MEDIENSPIEGEL 18.11.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo, Rössli, DS, GH)
- Schützenmatte: Securitas-Patrouille kostet 423'862 Franken
- Bahnhofpate in Action
- Anti-SVP-Tag: 3 Anzeigen
- Müslüm: Advents-Video-Dreh
- RaBe-Info 15.-18.11.10
- Stadtrats-Sitzung 18.11.10
- Sexwork BE: Gesetzesvorschlag Kanton
- Kein ruhiges Hinterland Köniz: Pyros auf Polizei
- Randstand Biel: Kein Alkitreff-Ersatz
- Rechtsextremismus: Freysinger; Division Helvetia; Gewaltstudie
Burgdorf
- Sans-Papiers: Kontaktstelle LU
- Ausschaffungen: Schwangere; Staatsrechtler; Resozialisierung;
Rechtsschutz; Rüge für BE; Gesicht zeigen; Faltblatt; Demos
BE + ZH; Todesdrohungen; Sonderflüge
- Migration Control: Flüchtlinge in Griechenland
- Knast: Briefe von Silvia + Costa
- Police CH: Grenzwachtcorps-Knatsch; Punkrockfan KKS
- Sicherheitsfirmen: Zulassungsverfahren
- Big Brother: Drohnen gegen Gastor-Demos; Datenschutz SZ
- Big Brother Sport: Kosten-Chaos
- Ex-Squat ZH: Atlantis-Studiwohnungs-Run; Alternativkultur ZH
- Squat VD: BesetzerInnen + Königsfamilie einigen sich
- Rote Falken: Demo jetzt!
- Drogen: Kontrollierter Cannabisverkauf BS; Schmuggel; Bussenmodell
SG; Hirndoping
- Alkohol: Gewaltfragen
- Zischengeschlecht: Uberparteiliche Solidarität
- Spitzel: Britischer Aktivist enttarnt
- Mumia Abu-Jamal: Popstar im 20 Minuten
- Hipop: Sissy Bounce
- Anti-Atom: Endlager; AKW-Standorte; Strahlenschutz; CH-Gau 1969;
Mühleberg-Hang; geheime CH-Castor-Transporte; Bodenstärken;
Majak-Uran; Energiewende
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REITSCHULE
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Do 18.11.10
16.00 Uhr - Grosse Halle - Ausstellung "Problemhuufe"
(bis 20.00 Uhr)
19.30 Uhr - Infoladen - Jahr des Antisexismus:
Überraschungsfilm&Diskussion
20.00 Uhr - Kino - CULTURESCAPES CHINA: My Village 2008,
Jia Zhitan,
China 2009. In Anwesenheit von Wu Wenguang und Katharina Schneider Roos
20.00 Uhr - Frauenraum - PLAY YOURSELF - offene
Bühne und
Improvisation von Frauen für Frauen
21.00 Uhr - Rössli - Strotter Inst.; Toktek,
Everest on tt (CH). -
Electronica
Fr 19.11.10
16.00 Uhr - Grosse Halle - Ausstellung "Problemhuufe"
(bis 20.00 Uhr)
20.30 Uhr - Tojo - Was ich dir noch tanzen wollte. Ein
bewegter
Monolog. Tanz/ Choreografie: Karin Minger.
20.30 Uhr - Kino - CULTURESCAPES CHINA: My Village 2008,
Zhang Huancai,
China 2009
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild East: MAGNIFICO (SLO)
& GYPSY
SOUND SYSTEM (CH). -- Balkan!
Sa 20.11.10
10.00 Uhr - Grosse Halle - Ausstellung "Problemhuufe"
(bis 17.00 Uhr)
13.00 Uhr - Frauenraum - "Sie kam und blieb"
präsentiert:
Feministisches Netzwerktreffen
19.00 Uhr - Kino - CULTURESCAPES CHINA: My Village 2007,
Shao Yuhzen,
China 2008, DVD, 80 Min., Ov/e
20.30 Uhr - Tojo - Was ich dir noch tanzen wollte. Ein
bewegter
Monolog. Tanz/ Choreografie: Karin Minger.
21.00 Uhr - Kino - My Village 2008, Shao Yuhzen, China
2009, DVD, 70
Min., Ov/e
21.00 Uhr - Frauenraum - "Sie kam und blieb"
präsentiert: Disco
"Beauvoir" mit den DJ's Die Fernweh und agnetta
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: ZERO METHOD
(DSCI4/HUN),
TRACE (DSCI4/UK), Deejaymf (cryo.ch) VCA (biotic rec/CH) SIP
(Selbstbeherrschung.ch). -- Drumnbass
So 21.11.10
10.00 Uhr - Grosse Halle - Ausstellung "Problemhuufe"
(bis 17.00 Uhr)
20.00 Uhr - Rössli - Overdrive Amp Explosion; The
Twobadours (CH).
- Indierock
Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch
---
kulturagenda.be 18.11.10
Karin Minger tanzt im Tojo sieben Mitteilungen
Die meisten überbringen Botschaften mittels Worten, Karin Minger sagt
es mit Tänzen. "Was ich dir noch tanzen wollte" heisst das neuste
Solostück der Berner Tänzerin und Choreografin. Es besteht aus sieben
Mitteilungen, die zusammen einen Monolog bilden. Ihre Bedeutung lässt
Minger offen. Das Publikum darf sie auf seine eigene Weise
interpretieren.
Tojo Theater, Bern. Fr., 19.11., und Sa., 20.11., jeweils 20.30 Uhr
---
kulturagenda.be 18.11.10
3 Kulturtipps
von Raphael Urweider
Raphael Urweider ist Dichter und Theaterschaffender. Er hat unter
anderem die zweite Folge der Theatersoap "Schnäu und dräckig"
geschrieben.
Yann Mingard
"The Idea of Africa (re-invented)" in der Kunsthalle (bis 5.12.)
Ich schaue mir diese Ausstellung an, insbesondere die Fotos von J. D.
Okhai Ojeikere aus Lagos, weil dieser Künstler weiss, dass
Frisieren auch Kunst
sein kann.
Theater Marie mit "Moby Dick" im Schlachthaus (Do., 18.11., bis Sa.,
20.11.)
Weil die dicksten Freunde nicht immer die besten sind.
Strotter Inst., Toktek, Everest on tt im Rössli der Reitschule
(Do., 18.11.)
Weil Strotter mit Plattenspielern stottert wie andere mit fünf
Jonglierbällen gleichzeitig.
Ich würde jedem, der sich ausschaffen lassen möchte, die
Ausstellung "The Idea of Africa (re-invented)" empfehlen …
… weil er dort genug kulturelle Gründe findet, die Schweiz zu
verlassen und sich andernorts in eine Minderheit zu verwandeln.
---
kulturstattbern.derbund.ch 18.11.10
Von Manuel Gnos am Donnerstag, den 18. November 2010, um 02:05 Uhr
Barfuss geht gar nicht
Mit dem Titel zu diesem Beitrag hätten wir auch gleich schon den
einzigen negativen Punkt des Auftritts von La Brass Banda aus Bayern
abgehandelt. Denn die fünf Herren, dem Teenageralter schon eine
Weile entwachsen, verbreiteten gestern Abend im Dachstock eine
umfassend gute Stimmung.
So waren denn die Befürchtungen* des Schreibenden schon nach
wenigen Takten weggewischt. Weggewischt durch die vielfältige
Dynamik, das äusserst sympathische Auftreten und weggewischt auch
durch die geschickt eingesetzten Tempowechsel. Alles Eigenschaften, die
viel zu häufig fehlen, wenn Punks antreten, die
(volks-)musikalische Überlieferung ihrer Vorfahren in ein
clubtaugliches Format zu giessen.
Die Akteure bei La Brass Banda vermochten mit einem hölzern
charmanten Auftritt ein Wohlgefühl zu verbreiten, wie man es von
Attwenger und der Youngblood Brass Band her kennt. Von ersteren
entlehnen sie sich dabei den virtuosen Umgang mit dem Sprechgesang, von
letzteren den kunstfertigen Einsatz der Tuba.
Man kann die Musik als bayerischen Gypsy-Brass bezeichnen. Oder man
sagt dazu Balkan-Funk. Alpen-Jazz-Techno wäre als dritte
Möglichkeit anzufügen. Wie auch immer man es nennt: Die Musik
bewegt - die Beine genau so wie die Seele. Das Publikum im
überraschend gut besuchten Dachstock wusste dies in angemessener
Weise zu würdigen. Und voilà: ein gelungener Abend.
______________________________
* Die da sind: Bläsergedudel in Hochgeschwindigkeit unterlegt mit
Ska-Offbeat-Gitarre, Schenkelklopfansagen, Raggamuffin-Gesang,
Humpa-Humpa-Schlagzeug und Altherrenrock-Bassläufe.
---
BZ 16.11.10
Abtauchen in die eigenen Sorgen
Reitschule
Die Ausstellung "Problemhuufe" versammelt Skulptur, Malerei, Fotografie
und Installationskunst von 18 Kulturschaffenden, die sich mit dem
Menschsein auseinandersetzen. Es handelt sich um eine der seltenen
Kunstschauen in der Reitschule.
Einen Menschen mit vielen Sorgen bezeichnet man gemeinhin als
Problemhaufen. Zu diesem Thema hat eine lose Gruppe von
Kunstschaffenden in der grossen Halle der Berner Reitschule die
Ausstellung "Problemhuufe" auf die Beine gestellt. Das Kollektiv hat
damit ein äusserst breites Thema gewählt, das Künstler
schon immer beschäftigt hat. Und auch der US-Starautor David
Foster Wallace sagte einst: "Fiktion, die nicht erforscht, was es
bedeutet, ein Mensch zu sein, ist keine Kunst." Das gilt auch für
die bildende Kunst, die dann am stärksten ist, wenn sie die
Betrachter selbst betrifft.
Konfrontation mit sich selbst
Muss eine Ausstellung zu diesem Thema aber nicht
zwangsläufig traurig stimmen? Die Bildhauerin Isabelle Hofmann
verneint: "Wir haben ja auch nach Lösungen gesucht." Sie selbst
hat aus Holz eine im Raum schwebende Taucherglocke geschaffen. Das
Objekt, das man aus Comics wie "Tim und Struppi" kennt, kann man sich
über den Kopf ziehen. Was draussen geschieht, hört man so
kaum noch, man ist auf sich selbst und seine Wahrnehmung konzentriert.
Während man die Taucherglocke herunterzieht, bildet ein kleiner
Kübel das Gegengewicht und fährt in die Höhe. "Wenn man
Probleme hat, muss man sich auf sich selbst besinnen, aber die
Konfrontation mit dem eigenen Ich ist nicht zwangsläufig
angenehm", erklärt Hofmann die Idee hinter dem Werk. Der
Kübel kann als Abfalleimer für die Nöte interpretiert
werden.
Neid und Trägheit
Andere Skulpturen sind konventioneller und zum Teil etwas allzu
plakativ. Bei Samuel Schaerer sitzt ein kleiner König auf den
Schultern einer grossen Holzfigur. Der Mächtige kann nur auf
Kosten anderer regieren, lautet in etwa die Botschaft. Ein Highlight
ist die Malerei von Margaretha Eggimann, die den Vorkurs der
Kunstgewerbeschule absolviert hat. Unabhängig von der grossen
Ausstellung "Lust und Laster" im Kunstmuseum hat sie die sieben
Todsünden mit sich selbst in den Hauptrollen nach per
Selbstauslöser geschossenen Fotografien gemalt.
Ihr Stil erinnert ein wenig an denjenigen der glamourösen
Art-Déco-Malerin Tamara de Lempicka: Neid stellt Eggimann nicht
etwa mit grünen Schlangen oder anderen mythologischen Symbolen
dar, sondern indem sie sich selbst beim Putzen zeigt -
eifersüchtig auf den Fernsehbildschirm schielend, in dem eine Frau
in einem Prinzessinnenkleid gerade den roten Teppich betritt.
Mit welcher Sünde kann sie sich am meisten identifizieren?
"Mit allen ein bisschen, schliesslich konnte ich ja auch alle
darstellen", erklärt sie schmunzelnd. Ein "Problemhuufe" ist sie
deswegen bestimmt nicht. Ein Bild konnte sie schon vor der Vernissage
verkaufen: "Die Trägheit", aller Laster Anfang, mit der sich wohl
viele identifizieren können.
Helen Lagger
Ausstellung: bis am 28. November, in der grossen Halle der
Reitschule. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 16 bis 20 Uhr,
Samstag und Sonntag 10h bis 17 Uhr.
---
kulturstattbern.derbund.ch 15.11.10
Von Benedikt Sartorius am Montag, den 15. November 2010, um 06:24 Uhr
Kulturbeutel 46/10
(...)
Herr Gnos empfiehlt:
La Brass Banda im Reitschule-Dachstock. Das Quintett aus München
hat die bayerische Volksmusik aus dem Festzelt in die Clubs geholt, sie
mit ungenierten Texten, zuckenden Offbeats und wummernden Bässen
angereichert. La Brass Banda sind für den Süden Deutschlands,
was Attwenger für Österreich sind - allerdings mit weniger
Textintelligenz, dafür mit einem merklich höheren
Partyfaktor. Sehr schön zu sehen bei ihrem wuchtigen Auftritt am
Roskilde-Festival von 2009.
(...)
---
kulturstattbern.derbund.ch 14.11.10
Von Grazia Pergoletti am Sonntag, den 14. November 2010, um 13:07 Uhr
Herrgott unter der Discokugel
http://newsnetz-blog.ch/kulturstattbern/files/2010/11/PB1401151.JPG
Hier sehen (vielmehr: erahnen) sie Michael Röhrenbach, den
umtriebigen Co-Leiter des TOJO-Theaters, wie er heute Morgen um 5
seinem wohlverdienten Feierabend entgegenfiebert, sofern um diese
Uhrzeit von Fiebern noch die Rede sein kann.
Die Disco war voll und ausgelassen, jedenfalls soweit ich das
mitbekommen habe (mein DJ-Pult war sehr weit weg vom Tanzboden, was den
Vorteil hatte, dass den Tanzenden weniger aufgefallen ist, dass die
DJane altersmässig ungefähr ihre Mutter sein könnte.
Höchstens von der Musik her, haha!). No Means No habe ich leider
verpasst. Dafür habe ich noch feststellen dürfen, dass Herr
Lars L. und ich denselben Lieblingshit 2010 haben, nämlich diesen
hier (http://www.youtube.com/watch?v=mPXPIx1LlPY).
Soweit mein
Reitschulfest.
Michael Röhrenbach ist übrigens vor vielen Jahren von Hamburg
hergekommen, wo er Mitverantwortlicher war im "Westwerk", einem kleinen
feinen Kulturbetrieb, in welchem auch so lustige Leute wie zum Beispiel
Rocko Schamoni wohnten. In Bern war er damals allerdings schon bekannt,
zum Beispiel durch seine unnachahmliche Interpretation des Herrgotts in
"Spaceboard Galuga". Herr Röhrenbach ist auch Verfasser der
genialen Grüsse am Ende jeder Tojo-Mail, alleine deswegen lohnt es
sich übrigens, diese Newsletter zu abonnieren!
---
Blick am Abend 12.11.10
TOP Nicht verpassen!
Nightlife Tipp
Reitschulfest
Fr-Sa, 22 Uhr, Reitschule, Neubrückstrasse 8.
Die Reitschule feiert sich selbst und wohl auch das Nein des
Berner Stimmvolks zu ihrer Schliessung. Ihrer Freude verleihen die
Reitschule-Betreiber mit einem zweitägigen Fest Ausdruck,
während dem neben Erman Erim, Manon, My Baby the Bomb und Hunter
Valentine auch Monika Kruse (Bild) zu hören sein wird. usgang.ch
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SCHÜTZENMATTE
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BZ 13.11.10
Securitas bei Reitschule kostet fast halbe Million
Sicherheitsdienste Die Berner Stadtverwaltung kauft Leistungen
bei privaten Sicherheitsfirmen ein. Das kostet jährlich über
1,6 Millionen Franken.
Alleine die Überwachung des Reitschule-Vorplatzes durch die
Securitas AG kostet die Stadt Bern 423 862 Franken pro Jahr. Diese Zahl
hat der Gemeinderat in seiner Antwort auf eine GB-Interpellation
veröffentlicht. Das GB wollte von der Stadtregierung wissen, wie
viele Verträge mit privaten Sicherheitsfirmen abgeschlossen werden.
Poleposition für Securitas
Insgesamt lässt sich die Stadtverwaltung die
Sicherheitsaufträge an Private jährlich fast 1,6 Millionen
Franken kosten (siehe Tabelle). Die meisten Verträge wurden mit
der Securitas AG abgeschlossen. Daneben kommt unter anderem auch die
Securitrans zum Zug. Diese Firma hat den Auftrag, den städtischen
Teil des Bahnhofs zu überwachen. Die weiteren Sicherheitspartner
der Stadtverwaltung sind Securiton und die Certas AG.
Auftrag ohne Ausschreibung
Ohne öffentliche Ausschreibung hat die Securitas AG von der
Stadtverwaltung Aufträge im Gesamtwert von jährlich 520 000
Franken erhalten. So etwa das Überwachungsmandat des
Reitschule-Vorplatzes oder der Bernmobil-Gebäude. "Bernmobil wird
diese Verträge auf den nächstmöglichen Termin
kündigen", schreibt der Gemeinderat. Danach werde der Auftrag
ausgeschrieben. Ob die Überwachung des Reitschule-Vorplatzes
weiterhin nötig sei, werde im Rahmen der Aufgabenportfolio-Analyse
überprüft. "Sollte sich eine Bewachung des Reitschule-Areals
weiterhin als notwendig und finanzierbar erweisen, wird der Vertrag im
Jahr 2011 öffentlich ausgeschrieben", schreibt der Gemeinderat.
Tobias Habegger
--
Die einzelnen Aufträge
Dienstleistung Kosten in Fr. pro JahrÜberwachung Kleine
Schanze und Bundeshaus51 801.50
Überwachung öffentlicher Raum Drogenanlaufstelle305
716.00
Überwachung des städtischen Teils des SBB-Bahnhofs326
181.20
Überwachung der Umgebung der Reitschule423 862.00
Schliess- und Öffnungsdienst der Münsterplattform11
512.20
Zutrittskontrolle Sozialamt an der Predigergasse 1060 600.00
Nachtwache Entsorgungshöfe Egelsee und Fellerstrasse12 137.28
Nächtliche Kontrollen im Werkhof Forsthaus11 952.00
Alarmanlage Erlacherhof621.25
Verkehrsdienste verschiedener Strassenbaustellen103 120.00
Bewachung der EWB-Objekte96 415.00
Revierkontrolle Baustelle KVA Forsthaus38 070.00
Überwachung der Bernmobil-Gebäude100 000.00
Bewachung von weiteren Verwaltungsgebäuden 36 624.60
Übrige Aufträge7 540.86
Total1 586 153.89
Quelle: Berner Gemeinderat in einer Antwort auf einen
Stadtratsvorstoss
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bern.ch/stadtrat 5.7.10 (Stadtratssitzung 25.11.10 )
10.000123 Interpellation Fraktion GB/JA! (Hasim Sancar, GB): Private
Sicherheitsdienste im öffentlichen Raum
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000123/gdbDownload
---
bern.ch/stadtrat 25.3.10
Interpellation Fraktion GB/JA! (Hasim Sancar, GB): Private
Sicherheitsdienste im öffentlichen Raum (eingereicht 25.03.10)
Die Stadt Bern hat viele Verträge mit den privaten
Sicherheitsdiensten. Auf die Interpellation Luzius Theiler (GPB-DA)/Lea
Bill (JA!): Bespitzelt Securitas auch in Bern? (08.000237) vom 26. Juni
2008 antwortete der Gemeinderat, dass zwischen der privaten
Sicherheitsfirma Securitas AG und der Direktion SUE Verträge
bestehen, die ca. 1 Million Franken ausmachen, dazu kommen noch
Nachkredite von über 500'000 Franken. Folgende öffentliche
Räume werden damit abgedeckt:
- Reitschule Bern
- Hodlerstrasse 22
- Kleine Schanze/Bundeshaus
- Bereich Publikumsanlagen Bahnhof
- Münsterplattform.
Aus dieser Antwort geht leider nicht hervor, ob auch andere Direktionen
Verträge mit privaten Sicherheitsdiensten haben.
Die Fraktion GB/JA! bittet den Gemeinderat folgende Fragen zu
beantworten:
1. Welche Verträge hat die SUE heute mit privaten
Sicherheitsdiensten abgeschlossen? Wie hoch ist der Betrag pro Vertrag
und wie hoch sind die Gesamtkosten der Aufträge an private
Sicherheitsdienste heute?
2. Haben auch andere Direktionen Verträge mit privaten
Sicherheitsdiensten? Wie hoch ist der Betrag pro Vertrag und wie hoch
sind die Gesamtkosten der Aufträge an private Sicherheitsdienste
im Rahmen der laufenden Rechnung und im Rahmen der Sonderrechnungen
(inkl. Wohnbaufonds) heute?
3. Haben die ausgelagerten Betriebe (insbesondere StaBe) mit privaten
Sicherheitsdiensten Verträge? Wie hoch ist der Betrag pro Vertrag
und wie hoch sind die Gesamtkosten der Aufträge an private
Sicherheitsdienste?
4. Welche der bestehenden Verträge wurden öffentlich
ausgeschrieben und nach städtischem Beschaffungsrecht vergeben?
Bern, 25. März 2010
Interpellation Fraktion GB/JA! (Hasim Sancar, GB), Jeannette Glauser,
Natalie Imboden, Stéphanie Penher, Lea Bill, Rahel Ruch,
Cristina Anliker-Mansour, Luzius Theiler, Regula Fischer, Rolf Zbinden
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BAHNHOF-PATINNEN
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Bund 13.11.10
Im Profil
René Peytrignet ist Bahnhof-Pate. Im Auftrag der SBB geht er auf
"Tour" durch den Bahnhof Bern und macht die Leute auf Fehlverhalten
aufmerksam. Simon Wälti
"C'est le ton qui fait la musique."
"Es war 2009, als mich ein Kollege, der schon als Bahnhof-Pate
unterwegs war, fragte: ‹Was machst du eigentlich, wenn du pensioniert
bist?› Ich sagte: ‹Ich suche ein ehrenamtliches Jöbli.› Und so
habe ich mich bei den SBB gemeldet und bin nach einem einstündigen
Bewerbungsgespräch auch angestellt worden. Derzeit sind wir im
Bahnhof Bern dreizehn Paten und Patinnen. Die meisten sind wie ich
pensioniert. Wir gehen immer zu zweit auf Tour und verschaffen der
Bahnhofordnung Nachachtung, wie es so schön heisst. Dabei tragen
wir Gilets mit der Aufschrift ‹Rail Fair›. Etwa zweimal pro Woche stehe
ich für jeweils drei Stunden im Einsatz. Wir erhalten keinen
eigentlichen Lohn, aber Gutscheine, zum Beispiel für
SBB-Tageskarten."
"Man muss mit den Leuten auskommen, muss immer freundlich,
anständig und hilfsbereit sein. Wer meint, er könne sich als
Polizist aufspielen, ist fehl am Platz. Wir sind keine Hilfssheriffs.
‹C'est le ton qui fait la musique›, sage ich immer. Bis jetzt habe ich
noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Ich wurde nie beschimpft
oder sogar angegriffen. Nur einmal musste ich mit der Securitrans
drohen, die für den Objektschutz in den Bahnhöfen
zuständig ist. Ich führe das darauf zurück, dass ich
mich auch immer korrekt verhalten habe.
Rauchen in der Bahnhofhalle ist verboten, auch das Velofahren ist
untersagt und das Sitzen auf den Treppen. Wir versuchen, den
Jugendlichen, die häufig auf den Treppen sitzen, zu erklären,
dass es sich nicht um eine Schikane handelt. Lange nicht alle Passanten
und Bahnkunden benutzen die Rolltreppen, sie werden behindert, wenn
Leute auf der Treppe sitzen. Die Jugendlichen wissen, dass es
eigentlich nicht erlaubt ist. Sie stehen auf, wenn sie uns sehen, und
entschuldigen sich zum Teil sogar. Wenn der SCB oder YB spielt, sind
wir nicht im Einsatz, denn die SBB wollen uns keinen unnötigen
Risiken aussetzen."
"Nach meiner Einschätzung hat sich die Situation im Bahnhof
Bern verbessert, nicht zuletzt dank dem Umbau. Es gibt auch viel
weniger Randständige im Bahnhof, natürlich auch, weil die
Polizei aktiv ist. Der Bahnhof ist sicherer geworden. Heute besteht
unsere Hauptaufgabe darin, Auskunft zu erteilen. Manchmal ist es zum
Beispiel für Touristen, die sich oben auf der Welle befinden,
nicht ganz einfach, die Gepäckaufgabe am anderen Ende des Bahnhofs
zu finden. Da haben wir sie auch schon zu ihrem Ziel begleitet. Die
Leute sind dankbar, wenn wir ihnen helfen. Gerade im Gespräch mit
Touristen ist es von Vorteil, wenn man auch Fremdsprachen wie
Französisch oder Englisch spricht." "Früher war ich in der
Militärverwaltung der Stadt Bern angestellt. Die Arbeit als
Bahnhof-Pate ist aber nicht meine einzige Beschäftigung nach der
Pensionierung. Ich bin Präsident des Schweizerischen
Firmenfussballs. Im Kanton Bern gibt es zurzeit 43 Teams aus 28
verschiedenen Firmen. Früher habe ich für den FC Zeughaus
gespielt, heute heisst der Verein FC Ruag. Ich war ein klassischer
Manndecker, ein unangenehmer Gegenspieler, kein Stürmer hat gern
gegen mich gespielt. Heute ist der Firmenfussball etwas weniger
attraktiv als vor 15 oder 20 Jahren, es gibt auch weniger Mannschaften.
Früher hatten die besten Teams 3.-Liga-Niveau, heute besteht
wahrscheinlich eher 4.-Liga-Niveau. Zu meinen Hobbys gehören auch
Wandern und Eisenbahnfahren durch die Schweiz, zusammen mit meiner Frau
Helena, mit der ich seit 42 Jahren verheiratet bin."
"Ich habe noch keine schlechten Erfahrungen gemacht."
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ANTI-SVP-TAG
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derbund.ch 18.11.10
Stadt zeigt drei Personen nach Anti-SVP-Aktionstag an
sda / bs
Der Anti-SVP-Aktionstag von Linksautonomen auf dem Berner
Bahnhofplatz hat ein juristisches Nachspiel: Die Stadt hat drei
Personen angezeigt, weil die nötigen Bewilligungen für den
Anlass fehlten.
Am 6. Oktober luden Aktivistinnen und Aktivisten zu einem
Anti-SVP-Aktionstag auf den Bahnhofplatz. Mit dem Anlass wollten sie
ein Zeichen "gegen die rassistische Politik der SVP" setzen.
Die Aktivisten befestigten Transparente am Baldachin, daneben gab
es Konzerte und eine Aktion, bei der mit Paintball-Pistolen auf
Metallfiguren geschossen wurde.
Für diesen sogenannten "gesteigerten Gemeingebrauch" des
öffentlichen Platzes sowie das Abspielen von Musik über
Lautsprecher und den Betrieb einer Festwirtschaft hatten die
Aktivistinnen und Aktivisten keine Bewilligung, wie die städtische
Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie am Donnerstag
mitteilte.
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Bund 18.11.10
Stadt reicht Strafanzeige ein
Der unbewilligte Anlass auf dem Bahnhofplatz vom 6. Oktober 2010 hat
ein Nachspiel: Gegen drei Personen, die sich daran aktiv beteiligten,
hat die Stadt im Namen des Polizeiinspektorats beim
Untersuchungs-richteramt Bern-Mittelland Strafanzeige eingereicht.
Die Personen werden wegen Verletzung von kantonalem und
städtischem Recht angezeigt. Konkret wird ihnen ein Verstoss gegen
das kantonale Gastgewerbegesetz vorgeworfen, weil sie ohne Bewilligung
eine Festwirtschaft betrieben haben. Zudem fehlten Bewilligungen
für den sogenannt gesteigerten Gemeingebrauch des
öffentlichen Platzes sowie das Abspielen von Musik mittels
Lautsprecher (Musikanlage). Beim Anlass, mit dem an den Marsch der SVP
durch Bern am 6. Oktober 2007 erinnert werden sollte, hatten
Aktivistinnen und Aktivisten aus der linksautonomen Szene unter anderem
Alkohol verkauft, Transparente am Baldachin befestigt und mit
Paintballpistolen geschossen.
Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie
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MÜSLÜM
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Blick am Abend 17.11.10
Advent mit Müslüm
NEU
Müslüm kommt zurück! Am Wochenende dreht der
Komiker sein neues Video.
peter.pflugshaupt@ringier.ch
Mit seinem ersten Hit "Erich, warum bisch du nid ehrlich?"
kämpfte er gegen die Reithallen-Initiative. Der Song schlug auch
sonst ein, stürmte Youtube und landete in den Charts des
Online-Musikladens iTunes. Das war vor zwei Monaten.
Jetzt zieht der schrille Mann im pinken Anzug den nächsten
Pfeil aus dem Köcher.
Am kommenden Wochenende dreht Müslüm sein neues Video.
Produziert wird der Klamauk in einer Villa an einem geheimen Ort. Der
neue Song wird sehr weihnächtlich, mehr will Müslüm
nicht verraten.
Hinter dem neuen Song steht Rolf Widmer vom Sound Service
Gümligen. Auch Gölä war am Anfang seiner Karriere bei
Sound Service unter Vertrag. Ur-Türke Müslüm, beim
gleichen Label wie Eidgenosse Gölä? Müslüm ist
begeistert: "Gölä und ich sind ziemlich verschieden, aber wir
haben auch viel gemeinsam, zum Beispiel die Tüpfli auf den
Buchstaben."
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RABE-INFO
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Do. 18. November 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_18._November_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_18._November_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2018.%20November%202010
- 310 Arbeitsplätze gestrichen- Kanton und Gewerkschaft gehen auf
die Barrikaden
- Ausschaffung trotz Schwangerschaft- Organisationen wehren sich dagegen
- Nachhaltigkeit in der Wasserindustrie- NGOs kritisieren Abkommen
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BZ 17.11.10
Rabe im Emmental
Berner Kulturradio Der von einem Verein betriebene Berner
Radiosender Rabe geht neu auch im Emmental übers Kabelnetz.
Über die Frequenz 91,0 Megahertz können Hörerinnen und
Hörer von Arni bis Zäziwil den teilweise ehrenamtlich
gestalteten Sendungen lauschen - ganz ohne Werbepausen.
pd
Liste der neu aufgeschalteten Ortschaften: http://www.rabe.ch.
---
Mi. 17. November 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_17._November_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_17._November_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2017.%20November%202010
- Manue, Twann und Spiegel- oder nur Manuel- die Stadt Bern stimmt
über neues Schulreglement ab
- Internationaler Tag der Studierenden- Stipendieninitiative und die
Nachwirkungen der Uni-Proteste
- Demokratische Wahlen führen nicht automatisch zum Frieden-
Friedensforscher sprechen über das Phänomen
Links:
http://www.bern.ch/stadtverwaltung/bss/infobss/infobildung
http://www.stipendieninitiative.ch
http://www.swisspeace.ch/typo3/de/index.html
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Di. 16. november 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_16._November_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_16._November_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2016.%20November%202010
- Fair Fashion Rating - mit gutem Gewissen Kleider kaufen
- Klimakonferenz Cancun - Aufgabenliste für die
Bundespräsidentin
- Von Mücken und schwangeren Jugendlichen - in unserer Serie
über Burkina Faso besuchen wir ein Gesundheitszentrum
Links:
http://www.evb.ch/fairfashion
http://www.ououagadougouou.blogspot.com
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Mo. 15. November 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_15._November_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_15._November_2010.mp3&song_title=###TITLE###
- wo MigrantInnen stimmen und wählen können- auch ohne
Schweizer Pass
- Einsatz für eine gerechte Welt- Pitch Staub kämpft für
die Demokratisierung
Links:
http://www.baloti.ch
http://www.pitch-staub.com
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STADTRAT
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Stadtratssitzung (Traktanden)
Donnerstag, 18. November 2010 17.00 Uhr und 20.30 Uhr
Sitzungssaal im Rathaus
NEUE LISTE////Die Stadtratssitzungen sind öffentlich
zugänglich (Besuchertribüne)
Traktanden
(..)
3. Kleine Anfrage Jimy Hofer (parteilos): Die Reitschule bietet mehr…
(SUE: Nause resp. Stv.) 10.000262
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000262/gdbDownload
4. Kleine Anfrage Roland Jakob (SVP): Reitschulchaoten kosten den
Steuerzahler und private Geschädigte viel Geld! (SEU: Nause resp.
Stv.) 10.000263
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000263/gdbDownload
(...)
19. Postulat Fraktion SP/JUSO (Ursula Marti, SP) vom 15. November 2007:
Grosse Schanze - grosse Chance: jetzt anpacken!; Fristverlängerung
Prüfungsbericht (TVS: Rytz) 07.000387
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/07.000387/gdbDownload
(...)
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SEXWORK BE
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Bund 13.11.10
Keine Prostitution bei Schulen und Kirchen
Der Kanton Bern will die Arbeitsbedingungen von Sexarbeiterinnen
und Sexarbeitern verbessern. Mit diesem Ziel legt er erstmals ein
Gesetz über die Prostitution vor. Kernstück ist eine
Bewilligungspflicht für Leute, in deren Verantwortung Prostitution
ausgeübt wird.
Das neue Gesetz stärkt zudem die Präventions- und
Informationstätigkeit durch Behörden und private Fachstellen
und führt neue Regeln im Bereich der Strassenprostitution ein. Es
bezeichnet Orte, an denen die Strassenprostitution kantonsweit verboten
sein wird. Das sind etwa Wohnzonen oder die Umgebung von
religiösen Stätten, von Schulen und Heimen. Auf eine
allgemeine Meldepflicht für Sexarbeitende hat die Kantonsregierung
verzichtet.
Voraussichtlich in der Novembersession 2011 wird der Grosse Rat
die erste Lesung durchführen. Frühestens auf Mitte 2012 kann
der Erlass in Kraft gesetzt werden.(sda)
---
BZ 13.11.10
Mehr Schutz und Pflichten für Prostituierte
neues GesetzBessere Arbeitsbedingungen und mehr Schutz vor
Ausbeutung. Die bernische Kantonsregierung will das Gewerbe der
Prostitution mit einem eigenen Gesetz besser regeln. Die Betroffenen
selbst sind nicht nur begeistert.
Prostituierte sollen besser vor Ausbeutung, Missbrauch und
gesundheitlichen Gefahren geschützt werden. Diese Vorgabe hat der
Grosse Rat 2009 beschlossen. Jetzt präsentiert der Regierungsrat
des Kantons Bern das neu geschaffene Gesetz über die Ausübung
der Prostitution. Bis Mitte Februar geht der Gesetzesentwurf jetzt in
die Vernehmlassung.
Mit der neu geschaffenen Bewilligungspflicht haben
Prostitutionssalons und Escortservices strenge Voraussetzungen zu
erfüllen. Haben die Betreiber schwere Straftaten begangen oder
bieten sie keine Gewähr für eine rechtskonforme Ausübung
der Tätigkeit, wird ihnen die Bewilligung verweigert. Die
Betreiber von Salons und Services müssen zudem garantieren
können, dass sich keine minderjährigen Personen in ihrem
Verantwortungsbereich prostituieren. Bei Pflichtverletzungen drohen
hohe Bussen, ein Bewilligungsentzug und ein mehrjähriges
Berufsausübungsverbot.
Die Kritik
"Probleme bereitet uns die Bewilligungspflicht, aber nicht
generell. Bei Betreibern von mehreren Salons oder grossen
Etablissements ist es richtig, eine Bewilligung zu verlangen. Sie
sollen Aufgaben erfüllen und Verantwortung übernehmen", sagte
Martha Wigger, Leiterin der Beratungsstelle für Frauen im
Sexgewerbe Xenia, gestern auf Anfrage.
Der grosse Schwachpunkt des Gesetzes ist laut Wigger: "Wenn zwei
bis drei Frauen in einer Arbeitsgemeinschaft tätig sind,
müssen auch sie eine Bewilligung haben. Wir fordern, dass diese
Frauen keine Bewilligung benötigen. Denn eine solche erhalten sie
nur, wenn sie das Einverständnis des Hauseigentümers vorlegen
können." Ein solches zu erhalten, sei nahezu aussichtslos. Kaum
ein Hauseigentümer würde die Bewilligung dazu geben, dass
Sexarbeiterinnen in seinem Haus offiziell tätig seien.
Ein Beispiel: Eine Frau arbeitet in einer von ihr gemieteten
Vierzimmerwohnung noch mit zwei Kolleginnen zusammen. Der
Eigentümer weiss dies, hat die Wohnung aber nicht als Salon
vermietet. Muss diese Praxis öffentlich gemacht werden, platzt
diese Lösung. "Folglich wird diese Frau die Wohnung und den
Arbeitsplatz verlieren und in die Illegalität abtauchen", folgert
Martha Wigger. Keine Bewilligung braucht es nach dem
Prostitutionsgesetz, wenn eine Frau allein in einem Salon arbeitet, den
sie von einer Person gemietet hat, die nur einen Salon vermietet.
Die Rechte
Überhaupt sei es diskriminierend, die Einwilligung des
Hauseigentümers zu verlangen, ereifert sich Wigger, "denn
Prostitution ist seit 1942 ein legales Gewerbe. Andere Betriebe
benötigen dieses Einverständnis nicht." Schon heute habe es
zu wenig Arbeitsräume für Sexarbeiterinnen. "Mit dem neuen
Gesetz wird die Situation noch verschärft", kritisiert
Xenia-Leiterin Wigger. Positiv ist für sie jedoch, dass die
Beratungsstellen per Gesetz gestärkt werden sollen und die
Bevölkerung vor unzumutbaren Störungen geschützt werden
soll. Die Rechte der Sexarbeiterinnen würden gestärkt und
ihre Pflichten geregelt.
Der Schutz
Die Prostitution geniesst den verfassungsrechtlichen Schutz der
Wirtschaftsfreiheit und hat sich wie jedes Gewerbe den gewerbe-,
steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen zu unterwerfen.
Neue Regeln führt das Gesetz bei der Strassenprostitution ein. Es
bezeichnet einzelne, genau umschriebene Orte, an denen die
Strassenprostitution im ganzen Kanton Bern verboten sein wird. Den
Gemeinden steht es aber frei, Ausnahmen vorzusehen. Von der
Strassenprostitution betroffen ist heute in erster Linie die Stadt
Bern. Sie wird ihre bisherige Praxis auch unter Geltung des neuen
Rechts fortsetzen können.
Das neue Gesetz erleichtert die behördliche Kontrolle des
Prostitutionsgewerbes. Es fördert und koordiniert die
Zusammenarbeit unter den Behörden und den privaten Fachstellen.
Der Informationsfluss unter den Behörden und privaten Fachstellen
wird gesetzlich geregelt. Datenschutzrechtliche Vorgaben schützen
die Privatsphäre der Sexarbeiterinnen. Entscheidend ist für
Xenia-Leiterin Wigger, dass der Regierungsrat darauf verzichtet, eine
allgemeine Meldepflicht für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter
einzuführen. Eine solche hätte laut Xenia nur "eine
unnötige Repressalie" geschaffen. Wer als Ausländerin legal
als Sexarbeiterin tätig sein wolle, werde bereits heute
registriert: bei der Migrationsbehörde, der
Arbeitsmarktbehörde, im AHV-Register und bei der Gemeinde. Seit
September 2009 werde zudem von ausländischen Sexarbeiterinnen der
Nachweis einer geregelten selbstständigen Tätigkeit verlangt.
Urs Egli
---
Grenchner Tagblatt 13.11.10
Die Prostituierten und die Bevölkerung schützen
Prävention Der Kanton Bern erhält erstmals ein
Prostitutionsgesetz
Bruno Utz
Prostituierte und Stricher sollen besser vor Ausbeutung und
Missbrauch geschützt werden. Und auch die Bevölkerung soll
weniger unter den störenden Begleiterscheinungen der Prostitution
leiden. Diese Ziele verfolgt das erste bernische Prostitutionsgesetz,
das die Polizei- und Militärdirektion (POM) von Hans-Jürg
Käser (FDP) bis am 14.Februar 2011 in die Vernehmlassung gegeben
hat.
"Bei Personen, in deren Verantwortungsbereich Prostitution
ausgeübt wird, ist das grösste Ausbeutungs- und
Missbrauchspotenzial zu orten", schreibt die POM. Dazu zählten
Betreiberinnen und Betreiber von Prostitutions-Salons und
Escort-Services. Deshalb ist im Gesetz eine "strenge
Bewilligungspflicht" für die Leiter solcher Betriebe vorgesehen.
"Haben sie in der Vergangenheit schwere Straftaten begangen oder bieten
sie aus anderen Gründen keine Gewähr für eine
rechtskonforme Ausübung der Tätigkeit, wird ihnen die
Bewilligung verweigert", schreibt die POM.
Keine Minderjährigen
Zu den Pflichten, welche Betreibern von Sexlokalen auferlegt
werden, gehört, dass sich in ihrem Verantwortungsbereich keine
minderjährigen Personen prostituieren. Diese Forderung erhob unter
anderem der Langenthaler Grossrat Daniel Steiner (EVP) in einer Motion.
Bei Verstössen drohten Konsequenzen wie hohe Busse, ein
Bewilligungsentzug und ein mehrjähriges Berufsausübungsverbot.
Das neue Gesetz stärkt zudem die Präventions- und
Informationstätigkeit durch die Behörden und private
Fachstellen wie Xenia und Aids Hilfe Bern (vergleiche Kasten). Die
Beratung von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern stelle ein
nützliches und effektives Mittel im Kampf gegen Ausbeutung und
Missbrauch dar, heisst es in der Meldung weiter.
Neue Regeln führt das Gesetz zudem bezüglich der
Strassenprostitution ein. Es bezeichnet genau die Orte, an denen die
Strassenprostitution kantonsweit verboten sein wird. Den Gemeinden
werden strengere Verbote ermöglicht, aber auch Ausnahmeregelungen.
Verboten wird die Strassenprostitution etwa in Wohnzonen, an
Bushaltestellen sowie bei Friedhöfen, Schulen, Spitälern und
Heimen.
Das neue Gesetz erleichtert auch die behördliche Kontrolle
des Prostitutionsgewerbes. Es fördert und koordiniert zudem die
Zusammenarbeit unter den Behörden und den privaten Fachstellen.
Eine allgemeine Meldepflicht für Sexarbeiterinnen und -arbeiter
ist aber nicht vorgesehen. Einerseits wegen der zusätzlichen
Stigmatisierung, andererseits wegen des "nicht zu unterschätzenden
bürokratischen Aufwands".
Gemäss polizeilichen Schätzungen prostituieren sich im
Kanton Bern etwa 1150 Personen. Und es bestehen etwa 210 Salons. Eine
Studie geht jedoch von mindestens 1800 Personen aus.
Anstoss zum Gesetz gab eine vom Grossen Rat im März 2009 mit
136 gegen 6 Stimmen überwiesene Motion von Christine Häsler
(Grüne) sowie von Räten der SVP, FDP und SP.
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KEIN RUHIGES HINTERLAND
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BZ 15.11.10
Mit Feuerwerk gegen Polizisten
Liebefeld Beim Neuhausplatz kam es in der Nacht auf Samstag gegen
3 Uhr zu einem Scharmützel zwischen Jugendlichen und der Polizei.
In der Nacht auf Samstag trieben gegen 3 Uhr beim Neuhausplatz im
Könizer Liebefeldquartier Jugendliche ihr Unwesen. Aus der
Anwohnerschaft rief jemand die Polizei und meldete, es würden
Sachbeschädigungen begangen und die jungen Leute seien am
Randalieren, wie Polizeisprecherin Ursula Stauffer erklärt.
Als die Polizei dann vor Ort war, unterzog sie mehrere Anwesende
einer Personenkontrolle. Während dieser Kontrolle wurden aus einer
benachbarten Liegenschaft plötzlich Feuerwerkskörper gegen
die Polizisten abgefeuert.
Auch Balkone von umliegenden Häusern dienten als
Zielscheiben. Verletzt wurde dabei niemand.
Schliesslich forderten die Polizisten Verstärkung an und
versuchten, die Täter anzuhalten. Doch wehrten sich diese laut
Mitteilung der Polizei zum Teil vehement. Gegen zwei Personen wurde
deshalb auch Pfefferspray eingesetzt. Schliesslich konnten mehrere
Personen angehalten oder kontrolliert werden.
Es sei möglicherweise nicht gelungen, alle Beteiligten
anzuhalten, sagt Polizeisprecherin Stauffer. Gemäss ihren Angaben
handelt es sich bei den Tätern um junge Erwachsene im Alter von
rund 20 Jahren.
Ob die Männer der Polizei bereits bekannt sind, lässt
Stauffer offen. Weitere Ermittlungen seien in Gang. Mehrere Personen
müssten mit einer Strafanzeige rechnen.
pd/lp
---
police.be 13.11.10
Köniz: Feuerwerkskörper gegen Poizisten
13. November 2010
pkb. Am frühen Samstagmorgen feuerten junge Personen in Köniz
mehrere Feuerwerkskörper gegen Polizisten ab. Diese setzten
schliesslich Pfefferspray ein.
Am Samstag, 13. November 2010, um etwa 0030 Uhr unterzog die
Kantonspolizei Bern an der Könizstrasse mehrere Personen einer
Personenkontrolle. Plötzlich wurden die Polizisten dabei aus einer
angrenzenden Liegenschaft mit Feuerwerkskörpern beschossen. Zudem
wurden von der Liegenschaft aus gezielt Pyrotechnika auf Balkone von
umliegenden Häusern abgefeuert. Verletzt wurde dabei niemand.
Nachdem die Polizisten Verstärkung angefordert hatten, wurde
versucht, die Täterschaft anzuhalten. Da sich diese teilweise
vehement wehrte, musste gegen zwei Personen Pfefferspray eingesetzt
werden.
Weitere Ermittlungen sind im Gang. Mehrere Personen haben mit einer
Strafanzeige zu rechnen.
(ust)
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RANDSTAND BIEL
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bernerzeitung.ch 15.11.10
Vorderhand kein Ersatz für "Alkitreff"
sda / js
Für den im September geschlossenen Bieler "Alkitreff"
dürfte es vorderhand keinen Ersatz geben.
Negative Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit habe
man nach der Schliessung nicht festgestellt, schreibt die Stadt in
einer Mitteilung vom Montag.
Der Gemeinderat beschloss deshalb, in Sachen "Alkitreff" keine
weiteren Schritte zu unternehmen und insbesondere kein neues
Provisorium für den Winter zu schaffen, wie Gemeinderätin
Barbara Schwickert auf Anfrage sagte.
Nicht ausgeschlossen ist aber, dass es mittelfristig wieder eine
derartige Einrichtung geben wird. Die Stadt will einen Drogenbericht
erarbeiten lassen, der die Situation breit erfasst und aufzeigt, welche
Infrastruktur benötigt wird.
---
bielertagblatt.ch 15.11.10
Kein neuer Alkitreff
Der Gemeinderat hat an der Sitzung vom 12.November 2010 beschlossen,
keine weiteren Schritte in Sachen Alkitreff zu unternehmen.
(mt) Der Gemeinderat habe an der Sitzung vom 12. November 2010 vom
Bericht der Sicherheitsdirektion zu den Auswirkungen der Ende September
erfolgten Auflösung des Alkitreffs Kenntnis genommen: "Es kann
festgestellt werden, dass sich aus der Schliessung des Alkitreffs
für die öffentliche Sicherheit keine negativen Auswirkungen
ergeben haben."
Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse habe der Gemeinderat beschlossen,
in Sachen Alkitreff keine weiteren Schritte zu unternehmen und
insbesondere keine neues Provisorium schaffen zu wollen.
Sollte sich die Situation künftig ändern und würden sich
neue Erkenntnisse ergeben, aus denen sich ein allfälliger
Handlungsbedarf ableiten lässt, werde der Gemeinderat die
Situation neu beurteilen.
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RECHTSEXTREMISMUS
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20 Minuten 18.11.10
Geht Freysinger an Neo-Nazi-Treffen?
PARIS. Der Bloc Identitaire, eine Gruppe französischer
Rechtsextremisten, kündigt die Teilnahme von SVP-Nationalrat Oskar
Freysinger an einem Treffen der Gruppe an. An der internationalen
Tagung am 18. Dezember in Paris werden rund 20 Rechtsaussen-Bewegungen
erwartet. Eines der Konferenz-Themen: Möglichkeiten für
Westeuropa zu finden, um sich "gegen die Offensive des Islams zu
wehren".
Freysinger sagt, er sei von einem Freund eingeladen worden. Wer
hinter der Tagung steckt, habe er nicht gewusst. Dabei ist laut
Experten klar, dass der Bloc Identitaire dem neofaschistischen
Gedankengut nahesteht. Selbst SVP-Vizepräsident Yvan Perrin sagt:
"Ich persönlich würde nicht an ein solches Treffen gehen."
Auch Freysinger überlegt es sich noch einmal: "Wenn es sich
wirklich um ein Treffen von Neo-Nazis handelt, werde ich nicht
teilnehmen."
--
20 Minutes 18.11.10
Oskar Freysinger hôte de l'extrême droite française
meeting. Le Bloc identitaire, faction politique issue de
l'extrême droite, a annoncé la venue prochaine du
conseiller national valaisan à un rassemblement islamophobe.
Des assises internationales sur l'islamisation se tiendront le 18
décembre à Paris à l'appel d'une vingtaine de
mouvements de la droite dure. Une conférence à laquelle
des orateurs expliqueront comment "résister à l'offensive
de l'islam". Invité de marque: l'UDC Oskar Freysinger, "artisan
de la votation contre les minarets", stipule le tract du Bloc
identitaire. "J'ai répondu à l'invitation d'un ami",
précise le conseiller national valaisan. "S'il s'agit en
définitive d'un rassemblement de néonazis, je n'irai
pas", assure-t-il, surpris d'être ainsi
"récupéré" par une mouvance radicale qu'il ne
connaît pas. Etonnant, selon Karl Grünberg: "Les
interventions de Freysinger sont pourtant souvent reprises par les
sites web de ces groupuscules." Le président de SOS racisme a
d'ailleurs organisé lundi une conférence pour
dénoncer la montée de ces extrêmes. Jean-Yves Camus
y était invité. "Le Bloc identitaire est à la
recherche d'une respectabilité politique, explique le
politologue français. L'UDC représente la réussite
du populisme et Freysinger le rebelle qui sait parler à un jeune
auditoire." Si pour lui le Bloc ne prône pas les valeurs du IIIe
Reich, il n'en demeure pas moins xénophobe et désireux de
"purifier l'Europe de son islam". "Personnellement, je n'irais pas
à un tel rassemblement", lance le vice-président de
l'UDC, Yvan Perrin. "Il appartient à Oskar de savoir où
il met les pieds, moi j'ai déjà affronté la presse
suite à l'affaire Baettig, c'est beaucoup de travail." -
Shahïn Ammane
--
Baettig déjà invité du Bloc identitaire
Le conseiller national UDC jurassien a été
l'hôte d'un meeting en octobre 2009. Il avait alors
prononcé un discours virulent et très applaudi sur les
minarets. Mis toutefois mal à l'aise par les propos
xénophobes des autres orateurs, il avait quitté le
rassemblement. Mais des journalistes de l'émission "Mise au
point" avaient immortalisé la scène, provoquant un
scandale.
---
Tagesanzeiger 17.11.10
Fusstritte an der Chilbi liessen sich nicht beweisen
Die Beweislage war dünn. Deshalb sprach das Gericht den
Angeklagten vom Vorwurf der versuchten Körperverletzung frei.
Von Patrick Gut
Schönenberg/Horgen - An der Chilbi in Schönenberg war
es im Sommer 2009 zu einer Rauferei zwischen jungen Erwachsenen
gekommen. Einer der Beteiligten, ein damals 17-jähriger
Schüler aus Wädenswil, wurde am Boden liegend mit Fusstritten
gegen den Hinterkopf und in den Rücken traktiert. Dabei erlitt er
Blutergüsse am Hinterkopf. Für die Fusstritte soll ein heute
19-jähriger Handwerkerlehrling aus Richterswil verantwortlich
sein. Er musste sich gestern wegen versuchter Körperverletzung und
Tätlichkeiten vor dem Horgner Bezirksgericht verantworten.
Er habe als 16-Jähriger in Wädenswil ein paar Lampen
demoliert und sei dafür mit zwei Tagen gemeinnütziger Arbeit
bestraft worden, gab der Handwerkerlehrling zu Protokoll. Sonst sei er
noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Die ihm vorgeworfene Tat
stritt er ab. Es sei zuerst zu einem verbalen Streit gekommen am Rande
der Schönenberger Chilbi, er selber habe sich im Hintergrund
gehalten. Dann seien auch Ohrfeigen ausgeteilt worden. Worum es beim
Streit gegangen sei, wisse er nicht mehr.
Weshalb Stahlkappenschuhe?
An dieser Stelle hakte der Richter nach: "War die Division
Helvetia, bei der Sie Mitglied sind, ein Thema?" Der Angeklagte
bestätigte diese Vermutung nicht. Der Richter wollte es noch etwas
genauer wissen: Ob es sich bei der Division Helvetia um eine
rechtsextreme Gruppierung handle, fragte er. "Weniger", meinte der
Lehrling bloss. Es sei eine Gruppe von fünf oder sechs Kollegen.
"Eher patriotisch gedacht." Inzwischen habe man sich aufgelöst.
Der Richter hakte nach: Ob er mit seinen Kollegen an die Chilbi
gegangen sei, um eine Schlägerei zu provozieren? "Weniger",
entgegnete der Angeklagte auch auf diese Frage.
Ungewöhnlich erschien dem Richter, dass der junge Mann
mitten im Sommer an einer Chilbi Stahlkappenschuhe getragen hatte. "Bei
der Arbeit habe ich immer diese Schuhe getragen und sie waren mir sehr
bequem. Zudem bekam ich von den Turnschuhen Schweissfüsse", sagte
der Angeklagte. So habe er die Schuhe halt auch in der Freizeit
getragen.
