MEDIENSPIEGEL 29.11.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Rössli)
- Schützenmatte: Pizzamensch will nicht Polizeispitzel sein
- Zaffaraya: Abstimmung über alternatives Wohnen
- Stadtrat-Sitzung 2.12.10
- RaBe-Info 29.11.10
- Müslüm: Samichlaus aus Südtürkei
- Ausschaffungen: Pfyn TG 91.4% JA; Demos & Aktionen BE, ZH,
VD; Müsllüm; Historisches
- Anti-SVP: Angriff auf SVP-Büro BE; SVP-Odysee VD;
Grundrechte SVP
- Sans-Papiers: Demo nach Polizei-Provos gegen Autonome Schule ZH
- Big Brother Sport: Hooligan-Zwangsmassnahmen-Gericht in BL
- Police CH: Polizei-Akademie Savatan VD
- Drogen: Kokain-Tauchboote Kolumbien; Gehirnschäden durch
Koks
& Meth; Bussenmodell SG
- Rauschknast: Bald auch in LU?
- Squat GE: Critical Mass & Grange-Canal-Squat;
Rhino-Besitzer will
2 Mio
- Transmurder Monitoring Project gegen transphobe Gewalt
- Gefangenen-Info: Interview mit Thomas Meyer-Falk
- Rechtsextremismus: Die Hintermänner des Auschwitz-Raubs
- Migration Control: Gegen EU-Unterstützung für Libyen
- Anti-Atom: Ausstieg BE + SG; Dorf-Wünsche; Tiefenlager;
Gösgen mit Majak-Uran; Atommüll-Entschärfung; Endlager
Niederamt; Tschernobyl-Theater; Investitionsrisiken AKW-Bau BE
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REITSCHULE
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Di 30.11.10
20.30 Uhr - Tojo - Lustiger Dienstag 49. Mehr als
Variété. LuDi-Crew und Gäste
Fr 03.12.10
19.00 Uhr - Tojo - Cousin Ratinet. Théâtre
de la
grenouille. Regie: Charlotte Huldi. Ab 6 Jahren
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild East: RUSSKAJA
(AUT/RUS) & DJ
Rane. - Ska, Russendisko
Sa 04.12.10
15.00 Uhr - Tojo - Cousin Ratinet. Théâtre
de la
grenouille. Regie: Charlotte Huldi. Ab 6 Jahren
So 05.12.10
15.00 Uhr - Tojo - Cousin Ratinet. Théâtre
de la
grenouille. Regie: Charlotte Huldi. Ab 6 Jahren
Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch
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kulturstattbern.derbund.ch 29.11.10
Von Gisela Feuz am Montag, den 29. November 2010, um 06:30 Uhr
Kulturbeutel 48/10
Frau Feuz empfiehlt:
Besuchen Sie am Mittwoch das Rössli. Dort stellen Al &
The
Black Cats ihr neues Album "Through Thick N' Thin" vor, was so viel
bedeutet wie Rockabilly mit Punk-Rock Attitüde und Geschwindigkeit
gespielt. Am Freitag lädt die Halbzeit einmal mehr zur lustigen
Fussball-Lesung ein. Mit von der Partie dieses Mal
Ex-YB-Schätzchen Thomas Häberli und Christian Wandeler.
(...)
Herr Sartorius empfiehlt:
Das Konzert von Disco Doom am Donnerstag im Rössli. Die
Band - im
Kern Anita Rufer und Gabriele De Mario - tourten mit Built To Spill
durch die Staaten und veröffentlichten eben ihr neues (Mini)-Album
"Trux Reverb", das den Hall- und Drone-Drogen-Gitarrensounds
düster und frei huldigt. Sehr, sehr gut.
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SCHÜTZENMATTE
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BLICK 29.11.10
Pizza-Wagen versprayt
"Ich bin kein Polizeispitzel!", wehrt sich Stefan
Mischler. Genau
das wurde auf seinen mobilen Pizza-Holzofen gesprayt.
Vorne auf dem Pizza-Wagen steht in Grossbuchstaben "Bullen
Snitch" - englisch für Spitzel. Seitlich ist mit rotem Farbspray
"Pass auf!" hingeschmiert. Vandalen haben Stefan Mischler (39)
übel mitgespielt.
Kopfschüttelnd steht der Mann vor seinem mobilen
Pizza-Holzofen auf der Schützenmatt in Bern. "Es ist eine
Katastrophe", sagt Mischler. "Mit so einem Wagen kann ich nicht an die
Fasnacht in Thun und auch nicht an den Weihnachtsmarkt auf dem
Waisenhausplatz in Bern."
Der Pizzaiolo ist verzweifelt. "Den Schaden bezahlt mir
keine
Versicherung. Ich habe keine Ahnung, was das soll. Ich habe niemandem
etwas getan. Und ich bin auch kein Polizeispitzel."
Die Vandalen kamen in der Nacht. Um 22 Uhr war der Wagen
noch
sauber, um 23 Uhr war er verschmiert. Blitzschnell sprühten die
Chaoten alles voll.
Pizzaiolo setzt ein Kopfgeld von 500 Franken aus
Mischler sucht jetzt Zeugen: "Wer mir sagen kann, wer das
getan
hat, erhält 500 Franken Belohnung."
Vor 20 Jahren hat sich der gelernte Koch auf Pizzas
spezialisiert, seit vier Jahren ist er mit einem mobilen Pizza-Ofen
unterwegs. Vor zwei Jahren hat er sich den aktuellen Wagen gekauft.
Mischler arbeitet hart. "Die Grafik kostete 4800 Franken. Das muss ich
jetzt noch einmal machen lassen. Ich kann nicht verstehen, wie jemand
so gemein und gedankenlos sein kann."
Beat Michel
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ZAFFARAYA
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20 Minuten 29.11.10
Abstimmung ums Zaffaraya
BERN. Die Berner könnten bald über alternatives
Wohnen
abstimmen. Dies geht aus einer Antwort des Gemeinderates zu einem
Vorstoss von Stadtrat Jimy Hofer hervor. Ihm ist die seines Erachtens
illegale Wohnsituation des alternativen Kollektivs ein Dorn im Auge.
Die Stadt solle dem Zaffaraya innert zwei Jahren einen legalen Platz
zuweisen. Die Regierung hat sich nun bereit erklärt, die Planung
für eine entsprechende Nutzungszone in die Hand zu nehmen und vors
Volk zu bringen. Zudem wolle sie Alternativen prüfen.
---
20min.ch 28.11.10
Abstimmung um Zaffarya
Die Berner könnten bald über alternatives Wohnen
abstimmen.
Dies geht aus einer Antwort des Gemeinderates zu einem Vorstoss von
Stadtrat Jimy Hofer hervor.
Ihm ist die seines Erachtens illegale Wohnsituation des
alternativen
Kollektivs ein Dorn im Auge. Die Stadt solle dem Zaffaraya innert zwei
Jahren einen legalen Platz zuweisen. Die Regierung hat sich nun bereit
erklärt, die Planung für eine entsprechende Nutzungszone in
die Hand zu nehmen und vors Volk zu bringen. Zudem wolle sie
Alternativen prüfen.
---
bern.ch/stadtrat 9.12.10
23 Motion Fraktion SVPplus (Jimy Hofer, parteilos): "Zaffaraya"
legalisieren (PRD: Tschäppät) 10.000128
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000128/gdbDownload
--
10.000128 (10/266)
Reg. 75/-00
Motion Fraktion SVPplus (Jimy Hofer, parteilos): "Zaffaraya"
legalisieren
In der Antwort auf meine Kleine Anfrage vom 19. November 2009
(Protokoll Nr. 32 Gesch. Nr. 09.000353) gibt der Gemeinderat offen zu,
dass der Zustand der "Zaffaraya" Siedlung nicht Zonenkonform ist und
keine Bewilligung zum Bau erteilt wurde, respektiv keine erteilt werde
konnte. Der derzeitige Standort und die jetzige Situation sind somit
als Illegal zu bezeichnen.
Gegenüber "normalen" Antragstellern von Baugesuchen in der
Gemeinde Bern, ist dies ein untragbarer Zustand. Eine seriöse
Arbeit in der PVS ist vor diesem Hintergrund nicht möglich.
Da es in einer freien Gesellschaft solche Freiräume geben
sollte,
ist der Gemeinderat zum handeln aufgefordert.
Daher die Forderung an den Gemeinderat:
Es ist innert einer Zwei-Jahresfrist ein geeignetes
Grundstück
auszuweisen, auf dem alternatives Wohnen (z.B. Zaffaraya, Stadttauben,
Stadtnomaden usw. ) möglich ist und die diesbezügliche
Planung an die Hand zu nehmen. Sollte dies in der geforderten
Zeitspanne nicht realisierbar sein, sind die illegalen "Siedlungen" zu
räumen und anschliessend nicht mehr zu dulden.
Bern, 08. April 2010
Motion Fraktion SVPpIus (Jimy Hofer, parteilos), Peter
Bühler,
Martin Schneider, Ueli Jaisli, Thomas Weil, Peter Wasserfallen
Antwort des Gemeinderats
Die Gemeinschaft Zaffaraya ging aus der Berner Alternativszene
rund um
das 1982 geschlos-sene autonome Jugendzentrum "Zaff" hervor. Nach der
Räumung der Hüttensiedlung auf dem Gaswerkareal und diversen
Zwischennutzungen wurde dem Zaffaraya anfangs 1989 ein Ter-rain beim
Autobahnanschluss Neufeld als Notstandort zur Verfügung gestellt.
Verhandlungen zwischen Stadt und Kanton führten dazu, dass
Zaffaraya ein Verbleiben auf Zusehen hin ge-währt wurde.
Im Jahr 2007 wurde der Standort der Gemeinschaft Zaffaraya wegen
des
Baus des Neufeld-tunnels innerhalb des Nationalstrassenareals im
Neufeld verlegt. Das Gelände wurde model-liert, dass es befahrbar
ist, und es wurden Dämme aufgeschüttet, die helfen sollen,
den Lärm der umliegenden Strassen zu minimieren. Daneben wurde
lediglich der Grundanschluss für Wasser, Abwasser und
Elektrizität bereitgestellt. Die Aufwendungen zur Bereitstellung
des neuen Standorts von Fr. 260 000.00 wurden von der Stadt
vorfinanziert. Die Stadt hat mit dem Verein Zaffaraya für den
derzeitigen Standort Nutzungs- und Kostenvereinbarungen ab-geschlossen.
Am 1. Januar 2008 ist die Eidgenossenschaft Eigentümerin
der
Nationalstrassen geworden und damit auch des Areals im Neufeld, wo
Zaffaraya angesiedelt ist. Nachdem der Kanton als ehemaliger
Grundeigentümer Zaffaraya über viele Jahre geduldet hatte,
erklärte sich das zuständige Departement für Umwelt,
Verkehr und Kommunikation bereit, die Ansiedlung von Zaffaraya auf der
Nationalstrassenparzelle im Neufeld bis auf weiteres zu dulden,
allerdings ohne Garantien bezüglich einer allfälligen Dauer.
Der Gemeinderat ist bereit, den geduldeten Zustand von Zaffaraya
innerhalb der Verkehrsflä-che durch eine Planung für eine
entsprechende Nutzungszone an die Hand zu nehmen und einer
Volksabstimmung zuzuführen. Eine andere gesetzliche Lösung,
um den Standort so weit wie möglich zu legalisieren, oder sonst
zumindest mittelfristig eine Lösung ausserhalb des
Nationalstrassenareals zu suchen, wird ebenfalls geprüft. Die
geforderte Räumung der Sied-lung Zaffaraya nach Ablauf einer
Zweijahresfrist hingegen ist nicht im Zuständigkeitsbereich des
Gemeinderats.
Antrag
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, die Motion abzulehnen;
er ist
jedoch bereit, den Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen.
Bern, 25. August 2010
Der Gemeinderat
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STADTRAT
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Stadtratssitzung (Traktanden)
Donnerstag, 02. Dezember 2010 17.00 bis 19.00 Uhr
Sitzungssaal im Rathaus
NEUE LISTE////Die Traktandenliste ist öffentlichen
zugänglich
(Besuchertribüne)
Traktanden
(...)
4. Interfraktionelles Postulat GB/JA!, SP/JUSO (Lea Bill,
JA!/Cristina
Anliker-Mansour, GB/Miriam Schwarz, SP): Lehrstellen auch für
Sans-Papiers (SUE: Nause) verschoben vom 25. November 2010 10.000044
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000044/gdbDownload
(...)
12. Postulat Fraktion GB/JA! (Natalie
Imboden, GB):
Was tut die Stadt Bern, um die Bevölkerung vor dem altersschwachen
Schrottreaktor Mühleberg zu schützen? (SUE: Nause)
10.000106
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000106/gdbDownload
13. Interpellation Luzius Theiler (GPB-DA):
Wo
bleibt das längst versprochene Nutzungskonzept für den
öffentlichen Raum? (SUE: Nause) 10.000139
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000139/gdbDownload
(...)
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RABE-INFO
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Mo. 29. November 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_29._November_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_29._November_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2029.%20November%202010
- " ich geniere mich für die Schweiz"- Stimmen zur Annahme
der
Ausschaffungs- Initiative
- " ich bin kein Gay- Aktivist; ich bin ich"- der chinesische
Jazzsänger Coco Zhao
Links:
http://www.myspace.com/cocozhao
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MÜSLÜM
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Blick am Abend 29.11.10
Müslüm national
Markus Ehinger und Roman Neumann
NEU
Radio, TV und Blog: Müslüm startet national
durch. Wir
zeigen exklusiv sein neues Video.
Angefangen hat der Berner Vorzeigetürke mit seinen
Scherztelefonaten beim alternativen Radio Rabe. Mit dem Reithallen-Song
"Erich, warum bisch du nid ehrlich?" landete er in der Hitparade -
seither kennt ihn die ganze Schweiz. Jetzt startet er durch: Die
Sendung "Echo der Zeit" auf "DRS 1" strahlte ein Porträt über
den Komiker aus, in der Weihnachtszeit schreibt er regelmässig im
Blog von "Kulturplatz" auf "sf.tv", und am 7. Dezember tritt er im Club
Spezial des Schweizer Fernsehens im Berner Progr beim "Talk der
Generationen" auf.
Und seit heute ist Müslüms neuster Streich auf
dem
Markt. "Ich bin der Samichlaus; ich schaffe alle schwarzen Schäfli
aus", singt er passend zum gestrigen Abstimmungsresultat im neuen Song
"Samichlaus". Müslüm meint, es sei nur Zufall, dass sein
Nachbar im Videoclip "Herr Mörgeli" heisse. Er wolle keine
politische Botschaft anbringen, ihm gehe es ums Miteinanderleben. "Ob
Ausländer oder Schweizer, wir müssen miteinander klarkommen."
Warum heisst der neue Song "Samichlaus"? Müslüm erklärt:
"Wir haben beide grosse Nüssli und wollen Gutes tun."
---
bernerzeitung.ch 29.11.10
Müslüm: "Der Samichlaus kommt aus der
Südtürkei"
Martina Maurer
Am Montag kommt "Samichlaus" in die Läden, die neue
Single
von Müslüm. Im Interview sagt der Vorzeigetürke der
Schweiz, was er dem Berner SVP-Politiker Erich Hess schenken will.
Freust Du Dich auf Weihnachten? Müslüm*:
Letschtes Jahr
war ich noch arbaitslos, dieses Jahr hab ich dank Weihnachten eine
Stelle als Samichlaus bechomme. Und glaubt mir, die
Anstellungsbedingungen sind perfecht auf mich zugeschnitten. 1 Tag im
Jahr arbeiten und dann de ganse Jahr Ferien. Da chan man sich nur auf
Weihnachten freuen.
Du bist doch Muslim, weshalb machst Du einen Song
über
Weihnachten? Sowait ich mich erinnern chan, hab ich ein Lied über
den Samichlaus geschrieben und nicht über Weihnachten. Der
Samichlaus chomt geografisch gesehen aus der Südtürchai und
hat dort viel gutes getan, er hat den armen Leuten geholfen und hat de
Menschen geliebt. Und um Menschen zu lieben muss man nicht Muslime oder
Katholik sein, man muss zuerst Mensch sein.
Was haben Müslüm und der Samichlaus gemeinsam?
Wir
haben beide grosse Nüssli und wollen gutes tun. Dazu kommt, das
wir aus der gleichen Gegend chommen. Da gibt es dann auch noch die Rute
die uns verbindet, aber ich bevorzuge lieber die Faust oder den
Ellbogen.
Welche Erinnerungen hat Müslüm an Weihnachten
und an
den Samichlaus? Einmal habe ich meine neuen Stiefeli vor die Türe
gestellt, weil mein Vater mir sagte, dass der Samichlaus über die
Nacht vorbei chommen würde und ich dann am nächschten Morge
Geschenkli in meinen Stiefeli habe. Am nächschten Morge hatte ich
dann weder ein Geschenkli noch waren meine Stiefeli vor der Tür.
Vielleicht hat der Samichlaus mein Briefli nid bechomme oder er hat bei
uns im Plattenbau vergebens nach dem Cheminee gesucht.
Die Melodie klingt mehr nach Ballermann-Hit als nach
Weihnachten.
Weshalb? Meine Musik mit einem Ballermann-Hit zu vergleichen wäre
das gleiche, als würde ich sagen die Berner Zeitung liest sich wie
das Bravo-Heftli. Sie chönnen mich mit solchen Fragen nicht
provosieren, ich bin viel zu fescht intergriert auf das ich mich auf so
was einlasse und eine Anzeige riskiere.
Im neuen Song will der Samichlaus die "schwarzen
Schäfli"
ausschaffen. Was ist der Clou der Geschichte? Der Chlou der Geschichte
ist, das wir chaine schwarsen Schäfli finden, die wir ausschaffen
könnten. Im Gegenteil, ich und mein Schmutzli werden überall
herzlich empfangen. Schweizer und Ausländer scheinen sich,
entgegen der Polemik gewisser Parteien, gut zu verstehen. Wir feiern
gemeinsam Weihnachten. Nur der Herr Mörgeli, ehrenamtlicher
Hobbypolizist von nebenan, scheint sich von unserem geselligen
Beisammensein gestört zu fühlen. Es kommt zum Showdown!
Die Single kommt am Montag in die Läden. Wie geht es
Müslüm so kurz vor dem grossen Tag? Manchmal sitz ich auf dem
Sofa und spür noch ein Chribele im Bauch. Aber dann schaue ich
neben mich hin und stelle fescht, das Roswitha mit meinem Bauchnabel
spielt. Ja, ich denke, auch meine Freundin chans chaum erwarte das der
Samichlaus endlich chommt.
In welchem Zusammenhang stehen der Abstimmungssonntag und
die
Veröffentlichung der Single ein Tag später? In meinem Leben
gibt es generell wenig Zusammenhänge, daher chan man davon
ausgehen, dass die Veröffentlichung eher zufällig auf den Tag
nach dem Abstimmungssonntag fällt.
Hast Du ein spezielles Ritual, um mit dem Rummel um Deine
Person
umzugehen? Am Morgen ein Gascho Bier und am Mittag einen
Dürüm, glauben Sie mir, da chan chommen was will, da wird man
mit allem fertig.
Du hast Deinen Radiojob aufgegeben, soviel ich weiss.
Weshalb?
Willst Du nun Karriere als Musiker machen? Eigentlich wollte ich Radio
machen, aber chainer will das Risicho mit mir eingehen. Stellen Sie
sich vor, wenn ich den Menschen Direkt und ohne Filter meine Botschaft
verkünden würde, das würde viele Hörer hier
draussen irritieren. Aber falls jemand interessiert isch, mal was
Innovatives zu machen was den Rahmen sprengen könnte und dem
Zeitgeits entspricht, dann bin ich für Angebote offen.
Wie sieht die Zukunft von Müslüm aus? Letschte
Woche
hatte ich ein tiefgründiges Telefongespräch mit Mike Shiva.
Der sagte immer "Grissi, ich bins Maichel Shiva, du bisch in der
Warteschlaufe, su dainer Informasion jede Minute chostet Dich 4.80.-,
aber chaine panich weil du willsch ja wissen was Dir deine Zukunf
bringt." Dann hab ich ihn gefragt, "werde ich den Schwaiser Pass
bechome Shiva?" Dann hat er mir mit der genau gleichen Stimme
geantwortet: "Grissi, ich bins Maichel Shiva, du bisch in der
Warteschlaufe su dainer Informasion jede Minute chostet Dich 4.80.-,
aber chaine Panich, weil du willsch ja wissen was Dir deine Zukunf
bringt." Das heisst wahrscheinlich bechomme ich bald den Schwaiser Pass
über.
Was schenkst Du Erich Hess zu Weihnachten? Ein Buch von
seinem
Namensvetter Erich, nicht Hess, sonder Fromm, "Die Kunst der Liebe". Da
chan der Erich die Liebe mal in der Theorie studieren. Vielleicht wird
er dann in der Praxis zugänglicher. Erich maine Chollege, chom und
hol dir dein Geschenckli!
* Müslüm hat die Fragen schriftlich beantwortet und
bestand
darauf, dass sie nicht redigiert werden.
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AUSSCHAFFUNGEN
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20min.ch 29.11.10
Rekord in Pfyn
91,4 Prozent für Ausschaffungs-Initiative
von Simon Städeli - Die Thurgauer Gemeinde Pfyn hat die
Ausschaffungsinitiative am Sonntag mit 91,4 Prozent angenommen.
Kriminelle Ausländer kennt man dort aber keine.
"Bei uns gibt es gar keine kriminellen Ausländer", sagt
eine
48-jährige Pfynerin. Wie so viele in der 2000-Seelen-Gemeinde hat
sie keine genaue Erklärung für das schweizweit eindeutigste
Ja zur Ausschaffungsinitiative der SVP. Auch die höchste Pfynerin,
Frau Gemeindeammann Jacqueline Müller, war überrascht, glaubt
aber, dass der Grund bei den vielen Einbürgerungen in den
vergangenen Jahren zu finden ist. "Es wurden auch Familien
eingebürgert, die wenig Integrationsbemühungen zeigten",
sagte Müller. Trotzdem habe die Gemeinde aber nie ernsthafte
Probleme mit den rund 200 Ausländern gehabt.
Dass dies kein Widerspruch ist, zeigt die Erst-Analyse des
Forschungsinstitut GFS. Die Zustimmung für die Initiative war
demnach auf dem Land viel stärker als in den Städten, wo der
Anteil krimineller Ausländer grösser ist. Der Grund: Auf dem
Land wollten die Menschen die Vorrechte der Schweizer gegenüber
den Ausländern verstärkt bewahren.
Im Restaurant Krone im Dorfzentrum von Pfyn bestätigt dies
ein
Gast: "Hier an der Grenze gibt es mehr Ausländer. Die nehmen uns
die Arbeit weg." Auch wenn in Pfyn selber keine Probleme bestehen,
"liest man doch sehr oft von kriminellen Ausländern in den
Medien", hiess es zudem am Stammtisch in einer Dorfbeiz.
---
Tagesschau 29.11.10
Demos gegen SVP-Initiative
Die Ausschaffungsinitiative gibt zu Protesten Anlass. In Basel
haben
heute mehrere 100 Personen gegen das Ja zur Initiative demonstriert.
http://videoportal.sf.tv/video?id=fe92bb1b-fe58-4129-b9d5-aa644ea623af
---
Blick am Abend 29.11.10
Saubannerzug durch die Altstadt
SCHADEN
Frustrierte Chaoten verübten einen Anschlag auf das
SVP-Generalsekretariat.
Zertrümmerter Hoteleingang, verschmierte Wände
und
eingeschlagene Scheiben: Linksextreme Chaoten veranstalteten nach dem
Ja zur Ausschaffungsinitiative gestern einen Saubannerzug durch Bern.
In der Marktgasse kletterte ein Demonstrant eine Fassade hinauf und
zündete mit einer Fackel eine Schweizer Fahne an. Auf dem
Bundesplatz bewarfen Chaoten die Polizei mit Flaschen, anschliessend
zerstörten sie die Eingangstüre des Hotels Bristol. Gegen
19.30 Uhr zog sich der harte Kern der Demonstranten in die Reitschule
zurück.
Nach Mitternacht verübten Vandalen einen Anschlag auf
das
SVP-Generalsekretariat an der Brückfeldstrasse.
Die Chaoten schlugen mehrere Scheiben ein,
beschädigten drei
parkierte Autos und verschmierten die Mauern. ehi
---
sf.tv 29.11.10
Attacke auf Berner SVP Sekretariat
sda/bosy
Nach den gestrigen Abstimmungen haben Unbekannte in der
Nacht in
Bern am Sekretariat der SVP Schweiz Scheiben eingeschlagen, Storen
beschädigt und Mauern verschmiert. Die Berner Kantonspolizei
spricht von "erheblichem Sachschaden". Die Protestaktionen gehen indes
weiter: In Basel wird am Abend eine weitere, offiziell bewilligte,
Demonstration stattfinden.
Auch drei parkierte Autos vor dem Gebäude des SVP
Sekretariats im Berner Länggassquartier wurden in Mitleidenschaft
gezogen, wie das Untersuchungsrichteramt Bern-Mittelland und die
Polizei mitteilten.
Nur wenige Stunden zuvor waren gemäss Polizeiangaben
500
Personen durch die Berner Innenstadt gezogen, um gegen das Resultat der
SVP-Ausschaffungsinitiative zu protestieren. Schon damals kam es zu
Sachbeschädigungen, vor allem an der Türe zum Hotel, wo die
SVP-Spitze die Abstimmung verfolgte.
Weitere Kundgebung in Basel
Bereits am Abend des Abstimmungstages kam es in Bern,
Zürich
und Lausanne zu Demonstrationen mit hunderten Teilnehmern, in Bern und
Zürich kam es ebenfalls zu Randalen mit Sachbeschädigungen.
Die linke Gruppierung "Bleiberecht für alle" hat in
Basel zu
einer weiteren Kundgebung aufgerufen.
---
20min.ch 29.11.10
SVP und FDP kritisieren Polizei
von Roman Hodel - Die Polizei habe bei der unbewilligten Demo
vom
Sonntag viel zu lange zugeschaut, ärgern sich SVP und FDP. Die SP
sieht dies anders.
Eine Spur der Verwüstung hat die unbewilligte Demo nach der
Abstimmung vom Sonntag in der Zürcher City hinterlassen: Bei
mehreren Zunfthäusern sowie weiteren Gebäuden waren Fenster
eingeschlagen und Fassaden verschmiert. Allein bei der NZZ beträgt
der Sachschaden laut Sprecherin Bettina Schibli bis zu 100 000 Franken.
"Die Polizei hat viel zu spät eingegriffen", kritisiert
SVP-Fraktionschef Mauro Tuena. Er frage sich, wie man mit dieser
Deeskalations-Strategie den nächsten 1. Mai meistern wolle. Die
FDP wartet "gespannt auf die Erklärung des grünen
Polizeivorstehers Daniel Leupi, weshalb es nur bei einer Deeskalation
blieb". Richtig reagiert hat die Polizei hingegen für
SP-Co-Präsidentin Beatrice Reimann: "Die meisten demonstrierten ja
friedlich." Es sei aber himmeltraurig, dass ein paar wenige die gute
Idee der Kundgebung zunichte machten. Reimann: "Die Juso
versuchtesogar, Sachschäden zu verhindern."
Stapo-Medienchef Marco Cortesi hält den Einsatz derweil
für
angemessen: "Unter den 2000 Demonstranten waren höchstens 100
Chaoten - ein früheres Eingreifen hätte viele Unbeteiligte
getroffen." Dennoch seien die Sachschäden bedauerlich. Cortesi:
"Man kann sicher darüber diskutieren, ob man die Demo vor der City
hätte stoppen sollen - doch dann hätten sich die Friedlichen
mit den Chaoten solidarisiert und es wäre im Kreis 4 zu schweren
Ausschreitungen gekommen." Polizeivorsteher Daniel Leupi wollte sich
gestern nicht äussern.
---
tagesanzeiger.ch 29.11.10
"Ich sehe schwarz für unsere Stadt"
Tina Fassbind
Die SVP übt harsche Kritik am Vorgehen der Polizei an
der
Kundgebung vom Sonntagabend. Die Stadtpolizei selbst bezeichnet den
Einsatz hingegen als Erfolg.
