MEDIENSPIEGEL 3.12.10
(Online-Archiv:
http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo, DS)
- (St)Reitschule: Im falschen Verein...
- Bahnhof-Umbau: Schienenbau tangiert evtl. Reitschule
- Stadtnomaden: für 3 Monate auf dem Viererfeld
- Squat BE: Moserstrasse kriegt Vertrag
- Obdachlos: Winterthur + Bern
- Müslüm-Samichlaus: Borat aus dem Wyler
- Openair: 40'000 für innovative Musikveranstaltung
- Police BE: mehr Zusammenarbeit mit Stadt
- RaBe-Info 30.11.-3.12.10
- Sans-Papiers BE: Ausbildungsmöglichkeiten
- Freiraum SO: AFB distanziert sich von Party
- Squat BS: Wettsteinallee 40 schon wieder leer
- Molino TI: SVP verklagt Molino
- Autonome Schule ZH: Polizeiprovokationen
- Anti-Ausschaffungs-Demos: Lausanne, ZH, Bern, Basel, Fribourg
- Ausschaffungen: Banden bilden; Olaf@Kulturplatz; Automatismen;
Schengen; Einbürgerungs-Aufforderung, Demo Chur; Vorarlberg;
Suter-Airline; Beschwerde
- Asyl: Endstation Container
- Migration Control: Griechenland; Frontex
- SIP ZH: Sozialpolizei für Ruhe und Ordnung
- Sexwork: Sexgewerbe-Gesetz BE; Freierselbstkontrolle
- Alkohol: Schlechte Zahlungsmoral der Ausgenüchterten;
Schlägerfolgekosten; Luzern
- Drogen: Der grosse Rausch im Rolling Stone; Gassenleben; Khat
- Big Brother: SMS mitlesen
- Big Brother Sport: Hooligan-Konkordat; Rassismus im Stadion
- Rechtsextremismus: Bahnhof Bern; Power Zone BS; Liechtenstein
- Taser: Toter in Frankreich
- Mussolini: vom Diktator zum guten Onkel
- Anti-Atom: Ständerat + ZH pro AKW; Strahlenrisiken;
Vorarlberg
gegen Endlager; Geburteneinbruch; Junge Grüne SO; BE als Testfeld;
Anti-Endlager; Anti-AKW-Bewegung; Alpiq + das Kapital;
Versicherungsschutz
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REITSCHULE
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Sa 04.12.10
16.00 Uhr - Tojo - "Cousin Ratinet" Ein Musiktheater von
Théâtre de la Grenouille. Ab 6 Jahren.
21.00 Uhr - Kino - Kinder der Landstrasse, U. Egger, CH
1993, 117 Min.,
35mm, Ov/d
22.00 Uhr - Dachstock - INFESTICONS (USA) & THAVIUS
BECK (USA)
live!, Support: DJ Kermit - Hiphop, Alternative
So 05.12.10
09.00 Uhr - Grosse Halle - Flohmarkt und Brunch im
SousLePont (bis
16.00 Uhr )
13.30 Uhr - Kino - Kinderfilm am Flohmi-Sonntag: Mary
Poppins, R.
Stevenson, USA 1964
14.00 Uhr - Frauenraum - "Sie kam und blieb", Stube Vol.
3 mit NOUS
TROIS
16.00 Uhr - Tojo - "Cousin Ratinet" Ein Musiktheater von
Théâtre de la Grenouille. Ab 6 Jahren.
20.15 Uhr - Kino - Gemeinsam Tatort schauen
Do 09.12.10
17.00 Uhr - Dachstock - ARTSOUK 2010 - Art Exhibition
20.00 Uhr - Dachstock - ARTSOUK 2010 - Auction
Fr 10.12.10
17.00 Uhr - Dachstock - ARTSOUK 2010 - Art Exhibition
20.00 Uhr - Dachstock - ARTSOUK 2010 - Auction
23.00 Uhr - Dachstock - ARTSOUK 2010 - Concert Surprise,
danach DJ
Wicked Wiggler (LU)
Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch
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Bund 2.12.10
Sechs Fragen an
Schauplatz International
Anna-Lisa Ellend, Albert Liebl, Lars Studer und Martin
Bieri sind
die Theatergruppe Schauplatz International. In"Ikeaville" laden sie zu
einem Audioguide-Rundgang durch die Ikea Lyssach. Busfahrt ab
Schützenmatte: 3., 10. und 17. Dezember, jeweils 19 Uhr.
Reservation (beschränkte Platzzahl): 031 991 99 01 oder
tickets@schauplatzinternational.net. Individuelle Anreise: 7., 9., 12.,
14., 16. und 19. Dezember, Geschäftszeiten.
www.schauplatzinternational.net.
In der ortsspezifischen Produktion "Ikeaville" lassen Sie
Ihr
Publikum mit Audioguides durch die Ikea Lyssach spazieren. Was meinen
da die Hausherren dazu?
Ikea fands eine tolle Idee. Wir sind jetzt Teil des
emotionalen
Marketings von Ikea. Und Ikea Teil von unserem.
Warum bringen Sie das Theater an einen Ort wie diesen?
Uns interessiert, wie unsere Arbeit ausserhalb des
Kunstmilieus
aufgenommen wird. Das bedeutet auch: raus aus der Stadt, an die
Peripherie und rein in die Stadt am Rand der Autobahn namens Ikeaville.
Ausserdem haben wir eine Affinität zu künstlichen
Räumen. Bei Ikea verschwimmen Realität und Fiktion aus
kaufmännischen Gründen von Anfang an. Das ist die moralische
Peripherie. Wir wollen uns der Vermischung von Kunst und Marketing
aussetzen.
Sie sagen, dass das Ensemble der Musterwohnungen bei Ikea
eine
Art Bühnenbild ist, eine grosse Fiktion. Was für Geschichten
erzählt Ikea - und welche erzählen Sie?
Gemäss Firmen-Philosophie will Ikea gute, schöne
Möbel günstig anbieten. Demokratisches Design. Das ist die
Ikea-Story. Das nehmen wir auf und denken es noch weiter: Was
wäre, wenn Ikea die Welt in einem politischen Sinn zu einem
besseren Ort machen würde? Kann die Revolution gesellschaftlich
outgesourct, privatisiert und von einem Unternehmen durchgeführt
werden?
"Ein besserer Alltag" lautet ja die
Ikea-Geschäftsidee.
Machen Sie dieses Versprechen eines besseren Lebens an den Wohnungen
selber dingfest?
Ja. Wir haben herausgefunden, dass nachts bei Ikea
Menschen
leben, die an der Verbesserung der Welt arbeiten. Weil die Revolution
nur aus der Mitte der Gesellschaft kommen kann, leben sie in den
Musterzimmern von Ikea den kleinbürgerlichen Traum. Wir haben sie
dabei beobachtet. Diese Beobachtungen kann man in dem etwa
90-minütigen Rundgang per Audioguide mitverfolgen.
Aber nochmals: Goutieren die Ikea-Verantwortlichen in
Lyssach
diese kritische Inszenierung des Bildes, das Ikea von sich an die
Kundschaft bringt, wirklich?
Wir sind nicht in einem destruktiven Sinn kritisch. Wir
denken
nur die Ikea-Idee weiter. Ikea spielt die Rolle des "anderen
Möbelhauses" gut, und genau mit diesem Gedanken, mit dieser Maske
setzen wir uns auseinander. Abgesehen davon weiss man im Voraus nie,
welche Ideen die Welt verändern. Solche, die das beabsichtigen,
oder solche, die das vermeiden wollten. Aus Marketing könnte ernst
werden.
Werde ich nach dem Rundgang mein Billy-Regal mit anderen
Augen
ansehen?
Ja, Sie werden es vor das Che-Guevara-Poster stellen.
Interview: Regula Fuchs
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20 Minuten 3.12.10
Künstler zeigen, wie in der Ikea Menschen wohnen
LYSSACH. Leben in der Ikea Menschen? Eine Theatertruppe
hat sich
auf die Suche nach ihnen gemacht. Daraus ist ein Audioguide entstanden.
Wohnst du noch oder lebst du schon? Sie leben. Und zwar
zwischen
Billy-Regalen und Malm-Betten. Dies behauptet jedenfalls eine muntere
Theatertruppe. "Wir haben die Bewohner beobachtet. Sie lesen die
Bücher in den Regalen, hören Musik, denken über
ungeschlechtliche Vermehrung nach oder planen Anschläge", sagt
Albert Liebl. Der Schauspieler ist Teil der Bern-Berliner Theatergruppe
Schauplatz International. Auf der Suche nach den vermeintlichen
Bewohnern hat sich diese eine Nacht im schwedischen Möbelhaus
einschliessen lassen. Resultat des nächtlichen Streifzugs ist ein
Audioguide, der Besucher im Dezember Track für Track durch die
Ikea führt und ihnen zeigt, wie und wo die mysteriösen
Bewohner hausen. Der akustische Führer mit dem Motto "Ikeaville -
What Happened Before You Came" ist aber nicht etwa ein PR-Gag. "Wir
finden es ein lustiges Projekt. Deshalb machen wir mit", so
Ikea-Sprecherin Sonja Blöchlinger.
Wer sich auf die Spuren der nächtlichen Bewohner
begeben
will, kann sich an sechs Tagen während der Öffnungszeiten
gratis am Ikea-Eingang einen Guide schnappen. Heute und an zwei
weiteren Freitagen bringt zudem ein Bus Interessierte für 25
Franken nach Ladenschluss vom Tojo-Theater Bern nach Lyssach.
nc/big
http://www.schauplatzinternational.net
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BZ 2.12.10
Verschwörung im schwedischen Möbelhaus
Audioguide-TourDie Berner Theatergruppe Schauplatz
International
hat eine neue Kulisse gesucht und wurde bei Ikea Lyssach fündig.
Ihre Audioguide-Tour "Ikeaville - What happened before you came"
entführt das Publikum in eine geheimnisvolle Parallelwelt, von der
bis anhin nichts bekannt war. Und dies alles offiziell abgesegnet vom
Möbelkonzern.
Im Schrank riechts nach Zwiebeln. Und die Bücher,
waren die
nicht gerade vorhin noch anders geordnet? Man setzt sich aufs Sofa,
lehnt sich zurück und denkt nach. Da plötzlich, ein
Preisschild sticht einem in die Rippen. Und erinnert daran, wo man sich
eigentlich befindet. In Ikeaville, der Kleinstadt ohne Hauswände.
Man hat das Gefühl, der Mensch, der dieses Zimmer nach
Ladenschluss bewohnt, sei eben noch hier gewesen. Doch jetzt ist er
spurlos verschwunden. Stattdessen sitzen vier andere hier: Martin
Bieri, Anna Lisa Ellend, Albert Liebl und Lars Studer von Schauplatz
International. Dank ihnen hört man erstmals mehr über die
geheimnisvollen Ikea-Menschen und ihre Mission. Die freie Theatergruppe
hat einen Audioguide zusammengestellt, der das Weltbild von Ikea
weiterdenkt.
Konsum für alle
Zu diesem Zweck haben sich die vier wochenlang ins Ikea
gesetzt,
geschaut, gelauscht, geforscht. Und dies ganz offiziell: Die
Regionalverantwortlichen von Ikea Lyssach waren begeistert von der
Idee, ihr Möbelhaus während der normalen Öffnungszeiten
zur Theaterkulisse zu machen, und schickten die frohe Botschaft gleich
an die 150 0000 Haushaltungen von "Ikea Family". "Da haben wir schon
etwas leer geschluckt", sagt Anna Lisa Ellend. Schliesslich hatte man
zuvor gar eine konspirative Version, bei der das Publikum heimlich mit
MP3-Playern durch die Ausstellung gelotst worden wäre, in Betracht
gezogen. Doch jetzt ist das Projekt Teil der Marketingstrategie von
Ikea. Oder umgekehrt: "Wir brauchen sie als Plattform für unsere
Kunst - und sie wollen durch uns ihre Glaubwürdigkeit steigern",
sagt Albert Liebl. "Es geht um unsere Haltung", ergänzt Lars
Studer, "uns diesem Einfluss auszusetzen und doch nicht vereinnahmt zu
werden."
Die Formel von Ikea, dank preiswerten und modischen
Möbeln
den Menschen zu einem besseren Leben zu verhelfen, wird von Schauplatz
International genau unter die Lupe genommen und so wörtlich
genommen, dass sie ad absurdum geführt wird.
"Ikea hat den Konsumsozialismus erfunden", sagt Anna Lisa
Ellend,
"du kannst die Kinder hierher mitnehmen, es ist günstig und
gemütlich. Erschwinglicher Konsum für alle." Um ihre Aussage
zu unterstreichen, lässt sie sich etwas tiefer ins Sofa der 55
Quadratmeter grossen Musterwohnung zurückfallen. Ikea preist sie
an mit: "Meine Wohnung: gross genug für eine Party mit 25 Personen
und klein genug, um die Familie zusammenzuhalten." Als ein kleiner
Junge mit seiner Mutter vorbeispaziert, sagt er zu ihr: "Schau, hier
haben 25 Personen Platz."
Revolution nach Ladenschluss
"Ikea hat für jedes Zimmer eine Geschichte, ein
Porträt
der Menschen, die dort wohnen", fährt Ellend fort. Wie die Gruppe
Schauplatz International betreibt auch der Möbelriese seit Jahren
das Vermischen von Realität und Fiktion - mit Erfolg.