Der Richter konfrontierte den Lehrling mit den Aussagen einer
Zeugin, die bei einer Befragung den Angeklagten als Täter
identifizierte, bei einer zweiten Befragung aber unsicher war. Der
Angeklagte blieb bei seiner Darstellung, er habe sich nichts zuschulden
kommen lassen. Nach kurzer Beratung sprach das Gericht den Lehrling vom
Vorwurf der versuchten Körperverletzung frei. Die Zeugenaussagen
seien diffus und teilweise widersprüchlich, und es ergebe sich
kein schlüssiges Bild vom Vorfall.
Teleskop-Schlagstock im Auto
Gänzlich ungeschoren kam der Angeklagte doch nicht davon. Er
war diesen Sommer mit einem Teleskop-Schlagstock im Handschuhfach
seines Wagens erwischt worden. Damit hat er gegen das Waffengesetz
verstossen. Das Gericht verurteilte ihn zu einer geringfügigen
Geldstrafe. Der beschlagnahmte Schlagstock dient nun der Zürcher
Kantonspolizei zu Ausbildungszwecken. Das Urteil ist noch nicht
rechtskräftig.
--
Division Helvetia
Braune Gruppierung
Die Bezeichnung "Division Helvetia" taucht im Internet im
Zusammenhang mit rechtsextremen Gruppierungen auf. Hans Stutz,
Journalist und Experte auf dem Gebiet des Rechtsextremismus,
erwähnt die Division Helvetia etwa in seiner Liste mit Meldungen
zu Rechtsextremismus und Rassismus in der Schweiz. In einem
einschlägigen Forum taucht ein Nutzer mit diesem Namen auf. Auf
der Website "Blick nach rechts", welche nach eigenen Angaben über
das rechtsextreme Spektrum berichtet und Rechtsextremismus
bekämpft, findet die Division Helvetia ebenfalls Erwähnung.
Und zwar im Zusammenhang mit einem Neonazi-Skinhead-Treffen in
Thüringen im September 2009. Unklar ist, ob es sich bei der
Division Helvetia um verschiedene Gruppierungen mit dem gleichen Namen
handelt. (pag)
---
Bund 17.11.10
Gewaltstudie: Kettiger darf wissen, wer Auskunft gab
Bundesgericht heisst eine Beschwerde von Anwalt Daniel Kettiger
gegen die Burgdorfer Behörden gut.
Die Stadt Burgdorf ist kein Hort für Rechtsextreme. Dort
gibt es auch nicht mehr Gewalt als anderswo. Zu diesem Fazit kam eine
Studie, die der Burgdorfer Gemeinderat vor drei Jahren beim Psychologen
Allan Guggenbühl in Auftrag gegeben hatte. Die Studie basierte auf
Interviews mit 19 "Schlüsselpersonen", die vom Burgdorfer
Gemeinderat vorgängig definiert worden waren. In der Folge
entbrannte ein heftiger Disput über den Aussagewert des
Ergebnisses. Anwalt Daniel Kettiger vermutete eine "tendenziöse
Auswahl" und verlangte Einsicht in die Liste der Interviewten. Er
berief sich dabei auf das Öffentlichkeitsprinzip im kantonalen
Informationsgesetz, wonach jedermann Einsicht in amtliche Akten
erhält, "soweit keine überwiegenden öffentlichen oder
privaten Interessen entgegenstehen". Der Gemeinderat lehnte das Gesuch
ab, und der Statthalter bestätigte den Entscheid, nachdem der
Gemeinderat 9 von 19 Namen offengelegt hatte. Personen, die über
persönliche Gewalterfahrung gesprochen hatten, waren mit der
Bekanntgabe ihres Namens nicht einverstanden.
Könnte die Forschung leiden?
Kettiger blitzte mit seiner Beschwerde daraufhin auch vor
Verwaltungsgericht ab. Anders als die Vorinstanzen begründete es
sein Nein aber nicht mit Gründen des Datenschutzes, sondern mit
dem Schutz der Forschung. Anonymität und Vertraulichkeit seien in
der Sozialforschung von grosser Bedeutung, befand das Gericht
gestützt auf ein Gutachten. Ohne zugesicherte Anonymität
könnten bei heiklen Themen kaum noch aussagekräftige
Sozialstudien erstellt werden.
"Wertvolle Hinweise auf Qualität"
Laut Bundesgericht stehen einer Einsichtnahme in die Namensliste
nun aber weder private noch öffentliche Interessen entgegen. Das
private Interesse sei gering, weil der Bericht weder wörtliche
Zitate noch Beobachtungen enthalte, die einzelnen Personen zugeordnet
werden könnten. Die Feststellungen im Bericht seien "durchwegs
sehr allgemein gehalten", halten die Richter in Lausanne fest.
Demgegenüber gebe es ein gewisses öffentliches Interesse an
einer Antwort auf die Frage, auf welche Quellen sich der Bericht
stütze. Dieses Interesse sei umso gewichtiger, "als die Quellen
von einer politischen Behörde definiert wurden und der Bericht in
Zukunft als Grundlage für konkrete Massnahmen dienen könnte".
Eine Bekanntgabe der Liste könne mithin "wertvolle Hinweise auf
die Qualität der Grundlage des Berichts geben", hält das
Bundesgericht fest. Wer die Kosten von Prozess und Gutachten bezahlt,
wird das Verwaltungsgericht beurteilen müssen.(bob)
---
BZ 16.11.10
Kettiger darf die Namen wissen
BundesgerichtBurgdorf muss dem streitbaren Anwalt Daniel Kettiger
verraten, wer Allan Guggenbühl vor drei Jahren Red und Antwort
gestanden ist. Und den Psychologen zur Aussage gebracht hat, die
Emmestadt sei kein Hort der rechten Gewalt.
Der Gang durch die Instanzen dauerte mehrere Jahre, nacheinander
blitzte Daniel Kettiger bei der Stadt, beim Regierungsstatthalter und
zuletzt beim Verwaltungsgericht ab. Jetzt erfährt der streitbare
Anwalt, der sich dem Kampf gegen den Rechtsextremismus verschrieben
hat, eine späte Genugtuung: Das Bundesgericht gibt seinem Begehren
statt und verknurrt die Stadt Burgdorf dazu, ihm Einsicht in die
Namensliste zu gewähren, die 2007 eine Basis der umstrittenen
Gewaltstudie von Allan Guggenbühl bildete.
Im Auftrag der Burgdorfer Behörden untersuchte der bekannte
Kinder- und Jugendpsychologe damals, wo in der Emmestadt von wem und in
welchem Mass Gewalt ausgeübt wird. Anlass gaben verschiedene
Pöbeleien zwischen Jugendlichen aus der rechten und linken Szene,
die zum Teil sogar schweizweit Schlagzeilen machten. Im Zuge seiner
Arbeit interviewte Guggenbühl 19 Personen, die ihm vom Gemeinderat
namentlich so vorgegeben worden waren - und damit begann für
Kettiger das Problem.
Der Anwalt machte nie ein Geheimnis daraus, dass ihm das Resultat
von Guggenbühls Arbeit völlig zuwiderlief. Besonders in die
Nase stach ihm die Schlussfolgerung, dass Burgdorf kein Hort der
rechten Gewalt sei. Umso stärker pochte er in der Folge darauf, zu
wissen, auf wessen Aussagen der Psychologe seine Erkenntnis
abstützte. Was ihm - bekanntlich - bis heute eben verweigert wurde.
Nur die Namen
Während Stadt und Regierungsstatthalter ihr Nein vor allem
mit dem Hinweis darauf begründeten, man habe den Interviewpartnern
Vertraulichkeit zugesichert, berief sich das Verwaltungsgericht auf ein
öffentliches Interesse. Wenn die Namen offengelegt würden,
argumentierte es, wäre bei ähnlichen Studien "mit einer
Verringerung der Anzahl Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu rechnen". Und
dies sei zugunsten der Wissenschaft zu vermeiden.
Wie ganz anders argumentiert da das Bundesgericht. Schon Kettiger
hatte in seinem Begehren darauf hingewiesen, dass es ihm um die reine
Namensliste gehe und von einer Verletzung der Anonymität nur dann
die Rede sein könne, wenn bekannt würde, wer genau für
welche Aussagen verantwortlich sei. Ähnlich sehen es nun auch die
höchsten Richter. Für sie ist klar, dass die
Öffentlichkeit die für die Studie so zentralen Quellen kennen
soll. Zumal die Interviewpartner "von einer politischen Behörde
definiert wurden und der Bericht möglicherweise in Zukunft als
Grundlage für konkrete Massnahmen dienen wird".
Keine wörtlichen Zitate
Mit der Anonymität haben die Richter bei alledem kein
Problem. Es sei ja nie versprochen worden, dass sich die
Vertraulichkeit auch auf die Namen beziehe. Deshalb könne weder
von einem Vertrauensbruch noch davon die Rede sein, dass bei einer
Bekanntgabe der Namen die künftige Arbeit der Wissenschaft
erschwert werde.
Vor allem aber fänden sich im Bericht "weder wörtliche
Zitate noch konkrete Beobachtungen, welche allenfalls einzelnen
Personen zugeordnet werden könnten". Die Studie sei ohnehin sehr
allgemein gehalten. "So wird geschrieben, dass sich etliche
Interviewpartner besorgt über die Verwahrlosung des
öffentlichen Raums geäussert hätten oder dass sich zwei
interviewte Personen nicht wirklich auf eine Diskussion eingelassen,
sondern mit ideologischen Floskeln geantwortet hätten."
Stephan Künzi
---
bernerzeitung.ch 15.11.10
Gewaltstudie: Burgdorfer Anwalt kann Interviewten-Liste einsehen
sda / asu
Im Streit um eine Studie zu Gewalt in Burgdorf hat der Anwalt
Daniel Kettiger vom Bundesgericht Recht erhalten: Er kann die Liste der
Befragten, welche die Gemeinde Burgdorf für die Studie
zusammengestellt hatte, einsehen.
Hintergrund des Streits ist die Studie "Gewalt im Burgdorf?" aus
dem Jahr 2007. Darin kommt der Jugendpsychologe Allan Guggenbühl
zum Schluss, dass Burgdorf kein Hort extremer Jugendgewalt sei. Er
interviewte für die Untersuchung im Auftrag der Gemeinde Burgdorf
19 sogenannte "Schlüsselpersonen".
Der damals in Burgdorf wohnhafte Kettiger, der mehrmals Opfer
rechtsextremer Gewalt vor Gericht vertrat, kritisierte die Studie
heftig und wollte wissen, welche Personen Guggenbühl dafür
befragt hatte. Da der Burgdorfer Gemeinderat als Auftraggeber die Liste
der Interviewten vorgab, bezweifelte Kettiger die
Repräsentativität.
Das bernische Verwaltungsgericht lehnte die Einsichtnahme ab,
weil aus seiner Sicht die Anonymität von Auskunftspersonen zu
schützen ist. Andernfalls würden sich solche Personen nicht
mehr für Auskünfte zur Verfügung stellen. Das
öffentliche Interesse am Schutz der Forschung überwiege das
Recht auf Akteneinsicht.
Nur Aussagen geschützt
Das Bundesgericht sieht dies indes anders, wie aus dem Urteil vom
29. Oktober hervorgeht. Der Beschwerdeführer Kettiger sandte es am
Samstag den Medien zu. Es bestehe kein öffentliches Interesse, das
der Bekanntgabe der Identität der Interviewten entgegen stehe,
hält das Gericht fest.
Es unterscheidet insbesondere zwischen der Bekanntgabe des Namens
und der Aussagen der Interviewten. Die Vertraulichkeit im Rahmen der
Studie betreffe lediglich die Aussagen, aber nicht, ob jemand an der
Studie teilgenommen hat. Es könne kein Vertrauensbruch
gegenüber den Teilnehmern geltend gemacht werden.
Das Interesse zu wissen, auf welchen Quellen der Bericht basiere
sei wichtig, weil die Quellen von einer politischen Behörde
definiert wurden und der Bericht womöglich als Grundlage für
konkrete Massnahmen dienen könnte, heisst es weiter.
Hinweise auf Qualität
Das überwiege das Interesse der einzelnen Personen an der
Geheimhaltung ihres Namens. Die Liste der interviewten Personen liefere
"wertvolle Hinweise auf die Qualität" der Grundlagen, auf denen
der Bericht basiert, auch wenn dieser gar nicht mit dem Anspruch der
Wissenschaftlichkeit auftrete.
Eine Veröffentlichung der Aussagen stand indes nie zur
Diskussion. Kettiger wollte einzig die Identität der
"Schlüsselpersonen" wissen, zu denen Betroffene, aber auch
Behördenmitglieder und Journalisten gehörten.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Kettiger müsse
in die Liste der Personen, die von der Gemeinde Burgdorf für die
Studie erstellt wurde, Einsicht erhalten. Über die
Kostenaufteilung muss nochmals das Verwaltungsgericht entscheiden.
Kettiger hatte die Kosten für ein Gutachten, das gegen ihn
ausfiel, übernehmen müssen. (Urteil 1C_284/2010 vom
29.10.2010)
---
Langenthaler Tagblatt 15.11.10
Bundesgericht Burgdorfer Namensliste wird publik
Im Gegensatz zum Burgdorfer Gemeinderat, dem
Regierungsstatthalteramt und Verwaltungsgericht kommt das Bundesgericht
zum Schluss, die Namen der Interview-Partner zur Studie "Gewalt in
Burgdorf?" müssten dem Anwalt Daniel Kettiger offengelegt werden
(wir berichteten). Jugendpsychologe Allan Guggenbühl kam darin
2007 nach 19 Gesprächen mit Betroffenen, Behörden- und
Medienvertretern zum Schluss, die Emmestadt sei kein Hort der Gewalt.
Kettiger, der mehrfach auch Opfer rechtsextremer Gewalt vertreten hat,
kritisierte die Form und damit die Inhalte scharf. Im Gegensatz zu
allen vorangehenden Instanzen sieht "Lausanne" nun kein
öffentliches Interesse, das einer Publikation der Interview-Liste
entgegenstünde. Zu wissen, auf welchen Quellen der Bericht
basiere, sei wichtig für dessen Interpretation, so das am Samstag
von Kettiger versandte Urteil. Wer was sagte hingegen falle durchaus
unter den Quellenschutz. So weit ging Kettigers Forderung aber gar
nicht erst. (sat)
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Telebärn 14.11.10
Fertig mit der Geheimniskrämerei
http://www.kyte.tv/ch/telebaern/fertig-mit-der-geheimniskramerei/c=84713&s=1081286
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SANS-PAPIERS
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Zofinger Tagblatt 17.11.10
Den Menschen ohne Papiere helfen
Roger Manzardo
Luzern Für "Sans-Papiers" gibt es eine neue Kontaktstelle.
Als Gründungsmitglieder sind namhafte Organisationen beteiligt.
Am Wochenende gründeten in Luzern verschiedene
Organisationen und engagierte Einzelpersonen den Verein "Kontakt und
Beratungsstelle für Sans-Papiers Luzern". Es sei im Interesse der
ganzen Gesellschaft, dass der Aufenthalt dieser Menschen geregelt
werde, gab sich Gründungspatin alt Nationalrätin
Cécile Bühlmann überzeugt.
Berichte bereits bestehender Stellen in Aarau, Basel, Bern und
Solothurn zeigen, wie notwendig und dringend der Einsatz für
Sans-Papiers ist. Sie leben meist seit vielen Jahren in grosser Angst
und Unsicherheit, fast ohne Möglichkeit, mit jemandem über
eine nachhaltige Lösung für ihren Aufenthalt und über
gesundheitliche oder soziale Alltagsnöte zu sprechen.
Präsidentin Nicola Neider (Katholische Kirchgemeinde Luzern)
stellte die Gründungsversammlung unter das Motto der
Bundesversammlung, "... dass die Stärke des Volkes sich misst am
Wohl der Schwachen".
Fachleute schätzen, dass es im Raum Luzern rund 2000 bis
5000 Betroffene gibt, in der ganzen Schweiz sind es 100000 bis 300000.
Die Kontakt- und Beratungsstelle soll in kirchlichen Räumen
untergebracht werden. Sie wird mit einem Pensum von 50 Stellenprozenten
für Fachleute aus Sozialarbeit und Recht ausgestattet. Es werden
auch Freiwillige mitarbeiten. Bereits seit Ende Mai ist eine Gruppe von
Jus-Studenten aktiv, die ehrenamtlich Beratungen anbietet.
Auf breiter Basis
Als Gründungsmitglieder sind folgende Organisationen dabei:
Amnesty International Luzern, Caritas Luzern, Christkatholische
Kirchgemeinde Luzern, Demokratische Juristen Luzern, Katholische Kirche
Luzern, Luzerner Asylnetz, Luzerner Gewerkschaftsbund, SAH
Zentralschweiz, Schweizerischer Katholischer Frauenbund Luzern, VPOD.
In den Gründungsvorstand wurden gewählt: Nicola Neider Ammann
(Katholische Kirche Luzern, Präsidium), Marie Alice Blum
(Katholische Kirche Luzern), Marcel Budmiger (Luzerner
Gewerkschaftsbund), Felix Kuhn (Luzerner Asylnetz), Luca Langensand
(Demokratische Juristen) und Thomas Thali (Caritas Luzern).
Nebst Cécile Bühlmann wirken Rechtsprofessorin
Martina Caroni und Gassenseelsorger Sepp Riedener als
Gründungspaten. Ein Beirat mit Persönlichkeiten aus
Wissenschaft, Kultur, Kirchen, Politik und Wirtschaft soll die Arbeit
des Vereins begleiten. Eine der Aufgaben des Vereins ist es, die
Finanzierung der Kontakt- und Beratungsstelle für eine Pilotphase
von zwei Jahren sicherzustellen. Die Katholische Kirch- gemeinde hat
eine Anschubfinanzierung von 20000 Franken gesprochen.
In der ganzen Schweiz gibt es schätzungsweise 100000 bis
300000 Betroffene.
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AUSSCHAFFUNGEN
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Bund 18.11.10
Protest gegen Ausschaffung von schwangeren Frauen
Rund 50 Menschen haben gestern vor dem Berner Amthaus gegen die
Ausschaffung von schwangeren Frauen demonstriert. Sie folgten einem
Aufruf des Bleiberecht-Kollektivs Bern, das mit der Kundgebung auf das
Schicksal von zwei Kamerunerinnen aufmerksam machte. Die beiden Frauen
seien im fünften und sechsten Monat schwanger, heisst es in einem
Communiqué des Kollektivs. "Noch nicht geboren, schon in Haft,
bald ausgeschafft", stand auf einem Transparent. Das Bundesamt für
Migration (BFM) nahm zu dem Fall der zwei Kamerunerinnen keine
Stellung.(sda)
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20 Minuten 18.11.10
Gegen die Ausschaffung von Schwangeren
Bern. Gegen 50 Menschen haben gestern vor dem Berner Amthaus
gegen die Ausschaffung schwangerer Frauen demonstriert. Sie folgten
einem Aufruf des Bleiberecht-Kollektivs Bern. Dieses wollte mit der
Kundgebung auf das Schicksal von zwei Kamerunerinnen aufmerksam machen.
Den beiden Frauen droht die Ausschaffung mit Zwangsmassnahmen und dem
damit verbundenen psychischen und körperlichen Stress trotz
Schwangerschaft.
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BZ 18.11.10
Staatsrechtler kneifen
SVP-InitiativeStaatsrechtsprofessoren kritisieren die Information
des Bundesrats im Vorfeld der Abstimmung. Öffentlich dazu stehen
will jedoch keiner.
Drei Staatsrechtsprofessoren üben gegenüber dieser
Zeitung massive Kritik an den Erläuterungen des Bundesrats zur
Abstimmung vom 28. November. Darin suggeriere die Landesregierung, dass
mit Annahme der SVP-Initiative Ausländer wegen Bagatellen
ausgeschafft würden. Diese Darstellung sei "Blödsinn", sagt
der Ordinarius für Staats- und Verwaltungsrecht an einer grossen
Schweizer Universität. "Das ist eine unseriöse Information
der Stimmbevölkerung". Aus Angst vor Konsequenzen stehen er und
seine Kollegen jedoch nicht namentlich zu ihren Aussagen. Würde
heute abgestimmt, so fände die Ausschaffungsinitiative wohl eine
knappe Mehrheit. Dies das Resultat der 2. SRG-Umfrage. asSeite 13
Prognose
Stimmen Sie für die Ausschaffungsinitiative?
Ja 54%
Nein 43%
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Professoren üben harte Kritik am Bundesrat - und verstecken sich
SVP-Initiative Drei renommierte Staatsrechtsprofessoren üben
vernichtende Kritik an den Ausführungen des Bundesrats im
Abstimmungsbüchlein zur Ausschaffungsinitiative. Aus Angst, dem
falschen politischen Lager zugerechnet zu werden, stehen sie jedoch
nicht namentlich zu ihren Aussagen.
Ausschaffungsinitiative oder Gegenvorschlag? Im Abstimmungskampf
liegen die Nerven blank. Die Diskussion zu den Vorlagen ist von
Emotionen statt von sachlichen Argumenten bestimmt. Davor scheint auch
der Bundesrat nicht gefeit: In ihren Erläuterungen zur
Volksabstimmung schreibt die Landesregierung, dass die von der
Initiative vorgeschlagene Liste mit den für eine Wegweisung
massgebenden Straftatbeständen zu stossenden Resultaten
führen würde. Dies verdeutlicht der Bundesrat an folgendem
Beispiel: "So müsste etwa ein in der Schweiz aufgewachsener
ausländischer Jugendlicher wegen eines einmaligen und
geringfügigen Einbruchdiebstahls automatisch weggewiesen werden."
Diese Zeitung wollte von drei verschiedenen
Staatsrechtsprofessoren wissen, ob diese Aussage richtig ist. Immerhin
hat sie die Landesregierung mit dem sogenannten
Abstimmungsbüchlein an alle Stimmberechtigten verteilt. Das Urteil
der Gelehrten fiel vernichtend aus.
"Regierung so plump wie SVP"
Diese Darstellung des Bundesrats sei "Blödsinn", sagt der
Ordinarius für Staats- und Verwaltungsrecht an einer grossen
Schweizer Universität. "Das ist eine unseriöse Information
der Stimmbevölkerung." Beim Durchlesen des Abstimmungsmaterials
sei er erschrocken: "Darin argumentiert der Bundesrat ebenso plump wie
die Gegenseite." Kritik übt der Staatsrechtler auch am
"Arena"-Auftritt von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga. "Sie
machte dort juristische Falschaussagen." Auf die Frage, ob er sich
namentlich zitieren lasse, wehrte der Professor ab. Der Grund: Mit
solchen Äusserungen werde man "sofort in die rechte Ecke
gedrängt".
Diese Zeitung befragte einen weiteren Ordinarius für Staats-
und Verwaltungsrecht an einer weiteren grossen Schweizer
Universität. Dieser sagt: "Bei den Argumenten des Bundesrats
stimmen einige Aussagen nicht." Namentlich zitieren lassen will auch er
sich nicht. Der Grund: "Ich kritisiere doch nicht vor der Abstimmung
ein paar dumme Äusserungen des Bundesrats und sorge so dafür,
dass die Initiative angenommen wird."
Der dritte der Befragten - Professor für öffentliches
Recht und Europarecht an einer Schweizer Universität und Inhaber
eines Lehrstuhls - sagte schlicht: "Diese Aussage in der Botschaft ist
falsch." Mit seinem Namen dazu stehen wollte auch er nicht. "Ich will
den Bundesrat nicht tadeln."
Lieber anonym bleiben wollen offenbar sogar jene Wissenschaftler,
die das überparteiliche juristische Pro-Komitee unterstützen.
Dies sagt zumindest dessen Gründer Manuel Brandenberg: "In unseren
Reihen sind auch Professoren - diese wollen aber namentlich nicht
genannt werden."
Der Grund für das harsche Urteil der Professoren über
das Abstimmungsbüchlein: In seinen Erläuterungen suggeriert
der Bundesrat, dass Ausländer bei Annahme der Initiative wegen
Bagatelldelikten automatisch ausgeschafft würden. In Tat und
Wahrheit müssten jedoch National- und Ständerat definieren,
welche Delikte zu einem Landesverweis führten. Dies sieht der
Initiativtext explizit vor: "Der Gesetzgeber umschreibt die
Tatbestände (...) näher."
Zitat mit Bedingungen
Diese Zeitung befragte übrigens noch einen vierten
Gelehrten, der mit einer interessanten Variante aufwartete. Er, ein
ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Staatsrecht an der Uni Bern,
sagt: "Das Abstimmungsbüchlein ist in dem Punkt mangelhaft, als
der Bundesrat zwar im wiedergegebenen Abstimmungstext, nicht aber in
seinen Argumenten darauf hinweist, dass der Gesetzgeber die
entscheidenden Ausschaffungstatbestände zu umschreiben hat." Zu
diesem Satz steht er sogar namentlich - allerdings unter einer
Bedingung: Es sei zu erwähnen, dass er den Gegenvorschlag
unterstütze. Der Name des Professors: Jörg Paul Müller.
Andrea Sommer
--
Darum Geht es
Der Initiativtext:
Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:
Artikel 121 Abs. 3-6 (neu)
3 Sie (die Ausländerinnen und Ausländer) verlieren
unabhängig von ihrem ausländerrechtlichen Status ihr
Aufenthaltsrecht sowie alle Rechtsansprüche auf Aufenthalt in der
Schweiz, wenn sie:
a. wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts, wegen
einer Vergewaltigung oder eines anderen schweren Sexualdelikts, wegen
eines anderen Gewaltdelikts wie Raub, wegen Menschenhandels,
Drogenhandels oder eines Einbruchsdelikts rechtskräftig verurteilt
worden sind; oder
b. missbräuchlich Leistungen der Sozialversicherungen oder
der Sozialhilfe bezogen haben.
4 Der Gesetzgeber umschreibt die Tatbestände nach Absatz 3
näher. Er kann sie um weitere Tatbestände ergänzen.
--
Kritik an Sommaruga
Stellungnahme In der Abstimmungs-"Arena" des Schweizer Fernsehens
vom 5. November sagte SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die
Ausschaffungsinitiative führe dazu, dass von schweren Verbrechen
bis zu Bagatelldelikten alle gleich behandelt würden. Auch
würden Ausländer wegen Bagatellen ausgeschafft. Etwa für
das falsche Ausfüllen einer Zeile auf einem AHV-Formular. Oder
wegen des Tauschs "von ein paar Gramm Cannabis gegen eine CD".
Aussagen, die laut den befragten Staatsrechtlern falsch sind.
Diese Zeitung konfrontierte die Bundesrätin und das
Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) am Dienstag
mit dieser Kritik und bat um eine Stellungnahme. Bis gestern Abend
liess das EJPD lediglich verlauten, dass man an den Aussagen festhalte.
Die Begründung ist noch ausstehend.as
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NZZ 18.11.10
Resozialisieren oder mit Ausschaffung rechnen?
Wie die Zürcher Gefängnisse mit dem Dilemma der langen
Wegweisungsverfahren umgehen
Weil Wegweisungsverfügungen angefochten werden können,
bleibt manchmal bis zum Haft-ende offen, ob ein ausländischer
Straftäter definitiv ausreisen muss. Dies schafft unlösbare
Probleme im Vollzugsalltag.
Dorothee Vögeli
Auch wenn das Migrationsamt innert Kürze die Wegweisung
eines verurteilten Straftäters verfügt, dauert es oft lang,
bis der Entscheid definitiv ist. Wegen des Rekursrechts bleibt manchmal
bis zur Haftentlassung unklar, ob der Verurteilte das Land verlassen
muss. Allerdings sind die Chancen auf einen Erfolg bei den Rekurs- und
Beschwerdeinstanzen gering: Gemäss Zürcher Migrationsamt
werden schätzungsweise 80 Prozent aller
Wegweisungsverfügungen angefochten; gesamthaft werden aber nur 5
Prozent der Rekurse gutgeheissen. Deshalb kommt es in den meisten
Fällen nach erfolgter Strafverbüssung zum Wegweisungsvollzug.
Ist die sofortige Ausreise nicht möglich, weil zum Beispiel die
Reisepapiere fehlen, die Herkunftsstaaten die Rückübernahme
verweigern oder sich die Betroffenen der Wegweisung widersetzen, kommen
sie direkt ins Ausschaffungsgefängnis am Zürcher Flughafen.
Unterschiede im Strafvollzug
Doch wie gestalten die Zürcher Gefängnisse den Vollzug
bei Straftätern, bei denen noch nicht klar ist, ob sie
anschliessend sofort ausreisen oder in Durchsetzungs- oder
Ausschaffungshaft kommen? Wie unterscheidet sich ihr Haftvollzug von
Straftätern mit einem definitiven Wegweisungsentscheid? Letzteren
werden in der Regel keine Vollzugslockerungen gewährt, wie Florian
Funk, Leiter des Rechtsdiensts des Amts für Justizvollzug, sagt.
Hinsichtlich der gefängnisinternen Bedingungen wie Unterbringung,
Betreuung, Beschäftigung, Arbeitsentgelt oder
Freizeitmöglichkeiten gibt es hingegen keine Unterschiede.
Allerdings müsse auch bei den internen
Beschäftigungsprogrammen berücksichtigt werden, ob der
Gefangene auf ein Leben in der Schweiz vorbereitet werden muss oder ob
er das Land nach Verbüssung der Strafe sofort zu verlassen hat.
"Ein vertiefter Deutschkurs für letztere Gruppe ergibt keinen
Sinn. Allerdings kann ein Basis-Deutschkurs für die Betroffenen
wie für die Betreuer den alltäglichen Vollzug insbesondere
bei langjährigen Strafen ungemein erleichtern", hält Funk
fest.
Zu einer auf die hiesige Integration ausgerichteten schrittweisen
Öffnung gehören in der letzten Phase externe
Arbeitseinsätze, welche die Häftlinge auf die berufliche
Wiedereingliederung vorbereiten. Da laut Funk auch bei Urlauben und
Versetzungen die Fluchtgefahr zu berücksichtigen ist, werden
Personen, welche die Schweiz im Anschluss an den Vollzug verlassen oder
"aller Voraussicht nach verlassen müssen", solche Lockerungen
verwehrt.
Um Klarheit über das Haftregime zu haben, wäre es daher
von grossem Vorteil, wenn der Wegweisungsentscheid des Migrationsamts
möglichst früh vorliegen würde - im Idealfall bereits
beim Strafantritt. Dies ist laut Funk allerdings selten. Eigentlich
falle darunter nur die Gruppe der sogenannten Kriminaltouristen. Bei
diesen muss das Migrationsamt keine Abwägung zwischen dem Schutz
der Öffentlichkeit und den privaten Interessen am Verbleib in der
Schweiz vornehmen. Sie können nach Absitzen der Strafe ohne
Verfügung sofort weggewiesen werden. In allen anderen Fällen
muss das Migrationsamt die Gewährung des Bleiberechts prüfen
und den Wegweisungsentscheid begründen. Dieser ist rechtlich
anfechtbar, die Verfahren können langwierig sein, insbesondere bei
Ausländern mit Niederlassungsbewilligung oder mit einem Schweizer
Ehepartner.
Dilemma der Ungewissheit
Wenn ein erstinstanzlicher Entscheid vorliegt oder "zumindest
aufgrund gefestigter Praxis" des Migrationsamts letztlich mit einem
definitiven Wegweisungsentscheid zu rechnen ist, werden auf hiesige
Integration hinzielende Vollzugslockerungen verweigert, wie Funk
ausführt. Damit ergibt sich jedoch folgendes Dilemma: Fehlt bis
zur Entlassung der definitive Entscheid oder gewähren die Gerichte
wider Erwarten das Aufenthaltsrecht, dann muss manchmal in letzter
Sekunde noch eine Stelle für ein Arbeitsexternat gesucht werden.
Wegen der knappen Zeit gelingt dies nicht immer.
Trotzdem werde niemand ganz unvorbereitet aus der Haft entlassen,
betont Funk. Auch innerhalb der Gefängnismauern werde die
Resozialisierung durch geeignete Schulung, Beschäftigung oder
Möglichkeiten des Kontakts mit der Aussenwelt wie Besuche und
Telefonate gefördert. Besonders schwierige Situationen entstehen,
wenn ein Häftling im offenen Vollzug den definitiven
Wegweisungsentscheid erhält. Ein solcher Perspektivenwechsel kann
Kurzschlusshandlungen bewirken. Sie führen laut Funk manchmal
dazu, dass ein Häftling wegen erhöhter Fluchtgefahr in den
geschlossenen Vollzug versetzt werden muss. Zahlen zu solchen
Fällen gibt es keine. Wie Funk sagt, gehören die Dilemmas,
welche die Verflechtung der straf- und ausländerrechtlichen
Dimensionen schafft, zum Vollzugsalltag.
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NZZ 18.11.10
Rechtsschutz bei Ausschaffungshaft
Ziselierte Regelung
fel. Lausanne · Die Ausschaffungshaft muss nach
spätestens 96 Stunden von Amtes wegen durch einen Richter
überprüft werden. Verlangt der inhaftierte Ausländer
allerdings zuvor schon seine Haftentlassung, muss der Haftrichter laut
einem Urteil des Bundesgerichts die Haftüberprüfung umgehend
in die Wege leiten. Die im Gesetz vorgeschriebene amtliche
Überweisung der Sache an den Richter wird in diesem Fall durch die
Eingabe des Gefangenen "zeitlich überholt".
Einschränkend wird im einstimmig ergangenen Entscheid der
II. Öffentlichrechtlichen Abteilung ausgeführt, dass die
Möglichkeit, sofort den Haftrichter anzurufen, nicht bedeutet,
dass dieser bereits vor Ablauf von 96 Stunden entscheidet. Anzumerken
bleibt, dass der Inhaftierte frühestens einen Monat nach der
erstmaligen Haftüberprüfung wieder um Haftentlassung ersuchen
kann (Art. 80 Abs. 2 und 5 Ausländergesetz).
Urteil 2C_823/2009 vom 19. 10. 10 - BGE-Publikation.
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BZ 17.11.10
Rüge für "zu restriktive" Berner Justiz
Das Bundesgericht kritisiert die Berner Behörden: Zu Unrecht
seien diese auf das Haftentlassungsgesuch eines Türken in
Ausschaffungshaft gar nicht eingetreten.
Stefan Wyler
Der Türke, der sich vor Bundesgericht beschwerte, ist
längst ausgeschafft. Sein Gesuch um sofortige Entlassung aus der
Ausschaffungshaft ist somit obsolet - doch das Bundesgericht hat den
Fall dennoch an die Hand genommen: Der Fall, so argumentiert es in
seinem gestern veröffentlichten Urteil, werfe eine
grundsätzliche Frage auf, die sich immer wieder stelle, aber kaum
je rechtzeitig überprüft werden könne.
Der 43-jährige Türke war am 9. November 2009 vom Berner
Migrationsamt in Ausschaffungshaft versetzt worden. Am 10. November
stellte er ein Gesuch um Haftentlassung. Die Berner Haftrichterin aber
trat darauf nicht ein. Begründung: Eine ordentliche
Haftprüfung nach Ausländergesetz habe noch gar nicht
stattgefunden. Und ein Ausländer könne ein
Haftentlassungsgesuch erst einen Monat nach der
Haftüberprüfung stellen. Das Berner Verwaltungsgericht
bestätigte diesen Entscheid.
Das Bundesgericht sieht dies nun anders: Die Berner Justiz habe
den Begriff Haftentlassung nur nach einer Bestimmung im
Ausländergesetz interpretiert und damit das Gesuch "viel zu
restriktiv bzw. zu formalisiert" ausgelegt. Laut Ausländergesetz
muss ein Richter spätestens nach 96 Stunden die
Rechtmässigkeit der Haft überprüfen. Und ein
Ausschaffungshäftling kann erst einen Monat nach dieser
Prüfung ein Haftentlassungsgesuch einreichen. Diese
96-Stunden-Frist aber, so erklärt nun das Bundesgericht, sei eine
Frist, die sich an die Ausländerbehörde richte. Sie hindere
keinen Festgenommenen, schon vorher ein Gesuch um Freilassung zu
stellen. Schliesslich garantierten die Bundesverfassung und die
Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) jedem Häftling,
dass er jederzeit einen richterlichen Entscheid über die
Rechtmässigkeit der Haft verlangen könne. Diese Garantien
habe die Berner Justiz verletzt. Die Berner Behörden hätten
auf das Gesuch um sofortige Haftentlassung eintreten müssen.
Das Bundesgericht hiess darum die Beschwerde gut und verurteilte
den Kanton Bern, dem ausgeschafften Türken eine
Prozessentschädigung von 2000 Franken zu bezahlen.
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20 Minuten 16.11.10
"Gesicht zeigen" gegen Ausschaffungsinitiative
BERN. Schweizer Musiker bekennen Farbe: Stress, Greis und Co.
mobilisieren ihre Fans auf Facebook für die Aktion "Zeig dein
Gesicht". Und damit gegen die Ausschaffungsinitiative.
Zwei Wochen gibt es die Facebook-Aktion "Zeig dein Gesicht" erst
- und bereits hat sie mehrere tausend Anhänger. Unter ihnen auch
diverse Prominente, die damit Stellung gegen die
Ausschaffungsinitiative beziehen. Vor der Abstimmung vom 28. November
hat auch Rapper Stress "sein Gesicht gezeigt" und macht mit dem Spruch
"Deine Herkunft darf deine Rechte nicht beeinflussen" auf dem
Internetportal für "zweimal Nein" und somit gegen die SVP mobil.
Damit nicht genug: Auch Mundartmusiker Greis führt aus: "Ein
Rechtssystem, das das Strafmass von der Herkunft abhängig macht?
Nie wieder!" Bei der Aktion ebenfalls mit dabei sind die DJs Dani
König und Alex Dallas, die Rapper Bandit und Skor sowie Dabu
Fantastic und Admiral James T. - sie alle schickten ihren Spruch
mitsamt Bild ein, um das Projekt zu supporten. Initiiert wurde das
Ganze von einer Gruppe parteiloser Medien- und Kulturschaffender, unter
ihnen Oliver Dredge. Dieser ist froh um die prominente
Unterstützung, denn "so erreichen wir eine breitere
Öffentlichkeit". Bei einer weiteren Online-Aktion namens "Aufruf
der hundert" setzen sich indes auch Carlos Leal, Bettina Oberli und
Samir gegen die Initiative ein.
DAVID CAPPELLINI
http://www.facebook.com/neinneinfaces
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Indymedia 15.11.10
"An die Umherziehenden" Faltblatt zu Migration ::
AutorIn : Abschaffen? Wer? Sabotieren! Hier und Jetzt!
Dieses Faltblatt wurde in und um die Demonstration verteilt, die am
Samstag unter dem moderaten Spruch "Ausschaffungen abschaffen" in
Zürich stattfand und an der sich etwa 600 Leute beteiligten. Die
darin enthaltenen Texte sind:
- An die Umherziehenden (etwas gekürzte und angepasste Version
eines Textes, der sich schon seit längerem im Umlauf befindet)
- Überall in Europa: Revolten in den Lagern
- Spartakus ist zurück, es lebe Spartakus
- Richtige Fragen stellen
- Der soziale Krieg hinter dem schweizer Frieden (Chronologie von
Revolten bezüglich der Ausschaffungsmaschinerie und
Gefängnissen)
Zum selber ausdrucken:
Datei 1: A3 vorne und hinten bedrucken, falten
Datei 2: A4 vorne und hinten bedrucken, in gefaltetes A3 legen
Datei1 - PDF zum ausdrucken: A3 - Seite 1,2, - 5,6
http://ch.indymedia.org/media/2010/11//78716.pdf
Datei2 - PDF zum ausdrucken: A4 - Seite 3,4
http://ch.indymedia.org/media/2010/11//78717.pdf
Mehr : http://ch.indymedia.org/de/2010/11/78714.shtml
---
Blick am Abend 15.11.10
Gruppe "Olaf" inszeniert Mörgeli-Klage
DUBIOS
Alois B. Stocher (Foto rechts) ist Leiter der "Organisation zur
Lösung der Ausländerfrage". Kurz: Olaf. Als Quasi-SVPler
inszeniert er sich im Internet - doch seine wahre Identität ist
geheim. Mit immer neuen Aktionen hält er sein Projekt am
köcheln - und schreckt auch vor Unwahrheiten nicht zurück.
Heute meldet Alois B. Stocher, dass SVP-Nationalrat Christoph
Mörgeli mit einer Klage droht. "Obwohl wir uns von der Olaf
Schweiz vehement für die konsequente Umsetzung der
SVP-Ausländerpolitik einsetzen, droht uns SVP-Nationalrat
Christoph Mörgeli mit rechtlichen Schritten, falls wir die
Facebook-Seite von Dr. Alois Stocher nicht binnen einer Woche
löschen." Einziges Problem: Mörgeli weiss nichts von der
Aktion. "Ich bin doch nicht so blöd und adle die Olaf-Aktion mit
einer Klage", sagt Christoph Mörgeli heute morgen zu Blick am
Abend. bö
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NZZ 15.11.10
Demonstration gegen Ausschaffung
bai. · Schätzungsweise 200 Personen aus dem Umkreis
des revolutionären Aufbaus und der linksautonomen Szene haben am
Samstagnachmittag an einer unbewilligten Demonstration gegen die
Ausschaffungsinitiative teilgenommen. Der Zug setzte sich kurz nach 13
Uhr 30 am Central in Bewegung. Die Demonstranten marschierten durchs
Niederdorf zum Opernhaus, machten dort kehrt, um über den
Limmatquai wieder Kurs aufs Niederdorf zu nehmen. Etwa um 16 Uhr
löste sich der Zug auf. Einige Gebäude wurden mit Plakaten
beklebt oder beschriftet, und kurzzeitig wurden einige Trams und Autos
am Weiterfahren gehindert.
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Indymedia 14.11.10
Communique zur Demo 13.11. in Zürich ::
AutorIn : auf die Strasse!
An der gestrigen Demonstration "Faschistische Tendenzen bekämpfen-
Ausschaffungen abschaffen! haben in Zürich gegen 1000 Personen
lautstark und entschlossen teilgenommen.
Der Protest richtete sich nicht nur gegen die ausländerfeindliche
Initiative der SVP mit der Abstimmung von 28. September sondern auch
gegen diesen Staat und seinen Schergen mit ihrer tagtäglichen
menschenverachtenden und ausgrenzenden repressiven Migrationspolitik.
Die Stimmung war gut und es wurden Parolen wie: SVP Rassistenpack - wir
haben dich zum Kotzen satt; No Border No Nation - Stop Deportation
skandiert.
Hier das Demo-Flugi:
Hinschauen... und handeln! Faschistische Tendenzen bekämpfen !
Ausschaffungen abschaffen!
Wir gehen heute am 13. November 2010 zusammen auf die Strasse um ein
klares Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung zu
setzen. Jede und Jeder ist aufgerufen daran teilzunehmen!
Am 28. November 2010 wird über die rassistischen
Ausschaffungsinitiativen abgestimmt. Dies ist aber nur die Spitze des
Eisberges der tagtäglichen Hetzpropaganda der Medien gegen
AusländerInnen. Wir wollen uns nicht weiter spalten lassen, noch
in In- und AusländerInnen, Beschäftigte und Arbeitslose, Jung
und Alt, SchwarzarbeiterInnen und legal Ausgebeutete. Denn diese
Spaltung dient letztendlich lediglich den Mächtigen, damit sich
die Wut nicht gegen die Profiteure und den Staat richtet!
Fremdenfeindlichkeit ist eine weit verbreitete Reaktion auf die
gravierenden Probleme unserer Zeit. Angst um "das Wohl der Nation", die
Arbeitsstelle, die Wohnung und sogar um die heimatliche Natur: In der
Überfremdung der Eidgenossenschaft sehen viele ZeitgenossInnen das
Problem für ihr ganzes Elend. Für sie gibt es kein Problem,
für welches sich nicht AusländerInnen als
Sündenböcke heranziehen liessen. Während Monaten wird
das stereotype Bild vom Ausländer als generell kriminell und als
Störenfried gezeichnet und dadurch ein rassistisches Klima
gefördert. Beteuerung wie jene, dass "man ja nicht alle
Ausländer meine", sind eine billige Ausflucht. Sie ändern
nichts daran, dass der Ausländer pauschal als Straftäter in
den Fokus rückt.
Die Regierung und die Parteien betreiben eine auf Emotionen und
Ängsten basierende Politik, mit der gezielt Ängste
geschürt und Hass gesät wird gegen über
"AusländerInnen". So behauptet die SVP, dass an einer hohen
Kriminalitätsrate AusländerInnen schuld seien. Es komme auf
die Herkunft der Menschen an, ob mensch kriminell sei oder nicht.
Soziale Verhältnisse und Fluchtgründe werden ausser Acht
gelassen. Des Weiteren befindet die SVP MigrantInnen, die keinen
Job/Lehrstelle finden als nicht integrationswillig. Es werden aber
menschen aufgrund ihres Namens benachteiligt und ausgeschlossen, somit
wird es erheblich schwerer eine Lehrstelle/Anstellung zu erhalten.
Besonders bedenklich an der Initiative ist, dass sie die Ausschaffung
von Personen in Staaten ermöglicht, in denen Folter und andere
menschenrechtswidrige Bestrafungen praktiziert werden. Ausnahmen von
diesem Prinzip sind nicht vorgesehen. Damit wird das zwingende
Völkerrecht verletzt, an welches die Schweiz gebunden ist. Die
Ausschaffung betrifft ausserdem nicht nur die erst kürzlich
eingewanderten Personen, sondern auch die nachfolgenden Generation der
MigrantInnen, jene Menschen also, die in der Schweiz aufgewachsen sind
oder bereits seit Jahrzehnten hier leben. Manche von ihnen kennen nicht
einmal mehr ihr ursprüngliches Heimatland. Den vom Parlament
bevorzugten Gegenvorschlag ist nicht besser, als die Initiative selber.
Der Gegenvorschlag nimmt viele Anliegen der Initiative auf, formuliert
sie lediglich etwas weniger problematisch. Es ist ein Versuch der
Mitteparteien ihren WählerInnen zu zeigen, dass auch sie in der
Lage sind eine harte Ausländerpolitik umzusetzen, unabhängig
davon, welche neuen Schwierigkeiten damit geschaffen werden. Beide
Vorlagen heizen die Ausländerfeindlichkeit weiter an. und leisten
weder einen Beitrag zur Lösung des scheinbaren "Problems der
Kriminalität" noch der Integration.
Der Staat mit all seinen Behörden und Ämtern bestimmt, wer
dazugehört, wer geduldet und wer hier nicht erwünscht ist.
Dazu kommen alltägliche Schikan durch die Polizei.
Kriegsprofiteure wie z.b. Die RUAG, verdienen mit ihren Waffenexporten
Milliarden; klopfen dann die Menschen hier an die Pforten Europas um
vom Krieg zu flüchten, werden sie kriminalisiert und ausgeschafft.
Wir stellen diese System grundsätzlich in Frage, welches den Boden
ebnet für Rassismus und Faschismus. Und kämpfen für die
Abschaffung dieses Systemes und Staates ansonsten der Faschismus
weitergehen wird. Ihre hochgepriesene Sicherheit dient zuallererst
denen, die von dieser Wirtschaft profitieren, nämlich den
Mächtigen und Reichen.
Es ist ein tagtäglicher Kampf, den wir gemeinsam bestreiten
müssen. Wo immer FaschistInnen am Werk sind, zögern wir
nicht, Widerstand zu leisten. Kämpfen wir zusammen gegen
Rassismus, Faschismus und Sexismus! Der antirassistische und
antifaschistische Kampf ist ein Teil des Kampfes für eine
Gesellschaft ohne Ausbeutung und Herrschaft.
Für eine selbstbestimmte, solidarische Welt ohne Ausbeutung,
Herrschaft und Krieg!
Zürich, 13. November 2010
---
Sonntag 14.11.10
SVP-AUSSCHAFFUNGSINITIATIVE
Todesdrohung gegen Ex-Bundesgerichtspräsidenten
Abstimmungskampf eskaliert - Giusep Nay beobachtet eine
"brandgefährliche Gewaltspirale"
Von Nadja Pastega
Zwei Wochen vor der Abstimmung über die
Ausschaffungsinitiative liegen die Nerven blank. Politiker, die sich
exponieren, sagen, seit der EWR-Vorlage von 1992 hätten sie nie
mehr derart gehässige Reaktionen erhalten.
Der Tiefpunkt sind Todesdrohungen gegen den ehemaligen
Bundesgerichtspräsidenten Giusep Nay, der in einem Interview gegen
die Initiative Stellung nahm. In einem anonymen Schreiben sei ihm
angekündigt worden, die Schergen seien bereits unterwegs zu ihm,
sagt Nay. "So etwas habe ich noch nie erlebt." Diskussionen würden
in der gegenwärtigen Stimmung verunmöglicht. "Das hat mit
Demokratie nichts zu tun, sondern ist eine reine Ausländer- und
Minderheitenhetze, die - wie die Gegenreaktionen zeigen - zu einer
brandgefährlichen Gewaltspirale führt."
Nay weiter: "Die 1930er-Jahre kommen einem da unweigerlich in den
Sinn, wie auch die Neonazi-Szenen in unseren Nachbarländern, die
niemals in unserer freien und demokratischen Schweiz Platz greifen
dürfen."
Zu einem Zwischenfall kam es am SVP-Grossanlass vom 6. November
in Zürich, wie erst jetzt publik wird. Ein junger Mann mit einem
30 Zentimeter langen Messer wollte sich in den Saal schleichen. Er
blieb in der Kontrolle hängen, wurde der Polizei übergeben
und im Kastenwagen abgeführt. Seiten 2/3
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Hass-Klima: Ex-Bundesrichter erhält Todesurteil per Post
Alt Bundesgerichtspräsident Giusep Nay und mehrere Politiker
sagen, sie hätten noch nie bei einer Abstimmung derart
gehässige und bedrohliche Reaktionen erlebt. Es fällt sogar
der Vergleich mit den 30er-Jahren
Von Nadja Pastega
Die Ausschaffungsinitiative lässt die Emotionen hochgehen
wie zuletzt die EWR-Abstimmung 1992. An einem SVP-Anlass wurde ein
Besucher, der ein Messer bei sich trug, abgeführt.
Es sei einfach "widerlich", was sie mit der Post bekomme, sagt
Marlies Bänziger. Einzelheiten? Gibts keine. Die grüne
Nationalrätin will Nachahmungstäter nicht ermuntern.
Bänziger tourt in diesen Tagen durch die Schweiz, tritt an
Podiumsdiskussionen gegen die Ausschaffungsinitiative an. Im Saal,
erzählt Bänziger, schlage ihr jeweils "eine latente Wut"
entgegen. Jetzt schwappt der Volkszorn auch in ihren Briefkasten.
Es herrsche eine Stimmung, die "eine ausgrenzende Volksbewegung
heranzüchten" wolle, sagt Bänziger. Sie spricht von einer
"gefährlichen Entwicklung". Sie wirft der SVP vor, "eine
Ventilstimmung gegen Ausländer" zu schüren.
Wie leicht die aufgeheizte Stimmung in blanke Aggression
umschlagen kann, weiss alt Bundesrichter Giusep Nay: "Nachdem ich mich
in einem Interview mit sachlichen, rechtlichen Argumenten gegen die
Ausschaffungsinitiative ausgesprochen habe, bekam ich per Post mein
Todesurteil." In dem anonymen Schreiben sei ihm gedroht worden, die
Schergen seien bereits unterwegs. "So etwas habe ich noch nie erlebt",
sagt Nay, "obwohl ich mich auch früher schon zu heiklen Themen
öffentlich geäussert habe."
Das KlimA ist aufgeputscht wie selten zuvor. Die
Ausschaffungsinitiative, sagt der Zürcher SVP-Nationalrat Hans
Fehr, "ist die emotionalste Abstimmung seit dem EWR". Die Initiative
gehe "den Leuten direkt unter die Haut".
Die aufgeladene Atmosphäre entlud sich am vorvergangenen
Donnerstag in der Zürcher Gemeinde Dietikon in einem Eklat. Anlass
war eine dringliche Interpellation von SVP-Gemeinderat Rochus
Burtscher. Dieser wollte vom Stadtrat wissen, ob gegen sechs zum Teil
vorbestrafte Migranten aus Dietikon, die am Zürcher Hauptbahnhof
eine junge Frau belästigt und einen Schweizer niedergeschlagen
hatten, bereits Ausweisungsmassnahmen getroffen worden seien.
SP-Gemeinderat Peter Wettler ergriff das Wort - wenig später
endete die Sitzung im Tumult. "Ich habe eine ziemliche Breitseite
gelandet, das gebe ich zu", sagt Wettler. "Aber was da abgeht,
trägt deutlich fremdenfeindliche Züge." Seine Rede
eröffnete er mit dem Satz "Die braune Liesel kenn ich am
Geläut", ein Zitat aus dem Wilhelm Tell. "Nach 40 Sekunden wurde
ich von der gesamten SVP-Fraktion niedergebrüllt." Jetzt bekomme
er "grässliche Mails". Jemand habe ihm sogar ein Couvert mit
Hundekot in den Briefkasten geworfen.
Wie enthemmt der Abstimmungskampf inzwischen geführt wird,
bekommt auch die SVP zu spüren. Die Partei muss für die
Delegiertenversammlung am4. Dezember neue Räumlichkeiten suchen.
Die Universität Lausanne lehnt es ab, einen Saal zur
Verfügung zu stellen: An der Hochschule sind Flugblätter
eingegangen, die dazu aufforderten, Fenster einzuschlagen,
Räumlichkeiten zu verwüsten und Autoreifen zu zerstechen. Auf
der linksradikalen Internet-Plattform Indymedia wird bereits eine
Grossdemonstration angekündigt, sollte die Ausschaffungsinitiative
angenommen werden: "Der Ton der SVP wird schärfer - die
Demoreaktionen auch!"
Zu einem Zwischenfall kam es auch am SVP-Grossanlass vom 6.
November in Zürich. Das aufgebotene Sicherheitspersonal habe am
Eingang Gesichtskontrollen durchgeführt und einen jungen Mann
gefilzt, sagt SVP-Nationalrat Hans Fehr, "Er wollte mit einem 30
Zentimeter langen Messer in den Saal." Der Mann sei der Polizei
übergeben und im Kastenwagen abgeführt worden.
Doch das sind für die SVP Kleinigkeiten. Der Anlass sei
"super gelaufen", jubelt Fehr. Die Mobilisierung sei "beispiellos".
1100 Personen hätten am 6. November im Saal gesessen und das
Streitgespräch zwischen Christoph Blocher und Daniel Vischer
(Grüne) verfolgt. Man habe "heftig und lautstark" diskutiert,
"aber so muss es auch sein".