Zehntausende Franken Sachschaden und eine Verhaftung: So
sieht
die Bilanz der Ausschreitungen vom Sonntagabend statt, an der rund 2000
Demonstranten ihre Wut über den Ausgang der Abstimmungen zum
Ausdruck brachten.
Mauro Tuena, Fraktionschef der SVP im Zürcher
Gemeinderat,
ist empört, dass man die Chaoten während knapp drei Stunden
einfach gewähren liess. "Ich verstehe nicht, wie man so lange
zusehen und all die Sachbeschädigungen an privatem Eigentum
tolerieren kann", sagt er gegenüber Tagesanzeiger.ch. Er ist der
Meinung, dass die Polizei eine unbewilligte Kundgebung von Anfang an zu
stoppen hat. "Spätestens nach der ersten Sachbeschädigung
hätte die Polizei eingreifen müssen - aber der Wille zum
Handeln war am Sonntag offensichtlich nicht da."
Abwarten statt Tränengas
Tuenas Kritik richtet sich an Stadtrat Daniel Leupi. Er
hätte der Polizei von Anfang an klare Anweisungen zur Nichtduldung
dieser Demonstration geben müssen, glaubt der SVP-Politiker. "Wenn
der grüne Polizeivorsteher solche Demos auf diese Weise handhabt,
dann sehe ich schwarz für unsere Stadt am kommenden 1. Mai."
Ähnlich argumentiert die Zürcher FDP am Montag
in einem
Communiqué. Sie "wartet gespannt" auf die Erklärung des
Polizeivorstehers Leupi. Gleichzeitig fordert sie die Stadtregierung
dazu auf, die Verursacher der Verwüstungen zur Kasse zu bitten.
Schützenhilfe bekommt die Polizei von Links. "Ich bin
ein
Anhänger der Taktik, erst abzuwarten und nicht gleich mit
Tränengas vorzugehen", verteidigt der grüne Gemeinderat
Balthasar Glättli, Präsident der Spezialkommission
Polizeidepartement, die Einsatzstrategie. "Macht sie das nicht, kommt
nämlich sofort der Vorwurf auf, die Polizei hätte provoziert
und dadurch für eine Eskalation der Situation gesorgt."
"99 Prozent der Demonstranten waren friedlich unterwegs"
Auch Polizeisprecher Marco Cortesi betont gegenüber
Tagesanzeiger.ch, dass es zunächst keinen Grund gab, den Tross zu
stoppen - selbst dann nicht, als er sich in Richtung Altstadt bewegte.
"99 Prozent der Demonstranten waren friedlich unterwegs. Unter ihnen
gab es lediglich zwei Dutzend vermummte Randalierer. Wenn wir gegen sie
mit Tränengas vorgegangen wären, hätten wir
Personenschaden in Kauf nehmen müssen. Dann hätten wir das
nötige Augenmass verloren."
Dass bei dem Einsatz trotz zahlreicher Vandalenakte nur
eine
Person verhaftet wurde, erlärt Cortesi mit dem Mangel an Beweisen.
"Es ist für uns schwer zu belegen, wer aus einem grossen Umzug
heraus eine Scheibe eingeschlagen hat. Verhaftungen können wir so
kaum vornehmen." Den Vorwurf, die Stadtpolizei sei am Sonntag nicht mit
genügend Beamten im Einsatz gestanden, weist Cortesi ebenfalls von
sich. Man habe schon früh von der Kundgebung gewusst und sei gut
vorbereitet gewesen. "Ich würde den Einsatz sogar als Erfolg
bezeichnen: Obwohl es zu Sachbeschädigungen kam, wurden keine
Personen verletzt."
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20 min.ch 29.11.10
Nach der Annahme: Schmierereien, Gewalt und geklaute Urnen
Die Proteste gegen die Annahme der
SVP-Ausschaffungsinitiative
haben erheblichen Sachschaden hinterlassen. In Zürich steht die
Polizei in der Kritik.
Ronny Nicolussi
Die Spuren der Ausschreitungen waren auch am Montagmorgen
in
Zürich und Bern noch deutlich sichtbar. Auf zahlreichen
Gebäuden hinterliessen Chaoten Schmierereien und politische
Parolen. Zudem zeugten eingeschlagene Scheiben vom sonntäglichen
Saubannerzug durch die Innenstädte.
In Zürich spricht die Stadtpolizei von
Sachschäden in
der Höhe von mehreren 10 000 Franken. In Bern konnten die
Behörden die Schäden noch nicht beziffern. Die Polizei
schreibt von erheblichen Sachschäden.
Besonders in Zürich stellt sich die Frage, weshalb
die
Polizei erst so spät eingriff und den unbewilligten
Demonstrationszug in die Innenstadt ziehen liess. Polizeisprecher Marco
Cortesi rechtfertigt sich gegenüber 20 Minuten Online: "Es
wäre absolut unverhältnismässig gewesen, wenn wir den
bis dorthin friedlichen Protestzug auseinandergetrieben hätten."
Angekündigte Demonstration
Rund 100 Demonstranten hatten sich gegen 20.00 Uhr auf dem
Helvetiaplatz im Zürcher Kreis 4 getroffen. Autonome Kreise hatten
bereits im Vorfeld der Abstimmung zu einer unbewilligten Demonstration
für den Fall aufgerufen, dass die Ausschaffungsinitiative
angenommen werden sollte.
Nachdem sich die Demonstranten in Richtung Innenstadt in
Bewegung
gesetzt hatten, schlossen sich ihnen immer weitere Personen an, wie
Cortesi sagt. Bis zum Central sei die Manifestation, an der
mittlerweile bis zu 2000 Personen teilnahmen, unproblematisch
verlaufen. Die Polizei sei mit einem grösseren Aufgebot vor Ort
gewesen.
"Kleinere Sachbeschädigungen toleriert"
"Am Limmatquai kam es wenig später zu ersten
kleineren
Sachbeschädigungen", erzählt Cortesi. Diese wurden vorerst
toleriert. Erst als die Beschädigungen immer massiver wurden und
sich viele friedliche Demonstranten entfernten, griff die Polizei mit
Gummischrot und Reizstoffen ein. "Um die Chaoten an weiteren
Sachbeschädigungen zu hindern, musste auch der Wasserwerfer
eingesetzt werden", so Cortesi.
Nachdem es der Polizei gelungen sei, die Demonstranten
davon
abzuhalten, via Münsterbrücke auf den Paradeplatz zu
gelangen, habe sich die Kundgebung gegen 23.00 Uhr aufgelöst.
Lediglich eine Person wurde wegen Landfriedensbruch verhaftet.
Angriff auf das SVP-Sekretariat
Bereits zuvor war es in Bern zu Ausschreitungen gekommen.
Rund
500 Menschen zogen dort aus Protest gegen das Abstimmungsresultat durch
die Innenstadt, wie die Kantonspolizei Bern mitteilte. Es habe
"zahlreichen Kreideleien und vereinzelte weitere
Sachbeschädigungen" gegeben. Polizisten wurden mit Flaschen und
Schneebällen beworfen. Wie hoch die Sachschäden in Bern sind,
mochte die Polizei auf Anfrage noch nicht abschätzen.
Erheblicher Sachschaden entstand später bei einem
Anschlag
auf das Sekretariat der SVP. "Die Täterschaft hatte mehrere
Scheiben eingeschlagen, Storen beschädigt und die Mauern
verschmiert", schrieb die Kantonspolizei Bern am Montagvormittag in
einer Mitteilung. Drei parkierte Autos seien ebenfalls in
Mitleidenschaft gezogen worden. Die Tat müsse sich zwischen 00.15
Uhr und 00.45 Uhr ereignet haben, heisst es.
"Farbanschlag auf das Migrationsamt"
Die Sachbeschädigungen beschränkten sich nicht
auf
Proteste nach dem Ausgang der Wahl. Noch vor Bekanntwerden der ersten
Resultate gab es vereinzelte Aktionen. In Zürich-Oerlikon wurde
auf das Migrationsamt ein Farbanschlag verübt. In Schlieren (ZH)
legten Unbekannte einen Brandsatz vor ein Abstimmungslokal. Die Polizei
konnte diesen jedoch sicherstellen, ohne dass jemand verletzt wurde.
Auf die Abstimmung hatte dieser Vorfall keinen Einfluss. Ein
Bekennerschreiben lag der Kantonspolizei Zürich bis Montagmittag
nicht vor.
Sehr wohl Einfluss hatte eine Aktion von einem halben
Dutzend
Vermummter in Allschwil (BL). Diese stürmten am Samstagabend ein
Abstimmungslokal, schnappten sich die Urne mit den 20 darin enthaltenen
Wahlzetteln zur Ausschaffungsinitiative und zündeten diese im
Freien an. Von den Tätern fehlte vorerst jede Spur.
Keine Auswirkung auf Abstimmungsresultat
Susanne Studer, Präsidentin des Wahlbüros,
erkundigte
sich in der Folge bei der Landeskanzlei, wie sie mit der
Auszählung fortfahren müsse. "Man sagt mir dann, ich solle
die Zettel einfach nicht zählen - also, wie wenn diese gar nicht
abgegeben worden wären", so Studer auf Anfrage von 20 Minuten
Online. Auf das Abstimmungsresultat hatte die Aktion keine Auswirkung.
Der Kanton Basel-Landschaft nahm die Initiative mit einem Unterschied
von über 6500 Stimmen an.
Am kommenden Mittwoch wird der Allschwiler Gemeinderat
besprechen, wie man bei künftigen Abstimmungen vorgehen will. "Ich
erwarte aber keine übermässigen Reaktionen", sagt
Gemeindepräsident Anton Lauber (CVP) auf Anfrage.
Möglicherweise werde jemand den Antrag stellen, künftig nur
noch eine briefliche Stimmabgabe zu ermöglichen. "Diese Diskussion
haben wir schon einmal geführt. Allerdings nicht aus
Sicherheitsgründen, sondern weil mittlerweile sowieso 90 Prozent
der Stimmbürger brieflich abstimmen", erklärt Lauber. Eine
Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen hält der
Gemeindepräsident nicht für nötig.
---
BZ 29.11.10
Hoteltüre zertrümmert
Demos Aus Wut über den Ausgang der
Ausschaffungsinitiative
haben Demonstranten die Türe des Berner Hotels Bristol
eingeschlagen.
500 Demonstranten besammelten sich gestern Abend um 18 Uhr
vor
der Heiliggeistkirche in Bern. Unter ihnen 50 Vermummte, Studenten und
Sympathisanten der Berner Menschenrechtsorganisation Augenauf. Sie
demonstrierten gegen die Annahme der Ausschaffungsinitiative. Beim
anschliessenden Marsch durch die Altstadt mit SP-Fahnen skandierten die
jungen Männer und Frauen gegen die SVP. So trugen sie Transparente
mit Aufschriften "Mut und Solidarität statt Blut und Boden" oder
"Die SVP sind Faschos".
Beim Rückmarsch über den Bundesplatz wurden
Knallkörper gezündet. Und die Demonstranten schrieben mit
Kreide Anti-SVP-Parolen an Dutzende von Fassaden. Vor dem Bundeshaus
postierte Polizisten wurden mit Flaschen beworfen. Vor dem Hotel
Bristol, wo die SVP-Spitze die Abstimmungen verfolgt hatte, eskalierte
die Demonstration: Vermummte zertrümmerten die Eingangstüre
und rissen den Weihnachtsschmuck von der Fassade. Um 19.30 Uhr
löste sich die Demo auf der Schützenmatte auf. Ungefähr
50 Vermummte zogen sich in die Reithalle zurück. In Zürich
setzte die Polizei Tränengas und Gummischrot gegen 2000
Demonstrantinnen und Demonstranten ein.
Jürg Spori
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Bund 29.11.10
Überfall auf Abstimmungslokal
Unbekannte haben am Samstagabend in Allschwil BL eine Urne
mit
Stimm- zetteln mitgenommen und sie draussen angezündet.
Sechs bis sieben maskierte Personen seien in das Lokal in
einem
Schulhaus eingedrungen und hätten eine Abstimmungsurne entwendet,
bestätigte die Polizei Basel-Landschaft gestern eine Meldung von
Radio Basel. Sie seien gezielt auf die Urne mit den Abstimmungszetteln
für die Ausschaffungsinitiative zugegangen.Nachdem sie das
Gebäude rennend verlassen hatten, öffneten sie die Urne und
setzten die Abstimmungszettel in Brand. Danach flüchteten sie. Die
Polizei geht davon aus, dass sich 20 Stimmzettel in der Urne befanden.
Mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" handle es sich um
eine politisch motivierte Tat, hielt die Polizei weiter fest. Wer die
Täter sein könnten, lasse sich derzeit nicht sagen.
Allschwil nahm die Ausschaffungsinitiative der SVP mit 268
Stimmen Unterschied deutlich an. Im Moment habe der Vorfall politisch
keine Auswirkungen auf die Volksabstimmung, hiess es bei der
Baselbieter Landeskanzlei.(sda)
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Tagesanzeiger 29.11.10
Anfänglich friedliche Demo eskalierte vor dem Rathaus
Die Stadtpolizei setzte Gummischrot und Tränengas ein.
Von Stefan Hohler
Schlieren/Zürich - Rund 2000 Personen sind dem Aufruf
des
Revolutionären Aufbaus gefolgt und haben am Sonntagabend an einer
Demonstration "gegen Rassismus und reaktionäre Hetze"
teilgenommen. Damit machten sie ihrem Unmut über den Ausgang der
Abstimmung über die Ausschaffungsinitiative Luft. Sie versammelten
sich am Helvetiaplatz. Die Stimmung war zuerst friedlich, nur die
Vermummten an der Umzugsspitze skandierten Parolen und zündeten
Feuerwerk. Die Teilnehmer zogen die Langstrasse hinunter und
marschierten durch die Lagerstrasse in Richtung Bahnhof. Beim
Zigarrengeschäft Dürr warfen Jugendliche erste Scheiben ein,
weitere folgten am Limmatquai.
Zimmerleuten im Visier
Beim neu aufgebauten Zunfthaus zur Zimmerleuten warfen
Chaoten
Steine in die Scheiben, zudem versprayten Vermummte die Wände
entlang des Limmatquais. Auch ein Uhren-und-Schmuck-Laden auf Höhe
Helmhaus war Ziel der Demonstranten. Die Chaoten verursachten massive
Sachbeschädigungen am NZZ-Gebäude, wo sie Glasscheiben im
Eingangsbereich mit Hämmern einschlugen. Auf dem Rückweg via
Limmatquai eskalierte die Situation gegen 22 Uhr vollends. Die Polizei
setzte Tränengas und Gummischrot ein, nachdem das Zunfthaus zur
Zimmerleuten erneut mit Steinen und das Rathaus mit Farbbeuteln
beworfen wurde. Die Demonstrationsteilnehmer zerstreuten sich auf alle
Seiten. Eine Minderheit zog sich auf den Helvetiaplatz zurück, wo
gegen 23 Uhr die Demonstration als Erfolg gefeiert wurde. Der
verursachte Schaden dürfte ersten Schätzungen zufolge mehrere
Zehntausend Franken betragen.
Noch unklar ist, ob die Stadtpolizei mit ihrer
Zurückhaltung
eine Eskalation vermeiden wollte - oder ob sie nicht genügend
Einsatzkräfte aufgeboten hat. Ungewöhnlich war, dass sie den
Demonstrationsumzug ungehindert vom Kreis 4 in die Innenstadt
marschieren liess. In den letzten Jahren wurde dies bei unbewilligten
Demonstrationen immer unterbunden.
Brandsatz in Schlieren
Schon im Vorfeld der Abstimmung über die
Ausschaffungsinitiative haben Unbekannte einen Brandsatz vor ein
Abstimmungslokal in Schlieren gelegt. Ein städtischer Mitarbeiter
entdeckte am Sonntagmorgen um 9.15 Uhr vor der Stadtverwaltung eine
Einkaufstasche mit verdächtigem Inhalt und informierte die
Kantonspolizei. Die Polizisten sperrten den Bereich vorsorglich ab und
überprüften die Tasche. Dabei entdeckten sie einen Brandsatz
mit Brandbeschleuniger; die Tasche wurde sichergestellt und
abtransportiert. Verletzt wurde niemand.
---
20 Minuten 29.11.10
Demos und Brandanschläge am Abstimmungssonntag
BERN. Nach dem Ja zur Ausschaffungsinitiative zogen
zerstörungswütige Demonstranten durch die Städte. Schon
der Urnen-gang war durch Brand-anschläge gestört worden.
Kaum war das Ja zur Ausschaffungsinitiative bekannt,
riefen
linksalternative Kreise zu Gegendemonstrationen auf. In Bern zogen 450
Personen, davon 50 Vermummte, durch die Stadt. Chaoten zündeten
pyrotechnische Gegenstände und schlugen Scheiben ein. In
Zürich waren rund 500 Demonstranten unterwegs. Die
Kundgebungsteilnehmer trugen Fahnen mit sich und Transparente mit
Aufschriften wie "Gegen das Konstrukt von Nation und Masse". Mehrere
Schaufensterscheiben gingen zu Bruch. Die Polizei war mit einem grossen
Aufgebot vor Ort und setzte Tränengas und Gummischrot ein. Auch in
Lausanne gab es Proteste.
Schon der Urnengang war nicht überall friedlich
abgelaufen:
In Allschwil BL stürmten sieben Maskierte ein Wahllokal und
fackelten die rund 20 Stimmzettel zur Ausschaffungsinitiative ab. In
Schlieren ZH stiess ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung kurz vor der
Öffnung des Stimmlokals auf eine verdächtige Tasche. Darin
befand sich ein Brandsatz, der laut Werner Schaub, Sprecher der
Kantonspolizei Zürich, "voll funktionsfähig" war.
Staatsrechtsprofessor Rainer Schweizer von der Uni St.
Gallen
verurteilt die Anschläge als "schrecklichen Angriff auf die
Demokratie": "Wenn sich der Hass derart entlädt, dass geregelte
Abstimmungen nicht mehr möglich sind, wird an den Grundlagen
unserer Demokratie gerüttelt." Bürger könnten
eingeschüchtert werden und den Urnen fernbleiben. DAW
--
"Schweiz ist das schwarze Schaf"
"Ohne rassistische Brandstifter und Schreibtischtäter
und
deren publizistischen und finanziellen Einsatz hätte die
Initiative keine Mehrheit erhalten."
taz.de
"Dass der Souverän diese Frage nicht durch
selbstverantwortliche Beachtung rechtsstaatlicher Prinzipien
beantwortet hat, ist ebenso bedauerlich wie der Inhalt des
Volksentscheids."
Die Welt
"Die Schweiz ist nun das schwarze Schaf: Mehrheit für
schärfere Ausländerregelung."
News.at
"Xenophobie in der Schweiz: Die Schweizer sprachen trotz
aller
Bedenken der Menschenrechte wegen auf die fremdenfeindliche Kampagne
der SVP an."
Le Monde
--
BERN. Der hitzige Wahlkampf lockte die Bürger in
Scharen an
die Urnen: Die Stimmbeteiligung lag bei den Ausschaffungs-Vorlagen bei
rund 53 Prozent - gleich hoch wie bei der Minarett-Abstimmung. Einzelne
Stimmlokale wurden regelrecht überrannt: In Bern konnte deswegen
das Lokal im Bahnhof statt um 12 Uhr erst um 12.30 Uhr schliessen. Rund
10 verspätete Personen wurden weggewiesen.
---
Indymedia 29.11.10
Flugblatt: Von unten links nach oben rechts ::
AutorIn : reader
Flugblatt vom Rev. Aufbau an der Demo gegen die SVP in
Zürich.
Gefunden hier:
http://www.aufbau.org/index.php?option=com_content&task=view&id=917&Itemid=2
Flugblatt als PDF
http://ch.indymedia.org/media/2010/11//78977.pdf
Wenn die Klasse sich streitet, lachen die Banker
Mit der Ausschaffungsinitiative wurde eine weitere Etappe der
Entsolidarisierung eingeläutet. Sie ist Ausdruck der zunehmend
reaktionären Stimmung und heizt diese weiter an. Das Proletariat
wird angegriffen und der Grossteil der Klasse merkt es nicht und wehrt
sich auch nicht. Im Gegenteil, die meisten lassen sich willfährig
darauf ein. Steuergerechtigkeit? Pfui - Keine Nachteile den Reichsten!
IV-BezügerInnen und Arbeitslose? Sozialschmarotzer!
Ausländer? Alle kriminell! Ausser meiner Oma natürlich, die
ist zwar auch eingewandert, aber damals war noch alles anders und
ausserdem hat sie sich anständig aufgeführt!
Niemand lügt so profitabel wie die SVP
Krise und Perspektivlosigkeit haben ein Klima der Angst
geschaffen, in
welchem sich die SVP wie ein Fisch im Wasser bewegt.
Fremdenfeindlichkeit ist ein Kernthema, mit dem sie immer punktet. Dass
Rassismus eine Waffe ist, welche die Klasse spaltet, ist eine alte
Weisheit. Doch selten wird diese Waffe so unverfroren und ungeniert
rein taktisch eingesetzt, wie von der SVP. Die Abwahl Blochers konnte
die SVP lange nicht verdauen. Im denkbar schlechtesten Moment kam dann
die Bankenkrise, in der die SVP loyal zur UBS halten musste, im Sinne
ihrer tiefen Verbundenheit mit dem Kapitalismus. Am Stammtisch stiess
dies sauer auf - ein durchschlagender Erfolg musste her, der sie wieder
auf der Seite des "kleinen Mannes" ins Bild rücken würde.
Also ist die SVP zu Altbewährtem zurückgekehrt. Immer, wenn
sie davon ablenken will, dass sie eigentlich einzig und alleine die
Interessen der Herrschenden vertritt, greift sie auf das Feindbild
"Ausländer" zurück. Und sie tut es hinterhältiger, als
ihre Vorgänger: Schwarzenbachs Überfremdungshysterie und die
18%-Initiative lösten den Widerstand der Wirtschaftsverbände
aus, welche alles Interesse daran hatten, ihre billigen
Arbeitskräfte im Land zu behalten. Wenn es aber gegen
Vergewaltiger, Raubmörder und Drogendealer geht - und genau das
suggerieren ja die Plakate der SVP - ist der gesellschaftliche Konsens
eindeutig. Da lässt die Economiesuisse grosszügig die Finger
davon. Schliesslich wird sich nicht viel ändern: Die Schweiz war,
ist und bleibt ein Land aus dem rausgeschmissen wird, wer dem
Kapitalismus nicht passt.
Ausser wir erkennen, dass die Grenze nicht zwischen den
Nationen,
sondern zwischen oben und unten verläuft. Nur gemeinsam sind wir
stark. Greifen wir sie an! Von unten links gegen oben rechts.
Solidarisch für eine lebenswerte Zukunft - für den
Kommunismus
---
Indymedia 29.11.10
http://ch.indymedia.org/de/2010/11/78968.shtml
(mit Fotos)
Communique zur Grossdemo in Zürich 28.11.2010 ::
AutorIn : antirassista
Heute Sonntag abend demonstrierten gegen 5000 Menschen gegen die
SVP
und das rassistische Klima. NIcht nur in Zürich sondern auch in
Genéve, Bern, Basel und Luzern gingen Menschen auf die Strasse.
Schon im Vorfeld der Abstimmung gab es zahlreiche Aktionen und eine
Demo mit 800 Personen am 13. November.
Entschlossen, wütend und selbstbestimmt ging es vom
Helvetiaplatz
los. Von dort ging es über die Langstrasse zum Löwenplatz,
Hauptbahnhof, Central, Limmatquai, Bellevue, Paradeplatz, Sihlporte,
Stauffacher zurück zum Helvetiaplatz. An mehreren Stellen haben
die Demonstrantrierenden die Bullen zurückgedrängt. Am
Limmatquai haben wir den feiernden Bonzen in den Zunfthäusern
einen Schrecken eingejagt. Die NZZ haben wir auf unsere Art würdig
gegrüsst.
Diese Demo war ein starkes Zeichen gegen Rassismus, Ausgrenzung
und
Kapitalismus.
DER KAMPF GEHT WEITER und wir kommen wieder. Ob gegen die
Rechtsentwicklung, gegen das WEF, am 8. März und am 1. Mai; nehmen
wir uns die Strasse zurück!
Bis zum nächsten Mal!
Aussschaffungen abschaffen!
Rassistische Tendenzen bekämpfen!
Flüchtlinge bleiben - Bonzen vertreiben!
Zürich, 28. November 2010
---
Indymedia 29.11.10
Respekt wiedererlangen ::
AutorIn : Topfchopf
Gedanken zur heutigen Situation. Und ein Track dazu..
http://soundcloud.com/topfchopf/topfchopf-klar-bini-dumm
Ein weiteres bitteres Wahlwochenende ist vorbei. Damit auch ein
Wahlkampf, der mir noch jetzt zu denken gibt. Wir leben in schwierigen
Zeiten, wo sich die Unfähigkeit des Kapitalismus, den
Bedürfnissen weiter Teile der Bevölkerung dieser Erde gerecht
zu werden, immer stärker zeigt. Auch in der Schweiz spürt man
das klar. Der Arbeitsmarkt ist weitgehend beschissen, die daraus
entstehenden Arbeitsbedingungen für viele Menschen auch so und man
fühlt sich in ernsthaften Bemühungen, die Probleme dieser
Gesellschaft wirklich anzugehen, schon fast als psychisch
krankgeschrieben. Zwei zumindest symbolisch sehr wichtige Initiativen
sind nun verabschiedet. Die Ausschaffungsinitiative steht dabei
für eine Politik der Manipulation der Massen durch das Fokussieren
auf die Oberfläche gesellschaftlicher Randprobleme. Das Stimmvolk
sagte "Ja". Die Steuerinitiative steht für einen sehr zaghaften
Versuch, die soziale Ungleichheit zum Thema zu machen und pragmatische
Schritte zu einer faireren Verteilung des Reichtums zuzulassen. Das
Stimmvolk sagte "Nein". Bemühungen um eine gerechtere Welt
scheinen durch eine Propagandalawine plumpester Assoziationen
überrollt zu werden. Zurück bleibt das Gefühl, in einer
politisch zunehmend gespalteneren Gesellschaft zu leben. Die Fronten
scheinen sich zu verhärten. Dialog wird immer schwieriger, man
fühlt sich immer mehr als Vertreter einer bestimmten
Identität von SVP-feindlich "links" und bodenständig SVP-nah
"rechts". Das Eine Lager beruft sich auf ihr moralisches Recht als
VerteidigerInnen der Unterdrückten, während sich die andern
als pragmatische "Realisten" im Kampf gegen Vergewaltiger, Diebe und
für den starken Wirtschaftsstandort Schweiz selber auf die
Schulter klopfen. Man schmeisst Farbeier gegen ein Haus und feiert den
ersten kleinen Sieg auf dem Weg zur Revolution. Man fühlt die
Meinungsfreiheit und die Demokratie gefährdet und fordert striktes
Vorgehen gegen solche Aktionen. Eine Flasche fliegt gegen eine Reihe
PolizistInnen und schon liegt das Tränengas für diejenigen in
der Luft, welche das Weinen sonst verlernt haben. Man will nichts mehr
mit den Anderen zu tun haben. Will selbst auswandern, seinen eigenen
Pass verbrennen oder wünscht sich, dass ein paar Mitschweizer mehr
so wären, wie die paar Ausländer beim Buurezmorge, die das
Ganze genauso sehen wie man selbst. Dazwischen ein tiefer Graben.
Irgendwo im Hintergrund sitzen die Marionettenspieler, für heute
mal mit einem hämischen Lachen beschenkt und zerbrechen ihren Kopf
schon wieder darüber, in welche Finanzblase sie ihre
überquellenden finanziellen Mittel stecken sollen. Es hört
sich an wie Popcorn, wenn man den Träumen der Massen lauscht. Der
Alltag ist grau, kalt und man dreht die Farbsättigung am
HD-Fernseher etwas auf und stellt um, wenn die neuesten Opferzahlen von
Afghanistan bekannt werden. Hauptsache das System funktioniert.