Diese Vermischung ist der Ausgangspunkt der
Audioguide-Tour. Doch
Schauplatz International wollten die Fiktion noch weitertreiben: Was
passiert, wenn die Revolution ausgelagert wird in ein privates
Unternehmen? Was, wenn die Nachtmenschen wirklich an jenem besseren
Leben arbeiten, auf das sich Ikea immer bezieht? Und was, wenn die
heile Möbelwelt nur Tarnung für ganz andere Aktivitäten
ist?
Martin Bieri hat sich unterdessen an einen Tisch der
Musterwohnung gesetzt und lässt sich von Albert Liebl unsichtbaren
Wein aus einer Flaschenattrappe einschenken. "Und wenn es wahr
wäre", sinniert Liebl, "was nachts hier geschieht, wäre das
gut oder schlecht?" Die Antwort darauf muss sich das Publikum selbst
geben.
Marina Bolzli
Vorstellungen: mit kollektiver Anreise per Bus am 3., 10.,
und
17. Dezember, 19 Uhr, Tojo-Theater, Bern. Reservation: 031 991 99 01
oder tickets@schauplatzinternational. net; mit individueller Anreise
ins Ikea Lyssach am 7., 9., 14. und 16. Dezember, 11-19 Uhr, 12. und
19. Dezember, 11-17 Uhr.
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kulturagenda.be 2.12.10
Schauplatz Ikea
Das Theaterkollektiv Schauplatz International präsentiert
seine
neue Produktion in Lyssach. Der Audio-Guide "Ikeaville" wirft einen
ganz neuen Blick auf das schwedische Möbelhaus und seine geheimen
Bewohner.
Was, wenn in den Ausstellungsräumen von Ikea
tatsächlich
jemand wohnen würde? Wenn die präsentierten Muster von
Schlaf-, Ess- und Wohnzimmern jemandem gehören würden? Wenn
darin nachts, nachdem alle Kunden weg sind, Leben erwachen würde?
Dann, wenn solche Fiktionen Realität werden, hat Schauplatz
International die Finger im Spiel. Die freie Theatergruppe zimmerte aus
dieser skurrilen Idee einen Audio-Guide durch das schwedische
Möbelhaus, "Ikeaville - What happened before you came".
Ikea-Bewohner arbeiten an besserer Welt
Die Mitglieder des Theaterkollektivs liessen sich nämlich
eines
Nachts in der Ikea Lyssach einsperren. "Wir mussten mit grossem
Erstaunen feststellen, dass die ausgestellten Räume
tatsächlich bewohnt sind", erzählt Martin Bieri, Dramaturg
und Mitglied von Schauplatz International. Die Beobachtungen über
dieses geheimnisvolle, nachtaktive Völkchen haben die
Theaterschaffenden festgehalten. Sie finden sich als einzelne Tracks
auf dem Audio-Guide wieder. Diesen akustischen Führer leiht man
sich vor dem besonderen Ikea- Rundgang beim Eingang aus. Passend zu
jedem ausgestellten Zimmer, gibts eine Geschichte zu hören. Jede
Zuhörerin und jeder Zuhörer kann sich ein individuelles
Programm zusammenstellen und sich frei durch das Möbelhaus bewegen.
Wie bei allen Produktionen von Schauplatz International stecken
auch
hinter "Ikeaville" Gedanken zu Politik und Gesellschaft. Die
mysteriösen Ikea-Bewohner arbeiten nämlich nachts emsig an
einer besseren Welt. Damit greift Schauplatz International die
Ikea-Philosophie des demokratischen Designs auf: günstige
Designmöbel für alle. Ob sich dieser Begriff einer "besseren
Welt" von Ikea mit den Vorstellungen des Theaterkollektivs deckt, sei
dahingestellt.
"Wir fragen uns, was passiert, wenn die Demokratie privatisiert
wird",
erklärt Bieri. Nebst dem Soziologen Colin Crouch fanden auch
Mitarbeiterinnen der schwedischen Botschaft in Bern Eingang in das
Projekt. Ein Interview mit ihnen zum schwedischen Sozialstaatsmodell
"folkhemmet" ("Volksheim ") findet sich auf dem Audio-Guide wieder.
Lars von Trier lässt grüssen
Der Projekttitel "Ikeaville" ist eine Anlehnung an Lars von
Triers
"Dogville" aus dem Jahr 2003. Der Film, der in Schweden produziert
wurde, zelebriert die Reduktion. Gartenzäune, Dorfgrenzen und
Häuserwände sind symbolisch als weisse Striche am Boden zu
erkennen. Wie "Dogville" ist also auch das Möbelhaus eine Art Dorf
ohne Hauswände.
Einmal mehr arbeitet die Theatergruppe, indem sie den
Audio-Guide
einsetzt, mit einem unkonventionellen Theatermittel und macht durch die
aufgezeichneten Kommentare ihre Arbeitsweisen sichtbar. Und diesmal
agieren die vier Theaterleute Martin Bieri, Anna-Lisa Ellend, Albert
Liebi und Lars Studer auch an einem sehr ungewöhnlichen Ort. "Das
Faszinierende an ‹Ikeaville› ist, dass wir mit einem Kunstprojekt in
ein ganz anderes System eindringen. Der Kunstkontext fällt im
Möbelhaus weg", sagt Bieri, "Ich bin gespannt, wie wir ausserhalb
des Kunstmilieus funktionieren, und auch, wie das Publikum und die Ikea
auf unser Projekt reagieren werden."
Simone Tanner
\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
\ \ \ \
\ \ \ \ \ \ \ \
"Ikeaville" kann individuell in Lyssach oder als Bustour ab Bern
gebucht werden.
• Bustouren: Treffpunkt beim Tojo Theater, Bern. Fr., 3.12.,
10.12. und
17.12., 19 Uhr
• "Ikeaville" mit individueller Anreise
nach Lyssach: 7., 9., 14., und 16.12., 11 bis 19 Uhr, sowie 12.,
und
19.12., 11 bis 17 Uhr
Reservationen unter Tel. 031 991 99 01 oder
tickets@schauplatzinternational.net
http://www.tojo.ch
---
WoZ 2.12.10
"Ikea-Ville"
Musterzimmer bei Ikea sind eingerichtet, als ob da Leute
leben
würden, über die man viel erfahren könnte - auch
über sich selbst, denn die Haushalte der bürgerlichen
Gesellschaft sind durchsetzt von solchen Requisiten
zurückhaltenden Wohlstands.
Ikea ist aber auch eine Kleinstadt ohne Hauswände: Um
zu
sehen, wie die anderen so leben, muss man nicht mal durchs Fenster
schauen. Nimmt man die verkaufstechnische Fiktion ernst, öffnet
sich ein fantastisches Bühnenbild. Das Theaterkollektiv Schauplatz
International nutzt diese Vorlage, um eine eigene Interpretation dessen
zu geben, was bei Ikea "besser leben" heisst.
"Ikea-Ville - What happened before you came" macht dies
mit einer
Audioguide-Tour durch die Ikea-Filiale in Lyssach. Die Audioguides
werden für einmal nicht dazu eingesetzt, Realität zu
fiktionalisieren; die Fiktion wird ernst genommen. Die
Hörgeschichten basieren auf dem sozialutopischen Anspruch von
Ikea, gute, schöne Möbel für alle anzubieten - ein
Konzept, das parallel zum schwedischen Sozialstaatsmodell eine
Mischform zwischen Sozialismus und Kapitalismus anstrebt. adr
"Ikea-Ville - What happened before you came" in: Lyssach
Ikea-Filiale, Bernstrasse. Kollektive Anreise (Busfahrt ab Bern,
Tojo-Theater): Fr, 3. Dezember (Premiere), 10. und 17. Dezember, 19 Uhr
(bis 23 Uhr).
Individuelle Anreise: Di, 7., Do, 9., Di, 14., Do, 16.
Dezember,
11 bis 19 Uhr; So, 12. und 19. Dezember, 11 bis 17 Uhr. Audioguides am
Eingang erhältlich. Dauer ca. 75 Minuten. Preis: "Zahl, so viel du
willst".
Reservation unter Angabe des Zeitpunkts und der
gewünschten
Anzahl Audioguides (Zahl beschränkt):
tickets@schauplatzinternational.net; Tel. 031 991 99 01. Mitbringen
eigener Kopfhörer erwünscht, aber nicht zwingend.
www.schauplatzinternational.net
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kulturagenda.be 2.12.10
"Cousin Ratinet" im Tojo Theater
Das Théâtre de la Grenouille aus Biel hat aus dem
Buch von
Claude Boujon ein schräges
Musiktheater gemacht. Drei musikalische Ratten spielen darin die
Hauptrolle. Eines Tages
bittet der noble Cousin Ratinet um Unterschlupf. Der ungleiche
Verwandte stösst auf Unverständnis.
Die musikalische Fabel über Integration und Ausgrenzung
eignet
sich für Kinder
ab 6 Jahren. Tojo Theater, Bern. Fr., 3.12., 19 Uhr, sowie Sa.,
4.12.,
und So., 5.12., 16 Uhr
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Bund 2.12.10
Infesticons
Fruchtbarer kreativer Wankelmut
Die musikalische Karriere des Mike Ladd ist ein kreatives
Schlingern zwischen den Genres: Begonnen hat seine Laufbahn bei
Punkrock, angekommen ist er mittlerweile bei einem Avantgarde-Hip-Hop,
der politisches Bewusstsein und Kritik an den Verhältnissen mit
Funk, Soul und Rock kreuzt. Ladd besucht die Reitschule mit seiner
Liveband Infesticons und dem Elektroniker Thavius Beck.(reg)
Reitschule Dachstock Samstag, 4. Dezember, 22 Uhr.
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Bund 2.12.10
"Samichlaus - Das Musical".
Sie haben im Juni mit "Die Dällebach-Macher" das
Stück
zum Musical gemacht, nun malen sich Pascal Nater und Michael Glatthard
das Musical zum Weihnachtsphänomen aus. "Samichlaus - Das Musical"
blättert die tausend Facetten des Nikolaus auf und garniert das
Dokumentarische mit Musik, genauer: mit dem Lied zum Bart oder einer
mittelalterlichen Hommage an den Heiligen. (reg)
Tojo-Theater ReitschuleMittwoch, 8. Dezember, bis Samstag,
11.
Dezember, 20.30 Uhr. Sowie Sonntag, 12. Dezember, 19 Uhr.
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(ST)REITSCHULE
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20 Minuten 2.12.10
"Im falschen Verein": CVP läutet den Wahlkampf ein
BERN. Rausgeschmissenes Geld oder clevere Taktik? Fast ein
Jahr
vor den Nationalratswahlen geht die Berner CVP mit einem Frühstart
ins Rennen.
"Immer nur Zweiter - vielleicht im falschen Verein": Mit
diesem
Slogan provoziert die CVP YB-Fans beim Stade de Suisse. Auch bei der
Reitschule hat sie Plakate anbringen lassen: "Immer Ärger mit
Chaoten - vielleicht im falschen Verein", stand dort. Allerdings wurden
die Affichen bereits nach einem Tag heruntergerissen.
"Wir geben uns tabulos und wollen das verstaubte Bild, das
manche
von uns haben, revidieren", sagt Michael Daphinoff von der CVP. "Ein
cleverer Schachzug", lobt Wahlkampfexperte Mark Balsiger, "die Kampagne
kommt unerwartet und greift Themen auf, die Bern bewegen." Um einen bis
zu den Nationalratswahlen im Oktober 2011 anhaltenden Effekt zu
erzielen, müsse die CVP aber regelmässig nachstossen.
Unbeeindruckt vom Frühstart der CVP zeigt sich
BDP-Präsident Hans Grunder: "Die Plakate bringen nichts. Im
Weihnachtstrubel gehen sie völlig unter." Seine Partei lasse sich
noch Zeit, werde aber mit einer vollen Liste und dem Ziel antreten, im
Kanton Bern mindestens vier Sitze zu erringen. Dabei könnte es auf
ein Duell mit der FDP hinauslaufen - die BDP suche dieses aber nicht.
Auch SP-Kantonspräsident Roland Näf rechnet mit einem harten
Wahlkampf: "Wir wollen aber nicht mit Plakaten, sondern mit
Lösungen punkten."
Patrick Marbach
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Blick am Abend 1.12.10
CVP provoziert mit Plakat
KAMPAGNE
"Immer Ärger mit Chaoten? Vielleicht im falschen
Verein"
heisst es auf einem Plakat vor der Reitschule. So wirbt die CVP Stadt
Bern um neue Mitglieder. Beim Wankdorf steht auf einem anderen Plakat
mit Anspielung auf YB: "Immer nur Zweiter? Vielleicht im falschen
Verein." Die CVP sei mit ihrer lösungsorientierten Mittepolitik
eine gute Alternative zu anderen ‹Vereinen›", sagt Michael Daphinoff,
Präsident der städtischen CVP. ehi
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BAHNHOF-UMBAU
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Bund 2.12.10
RBS setzt weiterhin auf neuen Tiefbahnhof - SBB dürften
verzichten
Eigenständige Pläne von RBS und SBB für den
Ausbau
des Berner Hauptbahnhofs.
Simon Thönen
Der Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS) will weiterhin
einen
neuen RBS-Tiefbahnhof bauen. Dies liess RBS-Direktor Hans Amacker
gestern an einem "Werkstattgespräch" zur Zukunft des Berner
Hauptbahnhofs durchblicken. Allerdings soll der RBS-Tiefbahnhof durch
Abstriche am ursprünglich geplanten Projekt rund 200 Millionen
Franken billiger werden.