Der grüne Nationalrat Vischer, der bereits an mehreren
Podien teilgenommen hat, kennt die Atmosphäre im Land. "Es hat
eine Emotionalisierung stattgefunden", sagt Vischer: "Die Stimmung ist
so aufgeheizt, dass man gar nicht diskutieren kann."
Das ist für alt Bundesrichter Giusep Nay alarmierend. Er
zeigt sich äusserst besorgt vom Stil, den Abstimmungskampf mit
Niederschreien anderer Meinungen zu führen - und dem
Verunmöglichen von Diskussionen. Was von den Initianten auch noch
ausdrücklich befürwortet werde. "Das hat mit Demokratie
nichts zu tun, sondern ist eine reine Ausländer- und
Minderheitenhetze, die - wie die Gegenreaktionen zeigen - zu einer
brandgefährlichen Gewaltspirale führt", warnt Nay: "Die
1930er-Jahre kommen einem da unweigerlich in den Sinn, wie auch die
Neonaziszenen in unseren Nachbarländern, die niemals in unserer
freien und demokratischen Schweiz Platz greifen dürfen. Die
Stimmbürgerinnen und Stimmbürger werden da die richtige
Antwort wissen."
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Sonntagszeitung 14.11.10
EU kritisiert Ausschaffungsflüge
Flugbegleiter: Der Schweiz droht ein Verfahren
Zürich Die EU kritisiert, dass das Bundesamt für
Migration erst ab Sommer 2011 Ausschaffungsflüge begleiten
lässt. Laut den Schengen/Dublin-Regeln wäre dies ab Januar
2011 Pflicht. Die Schengen-Richtlinie sei von den Mitgliedsstaaten bis
zum 24. Dezember dieses Jahres umzusetzen.
"Bei einer Verzögerung könnte die EU ein
Vertragsverletzungsverfahren einleiten" sagt EU-Sprecher Michele
Cercone. Die EU-Kommission werde genau überprüfen, ob die
Regeln eingehalten werden.
In Österreich ist die EU-Richtlinie "längst Standard",
sagt Rudolf Gollia, Sprecher des Bundesinnenministeriums in Wien. Als
Folge des Todes eines Auszuschaffenden begleiten seit 2001 Mitglieder
des Vereins Menschenrechte Österreich die Flüge. Die
Beobachtungen hätten zu einer humanitäreren Behandlung der
Auszuschaffenden geführt, bestätigt Ausschaffungsbeobachter
Günter Ecker.
Die Schweizer Flüchtlingshilfe (SFH) fordert schon seit
Jahren solche Flugbegleiter. Für SFH- Sprecher Adrian Hauser ist
es "absolut unverständlich", warum dies das BFM seit Jahren
versäumt hat. Die SFH strebe ein ähnliches Modell an wie in
Deutschland, wo ein Beobachter bei Missständen bei der Flugleitung
intervenieren kann.
Niklas Zimmermann
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Sonntagszeitung 14.11.10
Künstler gegen Ausschaffung
Über 100 Kulturschaffende rufen dazu auf, zweimal Nein in
die Urne zu legen
Von Petra Wessalowski
Zürich "Wenn ich das nächste Mal vergewaltigt werde,
bin ich froh, wenn es ein Schweizer ist." Mit dieser provokativen
Aussage setzt sich die Regisseurin Katja Früh für ein
zweifaches Nein bei der Abstimmung über die
Ausschaffungsinitiative der SVP vom 28. November ein. "Ich will damit
die Absurdität aufzeigen, sich als Opfer eines Verbrechens zu
überlegen, ob der Täter ein Schweizer ist oder nicht."
Sie ist eine von 120 Kulturschaffenden, die sich mit dem "Aufruf
der hundert" gegen die Auflösung der Rechtsgleichheit seit heute
auf dem Internet einsetzt (www.kunst-und-politik.ch/100). Darunter ist
die Elite der Schweizer Autoren, Filmer und Künstler, unter
anderem Lukas Bärfuss, Patrick Frey, Gardi Hutter, Franz Hohler,
Carlos Leal, Adolf Muschg, Melinda Nadj Abonji, Bettina Oberli, Samir,
Christoph Schaub, Ruth Schweikert, Peter Stamm, Peter Weber und Urs
Widmer.
"Wir haben genug von der Fremdenhetze und dem Angriff auf die
Menschenrechte", sagt Guy Krneta, Autor und Vorstandsmitglied des
Netzwerks "Kunst + Politik", das zuletzt mit den Kurzfilmen von Micha
Lewinsky gegen die Ausschaffungsinitiative für Aufsehen sorgte.
Ziel ist es, möglichst viele Bürger zu mobilisieren.
Das könnte knapp werden, denn laut dem Politologen Andreas Ladner
haben rund 50 Prozent bereits abgestimmt.
Gemäss Claude Longchamp stärkt der Aufruf das
Selbstbewusstsein der Bürger, die zweimal Nein stimmen wollen,
denn die Befürworter wirkten etwas isoliert. "Sukkurs tut da
sicher gut." Darüber hinaus glaubt der Meinungsforscher nicht,
dass die Aktion viel Wirkung zeigt.
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Blick am Abend 12.11.10
Mit Schuhen gegen SVP
PROTEST
"Dasselbe Paar Schuhe!" Mit diesem Slogan führte das
überparteiliche Komitee "bern.2xnein.ch" heute Morgen rund um den
Hauptbahnhof eine Aktion durch. Überall lagen mit Klebeband
zusammengehaltene Schuhe mit der Aufschrift "Ausgeschafft" herum. Ob
Ausschaffungsinitiative oder Gegenvorschlag, das sei dasselbe Paar
Schuhe, findet das Komitee. pp
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MIGRATION CONTROL
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Rundschau 17.11.10
Flüchtlingshölle Griechenland
Die Flüchtlingsrouten nach Italien und Spanien sind geschlossen,
jetzt kollabiert das Asylsystem in Griechenland: Eine
erschütternde Reportage von überfüllten
Flüchtlingslagern und von Einheimischen, die gewalttätig
gegen die Gestrandeten vorgehen.
http://videoportal.sf.tv/video?id=bdfad153-8107-45ed-bcda-ace3970c6e9e
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KNAST
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Indymedia 17.11.10
Solidaritätsbotschaft von Silvia ::
AutorIn : AAZ: http://www.anarchistische-aktion.ch.vu
IN SOLIDARITÄT MIT DEN IN CHILE (CASO BOMBAS) AM 14. AUGUST
VERHAFTETEN 14 ANARCHISTINNEN MIT ALLEN CHILENISCHEN UND MAPUCHE
POLITISCHEN GEFANGENEN, MIT ALLEN KÄMPFENDEN INDIGENEN
VÖLKERN
Von aussen erhalte ich leider wegen der äusserst lange dauernden
Zensur nur fragmentarische Infos über einen starken repressiven
Schlag in Chile mit vielen verhafteten anarchistischen Genossinnen und
über einen Hungerstreik der gefangenen Mapuche.
Obwohl ich die aktuelle Lage nicht genau kenne möchte ich mit
diesen Zeilen meine ganze Solidarität und Nähe zu allen
verhafteten chilenischen Genossinnen und den hungerstreikenden
gefangenen Mapuche übermitteln. Auf das meine Botschaft diese
Gitter überwinde und bis in die chilenischen und argentinischen
Knäste gelange...
Ich ergreife die Gelegenheit zu einigen kurzen Überlegungen.
Das Volk der Mapuche setzt sich tagtäglich mit der Repression und
Gewalt des Staates und dessen "carabineros" auseinander, mit der
Enteignung ihrer Gebiete und der Macht der Multis wie Benetton. Von
Protesten mit Mahnwachen, Strassenblockaden und Demos ausgehend, wurde
der Kampf mit den vielen Angriffen und Sabotagen jener stärker und
breiter, die nicht mehr bereit sind die Herrschaft des Staates und von
Multis wie Benetton über ihre ursprüngliche Gebiete und ihre
eigenen Leben passiv zu erleiden. Einen wichtigen qualitativen Sprung
nach vorne können wir auch in Chile feststellen, mit sehr vielen
Aktionen, Bekennungen und immer vertiefteren analytischen Schreiben und
Reflexionen. Wahrlich wichtige und bedeutende Beiträge für
ein Wachstum der gesamten internationalen revolutionären Bewegung.
Zahlreich sind die Angriffe des FLA (Frente de Liberacion Animal) und
FLT (Frente de Liberacion de la Tierra) gegen Metzgereien,
Tierzuchtanstalten, Telefonantennen, Masten, Forschungsanstalten... mit
einer Botschaft gegen jeden Autoritarismus und Speziesismus.
"(...) Wir betrachten die Technologie als Mittel zu Förderung der
Entfremdung und Kontrolle der Mächtigen über die
Ausgebeuteten. (...)Wir könnten noch viel mehr sagen über die
oberflächlichen Beziehungen, die von den Technologien
vorangetrieben werden die definitiv nicht neutral sind" ( Von einer
Aktion gegen eine Mobiltelefonantenne der "Banda Salvaje e Insurrecta
en Guerra Contra la Dominacion", Mai 2010, Santiago del Chile)
"(...) Tausende Tiere werden täglich von der Mastindustrie und von
der menschlichen Gier ermordet, die gerechtfertigt wird durch die Idee,
dass Tiere Ressourcen zum Wohle der Menschen sind. Weder die falschen
Absichten hinter einer guten Ernährung, noch der Wille eines
falschen Gottes rechtfertigen den täglichen Genozid der
Fleischindustrie. Darum findet Speziesismus einzig und allein im
Autoritarismus seine Rechtfertigung, auch wenn es vielen einige
Mühe bereitet es einzugestehen." (Aus einer Aktion gegen eine
Metzgerei, FLA, Mai 2010, Santiago del Chile).
Wir müssen uns vor der Gefahr einfacher Mythisierungen hüten
in dem wir die Urvölker und Kämpfe in anderen Ländern in
ein fremdes und exotisches Mäntelchen hüllen, um hingegen im
Bewusstsein auch der Unterschiede den Wert und die Bedeutung ihrer
Kämpfe anzuerkennen. Aber wir sollten uns nicht nur darauf
beschränken, auf die Revolten anzustossen, die in anderen
Ländern ausbrechen, und uns hinter der Tatsache verstecken, dass
es sich um von den unseren unterschiedlichen Kontexten handelt, was
bloss Rechtfertigungen zur Weiterführung unseres bequemen Alltags
sind. Es ist einfach Zuschauerin vor einem Computerbildschirm zu sein,
auf einem weichen Sessel, viel schwieriger ist es aufzustehen und die
eigenen radikalen Worte in Praxis umzusetzen. Es gibt keine
Ausflüchte, wir kennen die direkten Verantwortlichen der
andauernden Ausbeutung und Zerstörung. Aber diese Bewusstheit muss
mit der Analyse der aktuellen Herrschaftsverhältnisse und der
Verbindung unter allen Ausbeutungsformen vereint werden, um einen
langfristigen Kampf aufzubauen.
Ein zeitlich unsteter Widerstand, der auf Grund momentaner "Tendenzen"
von einem Ziel zum anderen springt, und sich nur von einem momentanen
und flüchtigen Enthusiasmus tragen lässt, kann nie zum
starken Kampf werden mit der Fähigkeit, die Grundlagen dieses
Systems anzugreifen.
Die letzte übrig gebliebenen Stämme sind, in der Verteidigung
ihrer ursprünglichen Gebiete und somit ihres Überlebens, ein
Bollwerk in der Verteidigung der letzten Biosphären, die der
Ausbeutung und Zerstörung noch entgangen sind. Den Biotechmultis,
für die Produktion von Soja, Mais, Zucker, Palmöl,
Biotreibstoffen...Den Holzbau-, Erdöl-, Wasserkraftunternehmen.
Der Gewinnung seltener und kostbarer Metalle für elektronische
Bestandteile, dem unterirdischen und Tagesabbau von Kohle...Was einige
Beispiele der unendlichen Verheerung sind, die bis ins Innerste dieser
Erde reicht, als Tentakel dieses industriellen und technologischen
Ungeheuers auf der unendlichen Suche nach neuen Energieressourcen und
Rohstoffen um weiter zu überleben. Diese Tentakel abzutrennen ist
unsere Aufgabe...
An der Seite der Stämme des Amazonas, der Mapuche, der
BäuerInnen Indiens, der Kämpfer im Niger delta...
Gegen das Imperium Benetton, jeden Multi und dieses Todessystem. Gegen
alle Repression und die Unterdrückung und Ausrottung der
ursprünglichen Völker.
Auch zum Gedenken an unsere im Kampf Gefallenen wie der Genosse
Mauricio Morales, der im Feuer des Kampfes, in den Augen und Herzen
aller KämpferInnen immer weiterleben wird...
Jenem Mond des Saturns, den die australischen UreinwohnerInnen immer
noch im Himmel leuchten sehen...
Jenem leisen Klang aus dem Innersten der Erde...
Kaum hörbare Echos urtümlicher Melodien und rhythmischer
Klänge, zeitlos, raumlos, antike Schlachtlieder erschallen erneut
und entzünden den Mut aller Seelen zum Kampf...
Silvia Guerini, Knast Biel, Schweiz, Oktober 2010
Dieser Text entspricht selbstverständlich Sinn und Inhalt unseres
kollektiven Hungerstreiks 10.-30. September 2010 voll und ganz! d.
Üb. m.c.
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Indymedia 12.11.10
Brief von Costa zu seiner Versetzung ::
AutorIn : Costa, Billy, Silvia, Marco Liberi!
Liebe GenossInnen
Seit Do. 21. Oktober bin ich hier im U-Gefängnis von Thun im Kt.
Bern. Die Versetzung vom Gefängnis in Bern war sehr schnell und
ohne Ansage, kaum Zeit um schnell meine Ware zu packen, den
Wärtern zu übergeben und einige Leute im Abteil zu
verabschieden.
Bei meiner Ankunft (bei) kam ich eine gewisse Rigidität beim
Sicherheitspersonal zu spüren, ich dachte es sei ein wenig die
"Eintritts-Gepflogenheil”, auch wegen den sprach bedingten
Kommunikationsproblemen; nachher machten andere Verhaltensweisen klar,
dass sehr wahrscheinlich auch die Gründe meiner hastigen
Versetzung in Betracht zu ziehen sind, Gründe, die mir Niemand
gesagt hat. Bei der Ankunft meiner Ware von Bern begannen die
Überraschungen, ich wurde aufgefordert nur drei Bücher und
drei Briefe aus der Korrespondenz auszusuchen, der Rest ginge alles zu
den Effekten. Da ich Anwaltspost und noch zu beantwortender
Korrespondenz vermischt und einige Bücher noch nicht gelesen
hatte, aber vor allem weil ich die Effektenlager der Gefängnisse
kenne, habe ich mich gewehrt. Es war wie mit den Feuerwehrleuten von
Fahrenheit 415 sprechen, eine echte Papier-Phobie: zu viele
Bücher, zu viele Briefe..., zu viele Zeitschriften, zu viel
Drucksachen; vielleicht zu viel Solidarität (?). Eine der Rosinen,
die ich verstehen konnte mit meinem kein Deutsch und etwas mehr
Französisch, war die Definition von Bibliothek für meine kaum
zwanzig Bücher. Zuletzt schlug ich vor und es wurde akzeptiert,
dem Besuch am nächsten Tag alle beantwortete Post und die schon
gelesenem Bücher und Zeitschriften raus zugeben: was ich ja schon
in Bern mit den Büchern machte.
Am Tag danach beruhigte sich die Lage beim Gespräch mit dem
Sicherheitschef ein wenig, wenigstens war nicht mehr von diesem
absurden Zahlen die Rede.
Mit dem Gefängniswechsel war meine grosse Sorge, dass auch die
Besuchsumstände von Bern sich verändern würden; und
tatsächlich auf meine "internen Anfragen” liess mich die Direktion
wissen, dass die Besuche nur eine Stunde dauern würden und mit
hoher Trennscheibe. Im letzten Moment vor dem Montagsbesuch konnte ich
erfahren, dass die Bundesanwaltschaft wieder die vorherige Bewilligung
wie in Bern bestätigt hat: keine Trennscheibe. Zwei Stunden Besuch
(weil die Angehörigen aus Italien kommen) unter Anwesenheit eines
Polizeifunktionärs als Zuhörer.
Üblicherweise findet man bei einem Gefängniswechsel et welche
bessere und schlechtere Umstände vor; was von der Struktur aber
vor allem von der Hausordnung abhängt, die jede Direktion immer zu
personalisieren neigt.
Muss schon sagen, eine Verbesserung der Lage wie in Bern war keine
Kunst, da es eine Struktur ist, deren Hermetische Abschliessung der
helle Wahnsinn ist. Hier hat es ein grosses 3,5 Meter hohes Fenster,
das elektronisch geöffnet werden kann um von ausser Frische Luft
zu bekommen. Der untere Fensterteil ist hingegen abgeschlossen mit
einer nahen äusseren Sicht-blende zur Verhinderung jeglicher
Aussicht. Mit der Ernährung ist es gut gegangen einfach weil ich
mit dem Küchenverantwortlichen sprechen konnte, der übrigens
sehr zuvorkommend war; in nur zehn Minuten konnte ich gutes veganes
Essen mit wichtiger Verbesserungen gegenüber vorher absprechen,
für dasselbe Ergebnis brauchte ich in Bern 3 Monate und viele
Diskussionen mit nicht immer definitiver und positiven Resultaten.
Sonst ist die Lage schlechter als in Bern, der gemeinsame Hof für
etwa 20 Gefangene ist äusserst klein und mit Gitter und
engmaschigem Maskendraht überdacht und fast ohne Unterstand wem es
regnet.
Ein Wärter empfahl für die restlicher 23 Stunden
völligen Einschlusses: "Leuten nur für die Medikamente”; wie
jedes Gefängnis, so verleugnet auch das hier sich nicht,
Psychopharmaka sind der verbreitetste Aspekt und werden
grosszügigst verteilt. Aber welch eine Verfälschung, sie als
Medikamente zu bezeichnen, wobei Knast voller solcher Lügen oder
Fälschungen der Realität ist: Psychopharmaka gehören zur
Dimension Knast, sie arbeiten langsam aber beharrlich an der
Auflösung des Individuums.
Wie in Bern, so kann auch hier gearbeitet werden, dieselbe entfremdende
Aktivität: Schachteln zusammensetzen, die dann die Swatch-Uhren
des berühmten Schweizer Uhrenmultis beherbergen werden. Der Lohn
ist von Typ "Akkordarbeit”, auf Grund der produzierten Menge, in diesem
Fall entsprechen etliche Stunden Tagesarbeit wenig mehr als dem "Wert”
eines Beutels Kaffee. Effektiv Arbeit die Mehrheit der Genfänger
"nicht wegen dem Geld sondern eher als Zeitvertreib”; ich denke aber
nicht, dass der Swatch-Multi diese Arbeit so gering-schätzt.
Die Knäste stellen für viele Multis eine Art von
südlichen Inseln der, die in der Reichen und Fortgeschrittenen
Welt zerstreut sind. Denn wenn der Süden der Welt für sie
seit jeher ein Territorium zur Plünderung und Ausbeutung ist, so
gitt dasselbe auch für jeden Ort, wo es Ausgeschlossene und
Ausgebeutete hat. Ist es etwa purer Zufall, dass immer mehr jene hinter
Mauern landen, die den unaushattbaren Bedingungen im eigenen Land zu
entrinnen versuchen? Unsichtbare Ausgebeutete in den glitzerndem
Metropolen des Westens so lange möglich, dann hatt eingeschlossen:
wegen einer abgelaufenen Aufenthaltsbewilligung oder Macke eine
Politikers, der gerade an der Macht ist, aber wieder hört die
Ausbeutung nicht auf.
Durch eine Karte der Internationalen Roten Hilfe aus Zürich weiss
ich auch von der Versetzung von Marco in einen eher abgelegenen Kanton.
Noch weiss ich nichts von Silvia und Billy aber klar ist, dass eine
Zerstreuung im Gange ist, als Folge der Streikinitiativen in den
verschiedenen Gefängnissen und den hier in der Schweiz und in
Italien organisierten Soliinitiativen. Die Zensur erlaubt mir nicht,
sehr viele Infos zu erhalten über das, was so überall
ablauft, aber diese Aufregung in der Repression lässt vermuten
dass die Initiativen nicht unbemerkt bleiben.
Abgesehen davon, dass solche Formen der Repressalie nichts aufhalten
können von der starken biovielfättigen verbreiten
Solidarität in viele Kämpfen und ganz sicher wird es alle
jene nichts entmutigen, die noch kommen.
Allen eine feste Umarmung
Gefängnis Thun, 26. Okt. 2010
Costantino Ragusa
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POLICE CH
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NZZ 15.11.10
Grenzwache soll Kompetenzen abgeben
Kanton will Aufgabenabgrenzung
bai. · Der Zürcher Regierungsrat will als erster
Kanton dem Grenzwachtkorps (GWK) Kompetenzen wieder wegnehmen, die man
im Jahr 2008 im Zusammenhang mit dem Schengener Abkommen an die
Grenzwache abgetreten hatte. Wie Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein
in der "Sonntags-Zeitung" bestätigt, soll an die Kantonspolizei
zurückgegeben werden, was sich beim Delegieren von
sicherheitspolizeilichen Kompetenzen an das GWK nicht bewährt hat.
Erfahrungen hätten gezeigt, dass eine genauere Kompetenzabgrenzung
erforderlich sei.
Als grenznaher Kanton sei Zürich an einer optimalen
Zusammenarbeit mit dem GWK interessiert, so Hollenstein. Das GWK solle
aber seine Kernaufgaben erfüllen, statt Pflichten zu
übernehmen, für welche die kantonalen Polizeien
zuständig seien. Insbesondere sollen die Grenzwächter laut
Regierungsratsbeschluss auf kantonalzürcherischem Gebiet keine
Verkehrskontrollen mehr durchführen. In diesem Zusammenhang hat
man laut dem FDP-Kantonsrat Martin Farner schlechte Erfahrungen gemacht.
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Newsnetz 14.11.10
Grenzwächter sollen keine Verkehrskontrollen mehr machen
sda / pbe
Als erster Kanton will Zürich dem Grenzwachtkorps (GWK)
Aufgaben wieder wegnehmen, die 2008 den Grenzwächtern abgetreten
wurden. Insbesondere soll das GWK keine Verkehrskontrollen mehr
durchführen.
Die Erfahrungen in den vergangenen zweieinhalb Jahren hätten
gezeigt, dass eine genauere Kompetenzabgrenzung erforderlich sei, sagte
Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein (CVP) in einem Interview mit der
"SonntagsZeitung". Was sich nicht bewährt habe, solle
zurückgenommen werden. Zoll- und abgaberechtliche Aufgaben des
Bundes müssten von kantonalen Polizeiaufgaben abgegrenzt werden.
Der Regierungsrat lehne es ab, dass der Bund polizeiliche
Befugnisse erhalte, die in die Polizeihoheit der Kantone liegen.
Letztlich solle das Grenzwachtkoprs (GWK) "einfach seine Kernaufgaben
erfüllen statt Aufgaben zu übernehmen, für welche die
kantonalen Polizeien zuständig sind". Als grenznaher Kanton sei
Zürich an einer optimalen Zusammenarbeit mit dem GWK interessiert.
"Das bedingt aber, dass jeder weiss, welche Aufgaben er hat und welche
Kompetenzen ihm zustehen", stellte der CVP-Regierungsrat fest.
Vereinbarung anpassen
Bereits im Juli dieses Jahres hatte der Zürcher
Regierungsrat die Sicherheitsdirektion beauftragt, mit dem
Grenzwachtkorps die 2008 abgeschlossene Vereinbarung neu zu verhandeln.
In den vergangenen zwei Jahren habe sich gezeigt, dass die Regelung
"gewisse Unzulänglichkeiten aufweist und dass ungelöste
Schnittstellen bestehen", heisst es im Regierungsbeschluss.
Insbesondere soll das Grenzwachtkorps keine Verkehrskontrollen
mehr durchführen. Nicht bewährt habe sich auch die
selbstständige Ahndung von Betäubungsmitteldelikten, bei
Vergehen gegen das Waffengesetz und das Bundesgesetz über die
Ausländerinnen und Ausländer sowie die Verhaftung und
Zuführung von ausgeschriebenen Personen.
Widerstand im Kantonsrat
Widerstand gegen die Kontrolltätigkeit des Grenzwachtkorps
regte sich auch im Zürcher Kantonsrat. Mit nächtlichen
Verkehrskontrollen und Kontrollen in Zügen, weitab von den
Landesgrenzen", hätten Grenzwächter in jüngster Zeit
"für Unmut und Erstaunen" gesorgt, stellte ein FDP-Kantonsrat in
einer Anfrage im Kantonsparlament fest.
Abgeschlossen wurde die Zusammenarbeitsvereinbarung mit dem GWK
in Zusammenhang mit dem Schengener Abkommen. Mit der Öffnung der
Grenzen im Personenverkehr wurden Zollkontrollen vermehrt ins
Landesinnere verlegt. Seither agiert das GWK oft im selben Raum wie die
Kantonspolizeien.
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Sonntagszeitung 14.11.10
Schikane durch Grenzwächter
Zürcher wollen das Korps zurückbinden
Zürich Die Zürcher Regierung hat genug vom Verhalten
des Grenzwachtkorps - nun will sie die Vereinbarung mit dem GWK
abändern. Die Abmachung regelt, welche Aufgaben Grenzwächter
im Kanton übernehmen dürfen. Neben rechtlichen Bedenken ist
die Regierung mit der Arbeit des GWK unzufrieden. Unter anderem kam es
zu Schikanen gegenüber der Bevölkerung. Die neue
Präsidentin der Polizeidirektorenkonferenz, Karin Keller-Sutter,
sieht sich bestätigt: Der Entscheid zeige, dass dringender
Klärungsbedarf über die Rolle des GWK bestehe.SeiteN 5 und 23
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Zürich stoppt Grenzwächter
Nach Schikanen will die Regierung die GWK-Verkehrskontrollen
beenden
Von Matthias Halbeis
Zürich/Bern Ein Bäcker erzählt, wie er letzten
Sommer um zwei Uhr nachts auf dem Weg zur Backstube von mehreren
Beamten des eidgenössischen Grenzwachtkorps (GWK) gestoppt wurde:
Er musste zum Alkoholtest, das Fahrzeug wurde kontrolliert, die Beamten
spulten das ganze Programm ab. Das einzige Ergebnis: Der Mann kam in
Unterstammheim ZH eine Stunde zu spät zur Arbeit.
Es sind Vorfälle wie dieser, die den Zürcher
Regierungsrat dazu bewogen haben, als erster Kanton dem GWK Kompetenzen
wieder wegzunehmen, die man zuvor an die Grenzwache abgetreten hat.
Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein (CVP) bestätigt: Was sich
beim Delegieren von sicherheitspolizeilichen Kompetenzen ans GWK nicht
bewährt habe, soll zurückgenommen werden (vgl. Interview
unten). Insbesondere soll das GWK laut Regierungsratsbeschluss auf K
antonsgebiet keine Verkehrskontrollen mehr durchführen.
Das Protokoll der entscheidenden Regierungsratssitzung vom Juli
2010 lässt keine Zweifel aufkommen: Die Zusammenarbeit zwischen
dem GWK und der Kantonspolizei im Grenzraum hat sich für die
Zürcher Regierung nicht wunschgemäss entwickelt: "In den
vergangenen zwei Jahren hat sich gezeigt, dass die Regelung gewisse
Unzulänglichkeiten aufweist und dass ungelöste Schnittstellen
bestehen." Das Kommando der Kantonspolizei habe das GWK auf die
Probleme hingewiesen und gefordert, "Mängel zu beheben".
Überraschend ist, dass sich gemäss Protokoll das GWK selbst
bei der Ausübung von Kernaufgaben nicht bewährt hat: bei der
selbstständigen Ahndung von Betäubungsmitteldelikten, bei
Vergehen gegen das Waffengesetz und das Bundesgesetz über die
Ausländerinnen und Ausländer.
SP-Chopard sieht im Zürcher Entscheid einen
Präzedenzfall
Insbesondere die Verkehrskontrollen des GWK sorgen in der
Grenzregion des Kantons für Diskussionen. FDP-Kantonsrat Martin
Farner bestätigt: "Nächtliche Kontrollen durch das GWK haben
zu mehreren negativen Reaktionen geführt." Der
Gemeindepräsident von Unterstammheim hat im Zusammenhang mit der
Bäcker-Kontrolle reagiert: "Dieses Vorgehen war für mich der
Anlass, im Kantonsrat Fragen zu stellen, wie der Regierungsrat die
Auswirkungen von sicherheitspolizeilichen Tätigkeiten des
Grenzwachtkorps sieht." Für ihn ist klar: "Wenn Kontrollen derart
durchgeführt werden, ist nachvollziehbar, dass die
Bevölkerung solche als Schikane ansieht."
Die eidgenössische Zollverwaltung will weder den Entscheid
des Regierungsrates noch die Kritik zu ihrer Kontrolltätigkeit
kommentieren: Man stehe mit den betroffenen Instanzen des Kantons
Zürich in Kontakt, sagt Sprecher Walter Pavel. Wenn es im Rahmen
eines Vertrags oder einer Vereinbarung offene Punkte gebe, werde man
dies direkt und bilateral mit den betroffenen Partnerorganisationen
besprechen. Für Anpassungen der Vereinbarungen sei man
gesprächsbereit.
Der Entscheid des Grenzkantons Zürich könnte zum
Präzedenzfall werden: So fordert Nationalrat Max Chopard (SP, AG)
einmal mehr eine Auslegeordnung darüber, wer in der Schweiz in der
inneren Sicherheit für welche Bereiche zuständig ist: "Wenn
wir uns eine Vielzahl von Akteuren leisten, sind solche
Kompetenzüberschneidungen vorprogrammiert."
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Das sind die Szenarien für das Grenzwachtkorps
Der Bundesrat diskutiert nächsten Mittwoch über die
Verschiebung des Grenzwachtkorps vom Finanz- ins Justizdepartement.
Auch der Bundesrat streitet um das Grenzwachtkorps (GWK). Am
Mittwoch ist die Departementsreform traktandiert, bei der es um die
Neuzuteilung verschiedener Bundesämter geht. Für das GWK gibt
es drei Szenarien. Entweder es bleibt im Finanzdepartement. Eine zweite
Variante geht davon aus, dass die Grenzwächter genügend
Kapazität haben, um Aufgaben im Migrationsbereich für das
Bundesamt für Polizei von Simonetta Sommaruga zu übernehmen.
Die dritte Variante schlägt die Umteilung ins Justizdepartement
vor. André Eicher, Zentralsekretär der Gewerkschaft
Garanto, setzt sich für den Verbleib im Finanzdepartement ein. Das
GWK sei personell unterdotiert, gerade bei der Bekämpfung der
grenzüberschreitenden Kriminalität. Auch eine Verschiebung
ins Justizdepartement sei nicht zu verantworten, denn dann drohten
teure Doppelspurigkeiten. Derzeit seien die Synergien mit dem zivilen
Zoll gross. Bereits in zwei Wochen sollen definitive Entscheide
fallen. (PW)
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"Jeder soll seinen Job machen"
Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein erklärt, warum die
Zürcher Regierung Kompetenzen zurück will
Wieso hat Zürich entschieden, Kompetenzen vom
Grenzwachtkorps (GWK) zurückzuholen?
Mir liegt an einer guten Zusammenarbeit mit dem GWK. Aber die
Erfahrungen in den letzten zweieinhalb Jahren - so lange ist unsere
Vereinbarung mit dem GWK in Kraft - zeigen, dass eine genauere
Kompetenzabgrenzung erforderlich ist. Was sich nicht bewährt hat,
soll zurückgenommen werden. Und: Zoll- und abgaberechtliche
Aufgaben des Bundes sind klar von kantonalen Polizeiaufgaben
abzugrenzen.
Zürich war schon sehr zurückhaltend damit, Kompetenzen
an den Bund abzutreten. Was führt dazu, dass Sie jetzt
zurückbuchstabieren?
Der Regierungsrat lehnt es ab, dass der Bund polizeiliche
Befugnisse erhält, die in der Polizeihoheit der Kantone liegen.
Letztlich soll das GWK einfach seine Kernaufgabe erfüllen statt
Aufgaben zu übernehmen, für welche die kantonalen Polizeien
zuständig sind. Einfach ausgedrückt: Jeder soll seinen Job
machen, aber mit dem Partner gut zusammenarbeiten.
Problematisch an der bisherigen Situation ist, dass der
Bürger nicht weiss, welche Truppe wo welche Kompetenzen hat. Was
ist Ihre Haltung?
Die Bevölkerung soll sicher sein und sich sicher
fühlen. Und sie soll in der Polizei einen verlässlichen
Partner haben. Wegen des knappen Sollbestands aller Polizeikorps sind
wir gerade im grenznahen Raum an einer optimalen Zusammenarbeit mit dem
Grenzwachtkorps interessiert. Das bedingt aber, dass jeder weiss,
welche Aufgaben er hat und welche Kompetenzen ihm zustehen.
Was erwarten Sie von der neuen Finanzministerin Evelyne
Widmer-Schlumpf, die ja die oberste Chefin des GWK ist?
Ich bin zuversichtlich, dass ihr als Juristin und
langjährige kantonale Regierungsrätin viel an einer klaren
Regelung liegt.
Interview: Matthias Halbeis
---
Sonntagszeitung 14.11.10
"Das würden Sie mir nicht zutrauen! Ich war ein absoluter
Punkrock-Fan"
Die St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter über
ihre wilde Zeit in London, Massnahmen gegen die zunehmende
Kriminalität, ihre gescheiterte Bundesratswahl und zwei
Fehlgeburten
Von Sebastian Ramspeck UND Joël Widmer (Text) und Marc Wetli
(Fotos)
Nicht erst seit ihrer Bundesratskandidatur vor gut sieben Wochen
ist sie eine der bekanntesten Regierungsrätinnen der Schweiz:
Karin Keller-Sutter, die "eiserne Lady aus der Ostschweiz", wie
Journalisten sie immer wieder gerne nennen. Am Freitag wurde
Keller-Sutter zur Präsidentin der Konferenz der kantonalen Justiz-
und Polizeidirektoren (KKJPD) gewählt und hat damit eine
Schlüsselfunktion für die innere Sicherheit der Schweiz inne.
Nüchtern wie Keller-Sutters öffentliche Auftritte ist auch
ihr Büro mit Blick aufs St. Galler Kloster: grauer Teppichboden,
braunes Pult, weisse Orchideen.
Frau Keller-Sutter, Glückwunsch zur Wahl! Sie wirken stets
diszipliniert. Kommt es eigentlich vor, dass Sie mal ein Glas zu viel
trinken und nach Mitternacht ins Bett gehen?
Dass ich erst nach Mitternacht ins Bett komme, das kommt schon
vor. Dass ich zu viel trinke - eher nein. Ich bin eine Anhängerin
der Benediktinerregel. Da geht es darum, dass man für sich selbst
den Tag strukturiert. Das habe ich gelernt.
Sie sagten einmal, dass Sie morgens um fünf Uhr aufstehen.
Müssen Sie in Ihrer neuen Funktion noch mehr arbeiten - und noch
früher aus dem Bett?
Einmal fragte mich ein Journalist, wann ich an dem Tag
aufgestanden sei. Ich sagte: um fünf Uhr. Seither stehe ich
für die ganze Nation um fünf Uhr auf.
Sie sind Langschläferin?
Normalerweise stehe ich zwischen Viertel nach fünf und halb
sechs auf. Daran wird meine neue Funktion nichts ändern. Ich habe
gern Zeit für mich am Morgen, gehe mit dem Hund spazieren.
Sie kandidierten für den Bundesrat, wären vermutlich
nationale Justiz- und Polizeiministerin geworden. Nun sind Sie
Präsidentin der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren. Welches
Amt hat mehr Einfluss auf die innere Sicherheit?
Für die innere Sicherheit sind die Kantone zuständig,
insofern erachte ich deren Einfluss als entscheidend.
Sie sind also mächtiger als Simonetta Sommaruga?
Wir haben unterschiedliche Funktionen. Die Kantone haben viel
Einfluss, was Organisation und Konzeption anbelangt, und sie erlassen
das Polizeirecht. Dagegen ist der Bund für die Gesetzgebung
zuständig - etwa beim Strafrecht. Die Macht ist geteilt.
Ihr Vorgänger Markus Notter war sechs Jahre
KKJPD-Präsident. Angenommen, Sie bleiben auch sechs Jahre: Was
werden Sie bewirken?
Ich habe schon als Vizepräsidentin die Politik
mitgeprägt, zum Beispiel bei der Vereinheitlichung der
Polizeiausbildung. Mir ist vor allem wichtig, dass wir in den kommenden
Jahren konzeptionelle Arbeit leisten und Antworten auf eine
grundsätzliche Frage finden: Wie erbringt man Sicherheit in diesem
Land?
Wo liegt das Problem?
Wir leben in einer 24-Stunden-Gesellschaft, drei von vier
Menschen in einer Stadt. Die Mobilität ist grösser denn je,
die soziale Kontrolle geringer. Seit 30 Jahren nimmt die
Gewaltkriminalität zu. Das ist die eine Seite. Auf der andern wird
immer unklarer, wer in diesem Land Sicherheit erbringt: Es gibt
Kantons- und Stadtpolizeien, das Grenzwachtkorps, die Bahnpolizei, die
Militärpolizei - und immer mehr private Sicherheitsfirmen.
Was ist zu tun?
Die Kantone müssen noch enger zusammenarbeiten. Es gibt das
Projekt des "Sicherheitsverbunds Schweiz", das eine engere Kooperation
vorsieht - zwischen den Kantonen, aber auch zwischen der Kantons- und
Bundesebene.
Der neue Armeebericht schlägt 35 000 Soldaten für die
Unterstützung der Polizei vor. Brauchen Sie so viel Hilfe?
Der Grundauftrag der Armee ist die Landesverteidigung. Aber in
der heutigen Bedrohungslage ist der wahrscheinlichste Ernstfall ein
Einsatz zugunsten der Polizei. Der ehemalige Chef des Führungstabs
der Armee sagte ja selbst: Wenn im Rheintal die Panzer über die
Grenze kommen, haben sie sich verfahren.
Was wäre ein solcher Ernstfall?
Das Hauptproblem ist die Durchhaltefähigkeit. Bei einem
Terroranschlag, aber zum Beispiel auch, wenn das Stromnetz ausfallen
würde, können Aufgaben entstehen, welche die
Polizeikräfte übermässig binden, zum Beispiel mit der
Verkehrsregelung. Nach rund 72 Stunden käme die Polizei dann an
ihre Belastungsgrenzen.
Eigentlich bräuchte die Schweiz mehr Polizisten.
Man könnte die Polizeibestände auf solche Lagen
ausrichten, aber das ist politisch nicht machbar. Darum soll man auf
die Armee zurückgreifen können.
Namhafte Juristen sind der Ansicht, solche Armeeeinsätze,
aber auch die Einsätze des eidgenössischen Grenzwachtkorps,
seien verfassungswidrig, weil sie die Kantonshoheit verletzen.
Es gibt verschiedene Lehrmeinungen. Grundsatzfragen sind wichtig,
aber wir müssen im Alltag handeln können. Im Ereignisfall
kann man nicht mit der Verfassung am Strassenrand wedeln, statt zu
helfen.
Die Kritik am Grenzwachtkorps bezieht sich aber nicht auf
Extremsituationen, sondern auf den alltäglichen Einsatz.
Zwischen Armee und Polizei sind die Rollen mittlerweile klar
verteilt. Unklar ist dagegen, ob das Grenzwachtkorps bei seinen
Einsätzen im Landesinnern dem Kommando der jeweiligen
Kantonspolizei unterstellt ist. Ich kann mir verschiedene Modelle
vorstellen: im Minimum eine Einsatzunterstellung, im Maximum die
Integration des Grenzwachtkorps in die Kantonspolizeien.
Der Kanton Zürich will jetzt die Kompetenzen des Korps
wieder beschneiden.
Früher hiess es immer: Keller-Sutter hat ein Problem mit dem
Grenzwachtkorps. Der Entscheid in Zürich zeigt, dass
tatsächlich Klärungsbedarf besteht, und zwar dringend. Auch
der Ständerat befasst sich jetzt mit dem Thema.
Ihr KKJPD-Vorgänger war der Zürcher Regierungsrat
Markus Notter. Er sagte in einem Interview, Politiker würden unter
Selbstüberschätzung leiden. Es sei nicht entscheidend, ob
Frau X. oder Herr Y. ein Departement führe. Korrekt?
Bis zu einem gewissen Grad schon, ja. Ich würde es aber
nicht so absolut formulieren. Ich bin auch der Meinung, dass eine
Person die Politik prägen kann, wenn sie Sachen anpackt. Man kann
unternehmen oder unterlassen.
Sie selbst fördern mit Ihren vielen Auftritten die
Personalisierung. Schaden Sie der Politik?
Es gibt immer die Frage nach dem Huhn und dem Ei. Mich stört
die Personalisierung, aber sie ist heute wohl ein Preis, den man
bezahlt, um gewisse Projekte anzustossen. Aber bei deren Umsetzung ist
die Personalisierung nicht förderlich. Es kann der Eindruck
entstehen, es gehe nur um Herrn Y. Da ist es wichtig, dass man eine
Distanz zu sich selber hat.
Vor der Bundesratswahl hiess es, Sie würden sich dort
engagieren, wo Sie Aufsehen erregen, und die Alltagsarbeit im
Departement vernachlässigen.
Die Kritik, die Sie ansprechen, wurde von der SP St. Gallen
geschürt. Wenn man sich für eine solche Wahl exponiert,
werden auch die untersten Schubladen geöffnet. Ich führe mein
Departement im sehr engen Austausch mit meinen Amtsleitern. Ich bin
mehr als zehn Jahre im Amt, und eine solche Kritik habe ich von den
eigenen Leuten nie gehört. Dabei arbeite ich immer noch mit den
gleichen Amtsleitern zusammen.
Wir haben bereits über Ihre Selbstdisziplin gesprochen. Sie
sind in einem Wirtshaus aufgewachsen - hat die Völlerei sie
abgeschreckt?
Ja, teilweise schon. Vor allem die alkoholisierten Menschen, die
aus der Rolle fallen.
Das hat Sie also geprägt.
Was mich mehr geprägt hat, ist der Kontakt zu den Leuten.
Meine Eltern hatten ein Restaurant, in dem alle, vom Fabrikdirektor bis
zum Arbeiter, verkehrten. Ich lernte, alle gleich zu behandeln.
Welche Menschen haben Sie am meisten geprägt?
Ich wuchs mit drei älteren Brüdern auf und musste mich
behaupten. Die Auseinandersetzung mit meinem Vater hat mich sicher auch
sehr geprägt. Er war ein konservativ denkender Mensch. Er sah die
biologische Rolle der Frau, gestand ihr deshalb nur einen
beschränkten Wirkungskreis zu. Zum andern war ihm aber auch
wichtig, dass ich etwas lerne, um nicht von einem Mann abhängig zu
sein. Meine Mutter war ja auch eine Geschäftsfrau.
Lebt Ihr Vater noch?
Nein, mein Vater ist bereits 1989 gestorben. Nicht einmal meine
Wahl in den Wiler Gemeinderat hat er miterlebt.
Ihre steile Karriere konnte er nicht verfolgen.
Ich konnte ihm nicht zeigen, dass Frauen auch übers
Bügeln hinaus andere Berufungen haben können.
Eine ehemalige Schulkollegin sagte uns, Sie seien die
Klassenhübscheste gewesen, von den Männern umschwärmt.
Ehrlich? (Schmunzelt.) Das finde ich nett. (Lacht.) Das weiss ich
nicht mehr!
Das vergisst man doch nicht!
Hat sie das gesagt?
Ja. Und Sie seien aufmüpfig gewesen gegenüber den
Lehrerinnen.
Ja, ich wurde für mein Betragen gerügt, weil ich oft
Sachen infrage stellte.
Damals haben Sie auch den Joint geraucht, den Sie einmal
erwähnten?
Das war später, während des Studiums. Ich war ja eine
starke Zigarettenraucherin.
Sie hatten eine wilde Phase?
Ja - das würden Sie mir nicht zutrauen! Ich war sogar an
Punkrock-Konzerten.
Punkrock?
Ich war ein absoluter Punkrock-Fan. Ich lebte Anfang der 1980er-
Jahre ein Jahr in London und war mehrmals an Konzerten von The Clash.
Auch an Konzerten anderer Band - Lords of The New Church zum Beispiel.
Sie haben sich auch entsprechend gekleidet?
Ja! (Lacht.)
Nämlich?
Schwarze Kleidung, schwarze Fingernägel. Strümpfe mit
Löchern waren damals auch in Mode. Ich höre übrigens
immer noch gerne Rock, auch The Clash.
In St. Gallen gibt es alternative Lokale, wo Bands wie The Clash
heute spielen würden - das sind nicht Orte, an denen Sie
Sympathien geniessen.
Das weiss ich nicht, aber das sind sicher eher Lokale, in denen
sich die linke Szene bewegt. Ich war schon damals, in London, sehr
politisch, aber nicht links, eher liberal. Für mich ging es um die
Musik. Früher, an der Kanti, hatte ich durchaus linke Ideen. Ich
hatte Kollegen, die sich an den Zürcher Jugendunruhen beteiligten,
und durchaus Verständnis dafür, dass Jugendliche
Freiräume forderten. Meine Eltern hatten daran überhaupt
keine Freude.
Heute hätten Sie auch keine Freude an solchen Aktivisten?
Ich bin auch heute noch der Meinung, dass Jugendliche
Freiräume haben sollen. Und solange Proteste friedlich sind, habe
ich kein Problem damit.
Sie sagten, Sie seien früh liberal geworden. Wie?
Bei uns zu Hause wurde viel politisiert, mein Vater stand der CVP
nahe, er war sehr katholisch und konservativ, hatte aber als Gewerbler
auch liberale Ansichten. Das war der erste Teil meiner Prägung. In
der Schulzeit las ich dann viel über die Aufklärung, die
Französische Revolution. Die Idee, dass Religion Privatsache und
der Bürger mündig sei, dass der Staat mit seinem
Gewaltmonopol die Freiheit garantieren soll, das hat mich schon als
Schülerin fasziniert. In Montreal in Kanada habe ich dann
Politikwissenschaften studiert, und als ich zurückkam, war klar,
dass ich einer Partei beitreten will.
Sind Sie gläubig?
Hm. (Denkt nach.) C. G. Jung sagte einmal: "Ich glaube nicht, ich
weiss." Dieser Satz ist mir geblieben - ich würde allerdings nicht
so weit gehen.
Sie haben unsere Frage nicht beantwortet.
Das ist keine einfache Frage. Es ist einfach zu sagen: Ich bin
nicht gläubig.
Aber eine Politikerin darf nicht sagen, dass sie ungläubig
ist?
Nein. Da kennen Sie mich schlecht. Ich wurde katholisch
geprägt und würde das nie verleugnen. Ich bin eine
Anhängerin von Hans Küng und seinem theologischen
Verständnis. Was man mir als junge Katholikin beigebracht hat -
Gut und Böse, Himmel und Hölle, der katholische Glaube ist
der einzig richtige: Davon bin ich keine Anhängerin. Mir ist, wie
bereits erwähnt, die Benediktinerregel sehr wichtig, davon habe
ich viel gelernt: Distanz zu mir selbst. Demut und Gelassenheit. Das
ist auch Glaube.
Religion ist auch in der Politik ein grosses Thema. Sind Sie
für ein Kopftuchverbot an Schulen?
Ich bin für eine pragmatische Haltung: Die Schulgemeinde
soll das selbst entscheiden können. Ich war an einer
Klosterschule, da gab es eine Hausordnung; wir mussten die Arme
bedecken. Mit solchen Vorschriften habe ich kein Problem.
Der St. Galler Erziehungsrat unter Leitung Ihres
Regierungsratskollegen Stefan Kölliker von der SVP empfiehlt ein
Kopftuchverbot.
Wie gesagt: Meiner Meinung nach soll die Schulgemeinde das selbst
entscheiden. In meiner Heimatgemeinde Wil sagt die Schulgemeinde
beispielsweise: Kopftuchtragen alleine ist keine religiöse Pflicht
- eine Muslimin, die eines tragen will, muss alle religiösen
Pflichten wahrnehmen, auch beten und so weiter.
Wenn Sie entscheiden müssten - Kopftuchverbot, ja oder nein?
Mich stört die Vorstellung, dass die Frau im
öffentlichen Raum ihren Kopf bedecken soll. Aber klar: Auch in
unserer Kultur gibt es das Kopftuch, wer zum Papst geht, trägt
auch eines. Letztlich geht es in der Schule um eine Abwägung
zwischen Religionsfreiheit auf der einen, Chancengleichheit,
Integration auf der anderen Seite. Letzteres erachte ich als wichtiger.
Ein anderes Thema, das Ihren Kanton umtreibt, ist der FC St.
Gallen. Der Club sollte zunächst vom Staat gerettet werden. Haben
Sie diese Lösung auch persönlich befürwortet?
Wir haben uns den Entscheid in der Regierung nicht einfach
gemacht. Ich ritze nicht am Kollegialitätsprinzip. Die Frage war:
Was passiert mit der Stadionruine, wenn wir nichts machen? Eine Ruine
wäre keine Lösung gewesen.
Aus liberaler Sicht schon.
Sie müssen dem Stadtparlament dankbar sein, dass es kein
Geld sprechen wollte und am Ende eine private Lösung gefunden
wurde.
Im Nachhinein kann man das so sehen. Sicher ist, dass jetzt alle
die private Lösung bevorzugen. Bei der UBS war es das gleiche
Problem: Hätte der Bundesrat sagen sollen, wir machen Feierabend,
das interessiert uns nicht?
Aus liberaler Sicht: Ja, hätte er sagen müssen.
Dann hätten unzählige Kleinsparer und KMUs ihr Geld
verloren. Die Verluste hätte die Gesellschaft tragen müssen.
Der Fall FC St. Gallen zeigt doch, dass der Staat manchmal auch
dann hilft, wenn es gar nicht nötig gewesen wäre.
Als Regierung tragen Sie die Verantwortung. Sie können nicht
einfach jedes Risiko eingehen.
Sie selbst sind mit der Bundesratswahl ein grosses Risiko
eingegangen. Nach Ihrer Niederlage sagten Sie, der Tag sei Ihr
Hochzeitstag und für Sie daher trotzdem ein Freudentag.
Tatsächlich waren Sie traurig!
Nein, das ist nicht wahr. Ich bin sehr gut auf diese Niederlage
vorbereitet gewesen, es ist keine Welt zusammengebrochen. Ich bin jetzt
KKJPD-Präsidentin, das ist auch eine spannende Aufgabe.
Sie werden als St. Galler Ständeratskandidatin für die
Wahlen 2011 gehandelt, als Ersatz für Ihre Parteikollegin Erika
Forster. Könnten Sie dann Regierungsrätin bleiben?
Nein, ein Doppelmandat käme für mich nicht infrage. Ob
ich für die Ständeratswahl antrete, ist offen. Erika Forster
ist jetzt Ständeratspräsidentin und hat keine Eile, ihr
Mandat abzugeben. Meine Partei hat auch keine Eile. Und ich habe auch
keine.
Warum sind Sie eigentlich nicht Bundesrätin geworden? Weil
viele denken wie SVP-Nationalrat J. Alexander Baumann: "Ich halte Frau
Keller für zu karrierebewusst"?
Interessant, wenn ein Mann, der Unternehmer ist und
Militärkarriere gemacht hat und mich überdies gar nicht
persönlich kennt, so etwas sagt.
Weil die anderen Parteien der FDP keine Strahlefrau gönnen
wollten?
Es gibt Parlamentarier, die mir das so gesagt haben: Man wollte
keine junge FDP-Frau im Bundesrat. Es war ein demokratischer Entscheid.
Punkt. Es bringt mich keinen Millimeter weiter, wenn ich meine
Nichtwahl analysiere.
Haben Sie Fehler gemacht?
Nein, das glaube ich nicht. Ich habe ein gutes Resultat
erzählt, es war knapp, am Ende ging es um eine Stimme, deretwegen
ich nicht in den letzten Wahlgang kam. Bundesbern ist eine geschlossene
Gesellschaft. Der persönliche Kontakt zu den Bundesparlamentariern
hat gefehlt.
Es gibt FDPler, die sagen, Ihnen gehe eine Politikerqualität
völlig ab: gesellig sein, mit dem Fussvolk Bier trinken, schunkeln.
Privat bin ich gesellig - aber an einem Parteianlass bin ich in
einer Rolle: Ich bin als Regierungsrätin dort. Mein Ziel ist
nicht, dass sich die Leute daran erinnern, mit mir bis um zwei Uhr
morgens geschunkelt zu haben.
Es gab FDP-Bundesräte, die vor allem für ihre
Geselligkeit bekannt waren.
Gut, okay. Aber es gehört nicht zu meinem Pflichtenheft, mit
jedem "frère cochon" (enger Freund) zu sein.
Sie wollen Grenzen setzen?
Ich mache nicht jeden Sauglattismus mit, ich bin kein Pausenclown.
Einige Monate vor der Bundesratswahl sagten Sie einer
Journalistin, Sie hätten zwei Fehlgeburten erlitten und sich
deshalb ganz auf die Karriere konzentriert ...
Eine Westschweizer Journalistin machte ein Fernsehinterview mit
mir und stellte Fragen nach Karriere, Familie, verglich mich mit
"Madame Metzler" und "Madame Leuthard", die hätten ja auch keine
Kinder: "C'était un choix!" ("Das war eine Wahl!") Ich
zögerte. Was sollte ich darauf antworten? Schliesslich sagte ich:
Nein, es war keine Wahl, ich hatte zwei Fehlgeburten. Ohne die
wäre mein Leben anders verlaufen. Mein Kind wäre jetzt 18.
Die Journalistin wirkte verstört.
Es war einer dieser Momente, in denen ich spürte, dass es
sehr starke vorgefasste Ansichten gibt. Eine Karrierefrau! Ich habe
manchmal auch solche vorgefassten Meinungen. Und dann denke ich: Nein -
gaats no! Man meint zu wissen, wen man vor sich hat. Davor muss man
sich hüten. Dann erlebt man immer wieder Überraschungen.
