dieser Trend kommt und
zeigen, wie auch Private wie etwa die SBB von Wegweisungen Gebrauch
machen. (upz) ostschweiz 33
--
Ruhe und Ordnung im Visier
Ein "Reglement über Ruhe, Ordnung und Sicherheit"
steht in
Rorschach zur Debatte. Die Stadt steht damit in einer Reihe
Ostschweizer Gemeinden, die die Kontrolle über den
öffentlichen Raum verstärken und teils Privaten
übertragen.
Urs-Peter Zwingli
In Rorschach bedürfen die "verfassungsmässigen
Werte
Freiheit, Sicherheit und Wohlfahrt" eines besonderen Schutzes - mit
diesen Worten lancierte die örtliche CVP im Herbst 2009 eine
Petition. Insbesondere, so heisst es darin, solle der Stadtrat
prüfen, ob die "systematische Videoüberwachung von
neuralgischen Punkten" und die verstärkte Präsenz von
Sicherheitspersonal die "Sicherheit und Bewegungsfreiheit" der
Bürger erhöhe. Die Petition kam zustande, der Stadtrat
arbeitete darauf gemeinsam mit Rorschacherberg das "Reglement über
Ruhe, Ordnung und Sicherheit" aus. Dieses unterliegt seit dem 13.
Oktober noch bis zum 22. November dem fakultativen Referendum.
Verstreicht diese Referendumsfrist ungenutzt, so ist
Rorschach
mit dem Reglement, das nebst Videokameras auch Wegweisungen durch
private Sicherheitsdienste vorsieht, nur das jüngste Beispiel in
einer Reihe Ostschweizer Gemeinden, die ähnliche Gesetze erlassen
haben - oder daran arbeiten.
Andere Städte ziehen nach
"Es ist eine allgemeine Tendenz zur Regulierung des
öffentlichen Raums beobachtbar", sagt Caroline Fritsche,
wissenschaftliche Mitarbeiterin am "Kompetenzzentrum Soziale
Räume" des Instituts für soziale Arbeit an der Fachhochschule
St. Gallen (FHS). Fritsche beschäftigt sich mit Stadt-, Raum- und
Architektursoziologie und arbeitet im FHS-Ableger in Rorschach.
Für die Tendenz sieht Fritsche verschiedene
Gründe:
Einerseits gebe es die verbreitete Ansicht, dass "gesellschaftliche
Spielregeln" im öffentlichen Raum nicht mehr eingehalten
würden - worauf der Staat die verlorene Ordnung dann wieder
herstelle. Andererseits sei zurzeit eine "Neuverhandlung" im Gange, was
im öffentlichen Raum einer Gemeinde gewollt und geduldet ist.
Nicht zuletzt sei die Art, wie eine Kommune ihren öffentlichen
Raum behandle, auch ein starker Faktor im Standortwettbewerb: "Wenn
eine Stadt die Regeln verschärft, ziehen andere oft nach."
Beispielhaft steht dafür die Entwicklung der
vergangenen
fünf Jahre in der Ostschweiz: Die Pionierrolle hatte 2005 die
Stadt St. Gallen mit ihrem revidierten Polizeireglement eingenommen.
Besonders dessen als "Wegweisungsartikel" bekannter Absatz, gemäss
dem Personen für 24 Stunden von einem Ort weggewiesen werden
können, spaltete die Bevölkerung. Gegen das Reglement wurde
das fakultative Referendum ergriffen. Nach einem hitzigen
Abstimmungskampf wurde das Reglement mit zwei Dritteln Ja-Stimmen klar
angenommen. Seit es 2006 in Kraft getreten ist, hat sich die Zahl der
Wegweisungen auf Stadtgebiet jedes Jahr verdoppelt. Und auch Private,
wie etwa die SBB, die die Möglichkeit von Wegweisungen haben,
machen davon fleissig Gebrauch (siehe Text unten).
Startschuss gegeben
St. Gallen blieb kein Einzelfall: Seit dem 1. Januar 2009
kennt
auch das kantonale St. Galler Polizeigesetz einen Wegweisungsartikel.
Dieser sieht im Gegensatz zum städtischen Artikel vor, dass nicht
nur Personen in Ansammlungen, sondern auch Einzelpersonen weggewiesen
werden können.
Nebst dem Kanton hatten unterdessen auch verschiedene
Gemeinden
ihre eigenen Reglemente angepasst: Die Stadt Wil erliess per 2009 ein
Polizeireglement, das Wegweisungen und Videoüberwachung des
öffentlichen Raums vorsieht. Nationale Berühmtheit erlangte
im März 2009 die Stadt Gossau mit ihrem Polizeireglement, das ein
Spuckverbot und Ausgehregelungen für Jugendliche beinhaltet. Im
ersten Jahr wurden zwölf Spucker mit Bussen belegt. Der Gossauer
Stadtpräsident Alex Brühwiler sagte damals, dass andere
Gemeinden möglicherweise "auf die Gossauer Lösung
zurückgreifen, da sich diese als mehrheitsfähig erwiesen hat".
Behörden: Unsicher, ob es wirkt
Ein Polizeireglement mit den Eckpunkten
Videoüberwachung,
Wegweisung und Abtretung von Kompetenzen an private Sicherheitsdienste
hat zudem Buchs 2008 erlassen - politische Gegner sprachen vom "Big
Brother Buchs". In Altstätten ist die Referendumsfrist für
ein ähnliches Reglement diesen Oktober ungenutzt verstrichen.
Patrouillen von Sicherheitsdiensten gehören in den meisten
Ostschweizer Gemeinden schon fast selbstverständlich zum Ortsbild.
Laut Stadtsoziologin Fritsche ist nebst der Repression
auch die
Prävention auf dem Vormarsch. "Allerdings fehlen Kenntnisse
darüber, wie Störfaktoren, Massnahmen und deren Wahrnehmung
zusammenhängen." Daher analysieren Forscher der FHS in einem
Projekt "kommunale Strategien im Umgang mit aktuellen Formen der
Unordnung" - unterstützt von der Stadt St. Gallen und dem Kanton
Appenzell Ausserrhoden. Auslöser dafür ist laut
Projektbeschrieb unter anderem die "Unsicherheit der Stadt St. Gallen
und des Kantons Appenzell Ausserrhoden, inwiefern durch eine Zunahme
von Massnahmen die Verminderung von Unordnung im öffentlichen
Raume näher rückt". Einfacher gesagt: Man besinnt sich, ob
der öffentliche Raum durch immer mehr Regeln und Zwang wirklich
sicherer und sauberer wird. Wer Antworten will, muss sich gedulden: Das
Forschungsprojekt läuft noch bis 2012.
--
Referendum?
Die SP Rorschach beriet gestern darüber, ob sie das
Ordnungsreglement per Referendum verhindern will. Der Entscheid lag bis
Redaktionsschluss nicht vor. Präsident Max Bürkler sagte im
Vorfeld, er rechne "kaum" damit, dass die SP das Referendum ergreife.
(upz)
--
Am Bahnhof hagelt's Hausverbote
Bahnhöfe gehören zu den am stärksten
frequentierten Orten im öffentlichen Raum - der St. Galler
Hauptbahnhof etwa wird pro Tag von rund 65 000 Menschen benutzt. Trotz
dieser Funktion als zentral gelegene Treffpunkte sind Bahnhöfe
Sonderfälle, für die eigene Regeln gelten: Weil sie im Besitz
der SBB sind, handelt es sich bei allen Bahnhöfen "eigentlich um
privates Gelände", wie Petra Ludewig, Mediensprecherin der
Stadtpolizei St. Gallen, sagt. Wegen der öffentlichen
Zugänglichkeit sei die Polizei jedoch gemeinsam mit den SBB
für die Sicherheit zuständig. "Bei Bedarf kann die Polizei
darum auch für den Bahnhof Wegweisungen aussprechen."
So viele Verbote wie in Zürich
Ein ungleich machtvolleres Mittel als die polizeilichen
Wegweisungen, die normalerweise 24 Stunden (für
Wiederholungstäter in besonderen Fällen bis zu 30 Tage)
gültig sind, haben aber die SBB in der Hand: Sie können nach
eigenem Ermessen Hausverbote für alle ihre Bahnhöfe und die
dazugehörenden Geschäfte erlassen - und das mit
unbeschränkter Gültigkeit.
Laut SBB-Mediensprecher Daniele Pallecchi wird für
den St.
Galler Hauptbahnhof ein Hausverbot pro Woche ausgesprochen - und damit
aktuell gleich viel wie am Zürcher HB. Etwa 130 Personen
hätten in den vergangenen zwölf Monaten in St. Gallen ein
Verbot erhalten, was für diese Zeit sogar einen Schnitt von zwei
Verboten pro Woche ergibt. Diese hohen Zahlen hängen damit
zusammen, dass der Bahnhof St. Gallen seit einem Jahr als "Rail City"
zählt - "eine Art Einkaufszentrum im Bahnhof", sagt Pallecchi.
Damit sich die Kunden wohl fühlten, hätten die SBB die
Präsenz privater Sicherheitsleute am Bahnhof deutlich
verstärkt. "Mehr Kontrolle bringt halt mehr Sanktionen mit sich",
sagt Pallecchi. Er rechnet damit, dass die Zahl der Hausverbote langsam
wieder sinken wird. Betroffen von den Verboten sei unter anderem die
"Bettlerszene", die man vom Bahnhof St. Gallen fernhalten wolle. Solche
"Szenen" störten das "persönliche, subjektive
Sicherheitsempfinden der Kunden". Auf Nachfrage stellt Pallecchi klar,
dass die Sicherheitslage am Bahnhof St. Gallen gut sei.
Die verstärkten Patrouillen der Sicherheitsdienste,
die
gestiegene Zahl von Hausverboten - das alles dient demnach in erster
Linie den SBB-Kunden, die sich in der "RailCity" bewegen und
konsumieren. Wirkliche Sicherheitsprobleme bestehen laut Pallecchi
hingegen nicht.
Nicht sitzen, nicht rauchen
Rechtliche Basis für ein Hausverbot ist die
Bahnhofsordnung,
gestützt auf das Eisenbahngesetz. Diese "Hausordnung" hängt
an jedem SBB-Bahnhof aus. Nicht erlaubt sind demnach etwa "Sitzen und
Liegen auf Boden und Treppen, Mitführen freilaufender Hunde,
Rauchen in Nichtraucherzonen, Betteln, ungebührliches Verhalten
gegenüber Reisenden oder SBB-Personal".
Aussprechen können die Hausverbote die Bahnpolizei
Securitrans oder die Polizei. Ein Verbot gilt an sich für immer;
nach einer Frist von zwei Jahren können Betroffene einen
schriftlichen Antrag stellen, das Verbot aufzuheben. Hält sich ein
Verbotener "unnötig" (Zitat Pallecchi) am Bahnhof auf, wird er
wegen Hausfriedensbruchs angezeigt - darauf folgt der Strafbefehl der
Staatsanwaltschaft mit einigen hundert Franken Busse. Trotzdem
können auch Personen mit einem Bahnhofverbot noch Zug fahren.
Allerdings dürfen sie sich nur wenige Minuten auf dem Gelände
bewegen, um ein Billett zu kaufen oder in den Zug zu steigen. (upz)
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SQUAT FR
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Freiburger Nachrichten 5.11.10
Gericht fällt keinen Entscheid über Besetzung
Zurück zum Absender: Oberamtmann Carl-Alex
Ridoré
muss entscheiden, was mit dem besetzten Boxal-Areal geschieht.
Pascal Jäggi
Freiburg Wenn es sein muss, handeln auch Gerichte schnell.
Die
verwaltungsrechtliche Abteilung des Kantonsgerichts hat gestern
entschieden, dass sie in der Frage des besetzten Boxal-Areals in
Freiburg nicht zuständig sei. Die Strafanzeige der Besitzerin, der
Metallwerke Refonda, gegen das Besetzerkollektiv Raie Manta habe nichts
mit den Rekursen von Mietern gegen den Schliessungsentscheid von
Oberamtmann Carl-Alex Ridoré aus dem Jahr 2009 zu tun, schreiben
die Kantonsrichter in ihrem Entscheid.
Auf die Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch und
Sachbeschädigung müsse der Oberamtmann reagieren. Dieser
verfüge über die nötigen Mittel, sprich die
Kantonspolizei, um in der Sache zu handeln. Die Besetzer seien illegal
in dem Gebäude. Das Ganze sei also eine strafrechtliche Frage, so
das Gericht.
Ridoré hatte die Frage am letzten Freitag an das
Kantonsgericht weitergeleitet, nachdem die Besitzerin ein Gesuch zur
Räumung gestellt hatte. Auf Anfrage zeigt er sich froh, dass nun
juristisch alles geklärt sei. Zu konkreten Massnahmen wollte
Ridoré aber keine Stellung nehmen.
Seit einer Woche besetzt
Das Kollektiv Raie Manta hat das Bürogebäude auf
dem
Boxal-Areal am 28. Oktober besetzt. Zuvor hatte es zwei andere
Gebäude in Freiburg besetzt, die von der Polizei aber rasch wieder
geräumt wurden.