Die SBB hingegen teilten gestern erneut mit, dass sie
wahrscheinlich auf einen eigenen Tiefbahnhof verzichten. Für sie
steht eine seitliche Erweiterung im Vordergrund: Auf dem Niveau der
heutigen SBB-Perrons würden vier neue Gleise in den Hügel der
Grossen Schanze hinein gebaut. Die neuen Perrons lägen unterhalb
des Bahnhofparkings.
Grosser Wurf zu teuer
Ursprünglich waren zwei Tiefbahnhöfe geplant,
zuerst
einer für den RBS, später einer für die SBB. Ende 2008
wurde dies als "Jahrhundertprojekt" für den Ausbau des Berner
Bahnhofs präsentiert. Doch der grosse Wurf stellte sich als zu
teuer heraus. Seit 2009 suchen die Partner des Projekts "Zukunft
Bahnhof Bern" nach neuen Lösungen. Die Überprüfung soll
im März 2011 abgeschlossen werden. Dann soll ein Konzept
vorliegen, das aufzeigt, wie der Bahnhof Bern in mehreren Teilschritten
ausgebaut werden kann.
SBB-Projekt tangiert Reithalle
Das von den SBB gegenwärtig favorisierte
Ausbauprojekt einer
seitlichen Erweiterung könnte die Reitschule tangieren -
allerdings erst dann, wenn nach dem SBB-Bahnhof auch die
Eisenbahnbrücke über die Aare ausgebaut werden muss. Dies
wäre laut SBB frühestens in ein paar Jahrzehnten nötig.
Die Grosse Halle der Reitschule stünde dann
möglicherweise einer Verbreiterung der Bahnbrücke im Weg -
und müsste abgerissen werden. Obwohl die Pläne der SBB noch
unausgereift sind, meldete die Stadt Bern gestern vorsorglich
Vorbehalte an. - Seite 21
--
SBB wollen nicht in die Tiefe, RBS schon
Noch ist nichts entschieden, doch am
"Werkstattgespräch" zur
Zukunft des Bahnhofs Bern zeichneten sich diese Optionen ab: Der RBS
dürfte weiterhin auf einen neuen, aber billigeren Tiefbahnhof
setzen. Die SBB brauchen keinen eigenen Tiefbahnhof.
Simon Thönen
Wenn bei einem Sachthema wie dem Ausbau des Berner
Hauptbahnhofs
Wörter aus der privaten Beziehungssprache auftauchen, dann
lässt dies tief blicken. "Das ist keine Scheidung von den SBB",
sagte gestern Hans Amacker, Direktor des Regionalverkehrs
Bern-Solothurn (RBS), "wir machen es wie ein verantwortungsvolles
Konkubinatspaar, das die gemeinsame Zukunft plant."
Übersetzt heisst dies: Beim Ausbau des Berner
Bahnhofs gehen
RBS und SBB getrennte Wege. Dies wurde gestern am dritten
"Werkstattgespräch" zum Ausbau des Bahnhofs deutlich. Ende 2008
hatte man sich auf zwei Tiefbahnhöfe geeinigt, zuerst einen
für den RBS, später einen für die SBB. Doch ein
ETH-Gutachten zwang die im Projekt "Zukunft Bahnhof Bern" (ZBB)
zusammengeschlossenen Partner, weitere Varianten zu prüfen.
Im Juni brachten die SBB dann überraschend eine
eigene
Variante ins Spiel: Anstatt einen Tiefbahnhof zu bauen, könne der
SBB-Bahnhof auch seitlich erweitert werden: Vier zusätzliche
Gleise würden neben den existierenden Perrons auf der Nordseite
des Bahnhofs gebaut. Das heisst: unterhalb des Bahnhofparkings in den
Hügel der Grossen Schanze hinein. Dies hätte den Vorteil,
dass die neuen Perrons auf der gleichen Ebene liegen würden wie
die bereits vorhandenen.
"Die Bahnhofserweiterung Grosse Schanze ist gemäss
einer
Grobstudie baulich machbar", sagte gestern SBB-Fahrplanchef Werner
Wildener. Bereits im Oktober hatte er deutlich gemacht, dass die SBB
diese Option bevorzugen ("Bund" vom 14. 10.). Allerdings sind weiterhin
vertiefte Abklärungen nötig. Solange diese nicht vorliegen
und positiv ausfallen, bleibt ein eigener Tiefbahnhof eine Art
Reserveoption für die SBB.
RBS hält an Tiefbahnhof fest
Für den RBS hingegen ist ein eigener neuer
Tiefbahnhof nach
wie vor die bevorzugte Option, wie RBS-Direktor Amacker gestern
durchblicken liess. "Wir haben eine sehr stabile Planung", sagte er.
Weil das Gesamtprojekt mit dem Verzicht auf einen eigenen Tiefbahnhof
für die SBB erheblich billiger werde, "wird ein Tiefbahnhof‹stand
alone› jetzt realistisch" - also ein Tiefbahnhof nur für den RBS.
Allerdings weiss Amacker natürlich, dass sich auch
bei einem
neuen RBS-Tiefbahnhof die Frage nach dem Verhältnis von Kosten und
Nutzen stellt. Denn das ETH-Gutachten hatte seinerzeit vor allem beim
RBS-Tiefbahnhof konstatiert, dass er für den zu erwartenden Nutzen
zu teuer sei.
Amacker schwebt deshalb ein "abgespeckter Tiefbahnhof"
für
den RBS vor: Man würde zum einen auf die sogenannte Wendeanlage
verzichten. Sie hätte ermöglichen sollen, dass die Züge
hinter den Passagierperrons wenden können. Zum andern würde
ein allfälliger RBS-Tiefbahnhof enger gebaut. Doppelstockzüge
könnten ihn dann nicht mehr benutzen. Mit solchen Sparmassnahmen
könne man die Kosten für einen RBS-Tiefbahnhof von rund 750
Millionen Franken auf etwas mehr als eine halbe Milliarde senken, sagte
Amacker am Rande des "Werkstattgesprächs".
Ausbau der Publikumsanlagen
Neben diesen zwei offensichtlich favorisierten Optionen
von RBS
und SBB wird weiterhin eine Vielzahl von Varianten studiert. Bis im
März soll ein "etappiertes Gesamtkonzept" für den Ausbau des
Bahnhofs Bern vorliegen.
Für den RBS ist zentral, dass sein neuer Tiefbahnhof
möglichst rasch in das Agglomerationsprogramm des Bundes
aufgenommen wird. Die SBB hingegen werden die Erweiterung ihres
Bahnhofs frühestens 2030 anpacken. Zuvor werden sie die
Kapazität des Hauptbahnhofs mit einer Serie von Massnahmen
steigern. Ab 2012 sollen etwa die heute schon überlasteten
Publikumshallen ausgebaut werden.
--
Ausbau des Hauptbahnhofs
SBB-Variante könnte Grosse Halle der Reitschule
tangieren
Falls die SBB die Eisenbahnbrücke verbreitern
sollten,
könnte dies zum Abriss der Reithalle führen.
Um es gleich vorwegzunehmen: Reitschul-Aktivisten
müssen
jetzt nicht gleich zum Protest aufrufen. Aber vielleicht sollten sie
bei Gelegenheit ihre Kinder auf ein Problem aufmerksam machen, das in
ein paar Jahrzehnten anstehen könnte.
Der mögliche Abriss der Grossen Halle der Reitschule
wurde
gestern für einmal nicht von der SVP aufs Tapet gebracht - sondern
von den SBB. Sie klären gegenwärtig ab, ob sie den Berner
Hauptbahnhof ausbauen können, indem sie ihn seitlich unter dem
Bahnhofparking erweitern. Dies als Alternative zu einem Tiefbahnhof
(siehe Artikel links).
Diese Option liesse sich "in einem ersten Schritt
realisieren,
ohne die Reithalle zu tangieren", sagte gestern SBB-Fahrplanchef Werner
Wildener. Später aber könnte es notwendig sein, die
nordöstliche Zufahrt zum Bahnhof, also die Eisenbahnbrücke,
zu verbreitern. Auch in diesem Fall "können wir noch nicht sagen,
dass man dafür die Reithalle abreissen muss", sagte Wildener. Es
wäre allerdings, kann man anfügen, die naheliegendste
Variante. Die Brücke liegt bereits heute direkt neben der
Reithalle, würde man sie auf der nördlichen Seite
verbreitern, stünde Letztere im Weg.
Stadt meldet Vorbehalte an
Der Planungshorizont der SBB ist allerdings 2050, und der
Ausbau
der Zufahrten steht erst zuletzt an. Der städtische Verkehrsplaner
Hugo Staub meldete gestern allerdings bereits vorsorglich Vorbehalte
an. "Der Raum Schützenmatt/Reitschule steht nicht zur
Disposition", sagte er. Auf Nachfrage hin präzisierte Staub, dass
dies nicht als Veto der Stadt zu verstehen sei: "Die Stadt will bloss
deutlich machen, dass man sich nicht bereits jetzt auf den Weg des
geringsten Widerstands über die Schützenmatte festlegen
darf." Ein Ausbau der Bahnzufahrt von Osten her sei "ein
schwerwiegender Eingriff", bei dem die Interessen sorgfältig
abgewogen werden müssten.
Stadtbachstrasse im Westen
Die Frage dürfte sich konkret erst in einigen
Jahrzehnten
stellen. Bereits etwas früher, mit einem allfälligen
seitlichen Ausbau des SBB-Bahnhofs, würde das Thema der
Gleisausgänge im Westen des Bahnhofs akut. Im Bereich der
Stadtbachstrasse müsse man gute städtebauliche Lösungen
finden, sagte Staub gestern, allerdings wären die Eingriffe dort
weniger schwerwiegend.(st)
---
BZ 2.12.10
Wende im Bahnhof-Streit: Luxusvariante vor dem Aus
Stadt Bern. Die SBB erhalten wohl keinen neuen Tiefbahnhof
in
Bern. Das Milliardenprojekt steht vor dem Aus. Eine seitliche
Erweiterung mit vier Geleisen steht im Vordergrund.
Bei den Planern des neuen Berner Bahnhofs scheinen sich
auf
einmal alle einig zu sein: Nicht der Ausbau des SBB-Bereiches stehe im
Vordergrund, sondern die Behebung des Kapazitätenproblems der
RBS-Station. Diese Message verkündete das Leitorgan der
Projektgruppe Zukunft Bahnhof Bern (ZBB) gestern in Bern vor den
Medien. Aus den Aussagen wurde klar: Die SBB will gar keinen
milliardenteuren Tiefbahnhof, wie ihn die kantonale Baudirektorin
Barbara Egger (SP) geplant hat.
"Die SBB kommen bis ins Jahr 2030 ohne zusätzliche
Geleise
in Bern aus", sagte Fahrplanleiter Werner Wildener. Allerdings
müssten die Publikumsanlagen ausgebaut werden. Für die Zeit
nach 2030 wären vier zusätzliche Geleise seitlich der
bestehenden Perronhalle ausreichend. "Ein neuer Tiefbahnhof steht
für uns nicht im Vordergrund."
Wie viel Geld sich im Vergleich zur ursprünglich
geplanten
Luxusvariante sparen liesse, sei noch unklar. "Die Pläne befinden
sich im Anfangsstadium. Wir haben keinen Zeitdruck", sagte Werner
Wildener.
Ganz anders ist die Situation bei der RBS-Station. Diese
hat mit
täglich 54 000 Pendlern die Kapazitätsgrenze erreicht. Gebaut
wurde sie für 16 000 Benutzer pro Tag "Wir brauchen rasch eine
Lösung", sagte RBS-Direktor Hans Amacker gestern - und erhielt
Zustimmung der anderen Mitglieder des ZBB-Leitorgans.
Dieses Leitorgan will sich bis im März 2011 für
die
definitive Ausbauvariante des Bahnhofs entscheiden. tobSeite 3
--
Es geht also doch
Endlich sind die Planer des neuen Berner Bahnhofs zur
Vernunft
gekommen. Das über zwei Milliarden Franken teure Bauprojekt mit je
einem eigenen Tiefbahnhof für SBB und RBS wurde de facto beerdigt.
Zu Recht. Denn Experten hatten schon immer an der Finanzierbarkeit des
Luxusprojekts gezweifelt.
Doch die kantonale Baudirektorin Barbara Egger (SP) wollte
ihr
Jahrhundertbauwerk durchboxen. Gegenüber Kritikern war sie auf
beiden Ohren taub. Jetzt ist zu hoffen, dass die Intervention der
kühl rechnenden SBB-Chefs die SP-Politikerin auf den Boden der
Realität zurückholt.
Der Entscheid über die Ausbauvariante fällt im
März 2011. Doch der Durchbruch im Bahnhofsstreit scheint gelungen.
Von den Pragmatikern, die im Leitorgan der Projektgruppe das Sagen
haben, sind keine weiteren Überraschungen zu befürchten.
Tobias Habegger ist Stadtredaktor der Berner Zeitung.
tobias.habegger@bernerzeitung.ch
--
Die SBB lassen den Tiefbahnhof fallen
Neuer Bahnhof BernVieles deutet darauf hin, dass in Bern
kein
Normalspur-Tiefbahnhof gebaut wird. Stattdessen soll der bestehende
SBB-Bahnhof mit vier Geleisen seitlich erweitert werden. Der Ausbau des
RBS-Bahnhofs geniesst Priorität.