--
Strahlefrau, Hardlinerin, Bundesratskandidatin
Karin Keller-Sutter, 46, wuchs in Wil SG auf, wo sie mit ihrem
Mann lebt. Keller-Sutter absolvierte eine Ausbildung als Dolmetscherin
in Zürich, studierte Politikwissenschaft in London und Montreal
sowie Pädagogik in Freiburg. Sie machte eine steile politische
Karriere in der FDP St. Gallen und ist seit 2000 kantonale Justiz- und
Polizeidirektorin. Keller-Sutter hat sich über die Kantonsgrenzen
hinaus als Sicherheitspolitikerin profiliert - unter anderem gegen die
Gewalt im Sport. Bei der Bundesratswahl am 22. September unterlag sie
ihrem Parteikollegen Johann Schneider-Ammann.
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SICHERHEITSFIRMEN
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St. Galler Tagblatt 13.11.10
Regeln für Sicherheitsfirmen
Die Kantone wollen das Zulassungsverfahren für private
Sicherheitsfirmen schweizweit einheitlich regeln. In der Westschweiz
gibt es Widerstand.
Lausanne. An ihrer Herbstkonferenz verabschiedeten die Kantonalen
Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) gestern Freitag ein weiteres
Konkordat. Einheitliche Regeln in einem einzigen Konkordat seien nicht
möglich gewesen, sagte der Zürcher Justizdirektor Markus
Notter. Die Westschweizer Kantone halten nämlich an ihrem
bestehenden Konkordat fest. In der Westschweiz besteht bereits seit
1996 ein Konkordat für die Zulassung von privaten
Sicherheitsfirmen.
"Grosser Fortschritt"
Die Regelungen hätten sich bewährt - insbesondere wegen
des geringen Verwaltungsaufwandes, sagte der Waadtländer
Justizdirektor Philippe Leuba. In der Westschweiz sind private
Sicherheitsfirmen bewilligungspflichtig. Das Konkordat der übrigen
Kantone strebt darüber hinaus eine Bewilligungspflicht für
die einzelnen Angestellten an. Die Kantone müssen nun in den
kommenden zwei Jahren dem einen oder dem anderen Konkordat beitreten.
"Aus Sicht des Bundes sind diese Konkordate ein grosser,
begrüssenswerter Fortschritt", sagte Marc Schinzel,
wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesamt für Justiz. Da
mehrere Deutschschweizer Kantone bisher gar keine Regelungen für
private Sicherheitsfirmen kennen, können Sicherheitsfirmen sich in
einem Kanton niederlassen und die in einem anderen Kanton geltenden
strengeren Regeln unterlaufen. Nicht in den Geltungsbereich des
Konkordats fällt die Tätigkeit von in der Schweiz
ansässigen privaten Sicherheitsfirmen, die in ausländischen
Konflikt- und Krisengebieten tätig sind. Die Zulassung solcher
Firmen will der Bund einheitlich regeln. Bis Ende Jahr muss das
Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement dem Bundesrat dazu
einen Bericht vorlegen.
Der Bundesrat stellte in diesem Bereich Handlungsbedarf fest,
nachdem mit der Aegis Group - mit 20 000 Mitarbeitern eine der weltweit
grössten Söldnerfirmen - ihren Holdingsitz nach Basel verlegt
hatte.
Spitzel eingeschleust
Im Inland warf in der Vergangenheit ein Fall der Securitas
Wellen. In der Westschweiz geriet das Unternehmen vor zwei Jahren ins
Zwielicht, nachdem bekanntgeworden war, dass es im Auftrag des
Nahrungsmittelkonzerns Nestlé bei der globalisierungskritischen
Organisation Attac Spitzel eingeschleust hatte. Wegen Verjährung
der strafrechtlich relevanten Vorwürfe kam es in dem Fall nicht
zum Prozess.
Präsidium neu besetzt
Die KKJPD hat an ihrer Konferenz das Präsidium neu besetzt.
Neue Präsidentin ist die St. Galler Regierungsrätin Karin
Keller-Sutter. Sie folgt auf den Zürcher Regierungsrat Markus
Notter.
Die KKJPD beschloss zudem einen Ausbau des
Entführungsalarmsystems. Ab Februar werden die Alarmmeldungen im
Falle von Entführungen auch per SMS auf Handys von freiwillig
registrierten Benutzern übermittelt.
Weiter sollen die Kantone über den Sicherheitsverbund
Schweiz die Sicherheitspolitik künftig als "gleichberechtigte
Partner" mitgestalten, wie es in der Mitteilung der KKJPD heisst.
Überdies will die KKJPD die Empfehlungen für
Einstufungen von Kinofilmen nach Alter vereinheitlichen. Die
zuständige Kommission "Jugendschutz im Film" soll sich auf die
Empfehlungen der deutschen Filmwirtschaft stützen.
Die in der KKJPD versammelten Regierungsräte sprachen sich
in einer Konsultativabstimmung mit 31 zu 6 Stimmen zudem gegen die
Ausschaffungs-Initiative und für den Gegenvorschlag von Bundesrat
und Parlament aus. (sda)
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BIG BROTHER
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WoZ 18.11.10
Deutschland
Drohnen gegen DemonstrantInnen
Wenn man einen "fliegenden Spion" besitzt, muss man ihn auch
einsetzen, hat sich Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann
(CDU) wohl gedacht. Ende letzter Woche wurde bekannt, dass die
niedersächsische Polizei bei den Protesten gegen den
Castor-Transport zwischen dem 5. und 9. November vier Mal eine
Überwachungsdrohne eingesetzt hat - und so die
Persönlichkeitsrechte der Anti-Atom-DemonstrantInnen verletzte.
Laut der Polizei in Lüneburg sei einer der Einsätze ein
"reiner Testflug" gewesen, über die Details der weiteren
Flüge ist bis anhin noch nichts bekannt.
Laut dem Internetportal MVregio hat die Drohne jedoch Bilder
geliefert, die "bei der nachträglichen Aufklärung von
Straftaten eine Rolle spielen könnten". MVregio beruft sich dabei
auf polizeiinterne Informationen. Der niedersächsische
Datenschutzbeauftragte Jo a chim Wahlbrink erklärte die Fotos und
Videoaufnahmen der Drohne für unzulässig. Polizei oder
Innenministerium hätten Informationen über Sinn und Zweck des
Drohneneinsatzes zur Prüfung vorlegen müssen.
Auch die Bürgerinitiative Umweltschutz
Lüchow-Dannenberg bezeichnet den Drohneneinsatz als "rechtlich
äusserst problematisch". Gemäss ihrem Sprecher Wolfgang Ehmke
kommt im Umfeld der Castor-Demonstrationen "nach dem angeblichen
Übungsflug eines Tornado-Aufklärers am 8. November und dem
offensichtlich rechtswidrigen Eingreifen eines französischen
CRS-Gendarmen nun noch mehr parlamentarische Aufklärungsarbeit
hinzu".
Bei den Protesten war es vonseiten der Polizeieinheiten zudem zum
massiven Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken gekommen, wie
der Anwalt Peer Stolle in einem Interview mit der Tageszeitung "taz"
sagte. Stolle hat die Castor-Proteste als "anwaltlicher Beobachter"
begleitet. "Der Einsatz erfolgte ohne Ankündigung oder
Vorwarnung." Einige Polizisten benutzten sogenannte Totschläger
und hätten gezielt auf die Köpfe der DemonstrantInnen
eingeschlagen. "Es gab mehrere Fälle von
Gehirnerschütterungen und Knochenbrüchen, über 900
Personen erlitten Augenreizungen durch Pfefferspray." sw
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Bund 18.11.10
Polizei registriert Verdächtige als "Täter"
Der Datenschützer taxiert die Datenbank der Schwyzer
Kantonspolizei als nicht gesetzeskonform.
Maurice Thiriet
Der Schwyzer Unternehmer A. B.* ist 1996 wegen eines
Betrugsdeliktes mit der Schwyzer Polizei in Kontakt gekommen.
Vergangenen Sommer verlangte er Einsicht in seine Akte im System ABI,
dem Automatisierten Büro- und Informationssystem der Schwyzer
Kantonspolizei, und sah, dass er dort im Zusammenhang mit dem 14 Jahre
alten Betrugsverdacht als "Täter" bezeichnet ist. Auf Reklamation
von B. verlangte die Kapo Schwyz von B., ein entsprechendes Urteil oder
eine Einstellungsverfügung zuzuschicken, damit der Eintrag
ergänzt werden könne.
Darauf reagierte B. nicht. Stattdessen schaltete er den
Datenschutzbeauftragten des Kantons Schwyz ein, Jules Busslinger. Auf
dessen Intervention ergänzte die Schwyzer Kantonspolizei den
Datenbankeintrag in "‹Tatverdächtiger›, gemäss Empfehlung des
Öffentlichkeits- und Datenschutzbeauftragten", wie aus einem
Schreiben von Busslinger an B. hervorgeht.
Hans Blum, Chef Betrieb und Recht bei der Kapo Schwyz, der wegen
des "Täter"-Eintrags bereits zweimal von B. verzeigt worden ist,
räumt den Fehler ein. "Die ABI-Einträge werden von einem 14
Jahre alten Rapportsystem übernommen, das Sachverhalte und
Personen nicht einheitlich klassifiziert. In Einzelfällen kann es
deshalb zutreffen, dass Verdächtige oder Angeschuldigte als
‹Täter› eingetragen sind, auch wenn sie freigesprochen wurden oder
das Verfahren eingestellt wurde", sagt Blum. Das Problem löse sich
Anfang 2011, wenn nach neuer Strafprozessordnung nur noch von
"Beschuldigten" die Rede sei.
Für Datenschützer Busslinger ist das Problem so
längst nicht einfach gelöst. Im Gegenteil. Einerseits bleiben
die Einträge von vor 2011 unverändert stehen. "Andererseits
dürfte im ABI bis 2011 die Unschuldsvermutung generell missachtet
worden sein, denn der Begriff ‹Täter› erscheint als
Spaltenüberschrift und liegt somit in jedem einzelnen Eintrag
vor", sagt Busslinger. Und solche Einträge seien nicht
rechtmässig. "Zum Zeitpunkt des Ersteintrags im System hat auch
die Polizei von der Unschuldsvermutung auszugehen", sagt Busslinger. Er
hat von der Kapo Schwyz verlangt, dass diese Einträge
geändert werden. Und: "Ich werde nächstes Jahr kontrollieren,
ob das gemacht wurde", sagt Busslinger. Neben der falschen Bezeichnung
von Angeschuldigten als Tätern stösst sich Busslinger auch
daran, dass einmal gemachte Einträge nicht automatisch
aktualisiert werden. Auch wenn ein Angeschuldigter freigesprochen oder
ein Verfahren gegen ihn eingestellt wird, figuriert er, wenn nicht
gleich als "Täter", so weiterhin wenigstens als
Tatverdächtiger im ABI. Das kann den Betroffenen nicht nur im
Kanton Schwyz Scherereien bringen. Laut dem Schwyzer Datenbankregister
gehören nicht nur das Schwyzer, sondern auch "andere
Polizeikorps", die nicht näher definiert sind, zu
"regelmässigen Empfängern" der ABI-Daten, in denen rund 60
000 Personen verzeichnet sind. Das kann für Verzeichnete, die etwa
grundlos wegen häuslicher Gewalt angezeigt worden sind,
weitreichende Konsequenzen haben. Sind sie einmal als Gewalttäter
im ABI verzeichnet, wird sich die Polizei bei einer allfälligen
neuerlichen Begegnung von Vorgehen und Ausrüstung her auf einen
Gewalttäter einstellen.
Datenschutzgesetz verletzt
Busslinger ortet hier eine systematische Verletzung des Schwyzer
Datenschutzgesetzes. "Die Strafprozessordnung sieht nicht vor, dass die
Gerichte den Ausgang der Strafverfahren an die Polizei
zurückmelden müssen", sagt Busslinger. Zwar ändert die
Kapo Schwyz die ABI-Einträge mittlerweile auf Begehren von
Verzeichneten und gegen Nachweis der Freispruchsurkunden oder
Einstellungsverfügungen, wie Blum sagt. Doch das genügt laut
Busslinger nicht. "Einzig die automatische Meldung der
Verfahrensausgänge seitens der Gerichte an die Kapo würde aus
ABI eine dem Datenschutzgesetz entsprechende Datenbank machen. ABI
dient der Fahndung und Ermittlung von Personen. Nach dem geltenden
Datenschutzgesetz müssen die Daten deshalb lückenlos
aktualisiert werden", sagt Busslinger.
* Name der Redaktion bekannt
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BIG BROTHER SPORT
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NZZ 17.11.10
Durcheinander bei Sicherheitskosten
Schweizer Fussballklubs werden für Polizeieinsätze
gegen Hooligans unterschiedlich stark zur Kasse gebeten
Die finanziellen Abgeltungen für Polizeieinsätze gegen
Hooligans entwickeln sich zu einem föderalistischen Durcheinander.
Die unterschiedlichen Ansätze für die Fussballklubs
führten zu einer Wettbewerbsverzerrung, kritisiert der FC St.
Gallen.
Jörg Krummenacher, St. Gallen
Rainer Sigrist und Bill Mistura, der abtretende
Verwaltungsratspräsident und der CEO der Betriebs-AG des St.
Galler Stadions, haben im Stadtparlament keine Freunde mehr. Erst vor
kurzem hatte dieses einen städtischen Beitrag an die inzwischen
mit privaten Geldern geretteten Stadiongesellschaften verworfen, nicht
zuletzt aus Unmut über das Verhalten von Sigrist und Mistura. Am
Vorabend eines Parlamentsentscheids über die Abgeltung der
Sicherheitskosten liessen die beiden den Fraktionen nun einen Brief
zukommen, in dem sie unverhohlen rechtliche Schritte in Aussicht
stellen, sollte das Parlament nicht in ihrem Sinn entscheiden.
Abzug eines Sockelbeitrags
Am Dienstagabend liess das St. Galler Stadtparlament die Herren
Sigrist und Mistura wiederum abblitzen: Deren Schreiben grenze an
Nötigung. Inhaltlich entschied das Stadtparlament einstimmig, der
Betriebs-AG ab nächstem Jahr 60 Prozent der Sicherheitskosten zu
verrechnen, abzüglich eines Sockels von 200 Einsatzstunden pro
Spiel für die "polizeiliche Grundversorgung". Das dürfte der
Stadionbetreiberin, der letzte Saison - ohne Sockel - 1,06 Millionen
Franken verrechnet wurden, immerhin eine Ersparnis von gegen 400 000
Franken pro Jahr bringen.
Betriebs-AG und FC St. Gallen hatten gewünscht, dass die
Regelung nicht, wie nun geschehen, in einen Reglementstext gegossen,
sondern vertraglich fixiert wird, zudem hätten sie eine Abgabe pro
Matchbesucher oder eine Pauschalgebühr bevorzugt. Die neue
Regelung, schreiben Sigrist und Mistura, sei "massiv
wettbewerbsverzerrend".
Tatsächlich spiegelt die Auseinandersetzung den Wirrwarr um
die Kostenübernahme von Polizeieinsätzen gegen Hooligans. So
unbedarft das Schreiben ans St. Galler Stadtparlament war, so
zutreffend ist die Kritik der Wettbewerbsverzerrung. Während
andere der zehn Super-League-Vereine noch nicht oder kaum an den
Sicherheitskosten beteiligt werden, zahlt der FC St. Gallen,
umgerechnet pro Besucher, den vorderhand höchsten Betrag. Roger
Schneeberger, Generalsekretär der Konferenz der kantonalen Justiz-
und Polizeidirektoren, bestätigt das Ungleichgewicht: "Wir
möchten eine Vereinheitlichung, dies mit Bezug auf die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klubs und ihr Mittun bei
den Massnahmen gegen Hooliganismus."
Varianten und Beschwerden
Dies zu erreichen, dürfte schwierig werden, sind die
Vereinbarungen doch individuell zwischen den Vereinen und den Kantons-
oder Stadtbehörden abzuschliessen. Gültige, wenn auch stark
voneinander abweichende Vereinbarungen kennen derzeit, neben dem FC St.
Gallen, nur vier Vereine: Der FC Basel zahlt der öffentlichen Hand
1 Franken 80 pro Besucher für die Sicherheit, der FC Thun
lediglich 15 Rappen, während den Berner Young Boys ein
jährlicher Pauschalbetrag von 60 000 Franken verrechnet wird. In
Luzern, wo der Fussballklub bis anhin 1 Franken 50 pro Zuschauer zahlt,
laufen Verhandlungen mit dem Kanton für eine neue Lösung,
während in Bellinzona und Sion seitens der Behörden noch
keine Vorschläge auf dem Tisch liegen. In Zürich, wo ein
Bonus-Malus-System angewendet werden soll, sind die beiden Klubs mit
der Stadt juristisch im Clinch, und auch Xamax Neuenburg ficht die
Rechnungen des Kantons an. Roger Schneeberger bleibt trotzdem
zuversichtlich: "Wir sind auf Kurs, die Lösungen brauchen jedoch
mehr Zeit als geplant."
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EX-SQUAT ZH
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Tagesanzeiger 15.11.10
Verlosung im Atlantis
Run auf Studentenzimmer für 400 Franken
Die Nachfrage übersteigt das Angebot massiv. 60 Leute
wollten die ersten 18 günstigen Zimmer im Luxushotel mieten.
Von Patrik Berger
Zürich - Unternehmer Werner Hofmann fackelt nicht lange. Am
Dienstag waren noch die Besetzer im Haus, am Samstag liess der Mann aus
Buchs bereits die erste Verlosung der neuen Studentenzimmer
durchführen. 18 Buden standen zur Verfügung, 60 Interessenten
waren vor Ort. Das Los musste entscheiden.
Die Aufregung war gross in der edlen Empfangshalle des ehemaligen
Hotels Atlantis. Die Wohnungssuchenden fanden schon früh am Morgen
den Weg hoch zum stattlichen Gebäude. Angelockt wurden sie alle
von der Aussicht auf eine günstige Studentenbude im ehemaligen
Luxushotel. 400 Franken inklusiveNebenkosten müssen die
Studierenden für ihr Zimmer im Monat bezahlen - für
Zürcher Verhältnisse ein Schnäppchen.
Hofmann ist "stolz"
Am Empfang wurden die Studenten begrüsst, hier konnten sie
Fragen stellen und sich für die Verlosung der Zimmer einschreiben.
Dann wurde eine Kugel nach der anderen gezogen - exakt 18‑mal. Mehr
Zimmer stehen erst im Dezember zur Verfügung, die
Renovationsarbeiten laufen noch. Jedes Zimmer wird laut einem Bericht
von TeleZüri für 1500 Franken erneuert. Es bekommt einen
neuen Teppich und einen frischen Anstrich verpasst.
Werner Hofmann, die treibende Kraft hinter dem Projekt, strahlte,
als er ins Mikrofon von TeleZüri sprach: "Ich bin stolz, endlich
ist meine Vision von günstigen Zimmern für Studenten und
Lehrlinge Wirklichkeit geworden. Drei Jahre hat das alles gebraucht."
Hofmanns Vertrag mit den Atlantis-Besitzern läuft bis Ende 2011.
Er spekuliert aber auf eine Verlängerung um drei Jahre, sodass
sich die Sache nicht nur für die Studenten, sondern auch für
ihn auszahlt.
Als auch die 18. und letzte Kugel gezogen war, löste sich
das Grüppchen in der Lobby auf. Wer ein Zimmer zugelost erhielt,
der nahm einen ersten Augenschein. All die anderen trotteten
enttäuscht von dannen. Sie werden gewiss wiederkommen, wenn die
nächsten Zimmer versteigert werden.
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Limmattaler Tagblatt 15.11.10
Nach Besetzung Studenten in Atlantis eingezogen
Am Dienstag waren noch Besetzer im ehemaligen Luxushotel
Atlantis, am Samstag fand nun die erste Verlosung der neuen
Studentenzimmer statt. Insgesamt 18 Zimmer standen zur Verfügung,
60 Interessentinnen und Interessenten waren vor Ort erschienen. Das Los
musste entscheiden. Mehr Zimmer stehen laut "tagesanzeiger.ch" erst im
Dezember zur Verfügung. Atlantis-Mieter Werner Hofmann zeigte sich
zufrieden: "Ich bin stolz. Endlich ist meine Vision von günstigen
Zimmern für Studenten und Lehrlinge Wirklichkeit geworden." (ant)
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20 Minuten 15.11.10
Viele Studenten wollen ins Hotel Atlantis einziehen
ZÜRICH. Bereits gegen 200 Studenten haben sich für
eines der 150 Zimmer im Atlantis angemeldet. Die meisten schwärmen
von der fantastischen Aussicht.
In Scharen pilgerten am Samstag Studenten und Lehrlinge zum
früheren Luxushotel Atlantis. Ihr Ziel: eines der renovierten
Studentenzimmer zu ergattern. Darunter Mathematik-Studentin Lena
Schütte (21) und Biologie-Studentin Anne Kern (20). "Wir sind
durch die Besetzung darauf aufmerksam geworden", sagen sie und zeigen
sich nach einem Rundgang begeistert: "Das
Preis-Leistungs-Verhältnis ist wirklich gut." 400 Franken
monatlich kostet eine so genannte Students-Box inklusive neuem
Kühlschrank, Teppich und Anstrich. Wirtschafts-Student Marco Koch
(25) hat sich ebenfalls angemeldet: "Ich wollte eigentlich mit Kollegen
eine WG gründen, aber in Zürich eine Wohnung zu finden, ist
praktisch unmöglich, jetzt versuch ichs allein." Koch hofft - wie
die meisten anderen - auf eine Students-Box mit Aussicht über die
Stadt. Davon schwärmt auch Wirtschafts-Student Joshua Giuliano
(20): "Das Panorama macht alles wett - sogar die fehlende
Kochgelegenheit." Letzteres bereitet Corinne Bruderer (48) jedoch
Sorgen: "Ich bin hier, weil mein Sohn hier einziehen möchte -
alles ist super, doch wo soll er sich was kochen können?"
Laut Projektleiterin Ivana Egloff erhält jede Students-Box
eine Mikrowelle. "Schon heute ziehen die ersten 18 Studenten ein", sagt
Egloff. Bis gestern seien gegen 200 Bewerbungen für die rund 150
Zimmer eingegangen. "Und man kann sich weiter bewerben."
Roman Hodel
info@tescon-tsc.ch
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NZZ am Sonntag 14.11.10
Zürich möchte so gern wieder wild sein
Mehr Mut! Mehr Räume! Das fordern junge Kreative von der
Stadtpräsidentin. Dabei hat Zürich in den letzten Jahren die
Alternativkultur stark unterstützt und so vielleicht zu Tode
gefördert.
Von Regula Freuler
Seit drei Monaten ist Peter Haerle der neue Kulturchef der Stadt
Zürich - der erste nach 27 Jahren, in denen sein Vorgänger
Jean-Pierre Hoby die Kultur der Stadt massgeblich geprägt hat.
"Welche Kultur braucht Zürich?", hiess das Podiumsgespräch,
zu dem Haerle letzten Montag einlud. 300 Interessierte kamen. Der Tenor
an diesem Abend lautete: Zürichs Kultur sollte mutiger sein. Und
Zürichs Kultur braucht mehr Räume.
Die Forderung nach mehr und zahlbaren Räumen ist einerseits
naheliegend: Die Bevölkerung ächzt unter hohen Mieten und
Wohnungsnot; das ehemalige Hotel "Atlantis", das seit 22. Oktober von
Kulturaktivisten besetzt war, am Tag nach dem Podium geräumt
werden sollte und in der Nacht auf Dienstag freiwillig verlassen wurde,
bot ein akutes Beispiel.
Andererseits kann man beim reichhaltigen kulturellen Angebot in
der Stadt fragen: Wem fehlt es noch an Unterstützung? Die letzten
dreissig Jahre waren ein einziger Siegeszug der alternativen Kultur,
die damals mit Gegenkultur gleichgesetzt werden konnte. Ende der
siebziger Jahre gab es in Zürich das Opernhaus, das
Schauspielhaus, das Kunsthaus, die Tonhalle und ein paar Kinosäle.
Allein im Bereich Museen werden heute 21 Häuser direkt oder
indirekt von der Stadt unterstützt. Im Bereich Theater werden von
81 Spielstätten 10 direkt subventioniert, viele weitere indirekt.
2011 werden Fördergelder in der Höhe von knapp 96 Millionen
Franken vergeben. Die einstige Gegenkultur ist etabliert.
"Heute gehen 4,7 Millionen Franken in die freie Szene,
projektbezogen und nicht an Institutionen gebunden", betont Corine
Mauch im Gespräch. Wer würde da nicht einen Ort, einen
Zustupf für seine Tanz-Performance, für seinen Lyrikband
bekommen?
Institutionen sollen Profil zeigen
Und noch eine gute Nachricht für Künstler und sonst
Kreative: Corine Mauch möchte das Schwergewicht bei der
Förderung etablierter Institutionen wie Schauspielhaus oder
Kunsthaus nicht über die bereits vorgesehenen Projekte hinaus
stärken, weil dort in den letzten Jahren viel investiert worden
sei. Auf die Frage, worauf das neue Leitbild, das im Sommer 2011
vorstellt wird, den Fokus richtet, können Mauch und Haerle noch
keine näheren Angaben machen. Sicher ist, dass die bisherige
Förderpolitik nicht umgekrempelt wird. Und dass die Institutionen
sich klarer profilieren müssen. "Die Tendenz ist, dass alle alles
machen wollen. Da ist es unsere Aufgabe, zu steuern", sagt Mauch.
Klar ist, dass die Stadt die Forderung nach bezahlbaren
Räumen zur Kenntnis genommen hat und in dieser Richtung aktiv ist
- wenngleich sie es beim "Atlantis" nicht war. In Schwamendingen wird
ein ehemaliges Amag-Gebäude gemietet und zur Verfügung
gestellt. Und vom Container-Dorf "Basislager" in der Binz ist Mauch
geradezu begeistert. Es gilt als Vorzeigeprojekt - und in der Szene als
hip. Die Stadt ist in Gesprächen, das "Basislager" zu kaufen.
Während die Stadt beim Problem der Räumlichkeiten zu
einer Entschärfung beitragen kann, muss die Forderung nach mehr
Mut an die Kulturschaffenden direkt gehen. Oder soll Gegenkultur
staatlich gefördert werden? Willkommen in Absurdistan! Aber was
heisst das eigentlich: mehr Mut? Steckt hinter solchen Äusserungen
nicht einfach die romantische Sehnsucht des partygesättigten
Stadtzürchers nach mehr Bewegung, nach Aufbruch? Hat uns das
überreiche kulturelle Angebot zu Adabeis gemacht? Fehlt die Not
als Nährboden für Kreativität? Hat man in Zürich
Widerständiges, sich Reibendes zu Tode gefördert?
Schliesslich beisst man die Hand nicht, die einen füttert - und
wenn man es tut, bleibt man unglaubwürdig.
Aufbruch beginnt im Kopf
Bei diesem diffusen Wunsch sind wohl nicht in erster Linie
unkonventionelle Kunstprojekte gemeint, denn für jede
Sonderkunstform scheint es ein Plätzchen und ein Töpfchen zu
geben. Es geht, so war während der Podiumsdiskussion
herauszuhören, um Unruhe, bis zu einem gewissen Grad auch um
Gegenkultur. Und wo findet diese noch statt? In besetzten Räumen
wie dem "Atlantis"? Eigentlich müsste man sagen: Aufbruch beginnt
in den Köpfen. Erst danach braucht man Räume. "Mir
gefällt der Ausdruck Gegenkultur nicht", sagt Corine Mauch. "Es
geht doch nicht einfach darum, gegen etwas zu sein, sondern etwas
Eigenes zu initiieren. Da gehört das Erobern der Räume
zwangsläufig ein Stück weit dazu." Sie nennt das "Helsinki"
als positives Beispiel. Keine Frage, der von Pipilotti Rists Bruder Tom
geführte Musikklub ist auch ein ziemlich hipper Ort. Wie steht es
aber mit weniger hippen Besetzungsaktionen?
Beim ehemaligen Fabrikareal an der Üetlibergstrasse 111,
ebenfalls in der Binz, das seit 2006 von Kulturschaffenden und
Alternativen besetzt wird, zeigt sich der Staat kulant. Das Areal
gehört dem Kanton. Mangels Abbruchtermin gibt es vorerst kein
neues Räumungsultimatum. Man wird weitgehend in Ruhe gelassen.
Vielleicht liegt das auch daran, dass die Besetzer - sie lassen sich
nicht individuell, sondern nur als Kollektiv "Familie Schoch" zitieren
- ihr Projekt weniger als Kultur- und Veranstaltungsort verstehen denn
"als Teil einer vielschichtigen Subkultur, zu der auch
Widerständigkeit gehört". Es geht ihnen nicht per se um
Kultur wie der "Familie Donovan" (so nannten sich die
"Atlantis"-Besetzer), die im Geiste des legendären Chelsea Hotel
in New York einen Raum für nichtkommerzielle Kultur schaffen
wollte. An der Üetlibergstrasse gibt es Werkstätten, Probe-
und Trainingsräume; manche der 40 Bewohner sind freiberuflich
künstlerisch tätig, andere haben Jobs. "Uns geht es um
Selbstbestimmung und gemeinschaftliches Leben", sagt "Familie Schoch".
Auch sie sieht das Hauptproblem in den hohen Preisen, der Raumknappheit
und der "Verregulierung". "Was wir wollen, kann uns niemand geben,
deshalb kümmern wir uns selber darum." Man kann ihnen nur recht
geben: Wer seine Kreativität ans Kulturamt delegiert, kann auch
weiterhin Party machen.
Corine Mauch
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SQUAT VD
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24 Heures 13.11.10
Squat de Clarens: pas d'expulsion immédiate
Christophe Boillat
Une tentative d'accord est en cours entre les squatters et la
famille royale de Bahreïn. Si aucune conciliation n'est possible,
la justice tranchera
Les squatters du Collectif Tesla qui occupent depuis début
septembre deux villas de Clarens, propriété de la famille
royale de Bahreïn, sont allés s'expliquer devant le
Tribunal de Vevey, hier. Ils sont sous le coup de deux plaintes,
pénale et civile. C'est cette dernière qui était
examinée hier. C'est le Collectif Tesla dans son ensemble et
deux autres squatters qui étaient intimés par le
propriétaire - six enfants du roi de Bahreïn. Lesquels
demandent par la voix de leur conseil, Me Olivier Freymond, l'expulsion
de la dizaine de personnes présentes dans leurs deux villas
contiguës de la rue du Lac. "L'installation des squatters s'est
faite sans l'accord des propriétaires. C'est donc clairement une
usurpation de la possession. " Mais les squatters, défendus par
Me Jean-Michel Dolivo, contestent la "possession" des deux villas.
"Nous avons un besoin impérieux de nous loger et ces maisons
sont totalement abandonnées depuis des années", plaide B.
C. Un témoin raconte: "J'ai visité les maisons. Elles
n'ont aucun confort, il n'y a pas de mobilier, ni d'effets personnels.
Même pas de radiateurs. "
Le procès a été suspendu. Car les deux
avocats ont fait part de la volonté de trouver un accord d'ici
au 30 novembre. Si aucune convention relative au
départ programmé des squatters n'est signée d'ici
là, le tribunal devra prendre une décision sur le fond.
D'ici là, les squatters restent dans les royales
propriétés. Christophe Boillat
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ROTE FALKEN
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WoZ 18.11.10
Rote Falken
"Nicht mit unserer Welt"
Das Motto von Lilith und Fanny heisst "Spiel, Spass und
Solidarität". Am Samstag gehen sie für Mitbestimmung,
Frieden und gegen die Zerstörung der Welt auf die Strasse.
Von Fredi Lerch (Text) und Ursula Häne (Foto)
Ein gemütlicher Raum im Tiefparterre eines
Genossenschaftshauses beim Kinderspital in Zürich: Das ist der
Treffpunkt der Roten Falken von Zürich, einer Gruppe von sechs-
bis fünfzehnjährigen Kindern und Jugendlichen. Dabei sind zum
Beispiel die Gymnasiastin Fanny (12) und die Drittklässlerin
Lilith (9).
Die Roten Falken sind im Vorbereitungsstress: Am 20. November
1989 hat die Uno ihre Kinderrechtskonvention ratifiziert -
am 20. November wollen die Zürcher Falken deshalb, wie schon
letztes Jahr, mit einer "Demo für Kinderrechte" auf die Strasse.
In den letzten Wochen haben sie Transparente gemalt, Flyer geschrieben
und daneben Reden und ein Strassentheater vorbereitet für die
Schlusskundgebung. Am Samstag selbst wird man noch den Wagen
vorbereiten müssen. Lilith erklärt: "Auf dem Wagen ist die
Soundanlage. Drumherum hängen wir unsere Transpis. Und dann
hängen wir den Wagen an einen Traktor, der damit durch die Stadt
fährt."
"Losed ois zue!" Das ist der Titel des ersten Demothemas in
diesem Jahr. Fanny: "Uns ist es wichtig, dass wir Kinder mitbestimmen
können - vor allem in der Schule oder in Quartierfragen, die uns
direkt betreffen. Dass immer die Erwachsenen entscheiden, finden wir
blöd."
Der Wiener Pädagoge und Sozialdemokrat Anton Tesarek
gründete die Roten Falken in den zwanziger Jahren als
Jugendorganisation der SPÖ. Bald gab es erste Gruppen in der
Schweiz. In ihren besten Zeiten hatten die Schweizer Falken einen
nationalen Dachverband mit 41 Ortsgruppen.
Das zweite Demothema ist der Frieden. Lilith erzählt von den
Kindersoldaten: "Viele Kinder sterben im Krieg. Und viele Kinder
müssen flüchten. Kommen sie in die Schweiz, müssen sie
sich verstecken, damit sie nicht in den Krieg zurückgeschickt
werden." Weil das so sei, hätten sich die Roten Falken an der Demo
im letzten Jahr speziell gegen die Illegalisierung von Kindern in der
Schweiz gewehrt.
Der dritte Demopunkt ist beiden "mega wichtig": der Schutz der
Umwelt. Jetzt wird Fanny deutlich: "Die Welt wird immer mehr versaut.
Was können wir später noch machen, wenn sie schon fast futsch
ist? Darum sagen wir: ‹Nicht mit unserer Welt!› Genau genommen haben
die Erwachsenen die Welt von uns ausgeliehen. Später werden sie
sie uns zurückgeben müssen."
Bei der Demo für Kinderrechte gehe es darum, zu zeigen,
warum die drei Demo themen wichtig seien. Und wichtig sei auch, zu den
"konkreten Sachen" zu kommen, sonst bringe alles nichts. "Wir hoffen",
sagt Lilith, "dass am Samstag viele Leute kommen und mithelfen, etwas
zu ändern." Letztes Jahr haben die rund dreissig Zürcher
Falken mit ihren zehn Leiter Innen gut dreihundert Leute mobilisiert,
die bis zur Schlusskundgebung auf dem Bürkliplatz mitgezogen sind.
Diesmal sollen es mehr sein.
Neben der Kinderrechtedemo gibt es noch eine zweite, die das
Falken-Jahr prägt: jene am 1. Mai. Auch sonst greifen die Falken
immer wieder politische Themen auf, diskutieren etwa über
alternative Energien oder fragen: "Woher kommt unser Essen?" Doch auch
Basteln, Baden und Spielen im Wald kommen nicht zu kurz. Das Jahr ist
geglie dert durch das Pfingstlager, das Sommerlager, die
Wintersonnenwende und das Lager während des Knabenschiessens, an
dem auch die Eltern der Roten Falken teilnehmen. Zum Teil finden diese
Lager im Falken-Haus im Mösli auf dem Üetliberg statt. Man
war aber in den letzten Jahren zusammen auch im Tessin, im Puschlav
oder im Waadtländer Jura.
"Spiel, Spass und Solidarität", das sei, so Fanny, das Motto
der Roten Falken. Dabei sei es so, dass sie, nicht die Leitenden,
bestimmten. "Eigentlich planen jeweils wir Kinder, was an den
nächsten Treffen geschehen soll. Die Leiter sind mehr dazu da, zu
helfen, unsere Ideen umzusetzen."
Die Kinder und Jugendlichen sind zusätzlich durch ein
"Falkenversprechen" in neun Punkten verbunden. Punkt 8 lautet zum
Beispiel: "In unserem Leben gibt es Wichtigeres als den Besitz von Geld
und teuren Dingen."
Die Roten Falken sehen sich in der wechselvollen Tradition der
sozialistischen Erzie hungsarbeit des 20. Jahrhunderts. In den letzten
Jahrzehnten schien es nur noch bergab zu gehen: Immer weniger Sektionen
waren aktiv; der Dachverband wurde 1996 aufgelöst. Heute gibt es
noch Rote Falken in Zürich (mit ZuzügerInnen aus Biel)
und in Bern. Doch zumindest in Zürich steigen die Mitglie
derzahlen wieder: Die Falken kehren zurück! Wer könnte auch
bestreiten, dass "Spiel, Spass und Solidarität" ein sehr gutes
Motto ist für das 21. Jahrhundert?
Demo für Kinderrechte: Samstag, 20. November, 13 Uhr,
Helvetiaplatz in Zürich. Kontakt: http://www.rotefalken.ch
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DROGEN
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Basler Zeitung 18.11.10
Kontrollierter Cannabisverkauf
Mit 52 zu 17 Stimmen befürwortet der Rat einen Pilotversuch
Entkriminalisierung
Das Votum von Thomas Mall (LDP) hatte grossen Unterhaltungswert.
Er hält rein gar nichts von einem Pilotversuch zum kontrollierten
Verkauf von Cannabis ins Basel. "Das macht doch keinen Sinn", findet
Mall. Da verbiete man Kindern in der Schule Cola zu trinken und
füttere sie mit "Pro-Specie-Rara-Äpfeln", aber zur Beruhigung
sollen sie einen "Bollen Hanf" vom Staat erhalten. Laut Mall konsumiert
man Cannabis nur um des Rausches willen, um der Wirklichkeit zu
entfliehen. Der Vorschlag zur Teilnahme an einem Pilotversuch zum
Hanfverkauf, wie er auch in Zürich durchgeführt werden soll,
kommt von SP-Fraktionspräsidentin Tanja Soland. Abgegeben
würde Cannabis nur an Erwachsene. Soland: "Es geht um die
Entkriminalisierung des Cannabiskonsums." Mit dem wissenschaftlich
begleiteten Pilotversuch soll herausgefunden werden, ob eine
Legalisierung Sinn machen würde. Soland erhofft sich auch eine
Entlastung der Strafverfolgungsbehörden und mehr Prävention.
Nur SVP, LDP und EVP/DSP-Fraktion waren dagegen, eine klare Mehrheit
aber dafür, dass die Regierung die Teilnahme an diesem
Pilotversuch prüft. daw
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bazonline.ch 17.11.10
Keine Strafe für Kiffer
sda / amu
Cannabis-Konsumenten müssen sich möglicherweise bald nicht
mehr vor der Polizei in Acht nehmen.
Ein Vorstoss für die Entkriminalisierung des
Cannabis-Konsums hat im baselstädtischen Grossen Rat eine Mehrheit
gefunden: Der Rat überwies am Mittwoch einen SP-Anzug für
einen Pilotversuch zum kontrollierten Verkauf von Cannabis mit 52 gegen
17 Stimmen.
Die Regierung hatte sich bereit erklärt, das Anliegen zu
prüfen und dann zu berichten. Die LDP pochte jedoch auf gleiche
Rechte für Alle nach der Bundesverfassung, was keine Ausnahme
für das Drogenverbot erlaube. Ein Cannabis-Abgabeversuch etwa mit
medizinischen Indikationen bringe sicher "massiven Missbrauch".
SVP hält Cannabis für gefährlich
Die Liberalen wiesen zudem auf Unterschiede zwischen Alkohol und
Cannabis hin: So sei bei Letzterem immer der Rausch das Ziel, beim
Alkohol aber nur ein Nebeneffekt. Die SVP erinnerte ferner an das
Volks-Nein an der Urne von 2008 gegen die Cannabis-Legalisierung in der
Schweiz. Cannabis sei gemäss neuen Studien gefährlicher Stoff.
Die SP wollte nicht über Moral und Sucht streiten, sondern
mit der Entkriminalisierung die Strafverfolger entlasten. Die
kontrollierte Abgabe - ab 18 Jahren - solle wissenschaftlich begleitet
werden. Die Regierung solle ein Konzept für Aufklärung und
Beratung über die Gefahren aller Rauschmittel an Schulen
ausarbeiten.
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Newsnetz 17.11.10
Drogenbanden erobern die Lüfte
dapd / pbe
Der neuste Trend im Schmuggel von Drogen: Südamerikanische
Banden kaufen gebrauchte Jets, packen sie voll mit Kokain und schicken
sie über den Atlantik. Die Behörden sind machtlos.
Mangels Überwachung können die grossen Flieger den
Ozean leicht unbemerkt überqueren. "Der Himmel ist die Grenze",
prahlte ein Schmuggler aus Sierra Leone laut Gerichtsakten vor einem
Informanten der US-Drogenbekämpfungsbehörde DEA. Scott
Decker, Professor für Kriminologie an der Universität des
Staates Arizona und Experte für Schmuggelmethoden, findet die neue
Flugroute wegen der grossen Entfernungen und des Umstands
bemerkenswert, dass das Fliegen grosser Maschinen gar nicht so einfach
ist. Von Venezuela nach Westafrika sind es rund 5500 Kilometer.
Die UN-Behörde für Drogenkriminalität macht
warnend auf die illegale Luftfracht aufmerksam, seit am 2. November
2009 in Mali in der Wüste eine ausgebrannte Boeing 727 entdeckt
wurde. Drogenschmuggler waren den Ermittlungen zufolge mit der Maschine
aus Venezuela gekommen, hatten sie entladen und in Brand gesteckt. In
einigen Fällen wurden auch Geschäftsflugzeuge benutzt wie
eine Gulfstream II, die 2008 in Guinea-Bissau landete, und eine weitere
Gulfstream, die 2007 vor dem Flug von Venezuela nach Sierra Leone
gestoppt wurde.
Eingesetzte Methoden aussergewöhnlich
Im letzten Jahr brachten eine Reihe von Festnahmen Licht in die
Sache. Die Verfahren laufen vor einem Bundesgericht in New York, weil
ein Teil des ausgeflogenen Kokains für die USA bestimmt gewesen
sein soll. Die Menge des gelieferten Kokains und die dabei eingesetzten
Methoden seien "aussergewöhnlich", heisst es in einer
Anklageschrift. Die Staatsanwaltschaft sprach von einer
Verschwörung mit dem Ziel, "mit Frachtflugzeugen riesige Mengen
Kokain in alle Welt zu liefern".
Decker sieht in gewisser Weise einen Rückfall in die 70er
und 80er Jahre, als Drogenpiloten ungehindert von Kolumbien in die
Nähe der US-Grenze flogen. Damals schickten Gangsterbosse wie
Amado Carillo, Spitzname "The Lord of the Skies" (Der Herr des
Himmels), Jets mit bis zu 15 Tonnen Kokain nach Nordmexiko.
DC-8 zum Schnäppchenpreis
In letzter Zeit kamen eine Reihe einschlägiger Fälle in
den USA vor Gericht. So wurde mithilfe von Undercover-Agenten die
Valencia-Arbelaez-Organisation zerschlagen, die gerade für zwei
Millionen Dollar ein Flugzeug für eine monatliche Verbindung
zwischen Venezuela und Guinea gekauft hatte. Eigenen Angaben zufolge
hatte die Gruppe bereits sechs Maschinen zwischen Südamerika und
Westafrika im Dienst.
Ein in Kolumbien und Liberia ansässiger Ring flog auf, als
eines der Flugzeuge im Mai vor dem Start in Venezuela mit zwei Tonnen
Kokain an Bord beschlagnahmt wurde. Laut Staatsanwaltschaft wollten sie
zweimal monatlich fliegen. Ein Angeklagter berichtete von fünf
weiteren Maschinen mit ähnlichen Touren. Ein Urteil im Fall
Francisco Gonzalez Uribe wird in diesem Monat erwartet. Der Kolumbianer
wurde abgehört, als er grosse Flugzeuge wie eine vierstrahlige
DC-8 zu kaufen versuchte.
Der kolumbianische Experte Carlos Moreno weiss mehrere
Gründe dafür, warum die Transatlantikfliegerei für die
Drogenbarone zunehmend attraktiv geworden ist. So sei der
Kokainverbrauch in Europa in den letzten zehn Jahren gestiegen, in den
USA aber stagniert. Ausserdem sei es durch bessere
Radarüberwachung schwieriger geworden, Kokain direkt in die USA zu
schaffen. Zudem wurden in der weltweiten Rezession hunderte
Frachtflugzeuge ausser Dienst gestellt und sind jetzt billig zu haben.
So werden auf einschlägigen Websites DC-8 schon für 275'000
Dollar (202'000 Euro) angeboten.
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10vor10 16.11.10
Kifferparadies St. Gallen
Etwa jeder fünfte Schweizer konsumiert Cannabis. Kiffen ist in der
Schweiz nach wie vor illegal - alle Versuche zur Legalisierung sind
gescheitert. Der Kanton St. Gallen hat ein Bussenmodell
eingeführt. Wer erwischt wird, zahlt in Bar und wird nicht mehr
kriminalisiert. "10vor10" wollte wissen, was die Bussenregel taugt.
http://videoportal.sf.tv/video?id=13bf9b60-05f9-4ab1-8c07-d4b32b7e663a
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Zürichsee-Zeitung 13.11.10
Hirndoping Zweckentfremdete Medikamente sollen fit für die
Leistungsgesellschaft machen
Mit Chemie mehr Schein als Sein
Schöner, schneller, schlauer - auf die Zunahme kosmetischer
Eingriffe für einen perfekten Körper folgt nun das Hirndoping
für die effizientere Informationsverarbeitung. Die Wirkung ist
fragwürdig.
Gabriele Spiller
Wenn gesunde Menschen Pillen schlucken, geht es meistens um
Leistungssteigerung. Wer wünscht sich nicht eine höhere
Konzentration, ein stärkeres Erinnerungsvermögen oder einen
wacheren Verstand. Manche möchten aber auch im Alltag ganz einfach
"besser drauf" sein, vielleicht, weil es gerade Ärger in der
Familie gegeben hat oder aussergewöhnliche psychische Belastungen
anstehen. Parallel zum Angebot an Psychopharmaka steigt auch bei
Gesunden die Akzeptanz, sogenannte "Neuro-Enhancer" (vom Englischen to
enhance = aufwerten) zu verwenden. Studenten, die vor Prüfungen
Ritalin einnehmen, um ihre Aufmerksamkeit zu steigern, sind nur eine
Ausprägung einer Leistungsgesellschaft, die bisher gültige
Grenzen überschreitet.
"Diese Entwicklung wird von den Medien hochgeschaukelt",
interveniert der Psychiater und Suchtmediziner Thilo Beck. Er ist
Chefarzt der Arud Zürich (Arbeitsgemeinschaft für risikoarmen
Umgang mit Drogen) und hat einen Überblick über die Nachfrage
nach Beratungsangeboten. Beck hat sich mit dem aus den USA über
Deutschland in die Schweiz einstrahlenden Thema beschäftigt und
relativiert die Debatte. Es waren Wissenschaftler, die in renommierten
Fachzeitschriften ein Plädoyer für das Brain-Doping hielten
und darauf hinwiesen, dass die ethische Debatte dem zweckentfremdeten
Medikamentengebrauch hinterherhinke. Vor allem sei nicht absehbar,
welche Wunderpillen die Pharmazie noch bereitstelle, damit jedermann
seine Gehirnleistung bei Bedarf tunen könne, sofern er sich die
Lifestyle-Medikamente leisten kann.
Herausforderung Neuroethik
Ist das noch fair? Während das Doping im Sport immer
schwieriger nachgewiesen werden kann, gilt es doch als Regelverstoss,
der mit Ausschluss geahndet wird. Gedopte Prüflinge, aber auch
Spitzenmanager, die ihrem Unternehmen durch ihre ständige
Präsenz einen Wettbewerbsvorteil verschaffen wollen, werden
zurzeit nicht sanktioniert. Auch der Einsatz legaler Drogen, vom Kaffee
über Alkohol bis zu Beruhigungs- und Schlafmitteln, wird in der
Regel stillschweigend akzeptiert.
Die Gesellschaft geht von einem mässigen und
verantwortungsvollen Umgang des Einzelnen mit den bisher bekannten
Neuro-Enhancern aus, auch wenn manchmal Grauzonen existieren. Vor allem
im Hinblick auf neue Substanzen ist eine fundierte Begleitforschung
nötig, die die Auswirkungen von Hirndoping untersucht, und zwar
unabhängig von der Pharmaindustrie.
Therapien statt Verbote
Es ist anzunehmen, dass es auch beim Neuro-Enhancement
Nutzergruppen gibt, die den Gebrauch einer nicht per se abhängig
machenden Droge übertreiben. Für sie schlagen die
Befürworter eher die Einrichtung von Therapiegruppen ein, als die
Einnahme grundsätzlich zu verbieten. Auch für potenziell
süchtig machende Tätigkeiten wie die Beschäftigung mit
dem iPhone, dem Internet oder Extremsportarten gebe es keine Auflagen.
Und wer könne eigentlich etwas gegen die "happy pill" haben, die
uns alle umgänglicher macht? Die moralische Debatte ist
angestossen, und sie sollte geführt werden, bevor uns die
Realität einholt.
Thilo Beck, was sind Ihre Erfahrungen in der Beratungspraxis:
Stellt der Gebrauch von Psychopharmaka zur Leistungssteigerung in
Zürich ein Suchtpotenzial dar?
Nein. Meiner Ansicht nach wird weitaus mehr darüber
gesprochen als wirklich angewendet. Wir haben keine Patienten, die
wegen Problemen mit Neuro-Enhancement zu uns kommen. Das grösste
Suchtpotenzial stellen immer noch Schlaf- und Beruhigungstabletten dar.
Ausserdem experimentieren Jugendliche zunehmend mit Tabletten aus dem
elterlichen Apothekerschrank in Kombination mit Alkohol.
Gibt es Trends im Bereich pharmakologischer Verschreibungen?
Die Einnahme von Ritalin nimmt immer weiter zu, weil viele
ADHS-Betroffene, insbesondere Erwachsene, gar nicht diagnostiziert
waren. Insofern ist es ein berechtigter Anstieg. Man weiss heute, dass
die Hälfte der von ADHS betroffenen Kinder die Symptome auch im
Erwachsenenalter beibehält. Gemessen an allen Verschreibungen ist
der Anteil der Erwachsenen allerdings weiterhin gering.
Welches sind die beliebtesten kognitiven Enhancer?
Am weitesten verbreitet ist Kaffee und Tabak. Dann gibt es
wenige, die stark wirksame Stimulanzien konsumieren. Die meisten
hören aber wieder damit auf, da sie keine signifikanten
Verbesserungen ihrer Leistungsfähigkeit feststellen.
Und wie kommen die Konsumenten an die Substanzen?
Hier dürfte der Internethandel die grösste Rolle
spielen. Aber sicher kommt es auch mal vor, dass jemand, der Ritalin
verschrieben bekommt, dies quasi als Freundschaftsdienst an einen
Bekannten abgibt. Ein eigentliches Dealen ist mir nicht bekannt.
Welche Medikamente eignen sich fürs Brain-Doping?
Man kann Stimulanzien wie Amphetamine oder Ritalin, also
"Wachmacher", einsetzen. Andere versuchen es mit Anti-Dementiva,
Medikamenten, die man für die Alzheimerbehandlung verschreibt, um
ihre Gedächtnisleistung zu steigern. Dann gibt es noch den Ansatz,
dass man Anti-Depressiva, wie zum Beispiel Prozac in den USA, zur
Stimmungsaufhellung konsumiert.
Wie sieht es mit der Wirkung aus?
Wissenschaftliche Belege gibt es wenige, denn die Medikamente
sind für kranke Personen entwickelt und geprüft worden,
für die eine ganz andere Ausgangslage vorliegt. Eine dauerhafte
Steigerung der persönlichen Leistungsfähigkeit ist nicht zu
beobachten. Im Gegenteil: Das Verstärken bestimmter kognitiver
Fähigkeiten geht bei Gesunden zulasten anderer
informationsverarbeitender Prozesse. Auch wurde mit Testaufgaben
aufgezeigt, dass vor allem Personen mit einem unterdurchschnittlichen
Leistungsvermögen, zum Beispiel einem tiefen
Intelligenzquotienten, von einer Verbesserung profitierten.
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ALKOHOL
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Presseportal 18.11.10
Sucht Info Schweiz : Gewaltig gefährdet - wenn Alkohol im Spiel ist
Lausanne (ots) - Am 18. November 2010 ist Nationaler
Aktionstag Alkoholprobleme. Alkohol und Gewalt sind häufig
miteinander verbunden. Unter dem Motto "Gewaltig gefährdet"
sensibilisieren Alkoholfachstellen Betroffene und die Bevölkerung
in der ganzen Schweiz für das erhöhte Gewaltrisiko bei
Alkoholmissbrauch.
Daniel (Name geändert), 36-jährig, ist Banker in
leitender Position. Er bezeichnet sich selbst sowohl als engagierten
Berufsmann als auch als trinkfesten Lebemann. Daniel ist geschieden und
hat zwei Kinder. Am Arbeitsplatz lernte er Larissa (Name geändert)
kennen und lieben. Sie ist 32 Jahre alt, ledig und kinderlos. An
Firmenanlässen, bei Abendessen, im Ausgang trinken beide
regelmässig und kräftig Alkohol. Dabei kam es im letzten
halben Jahr vier Mal zu Gewalthandlungen. Gefühle der Unsicherheit
und Eifersucht gipfeln in Anschuldigungen, Provokationen und
gegenseitigen Tätlichkeiten. Nüchtern wäre nichts
passiert, erklärt Daniel.
Nach einer durchzechten Nacht mit Freunden kam es in den Ferien
auf Kreta zur Eskalation. Im Nachhinein kann sich Daniel an nichts mehr
erinnern. Er weiss nur noch, dass er Larissa am nächsten Morgen
blutend und weinend, völlig verstört und schockiert auf dem
Boden der Veranda liegen sah. Er habe ihr während Minuten
Faustschläge und Fusstritte gegeben, berichten die anwesenden
Kollegen. Seither ist die Beziehung instabil. Man rät Larissa,
sich zu trennen. Daniel schämt sich, vor sich, Larissa und seinen
Freunden. Heute ist er in einer Alkoholtherapie und absolviert eine
Gewaltberatung.