Hauptsache man funktioniert selbst. Isoliert in der Nische, die man
erhofft sich zu erhalten. Haben wir es verlernt, zusammen eine
Gesellschaft zu bilden? Haben wir es verlernt, uns gemeinsam und
konstruktiv um unsere Probleme zu kümmern? Oder müssen wir es
gar von Grund auf neu erlernen? Wir sind die Gesellschaft. Wir sind
diejenigen, welche tagtäglich mit gesellschaftlichen Problemen
konfrontiert werden. Nur wir können uns von diesen befreien. Und
nur zusammen...
---
Indymedia 29.11.10
Luzern: Weil auch weisse Schafe blöken
AutorIn : transmitter
Wie in Zürich, Bern, Biel, Lausanne und Basel ... kursierte
auch
in Luzern in den letzten paar Tagen eine Einladung, sich am Abend der
Abstimmung zur Ausschaffungsinitiative zu versammeln. Rund 300 Leute
kamen heute um 18.00 zum Bahnhof, um anschliessend zwei Stunden lang
durch die Stadt zu ziehen. Hier ein paar Eindrücke.
Luzern, 28.11.2010. Im Dunkeln, um das freistehende
Bahnhofsportal
herum, eine Menschenansammlung - muss wohl die Demo sein. Ich
schätze so um die 300 Leute werden es gewesen sein, die meisten
eher jung als alt oder auch nur mittelalt.
Auf der Busfahrt zur Demo konnte ich mir passenderweise auf den
digitalen Schautafeln die SVP Werbung zur Ausschaffungsinitiative
anschauen. Schwarzes Schaf wird - pling! - von weissem Schaf aus dem
Bildschirm getreten.
Auch hier am Bahnhof gab's schwarze und weisse Schafe,
allerdings in
fröhlicher Umarmung, tanzend, und auch mal mit Herzchen, aufgemalt
auf grosse Pappschilder, die hochgehalten wurden. Dazu ein
Trommelkonzert und später eine Blechblascombo, die Beschwingtes
spielte. Weiter hinten ein Soundsystem, oder eher eine Art
Multifunktionsinstrument, das nicht nur Musik machte, sondern auch per
Beamer in schneller Folge minimalistische Grafiken an das
Bahnhofsportal warf. Brandt Bauer Frick heissen sie, glaube ich.
Auf einem grossen Transparent stand "weil Zukunft zählt und
nicht
Herkunft" - eine deutliche Absage an die diskrimierende
Doppelbestrafung von Nicht-SchweizerInnen. Andere in der Menge
äusserten sich persönlicher. Einer hatte sich einen Zettel
auf den Anorakrücken geklebt: "Halber Bayer - welche Hälfte
muss raus?" Zwei Frauen hatten sich ähnliche Schilder gemacht, auf
einem stand "Ivan S.", auf dem anderen "Ivana S." Wir erinnern uns, der
Vergewaltiger, mit dem uns die SVP im Fall einer Ablehnung ihrer
Initiative bedroht. Einer hatte sich die Bitte "mich bitte auch
abschieben" auf die Jacke geklebt, ein anderer den Stoßseufzer:
"ein einig Volk von Schafen". Und dann gab's ein Transparent, das kurz
und bündig erklärte: "Zum Kotzen".
Nach und nach trudelten auch die Sprechblasen ein, die seit
diesem
Sommer von Leuten aus der Luzerner Kulturoffensive gelegentlich auf die
Strasse gebracht werden. Da hiess es zum Beispiel: "... weil weisse
Schafe nicht weniger blöken" oder "weil meine Pizza italienisch
ist und mein Kebab türkisch" oder nochmal "weil Zukunft zählt
und nicht Herkunft". Aber auch Klassiker konnte man lesen, etwa "Wo
Unrecht Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht".
Man stand in der Kälte, manche hatten sich Thermoskannen
mitgebracht, zwei Frauen präsentierten eine Feuer-Show, andere
fingen an, viele kleine Teelichter anzuzünden. Eine schob einen
Einkaufswagen herbei, in dem sie unter anderem ein Bidon mit warmem Tee
transportierte. Ein paar skandierten per Megaphon die internationale
Solidarität und den Slogan vom pueblo unido, das nicht
unterzukriegen ist. Einer mit einem "kein Mensch ist illegal" T-shirt
lief herum und fotografierte.
Ich plauderte mit ein paar Bekannten. Es war zwar nicht der
angenehmste
Anlass für einen Schwatz und auch empfindlich kalt, aber diese
kleinen Demos hier in Luzern sind für mich doch immer eine
willkommene Gelegenheit, mich auf dem Laufenden zu halten. Zwei
verabschiedeten sich und beauftragten mich, sie sozusagen 'im Geiste'
auf die Demo mitzunehmen. Also war ich jetzt drei.
Es wurde unruhig. Ein paar riefen "Demo jetzt", das Soundsystem
setzte
sich in Bewegung, so auch Transparente und Sprechblasen und binnen 2
Minuten waren wir unterwegs. Über den Bahnhofsplatz, mitten auf
die grosse Pilatusstrasse, rein in den hübschen, älteren Teil
der Neustadt, unter der Weihnachtsbeleuchtung durch, und wieder auf die
Hauptstrasse zurück zum Pilatusplatz. Kaum jemand auf der Strasse
ausser uns.
Inzwischen war Polizei aufgetaucht, die sich dankenswerterweise
darauf
beschränkte, den Verkehr zu regeln - und das, obwohl die Demo wohl
nicht angemeldet war. Gelegentlich ein Feuerwerksknaller, ein paar
Parolen, die Musik von mittlerweile drei kleinen fahrbaren
Soundsystemen und ausserdem einem kleinen Akkordeon, ein bisschen
tanzen vertreibt die Kälte. Überraschend eigentlich,
daß die Stimmung recht gelassen war - im Vergleich zu den extrem
wütenden, also wirklich kochenden, Studierenden und Schülern,
die zur Zeit in Großbritannien gegen die massive
Verschärfung der Studiengebühren auf die Strasse gehen, war
diese Demo wirklich freundlich. Dies obwohl einige dabei waren, die
Abschiebungen im engsten Freundeskreis erlebt haben.
Mittlerweile war ich mit einer Frau mit Kinderwagen und einem
sehr
freundlichen Baby vor dem Bauch ins Gespräch gekommen, sie war
zufällig auf der Demo gelandet, hatte von einer Freundin davon
gehört, erzählte von ihrer Familie, in der Leute aus, wenn
ichs richtig gezählt habe, drei Ländern zusammenkommen.
Die Demo stand eine Weile auf der grossen Kreuzung rum,
irgendwer
redete ins Megaphon, die Autos mussten warten, wenn auch nicht lange,
und zog dann weiter Richtung Neutstadt, Bundesplatz, und schliesslich
wieder zum Bahnhof. Und weiter - über die Seebrücke, zum
Schwanenplatz, und plötzlich rannten alle los, stürmten die
Seebrücke entlang zurück zum Bahnhof. Noch eine kurze
Sitzblockade an der Ausfahrt vom Busbahnhof, und eine rasche
Spontanperformance, bei der ein irrsinnig schneller Abzählreim
eine Rolle spielte, den ich leider nicht ganz verstand, irgendwas mit
weisse Schafe drinnen bleiben und du und du und du musst raus, und wir
waren wieder am Ausgangspunkt der Versammlung, unter dem Bahnhofsportal.
Dort hatte jemand einen riesigen Suppentopf auf eine
Gas-Wärmeplatte gestellt, Kartons mit Brot standen auch bereit,
und wer wollte, konnte sich bedienen.
So war das. Eine kleine Demo in einer kleinen Stadt,
sonntagabends, wo
kaum jemand auf der Strasse ist, ein paar Autofahrer waren genervt,
weil sie eine Weile warten mussten, erstaunlicherweise gab es aber auch
einige, die der Demo zujubelten. Eine Demo, der man vorwerfen
könnte, es seien ja nur die Überzeugten gewesen - die
Alternativszene, die rebellischen Jungen und Junggebliebenen. Aber
meine Gesprächspartnerin mit dem Kinderwagen passt eigentlich
nicht recht in dieses Bild, und der ein- oder andere Hochschuldozent,
der mitlief, auch nicht. Hätten wir zuhause bleiben sollen?
Inzwischen sind die Stimmen ausgezählt. In Luzern Stadt
haben
'nur' 42.35% für die SVP Initiative gestimmt. Schweizweit
befürworteten 52,9% der abgegebenen Stimmen den SVP Vorschlag. Das
ist nicht gut. Aber immerhin 41.7% der abgegebenen Stimmen waren
dagegen. Von denen werden einige den Gegenvorschlag befürwortet
haben, nicht wenige wohl nicht aus Überzeugung, sondern aus
taktischen Überlegungen heraus. Aber immerhin, das ist fast die
Hälfte der Stimmen. Das heisst, es wird ein Gesetz gegen ihren
erklärten Willen gemacht. Auch wenn die Abstimmung durch ist, ist
es wichtig, dass diese Ablehnung öffentlich bleibt. Denn die
Ausschaffungen fangen erst an, der Konflikt über die Schweizer
Migrationspolitik ist nicht gegessen. Das demonstrierende
Häuflein, das heute abend durch Luzern zog, gleichzeitig mit
anderen Häuflein in anderen Schweizer Städten, legte Zeugnis
ab für die stille Ablehnung vieler SchweizerInnen gegen
rassistische Politik. Ich finde, das war es wert - nicht nur
Massenkundgebungen zählen.
Daß es in der Schweiz eine starke Zustimmung für die
populistische und fies rassistische Stimmungsmache der SVP gibt, ist
nicht zu übersehen. In den Wochen vor der Abstimmung waren
zumindest in Luzern die SVP-Parolen allgegenwärtig, ganz einfach
durch bezahlte Anzeigenkampagnen auf elektronischen und nicht
elektronischen Werbetafeln, im städtischen Raum und in der
Zeitung. Gegen dieses gekaufte Aufgebot ist schwer anzustinken - aber
diejenigen, die sich gegen zweierlei Recht in der Schweiz wenden und
sich für einen zeitgemässen Umgang mit Migration, Differenz
und gesellschaftlichen Konflikten einsetzen, haben andere
Möglichkeiten als gekaufte Werbekampagnen. In diesem Sinn sehe ich
die Luzerner Nach-Abstimmungs-Versammlung ebenso wie die in anderen
Städten als wichtige Korrektur eines Schweiz-Bilds, in dem eine
bieder-brave weiss-schweizer Bevölkerung einmütig damit
beschäftigt ist, Minarette zu verbieten, schwarze Schafe zu treten
und alle, die in irgendeiner Weise nicht in die behäbige Swissness
passen, zu denunzieren und zu deportieren.
---
Indymedia 28.11.10
Communiqué zur Demonstration gegen die Ausschaffungsin
AutorIn : 3XNein
Heute demonstrierten knapp 500 Menschen gegen den Faschosstaat
Schweiz.
Erfolgreich wurden gezielt Aktionen durchgeführt.
Heute wurde mit der Annahme der Ausschaffungsinitiative alle
Befürchtungen der letzten Monaten bewahrheitet. Ein weiterer
Schritt in Richtung faschistoider Staat ist getan. Nach einer
rassistischen Hetzkampagne und zunehmenden Diskriminierungen
gegenüber Menschen ohne Schweizerpass hat die menschenverachtenden
Politik der rechten Kräfte neue Stärke gefunden. Die
Vergangeheit hat bewiesen, dass solche Schritte früher oder
später zu totalitären Verhältnissen führen!
Um 18 Uhr fanden sich knapp 500 Personen bei der
Heiliggeistkirche in
Bern ein, die ihren Unmut über die Zunahme des salonfähigen
Faschismus lautstark bekundenten. Die anfangs gedrückte Stimmung
verbesserte sich durch Pyros, spontane Schneebälle auf Zivilbullen
und angezündete Schweizer-Fahnen. In der Schauplatzgasse wurde das
Hotel Bristol, in welchem die SVP den Abstimmungskampf verfolgte, mit
Farbe verschönert. Zudem wurden die Eingangstüren
eingeschlagen.
Auch die UBS-Hauptfiliale beim Baldachin wurde mit Farbe und
Hämmer bearbeitet.
Beim Bahnhof wurden einige NeofaschistInnen energisch
weggewiesen, sie
nahmen die Beine in die Hand. Beim Treffpunkt des Hauptbahnhofes wurden
ebenfalls SVP-Propaganda-Plakate vernichtet. Nach diesem kurzem
Zwischenhalt grüssten wir unseren Genossen Billy, der seit einigen
Wochen im Knast sitzt. Ein grosser Teil des Amtshauses wurde ebenfalls
entglast. Die Demonstration löste sich nach einer
Schneeballschlacht mit der Polizei auf der Schützenmatte auf.
Alle Aktionen wurden gezielt durchgeführt, nicht
involvierte
Personen wurden nicht beeinträchtigt. BuhruferInnen aus den
Demoreihen verurteilen wir, denn wir zwingen niemanden an unserer
Prostestform teilzunehmen. Die SpalterInnen hätten gerne eine
eigene Kundgebung durchführen können, wir hätten sie
sicher nicht daran gehindert.
Der Kampf gegen faschistoide, rassistische und
menschenverachtende
Politik wird aber heute nicht zu Ende sein. Wir werden nicht ruhen!
"Als sie die ersten Kommunisten holten, habe ich geschwiegen;
denn ich
war kein Kommunist. Als sie die ersten Juden holten, habe ich
geschwiegen; denn ich war kein Jude. Als sie die ersten Katholiken
holten, habe ich geschwiegen; denn ich war kein Katholik. Als sie mich
holten, war niemand mehr da, der seine Stimme hätte erheben
können."
(Martin Niemöller)
Wir schweigen nicht! Wir wollen keinen Faschostaat!
---
tagesanzeiger.ch 28.11.10
Demonstration eskaliert vor dem Zürcher Rathaus
Christoph Landolt, Felix Schindler
Nach dem Ja zur Ausschaffungsinitiative flammten in
Zürich
Proteste auf. Rund 2000 Personen zogen durch die Innenstadt - bis die
Polizei den Umzug mit Tränengas und Gummischrot beschoss.
Aufgeheizt war die Stimmung bereits zu Beginn, als sich
die
Demonstranten am Helvetiaplatz versammelten. Doch erst nachdem die rund
2000 Personen quer durch die gesamte Innenstadt gezogen sind, kam es
vor dem Rathaus zu ersten Scharmützeln zwischen der Polizei und
den Demonstranten. Während die Demonstranten Flaschen gegen das
Zunfthaus zur Zimmerleuten warfen, begann die Polizei den Umzug mit
Tränengas und Gummischrot zu beschiessen. Der Marsch löste
sich auf und es begann während einiger Minuten ein Katz- und
Mauspiel zwischen Einsatzkräften und kleineren Gruppen
Demonstranten.
Begonnen hatte der Umzug friedlich. Mobilisiert durch die
Annahme
der Initiative begaben sich ab 20 Uhr mehrere hundert Personen zum
Helvetiaplatz. Ersten Schätzungen zufolge versammelten sich rund
2000 Initiativgegner - eine Minderheit der Initiativgegner war
vermummt, feuerte Böller und skandierte die Parole der
linksautonomen Szene "Hoch mit der internationalen Solidarität".
Marsch vom Kreis 4 bis zum Opernhaus
Nach einem Marsch durch den Stadtkreis 4 sind die
Demonstranten
kurz vor 21 Uhr in der Innenstadt angekommen. Sie zogen über die
Bahnhofstrasse bis zum Opernhaus und anschliessend wieder zurück
Richtung Bahnhof. Geendet hat die Demonstration um 23 Uhr am
Helvetiaplatz - wo die Rädelsführerin der linksautonomen
Szene Andrea Stauffacher den Umzug als Erfolg bezeichnete.
Es kam früh zu ersten Sachbeschädigungen. Bei
einem
Tabakgeschäft am Bahnhofplatz wurden die ersten Scheiben
eingeschlagen - auf dem Weg Richtung Bellevue folgten weitere. Beim
Gebäude der Neuen Zürcher Zeitung schliesslich gingen die
meisten Scheiben im Erdgeschoss in Bruch. Das frisch renovierte
Zunfthaus zur Zimmerleuten nahmen die Demonstranten gleich zwei Mal ins
Visier. Auf dem Hinweg zündeten sie einen Christbaum an und warfen
Mobiliar um, auf dem Rückweg bewarfen sie das Gebäude mit
Flaschen - daraufhin löste die Polizei den Umzug mit
Tränengas, Gummischrot und Wasserwerfern auf.
Polizei: "Begleitet und überwacht"
Die Polizei hat lange nicht eingegriffen, sondern liess
den
Marsch durch die Innenstadt gewähren. Gegenüber
Tagesanzeiger.ch wollte sich der Sprecher Marco Bisa nicht dazu
äussern, ob die Polizei mit ihrer Zurückhaltung eine
Eskalation vermeiden wollte - oder sie wie im Februar dieses Jahres von
dem Demonstranten düpiert worden sind. "Wir haben die
Demonstration mit dem entsprechenden Mannschaftsaufgebot von Anfang an
begleitet und überwacht", sagt Bisa.
Angekündigt wurde die Demonstration auf
Internetseiten
linksautonomer Gruppierungen bereits vergangene Woche als
"Demonstration gegen Rassismus und die Ausschaffungsinitiative der SVP".
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sf.tv 28.11.10
Demos in Bern, Zürich und Lausanne gegen die SVP
sda/fasc
Rund 500 Personen haben im Nachgang zur Abstimmung
über die
Ausschaffungsinitiative in der Berner Innenstadt eine Kundgebung
durchgeführt. In Zürich gingen am Abend ebenfalls hunderte
Demonstranten auf die Strasse. Auch in Lausanne demonstrierten rund 100
Personen. In Bern kam es zu Sachbeschädigungen.
In Bern blockierten die teilweise vermummten Personen bei
der
Heiliggeistkirche in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs den
öffentlichen Verkehr. Sie entzündeten Fackeln und brannten
pyrotechnische Gegenstände ab.
Sachbeschädigungen in Bern
Während der Kundgebung skandierten sie Parolen gegen
die
SVP. In der Marktgasse kletterte ein Kundgebungsteilnehmer eine Fassade
hinauf und zerstörte mit einer Fackel eine Schweizerfahne. Vor dem
Bundeshaus wurden Polizisten vereinzelt mit Flaschen und
Schneebällen beworfen, wie die Kantonspolizei Bern am Sonntagabend
mitteilte. Eine Person wurde vorübergehend festgenommen.
Gegen Ende der Kundgebung kam es zu
Sachbeschädigungen.
Einzelne Vermummte schlugen die Eingangstüre zu einem Hotel ein
und warfen die Scheibe der Berner Niederlassung einer Grossbank ein.
Viele Kundgebungsteilnehmer quittierten diese Gewalt mit Buhrufen. Eine
junge Frau stellte sich schützend vor die Hoteltür.
Um 19.30 Uhr ging die Polizei, die mit einem grossen
Aufgebot
präsent war, auf der Schützenmatte gegen den harten Kern der
Demonstranten vor, worauf sich diese ins alternative Kulturzentrum
Reitschule zurückzogen. Der Sicherheitsdirektor der Stadt Bern,
Gemeinderat Reto Nause, sagte, die Behörden hätten mit einem
solchen Szenario gerechnet. Die Polizei sei vorbereitet gewesen.
"Stinkende" SVP-Plakate
In Zürich versammelten sich die Demonstranten um 20
Uhr am
Helvetiaplatz und zogen durch die Innenstadt in Richtung See. Die
zunächst friedliche Kundgebung eskalierte nach ca. 21.30 Uhr. Die
Polizei schritt im Bereich Bellevue, Limmatquai und Bahnhofplatz mit
Gummischrot und Tränengas ein.
In Lausanne gingen am Sonntagnachmittag rund 100 junge
Leute aus
der linken Anti-SVP-Szene auf die Strasse, um gegen die Annahme der
Ausschaffungsinitiative zu protestieren. Die bürgerlichen Parteien
hätten im Vorfeld der Abstimmung kaum Präsenz gezeigt und das
Feld den "stinkenden" Plakaten der SVP überlassen. Auf
Spruchbändern standen Slogans wie "Wir sind alle kriminelle
Ausländer" oder "Die Schafe stimmen SVP".
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tagesanzeiger.ch 28.11.10
Heftige Proteste in Lausanne und Bern
sda / raa
Rund 400 Menschen haben nach dem Ja zur
Ausschaffungsinitiative
in Bern eine Kundgebung durchgeführt. Vereinzelt kam es zu
Sachbeschädigungen. Auch in Lausanne wurde demonstriert.
In Bern blockierten die teilweise vermummten Personen bei
der
Heiliggeistkirche in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs den
öffentlichen Verkehr. Sie entzündeten Fackeln und brannten
pyrotechnische Gegenstände ab. Während der Kundgebung
skandierten sie Parolen gegen die SVP. In der Marktgasse kletterte ein
Kundgebungsteilnehmer eine Fassade hinauf und zerstörte mit einer
Fackel eine Schweizerfahne.
Gegen Ende der Kundgebung kam es zu
Sachbeschädigungen.
Einzelne Vermummte schlugen die Eingangstüre des Hotels "Bristol"
ein, in dem SVP-Vertreter anwesend waren, und warfen die Scheibe der
Berner Niederlassung einer Grossbank ein. Viele Kundgebungsteilnehmer
quittierten diese Gewalt mit Buhrufen. Eine junge Frau stellte sich
schützend vor die Hoteltür.
Polizisten im Einsatz
Um 19.30 Uhr ging die Polizei, die mit einem ziemlich
grossen
Aufgebot präsent war, auf der Schützenmatte gegen den harten
Kern der Demonstranten vor; daraufhin zogen diese sich in das
alternative Kulturzentrum Reitschule zurückzogen. Der
Sicherheitsdirektor der Stadt Bern, Gemeinderat Reto Nause, sagte auf
Anfrage, die Behörden hätten mit einem solchen Szenario
gerechnet. Die Polizei sei vorbereitet gewesen.
"Stinkende" SVP-Plakate
In Lausanne gingen am Sonntagnachmittag rund 100 junge
Leute aus
der linken Anti-SVP-Szene auf die Strasse, um gegen die Annahme der
Ausschaffungsinitiative zu protestieren. Die bürgerlichen Parteien
hätten im Vorfeld der Abstimmung kaum Präsenz gezeigt und das
Feld den "stinkenden" Plakaten der SVP überlassen. Auf
Spruchbändern standen Slogans wie "Wir sind alle kriminelle
Ausländer" oder "Die Schafe stimmen SVP".
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police.be 28.11.10
Stadt Bern: Sachbeschädigungen anlässlich von
Kundgebung
28. November 2010
pkb. Bei einer Kundgebung ist es am Sonntagabend in der Berner
Innenstadt zu Sachbeschädigungen gekommen. Die Polizei nahm eine
Person vorübergehend fest. Wegen des Umzugs kam es auch zu
Behinderungen des öffentlichen Verkehrs.
Am Sonntag, 28. November 2010, besammelten sich kurz vor 1800
Uhr ca.
50 Vermummte und weitere ca. 450 Personen vor der Heiliggeistkirche, um
gegen die Annahme der SVP-Initiative zu demonstrieren. Beim
anschliessenden Umzug durch die Altstadt kam es zu zahlreichen
Kreideleien und vereinzelten weiteren Sachbeschädigungen. Die
Polizei begleitete den Umzug auf Distanz. Vor dem Bundeshaus postierte
Polizisten wurden vereinzelt mit Flaschen und Schneebällen
beworfen.
Der Umzug löste sich gegen 1945 Uhr auf der
Schützenmatte
auf. Die Polizei nahm eine Person vorübergehend fest.
Während des Umzugs kam es zu Behinderungen verschiedener
Tram- und
Buslinien von BernMobil.
(fm)
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20min.ch 28.11.10
Müslüm mit Song zur Ausschaffungsinitiative
Der Berner Musiker und Komiker hat blitzschnell reagiert: Noch
am
Abstimmungssonntag hat er den Song "Samichlaus" veröffentlicht.
"Ich bin der Samichlaus, ich schaffe alle schwarzen Schäfli
aus":
Wie man Müslüm kennt, verpackt er das Abstimmungsresultat in
einen ironischen Song. "Ich bin kein Politiker, Politik ist viel
weniger wichtig als Liebe", so Müslüm zu 20 Minuten.
Auch wenn er sich weder als links noch als rechts bezeichnet,
hat er
sich ein anderes Abstimmungsresultat erhofft: "Auch wenn nicht alle so
eine grosse Rute wie ich haben - jetzt sitzen wir alle im gleichen
Schlitten."
Müslüm, "Samichlaus":
http://www.20min.ch/news/dossier/abstimmresultat/story/21701681
Der Song ist ab Montag auf Exlibris.ch und iTunes
erhältlich.
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Sonntag 28.11.10
Ausschaffung ist ein alter Hut
Heute stimmt die Region Nordwestschweiz über die
Ausschaffungsinitiative und den Gegenvorschlag ab. Eine historische
Einordnung
Von Bojan Stula
Landesverweis selbst für geringfügigere Vergehen
entspricht einer langjährigen Rechtstradition der Alten
Eidgenossenschaft, sagt der Basler Rechtshistoriker Stefan Suter.
Früher herrschte noch Zucht und Ordnung: Dieben wurde
die
Hand abgehauen, Mörder um einen Kopf kürzer gemacht und
Kindsmörderinnen im Rhein ersäuft. Und das gemeine Volk
konnte das Strafmass nach dem alttestamentarischen Prinzip "Auge um
Auge" erst noch besser nachvollziehen. Glaubt man den
Leserbriefspalten, geht die heutige "Kuscheljustiz" viel zu sanft mit
Straffälligen um - seien diese Raser vom Balkan, muslimische
Schläger oder dunkelhäutige Vergewaltiger. Gleichzeitig wird
es der muslimischen Welt als besonderes Zeichen von
Rückständigkeit angelastet, wenn sich diese auf
archaisch-religiöse Rechtsformen wie die Scharia beruft.
Das gespaltene Verhältnis zum Strafrecht und zu
dessen
Auslegung dürfte so alt sein, wie es Gesetze gibt. In Bezug auf
die Ausschaffungsinitiative nennt der Basler Rechtsanwalt und
Rechtshistoriker Stefan Suter eine verblüffende historische
Komponente: "Im 17. und 18.Jahrhundert war der Landesverweis die mit
Abstand häufigste Strafe." Viel häufiger etwa als die
verhältnismässig selten ausgesprochene Todesstrafe (siehe
Bericht unten). Bis 1798 zo-gen die Basler Inquisitionsgerichte bei
schweren Delikten wie Diebstahl, Raub, Tötung,
Gotteslästerung, Fälschung oder Sittlichkeitsdelikten so
genannte "Stadtconsulenten" zurate, die strafrechtliche Gutachten zum
Fall erstellten.
Ob Ehebruch, Diebstahl oder Körperverletzung: Die
Richter
des Ancien Régime griffen besonders gerne zur
lebenslänglichen Verbannung krimineller Subjekte. Nicht aber ohne
diese zuvor brandmarken und zum Beispiel körperlich bestrafen zu
lassen. Suter erklärt sich diese von den Stadtconsulenten
gestützte Praxis mit praktischen Überlegungen: "Zum einen gab
es keine Gefängnisse im heutigen Sinne, in denen Straftäter
über längere Zeitdauer hätten gehalten werden
können." Bis 1821 wurden Strafgefangene in die Türme der
Stadtbefestigung gesperrt. Da war es natürlich einfacher und
billiger, Missetäter gleich ausserhalb der Kantonsgrenzen zu
vertreiben. Zum anderen war die Wegweisung die damals gängige
Massnahme in der Armutsbekämpfung. Bettler wurden aufgegriffen und
den Behörden ihres Heimatortes überstellt, damit sie nicht
der fremden Stadt auf der Tasche lagen. Diese hatte an ihren eigenen
Armen in der Regel schwer genug zu tragen. Das Prinzip "Aus den Augen,
aus dem Sinn" schien also nur schon aus ökonomischen
Überlegungen zwingend zu sein.