Da wollte die kantonale Baudirektorin Barbara Egger (SP)
einen
milliardenteuren Tiefbahnhof in den Berner Boden stampfen lassen. Doch
ausgerechnet die SBB-Vertreter im Leitorgan des Projekts Zukunft
Bahnhof Bern (ZBB) nehmen nun Abstand vom geplanten
"Jahrhundertbauwerk" (Zitat Egger).
Zwar fällt der definitive Entscheid erst im kommenden
März. Doch die Meinungen der Leute, die diesen Entscheid im Rahmen
des ZBB-Leitorgans fällen, sind seit gestern öffentlich
bekannt: "Der Normalspur-Tiefbahnhof steht nicht mehr im Vordergrund",
sagte SBB-Fahrplanleiter Werner Wildener vor den Medien. Eine seitliche
Erweiterung um vier Geleise unter dem Uni-Hauptgebäude würde
die nötige Entlastung bringen. Am gleichen Strick zieht
RBS-Direktor Hans Amacker. "Die seitliche Erweiterung bietet für
alle Beteiligten optimale Perspektiven." ZBB-Projektleiter Ulrich
Seewer kommentierte die jüngste Idee vielsagend: "Es ist besser,
spät eine gute Lösung zu finden, als gar nie."
Noch unklar ist, wie viel Geld sich mit einem Verzicht auf
den
geplanten Normalspur-Tiefbahnhof einsparen liesse. Fakt aber ist: "Eine
seitliche Erweiterung lässt sich besser in Etappen aufteilen als
der Bau eines Tiefbahnhofs", sagte SBB-Fahrplanleiter Werner Wildener.
Aus finanzpolitischer Sicht sei dies ein Vorteil. Eine Etappierung wird
möglich, weil für die seitliche Bahnhoferweiterung vorerst
kein weiteres Viadukt über die Aare gebaut werden müsste.
Brücke nicht am Anschlag
"Die Kapazität auf der bestehenden
Lorrainebrücke
lässt sich um 50 Prozent steigern, wenn die Züge in
kürzeren Abständen darüber rollen", sagte Wildener.
Frühstens im Jahr 2050 müsste die Zufahrt aus dem Osten
über die Lorrainebrücke von vier auf sechs Geleise erweitert
werden. Bei einem SBB-Tiefbahnhof bräuchte es mit dem
Eröffnungsdatum eine zweite, sich absenkende Aareüberquerung,
weil die Züge unter der Reitschule durch in den Bahnhof einfahren
würden.
Was die Ost-Zufahrt der Züge betrifft, könnte
sich also
"die nächste Generation verwirklichen", wie es ZBB-Projektleiter
Ulrich Seewer sagte. Die Hürden für seine Nachfolger
dürften allerdings kaum tiefer liegen als heute. Denn das Gebiet
liegt in der "Schutzzone Aareraum". Dazu sagt der städtische
Verkehrsplaner Hugo Staub: "Das ist etwa die gleiche Liga wie das
Unesco-Label in der Altstadt." Im nächsten Atemzug fügt er
jedoch an: "Wenn der ÖV weiterhin so stark wachsen soll, kommen
wir irgendwann nicht mehr an einer weiteren Aareüberquerung
vorbei."
Zum Zeitrahmen des Bahnhofausbaus sagte Wildener: "Bis im
Jahr
2030 kommen die SBB ohne neue Geleise aus." Allerdings müssten die
Publikumsanlagen ausgebaut, einige Perrons verlängert und die
Entflechtung im Wylerfeld realisiert werden.
Ganz anders präsentiert sich die Situation bei der
RBS.
Deren Bahnhof hat die Kapazitätsgrenze erreicht, darin waren sich
die Vertreter des ZBB-Leitorgans an der gestrigen Medienkonferenz
einig. "Wir brauchen rasch eine definitive Lösung", sagte etwa
RBS-Direktor Hans Amacker. Hugo Staub pflichtete bei: "Das Problem der
RBS ist als erstes zu lösen." Und sogar der SBB-Vertreter Werner
Wildener sagte: "Der Ausbau des RBS-Bahnhofs hat Priorität."
Lösung für RBS gesucht
Bleibt die Frage, wie das RBS- Kapazitätsproblem
gelöst
wird. Auch da stehen sich zwei grundsätzliche Varianten
gegenüber. Einerseits der Bau eines neuen Tiefbahnhofs.
Andererseits eine seitliche Erweiterung der bestehenden Station. Etwas
weniger realistisch, aber trotzdem als offizielle Variante in den
Plänen vermerkt ist die Verlagerung einiger RBS-Schmalspurlinien
auf das SBB-Normalspurnetz. Dazu müsste die Strecke Solothurn-
Zollikofen neu gebaut werden.
Tobias Habegger
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STADTNOMADEN
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Bund 1.12.10
Stadtnomaden haben sich auf dem Viererfeld eingerichtet
Der Verein Alternative ist vom Schermenareal ins
Viererfeld
umgezogen. Der Kanton Bern stellt ihnen das Terrain für drei
Monate zur Verfügung.
Simon Wälti
Zwischen der Stadt Bern, der Burgergemeinde und dem Kanton
besteht ein Abkommen: Alle drei Monate wird ein neuer Standort für
den Verein Alternative gesucht. Das Rotationsprinzip dauert an, bis die
Stadt Bern eine Zone für experimentelles Wohnen geschaffen hat.
Das Prinzip geht auf Verhandlungen der Stadt mit Besetzergruppen im
Jahr 2008 zurück. Nun ist die als Stadtnomaden bekannte
Gruppierung mit ihren Traktoren und Bauwagen vom Schermenareal, das der
Burgergemeinde gehört, aufs Viererfeld gezogen. Dort, gleich neben
der alten Studerstrasse, dürfen sie bis Ende Februar bleiben, wie
Brigitte Graf vom kantonalen Amt für Gebäude und
Grundstücke sagte. Es sei eine entsprechende Vereinbarung
getroffen worden. Es handle sich um das am besten geeignete Areal, das
der Kanton auf Stadtgebiet oder in Stadtnähe besitze. "Der Kanton
hat schlicht und einfach keine geeignetere Lösung." Das Viererfeld
komme aber nur im Winter und nicht im Sommer infrage. Während des
Sommers werde das Viererfeld zu stark genutzt. Gleich neben dem Areal
befinden sich Familiengärten und ein Spielplatz. Ob der Verein
für die Benutzung des Geländes einen Mietzins bezahlt, wollte
Graf nicht sagen. Die Zahl der Personen ist nicht bekannt, die
Personalien würden aufgenommen. Die Stadtnomaden nahmen bereits
vor drei Jahren einen Teil des Viererfelds in Beschlag.
Vorher in Wankdorf City
Vor dem Schermenareal hielt sich der Verein Alternative
auf dem
Areal Wankdorf City auf. Dort steht aber nun die Halle für das
Musical "Ewigi Liebi". Der Verein hat das Rotationsprinzip akzeptiert,
anders als die Stadttauben, eine weitere alternative Gruppierung. So
weigerten sich die Stadttauben in diesem Jahr, auf das Areal Wankdorf
City umzuziehen. In Bern-Bümpliz gab es Probleme mit der
Anwohnerschaft, danach verzog sich die Gruppierung weiter in den Westen
und besetzte im Sommer ein Gebiet in Matzenried.
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bernerzeitung.ch 30.11.10
Stadtnomaden ziehen ins Viererfeld
js
Am Samstag sind die Stadtnomaden bei verschneiten und
vereisten
Strassen vom Schermenareal ins Viererfeld umgezogen.
Gemäss einem Abkommen zwischen Stadt, Kanton und
Burgergemeinde müssen die Stadtnomaden dreimonatlich den Standort
wechseln. Dies soll so lange dauern, bis die Stadt die
planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Zone experimentellen
Wohnens geschaffen hat.
Wunschstandort für die Stadtnomaden
Der Umzug ins Viererfeld war wegen des Schneefalls und der
vereisten Strassen sehr umständlich, sagte eine Stadtnomadin
gegnüber Capital FM. Sie habe keine Erwartungen an den neuen
Standort, freue sich aber über die Nähe zum Wald. Zudem sei
sie sehr froh, dass sie jetzt von der Strasse weg sind. Einen Standort
dieser Art, wünsche sie sich auch im Bezug auf die langfristige
Lösung.
Kein Problem scheinen die Stadtnomaden mit der Kälte
zu
haben. Sie hätten dank ihren Holzöfen warm genug.
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SQUAT BE
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Bund 3.12.10
Besetzer im Breitsch können vorläufig bleiben
Die Migros und die Besetzer des Hauses Moserstrasse 33
haben sich
"in letzter Minute" geeinigt, wie Migros-Sprecher Thomas Bornhauser
sagt. Ein Ultimatum des Grossverteilers an das "Kollektiv Moserstrasse"
ist am Dienstag dieser Woche abgelaufen (siehe "Bund" vom Dienstag).
Die Migros werde mit den Besetzern einen Zwischennutzungsvertrag
abschliessen, da drei von ihnen die Verantwortung für die
Zwischennutzung übernommen hätten. Diese drei hätten
sich zudem verpflichtet, innerhalb von zehn Tagen die Identität
sämtlicher Bewohner bekannt zu geben. Der Vertrag laufe
regulär bis 30 Tage vor Abbruch des Gebäudes. Er sei aber
auch "innerhalb sehr kurzer Frist" kündbar, sofern keine geordnete
Nutzung möglich sei. Die Besetzer würden sogar Miete zahlen.
Die Liegenschaft werde deswegen aber nicht "zur Cash-Cow für die
Migros", sagt Bornhauser. Die Migros will im Breitenrain eine
Überbauung mit Laden errichten. Diese ist zurzeit durch
Einsprachen blockiert.(bob)
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BZ 1.12.10
Migros will verhandeln
Breitenrain Die Migros will mit den Hausbesetzern an der
Moserstrasse unter Vorbehalten verhandeln.
Das sogenannte "Kollektiv Moserstrasse", das an der
Moserstrasse
33 im Breitenrain einen Wohnblock der Migros-Genossenschaft mit sechs
Wohnungen und fünf Dachmansarden besetzt hält, hat vorgestern
Abend Besuch von Migros-Verantwortlichen erhalten. Nachdem die Migros
den 15 Besetzern vor wenigen Tagen noch ein letztes Ultimatum zur
Räumung gestellt hatte, zeigt sie sich nun versöhnlicher. "Es
gibt zwei Möglichkeiten für sie, diese illegale Aktion zu
beenden", sagte Migros-Sprecher Thomas Bornhauser. "Sie können das
Haus verlassen, oder sie unterbreiten uns bis Mittwoch, 1. Dezember,
einen akzeptablen Vorschlag zur Zwischennutzung bis zum Abbruch der
Liegenschaft respektive bis 30 Tage vor Abbruchbeginn." Die
Möglichkeit einer Mieterstreckung sei ausgeschlossen.
Die Migros verlangt laut Bornhauser von den Besetzern,
dass drei
Personen aus dem Kollektiv die Verantwortung für die Nutzung
übernehmen, und zwar mit den genauen Angaben der Personalien.
"Weiter verlangen wir, dass alle Personen, die sich in der Liegenschaft
befinden, namentlich und mit Adresse bekannt sind", erklärte der
Migros-Sprecher weiter. Zudem müsse der Zugang zur eigenen
Liegenschaft jederzeit und ungehindert möglich sein. Bornhauser:
"Sollte es zu einer Einigung kommen, was wir hoffen, werden wir die
Stromzufuhr wieder sicherstellen." Die Wasserversorgung sei bereits
wieder "überbrückt" worden.
sru
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Bund 1.12.10
Migros stellt Besetzern ein Ultimatum
Die Besetzer der Liegenschaft Moserstrasse 33 müssen
bis
heute drei Leute benennen, welche die Verantwortung für die
verlangte Zwischennutzung übernehmen. Zudem müssen sie die
Identität sämtlicher Bewohner bekannt geben und einen
"akzeptablen Vorschlag" zur Zwischennutzung unterbreiten. Dies teilt
Migros-Sprecher Thomas Bornhauser in einem Schreiben an den "Bund" mit.
Kommen die Besetzer diesen Forderungen nicht nach, "erstatten wir
Strafanzeige", sagt Bornhauser. Die Moserstrasse 33 ist Teil eines
Grundstücks, auf dem die Migros eine Überbauung mit Laden und
60 Wohnungen plant. Das Bauvorhaben ist wegen Beschwerden
blockiert.(bob)
Stadt Bern
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OBDACHLOS
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Landbote 2.12.10
Notschlafstelle für den Winter
Eva Kirchheim
Winterthur - Alle Notwohnungen der Stadt Winterthur sind seit
Längerem völlig ausgelastet. In Notfällen muss das
Sozialamt Menschen, die als obdachlos gelten, im Hotel unterbringen. Um
die Situation während der Wintermonate zu entschärfen, wird
die Heilsarmee in einem temporären Durchgangswohnheim zwölf
Schlafplätze anbieten. Der Stadtrat hat gestern die
Unterstützung des vorerst auf fünf Monate beschränkten
Pilotprojekts beschlossen. Um das finanzielle Risiko für die
Heilsarmee abzufedern, garantiert ihr die Stadt eine Mindestbelegung
von fünf Personen pro Nacht. Die Übernachtungspauschale von
95 Franken wird von der Sozialhilfe übernommen. Die
Notschlafstelle wird in einer städtischen Liegenschaft an der
Habsburgstrasse 29 untergebracht werden und soll nur zum
Übernachten dienen. Tagsüber bleibt die Einrichtung
geschlossen. (kir) ISeite 11
--
Die Zeit ist reif für eine Notschlafstelle
Eva Kirchheim
Damit im Winter niemand auf der Strasse schlafen muss,
richtet
die Heilsarmee jetzt mit Unterstützung der Stadt eine
Notschlafstelle ein.