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La Liberté 5.11.10
Espace Boxal
Le Tribunal cantonal "n'est pas compétent"
Claudine Dubois
Le Tribunal cantonal, section administrative, "n'est pas
compétent pour se saisir de la requête en
évacuation des locaux déposée le 28 octobre 2010,
par la société Metallwerke Refonda AG" -
propriétaire des bâtiments d'Espace Boxal à
Fribourg, squattés depuis le 27 octobre - selon l'arrêt
publié hier par la cour administrative présidée
par Christian Pfammatter. Une décision prise en
accéléré, qui "renvoie la patate chaude" au
préfet de la Sarine, Carl-Alex Ridoré.
Film des récents événements: Le 27
octobre
2010, les membres du collectif Raie Manta investissent divers locaux du
bâtiment 2C d'Espace Boxal, pour y concrétiser leur projet
de vie alternatif. Ceci en dépit des mesures préventives
prises pour empêcher l'accès au bâtiment et son
occupation illicite.
Le lendemain, la société propriétaire
du
site dépose auprès du préfet une requête en
vue de l'évacuation immédiate des squatters par la
police. Le jour suivant, soit le 29 octobre, le préfet transmet
la demande d'évacuation au Tribunal cantonal ("LL" d'hier).
Carl-Alex Ridoré estime que dès le moment où il a
ordonné le 9 juillet 2009 la fermeture des locaux sis au passage
du Cardinal pour des raisons sanitaires et sécuritaires, et que
sa décision est attaquée par un recours de quelques
locataires (recours pendant au Tribunal cantonal) il ne peut pas se
prononcer une seconde fois.
Dans l'arrêt publié hier, la Cour
administrative
estime elle qu'il ne s'agit pas de se prononcer sur la décision,
contestée, de la fermeture du site, mais bien de répondre
à la requête de Metallwerke Refonda AG de faire
évacuer par la police des squatters qui occupent des locaux dont
elle est propriétaire.
Le tribunal administratif ajoute en prime que la violation
de
domicile ne relève pas de son autorité, mais bien du juge
pénal. L'avocat du propriétaire a d'ailleurs
déposé le 3 novembre plainte pénale contre
inconnus pour violation de domicile et dommages à la
propriété.
"Pour le reste, à supposer que les squatters
portent
atteinte à l'ordre public, il appartient au préfet de
prendre les mesures qui s'imposent. Il dispose à cet effet de la
police cantonale", assène la Cour administrative du Tribunal
cantonal.
En résumé, l'évacuation des squatters
ne
relève pas de la compétence du Tribunal administratif,
tranche ce dernier, et si le préfet persiste à soutenir
le contraire, l'affaire devra être transmise au Conseil d'Etat. I
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SQUAT ZH
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Tagesanzeiger 5.11.10
Atlantis-Besetzer dürfen einen Raum behalten
Der neue Atlantis-Mieter Werner Hofmann glaubt nicht, dass
sich
die Aktivisten an das Ultimatum halten werden.
Von Stefan Hohler
Am Donnerstagnachmittag hat sich Werner Hofmann, der neue
Mieter
des ehemaligen Hotel Atlantis im Triemli, mit den Aktivisten getroffen,
die das Gebäude seit zwei Wochen besetzt halten. Dabei hat er
ihnen folgenden Kompromiss angeboten, wie er gestern auf Anfrage sagte:
Bis Montagmorgen um 7 Uhr müssen die rund 20 Besetzer einen
unterschriftbereiten Vertrag abliefen. Darin müssen sie darlegen,
wie sie den rund 300 Quadratmeter grossen Gartensaal nutzen wollen.
Diesen Teil des Gebäudes würde Werner Hofmann den Besetzern
unentgeltlich überlassen und zusätzlich die Wasser-, Strom-
und Heizungskosten übernehmen.
"Letzte Chance"
"Aber ich verlange, dass drei namentlich genannte Personen
die
Verantwortung übernehmen", sagt Hofmann. Er fordert, dass sich die
drei Personen mit einem amtlichen Papier ausweisen. Die Besetzer
müssen sonst bis Montagmittag um 12 Uhr das Hotel verlassen, damit
die Umbauarbeiten für die Studentenwohnungen reibungslos
vorangehen können. Hofmann betont, dass dies das letzte Ultimatum
sei. Falls die Besetzer weiterhin im Hotel bleiben, werde die Polizei
das Gebäude räumen. Gefragt, wie er die Chancen für eine
friedliche Lösung einschätze, gibt er sich wenig
optimistisch: "20 Prozent, dass die jungen Leute freiwillig gehen, 80
Prozent dass die Polizei einschreiten muss." Der "Oberhäuptling"
der Besetzer sei nämlich bei den Gesprächen nicht anwesend
gewesen, begründet Hofmann seine pessimistische Prognose.
Laut Hofmann dürfe der Gartensaal nicht zum Wohnen
genutzt
werden, sondern nur für kulturelle Anlässe wie Musik- oder
Theateraufführungen. Ob die Besetzer dabei kommerzielle oder nicht
kommerzielle Veranstaltungen durchführen, sei ihm egal. Die
Aktivisten hatten in der Vergangenheit davon gesprochen, im ehemaligen
Fünfsternehotel am Fusse des Uetlibergs alternative Kulturprojekte
durchzuführen.
Am Donnerstagmorgen haben die ersten Umbauarbeiten
begonnen. Rund
30 Arbeiter waren damit beschäftigt, das alte Mobiliar zu
entsorgen, die Teppiche aus den Zimmern zu reissen und die ersten
Malerarbeiten zu tätigen. Bauleiter Walter Hollenstein rechnet
damit, dass bis Ende Monat die ersten 70 Zimmer bezugsbereit sind.
Insgesamt sollen 150 Studenten im ehemaligen Hotel eine Bleibe finden.
Der Mietpreis für ein Zimmer liegt bei rund 350 Franken.
Opfer eines Amoklaufs
Hofmann, der in Buchs eine Sanitärfirma und eine
Firma in
der Immobilienbranche besitzt, ist im letzten Januar von einem
amoklaufenden Mitarbeiter mit fünf Kugeln niedergestreckt und
schwer verletzt worden. Jetzt hat sich der 59-Jährige aber wieder
voll erholt.
Er habe schon längere Zeit nach einer Liegenschaft
gesucht,
in der er günstige Zimmer für Studenten anbieten könne.
Als er beim Hotel Atlantis fündig wurde, nahm er mit der
Besitzerin der Liegenschaft, einer Firma aus dem Kanton Waadt, Kontakt
auf. Der Vertrag läuft bis Dezember 2011, allenfalls noch ein Jahr
länger. Er hofft, das Atlantis-Projekt kostendeckend
durchführen zu können.
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20 Minuten 5.11.10
Atlantis wird saniert - doch Besetzer wollen nicht raus
ZÜRICH. Im besetzten Hotel Atlantis sind Handwerker
seit
gestern dabei, Zimmer für Studenten herzurichten. Die Besetzer
denken aber nicht daran, zu gehen.
Im besetzten Hotel Atlantis werden seit gestern Wände
gestrichen und Teppiche herausgerissen. "Bereits in einer Woche
können die ersten Studenten einziehen", sagt Bauleiter Walter
Hollenstein. Mitte Dezember sollen im ehemaligen Luxushotel nach einer
Pinselrenovation 150 Studenten-Zimmer zu 400 Franken pro Monat
bereitstehen (20 Minuten berichtete). "Es haben sich bis jetzt schon
über 50 Studenten gemeldet, die ein Zimmer mieten möchten",
so Hollenstein.
Die 150 Zimmer sind über das ganze Hotel verteilt -
doch die
Hälfte davon ist nach wie vor von Aktivisten besetzt. "Wir werden
hier nicht weggehen, weil wir den Platz für Kunst und Kultur
benötigen", sagt ein Sprecher der Besetzer. Diesen hätten sie
nirgends in der Stadt. "Für Studenten gibts genügend
Wohnraum, zudem ist die Uni und die ETH viel zu weit weg von hier", so
der Sprecher. An Unterstützung mangelt es den Aktivisten offenbar
nicht: Bereits über 200 Künstler hätten sich zum
Arbeiten gemeldet, sagen die Besetzer. Sie klären zurzeit auch
ihre rechtliche Situation ab: "Solange keine Baubewilligung vorliegt,
müssen wir nicht gehen." Eine Einigung mit dem Mieter Werner
Hofmann, der rund 500 000 Franken in den Umbau investiert, haben sie
bisher nicht gefunden. Dieser fordert von den Besetzern, dass sie das
Hotel bis spätestens am Montagmorgen verlassen.
David Torcasso
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Limmattaler Zeitung 5.11.10
Besetzer erhalten eine neue Frist
Hotel Atlantis Bis zum nächsten Montag um 12 Uhr
haben die
Besetzer des Zürcher Hotels Atlantis Zeit, das Gebäude zu
verlassen. Diese neuerliche Frist hat ihnen der Buchser Werner Hofmann,
der Mieter des Hotels, eingeräumt. "Die Besetzer konnten mich mit
ihrem Anliegen nach einem Kulturraum überzeugen",
erklärt er seine Verhandlungsbereitschaft.
Bis Montag um 7 Uhr müssen sie ihm ein Konzept
vorlegen, wie
sie den Gartensaal des "Atlantis" als Kulturraum nutzen wollen. "Das
Konzept muss unterschrieben sein und wir überprüfen die Namen
mit ihren Pässen", sagt Hofmann. Der Gartensaal soll ein
Kulturraum werden, klar sei aber, dass die Aktivisten diesen nicht als
Wohnraum nutzen können.
So oder so müssen sie damit das Haus bis zum
Montagmittag
verlassen haben, "dann ist für mich Ende der Durchsage. Gehen sie
nicht, erstatte ich Strafanzeige", kündigt Hofmann an.
60 Zimmer besetzt
Gestern Morgen um 7 Uhr haben die Bauarbeiten am Hotel
begonnen.
Heute um 14 Uhr werden die 40 Handwerker nichts mehr zu tun haben. Von
den 150 Zimmern halten die Aktivisten 60 Zimmer, den ganzen
Ostflügel, besetzt.
"Neue Teppiche und Farbe an den Wänden will ich erst
anbringen, wenn die Besetzer draussen sind", sagt Hofmann. Er hat
bereits Interessenten für die Zimmer. So will das Spital Sanitas
Zimmer für Mitarbeiter mieten. (dma)
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SQUAT VD
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24 Heures 5.11.10
Lausanne - Les squatters peuvent rester
Un règlement à l'amiable a été
trouvé entre les squatters qui occupent une maison vide -
à la rue Saint-Martin, depuis le 3 septembre - et la
fondation Previva, propriétaire de l'immeuble. Les squatters
peuvent rester en place jusqu'au printemps prochain, à condition
de respecter ce nouveau délai et de se montrer discrets
jusque-là. Au printemps, l'immeuble devrait être
démoli pour faire place à une nouvelle bâtisse. "Je
suis satisfait. Nous sommes arrivés à une solution
convenable", a expliqué le président de la fondation
Previva àLausanne-Cités. L. A.
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KULTURSTREIK GE
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Tribune de Genève 5.11.10
Certifié conforme, le Moa espère rouvrir demain
soir
Marc Moulin
Une réouverture limitée pourrait être
autorisée. L'Etat ne confirme pas. La police du feujuge le lieu
"exploitable"
La boule à facettes pourrait bientôt
reprendre du
service au Moa Club. Fermé depuis le 6 octobre,
l'établissement du chemin des Batailles à Vernier
pourrait accueillir à nouveau les fêtards, de façon
limitée, cette semaine encore. Selon nos informations, la
discothèque devrait pouvoir ouvrir ses portes une fois par
semaine. "Nous avons obtenu par oral cette même information ce
matin, mais n'avons pas encore reçu de notification officielle",
indiquait hier Linda Hamadi, porte-parole de la discothèque, qui
espère une réouverture ce samedi à 23 heures. Un
flyer annonçant pour demain une Mega all style party est
déjà prêt.
L'Etat reste coi
"Si cela se vérifie, c'est un excellent signe", se
réjouit Sébastien Courage, l'un des fondateurs du lieu.
Mais du côté de l'Etat, on ne confirme pas la nouvelle.
Responsable du Service du commerce, qui a ordonné la fermeture,
le Département des affaires régionales, de
l'économie et de la santé (Dares) indique qu'aucune
décision n'est encore prise et que ses fonctionnaires
travaillent toujours sur le dossier. A la fin de septembre, un rapport
de la Cour des comptes épinglait la sécurité au
Moa Club. La discothèque est par ailleurs en conflit avec le
propriétaire de ses murs, qui a résilié le bail.
En attendant que sa décision soit prête, le
Dares se
refuse à tout commentaire. Les interrogations du Moa restent
donc sans réponse: "Tous les travaux demandés ont
été effectués, nous ne comprenons pas pourquoi
nous ne sommes pas autorisés à reprendre pleinement notre
activité", relève Linda Hamani. Car le club n'est pas
serein: "Nous sentons une forte demande de notre public et, si on ne
peut pas rouvrir rapidement, nous risquons la faillite, relève
Sébastien Courage. Les charges continuent de courir. Nous
n'avons licencié personne dans notre équipe qui est
calibrée pour une structure ouvrant 115 soirs par an, et non pas
seulement une cinquantaine. J'espère que cette limitation de
l'ouverture, si elle se confirme, n'est que temporaire. "
Préavis favorable
La discothèque a effectué ces derniers jours
des
travaux pour se conformer aux observations de la police du feu.