Für das Jahr 1818 vermerken die Statistiken, dass in
Basel-Stadt und auf der Landschaft insgesamt 2694 "Gesindel"
eingefangen und "zum Theil" ausgeliefert wurden; dies bei einer
Stadtbevölkerung von rund 20000 Personen. Folgerichtig nennt Suter
die Ausschaffung eine juristisch "antiquierte Methode". Eine
kontraproduktive dazu. Aus dem Kanton weggewiesene Verurteilte machten
fortan als Wegelagerer und Räuberbanden die Wege im Elsass und
Südbaden unsicher und schädigten die Basler Wirtschaft in
nicht unerheblichem Masse.
Im Gegensatz zur heutigen Ausschaffungspraxis konnten
damals auch
Basler Bürgerinnen und Bürger mit einem Landesverbot belegt
werden. Ihrer Existenzgrundlage beraubt, blieb diesen dann oft kein
anderer Ausweg, als sich mittels krimineller Aktivitäten über
Wasser zu halten. Erst mit dem Bau ordentlicher Strafanstalten wurden
die Ausweisungen durch andere Strafformen in den Hintergrund
gedrängt. Laut Stefan Suter gebührt gerade den Basler
Stadtconsulenten das Verdienst, dass sie in vielen Fällen auf eine
Humanisierung des Strafrechts hingewirkt haben. Ganz verschwunden ist
die Idee der Ausschaffung aus der schweizerischen Rechtspraxis indes
nie. Noch 1850 erliess der Kanton Baselland Verordnungen, welche die
Ausschaffung von "Bettlern und Vaganten" regelten (siehe Box unten).
Natürlich unterliegt das Strafrecht bis auf den
heutigen Tag
der ewigen Auseinandersetzung "zwischen Intellekt und Emotion", wie es
Suter ausdrückt. Wer wüsste das besser als das Schweizer
Wahlvolk, das immer wieder zwecks strafverschärfenden
Gesetzesvorstössen an die Urne gerufen wird? Wie bei der
Ausschaffungsinitiative werden solche Vorlagen meist besonders heftig
diskutiert und der Abstimmungskampf besonders gehässig
geführt.
Aber auch die Gerichtspraxis ist den gesellschaftlichen
Einflüssen von Volksmeinung und Politik ausgesetzt. Suter nennt
ein aktuelles Beispiel: "Soeben wurde in Liestal ein Kokaindealer zu14
Jahren Gefängnis verurteilt. So eine hohe Strafe für ein
Rauschgiftvergehen wäre vor zehn Jahren keinem Staatsanwalt und
Gerichtspräsidenten in den Sinn gekommen." Ohne den medial
aufgebauschten Umgang mit ausländischen Straftätern
hätte die Ausschaffungsinitiative, deren Wurzeln sogar in die
Al-te Eidgenossenschaft zurückreichen, wohl keine Chance. So viel
zur Emotion.
Literaturhinweis: Stefan Suter, Die strafrechtlichen
"Bedenckhen"
der Basler Stadtconsulenten, Zürich 2006.
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ANTI-SVP
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Indymedia 29.11.10
Angriff auf das SVP-Büro in der Länggasse, Bern
AutorIn : Kommando Nie wieder SVP
In der Nacht auf den 29.Nobember haben wir das SVP-Büro in
der
Länggasse in Bern angegriffen.
Wir haben die Storen runtergerissen, die Scheiben zerstört
und das
Gebäude mit ein bisschen Farbe verziert.
Wäre das Büro nicht im Parterre eines
mehrstöckigen
Wohnhauses untergebracht, hätten wir es runtergebrannt.
Wir wollen uns rächen für die faschistische und
rassistische
Politik der SVP, welche jedes Jahr tausende von Menschen in den Tod
befördert. Mit der Annahme der Ausschaffungsinitiative wird die
AusländerInnenpolitik erneut verschärft. Ein weiteres Mal
müssen Minderheiten für Propagandazwecke hinhalten: sie
werden zu Feindbildern hochstilisiert, während die wirklichen
Probleme vertuscht werden. Und ein weiteres Mal fallen die weissen
Schafe im Land auf die millionenschwere Kampagne rein, die in
Wirklichkeit Wahlkampf ist. Und hat die SVP erstmal die
Zweidrittelmehrheit, werden sie merken, dass sie lieber doch keinen
Faschostaat gewollt hätten.
Nieder mit der Faschisto-Demokratie!
Die Schweiz muss sterben, damit wir leben können!
Wir bilden Banden.
Wer Hass säht, wird Hass ernten!
Kommando Nie wieder SVP
---
police.be 29.11.10
Stadt Bern/Zeugenaufruf: Sachbeschädigungen an
SVP-Sekretariat
29. November 2010
pkb. Bei einem Anschlag auf das SVP-Sekretariat ist in der Nacht
von
Sonntag auf Montag erheblicher Sachschaden entstanden. Die
Kantonspolizei sucht Zeugen.
Am Montag, 29. November 2010, um 0045 Uhr, erhielt die
Kantonspolizei
Bern Kenntnis von Sachbeschädigungen am Gebäude
Brückfeldstrasse 18 in Bern. Der Anschlag galt offensichtlich dem
sich dort befindenden SVP-Sekretariat. Die Täterschaft hatte
mehrere Scheiben eingeschlagen, Storen beschädigt und die Mauern
verschmiert. In Mitleidenschaft gezogen wurden ebenfalls drei parkierte
Autos. Die Vandalen konnten unerkannt flüchten. Zum Vorfall muss
es zwischen 0015 Uhr und 0045 Uhr gekommen sein. Die Polizei stellte
Täterwerkzeug sicher.
Allfällige Beobachtungen und Hinweise nimmt die
Kantonspolizei in
Bern, Telefon 031 634 41 11, entgegen.
(fm)
---
NZZ am Sonntag 28.11.10
SVP im welschen Stresstest
(brk)
Der Generalsekretär der SVP Waadt hat eine Odyssee
hinter
sich. Als Veranstalter des SVP-Programmparteitags vom 4. Dezember hat
Claude-Alain Voiblet jede Mehrzweckhalle seines Kantons abgeklappert.
Turnhallen, Theater- und Singsäle in zwanzig Gemeinden hat er in
Augenschein genommen. Doch niemand konnte oder wollte so kurzfristig
Platz für rund 700 Delegierte der Volkspartei machen. Schliesslich
blieb nur die Option "en plein air"; der Kantonsparlamentarier
Jean-Marc Sordet bot der Partei seine Wiese in Coinsins (VD) als
Freiluft-Variante an.
"Die Stadt wäre uns lieber gewesen", seufzt Voiblet.
Doch
dort, in Lausanne, wollte man sie nicht haben. Der ursprünglich
angepeilte Veranstaltungsort im Palais de Beaulieu war insofern eine
unglückliche Wahl, als die Gewerkschaft Unia just zum gleichen
Zeitpunkt dort tagen wollte. Die Unia, behauptet Voiblet, habe keinen
Geringeren als Charles Poncet - "l'avocat de Monsieur Ghadhafi" -
engagiert, um die SVP zu vertreiben. Die nächste Absage kam von
der Universität Lausanne, die zuerst Räumlichkeiten in
Aussicht stellte und schliesslich - angesichts der von linksstehenden
Studenten angekündigten Störaktionen - zu anderen Einsichten
kam. Schliesslich, nachdem Voiblet die Türklinken unzähliger
Gemeindevertreter poliert hatte, kam das rettende Angebot von Bauer
Sordet.
Der Generalsekretär wollte gerade aufatmen, als sich
ihm das
vorläufig letzte Hindernis in Form einer warzigen Kreatur in den
Weg stellte. Die Erdkröte, unter Amphibiologen liebevoll bei ihrem
lateinischen Namen Bufo Bufo genannt, lebt ausgerechnet im
Naturschutzgebiet neben Sordets Acker. Das geschützte Tier
figuriert auf der Roten Liste des Bundes und braucht seinen
Winterschlaf, damit es pünktlich zur Paarungszeit im Frühling
der Erhaltung seiner Art frönen kann. Die Behörden weigerten
sich partout, den Anlass zu bewilligen, so lange nicht
gewährleistet sei, dass die Tiere unbehelligt bleiben würden.
Nachdem die SVP zugesichert hat, das Schutzgebiet
weiträumig
zu umzäunen und Parkplätze abseits zu placieren, kann die
Veranstaltung über die Bühne gehen. Es sind zugige Aussichten
für die Parteianhänger, die während dreier Stunden
stehend auf der Wiese ausharren müssen. Einzig eine Schicht von
Holzschnitzeln soll verhindern, dass die Delegiertenversammlung in
corpore auf dem Brachland anfriert. Katharina Bracher
---
Zentralschweiz am Sonntag 28.11.10
Delegiertenversammlung
SVP will Schutz der Freiheit
adm. Morgen beginnt die Wintersession. Sogleich will die
SVP eine
dringliche Interpellation einreichen. Ziel: Der Bundesrat soll
erklären, wie er in Zukunft die Rede- und Versammlungsfreiheit in
der Schweiz garantiere. Mehrmals klopfte die SVP Schweiz in der Waadt
auf der Suche nach einem Versammlungsort an geschlossene Türen.
Der erste Versammlungsort, die Universität Lausanne, hatte sie
wegen Drohungen wieder ausgeladen. "Das ist inakzeptabel und wird ein
politisches Nachspiel haben", sagt Präsident Toni Brunner.
Die Delegiertenversammlung vom 4. Dezember findet deshalb
als
eine Art Landsgemeinde unter freiem Himmel auf einer Wiese im
Waadtländer Ort Gland statt. Allerdings mussten laut
Generalsekretär Martin Baltisser nochmals Hürden aus dem Weg
geschaffen werden. Weil die Wiese Wohn- und Lebensraum verschiedener
Amphibien ist, musste die Partei für die Versammlung mit gegen
1000 Teilnehmern strenge Auflagen einhalten, wie Toiletten fernab des
Schutzgebiets. Und wer mit dem Auto anreist, muss sich auf einen
längeren Anmarsch einstellen.
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SANS-PAPIERS
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20min.ch 29.11.10
Zürich
Unbewilligte Demo ohne Zwischenfälle
Nach der Annahme der Ausschaffungsinitiative vom Sonntag fand
eine
weitere Demonstration statt. Es kam zu keinerlei Beschädigungen.
Im Verlauf des Montagnachmittags wurde im Internet zu einer
unbewilligten Demonstration aufgerufen. Gegen 19:30 Uhr fanden sich
rund 100 bis 150 Personen beim Helvetiaplatz ein.
Nach einer Rede setzte sich der Demonstrationszug in Bewegung
und zog
via Stauffacherstrasse, Tramhaltestelle Stauffacher und Kasernenstrasse
bis zur Kaserne der Kantonspolizei Zürich. Nach wenigen Minuten
liefen die Demonstranten weiter und begaben sich via
Militärstrasse und Langstrasse zurück zum Helvetiaplatz.
Nach einer Schlussrede löste sich die Kundgebung um 20:45
Uhr auf.
Um mögliche Sachbeschädigungen zu vermeiden, waren Stadt- und
Kantonspolizei Zürich mit einem grösseren Aufgebot vor Ort
und überwachten den Demonstrationszug. Es kam während der
ganzen Demonstration zu keinen Zwischenfällen.
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Facebook 29.11.10
http://www.facebook.com/profile.php?id=100000996236299
Autonome Schule Zürich
WEITERE POLIZEIPROVOKATIONEN GEGEN DIE ASZ!! Die rassistischen
Angriffe
der Stadtpolizei gegen die ASZ kennen keine Grenzen. Nach dem Vorfall
letzten Mittwoch, als ein Kursteilnehmender der ASZ verhaftet wurde,
kommen heute gegen 14h die gleichen Beamten von letztem Mittwoch und
führen Personenkontrollen an die Haltest...elle Güterbahnhof,
vor der ASZ, durch. Mindest drei Kursteilnehmende sind verhaftet
worden.ES REICHT! DEMO: 19:30 Helvetiaplatz
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Indymedia 29.11.10
Zureich: Cops attackieren schon wieder Deutschkurse ::
AutorIn : njnp
heute nachmittag haben die Bullen erneut Schüler des
autonomen
Deutschkurses in der Baracke an der Hohlstrasse verhaftet. Die 3
Bullen, die schon vergangenen Mittwoch provozierten, waren erneut
beteiligt.
Soll wohl eine Rache für gestern sein.
Es sind 4 oder 5 Leute an der Tramhaltestelle Güterbahnhof
verhaftet worden, sie waren auf dem Weg zur ASZ-Baracke.
Zur Zeit wird dort diskutiert was zu tun. Unterstützung ist
auf
jeden Fall gefragt, besonders wenn die Kurse um 17uhr fertig sind.
ES SCHREIT NACH DEMO!!!
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BIG BROTHER SPORT
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Basellandschaftliche Zeitung 29.11.10
Für Hooligans ändert die Gerichtsinstanz
Thomas Dähler
Kantonale Abstimmung Der Polizeigewahrsam gegen Hooligans
wird
künftig durch eine neue Gerichtsinstanz überprüft.
Dagegen stimmten weniger als 5 Prozent.
Beschwerden wegen Polizeigewahrsams gegen Hooligans werden
in
Baselland künftig vom Zwangsmassnahmengericht überprüft:
Die dazu nötige Änderung der Kantonsverfassung wurde mit
84642 zu 4052 Stimmen angenommen. Die Stimmbeteiligung lag bei 48,82
Prozent.
Der Polizeigewahrsam ist eine Massnahme, die das
Hooligan-Konkordat vorsieht. Ausgesprochen wird er gegenüber
Personen, die wiederholt an Sportveranstaltungen Gewalt ausgeübt
haben und sich zuvor nicht durch weniger weit gehende Massnahmen eines
Besseren belehren liessen.
Von niemandem bestritten
Wird eine solche Massnahme angeordnet, muss sich die
betroffene
Person vor einer fraglichen Sportveranstaltung bei einer Polizeistelle
melden und dort bleiben, bis die Veranstaltung zu Ende ist. Die
Massnahme ist auf 24 Stunden beschränkt.
Gegen den Polizeigewahrsam können Betroffene eine
richterliche Überprüfung verlangen. Zuständig dafür
war im Baselbiet bisher ein Abteilungspräsidium des
Kantonsgerichts. Übertragen wird diese Aufgabe nun nach dem
Volksentscheid dem neuen Zwangsmassnahmengericht. Weil die
Kompetenzverschiebung eine Verfassungsänderung erforderte, war
dazu ein Urnengang nötig. Die Vorlage war jedoch von niemandem
bestritten. Die ebenfalls erforderliche Änderung des kanto- nalen
Polizeigesetzes hatte zuvor schon der Landrat ohne Gegenstimme
verabschiedet.
Schon 2009 beschlossen
Den Beitritt zum "Konkordat gegen Gewalt an
Sportanlässen",
wie das Hooligan-Konkordat heisst, hatte das Baselbieter Volk schon
2009 mit über 92 Prozent Ja-Stimmen gutgeheissen. Der
Polizeigewahrsam ist eine von mehreren Massnahmen, die im Rahmen des
Konkordats vorgesehen sind. Weil der Polizeigewahrsam von maximal 24
Stunden eine besonders einschneidende Massnahme darstellt, muss
zwingend eine richterliche Überprüfung vorgesehen werden.
---
nzz.ch 28.11.10
Neue Gerichtsinstanz für Hooligan-Gewahrsam in Baselland
(sda) Beschwerden wegen Polizeigewahrsams gegen Hooligans
werden
in Baselland künftig vom Zwangsmassnahmengericht
überprüft: Die dazu nötige Änderung der
Kantonsverfassung wurde mit 84'642 zu 4052 Stimmen angenommen. Die
Stimmbeteiligung lag bei 48,82. Prozent.
Gegen Polizeigewahrsam konnten Betroffene im Baselbiet
bisher ein
Abteilungspräsidium des Kantonsgerichts anrufen. Übertragen
wird dies nun dem neuen Zwangsmassnahmengericht. Weil die
Kompetenzverschiebung eine Verfassungsänderung erforderte, war
dazu ein Urnengang nötig. Die Vorlage war jedoch unbestritten.
Die ebenfalls erforderliche Änderung des kantonalen
Polizeigesetzes hatte zuvor schon der Landrat verabschiedet. Den
Beitritt zum Konkordat gegen Gewalt an Sportanlässen ("Hooligan-
Konkordat"), das als eine der Massnahmen einen bis zu 24-stündigen
Polizeigewahrsam vorsieht, hatte das Baselbieter Volk 2009 mit
über 92 Prozent Ja-Stimmen gutgeheissen.
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POLICE CH
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admin.ch 29.11.10
Arbeitsgruppe befasst sich mit der Zukunft der Polizei-Akademie
Savatan
Bern, 29.11.2010 - Der Chef des Eidg. Departements für
Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), Bundesrat Ueli
Maurer, hat eine gemischte Arbeitsgruppe Bund/Kantone eingesetzt, die
sich vertieft mit der zukünftigen Ausgestaltung der
Polizei-Akademie Savatan befasst.
Auf dem Waffenplatz St. Maurice-Lavey, Standort Savatan,
betreiben die
Kantone Waadt und Wallis gemeinsam mit der Armee (Militärische
Sicherheit) eine Polizei-Akademie. Die Zusammenarbeit basiert auf einem
bis Ende 2014 befristeten Vertrag. Die beteiligten Partner anerkennen
die wertvolle Aufbauarbeit, welche seit Gründung dieser Akademie
im Jahr 2004 geleistet wurde und wollen gestützt darauf eine
vertiefte Überlegung über die mittel- und langfristige
Zukunft dieser Institution vornehmen.
Die verantwortlichen Regierungsmitglieder von Bund und Kantonen
(Bundesrat Ueli Maurer, Staatsrätin Jacqueline de Quattro,
Staatsrätin Esther Waeber-Kalbermatten) sind demnach
übereingekommen, für die Vorbereitung dieser Entscheide eine
gemischte Arbeitsgruppe mit Vertretern von VBS sowie den Kantonen Waadt
und Wallis einzusetzen.
Die Arbeitsgruppe hat den Auftrag erhalten, gestützt auf
die
Ausbildungsbedürfnisse der beteiligten Partner Varianten für
die Zukunft der Polizei-Akademie Savatan aufzuzeigen. Die Arbeitsgruppe
wird von Yves Bichsel, Chef Stab Chef VBS, geführt und wird ihre
Arbeiten bis Ende Februar 2011 abschliessen.
Savatan - eine Schweizer Premiere
Die Polizei-Akademie Savatan hat eine Grundausbildung
entwickelt,
welche erstmalig in der Schweiz eine pädagogische Ausrichtung
berücksichtigt und für den zweisprachigen Sprachraum
(deutsch-französisch) konzipiert ist. Dies erlaubt es, den
Polizeiaspiranten/Polizeikandidaten die bestmöglichsten
Voraussetzungen zur Erlangung des eidgenössischen
Fähigkeitsausweises für Polizeibeamte zu schaffen.
Ausserdem bietet die Akademie die Möglichkeit, alle
Polizisten der
Korps, die Partner der Polizeiakademie sind, bei Änderungen der
Rechtsgrundlagen und anderer Aspekte der öffentlichen Sicherheit
weiterzubilden.
Zudem haben alle Organisationen, die mit Fragen der Sicherheit
konfrontiert sind (Banken, Post, Versicherungen, Öffentliche
Verwaltung etc.), die Möglichkeit, Kurse zu buchen, welche
Sicherheitsthemen am Arbeitsplatz behandeln (Aggressionen,
Überfall, allgemeine Gewalt, Krisenmanagement, usw.).
Die Polizei-Akademie Savatan pflegt, ausgehend von einem breit
ausgelegten Sicherheitsansatz, Partnerschaften mit ähnlichen
Institutionen in der Schweiz und im Ausland.
In einer gemeinsamen Stellungnahme vom 21. April 2010 haben sich
die
Regierungen der Kantone Waadt und Wallis dazu verpflichtet, alles zu
unternehmen um ihre Zusammenarbeit mit dem Bund weiterzuführen und
zu vertiefen. Auch über den 31. Dezember 2014 hinaus soll eine
qualitativ hoch stehende Grundausbildung für
Polizeiangehörige in Savatan sichergestellt werden.
Adresse für Rückfragen:
Martin Bühler
Sprecher VBS
Tel. 031 324 50 86
Herausgeber:
Eidgenössisches Departement für Verteidigung,
Bevölkerungsschutz und Sport
Internet: http://www.vbs.admin.ch
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DROGEN
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Spiegel 29.11.10
KOLUMBIEN
Drogenkrieg zu Wasser
Kolumbien: Das Geschäft mit den KokainTauchbooten -
ein
Aussteiger berichtet
Bühler, Alexander
Die südamerikanische Drogenmafia rüstet auf. Sie
lässt große Mengen an Kokain in selbstgebauten Tauchbooten
transportieren. Oftmals unbemerkt von Radar und Küstenwache,
bringen sie die Ware tonnenweise nach Mexiko.
Der Tag, an dem Gustavo Alonsos Leben als Drogenkurier
endete,
begann mit dem dumpfen Rattern eines Hubschraubers. Der Helikopter flog
genau über ihm, er kam rasch näher, das hörte Alonso,
irgendwann blieb der Hubschrauber einfach in der Luft stehen.
Unten, im Rumpf eines Tauchboots, das 600 Seemeilen vor
der
mexikanischen Küste lag, saß Alonso, zusammen mit drei
anderen Besatzungsmitgliedern und einem Bewacher der kolumbianischen
Drogenmafia, auf knapp 15 Quadratmetern zusammengepfercht. An Bord
hatten sie 3,5 Tonnen Kokain, Einkaufspreis etwa 8 Millionen Dollar,
auf den Straßen Miamis oder Washingtons war die Ware über 60
Millionen wert.
Die mexikanischen Kontaktleute, an die sie das Kokain
übergeben sollten, waren bereits vier Tage überfällig.
Ihr Schiff habe technische Schwierigkeiten, hatten sie gemeldet.
Zwölf Tage schon war die Besatzung unterwegs in dem kleinen
Tauchboot, in dem man kaum stehen und kaum gehen kann. Eine Glaskuppel,
die dauernd von Wellen überspült wird, war der einzige
Sichtkontakt zur Außenwelt. Ständig drückten sie sich
aneinander vorbei, spielten Karten oder dösten vor sich hin.
Gegen zehn Uhr dann hörten sie auf einmal einen
trockenen
Knall: Der Bordschütze des Helikopters über ihnen hatte ein
Stahlnetz abgeschossen, das sich um die Schiffsschrauben wickelte und
das Boot am Weiterfahren hinderte.
Sie hörten Lautsprecherdurchsagen, sie wussten, dass
schwere
Waffen auf sie gerichtet waren, dass sie keine Chance hatten. Sie
stellten die Maschinen ab, gingen hinaus und ergaben sich der
US-Küstenwache.
"Zuerst wollte ich mich umbringen", sagt Alonso, "doch
dann
begriff ich, dass ich so den Narcos, den Drogenhändlern, endlich
entkommen konnte." Im US-Gefängnis würden sie keine Macht
mehr über ihn haben. Ihn nicht mehr abholen können für
den nächsten Transport wie in den vergangenen Jahren.
Er wird wegen Drogenhandels verurteilt, verbringt Jahre im
Gefängnis, die ersten zwei in Isolationshaft. Seit seiner
Entlassung lebt er wieder in seiner Heimatstadt, sein altes Leben hat
er hinter sich gelassen. Die Menschen, mit denen er im Drogenhandel zu
tun hatte, sind entweder tot oder hinter Gittern.
Gustavo Alonso, 53, ist ein stämmiger kleiner Mann,
er steht
auf der Terrasse des Hotels Estación in der kolumbianischen
Hafenstadt Buenaventura, er blickt auf die Bucht vor ihm. Ein Labyrinth
aus Inseln mit verschlungenen Mangrovenwäldern und
Flussmündungen.
Alonso heißt nicht Alonso, sein wahrer Name darf
nicht
genannt werden. Die Drogenmafia mag es nicht, wenn ehemalige
Angestellte anfangen zu plaudern. Und hier in Buenaventura, dem Zentrum
der Drogenhändler an der Pazifikküste, ist das besonders
gefährlich. Drogenbanden wie die Rastrojos und die Aguilas Negras
führen in der Stadt seit Jahren einen Krieg um die Vorherrschaft
über die Transportrouten.
Die Armenviertel Buenaventuras mit ihren schäbigen
Holzhütten, an deren Wänden grauer Schimmel blüht, sind
ihre Rekrutierungsgebiete. Viertel, in denen es kaum Arbeit und nur
gelegentlich Strom und Wasser gibt. Viertel, die die Drogenmafia
kontrolliert und in denen sie ihre Fußsoldaten findet.
Vor wenigen Wochen gab es hier Tote, eine Frau wurde
ermordet,
zwei andere verschwanden spurlos, ein Racheakt der Narcos nach einem
fehlgeschlagenen Transport. Ein Schmugglerboot war vor der
Küstenwache geflohen und hatte dabei Fracht abgeworfen. Wenige
Tage später konnte die Polizei der Presse stolz die beschlagnahmte
Ladung präsentieren. Für die Narcos ein Verrat, dem
Vergeltung folgen muss.
Es gebe zwei Wege, in den Drogenhandel hineinzugeraten,
erklärt Alonso. Entweder weil man das schnelle Geld wolle, den
Coup seines Lebens, der das eigene Haus, die Rente oder die Ausbildung
der Kinder ermöglicht. Oder aber, weil man erpresst wird, nachdem
die Drogenmafia einem zuvor geholfen habe - so wie bei ihm.
Alonso hat das Kapitänspatent, er arbeitete jahrelang
auf
großen Fischereischiffen, bevor er Kokainboote durchs Meer
steuerte. Zusammen mit Frau und drei Töchtern lebte er in
Buenaventura, dann, so erzählt er, bekam seine Frau eine schwere
epileptische Erkrankung. "Die Ärzte sagten, sie müsse
dringend operiert werden, aber die Operation sollte 40 000 Dollar
kosten."
Das Geld hatte er nicht. Ein Bekannter habe ihm damals
zugesichert, man würde sich darum kümmern, er solle sich
keine Sorgen machen. Nach der Operation kam der Freund wieder auf ihn
zu und bat ihn nun selbst um einen Gefallen. Alonso ahnte, worum es
ging. Und sagte trotzdem zu. Hätte er ablehnen können? "Dann
stünde ich heute nicht hier", sagt er.
Es beginnt eine zweijährige Laufbahn als
Drogenschmuggler,
vier Trips unternimmt er insgesamt. Zunächst mit einem Kutter, der
von den Drogenhändlern bereitgestellt wird: Fünf Tonnen
Kokain lagern bei dieser allerersten Reise versteckt unter Fischen.
Alonso, der bekannte Kapitän, kommt unbehelligt an allen
Kontrollen vorbei. Am vereinbarten Treffpunkt vor der Küste
Mexikos übergibt er die Ware und kehrt nach Hause zurück.
Noch hat er die Hoffnung, dass die Narcos ihn nun in Ruhe
lassen.
Doch als er anlegt, warten sie schon auf ihn. "Sie lassen dich nie in
Frieden, es sei denn, die Polizei schnappt uns, oder wir kommen beim
Transport um." Sie drücken ihm ein paar Geldscheine in die Hand
und bringen ihn nach Hause. Er soll sich bereit- halten für die
nächste Mission, das Haus nicht verlassen. Wochenlang traut er
sich nicht rauszugehen.
Als er eines Nachts schließlich abgeholt wird, ist
er fast
erleichtert. Im Morgengrauen, nach stundenlanger Fahrt mit Auto und
Motorboot, erreicht die Truppe ihr Ziel: eine Insel im
Mangrovendickicht der Küste. Vom Boot aus sieht Alonso eine jener
Werften, von denen man sich in Buenaventura immer wieder erzählt
hat. Hier werden aus Fiberglas Tauchboote zusammengebaut, für den
Kokaintransport, im Dschungel unter freiem Himmel konstruiert.