Mehr Risiken unter Alkoholeinfluss "Gewaltig gefährdet"
lautet das Motto des diesjährigen Nationalen Aktionstages
Alkoholprobleme vom 18. November. Fachleute informieren die
Bevölkerung über das erhöhte Risiko für Gewalt im
Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch. Ein neuer Flyer thematisiert die
Problematik für ein breites Publikum. Zwar führt ein
problematischer Alkoholkonsum nicht automatisch zu Gewaltakten. Alkohol
und Gewalt treten aber häufig zusammen auf, so wie bei Daniel und
Larissa. Für häusliche Gewalt gilt: 30 bis 40% der Delikte
werden unter Alkoholeinfluss verübt. Auch bei Sportanlässen,
am Wochenende oder im Nachtleben ist bei Gewaltvorfällen oft
Alkohol im Spiel. Die Ursachen von Gewalt sind stets komplex;
Alkoholkonsum kann, nebst anderen Faktoren, eine Rolle spielen.
"Alkohol kann Konflikte und Stress zuspitzen und die
Selbstwahrnehmung einschränken, die es braucht, um schwierige
Situationen gewaltfrei auszuhalten", erklärt Martin Bachmann vom
mannebüro züri, dem ältesten Männerbüro und
der ersten Täterberatungsstelle der Schweiz. Häufiger als
Frauen sind Männer als Täter betroffen, ungeachtet von Alter,
Beruf und sozialem Status, so die Erfahrung in Zürich. Nicht nur
das Risiko Gewalt auszuüben steigt durch problematischen
Alkoholkonsum, sondern auch jenes, Opfer zu werden - wie dies bei
Larissa der Fall war.
Gewalt nicht nur auf der Strasse Studien zeigen: Jugendliche, die
früh Gewalt ausüben, neigen häufiger zu späterem
Alkoholkonsum. "Dabei darf nicht vergessen werden, dass die meisten
Gewaltakte von Erwachsenen ausgeübt werden, oft in den eigenen
vier Wänden, ausserhalb der medialen Aufmerksamkeit", betont
Silvia Steiner, Präventionsfachfrau bei Sucht Info Schweiz.
Was Prävention leisten kann Die Prävention muss auf
verschiedenen Ebenen ansetzen, um Alkoholmissbrauch und Gewalt
vorzubeugen. Und je früher sie stattfindet, desto besser.
Preiserhöhungen und Verkaufsregulierungen, z.B. bei
Sportanlässen, sind laut Weltgesundheitsorganisation wirksame
Mittel, um Gewaltvorfälle zu vermindern. Diesbezüglich hebt
sich die Schweiz von fast allen europäischen Ländern ab: Bei
Sport- und Kulturanlässen existieren keine national geltenden
Verbote oder Einschränkungen.
Gefragt ist zudem ein stärkerer Einbezug von Gewaltfragen in
der Alkoholberatung - und umgekehrt. "Wenn es gelingt, den
Alkoholkonsum bei gewalttätigen Eltern und Gewalt bei trinkenden
Eltern frühzeitig zu erkennen und zu therapieren, ist dies wohl
indirekt die wichtigste Gewalt- und Alkoholprävention für
Kinder und Jugendliche", sagt Silvia Steiner. Auch können
Programme in Schule und Ausbildung Gewalt und Alkoholmissbrauch
vorbeugen, vor allem, wenn sie langfristig angelegt und in umfassende
alkoholpolitische Massnahmen eingebettet sind.
Nationaler Aktionstag Alkoholprobleme Der Nationale Aktionstag
Alkoholprobleme vom 18. November 2010 sensibilisiert die
Öffentlichkeit für den problematischen Alkoholkonsum.
Suchtfachstellen aus der ganzen Schweiz tragen mit
Informationsveranstaltungen und weiteren Aktivitäten dazu bei, das
Thema zu enttabuisieren und Betroffenen sowie deren Angehörigen
Mut zu machen, die bestehenden Hilfsangebote zu nutzen. "In fast jedem
Kanton finden in diesem Jahr aus Anlass des Aktionstags spezielle
Aktivitäten statt", freut sich Co-Projektleiter Markus Theunert
vom Fachverband Sucht.
Der Aktionstag, der in diesem Jahr unter dem Motto "Gewaltig
gefährdet" steht, wird gemeinsam organisiert vom Fachverband
Sucht, von GREA (Groupement romand d'études des addictions),
INGRADO (servizi per le dipendenze), dem Blauen Kreuz, den Anonymen
Alkoholikern (AA), der Schweizerischen Gesellschaft für
Suchtmedizin (SSAM) und Sucht Info Schweiz. Ein neuer Flyer
thematisiert die Wechselwirkung zwischen Gewalt und Alkoholkonsum.
Diese Medienmitteilung finden Sie auch auf der Internetseite von
Sucht Info Schweiz http://www.sucht-info.ch/de/ sowie auf
www.aktionstag-alkoholprobleme.ch
Kontakt: Monique Helfer Mediensprecherin Sucht Info Schweiz Tel.
021 321 29 74 E-Mail: mhelfer@sucht-info.ch
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ZWISCHENGESCHLECHT
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Indymedia 13.11.10
LU: Überparteilich gegen Zwitter-Genitalverstümmelung ::
AutorIn : Zwischengeschlecht.org
Das gab es auf der ganzen Welt noch nie: Auf Initiative einer
christlichen Parlamentarierin und Mutter unterzeichnet ein Viertel
eines gesamten Parlaments, darunter zwei Drittel Frauen, quer durch
alle Parteien einen politischen Vorstoß, der Transparenz
über Genitalverstümmelung in Kinderkliniken in ihrem
Einflussbereich verlangt und die Regierung zur Stellungnahme
auffordert!
So geschehen aktuell in der Innerschweiz im 120-köpfigen Luzerner
Kantonsrat:
Erna Müller-Kleeb (CVP) und 29 MitunterzeichnerInnen (15 CVP, 4
FDP, 1 SP, 8 Grüne, 1 SVP) berufen sich auf Medienauftritte und
öffentliche Klagen zwangsoperierter "Intersexueller" während
der letzten 12 Monate und stellen dem Regierungsrat als Reaktion darauf
11 Fragen rund um "die Praxis frühkindlicher kosmetischer
Genitaloperationen, Kastrationen, Hormontherapien und andere
medizinisch nicht dringend notwendigen Eingriffe an Kindern mit
uneindeutigen körperlichen Geschlechtsmerkmalen" im Kanton Luzern.
Ein historischer Tag für alle von kosmetischen Zwangsoperationen
Betroffenen oder Bedrohten - und für alle, die sie in ihrem Kampf
um körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung
unterstützen!
>>> Mehr Info:
http://blog.zwischengeschlecht.info/post/2010/11/12/Luzern-ueberparteilich-gegen-Genitalverstuemmelungen-in-Kinderklinik
>>> Der Vorstoß im Wortlaut (PDF):
http://zwischengeschlecht.org/public/Anfrage-Kanton-Luzern_9-11-10.pdf
>>> Offener Brief an das Kinderspital Luzern, 22.8.2010:
http://blog.zwischengeschlecht.info/pages/Offener-Brief-Kantonsspital-Luzern-22.08.2010
>>> "Der Zwang zum Geschlecht" - Zentralschweiz am Sonntag,
22.8.10:
http://blog.zwischengeschlecht.info/post/2010/09/05/%22Der-Zwang-zum-Geschlecht%22-Zentralschweiz-am-Sonntag-22.8.10
>>> Kosmetische Genitaloperationen im Kinderspital Luzern:
http://blog.zwischengeschlecht.info/post/2010/08/22/Kosmetische-Genitaloperationen-im-Kinderspital-Luzern
http://Zwischengeschlecht.org
Regelmässige Infos: http://zwischengeschlecht.info
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SPITZEL
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Indymedia 16.11.10
http://ch.indymedia.org/de/2010/11/78747.shtml
Aktivist in Grossbritannien als Bulle enttarnt ::
AutorIn : AAZ :
http://www.anarchistische-aktion.ch.vu
Ein paar kurze Notizen über diesen Fall: Am 21.10. wurde in
Grossbritannien ein langjähriger Aktivist als Polizist enttarnt.
Er hat auch außerhalb des UK viele Kontakte zu radikalen
Bewegungen gehabt, unter anderem nach Berlin.
http://ch.indymedia.org/images/2010/11/78748.png
Es handelt sich um Mark "Stone", auch "Flash" genannt. Sein richtiger
Name ist Mark Kennedy. Er war nach eigenen Angaben von 2000 bis Ende
2009 als Polizist tätig und gleichzeitig als Aktivist stark aktiv.
Auch vor dem Jahr 2000 war er bei der britischen Polizei tätig,
deshalb handelt es sich bei ihm nicht um einen üblichen
"Informanten" oder angeworbenen "Spitzel", sondern um einen Polizisten
in Reinnatur.
Mark engagierte sich in vielen Bereichen der autonomen Bewegung: von
Earth First!, zu Tierrechtsaktionen, Klima-Camps, Freiräume,
Antifa usw. Er reiste gerne durch Europa, beteiligte sich an zum
Beispiel an Gipfelprotesten und pflegte europaweite Kontakte. In
Deutschland war er vor allem in Berlin zwischen 2005 und 2010 gerne zu
Gast gewesen.
Ob er tatsächlich Ende 2009 aus dem Polizeidienst ausgeschieden
ist, wie er während seiner Aussage vor den Personen, die ihn
konfrontiert haben gesagt hat, bleibt unklar und unwahrscheinlich, bzw.
ändert daran nichts.
Er war auch auf zahlreichen eMail-Listen eingetragen, bitte checkt, ob
eine dieser Adressen auf euren Verteilern ist:
- flashwheels@yahoo.co.uk
- markstone@o2email.co.uk
- trailertrashheroe@yahoo.co.uk
und in etwa: ms1969@.......
Seitdem er enttarnt wurde und dies öffentlich gemacht wurde, sind
alle Interneteinträge über und von ihm (wie z.B. bei
Facebook) aus dem Netz verschwunden, das gleiche gilt für
Telefonkontakte.
Wir denken, dass es extrem wichtig ist, die Nachricht so breit wie
möglich zu streuen, denn es ist unklar, was für genaue
Aufgaben er während seiner Dienstzeit übernommen hat. Sicher
ist, dass er europaweit eingesetzt wurde und mensch kann davon
ausgehen, dass die Kooperation zwischen den verschiedenen
Polizeikräften gut gepflegt und wichtige Informationen an die
verschiedenen Behörden übermittelt worden sind.
Wir halten jegliche Spekulationen für gefährlich, wichtiger
ist dass jede/r über seine/ihre möglichen Kontakte mit ihn
nachdenkt, sowie über das eigene Sicherheitskonzept, ohne dabei in
Paranoia zu verfallen.
Durch ein Zeichen des Zufalls wurde nur ein paar Tagen zuvor in Genua,
Italien, eine 22-jährige peruanische Studentin als Informantin der
Polizei enttarnt: sie war innerhalb der letzten paar Jahre in der
autonomen, antagonistischen Bewegung aktiv und übermittelte
Informationen an die italienische Polizei.
http://www.abc-berlin.net
In diesem Sinne, Augen offen halten.
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MUMIA ABU-JAMAL
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Blick am Abend 15.11.10
HINTERGRUND
Der Popstar im Todestrakt
MORD
Mumia Abu-Jamal sitzt seit 30 Jahren in der Todeszelle. Jetzt
wird sein Fall neu aufgerollt.
gerhard.schriebl@ringier.ch
In Philadelphia sprach eine Jury Mumia Abu-Jamal schuldig. Der
28-jährige Journalist und Taxifahrer wurde zum Tode verurteilt -
wegen Mordes an Polizist Danny Faulkner. Das war am 2. Juli 1982.
Seither sitzt er im Gefängnis. Dort schrieb er sechs Bücher,
empfing Nobelpreisträger und Intellektuelle, schrieb Kolumnen oder
moderierte Radiosendungen. Mumia Abu-Jamal ist der berühmteste
Todeskandidat der Welt. Während er in seiner Todeszelle sass,
ernannten ihn unter anderen San Francisco, Paris und Venedig zum
Ehrenbürger. Abertausende Menschen auf der ganzen Welt feiern den
heute 56-jährigen Abu-Jamal als Helden. Nach Bob Marley ziert kein
anderer Mann mit Dreadlocks so viele Plakate und T-Shirts wie der
Todeskandidat AM 8335. Ehrerbietungen für einen verurteilten
Mörder?
Viele von Mumia Abu-Jamals Verehrer sind von seiner Unschuld
überzeugt, die er selber stets beteuerte. Die beim Prozess
vorgelegten Beweismittel zeichnen jedoch ein anderes Bild: Am 9.
Dezember 1981 begann Abu-Jamal um ein Uhr morgens seine Taxischicht,
seinen Job als Radiomoderator hatte der Bürgerrechtler wegen
"mangelnder Objektivität" verloren. Um vier Uhr setzte Abu-Jamal
einen Kunden in Philadelphias Rotlichtquartier ab. Ganz in der
Nähe verhaftete der Polizist Danny Faulkner Abu-Jamals Bruder
William Cook (Abu-Jamal hiess gebürtig Wesley Cook), weil dieser
ohne Licht falsch durch eine Einbahnstrasse gefahren sei. Als Faulkner
Cook Handschellen anlegte, habe Abu-Jamal laut der Anklage auf Faulkner
geschossen. Dieser habe sich umgedreht und zurückgefeuert, bevor
er hinfiel. Der verwundete Abu-Jamal sei dann zu Faulkner hingegangen
und habe seinen Revolver leergeschossen. Augenzeugen und ein
Ballistiker bestärkten die Version der Anklage, und der
frühere Black-Panther-Aktivist wurde zum Tode verurteilt.
Der Prozess warf allerdings einige Fragen auf. So lehnte der
Staatsanwalt mehrere schwarze Juroren ohne Begründung ab, und
Abu-Jamal verteidigte sich - zu seinem Nachteil - selbst. In den
letzten drei Jahrzehnten wurde Abu-Jamals Fall immer wieder neu
aufgerollt, immer wieder stand er im Rampenlicht, und immer geht es um
mehr als den Mord von 1981.
Mumia Abu-Jamal wurde im Gefängnis zur Ikone der
Unterdrückung der Schwarzen und zum Exempel der "unfairen
US-Justiz".
Seit letzter Woche wird der Fall vor einem Berufungsgericht neu
aufgerollt. Kurz zuvor hatte sein Anwalt sein Mandat niedergelegt. Er
war der fünfte Verteidiger des berühmten Todeskandidaten.
--
Ehrenbürger von mehreren Städten.
GUT ZU WISSEN
Ikone der schwarzen Bürgerrechtler
In Philadelphia herrschte bis Ende der 70er-Jahre offener
Rassismus, der auch bei der Polizei verbreitet war. Wesley Cook, der
sich später Mumia Abu-Jamal nannte, war bereits 1968 im Alter von
14 Jahren bei der Black Panther Party als Hilfs-Pressesprecher aktiv
und wurde wegen Verbreitung militanter Flugblätter von der Schule
verwiesen. Nach einem Streit trat Abu-Jamal 1971 aus der Black Panther
Party aus und engagierte sich bei der grün-radikalen Move-Bewegung.
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HIPHOP
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Süddeutsche Zeitung 16.11.10
Niemand geht in den Club, um nachzudenken
In New Orleans dominieren Transvestiten die Hip-Hop-Szene: Ist
"Sissy Bounce" nur versaute Powackelei oder das nächste
große Pop-Ding?
JONATHAN FISCHER
"Duck 0ff", das bedeutet in etwa "Untertauchen", steht in
Neon-Lettern über dem unscheinbaren Schuppen an der Thureaud
Avenue in New Orleans‘ rauem 7th Ward. Doch schon wegen der auf dem
Mittelstreifen geparkten Autokolonnen samt einiger Einsatzwagen des New
Orleans Police Department ist der Club kaum zu verfehlen. Nach dem
Passieren eines Waffendetektors, der aussieht wie ein wackliges
Metalltor, wird der Besucher von zwei schrankbreiten Typen abgeklopft.
"Okay, Sir". Dann erst öffnet sich die Türe zum Club, der
eigentlich nur ein schwach beleuchteter langer Raum ist mit niedrigen
Decken, Linoleumboden und einer Kabine in der offensichtlich ein DJ an
der Arbeit ist - und vor dessen Sichtfenster zwei tätowierte und
aus ihren übergroßen Polos quellende Türsteher die Arme
verschränken, als ob hier ein Geldtransport gesichert werden
müsste. Die Stimmung schwankt zwischen Vorfreude und latenter
Aggression. An den Wänden lungern Jungs mit blitzenden
Sonnenbrillen. Doch den größten Teil des Clubs nehmen junge
Frauen mit strassbesetzten Medaillons in hautengen Tops und Leggins
ein. Gelegentlich nehmen sie für ein paar Takte den erbarmungslos
knatternden Bounce-Beat auf. Mit anderen Worten: Sie bewegen ihre
Becken ruckartig hoch und runter. Auf allen Vieren. Lind in einer
Frequenz, die selbst die zerhackten Gesangsparts dieser lokalen
Hip-Hop-Spielart mehrfach überholt.
Doch das sind nur Aufwärmübungen.
Alle warten hier auf den Star des Abends, den Rapper, pardon die
Rapperin, die die Tanzfläche in Wallung bringen soll: Sissy Nobby.
Die angestaute Spannung im Club entlädt sich in einer wilden
Prügelei zwischen einem halben Dutzend Frauen. Dann, kurz vor zwei
Uhr nachts der erlösende Schrei: ..Nooooubeee!" Eine dickliche
kleine Energiekugel im Leopardentop und mit bunter Plastikbrille tanzt
herein.
Nooouubeee! " Wenn Bounce-DJs routinemäßig die
Melodien ihrer Songs zerhacken, dann imitiert Nobby diesen Sound mit
stotternden Raps. "Do it baby, stick it! Like a sis - sis - sis -
sissy!" Nobby ist biologisch gesehen zwar ein Mann. Doch lässt er
sich gerne als Frau anreden. "Sissy" oder "Schwuchtel" mögen
anderswo Schimpfwörter sein - in Nöw Orleans nicht, hier
schmückt er die Stars der örtlichen Bounce-Szene: Sissy Jay,
Sissy Gold oder die Gruppe Sissies With Attitude. Auch Katey Red, Big
Freedia und Vockah Redu kündigen sich gerne als "Sissies" oder
"Punks" an.
Im Lexikon des Bounce steht der Begriff für homosexuelle,
männliche Transvestiten. In New Orleans haben ihre Auftritte
während des Mardi Gras Tradition, sind sie in Marching Bands und
als Cheerleader vertreten. Doch seit einiger Zeit laufen die Sissies
auch im Hip-Hop ihren heterosexuellen Kollegen den Rang ab.
Die jüngsten Bounce-Hits jedenfalls gehen fast
ausschließlich auf ihr Konto.
Und hebeln ganz nebenbei einige der imgeschriebenen Gesetze des
extrem homophoben Südstaaten-Hip-Hops aus den Angeln: Wo hat man
hier schon einmal Typen gesehen, die nicht nur ungeniert
Frauentänze aufführen, sondern dabei auch noch über
schwule Sexualität schwadronieren? Offensichtlich funktioniert
Bounce nach ganz eigenen Spielregeln: Zwar befeuerten die Beats dieser
Hip-Hop-Spielart schon Hits von Superstars wie Lil‘ Wayne oder
Beyoncä, letztlich bleibt der sogenannte Sissy Bounce stark lokal
verwurzelt. So bemühen etwa Rapper hier selten die Sprachfinessen
ihrer New Yorker Kollegen. Viel wichtiger ist die Interaktion mit dem
Publikum: " Shake it for the 6th ward, work it for the 7th ward!"
kiekst Nobby ins Mikro. Die Angesprochenen johlen zurück. Selbst
im Rahmen der Stadtaufwertung kürzlich planierte Sozialsiedlungen
werden rituell ausgerufen. Jenseits aller sexueller Identitäten
geht es um einen gemeinsamen örtlichen Bezug über alle
Genregrenzen hinweg. Ihre Call-and-Response-Vocals entlehnen die Bounce
Rapper den traditionellen Chants der Black Indians, in prachtvollen
Federkostümen auftretenden Tanztruppen. Nicht selten spielen
Brassbands im Rahmen von Bounce-Parties und Bounce-Rapper gastieren
ihrerseits auf Aufnahmen befreundeter Jazzmusiker wie Trombone Shorty,
Shamarr Allen oder Kermit Ruffins. Das letzte Album der lokalen
weißen Funkhelden Galactic vereinte gar ehrwürdige
Soullegenden wie Allen Toussaint und Irma Thomas mit deren schwulen
Enkeltöchtern Big Freedia, Katey Red und Sissy Nobby. Die New York
Times bezeichnete New Orleans als "kulturelles Galapagos".
Als Geburtsjahr der neuen Musikgattung Bounce gilt 1991. Damals
veröffentlichte MC T. Tucker den Song "Where Dey At", ein Chant,
der über einem rohen, abgespeckten Beat einzig und allein auf
maximale Tanz-Animation abzielte.
Derselbe, "Triggaman" genannte Rhythmus hat seitdem nicht nur
Tausende nachfolgender Bounce-Songs unterfüttert. Er inspirierte
auch die Entstehung verwandter und kommerziell sehr erfolgreicher
Spielarten des Südstaaten-Rap wie etwa Crunk. Ebenfalls relativ
schlicht - oder traditionsbewusst - sind die k~aps: Die hektischen
"Uhop and cut"- Beats lassen keinen Platz für langatmige
Geschichten. Also werden altbewährte Phrasen, Schlagwörter
und gnadenlos eindeutige Beschreibungen von Sexualakten rekombiniert.
Die Sissy Rapper haben hier lediglich die Beziehu.ngsebene verschoben:
Sie spielen mit Beinamen wie "dick eater". Und hellen die Beatwalzen
durch leichtere Disco-Samples auf. Vor gut zehn Jahren brachte Katey
Red, ein knapp 1,90 Meter großer schwuler Transvestit aus den
Melpomene Projects, das erste Sissy Bounce Album auf den Markt:,,
Melpomene Block Party".
Seitdem hat die heute 31-jährige Katey Red durchschnittlich
fünf Auftritte pro Woche absolviert und die Tür für eine
ganze Reihe von Sissy Rappern geöffnet. Einige von ihnen tragen
Perücken und Frauenkleider, andere wie Sissy Nobby definieren sich
eher über ihre Sprache und ihren Tanzstil. "Schwulle haben es im
Alltag in New Orleans nicht leichter als anderswo", sagt Nobby, "aber
wir werden geliebt, wenn wir auf der Bühne stehen".
Die Sissies können auf eine lange Pop-Geschichte schwuler
und schwarzer Transvestiten und Showmänner zurückblicken:
Esquerita und Little Richard gehörten mit ihrer dicken Schminke
und den pomadierten Frisuren ebenso dazu wie die New Orleans Legende
Patsy Vidalia. In Frauenkleidern präsentierte der schwule
Entertainer von den vierziger bis in die sechziger Jahre das Programm
des legendären "Dew Drop Inn" Clubs, seine Drag-Kostüme waren
Stadtgespräch. Mindestens ebenso berüchtigt war der
gelegentlich crossdressende Soulsänger Bobby Marchan: Lange nach
dem Versiegen seiner lokalen Hitsträhne organisierte er einige der
ersten Hip-Hop-Shows für das Cash Möney Label (das den Rapper
Lii‘ Wayne hervorbringen sollte). Gemeinsame musikalische Interessen
wiegen in New Orleans schwerer als homophobe
Berührungs-ängste. Doch ob die flamboyanten Sissy Stars den
Hip-Hop wirklich vom Testosteron-Wahnsinn befreien können? Sissy
Nobby bringt jedenfalls eine Ausgelassenheit auf die Bühne, die
dem in Machismo erstarrten Hip-Hop leider allzu oft fehlt. Ein halbes
Dutzend Mädchen - es bleibt unklar, ob sie Teil der Show sind oder
bloß begeisterte Fans - reihen sich rund um Nobby, strecken ihm
ihre vibrierenden Hinterteile entgegen, und führen den typischen
hypersexualisierten Tanz des Bounce auf: "Pop and Wobble". Die
Tanzfläche füllt sich mit jungen Frauen, die es ihnen nachtun.
Und jetzt wird deutlich, dass sie, wie bei den meisten
Sissy-Bounce-Shows, die Mehrheit des Publikums stellen. Klar ist auch,
dass die Männer kaum wegen der schwulen Sex-Raps gekommen sind -
sondern um den Frauen beim Tanzen zuzuschauen. Und Nobby selbst? Sie
hüpft mit dem Mikro herum, als ob sie Wespen in den Turnschuhen
hätte. Macht sich über Männer lustig, die nicht zu ihrer
schwulen Orientierung stehen und beugt sich plötzlich selbst nach
vorne. Kreischkonzert: Auch Sissiös können den "Pop and
Wobble"! Vielleicht erklärt die Party-Euphorie im "Duck Off",
warum Millionen Fans Sissy Nobbys Videos wie "Spining Top" oder "Arch
Yo Back" anklicken, obwohl es da kaum mehr zu sehen gibt als
amateurhaft gefilmte Powackeleien. Ob der Sissy-Boom bald auch
über New Orleans hinauskommt? Katey Red und Big Freedia haben
zuletzt erfolgreiche Tourneen absolviert, die sie bis nach Brooklyn
führten. Doch die Major Labels trauen sich nicht dran an den
Sissy-Rap. Noch nicht: Die Raps klängen für ein Publikum
nördlich der Mississippi-Hafenstadt doch etwas zu einseitig
versaut. Nobby juckt das nicht: "Die Menschen in New Orleans gehen
nicht in den Club, um über Texte nachzudenken - sie wollen die
Energie spüren. Den Blues wegtanzen. Und sich vergewissern, dass
sie immer noch leben!"
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ANTI-ATOM
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Oltner Tagblatt 18.11.10
Nein zum Atom-Endlager im Niederamt
Olten Letzten Samstag führte der Verein "Niederamt ohne
Endlager NoE" eine Standaktion am Oltner Bifang-Markt durch. Es wurde
auf das so genannte Anhörungsverfahren aufmerksam gemacht, dass
noch bis Ende November 2010 läuft. Darin können Gemeinden,
Einzelpersonen und Organisationen versuchen, ihre Meinung und Anliegen
kundzutun. Bis heute konnte keine Behörde der NoE sagen, was
dieses Verfahren im jetzigen Zeitpunkt bringen soll, es schmeckt stark
nach einer Alibiübung. Trotzdem oder gerade erst recht sammelte
und motivierte NoE die Passant(inn)en zum Protest mittels einer
Anhörungs-Einsprachekarte. Dazu brauchte es meist keine grossen
Diskussionen, viele wollten sofort etwas gegen das drohende
Atom-Endlager im Niederamt unternehmen. (mgt)
---
Landbote 18.11.10
Alternative zu Endlager gefordert
Laufen am Rheinfall - Verschiedene kernkraftkritische Vereinigungen und
Parteien präsentierten gestern in Laufen am Rheinfall ihre
Haltungen zum Anhörungsprozess bei der Standortsuche nach einem
geologischen Tiefenlager für die Entsorgung radioaktiver
Abfälle. Dabei forderten die Vertreter die Abkehr von einem
Endlager und den Ausstieg aus der Kernenergie. Statt eines Endlagers
könnte ein geologisches Zwischenlager, in dem die Abfälle
ständig überwacht werden, für die Entsorgung des
Atommülls dienen. Ein Endlager wird nicht als sicher erachtet.
(cwe) lSeite 21
--
Vetorecht für Standorte gefordert
Christian Weiss
Die Gegner eines Atomendlagers im Weinland legten gestern ihre
Standpunkte dar. Dabei forderten sie eine echte Mitsprache der
betroffenen Regionen. Auch wurde die Zurückhaltung der
Weinländer Gemeindebehörden kritisiert.
Laufen am Rheinfall - In einer öffentlichen Anhörung
konnten sich die Interessenverbände zum Thema Atomendlager an das
Bundesamt für Energie wenden. In Laufen am Rheinfall
präsentierten gestern die kernkraftkritischen Organisationen und
Parteien ihre Forderungen den Medien. Dabei stellte Jean-Jacques
Fasnacht von Klar! Schweiz fest, dass die Entschlossenheit zum
Widerstand bei den Weinländer Gemeindebehörden fehle: "Sie
verstecken sich hinter neutralen Parolen", so sein Urteil.
Wie der Weinländer SP-Kantonsrat Markus Späth anmerkte,
werde der Standort dannzumal nach politischen und nicht nach
sicherheitstechnischen Überlegungen gewählt. Wer sich nicht
wehre, bekäme schliesslich das Endlager auch. Und dies wäre
nach Ansicht von Späth auch aus wirtschaftlicher und sozialer
Sicht fatal: Schon bevor das Endlager seinen Betrieb aufnähme,
würde das Bevölkerungs- und das Arbeitsplatzwachstum im
Weinland stagnieren. In den nächsten Jahrzehnten könnten dem
Zürcher Weinland Steuerausfälle in zweifacher
Millionenhöhe drohen.
"Nicht ohne beträchtlichen Neid", wie es Späth
ausdrückte, schaue man deshalb nach Schaffhausen, wo sich
Regierung und Kantonsrat entschieden gegen ein Endlager stellen. Der
Verfassungsauftrag des Regierungsrates, sich gegen jedes
Atommülllager auf Kantonsgebiet zu wehren, wurde vor Kurzem auf
die an Schaffhausen angrenzenden Gebiete ausgedehnt.
Kritik wurde gestern auch an der Partizipation der
Bevölkerung geäussert: "Man hat uns ein Mitwirkungsverfahren
versprochen, jetzt heisst es auf einmal Anhörungsverfahren", sagte
Iren Eichenberger von der Ökoliberalen Bewegung Schaffhausen.
Atomausstieg als Ziel
Der Schaffhauser SP-Nationalrat Hans-Jürg Fehr kündigte
denn auch an, dass er in Bern eine Parlamentarische Initiative
einbringen werde, welche den möglichen Endlagerstandorten ein
Vetorecht einräumen würde, wie es das schon vor der Revision
des Kernenergiegesetzes gegeben hat. "Keiner Region soll ein Endlager
aufgezwungen werden können", formulierte Fehr seine Forderung. Die
jetzigen Partizipationsmöglichkeiten seien ein
pseudodemokratisches Verfahren.
Die Endlagergegner kritisierten aber nicht nur das politische
Verfahren. Sie äusserten auch grundsätzliche Zweifel an der
Sicherheit von Endlagern für radioaktive Abfälle. Martina
Munz, Schaffhauser SP-Kantonsrätin und Ko-Präsidentin der
Interessengemeinschaft Lebensraum Klettgau, befand, dass der
Entsorgungsnachweis, wie ihn die Hauptabteilung für die Sicherheit
der Kernanlagen des Bundes abgesegnet hat, eben nicht erbracht sei:
"Mit heutiger Technologie kann der Atommüll nicht sicher entsorgt
werden." Es sei eine naive Wissenschaftsgläubigkeit, wie man sie
schon bei der vermeintlich unsinkbaren Titanic erlebt habe, dass die
Abfälle für eine Million Jahre sicher versorgt werden
können.
Munz sprach sich stattdessen für ein geologisches
Zwischenlager (siehe "Nachgefragt") aus, bei dem die
Rückholbarkeit der radioaktiven Abfälle auf lange Zeit
gewährleistet ist. Bei einem Endlager, wie es jetzt geplant ist,
sei eine solche Rückholbarkeit nur so lange gewährleistet,
wie es nicht gefüllt und damit auch nicht verschlossen sei.
Der allgemeine Tenor der gestern in Laufen anwesenden
Gruppierungen weist zudem eindeutig in einen endgültigen Ausstieg
aus der Kernenergie. Nationalrat Fehr bezeichnete diesbezüglich
die jüngsten Ereignisse als Rückschlag. Einerseits habe das
Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat drei neue Standorte
für mögliche Atomkraftwerke ausgewiesen. Zudem sei im
Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und
Kommunikation der Atomgegner Moritz Leuenberger durch den "Atom-Turbo"
Doris Leuthard abgelöst worden.
CHRISTIAN WEISS
--
Objektive Kriterien sollen über Lagerort entscheiden
Christian Weiss
Auch das Forum Opalinus, in dem die Weinländer
Gemeinderäte vertreten sind, teilte vor Kurzem mit, mit welchen
Forderungen sie in der Frage der Atomendlagerstandorte ans Bundesamt
für Energie getreten sind.
Verena Strasser, Gemeindepräsidentin von Benken und
Präsidentin des Forums Opalinus, zeigt sich dabei erleichtert,
dass während der ersten Etappe des Sachplanverfahrens alle sechs
möglichen Lagerstandorte für radioaktive Abfälle
(Jurasüdfuss, Bözberg, Nördlich Lägern, Wellenberg,
Südranden und Zürcher Weinland) intensiv und mit Sorgfalt auf
ihre sicherheitstechnische Eignung geprüft worden seien.
Schliesslich seien bis 2008 die Gemeinden Benken, Marthalen und
Trüllikon alleine im Fokus der Aufmerksamkeit um ein Tiefenlager
gestanden.
Strasser fordert aber eine noch bessere Untersuchung der anderen
fünf Standorte: "Die Regionen müssen vergleichbar sein. Diese
Vergleichbarkeit ist aktuell noch nicht gegeben." Das Forum Opalinus
erwartet, dass auch in der zweiten Etappe alle sechs möglichen
Standortregionen weiter geprüft werden. Strasser kritisiert, dass
der Fokus zu früh auf Benken gerichtet worden sei und deshalb das
Zürcher Weinland ein allzu grosses Gewicht für ein
mögliches geologisches Tiefenlager erhielt.
Auch beim Forum Opalinus betrachtet man wie bei den
kernkraftkritischen Verbänden (siehe oben) das
Partizipationsverfahren für die Bevölkerung eher kritisch.
Dabei wird aber weniger die Mitsprachemöglichkeit an sich
beanstandet, sondern das aufwendige Verfahren. So sagt Strasser: "Wir
stellen fest, dass mit dem Aufbau verschiedener operativ tätiger
Gremien Verwirrung in der Wahrnehmung der Bevölkerung entsteht und
so letztlich das Gegenteil der beabsichtigten Transparenz bewirkt
wird." Zudem seien die betroffenen Standortregionen dreimal
vergrössert worden. Im Falle des Weinlandes sind aktuell 24
Zürcher, acht Schaffhauser, drei Thurgauer und vier deutsche
Gemeinden involviert. "Damit ist die Grenze erreicht", so Strasser.
Das Forum fordert auch, dass das Auswahlverfahren nicht von
Ideologien beherrscht wird, sondern Fakten zählen. "Die
Wissenschaftlichkeit nach objektiven Kriterien und damit die
grösstmögliche Sicherheit stehen im Vordergrund", so die
Forumspräsidentin. Das Forum verpflichtet sich zudem dazu, die
Bevölkerung bestmöglich zu informieren. (cwe)
--
Nachgefragt
Martina Munz - Kantonsrätin Schaffhausen, SP
"Im Zwischenlager kann der Atommüll kontrolliert werden"
Christian Weiss
Sie stossen jetzt mit der Idee eines geologischen Zwischenlagers
vor. Das klingt nach einem Ablenkungsmanöver, damit man den
Endlagergegnern nicht vorwerfen kann, sie würden keine
Lösungen zur Atommüllentsorgung bringen und nur verhindern
wollen.
Das ist nicht die Idee. Was wir unter keinen Umständen
verantworten können, ist ein unsicheres Endlager. Aber
natürlich gibt es schon heute durch die bestehenden Kraftwerke
Atommüll. Und auch wir wollen für diesen Müll eine
geeignete Lösung finden. Dafür muss aber nach besseren und
sichereren Methoden der Entsorgung geforscht werden.
Ein solches geologisches Zwischenlager bräuchte aber auch
ein möglichst sicheres Wirtsgestein. Dann wäre doch wieder
das Weinland in der engsten Auswahl?
Welches der geeignete Standort für ein solches Zwischenlager
wäre, das müssten unabhängige Experten bestimmen.
Für uns ist entscheidend, dass die sicherste Lösung
angestrebt wird und nicht jene, die für die Atomkonzerne die
billigste ist. Der riesengrosse Unterschied zum geplanten Endlager
wäre, dass bei einem Zwischenlager der Atommüll in
Behältern untergebracht würde, die ständig kontrolliert
werden könnten. Geschähe etwas Unvorhergesehenes, könnte
man im Gegensatz zum Endlager augenblicklich reagieren.
Möglicherweise hätten aber bei einem Zwischenlager sichere
Transportwege eine höhere Priorität, weshalb ein solches
Lager näher an den Orten zu liegen käme, wo der Atommüll
anfällt.
Sie verlangen aber auch, dass ein Atommülllager keiner
Region aufgezwungen werden darf. Dass also ein möglicher Standort
in einer Volksabstimmung sagen kann, ob er ein Lager will oder nicht.
An einem solchen Vetorecht würde doch auch ein Zwischenlager
scheitern?
Ich bin überzeugt davon, dass wir eine
Entsorgungslösung in der Schweiz finden, der auch die betroffene
Bevölkerung zustimmen kann, wenn wissenschaftlich überzeugend
dargelegt ist, dass die Methode sicher ist und wenn die Betroffenen in
den Standortgemeinden wissen, dass kein zusätzlicher Müll
mehr produziert wird.
Sie wollen also den Entsorgungsstandort erst bestimmen, wenn der
Ausstieg aus der Kernenergie beschlossene Sache ist?
Ja. Den Bau eines Zwischenlagers würden wir erst nach einem
Atomausstieg akzeptieren. Bei dieser Energieform ist nicht nur die
sichere Entsorgung ein Problem. Wie man beispielsweise ein
stillgelegtes Atomkraftwerk sicher zurückbaut, ist bis heute
technisch nicht gelöst. Auch dort besteht also noch
Forschungsbedarf.
INTERVIEW: CHRISTIAN WEISS
---
Südostschweiz 18.11.10
Berner AKW-Entscheid gerät zum "Signal für die Schweiz"
Demnächst stehen in Bern kommunale und kantonale
Abstimmungen zum Atomstrom an. Parteien und Lobbyisten schauen genau
auf die Stimmzettel, um daraus Schlüsse für die nationale
AKW-Abstimmung zu ziehen.
Von Barbara Spycher
Bern. - In den nächsten Jahren werden die Schweizerinnen und
Schweizer an der Urne über den Bau neuer Atomkraftwerke (AKW)
entscheiden. Der Ausgang ist offen, in den Städten aber zeichnet
sich ein deutlicher Trend ab: Richtung Atomausstieg. Basel hat ihn
bereits umgesetzt, Zürich per 2044 beschlossen, und am 28.
November stimmt auch St. Gallen über eine langfristige Abkehr vom
Atomstrom ab. Am gleichen Tag kommt in der Stadt Bern eine Initiative
des Grünen Bündnisses an die Urne, die einen Ausstieg bis
2030 verlangt. Die Regierung will sich mit einem Gegenvorschlag bis
2039 Zeit lassen.
60 Prozent Atomstrom
Bei einem Wegfall von Atomstrom hat Bern durchaus eine grosse
Lücke zu schliessen: Das stadteigene Elektrizitätswerk EWB
beliefert seine Kunden derzeit mit 60 Prozent Atomstrom, der
grösstenteils aus den AKW Gösgen und Fessenheim in Frankreich
stammt, an denen es beteiligt ist. Doch das EWB hat vorgerechnet, dass
es anders geht: Bis 2039 will das städtische Werk den billigen
Strom aus den Beteiligungen an alten, abgeschriebenen AKW nutzen und so
erneuerbare Energien finanzieren.
Finanzielle Argumente
Ein Umstieg bis 2030 wäre zwar laut EWB möglich, aber
mit finanziellen Verlusten im dreistelligen Millionenbereich verbunden.
Finanzielle Argumente machen denn auch FDP und SVP gegen den geplanten
Atomausstieg geltend: Die Strompreise würden sich verdoppeln und
die Gewinne des Elektrizitätswerkes zugunsten der Stadtkasse
sinken. EWB-Chef Daniel Schafer hingegen sagt, eine exakte Prognose zur
langfristigen Entwicklung von Strompreisen wäre unseriös.
"Sicher aber ist, dass erneuerbare Energien in Zukunft günstiger
werden, bei der Kernenergie ist vom Gegenteil auszugehen."
Es ist wahrscheinlich, dass die rot-grüne Stadt Bern
zumindest den Gegenvorschlag annimmt. Und schon im Februar folgt der
nächste bernische AKW-Stimmungstest vor dem nationalen
Volksentscheid. In einer konsultativen Abstimmung werden die
Bernerinnen und Berner im Kanton nach ihrer Meinung zu einem neuen AKW
in Mühleberg gefragt.
AKW-Befürworter Rolf Schweiger, Zuger FDP-Ständerat und
Präsident der Aktion für vernünftige Energiepolitik
Schweiz (Aves), verfolgt mit Spannung, wie unterschiedlich in Bern die
städtische und die kantonale Abstimmung ausfallen werden. Er ist
auch gespannt, wie sich das Verhalten von einer "eher theoretischen,
langfristigen" Abstimmung in der Stadt Bern zu einer "konkreteren"
über den Bau eines neuen AKWs verändert.
Statement gegen Stromlücke
Auf der gegnerischen Seite misst man bereits dem Stadtberner
Entscheid eine grosse Bedeutung zu. Beat Jans, Basler SP-Nationalrat
und Co-Präsident von "Nie wieder Atomkraftwerke", sagt: Ein
deutliches Ja der Berner wäre ein "Signal für die Schweiz".
Auch Sabine von Stockar von der Schweizerischen Energiestiftung
erachtet einen Atomausstieg der Berner als Bestätigung für
eine Entwicklung, die sich von Genf bis Schaffhausen abzeichne:
"Städte und Gemeinden wollen eine unabhängige, dezentrale und
saubere Stromversorgung." Im Kampf gegen die gewichtige Lobby der
grossen Stromkonzerne hofft Stockar auf weitere Städte, die dem
Beispiel folgen - auch, weil so Gegenbeispiele entstehen, die im
nationalen Abstimmungskampf 2013 oder 2014 genutzt werden könnten.
---
Grenchner Tagblatt 18.11.10
Grüne kritisieren AKW-Gutachten
Standort Die Grünen Kanton Solothurn zeigen sich in einer
Mitteilung befremdet vom Gutachten über die Standortfrage für
neue AKW. Obwohl längst wissenschaftlich erwiesen sei, dass eine
ausreichende Versorgung der Schweiz mit erneuerbaren Energien und der
Verbesserung der Energieeffizienz erreicht werden kann, begründe
das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) den Bau
neuer AKW mit der Versorgungssicherheit. Die Grünen kritisieren
die Aussage, dass alle Bedingungen für die Erteilung der
Rahmenbewilligung nun erfüllt seien. "Dem ist aber nicht so, denn
darunter fällt auch der Nachweis für die Entsorgung der
radioaktiven Abfälle." Dieser Nachweis sei längst nicht
erbracht, denn es ist absolut unklar, wo ein Endlager gebaut werden
kann. "Die Grünen werden sich entschieden gegen den Bau neuer AKW
engagieren." Im Frühling 2011 können die Kantone zum Bau
neuer AKW Stellung nehmen und im Sommer werden alle Schweizer die
Möglichkeit haben, Einwendungen und Einsprachen einzureichen. (mgt)
---
Thurgauer Zeitung 18.11.10
Atomkritiker suchen Schulterschluss
bor
Über die Parteigrenzen hinweg formieren sich die Gegner
neuer Atomkraftwerke. Im Kanton Thurgau hat sich gestern die "Allianz
Thurgau Nein-zu-neuen-AKWs" gegründet.
Weinfelden - Die alten Zeiten der Atomkraftgegner sind vorbei.
Meetings, Sponti-Versammlungen in besetzten Häusern mit rauchenden
Aktivisten und strickenden Aktivistinnen sind nur noch Nostalgie. Heute
stricken Atomkraftgegner an Vereinsstatuten und gehen bei ihren
Aktionen geplant und gezielt vor. Die Medien werden in diesen Prozess
erst eingebunden, wenn Aktionen beschlossen sind. So hält es auch
die Allianz Thurgau.
Gegen die drei AKWs
Der gestern neu gegründete Verein sucht den Schulterschluss
der Atomkritiker. Unter dem Dach der Allianz Thurgau sollen sich alle
atomkritischen Privatpersonen, Vereine, Organisationen und
Verbände zusammenschliessen, um gegen die beantragten drei neuen
Atomkraftwerke in der Schweiz zu kämpfen. Zwar ist im Thurgau
selbst kein Atomkraftwerk geplant, aber im Hinblick auf eine
eidgenössische Volksabstimmung 2013 oder 2014 soll auch die
Thurgauer Bevölkerung mobilisiert werden.
Heute sind gut 50 Personen, sechs Thurgauer Parteien (GP, SP,
EVP, GLP, Junge Grüne, Juso), zwei Firmen (Nutronic AG,
PVT-Schweiz) und zwei Verbände (Pro natura, WWF Thurgau/Bodensee)
Mitglieder des neugegründeten Vereins "Allianz Thurgau
Nein-zu-neuen-AKWs". Man verstehe sich eher als Bewegung denn als
Verein im klassischen Sinn, sagte Präsident Urs Oberholzer an der
Gründungsversammlung. Deshalb will man auch auf
Mitgliederbeiträge verzichten und sich durch Spenden und
Gönner finanzieren. Ausserdem ist das Ende der Allianz
zunächst mit der Volksabstimmung in drei bis vier Jahren
programmiert. Eine erste Aktion, die auf die Gefahren eines Endlagers
in Benken aufmerksam machte, war eine Demonstration mit
Atommüllfässern in Diessenhofen. Weitere Ideen für
Aktionen wurden im Anschluss an die Gründungsversammlung
besprochen.
Der erste Vorstand
Diese wählte auch den neuen Vorstand. Mitglieder sind:
Präsident Urs Oberholzer Roth, Romanshorn, Kassiererin Regula
Streckeisen, Romanshorn, und Aktuarin Erica Willi-Castelberg, Arbon.
Hinzu kommen noch je ein Vertreter der beteiligten Parteien sowie der
beiden Verbände. Ziel des Vereins ist es, die Atomkraft zu stoppen
und erneuerbare Energien massiv auszubauen.l
STEFAN BORKERT
--
Teil der Allianz Schweiz
Die Thurgauer Allianz gegen neue AKWs ist der kantonale Ableger
der Schweizer Allianz. In deren Charta heisst es, dass sich die
Mitglieder dem gemeinsamen Ziel verpflichten, die Gewinnung von
atomarer Energie zu stoppen. Sie würden den politischen Einsatz
leisten, um den Bau neuer Atomkraftwerke in der Schweiz abzuwenden.
AKWs würden eine unannehmbare Gefahr darstellen. Das
Entsorgungsproblem sei noch nicht gelöst. Ausserdem würden
AKWs die Entwicklung erneuerbarer Energien behindern (bor)
---
WoZ 18.11.10
AKW-Bewilligungsverfahren
Eine Scharade mit Nebenwirkungen
AKWs verursachen schon im Normalbetrieb gesundheitliche
Schäden. Das belegen immer mehr Studien. Trotzdem sollen in der
Schweiz neue Anlagen gebaut werden. Frühestens in drei Jahren
können die Schweizer StimmbürgerInnen darüber befinden.
Doch zur Abstimmung kommt wohl nur ein Blankoscheck für die
Atomindustrie.
Von Susan Boos
Rund um die deutschen und Schweizer Atom an la gen fehlen
Tausende von Kindern - insbesondere Mädchen. Konkret ist die Rede
von bis zu 20 000 Mädchen, die in den letzten vierzig Jahren
"verloren gegangen sind", weil ihre Mütter während der
Schwangerschaft in der Umgebung von AKWs gelebt haben. Das belegt eine
soeben erschienene Studie (vgl. Interview nächste Seite). Sie
dürfte die Atomdebatte neu befeuern: Bislang wusste man aufgrund
der deutschen Kinderkrebsstudie, dass in der Nähe der Atommeiler
überdurchschnittlich viele Kinder an Leukämie erkranken. Die
neue Studie legt nun aber nahe, dass das Problem noch gravierender ist
und Embryonen so stark geschädigt werden können, dass sie
absterben.
Die AKW-Frage treibt das Land um wie seit bald zwanzig Jahren
nicht mehr. In Bern und St. Gallen kommen am 28. November Vorlagen vors
Stimmvolk, die von den städtischen Stromversorgern den
schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie verlangen. Die Stadt
Zürich hat schon entschieden, sich vom Atomstrom zu verabschieden.
Basel lebt bereits atomstromfrei.
Drei neue Atomkraftwerke
Gleichzeitig werden neue AKW-Projekte konkreter. Am Montag
stellten das Bundesamt für Energie (BFE) und das
Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) ihre Gutachten
zu den Rahmenbewilligungsgesuchen für die geplanten drei
Atommeiler vor. Es geht dabei um das sogenannte Ersatzkernkraftwerk
Mühleberg bei Bern, das Ersatzkernkraftwerk Beznau nördlich
von Baden und das Neubauprojekt Niederamt bei Gösgen. Die ersten
beiden Projekte werden vom bernischen Unternehmen BKW FMB Energie und
dem Ostschweizer Energiekonzern Axpo gemeinsam vorangetrieben. Das AKW
Niederamt hingegen wird von der Alpiq geplant, die zu fast einem
Viertel dem französischen Energieriesen Electricité de
France (EDF) gehört.
Die Rahmenbewilligungsgesuche sind wichtig, weil gemäss dem
neuen Kernenergiegesetz über sie abgestimmt werden kann. Damit
möchte man ein zweites Kaiseraugst verhindern: 1975 besetzten
AKW-GegnerInnen das Baugelände, es entstand daraus eine der
stärksten Schweizer Politbewegungen. Das soll nicht noch einmal
passieren. Deshalb unterstehen alle nuklearen Neubauprojekte dem
fakultativen Referendum. Schon in drei Jahren könnte über die
neuen Meiler abgestimmt werden.
Doch worüber genau? Im Rahmenbewilligungsgesuch steht wenig,
was wirklich relevant ist. Die AKW-Bauer müssen sich darin nicht
einmal darauf festlegen, wie gross ihre Anlagen werden sollen. Man
erfährt nicht, welchen Reaktortypen sie planen, einen Siede- oder
einen Druckwasserreaktor. Der Siedewasserreaktor gibt im Normalbetrieb
mehr Radioaktivität ab als der andere Typ - was in Anbetracht der
Diskussion über die Kinderleukämie und die "verlorenen
Mädchen" von grosser Bedeutung ist.
Das Chaos von Olkiluoto
In den Rahmenbewilligungsgesuchen steht auch nicht, welches
Reaktormodell von welchem Hersteller gebaut wird. Man wird also bei der
Abstimmung nicht wissen, wie das Ding aussieht, welche
sicherheitstechnischen Probleme es hat, wer es baut, wie teuer es wird.
Das alles zu wissen, wäre jedoch zentral. Denn mit dem
Vorzeigeneubau, dem Europäischen Druckwasserreaktor EPR, der
zurzeit im finnischen Olkiluoto hochgezogen wird, läuft vieles
schief. Den Reaktor baut Areva, eine staatliche Schwesterfirma der EDF.
Ursprünglich hätte er vor einem Jahr ans Netz gehen sollen,
nun heisst es, er sei vermutlich 2013 fertig. Die Baukosten steigen
unablässig, haben sich schon fast verdoppelt und erreichen bald
sechs Milliarden Euro.
Vor einem Jahr warnten zudem die Atomaufsichtsbehörden von
Finnland, Frankreich und Britannien in einer gemeinsamen Stellungnahme
vor den Konstruktionsproblemen des EPR. Das normale Betriebssystem des
Reaktors und das Sicherheitssystem sind so stark miteinander vernetzt,
dass es zur Katastrophe kommen könnte (siehe WOZ Nr. 8/10).
Gut möglich, dass der EPR auch in der Schweiz gebaut wird -
weil die EDF ein grosses Interesse haben dürfte, bei Gösgen
einen ihrer französischen Reaktoren hinzustellen.
Entmachtete Kantone
Auch dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat
scheint das Durcheinander in Olkiluoto nicht geheuer. Dezent, doch
unmissverständlich verlangt es im Gutachten: Die Kraftwerksbauer
hätten für die "Projektierungs- und Auslegungsphase sowie
für die Bauphase ein Managementsystem zu implementieren". Dazu
schreibt das Ensi: "Die Managementtätigkeiten beeinflussen die
Sicherheit und Qualität der Abläufe (…). Einerseits
können Probleme, welche auf Mängel im Management
bezüglich Sicherheit und Qualität in früheren
Projektphasen zurückzuführen sind, häufig nicht mehr
rückgängig gemacht werden.
Andererseits ist eine nachträgliche Überprüfung
von bereits erfolgten Tätigkeiten und Prüfungen kaum mehr
möglich." Das ist eine höfliche Umschreibung des Chaos von
Olkiluoto: Dort wurde das Betonfundament schludrig gegossen, mit
falschen Plänen gearbeitet, und Arbeiten wurden wegen Zeit- und
Spardruck schlecht ausgeführt.
In seinen Gutachten macht das Ensi noch weitere Auflagen. Unter
anderem muss bei Mühleberg genauer untersucht werden, ob der Hang
hinter dem geplanten Atomkraftwerk nicht rutschen könnte. Beim
Beznau-Standort muss hingegen abgeklärt werden, ob ein starkes
Hochwasser die Atomanlage gefährden könnte. Der neue Reaktor
soll auf dieselbe Aareinsel gebaut werden, auf der Beznau I und II
stehen - das Gutachten sagt nichts darüber aus, ob ein solches
Hochwasser auch diese beiden Reaktoren gefährden würde.
Haben die AKW-Bauer einmal die Rahmenbewilligung erhalten,
können die Kantone nicht mehr mitreden. Bei der Baubewilligung
haben sie nichts mehr zu sagen - dabei werden erst dann die delikaten
Details festgelegt. Das Kernenergiegesetz sieht vor, dass die AKW-Bauer
keine kantonalen Baubewilligungen brauchen. Alle Bewilligungen kommen
direkt vom Umwelt- und Energiedepartement Uvek, das inzwischen von der
atomstromfreundlichen CVP-Bundesrätin Doris Leuthard regiert wird.
Die Stimmberechtigten dürfen nur über die
Rahmenbewilligungsgesuche abstimmen, in denen eigentlich nichts steht -
womit einer Technologie mit gemeingefährlichen Nebenwirkungen ein
Blankoscheck ausgestellt wird. Ein neues Medikament, das Fehlgeburten
im selben Ausmass provoziert, wäre längst verboten.