Celle-ci avait émis le 11 juin un préavis
favorable, mais assorti de douze conditions. Les inspecteurs sont
revenus sur le site la semaine dernière et ont
rédigé vendredi un document que laTribune de
Genèves'est procuré. Signé par le chef de service,
il conclut que la "police du feu considère que
l'établissement est exploitable en l'état et
préavise en conséquence favorablement sa
réouverture".
Selon ce rapport de deux pages, certaines des conditions
formulées en juin sont devenues caduques, deux espaces de la
boîte (le Jetlag et le fumoir) ayant été
fermés. L'inspection prend note des adaptations
réalisées, comme l'inversion d'une poignée de
double porte ou l'installation d'une alarme d'évacuation. Le
texte note aussi l'engagement du requérant à se conformer
aux conditions fixées. Le rapport donne ainsi un délai de
deux mois pour niveler et élargir un chemin sur lequel donne une
issue de secours.
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Weetamix
Espoirs pour un futur proche
Autre club verniolan bouclé en octobre, Weetamix
est pour
sa part dans l'expectative. "Une requête en autorisation de
construire a été déposée et la police du
feu est venue sur place, indique Me Pascal Pétroz, avocat de
Weetamix. Dans le cadre de notre collaboration avec les services de
l'Etat, nous avons bon espoir que la soirée prévue le
vendredi 12 novembre puisse avoir lieu. "
La clôture du Moa et de Weetamix a accentué
le
manque de lieux festifs abordables à Genève.
Saturée, l'Usine est entrée en grève le
23 octobre, entraînant ses habitués durant
deux week-ends dans des défilés nocturnes en ville. Des
déprédations ont eu lieu. Magistrate chargée de la
Police, Isabel Rochat ne compte pas tolérer de nouveaux
cortèges ce week-end. En outre, les autorités pourraient
dévoiler aujourd'hui un immeuble au centre-ville, dont deux
étages seraient voués à la fête. M. M.
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DROGEN
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Basler Zeitung 5.11.10
Meistens gehts um Drogen
Weniger Jugendstrafurteile wegen Gewaltdelikten
Insgesamt ist die Anzahl Jugendlicher, die wegen einer
Straftat
verurteilt wurden, im Vergleich zum Vorjahr zwar gestiegen. Aber es gab
weniger Verurteilungen wegen Gewaltdelikten.
Die Anzahl der Jugendstrafurteile ist 2009 auf über
15 000
gestiegen - weil mehr jugendliche Drogenkonsumenten bestraft wurden.
Dagegen wurden weniger Junge wegen Gewaltdelikten verurteilt.
Wie aus den Daten des Bundesamtes für Statistik
hervorgeht,
stieg die Gesamtzahl der Jugendstrafurteile von 14 651 im Jahr 2008 auf
15 064 im Jahr 2009, was eine Zunahme von 2,8 Prozent ausmacht. 2005
und 2006 wurden jeweils knapp 14 000 Strafurteile gegen Jugendliche
ausgesprochen, 1999 12 000. Gesunken sind die Jugendstrafurteile in den
beiden Basel: 2009 kam es in Basel-Stadt zu 474 Verurteilungen, 2008
waren es noch 532; im Kanton Baselland wurden 301 Jugendliche
verurteilt, im Vorjahr 340.
Mehrheitlich Schweizer
Diebstahl und Drogenkonsum sind die häufigsten Straftaten.
Die
Verurteilungen wegen Drogenkonsums nahmen 2008/09 um fast 14 Prozent
zu, jene wegen Gewaltdelikten gingen dagegen um 3,6 Prozent
zurück. Vier von fünf verurteilten Jugendlichen sind
Männer. Nur ein knappes Viertel ist unter 15 Jahre alt. 68 Prozent
der Verurteilten sind Schweizer.
Jugendliche werden zumeist zu persönlichen Leistungen
verurteilt oder erhalten Verweise. Die Rückfallrate ist seit drei
Jahren stabil und liegt bei etwas über 30 Prozent. Auch bei den
Erwachsenen nahm die Zahl der Verurteilungen 2008/09 leicht zu - um 1,7
Prozent auf 95 574. 2005 hatte sie bei 85 605 gelegen. Der Anstieg geht
insbesondere auf vermehrte Aburteilung wegen Verstössen gegen das
Ausländergesetz zurück.
Wie bereits in den letzten zwei Jahren beobachtet werden
konnte,
werden bedingte Strafen seit der Revision des Sanktionenrechts
häufiger als früher mit einer unbedingten Busse verbunden.
Die Rückfallquoten schwanken seit mehreren Jahren zwischen 23 und
25 Prozent. SDA
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20 Minuten 5.11.10
Mehr Strafurteile wegen Drogenkonsums
BERN. Die Anzahl der Jugendstrafurteile ist 2009 auf
über 15
000 gestiegen - dies weil mehr jugendliche Drogenkonsumenten bestraft
wurden. Dagegen wurden weniger Junge wegen Gewaltdelikten verurteilt.
Wie aus Daten des Bundesamtes für Statistik hervorgeht, stieg die
Gesamtzahl der Jugendstrafurteile von 14 651 im Jahre 2008 auf 15 064
im Jahre 2009 - ein Plus von 2,8 Prozent. 2005 und 2006 waren jeweils
knapp 14 000 Strafurteile gegen Jugendliche ergangen.
Diebstahl und Drogenkonsum sind die häufigsten
Straftaten.
Die Verurteilungen wegen Drogenkonsums nahmen 2008/09 um fast 14
Prozent zu, jene wegen Gewaltdelikten gingen dagegen um 3,6 Prozent
zurück. Vier von fünf verurteilten Jugendlichen sind
Männer. Nur ein knapper Viertel ist unter 15 Jahre alt. 68 Prozent
der Verurteilten sind Schweizer. Jugendliche werden zumeist zu
persönlichen Leistungen verurteilt oder erhalten Verweise.
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ALKOHOL
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20min.ch 5.11.10
Na dann, prost!: "Was sollen wir denn sonst machen?"
Flatrate-Saufen, Ausnüchterungszelle, Pöbeleien:
Sieht
so eine normale Freitagnacht aus? Unterwegs mit einer Gruppe
Jugendlicher in Zürich.
David Torcasso
Treffpunkt ist der Brezel König beim Bahnhof
Stadelhofen in
Zürich. Schnell noch ein Billett kaufen? Nein, zu kompliziert:
Schwarzfahren, Geld sparen. Die Gruppe aus zehn Jugendlichen verteilt
sich flink auf den Sitzen. Die Mädchen tragen Röcke und
zeigen viel Bein. Ihre Füsse stecken in Uggs. Die Jungs tragen
Seglerschuhe, weite Jeans und Karohemden. Sie sind zwischen 14 und 17
Jahren. Der älteste, Luis, ist bald 18. Er ist der Anführer,
das Alphatier, und auch der grösste von ihnen. Seine Freundin
Jasmine schmiegt sich an seine Schultern. Luis strahlt mehr Stärke
aus als die anderen Jungs; wenn er etwas sagt, hören seine Freunde
hin. Er hat die Augen immer etwas zusammengekniffen. Das sieht
gefährlich aus. "Luis ist ein prima Kerl", findet aber sein Kumpel
Philipp. "Auf ihn kann man sich verlassen, er schaut zu uns."
An der Zürcher Goldküste stapft die Zehnergruppe
den
Hügel hoch, zu einem gros sen Haus mit einem Teich und einer
Terrasse mit Seeblick. "Homeparty vor dem Ausgang ist super", sagt
Luis. Warum, ist keine Frage: "Wegen dem Einsaufen." Der Gastgeber
empfängt die Gruppe mit weissen Tennissocken. Aus
Plastiksäcken vom Drinks-of-the-World-Laden am HB ziehen sie nun
Wodka-, Rum- und Bacardi-Flaschen hervor. "Wir fragen halt immer die
älteren Leute, ob sie uns Alk kaufen können", erklärt
Sarah. Das scheint zu funktionieren. Als die Plastikbecher gefüllt
sind, huscht im Haus ein älterer Mann am Fenster vorbei. Der Vater
von Jan, dem Gastgeber. Er hat also gar nicht sturmfrei. "Ach, meine
Eltern wissen, dass ich sowieso trinke. Dann finden sie es besser, wenn
ich es hier mache", sagt Jan locker. Sie hätten ihm sogar schon
mal Alkohol vom Top CC mitgebracht.
"Die Mädchen wollen halt schlank bleiben."
Schon ist das Thema erledigt. Sie stossen an, trinken
einen
kräftigen Schluck. Rauchen tut fast niemand, ausser zwei
Mädchen. Von den Jungs keiner: "Ich spiele Fussball", sagt Marco.
"Die Mädchen wollen halt schlank bleiben und rauchen deshalb." Die
erste Flasche Bacardi ist ausgetrunken. Es kommen immer mehr Leute auf
die Terrasse. Sie gleichen sich, als hätte man sie in eine Uniform
gesteckt. Sie quatschen über die Schule, über Fussball,
über Kleider, über andere, zwischendrin stecken sie die
Köpfe zusammen und schiessen mit ihren Handys ein Foto. Je
betrunkener sie sind, desto mehr blitzt es. "Oh nein, aber nicht auf
Facebook stellen, das sieht mein Lehrmeister", sagt ein Mädchen,
das nicht wie die meisten anderen ins Gymi geht.
Ohne Alkohol geht nichts
Nach einer Stunde stehen bereits vier leere Flaschen auf
dem
Tisch. Das Hochprozentige geht weg wie Sirup, sie trinken jedenfalls
schnell und schenken gleich nach. Auf den schnellen Konsum
angesprochen, meint Jan nur: "Ach, einer meiner Kumpels war schon mal
in dieser Ausnüchterungs zelle, weisst du, wie peinlich das war,
als ihn seine Eltern abholen mussten? Mir würde das nie passieren.
Wirds mir schlecht, höre ich meistens auf." Sagts und nimmt
nochmals einen Schluck. Auch ein Mädchen meint, sie würde
zwar am Wochenende schon trinken, "jedoch nie unter der Woche, und so
lange ist alles gut". Aber am Wochenende geht für die Clique
nichts ohne Alkohol. "Es gehört doch einfach dazu, um ein wenig
abzuschalten", sagt Luis. Wenn er an einem Wochenende nicht in den
Ausgang geht, arbeitet er bei seinem Onkel in einer Gärtnerei -
dort verdient er an einem Tag rund 100 Franken. Genug, um sich am
Wochenende eine Flasche Gin oder ein paar Drinks zu kaufen.
Turbo-Trinken zum Zeitgeist
In seinem Buch "Lieber schlau als blau" spricht der
Psychologe
Johannes Lindenmeyer von einer "gestörten Trinkkultur". In den
Ländern Mitteleuropas, aber auch in den USA und in Russland wird
viel Alkohol getrunken, und dies kaum mit Regeln. "Heute ist Alkohol
überall und 24 Stunden erhältlich. Das führt dazu, dass
immer mehr un abhängig von traditionellen An lässen, also
ohne Rahmen und ohne soziale Kontrolle, Alkohol konsumieren", sagt
Roger Zahner von der Zürcher Suchtpräventionsstelle.
Zum heutigen Zeitgeist passt auch, dass viele Leute innert
kurzer
Zeit eine grosse Menge Alkohol trinken. "Das Turbo-Trinken passt zu der
heutigen Gesellschaft, die auch in anderen Bereich das Ultimative in
schneller Geschwindigkeit sucht", sagt Eveline Winnewieser am Rand
einer Veranstaltung zum 25-Jahr-Jubiläum der Suchtpräventions
stellen des Kantons Zürich. "Alkohol ist dabei klar die Droge
Nummer eins unter den Jugendlichen", sagt sie. Früher hätten
sie zum Rausch eher gekifft. Heute stehe für sie Alkohol im
Vordergrund. Dies habe mit der kulturellen Verankerung, der
Verfügbarkeit und dem tiefen Preis zu tun.
Im grössten Jugendhaus der Schweiz
Die Clique steigt wieder in die S-Bahn und fährt
zurück
in die Stadt. Während der Zugfahrt ziehen die Mädchen alle
hohe Pumps an, ausser Raphaela - sie hat keine dabei, sondern muss ihre
Uggs anbehalten. "Die Schuhe sind viel zu warm drinnen", sagt sie. Weil
sie aus dem Rahmen fällt, schaut sie unsicher auf die Füsse
der anderen, dann aus dem Fenster. Der HB hat sich inzwischen in das
grösste Jugendhaus der Schweiz verwandelt, überall stehen
Jugendliche mit Bier- oder Wodka flaschen in der Hand. Im Tram geht es
Richtung Paradeplatz weiter, Phi lipp grüsst einen Freund. "Boah,
letztes Wochenende bist du aber ziemlich steil gegangen", sagt er zu
ihm. Dieser lächelt verlegen, dann kommt die Coolness zurück:
"Ja eh, ich hab ja auch allein fast eine halbe Flasche Wodka
getrunken." Er sagt es so stolz, als hätte er gerade eine
Matheprüfung bestanden. Irgendwie praktisch: Alkohol als coole
Entschuldigung, wenn einem das Ego wieder einmal total entglitten ist.