Ein bewährtes System der Narcos: Auf dem Meer sind
die Boote
kaum zu sehen, das Radar kann sie nicht erfassen. Nur aus der Luft sind
ihre Umrisse zu erkennen. Einzig Wärmebilder der
Luftüberwachung können sie verlässlich orten. Doch auch
dieses Problem beheben die Drogenhändler schnell: Sie versehen die
Boote mit dicken Rohren am Rumpf. So werden die Abgase nach außen
geführt, wobei sie durch das Meerwasser abkühlen. Ein Drittel
des Kokains für den US-Markt wird inzwischen mit Tauchbooten
transportiert.
"Ich hatte Angst, als sie mir das Boot zeigten", sagt
Alonso. Mit
Schiffen kannte er sich aus, da konnte er immer wieder aufs Deck
treten, aufs Meer schauen. Nun aber sieht er, wie klein das Tauchboot
ist, wie zerbrechlich, wie eng es darin werden würde. Im Rumpf
lagern schon zehn Tonnen Treibstoff, Dosenessen, Wasserkanister. Und
dreieinhalb Tonnen reines Kokain. Gegen Einbruch der Nacht muss die
gesamte Besatzung einsteigen.
Das Boot ist dreigeteilt: Die Luke im Bug führt in
den kaum
meterhohen Laderaum. Auf Knien robbt die Mannschaft an den
Rauschgiftpaketen vorbei, weiter zum Steuerstand und den Schlafstellen.
Alonso stellt sich ans Steuerrad, neben ihm ein GPS-Gerät zur
Navigation und ein Funkgerät. Unter den Bettgestellen liegen die
Dieseltanks. Hinter ihm befindet sich der Maschinenraum mit zwei
Turbodieselmotoren. Kein Licht, keine Toiletten, gerade mal genug
Platz, um zu stehen oder zu schlafen.
Um 20 Uhr ist die Flut hoch und die Nacht dunkel genug.
Das
Meerwasser zerrt am Tauchboot. Ein Schnellboot schleppt sie vor die
Küste, dort werfen sie die Motoren an. Sie beschleunigen auf
zwölf Knoten, Kurs 270 Grad, Richtung Westen, gen Hochsee. An der
Tür zum Maschinenraum steht der Bewacher, den die Drogenmafia bei
jedem Transport der Besatzung zur Seite stellt, bewaffnet mit einem
Revolver und einem Sturmgewehr. Im Tauchboot herrscht eine unglaubliche
Hitze durch die Motoren, die der Luft den Sauerstoff entziehen und sie
mit Kohlenmonoxid anreichern - trotz Lüftungsrohren. "Man hat
ständig das Gefühl zu ersticken", sagt Alonso. "Alle vier
Stunden verringerten wir die Geschwindigkeit von zwölf auf sechs
Knoten. Dann machten wir genau für eine Minute die Luke vorn auf,
ließen frische Luft hinein und beschleunigten sofort wieder."
Schichtweise wechselt sich die vierköpfige Besatzung
ab,
immer wieder kontrolliert Alonso die Route. Auf hoher See hat ihm der
Mann mit dem Sturmgewehr einen Zettel gegeben, auf dem die Zielposition
verzeichnet ist. Zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Tag,
müssen sie dort ankommen.
Nach seiner Schicht versucht jeder zu schlafen - doch der
Geruch
und die Geräusche an Bord machen das unmöglich. Nur trinken
müssen alle. Literweise läuft ihnen der Schweiß den
Körper hinunter. Ihr Hauptnahrungsmittel ist konzentrierte Milch,
die peruanische "Leche Gloria". Durch die Fäkalien, die
während der Fahrt nicht entsorgt werden können, entsteht ein
unglaublicher Gestank.
Hunderte solcher Boote hat Kolumbiens Drogenmafia in den
vergangenen Jahren bauen lassen, nur 53 davon konnte die Polizei
dingfest machen, 20 allein im vorigen Jahr. Der Transport ist
äußerst lukrativ: Etwa eine halbe Million Dollar kostet der
Bau eines Tauchboots, der Marktwert der Ladung kann mehr als das
Hundertfache betragen. Oft versenken die Drogenschmuggler ihr Boot nach
erfolgter Lieferung, Dutzende der Einweg-Schiffe sollen am Meeresboden
vor der Küste von Mexiko liegen.
Der Bau und die Nutzung der Boote wird mittlerweile mit
hohen
Geldstrafen geahndet. Findet die Küstenwache auch noch Drogen an
Bord, kommen die Schmuggler 8 bis 14 Jahre ins Gefängnis.
Transporteure zu finden ist trotzdem nicht schwer.
Es ist eine gefährliche Mission, auf die sie sich
einlassen.
Der kleinste Konstruktionsfehler kann tödlich sein,
schließlich befindet sich das Boot in der Regel 1500 Kilometer
von der Küste entfernt. Wenn die dünne Hülle breche, sei
alles vorbei, sagt Alonso. Er hat von mehreren Besatzungen gehört,
die als Drogenkuriere unter Wasser ihr Leben ließen, erstickten
oder ertranken. "Selbst wenn man es durch die Luke an die
Meeresoberfläche schafft, man ist mitten auf dem Meer, ohne
Schwimmweste oder Rettungs-boot."
Alonsos erste Fahrt mit dem Tauchboot dauert fünf
Tage, ohne
Zwischenfälle erreicht er das Ziel. Er schleicht sich unter dem
Radar und an den Sonargeräten der Kolumbianer vorbei. Alonso kennt
die Lücken der Überwachung. Nach zehn Tagen treffen sie am
Zielort vor der mexikanischen Küste ein. Per Funk senden sie auf
einer vereinbarten Frequenz die Codewörter. Als die Sportyacht der
mexikanischen Narcos anlegt, öffnen sie die Luke und stürzen
sich ins Wasser, um den Gestank der vergangenen Tage loszuwerden.
Danach verladen sie vier Stunden lang die Kokainpakete auf
das
andere Schiff, 20 bis 40 Kilogramm ist jedes einzelne schwer. Im
Gegenzug erhalten sie 40 Ballen Geldscheine, insgesamt acht Millionen
Dollar in 20-Dollar-Noten. Geld, das sie ihrem kolumbianischen
Auftraggeber übergeben müssen. Ihr eigener Lohn für die
Überfahrt liegt irgendwo zwischen 30 000 und 100 000 Dollar. Auch
Alonso bekommt Geld, aber weit weniger, weil seine alten Schulden
verrechnet werden. Für ihn haben sich die Transporte nie gelohnt.
Geld ist der Treibstoff in diesem Geschäft, viel
Geld. In
Kolumbien kostet ein Kilogramm Kokain etwa 2500 Dollar, in Europa sind
es 30 000 Dollar. Allein bei der Durchsuchung eines einzigen
Geldverstecks des Drogengangsters "El Loco" Barrera fand die
Staatsanwaltschaft vor einigen Monaten 29 Millionen Dollar und 17
Millionen Euro.
Geschätzte fünf Millionen Kolumbianer sollen
direkt
oder indirekt mit dem Drogenhandel zu tun haben. Der Kampf wird deshalb
an vielen Fronten geführt gegen die Rebellen der Farc, die nicht
nur politischer Gegner der Regierung, sondern auch größter
Drogenlieferant des Landes sind. Mit Hubschraubern der Polizei, die aus
der Luft durch den gezielten Abwurf von Brandgranaten Kokainküchen
im Dschungel niederbrennen. Und mit Flugzeugen, die das Pflanzengift
Glyphosat in blauen Wolken auf Coca-Anbaufelder ausbringen. 7500 Hektar
Anbauflächen haben die Kolumbianer allein in einem Gebiet der Farc
seit November 2009 so vernichtet.
Seit Jahren kooperiert die Regierung mit der
amerikanischen
Drogenfahndungsbehörde DEA. Die Amerikaner haben dem Land Amts-
und Finanzhilfe in Milliardenhöhe zukommen lassen. Die
Fortschritte bei der Drogenbekämpfung in Kolumbien seien
unübersehbar, sagt Jay Bergman, regionaler Leiter der DEA. Die
Kolumbianer seien mittlerweile so gut, dass die Drogenmafia ihre
Produktion demnächst wohl nach Bolivien, Peru und Ecuador
verlagern werde: "In diesen Ländern haben die Behörden noch
nicht genügend Erfahrung mit den Methoden, der technischen
Ausrüstung und der Raffinesse der Drogenschmuggler."
Eine Razzia im benachbarten Ecuador bestätigte vor
kurzem
Bergmans Prophezeiungen. Im Juli fand die Polizei dort in der Nähe
der kolumbianischen Grenze ein echtes U-Boot: 30 Meter lang, mit
Periskop und Elektromotoren, wohl bis zu 20 Meter Tiefe
tauchfähig. Ein Boot, das im Gegensatz zum Tauchboot Alonsos von
Ingenieuren gebaut wurde und nur von ausgebildeten U-Boot-Fahrern
gesteuert werden kann. Geschätzte Baukosten: vier Millionen
US-Dollar.
Er habe alles verloren durch den Drogenschmuggel, sagt
Alonso
heute, seine gesamte Existenz. Er lebt von der Rente seines
80-jährigen Vaters. In seinem Haus in Buenaventura sind die
Dachbalken faul, sie müssten ausgetauscht werden, aber Alonso kann
sich das nicht leisten. Er knüpft jetzt Netze, er will Fischer
werden. Das wäre dann sein drittes Leben, nach dem des
Kapitäns und des Drogenkuriers unter Wasser.
An die angeblichen Erfolge der Anti-Drogen-Einheiten
seines
Landes glaubt er nicht. "Solange jemand konsumiert, gibt es jemanden,
der Kokain produziert. Jemanden, der es transportiert, jemanden, der es
verkauft", sagt er. "Und Idioten wie mich, die sich für diesen
Dreck hergeben."
---
Sonntagszeitung 28.11.10
Ein Höllentrip für das Hirn
Wer extensiv Kokain und Methamphetamin zu sich nimmt,
schadet
sich gewaltig - das zeigt eine neue Studie
Wer regelmässig Drogen wie Kokain oder Methamphetamin
(Meth,
Crystal) konsumiert, der zermatscht seine Birne. Und je länger die
Abhängigkeit besteht, desto stärker lassen sogenannte
exekutive Funktionen wie das Planen, die Impulskontrolle oder die
Aufmerksamkeitssteuerung nach. Dies ist das ernüchternde Fazit
einer Studie mit knapp 300 Drogenkonsumenten, die letzte Woche an der
Jahrestagung der Society for Neuroscience in San Diego präsentiert
wurde.
Schon seit einiger Zeit weiss man, dass der Konsum von
Stimulantien wie Koks oder Meth gewisse Hirnfunktionen
beeinträchtigt. Unklar war aber, ob diese "exekutiven
Dysfunktionen" schon vor der Abhängigkeit bestanden und
möglicherweise den Drogeneinstieg gefördert hatten oder ob
sie eine Konsequenz des Missbrauchs sind.
Noch ist nicht klar, ob die Schäden irreversibel sind
Ein Team um die Psychologin Martina Reske von der
University of
California San Diego verglich deshalb drei verschiedene Gruppen von
Drogenkonsumenten: gelegentliche Nutzer, Kurzzeit- und
Langzeit-Abhängige.
Für ihre Studie liess Reske alle Probanden drei
verschiedene
neuropsychologische Untersuchungen absolvieren: den Trail-Making-Test,
bei dem man möglichst schnell zufällig angeordnete Zahlen und
Buchstaben in der richtigen Reihenfolge verbinden muss; den
Karten-Sortiertest, bei dem man Spielkarten mit verschiedenen
Musterformen, Farben und Anzahl der Muster richtig sortieren muss; und
den Farben-Wörter-Interferenz-Test, bei dem man die Farben der
Buchstaben und nicht die geschriebenen Wörter benennen muss.
Praktisch keine Schwierigkeiten hatten die gelegentlichen
Konsumenten mit den drei Prüfungen; einzig beim
Farben-Wörter-Interferenztest machten sie mehr Fehler (bei
gleicher Geschwindigkeit) wie eine Kontrollgruppe. Beim gleichen Test
waren die erst seit kurzem Abhängigen langsamer und machten
deutlich mehr Fehler als die Vergleichspersonen. Das deutet laut Reske
auf eine verminderte kognitive Flexibilität hin. Die
Langzeit-Abhängigen schnitten bei allen drei Untersuchungen
schlecht ab. Beim Trail-Making-Test sank die Leistung dieser Gruppe
sogar mit der kumulierten Dosis: Je länger von Koks und Meth
abhängig, desto mieser die Leistung.
Generell gilt: In den ersten fünf Jahren verlieren
extensive
Kokain- und Methamphetaminkonsumenten rund 20 Prozent ihrer kognitiven
und exekutiven Fähigkeiten. Bei fortgesetztem Missbrauch
verschlechtert sich die Leistung weiter und erreicht erst nach rund 16
Jahren ein Plateau. Der Verlust der kognitiven und exekutiven
Fähigkeiten, folgert Reske, sei also die Konsequenz des exzessiven
Drogenkonsums und nicht dessen Ursache.
Ungeklärt ist die Frage, ob die kognitiven Defizite
rückgängig gemacht werden können, wenn ein
Langzeitkonsument von den Drogen wegkommt, oder ob die Schäden
irreversibel bleiben. Genau dieser Frage will Reske, die nun am
Forschungszentrum Jülich bei Aachen arbeitet, in einer
nächsten Studie nachgehen: "Es ist aber unglaublich schwierig,
eine genügend grosse Gruppe von Ex-Konsumenten zu finden."
Nik Walter
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Südostschweiz 28.11.10
Kanton St. Gallen als Cannabis-Labor
St. Gallen. - Seit zehn Jahren werden jugendliche Kiffer
im
Kanton St. Gallen, die erwischt werden, nicht verzeigt, sondern nur
gebüsst. Die schweizweit einzigartige Regelung stiess der
Jugendanwaltschaft sauer auf. Darum fordert sie, minderjährige
Kiffer wieder zu verzeigen, um Problemfälle frühzeitig zu
erkennen. Per 1. Januar 2011 treten nun härtere Regeln in Kraft.
Junge Cannabis-Konsumenten, die ertappt werden, erhalten eine
Verzeigung und müssen mit ihren Eltern bei der Suchtfachstelle zu
einem Gespräch erscheinen. Seite 7
--
Härtere Zeiten für jugendliche Kiffer
Wer Cannabis raucht, soll nur eine Busse zahlen: Was
schweizweit
diskutiert wird, ist in St. Gallen Standard. Jetzt werden
minderjährige Kiffer wieder verzeigt - um Problemfälle
früh zu erkennen.
Von Urs-Peter Zwingli
St. Gallen. - Volksdroge Cannabis: In der Schweiz
zünden
sich - je nach Erhebung - zwischen 300 000 und 500 000 Personen
regelmässig einen Joint an. Eine nicht unerhebliche
Bevölkerungsgruppe also, die bisher mit einem Strafverfahren
rechnen musste. Jetzt hat die Politik umgeschwenkt: Die
Gesundheitskommission des Nationalrats hat sich Mitte Oktober
dafür ausgesprochen, Kiffer zukünftig wie Falschparkierer zu
bestrafen. Das heisst, dass eine Ordnungsbusse bezahlt, wer mit einer
kleinen Menge Cannabis erwischt wird. Weiter aber passiert nichts:
keine Verzeigung, keine Strafverfolgung.
St. Gallen als Cannabis-Labor
Was schweizweit als neu gilt, ist im Kanton St. Gallen
längst Standard. "Seit dem Jahr 2000 haben wir eine entsprechende,
kantonal einheitliche Regelung", sagt Thomas Hansjakob, Erster
Staatsanwalt des Kantons St. Gallen. Demnach werden banale
Verstösse gegen Bundesrecht - dazu gehören etwa das
Betäubungsmittelgesetz, das Ausländergesetz und weitere
Gesetzestexte - vom Kanton mit Ordnungsbussen sanktioniert. "Wir sparen
uns dadurch viel Aufwand", lautet Hansjakobs Begründung.
Wenn man so will, war St. Gallen das Labor für die
Cannabis-Regelung, die nun für die ganze Schweiz eingeführt
werden soll. Gespannt auf die Ergebnisse dieses 10-jährigen
"Versuchs" waren anscheinend auch Journalisten der Sendung "10 vor 10".
Sie begleiteten vergangene Woche Stadtpolizisten, die jugendliche
Kiffer filzten und mit einer Busse abfertigten. Ein Suchtexperte der
Uni Zürich kritisierte im Beitrag, dass so Minderjährige, die
einen problematischen Cannabis-Konsum aufweisen, durch die Maschen des
Präventionsnetzes fielen.
Laut Hansjakob können heute tatsächlich
Jugendliche
zwischen 15 und 18 Jahren von der Bussenregelung profitieren - sie
zahlen, müssen sich aber nicht vor der Jugendanwaltschaft und auch
nicht vor der Suchtfachstelle verantworten. Esther Beyeler,
Jugendanwältin des Kantons St. Gallen, ist "nicht glücklich"
damit, dass diese Altersgruppe deswegen kaum greifbar ist. "Auch
Jugendliche in diesem Alter sind durch Drogen noch immer in ihrer
Entwicklung gefährdet", sagt sie. Die Jugendanwälte
begrüssen es, dass auch Kiffer von 15 bis 18 Jahren wieder
standardmässig verzeigt werden - wie es bei unter 15-Jährigen
(oder bei minderjährigen Konsumenten harter Drogen) bereits heute
der Fall ist.
"Polizisten haben Kompetenz"
Diese neue, härtere Regelung für
minderjährige
Cannabis-Konsumenten tritt per 1. Januar 2011 in Kraft. Sie wird
Bestandteil der kantonalen Verordnung zur neuen Strafprozessordnung
(StPO) sein.
Hansjakob lässt im Gespräch durchblicken, dass
er die
bisherige Regelung als ausreichend erachtet. "Bisher entscheiden die
Polizisten an der Front, ob ein Jugendlicher verzeigt wird, also einer
genaueren Abklärung unterzogen werden muss." Die Polizisten
verfügten dafür über genügend "Kompetenz und
Menschenkenntnis", sagt Hansjakob.
Eine solche Verzeigung hat in der Regel auch heute kein
Strafverfahren zur Folge. Die Jugendlichen und ihre Eltern erhalten
eine Einladung, auf der Suchtfachstelle St. Gallen zu einem
Gespräch zu erscheinen. Wer nicht auftaucht, wird strafrechtlich
belangt. Der Suchtfachstelle werden im kommenden Jahr von den
Behörden, durch die härtere Regelung viele Jugendliche mehr
zugeführt. Für einen allfälligen Ansturm sei man aber
gerüstet, sagt Leiterin Barbara Hausherr. Zudem hätten
Jugendliche, die bei der Suchtfachstelle einen entsprechenden
Präventionskurs absolvieren, eine "sehr tiefe Rückfallquote".
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RAUSCH-KNAST
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Blick am Abend 29.11.10
Hotel Schwips
PROST
Betrunkene könnten bald in einer speziellen Zelle
aufwachen.
Mit teuren Folgen.
michael.graber@ringier.ch
Über 400 Personen im Kanton mussten im letzten Jahr
wegen
Alkoholvergiftungen behandelt werden. Darum prüft der Kanton
Luzern nun, zentrale Ausnüchterungszellen einzuführen.
"Für das Kantonsspital wäre das eine grosse
Entlastung", schreibt die Luzerner Regierung in einer Antwort auf einen
Vorstoss von Lathan Suntharalingam (SP).
Dies, weil die betrunkenen Patienten "sehr grosse Unruhe
in den
Betrieb bringen, häufig aggressiv sind und andere Patienten
belästigen". Es komme auch immer wieder vor, dass die Trunkenbolde
gefesselt werden müssen, da sie das Personal bedrohen. In der
Tendenz gebe es immer mehr Problemfälle. Eine eigene zentrale
Ausnüchterungsstelle hat der Kanton Zürich bereits
eingerichtet. Luzern will nun den Schlussbericht dieses Pilotprojekts
abwarten und dann entscheiden, ob und wo man das auch in der
Zentralschweiz umsetzen könnte.
Ebenfalls soll abgeklärt werden, wer das
Ausnüchtern
bezahlen soll: "Es scheint uns richtig, die Kosten den Betrunkenen in
Rechnung zu stellen", so die Luzerner Regierung. Eine
Überwälzung der Kosten auf die Partyveranstalter lehnt der
Regierungsrat hingegen ab.
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SQUAT GE
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Tribune de Genève 29.11.10
Le cortège des cyclistes affronte la police
Thierry Mertenat
La Critical Mass s'est mal terminée vendredi soir.
Quatre
gendarmes blessés et deux interpellations
La tradition veut que le défilé des
cyclistes,
chaque dernier vendredi du mois, achève son parcours au
centre-ville, du côté du parc des Bastions. Les quelque
300 participants ont vécu une fin en cul-de-sac le
26 novembre sur le coup de 20 h. En tête de peloton,
un groupe de meneurs désireux de dérouter la manif aux
abords de l'ancien squat de Grange-Canal, sur la commune de
Chêne-Bourg, dans le but apparemment de le réinvestir.
C'est là, non loin du chemin des Tulipiers, que
commence
la confrontation avec les forces de l'ordre. Jets de pierres et de
bouts de bois. La police fait front et engage son canon à eau.
Quatre gendarmes, touchés par des projectiles, doivent recevoir
des soins. D'autres chargent. Dix jeunes interpellés, deux
ramenés au poste, poursuivis pour émeute.
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20 Minutes 29.11.10
Des alternatifs genevois tentent un putsch
Des militants de Critical Mass, un groupe issu de la
mouvance
alternative genevoise, ont tenté de reprendre possession d'un
ancien squat du quartier de Grange-Canal, vendredi soir. Aussitôt
délogés par la police, les militants se sont
rebellés. Ils ont lancé des pierres et d'autres objets
sur les forces de l'ordre. Ces dernières ont directement
répliqué au moyen d'un canon à eau et de gaz
lacrymogène.
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20 Minutes 29.11.10
Rhino l'emporte
Squat. Les propriétaires de Rhino, squatté pendant
vingt
ans, exigeaient 21 millions de francs à l'Etat pour cause
d'"expropriation matérielle". La justice a rejeté leur
demande, selon une information de la "Tribune de Genève".
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TRANSMURDER
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Radio Corax (Halle) 29.11.10
Transmurder Monitoring Projekt - Gespräch mit Jan Hutta
Das Transmurder-Monitoring Projekt erfasst seit 1 1/2 Jahren
Morde an
Transmenschen. Allein in diesem Zeitraum sind über 400 Menschen
Opfer transphober Gewalt geworden. Oft sind diese Morde Hassverbrechen,
denen als Motive Homophobie, Machotum, Rassismus oder religiöse
Intoleranz zu Grunde liegen. Sie gehen häufig mit Folter einher.
Das wissenschaftliche Projekt Transmurder-Monitoring versucht diese
Morde zu dokumentieren. Radio Corax sprach mit Jan Hutta, er ist
Forscher im Transmurder-Monitoring Projekt.
http://www.freie-radios.net/mp3/20101129-transmurder-37638.mp3
Mehr Infos: http://www.transrespect-transphobia.org/
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GEFANGENEN-INFO
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Indymedia 29.11.10
Interview mit den Gefangenen Thomas Meyer-Falk
AutorIn : Thomas Meyer-Falk: http://www.gefangenen.info
Thomas Meyer-Falk, seit 1996 in der BRD eingesperrt ist, wurde
mit der
Redaktion des Gefangenen Info (GI) zu Knastarbeit und -privatisierung
interviewt.
Mehr: http://ch.indymedia.org/de/2010/11/79004.shtml
---
http://www.freedom-for-thomas.de
thomas meyer-falk
zur zeit
c/o jva bruchsal
schönbornstrasse 32
d 76646 bruchsal
deutschland
am 15. mai 1971 geboren, sitze ich seit der festnahme 1996 in
haft,
erst in isohaft in stuttgart stammheim bis frühling 1998, dann
etwas "gelockert" im bayrischen straubing, seit herbst 1998 in isohaft
in bruchsal. verurteilt wurde ich 1997 wegen eines bankraubs mit
geiselnahme, anlässlich dessen geld für legale und illegale
linke politische projekte organisiert werden sollte. ich bin ein so
genannter red-skin / rash = red & anarchist skinhead und da ich
mich mitunter deutlich ausdrücke, erfolgten 2000 und 2004 weitere
verurteilungen wegen nötigung, beleidigungen, bedrohungen - wie
die juristen es nennen - "zum nachteil" von vollzugsjuristen, richtern,
staatsanwälten, sowie ein paar politikern (u.a. bundeskanzler
schröder, bayrischer innenminister beckstein, hessischer
ministerpräsident koch).
insgesamt stehen 16 jahre 9 monate und drei wochen
freiheitsstrafe an
(ende 2013) und danach sicherungsverwahrung, d.h. eine entlassung ist
unabsehbar.
ein wort zu der geiselnahme an dieser stelle: auch wenn es
schlussendlich darum geht für eine bessere, eine freiere welt
einzutreten, letztlich also eine gesellschaftsform die ohne gewalt
auskommt, sehe ich keinen anlass das was ich getan habe zu bereuen, so
schockierend das erlebnis für die geiseln in der bank auch war
(physisch wurden sie nicht verletzt, aber die bedrohung mit
schusswaffen über einige stunden hinweg, war unzweifelhaft ein
psychischer schock). es ist nicht leicht die richtigen worte zu finden
(zumal alles was ich schreibe erst über die zensur der
gefängnisleitung geht); es geht weder um die marginalisierung der
seelischen verletzungen der geiseln, noch um eine heroisierung dessen
was ich getan habe. das ich nicht "bereue" warf mir schon 1997 das
gericht vor, das mich verurteilte ... am ende bleibt vielleicht nur -
schweigen!?
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RECHTSEXTREMISMUS
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Spiegel 29.11.10
POLEN
Eine bizarre Tat
Polen: Die Hintermänner des Auschwitz-Raubs
Puhl, Jan
Vor einem Jahr raubten Kriminelle den Schriftzug "Arbeit
macht
frei" aus dem KZ Auschwitz. In Krakau kommen nun ein schwedischer
Ex-Nazi und ein polnischer Bauunternehmer vor Gericht.
Zehntausende sind unter diesem zynischen Schriftzug
hindurch in
den Tod gegangen - und jetzt streift sich Aleksandra Papis, die
Chefkonservatorin im Museum Auschwitz, OP-Handschuhe über, bevor
sie die Lettern aus Blech berührt. Behutsamkeit ist bei ihr das
oberste Gebot.
Papis und ein Kollege heben das erste Fragment aus einer
Holzkiste: "ARBEIT". Es ist angekratzt. Das zweite Bruchstück -
"MACHT" - ist schwer verbogen, beim "FREI" ist das I abgebrochen.
Papis überwacht die Reparatur des Schriftzugs.
Ausgerechnet
zwei Gasrohre hatte der polnische Häftling Jan Liwacz 1940
zurechtgebogen und dazwischen die 15 aus Blech gestanzten Buchstaben
geschweißt. Das B brachte er falsch herum an, ein winziger Akt
des Widerstands.
70 Jahre später haben Diebe sein Werk zerstört:
Vier
Kleinkriminelle brachen vor fast einem Jahr nachts in die
KZ-Gedenkstätte Auschwitz ein, rissen den Torbogen aus der Fassung
über dem Haupteingang, zersägten ihn und schafften ihn davon.
Eine bizarre Aktion. Drei der Täter sitzen bereits verurteilt im
Gefängnis.
Nun geht es um die Drahtzieher. Ein Bauunternehmer aus der
Nähe von Toruń und ein Schwede haben gestanden, die Organisatoren
des Diebstahls zu sein. Die Staatsanwaltschaft in Krakau teilte
vergangenen Donnerstag mit, sie habe Anklage erhoben.
Was treibt Menschen an, solch eine Tat zu begehen? Sind es
Neonazis, Sammler von NS-Devotionalien oder Geschäftemacher? Und
steckt tatsächlich ein Millionär aus der rechtsradikalen
Szene Schwedens hinter allem?
Aleksandra Papis erinnert sich noch genau an den Morgen
des 19.