--
Der Fahrplan
Laut den Vorgaben des Bundesamtes für Energie (BFE) hat die
Eidgenössische Kommission für nukleare Sicherheit bis Ende
Jahr Zeit für ihre Stellungnahme zum Rahmenbewilligungsgesuch.
Danach stehen den Kantonen drei Monate zur Verfügung, um sich zu
äussern. Mitte des nächsten Jahres werden die Gesuche dann
öffentlich aufgelegt, allerdings sind sie schon heute auf der
Website des BFE einzusehen.
Im Frühling 2012 soll die Botschaft vorliegen, dann wird das
Geschäft in den Räten behandelt. Die Frist für die
Unterschriftensammlung begänne demnach im Frühling 2013,
womit die Abstimmung noch Ende 2013 stattfinden könnte. Die
Baubewilligungen dürften bis 2017 erteilt werden, zwischen 2025
und 2027 sollten die Anlagen den Betrieb aufnehmen.
--
Aktiv gegen AKW (I)
Daniel Jeseneg, 28
Als Daniel Jeseneg 1982 geboren wurde, war das Atomkraftwerk
schon da. Als kleiner Junge stieg er manchmal vor dem Elternhaus in
Gretzenbach, Kanton Solothurn, aufs Velo und fuhr mit den Schulkollegen
einen Kilometer runter zum Aarefeld bei Gösgen, wenn Greenpeace
vorbeikam für eine Protestaktion, und schaute zu. Im Schatten des
Kühlturms ist er also aufgewachsen, und doch musste er erst Jahre
später ins Schaffhausische fahren, wo er nach dem Abschluss am
Lehrerseminar Solothurn zu unterrichten begann, um das Staunen
über seinen Herkunftsregion zu hören. "Aus Gösgen?",
fragten sie und klopften Sprüche.
Jeseneg entstammt einer bürgerlichen Familie, sein Vater,
Mitglied der CVP, war jahrelang Gemeindepräsident von Gretzenbach
und traf sich regelmässig mit Vertretern der Energiewirtschaft,
über das AKW fiel kaum ein schlechtes Wort, weder zu Hause noch in
der Schule. Erst in den Zeitungsarchiven erfuhr er von den
Protestaktionen in Gösgen Ende der siebziger Jahre, bevor das AKW
1979 schliesslich gebaut worden war. Jeseneg, der sich seit einem Jahr
an der Kunsthochschule Luzern zum Dokumentarfilmer ausbilden
lässt, begann zu recherchieren und nahm Kontakt mit AktivistInnen
von damals auf. Daraus soll nun ein Film werden. Diese Arbeit hat
Jeseneg, dessen Abstimmungscouverts bisher auf dem Müll gelandet
sind, erst zum politisch interessierten Menschen gemacht. "Ich denke,
meine Entwicklung ist typisch für meine Generation. Ich bin ein
Kind der Neunziger, geprägt von Individualismus und
Möglichkeitsvielfalt. Die Aktivisten der siebziger Jahre hingegen
wurden durch die Abgrenzung von der Elterngeneration geprägt."
Dieser Drang gehe der jüngeren Generation ab und mit ihm
auch das handfeste politische Programm, glaubt er. Für seinen Film
über die Protestbewegungen gegen die Schweizer Atompolitik hat er
auch die Jungen Grünen von heute besucht, an einer Parteisitzung
in Solothurn, und zugehört, wie sich seine Generation
parteipolitisch betätigt: in der Sprache der Traktanden und
Beschlüsse, geleitet von globalen, für Daniel Jeseneg weniger
fassbaren Idealen. "Die Jungen sagen, sie machen Politik für die
soziale Gerechtigkeit und für Umweltschutz. Die Alten sagen, sie
engagierten sich gegen das Werteumfeld ihrer Eltern. Ich meine,
Letzteres prägt das politische Bewusstsein stärker." So ist
aus Jeseneg zwar kein Aktivist geworden, aber einer, der sich durch die
Auseinandersetzung mit der Bewegungsgeschichte eine eigene Haltung
angeeignet hat. Seither liest er Zeitungen, nicht nur die
Gratisblätter, und engagiert sich auf Onlineforen in politischen
Diskussionen. Auch sein Verhältnis zum Vater hat sich
verändert - allerdings zum Guten: "In der Atompolitik sind wir
nicht mehr einer Meinung, aber wir stehen uns näher: Ich
interessiere mich für seine Kenntnisse, er sich für meinen
Film." Andreas Schneitter
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Aktiv gegen AKW (Ii)
Michaela Lötscher, 24
Michaela Lötscher erinnert sich gerne an das vorletzte
Wochenende, als sie mit einer Gruppe von fünfzehn Leuten nach
Gorleben in ihr erstes Protestcamp fuhr. Sie besuchte das
Aktionstraining, sie lernte, wie man Polizeiblockaden durchschreitet,
wie man sich wegtransportieren lässt, wie man den gewaltfreien
Widerstand übt. Es gab Musik, Spiele, Gespräche bis tief in
die Nacht, "eine Superstimmung", sagt sie. Doch als sie am folgenden
Dienstag nach der Räumung der Strassenblockade den
Castor-Transport vorbeirollen sah, "hat mich das tief bewegt". Elf
Lastwagen, 123 Tonnen Atommüll. "Mir tun die Leute in der Region
leid, die in Nachbarschaft mit diesem Material leben müssen."
Lötscher, als Laborantin für Pflanzenbio logie
tätig, ist keine Protesttouristin, sondern überzeugt, dass
Blockadeaktionen wie in Gorleben ein wichtiges Zeichen für einen
Ausstieg aus der Energiegewinnung durch Atomkraft setzen können.
Sie wuchs in Rheinfelden nahe Kaiseraugst auf, wo sie viele Geschichten
über die "Heldentaten" der Generation ihrer Eltern gegen das
geplante AKW zu hören bekam, und als sie mit der Schule einst das
AKW Gösgen besichtigte und man ihr dort erzählte, wie
ungefährlich es sei, da war sie, wie sie sagt, "schon längst
sensibilisiert".
Seit 2008 ist Michaela Lötscher Mitglied bei der
Greenpeace-Regionalgruppe Basel, ausserdem bei der Bewegung
"Menschenstrom gegen Atom". Sie hat sich für die Sanierung von
Chemiemülldeponien in der Nordwestschweiz eingesetzt, im
vergangenen Frühling den Pfingstmarsch gegen neue Atomkraftwerke
von Olten nach Aarau mitorganisiert, und vor einigen Wochen verteilte
sie Flyer am Euroairport Basel-Mulhouse, die für eine Reduktion
des CO2-Ausstosses warben. Lötscher ist eine politisch Aktive
ausserhalb der politischen Parteien und damit, glaubt sie, "eine
Minderheit in meiner Generation, in der das Vertrauen, als Einzelne
etwas gegen die Machtinteressen in der Politik ausrichten zu
können, eher schwach vorhanden ist". Den Reaktorunfall in
Tschernobyl 1986 haben Menschen ihres Alters nicht miterlebt, sodass
Atomenergie für umweltverträglicher gehalten werde als die
Ener gie ge win nung aus Kohle oder Öl. "Ich bin aber davon
überzeugt, dass es heute genug Möglichkeiten gibt, unseren
Strombedarf mit erneuerbaren Energien zu decken." Manche würden
dies Idealismus nennen, sagt Lötscher, "ich nicht. Für mich
ist das ein Zeichen von gesundem Menschenverstand."
Andreas Schneitter
---
WoZ 18.11.10
Strahlenschutz und AKW
Die fehlenden Mädchen
Tausende von Kindern kommen wegen radioaktiver Strahlung nicht
auf die Welt allein in Deutschland und in der Schweiz. Zu diesem
Schluss kommt eine neue Studie. Claudio Knüsli, Onkologe in Basel
und Präsident der ÄrztInnen gegen Atomkrieg Schweiz *,
erklärt die Ergebnisse der Untersuchung.
Interview: Susan Boos
WOZ: Glaubt man der vor kurzem in München publizierten
Studie, sind Atomkraftwerke eigentliche Embryokiller: Sie sollen allein
in Deutschland und der Schweiz die Geburt von bis zu 20 000
Mädchen verhindert haben. Kann man die Studie ernst nehmen?
Claudio Knüsli: Sehr wohl. Sie wurde von drei renommierten
Wissenschaftlern - Ralf Kusmierz, Kristina Voigt und Hagen
Scherb - verfasst. Voigt und Scherb arbeiten in
München beim Helmholtz-Forschungszentrum für Gesundheit und
Umwelt, das vom Staat getragen wird. Kusmierz ist an der
Universität Bremen tätig.
Was genau haben die drei untersucht?
Sie versuchten herauszufinden, ob es einen Zusammenhang gibt
zwischen der Anzahl geborener Knaben respektive Mädchen und der
Wohndistanz zum nächsten Atomkraftwerk. Dabei kamen sie zu
hochsigni fikanten Resultaten. Sie haben herausgefunden, dass in einem
Umkreis von 35 Kilometern um die Atomanlagen - konkret geht es dabei um
27 Anlagen in Deutschland und 4 in der Schweiz - im
Verlaufe der letzten vierzig Jahre ein Verlust von 10 000 bis 20 000
Lebendgeburten bei Mädchen nachweisbar ist.
Es wurden also bis zu 20 000 Mädchen weniger geboren, als
normalerweise zu erwarten wäre?
Genau.
Und warum ist das wichtig?
Normalerweise werden 105 bis 106 Knaben pro 100 Mädchen
lebend geboren. Im Verlaufe des Lebens verändert sich dieses
Zahlenverhältnis - das Sex Odds genannt wird -, zum
Zeitpunkt der Geburt ist es jedoch weitgehend stabil, es sei denn,
Stress wie Krieg oder radioaktive Verstrahlung belasten die
Bevölkerung. Vergleicht man die Sex Odds verschiedener Orte,
lässt sich ziemlich einfach feststellen, ob in einer bestimmten
Region Mädchen oder Jungen fehlen. Nach dem Super-GAU von
Tschernobyl konnte man in jenen Gebieten Europas und Asiens, die durch
die radioaktive Wolke verseucht worden waren, eine sprunghafte und
anhaltende Veränderung der Sex Odds registrieren.
Dann hat also schon Tschernobyl dazu geführt, dass weniger
Mädchen auf die Welt kamen?
Richtig.
Warum sind vor allem Mädchen betroffen?
Weibliche Embryonen sind offenbar noch strahlenempfindlicher als
männliche. Grundsätzlich reagieren alle Embryonen
äusserst strahlenempfindlich - und je kleiner sie sind, desto
empfindlicher sind sie. Dies lässt sich durch letale Mutationen,
also tödliche Veränderungen im Erbgut der Keimzellen oder der
Embryonen erklären, bedingt durch die Verstrahlung mit
radioaktiven Stoffen wie Cäsium-137. Deshalb kommt es dann zu
spontanen Aborten der befruchteten Eizellen respektive der Embryonen.
Männliche Embryonen sind davon ebenfalls betroffen:
Beobachtungen aus Dänemark vor und nach 1986 legen nahe, dass die
radioaktive Verstrahlung durch Tschernobyl auch viele fehlende
Knabengeburten verur sacht hat. Auf etwa drei fehlende Mädchen
geburten kommt eine fehlende Knabengeburt.
Dann fehlen also insgesamt noch viel mehr Kinder?
Ja, davon muss man ausgehen. Gemäss den vorliegenden Daten
fehlen - als Folge des Reaktorunfalls in Tschernobyl 1986 - in Europa
und Teilen Asiens mindestens eine Million Kinder! Anders als in den
USA, die von Tschernobyl kaum betroffen waren.
Zurück zur eingangs erwähnten Studie: Was bedeutet sie
für die Schweiz?
Die drei Wissenschaftler haben auch die Geburten einbezogen, die
es in den letzten vierzig Jahren im 35-Kilometer-Radius um die
Schweizer Atomkraftwerke gab, das waren 1,78 Millionen Lebendgeburten.
Auch hier lässt sich nachweisen, dass Mädchen fehlen.
Hochgerechnet sind es jedes Jahr mehrere Dutzend
Mädchenlebendgeburten, die bei uns verloren gehen.
Ist das hieb- und stichfest?
Die Resultate sind hochsignifikant, sie halten auch strengen
statistischen Zusatztesten wie einer Sensitivitätsanalyse stand.
Man kommt an diesen Resultaten der verlorenen Kinder in der Umgebung
von AKWs nicht vorbei. Es muss angenommen werden, dass die radioaktive
Strahlung, die die AKWs auch im Normalbetrieb abgeben, dafür
verantwortlich ist. Es kann zusätzlich auch zu
Erbgutveränderungen kommen, die nicht sofort tödlich wirken,
sondern erst Jahre später zu schweren Erkrankungen wie
Leukämie führen. Wir müssen die genetischen
Veränderungen sehr ernst nehmen, denn das Erbgut - "das kostbarste
Gut der Menschheit", wie dies die Weltgesundheitsorganisation einmal
formuliert hat - wird nachweislich geschädigt. Eine
verantwortungsbewusste Gesellschaft darf sich deshalb die folgenschwere
Atomtechnologie nicht leisten. Die medizinischen Argumente sind nicht
zu übersehen, deshalb müssen wir auf Atomenergie verzichten.
* Die ÄrztInnen der Organisation PSR/IPPNW Schweiz setzen
sich für die weltweite Abschaffung der Atomwaffen und den Ausstieg
aus der zivilen Atomtechnologie ein: www.ippnw.ch
Der vollständige Text der Studie "Is the human sex odds at
birth distorted in the vicinity of nuclear facilities?" von Ralf
Kusmierz, Kristina Voigt, Hagen Scherb ist in der englischen Version zu
finden unter: www.tinyurl.com/scherb
---
Bund 17.11.10
Endlager
Baselbieter Regierung gegen Atomabfälle an Bözberg
Die Baselbieter Regierung will keine Atomabfälle an
Bözberg und Jura-Südfuss. Die Behörden des Kantons
würden sich im Rahmen des Sachplanverfahrens "mit den ihnen zur
Verfügung stehenden rechtlichen und politischen Mitteln" dagegen
wehren. Aufgrund der Kantonsverfassung und des kantonalen Gesetzes
über den Schutz der Bevölkerung vor Atomkraftwerken seien die
Behörden verpflichtet, gegen die zwei potenziellen Standorte im
Sachplan geologische Tiefenlager zu intervenieren. Baselland befinde
sich gemäss eidgenössischer Notfallschutzverordnung in der
Gefahrenzone 2 von 20 Kilometern - und damit in der Nachbarschaft.(sda)
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sf.tv 17.11.10
Atom-Technik in der Schweiz begann mit einem GAU
sf/fref
Ab 2020 werden die ersten der fünf Schweizer AKW
abgeschaltet. Als Ersatz möchten die grossen Stromkonzerne neue
leistungsfähigere Reaktoren bauen - drei Projekte sind eingereicht
worden. Begonnen hat die Geschichte der Schweizer Atom-Technik mit dem
Versuchsreaktor in Lucens (VD). Dieser endete 1969 wenige Stunden nach
Betriebsaufnahme mit einem der weltweit schwerwiegendsten
Atom-Unfälle.
Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg weltweit die Begeisterung
für die zivile Nutzung der Atom-Technik. Auch die Schweiz hatte
das Ziel, möglichst rasch eigenen Strom aus AKW zu gewinnen. Man
glaubte in den späten 1950er-Jahren gar, die Schweiz sei wegen
ihrer Perfektion prädestiniert für das Vorantreiben der
damals noch jungen Technologie.
Ab 1955 wurden drei Projekte zur Entwicklung eines Atom-Reaktors
"made in Switzerland" vorangetrieben. Ein Zusammenschluss aus
Unternehmen, Kantonen, Gemeinden und Elektrizitätsfirmen der
Westschweiz favorisierte einen Siedewasser-Reaktor nach
US-amerikanischem Vorbild mit Standort Lucens (VD). An einem zweiten
Projekt arbeiteten die Deutschschweizer Elektrizitätswerke, die
SBB und die BBC (später ABB).
Warnungen in den Wind geschlagen
Firmen wie Sulzer, Contraves, Escher-Wyss und Oerlikon aber auch
die ETH Zürich unterstützten das Projekt Thermatom, das die
Realisierung eines selbst entwickelten Schwerwasser-Reaktors unter der
ETH Zürich vorantrieb.
Das Interesse der Industrie war klar. Sie befürchteten, dass
die von ihnen produzierten Dieselmotoren bald Vergangenheit sein
würden und nur noch Atom-Technologie gefragt sein werde. Die
Zukunft ganzer Wirtschaftskreise würden von einem eigenen
Atomreaktor abhängen, wurde argumentiert.
Trotz Warnungen wegen des hohen Risikos - unter anderem von
Rudolf Sontheim, dem ersten Präsidenten der Reaktor AG und
späteren BBC-Verwaltungsrat - fiel der Entscheid für das
Thermaton-Projekt.
Der Zuschlag für das Projekt war ein Kompromiss: Die 50
Millionen Franken Subventionen vom Bund waren an die Bedingung
geknüpft, dass sich die Industrie auf eines der drei laufenden
Atom-Technik-Pläne einigt.
Lucens als Kompromiss-Projekt
So entstand aus den drei Projekten eines. Die Partner einigten
sich auf das Vorantreiben des selbst entwickelten Reaktors der
Thermatom. Als Betriebsort wurde eine unterirdische Felskaverne in
Lucens gewählt.
Der damalige Atomdelegierte des Bundesrates, Jakob C. Burkhard,
schien sich des Gefahrenpotentials des Reaktors von Lucens bewusst
gewesen zu sein. "Das Projekt der Thermatom enthält einen grossen
Teil an origineller Pionierarbeit, aber auch das grössere Risiko",
verkündete er noch bevor der Beschluss gegen die anderen beiden
Projekte gefallen war.
Brennelement explodiert bei erstem Testlauf
Und tatsächlich, die bösen Geister, die man rief,
erschienen prompt: Der atomare Alleingang der Eidgenossenschaft
führte zu einem der schwerwiegendsten Zwischenfälle der
zivilen Atom-Technik weltweit: Der Atomunfall von Lucens (VD).
Die Probleme in Lucens begannen schon während der Bauphase
anfangs 1960er-Jahre. Wegen des damaligen Baubooms fehlten den
beauftragten Baufirmen ständig die nötigen Arbeiter. Die
Arbeiten verzögerten sich. Zudem gab es immer wieder undichte
Stellen und Probleme im Kühl-Kreislauf.
Bei einem ersten Testlauf explodierte 1965 ein Brennelement. Zwei
Jahre später stieg Sulzer aus der Reaktor-Entwicklung aus - das
Unternehmen sah ein, dass es keinen Sinn machte, in Konkurrenz zum
Ausland eigene Atom-Reaktoren entwickeln zu wollen.
BBC (die heutige ABB) hatte sich schon während der
Verhandlungen um Subventionen zurück gezogen. Die Vertreter der
Elektrizitätswerke bevorzugten die Nutzung der amerikanischen
Technologien. Und bereits Ende 1964 war das erste Atomkraftwerk Beznau
bestellt worden, nur wenige Monate später folgte die Bestellung
für Mühleberg.
Zu jenem Zeitpunkt war das Projekt Thermatom bereits im Bau. Die
verbliebenen Firmen stellten sich mit aller Kraft gegen das Ende von
Lucens. Nach weiteren Testbetrieben und Revisionen wurde am 21. Januar
1969 der Betrieb aufgenommen.
Als die Kühlgebläse an diesem Tag zu laufen anfingen,
schien das Problem mit den Dichtungen behoben zu sein. Zuvor hatte sich
bei Testläufen im Kühlmittel CO2 immer wieder Wasser gefunden.
GAU mit Ankündigung
Der Reaktor wurde kurz nach Mitternacht angefahren. Brisant: Nur
eines der neu entwickelten Brennelemente war zuvor in einem Testreaktor
getestet worden - und erst noch ohne Erfolg. Nach wenigen Monaten war
das Element durchgeschmolzen und kontaminierte den Versuchsreaktor.
Kurz vor fünf Uhr morgens gab Lucens fünf Megawatt
Leistung ab. Die Equipe stellte aber eine aussergewöhnliche
Kühlmittelaktivität fest. Die Ursachen wurden noch gesucht,
als der Schichtleiter entschied, die Leistung weiter hochzufahren.
Während die Leistung in den folgenden Stunden weiter
erhöht wurde, hatte sich - von der Mannschaft unbemerkt - die
Magnesiumhülle des Brennelements 59 so stark aufgeheizt, dass sie
schmolz. Die Oberfläche des Uranstabs wurde freigesetzt, das Uran
verflüssigte sich. Schliesslich entzündete sich der atomare
Brennstoff am Kühlmittel.
Nun gingen im Kontrollraum sämtliche Alarme gleichzeitig
los. Insgesamt 38 Fehler-Signale gingen ein. Die Sicherheitssysteme
leiteten eine Schnellabschaltung ein.
Unklare Folgen für die Umwelt
Die Kaverne riegelte sich zwar automatische von der Umwelt ab.
Die Luftklappen schlossen jedoch zu spät und eine radioaktive
Wolke konnte durch den Abluftkamin entweichen.
Als die Strahlung auch im Kontrollraum erheblich stieg, zog sich
die Mannschaft in ein Nebengebäude zurück. Eine Notbesatzung
blieb mit Gasmasken vor Ort.
Eine gute Stunde nach dem Alarm wurde festgestellt, dass in den
umliegenden Gemeinden die Werte "weit über der maximal
zulässigen Konzentration für ein unbekanntes Isotopengemisch"
liegen. Doch das gemessene Plutonium kam gemäss den Experten der
Kommission für Überwachung der Radioaktivität nicht aus
dem zerstörten Reaktor, die Herkunft blieb unklar.
24 Stunden nach dem Unfall war die Luft im Kommandoraum nicht
mehr belastet. Auch in der Reaktor-Kaverne sank die
Radioaktivität. Die akute Phase des Zwischenfalls wurde kurz
darauf für abgeschlossen erklärt.
Nachdem eine Untersuchungskommission den Vorfall während
Monaten untersucht hatte, wurden zwei der drei Kavernen mit Beton
versiegelt. Die Demontagearbeiten dauerten bis Ende 1971. Der
Untersuchungsbericht wurde jedoch erst zehn Jahre später
abgeliefert. Alle Erklärungsversuche zur Ursache scheiterten aber
an unauflösbaren Widersprüchen.
Obwohl 1995 noch immer Wasser mit erhöhter
Cäsium-137-Konzentration aus dem Berg rann, entliess der Bund den
Reaktor von Lucens aus dem Atomgesetz. Die unversiegelten
Kavernen-Räume wurden als Lager für Kunstobjekte
übernommen und eine Werkstatt für Tierpräparatoren wurde
eingerichtet.
Erst 2003 wurden die letzten sechs Behälter mit radioaktiven
Abfällen ins Zwischenlager bei Würenlingen (AG) gebracht.
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Finanz und Wirtschaft 17.11.10
KKW-Standorte geeignet
Erster Schritt zu neuen Kernkraftwerken - Hohe
Sicherheitsanforderungen
Peter Morf
Die erste Hürde auf dem langen Weg zu neuen Kernkraftwerken
ist genommen: Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat
(Ensi) hat die drei vorliegenden Gesuche um Rahmenbewilligungen
für neue Kernkraftwerke geprüft und für gut befunden. Im
Juni 2008 wurde das Gesuch für einen Neubau am bestehenden
Standort Gösgen eingereicht und im Dezember desselben Jahres
Gesuche für Neubauten in Beznau und Mühleberg.
Das Ensi hat die Gesuche mit Blick auf die Standorteigenschaften,
die nukleare Sicherheit, den Sabotage- und Terrorschutz, die
spätere Stilllegung sowie die Entsorgung der radioaktiven
Abfälle geprüft. Es kommt zum Schluss, dass alle drei Gesuche
den rechtlichen Anforderungen genügen und auch die hohen
Sicherheitsbestimmungen einhalten. Diese sind deutlich restriktiver als
bei den bestehenden Kernkraftwerken. Obwohl das Ensi alle drei
Standorte als geeignet ansieht, hat es für alle Gesuche gewisse
zusätzliche Auflagen gemacht, die noch erfüllt werden
müssen. Sie betreffen in erster Linie die Erdbebengefährdung.
Mit der Prüfung der Rahmenbewilligungen durch das Ensi wurde
der Bewilligungsprozess für neue Kernkraftwerke angestossen. Diese
werden nötig, weil sich die Laufzeit der bestehenden Werke dem
Ende zuneigt und die Stromversorgung anders in nützlicher Frist
nicht sichergestellt werden kann. Im nächsten Schritthat sich nun
die Kommission für nukleareSicherheit zu den Gesuchen zu
äussern, danach werden Stellungnahmen der Kantone eingeholt.
Für den Frühsommer 2011 ist die öffentliche
Auflage der Projekte geplant. Ein Jahr später sollte der Bundesrat
entscheiden und die entsprechende Botschaft dem Parlament zuleiten. Der
Entscheid der Bundesversammlung untersteht dem fakultativen Referendum,
die Volksabstimmung könnte gegen Ende 2013 stattfinden. Die neuen
Werke - wohl eher deren zwei als drei - könnten ungefähr im
Jahr 2025 in Betrieb genommen werden. pm
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Presseportal 16.11.10
AVES Schweiz zufrieden mit erstem Okay für Ersatz-Kernkraftwerke
Zug (ots) - Nachdem sich Bundesrat und Schweizer Volk wiederholt
zur Kernenergie bekannt haben, begrüsst die Aktion für
vernünftige Energiepolitik Schweiz (AVES) das heutige offizielle
Okay bezüglich Standorteignung für neue KKWs. Das Eidg.
Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) bescheinigt den Kantonen Aargau,
Bern und Solothurn die Eignung ihrer vorgeschlagenen Standorte für
den Bau von Ersatz- Kernkraftwerken. Das ist ein guter Schritt in die
sichere Schweizer Stromzukunft. Der sich längst abzeichnenden
Stromversorgungslücke in unserem Lande können wir nur mit
unserem bewährten Strommix aus erneuerbarer Energie und Kernkraft
realistisch begegnen.
Mit dem heute veröffentlichten Gutachten der
Sicherheitsbehörden sieht die AVES ihre Forderungen
bestätigt, dass Behörden und alle politisch relevanten
Kräfte der sicheren, kostengünstigen, CO2- freien und
eigenständischen Stromversorgung in unserem Lande höchste
Aufmerksamkeit schenken müssen.
Mindestens zwei (Ersatz-)Kernkraftwerke
Die ab 2017 auslaufenden Strombezugsrechte mit Frankreich, die
Abschaltung der dienstältesten KKW Beznau 1 und 2 sowie
Mühleberg ab 2020, der Wille zur CO2-Reduktion und nicht zuletzt
der stark steigende Strombedarf verlangen zwingend den (Ersatz-)Bau von
mindestens zwei grossen Kernkraftwerken in der Schweiz.
Stromverbrauch steigt trotz Effizienz
Trotz zunehmender Effizienz auch bei Häusern und
Elektrogeräten steigt der Stromverbrauch pro Bewohner. Weg von
fossilen Energien bedeutet zum Beispiel auch Wärmepumpen (die 20
Prozent Strom brauchen) oder Elektroautos. Bestünde die
Hälfte des heutigen Schweizer Autoparks aus Elektroautos,
bräuchte dies, laut Bundesamt für Energie, die
Produktionsmenge eines ganzen Kernkraftwerks. Aehnliches gilt auch
für den öffentlichen Verkehr: Die SBB, die heute schon auf 30
Prozent Atomstrom angewiesen sind, werden in den nächsten 20
Jahren um einen Viertel wachsen.
Erneuerbare reichen nicht
Weil die Ausbaumöglichkeiten bei der Wasserkraft weitgehend
ausgeschöpft sind und die erneuerbaren Energiequellen (Wind,
Photovoltaik, Biomasse) auf viele Jahrzehnte hinaus die kommende
Stromlücke nicht zu schliessen vermögen, muss mit dem Bau von
mindestens zwei Kernkraftwerken schnellstmöglichst ernst gemacht
werden. Das heutige positive Gutachtendes des ENSI zur Standorteignung
ist ein wichtiger Schritt dazu.
Die Aktion für vernünftige Energiepolitik der Schweiz
(AVES) und ihre welsche Schwesterorganisation FRE
(Fédération romande pour l'Energie) setzen sich für
die sichere, ausreichende, sparsame und möglichst CO2-freie
Stromversorgung unseres Landes ein. Die AVES umfasst rund 6000
Mitglieder, darunter 100 National- und Ständeräte sowie viele
Mitglieder kantonaler und gemeindlicher Legislativen und Exekutiven.
Das Präsidium liegt zurzeit bei Ständerat Rolf Schweiger
(FDP/ZG). Dem Vorstand der AVES Schweiz gehören auch
Nationalrätin Elvira Bader (CVP/SO), die Nationalräte Werner
Messmer (FDP/TG) und Hans Killer (SVP/AG) sowie Ständerat Filippo
Lombardi (CVP/TI) an.www.aves.ch
ots Originaltext: AVES Schweiz Internet: www.presseportal.ch
Kontakt: Aktion für vernünftige Energiepolitik Schweiz
/ AVES SChweiz Postfach 4733 6304 Zug Tel.: +41/41/544'25'44 Fax:
+41/41/544'25'45 E-Mail: info@aves.ch Internet: www.aves.ch
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BZ 16.11.10
Die BKW muss nachbessern
AKW MühlebergDer Berner Energiekonzern BKW darf sich weiterhin
Hoffnungen machen, in Mühleberg ein Atomkraftwerk der neusten
Generation bauen zu können. Dies als Ersatz für die
bestehende Anlage. Das Nuklearsicherheitsinspektorat des Bundes stellt
dem Standort das Zeugnis "geeignet" aus. Dieselbe Beurteilung erhielten
allerdings auch die beiden anderen infrage kommenden Standorte
Gösgen und Beznau.
Die BKW muss aber ihr Gesuch nachbessern und weitere
Untersuchungen durchführen, welche die Sicherheit betreffen.
Insbesondere besteht bis heute noch eine Unsicherheit darüber, ob
der Hang hinter dem neuen AKW abrutschgefährdet ist. Ein
geologisches Gutachten soll diese Frage prüfen.phm Seite 13
--
Geologe prüft Hang beim AKW-Areal
AKW Mühleberg Die BKW bleibt für den Bau eines neuen
Atomkraftwerks in Mühleberg im Rennen. Allerdings befürchten
die Inspektoren des Bundes, dass der Hang hinter dem neuen AKW
abrutschen könnte. Ein geologisches Gutachten soll Klarheit
schaffen.
Für die drei Stromkonzerne Alpiq, Axpo und BKW sowie die
Atomkraftbefürworter ist es eine gute Nachricht, für
Atomkraftgegner eine eher schlechte: Alle drei Standorte, die für
den Neubau von je einem neuen Atomkraftwerk im Rennen sind, erhalten
vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) die
Beurteilung "geeignet". Das Ensi hat im Auftrag des Bundes alle drei
Rahmenbewilligungsgesuche geprüft.
Aus Sicht der nuklearen Sicherheit könne sowohl in
Mühleberg wie auch in Beznau und Gösgen ein neues
Atomkraftwerk gebaut werden, sagte Ensi-Direktor Hans Wanner gestern
vor den Medien.
Rutschgefahr in Mühleberg?
Allerdings entspricht das Urteil erst einem Ja mit
Vorbehalt, denn zu allen drei Standorten verlangt das Ensi noch
zusätzliche Studien und Überprüfungen, etwa zur
Erdbebengefährdung.
Einen zusätzlichen Vorbehalt macht die Behörde beim
Projekt der BKW in Mühleberg. Das neue AKW, das in einer
Entfernung von rund einem Kilometer zum bestehenden Werk gebaut werden
soll, liegt laut Ensi in einem "potenziellen Rutschgebiet".
Problematisch könnte laut der Behörde der Runtigenrain
werden, der sich direkt hinter dem künftigen AKW aufbaut und eine
Höhe von 560 Metern über Meer erreicht (siehe grosses Foto).
Das Ensi fordert in seinem Gutachten die BKW auf, mit einem
geologischen Gutachten die Hangstabilität zu belegen. "Die direkte
Gefährdung des Standorts durch Rutschungen, Steinschlag und
Felssturz ist genauer abzuklären." Diese Forderung zeigt, dass die
Behörde sehr genau hinschaut und jedes erdenkliche Risiko
abklären will.
Die BKW ihrerseits beteuert, bereits vor der Einreichung des
Gesuchs umfassende Tests durchgeführt zu haben. Dabei habe man
auch die "unwahrscheinlichsten Szenarien" durchgespielt, etwa
überdurchschnittliche Niederschlagsmengen über einen
längeren Zeitraum, Erdbeben und Felssturz. Die BKW räumt ein,
dass Steinschlag an jenem Standort zwar vorkomme. Aber: "Das
Gefährdungspotenzial, das vom Hang ausgeht, hat unseres Erachtens
nicht ein Ausmass, welches den sicheren Betrieb der neuen Anlage in
irgendeiner Form beeinträchtigen würde", sagt Sprecher
Antonio Sommavilla. Die BKW wolle ihre Einschätzung durch ein
geologisches Gutachten jedoch prüfen lassen und versuchen, die
Bedenken der Behörde auszuräumen.
Die BKW empfindet die zusätzlichen Auflagen des Ensi nicht
als Wettbewerbsnachteil, sondern legt Wert auf die Feststellung, dass
Mühleberg von der Behörde als geeigneter Standort für
ein neues AKW eingestuft werde. Tatsächlich steht im Gutachten:
"Die Ergebnisse haben nach Einschätzung des Ensi gezeigt, dass
keine Eigenschaften vorhanden sind, die den Standort Mühleberg
grundsätzlich in Frage stellen."
Der definitive Entscheid, ob in Mühleberg ein neues AKW
gebaut werden kann, entscheidet jedoch nicht das
Nuklearsicherheitsinspektorat, sondern das Bundesamt für Energie
(siehe Kasten).
Mindestens ein Kühlturm
Dem Gutachten sind weiter einige Details zum geplanten AKW-Ersatz
in Mühleberg zu entnehmen. Im Gegensatz zur bestehenden Anlage
wird das neue AKW über mindestens einen grossen
Hybridkühlturm verfügen. Er dürfte rund 60 Meter in die
Luft ragen (kleines Bild). Denkbar ist aber auch, dass anstelle eines
grossen Turms zwei kleinere aufgestellt würden. Diese hätten
zwar einen kleineren Durchmesser, kämen aber auch auf eine
Höhe von etwa 50 Metern.
Noch nicht festgelegt ist, welcher Reaktortyp im AKW eingebaut
würde. Das Ensi macht hierzu lediglich die Auflage, dass es sich
um einen Reaktor der neusten Generation handeln müsse. Im Gesuch
der BKW ist erst allgemein die Rede von einem Leichtwasserreaktor mit
einer Leistung von höchstens 1600 Megawatt. Das entspricht dem
Vierfachen des heutigen AKW. Was die Kosten der Anlage betrifft, so
zieht die BKW offenbar die Lehren aus dem Finanzdebakel in Finnland, wo
die Baukosten aus dem Ruder laufen, und rechnet mit einem Gesamtbetrag
von sieben bis neun Milliarden Franken.
Philippe Müller
--
Jeder Stromkonzern verfolgt seine Interessen
Stichwort Die Energieunternehmen sind zufrieden mit dem
günstigen Urteil des Nuklearsicherheitsinspektorats (Ensi). Die
Gutachten bringen sie im Standortstreit aber keinen Schritt weiter:
Alpiq, Axpo und BKW beharren auf ihren Projekten. Verhandlungen sind
zwar im Gang, eine Einigung ist aber nicht in Sicht.
Einig sind sich die Energieunternehmen immerhin darin, dass der
Bau von drei neuen Atomkraftwerken nicht realistisch ist. Trotzdem
haben alle drei ein eigenes Gesuch eingereicht: Alpiq jenes für
Gösgen, Axpo und BKW je eines für Beznau und Mühleberg.
Seither versuchen sie, sich auf zwei Standorte zu einigen. Bisher ohne
Erfolg, wie die Unternehmen am Montag bestätigten.
Die harte Haltung der Stromkonzerne überrascht nicht: Es
geht einerseits um viel Geld, das sich mit dem Betrieb eines AKW
verdienen lässt, andererseits um die Marktmacht in der
Strombranche.sda
So gehts weiter
Nächste Schritte Das Gutachten zu den drei
Rahmenbewilligungsgesuchen von Alpiq, Axpo und BKW war lediglich ein
erster Schritt in einem langwierigen Verfahren. Das sind die
nächsten Etappen:
2011: Die drei Kantone Aargau (Standort Beznau), Bern
(Mühleberg) und Solothurn (Gösgen) geben zuhanden des Bundes
ihre Haltung gegenüber neuen AKW bekannt. Im Kanton Bern findet
dazu am 13. Februar eine konsultative Volksabstimmung statt. Mitte 2011
sollen sämtliche Projekte dann öffentlich aufliegen und die
Einsprachefrist beginnen.
2012: Der Bundesrat verabschiedet eine Botschaft an die
eidgenössischen Räte. Entscheid der Bundesversammlung.
2013: Volksabstimmung (nur, falls das Referendum ergriffen wird).
2014-2025: Bei einem Ja an der Urne: Einreichung der Baugesuche.
Danach beginnen die langjährigen Vorbereitungs- und Bauarbeiten.
2025−2027: Nach einer Testphase könnten die neuen
Atomkraftwerke ans Netz gehen.phm
Das verlangt der Bund
Forderungen Neben einer Studie zur Erdbebengefährdung und
zur Rutschgefahr am Runtigenrain muss die BKW weitere Antworten
nachreichen. Die meisten dieser Auflagen gelten jedoch für alle in
Frage kommenden Standorte:
Bestimmung der Häufigkeit der Flugzeugabstürze in der
Region und Überprüfung, ob das AKW den Absturz eines
F/A-18-Jets unbeschadet überstehen würde;
Angaben zum Brandschutzkonzept bei Waldbränden;
Konzept zur Sicherung der Baustelle.phm
---
Le Temps 16.11.10
Votes en cascade dans le canton de Berne
Le sort de la centrale existante de Mühleberg doit encore
être fixé
B. W.
Le sort de Mühleberg I doit encore être tranché
Les tensions sont vives dans le canton de Berne, où l'on
va voter deux fois de suite sur l'atome. Le 28 novembre, les habitants
de la capitale sont appelés à se prononcer sur une
initiative populaire communale et un contre-projet de la
municipalité. Ces deux textes demandent que la
société d'électricité locale EWB renonce
à l'énergie d'origine nucléaire. L'initiative
exige cet abandon d'ici à 2030, le contre-projet donne à
la compagnie locale un délai supplémentaire de neuf ans.
Les enjeux ne sont pas minces. Selon les autorités, EWB
devra investir au moins 470 millions pour trouver d'autres
ressources énergétiques. En parallèle, elle doit
renoncer aux droits de concession qu'elle retire de la centrale de
Gösgen, ce qui représente un manque à gagner de
39 millions par an.
Deux mois plus tard, le 13 février, c'est la
population du canton qui s'exprimera sur l'avenir de la centrale de
Mühleberg. Le Conseil exécutif, à majorité
rose-verte, est opposé au remplacement de l'usine plantée
au bord de l'Aar. Mais le Grand Conseil, à majorité de
droite, est favorable à la construction d'une nouvelle
unité. Le peuple donnera son avis en février, dans le
cadre d'un vote consultatif.
En parallèle, la question de la prolongation de la
durée de vie de la centrale existante doit être
réglée. En principe, le réacteur de Mühleberg
devrait s'arrêter le 31 décembre 2012. Il y a
un an, le Conseil fédéral a cependant
décidé d'accorder à ses exploitants une
prolongation illimitée de son utilisation. L'ISFN a donné
son accord.
Des recours ont été déposés au
Tribunal administratif fédéral (TAF) par une centaine de
riverains. Cette cour a rendu une première décision
intermédiaire en juillet. Elle a ordonné au
Département fédéral de l'énergie de mettre
à sa disposition tous les rapports sur lesquels l'ISFN et
lui-même se sont appuyés pour donner leur feu vert
à la prolongation de l'exploitation de l'usine. Le TAF doit
encore, avant de trancher sur le fond, décider si les opposants
pourront eux aussi avoir accès à ces documents sensibles.
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Bund 16.11.10
Neue Atomkraftwerke: Leichter Vorteil für Gösgen
Die Bewerber für ein neues Kernkraftwerk sind noch alle im
Rennen. Bei Beznau und Mühleberg fordern die Fachleute des Bundes
aber zusätzliche Abklärungen.
Fabian Renz und Sarah Nowotny
Ein "wichtiger Meilenstein" auf dem Weg zu neuen Atomkraftwerken
sei erreicht worden. Dies stellten die Stromkonzerne Axpo und BKW FMB
Energie AG sowie die mit ihnen konkurrierende Alpiq gestern
übereinstimmend fest. Die Unternehmen haben für ihre
Rahmenbewilligungsgesuche allesamt das Gütesiegel des
Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (Ensi) erhalten.
Wie deren Direktor Hans Wanner vor den Medien erklärte, sind
sowohl Beznau AG und Mühleberg, wo sich Axpo und BKW im Verbund
bewerben, als auch Gösgen SO, wo Alpiq bauen will, als
Kraftwerk-Standorte geeignet.
Ein leichter Vorteil für Gösgen lässt sich dennoch
konstatieren - auch wenn Ensi-Chef Wanner Wert auf die Feststellung
legte, man habe keine Rangierung vorgenommen. Alpiqs Gösgen-Gesuch
hat die Sicherheitsauflagen umfassend erfüllt. Zwar muss der
Konzern sein Projekt noch um ein Messnetz zur Erfassung von Erdbeben
und eine entsprechende Gefährdungsanalyse ergänzen. Doch
trifft diese Vorgabe auch die Axpo und die BKW. Darüber hinaus
lassen die Gesuche für Beznau und Mühleberg, anders als jenes
für Gösgen, im Urteil des Ensi noch wichtige
sicherheitsrelevante Fragen offen. Für Mühleberg müssten
insbesondere die durch Felssturz, Steinschlag und Rutschungen drohenden
Gefahren noch genauer analysiert werden, fordert das Inspektorat (siehe
Kasten). Beim Beznau-Projekt wiederum ist nach Ansicht der Fachleute
die Überflutungsgefahr nicht genügend einkalkuliert. Immerhin
soll das geplante Kraftwerk auf einer Insel in der Aare zu stehen
kommen.
Trotz dieser Rügen für die Konkurrenz hütete sich
Alpiq-Sprecher Andreas Werz gestern, als Triumphator aufzutreten.
"Unsere Position hat sich sicher nicht verschlechtert", meinte er nur.
Heikle Reaktor-Wahl
Viele sicherheitstechnische Aspekte werden allerdings ohnehin
erst viel später im Rahmen eines etwaigen
Baubewilligungsverfahrens geklärt. Ein solches wird erst
eingeleitet, nachdem das Parlament und allenfalls das Volk zum Bau
grundsätzlich Ja gesagt haben. Zu den offenen Fragen, die noch
viel zu reden geben dürften, gehört beispielsweise die Wahl
des Kernreaktors. Die Atom-kritische Schweizerische Energie-Stiftung
kritisiert es als "fahrlässig", dass das Ensi hierzu nicht schon
vor der Volksabstimmung Klarheit schafft.
Der weitere Fahrplan ist recht ehrgeizig. Anfang 2011 erhalten
die Kantone Gelegenheit zur Stellungnahme. Für Mitte 2012 ist
geplant, dass der Bundesrat über die Rahmenbewilligungen
entscheidet. Die Volksabstimmung soll gegen Ende 2013 stattfinden
können.
--
AKW-Mühleberg
Die Angaben der BKW sind laut ENSI zum Teil "wenig plausibel"
Das von der BKW in Mühleberg vorgesehene Werk glänzt im
Urteil des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI
durchaus nicht nur als Musterschüler. Hänge in der Umgebung
des potenziellen AKW-Standorts seien auf ihr Gefährdungspotenzial
zu untersuchen, schreibt das ENSI. "Kann eine Gefährdung nicht
ausgeschlossen werden, sind vertiefte Abklärungen vorzunehmen, die
die Hangeigenschaften und die Auswirkungen von Erdbeben und Starkregen
umfassen." Und genau hier hapert es offenbar bei der BKW, hält das
ENSI doch fest, die "Angaben des Gesuchstellers zur direkten
Gefährdung des Standorts durch Rutschungen, Steinschlag und
Felssturz sind teilweise widersprüchlich und wenig plausibel". So
werde ohne Begründung behauptet, grössere Erd- und Felspakete
lösten sich höchstens bei Erdbeben ab. "Extreme
Niederschläge können den Gesteinsverband aber ebenfalls
lösen, wie etwa der Bergsturz von Goldau 1806 zeigte." Solch klar
kritische Worte sind im vorsichtig formulierten ENSI-Gutachten eher die
Ausnahme. Bei der BKW glaubt man nicht, dass die Kritik ein schlechtes
Omen für den Konkurrenzkampf mit den anderen geplanten AKW sei.
"Grundsätzlich stützt das Inspektorat unsere Aussage, wonach
ein Kernkraftwerk in Mühleberg in Sachen Sicherheit unbedenklich
ist", sagt BKW-Sprecher Antonio Sommavilla. "Uns ist aber bewusst, dass
wir das Projekt noch weiterentwickeln können. Deshalb nehmen wir
die Ensi-Vorschläge selbstverständlich entgegen." Zeit hat
die BKW für weitere Abklärungen, bis sie ein Gesuch um die
Baubewilligung stellt - falls überhaupt, ist es erst in einigen
Jahren so weit. (sn)
---
Basler Zeitung 16.11.10
AKW-Standorte abgesegnet
Bewerber um neue Atomkraftwerke haben die erste Hürde
geschafft
Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) gab
gestern grünes Licht - und machte ein paar Auflagen - für den
Bau neuer Kernkraftwerke an den bisherigen Standorten Gösgen,
Beznau und Mühleberg.
Um den Bau eines Atomkraftwerkes bewerben sich der Stromkonzern
Alpiq am Standort Gösgen sowie die Konzerne Axpo und BKW an den
Standorten Beznau und Mühleberg. Aus Sicht der nuklearen
Sicherheit könne an allen drei Standorten ein neues Kernkraftwerk
gebaut werden, sagte Ensi-Direktor Hans Wanner gestern vor den Medien
in Bern.
Weitere Auflagen
Der Schutz von Mensch und Umwelt vor Radioaktivität könne
sichergestellt werden. In den Rahmenbewilligungsgesuchen machten die
Bewerber laut Wanner weitgehend vollständige und korrekte Angaben.
Aus Sicht des Ensi haben sie zudem auch den Nachweis für die
Entsorgung der radioaktiven Abfälle erbracht.
Mit Blick auf eine Baubewilligung formuliert das Ensi allerdings
Auflagen. Unter anderem sollen weitere Abklärungen zur
Erdbebengefährdung und zur Strahlenbelastung in der Umgebung
gemacht werden. Laut Hans Wanner sind die Anforderungen an die
geplanten Atomkraftwerke höher als jene an die bereits
existierenden. Beispielsweise muss die Schutzhülle einem Absturz
von Flugzeugen jeglicher Grösse standhalten. Die bestehenden
Anlagen erfüllen diese Anforderung nicht. Sie müssen deshalb
auf andere Weise sicherstellen, dass es bei einem Absturz nicht zu
einer Kernschmelze käme.
Das letzte wort. Als Nächstes nimmt nun die Kommission
für nukleare Sicherheit Stellung zu den Ensi-Gutachten. Anfang des
Jahres 2011 werden dann die Kantone die Gelegenheit erhalten, sich zu
den drei Gesuchen zu äussern. Die öffentliche Auflage erfolgt
Mitte 2011. Der Bundesrat wird voraussichtlich Mitte 2012 über die
drei Gesuche entscheiden. Danach ist das Parlament am Zug. Das letzte
Wort wird das Volk haben: Eine Volksabstimmung könnte gegen Ende
2013 stattfinden. SDA > Seite 5
--
Grünes Licht für unbekannte Atomkraftwerke
Die drei Schweizer AKW-Projekte überwinden die erste von
zahlreichen Hürden
Hanspeter Guggenbühl
Die alten Schweizer Kernkraftwerk-Standorte Gösgen, Beznau
und Mühleberg eignen sich auch für neue Atomkraftwerke. Zu
diesem Schluss kommt die Aufsichtsbehörde Ensi. Doch wesentliche
Fragen bleiben offen.
Die Stromkonzerne Axpo, BKW und Alpiq reichten 2008 Gesuche
für eine Rahmenbewilligung ein, um auf dem Gelände ihrer
bisherigen Atomkraftwerke in Beznau, Mühleberg und Gösgen
drei neue Atomkraftwerke (AKW) bauen zu können. Die
"Rahmenbewilligung" ist die erste von drei Bewilligungen, die es
für den Bau und Betrieb von neuen AKW braucht. Dafür
müssen die Projektanten ein mehrstufiges Verfahren durchlaufen.
Das verlangt das Kernenergiegesetz von 2003.
Den ersten Schritt zur Rahmenbewilligung hat das
Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) gestern
vollzogen und dabei "alle drei Standorte" als "geeignet" beurteilt. In
seinen drei fachtechnischen Gutachten kommt das Ensi zu folgendem
Schluss: "Die Angaben der Gesuchsteller sind technisch fundiert und die
gesetzlichen Anforderungen werden erfüllt. Aus Sicht der nuklearen
Sicherheit könnte an allen drei Standorten ein neues Kernkraftwerk
gebaut werden."
Laut Gesetz kann die Rahmenbewilligung dann erteilt werden, wenn
am betreffenden Standort "der Schutz von Mensch und Umwelt
sichergestellt werden kann", andere Gesetze nicht verletzt werden und
"der Nachweis für die Entsorgung der anfallenden radioaktiven
Abfälle erbracht ist". Diese Voraussetzungen seien bei allen drei
Standorten erfüllt, urteilt das Ensi, nachdem es in seinen
Gutachten die Standorte punkto Gefährdung durch Geologie,
Erdbeben, Industrieanlagen, Verkehrswege, Überflutung und punkto
Strahlenschutz geprüft hat.
Nachprüfungen. Um die Anforderungen für eine
spätere Baubewilligung ebenfalls erfüllen zu können,
verlangt das Ensi allerdings eine Reihe von zusätzlichen
Abklärungen. Dazu gehören vertiefte Analysen von
Erdbebengefahren sowie ein "Organisations-Managementsystem", das
Gefährdungen durch menschliches Versagen minimiert. Weitere
Anforderungen betreffen zwei der drei Standorte: Beim BKW-Standort in
Mühleberg müssen die Gefahren durch Hangrutsche beurteilt
werden; beim Axpo-Standort in Beznau, inwieweit sich
Aufschüttungen zum Schutz vor Überflutungen auf die
kerntechnischen Anlagen auswirken.
Nun folgen politische Entscheide: Bis Ende Jahr muss die
Kommission für nukleare Sicherheit die Gutachten beurteilen. Bis
Ende März 2011 sollten die Stellungnahmen der Kantone vorliegen,
die zum Teil kantonalen Volksabstimmungen unterliegen. Danach folgen
Stellungnahmen von Bundesstellen, die öffentlichen Auflagen der
Projekte sowie Einspracheverfahren. 2012 wird der Bundesrat über
die Bewilligungsgesuche beschliessen, im Zeitraum 2012/2013 das
Parlament. Voraussichtlich Ende 2013 oder 2014 kann das Volk
entscheiden, weil AKW-Gegner längst das fakultative Referendum
angekündigt haben.
Doch wesentliche Fragen bleiben offen. So haben die drei
AKW-Betreiber in spe noch nicht entschieden, welche zwei ihrer drei
Projekte sie realisieren wollen, und wie gross ihre geplanten
Atommeiler sein sollen; die Angaben in den Rahmenbewilligungsgesuchen
schwanken zwischen 1100 und 1600 Megawatt Leistung. Ebenfalls offen
bleibt die Wahl des Reaktortyps. Zur Diskussion stehen Modelle aus
Europa, etwa der Druckwasserreaktor EPR, der zurzeit in Finnland
erprobt wird.
Diese für die nukleare Sicherheit wichtigen Fragen
müssen laut Kernenergiegesetz erst bei der Baubewilligung
geklärt werden. Das heisst: Wenn Bundesrat, Parlament und Volk
über die Rahmenbewilligungen für neue Atomkraftwerke
entscheiden, wissen sie noch nicht, welcher Reaktortyp gewählt
wird und wie gross die geplanten AKW sein sollen.
--
Da Meilenstein, dort bedenklich
Reaktionen. BKW und Axpo bezeichneten die Gutachten in einer
gemeinsamen Medienmitteilung als "Meilenstein". Die geforderten
zusätzlichen Abklärungen wollen sie "selbstverständlich
in der geforderten Tiefe" vornehmen. Auch Economiesuisse nahm zufrieden
von den Gutachten Kenntnis. Der Wirtschaftsdachverband wünscht
sich jedoch ein rascheres Vorgehen. Für die Schweiz sei die
rechtzeitige Bereitstellung ausreichender Kraftwerkskapazität von
grundlegender Bedeutung.
Die AKW-Gegner, etwa die Schweizerische Energie-Stiftung oder die
Allianz "Nein zu neuen AKW", bestreiten, dass es überhaupt neue
Anlagen braucht. Die Stellungnahme des Ensi halten sie für
bedenklich: Die Energieunternehmen könnten den Schutz von Menschen
und Umwelt nicht garantieren, wenn sie noch nicht einmal wüssten,
welcher Reaktortyp und welche Kontrollsysteme verwendet werden sollen,
heisst es in einer Stellungnahme. SDA
---
St. Galler Tagblatt 16.11.10
Grünes Licht für AKW-Projekte
Die alten Schweizer AKW-Standorte Beznau, Mühleberg und
Gösgen eignen sich auch für neue Atomkraftwerke. Zu diesem
Schluss kommt die Aufsichtsbehörde. Doch das Bewilligungsverfahren
lässt wesentliche Fragen offen.
Hanspeter Guggenbühl
bern. Die Stromkonzerne Axpo, BKW und Alpiq reichten 2008 Gesuche
für eine Rahmenbewilligung ein, um auf dem Gelände ihrer
bisherigen Atomkraftwerke in Beznau, Mühleberg und Gösgen
drei neue Atomkraftwerke (AKW) bauen zu können. Die
"Rahmenbewilligung" ist die erste von drei Bewilligungen, die es
für den Bau und Betrieb von neuen AKW in der Schweiz braucht.