Die städtische Notschlafstelle wurde vor sieben
Jahren
mangels Bedarf aufgelöst. Die wenigen Personen, die in den letzten
Jahren ein Bett für die Nacht suchten, habe man jeweils zu Pfarrer
Sieber geschickt, sagt Sozialstadtrat Nicolas Galladé (SP). Seit
dessen Notschlafstelle aufgelöst worden ist, falle diese
Möglichkeit weg.
"Die Lage wird langsam prekär", sagt Rolf
Girschweiler, der
das Wohnheim der Heilsarmee führt, das nur Dauerwohnplätze
anbietet: "Wir sind seit längerer Zeit immer voll belegt."
Täglich würden Leute anrufen, die einen Schlafplatz suchen.
Auch die städtischen Notwohnungen sind seit Langem
überfüllt ("Landbote" vom 8. November). Seit April
hätten die Heilsarmee und die Mitarbeiter des städtischen
Büros für Notwohnungen deshalb nach Lösungen gesucht.
Defizitgarantie der Stadt
Mit einem vorerst auf fünf Monate beschränkten
Pilotprojekt soll jetzt Abhilfe geschaffen werden: Am Montag wird in
der städtischen Liegenschaft Habsburgstrasse 26 auf zwei
Stockwerken ein Durchgangswohnheim mit zwölf Schlafplätzen
eröffnet. Betrieben wird es von der Heilsarmee, der die Stadt eine
Defizitgarantie von maximal 70 000 Franken gibt. "Wir wissen ja
überhaupt nicht, wie viel Personen kommen werden", sagt
Galladé. Offiziell gebe es in Winterthur keine Obdachlosen. Die
Stadt habe die Pflicht, jedem der in Not ist, einen Schlafplatz
anzubieten. Galladé erhofft als Nebeneffekt des Projektes in
diesem Punkt eine bessere Übersicht.
Da niemand einschätzen könne, wie viele
Schlafplätze gebraucht werden, garantiert die Stadt der Heilsarmee
finanziell eine Mindestbelegung von fünf Betten. Eine
Übernachtung kostet 95 Franken und wird wohl in den meisten
Fällen von der Sozialhilfe übernommen werden. Der relativ
hohe Preis komme durch die Personalkosten zustande. Wenn die Stadt die
Notschlafstelle selber führen würde, käme das laut
Galladé "sehr viel teurer". Die Zuweisung soll in der Regel
über das Büro für Notwohnungen erfolgen. Wer seinen
Wohnsitz ausserhalb von Winterthur hat, braucht eine entsprechende
Kostengutsprache der Wohnsitzgemeinde.
Die Tür der Notschlafstelle wird jeden Tag um 19 Uhr
geöffnet, spätestens um 9 Uhr morgens, nach einem
Frühstück, müssen alle Übernachtungsgäste
wieder draussen sein. Angeboten werden Doppel- und Dreifachzimmer, die
mit Betten, Duvets und Nachttischen ausgestattet sind. Dazu
gehören Duschen, WCs und eine Waschküche. Zur Betreuung wird
immer eine Fachperson anwesend sein. Das Team von drei Leuten wird von
Dragana Blanc geleitet. (kir)
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Telebärn 30.11.10
Der Winter ist hart für Obdachlose
http://www.kyte.tv/ch/telebaern/der-winter-ist-hart-fur-obdachlose/c=84713&s=1096755
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MÜSLÜM
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Bund 2.12.10
Angaben zur Person Müslüm-Samichlaus
"Dem Erich eins aufs Füdeli geben"
Meine früheste Erinnerung in Sachen Kultur:
Die Rute meines Vaters.
Das letzte Buch, das mir Tränen in die Augen trieb:
Mein Chlausenbuch.
Wen ich auf den Mond schiessen würde:
Mich selber. Das wäre dann ein grosser Schritt
für mich
und ein kleiner für gewisse Politiker.
Warum ich geworden bin, was ich bin:
Ich hatte chaine andere Möglichkeiten.
Was ich nie mehr verpassen möchte:
Dem Erich eins aufs Füdeli zu geben.
Wohin ich eine neue Liebschaft ausführen würde:
Oberstes Chlausengesetz isch das Zölibat. Gut, ab und
zu
darf man ein bischen mit dem Schmutzli chuscheln, aber alles andere
isch Handarbeit.
Mein letzter peinlicher Auftritt:
Da hab ich bei einem Plattenbau stundelang nach einem
Cheminée gesucht.
Würde ich nie sagen:
Ich würde nie sagen, dass die Versli der Chinder
schlecht
sind. Da mach ich fascht immer gute Miene zum bösen Spiel.
Das bereitet mir Ohrenweh:
Wenn ich höre das Chinder nicht an den Samichlaus
glauben.
Hier trifft man mich garantiert nicht an:
Auto-Salon Genf - da müsste jemand schon einen
Schlitten-Salon ins Leben rufen.
Das mache ich an einem verregneten Sonntag:
Ich lasse den Schlitten in der Garage stehen.
Wenn ich meine Arbeit überblicke - darauf bin ich
stolz:
Als ich letztes Jahr bei den Samichlaus-Awards den
goldenen
Samichlaus gewonnen habe.
Mein Wunsch:
Das ich dieses Jahr statt Manderinli und Nüssli
vielleicht
auch Chebap verteilen chan. Dann würde ich sicher einige Leute
chulinarisch integrieren und so Gutes tun.
Und das steht auf meiner Kulturagenda:
3. 12. 2010 da bin ich zu Besuch in der Reitschüle im
Dachstock.(ane)
--
Müslüm
Der Spassmacher stellt in einem Showcase am Freitag, 3.
Dezember,
im Dachstock der Reitschule seine neue Single "Samichlaus" vor.
Hauptact ist die Band Russkaja (22 Uhr).
---
Kulturplatz sf.tv 1.12.10
Der helvetische Borat - warum die Schweiz einen
"Müslüm"
braucht
http://videoportal.sf.tv/video?id=eaf22a80-cede-4028-86dd-695a7367e91b
Mit seinem buschigen, angeklebten Schnauzbart ist er der Star
der
Stunde: "Müslüm". Politisch unkorrekt und mit
tölpelhaftem Charme gibt er den Klischeeausländer vom Balkan
- und wirkt so wie eine Schweizer Version von "Borat". Hinter der
Kunstfigur "Müslüm" steckt der 31-jährige Semih
Yavsaner, der im Berner Nordquartier als Sohn einer Gastarbeiterfamilie
aufgewachsen ist. Nun liefert "Müslüm" mit einer CD neues
Futter für seine Fans. "Kulturplatz" hat einen entspannten und
zurückhaltenden Menschen hinter der schrillen Kostümierung
kennengelernt.
Beitrag: Richard Herold
Müslüm: "Samichlaus", erschienen bei Sound Service
--
Müslüm schreibt den "Kulturplatz"-Blog
In der Vorweihnachstzeit bloggt die Kunstfigur Müslüm
bei
"Kulturplatz". Müslüm ist eine Kunstfigur, die mit
Telefonscherzen auf "Radio Rabe" und "Radio 105" bekanntgeworden ist.
Mit dem Song "Erich, warum bist du nicht Ehrlich?" war Müslüm
im Herbst 2010 in der Hitparade.
* Zum Blog
http://kulturplatz.blog.sf.tv/
---
Bund 30.11.10
Jetzt schafft der Samichlaus schwarze Schäfli aus
Semih Yavsaner alias Müslüm pflegt mit seinem
neuen
Song die Wunden der Abstimmungsverlierer.
Marc Lettau
Die schnellste Auswirkung des Volks-Jas zur
Ausschaffungsinitiative ist vorerst rein musikalischer Natur und seit
gestern auf dem Markt: Der türkischstämmige Berner Semih
Yavsaner alias Müslüm schiebt nach "Erich, werum bisch Du nid
Ehrlich" die zweite, chartverdächtige Single "Samichlaus" nach,
ein Türk-Pop-Ohrwurm, dessen Message so gradlinig gezimmert ist
wie die SVP-Reklame der letzten Wochen:
Grissi, Grissi Mitenander,
ich bi der Samichlaus, ich schaffe,
ich schaffe de alle, die schwarzen Schäfli aus, ich
bin der
Sami, Leeein!
ich bin der Samichlaus
und schaff de schwarze Schäfli aus. ( . . .)
Erste Kommentare auf den Bestellportalen der
Musikvertreiber
machen deutlich, dass das neue Werk angesichts des Erscheinungsdatums
politisch rezipiert wird: "Bestens geeignet für die Wundpflege
nach einem schrecklichen Abstimmungswochenende", schreibt ein Kunde.
Die Verknüpfung mit der Tagespolitik geht vom Song selber aus,
denn Samichlaus Müslüms Hintergrundchörli konversiert zu
orientalischen Melodiebögen mit einem Herrn Mörgeli:
Wunderschöne Tag Herr Mörgeli
haben Sie denn heute keni Sörgeli?
Chommet mir spile mit em Handörgeli
bis am Mörgeli( . . .)
Kritisch nachgefragt: Macht hier ein frecher Politbarde
knallhart
kalkulierend Umsatz just am Tag nach einer politischen
Erschütterung? Semih Yavsaner kontert mit einer Gegenfrage. Ob es
denn ein scharf kalkuliertes Konzept der SVP gewesen sei, Schweizer und
Ausländer immer weiter auseinander zu bringen? Yavsaner: "Wenn die
Antwort ja ist, dann habe ich scharf kalkuliert." Mag er über die
Gegenfrage hinaus das Abstimmungsergebnis kommentieren? Yavsaner sieht
einen persönlichen Gewinn: "Theoretisch gesehen, hat mein
C-Ausweis an Wert gewonnen. Nun ist er Identität und eventuelles
Flugticket nach Istanbul zugleich."
Ganz überraschend tritt der Samichlaus nicht auf. Die
Kunstfigur Müslüm hat schon seit einiger Zeit angedeutet,
dass die Veröffentlichung eines sehr "weihnächtlichen" Werkes
anstehe. Und dass Müslüm in die Arbeitskluft des Samichlauses
gestiegen ist, wussten die an seinem Werdegang Interessierten ebenfalls
bereits vor der Abstimmung, denn auf dem "Kulturplatz" von SF1 bloggte
Müslüm vor dem Wochenende über seine berufliche
Neuorientierung:
"Vor ainem Jahr war ich noch arbaislos und dieses Jahr bin
ich
schon Samichlaus. Ich habe es schon immer gesacht, in der Schwais isch
alles möglich. Maine nöie Arbeit gefällt mir simlich
gut, nur an ainem Tach arbaiten und dann de ganse Jahr Ferie. Jest
weiss ich auch wieso de Samichlöise immer so gut drauf sind."
Gestern schob Müslüm gleichenorts nach, er sei
in
"Chonfrontasion" mit seinem Nachbarn geraten. Dieser habe ihm "wie aus
heiterer Hölle" gesagt, er sei kriminell, weil er den Schnee vor
dem Haus nicht wegschaufle. Nur: "Wenn ich den Schnee wegschüfele,
dann chan ich mit mainem Schlitten nicht wegfahre!"
Darf man - soll man - Müslüms "Samichlaus"
überhaupt zum politischen Song hochstilisieren? Trotz der
offensichtlichen Seitenhiebe ist er ja auch eine sowohl
leichtfüssige wie sehnsüchtige Ballade. Oder, um es mit
Müslüm zu sagen: "Vergesst nid, Politik isch wichtig, aber
die Liebe isch wichtiger." So sieht es auch Müslüms
Schöpfer: Weihnachten sei "Orgasmus des Kapitalismus" und "Fest
der Liebe" zugleich. Dieser Widerspruch finde sich auch in
Müslüms Werk, aber "er setzt dieses Jahr pünktlich zu
Zeiten der Besinnlichkeit ein Zeichen der Liebe". Müslüm
selbst mag sich übrigens nicht darauf reduzieren lassen, er sei
ein Synonym für die Wiederbelebung des politischen Songs in der
Schweiz: "Heute singe ich, vielleicht spiel ich Morgen bei Petchovich
in der erschten Elf, werweiss. Man muss sein potensial ausschöpfen
und das hat nichts mit politich su tun!"
Müslüm in der Sendung Kulturplatz SF 1, morgen
Mittwoch,
22.55 Uhr. Müslüm "Samichlaus" (Maxi Single), Sound Service,
EAN 7619954442465.
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BZ 30.11.10
"Liebe isch wichtiger"
müslümDer Berner Musiker und Komiker hat einen
neuen
Job: Als Samichlaus will er den Schweizern die Liebe bringen - und
schwarze Schäfli wieder zurückholen.
Statt seines rosaroten Armani-Anzugs trägt er neu
eine rote
Zipfelmütze und einen weisen weissen Bart. Aber schon von den
ersten Takten an ist klar, wer da auf dem Schlitten gefahren kommt.
Müslüm, der Mann, dem Erich Hess ein Dorn im Auge ist, meldet
sich zurück mit einem neuen Song. "Samichlaus" heisst das
Stück.