Dezember vor einem Jahr. Es war kalt, Schnee lag im Eingang zum
Stammlager Auschwitz I, eine Trittleiter stand herum. Die Bande, es
waren vier Männer aus der Umgebung von Czernikowo bei Toruń, hatte
leich-tes Spiel gehabt. Nachts ist es stockdunkel zwischen den
ehemaligen Lagergebäuden.
Zwei Schrauben mit Sechskant-Muttern hielten den Torbogen
in der
Fassung, er ist leicht abzumontieren: Das Eingangstor ist bis heute die
einzige Zufahrt für die Feuerwehr. Nur gelegentlich
patrouillierten Wachleute. Bis zu jener Dezembernacht schien es absurd,
dass jemand hier einbrechen würde - in diese Anlage mit dem
allgegenwärtigen Stacheldraht, den Wachtürmen, der
Erschießungswand bei Block 11, dem Galgen gleich am Eingang
rechts und der Gaskammer neben dem Hauptgebäude.
Als Papis den Tatort erreichte, war die Spurensicherung
schon da:
"Das ist kein Diebstahl, das ist eine Entweihung", sagte ein
Museumssprecher.
Papis ist eine schlanke Frau von 32 Jahren, sie hat in
Krakau
Restaurierung studiert. "Auschwitz ist eine besondere Herausforderung",
sagt sie: "Wir haben gelernt, Kunstwerke zu erhalten. Hier müssen
wir alte Schuhe, Koffer oder Zahnbürsten konservieren."
Ein großer Teil des Stammlagers waren zunächst
Kasernen, später wurden viele Gebäude von halbverhungerten
Zwangsarbeitern und Häftlingen errichtet. Die Ziegel und
Dachpfannen sind Billigprodukte aus jener Zeit.
Den Torbogen mit dem Schriftzug "Arbeit macht frei" hatten
die
Diebe über den Boden geschleift, rund 50 Kilogramm ist er schwer
und gut fünf Meter breit. Sie knickten ihn, bis er brach, und
bugsierten ihn dann durch eine Lücke in der Betonmauer, hinter der
heute die Schnellstraße nach Krakau verläuft.
Papis hat sich an verschiedene Technische
Universitäten
gewandt, um Hilfe bei der Restaurierung zu bekommen. Das Metall zu
schweißen und wieder in die alte Form zurückzubiegen ist
nicht einfach, es ist im Lauf der Zeit bröcklig geworden. Die
Krakauer Bergbau-Akademie fertigte eine Röntgenanalyse an, um die
Zusammensetzung des Stahls zu bestimmen.
Die Täter konnte ein mobiles Einsatzkommando 70
Stunden nach
dem Einbruch in Czernikowo festnehmen: die Brüder Lukasz und
Radoslaw M. sowie Andrzej S., der wegen seiner dicken Brille den
Spitznamen "Linse" trägt, und einen Mann, den seine Kumpane
"Lerche" rufen.
Alle vier waren in Czernikowo als Trinker und Einbrecher
bekannt.
Der kleine Ort ist überschaubar. Ein Dorfplatz mit einem Denkmal,
das an die 750-Jahr-Feier erinnert, ein künstlicher Weiher, ein
Restaurant, auf Hochzeiten spezialisiert. Gleich daneben liegt ein
Waldstück, Trampelpfade durchziehen das Gehölz. Hier hatten
die Diebe die Beute versteckt. Ihre Schuld war so eindeutig, dass die
Verteidigung einen Prozess vermied und das Strafmaß akzeptierte:
zwischen 18 und 30 Monaten. Nur gegen Linse wird noch verhandelt.
Wer aber waren die Auftraggeber? Einer von ihnen wohnte
nicht
weit vom Wäldchen entfernt, in seinem dreistöckigen,
weiß verputzten Haus: Marcin A. Dessen Vater hütet jetzt das
Anwesen, auch um die Enkeltochter kümmert er sich, während
sein Sohn in Krakau im Gefängnis sitzt.
"Marcin war immer ein guter Junge", sagt der Alte. Und
überhaupt: "Was ist eigentlich passiert? Die haben doch nur
Altmetall gestohlen."
Die Idee war wohl in Schweden gereift. Dort hatte A.
Arbeit
gesucht. Ins Ausland gehen viele aus Dörfern wie Czernikowo. Von
5000 Einwohnern jobben 1200 fern der Heimat, schätzt der Pfarrer.
A. kam mit einer Geschäftsidee aus Skandinavien
zurück:
Er kaufte in Polen billig Beton, Bauholz und Fliesen und exportierte
das Material nach Schweden. Außerdem stellte er Arbeitsbrigaden
zusammen, die er von Swinemünde oder Danzig aus nach Stockholm
verschiffte. Die Firma hatte 25 Angestellte, sogar die Eltern bezogen
vom Sohn Gehalt. Seine Ehefrau ist die Tochter des pensionierten
Polizei-Kommandanten von Czernikowo, seine Schwiegermutter leitete
früher das örtliche Postamt. Eine polnische Provinzkarriere
mit standesgemäßem Familienhintergrund.
Als zweiter mutmaßlicher Drahtzieher sitzt der
Schwede
Anders Högström in einem Krakauer Gefängnis. Er galt
einst als einer der führenden Männer in Schwedens rechter
Szene, schien später aber bekehrt. Richtig gelöst von den
Nazis hat er sich wohl nie. Polen ließ ihn im Februar von der
schwedischen Polizei verhaften und später per Hubschrauber nach
Krakau bringen.
Kennengelernt hatten sich A. und Högström vor
etwa zwei
Jahren in Schweden, und irgendwann haben die beiden gemeinsam Auschwitz
besucht. "Für wie viel kann man das wohl verkaufen?", soll A. den
Schweden gefragt und auf den Schriftzug über dem Lagereingang
gezeigt haben. Geld brauchten beide: der junge, ehrgeizige polnische
Unternehmer und sein schwedischer Freund, der angeblich geläuterte
Nazi.
Högströms Lebensweg beginnt in Karlskrona,
Südschweden, einer malerischen Festungsstadt. Sie war vor mehr als
zehn Jahren eine Hochburg der Neonazis. Auf dem Markt marschierten
junge Männer in Bomberjacken auf, unter ihnen Anders
Högström, damals ein 18-Jähriger mit Hitler-Scheitel. Er
besaß keinen Schulabschluss, war aber Mitbegründer der
"Nationalsocialistisk Front" und schwedischer Jugendmeister im
Gewichtheben. 1998 führte ihn das Stockholmer "Aftonbladet" als
einen der vier gefährlichsten Neonazis des Landes.
Doch Anders Högström stieg aus, heiratete, wurde
Vater.
Aber die Ehe zerbrach. Einer neuen Liebe wegen zog er nach Stockholm.
Die Freundin, die Högström vor fünf Jahren in einer
Kneipe kennengelernt hatte und die ihn in die Hauptstadt führte,
heißt Sofie Lindgren. Sie stammt aus Sri Lanka, wurde von
schwedischen Pflegeeltern adoptiert und ist heute eine zierliche
Schönheit von 26 Jahren. Sie hat Psychologie studiert und ist
Jobvermittlerin im Arbeitsamt.
In Stockholm suchte Högström Kontakt zu einem
alten
Bekannten: dem Millionär Lars-Göran Wahlström. Der ist
in Nazi-Kreisen Schwedens eine Autorität. Wahlström stellte
dem Paar eine Wohnung im schicken Stadtteil Kungsholmen zur
Verfügung.
Högström und Freundin waren oft in
Wahlströms
gelber Villa auf der Schäre Vaxholm zu Gast, in Schwedens
teuerster Wohngegend. Die Fassade strahlt Idylle aus, doch drinnen soll
der Besitzer Nazi-Nippes, Dolche und Uniformen horten.
Über den Millionär lernte Högström
auch
Marcin A. kennen, der für Wahlström Wohnungen renovierte.
"Anders und er mochten sich", sagt die Freundin. Wahlström war bei
Behördengängen behilflich - dem Polen etwa, wenn er eine
Arbeitserlaubnis brauchte.
Högström hat ausgesagt, dass er und A. im
Auftrag
Wahlströms den Diebstahl eingefädelt haben. War
Wahlström also der eigentliche Planer des Diebstahls von
Auschwitz, wollte er den Schriftzug "Arbeit macht frei" für seine
Sammlung haben? Hat er die beiden sogar zu der Tat getrieben?
Schwedische Medien haben viel darüber spekuliert, der
Krakauer Staatsanwalt hat Wahlström von der Stockholmer
Sicherheitspolizei verhören lassen. Haftbefehl wurde bisher aber
nicht erlassen.
Wahlström weist alle Vorwürfe zurück. Er
meidet
die Öffentlichkeit, ab und an schreibt er eigenartige E-Mails:
Sein Anwesen werde von "KZ-Häftlingen in gestreiften Uniformen"
belagert, heißt es da. Und: "Der Terror hört nie auf."
Und Högström? In Stockholm hofft Sofie Lindgren
seit
neun Monaten auf die Rückkehr ihres Freundes. Sie glaubt noch
immer nicht wirklich an seine Schuld. "Es gibt keine harten Beweise",
sagt sie: "Er wurde enorm unter Druck gesetzt."
Vermutlich suchen beide Angeklagte einen Deal mit der
Staatsanwaltschaft, um den Prozess noch zu vermeiden.
Nach dem Urteil wird Högström wieder in ein
schwedisches Gefängnis verlegt - und Sofie Lindgren will weiter
auf ihn warten. Das allerdings könnte dauern: Für die Tat
drohen bis zu zehn Jahre Haft.
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MIGRATION CONTROL
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Radio Dreyeckland (Freiburg) 29.11.10
"Die EU finanziert ein Haftregime in Libyen wo es zu
Misshandlungen,
Folter und Todesfällen kommt" - Karl Kopp (ProAsyl)
anlässlich des EU-Afrikagipfels
(ANMOD) Am 29. und 30. November findet in Libyen der
EU-Afrikagipfel
statt. Anlässlich dieses Gipfels sprachen wir mit Karl Kopp, dem
Europareferenten der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. Im Interview
kritisiert er die Politik der EU scharf für die finanzielle
Unterstützung Libyens bei der Bekämpfung der Einwanderung
trotz vielfach dokumentierter und auch vom Europäischen Parlament
im Juni anerkannter Menschenrechtsverletzungen in diesem Land, das
nicht einmal die Genfer Flüchtlingskonvention unterschrieben hat.
Karl Kopp sieht nun Handlungsbedarf von Seiten des Europäischen
Parlaments um die derzeitige "schäbige Kooperation" zu beenden.
http://www.freie-radios.net/mp3/20101129-quotdieeu-37648.mp3
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ANTI-ATOM
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Bund 29.11.10
Bern beschliesst AKW-Ausstieg bis 2039
Das Stadtberner Volk hat gestern in der Volksabstimmung
den
Gegenvorschlag zur Initiative "Energiewende Bern" mit über 60,6
Prozent Ja-Stimmen deutlich angenommen. Das stadteigene Werk Energie
Wasser Bern (EWB) muss demnach bis im Jahr 2039 aus Beteiligungen an
Atomkraftwerken aussteigen.
Die Volksinitiative "Energiewende Bern", die einen
Atomausstieg
bis 2031 verlangte, wurde mit 51,2 Prozent Nein-Stimmen verworfen.
Auch in der Stadt St. Gallen hat das Volk einen
AKW-Ausstieg
beschlossen. Es hat zudem einem Erdwärme-Kraftwerk klar
zugestimmt.(st) — Seite 21
--
Stadt will aus Atomstrom aussteigen
Bis 2039 steigt das städtische Werk EWB aus der
Atomenergie
aus: Das Stadtberner Volk stimmt mit 60,6 Prozent Ja für den
Gegenvorschlag, aber lehnt "Energiewende Bern" mit 51,2 Prozent Nein ab.
Simon Thönen
Energiedirektor Reto Nause (CVP) war gestern im
Erlacherhof
"hocherfreut" über das deutliche Ja zum gemeinderätlichen
Gegenvorschlag zur grünen Volksinitiative "Energiewende Bern". Das
Stadtberner Volk hat den Gegenvorschlag deutlich mit 60,6 Prozent
Ja-Stimmen angenommen. Die "Energiewende Bern" lehnte es mit 51,2
Prozent Nein-Stimmen relativ knapp ab.
"Das Resultat ist ein klares Votum für
Energieeffizienz und
erneuerbare Energien", betonte Nause. Ab 2039 darf das stadteigene Werk
Energie Wasser Bern (EWB) nur noch Strom aus erneuerbaren Energien
produzieren, kaufen und verkaufen. Zu diesem Zeitpunkt wird auch die
letzte AKW-Beteiligung von EWB an Gösgen auslaufen. "Energiewende
Bern" hatte dies bereits innerhalb von zwanzig Jahren, bis 2031,
erreichen wollen. Der Gemeinderat und EWB hatten erfolgreich davor
gewarnt, dass ein früheres Aufgeben der Beteiligung am
abgeschriebenen AKW Gösgen die Stadt Bern insgesamt gut 350
Millionen Franken kosten könnte. Das Abstimmungsresultat ist
für Nause deshalb in erster Linie ein "Vertrauensbeweis für
die Investitionspolitik von EWB".
Dies sah natürlich auch EWB so. "Wir wollen den
Umstieg auf
erneuerbare Energien sorgfältig vorbereiten und umsetzen",
erklärte EWB-Chef Daniel Schafer in einer Medienmitteilung, "nun
wissen wir, dass die Bernerinnen und Berner uns dabei
unterstützen."
EWB wird in den drei Jahrzehnten bis 2039 total rund 940
Millionen Franken in erneuerbare Energie investieren - und so den
Atomausstieg umsetzen, der schon seit zehn Jahren in der
Gemeindeordnung der Stadt verankert ist.
Bern gliedert sich damit in die Reihe jener Städte
ein, die
via die eigenen Elektrizitätswerke aus dem Atomstrom aussteigen.
So hat gestern auch die Stadt St. Gallen den Ausstieg beschlossen
(siehe Text rechts unten), Zürich und Basel hatten dies bereits
zuvor getan.
Die CVP der Stadt Bern, die sich zusammen mit der BDP und
wie der
Gemeinderat für den Gegenvorschlag und gegen die Initiative
"Energiewende Bern" engagiert hatte, bezeichnete sich in einer
Medienmitteilung als "Siegerin". Die Stadtberner hätten sich gegen
"linke Zwängerei", aber für "den geordneten Umstieg auf
erneuerbare Energien" ausgesprochen.
Initianten auch zufrieden
Trotz der Ablehnung von "Energiewende Bern" zeigten sich
auch die
Initianten zufrieden. "Ich bin sehr erfreut, dass die Stadt Bern aus
der Atomenergie aussteigt", sagte die grüne Grossrätin
Natalie Imboden. Zwar sei die Volksinitiative gescheitert, doch habe
erst sie den Gemeinderat und EWB dazu gebracht, einen konkreten
Fahrplan für den Ausstieg festzulegen. Wie Energiedirektor Nause
betonte sie, dass die Stadt Bern mit dem Termin 2039 immer noch rascher
aus dem Atomstrom aussteigen werde als Zürich und St. Gallen.
Imboden: "Für einmal sind wir bei den Schnellsten." Einzig Basel
ist bereits frei von Atomstrom, weil es sich gar nie an AKW beteiligt
hat.
"Natürlich bin ich enttäuscht", sagte Bernhard
Eicher,
Fraktionschef der FDP im Stadtrat, im Namen des Komitees "2 x Nein zu
Energiewende Bern und Gegenvorschlag". Der Volksentscheid "zieht eine
unsichere Energiezukunft nach sich", verlautete das Komitee in einer
Mitteilung. Immerhin habe das Volk mit dem Nein zu "Energiewende Bern",
so Eicher, "auch links-grünen Träumereien eine gewisse Abfuhr
erteilt".
Signal für Mühleberg-Votum?
Die spannendste Frage ist nun natürlich, ob und wie
sich das
Ja des Stadtberner Volkes zum Atomausstieg auf die kantonale Abstimmung
über ein neues AKW in Mühleberg auswirkt, die bereits am 13.
Februar stattfinden wird. "Das sind für mich zwei Paar Schuhe",
sagte Eicher. Es sei einfacher, Ja zu einem Ausstieg in dreissig Jahren
zu sagen als Nein zu einem neuen Kernkraftwerk. "Da sieht man
konkreter, dass die Angestellten im Werk ihren Job verlieren
könnten, wenn man gegen ein Kernkraftwerk stimmt."
Im AKW-kritischen Lager sieht man dies anders. Sie blicke
"sehr
zuversichtlich" auf die kantonale Abstimmung, sagte Flavia
Wasserfallen, Co-Präsidentin der SP der Stadt Bern. Gerade weil es
nun um ein neues, viel grösseres AKW in Mühleberg gehe,
wüssten die Berner, was auf dem Spiel stehe. "Da geht es dann
wirklich ans Eingemachte." Das Grüne Bündnis sieht im klaren
Ergebnis der Stadtabstimmung ein "deutliches Zeichen" für die
Mühleberg-Abstimmung: "Die Kantonshauptstadt will den Ausstieg aus
der Atomenergie."
--
Kommentar
Städtische Anti-AKW-Haltung ist nun glaubwürdig
Simon Thönen
Bis 2039 wird die Stadt Bern aus der Atomenergie
aussteigen - so
haben es gestern die Stimmberechtigten mit einer deutlichen Mehrheit
von über 60 Prozent beschlossen. Die Bedeutung des Entscheids
liegt weniger im fernen Zeitpunkt des Ausstiegs, sondern darin, dass
das städtische Werk Energie Wasser Bern (EWB) seine
Investitionspolitik nun wie geplant umpolen kann: weg vom Atomstrom und
hin zur Produktion erneuerbaren Stroms.
Das deutliche Ja zum Gegenvorschlag und das knappe Nein
zur
Volksinitiative "Energiewende Bern" ist denn auch in erster Linie ein
Vertrauensbeweis für EWB. Die EWB-Verantwortlichen haben
glaubwürdig dargelegt, dass sie eine realistische Strategie
für den Ausstieg haben, auch wenn deren Umsetzung in den
nächsten drei Jahrzehnten noch nicht im Detail klar sein kann.
Beim knappen Nein zur Initiative "Energiewende Bern" mit
ihrem
ehrgeizigeren Ausstiegsfahrplan dürfte die Erkenntnis wichtig
gewesen sein, dass das AKW Gösgen nicht früher abgestellt
wird, bloss weil EWB seine kleine Beteiligung an diesem AKW aufgibt.
Auch etliche Sozialdemokraten bevorzugten deshalb aus finanziellen
Gründen den Gegenvorschlag.
Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung. Bereits am 13.
Februar stimmt das Volk im Kanton Bern ab, ob in Mühleberg ein
neues AKW gebaut werden soll. Der Kanton ist ein grösseres
Spielfeld für den Kampf um die Atomenergie als die Stadt Bern. Und
der Heimvorteil wird im Kanton auf der bürgerlichen Seite liegen.
Dennoch ist das Spiel nicht gelaufen. Das Thema Atomkraft wurde in den
letzten Wochen so intensiv diskutiert wie zuletzt wohl in den
1980er-Jahren.
Der gestrige Ausstiegsentscheid der Stadt hat in dieser
Auseinandersetzung vor allem deshalb Gewicht, weil die Stadt Bern die
bedeutendste Nachbargemeinde des AKW-Standorts Mühleberg ist. Das
Stadtberner Volk hat sich in der Vergangenheit mehrfach gegen AKW
ausgesprochen - mit dem Ja zum konkreten Ausstieg wird diese
Grundhaltung nun auch glaubwürdig. Wenn sich die Stimmberechtigten
im Kanton in den kommenden Wochen ihre Meinung bilden, werden sie sich
deshalb auch überlegen müssen, ob sie der eigenen Hauptstadt
gegen deren Willen für weitere Jahrzehnte ein AKW vor die
Stadttore setzen wollen.
--
Atomausstieg
St. Gallen will ebenfalls aussteigen
Die Gallus-Stadt hat gestern den Atomausstieg bis 2050 und
den
Bau eines Erdwärme-Kraftwerks beschlossen.
Die Stadt St. Gallen hat in einer Volksabstimmung gestern
ebenfalls einen Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Sie will sich
dafür allerdings bis ins Jahr 2050 Zeit lassen, also deutlich
länger als die Stadt Bern.
Wie in Bern wurde in St. Gallen ein Gegenvorschlag zu
einer
Volksinitiative deutlich mit 13 000 zu 8000 Stimmen angenommen. Und
ebenso wurde in St. Gallen eine linksgrüne Initiative abgelehnt,
die ein höheres Tempo für den Atomausstieg vorgab.
Gemäss der Initiative der St. Galler SP hätte die Stadt
bereits 2018 aus laufenden Atomstrom-Verträgen aussteigen
müssen. Die Volksinitiative scheiterte in der Stadt St. Gallen mit
13 000 zu 9000 Stimmen allerdings sehr viel deutlicher als die
Initiative "Energiewende Bern".
Haushohes Ja zu Geothermie
Gleichzeitig bekannte sich das Volk in St. Gallen aber
klar zur
Gewinnung von alternativen Energien: Es stimmte mit über 80
Prozent Ja einem 159-Millionen-Kredit für den Bau eines
Erdwärme-Kraftwerks zu. Es soll dereinst über die Hälfte
der städtischen Energieversorgung sicherstellen.
Die Erdwärme-Vorlage ist der bisher grösste
städtische Kredit in St. Gallen. 76 Millionen Franken kosten die
Tiefenbohrungen und der Bau des Kraftwerks; für 83 Millionen wird
das bestehende Fernwärme-Netz ausgebaut. Mittelfristig sollen bis
zur Hälfte der Wohnhäuser mit Geothermie geheizt werden.
Unter der Stadt St. Gallen wird in einer Tiefe von 4000
bis 5000
Metern heisses Wasser von bis zu 170 Grad erwartet. Seismische
Messungen lieferten gute Vorzeichen.(ac/sda)
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BZ 29.11.10
Bern wird 2039 atomstromfrei
Abstimmung Die Bernerinnen und Berner wollen den
Atomausstieg.
Aber sie befürworten eine gemächlichere Gangart: Während
die links-grüne Energiewende-Initiative keine Mehrheit fand,
sagten zum Gegenvorschlag des Gemeinderats 60 Prozent Ja.
5:0 und 2:1 - kein Wunder, war der Berner
Stadtpräsident
Alexander Tschäppät (SP) gestern Nachmittag hochzufrieden:
Direkt vom YB-Sieg gegen Sion kommend, konnte er im Erlacherhof vor den
Medien vom fünffachen politischen Erfolg des Gemeinderats
berichten: Das Volk ist der Regierung in allen fünf
städtischen Abstimmungsvorlagen gefolgt (vergleiche Artikel
rechts). "Die gemeinderätliche Politik wurde allen Unkenrufen zum
Trotz bestätigt", durfte Tschäppät vermelden.
Die mit Abstand wichtigste Frage waren natürlich die
Energiewende-Initiative und der Gegenvorschlag dazu. Ihm sei ein
riesiger Stein vom Herzen gefallen, sagte Energiedirektor Reto Nause
(CVP): "Das Volk hat sich für den zahlbaren und machbaren goldenen
Mittelweg entschieden." Tatsächlich lehnten die Stimmberechtigten
die links-grüne Initiative ab. Diese hat den Atomausstieg innert
20 Jahren verlangt, was dem städtischen Energieversorger EWB laut
Nause teuer zu stehen gekommen wäre. Das Volk folgte aber auch den
Argumenten der Bürgerlichen nicht, die für ein doppeltes Nein
und damit grundsätzlich gegen den Atomausstieg waren.
Für Nauses Mittelweg, den Gegenvorschlag, hingegen
konnten
sich 60 Prozent der Stimmenden erwärmen. Dieser sieht den
Atomausstieg innert 30 Jahren vor - "auch damit sind wir immer noch
unter den Schnellsten".
Ausstieg bereits begonnen
Der Gegenvorschlag entspricht der Strategie von EWB.
Zufrieden
zeigte sich darum auch EWB-Chef Daniel Schafer: "Wir wollen den Umstieg
auf erneuerbare Energien sorgfältig vorbereiten und umsetzen." Nun
könne EWB den bereits begonnenen Umbau der Stromproduktion im
eingeschlagenen Tempo fortführen.
"Ängste waren unbegründet"
Trotz dem Nein zur "Energiewende" zeigte sich das
Initiativkomitee hochzufrieden: "Ohne unsere Initiative stünde die
Stadt Bern heute nicht da, wo sie nun ist", sagte Natalie Imboden (GB)
vom Initiativkomitee. Das Volk habe sich zum Atomausstieg äussern
können - mit einem deutlichen Signal: "Die Angst vor einer
Stromlücke und vor einer Verdoppelung des Strompreises war
offenbar unbegründet."
Mit diesen Argumenten hatten die Bürgerlichen gegen
den
Atomausstieg geworben. Man akzeptiere das Verdikt
selbstverständlich, sagte FDP-Fraktionspräsident Bernhard
Eicher. Die Bürgerlichen würden sich nun dafür
einsetzen, dass möglichst viele Investitionen im Inland blieben
und nicht an "obskure Projekte" im Ausland flössen.
Adrian Zurbriggen
Resultate: Energiewende-Initiative: 48,8 % Ja; 51,2 %
Nein.
Gegenvorschlag: 60,6 % Ja; 39,4 % Nein. Stichfrage: 44,1 % für die
Initiative; 55,9 % für den Gegenvorschlag.
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20 Minuten 29.11.10
Stadt St. Gallen will den Atom-Ausstieg bis 2050
ST. GALLEN. Das Aus für den Atomstrom: Das St. Galler
Stimmvolk sagt Ja zum Gegenvorschlag. Ab 2050 soll nicht mehr Strom aus
Atomkraft-werken genutzt werden.
Mit 13 142 zu 9297 Stimmen ist gestern zwar die
SP-Initiative
"Stadt ohne Atomstrom" vor dem St. Galler Stimmvolk abgeblitzt - der
Gegenvorschlag des Stadtparlaments wurde aber mit 58,6 Prozent
Jastimmen klar angenommen. "Ich bin sehr glücklich mit dem
Ergebnis", so Stadtrat Fredy Brunner. Das Ziel sei nun, im Rahmen des
Energiekonzeptes bis 2050 "unter Wahrung der Versorgungssicherheit" den
Anteil des Atomstroms auf null zu reduzieren. Bedauert wird dies vom
überparteilichen Komitee 2xNein zum Atomstrom-Ausstieg: "Wir sind
skeptisch, ob bis 2050 Atomstrom vollends durch andere Energien ersetzt
werden kann", so Projektleiter Sven Bradke.
Mit der gestrigen Annahme des 159-Millionen-Franken-
Kredits
für ein Erdwärme-Kraftwerk in St. Gallen ist die Stadt einem
Atom-Ausstieg aber bereits näher gekommen. 82,9 Prozent der
Stimmbürger sprachen sich für den Kredit aus. Damit sei ein
grosser Schritt in der Entwicklung der städtischen Energiepolitik
gemacht, so Brunner.
Über eine ähnliche Vorlage entschied gestern
auch das
Stimmvolk der Stadt Bern. Dort wurde ebenfalls ein Gegenvorschlag zur
Initiative angenommen. Dieser sieht den Atom-Ausstieg bis ins Jahr 2039
vor.
Tobias Bolzern
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Schweizer Illustrierte 29.11.10
AKW
"Ein Kernkraftwerk? Ja, gern!"
Text LUKAS EGLI Fotos HERVÉ LE CUNFF
Wer will schon EIN AKW IN SEINEM DORF? Mühleberg BE
will!
Döttingen AG will! Und Däniken SO will! Zu Besuch bei drei
Gemeindepräsidenten, die miteinander um die neuen Kernkraftwerke
rangeln.
Mühleberg - das ist eine schöne, ländliche
Gemeinde im Osten von Bern: 30 Dörfer und Weiler, viel Wald, 70
Bauernhöfe, 2700 Einwohner. Die Bundesstadt ist keine
Viertelstunde entfernt, der Steuerfuss tief, in der Nacht herrscht
Stille. Mühleberg ist ein kleines Paradies. Wenn nur das AKW nicht
wäre.