Dafür müssen die Projektanten ein mehrstufiges Verfahren
durchlaufen. Das verlangt das Kernenergiegesetz von 2003.
"Alle Standorte geeignet"
Den ersten Schritt zur Rahmenbewilligung hat das
Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) gestern
vollzogen und dabei "alle drei Standorte" als "geeignet" beurteilt. In
seinen drei fachtechnischen Gutachten kommt das Ensi zu folgendem
Schluss: "Die Angaben der Gesuchsteller sind technisch fundiert, und
die gesetzlichen Anforderungen werden erfüllt. Aus Sicht der
nuklearen Sicherheit könnte an allen drei von den Gesuchstellern
vorgeschlagenen Standorten ein neues Kernkraftwerk gebaut werden."
Laut Gesetz kann die Rahmenbewilligung dann erteilt werden, wenn
am betreffenden Standort "der Schutz von Mensch und Umwelt
sichergestellt werden kann", andere Gesetze nicht verletzt werden und
"der Nachweis für die Entsorgung der anfallenden radioaktiven
Abfälle erbracht ist". Diese Voraussetzungen seien bei allen drei
Standorten erfüllt, urteilt das Ensi, nachdem es in seinen
Gutachten die Standorte punkto Gefährdung durch Geologie,
Erdbeben, Industrieanlagen, Verkehrswege, Überflutung und punkto
Strahlenschutz geprüft hat.
Nachprüfungen erforderlich
Um die Anforderungen für eine spätere Baubewilligung
ebenfalls erfüllen zu können, verlangt das Ensi allerdings
eine Reihe von zusätzlichen Abklärungen. Dazu gehören
vertiefte Analysen von Erdbebengefahren sowie ein
"Organisations-Managementsystem", das Gefährdungen durch
menschliches Versagen minimiert. Weitere Anforderungen betreffen zwei
der drei Standorte:
• Beim BKW-Standort in Mühleberg brauche es zusätzliche
Abklärungen, um Gefahren durch Hangrutsche zu beurteilen.
• Beim Axpo-Standort in Beznau sei abzuklären, inwieweit
sich Aufschüttungen zum Schutz vor Überflutungen auf die
kerntechnischen Anlagen auswirken.
Viele politische Hürden
Für ihre fachtechnischen Gutachten benötigte das Ensi
zwei Jahre. Nun folgen politische Entscheide zur Rahmenbewilligung: Bis
Ende Jahr muss die Kommission für nukleare Sicherheit die
Gutachten beurteilen. Bis Ende März 2011 sollten die
Stellungnahmen der Kantone vorliegen, die zum Teil kantonalen
Volksabstimmungen unterliegen. Danach folgen Stellungnahmen von
Bundesstellen, die öffentliche Auflagen der Projekte sowie
Einwendungs- und Einspracheverfahren. 2012 wird der Bundesrat über
die Bewilligungsgesuche beschliessen, im Zeitraum 2012/2013 das
Parlament. Voraussichtlich Ende 2013 oder 2014 kann das Volk
entscheiden, weil AKW-Gegner längst das Referendum
angekündigt haben.
Fragen bleiben offen
Doch wesentliche Fragen bleiben offen. So haben die drei
AKW-Betreiber in spe noch nicht entschieden, welche zwei ihrer drei
Projekte sie realisieren wollen, und wie gross ihre geplanten
Atommeiler sein sollen; die Angaben in den Rahmenbewilligungs-Gesuchen
schwanken zwischen 1100 und 1600 Megawatt Leistung. Ebenfalls offen
bleibt die Wahl des Reaktortyps. Zur Diskussion stehen Modelle aus
Europa, etwa der Druckwasserreaktor EPR, der zurzeit in Finnland
erprobt wird, sowie Modelle aus den USA oder Japan.
Katze bleibt im Sack
Diese für die nukleare Sicherheit wichtigen Fragen
müssen laut Kernenergiegesetz erst bei der Baubewilligung
geklärt werden. Das heisst: Wenn Bundesrat, Parlament und Volk
über die Rahmenbewilligungen für neue Atomkraftwerke
entscheiden, wissen sie noch nicht, welcher Reaktortyp gewählt
wird und wie gross die geplanten AKW denn genau sein sollen.
---
NZZ 16.11.10
Offene Fragen zu AKW-Projekten
Sicherheitsbehörde erteilt grünes Licht und Auflagen zu
vorgeschlagenen Standorten
Die von den Stromkonzernen vorgeschlagenen Standorte für AKW
der neuen Generation erachtet das Nuklearsicherheitsinspektorat als
geeignet. Viele Fragen dürften aber erst nach der Volksabstimmung
geklärt werden.
Davide Scruzzi, Bern
Am Montag hat das Eidgenössische
Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) seine Gutachten zu den
Rahmenbewilligungsgesuchen für neue AKW präsentiert. Das
Fazit: Die im Rennen stehenden Standorte Gösgen (Stromkonzern
Alpiq) sowie Mühleberg und Beznau (Stromkonzerne BKW und Axpo)
sind geeignet. Dieser Befund war absehbar, denn an allen drei Orten
stehen schon heute Kernkraftwerke - allerdings nicht von der nun
geplanten Grösse.
Noch keine Einigung
Die Unternehmen verhandeln schon seit zwei Jahren über die
Realisierung der Vorhaben als Partnerwerke, zumal für die
Landesversorgung zwei neue Anlagen ausreichen. Ob die in den
Ensi-Berichten verlangten technischen Abklärungen zur politisch
nötigen Priorisierung zweier Standorte führen werden, ist
schwer abzuschätzen. Während seitens von Axpo oftmals betont
wurde, man stehe kurz vor einer Einigung mit Alpiq, erklären die
Vertreter von Alpiq jeweils, auf den Verlauf der
Vernehmlassungsverfahren und technischen Abklärungen zu warten.
Auch das Parlament könnte - kurz vor der Volksabstimmung - einen
Standortentscheid fällen (siehe Zusatztext).
Obwohl das Ensi die geologischen Faktoren an allen drei Orten als
geeignet erachtet, verlangt es ergänzende Untersuchungen wie auch
den Ausbau eines Messnetzes zur Erfassung von "Mikrobeben". Auflagen
formuliert das Ensi auch beim Schutz von vertraulichen Informationen.
Eine zentrale Forderung betrifft die Organisation der Bauphase. Dies
ist gerade vor dem Hintergrund laufender AKW-Projekte im Ausland
verständlich. So kam es etwa beim Bau eines Reaktors im finnischen
Olkiluoto zu massiven Kostenüberschreitungen, weil Probleme bei
der Umsetzung von Sicherheitsstandards aufgetreten sind.
Verschiedene Ensi-Auflagen und -Hinweise betreffen nur einzelne
Standorte. In Mühleberg muss etwa die Stabilität eines Hangs
untersucht werden. Unklarheiten stellt das Ensi beim Hochwasserschutz
in Beznau fest. Der Fall eines "alle 10 000 Jahre stattfindenden
Hochwasser-Ereignisses" sei "noch nicht abschliessend dargelegt
worden". Bauliche Massnahmen dagegen seien zwar möglich, es
müssten aber auch die Auswirkungen solcher Aufschüttungen auf
die jetzigen Reaktoren von Beznau geklärt werden. Auch Aspekte des
Klimawandels werden berücksichtigt.
Für den Standort Niederamt (Gösgen) sind keine
ortsspezifischen Auflagen aufgeführt. In den drei, rund
160-seitigen Ensi-Berichten finden sich zu allen Projekten "Hinweise"
auf nötige Darlegungen der Auswirkungen von Bauarbeiten auf den
Betrieb der jetzigen AKW. Laut Ensi-Direktor Hans Wanner sind jene
offenen Fragen lösbar. Die Bauarbeiten sollen keinen Einfluss auf
die Sicherheit der jetzigen Reaktoren haben. Lösbar seien auch die
Auflagen punkto Strahlenbelastung beim gleichzeitigen Betrieb neuer und
bisheriger Anlagen an einem Standort - ein Zustand, der aber wohl nur
bei Gösgen lange andauern würde.
Die Rahmenbewilligungsgesuche enthalten die Grundzüge des
Projekts, also Grösse und Lage der Bauten, das Reaktorsystem (bei
allen Projekten ein Leichtwasserreaktor), die Leistungsklasse (etwa
1000 bis 1600 Megawatt) und das Hauptkühlsystem (in allen
Fällen ein Hybridkühlturm, der kaum Schwaden erzeugt). Auch
raumplanerische und ökologische Aspekte werden in dieser Phase des
Verfahrens berücksichtigt. Zu den radioaktiven Abfällen wird
auf das laufende Tiefenlager-Auswahlverfahren verwiesen. Erst bei der
Einreichung der Baubewilligung nach der Referendumsabstimmung werden
sich die Konzerne für den genauen Reaktortyp entscheiden
müssen. Zur Auswahl stehen Anbieter wie Areva,
Toshiba-Westinghouse oder General Electric Hitachi. Auch die
Erfüllung der Ensi-Forderungen muss erst im Hinblick auf die
Baubewilligung erfolgen.
Kritik an Zeitplan
Dass der Typenentscheid erst nach der Abstimmung fällt,
stösst bei AKW-Gegnern auf Kritik. Doch entspricht dies den
gesetzlichen Vorgaben. Die Frage nach der Typenauswahl ist zudem nicht
nur mit komplexen technischen Abwägungen verbunden, sondern
erfolgt auch im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens, weil
die Firmen grösstenteils im Besitz der Kantone sind.
Es besteht die Absicht, sich bei der neuen AKW-Generation
hierzulande auf einen einheitlichen Bautyp zu einigen. Das Ensi
verlangt prinzipiell die Ausrüstung mit verbesserten
Sicherheitssystemen der neusten Reaktorgeneration. Laut Hans Wanner
werden derzeit aber keine konkreten Anforderungen gestellt, wie der in
den Areva-Reaktoren vorgesehene "Core-Catcher" zum Auffangen und
Kühlen des Kerns im unwahrscheinlichen Fall einer Kernschmelze.
Hingegen wird das Ensi verlangen, dass eine Kernschmelze "mit
geeigneten Mitteln beherrscht" werden kann, wobei der "Core-Catcher"
eine von mehreren Lösungen darstellt.
Für die neuen Anlagen gelten auch punkto Erdbebensicherheit
und Flugzeugabstürze höhere Anforderungen als für die
heutigen. Im Fall eines Flugzeugabsturzes muss neu auch der volle
Aufprall eines modernen Grossraumflugzeuges beherrscht werden
können. Von den jetzigen Anlagen sind laut dem Ensi Leibstadt und
Gösgen für einen solchen Fall ausgerüstet. Beznau und
Mühleberg sind mit absturzsicheren Notstandsgebäuden
nachgerüstet worden.
Betrieb startet nicht vor Mitte der 2020er Jahre
--
dsc. · Der Weg zum Bau neuer Atomkraftwerke folgt dem
Rahmenbewilligungsverfahren, das im Kernenergiegesetz festgelegt ist.
Das Gutachten des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats
(Ensi) hätte einige Monate früher präsentiert werden
sollen, im vergangenen Jahr schickte die Behörde die Gesuche aber
zur Überarbeitung an die Stromunternehmen zurück. Auf Ende
Jahr hin wird sich die Kommission für nukleare Sicherheit zu den
Ensi-Gutachten äussern. Ab Mitte nächsten Jahres läuft
das Vernehmlassungsverfahren, wofür einige Kantone noch
Volksabstimmungen durchführen. Auch Nachbarstaaten sind zu
Stellungnahmen eingeladen. 2012 formuliert dann der Bundesrat eine
Botschaft zuhanden des Parlaments, das bis 2013 einen Entscheid
fällen dürfte. Dieser ist dann dem fakultativen Referendum
unterstellt. Unklar ist, ob dem Volk ein oder zwei Gesuche gleichzeitig
vorgelegt werden. Ende 2013 oder 2014 ist mit der Volksabstimmung zu
rechnen. Anschliessend behandelt der Bund die Baubewilligung. Die
Entscheide zur Baubewilligung wie auch zur Betriebsbewilligung sind
nicht dem Referendum unterstellt, können aber gerichtlich
angefochten werden. Ein neues AKW könnte Mitte der 2020er Jahre
ans Netz gehen, so Franz Schnider, Vizedirektor des Bundesamts für
Energie.
---
Blick 16.11.10
Beznau, Mühleberg, Gösgen. Wo werden neue AKW entstehen?
Sicher ist nur: Nicht überall.
Standort-Streit um Bau von AKW
Die Schweizer Stromgesellschaften Alpiq, Axpo und BKW wollen an
den heutigen Standorten Beznau AG, Mühleberg BE und Gösgen SO
drei neue Atomkraftwerke bauen. Die bisherigen Meiler gehen zwischen
2020 und 2040 vom Netz. Das Eidgenössische
Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) präsentierte gestern die
Gutachten zu den drei Rahmenbewilligungsgesuchen.
Das Ergebnis der Prüfung überrascht nicht: "Alle drei
Standorte sind für den Neubau von AKW geeignet", sagt
Ensi-Direktor Hans Wanner. Allerdings braucht es weitere
Abklärungen - beispielsweise zur Gefährdung durch Erdbeben.
Beznau muss zudem den Hochwasserschutz eingehender betrachten. Und
Mühleberg die Gefahr durch Hangrutsche, Felssturz und Steinschlag
in den Griff bekommen.
Auch wenn sich alle drei Standorte eignen - drei neue
Atomkraftwerke sind politisch nicht durchsetzbar. Das weiss auch
Atomministerin Doris Leuthard. Sie hält den Bau eines neuen
Atomkraftwerks für realistisch. FDP-Nationalrätin Corina
Eichenberger, Präsidentin des Nuklearforums Schweiz, sieht das
ähnlich.
Vorerst will aber niemand verzichten.
Alle drei Stromkonzerne betonen: "Wir führen miteinander
Gespräche." Eine Einigung ist jedoch nicht in Sicht. Bringt eine
Konsultativabstimmung im Kanton Bern im Februar 2011 zu einem neuen AKW
Mühleberg die Vorentscheidung? "Ein Nein an der Urne würde
eine Schwächung des Standorts Mühleberg bedeuten", sagt ein
Sprecher der BKW. Hubert Mooser
---
Zürichsee-Zeitung 16.11.10
Atomkraftwerke Anti-Atom-Bewegung kritisiert Sicherheitsgutachten des
Nuklearinspektorats
Etappensieg für Stromkonzerne
Für das Eidgenössische Nuklearinspektorat sind alle
drei Standorte, auf denen die Strombranche neue Atomkraftwerke bauen
will, geeignet und sicher. Die AKW-Gegner finden das Urteil
verfrüht.
Marcello Odermatt, Bern
Ob es dereinst neue Atomkraftwerke in der Schweiz geben wird,
klärt sich erst in einigen Jahren definitiv. Klar ist nur: Drei
Gesuche für eine Rahmenbewilligung liegen seit 2008 auf dem Tisch.
Und alle drei Gesuche können weiterverfolgt werden. Zu diesem
Schluss kommt das Eidgenössische Nuklearinspektorat (Ensi), das
alle Standorte in seinen gestern veröffentlichten Gutachten als
"geeignet" betrachtet. Es handelt sich um ein Neubauprojekt des
Kraftwerks Niederamt neben der bestehenden Anlage in Gösgen AG,
geplant vom Stromkonzern Alpiq, sowie um den Ersatz der Atomkraftwerke
Beznau SO und Mühleberg BE, geplant von den Stromkonzernen Axpo
und BKW.
Geringe Unterschiede
Aufgrund der Überprüfung stellt das Ensi nun fest: "Die
Gesuchsteller ha-ben nachvollziehbar dargelegt, dass die Sicherheit von
Mensch und Umwelt und die Sicherung der Anlage gewährleistet
sind", sagt Direktor Hans Wanner. An allen Orten könnten punkto
nuklearer Sicherheit, Sabotage- und Terrorschutz sowie hinsichtlich
späterer Stilllegung und Entsorgung radioaktiver Abfälle
Atomkraftwerke gebaut werden. Allerdings macht das Ensi den Konzernen
Auflagen, die erst im Rahmen des Baugesuchs geklärt sein
müssen (vgl. Kasten). Welches der drei Gesuche das beste ist,
lässt das Ensi offen. "Die Unterschiede sind nicht enorm", so
Wanner.
Mögliche Volksabstimmung 2013
Die Ensi-Beurteilung ist der erste Schritt in einem noch Jahre
dauernden politischen Verfahren. Zunächst folgt bis Ende Jahr eine
Stellungnahme der Kommission für nukleare Sicherheit (KNS), die
das federführende Departement für Umwelt, Verkehr, Energie
und Kommunikation (Uvek) von Doris Leuthard sowie den Bundesrat
berät. Anfang 2011 können sich die Kantone zu den
Rahmenbewilligungsgesuchen äussern. Die öffentliche Auflage,
in der Einsprachen möglich sind, erfolgt Mitte 2011.
Voraussichtlich Mitte 2012 wird der Bundesrat, dessen Energiestrategie
den Ersatz oder Neubau von Atomkraftwerken explizit vorsieht,
entscheiden. Es ist davon auszugehen, dass maximal zwei neue Werke
bewilligt werden. Denn selbst innerhalb der Strombranche herrscht die
Meinung, dass zwei neue Werke für die Stromversorgung reichen und
sich daher die Konzerne noch vor dem Bundesratsentscheid auf zwei
Standorte einigen. Derzeit laufen entsprechende Verhandlungen. Nach dem
Bundesrat muss das Parlament den Beschluss genehmigen, und später
wohl auch das Volk, weil ein fakultatives Referendum vorgesehen ist.
Eine Volksabstimmung könnte Ende 2013 stattfinden. Die
Inbetriebnahme wäre frühstens zwischen 2025 und 2027
möglich.
AKW-Gegner: ein "Hohn"
Dass es nie so weit kommt, dafür will die Allianz "Nein zu
neuen AKW" sorgen. Jürg Buri, Präsident der Allianz, die
Parteien und Organisationen aus dem Umweltbereich vereint, kündigt
schon an: "Wir werden die nötigen Unterschriften für ein
Referendum problemlos sammeln."
Seine Kritik setzt allerdings bereits beim laufenden Verfahren
an, das er "fragwürdig" nennt. Denn nicht Gegenstand der
Expertisen waren die Reaktortypen. Geklärt wird dies erst im
Rahmen des Baubewilligungsverfahrens, also nach der Volksabstimmung.
Laut Wanner kämen zwar nur Typen der neusten und damit sichersten
Generation in Frage. Für Buri indes ist es unverständlich,
dass das Ensi die neuen AKW bereits als sicher klassifiziert, obschon
unklar ist, welche Reaktortypen eingebaut werden. Geradezu als "Hohn"
bezeichnet er zudem das Ensi-Urteil, wonach auch punkto Stilllegung und
Entsorgung keine Probleme bestünden. "Das Entsorgungsproblem ist
überhaupt nicht gelöst", sagt Buri. Ein Tiefenlager existiere
in der Schweiz noch nicht. Und von Stilllegung habe das Ensi ohnehin
noch keine Erfahrung. Buri wirft der Ensi Naivität vor: "Aufgrund
dieser Daten kann man gar nicht beurteilen, ob die neuen AKW sicher
sind oder nicht."
--
Vertiefte Abklärungen gefordert
Laut dem Direktor des Eidgenössischen Nuklearinspektorats
(Ensi), Hans Wanner, seien die Angaben in den
Rahmenbewilligungsgesuchen vollständig und korrekt. Mit Blick auf
eine Baubewilligung formuliert das Ensi allerdings Auflagen. So sollen
alle drei Standorte weitere Abklärungen zur
Erdbebengefährdung treffen. Eine weitere Auflage betrifft die
Strahlenbelastung in der Umgebung. Heute beträgt die maximal
zulässige Strahlenexposition 0,3 Millisievert pro Jahr. Das Ensi
hält nun fest, dass dieser Richtwert für den gesamten
Standort gilt, also auch dann, wenn die alten AKW während einer
Übergangsphase parallel zu den neuen Anlagen in Betrieb sind.
Für den auf einer Aare-Insel gelegenen Standort Beznau verlangt
das Ensi zusätzliche Angaben zum Hochwasserschutz. Bei
Mühleberg wiederum müssen die Gesuchtssteller vertiefte
Untersuchungen punkto Rutschgefahr durchführen, weil das Kraftwerk
auf einem "potenziellen Rutschgebiet" gebaut werden soll.
Laut Wanner sind die heutigen Anforderungen höher als jene
an die bereits existierenden Kraftwerke. Beispielsweise muss die
Schutzhülle einem Ab- sturz von Flugzeugen jeglicher Grösse
standhalten. Die bestehenden Anlagen erfüllen dies noch nicht.
Die betroffenen Stromkonzerne nahmen gestern gelassen von den
zusätzlichen Auflagen Kenntnis. Axpo und BKW würden diese
Aspekte bei der Erarbeitung der entsprechenden Unterlagen in der
geforderten Tiefe berücksichtigen, teilten die Konzerne mit. Das
Kernenergiegesetz sehe vor, dass beim Bau eines Kernkraftwerks zuerst
Grobprüfungen und Machbarkeitsstudien erarbeitet und diese dann wo
nötig durch Detailprüfungen vertieft werden. Die Gesuche
befänden sich derzeit in diesem Verfahrensschritt. (sda/mob)
---
10vor10 15.11.10
Neue AKW für die Schweiz
Heute hat das Nuklearsicherheitsinspektorat des Bundes ein Gutachten zu
möglichen AKW-Standorten in der Schweiz veröffentlicht.
"10vor10" berichtet aus Finnland, wo seit fünf Jahren ein neues
AKW gebaut wird. Massive Baumängel heizen den Streit um die Anlage
an.
http://videoportal.sf.tv/video?id=02c88696-3860-41c1-b86b-9e616b8ed42a
---
Tagessschau 15.11.10
Atomkraftwerke nehmen neue Hürde
Drei Gesuche für den Bau eines neuen Atomkraftwerks sollen weiter
verfolgt werden. Das Eidgenössische Nuklear-Sicherheitsinspektorat
ENSI erachtet sowohl Beznau (AG) als auch Gösgen (SO) und
Mühleberg (BE) als geeignet.
http://videoportal.sf.tv/video?id=f80eb8fa-a36f-4fd1-97b8-5cae084f980e
--
Reaktionen auf ENSI-Entscheid
Greenpeace und die Allianz "Nein zu neuen Atomkraftwerken" kritisieren
die Befunde des ENSI. Die Stromproduzenten hingegen freuen sich
über den Entscheid.
http://videoportal.sf.tv/video?id=cff4496a-0585-4575-a016-99708cdac96a
---
Newsnetz 15.11.10
"Es gibt eine schweigende Mehrheit für AKW"
Matthias Chapman
Die AKW-Debatte in der Schweiz steuert unweigerlich dem
nächsten Showdown entgegen. Bereits jetzt treten für
Vertreter der jeweiligen Lager gegeneinander an.
Im Februar 2007 hat der Bundesrat beschlossen, die bestehenden
Kernkraftwerke in der Schweiz zu ersetzen oder durch Neubauten zu
ergänzen. Bereits im Juni 2008 haben die Energie-Konzerne Alpiq,
Axpo und BKW beim Bund Gesuche für die geplanten Ersatz-AKW in
Mühleberg (BE), Beznau (AG) und Gösgen (SO) eingereicht.
Anfang 2011 erhalten die Kantone Gelegenheit, sich zu den drei
Gesuchen zu äussern. Die öffentliche Auflage erfolgt Mitte
2011. Der Bundesrat wird voraussichtlich Mitte 2012 über die drei
Gesuche entscheiden. Danach ist das Parlament am Zug.
Volksabstimmung in drei Jahren
Das letzte Wort wird das Volk haben: Eine Volksabstimmung
könnte gegen Ende 2013 stattfinden. Bei einem Ja würden das
oder die neuen AKW zwischen 2025 und 2027 ans Netz gehen.
Mit dem Engergiepolitiker und früheren Nationalrat Rudolf
Rechsteiner sowie dem AKW-Befürworter und Berner FDP-Nationalrat
Christian Wasserfallen treten für bereits jetzt Vertreter der
jeweiligen Lager gegeneinander an.
Pro AKW: Christian Wasserfallen Drei Eingaben für neue AKW
in der Schweiz haben wir. Wie viele braucht es tatsächlich? Im
Moment zwei und zwar Mühleberg und Beznau. Das ist die
realistische Variante. Mit drei würden wir das Fuder
überladen. Weil Gösgen zuletzt abgeschaltet wird, muss man
mit einem Ersatz an diesem Standort zuwarten. Die Option für ein
drittes AKW müssen wir bei Bedarf prüfen.
Der Bundesrat wird über drei Gesuche entscheiden. Wie werden
diese ausfallen? Grundsätzlich können alle drei Gesuche
positiv bewertet werden. Wie wir heute erfahren haben, sind aber
gewisse Nachbesserungen zum Beispiel in der Erdbebensicherheit
nötig. Es ist aber dringend nötig, dass die Konzerne Axpo,
BKW und Alpiq sich jetzt auf zwei Standorte einigen.
Wie werden Debatte und Entscheide im Parlament verlaufen? Die
Grenzlinie zwischen Befürwortern und Gegnern ist ziemlich scharf.
Es wird eine klare Mehrheit für neue Atomkraftwerke geben. Ich
appelliere aber an die Gegenseite, die Debatte sachlich und konstruktiv
zu führen, und ich will nicht in jedem zweiten Satz das Wort
Tschernobyl hören.
Haben neue AKW beim Volk eine Chance? Das Referendum in dieser
Frage ist fakultativ, aber dass es kommt, davon gehe ich aus. Es gibt
eine schweigende Mehrheit für AKW. Wer äussert sich schon
gerne öffentlich für Kernenergie? Für eine
Volksabstimmung bin ich aber optimistisch, da AKW den riesigen Vorteil
haben, CO2-arm viel Strom in bester Qualität produzieren zu
können. Ein erster Test dazu findet am 13. Februar in Bern statt.
Es ist aber nur eine Konsultativabstimmung.
Wie würde die Schweiz die Energieversorgung ohne neue AKW
sicherstellen? Dann müssen wir im Ausland einkaufen. Bei der
Wasserkraft ist wegen der Gesetzgebung kein Ausbau mehr möglich.
Wind und Sonne gebe ich in naher Zukunft kaum mehr als 5 Prozent
Potenzial. Wenn die Geothermie in 20 Jahren kommt, ist das zu
spät. Vielleicht muss die Schweiz auch auf Gaskombi-Kraftwerke
setzen, was ich aber aufgrund des CO2-Ausstosses nicht befürworte.
Wann hat die Schweiz ein Atommüll-Endlager? Die in der
Schweiz anfallenden radioaktiven Abfälle müssen
grundsätzlich im Inland entsorgt werden. Daher werden wir werden
ein solches Lager haben, das ist klar. Ich schätze es wird 2040
bis sowohl schwach- und mittelaktive (bis 2030) als auch hochaktive
Elemente ein fertiges Lager haben. Das Schweizervolk wird das
gutheissen. Das Kernenergiegesetz sieht auch hier einen Entscheid des
eidgenössischen Parlaments mit fakultativem Referendum vor.
Wann wird in der Schweiz das letzte AKW abgeschaltet? Ich gehe
davon aus, dass wir eine zweite Generation solcher Kraftwerke bauen
werden. Das könnte aber gleichzeitig auch die letzte Generation
AKW sein. Wann diese abgeschaltet werden, kann ich nicht sagen. Aber
die Hoffnung, dass dannzumal alternative Energien unseren Bedarf
abdecken, scheint dann aber realistisch.
Christian Wasserfallen ist FDP-Nationalrat und Präsident der
AKW-freundlichen Aves-Sektion Bern. Aves steht für Aktion für
eine vernünftige Energiepolitik.
Kontra AKW: Rudolf Rechsteiner
Drei Eingaben für neue AKW in der Schweiz haben wir. Wie
viele braucht es? Wir brauchen kein neues AKW. Das gilt nicht nur
für die Schweiz. Auch international sind wir mit der erneuerbaren
Energie soweit, dass die Abdeckung des Bedarfs möglich ist. In der
Schweiz könnten allein schon Solardächer, also
Photovoltaikanlagen, mehr Energie als alle AKW im Land liefern.
Der Bundesrat wird über drei Gesuche entscheiden. Wie werden
diese ausfallen? So wie der Bundesrat zusammengesetzt ist, wird er alle
drei durchwinken. Um damit aber durchzukommen, wird die Regierung
zuerst eines bringen und das als Kompromiss verkaufen. Die
nächsten beiden nach gleichem Prinzip. Jede Anlage wird aber vors
Volk müssen, weil wir jedes Mal das Referendum ergreifen.
Wie werden Debatte und Entscheide im Parlament verlaufen? Am
umstrittensten ist das AKW-Geschäft in der CVP. Dort ist
nämlich die Basis gegen neue AKW. Bei der SVP hat es zwar auch
viele Gegner. Die Bauern getrauen sich aber nicht, Nein zu sagen. Sie
machen das erst bei der Volksabstimmung, weil sie auf ihrem
Scheunendach eine Solaranlage bauen wollen.
Haben neue AKW beim Volk eine Chance? Ich gehe nicht davon aus.
Bis dann - geplant ist eine Abstimmung für 2013 - werden die
erneuerbaren Energien dank der Einspeisevergütung nochmals stark
zulegen. In den nächsten zwei Jahren werden dank gesunkenen
Preisen für Solarpanels mindestens 10'000 neue Anlagen montiert.
Und in jedem Dorf wird es Installateure geben, die begreifen, dass
diese Technologie ihre Zukunft ist.
Wie würde die Schweiz die Energieversorgung ohne neue AKW
sicherstellen? Gemeinsame Windfarmen mit Nachbarländern in der
Nordsee. Ein starkes inländisches Ausbauprogramm. Energie aus
Biomasse und Sonne müssen gefördert, Elektroöfen durch
Heizen mit Pellets oder Wärmepumpen ersetzt werden.
Wann hat die Schweiz ein Atommüll-Endlager? Ich halte das
Ansinnen einer endgültigen Lösung für nicht
realisierbar. Die Abfälle müssen kontrolliert und
rückholbar sein. Und wer kann das auf diese langen Zeiten schon
garantieren.
Wann wird in der Schweiz das letzte AKW abgeschaltet? Nach dem
nächsten Unfall. Nein ehrlich, diese Industrie gibt keinen
Standort preis. Auch wenn das Volk zu neuen AKW Nein sagt, werden die
bestehenden Anlagen weiterbetrieben. Selbst in Deutschland, wo die
Laufzeiten verlängert wurden, wird die Atomenergie schneller
ausgedient haben als in der Schweiz.
Rudolf Rechsteiner sass von 1995 bis 2010 im Nationalrat. Er
machte sich als Energiepolitiker einen Namen, wobei er sich aktiv im
Kampf gegen die Atomenergie engagierte.
---
Blick am Abend 15.11.10
Die AKWs stehen am richtigen Ort
AUFSICHT
Das sagen die Nuklearexperten. Das letzte Wort wird das Volk
haben, frühestens 2013.
Die Atomkraftwerke in der Schweiz kommen in die Jahre. Deshalb
haben die Betreiber von Gösgen (SO), Beznau (AG) und
Mühleberg (BE) bereits Gesuche für den Ersatz ihrer
Atomkraftwerke gestellt. Heute hat nun das Eidgenössische
Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) sein Gutachten dazu
veröffentlicht. Und darin die Standorte als sicher bezeichnet.
Die Angaben der Gesuchssteller seien "technisch fundiert", und
die gesetzlichen Anforderungen würden erfüllt, sagten
ENSI-Vertreter an einer Medienkonferenz. Darin eingeschlossen ist die
Entsorgung der radioaktiven Abfälle. Einzig die Frage, ob die
Standorte auch Erdbeben standhalten, muss noch genauer abgeklärt
werden. Brisant dabei ist, dass dort die heutigen AKWs stehen. Die
Betreiber jubeln bereits und sprechen von einem Meilenstein.
Als Nächstes ist nun die Kommission für nukleare
Sicherheit am Zug. Dann sind die Kantone dran. Der Bundesrat wird Mitte
2012 über die Erteilung der Rahmenbewilligungen entscheiden.
Danach ist das Parlament an der Reihe. Das Volk kann dann Ende 2013
abstimmen. hcq
---
sft.tv 15.11.10
AKW: Alle drei Standorte sind möglich
sda/blur
Für den Bau von neuen Kernkraftwerken kommen die Standorte
Gösgen (SO), Beznau (AG) und Mühleberg (BE) in Frage. Zu
diesem Schluss kommt das Eidgenössische
Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) in seinem Bericht zu den
Rahmenbewilligungsgesuchen der drei Kraftwerkbetreiber. Weitere
Abklärungen seien aber nötig, schreibt die
Aufsichtsbehörde.
Keiner der drei Standorte weist Eigenschaften auf, die den Bau
eines neuen Kernkraftwerks grundsätzlich in Frage stellen. Bei der
Überprüfung der Gesuche hat das ENSI dennoch Sachverhalte
festgestellt, die einer weiteren Klärung bedürfen.
Das ENSI fordert von den Gesuchstellern weitere Abklärungen
zur genaueren Bestimmung der Erdbebengefährdung der Standorte.
Diese Daten sollen nach dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik
bei der seismischen Auslegung der Anlagen berücksichtigt werden.
Langer Weg
Die Gutachten werden nun als nächstes von der Kommission
für nukleare Sicherheit (KNS) beurteilt. Anfang 2011 erhalten dann
die Kantone Gelegenheit, sich zu den drei Rahmenbewilligungsgesuchen zu
äussern. Die öffentliche Auflage erfolgt Mitte 2011.
Der Bundesrat wird voraussichtlich Mitte 2012 über die drei
Gesuche entscheiden. Danach ist die Reihe am Parlament. Das letzte Wort
im umstrittenen Atom-Dossier wird das Volk haben. Die Beschlüsse
des Parlaments unterliegen dem fakultativen Referendum. Eine
Volksabstimmung könnte gegen Ende 2013 stattfinden.
Die drei Rahmenbewilligungsgesuche waren im Jahr 2008 eingereicht
worden. Um eine Bewilligung bewerben sich der Stromkonzern Alpiq am
Standort Gösgen, sowie die Konzerne Axpo und BKW für Beznau
und Mühleberg.
Die Antragssteller möchten die bestehenden Anlagen nach
einer kurzen Phase des Parallelbetriebs durch einen Neubau in
unmittelbarer Nachbarschaft ersetzen. Bei den drei Neubauprojekten
handelt es sich um Kernkraftwerke mit Leichtwasserreaktoren, die mit
einem Hybridkühlturm betrieben werden sollen. Die geplante
elektrische Leistung der neuen Kernkraftwerke ist wesentlich höher
als die der bestehenden Anlagen.
---
presseportal 15.11.10
BKW FMB Energie AG und Axpo / Sicherheitsbehörden bescheinigen
Standort-Eignung
Bern (ots) - Im Rahmenbewilligungsverfahren zu den
Ersatz-Kernkraftwerken (Ersatz-KKW) Beznau und Mühleberg ist ein
wichtiger Meilenstein erreicht. Demnach sind die Standorte Beznau und
Mühleberg für den Bau der Ersatz-KKW geeignet. Dies
bescheinigt das Eidg. Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) in seinem
definitiven Gutachten für das Bundesamt für Energie (BFE).
Im Dezember 2008 haben die beiden führenden Schweizer
Energieunternehmen Axpo und BKW FMB Energie AG (BKW) gemeinsam je ein
Rahmenbewilligungsgesuch für die Ersatz-Kernkraftwerke in Beznau
(AG) und in Mühleberg (BE) eingereicht. Die
Rahmenbewilligungsgesuche legen in je sechs Teilberichten dar, dass
sich die beiden Standorte für den Bau und den sicheren Betrieb
eines Kernkraftwerks der neusten Generation eignen. Erarbeitet wurden
die Gesuche durch die Resun AG, eine gemeinsame Planungsgesellschaft
von Axpo und BKW. Der Ersatz der beiden Kernkraftwerke Beznau und
Mühleberg erfolgt im Einklang mit der bundesrätlichen
Energiestrategie, die als eine von vier Stossrichtungen
ausdrücklich den Ersatz der bestehenden bzw. den Neubau von
Kernkraftwerken befürwortet.
Nach Einreichung durch die Projektanten wurden die Gesuche in
einem ersten Schritt durch das ENSI, das Bundesamt für Umwelt
(BAFU) und das Amt für Raumplanung (ARE) einer Grobprüfung
unterzogen. Aufgrund dieser ersten Prüfung haben Axpo und BKW
Unterlagen nachgeliefert und einzelne Angaben präzisiert. Per 30.
September 2010 hat das ENSI nun zuhanden des Bundesamtes für
Energie (BFE) die definitiven Gutachten erarbeitet. Darin kommt die
Behörde zum Schluss, dass die Standorte Beznau und Mühleberg
für den Bau eines Kernkraftwerkes geeignet sind.
Das ENSI weist in seinem Gutachten auf einige Punkte hin, die im
Rahmen der Vorbereitung der Baubewilligungsgesuche vertieft
abgeklärt werden müssen. Axpo und BKW werden diese Aspekte
bei der Erarbeitung der entsprechenden Unterlagen
selbstverständlich in der geforderten Tiefe berücksichtigen.
Der gesamte Verfahrensablauf wie auch der für den jeweiligen
Verfahrensstand geforderte Detaillierungsgrad der Gesuche sind im
Kernenergiegesetz geregelt. Dieses sieht vor, dass beim Bau eines
Kernkraftwerks - wie auch bei anderen grossen Infrastrukturprojekten -
zuerst Grobprüfungen und Machbarkeitsstudien erarbeitet und diese
dann wo nötig durch Detailprüfungen vertieft werden. Die
Rahmenbewilligungsgesuche befinden sich gegenwärtig in diesem
Verfahrensschritt.
Über Axpo Der Axpo Konzern mit der Axpo AG, der
Centralschweizerische Kraftwerke AG (CKW) sowie der EGL AG ist ein
führendes Schweizer Energieunternehmen mit lokaler Verankerung und
internationaler Ausrichtung. Stromproduktion, Handel, Verkauf und
Dienstleistungen sind in den Unterneh-mensgruppen vereint. Axpo
versorgt zusammen mit Partnern rund 3 Millionen Menschen in der Schweiz
mit Strom. Die Axpo Holding AG ist zu 100 Prozent im Besitz der
Nordostschweizer Kantone.
Weitere Informationen: www.axpo.ch
Über BKW Die BKW FMB Energie AG ist mit 3'592 Mio. CHF
Umsatz (2009) eines der bedeutendsten Schweizer Energieunternehmen. Sie
beschäftigt rund 2'800 Mitarbeitende und deckt alle Stufen der
Energieversorgung ab: von der Produktion über den Transport und
Handel bis hin zum Vertrieb. Sie versorgt direkt und indirekt über
ihre Vertriebspartner mehr als eine Million Menschen in der deutsch-
und französischsprachigen Schweiz. Mit ihrem Handels- und
Vertriebsgeschäft engagiert sich die BKW zudem in
ausgewählten ausländischen Märkten. Der
BKW-Produktionspark umfasst Wasserkraftwerke, ein Kernkraftwerk sowie
Anlagen neuer erneuerbarer Energien (Wind und Sonne). Dank ihrem
Engagement für erneuerbare Energien und ihren
Ökostromangeboten unter der Angebotsmarke 1to1 energy ist die BKW
heute die grösste Ökostromanbieterin in der Schweiz. Die BKW
unterhält auch ein weit verzweigtes, engmaschiges Stromnetz. Die
Leitungen erreichen eine Länge von rund 20'000 Kilometern.
Zusammen mit den zahlreichen Schalt- und Transformierungsanlagen
erschliessen sie das Versorgungsgebiet bis zu den abgelegensten Orten.
Weitere Informationen: www.bkw-fmb.ch
Kontakt: Axpo Holding AG Corporate Communications Media-Hotline
0800 44 11 00
BKW FMB Energie AG Media Communications Tel. +41 31 330 51 07
---
Bund 15.11.10
Basler "Einmischung" in Atom-Abstimmung
Kurz vor der Stadtberner Abstimmung über den Atomausstieg
meldet sich der Kanton Basel-Stadt zumindest indirekt zu dieser Vorlage
zu Wort: In einer Broschüre über erneuerbare Energien, die am
Samstag ausserkantonalen Zeitungen wie auch "Bund" und "Berner Zeitung"
beilag, plädiert die Basler Regierung in corpore für den
Ausstieg aus der Atomenergie. Finanziert wurde die Broschüre
grösstenteils mit Mitteln aus der Basler Ökostromabgabe.
Dies sehr zum Ärger des Berner Handels- und
Industrievereins, von Berner KMU sowie der Kantonalparteien von SVP und
BDP. In einer Pressemitteilung kritisierten sie die Zeitungsbeilage als
"ungehörigen Akt von politischer Einmischung des Kantons
Basel-Stadt", zumal die Broschüre mit "Zwangsabgaben" auf Strom
finanziert sei.
Für einmal scheinen damit die gängigen Rollen
vertauscht: Sonst sind es im Kanton Bern die rot-grünen Parteien,
die kritisieren, dass die halbstaatliche BKW mit dem Geld ihrer
Stromkunden Propaganda zu Energievorlagen betreibt. Zuletzt
übrigens, als die BKW eine Abstimmungskampagne zu Mühleberg
im Kanton Waadt finanzierte.(st)
---
BZ 15.11.10
BZ Standpunkt
Mit Geduld in eine Zukunft ohne Atomstrom
BZ-Stadt-Chef Adrian Zurbriggen über die
Energiewende-Initiative
Zwei energiepolitische Fragen mit sehr weit reichenden Folgen
haben die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Stadt Bern am
28. November zu beantworten. Erstens die Schicksalsfrage, ob die Stadt
aus der Kernenergie aussteigen soll. Zweitens die Portemonnaie-Frage,
in welchem Tempo ein allfälliger Atomausstieg geschehen soll. Die
Energiewende-Initiative von links-grüner Seite will den Ausstieg
in 20 Jahren. Der Gegenvorschlag des Gemeinderates, den auch der
städtische Stromversorger EWB und Parteien der Mitte
unterstützen, wollen eine Frist von 30 Jahren. SVP und FDP lehnen
beides ab.
Soll die Stadt aus der Kernenergie aussteigen? Ja, sie soll
diesen zukunftsweisenden Schritt wagen. Zwar kommt momentan noch 60
Prozent des Stadtberner Stroms aus AKWs. Trotzdem droht keine
Stromlücke. EWB hat den Atomausstieg solide aufgegleist und
bereits eingeleitet. Hinter dem Szenario von EWB stecken keine
weltfremden Ökovisionen, es basiert stattdessen auf einer
seriösen und detaillierten Planung - unter anderem auch
darüber, wie viel zusätzlichen Strom Bern braucht, weil immer
mehr Menschen Elektrovelos und -autos benutzen.
EWB als Stadtwerk mit relativ kleinem Versorgungsgebiet steht bei
dieser Frage in einer ganz anderen Position als die BKW. Während
letztere in Mühleberg selber ein Kernkraftwerk betreibt, also
Atomstrom produziert, besitzt EWB bloss kleine Minderheitsbeteiligungen
an den AKWs in Gösgen und Fessenheim. Es macht EWB nicht
abhängiger, wenn sich das Unternehmen an Windparks in Deutschland
und Solaranlagen in Italien beteiligt statt an Atomanlagen im Aargau
und in Frankreich.
Im Gegenteil: Mit dem Atomausstieg wird EWB seine
Abhängigkeit eher reduzieren können. Denn ein wichtiger
Pfeiler der Ausstiegsstrategie von EWB ist das Kombikraftwerk in der
neuen Kehrichtverbrennungsanlage Forsthaus. Ab 2013 werden dort
jährlich 338 Gigawattstunden produziert - diese Menge kompensiert
den Wegfall des AKW Fessenheim gleich ums Doppelte.
Allerdings: Von dieser Leistung werden bloss zehn Prozent durch
das Verbrennen von einheimischem, CO2-neutralem Holz gewonnen. Der
grosse Rest ist Erdgas - und das kommt aus eher unberechenbaren
Ländern wie Russland oder dem Iran und ist alles andere als
klimaneutral. Beim Abbau und Transport von Uran aus USA, Kanada,
Australien oder Südafrika für AKWs wird zwar ebenfalls CO2
freigesetzt, aber in kleinerem Masse. Angesichts der immer noch
ungeklärten Endlagerungsfrage von Atomabfällen, den
Sicherheitsbedenken sowie den politischen und finanziellen Risiken der
Kernkraft erscheint das neue Kombikraftwerk als kleineres Übel.
Die Gegner des Atomausstiegs argumentieren mit einer Verdoppelung
des Strompreises. Klar, der Atomausstieg ist nicht gratis zu haben,
Ökostrom ist teurer Strom. Doch auch Atomstrom wird in Zukunft
teurer werden (siehe Ausgabe vom letzten Donnerstag). Demgegenüber
prognostizieren die Fachleute, dass "grüner" Strom in Zukunft
günstiger zu haben sein wird.
So oder so steigen die Energiepreise. Die Konsumenten sind dem
aber nicht hilflos ausgeliefert: Strompreiserhöhungen lassen sich
mit besserer Energieeffizienz zumindest abdämpfen - das beginnt
schon beim konsequenten Ausschalten der Kaffeemaschine.
Das führt zur Portemonnaie-Frage. EWB hat den Atomausstieg
seriös vorbereitet und auf einen Horizont von dreissig Jahren
ausgelegt. Eine Annahme der Initiative käme einer
Geringschätzung der von EWB geleisteten Arbeit gleich.
Vor allem aber wäre es ein beispielloses finanzielles
Harakiri. Bei Annahme der Initiative entstünde eine temporäre
Stromlücke: EWB müsste auf den günstigen Strom aus
Gösgen verzichten, bevor genügend erneuerbare Energie als
Ersatz zur Verfügung steht. Folge: EWB müsste auf dem Markt
teuren Strom einkaufen - der dann wohl ebenfalls aus AKWs käme.
Im Falle eines Ja zur Initiative rechnet EWB mit einem
Wertverlust von 40 Millionen Franken pro Jahr oder insgesamt 351
Millionen. Die vorzeitige Abschlachtung der Milchkuh EWB kann sich die
Stadt Bern nicht leisten: Dank den Gewinnausschüttungen von EWB
konnten in den letzten Jahren Löcher in der Stadtkasse vermieden
werden.
Es tönt doppelzüngig, wenn EWB so lange wie noch
möglich vom eigentlich verpönten Atomstrom profitieren will.
Doch mit dem Erlös kann sich EWB die Investitionen in eine
atomstromfreie Zukunft finanzieren.
Diese Aussicht ist zehn Jahre mehr Geduld wert. Darum: Ja zum
Gegenvorschlag, Nein zur Initiative.
adrian.zurbriggen@
---
Aargauer Zeitung 15.11.10
Castor-Transport: Wegen der Sicherheit geheim
Michael Spillmann
Atommüll Transporte ins Zwischenlager nach Würenlingen sind
geheim. Sollen so mögliche Proteste und Störaktionen
verhindert werden?
Die Bilder der Demonstrationen gegen den Castor-Transport nach
Gorleben (D) gingen um die Welt. Insgesamt 11 Behälter mit 123
Tonnen Atommüll wurden transportiert. Wie die Zeitung "Der
Sonntag" berichtete, war - vor dem Transport durch Deutschland - im
Oktober ein bisher nicht bekannter Atommüll-Transport aus der
Wideraufbereitungsanlage im französischen La Hague ins
Zwischenlager nach Würenlingen durchgeführt worden. Dabei
soll es sich um drei Transportbehälter mit Hülsen und
Endstücken aus der Wiederverarbeitung von ausgedienten
Brennelementen gehandelt haben. Der Transport sei "planmässig und
ohne Zwischenfälle" verlaufen.
Für Schutz vor Terrorakten
Gemäss den Verantwortlichen sind für solche Transporte
erhöhte Sicherheitsanforderungen nötig: Strecke und Zeitplan
sind geheim. Die Geheimhaltung erfolge in erster Linie aus Gründen
des Schutzes vor möglichen Terrorakten. Informationen zu den
Transporten gehen immer erst dann an die Öffentlichkeit, wenn das
Material in Würenlingen eingelagert ist und die Behälter
wieder in Richtung Frankreich abgesandt wurden, sagte ein Axpo-Sprecher
dem "Sonntag". Aber: Dient die Geheimhaltung auch dazu, mögliche
Störaktionen oder Demonstrationen zu verhindern? Die
Verantwortlichen wollen sich nicht in die Karten schauen lassen. "Das
kann ich nicht bestätigen. Hauptgrund ist der Schutz vor
Terrorakten", erklärt Axpo-Sprecherin Anahid Rickmann auf Anfrage.
Zu Störaktionen war es zuletzt in den 1990er-Jahren
gekommen: Damals haben Greenpeace-Aktivisten versucht, einen
Atommüll-Transport aufzuhalten.
---
Basellandschaftliche Zeitung 15.11.10
Atommüll: Deutsche und Schweizer messen Bodenstärke
unterschiedlich
Endlagerstandort Machen 13 Meter wirklich den Unterschied? Der
Basler Nationalrat Beat Jans von der Vereinigung "Nie wieder
Atomkraftwerke" (NAW) und Axel Mayer vom Bund für Umwelt- und
Naturschutz Deutschland (BUND) sind jedenfalls verwirrt: Die
Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern mit den meisten
Atomkraftwerken in Deutschland wehrten sich vehement gegen die Aufnahme
von deutschem Atommüll, unter anderem mit der Begründung, die
Bodenschicht Opalinuston im deutschen Süden sei mit bis zu 100
Metern nicht mächtig genug. (In Norddeutschland sei der Ton 1000
Meter mächtig.) Die Schweizer Atomlobby argumentiere derweil
gerade, dass die Opalinustonschicht im Schweizer Norden mit einer
Mächtigkeit von 113 Metern ein optimaler Standort für
Atommüll sei.
NWA und BUND fragen die baden-württembergische
Umweltministerin Tanja Gönner deshalb in einem offenen Brief, ob
es "einen geologischen oder einen politischen Unterschied zwischen dem
Opalinuston in der Schweiz und dem Opalinuston in Süddeutschland"
gebe. Sonst müssten doch entweder auch die Tone in Bayern und
Baden-Württemberg für ein Endlager infrage kommen oder Bayern
und Baden-Württemberg mit Vehemenz gegen die
Atommüllpläne der Schweiz vorgehen. (bz)
---
Basler Zeitung 15.11.10
Kritik an Axpos Uranlieferant wirkt
Umweltbelastung in Majak wird untersucht
Der Schweizer Energiekonzern Axpo will nach kritischen Berichten
über einen Uranlieferanten abklären, ob und wie der Betrieb
der russischen Wiederaufbereitungsanlage Majak die Umwelt belastet.
Umweltschutzkreise hatten kritisiert, dass die Axpo Brennelemente
mit teilweise schmutzigem Uran aus Russland verwendet (BaZ vom Samstag).
"Wir wollen ganz genau wissen, wie in Majak heute gearbeitet
wird", sagte Axpo-Chef Manfred Thumann gegenüber der Zeitung
"Sonntag". Zu diesen Untersuchungen ziehe Axpo auch externe Experten
bei. Erst dann werde die Axpo aufgrund der Faktenlage entscheiden, ob
sie den Vertrag mit ihrem Lieferanten kündigt oder nicht.
"Wir haben mehrere Verträge mit unserem französischen
Lieferanten Areva, die eine Brennelementefertigung durch die russische
Firma MSZ Elektrostal beinhalten", erklärt Thumann. In einem
dieser Verträge sei festgelegt, dass die Brennstäbe rund 10
Prozent Uran aus Majak aufweisen. Dieser Vertrag laufe aber in einem
Jahr aus. Laut Thumann existiert aber noch ein zweiter Vertrag, der bis
2020 läuft. Ob dabei ebenfalls Uran aus Majak verwendet werde,
kläre die Axpo derzeit ab. Zu diesem Zweck seien Axpo-Mitarbeiter
letzte Woche mit Vertretern von Areva bei Elektrostal gewesen. Die
Lieferkette sei lang, und Axpo würde nun den weiteren Lieferanten
Schritt für Schritt nachgehen.
Altlasten
Es sei bekannt, so Thumann, dass es in Majak Altlasten gebe. Es stelle
sich die Frage, ob von der heutigen Wiederaufbereitung ein weiteres
Risiko ausgehe und ob die Umwelt weiter belastet werde - oder eben
nicht. Greenpeace hatte die Betreiber von Schweizer Atomkraftwerken
aufgefordert, aus Urangeschäften mit Russland auszusteigen. Das
Uran für ihre Brennstäbe stamme zum Teil aus der russischen
Wiederaufbereitungsanlage Majak - laut Greenpeace einer der
verstrahltesten Orte der Welt.
Die Betreiber der Kernkraftwerke Gösgen und Beznau hatten
Mitte September gegenüber der Sendung "Rundschau" des Schweizer
Fernsehens SF bestätigt, dass ihre Brennstäbe zum Teil
wiederaufbereitetes Uran aus Majak enthalten. SDA
---
Basellandschafltiche Zeitung 15.11.10
Atommüll: Deutsche und Schweizer messen Bodenstärke
unterschiedlich
Endlagerstandort Machen 13 Meter wirklich den Unterschied? Der
Basler Nationalrat Beat Jans von der Vereinigung "Nie wieder
Atomkraftwerke" (NAW) und Axel Mayer vom Bund für Umwelt- und
Naturschutz Deutschland (BUND) sind jedenfalls verwirrt: Die
Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern mit den meisten
Atomkraftwerken in Deutschland wehrten sich vehement gegen die Aufnahme
von deutschem Atommüll, unter anderem mit der Begründung, die
Bodenschicht Opalinuston im deutschen Süden sei mit bis zu 100
Metern nicht mächtig genug. (In Norddeutschland sei der Ton 1000
Meter mächtig.) Die Schweizer Atomlobby argumentiere derweil
gerade, dass die Opalinustonschicht im Schweizer Norden mit einer
Mächtigkeit von 113 Metern ein optimaler Standort für
Atommüll sei.
NWA und BUND fragen die baden-württembergische
Umweltministerin Tanja Gönner deshalb in einem offenen Brief, ob
es "einen geologischen oder einen politischen Unterschied zwischen dem
Opalinuston in der Schweiz und dem Opalinuston in Süddeutschland"
gebe. Sonst müssten doch entweder auch die Tone in Bayern und
Baden-Württemberg für ein Endlager infrage kommen oder Bayern
und Baden-Württemberg mit Vehemenz gegen die
Atommüllpläne der Schweiz vorgehen. (bz)
---
sf.tv 14.11.10
Wie sicher ist Majak? - Axpo prüft russischen Atom-Partner
sf/sda/coro/from
Der Schweizer Energiekonzern Axpo geht Vorwürfen nach,
schmutziges Uran aus der Wiederaufbereitungsanlage Majak zu verwenden.