Vor dem Club Alte Börse steht eine lange Schlange -
heute
ist die beliebte Nasty-Trash-Party. Die Leute hier sind knapp
älter als die Clique von Jan: über 18. Der Türsteher
kontrolliert jeden Ausweis. Ein Mädchen sagt, sie würde gern
rein. Gefälschte Ausweise haben sie heute aber nicht dabei. Nur
manchmal solche von Freunden, die das magische Alter überschritten
haben. "Ich habe ein, zwei Kolleginnen, wenn sie nicht weggehen,
bekomme ich ihren Ausweis. Das klappt meistens", erzählt Sandra.
Eine andere sagt, sie hätte es schon oft mit der ID ihrer
älteren Schwester geschafft.
Flatrate-Saufen
Die Gruppe läuft an der Schlange vorbei zur
Platform-Bar. Am
Eingang steht kein Türsteher, sondern ein Typ, der allen einen
Gutschein in die Hand drückt. Drei Drinks und drei Shots für
30 Franken. Ein Schnäppchen, das alle dankend annehmen. Drinnen
hat Jan telefonisch einen Tisch für seine Freunde reserviert.
Kübel mit Wodkaflaschen und Red Bull oder sonstigen Drinks stehen
aber nicht darauf. Philipp und Jan ordern einen Gin Tonic und zwei
Wodka-Shots an der Bar, stos sen an, nach dem Ausweis fragt niemand.
Die Augen der beiden werden langsam glasig, die
Mädchen
hingegen lachen und gehen immer wieder raus, um zu rauchen, zu
lästern und zu versuchen, vielleicht doch in den Club zu kommen.
Obwohl sie sich bereits aneinander festhalten, kichernd und
strauchelnd: "Hey, ich hab schon zu viel getrunken, glaub ich", "Hey,
was ist eigentlich mit diesem Typen, dem Dani, mit dem du letztes
Weekend rumgeknutscht hast", "Hey, die sieht ja scheisse aus mit diesen
Stulpen, bäh." Drinnen verzieht Jan das Gesicht, aber nicht, weil
er den Alkohol spürt, sondern weil der Ex seiner Freundin
auftaucht und sich dreist zu ihnen an den Tisch setzt. "Was macht der
hier", flüstert Jan zu Philipp. "Ich steh gleich auf und hau ihm
eine rein." Seine Freundin will ihn beruhigen, doch Jan stellt sich
taub, fixiert seinen Kontrahenten und nimmt noch einen Schluck von
seinem Drink. Seine Freundin geht hinaus zu ihren Kolleginnen. "Mann,
wieso stresst ihn das so? Ich hab doch gesagt, dass mir mein Ex egal
ist", sagt sie, "immer dieses Theater, wenn er betrunken ist", dann
stolpert ihr auch schon eine Kollegin mit verdrehten Augen in die Arme,
sie kann kaum mehr gehen. "Ich will da rein", trotzt sie.
Mit halb offenen Augen
Um Mitternacht verflüchtigt sich alles, die Gruppe
scheint
in sich selbst zu verschwimmen. Jan sagt: "Scheisse, jetzt bin ich
schon wieder viel zu hinüber, dabei wollte ich heute noch die
Nacht mit meiner Freundin geniessen." Philipp hingegen hat die Augen
nur noch halb offen und mag nicht mehr reden, der Fussballer knutscht
mit einem Mädchen rum, und die Girls draussen versuchen, mit ihren
Pumps nicht hinzufallen. In die Club kommen sie nicht rein, also
vielleicht heimgehen? "Genau das ist es", sagt Luis' Freundin. "Was
sollen wir denn sonst machen ausser trinken? Tanzen geht ja in der Bar
drin nicht. Ich glaube, ohne Alkohol könnte ich gar nicht den
ganzen Abend hier drin sitzen und es lustig haben."
*alle Namen geändert Dieser Text erscheint in der
aktuellen
Ausgabe von 20 Minuten Friday. Das Heft liegt am Freitag jeweils ab 12
Uhr in 900 Verteilboxen von 20 Minuten.
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20 Minuten 5.11.10
Einmal bezahlen, doppelt trinken: Kritik an Alkohol-Bons
ALTENDORF. Der Static Club startet morgen mit neuem
Eintrittskonzept. Es ist laut den Betreibern einzigartig - und
verstösst gegen das Gesetz.
Wer morgen im Altendorfer Static Club feiert, profitiert
gleich
doppelt: Für den bezahlten Eintrittspreis gibt es
Getränke-Bons im doppelten Wert zurück. Die Höhe des
Eintritts können die Partygänger selber bestimmen, er muss
aber mindestens zehn Franken betragen. "Unser neues Eintrittskonzept
gab es in diesem Rahmen noch nie", sagt Event- und Marketingmanager
Marcel Zimmerli. Die sogenannten Double-Money-Partys werden
künftig jeweils freitags und samstags stattfinden.
Die Bons sind gemäss Zimmerli für sämtliche
Getränke gültig - nebst Softdrinks, Wein und Bier auch
für Spirituosen. Das Problem: Das Konzept verstösst gegen das
Alkoholgesetz. "Vergünstigungen für Spirituosen sind
gesetzlich nicht zulässig", sagt Ruth Hagen von Sucht Info
Schweiz. Generell stösst das Konzept dort auf wenig Gegenliebe.
Hagen: "Die Gefahr von Rauschtrinken steigt dadurch enorm, besonders
bei Jugendlichen."
In Luzerner Clubs sind die Meinungen zum Konzept geteilt.
"Es ist
interessant, kommt für uns jedoch nicht in Frage", sagt Pascal
Apostol vom Rok. Martin Knöpfel, Inhaber des Lofts, hält
dagegen gar nichts vom "Gratistrip" und verbilligten Preisen. "Wir
bieten Qualität und die soll auch bezahlt sein."
Markus Fehlmann
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AUSSCHAFFUNGEN
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Wilisauer Bote 5.11.10
Bereit für die neuen Häftlinge
Strafanstalt Wauwilermoos | Das
Ausschaffungsgefängnis im
Trakt E ist bezugsbereit
Die Strafanstalt Wauwilermoos hat neu 14 Plätze
für
Ausschaffungshäftlinge. Dazu wurden die Zellen im Trakt E
ausbruchssicher gemacht.
Die geschlossene Gefängnisabteilung für die
Ausschaffungshaft ist bezugsbereit. Die Umbauarbeiten im Trakt E in der
Strafanstalt Wauwilermoos sind abgeschlossen.
Bau- und Sicherheitsfirmen haben die Fenster vergittert,
den
Eingang mit einer Zutrittsschleuse versehen, für die Bewegung im
Freien ein Spazierhof mit hoher Mauer erstellt und umfangreiche
Überwachungsanlagen installiert. Die Umbauarbeiten dauerten rund
neun Monate. Kostenpunkt der Investitionen: rund eine Million Franken.
Die Ausschaffungshaft für den Kanton Luzern wurde ins
Möösli verlegt, weil im bisherigen
Ausschaffungsgefängnis Sursee Sanierungen anstehen und im
Möösli die Belegung im offenen Strafvollzug
rückläufig ist. Das neue Ausschaffungsgefängnis
verfügt über 14 Plätze in Doppelzellen.
Der WB sprach mit Anstaltsdirektor Andreas Naegeli
über die
Gefährlichkeit der neuen "Gäste", die massiven
Sicherheitsvorkehrungen und die Fluchtgefahr. >Seiten 9/10
--
"Keine Horde Schwerverbrecher"
Strafanstalt Wauwilermoos | Die ersten
Ausschaffungshäftlinge kommen - der Direktor äussert sich zu
den neuen "Gästen"
Norbert Bossart
Offener Strafvollzug und Ausschaffungshäftlinge unter
einem
Dach: Der WB sprach mit Strafanstaltsdirektor Andreas Naegeli über
den Sicherheitstrakt, die Fluchtgefahr und Kuscheljustiz.
Das Möösli bekommt neue "Gäste", sogenannte
Ausschaffungshäftlinge. Was haben sie auf dem Kerbholz?
Andreas Naegeli, Direktor der Strafanstalt: Der Grossteil
der
Ausschaffungshäftlinge hat in der Schweiz keine schwere Straftat
verübt. Zirka die Hälfte wird aus der U-Haft oder dem
Strafvollzug zu uns kommen. Bei ihren Delikten geht es vorwiegend um
Kleinkriminalität wie Diebstahl oder geringfügige
Betäubungsmittelvergehen. Ausschaffungshäftlinge sind meist
Menschen, die aus Kriegsgebieten oder Drittweltländern stammen.
Viele kommen aus Afrika oder Osteuropa. Wirtschaftliche Not und
politische Probleme treiben sie in die Schweiz. Sie wollen eine Arbeit
finden, ein neues Leben beginnen, Fuss fassen - können aber keine
Asylgründe geltend machen. Andere wiederum glauben, in der Schweiz
liege das Geld auf der Strasse. Ihnen fehlt aber das Recht zur Bleibe.
In Kürze stimmen wir über die
Ausschaffungsinitiative
ab. Diese will kriminelle Ausländer möglichst schnell
wegbefördern. Eröffnet die Strafanstalt Wauwilermoos nun
einen Sicherheitstrakt, den es demnächst nicht mehr braucht?
Nein, denn die Zahl der Ausschaffungshäftlinge wird
wohl
nicht kleiner werden. Daran ändert weder die
Ausschaffungsinitiative noch der Gegenvorschlag etwas. Denn die
Ausschaffungshaft hat mit dem Strafvollzug nicht direkt zu tun. Mit
dieser Haft stellen wir die Wegbeförderung von Personen aus
unserem Land sicher, gegen die ein Weg- oder Ausweisungentscheid
vorliegt. Solange sich die weltpolitische Lage nicht markant
verändert, hält der Einwanderungsdruck auf unser Land an.
Meine Prognose lautet: Unsere geschlossene Gefängnisabteilung wird
in der Regel voll besetzt sein. Aber die Bevölkerung soll wissen:
Im umgebauten Trakt bringen wir keine Horde von Schwerverbrechern unter.
Wozu denn die riesige Betonmauer, die vergitterten Fenster
und
die zig Überwachungskameras?
Ausschaffungshäftlinge verfügen über ein
grosses
Fluchtpotenzial. Vielen fehlt die Einsicht zur Ausschaffung, eben weil
sie strafrechtlich nichts verbrochen haben. Sie wollen untertauchen.
Und das gilt es zu verhindern. Wir haben daher beim Umbau alles
Erdenkliche getan, um eine Flucht zu verunmöglichen. Ob sich die
Massnahmen bewähren, wird der Alltag zeigen. Doch ich bin
zuversichtlich.
Während die einen Häftlinge im Möösli
auf dem
Acker arbeiten, schmachten die anderen in ihren Zellen. Zwei
Haftmodelle unter einem Dach - spielen Sie da nicht mit dem Feuer?
Bauliche Massnahmen sorgen für eine klare Trennung
zwischen
offenem Strafvollzug und der Ausschaffungshaft. Zudem besteht das
Kernteam der Betreuer für die Ausschaffungshäftlinge aus
Mitarbeitern des bisherigen Ausschaffungsgefängnisses Sursee. Drei
Viertel unserer Belegschaft, also der Grossteil, kommt aber mit den
Ausschaffungshäftlingen nicht in Kontakt. Die anderen Betreuer
machen wir für die neue Herausforderung fit.
Doch warum setzt die offene Strafanstalt neu auch auf die
restriktive Ausschaffungshaft?
Einerseits will die Luzerner Regierung das bisherige
Ausschaffungsgefängnis in Sursee auflösen. Dort ist die
Infrastruktur sanierungsbedürftig und die Grösse suboptimal.
Andererseits stagniert bei uns, im Möösli, die Belegung im
offenen Strafvollzug. Das ist die logische Konsequenz des
Strafgesetzes, das seit 2007 in Kraft ist.
Sie reden von einer Stagnation der Belegungszahl. Die NLZ
hingegen berichtet am 4. November vom Notstand in den
Gefängnissen. Weil sie überfüllt seien, könnten
Verurteilte ihre Strafe nicht sofort absitzen.
Im offenen Strafvollzug ist die Situation nicht
dramatisch.
Unsere Zellen waren in den letzten drei Jahren weitgehend nicht mehr
voll besetzt. Die Stagnation der Belegungszahl auf rund 90 Prozent
hielt bis im Spätsommer dieses Jahres an. Derzeit ist die
Strafanstalt Wauwilermoos mit 61 Gefangenen voll belegt. Doch im
Dezember haben wir nach heutigem Planungsstand bereits wieder freie
Plätze.
Zurück zur Justizreform 2007. Statt kurzer
Gefängnisaufenthalte gibt es seither Geldstrafen,
gemeinnützige Arbeitseinsätze oder Halbgefangenschaft. Fehlen
offenen Anstalten wie dem Möösli die Häftlinge wegen der
angeblichen Kuscheljustiz?
Von Kuscheljustiz kann keine Rede sein. Es handelt sich um
eine
wohlüberlegte Justizreform. Deren Ziel war eine möglichst
gute Reintegration. Der Verurteilte soll mit kleinen Zwischenschritten
in ein hoffentlich straffreies Leben geführt werden. Nur weil wir
dadurch im Möösli weniger Gefangene haben, stelle ich das
neue Strafgesetz doch nicht grundsätzlich in Frage.