1972 ging das Kernkraftwerk Mühleberg unterhalb des
Wohlensees in Betrieb. Es war ein Bote einer hoffnungsvollen
energietechnischen Zukunft, gekleidet in einen massiven Mantel aus
Beton und Stahl. Vierzig Jahre später steht die Kernenergie in
Bern am Scheideweg. Im Februar stimmt der Kanton darüber ab, ob
das bestehende Kraftwerk durch ein neues ersetzt werden soll. Das
Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat hat entschieden, dass
für den Bau neuer Kernkraftwerke drei Standorte infrage
kämen: Beznau AG, Gösgen SO und Mühleberg BE. Die
politischen Mehrheiten in Bern lassen erwarten, dass sich der Kanton
bald von der Kernenergie verabschiedet.
Nicht, wenn es nach dem Willen der Mühleberger geht!
Die hübsche Gemeinde zwischen Saane und Aare will die
Atomkraft. "Wir leben seit 38 Jahren mit dem Kraftwerk", sagt Kurt
Herren, Gemeindepräsident von Mühleberg, "wir hatten nie
Probleme."
Kurt Herren, 66, war 30 Jahre Swissair-Pilot. 1988 zog er
in
seine Heimatgemeinde zurück. Er habe das Fliegen gelernt, ohne
einen Rappen zu bezahlen, erzählt er im modernen Gemeindehaus,
einem Verwaltungsbau aus den 1990er-Jahren. Als man ihn nach seiner
Pensionierung 2002 fragte, ob er Gemeinderat werden wolle, fand er,
dass er der Gesellschaft etwas zurückgeben könne. Seit 2004
ist Herren Gemeindepräsident. Und SVP-Mitglied. Ohne
Überzeugung, wie er betont. "Ich bin kein Parteigänger." Auf
Gemeindeebene stehe die Parteizugehörigkeit nicht im Vordergrund.
Kurt Herren fährt einen Toyota Prius, lässt an
seinem
Haus eine Erdsonde bauen und sagt Sätze wie: "Die beste Energie
ist jene, die wir nicht brauchen." Dennoch sei unbestritten, so Herren,
dass die Schweiz ein, zwei neue Grosskraftwerke brauche. Der Bundesrat
setzt zwar auf die Förderung der erneuerbaren Energien und die
Energieeffizienz, betont aber auch die Notwendigkeit neuer
Kernkraftwerke. Geht es nach Herren, wird eines in Mühleberg
stehen.
Dabei macht ein AKW das Dorfleben nicht einfacher: Seit
2000
beteiligt die BKW die Standortgemeinden von Kraftwerken an ihrem
Gewinn; davor bezahlte der halbstaatliche Berner Energiekonzern nur
Liegenschaftssteuer. Seit 2000 bestreitet die BKW in Mühleberg
rund einen Drittel des Mühleberger Gemeindehaushalts von 6,5
Millionen Franken - in guten Jahren. Erzielt der Stromgigant keinen
Gewinn, geht die Gemeinde leer aus. Eine pauschale Standortabgeltung
gibt es nicht. "Das macht die Budgetplanung sehr schwierig", sagt
Herren.
Niemand will ein AKW in seinem Dorf.
Würde man meinen. Doch Mühleberg ist keine
Ausnahme.
Auch für die Gemeinde Döttingen, in der die ältesten
Schweizer Kernkraftwerke stehen, Beznau I und II, ist klar: Das
Ersatzkraftwerk gehört auf Döttinger Boden! "Die ganze Region
steht dahinter", sagt Gemeindeammann Peter Hirt. "Gegner habe ich noch
keine gefunden."
Döttingen ist eine mittelgrosse, malerische Gemeinde
im
unteren Aaretal, dort, wo die Aare in den Rhein fliesst. Auf gut einem
Drittel der Gemeindefläche wird Wein angebaut - Blauburgunder,
Garanoir und Pinot Gris. Atomkraft und Agrarwirtschaft scheinen gut
zusammenzugehen. Wie Kurt Herren sieht sich auch Peter Hirt nicht als
Politiker: "Für mich steht das Gemeindewohl zuoberst", sagt der
Parteilose. Er trägt dunkle Jeans und eine dunkle Windjacke. Peter
Hirt, früher Heizungsund Sanitärmonteur, ist kein
Strahlemann. "Meine Aufgabe ist, dafür zu sorgen, dass es uns gut
geht", sagt er. Dazu gehört hier auch die Kernenergie.
Döttingen hat gute Arbeitsplätze.
Ist schuldenfrei. Ist die steuergünstigste Gemeinde
im
Kanton. Der Anteil der Gewinne aus der Kernenergie am Gemeindehaushalt
beläuft sich auf stolze 8 Mio. Franken - von insgesamt 13 Mio.
Doch wie Mühleberg hat auch Döttingen Mühe, neue
Einwohner anzuziehen. Wer mit dem AKW aufgewachsen ist, stört sich
nicht daran. Fremde indes schrecken die Reaktoren ab.
Auch im solothurnischen Gösgen will man die Atomkraft
nicht
mehr missen.
Und dies obwohl das Ersatzkraftwerk in der Nachbargemeinde
Gretzenbach gebaut würde. "Ich habe lieber das Kernkraftwerk hier
bei mir in Däniken, wo ich die Anlage kenne, als weit weg in
Frankreich", sagt Gemeindepräsident Gery Meier, 55. "Diese
Nähe gibt mir ein Gefühl von Sicherheit."
Die Zahlen gleichen sich: Auch Däniken hat 2700
Einwohnern,
beste Infrastruktur, gesunde Gemeindefinanzen. In allen Abstimmungen
über die Kernenergie habe seine Gemeinde mit 80 Prozent zugunsten
der Kernenergie gestimmt, sagt der FDP-Politiker, der eine kleine
Marketingagentur betreibt. "Unseren Wohlstand haben wir weitgehend dem
Kernkraftwerk zu verdanken", sagt er unverblümt. Gery Meiers Dorf
geht es so gut, dass es Steuereinnahmen und Abgaben des KKW freiwillig
teilt: Ein Drittel der rund 4 Millionen Franken jährlich fliesst
in die Kassen von neun Nachbargemeinden.
Meier ist sicher: Von den drei AKWProjekten hat "seines"
die
besten Chancen. "Gösgen ist für den Strom, was Olten für
die Bahn ist: das Zentrum", sagt der Kommunikationsfachmann. "Zudem ist
bei uns genug Platz vorhanden", sagt er. Meier kann mit viel
Unterstützung rechnen: Die KKW-Betreiberin Alpiq ist auch für
Solothurn der beste Steuerzahler.
"Ich gehe davon aus, dass mindestens zwei neue
Kernkraftwerke
gebaut werden", kontert Peter Hirt aus Döttingen. "Eines wird bei
uns stehen!" Kurt Herren wiederum argumentiert: "Die anderen beiden
Kraftwerke stehen zu nah beieinander." Bern sei schon immer ein
wichtiger Brückenkanton in die Westschweiz gewesen.
Wie Tourismusdirektoren preisen die Kommunalpolitiker die
Vorzüge ihrer Gemeinden, spielen ihre Standorttrümpfe aus. Es
ist ein Poker, bei dem der Berner die schlechtesten Karten hat: Die
rot-grüne Kantonsregierung ist gegen die Kernenergie und hat nie
das Gespräch mit Mühleberg gesucht. "Ich finde das schade",
sagt Herren. Man könne in der Kernkraftfrage zweifellos anderer
Meinung sein. "Aber die Regierung sollte den ganzen Kanton vertreten."
Der Regierungsrat bringt die BKW, die zu 52 Prozent dem
Kanton
gehört und Mühleberg II zügig vorantreiben möchte,
in eine verzwickte Lage. Bereits mahnte er den Stromproduzenten, nicht
so offensiv in den Abstimmungskampf einzugreifen.
Patrick Miazza, Leiter des Kernkraftwerks Mühleberg,
zeigt
sich unbeirrt. "Im Hinblick auf die drohende Stromlücke ist es
dringend notwendig, dass die Schweiz einen energiepolitischen Konsens
findet", sagt er. Was das für ihn heisst, ist klar: Mühleberg
II muss kommen! "Dem Umstand, dass die Schweizer Bevölkerung
jährlich um 100 000 Menschen wächst, hat noch kaum jemand
Rechnung getragen."
Stolz zeigt Miazza "seine" Anlage.
Seit Inbetriebnahme versorgt sie rund eine halbe Million
Menschen
mit Strom. Dafür werden jährlich 36 Brennelemente, rund 7
Tonnen kraftwerkfähiges Uran, benötigt. Der Betriebsabfall
entspricht einem Joghurtbecher pro Haushalt und Jahr. "Der
Entsorgungsnachweis ist erbracht", sagt er. "Der Bundesrat hat das 2006
bestätigt."
Er selbst ist in einer Kernkraft-kritischen Umgebung
aufgewachsen
und hat bei einem Professor studiert, der schon in den 1980er-Jahren
auf den Zusammenhang von CO2 und Klimaerwärmung aufmerksam gemacht
habe. Es sind Leute wie Patrick Miazza, die unter anderem für die
hohe Akzeptanz des Kraftwerks in der Region sorgen. "Opposition?",
fragt Herren. "Gibt es hier nicht!"
Widerstand erwächst dem neuen Kraftwerksprojekt erst
jenseits der Gemeindegrenze. In Frauenkappelen etwa. "Man kann sich
seine Nachbarn nicht aussuchen", sagt Christian Minder, Wortführer
der IG Salzweid. Der Bauer lebt an der Grenze zwischen Frauenkappelen
und Mühleberg. Dort bewirtschaftet er ein Feld - die Salzweid
eben. "Top Ackerland", sagt Minder. "Nur leider auch gut erschlossen."
Hier soll dereinst ein Infrastrukturplatz für die
Grossbaustelle Mühleberg II errichtet werden. Neun, zehn Jahre
lang würden hier tagein, tagaus Lastwagen an- und abfahren. "Wenn
das Kraftwerk kommt, werden wir überrollt", sagt Minder. "Dieser
Mist ist geführt."
Je weiter weg vom AKW die Leute, desto grösser die
Opposition, ist Kurt Herren überzeugt. "Sie wissen halt auch
weniger darüber", meint der Gemeindepräsident. Wer, ausser
die Mühleberger, geht denn auf dem Energiepfad, den die BKW
eingerichtet hat, spazieren?
"Wenn ich denke, wie sich die Leute jeweils ärgern,
wenn
einmal eine halbe Stunde kein Pfuus aus der Dose kommt …", sagt Kurt
Herren und verdreht die Augen. Er sieht sein Engagement zugunsten des
Kernkraftwerks auch als Dienst an der Gemeinschaft.
--
MÜHLEBERG BE
In Betrieb seit 1972 Laufzeit ca. 50 Jahre Leistung 373 MW
(versorgt ca. 500 000 Haushalte) Personal 350 Mitarbeiter Leistung des
geplanten Ersatzkraftwerks 1100 bis 1600 MW (rund viermal mehr als
bisher)
GÖSGEN SO
In Betrieb seit 1979 Laufzeit ca. 60 Jahre Leistung 1020
MW
(versorgt ca. 1,2 Millionen Haushalte) Personal 400 Mitarbeiter
Leistung des geplanten Ersatzkraftwerks 1100 bis 1600 MW (bis
eineinhalb Mal mehr als bisher)
BEZNAU I & II AG
In Betrieb seit 1969, 1971 Laufzeit ca. 50 Jahre Leistung
730 MW
(versorgt ca. 1 Million Haushalte) Personal 350 Mitarbeiter Leistung
des geplanten Ersatzkraftwerks 1200 bis 1600 MW (gut doppelt so viel
wie bisher)
--
"STROMIMPORT IST BESSER ALS EIN NEUES AKW!"
Energiekonzerne warnen, dass es zu einer "Stromlücke"
kommt,
wenn die bestehenden AKW vom Netz müssen. Wie wollen Sie die
Versorgungssicherheit gewährleisten?
Die Stromlücke ist eine leere Drohung der
Stromkonzerne. Die
Schweiz muss auf den Megatrend erneuerbare Energien und
Energieeffizienz aufspringen. Das Bundesamt für Energie zeigt in
seinen Energieperspektiven, dass so die Versorgungssicherheit besser
gewährleistet ist als mit neuen AKW. 1990 hatten wir weltweit am
meisten Fotovoltaikanlagen, heute hat uns Europa längst
überholt.
Aber aus Fotovoltaikanlagen kommt keine Bandenergie wie
aus
Kernkraftwerken.
Das Konzept der Bandenergie ist überholt. Nur noch
die
Stromwirtschaft redet davon, weil ihr die Grosskraftwerke viel
Marktmacht verleihen. Künftig wird unser Kraftwerkpark aus
dezentralen Windparks, Fotovoltaik- und Biogasanlagen und
Geothermiekraftwerken bestehen. Sie werden das Band legen.
Die SBB ist auf immense Mengen Bandenergie angewiesen. Was
sagt
der SBB-Chef, wenn Sie ihm Ihre Idee skizzieren?
Er sagt: "Spannend! Aber vielleicht sind wir noch nicht
ganz so
weit." Ich bin überzeugt, dass wir in 30 Jahren dort sein werden.
Auch die SBB wissen, dass Uran endlich ist und die Atomenergie teurer
wird, während die Erneuerbaren jedes Jahr billiger werden.
Mittelfristig bedeutet das, dass die Schweiz deutschen
Gas- und
Kohlestrom importieren muss.
Das tut sie heute schon in rauen Mengen. In Zukunft soll
sie
Wind- und Sonnenstrom importieren. Stromimport ist immer noch besser,
als sich weitere 80 Jahre auf Atomkraft festzulegen. Neue AKW sind ein
Klumpenrisiko.
Die CO2-Bilanz von Kohle- und Gasstrom ist nicht eben
vorteilhaft.
Man darf Klimaproblem und Atomkraftrisiken nicht
gegeneinander
ausspielen. Wir müssen beide Probleme gleichzeitig lösen. Was
nützt uns ein stabiles Klima, wenn die Atmosphäre verstrahlt
ist?
Müsste das Gebot der Stunde nicht heissen: Das eine
tun, das
andere nicht lassen?
Nein. Sie können das Geld nur einmal ausgeben.
Entweder Sie
investieren 30 Milliarden in neue AKW, Hochspannungsleitungen und
Pumpspeicherwerke. Oder Sie stecken sie in die Energieeffizienz und
erneuerbare Energien. Zudem haben nicht regulierbare Grosskraftwerke in
einem Anlagenpark von erneuerbaren Energien nichts mehr verloren.
--
STROMFAKTEN
Strommix
Schweizer Strom stammt heute zu 55 Prozent aus
Wasserkraft, zu 40
Prozent aus Kernkraft, zu 5 Prozent aus fossilen Brennstoffen.
Erneuerbare Energien machen rund 0,6 Prozent aus.
Zunahme
Der Stromverbrauch in der Schweiz hat sich seit 1950 mehr
als
versechsfacht. Seit 1990 ist er um über 20 Prozent angestiegen.
Rekord
2008 erreichte der Stromverbrauch mit 59 Milliarden
Kilowattstunden einen neuen Rekordwert.
Stromlücke
Die Kernkraftwerke Mühleberg und Beznau I und II
müssen
altershalber bald vom Netz. Die Energiekonzerne warnen, dass dadurch
eine Versorgungslücke entstehen könnte.
2013
Das Schweizer Stimmvolk wird voraussichtlich in zwei
Jahren
über den Bau neuer Kernkraftwerke abstimmen.
2025
Ein neues AKW wird frühestens in fünfzehn Jahren
ans
Netz gehen.
---
Aargauer Zeitung 29.11.10
"Dieser Standort ist nicht geeignet"
"Lägern ohne Tiefenlager" "Wir sind ein wenig das
Gewissen
der Nagra"
lukas bertschi
Der Verein Lägern ohne Tiefenlager (Loti), beurteilt
im
Gegensatz zur eidgenössischen nuklearen Sicherheitsbehörde
(Ensi) den Standort Nördlich Lägern als "nicht geeignet".
Problematisch seien neben der Sicherheit für Mensch und Umwelt die
mangelnde Vergleichbarkeit zwischen den Standorten sowie die
Auswirkungen auf die Gesellschaft in der Region.
"Es braucht mehr Zeit"
"Es wird zu schnell geschossen, es braucht mehr Zeit", so
Astrid
Andermatt, Co-Präsidentin des Vereins Loti und Grossrätin des
Kantons Aargau. Heute gebe es noch keinen vergleichbaren Wissensstand
über die drei vorgeschlagenen Gebiete. "Zurzeit ist es bei den
Standorten ein Vergleich zwischen Äpfel und Birnen", sagt
Andermatt. Im Gebiet Nördlich Lägern seien noch Bohrungen
nötig, da dieses Gebiet tektonisch instabil sei und starke
Verformungen und Zergliederungen aufweise.
Des Weiteren fordert Loti, dass die Auswirkungen auf die
Gesellschaft in der Region untersucht werden. Zum Beispiel wären
der Gesundheitsbereich in Bad Zurzach sowie der Tourismus im grenznahen
Schwarzwald sensible Sektoren. "Wer will sich noch im Thermalbad
entspannen, wenn direkt nebenan Atommüll vergraben ist?", fragt
Andermatt. Die Region sei schon jetzt stark durch die Atomkraftwerke
belastet.
Loti will Mitspracherecht
"Man spricht oft von einer Scheinpartizipation", so die
Grossrätin. Es sei aber wichtig, dass der Verein bei den
Gesprächen mitwirken könne. Insbesondere sei ein
Mitspracherecht bei der Vergebung von Aufträgen für
"neutrale" Studien unerlässlich. "Wir sind ein wenig das Gewissen
der Nagra", so Andermatt. Dafür sei es notwendig, unabhängige
Expertisen zu erhalten und dass die Wissenschaft ihre
Interessenvertretungen klar deklariert. Dem Verein Loti ist es ein
Anliegen, dass, wenn es schon ein Tiefenlager geben muss, es zumindest
am sichersten Ort erstellt wird.
Aus der vor einem halben Jahr gegründeten Gruppe
solle eine
breite Bewegung entstehen. "Man muss nicht gegen Kernkraft sein, um im
Verein mitzumachen", so Andermatt. Das Ziel von Loti ist ein
überparteiliches Komitee, das über die Debatte informiert und
das Unbehagen in der Bevölkerung in konkrete Forderungen umsetzt.
"Nur auf Widerstand aus der Bevölkerung reagiert die Politik",
sagt Loti-Vorstandsmitglied Ambros Ehrensperger.
--
Endlager für Atommüll
In den kommenden Jahren soll geklärt werden, in
welchen
Regionen Lager für die atomaren Abfälle gebaut werden. Die
nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver
Abfälle (Nagra) hält die Standortgebiete Zürich
Nord-Ost, Nördlich Lägern und Bözberg für geeignet.
Mit dem Wirtsgestein Opalinuston würde sich der Boden durch eine
einfache und stabile geologische Situation auszeichnen. Das
Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) hat den
Standorten aus Sicht der Sicherheit und der technischen Machbarkeit
zugestimmt. Die Genossenschafter der Nagra sind die Besitzer der
Kernkraftwerke und die Schweizerische Eidgenossenschaft. (lb)
---
Sonntag 28.11.10
Auch Gösgen kauft Uran aus Majak
Wie die beiden AKW in Gösgen und Mühleberg zu
ihrem
atomaren Brennstoff kommen
Von Andreas Toggweiler
Auch das Kernkraftwerk Gösgen bezieht über
seinen
Lieferanten Areva Kernbrennstäbe, die teilweise Material aus der
umstrittenen russischen Atomfabrik Majak enthalten. Das AKW
Mühleberg verwende Natururan, heisst es dagegen zum bernischen
Meiler.
Als die Stromfirma Axpo behauptete, ihre Atomkraftwerke
hätten eine CO-Bilanz fast wie Wasserkraftwerke, schaute die
Umweltorganisation Greenpeace genauer hin und fand "Dinge, die uns
möglicherweise nicht gefallen", wie ein Axpo-Vertreter vorletzte
Woche einräumen musste. Dieser kündete sogleich einen eigenen
Augenschein des Schweizer Konzerns in der russischen Fabrik an.
Unbestritten ist, dass dort in den 1950er-Jahren die Umwelt auf
beispiellose Art mit Strahlung verseucht wurde, insbesondere bei einem
Unfall im Jahr 1957. Offen ist, wie gut dort die heutigen
Umweltstandards eingehalten werden. Der russische Atomkonzern Rosatom
gibt sich diesbezüglich zugeknöpft. Die französische
Atomfirma Areva, die die Axpo mit Brennstäben beliefert, ist auch
die (heute einzige) Lieferantin der Brennstäbe für das
Kernkraftwerk Gösgen, wie Unternehmenssprecher Bruno Elmiger auf
Anfrage sagt. Gösgen habe zwar von der Areva zertifizierte
Lieferanten für das Uran verlangt. Diese Zertifizierung sei mit
dem russischen Lieferanten Elektrostal auch erbracht, sagt Elmiger.
"Die Unterlieferanten der Lieferanten wurden uns jedoch verschwiegen."
Und so kommt es, dass ein Teil des Urans laut Greenpeace-Recherchen
auch hier in Majak verarbeitet wird.
Oft ist der Weg des rezyklierten Kernbrennstoffs
kompliziert. In
Wiederaufbereitungsanlagen wie Sellafield (England) wird
wiederverwertbares Material aus den Brennstäben isoliert, nach
Russland geschickt und dort mit Material aus russischen Reaktoren (AKW
oder Antrieben von U-Booten) vermischt und auf den für zivile
Nutzungen nötigen Anreicherungsgrad von 5% gebracht. Ein Teil
dieses Prozesses findet in Majak statt. Nicht verwendet werde
dafür hochangereichertes Uran aus der Abrüstung. "Dies ist
eine Sache zwischen den USA und Russland", erklärt der
KKG-Sprecher, der aber auch einräumt, dass im Zusammenhang mit der
Beschaffung von Kernbrennstoff in der Vergangenheit vor allem Fragen
der Non-Proliferation im Zentrum gestanden seien. Will heissen: Alle
interessierten sich für die Verwendung des Urans und dass es nicht
in falsche Hände gerät, nicht aber für dessen Herkunft.
Für Elmiger ist klar, dass von der Schweiz her vor
allem der
Druck auf den Endverkäufer Areva ausgeübt werden muss, der
seinerseits bei seinen Lieferanten für Ordnung zu sorgen hat.
Lieferungen aus Russland, insbesondere Majak, ganz zu boykottieren, sei
zwiespältig. "Majak ist heute ein Komplex aus Anlagen mit modernem
Standard und heruntergekommenen Apparaturen, ja sogar Altlasten." Im
Sinne einer Sanierung sei es womöglich besser, mit den Russen im
Geschäft zu bleiben. "Allerdings klar verbunden mit den Auflagen,
dass die Gewinne für die Sanierung der Altlasten eingesetzt
werden."
Ähnlich äusserte sich Bruno Pellaud, ehemaliger
Mitarbeiter der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), im
Rahmen eines Hintergrundgesprächs des Kernkraftwerks
Mühleberg, das über sein "Brennstoffmanagement" orientierte.
Dabei konnte man sich als Saubermann in Szene setzen. Zwar hat es vor
neun Jahren einmal eine Lieferung gegeben, deren Spuren nach Majak
zurückverfolgt werden konnten. Die BKW beziehe ihr Uran aber
inzwischen aus der westlichen Hemisphäre, sagt BKW-Sprecher
Antonio Sommavilla auf Anfrage. Zurzeit werde im Mühleberg-Reaktor
Natururan aus einer australischen Mine verwendet. Das Uran kommt auch
hier von Areva, die Brennstäbe werden vom US-Konzern GE (General
Electric), dem Erbauer des Mühleberg-Reaktors, produziert.
Die BKW betont, dass sie im Gegensatz zu Axpo und Alpiq
(KKW
Gösgen) kein wieder angereichertes Uran und auch kein Mischoxid
verwende. Die BKW setze bei der Auswahl ihrer Geschäftspartner auf
international anerkannte Unternehmen mit hohen sozialen und
ökologischen Standards. Dazu meint Antonio Sommavilla: "Wir wissen
viel, aber nicht ganz alles." In diesem Sinne plädiere die BKW
auch für die Weiterentwicklung von Zerti-fizierungsstandards. Der
Einfluss der BKW sei aber als kleiner Player beschränkt.
---
Sonntagszeitung 28.11.10
Atommüll unter Beschuss
In Belgien planen Forscher eine Anlage, die hoch
radioaktiven
Abfall entschärft
Von Joachim Laukenmann
Alchemisten hätten ihre helle Freude daran. In der
belgischen Stadt Mol planen Forscher den Bau einer Anlage, die
chemische Elemente in andere chemische Elemente verwandeln kann. Nur
geht es nicht um die Transmutation von billigem Metall in teures Gold,
woran sich Alchemisten vergebens die Zähne ausgebissen hatten.
Vielmehr wollen Forscher den hoch radioaktiven Abfall aus
Atomkraftwerken in vergleichsweise harmlose Substanzen transformieren -
und dabei erst noch Strom erzeugen. Sie planen quasi eine
Kehrichtverbrennungsanlage für Atommüll.
Myrrha (Multi-purpose Hybrid Research Reactor for Hightech
Applications) wurde die 1,3 Milliarden Franken teure Anlage getauft.
Sie soll demonstrieren, dass moderne Alchemisten das
Atommüll-Problem lösen können: "Die Menge an
Atommüll aus Kernkraftwerken liesse sich mittels Transmutation um
einen Faktor 100 reduzieren", sagt Hamid Aït Abderrahim vom
belgischen Studienzentrum für Kernenergie (SCK-CEN), auf dessen
Gelände Myrrha gebaut werden soll. Und dieser Rest müsste
nicht für die halbe Ewigkeit von rund 500 000 Jahren sicher
gelagert werden, sondern nur für überschaubare 500 Jahre -
ein Faktor 1000 kürzer. Gelingen soll das Kunststück dank der
Kombination eines Teilchenbeschleunigers mit einem neuartigen
Atomreaktor.
Über die Transmutation von Atommüll wird zwar
schon
seit vielen Jahrzehnten nachgedacht. So propagierte der
Physik-Nobelpreisträger Carlo Rubbia vor rund 15 Jahren mit dem
Rubbiatron ein ähnliches Konzept, das dann aber im Sande verlief.
"Durch die öffentliche Debatte und den Fortschritt der Technik ist
es nun geboten, eine Alternative zum heutigen Konzept der Endlagerung
ins Auge zu fassen", sagt Joachim Knebel vom Karlsruher Institut
für Technologie, der an einer von der OECD in Auftrag gegebenen,
unabhängigen Evaluation von Myrrha beteiligt war.
Die Transmutation erfolgt in zwei Schritten. In einer
ersten
Etappe werden langlebige Spaltprodukte wie Jod und Technetium und
Transurane wie Plutonium und Americium ähnlich wie bei der
heutigen Wiederaufbereitung aus den verbrauchten Brennelementen
herausgelöst. Nach dieser Partition werden die Substanzen zu neuen
Brennelementen für den Transmutationsreaktor verarbeitet. Der
Anteil Atommüll im neuen Brennelement kann bis zu 50 Prozent
betragen.
In einem zweiten Schritt wird dieser Brennstoff im Reaktor
durch
Neutronenbeschuss gezielt in harmlosere Substanzen umgewandelt. Das
radioaktive Jod 129 mit einer Halbwertszeit von 15,7 Millionen Jahren
geht zum Beispiel durch den Einfang eines Neutrons über in Jod
130, das rasch in das stabile Edelgas Xenon 130 zerfällt. Bei der
Spaltung von Transuranen wie Plutonium und Americium wird Energie frei.
Rund fünf Prozent des erzeugten Stroms schluckt der Betrieb des
Beschleunigers, der Rest geht ins Netz.
Paul-Scherrer-Institut spielt eine wichtige Vorreiterrolle
"Die Partition und Transmutation reduziert aber nicht nur
die
Radiotoxizität des Abfalls, sondern ermöglicht es
gleichzeitig, den gesamten Energieinhalt des Spaltmaterials
auszubeuten", sagt Aït Abderrahim. "Mit heutiger Technologie
reichen die Uranreserven nur für ein bis zwei Jahrhunderte. Mit
Transmutation würden sie für Jahrtausende reichen."