Es startet mit einem Panflötenton, der an
weihnächtliche Strassenunterführungen erinnert. Dann setzt
der typische Dancebeat à la DJ Bobo ein, der die früheren
orientalischen Rhythmusfolgen fast gänzlich verdrängt hat.
"Grissi miteinander, ich bin dä Samichlaus", stellt sich
Müslüm gleich selbst vor. Um dann weiterzufahren mit seiner
Mission, nämlich die schwarzen "Schäfli" auszuschaffen. Doch
Müslüm, die von Semih Yavsaner geschaffene Figur, ist
natürlich viel zu friedliebend, um Ernst zu machen. Und so besinnt
sich der Samichlaus bald auf die Liebe und die Verbrüderung "Wir
sind alle anders, aber glaub mir, wir sitzen im gleichen Schlitten",
singt er, und versichert: "Und wenn du mal rausfliegscht, hol ich dich
sofort wieder surück."
Das ist ein Trost für alle Abstimmungsverlierer. An
sie und
alle sonstwie politisch Vergifteten richtet er auch auf seiner Website
ein samichläusliches Wort: "Vergesst nid, Politik isch wichtig,
aber die Liebe isch wichtiger."
bol
Single: Müslüm - "Samichlaus". Das Video dazu
erscheint
am 6. Dezember.
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OPENAIR
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bern.ch 30.11.10
40'000 Franken für innovative Musikveranstaltung
Die Städtische Musikkommission schreibt einen Wettbewerb
zur
Durchführung einer Musikveranstaltung unter freiem Himmel aus. Dem
Gewinner oder der Gewinnerin werden 40'000 Franken in Aussicht
gestellt, um den Anlass durchzuführen. Bewerbungen können bis
zum 31. Januar 2011 eingereicht werden.
Veranstalterinnen und Veranstalter aus allen musikalischen
Sparten
(Klassik, Neue Musik, Jazz, Rock/Pop, HipHop, Electronica, Folk,
Chanson, Volksmusik u.a.) sind eingeladen, sich am Wettbewerb der
Musikkommission zu beteiligen. Für die Konzeption und
Durchführung einer innovativen Musikveranstaltung stellt die
Musikkommission eine Summe von 40'000 Franken in Aussicht. Die
Veranstaltung findet zwischen Juni und September 2011 statt, der
Eintritt muss frei sein.
Der Kreditrahmen von 40'000 Franken ist von den
Wettbewerbsteilnehmenden eingehalten. Falls zusätzliche Mittel
nötig sind, muss in der Bewerbung verbindlich zugesichert werden
können, dass die städtische Summe diese auslösen wird.
Die notwendigen Bewilligungen bei der Gewerbepolizei organisieren die
Bewerberinnen und Bewerber selber (Kontakt: Veranstaltungsmanagement,
031 321 52 20, oder veranstaltungsmanagement@bern.ch).
Die Bewerbungen mit ausführlicher Projektbeschreibung und
detailliertem Budget sind bis 31. Januar 2011 einzureichen bei der
Abteilung Kulturelles, Gerechtigkeitsgasse 79, 3011 Bern (Vermerk:
Veranstaltungswettbewerb). Die Bewerbungen werden durch die
Städtische Musikkommission am 7. Februar 2011 geprüft.
Präsidialdirektion
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POLICE BE
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20 Minuten 2.12.10
Polizei soll besser informieren
BERN. "Wir erwarten, dass wir von der Kantonspolizei
besser
informiert werden", sagt Corinne Mathieu von der SP. Seit der Fusion
der Stadtpolizei mit der Kantonspolizei sei die Zusammenarbeit mit dem
Stadtrat "klar verbesserungsfähig", wie Mathieu sich
ausdrückt. Sie will vor allem auch mehr über die
Jugendprävention der Polizei wissen. "Wir haben den Eindruck, dass
Prävention vernachlässigt wird." In einem Fraktionspostulat
fordert die SP-Politikerin nun den Gemeinderat auf, sich vermehrt um
die Police Bern zu kümmern - immerhin zahle die Stadt ja einen
grossen Beitrag.
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RADIO RABE
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Fr. 3. Dezember 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_3._Dezember_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_3._Dezember_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%203.%20Dezember%202010
- Kopfschütteln nach dem FIFA-Entscheid: Russland und Katar
als
Austragungsorte der Fussball-Weltmeisterschaften
- Der Zusammenschluss "gewählte Stimme" fordert: Mehr
Chancen
für sozial benachteiligte Kinder an Schweizer Schulen
- Insieme fordert "eine Schule für alle": Kinder mit einer
geistigen Behinderung sollen in die Regelschulen
Links:
http://www.gewählte-stimme.ch
http://www.proinfirmis.ch/index.php
---
Do. 2. Dezember 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_2._Dezember_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_2._Dezember_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%202.%20Dezember%202010
- warum man sich in Cancun trifft- PolitikerInnen, NGOs und
AktivistInnen am Klimagipfel
- warum die Schweiz nicht wie Weissrusland werden soll-
Gespräch
mit neuer Richterin vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof
- warum Arbeit in China billig ist- eine Gewerkschafterin
über
Veratwortung und Proteste
---
Mi. 1. Dezember 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_1._Dezember_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_1._Dezember_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%201.%20Dezember%202010
- 40 Jahre nach der "Schwarzenbach- Initiative": "wir riefen
Arbeitskräfte und es kamen Menschen"
- Neustart in Zürich: erster Schritt zur ökologischen
und
sozialen Schweiz
- Gemeinschaftsradios in Japan: von der Erdbebenhilfe zur
Integration
von Flüchtlingen
Links:
http://www.alter-migration.ch/index.cfm
http://neustartschweiz.ch
http://www.tcc117.org/fmyy/en/history.html
---
Di. 30. November 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_30._November_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_30._November_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2030.%20November%202010
- Signalwirkung für die ganze Schweiz? - Was bedeutet der
Atomausstieg der Stadt Bern
- Verrückte Utopie oder reale Vision? - Der Traum vom
Neustart
Schweiz
- Alles nur Fassade? - Präsidentschaftswahlen in Burkina
Faso
Links:
http://neustartschweiz.ch
http://ououagadougouou.blogspot.com
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SANS-PAPIERS
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Bund 3.12.10
Berner Stadtrat zeigt Herz für die Kinder von Sans-Papiers
Die Kinder von Sans-Papiers in der Stadt Bern sollen auch
nach
der Schule Ausbildungsmöglichkeiten erhalten. Der Stadtrat hiess
ein Postulat von SP und GB gut.
Tausende von Kindern in der Schweiz hätten keinen
geregelten
Aufenthaltsstatus in der Schweiz, sagte Lea Bill (Junge Alternative) im
Stadtrat. Es könne nicht sein, dass diese Kinder zwar die Schule
besuchen könnten, aber keine Anschlusslösung mehr
fänden. Die Fraktion GB/JA und die SP forderten den Gemeinderat
daher auf, "städtische Lösungen" für den Zugang von
Sans-Papiers zu Lehrstellen zu prüfen. Namentlich die Angebote des
Kompetenzzentrums Arbeit (KA), das für die berufliche Integration
zuständig ist, sollten auch Sans-Papiers zugänglich sein.
Zudem soll sich der Gemeinderat beim Kanton dafür einsetzen, dass
alle weiterführenden Ausbildungsinstitutionen für
Sans-Papiers zugänglich gemacht werden.
"Kinder sind die Leidtragenden"
Unerwarteten Support erhielt Rot-Grün in dieser Frage
von
der Fraktion BDP/CVP. Die Regelung des Aufenthalts von Sans-Papiers sei
zwar Angelegenheit des Bundes, sagte Martin Schneider. Kinder seien
aber "unschuldige Wesen" und hätten daher Anspruch auf eine
Ausbildung, so Schneider.
Bei der SVP stiess diese Haltung erwartungsgemäss auf
wenig
Verständnis. "Man kann sich in diesem Land nicht einfach
verstecken und hoffen, dass man nicht entdeckt wird", sagte Roland
Jakob (SVP). Sans-Papiers könnten ihre Papiere auch absichtlich
vernichtet haben, um sich einer Ausschaffung zu entziehen. Mitunter
befänden sich also auch Kriminelle unter den Eltern von
auszubildenden Kindern. Kriminelle gehörten aber ausgeschafft, wie
seit dem letzten Abstimmungswochenende endgültig klar geworden
sei. "Die Kinder sind hier die Leidtragenden", sagte Jakob. Aber wer
sich vor dem Staat verstecke, habe etwas zu verbergen. Die Schuld liege
hier nicht beim Staat, sondern bei den Eltern, sagte Jakob.
Sans-Papiers nicht alleine schuld
Conradin Conzetti (GFL) warnte an seiner letzten
Stadtratssitzung
davor, den Sans-Papiers die alleinige Schuld für ihre Situation
zuzuschieben. Es gebe Arbeitgeber, die illegal Sans-Papiers
beschäftigten. Solche Praktiken dürften nicht "auf dem Buckel
der Kinder" geschehen. Den Kindern dürfe man daher eine Ausbildung
nicht verwehren, sagte Conzetti. Das Postulat wurde schliesslich mit 52
zu 15 Stimmen angenommen. Nebst der SVP haben auch grosse Teile der FDP
gegen den Vorstoss gestimmt.(bob)
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FREIRAUM SO
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Solothurner Zeitung 1.12.10
"Wir wollen nichts Böses, kein Chaos"
Interview Autonome Freiraumbewegung (AFB) distanziert sich
von
der Party in der Vogt-Schild-Druckerei
Andreas Kaufmann
Hat die Autonome Freiraumbewegung AFB seit dem Vorfall in
der
Vogt-Schild-Druckerei von Anfang November ein Imageproblem?
Robine Müller, Sprecherin der AFB: Wieso sollte sie
das?
Weil der Verdacht nahe liegt, dass sie bei der "Party"
massgeblich die Finger im Spiel hatte.
Verdacht hin oder her, die AFB hat in keinster Weise etwas
mit
der Party zu tun. Es gibt sicher Leute, die nicht unterscheiden
können, wenn sich Jugendliche für etwas einsetzen, wie es die
AFB für ein Jugendzentrum tut, oder wenn Jugendliche irgendeine
Party schmeissen. Was genau der Hintergrund der Party war, weiss ich
noch heute nicht.
Im Grunde trug die Hausbesetzung doch aber die Handschrift
der
AFB, oder nicht?
Die da wäre?
2009 hat die AFB die ehemalige Drogenanlaufstelle am
Dornacherplatz in Beschlag genommen - die letzte Aktion dieser Art. Das
lässt gewisse Vermutungen zu.
Die Besetzung der Drogenanlaufstelle war keine Aktion der
AFB.
Sie wurde von Einzelpersonen organisiert und durchgeführt - aus
Solidarität zu unserem Anliegen, dem Wunsch eines Jugendzentrums.
Die AFB hat sich für den "legalen" Weg zum Jugendzentrum
entschieden und organisiert weder illegale Hausbesetzungen noch
irgendwelche "Chaos-Partys"!
Wer ist die AFB eigentlich?
Die AFB ist ein Organisationskomitee, welches sich
für die
Jugend von Solothurn einsetzt. Ihr Ziel ist es, ein Jugendzentrum auf
die Beine zu stellen.
Wie viele Leute gehören zur AFB?
Im Organisationskomitee findet sich eine Zahl an Leuten
(welche
ich nicht nennen werde), genug eben, um Entscheidungen zu treffen und
Aktionen zu planen. Hinter der AFB stehen dann natürlich viele
Einzelpersonen, die sich mit unserem Anliegen solidarisieren.
Der Personenkreis der AFB lässt sich also nur diffus
eingrenzen. Kann da nicht sowieso jeder die Aktionen lancieren, die er
möchte?
Jede Aktion der AFB wird im Komitee besprochen.
Kennen Sie Leute, die noch von der rebellischen Party
schwärmen?
Ich kenne niemanden, der an dieser Party teilgenommen hat.
Deshalb kenne ich auch niemanden, der davon schwärmen könnte.
Sie halten fest: Die AFB war unbeteiligt. Aber wie stellt
sie
sich zur stattgefundenen Chaos-Party?
Wenn ich den Grund und die Hintergründe der Party
kennen
würde, könnte ich besser dazu Stellung nehmen.
Es geht eher um die Konsequenzen: mehrere zehntausend
Franken
Sachschaden und auf drei Etagen ein heilloses Durcheinander.
Schade um den Sachschaden, das hätte nicht sein
müssen.
Laut eines Kommentars auf Ihrer Onlineausgabe des Artikels sind ja
diese Sprayereien schon vor vielen Jahren gemacht worden?!
uf einen Teil dieser Sprayereien mag dieser Kommentar
zutreffen.
Unabhängig von Ihrer Beteiligung: Inwieweit könnten solche
Aktionen mit politischen Absichten verbunden sein?
Keine Ahnung.
Kommen wir zu Ihrem Hauptanliegen: der Schaffung eines
Autonomen
Jugendzentrums (AJZ). Solothurn hat doch genügend Kultur für
junge Menschen.
Die AFB verfolgt dieses Ziel seit über vier Jahren,
nämlich Kultur für junge Menschen. Nennen Sie mir Beispiele.
Kofmehl, Eleven, die Jugendarbeit des Alten Spitals, und
viele
mehr ...
Jene Angebote sind zwar vorhanden, entsprechen aber nicht
dem
Konzept eines Jugendzentrums, wo sich jeder auch "einfach nur so"
aufhalten darf - ohne Konsumzwang.