Sie sind demnach mit dem herrschenden Strafgesetz
zufrieden?
Über die Wirkung von Geldstrafen anstelle kurzer
Freiheitsstrafen lässt sich diskutieren. Bei der laufenden
Revision muss geprüft werden, ob kurze Freiheitsstrafen unter
einem halben Jahr in gewissen Fällen nicht doch Sinn machen
würden. Aber auch wenn kurze Haftstrafen wieder eingeführt
werden, haben wir im offenen Strafvollzug weiterhin weniger
"Kundschaft".
Warum?
Weil die Strafvollzugsbehörden insbesondere bei
Gewalt- und
Sexualdelikten den offenen Strafvollzug weit seltener in Betracht zieht
oder nur nach umfangreichen Gutachten. Heute wird dem Schutz der
Bevölkerung vor Wiederholungstätern noch mehr Rechnung
getragen. Und dieser Schutz hat und muss im Strafvollzug Vorrang haben.
Zurück zu den 14 Plätzen für
Ausschaffungshäftlinge. Warum wurden nicht gleich 20 Plätze
geschaffen, wie sie der Kanton benötigt?
Unter den Ausschaffungshäftlingen gibt es immer
wieder
Männer, die unter sozialen oder psychischen Störungen leiden
oder gewaltbereit sind. Solche können sich nicht in einer Gruppe
bewegen, wie wir sie im Möösli haben. Es ist daher sinnvoll,
wenn wir solche Häftlinge in geschlossenen Gefängnissen in
Einzelhaft unterbringen. So etwa in Stans, Biberbrugg oder
Bässlergut. Dennoch haben wir beim Umbau darauf geachtet, dass
zusätzliche Zellen für Ausschaffungshäftlinge
realisierbar sind. So wäre es möglich, in einem ersten
Schritt die Anstalt um drei Ausschaffungshaftplätze zu erweitern,
später um weitere drei.
Die Strafanstalt ist ein Bio-Bauernhof mit
Handwerksbetrieben.
Brauchen Sie nicht eher Insassen, die auf dem Acker jäten statt
hinter Gittern die Arme verschränken?
In unserem Gefangenenbestand gibt es immer wieder
Schwankungen,
die es zu meistern gilt. Nicht alle Gefangenen sind gleich fit oder
arbeitswillig. Die Ausschaffungshäftlinge können, wenn sie
wollen, in ihrem Trakt arbeiten. Zum Beispiel Gemüse rüsten
oder Ware etikettieren. Doch faktisch haben wir mit der Schaffung der
geschlossenen Gefängnisabteilung auf dem Gutsbetrieb sieben
Arbeitskräfte verloren. Aufgrund der stagnierenden Zahlen im
offenen Strafvollzug haben wir die Töpferei aufgegeben. Damit wir
unseren Hof samt den Werkstätten bewirtschaften können,
brauchen wir etwa 50 Insassen. Momentan haben wir 61 Gefangene, sind
also von der Schmerzgrenze noch weit entfernt.
--
Ausbruchssichere Zellen
Wauwilermoos | Geschlossene Gefängnisabteilung
Im Laufe des Novembers werden in der Strafanstalt
Wauwilermoos
neu 14 Ausschaffungshäftlinge untergebracht. Sie teilen sich
jeweils zu zweit eine Zwölf-Quadratmeter-Zelle. Diese verfügt
über ein Kajütenbett, ein Lavabo und ein WC.
In den letzten Monaten liess der Kanton zu diesem Zweck
den Trakt
E der Strafanstalt für rund eine Million Franken in eine
sogenannte "geschlossene Gefängnisabteilung" umbauen. Sieben der
bisherigen 65 Zellen des offenen Strafvollzugs wurden von Bau- und
Sicherheitsfirmen ausbruchssicher getrimmt und vom restlichen
Anstaltsbetrieb getrennt. "Ausschaffungshäftlinge verfügen
über ein grosses Fluchtpotenzial", begründet Direktor Andreas
Naegeli. So hat der Trakt E neu eine Zutrittsschleuse, viel Panzerglas
und vergitterte Fenster. Das Gebäude mit der geschlossenen
Gefängnisabteilung wird rund um die Uhr von 18 Kameras und
etlichen Infrarotscheinwerfern überwacht. Die Gefangenen sind
zwischen 17 Uhr und 7.30 Uhr sowie über den Mittag in ihren Zellen
eingeschlossen. Ansonsten können sie sich in der Gruppe im Trakt E
frei bewegen. Ihnen steht ein Freizeitraum samt Fernseher und
Töggelikasten zur Verfügung. Täglich dürfen sich
die Ausschaffungshäftlinge eine Stunde an der frischen Luft im
Spazierhof bewegen. Dieser hat eine Fläche von 18,5 mal 10 Metern
und ist von einer fünf Meter hohen Betonmauer samt aufgesetztem
Nato-Stacheldraht umgeben. Die Ausschaffungshäftlinge können,
müssen aber nicht arbeiten. Sie erhalten ein Entgelt zwischen 8
und 16 Franken pro Tag.
Der Bund vergütet der Strafanstalt pro
Ausschaffungshäftling 140 Franken pro Tag.-art.
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NLZ 5.11.10
Neue Plätze für Häftlinge
Ausschaffung
red. In der Strafanstalt Wauwilermoos werden neu neben
Gefangenen
im offenen Vollzug auch Ausschaffungshäftlinge untergebracht.
Für sie wurden sieben Zweierzellen eingerichtet. Das sind vier
Plätze mehr als in Sursee, wo Ausschaffungshäftlinge bisher
untergebracht waren. Trotz dem Ausbau ist die Anzahl Plätze in
Luzern knapp. "Der Kanton Luzern platziert regelmässig eigene
Ausschaffungshäftlinge ausserkantonal", sagt Max Plüss,
Vorsteher des Amtes für Migration.
Im Wauwiler Gefängnis haben die Verantwortlichen
wegen der
Ausschaffungshäftlinge die Sicherheit verstärkt. Vor den
Fenstern der neuen Zellen sind Gitter montiert, im Eingangsbereich
steht neu ein Metalldetektor.
3
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Gefängnis wird nach Wauwil verlegt
Ausschaffung
Barbara Inglin
Im Gefängnis Wauwilermoos werden neu auch
Ausschaffungshäftlinge eingesperrt. Dort gelten nun schärfere
Sicherheitsmassnahmen.
Barbara Inglin
barbara.inglin@neue-lz.ch
In der Strafanstalt Wauwilermoos herrscht Hochbetrieb. Vor
den
Fenstern werden Gitter montiert, Sicherheitstüren werden
angebracht, im Eingangsbereich steht neu ein Metalldetektor. Die
Alarmanlagen werden durchgecheckt. Der Grund: In diesem Trakt werden
bald 14 Ausschaffungshäftlinge untergebracht. Bislang wohnten
hier, wie im Rest der Anstalt, Gefangene im offenen Vollzug. Der Umzug
der Ausschaffungshäftlinge wird nötig, da die Krienser
Grosshof-Aussenstelle in Sursee geschlossen wird. Was mit dem
Gebäude passiert, ist unklar.
In der Strafanstalt Wauwilermoos stehen für die
Ausschaffungshäftlinge sieben Zweier-Zellen zur Verfügung -
vier Plätze mehr als in Sursee. Das ist knapp bemessen. Denn immer
wieder müssen Ausschaffungshäftlinge in anderen Kantonen
platziert werden. "Wir können aber weitere Zellen umfunktionieren
und so bis zu sechs weitere Betten in der Ausschaffungshaft anbieten",
sagt Gefängnisdirektor Andreas Naegeli. "Die Zellen befinden sich
im gleichen Gebäude. Es kommt also nicht zu einer Durchmischung
von offenem und geschlossenem Vollzug. Die Sicherheit ist jederzeit
gewährleistet."
Strikter Tagesablauf
Die Verurteilten im offenen Vollzug können sich auf
dem
Gelände tagsüber ohne grössere bauliche Hindernisse
bewegen und einer Arbeit nachgehen. Für die
Ausschaffungshäftlinge hingegen gilt strikter Einschluss hinter
Gittern und Gefängnismauern. Zellenöffnung um 7.30 Uhr,
Frühstück, wer will, kann sich in der Werkstatt ein
Taschengeld verdienen. Mittagessen in der Zelle, am Nachmittag nochmals
Arbeit. Eine Stunde pro Tag haben sie Auslauf im neu erstellten
Gefängnishof - umgeben von fünf Meter hohen Betonmauern und
Stacheldraht, eine Videokamera in jeder Ecke. Um 17 Uhr gibt es
Nachtessen in der Zelle, die Türen bleiben bis zum nächsten
Morgen verschlossen. Immerhin steht jedem Gefangenen ein Fernseher zu
Verfügung.
Haft ist keine Bestrafung
Die Ausschaffungshäftlinge unterscheiden sich von
Strafgefangenen im geschlossenen Vollzug. Zweck ihrer Einschliessung
ist nicht die Bestrafung, es muss aber eine geordnete Ausschaffung
sichergestellt werden. So haben Ausschaffungshäftlinge auch mehr
Rechte. Das Besuchsrecht ist bei ihnen zeitlich nicht beschränkt.
Auf eigene Kosten dürfen sie telefonieren, so viel sie wollen.
Briefe werden nicht zensiert. "Diese Leute sind hier, weil sie gegen
die Aufenthaltsbestimmungen verstossen haben. Sie büssen nicht
für eine Straftat, deshalb gelten gesetzlich andere Regeln", sagt
Naegeli.
Zum andern wird allerdings die Fluchtgefahr als sehr hoch
eingeschätzt. Die Zellen sind entsprechend angepasst. Fenster, die
geöffnet werden können, sind mit einem zusätzlichen
Anti-Schmuggel-Gitter versehen, damit keine unerlaubten
Gegenstände oder Drogen eingeschleust werden können. Die
Spiegel sind jetzt bruchsicher. Statt Stecknadeln und Pinwand ist eine
Magnetwand aufgehängt, Schranktüren fehlen. "Die Gefahr von
Selbstverletzungen oder Suizidversuchen ist in dieser Abteilung
höher", sagt Naegeli. "Ausschaffungshäftlinge wählen
manchmal diesen Weg als eine Art Hilferuf."
Plätze reichen nicht
Dass die 14 Plätze für
Ausschaffungshäftlinge
nicht genügen, ist heute schon klar. "Der Kanton Luzern platziert
regelmässig eigene Ausschaffungshäftlinge ausserkantonal,
namentlich in Basel, Biberbrugg oder Stans", sagt Max Plüss,
Vorsteher des Amtes für Migration Kanton Luzern. Jährlich
werden im Kanton zwischen 200 und 250 Personen in Ausschaffungshaft
genommen. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt 30 Tage.
"Theoretisch wäre ein Ausbau möglich, das Land
ist
vorhanden", sagt Gefängnisdirektor Naegeli. Konkret geplant sei in
diese Richtung aber noch nichts. Auch Barbara Ludwig, Leiterin der
Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug, könnte
sich einen Ausbau vorstellen: "Die Gefängnisplatzplanung in der
Zentralschweiz muss professionalisiert werden. Möglich wäre,
dass sich die einzelnen Gefängnisse auf eine bestimmte Haftart
spezialisieren. In diesem Zusammenhang wäre es auch denkbar, dass
das Ausschaffungsgefängnis im Wauwilermoos ausgebaut wird, damit
noch mehr Häftlinge aufgenommen werden könnten." Dies sei
zurzeit aber noch reine Spekulation.
Kaum Einfluss auf die Anzahl Personen im
Ausschaffungsgefängnis dürfte die Annahme von
Ausschaffungsinitiative oder Gegenvorschlag haben. "Diese Leute
würden mehrheitlich direkt vom geschlossenen Strafvollzug aus
ausgeschafft", sagt Ludwig.
Kosten doppelt so hoch
Die Häftlinge aus Sursee sollen noch vor Ende
November ins
Wauwilermoos umziehen - geplant war der Umzug eigentlich bereits auf
Mitte Jahr. Die Kosten sind mit einer Million doppelt so hoch wie
ursprünglich angegeben. "Das waren erste Schätzungen, die wir
im Verlauf der Planung anpassen mussten", sagt Naegeli dazu. "Was wir
jetzt haben, ist kein Luxus, aber eine gute, sichere Lösung."
--
Mehr als die Hälfte der Häftlinge reiste aus
Afrika in
die Schweiz ein
Ausschaffung
bin. Seit 1995 entscheiden nicht mehr Richter, sondern die
Migrationsämter über eine Ausschaffung. Somit liegt auch der
Entscheid zur Ausschaffungshaft beim Amt für Migration der
jeweiligen Kantone.
Seit Einführung der sogenannten Zwangsmassnahmen im
Ausländerrecht (Anag) hat die Zahl der Personen in
Ausschaffungshaft leicht zugenommen, allerdings mit starken
Schwankungen. Dies zeigen Zahlen des Bundesamtes für Statistik,
welche jeweils an einem Stichtag erhoben werden (siehe Grafik). Die
verschiedenen Kantone wenden die Anag sehr unterschiedlich an. Auch die
Rückführungsraten variieren stark: Im Kanton Genf etwa werden
50 Prozent der Inhaftierten nach der Haft ins Heimatland
zurückgeführt, in Schaffhausen sind es fast 100 Prozent. In
Luzern liegt die Zahl zwischen 75 und 80 Prozent.