Mit Experten werde derzeit abgeklärt, ob der Betrieb in Majak die
Umwelt belaste, sagte Axpo-Konzernchef Manfred Thumann dem "Sonntag".
"Wir wollen ganz genau wissen, wie in Majak heute gearbeitet
wird", erklärte Thumann in dem Interview. Die
Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte die Betreiber von Schweizer
Atomkraftwerken aufgefordert, aus Uran-Geschäften mit Russland
auszusteigen. Denn das Uran für ihre Brennstäbe stamme zum
Teil aus der russischen Wiederaufbereitungsanlage Majak, laut
Greenpeace eine der verstrahltesten Orte der Welt.
Axpo habe mehrere Verträge mit seinem französischen
Lieferanten Areva, die eine Brennelementfertigung durch die russische
MSZ Elektrostahl beinhalte, sagte Thumann. Bei einem dieser
Verträge wiesen die Brennstäbe rund 10 Prozent Uran aus Majak
auf. Dieser Vertrag laufe in diesem Jahr aus.
Ein zweiter Vertrag dauere aber bis 2020. Ob dabei ebenfalls Uran
aus Majak verwendet werde, kläre Axpo derzeit ab. Zu diesem Zweck
seien Mitarbeiter des Schweizer Energiekonzerns letzte Woche mit
Vertretern von Areva bei Elektrostal gewesen. Die Lieferkette sei lang,
und Axpo würde nun den weiteren Lieferanten Schritt für
Schritt nachgehen.
Dass es in Majak Altlasten gebe, sei allgemein bekannt,
räumte Thumann ein. "Es stellt sich die Frage, ob von der heutigen
Wiederaufbereitung in Majak ein Risiko ausgeht und die Umwelt weiter
belastet wird - oder eben nicht." Erst nach genauer Abklärung der
Situation werde auf Grund der Faktenlage entschieden, ob Axpo den
Vertrag mit den Lieferanten kündigt oder nicht.
Recherchen der "Rundschau" im September haben ergeben, dass es
bezüglich Majak sehr wohl Grund zur Besorgnis gibt.
---
Sonntag 14.11.10
Atom-Müll: Vor Gorleben gab es einen Transport nach
Würenlingen
Im Oktober wurde ein bisher nicht bekannter Transport
durchgeführt - 12 weitere Lieferungen folgen bis 2018
von Sandro Brotz
Schweizer Anti-AKW-Aktivisten nutzen die Debatte um die Schlacht
von Gorleben - und warnen vor den Risiken bei Atommüll-Transporten.
Gorleben steht für den längsten, teuersten und
umkämpftesten Castor-Transport. 92 Stunden dauerte es, die 11
Behälter mit 123 Tonnen Atommüll ans Ziel zu bringen. 20000
Polizisten waren gegen mindestens so viele Demonstranten im Einsatz.
Zurück blieben rund 1000 Verletzte, 1316 Verhaftete, 172
Strafverfahren, 117 sichergestellte Traktoren protestierender Bauern -
und Kosten von über 30 Millionen Franken.
Still und leise konnte dagegen ein bisher nicht bekannter
Atommüll-Transport aus der Wiederaufbereitungsanlage im
französischen La Hague ins Zwischenlager nach Würenlingen
durchgeführt werden. "Insgesamt drei Transportbehälter wurden
dem Zwilag vor gut einem Monat angeliefert", bestätigt
Axpo-Sprecher Roland Keller gegenüber dem "Sonntag".
Es handle sich um Hülsen und Endstücke aus der
Wiederaufarbeitung von ausgedienten Brennelementen im Eigentum des
Kernkraftwerks Gösgen. Der Transport sei planmässig und ohne
Zwischenfälle verlaufen. Bis anhin war von einem Transport im
Frühling die Rede. Dass die offizielle Information über einen
zweiten Transport erst in den kommenden Tagen und nach Gorleben
erfolgt, sei keine Absicht. Informiert werde immer erst dann, so
Keller, "nachdem die Behälter im Zwilag eingelagert sind und die
leeren Transportbehälter wieder zurück nach La Hague gesandt
wurden".
Zwölf ähnliche Transporte mit Polizeieskorte wird es
bis 2018 geben (siehe Grafik). Dabei werden insgesamt 32 Behälter
mit mittel- und hochaktiven Atom-Abfällen aus La Hague und
Sellafield in Nordwestengland nach Würenlingen gebracht.
Weil für solche Transporte erhöhte
Sicherungsanforderungen gelten, werden Routen und Zeitpunkt nicht
bekannt gegeben. "Für eine Änderung dieses Vorgehens brauchte
es den entsprechenden politischen Willen", sagt Marianne Zünd vom
Bundesamt für Energie. "Die Geheimhaltung erfolgt auch aus
Gründen des Schutzes vor möglichen Terrorakten."
Jürg Joss vom Verein Fokus Anti-Atom, der früher als
Automationstechniker auch im AKW Mühleberg arbeitete, nennt diese
Begründung "willkürlich". Er weist darauf hin, dass die
Transporte nach Würenlingen durch Dörfer, enge Strassen und
teilweise nah an Gebäuden vorbeiführten. "Die
Bevölkerung wird einem Risiko ausgesetzt, von dem man nicht weiss,
wie hoch es ist", so Joss. In Gorleben hätten
Wärmebildkameras die hohe Strahlenquelle gezeigt. "Die Menschen
sollten zwingend über den Zeitpunkt der Transporte informiert
werden."
Das Risiko der Neutronenstrahlung sei unklar, sagt Stefan
Füglister von der Zürcher Kampagnenforum GmbH und ehemaliger
Greenpeace-Kampagnenleiter: "Man tappt schlicht im Dunkeln. Beim
Castorzug nach Gorleben haben unsere deutschen Greenpeace-Kollegen in
14 Meter Entfernung eine 480-fach erhöhte Strahlung gemessen." Der
deutsche Physiker Heinz Smital, der diese Messung für Greenpeace
Deutschland durchführte, erklärt gegenüber dem
"Sonntag": "Wir wollten aufzeigen, wie weit weg noch ein so stark
erhöhtes Strahlenfeld auftritt." Es gebe keine Schwelle, so
Smital, "unter der Strahlung als völlig unbedenklich angesehen
werden kann".
Doch eine Information der Bevölkerung entlang der
Castorstrecke hält Axpo-Chef Manfred Thumann für nicht
nötig: "Da die Strahlung ständig überwacht wird,
können wir mit Sicherheit ausschliessen, dass vom Transport
Strahlung ausgeht" (siehe Interview).
--
Was heisst Castor?
Castor steht für "Cask for Storage and Transport of
Radioactive Material"und bezeichnet einen Spezialbehälter für
radioaktives Material. Jeder Behälter aus Gusseisen mit
Kugelgrafit ist6,1 Meter lang und hat einen Durchmesser von 2,43 Metern.
---
NZZ am Sonntag 14.11.10
Basel-Stadt mischt sich in Berner Abstimmung ein
In der Bundesstadt wurde eine Kernkraft-kritische Broschüre
verteilt, die von Basel finanziert wurde. In Bern spricht man von einem
"ungehörigen Akt".
"Neue Energie für die Schweiz" ist der Titel der 40-seitigen
Broschüre, die am Samstag auch vom "Tages-Anzeiger" und von der
"Basler Zeitung" verbreitet wurde. Darin geht es vordergründig um
erneuerbare Energien. Im Editorial finden sich aber auch Sätze wie
"Atomkraftwerke . . . sind gefährlich und hinterlassen Abfall
für Hunderttausende von Jahren". Die Verteilung der Broschüre
erfolgt zwei Wochen, bevor die Stadtberner Stimmberechtigten über
die Atomausstiegs-Initiative "EnergieWendeBern" abstimmen.
Pikant daran ist, dass die Broschüre zu 75 Prozent aus dem
baselstädtischen Energie-Förderungsfonds finanziert wurde.
Dieser Fonds wird durch Zuschläge auf dem Strompreis gespeist.
Verankert ist die atomkritische Haltung der Stadt Basel im
Atomschutzgesetz von 1978. Dieses verpflichtet die Behörden, "mit
allen ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen und politischen
Mitteln darauf hinzuwirken, dass auf dem Kantonsgebiet oder in dessen
Nachbarschaft keine Atomkraftwerke errichtet werden".
Die Basler Aktion provozierte harsche Kritik. Der Handels- und
Industrieverein, Berner KMU sowie die SVP und die BDP kritisierten in
einem gemeinsamen Communiqué, dass "staatlich verordnete
Zuschläge auf den Strompreisen für die Finanzierung eines
unverhältnismässigen Feldzuges gegen die Kernenergie und
gegen das in Mühleberg geplante Ersatz-Kernkraftwerk eingesetzt
werden". Es sei ein ungehöriger Akt von politischer Einmischung
des Kantons Basel-Stadt, heisst es im Communiqué. (sda)
---
Sonntag 14.11.10
Jetzt schickt der Axpo-Chef seine Experten nach Russland
Manfred Thumann geht den Vorwürfen nach, mit schmutzigem
Uran aus der Wiederaufbereitungsanlage Majak zu arbeiten
Von Yves Demuth
In Deutschland protestierten Tausende gegen
Atommülltransporte. Befürchten Sie, dass deutsche Aktivisten
vermehrt in der Schweiz gegen Endlagerstandorte nahe der deutschen
Grenze protestieren werden?
Manfred Thumann: Darüber will ich nicht spekulieren. Wenn es
solche Anzeichen gäbe, würden wir entsprechend reagieren.
In der Schweiz sind Protestaktionen bei Transporten ins
Zwischenlager Würenlingen selten. Warum?
Ich bin froh darüber, dass wir keine Zustände wie in
Deutschland haben. Dies liegt auch daran, dass wir mit Organisationen
wie Greenpeace und WWF über Atommülltransporte diskutieren.
Wir können mit allen Nichtregierungsorganisationen eine Diskussion
auf sachlichem Niveau führen. Deshalb sind die Transporte heute
nicht sehr umstritten.
Sie geben die Transportdaten wegen Terrorgefahr nicht bekannt.
Wie gross ist diese tatsächlich?
Wie gross die Gefahr ist, beurteilen wir jeweils nicht selbst.
Das öffentliche Interesse an einem Transport ist aber in jedem
Fall geringer als die Möglichkeit, mit einer Publikation der
Transportdaten Attacken Vorschub zu leisten.
Ein gewisses Strahlenrisiko kannbei den Transporten nicht
ausgeschlossen werden. Warum werden deshalb nicht zumindest die
Anwohner informiert?
Da die Strahlung ständig überwacht wird, können
wir mit Sicherheit ausschliessen, dass vom Transport Strahlung ausgeht.
Bestünde ein Strahlenrisiko, dürften wir kein radioaktives
Material transportieren.
Neben Atommüll machte auch schmutziges Uran Schlagzeilen. In
Ihren Brennelementen ist Uran aus der verstrahlten
Wiederaufbereitungsanlage Majak in Russland, wie die "Rundschau"
aufdeckte. Sie sagten, der entsprechende Brennstoffliefervertragsei
"praktisch erfüllt". Sind Sie das Problem los?
Wir haben mehrere Verträge mit unserem französischen
Lieferanten Areva, die eine Brennelementfertigung durch die russische
Firma MSZ Elektrostal beinhalten. Bei einem dieser Verträge weisen
die Brennstäbe rund 10 Prozent Uran aus Majak auf, und dieser
Vertrag läuft in diesem Jahr aus. Ein zweiter Liefervertrag dauert
aber bis 2020. Ob dort ebenfalls Uran aus Majak verwendet wird,
klären wir derzeit ab.
Wie lange wird das dauern?
Axpo-Mitarbeiter waren zusammen mit unserem Lieferanten Areva
vergangene Woche bei MSZ Elektrostal. Die Lieferkette ist aber lang.
Wir werden nun den weiteren Lieferanten Schritt für Schritt
nachgehen. Wie lange dies dauern wird, hängt sehr stark von
involvierten Stellen ab. Aber wir wollen es genau wissen.
Axpo-Mitarbeiter gehen bis nach Majak, um die Lieferkette zu
prüfen?
Dies ist möglich.
Werden Sie den Vertrag kündigen, wenn Material aus Majak
drin ist?
Nicht unbedingt. Ist Uran aus Majak in der Lieferkette drin,
wollen wir zuerst die Situation dort überprüfen. Dass es dort
Altlasten gibt, ist allgemein bekannt. Es stellt sich die Frage, ob von
der heutigen Wiederaufbereitung in Majak ein Risiko ausgeht und die
Umwelt weiter belastet wird - oder eben nicht. Wir wollen ganz genau
wissen, wie in Majak heute gearbeitet wird. Zu diesem Zweck ziehen wir
auch externe Experten bei.
Wenn Sie also zum Schluss kommen, dass die Region von der
aktuellen Wiederaufbereitung nicht weiter verstrahlt wird,
kündigen Sie den Vertrag nicht - trotz eigener Umweltdeklaration?
Wir wollen zuerst die Situation ganz genau klären. Dann
werden wir aufgrund der Faktenlage entscheiden und diesen Entscheid
auch kommunizieren.
Grünen-Nationalrat Geri Müller kritisierte, Sie pflegen
"einen kreativen Umgang mit der Wahrheit". Es entstand der Eindruck,
Sie wollten vertuschen, dass Beznau womöglich bis 2020 mit
schmutzigem Uran arbeitet.
Dieser Vorwurf stimmt nicht. Ich habe in der "Rundschau" klar
gesagt, dass es noch weitere Verträge gibt, die wir prüfen.
Das lässt sich anhand der Aufnahmen leicht nachvollziehen. Zudem
erfüllen wir alle gesetzlichen Auflagen sowie alle
Transparenzauflagen. Unsere Partner Areva sowie MSZ Elektrostal sind
entsprechend zertifiziert. Die Herkunft des Urans am Ende der
Lieferkette prüfen wir nun.
---
Bund 13.11.10
Leitartikel Abstimmung über "Energiewende Bern": Der
Gegenvorschlag ist der Initiative vorzuziehen.
Pragmatischer Weg in die Energiezukunft
Hans Galli
Bern hat den Ausstieg aus der Atomenergie als
längerfristiges Ziel schon vor über zehn Jahren beschlossen.
"Die Stadt unterstützt die dezentrale Energieerzeugung und
Energieversorgung und strebt an, umweltbelastende oder
umweltgefährdende Energieträger, wie die Atomenergie, durch
einheimische und regenerierbare Energie zu ersetzen": Dieser Satz steht
in der Gemeindeordnung, welche im April 1999 vom Volk angenommen wurde.
Der Anteil der Ja-Stimmen betrug 73 Prozent.
In der Volksabstimmung vom kommenden 28. November geht es um das
Tempo: Die Initiative "Energiewende Bern" fordert den Ausstieg bis ins
Jahr 2030, der Gegenvorschlag des Stadtrats setzt die Frist bis Ende
2039 an.
Heute 70 Prozent Atomstrom
Der von Energie Wasser Bern (EWB) vermarktete Strom stammt heute
zu 70 Prozent aus Atomkraftwerken. Die grössten Lieferanten sind
die Atomkraftwerke Gösgen im Kanton Solothurn sowie Fessenheim in
Frankreich.
In Fessenheim steht ein Kraftwerk, dessen ursprünglich
geplante Betriebsdauer von 30 Jahren bereits überschritten ist. Es
entspricht bezüglich Sicherheit nicht dem neuesten Standard. Seine
Abschaltung in absehbarer Frist wird keine grossen Auswirkungen
für die Stadt Bern haben. EWB kann die ausfallende Strommenge mit
der neuen Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) sowie dem angeschlossenen
Holz- und Gaskraftwerk kompensieren. Diese Anlagen werden derzeit
gebaut.
Das Kernkraftwerk Gösgen ist auch schon über 30 Jahre
alt, aber es ist auf eine Betriebsdauer von 60 Jahren ausgerichtet. Die
Stilllegung ist für 2039 geplant. Der Gegenvorschlag des
Stadtrates stellt auf dieses Datum ab: Der Atomausstieg der Stadt Bern
soll mit dem Ende des heutigen AKW Gösgen zusammenfallen. EWB
plant, den Wegfall des Atomstroms mit jährlichen Investitionen in
erneuerbare Energien zu kompensieren. Gemäss Produktionsplan
reichen die Erlöse aus dem Stromgeschäft, um die
Investitionen zu finanzieren und einen jährlichen Gewinn an die
Stadt abzuliefern.
Bei dem von der Initiative geforderten Ausstieg bereits 2030
könnte die Stadt Bern weniger lang billigen Strom aus Gösgen
beziehen. EWB beziffert die Kosten für den früheren Ausstieg
auf 351 Millionen Franken. Überdies müssten die Investitionen
in erneuerbare Energien beschleunigt werden. Beides würde sich
negativ auf die Stadtkasse auswirken.
Die Befürworter der Initiative erklären, EWB
könnte seine Beteiligung von 7,5 Prozent am AKW Gösgen im
Jahr 2030 verkaufen. Aber der Preis für die Aktien eines
Kraftwerks, das nur noch eine kurze Lebensdauer hat, wäre wohl
nicht allzu hoch. Zudem würde in Gösgen auch nach dem
Rückzug Berns Strom produziert - die AKW-Gegner hätten nichts
gewonnen.
Der Gegenvorschlag zeigt einen pragmatischen Weg in die
Energiezukunft der Stadt Bern auf. Der Umstieg auf erneuerbare Energien
ist zwar ein ehrgeiziges Ziel. Weil Bern aber bis 2039 Atomstrom
beziehen kann, ist seine Energieversorgung nicht gefährdet. Falls
sich das Szenario von EWB als unrealistisch erweisen sollte,
könnte die Stadt auf ihren Entscheid zurückkommen.
Ein finanzielles Risiko bilden zweifellos die geplanten
Investitionen in ausländische Wind- und Sonnenkraftwerke.
Geklärt werden muss auch die Frage, wie der Strom in die Schweiz
kommen wird.
Heikler Entscheid zu Mühleberg
In den nächsten Jahren werden sich die Bürgerinnen und
Bürger noch mehrmals zur Energiezukunft äussern können.
Am 13. Februar 2011 ist die Abstimmung über die Vernehmlassung zur
Rahmenbewilligung für ein neues Atomkraftwerk in Mühleberg
vorgesehen. Die Ausgangslage für diese kantonale Abstimmung ist
anders als jene in der Stadt Bern: Das AKW Mühleberg muss viel
früher stillgelegt werden als jenes in Gösgen. Zudem laufen
die langfristigen Verträge über Stromlieferungen aus
Frankreich aus. Ohne den Bau eines neuen Kraftwerkes wird die BKW
Energie AG über deutlich weniger eigenen Strom verfügen.
Auch wer in der Stadt Bern für den Atomausstieg stimmt, muss
sich gut überlegen, ob dies für den ganzen Kanton ein
gangbarer Weg ist.
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Tagesanzeiger 13.11.10
Deutsche diskutieren Schweizer Pläne für Atom-Endlager
Wenn der Gemeinderat im deutschen Jestetten über die
Pläne der Nagra spricht, kann sich auch das Publikum einmischen.
Von René Donzé
Jestetten/Zürich - Da soll noch einer sagen, nördlich
der Schweizer Grenze beginne die direktdemokratische Wüste.
Hierzulande verfassen Regierungen ihre Vernehmlassungsantworten im
stillen Kämmerlein. In Jestetten bei Rheinau diskutierte am
Donnerstag Bürgermeisterin Ira Sattler mit dem Gemeinderat an
einer öffentlichen Sitzung ihre Stellungnahme ans Bundesamt
für Energie (BFE) zu den Endlager-Plänen. Und sie nahm nicht
bloss Anliegen der Volksvertreter ins Schreiben an die Schweizer auf,
sondern auch solche aus dem Publikum.
ZDF filmt mit
Neben den 18 Gemeinderatsmitgliedern hatten sich 14 Zuschauer ins
kleine Sitzungszimmer des Rathauses gepfercht. Ein Team des ZDF filmte
die Debatte für eine Reportage vor dem Hintergrund der
Massenproteste gegen die Castor-Transporte in Gorleben. Die
5000-Seelen-Gemeinde im süddeutschen Zipfel grenzt an die Kantone
Zürich und Schaffhausen und ist gleich von drei möglichen
Standorten für ein Endlager für radioaktive Abfälle
umzingelt. Als mögliche betroffene Gemeinde räumt ihr das BFE
ein Mitspracherecht ein. Zurzeit läuft das
Anhörungsverfahren. Der Briefentwurf der Bürgermeisterin war
den 18 Gemeinderäten aber zu brav formuliert. Schon der Einstieg,
in dem sich Sattler für die Möglichkeit der Stellungnahme
bedankt, stiess einer Politikerin sauer auf. "Es ist eine
Selbstverständlichkeit, dass wir angehört werden", sagte die
Grüne Martina Sigg-Hermann.
Misstrauen
Mehrere Gemeinderäte äusserten den Verdacht, die Nagra
habe bewusst einen Standort in Grenznähe vorgeschlagen, da die
Deutschen nichts dazu zu sagen hätten. "Die Schweiz ist doch
gross, und jetzt machen die ihr Endlager an die Grenze hin", sagte
Reimund Hartmann (Grüne), und CDU-Vertreter Jürgen Osswald
doppelte nach: "Man hat nicht zufällig die richtigen
Gesteinsformationen in der Grenzregion gefunden." Jestetten müsse
Mitbestimmung einfordern. Doch Sattler winkte ab: "Wir haben die
gleichen Mitspracherechte wie die Schweizer Gemeinden, mehr können
wir nicht verlangen." Bloss an der Schweizer Volksabstimmung
könnten die Deutschen natürlich nicht teilnehmen.
Einverstanden hingegen war sie mit anderen Einwänden. So
will sie explizit festhalten: "Wir sind gegen ein grenznahes
Atommülllager." Und sie wird fordern, dass sämtliche
Standorte gleich gründlich untersucht werden, wie das bereits im
Weinland geschehen ist, und nicht bloss zwei wie geplant.
Zudem müsse der Zeitplan gelockert werden. Die Nagra will
bis in acht Jahren den Standort festlegen. Irmgard Bäumle (SPD)
argwöhnte, die Atomindustrie mache Druck, weil sie neue AKW bauen
wolle. "Die Gefahr besteht, dass aus Zeitnot ein Lager zweiter Klasse
gebaut wird." Aus dem Publikum kam der Wunsch nach einer umfassenden
Überwachung aller Brennstäbe. Das will Sattler ebenso
aufnehmen wie die dauerhafte Rückholbarkeit der Abfälle.
Vereinzelt gab es auch pragmatische Stimmen. "Irgendwann muss der
Grümpel doch in den Boden", sagte Wolfgang Lauer (Freie
Wähler). Und Parteikollege Rainer Denzel meinte: "Ich fände
ein Endlager vor der Haustür zwar auch schlimm, doch hätte
ich das Gefühl, der Müll wäre dort in sicheren
Händen."
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NZZ 13.11.10
Atompolitische Scharmützel nach Schweizer Art
Davide Scruzzi (dsc)
In Deutschland wurde ein Transport von radioaktiven Abfällen
zum Mekka für Aktivisten. In der Schweiz gibt es zu denselben
Fragen eine Kaskade von Volksabstimmungen und Verfahren. Hierzulande
ist also wie immer alles etwas netter, zu Sorglosigkeit besteht aber
wenig Anlass. Von Davide Scruzzi
Am Montag präsentiert das Eidgenössische
Nuklearsicherheitsinspektorat einen Bericht zu den
Rahmenbewilligungsgesuchen für neue Atomkraftwerke. Es wird etwa
um Erdbebensicherheit und Hochwasserschutz gehen. Eine Priorisierung
unter den Neubau-Optionen Gösgen, Mühleberg und Beznau wird
nicht vorgenommen, ortsbedingte Mehrkosten könnten aber die von
der Stromwirtschaft anvisierte Einengung auf zwei Orte
begünstigen. Nach solchen Präsentationen verschicken die
AKW-Gegner jeweils gepfefferte Medienmitteilungen. Doch von Tumulten,
wie jüngst in Deutschland, bleibt die Schweiz seit vielen Jahren
verschont, obwohl die nuklearen Projekte kühn sind und das Land in
der AKW-Frage gespalten ist: Die Befürworter neuer Werke sind, je
nach Umfrage, nur leicht in der Überzahl. Dass die Lust an
Demonstrationen hierzulande gering ist, hat bloss zu einem kleinen Teil
mit freundlicheren politischen Umgangsformen zu tun. Zwar sang schon
der Kabarettist Franz Hohler Ende der 1970er Jahre maliziös, dass
in unserem Land alle "so nätt" seien, sogar die
"Chärnchraftherre" zu ihren Gegnern. Relevanter ist aber, dass
sich alle an den direktdemokratischen Bewilligungsverfahren ausrichten
können, die der Bund für die AKW-Projekte und die Suche nach
Tiefenlager-Orten für radioaktive Abfälle festgelegt hat. Die
Atompolitik bleibt allerdings trotz allem auch in der Schweiz eine
wichtige Bühne politischer Profilierungen - zulasten sachlicher
Diskussionen.
Wie stabil sind die Verfahren?
Die Ergebnisse von Sololäufen in Form regionaler
AKW-Volksabstimmungen werden die Stimmung im Land bald beeinflussen. In
den Städten Bern und St. Gallen wird Ende Monat über den
Atomausstieg der städtischen Elektrizitätswerke entschieden.
Aufgrund der jahrzehntelangen Fristen und der Marktliberalisierung sind
die praktischen Wirkungen und damit die Entscheide per se
fragwürdig, der wichtigste Effekt eines Ja wäre jeweils die
Beflügelung der nationalen Anti-AKW-Kampagne. Zu symbolischen
Urnengängen kommt es nächstes Jahr auch in mehreren Kantonen,
wenn über die - nicht verbindlichen - kantonalen Stellungnahmen zu
den Kernkraftwerks-Gesuchen abgestimmt wird. Lange bevor also 2013 oder
2014 das Volk in einer eidgenössischen Referendumsabstimmung Ja
oder Nein zu neuen Kernkraftwerken sagen wird, spitzt sich die Debatte
in unausgegorenen regionalen Auseinandersetzungen zu, sie vermischt
sich mit Forderungen zu erneuerbaren Energien und mit der komplexen
Suche nach einem Tiefenlager für radioaktive Abfälle.
Trotz diesen nicht explizit vorgesehenen regionalen
Urnengängen erweisen sich die AKW-Verfahren als stabil. Der
Gesetzgeber hat aus dem Chaos der 1980er Jahre gelernt. Damals brachten
verworrene Verfahren rund um das geplante Werk in Kaiseraugst und
Aktivisten auf dem Feld das Projekt zum Scheitern, die benötigten
zusätzlichen Strommengen fliessen seitdem aus französischen
AKW in die Schweiz. Mit dem nun angesetzten eidgenössischen
Volksentscheid zum Kraftwerksneubau wird Demo-Romantikern die
Legitimität entzogen - die politischen Wirkungsmechanismen solcher
sozialer Bewegungen bleiben freilich schwer voraussehbar.
Störfälle drohen aber eher beim Auswahlverfahren
für die Orte zur Tiefenlagerung radioaktiver Abfälle, weil -
im Gegensatz zu den AKW-Projekten - der lokale Widerstand gross ist und
die technischen Fragen komplex und teilweise nicht vollständig
beantwortet sind. Da und dort trommeln Demonstranten schon auf
Fässern. Wirkungsstärker ist aber zweifellos Opposition von
den betroffenen Kantonen, die bereits jetzt umfangreichere geologische
Abklärungen verlangen. Die Nagra, die Genossenschaft von Bund und
AKW-Betreibern, wird diese Frage bald in einem Bericht klären.
Eine für Kritiker unbefriedigende Antwort würde das weitere
Verfahren trüben. Harsch sind bereits die Positionsbezüge aus
Schaffhausen. Nicht nur lehnt die Regierung ein Tiefenlager in der
Nähe kategorisch ab, aus Schaffhausen wurde gar der Vorschlag
einer Endlagerung von Atommüll im Ausland ins Spiel gebracht. -
Auch wenn man diese Option nicht a priori ignorieren sollte, zeigt doch
der Blick nach Europa, dass derzeit eine gemeinsame Lösung nicht
in Sicht ist.
Bei der Frage nach der künftigen Stromversorgung winken im
Ausland ebenfalls noch keine guten Lösungen für einen Ersatz
der bisherigen AKW und der Langfristverträge mit Frankreich. Der
weiträumige Austausch (Import) von Strom aus erneuerbaren Energien
ist noch Zukunftsmusik. Bei der Förderung von erneuerbaren
Energien im Inland sind ökologische und raumplanerische Grenzen
bereits erkennbar, und die Sensibilität gegenüber
Strompreiserhöhungen ist sattsam bekannt. Weit verbreitet ist der
Wunsch nach dem Ausstieg aus der Kernenergie, rarer ist die
Bereitschaft, die volkswirtschaftlichen Konsequenzen höherer
Kosten bei Stromimporten zuzugeben oder nüchtern die Tatsache zu
erkennen, dass nukleare Abfälle bereits vorhanden sind und eine
weitere AKW-Generation am Grundproblem der Tiefenlagerung nichts
ändert. Die rot-grüne Gleichung, wonach ein Zubau an
erneuerbaren Energien einen Arbeitsplatzverlust in stromintensiven
Branchen kompensiert, hat immer noch zu viele visionäre Variablen
- der deutsche Rückzug beim Atomausstieg zeugt davon. Atomstrom
dürfte bei einem Ausstieg vor allem durch Gas- und Kohlestrom
ersetzt werden - klimapolitisch und punkto Versorgungssicherheit eine
schlechte Lösung.
Mehr Licht in Uran-Lieferwege notwendig
Eine Fortführung der Atomenergie mit einem Ersatz
auslaufender Kernkraftwerke bleibt also der derzeit praktikabelste
energiepolitische Weg. Dieser setzt natürlich Analysen zur
Rentabilität solcher Milliardenprojekte voraus sowie einen
weiterhin dominierenden Stellenwert der Reaktorsicherheit. Punkto
Uran-Herkunft erwacht bei den Stromkonzernen erst langsam das
Bewusstsein, dass ökologisch zwielichtige Stationen in der
Lieferkette nicht akzeptabel sind. Hätte Greenpeace mit den
Enthüllungen um die weiterhin unklare Rolle des problematischen
russischen Wiederaufbereitungsstandorts Majak bei den
Brennstofflieferungen für das AKW Beznau bis kurz vor der
eidgenössischen Abstimmung gewartet, wäre ein Nein an der
Urne wohl die Folge gewesen.
Kurzschluss-Effekte auf die AKW-Debatte können aber auch aus
Schlagzeilen zum Tiefenlager-Verfahren erwachsen. Bund und
Stromwirtschaft können sich keine Fehler erlauben. Die emotional
aufgeladenen nuklearen Fragen, über die aufgrund der
mitschwingenden Gefahrenpotenziale nur das Volk am Schluss entscheiden
kann, bleiben allzu anfällig für tagesaktuelle
Stimmungsschwankungen und Scharmützel, während Energie- und
Umweltpolitik auf langfristigen Strategien fussen müssten. Von der
Linken nun Kompromissbereitschaft und Sachlichkeit zu erwarten, ist
auch südlich des Rheins Wunschdenken; zu gross ist bei Roten und
Grünen der Bedarf nach einenden nuklearen Feindbildern. Zu hoffen
bleibt, frei nach Franz Hohler, dass auch die AKW-Demonstranten "so
nätt" bleiben und der Schweiz Szenen wie rund um das deutsche
Atommülllager Gorleben erspart bleiben.
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St. Galler Tagblatt 13.11.10
"Auch Atomstrom hat Zukunft"
ETH-Professor Horst-Michael Prasser ist zwar nicht gegen
erneuerbare Energien, aber dezidiert für den Erhalt der
Atomenergie. Wirtschaftliche Risiken bei einem Ausstieg hält er
für höher als das Restrisiko eines AKW-Unfalls - eine
Gegenposition zu HSG-Energieexperte Rolf Wüstenhagen.
Herr Prasser, ein Atomausstieg in den kommenden Jahrzehnten sei
möglich und mache Sinn, sagte HSG-Energieexperte Rolf
Wüstenhagen kürzlich an dieser Stelle. Das sieht nach einer
düsteren Zukunft aus für Sie als Professor für
Kernenergiesysteme.
Horst-Michael Prasser: Da mache ich mir keine Sorgen. Kernenergie
ist ein so zentraler Bestandteil der Stromversorgung, dass ein Ausstieg
auch langfristig wenig sinnvoll ist. Man müsste auf eine
vergleichsweise kostengünstige Technologie verzichten, ohne dass
sich ein Sicherheitsvorteil ergeben würde.
Kein Sicherheitsvorteil? Die Herstellung von erneuerbaren
Energien ist doch sicherer als diejenige von Atomenergie.
Prasser: Erneuerbare Energien haben nicht nur Vorteile
gegenüber der Kernenergie. Dies zeigt die Lebenszyklusanalyse,
welche alle Parameter einer Energieumwandlungskette untersucht. Dabei
wird folgende Frage gestellt: Wie viele Rohstoffe benötigt man,
mit welchem Landbedarf ist das verbunden und welche Auswirkungen auf
die Umwelt entstehen bei der Produktion einer bestimmten Energiemenge?
Hier schneidet der Atomstrom teilweise besser ab als die regenerativen
Energien. Würde man die durch AKW produzierte Energiemenge mit
Solarzellen erzeugen wollen, dann hätte man für deren
Produktion grössere Mengen an Rohstoffen aufzuwenden und es mit
toxischen Substanzen zu tun.
Was sich mit der Förderung von Solartechnologien ändern
könnte.
Prasser: Verstehen Sie mich nicht falsch, ich will die beiden
Energien nicht gegeneinander ausspielen. Die erneuerbaren Energien
sind, wie auch die Kernenergie, um ein vielfaches besser als jede
Nutzung von Kohle, Öl und Gas. Heute kommt mehr als 85 Prozent der
Energie weltweit aus fossilen Quellen. Kernenergie und erneuerbare
Energien wie die Solar- oder Windenergie müssen hier gemeinsam ins
Feld geführt werden, um diesen Anteil zurückzudrängen -
und nicht gegeneinander antreten.
Dann spricht ja nichts gegen einen Entwicklungsschub für
erneuerbare Energien. In der Stadt St. Gallen wird über einen
Atomausstieg abgestimmt. Ein Ja würde den Erneuerbaren Vorschub
geben.
Prasser: In erster Linie gibt ein Ausstieg ein politisches Signal
gegen die Atomenergie, was ich kontraproduktiv finde. Vielleicht bringt
ein Ausstieg die Entwicklung erneuerbarer Energien zwar etwas weiter.
Meiner Meinung nach müsste man aber Erneuerbare aktiv fördern
- und nicht Atomstrom verbieten.
Werden erneuerbare Energien gegenüber Atomstrom je
wettbewerbsfähig sein?
Prasser: Es ist unbestritten, dass die Kosten bei erneuerbaren
Energien durch die Weiterentwicklung und die Massenproduktion
kontinuierlich sinken werden. Doch sind dieser Entwicklung Grenzen
gesetzt. Ich bezweifle, und das deckt sich mit seriösen Studien,
dass Strom aus erneuerbaren Quellen eines Tages preiswerter wird als
Atomstrom. Es wäre spannend zu sehen, wie die verschiedenen
Techniken sich am Markt ohne politische Einflussnahme bewähren
würden.
Wirtschaftlichkeit hin oder her: Das Restrisiko bei AKW bleibt.
Prasser: Ein schwerer Störfall ist auf einer Schweizer
Anlage sehr unwahrscheinlich - Analysen liefern Wahrscheinlichkeiten
von ganz grob einem Ereignis in einer Million Jahre.
Was ist mit Tschernobyl?
Prasser: Das war eine Zerstörung des Reaktors durch eine
nicht mehr kontrollierbare Kettenreaktion in weniger als einer Sekunde.
Das ist in den heute laufenden AKW und in allfälligen
Neubauanlagen ausgeschlossen. Der Tschernobyl-Reaktor hatte einen
gravierenden Konstruktionsfehler. Anders ist es bei einem schweren
Störfall mit Kernschmelze, die nicht gänzlich ausgeschlossen
werden kann. Die Operateure haben heute jedoch Mittel in der Hand, um
die Radioaktivität im Reaktorgebäude einzuschliessen und die
Umwelt davor zu schützen. Neubauanlagen wären von vornherein
so konstruiert, dies auch ohne Operator-Eingriffe zu bewerkstelligen.
Nicht überall sind AKW so sicher wie in der Schweiz, nehme
ich an.
Prasser: Ich befürchte, Sie haben recht. Allerdings fruchten
die grossen Anstrengungen bereits, die unternommen werden, um
international zu einer Harmonisierung der Standards zu kommen. Es gibt
einen internationalen Austausch zu Fragen der Reaktorsicherheit. Die
internationale Atombehörde etwa sorgt für Unterstützung
in den Ländern, in denen diese gebraucht wird.
Ein weiteres Problem ist die Endlagerung des radioaktiven
Atommülls.
Prasser: Die heutigen Konzepte zur geologischen Tiefenlagerung
des radioaktiven Abfalls sind fachlich überzeugend. Die
Rückhaltung jedes einzelnen Bestandteils des Abfalls in den
Lagerbehältern und im Tongestein wurde gründlich untersucht.
Ich hätte überhaupt kein Problem damit, über einem
Atomendlager zu leben.
Und wenn Menschen in einigen 1000 Jahren auf unseren
Atommüll treffen sollten?
Prasser: Ich bin überzeugt, eine Gesellschaft, die über
die Technik verfügt, an den Atomabfall in 700 Metern Tiefe
heranzukommen, wird auch in der Lage sein, das Problem zu erkennen und
dieses mit begrenztem Aufwand wieder in den Griff zu bekommen.
All die Argumente, die Sie hier vorbringen, werden auch immer
wieder von der Atomindustrie genannt. Atomgegner behaupten, dass dies
nur aus wirtschaftlichen Eigeninteressen geschieht.
Prasser: Die Nuklearindustrie wird oft bezichtigt, nur auf ihren
Profit zu schauen. Zu Unrecht. Viele Befürworter der Kernenergie
in Forschung und Industrie sind aus ihren Kenntnissen heraus der
Überzeugung, dass Atomstrom zu einer umweltverträglichen
Energieversorgung benötigt wird. Sie sind mit Herzblut bei der
Sache.
Ihr Lehrstuhl an der ETH wird von der Atomindustrie-Organisation
Swissnuclear finanziert. Da sind Sie natürlich verpflichtet, sich
für die Atomenergie einzusetzen.
Prasser: Ich war Befürworter der Kernenergie, lange bevor
ich von einer akademischen Auswahlkommission an die ETH Zürich
berufen wurde. Mein Lehrstuhl wird von Swissnuclear finanziert, weil
die Industrie ein vitales Interesse an der Weiterführung der
universitären Ausbildung im Bereich Kerntechnik hat, nachdem die
Professur meines Vorgängers nicht weitergeführt wurde. Der
Kompetenzerhalt ist das wichtigste Motiv und Sie werden zugeben, dass
das ein wichtiges Element der Sicherheitskultur ist.
Zum Schluss ein Blick auf 2050. Wie sieht der Strommarkt in der
Schweiz dann aus?
Prasser: Prognosen zeigen, dass der Energiebedarf in Zukunft
sinken, der Strombedarf jedoch ansteigen wird, weil fossile
Energieträger im Bereich Wärmeversorgung und
Individualverkehr durch Elektrizität ersetzt werden und der
Einsatz von Öl und Gas zurückgehen. Der Anteil der
erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung wird zunehmen, der Anteil
der Kernenergie zurückgehen, aber in absoluten Zahlen wird mehr
Kernenergie erzeugt werden müssen. Durch den technischen
Fortschritt wird die Anzahl der notwendigen Kernkraftwerke geringer
sein und es wird weniger Uran verbraucht werden als heute.
Interview: Ralf Streule
--
Person
Horst-Michael Prasser
Der ETH-Professor für Kernenergiesysteme. Der deutsche
Wissenschafter studierte vor dem Fall der Mauer im Energetischen
Institut in Moskau und war 19 Jahre lang im Forschungszentrum
Rossendorf bei Dresden tätig. Der Spezialist für
Reaktorsicherheit war massgeblich beteiligt an der Etablierung des
Studiengangs "Master of Science in Nuclear Engineering" der ETH
Zürich und EPF Lausanne.
St. Gallen und Bern stimmen ab
Am 28. November wird in den Städten St. Gallen und Bern
über den Verzicht auf Atomstrom abgestimmt. St. Galler werden
über die SP-Initiative "Stadt ohne Atomstrom" befinden, welche
einen schrittweisen Atomstrom-Ausstieg ab 2018 verlangt. Ein
Gegenvorschlag des Stadtparlaments nimmt sich den Atomausstieg bis ins
Jahr 2050 zum Ziel. Gegen die beiden Vorlagen hat sich ein "2 x
Nein-Komitee" gebildet. Die Versorgungssicherheit sei in der Stadt
gefährdet, wenn man den Atomstrom per Reglement verbiete. (rst)
---
Basler Zeitung 13.11.10
Spielende Kinder, strahlender Müll
Die Aufbereitungsanlage Majak im Ural gilt als grösste
atomare Dreckschleuder der Welt
Stefan Scholl, Moskau
Die Schweiz bezieht Atombrennstäbe aus der russischen
Aufbereitungsanlage Majak. Jetzt will es Deutschland der Schweiz
gleichtun - obwohl die Anlage selbst die Katastrophe von Tschernobyl in
den Schatten stellt.
Jahrzehntelang tränkten die Leute von Musljumowo ihr Vieh in
der Tetscha, ihre Kinder schwammen in diesem Fluss. Sie hatten sich
daran gewöhnt, dass den Rindern das Fell büschelweise
ausfiel. Und die Knaben im Dorf erzählen Fremden eifrig, welche
Verwandte an welchen Krebskrankheiten litten.
Das Dorf Musljumowo liegt im Südural, 80 Kilometer von der
Atomfabrik Majak entfernt, dem Epizentrum der vielleicht grössten
Katastrophe in der Geschichte der Kernenergie. "Majak", zu Deutsch
"Leuchtturm", liefert seit Jahren Brennstäbe für die
Schweizer Atomkraftwerke und entsorgt auch Schweizer Atomabfall.
Wladimir Tschuprow von Greenpeace Russland sagt: "Abgebrannte Schweizer
Atombrennstäbe geraten über Frankreich nach Tomsk in Sibirien
und von dort nach Majak. Dort werden sie wieder aufbereitet. Bei der
Wiederaufbereitung wird ein Teil des radioaktiven Materials wieder
verwendet, ein anderer Teil wird entsorgt."
Jetzt möchte auch das deutsche Bundesland Sachsen in Ahaus
gelagerten Atommüll aus einer längst abgeschalteten
DDR-Forschungsanlage dort loswerden. Obwohl Majak nach Ansicht von
Umweltschützern weiter die grösste atomare Dreckschleuder der
Welt ist.
Die "Produktionsvereinigung Majak" wurde nach dem Zweiten
Weltkrieg unter grösster Geheimhaltung aus dem Boden gestampft. Ab
1948 gewann man dort das Plutonium für die erste Atombombe der
Sowjetunion, startete insgesamt zehn Atomreaktoren. Bis heute gilt
Majak als Grossküche der russischen Atomwaffenproduktion. Ein
Komplex mit über 14 000 Mitarbeitern, einer
Wiederaufbereitungsanlage sowie einem Endlager für atomaren Abfall.
Katastrophale Schlamperei
Aber gerade was die Entsorgung angeht, gilt Majak als Synonym für
katastrophale Schlamperei. Von 1949 bis 1956 kippte man 76 Millionen
Kubikmeter atomare Abfälle direkt in den Fluss Tetscha, aus dem
über 120 000 Menschen ihr Trinkwasser bezogen. 1956 wurde die
Strahlung auffällig, man räumte zahlreiche Dörfer am
Fluss und begann den Abfall in den Karatschaj-See umzuleiten. Ein Jahr
später explodierte in Majak ein Tank mit hoch radioaktiven
Abfällen, 100 Menschen starben sofort, 23 000 Quadratkilometer
wurden verseucht. Der Staat hielt die Katastrophe bis 1989 geheim,
erklärte den Bewohnern der 80 Kilometer entfernten Millionenstadt
Tscheljabinsk den Lichtblitz des Atomschlags als nächtliches
Wetterleuchten. Experten streiten, ob damals die gleiche oder doppelt
so viel Strahlung frei gesetzt wurde wie beim Super-GAU von Tschernobyl.
1967 trocknete ein heisser Sommer den mit Atomabfall
vollgekippten Karatschaj-See aus, eine radioaktive Staubwolke
verseuchte erneut 41 000 Quadratkilometer. Insgesamt trafen diese
Strahlungskatastrophen über 400 000 Menschen. Nach Angaben des
staatlichen Uralzentrums für Nuklearmedizin in Tscheljabinsk hat
sich die Leukämierate unter den 28 000 am Tetscha-Fluss lebenden
Menschen binnen zwanzig Jahren verdoppelt, Hautkrebs tritt heute
viermal häufiger auf als früher. Und 96 von 100
Versuchspersonen leiden an mindestens fünf chronischen Krankheiten.
verantwortlich. Majak aber leckt offenbar noch immer. 2003 liess
die Aufsichtsbehörde Gosatomnadsor die Produktion dort
zwischenzeitlich einstellen, weil weiter Atomabfall in den Tetscha
gekippt wurde. 2005 geriet der Direktor der Anlage aus demselben Grund
sogar vor Gericht. Er soll Gelder, die für die Entsorgung bestimmt
waren, veruntreut haben. Er wurde aber amnestiert. Ökologen
behaupten, die Verkippung gehe weiter. "Jährlich geraten über
500 Millionen Kubikmeter Strahlenabfall in den Fluss", sagt
Greenpeace-Experte Tschuprow. "Für uns bedeutet die Zusammenarbeit
der Schweiz oder Deutschlands mit Majak Teilnahme an der atomaren
Verseuchung der Region Tscheljabinsk."
2007 wurden die Bewohner von Musljumowo nach jahrzehntelangen
Protesten umgesiedelt. Aber 1400 Bewohner landeten in einer
Neubausiedlung, die knapp zwei Kilometer entfernt ist. "Diese Leute
dienen weiter als medizinische Versuchskaninchen der Atomindustrie",
sagt Tschuprow. Auch Einwohner klagen, man habe viele Familien mit
bürokratischen Tricks dazu gebracht, dorthin umzuziehen.
"Die Häuser sind besser, aber die Verseuchungsgefahr ist die
gleiche", sagt die lokale Umweltschützerin Milja Kadirowa, deren
beide Brüder an der Verstrahlung starben. Der verseuchte Fluss sei
das einzige Gewässer in der Gegend. "Alle werden ihre Kühe
weiter dort tränken, dort fischen. Und im Sommer gehen die Kinder
in den Tetscha baden."
--
Majak und die Schweizer Atomwirtschaft
"Verantwortungslos". In der Schweiz mag die Atomenergie keinen
Dreck machen. Die russische Atomfabrik Majak aber ist ein realer
Albtraum (siehe Text nebenan). Anfang September machte die "Rundschau"
des Schweizer Fernsehens publik, dass die Schweizer Atomwirtschaft
Brennstäbe aus dem verseuchten Gebiet bezieht. Im Fernsehmagazin
wurde nachgewiesen, dass die Axpo Uran von der russischen Firma
Elektrostahl bezieht. Diese wiederum lässt in Majak
vorproduzieren. Die Axpo ist die Eigentümerin des Atomkraftwerks
Beznau. "Das ist in keiner Weise zu verantworten", sagt Ruedi
Rechsteiner, ehemaliger Basler SP-Nationalrat und Atomenergiekritiker
der ersten Stunde. Das Problem der undurchsichtigen Beschaffung von
Brennstäben beschäftigt die Politik schon seit Langem, ohne
dass sich etwas bewegen würde. Nach dem Bericht der "Rundschau"
fragte der grüne Aargauer Nationalrat Geri Müller den
Bundesrat an, ob der Bundesrat weiterhin auf eine Deklarationspflicht
von Brennstäben verzichten wolle. Energieminister Moritz
Leuenberger räumte daraufhin ein, dass dazu die Handhabe fehle.
Das Bundesamt für Energie habe die Betreiber der Atomkraftwerke
inzwischen aber aufgefordert, auf freiwilliger Basis Informationen
über die Herkunft der Brennmaterialien zu liefern. Das Amt habe
damit alles Zumutbare versucht. "Mehr können wir in dieser Phase
nicht erreichen." sgr
---
Tribune de Genève 13.11.10
J y etais
1986 La lutte contre l'atome fait rage à Genève
La Constituante projette de biffer l'article 160E. L'occasion de
replonger dans l'histoire de la lutte antinucléaire avec
l'activiste Anne-Cécile Reimann. Elle y était
Laure Gabus
Anne-Cécile Reimann soupire lors qu'elle évoque la
position prise par la Constituante sur le nucléaire.
Depuis vingt-quatre ans, la militante et son comité contre
le nucléaire, ContrAtom, veillent au respect de l'article 160E
de la Constitution, le texte énumérant les mesures prises
par le Canton pour éviter de recourir au nucléaire.
"Quand des chauffages électriques étaient
installés à Genève, l'un d'entre nous se
déguisait en ange gardien de l'article 160E et on criait:
article 160E, violé!" se rappelle avec joie l'institutrice
à la retraite.
Au début d'octobre, les élus de la Constitutante
prévoient de supprimer l'article 160E. Anne-Cécile
Reimann déchante: "On croyait avoir gagné, mais
voilà que tout ce qu'on a fait ces vingt dernières
années est à recommencer. " Ce mois de novembre,
ContrAtom repart au combat pour défendre le texte de loi
adopté en 1986, quelques mois après la catastrophe de
Tchernobyl.
Manifs, rigolade et succès
Ses années de militantisme, Anne-Cécile Reimann
s'en souvient volontiers: "On était sérieux, mais
qu'est-ce qu'on rigolait. " ContrAtom naît en 1985 pour s'opposer
à la foire du nucléaire (ENC'86) qui se tiendra à
Palexpo en juin 1986. Deux mois après Tchernobyl. "Les militants
prenaient d'assaut les bus TPG qui amenaient les exposants. Ils
s'enfuyaient dans les champs! La police était de notre
côté. Un jour, un policier m'a dit: nous aussi, on a des
enfants, nous aussi, on est contre le nucléaire", se souvient
Anne-Cécile. Victoire: la foire ne reviendra pas. "Genève
était vue comme un haut lieu de la résistance contre le
nucléaire", se réjouit la militante.
Son combat le plus long, ContrAtom le mène contre la
centrale française de Creys-Malville, à 70
kilomètres de Genève. Superphénix, son
réacteur, est mis en marche en janvier 1986. Face aux
défaillances du réacteur, ContrAtom va lutter pour la
fermeture de la centrale d'Isère. Entre 1988 et 1998, tous les
premiers jeudis du mois, Anne-Cécile et ses compagnons
manifestent devant le consulat de France de Genève. "Un jour, on
a décidé d'occuper le consulat français. Le but
était de passer un coup de fil à Matignon. On est
resté 1 h 30! La police nous soutenait et n'intervenait pas, le
consul est devenu fou. Du coup, on est resté au poste pendant
des heures", raconte-t-elle hilare.
"Là-bas, à Creys-Malville…" Lorsqu'elle
évoque cette époque, ni une ni deux, Anne-Cécile
Reimann entonne ses chants partisans. Ses refrains, ses panneaux jaunes
aux slogans provocateurs, ses interventions au
téléjournal et sa "deuch", une Citroën 2 CV couverte
d'autocollants, sont devenus les symboles de la lutte genevoise contre
la centrale française.
Le retour des pronucléaires
En 1998, la centrale est fermée. La victoire de ContrAtom
sera de courte durée: "Le problème des déchets est
loin d'être réglé. Il y a toujours cinq tonnes de
plutonium et 5000 tonnes de sodium", précise Anne-Cécile.
Côté suisse, "depuis que le peuple a accepté de
revenir au nucléaire en 2003, les pronucléaires ont
repris confiance", constate la retraitée.
Pour Anne-Cécile Reimann, la décision de la
Constituante traduit ce changement. Tout comme les discussions autour
de la construction de trois nouvelles centrales et le maintien en
fonction de la centrale abîmée de Mühleberg.
Actuellement, "les déchets nucléaires suisses,
stockés à l'usine de retraitement de La Hague pendant 25
ans, sont en train de revenir, souligne-t-elle. L'Allemagne
connaît le même problème. A la
télévision, j'ai vu que plein de jeunes manifestaient.
Ici, notre mouvement n'est porté plus que par des anciens
combattants. Les jeunes ne connaissent pas du tout le problème",
regrette Anne-Cécile.
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Lettre du jour
Genève contre Mühleberg…
Michel Barde
Genève, 11 novembre. Lors d'une de ses toutes
récentes séances, le Conseil municipal de la Ville de
Genève a traité d'une proposition du Conseil
administratif de débloquer 60 000 fr. destinés à
subventionner le Comité bernois opposé à
l'autorisation de poursuivre l'activité de la centrale
nucléaire de Mühleberg. Il faut rappeler que cette
autorisation a été donnée par le Detec
présidé par le conseiller fédéral
socialiste Moritz Leuenberger. La Ville de Genève n'ayant pas la
capacité pour agir, elle a donc décidé de
subventionner les recourants! La droite du Municipal s'y opposant, la
majorité de gauche, pour bien montrer qui fait la loi, a
dès lors doublé la mise en portant la subvention à
120 000 fr. , qui vient ainsi s'ajouter à celle de 25 000 fr.
déjà versée en mai de cette année.
Voilà donc 145 000 fr. des contribuables genevois - y compris
ceux qui paient leurs impôts en ville sans y habiter et par
conséquent sans y avoir leur mot à dire - qui partiront
soutenir des recours plus ou moins fumeux. Ah, me dira-t-on,
Genève ne fait que se conformer à sa Constitution qui
implique de lutter contre le nucléaire! C'est oublier que le
18 mai 2003, le canton a refusé l'initiative
populaire fédérale intitulée "sortir du
nucléaire" et qu'il a également, le même jour,
refusé le moratoire sur ce sujet.