Wie stellen Sie sich die Finanzierung eines AJZ vor?
Für die Aufbauzeit würden uns
Jugendförderung und
Jugendkommission finanziell unter die Arme greifen. Später sollte
das Projekt mehr oder weniger selbsttragend sein.
Mit welchen Mitteln wollen Sie der Bevölkerung das
Anliegen
AJZ schmackhaft machen?
Mit vielen Aktionen in der Stadt Solothurn, mitten in der
Bevölkerung. Das Feedback auf uns war bisher nie negativ, wenn wir
konkret konfrontiert haben. Wir wollen ja nichts Böses, kein
Chaos, keine Randale! Wir stehen für den Wunsch der Jugend da, den
Wunsch eines Platzes, um sich aufzuhalten, sich kreativ auszuleben.
Dieser Wunsch wurde auch am Jugendpolittag am 3. Oktober klar
ersichtlich. Viele Jugendliche im Alter von 16 bis 20 Jahren
äusserten unabhängig voneinander den Wunsch eines
Jugendzentrums. Solothurn braucht Platz für die Jugend. Solothurn
braucht ein Jugendzentrum. Die AFB-Sprecherin Robine Müller wollte
sich nicht fotografieren lassen.
--
Ziel: für ein Jugendzentrum
Die Autonome Freiraumbewegung AFB steht seit vier Jahren
durch
ihren Kampf für ein Jugendzentrum in der Öffentlichkeit. In
Gesprächen mit der Stadt kam man aber auf keine einhellige
Lösung. Derweil hat die AFB durch Aktionen auf sich aufmerksam
gemacht. So beispielsweise im Mai 2009, als sie in der Aktion
"RaumLos!" in der Altstadt kulturelle und kulinarische Posten
einrichtete, um aufs Bedürfnis nach einem Jugendzentrum aufmerksam
zu machen. Als vielversprechendste Liegenschaft dafür erwies sich
die abseits von Wohngebieten gelegene Villa Schürch in Biberist,
die durch eine Umgestaltung der AFB zur "Villa Kunterbunt" hätte
werden sollen. Doch bevor das vorliegende Konzept der AFB umgesetzt
werden konnte, wurde die Liegenschaft - bisher im Besitz des Kantons -
zum Verkauf ausgeschrieben. Bis heute konnte jedoch kein definitiver
Käufer gefunden werden. Mit diesem Zentrum will die AFB Raum
schaffen, der autonom, sprich: frei von Konsumzwang junge Menschen
zusammenbringt, für Konzerte, Künstlerateliers, eine
Bibliothek, für kulinarische Zwecke oder schlicht fürs
Gesellige. (ak)
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SQUAT BS
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Indymedia 3.12.10
http://ch.indymedia.org/de/2010/12/79087.shtml
Besetzung der Villa an der Wettsteinallee 40 in Basel
AutorIn : Wettsteinvilla: http://www.wettsteinvilla.ch.vu
Programm der kommenden Tage In diesem Moment besetzen wir die
Villa an
der Wettsteinallee 40 in Basel.
Das Haus ist im Besitz der Christoph Merian Stiftung.
Jahrzehntelang
wurde es als Künstlerhaus betrieben und hat eine grössere
Wohngemeinschaft beherbergt. Da das Haus laut der Christoph Merian
Stiftung baufällig sei, soll es an eine Privatperson verkauft und
teuer und aufwendig renoviert werden. Einmal mehr wird die
Privatisierung eines zuvor halböffentlichen Raumes geplant.
Seit Jahren verschwinden Freiräume und stattdessen
schiessen
Büroflächen und luxuriöse Wohnüberbauungen für
die erwünschten "neuen Steuerzahler" und zugunsten der "sozialen
Stadtaufwertung" aus dem Boden. Während 80 000 m2
Büroflächen leerstehen, fehlt es in der Region an bezahlbarem
Wohnraum und selbstbestimmtem Freiraum für Jung und Alt.
Aus diesen Gründen nehmen wir uns das Haus an der
Wettsteinallee
40 zurück. Von der Stadt und den Institutionen wünschen wir
uns nichts - wir nehmen uns den Raum, den wir brauchen.
Von nun an füllen wir die Räume mit unseren Ideen. Wir
schaffen Raum für die Entstehung einer autonomen Schule, einen Ort
für Diskussionen, Film, Konzerte, selbstbestimmten Wohnraum und
Platz für "Niedrigkultur".
Alle sind aufgerufen, sich mit Ideen und Engagement zu
beteiligen. Das
Plenum am Sonntag soll eine erste Plattform sein. Kommt vorbei!
1 Inhaltliche Ergänzung :
Wettsteinvilla bereits wieder leer
04.12.2010 13:31
Die Christoph Merian Stiftung als Eigentümerin der
Wettsteinvilla
hat bereits heute Samstag morgen Anzeige erstattet. Wir haben das Haus
im letztmöglichen Zeitpunkt vor der polizeilichen Räumung
verlassen.
Der Workshop "Autonome Schule" mit Leuten aus der Autonomen
Schule
Zürich wird trotzdem um 17 Uhr im Magazin (Inselstrasse 79)
stattfinden.
Eine Stellungnahme folgt.
AutorIn: wettsteinvilla | Web:: http://www.wettsteinvilla.ch.vu
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MOLINO TI
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20 Minutes 3.12.10
L'UDC se bat contre la vandalisation de ses affiches
LUGANO (ti). La section tessinoise du parti de Christoph
Blocher
part en guerre contre l'arrachage systématique de ses affiches
de campagne. Selon le "Corriere del Ticino", une plainte a
été déposée contre le collectif
d'extrême gauche du Molino. L'UDC tessinoise accuse le mouvement
autonome d'avoir endommagé plusieurs de ses affiches
controversées en faveur du "oui" à l'initiative sur le
renvoi des étrangers criminels.
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AUTONOME SCHULE ZH
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Indymedia 3.12.10
Bullenkontrollen wegen ASZ in Zürich ::
AutorIn : egal
Die Stadtpolizei macht z.Zeit an der Tram / Bushaltestelle
Bäckeranlage gezielt Personenkontrollen nach Menschen die
"autonom" oder nach ev. Besucher der autonomen Schule Zürich (ASZ)
aussehen.
Anscheinend dürfen die 3 Bullen, die sich auf die ASZ
eingeschossen haben nicht mehr direkt vor der Schule ihre
schickanösen Kontrollen durchführen. So sind wohl die 3
Supercops auf die klevere Idee gekommen Flüchtlinge und
SympatisantInnen der ASZ schon vorher im Tram oder Bus raus zu nehmen.
Vermutlich brauchts heute Abend wieder eine Demo in der
Innenstadt....
---
Indymedia 1.12.10
Wieder Provokation von Bullerei vor autonomer Schule Züri ::
AutorIn : ig
Heute Mittwoch, den 1 Dezember, gab es zum dritten Mahl in Folge
Stress
vor der autonomen Schule. 3 Bullen wollten eine Person festhalten und
kontrollieren, anwesende Personen konnten dies verhindern. Die Bullen
setzten bei dem Einsatz einmal Gummischrott ein.
Die Situation: Menschen stehen vor der autonomen Schule. Ein
Polizeiauto fährt insgesamt 4 mal langsam und provokativ
vorbei..... So lange, bis jemand Ihnen den Stinkefinger zeigt. Was die
Bullen zum Anlass nahmen, sofort anzuhalten, mit Gummischrott und
Pfefferspray bewaffnet auszusteigen und loszustürmen, um den
Übeltäter festzunehmen.
Es entwickelt sich ein Gedränge, die Bullen drücken
sich
durch und versuchen, die Person weiter zu verfolgen.
Die anwesenden Personen können das verhindern, dabei setzt
die
Polizei aus naher Distanz einmal Gummischrott ein.
Dann merken die Bullen, das sie hier nichts mehr "bewirken"
können, und ziehen sich langsam zurück.
Ein weiteres Mal - innert zwei Wochen der dritte Vorfall vor der
autonomen Schule.
Jeder ist eîner zuviel
Jede Ausschaffung ist eine zuviel
Wehren wir uns!!!
---
tagesanzeiger.ch 30.11.10
"Wir fordern, dass diese Polizeischikanen aufhören"
Tina Fassbind
In der Zürcher City wurde gestern erneut
demonstriert.
Dieses Mal richtete sich der Protest gegen Polizeikontrollen rund um
die Schule für Sans-Papiers.
Am Montagabend zogen rund 150 Personen durch den
Zürcher
Kreis 4. Die Demonstranten versammelten sich gegen 19.30 Uhr beim
Zürcher Helvetiaplatz und zogen danach via Stauffacherstrasse zur
Kaserne der Kantonspolizei und von dort über die Militär- und
Langstrasse wieder zurück zum Helvetiaplatz. Nach einer
Schlussrede löste sich die Kundgebung um 20.45 Uhr wieder auf,
heisst es in einer Medienmitteilung der Stadtpolizei Zürich.
Stadt- und Kantonspolizei Zürich waren mit einem
grösseren Aufgebot vor Ort, um Sachbeschädigungen zu
verhindern. Anders als am Sonntag kam es aber während der ganzen
Demonstration zu keinen Zwischenfällen.
Unbewilligte Kundgebung verlief friedlich
Zur unbewilligten Kundgebung hat das
Bleiberecht-Kollektivbereits
bereits im Verlauf des Montagnachmittags via Internet aufgerufen. Das
Kollektiv betreibt die "Autonome Schule Zürich", an der
Sans-Papiers Deutschkurse besuchen können.
Ein Sprecher der Schule gab gegenüber
Tagesanzeiger.ch an,
dass unverhältnismässige Polizeikontrollen der Sans-Papiers
Anlass zur Kundgebung waren. Sowohl am vergangenen Mittwoch als auch am
Montag habe die Polizei regelmässig vor und nach Schulbeginn auf
die Sans-Papiers gewartet und sie gezielt überprüft, so der
Sprecher. "Wir fordern, dass diese Polizeischikanen aufhören. Es
dürfen keine Personenkontrollen zur Feststellung der
Identität durchgeführt werden."
---
20 Minuten 30.11.10
Noch eine Demonstration
ZÜRICH. An einer weiteren unbewilligten Demonstration
haben
gestern Abend in Zürich rund 100 bis 150 Personen teilgenommen.
Beim Marsch vom Helvetiaplatz durch den Kreis 4 kam es zu keinen
Zwischenfällen. Um mögliche Sachbeschädigungen zu
vermeiden, waren Stadt- und Kantonspolizei Zürich vor Ort und
überwachten den Demonstrationszug.
---
Indymedia 30.11.10
Protestdemo gegen Festnahmen und Kontrollen bei der ASZ ::
AutorIn : reader
Heute kam es zu einer Protestdemo gegen die Festnahmen und
Kontrollen
bei der Autonomen Schule Zürich
Fotos: http://ch.indymedia.org/de/2010/11/79021.shtml
Gefunden auf http://www.Karakok.org
Letzte Woche:
Letzten Mittwoch (24.11.10), Nachmittag hat die Stadtpolizei in
ihrer
Repression gegen illegalisierte MigrantInnen ein neues Mass an
Unverschämtheit erreicht.
Erstmals in den fast zwei Jahren, seit es die Autonome Schule
Zürich (ASZ) gibt, wurden direkt vor der Schule illegalisierte
MigrantInnen kontrolliert und festgenommen.
Hilflos mussten Kursteilnehmende und Kursleitende zusehen, wie
einer
ihrer Kollegen unter herablassenden Sprüchen von einer
Polizeistreife abgeführt wurde.
Der Polizeiwagen hatte das Kennzeichen ZH 728 002. Die ASZ ist
ein
selbstorganisiertes Bildungsprojekt von und für MigrantInnen.
Unter anderem finden kostenlose Deutschkurse statt. Über
hundert
Personen - vor allem Flüchtlinge, abgewiesene Asylsuchende und
Sans-Papier - nehmen regelmässig an den Kursen teil.
Rund zwei Stunden nach diesen Vorfällen zogen 150
Teilnehmende der
ASZ, BleiberechtlerInnen und weitere AktivistInnen mit lautstarkem
Protest vor das Kasernengefängnis, in dem sich die beiden
Verhafteten befinden.
siehe:
http://www.bleiberecht.ch/2010/11/protest-gegen-personenkontrollen-und-festnahmen-bei-der-asz/
Heute, Montag, 29. November kam die Polizei wieder vor
Kursbeginn zur
ASZ. Drei Personen wurden Verhaftet!
Nach den Kursen ca. um fünf Uhr, wollte die Polizei erneut
Personenkontrollen durchführen, was aber durch die breite
Solidarität von Unterstüzenden verhindert werden konnte.
Die Bullen wurde dazu aufgefordert, den Platz zu verlassen.
Als sie weggefahren sind, wurde den Bullen applaudiert. Um zu
zeigen,
dass sie wenigstens einmal im Leben etwas gutes getan haben und uns
endlich in Ruhe gelassen haben ;)
Die Bullen hielten sich im Hintergrund. Man blieb noch lange vor
der
ASZ. Einige haben musiziert, andere haben Schilder mit der Aufschrift
"HUPEN GEGEN SVP!” zur Strasse gehalten.
Durch das Hupen der AutofahrerInnen, VBZ-Tram und Busfahrerinnen
und
klingeln der Velofahrerinnen die vorbeifuhren, konnten wir hören,
dass viele in der Bevölkerung unsere Anliegen unterstützen,.