Eigentliche Ausschaffungsgefängnisse gibt es in
Sursee (neu
Wauwilermoos, 14 Plätze), Gampelen BE (40), Widnau SG (8), Granges
VS (16), Vernier VD (20), Basel (60) und Zürich-Flughafen (108).
Daneben haben viele kantonale Gefängnisse einzelne Plätze
für Ausschaffungshäftlinge, so etwa auch der
Sicherheitsstützpunkt in Biberbrugg SZ.
Haft meist kürzer als ein Monat
Der Grossteil der Inhaftierten (60 bis 80 Prozent) bleibt
weniger
als einen Monat in Ausschaffungshaft. Danach werden sie entweder
ausgeschafft oder entlassen, weil keine Fluchtgefahr mehr besteht. Im
Kanton Luzern beträgt die durchschnittliche Haftdauer 30 Tage. Von
den Ausschaffungshäftlingen sind hier 60 Prozent Afrikaner (vor
allem aus Nigeria, Guinea, Gambia, der Elfenbeinküste und
Algerien), 15 Prozent Iraker und Iraner; 10 Prozent stammen aus dem
Balkan, 10 Prozent aus dem ehemaligen Ostblock, 5 Prozent kommen aus
anderen Ländern.
Fast keine Frauen in Haft
75 Prozent der Ausschaffungshäftlinge sind
abgewiesene
Asylbewerber. Die Frauen machen weniger als 1 Prozent aus. Das liegt
laut Bundesamt für Statistik daran, dass die heutigen
Flüchtlingsströme fast ausschliesslich aus jungen
Männern bestehen.
--
Schwyz lässt 84 Ausländer ausschaffen
Kanton
Bert Schnüriger
Ausschaffungen von Ausländern verfügt auch der
Kanton
Schwyz. Und zwar mehr als einmal pro Woche allein im letzten Jahr.
Bert Schnüriger
bert.schnüriger@neue-sz.ch
Kriminelle Ausländer oder solche, die kein
Aufenthaltsrecht
in der Schweiz erhielten, werden seit je ausgeschafft. Zuständig
dafür ist im Kanton Schwyz das Amt für Migration im
Volkswirtschaftsdepartement, also nicht mehr wie früher die
Gerichte. Das Amt verfügte letztes Jahr 66 Ausschaffungen im
Asylbereich und 18 Ausschaffungen wegen Verstössen gegen das
Strafrecht, wegen Eheauflösungen oder Verstössen gegen die
Sozialhilfe. Insgesamt wurden also im Jahr 2009 aus dem Kanton Schwyz
84 Personen ausgeschafft.
Die Volksinitiative, die am 28. November im ganzen Land
zur
Abstimmung kommt, verlangt künftig den automatischen Entzug des
Aufenthaltsrechts, wenn bestimmte Straftaten begangen wurden. So weit
darf heute das Migrationsamt nicht gehen. Viel mehr hat es laut
Bundesvorschriften Fall für Fall zu prüfen. Und zwar immer
dann, wenn ein Richter gegen Ausländer das Strafmass auf ein Jahr
Freiheitsstrafe oder höher angesetzt hat, unabhängig vom
begangenen Delikt. Der Katalog der möglichen Delikte umfasst darum
all jene Straftaten, auf die mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe steht.
Verhältnismässigkeit
Gemäss der heutigen Bundesgesetzgebung darf der
Widerruf
einer Aufenthaltsbewilligung nur verfügt werden, wenn dies
verhältnismässig ist. Dazu sagt Ruedi Fahrni vom kantonalen
Amt für Migration: "Wir prüfen alle Umstände des
Einzelfalles. Zu berücksichtigen sind die öffentlichen
Interessen und die persönlichen Verhältnisse sowie der Grad
der Integration der ausländischen Person." Beurteilt werden auch
die familiären Beziehungen und die Dauer des Aufenthalts in der
Schweiz. Die Einzelfälle würden "im Team beziehungsweise mit
der vorgesetzten Stelle beurteilt", sagt Fahrni. "Jeder Betroffene
erhält das rechtliche Gehör. Je nach Situation kommt es
vereinzelt auch zur Anhörung durch unser Amt, oder wir erteilen
der Polizei oder anderen Amtsstellen einen entsprechenden Auftrag."
Wenn er nicht freiwillig geht
Verlieren Ausländer nach diesem Prozedere die
Aufenhaltsbewilligung, müssen sie das Land verlassen. Wenn sie
nicht freiwillig ausreisen, werden sie ausgeschafft (siehe Kasten).
Laut Fahrni muss jeder straffällig gewordene
Ausländer
seine Strafe erst absitzen, bevor er ausreisen muss. Bei der
Ausschaffung gebe es allerdings gelegentlich Probleme: "Es gibt
Länder, mit denen wir keine Rücknahmeabkommen haben, oder sie
nehmen die Leute nur zurück, wenn diese freiwillig
zurückreisen und so weiter."
--
Der Kanton bestellt in Bern das Flugbillett
Ausschaffungen
s. Das Amt für Migration sorgt jeweils dafür,
dass
kriminelle Ausländer am Ende ihrer Zeit im Strafvollzug direkt in
die Ausschaffungshaft kommen. Zu diesem Zeitpunkt allerdings muss das
Amt bereits die notwendigen Reisepapiere beschafft und den
Rückführungsflug organisiert haben. Wobei in jedem Fall noch
ein Richter darüber befinden muss, ob zwar nicht die Ausschaffung,
wohl aber die Ausschaffungshaft, überhaupt gerechtfertigt ist.
"Wir vom Migrationsamt müssen belegen können, dass ein
berechtigter Verdacht vorliegt, dass diese Person sonst untertauchen
könnte", sagt Ruedi Fahrni vom kantonalen Migrationsamt.
Haft in Biberbrugg
Der Kanton Schwyz vollzieht diese Haftart in seinem
Kantonsgefängnis in Biberbrugg. "Wenn wir eine Person ausschaffen
wollen, melden wir dies dem Bundesamt in Bern und bestellen dort ein
Flugbillett", schildert Ruedi Fahrni das Prozedere. Organisiert
würden die Rückführungsflüge vom Bund.
Direkt zum Flughafen
Am Tag des Rückflugs werden die
Ausschaffungshäftlinge
von Biberbrugg direkt zum Flughafen transportiert. Der Kanton Schwyz
beansprucht also das Flughafengefängnis meist nicht. Für den
eigentlichen Rückflug kennen die Behörden zwei Kategorien. In
der ersten Kategorie begleiten Polizisten den
Ausschaffungshäftling bis zum Flugzeug, in dem die Person
selbstständig heimfliegt. Im anderen Fall begleiten jeweils zwei
Polizisten, auch aus dem Kanton Schwyz, den Auszuschaffenden bis in das
Herkunftsland. Die Schwyzer Kantonspolizei verfügt über
Polizisten, die speziell für solche Transportbegleitungen
ausgebildet wurden. "2009 fanden viermal solche begleitete
Rückführungen statt", sagt Fahrni.
---
work 5.11.10
Ausschaffungs-Initiative: work antwortet dem SVP-Stammtisch
Alles, was recht ist!
Am 28. November stimmen wir über die
Ausschaffungs-Initiative der SVP ab. Die Befürworter halten uns
für blöd. Ihre Behauptungen sind dümmer, als der
Stammtisch erlaubt. Von Sina Bühler und Oliver Fahrni.
Das behauptet der Stammtisch work widerlegt
Ausländer sind hier, um vom Reichtum der Schweiz zu
profitieren.
Tatsache ist: Ausländerinnen und Ausländer
leisten in
der Schweiz mehr als 25 Prozent aller Arbeitsstunden. Also mehr, als
ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht. Sie schaffen einen
wesentlichen Teil unseres Wohlstandes. Im Gastgewerbe und Tourismus: 51
Prozent. Auf dem Bau: 36 Prozent. Und in Spitzentechnologien und
Forschung: Die hier lebenden Ausländer haben im Schnitt eine
höhere Qualifikation als die Einheimischen.
Die Schweiz ist überfremdet.
Mumpitz. Diese Grossvater-Leier hat uns das gleiche
politische
Personal schon in den 70er Jahren erzählt. Damals redeten sie
über die Italiener wie heute von den "Jugos" (laut, kriminell,
faul, hinter den Frauen her). Heute geht es uns besser und
italienischer: Wer möchte 2010 Pizza, Pasta, Espresso und
überhaupt die Italianità der Schweiz missen?
Ausländer nehmen die Sozialwerke aus.
Im Gegenteil: Sie finanzieren AHV, Suva,
Arbeitslosenversicherung
usw. sehr stark mit. Und weil sie jünger sind als die
Alt-Eidgenossen, garantieren sie auch die Zukunft der AHV.
Wer Sozialhilfe ergaunert, soll bestraft werden. Alle,
unabhängig von ihrer Herkunft. So geschieht es heute auch.
Dafür brauchen wir keine rassistische Sonderjustiz.
Ausländer sind krimineller als Schweizer.
Falsch: Kriminalität hat nichts mit dem Pass zu tun.
In der
Gruppe junger, schlechtbezahlter oder arbeitsloser Männer, um die
es vor allem geht, verstossen ebenso viele Schweizer gegen das Gesetz
wie Ausländer. Viele der "kriminellen Ausländer" sind in der
Schweiz geboren, hier aufgewachsen und zur Schule gegangen. Darum
tricksen die SVP-Ausschaffer mit getürkten Zahlen: Sie rechnen
Kriminaltouristen ein, die nichts mit den hier wohnenden und
arbeitenden Ausländern zu tun haben. Und sie zählen
Strafanzeigen statt Gerichtsurteile.
Die Gesetze werden nicht angewendet, weil die Richter
kuscheln.
Falsch: Schon heute werden 800 Menschen jährlich
ausgeschafft. Doppelt so viele, wie die SVP behauptet. Doch ihr
genügt das nicht. Sie will eine Sonderjustiz für
Ausländer. So macht sie 1,6 Millionen Menschen zu potentiellen
Ausschaffungskandidaten. Viele davon sind Schweizer ohne Schweizer Pass
der zweiten oder dritten Generation. Sie haben ein Recht auf faire
Justiz.
Wir Schweizer wollen hier noch unser eigenes Recht machen
dürfen.
Klar! Niemand will fremde Vögte. Dafür haben wir
ja die
direkte Demokratie. Doch die Ausschaffungsinitiative schafft nicht
Recht, sondern Unrecht. Ein Secondo, der in der Schweiz geboren ist,
müsste zum Beispiel wegen ein paar Stunden Arbeit, die er dem
Arbeitsamt nicht meldet, automatisch ausgeschafft werden. Das
verstösst gegen die Verfassung. Und gegen unsere Vorstellung von
Recht: Die Regeln sollen für alle gleich sein. Niemand soll
zweimal bestraft werden, nur weil er einen italienischen oder deutschen
Pass hat.
Ausländer sind Gäste. Entweder passen sie sich
an oder
sollen weg.
Hä? Gäste, die unsere Alten pflegen und unsere
Strassen
bauen? Und: Wie lange ist jemand Gast in einem Land? Sind auch die
Kinder und Grosskinder noch Gäste? Mehr als die Hälfte der
Ausländer leben schon mehr als 15 Jahre in der Schweiz.
Die Ausländer sollen sich gefälligst integrieren.
Tun sie ja! Und zwar zu Hunderttausenden. Wer sich
hingegen nicht
in eine moderne, offene und soziale Schweiz integrieren möchte,
ist die SVP. Sie will eine Ballenberg-Schweiz.
Die Ausländer sind das grösste Problem der
Schweiz.
Schön wär's! Mit ihrem Ausländerblabla
versucht
die SVP zu verschleiern, dass sie eine Bonzenpolitik macht, die
Löhne drückt und unsere Arbeitsplätze vernichtet. Die
Sozialversicherungen zusammenhaut. Und die Abzocker schützt. Immer
gegen die Kleinen. Beweis: Ihre Deportationsinitiative schützt die
Finanzgangster. Ladendiebe würden ausgeschafft,
Wirtschaftskriminelle nicht. Ausländerhatz ist ein abgelutschter
Trick. Die erste ausländerfeindliche Initiative stammt von 1893.
Da waren die Blochers noch nicht lange eingebürgert.
---
Zürichsee-Zeitung 4.11.10
"Augenauf": dreimal Nein
Bern. Die Menschenrechtsgruppen Augenauf Basel, Bern und
Zürich sagen Nein zur Ausschaffungsinitiative und zum
Gegenvorschlag des Parlaments. Generell Nein sagt Augenauf auch zur
aktuellen Schweizer Ausschaffungspraxis, heisst es in einer Mitteilung.
(sda)
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ANTI-FEMINISMUS
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Basler Zeitung 5.11.10
Kleine Tells, alte Softies, neue Männer
Der Mann in der Schweiz - wer bestimmt, wie er ist und wie
er
sein soll?
Walter Hollstein*
Die Antifeministen übertönen mit ihren
Kampfrufen gegen
"Männerhasserinnen" die Anliegen bestehender
Männerbewegungen. Und markieren eine neue Phase in der
Auseinandersetzung der Geschlechter.