Ein weiterer Vorteil des Konzepts ist die Sicherheit: Der
mit den
Müll-Brennstäben gefüllte Reaktor kann von selbst keine
Kettenreaktion in Gang bringen. Es fehlt an Neutronen, die es für
die Spaltung der Atomkerne braucht. Daher wird dieser Reaktortyp als
"unterkritisch" bezeichnet. Ein Unfall, wie er sich in Tschernobyl
ereignet hat, ist prinzipiell ausgeschlossen.
Damit die Kettenreaktion für die Energiegewinnung in
Gang
kommt, müssen im Reaktorkern zusätzliche Neutronen erzeugt
werden. Dies geschieht mithilfe des Beschleunigers. Dieser schiesst
Protonen auf einen mit flüssigem Blei-Wismut gefüllten
Behälter im Reaktorkern, das sogenannte Spallationstarget. Dabei
verdampft eine grosse Menge an Neutronen aus dem Target und setzt die
atomare Kettenreaktion in Gang. Wird der Beschleuniger abgestellt,
bricht die Kettenreaktion ab.
Am Paul-Scherrer-Institut (PSI) in Villigen AG wurde im
Jahr 2006
mit dem weltweit leistungsfähigsten Protonenbeschleuniger ein
wichtiger Teilerfolg erzielt. "Wir wollten zeigen, dass man ein solches
Target aus flüssigem Blei-Wismut für die Transmutation nutzen
kann", sagt Kurt Clausen, Leiter des Bereichs "Forschung mit Neutronen
und Myonen" am PSI.
Die Entwicklung des Beschleunigers stellt eine der
grössten
technologischen Hürden dar. Heutige Beschleuniger fallen
regelmässig aus. "Für die Transmutation muss er so
ausfallsicher sein, dass er im Grunde ein ganzes Jahr kontinuierlich
läuft", sagt Knebel. Denn bei einem Ausfall würde der
Reaktorkern wegen der raschen Abkühlung enormen thermischen
Spannungen ausgesetzt. Auch die Herstellung der
Transmutations-Brennstäbe stellt eine grosse Herausforderung dar.
Die Transurane wie Americium müssen mit einer Reinheit von 99,9
Prozent aus dem Atommüll separiert werden. "Im Labor funktioniert
das", sagt Knebel. "Das muss aber noch in den industriellen Massstab
überführt werden."
Weltweit einzigartiges Projekt, was radioaktiven Müll
angeht
Der grösste Nachteil der Partition und Transmutation
sind
die hohen Kosten. "Mehrere Studien deuten an, dass der ganze
Brennstoffzyklus 20 Prozent teurer wird als bei einem
herkömmlichen Atomkraftwerk", sagt Knebel. Auch ist der ganze
Prozess enorm komplex - noch sind nicht alle technologischen Probleme
gelöst. "So eine Anlage zu bauen und zu betreiben, ist
gigantisch", sagt PSI-Forscher Clausen. "Nur Länder mit einer
aktiven Nuklearindustrie und Fabriken zur Aufbereitung des
Atommülls könnten solche Anlagen betreiben."
Das Hauptziel von Myrrha ist es, die Komponenten des
Reaktors -
Beschleuniger, Spallationstarget und Reaktorkern - zu kombinieren,
allerdings noch ohne den echten Brennstoff aus Atommüll
einzusetzen. "Dieser dürfte erst um das Jahr 2030 zur
Verfügung stehen", sagt Knebel.
Im März 2010 beschloss die belgische Regierung, 40
Prozent
der Kosten von Myrrha zu tragen. Den Rest sollen die Projektpartner
beisteuern. 2016, so der Plan, beginnt die dreijährige Bauphase.
Nach mehrjährigen Tests könnte die Anlage um 2023 mit dem
regulären Experimentierbetrieb starten.
Der unabhängige OECD-Expertenbericht sieht in Myrrha
ein
weltweit einzigartiges Projekt, das eine bedeutende Rolle für das
Management des radioaktiven Mülls spielen könne. Aber
"Myr-rha ist so innovativ", heisst es in dem Bericht, dass punkto
Planung und Finanzierung "substanzielle Risiken bleiben." Auch moderne
Alchemisten haben offenbar ein schweres Los.
--
So funktioniert der Transmutationsreaktor
Der Beschleuniger schiesst einen Protonenstrahl auf ein
mit
flüssigem Blei-Wismut gefülltes Gefäss, das
Spallationstarget . Dort werden Neutronen erzeugt, mit deren Hilfe die
Kettenreaktion im Reaktor in Gang kommt. Dabei wird der in den
Brennstäben vorhandene Atommüll unter Energiegewinn in
kurzlebige und weniger giftige Substanzen transmutiert.
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Sonntag 28.11.10
Keine Lust, das "Nuclear Valley" der Schweiz zu werden
Die Gemeindepräsidentenkonferenz Niederamt (GPN) will
nicht
primär für oder gegen ein neues Kernkraftwerk Stellung
nehmen. Aber sie ist klar gegen ein Endlager im Niederamt. Das betont
der frühere Gretzenbacher Gemeindepräsident Hanspeter Jeseneg
im Interview.
Hanspeter Jeseneg ist Energieverantwortlicher im
Gemeindepräsidentenverband Niederamt (GPN) und Präsident der
Plattform Jura-Südfuss (PJS). Damit laufen bei ihm die
Diskussionsfäden rund um eine neues Kernkraftwerk und ein Endlager
im Niederamt zusammen.
Von Beat Wyttenbach
Herr Jeseneg, das Niederamt steht zur Diskussion als
Standort
für ein Endlager für schwach- und mittelaktive Abfälle.
Die Plattform Jura-Südfuss (PJS) nimmt dabei eine zentrale Rolle
ein. Wie setzt sie sich zusammen?
Die PJS, 2009 gegründet, setzt sich zusammen aus
meiner
Wenigkeit als Präsident. Weiter gehören ihr an: Hans Fehlmann
(Gemeindeammann Gränichen), Beat Rüetschi (Gemeindeammann
Suhr), Kurt Henzmann (Gemeindepräsident Niedergösgen), Heinz
Rütter (Moderator) und Geschäftsstellenleiter Hans Beer,
Gretzenbach. Als Berater haben wir zudem den Geologen Mark Eberhard
hinzugezogen. Zum erweiterten Kreis gehören ferner Leonhard
Zwiauer als Vertreter des Kantons Aargau, Rolf Glünkin als
Vertreter des Kantons Solothurn sowie Repräsentanten des
Bundesamts für Energie (BfE).
Welches ist die Rolle der PJS?
Die PJS als "Startteam" bildet den Anfang für die
Partizipation der Region an einem Endlager. Sie existiert nur, bis ihr
Zweck, der Aufbau der Partizipation, erfüllt ist, also bis etwa
Mitte oder Ende des kommenden Jahres. Danach koordiniert sie die
Partizipation. Der Perimeter des Standortgebietes Jura-Südfuss
umfasst nicht nur die Gemeindepräsidentenkonferenz Niederamt (GPN)
und den Planungsverband Region Aarau (PRA), sondern auch den
Regionalverein Olten Gösgen Gäu (OGG), den Regionalverband
Suhrental, den Regionalplanungsverband Wynental, den
Regionalplanungsverband Lenzburg-Seetal und den Regionalverband
zofingenregio. Im Sachplanverfahren können die Gemeinden
partizipieren. Das BfE sieht sie als basisdemokratischen Prozess, bei
dem sich alle interessierten Kreise einbringen können. Wir
befürchten bei diesem Vorgehen - etwas pointiert ausgedrückt
- ein "Palaver" mit kaum fassbaren Resultaten. Was wir hingegen wollen,
ist eine klar strukturierte Partizipation, so dass Interessenvertreter,
legitimierte Gemeindevertreter, mitwirken können, die ein Gremium
bilden, in dem Entscheidungen getroffen werden. So hätte man
"Fleisch am Knochen".
Wie läuft das Sachplanverfahren eigentlich genau ab?
Mit dem neuen Kernenergiegesetz wurde bestimmt, dass die
radioaktiven Abfälle in der Schweiz entsorgt werden müssen.
Das Verfahren definiert den Weg, wie man auf technischer,
gesellschaftlicher und politischer Ebene zu einem Endlager kommen soll.
Es besteht aus drei Stufen. Wir befinden uns derzeit am Ende der Stufe
1, in der man in der ganzen Schweiz nach potenziellen Endlagern
für schwach-, mittel- und hochradioaktive Abfälle gesucht
hat. Gefunden hat man die bekannten Standorte Zürcher Weinland,
Südranden, Nördlich Lägern, Bözberg,
Jurasüdfuss und Wellenberg. Dabei wurde immer gesagt, dass die
radioaktiven Stoffe am sichersten Ort eingelagert werden sollen. Und
dies ist klar das Zürcher Weinland. Mittlerweile spricht man aber
nur noch von relativer Sicherheit, die man anstrebt. Man hat aber nicht
jeden Standort gleich gut untersucht. Über das Zürcher
Weinland beispielsweise weiss man alles, über die Region
Jurasüdfuss hingegen nur 20 bis 30 Prozent. In Phase 2 dann werden
die sozioökonomischen Komponenten untersucht sowie die
Einflüsse auf Umwelt und Gesellschaft. An allen Standorten wird
die Nagra bis Mitte 2011 je zwei Standorte für
Oberflächenanlagen vorschlagen. Phase 3 (ab zirka 2018) umfasst
die Suche nach dem endgültigen Standort.
Inwiefern kann die PJS Einfluss nehmen?
In der jetzigen Phase nur auf die Partizipation. Die PJS
selbst
partizipiert zwar noch nicht, aber die Gemeinden und die
Planungsverbände mussten sich bereits zur Endlager-Thematik
äussern. Sie kamen zu uns und baten uns, ihnen mit einer
Stellungnahme zu helfen. Das haben wir auch getan, obschon wir noch gar
nicht dazu legitimiert waren. Das ist ja das Unbefriedigende. Wir haben
die Stellungnahmen ausgearbeitet und sie den Gemeinden und
Verbänden zur Verfügung gestellt. Sie haben sie dann
teilweise übernommen.
Wechseln wir das Thema: Kommen wir zu einem
allfälligen
neuen Kernkraftwerk im Niederamt (KKN). Was erwartet die GPN inhaltlich
von der laufenden sozioökonomischen Studie?
Sie kommt im Januar auf den Tisch. Derzeit kann man noch
nicht
viel dazu sagen. Ihre Präsentation hat sich verzögert, weil
die Materie komplexer ist, als anfänglich erwartet. Zudem war es
sehr schwierig, an Datenmaterial heranzukommen - so etwa im Fall des
Kernkraftwerks Gösgen und der Alpiq. Aber nun ist alles beisammen.
Ein Wort zu den weiteren Zeitplänen?
Im März 2011 muss der Kanton dem BfE seine
Stellungnahme
einreichen - mit allen Richtplananpassungen. Diese kann er erst
einfliessen lassen, wenn die von uns in Auftrag gegebene
sozioökonomische Studie vorliegt. Der Kanton hat uns dies auch
zugesichert.
Im Januar kommt die Studie heraus, im März muss der
Kanton
seine Stellungnahme einreichen - wie soll das gehen?
Dieses Problem muss der Kanton selber lösen.
Wie stellt sich die GPN eigentlich generell zu einem neuen
Kernkraftwerk?
Wir sagten von Anfang an, dass wir dazu Stellung nehmen
wollen,
das führte auch zur Gründung der GPN im Jahr 2008. Aber wir
wollten nicht primär pro oder kontra Kernenergie Stellung
beziehen, sondern uns interessierten die sozioökonomischen
Auswirkungen eines neuen Kernkraftwerks oder eines Endlagers für
das Niederamt. Deshalb die Studie. Den ökologischen Teil liessen
wir dabei weg, weil innerhalb des Rahmenbewilligungsverfahrens für
ein KKN diese Abklärungen ohnehin getroffen werden. Wir wollten
diese Arbeit nicht zweimal machen. Ein weiterer Grund für die
Studie war abzuklären, wer und wie finanziell von einem neuen KKN
profitieren würde. Man hat die Studie so angelegt, dass man
für jede Gemeinde Aussagen treffen kann. Die Betroffenheit der
einzelnen Gemeinden wiederum soll als Basis dienen, um über den
Verteiler sprechen zu können. Erst wenn die Studie auf dem Tisch
liegt, können wir demzufolge Stellung pro oder contra KKN beziehen.
Was sagen Sie zu einem allfälligen Parallelbetrieb
von KKG
und KKN von voraussichtlich 15 bis 20 Jahren?
Auch dies ist Teil der sozio-ökonomischen Studie. Man
hat
die Geschichte des KKG aufgearbeitet und probiert so, anhand einer
Zeitachse Aussagen zum Betrieb des KKN sowie zu einem Parallelbetrieb
zu machen, und man versucht aufzuzeigen, was nach einer Abschaltung des
KKN geschehen kann. Und wir wollen sehen, welche Auswirkungen es
hätte, wenn zusätzlich zu KKG und KKN noch ein Endlager
hinzukäme. Aber da sprechen wir von einem Zeitraum von drei
Generationen. Je weiter die Zukunft entfernt ist, desto unsicherer
werden die Prognosen.
Zurück zum Tiefenlager: Wie ist die
diesbezügliche
Haltung der GPN?
Die GPN ist gegen ein Tiefenlager, weil wir sonst schon
fast so
etwas wie das "Nuclear Valley der Schweiz" würden. Wir haben nicht
das Gefühl, dass wir die Energieprobleme der Schweiz lösen
müssen.
Welches sind die nächsten Schritte, die die GPN
unternehmen
wird?
Zunächst warten wir die Studie ab, aber etliche
Vorarbeiten
wurden bereits geleistet. Zu nennen sind etwa die Bildung von
Arbeitsgruppen über Abgeltungen und Verteiler oder die Festlegung
der Verfahrensschritte. Die weiteren Handlungen hängen davon ab,
wie die Studie ausgefallen ist und wie man mit der KKN AG, einer
100-prozentigen Alpiq-Tochter übrigens, diskutieren kann.
--
Zur Person
Hanspeter Jeseneg (57) ist verheiratet und Vater dreier
erwachsener Kinder. Nach einigen Semestern Physikstudium liess er aich
zum Bezirkslehrer ausbilden. Er unterrichtet an der Bezirksschule
Schönenwerd Phil-II-Fächer. Von 1993 bis 2007 war er Mitglied
des Gretzenbacher Gemeinderates, 1997- 2009 als Präsident. Jeseneg
ist Energieverantwortlicher beim GPN und Präsident der PJS.
(bw)
---
Zentralschweiz am Sonntag 28.11.10
Theater
Das Geheimnis "Tschernobyl"
Stefan Christen
Der grösste anzunehmende Unfall als Theaterstoff:
Regisseur
Livio Andreina erklärt, weshalb er die Katastrophe von Tschernobyl
auf der Bühne verhandelt.
Livio Andreina, der nukleare Super-GAU, der sich im April
1986 im
Kernkraftwerk von Tschernobyl ereignete, ist schon oft reflektiert und
dokumentiert worden. Weshalb nehmen Sie sich als Theaterregisseur des
Themas an?
Livio Andreina: Als ich mich damit zu befassen begann,
interessierte mich vor allem die scheinbare Omnipotenz des Menschen: Er
glaubt, alles im Griff zu haben, und dann passiert doch etwas - ohne
dass er für die Folgen auch nur ansatzweise die Verantwortung
übernehmen kann.
Warum lässt sich diese Problematik moderner
Technologien am
Beispiel Tschernobyl besonders gut zeigen?
Andreina: Der Unfall hat die Illusion der Omnipotenz
erstmals
für alle sichtbar gemacht, darum ist er ins kollektive Bewusstsein
der Menschen eingegangen. Tschernobyl ist ein Zeichen, ein Symbol - und
ist mit anderen grossen Technikkatastrophen nur schwer zu vergleichen.
Denn mit der Ausbreitung von radioaktiven Strahlen geschah etwas, was
es zuvor noch nie gegeben hatte. Man sieht die Gefahr nicht, man riecht
sie nicht. Die Natur scheint sogar aufzublühen - und doch ist die
Strahlung tödlich. Und ihre Folgen werden erst in Tausenden von
Jahren getilgt sein.
Welche Erinnerungen haben Sie selber an die Katastrophe
von 1986?
Andreina: Die Zeit um mich herum schien stillzustehen. Im
Lago
Maggiore durfte man nicht mehr baden, man durfte keinen Salat mehr
essen, Babys sollten mit nicht verseuchter Milchpulvernahrung versorgt
werden. Es war ein Erzittern, das auch in der Schweiz spürbar war.
Irgendwann flachte der Schrecken wieder ab, auch bei mir, das Thema
verschwand aus dem öffentlichen Bewusstsein. Andererseits stelle
ich in Gesprächen immer wieder fest, wie wach die Leute reagieren,
wenn sie auf Tschernobyl angesprochen werden.
Gerade jetzt wird auch in der Schweiz wieder heftig
über die
Zukunft der Kernkraft gestritten. Sehen Sie Ihr Stück als einen
Beitrag zur politischen Debatte?
Andreina: Als ich vor zwei Jahren mit der Arbeit am Thema
begann,
gab es diese Debatte noch nicht. Das Stück macht keine politische
Aussage, nimmt keine Haltung ein. Die Inszenierung ist keine Polemik
und kommt ohne Pathos oder Moral aus. Aber sicher: Im Umfeld der
aktuellen Debatte wird das Stück spielerisch zu einer Art "Hot
Spot". Doch der Zuschauer wird selber den Link herstellen zur aktuellen
Problematik. Wir versuchen einfach, die Gefühle von Menschen zu
rekonstruieren, die dem Ereignis damals direkt ausgesetzt waren und vor
dem Unfassbaren standen. Das Stück gibt den Betroffenen eine
Stimme - und will gleichzeitig die allgemeine Befindlichkeit zeigen,
die sich ergibt, wenn eine Katastrophe dieses Ausmasses geschieht. Es
geht um menschliche Abgründe, um Angst, um Liebe, um die Zukunft.
Tschernobyl sei mehr als eine Katastrophe, "ein Geheimnis,
das
wir lösen müssen", haben Sie zum Projekt festgehalten.
Welches Geheimnis?
Andreina: Man müsste sich mit solchen Katastrophen
viel
genauer auseinandersetzen, viel weniger leichtfertig, als es bisher
geschehen ist. Letztlich weiss niemand, auch die Wissenschaft nicht,
was diese Strahlung letztlich bewirkt, was für Folgen zum Beispiel
auch die Kleinststrahlung hat. Darüber wird bis heute
hinweggedacht. Das Stück kann dieses Geheimnis natürlich auch
nicht lüften. Wir beleuchten es nur.
Und wie wird aus einem so komplexen Stoff Theater?
Andreina: Zunächst macht die Inszenierung bewusst,
dass wir
selber Beobachter sind. Wir befinden uns hier nicht in der verstrahlten
Zone. Das Stück arbeitet mit Versuchsanordnungen, die Einblick
geben in die Ereignisse und wie sie erlebt wurden. Etwa mit
monologartigen Berichten, die von Einzelschicksalen erzählen, oder
mit nachgespielten Dialogen von Spezialisten, Physikern, die mit dem
Geschehenen nicht umgehen können. Wir kreisen gewissermassen in
einer Abfolge von Nahaufnahmen in Wort, Bild und Ton um dieses
Ereignis. Der Text und die Bewegung empfinden die menschliche Erfahrung
nach. Die Videoarbeit setzt dokumentarisches Bildmaterial um, die Musik
liefert die Geräuschkulisse, und Ausstattung und Licht spüren
ihrerseits der Technik in der Natur nach.
Auf welche Quellen greift das Stück zurück?
Andreina: Das Stück soll durchaus einen
dokumentarischen
Hintergrund haben, es musste aus Dokumenten herauswachsen - und ist
letztlich doch eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem
Thema. Eingeflossen sind Textfragmente, Dialoge, Zitate, Fakten und
Bilder, die sich direkt oder indirekt mit Tschernobyl befassen. Auch
Essays, journalistische Bild- und Reisereportagen etwa von Swetlana
Alexijewitsch und Alexander Kluge waren eine Inspiration.
Hinweis: Werkstatt für Theater: "Störfall -
Nahaufnahme: Tschernobyl". Regie: Livio Andreina. Mit Judith Koch,
Michael Wolf, Bruno Amstad (Musik), Anna Maria Gaudemans (Ausstattung),
Florian Olloz (Video), Martin Brun (Licht). Premiere: Donnerstag,
2.12., 20 Uhr, Südpol, Luzern. Weitere Aufführungen 4. 12.,
6. 12., 7. 12., 8. 12., je 20 Uhr. VV: www.sudpol.ch
---
be.ch 3.11.10
http://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-9d3c97d769ad4fd29812ab00cad45f5f.html
Kanton Bern
Canton de Berne
Parlamentarische Vorstösse
Interventions parlementaires
Geschäfts-Nr.: 2010-9491 Seite 1/3
Vorstoss-Nr: 138-2010
Vorstossart: Interpellation
Eingereicht am: 06.09.2010
Eingereicht von: Brunner (Hinterkappelen, SP) (Sprecher/ -in)
Weitere Unterschriften: 0
Dringlichkeit: Ja 09.09.2010
Datum Beantwortung: 03.11.2010
RRB-Nr: 1562
Direktion: BVE
Wie will die Regierung wirtschaftliche und Investitionsrisiken
eines
AKW-Baus handhaben?
Die grossen Verbundunternehmen der schweizerischen Strombranche
gehen
wider besseres Wissen davon aus, dass im Jahr 2035 in der Schweiz
zwischen 25 und 30 TWh des nachgefragten Stroms fehlen werden. Die in
swisselectric organisierten Unternehmen haben im März 2007
angekündigt, bis zum Jahr 2035 rund 30 Mia. CHF zur Sicherstellung
der Stromversorgung zu investieren. Vorgesehen sind Investitionen in
Kernkraftwerke, erneuerbare Energien, Gaskombikraftwerke, Netzausbauten
und Pumpspeicherkraftwerke.
Kantone und Verbände haben bei Infras und TNC Consulting AG
eine
Studie in Auftrag gegeben, die die Wirtschaftlichkeit von
Grosskraftwerken gegenüber Stromeffizienz und erneuerbaren
Energien untersucht. Verglichen wurden die Investitionen für den
Mehrstrombedarf, der sich laut Prognosen der Stromunternehmen bis 2035
ergibt. Ergebnis: Stromeffizienz und erneuerbare Energien sind
volkswirtschaftlich interessanter. Während die energetische
Wirkung bei den beiden Szenarien Grosskraftwerke und Stromeffizienz und
erneuerbare Energien bis ins Jahr 2035 gleich hoch ist (30TWh),
erreicht das Szenario Stromeffizienz und erneuerbare Energien über
den Zeitraum 2006 bis 2035 eine kumulierte energetische Wirkung, die im
Jahr 2035 rund 10 Prozent über der Wirkung des Szenarios
Grosskraftwerk liegt. Die Grosskraftwerke schneiden schlecht ab: Mit
den Investitionen in solche würde die Schweizer Volkswirtschaft
einen Verlust einfahren. Die Investitionen in Stromeffizienz und
erneuerbare Energien hingegen hätten eine höhere
Wertschöpfung, mehr Arbeitsplätze und eine Dynamisierung des
Sektors zur Folge - besonders, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien
nicht aus dem Ausland importiert, sondern hier erzeugt wird. Bei den
Banken haben wir die Erfahrung mit "too big to fail" gemacht. Diese
Erfahrung müssen wir im Energiebereich vermeiden. Stromeffizienz
und erneuerbare Energien sind eine wirtschaftliche Alternative zu
Grosskraftwerken.
1. Wie gedenkt die Regierung mit den wirtschaftlichen
Investitionsrisiken bei einem allfälligen Ausbau des
Ersatzkraftwerks AKW Mühleberg umzugehen?
2. Wie verhindert sie, dass das wirtschaftliche und technische
Risiko
beim Bau neuer AKWs bei den Steuerzahlenden liegt?
3. Wie weit kann und will der Regierungsrat Einfluss nehmen,
dass auf
Bundebene den Ergebnissen der Infras-Studie Beachtung geschenkt wird?
4. Die erforderlichen Massnahmen zur Ausschöpfung des
Stromeffizienzpotenzials sollten möglichst rasch ergriffen werden.
Was gedenkt die Regierung diesbezüglich im Kanton Bern über
die bisherigen Massnahmen hinaus zu tun?
Es wird Dringlichkeit verlangt.
Antwort des Regierungsrates
Der Regierungsrat teilt die Einschätzung der
Interpellantin,
wonach der Bau neuer Atomkraftwerke in der Schweiz mit hohen
Investitionsrisiken verbunden wäre. Hinzu kämen die
Störfallrisiken beim Betrieb, die grösstenteils nicht
versicherbar sind. Aus diesen und weiteren Gründen lehnt die
Regierung den Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg ab. Die
Energiestrategie von 2006 zeigt, wie die Energieversorgung des Kantons
nach einem Ausstieg aus der Kernenergie mit erneuerbaren Energien und
Energieeffizienz sichergestellt werden kann.
Zu den Fragen 1 und 2:
Sollte das Ersatzkernkraftwerk Mühleberg erstellt werden,
würde es als Partnerwerk erbaut. Die BKW würde demnach das
Grosskraftwerk gemeinsam mit anderen Partnern errichten. Dabei
hätte jeder Partner die Risiken seinem Anteil entsprechend zu
tragen, wobei die Haftung der BKW, wie bei allen Aktiengesellschaften,
auf das Aktienkapital beschränkt bliebe. In diesem Sinn hätte
der Kanton die Wertverminderung für das Aktienkapital in
Staatsbesitz zu tragen. Deshalb kann der Regierungsrat nicht
abschliessend verhindern, dass sich aus dem Bau und dem Betrieb eines
neuen Atomkraftwerks in Mühleberg Investitionsrisiken ergeben
würden, welche bei den Steuerzahlenden verbleiben könnten.
Hinzu kommen die Risiken für die öffentliche Hand bei einem
Störfall. Es ist davon auszugehen, dass bei einem grösseren
Störfall nicht alle Schäden aus den Haftpflichtversicherungen
der Anlagebetreiber und aus dem Nuklearschadenfonds des Bundes gedeckt
werden könnten. Gemäss Artikel 12
Kernenergiehaftpflichtgesetz (SR 732.44) versichert der Bund den
Haftpflichtigen gegen Nuklearschäden bis zu einer Milliarde
Franken je Kernanlage oder je Transport, zuzüglich 100 Millionen
Franken für anteilsmässige Zinsen und Verfahrenskosten,
soweit diese Schäden die Deckung durch den privaten Versicherer
übersteigen oder von ihr ausgeschlossen sind. Für
Schäden, die darüber hinausgehen, haftet dann das Unternehmen
lediglich noch mit seinem Vermögen beziehungsweise maximal mit
seiner Konkursmasse. Bei einem solchen schweren Störfall
müsste daher der verbliebende Rest - der voraussichtlich einen
grossen Teil der Schäden ausmachte - von der öffentlichen
Hand getragen werden, das heisst von den Steuerzahlenden auch des
Kantons Bern.
Zu Frage 3:
Der Regierungsrat hat die Ergebnisse der Studie mit Interesse
zur
Kenntnis genommen. Er ist der Ansicht, dass diese wichtigen Fragen im
Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeit von Atomkraftwerken
thematisiert werden müssen. Der Regierungsrat wird diese Themen
bei seiner Kommunikation im Abstimmungskampf aufnehmen. Er geht davon
aus, dass die Studie auch auf Bundesebene gebührend zur Kenntnis
genommen wird. Der Regierungsrat hat keine direkten Möglichkeiten
zur Einflussnahme auf Bundesebene.
Zu Frage 4:
Die Stromeffizienzziele der Energiestrategie sind langfristig
angesetzt
und die Massnahmen zu deren Umsetzung werden planmässig
kontinuierlich gesteigert. Konkret soll als nächster wesentlicher
Schritt das vom Grossen Rat verabschiedete, revidierte Energiegesetz in
Kraft gesetzt werden.
An den Grossen Rat