Wir müssen mit einer Sturmwarnung beginnen: "Es ist
der
antifeministische Kreuzzug, der unaufhaltsam auf die Feministinnen
zurast und läuternd über den Westen hinwegfegt. Auf der
ganzen Welt hält man den Atem an, während die Menschen der
herannahenden Befreiung überall entgegenfiebern." So kündigte
ein Blog das 1. Internationale Antifeminismus-Treffen an, das am 30.
Oktober in Zürich stattgefunden hat. Die gute Nachricht ist, dass
wir diesen Sturm vorerst überlebt haben.
Immerhin markiert dieses Ereignis eine neue Etappe in der
Auseinandersetzung der Geschlechter. Dabei verhält sich die andere
Seite nicht weniger kriegerisch. Die amerikanische Bestseller-Autorin
Marilyn French setzt Männer mit Nazis gleich. Ihre Landsfrau
Andrea Dworkin schreibt: "Terror strahlt aus vom Mann, Terror
erleuchtet sein Wesen, Terror ist sein Lebenszweck." Der Übergang
von der verbalen Militanz zur physischen ist nur konsequent: "Ich
möchte einen Mann zu einer blutigen Masse geprügelt sehen."
Die Zürcher Schriftstellerin Sybille Berg bezeichnet in ihrem
gerade uraufgeführten Stück "Missionen der Schönheit"
alle Männer als "Schweine". Das rechtfertigt nicht die aktuellen
Ausfälle der Antifeministen, aber stellt sie in einen
Zusammenhang. Fundis da, Fundis dort.
Kriegsmann
Es war klar, dass der Moment kommen würde, wo
verärgerte,
gedemütigte und frustrierte Männer reagieren. Einzelne
Organisationen, die sich gegen die Anwürfe feministischer
Hardlinerinnen gewehrt haben, gibt es in der Schweiz schon eine Weile:
die "Interessengemeinschaft geschiedener und getrennt lebender
Männer", "Mannschafft", "Verantwortungsvoll erziehende
Väter", die "Männerpartei", die soeben angekündigt hat,
bei den Nationalratswahlen 2011 kandidieren zu wollen, und neu die
"Interessengemeinschaft Antifeminismus" (Igaf). Unter dem Pseudonym
"Manhood" formuliert Urs Bleiker, Präsident der Igaf, den
Kampfaufruf: "Der antifeministische Kreuzzug wird (…) unvermindert
weiter in das Herzland des Erzfeindes vorstossen und jede einzelne
dieser Männerhasserinnen wird zur Rechenschaft gezogen. Die Zeit
der Abrechnung ist gekommen."
Einiges sympathischer ist, was die traditionelle
Männerbewegung an Visionen bietet. Als Männer 1970 im
kalifornischen Berkeley das erste "Men's Center" gründeten,
formulierten sie in einem Manifest: "Wir als Männer möchten
unsere volle Menschlichkeit wieder haben. Wir wollen nicht mehr
länger in Anstrengung und Wettbewerb stehen, um ein
unmögliches und unterdrückendes männliches Image zu
erreichen - hart, schweigsam, cool, gefühllos, erfolgreich,
Beherrscher der Frauen, Führer der Männer, reich, brillant,
athletisch und heavy. Wir möchten uns selbst gern haben; wir
möchten uns gut fühlen und unsere Sinnlichkeit, unsere
Gefühle, unseren Intellekt und unseren Alltag zufrieden erleben."
Daran orientieren sich auch Männergruppen in der
Schweiz.
Ihnen geht es um die Veränderung der klassischen Männlichkeit
von Konkurrenz, Härte, Leistungszwang und Pokerface. Sie
möchten diese Rolle vermenschlichen, sie um weiblich etikettierte
Eigenschaften wie Empathie, Fürsorglichkeit oder das
Eingeständnis von Schwäche erweitern. Das ist für die
Antifeministen kein Thema. Sie sind mit dem traditionellen
Männerbild zufrieden und bestreiten energisch, dass Männer
auch Defizite haben. Gibt es Probleme, sind die Frauen schuld. So wird
diesen vorgeworfen, dass heute 80 Prozent der Trennungen und
Scheidungen von ihnen ausgehen, ohne selbstkritisch zu fragen, ob es da
vielleicht einen Zusammenhang mit dem eigenen Verhalten gibt, mit
Machotum, mit dem Unwillen, sich auseinanderzusetzen, mit dem
alltäglichen Widerstand, sich an der Hausarbeit und der
Kindererziehung zu beteiligen. Selbstreflexion ist nicht das Ding der
Antifeministen.
Klagemann
Wo es den Antifeministen an Selbstkritik fehlt, hat die
traditionelle
Männerbewegung ein Zuviel davon. So entstand der
Betroffenheitsmann, der Klagemann und Softie. Die feministische
Bewegung betrachtet man als potenziellen Bündnispartner und merkt
nicht, dass die Gegenseite an einem Ausgleich nicht interessiert ist.
Jedenfalls hat sich die schweizerische Gleichstellungspolitik um keinen
Millimeter bewegt; trotz demokratischem Etikett macht sie einseitig
Frauenpolitik; sie braucht das Feindbild Mann, um ihre Ressourcen zu
legitimieren. Die traditionelle Männerbewegung - wie sie etwa
"männer.ch" vertritt - traut sich nicht einmal, auf die Probleme
des eigenen Geschlechts aufmerksam zu machen. Beliebter ist, sich
für Frauenquoten in Verwaltungsräten einzusetzen, obwohl das
beileibe kein Männerthema ist. Auf der Strecke bleiben
Diskriminierungen von Männern beim Zwang zum Militärdienst,
bei der Alters- und Gesundheitsversorgung, die steigende
Arbeitslosigkeit, die inzwischen signifikant höher ist als die der
Frauen, die frühere Sterblichkeit, die höhere Suizidrate und
Ungerechtigkeiten beim Scheidungs- und Sorgerecht. Das Debakel der
Buben ist seit Langem absehbar, ohne dass es von "männer.ch"
angesprochen wird: die wachsende Bildungsmisere, die dramatische
Abbruchrate in der Ausbildung, die neunmal höhere
Suizidanfälligkeit, die zunehmende Orientierungslosigkeit, wie sie
sich zum Beispiel in Vandalenakten, Autoraserei oder Gewalt
äussert.
Unsicherer Mann
Was "männer.ch" vornehm verschweigt, kritisieren laut die
Antifeministen, die sich selbst als die wahren Nachfolger von Wilhelm
Tell verstehen. Die Diskurshoheit ist von der traditionellen
Männerbewegung an die Antifeministen übergegangen. In
Deutschland hat die Politik diese Gefahr erkannt und finanziert ein
"Bundesforum Männer", in dem die profeministischen Gruppierungen
der beiden Kirchen, der Grünen und der SPD antifeministische
Positionen bekämpfen, die längerfristig die etablierte
Frauen- und Familienpolitik herausfordern könnten.
Verdrängung wird aber auf Dauer nicht helfen, sondern nur die
Akzeptanz, dass auch Männer Probleme haben und Benachteiligungen
ausgesetzt sind.
Eine beredte Klage: "Die Welt wird immer weiblicher.
Frauen
bestimmen die Regeln der Liebe, der Sexualität und alles andere.
Ich weiss überhaupt nicht mehr, wie ich mich als Mann verhalten
soll." Das ist kein vereinzeltes Statement. Die deutsche Sinus-Studie
über 20-jährige Frauen und Männer - von Regierungsseite
2007 in Auftrag gegeben - konstatiert, dass junge Männer heute
"geplagt (sind) von einer fundamentalen Unsicherheit" und der Angst,
als Geschlecht bald "überflüssig zu werden". "Die Männer
leiden in ihrer subjektiven Befindlichkeit und fühlen sich in der
Defensive: Die Frauen schreiben das Drehbuch und geben den Figuren eine
Rolle; der Mann ist Schauspieler mit der einzigen Aufgabe, die ihm
zugeschriebene Rolle auszufüllen."
Solches nicht wahrzunehmen, macht den Clash der
Geschlechter
immer wahrscheinlicher. Weder "männer.ch" noch die Antifeministen
wissen darauf eine Antwort. Diese kommt wohl eher von unorthodoxen
Initiativen wie "BoystoMen". Dieses amerikanische Projekt gibt es
mittlerweile auch in der Schweiz. Unter der Führung von alt
Nationalrat Roland Wiederkehr werden Buben von ehrenamtlich
tätigen Mentoren auf ihrem schwierigen Weg durch die Pubertät
zum authentischen Mannsein begleitet. Vielleicht wachsen so die neuen
Männer heran: echt, aufrichtig, verantwortungsvoll und solidarisch.
*Von 1971-2006 Professor für Soziologie in Berlin und
Bremen, Schwerpunkt Männerforschung; Gutachter des Europarates
für Männerfragen. Letzte Veröffentlichung: "Was vom
Manne übrig blieb - Krise und Zukunft des ‹starken› Geschlechts"
(Aufbau-Verlag).
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ANTI-ATOM
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BZ 5.11.10
Initianten und Gegner zanken um Preis für Atomausstieg
Energiewende
Ist eine höhere Stromrechnung der Preis für Berns
Ausstieg
aus der Atomenergie? Nein, versicherte der Chef von Energie Wasser Bern
an einem Podium.
"Strompreis verdoppeln" - mit diesem Argument versuchen
die
Gegner des Atomausstiegs, am 28. November die Berner Stimmberechtigten
zu packen. Muss Energie Wasser Bern (EWB) statt billigen Atomstrom
teurere Wind- oder Solarenergie anbieten, spüren das die
Konsumenten im Portemonnaie, behauptet das bürgerliche Komitee.
Diese Rechnung stimme so nicht, betont dagegen EWB-Chef Daniel Schafer:
"Die Strompreise werden steigen, aber sie steigen auch, wenn wir auf
Kernenergie setzen", sagte er am Mittwochabend an einer
Podiumsdiskussion. In die alten und damit "günstigen" AKWs
könne man nicht mehr beliebig lange investieren. Es müssten
neue gebaut werden, was sehr teuer sei. "Bei neuen AKWs weist die
Kostenkurve nach oben, bei erneuerbaren Energien kommen die Kosten
runter", sagte Schafer.
Das Strompreisargument der Bürgerlichen sei "billig",
findet
Natalie Imboden. Die grüne Grossrätin und Mitinitiantin der
"Energiewende Bern" warb dafür, bereits im Jahr 2030 dem Atomstrom
abzuschwören. Das bürgerliche Schreckensszenario liess sie
nicht gelten: "Gerade mal 0,5 Prozent der Haushaltsausgaben gehen im
Durchschnitt für den Strom weg." Selbst wenn der Strompreis
steige, sei das keine der Ausgaben, die ins Gewicht falle.
Ausstieg früher, später oder nie?
40 Personen waren der Einladung des Grünen
Bündnisses
gefolgt. Zu Beginn des Podiums stellte Moderator Mike Bucher dem
Publikum eine Frage: "Wer von Ihnen hat sich schon entschieden, wie er
abstimmen wird?" Bis auf eine Zuschauerin hoben alle die Hand. "Wir
buhlen also heute alle um Ihre Gunst", wandte sich der EWB-Chef an sie.
Er machte der unentschlossenen Stimmbürgerin den Gegenvorschlag
der Regierung schmackhaft, dieser decke sich mit der Strategie von EWB:
Die stadteigene Energieversorgerin will bis 2039 aus der Kernenergie
aussteigen. Neun Jahre später als die Urheber der rot-grünen
Initiative "Energiewende". Gegen beide Szenarien wehrt sich ein
bürgerliches Komitee. Es war vertreten durch FDP-Stadtrat
Christoph Zimmerli.
350 Millionen Franken in Gefahr
Wenn die Stadt bereits 2030 aus der Atomenergie aussteige,
gehe
die Rechnung für EWB und damit auch für die Kunden nicht auf,
warnte Daniel Schafer. "Können wir unsere Beteiligungen an
Gösgen und Fessenheim nicht bis 2039 behalten, verlieren wir 350
Millionen Franken." Ehrlicherweise müsse er sagen: "EWB kann und
will nicht neun Jahre auf diese Marge aus der Produktion von Atomstrom
verzichten."
Für FDP-Stadtrat Zimmerli ist darum die Hauptfrage:
"In
welchem Zeitraum ist es für die Stadt Bern wirtschaftlich
vertretbar, das AKW-Element herunterzufahren?" Man dürfe nicht
vergessen, dass EWB jedes Jahr rund 40 Millionen in die Stadtkasse
trage. Man könne sich aber auch fragen, entgegnete Imboden, "wie
viel der Stadt der rasche Ausstieg aus der Atomenergie wert ist". Bern
könnte hier auch eine Vorreiterrolle übernehmen. Man
dürfe sich in diesem Punkt keine Illusionen machen, entgegnete
Schafer: "Nur weil Bern seine Beteiligung von 7,5 Prozent an
Gösgen aufgibt, wird das Werk nicht stillgelegt."
Auch Gegenvorschlag willkommen
Im Verlauf der konstruktiv geführten Debatte
zeichnete sich
ab, dass Mitinitiantin Imboden auch mit dem Gegenvorschlag leben
könnte: "Das Wichtigste ist, dass die Stimmberechtigten
grundsätzlich den Ausstieg aus der Atomenergie beschliessen." Sie
persönlich fände das auf 2030 machbar, könne aber auch
die Argumente von EWB für 2039 nachvollziehen. Diese Argumente
überzeugten offensichtlich auch die unentschlossene
Stimmbürgerin. Sie werde für den Gegenvorschlag stimmen,
verriet sie am Ende der Veranstaltung.
Mirjam Messerli
---
cash.ch 5.11.10
Alpiq mit deutlichem Gewinnrückgang
Der Energiekonzern Alpiq leidet unter gesunkenen
Strompreisen,
geringerem Verbrauch insbesondere in Italien und der
Euro-Schwäche. Doch Konkurrentin Axpo macht Alpiq Hoffnung -
zumindest was neue Kernkraftwerke anbelangt.
Der Gewinn von Alpiq in den ersten
neun
Monaten 2010 um 15 Prozent auf 421 Millionen Franken gesunken. Der
Umsatz schrumpfte um 2 Prozent auf 10,519 Milliarden Franken, wie die
aus der Fusion von Atel und EOS entstandene Gruppe am Freitag
mitteilte. Konzernchef Giovanni Leonardi erklärte, Alpiq sei unter
den eigenen Erwartungen geblieben, habe jedoch im Vergleich zum Umfeld
ein zufrieden stellendes Ergebnis erzielt.
Positiv entwickelt hätten sich im
Energiegeschäft die
Aktivitäten in der Schweiz. Dazu trug unter anderem das im Januar
wieder in Betrieb genommene Speicherkraftwerk Bieudron
(Cleuson-Dixence) bei. Ebenfalls erfreulich entwickelt hätten sich
das Vertriebs- und Grosshandelsgeschäft sowie die Kraftwerke in
Zentraleuropa.
Tiefer Euro belastet
Während das Segment Energieservice stabil blieb,
belasteten
Alpiq insbesondere der tiefe Euro und die in den wichtigen
europäischen Märkten gesunkenen Preise für Strom
aufgrund eines tieferen Verbrauchs und zusätzlicher
Erzeugungskapazitäten.
Für die restlichen Monate in diesem Jahr sieht Alpiq
keine
Verbesserung. Der Euro bleibe voraussichtlich schwach und die
europäische Stromerzeugungsüberkapazität
unverändert. Das drücke auf die Margen. Alpiq erwartet
hingegen, dass sich aufgrund gezielter Massnahmen zur Kostenreduktion
der Rückgang der Ergebnisse bis Ende Jahr abflachen wird.
"Gute Chancen" für AKW-Projekte
Immerhin eine gute News gibt es für Alpiq: Der Ersatz
von
bestehenden Kernkraftwerken in der Schweiz habe "gute Chancen". Dieser
Ansicht ist Axpo-Chef Manfred Thumann. Im cash-Video-Interview
lässt er durchblicken, dass er an die Umsetzung der eingereichten
Projekte von Axpo, Alpiq und BKW glaubt. Nicht aber an
zusätzliche: "Für neue Standorte ist es schwierig."
Der Ersatz der bestehenden Kernkraftwerke sei notwendig,
da die
drohende Stromlücke eine Realität sei. "Das zeigen alle
Fakten", so Thumann. Auch wiederholt er die Aussage der Stromkonzerne,
dass alternative Energie nicht in der Lage seien, die Kapazitäten
der heute in der Schweiz existierenden Kernkraftwerke zu ersetzen.
(sda/mik)
--
Axpo-CEO Manfred Thurmann zur drohenden Stromlücke.
http://www.cash.ch/video/start.php?firstProjectID=17819
---
St. Galler Tagblatt 5.11.10
Ein heisses Atom-Weekend
An diesem Wochenende werden rund um den norddeutschen Ort
Gorleben Zehntausende zum Protest gegen die Atompolitik der deutschen
Regierung erwartet.
Walter Brehm
Im norddeutschen Wendland werden am kommenden Wochenende
rund um
den Ort Gorleben 17 000 Polizisten im Einsatz stehen, um über 30
000 erwartete Atomkraftgegner im Zaum zu halten. Voraussichtlich am
Montagmorgen soll dort ein Castor-Transport mit atomarem Abfall aus La
Hague in Frankreich anrollen.
Den aufgebotenen Ordnungshütern scheint in ihrer Haut
nicht
wohl zu sein. Konrad Freiberg, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft
(GDP), hat an die Regierung in Berlin gerichtet erklärt:
"Gesellschaftliche Konflikte können nicht mit der Polizei
gelöst werden."
80 Prozent haben Verständnis
Die geplanten Proteste richten sich zum einen gegen das
geplante
deutsche Endlager für atomaren Abfall in Gorleben. Angeheizt wurde
die wohl seit Jahren grösste Mobilisierung der Anti-Atom-Bewegung
jedoch durch den Beschluss der konservativ-liberalen Koalition von
Kanzlerin Angela Merkel, die Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke zu
verlängern. Die grün-linke Opposition hofft noch immer, dies
verhindern zu können - sei es vor dem Verfassungsgericht in
Karlsruhe oder durch eine Intervention von Bundespräsident
Christian Wulff. Die Basis jedoch will darauf nicht vertrauen, sie
redet von Widerstand.
Das Wiedererstarken der Anti-Atom-Bewegung gründet im
selben
Unbehagen, das derzeit im Süden des Landes auch den Widerstand
gegen das Bahnhofprojekt "Stuttgart 21" befeuert: Gorleben steht
ebenfalls für das sich in Deutschland verbreitende Gefühl,
dass immer mehr wichtige Entscheidungen über die Köpfe der
Bevölkerung hinweg gefällt werden.
Laut einer Umfrage der Umweltorganisation Greenpeace haben
80
Prozent der Deutschen Verständnis für die Atomproteste. Dass
diese Sympathie tatsächlich bis weit in die Mitte der Gesellschaft
reicht, hat auch Bundestagspräsident Norbert Lammert, ein
CDU-Parteifreund der Kanzlerin, deutlich gemacht. Er hält die Eile
der Regierung, die Laufzeitverlängerung für AKW
durchzusetzen, für "eine Zumutung".
Vorstoss aus EU-Kommission
Dass sich die Politik auch auf europäischer Ebene der
Sprengkraft der ungelösten Entsorgung von Atomabfall sehr wohl
bewusst ist, zeigt auch ein Vorstoss von Günther Oettinger, dem
deutschen EU-Kommissar für Energie. Er präsentierte am
Mittwoch seine Forderung, wonach alle EU-Staaten mit Atomkraftwerken in
den kommenden vier Jahren verbindliche "Fahrpläne" für die
Endlagerung ihres atomaren Abfalls vorzulegen hätten.
Die Forderung des EU-Kommissars sieht auch ein Verbot des
Exports
von Atomabfällen in Nicht-EU-Staaten vor. Dass sein Vorstoss aber
EU-Recht werden kann, verlangt, dass im Ministerrat alle 27
Mitgliedstaaten zustimmen. Und selbst wenn sich Oettinger durchsetzte,
rechnen Experten mit Jahrzehnten für die Verwirklichung des Planes.
Herbst der Entscheidung
Die Regierung Merkel spricht von einem "Herbst der
Entscheidung",
und sie könnte ihn bekommen - wenn auch anders als gewünscht.
Der Ausstieg aus dem Atomausstieg oder zumindest dessen
Verzögerung erweist sich nun als Wiederbelebungsprogramm für
die Anti-Atom-Bewegung. Das könnte leicht zum Wahlkampfmotor der
Opposition, vor allem der Grünen werden.
Risiken für Protestbewegung
Doch auch für die Organisatoren bergen die
Gorleben-Proteste
Risiken. Wie die Polizei müssen auch sie extremistische Elemente
fürchten, die versuchen, die Proteste zu eskalieren. Ein zwar
glimpflich verlaufener Brandanschlag auf einen Kabelschacht der
Berliner S-Bahn hat die Lage vor dem Wochenende verschärft.
In Manier linksextremer Stadtguerilla erklärte ein
"Kommando
Sébastien Briat" in einem Bekennerbrief: "Wir wollen zeigen,
dass die Profiteure der Atom-Mafia kein ruhiges Hinterland haben. Weder
im Wendland noch in den Grossstädten." Briat war ein junger
Franzose, der 2004 während der Proteste gegen einen
Castor-Transport von einem Zug überrollt und tödlich verletzt
worden war. Das fahrlässige hantieren mit Märtyrerlegenden
durch politische Extremisten hat noch nie Gutes verheissen. Auch grosse
Sympathiewerte für Bürgerproteste können nach
Gewaltexzessen schnell schwinden.
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Globales Problem Atommüll
Die Entsorgung von Atommüll ist nicht nur in Deutschland
ein
heikles Thema. Eine Übersicht.
Allein in der Europäischen Union betreiben 14 Staaten
etwa
140 Atomkraftwerke - weltweit sind es über 400. Doch kein einziges
Land besitzt ein Endlager.
- Die Schweiz strebt ein Atomendlager in Tonböden an. 2008
wurden
von der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver
Abfälle (Nagra) sechs mögliche Regionen benannt. Drei von
ihnen kämen auch für die Lagerung von hoch radioaktivem
Abfall in Frage. Da sie in der Nähe zu Deutschland liegen, wurde
ein deutsches Expertengremium hinzugezogen. Einen Beschluss gibt es
aber noch nicht. Ein solcher müsste wohl eine Volksabstimmung
überstehen.
- Finnland ist das erste Land, das den Bau eines Endlagers
beschlossen
hat. Als Standort wählte die Regierung die Insel Olkiluoto an der
Westküste. Dort gibt es zwei Atomkraftwerke, ein drittes befindet
sich im Bau. Für schwach bis mittelradioaktiven Abfall existiert
vor Ort schon ein Endlager. Ob sich das vorhandene Granitgestein auch
für die Entsorgung abgebrannter Brennstäbe eignet, wird
derzeit noch untersucht. Baubeginn soll 2015 sein. Widerstand seitens
der Bevölkerung ist praktisch kaum vorhanden.
- Schweden will bei Östhammar im Osten des Landes ein
Endlager
bauen - ebenfalls in der Nähe eines Atomkraftwerks und eingebettet
in Granitgestein. Es soll nach 2022 in Betrieb genommen werden und
für mindestens 100 000 Jahre atomaren Abfall aufnehmen. Allerdings
gibt es dort in einem bereits bestehenden Lager für schwach bis
mittelradioaktive Abfälle schon nach 20 Betriebsjahren Probleme:
Ein undichter Behälter hat es kontaminiert, und es dringt Wasser
ein - täglich müssen Hunderte Liter abgepumpt werden.
Widerstand gegen ein Endlager für hoch radioaktive Abfälle
gab es trotzdem keinen.
- Frankreich produziert fast 75 Prozent seines Stroms in
Atomkraftwerken - entsprechend gross ist die Menge des Atomabfalls.
Derzeit wird die Einlagerung von abgebrannten Brennstäben in einer
dünn besiedelten Region in Lothringen am Rande der Champagne
geprüft. Von 2025 an soll dann der hoch radioaktive Abfall 500
Meter tief in einer Lehmschicht eingelagert werden. Alternative
Standorte in der Bretagne und im Zentralmassiv wurden nach Protesten
aufgegeben.
- Grossbritannien lagert hoch und niedrig strahlenden Atomabfall
an
mehreren Stellen vorübergehend überirdisch - vor allem in der
Wiederaufbereitungsanlage Sellafield. In Wales wurde ein altes
Atomkraftwerk in ein Zwischenlager für mehr als 300
Abfallbehälter umgebaut. Sie sollen dort bis 2096 bleiben. Als
Endlagerstandort haben sich nur zwei von angefragten 13 Gemeinden zur
Verfügung gestellt. Die Umsetzung ist frühestens bis 2050
geplant.
- Die USA betreiben mit über 100 Atomkraftwerken das
weltweit
grösste Atomenergieprogramm. Seit 1978 wurde dort die Endlagerung
im abgelegenen Yucca-Gebirge im Wüstenstaat Nevada geprüft.
2011 sollte eigentlich mit der Einlagerung begonnen werden. Doch das
Bundesgericht rügte die Sicherheitsgarantie von 10 000 Jahren als
zu kurz und forderte einen Nachweis für eine Million Jahre.
Daraufhin stoppte US-Präsident Barack Obama das Projekt. Jetzt
soll ein Ausschuss Alternativen prüfen. Der atomare Abfall wird an
Dutzenden Standorten im ganzen Land zwischengelagert.
- Russland betreibt mehrere Zwischenlager für Atomabfall
aus den
50er- und 60er-Jahren. Seit Mitte der 90er-Jahre gibt es zwar ein
Programm zur Modernisierung dieser Lager, doch die dafür
vorgesehenen Sicherheits- und Umweltstandards erfüllen
internationale Anforderungen nicht. Dennoch beschloss das russische
Parlament 2001, auch Atomabfall aus dem Ausland anzunehmen. Moskau
prüft Standorte für den Bau eines modernen Endlagers.
- China lagert Atomabfall in regionalen Zwischenlagern. Für
die
Endlagerung von hoch radioaktivem Abfall strebt das Land eine
unterirdische Lösung an. Ein Standort in der Wüste Gobi in
Granitgestein scheint derzeit am wahrscheinlichsten. (wbr/ard)