Da wir uns das nicht mehr länger bieten wollen lassen,
wurde
beschlossen, etwas zu machen, was unserer Anliegen ausdruck verleiht.
Desshalb gab es um 8Uhr eine lautstarke und kunterbunte Demo ab dem
Helvetiaplatz zur Kaserne(Polizeigefängniss), wo die Verhafteten
im Moment sind und wieder zurück.
An der spontanen Demo nahmen ca. 350 Personen Teil. Viele Flyer
wurden
verteilt. Selbst einige Autofahrerinnen hielten mitten auf der Strasse
an, um einen Flyer zu ergattern.
Die Polizeipresänz war massiv und vollkommen
unverhältnismässig.
Auch in Zukunft werden wir es uns NICHT gefallen lassen, dass
autonome
Räume von der Polizei, die die rechte Ideologie dieses Staates
verteidigen wollen, angegriffen werden.
Ausschaffungen abschaffen!
Hoch die antinationale Solidarität!
-beyaz peynir, Karakök Autonome
---
Telebärn 29.11.10
Demonstration nach Abstimmung
http://www.kyte.tv/ch/telebaern/demonstrationen-nach-abstimmung/c=84713&s=1095979
---
telem1.ch 29.11.10
Proteste nach Ja zu Ausschaffungsinitiative
http://telem1.ch/de/overlayplayer---0--0--0--T000313157.html
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AUSSCHAFFUNGS-DEMOS
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Indymedia 4.12.10
Strassenparty gegen die SVP und Rassismus am 4.12 in LSNE ::
AutorIn : Un crapaud champêtre |
übersetzt von :
der Wind
Strassenparty gegen die staatliche Fremdenfeindlichkeit und die
SVP am
4. Dezember, Place de l'Europe 18 Uhr.
Auf dem Programm: Musik, Glühwein, Bier und festliche
Atmosphäre.
Die SVP hatte vor sich diesen 4. Dezember in Lausanne zu
versammeln,
zuerst im Beaulieu, dann an der Uni, ohne Erfolg. Die Tatsache, dass
sie sich ein Feld in wohl schlechten Wetterverhältnissen mit den
Fröschen teilen müssen ist ein kleiner Sieg, der es verdient
hat, gefeiert zu werden, v.a. einige Tage nach der Annahme der
Initiativer zur Ausschaffung "krimineller Ausländer".
Kommt also diese klare Niederlage der rassistischen Partei im
Waadtland
feiern!
Die SVP im Schlammfeld, die Antirassisten auf der Strasse!
Verbreitet die Info!
Samstag 4. Dezember, 18 Uhr, Place de l'Europe, bring Deine
FreundInnen, Deinen Hund, Deine Mutter etc. mit!
Einige bunte Schafe und Feldfrösche
---
St. Galler Tagblatt 3.12.10
Junge SVP wehrt sich gegen Gewalt von links
Die Junge SVP Ausserrhoden befürchtet in einem
Communiqué das Ende der freien Meinungsäusserung.
AUSSERRHODEN. "<Für mehr Toleranz!>, <gegen
Ausgrenzung!>, das sind die regelmässig zu hörenden
Schlagworte aus linken Kreisen", heisst es in dem Schreiben der Jungen
SVP.
Dagegen sei prinzipiell nichts einzuwenden. Das einzige,
was die
politische Rechte von diesen Forderungen unterscheide, sei, dass sie
diese anders interpretiere als die Linken. Mehr Toleranz ja, nicht aber
Toleranz gegenüber Mördern, Vergewaltigern und sonstigen
Schwerkriminellen. Gegen Ausgrenzung ja, sofern sich ein Mensch
überhaupt in eine Gesellschaft integrieren lassen wolle. Wenn
hingegen die Integration verweigert werde, könne man noch lange
gegen Ausgrenzung sein. Die Ausgrenzung sei dann vom Ausgegrenzten
selbst verursacht und gewollt, heisst es weiter.
"So weit zu den Interpretationsverschiedenheiten der
durchaus
lobenswerten Forderungen. Dumm nur, wenn sich diese öffentlich
skandierten Prinzipien in ihr Gegenteil verkehren - verursacht von
jenen, die diese Prinzipien angeblich hochhalten. In den letzten Wochen
verdichteten sich die Zeichen, dass es mit ebengenannter Toleranz
gegenüber Andersdenkenden in der Schweiz bachab geht", so die JSVP
weiter.
"Dies kommt dann zum Ausdruck, wenn übereifrige
Autonome die
Parteizentrale der SVP VD stürmen und dort enorme Schäden
anrichten, wenn der Eingang des Sekretariats der Zürcher SVP
zugemauert wird und damit die politische Arbeit verunmöglicht
wird, wenn Häuser von SVP-Politikern Ziele von Farbanschlägen
werden (kürzlich wieder in Bern geschehen) oder wenn die SVP ihre
Delegiertenversammlung unter freiem Himmel in der bittersten Kälte
abhalten muss, nur weil linke Aktivisten gegen eine Parteiversammlung
in Lausanne protestiert hatten und der Partei dann die
Räumlichkeiten wieder entzogen wurden."
Abstrus werde es aber, wenn Linke dazu aufrufen
würden,
Autos von SVP-Delegierten zu zerstören oder wenn nach der
Abstimmung über die Ausschaffungsinitiative in diversen Schweizer
Städten demonstriert und dabei offen und gewalttätig zur
Missachtung des Volkswillens aufgerufen werde.
"Solche kriminellen Attentäter auf die freie
Meinungsäusserung und damit auch auf die Demokratie gehören
bestraft. Die Junge SVP AR ruft die Behörden auf, hier endlich
durchzugreifen." (pd)
---
Tagesanzeiger 3.12.10
Mörgeli spricht von "Kuschelpolizei", Leupi von
"bösartiger
Verdrehung"
Polizisten, die der SVP Interna verraten, fallen
gemäss
ihrem Chef dem ganzen Korps in den Rücken.
Von Ruedi Baumann
Zürich - Nach den Anschuldigungen von SVP-Nationalrat
Christoph Mörgeli an den grünen Polizeivorsteher Daniel
Leuppi (TA von gestern) stellen sich brisante Fragen: Stimmt
Mörgelis Behauptung, oder polemisiert er bloss? Fallen die
Polizisten, die Mörgeli munitioniert haben, dem grünen
Velofahrer Leupi in den Rücken, weil sie eine härtere Polizei
wollen? Und hat sich Leupi nicht etwas naiv verhalten, wenn er
Polizisten an einer Demo seine Gemütslage beschreibt?Die Antwort
auf diese Fragen ist ein "Ja, aber", wie ein Gespräch mit allen
Beteiligten zeigt.
Daniel Leupi beschreibt, wie er den Sonntagabend erlebt
hat: Er
habe im Amtshaus gearbeitet und sei von der Einsatzleitung über
die Vorbereitungen und den Anfang der Demo informiert worden. "An der
Befehlsausgabe war ich nicht dabei", betont er. Dann habe er sich mit
dem Velo auf den Heimweg gemacht und an der Löwenstrasse
Stadtpolizisten angetroffen. Er habe den Zug dort und mit Blick aufs
Central beobachtet und dabei mit ein paar Polizisten gesprochen. Der
Zug sei zu dieser Zeit absolut friedlich verlaufen. Er habe
persönlich Verständnis gehabt für die Enttäuschung
der Umzugsteilnehmer nach dem Ja zur Ausschaffungsinitiative. Um zu
beschreiben, wie friedlich der Umzug war und dass ganz normale
Bürger teilnahmen, habe er im Gespräch mit einzelnen
Polizeibeamten gesagt: "Wenn ich nicht Stadtrat wäre, hätte
ich mir vorstellen können, da auch dabei zu sein." Als sich
abzuzeichnen schien, dass der Umzug weiterhin friedlich verlaufen
würde, sei er nach Absprache mit dem verantwortlichen Offizier
nach Hause gefahren und habe erst dort von den Ausschreitungen erfahren.
Mörgeli hat vertrauliche Infos
Christoph Mörgeli beruft sich auf "mehrere
Polizisten", die
ihm berichtet hätten: "Leupi sagte, dass er lieber auf der Seite
der Demonstranten stehen würde." Mörgeli sagt: "Wenn sich ein
Chef innerlich auf die Seite von Teilnehmern an einer unbewilligten
Demo schlägt, hat die Polizei ein Problem." Er habe Hinweise, dass
"die Polizisten von den politischen Entscheidungsträgern
eingeschüchtert werden" und die Stimmung im Korps miserabel sei,
weil es von der linken Führung zur "Kuschelpolizei" gemacht werde.
Dazu passten seine Informationen, dass bloss acht Detektive und zwei
Züge im Einsatz waren.
Kommandant steht zu Leupi
Daniel Leupi bezeichnet Mörgelis Aussage als
"bösartige
Verdrehung" und "Verleumdung". Kein Verständnis hat er auch
für die Polizisten, die Mörgeli seine persönlichen
Aussagen weitergeleitet und mit vertraulichen Informationen
angereichert haben. "Diese Polizisten haben sich illoyal verhalten und
schaden letztlich ihren Kollegen." Wer die SVP mit Interna versorge,
"dient jener Partei, die mit Budgetkürzungen die dringend
nötige Aufstockung des Korps hintertreibt".
Der grüne Gemeinderat Balthasar Glättli sagt:
"Leupi
hat sich immer von Gewalt distanziert und würde eine solche
Aussage nie im Zusammenhang mit Ausschreitungen machen." Bezeichnend
sei auch, dass nicht SVP-Fraktionschef Mauro Tuena auf Leupi losgehe.
"Tuena kennt und mag Leupi viel zu gut."
Auch Polizeikommandant Philipp Hotzenköcherle steht
voll
hinter Leupi. In seiner 29-jährigen Tätigkeit habe er
mehrheitlich politisch links stehende Vorgesetzte gehabt und mit diesen
"ohne Probleme hervorragend zusammengearbeitet". Leupi sei nun ein
halbes Jahr im Amt und habe bisher "weder auf die operative Ausrichtung
noch aufs Korps unangemessenen Einfluss genommen".
Die Stimmung im Korps sei tatsächlich etwas belastet,
aber
wegen des grossen Spannungsfeldes. Im Alltag seien die Polizisten in
der Partystadt Zürich Tag und Nacht unterwegs. An besonderen
Ereignissen, wie jetzt bei der WM-Vergabe der Fifa, seien sie
zusätzlich stark gefordert. "Solche Leistungen sind nur mit Leuten
möglich, die von ihrer Arbeit überzeugt sind." Auf der
anderen Seite spüre er aber auch die Ungewissheit im Korps
über die Zukunft. So sei wegen der drohenden
Budgetrückweisung im Gemeinderat die Personalaufstockung um 15
Personen gefährdet. "Irgendwann mögen die Leute nicht mehr,
vor allem wenn sie dann in den Medien und im Gemeinderat noch
angegriffen werden."
---
20 Minuten 3.12.10
"Polizeichef Leupi braucht noch Zeit"
ZÜRICH. Es kommt beim Polizeibeamtenverband nicht gut
an,
dass Daniel Leupi Verständnis für dieDemonstranten
geäussert hat. Doch noch müsse man dem neuen Polizeichef eine
Schonfrist gewähren.
Zürichs Polizeivorsteher Daniel Leupi (Grüne)
hat nach
eigenen Angaben gegenüber Polizisten Verständnis für
jene Leute geäussert, die am Sonntag auf die Strasse gingen, um
gegen das Ja zur Ausschaffungsinitiative zu protestieren. Laut
SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli soll er sogar gesagt haben, er
stünde lieber auf der Seite der Demonstranten (20 Minuten
berichtete). Leupis Aussage habe sich im Korps gleich "in verschiedenen
Versionen" herumgesprochen, bestätigt Gabriel Allemann,
Vizepräsident des Polizeibeamtenverbands der Stadt Zürich.
Allemann findet zwar, Leupi habe ein Recht auf freie
Meinungsäusserung, "doch wenn er eine solche Bemerkung
gegenüber Polizisten macht, die während dem Einsatz an einer
Demo unter grossem Druck stehen, ist dies nicht optimal." So etwas
werde schnell falsch aufgefasst. Für Allemann hat Leupi aber noch
eine Schonfrist: "Wir müssen ihm Zeit geben, den Betrieb
kennenzulernen. Es wäre falsch, ihn an einer einzigen
Äusserung aufzuhängen."
Heinz Buttauer, Präsident des Schweizer
Polizeibeamtenverbands, findet, generell sei es problematisch, wenn ein
Politiker Sympathie gegenüber den Teilnehmern einer Demo
ausdrücke, die unbewilligt und gewalttätig sei und sich gegen
einen demokratischen Entscheid richte. "Noch frustrierender ist
für einen Polizisten aber, wenn Sachbeschädigungen
verübt werden und er nicht eingreifen darf."
Marco Lüssi
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Südostschweiz 3.12.10
Bardill: "Wir läuten die Alarmglocken"
Von Stefanie Studer
Chur. - "Wo Unrecht zu Recht wird, ist Widerstand
Pflicht." Mit
diesem Zitat des deutschen Schriftstellers Bertolt Brecht ruft die Juso
Graubünden heute Nachmittag zur "Kundgebung gegen die
Volksdiktatur der SVP und ihre Asyl- und Ausländerpolitik" auf.
Denn die Abstimmungsresultate vom letzten Sonntag hätten gezeigt,
dass die Politik in der Schweiz einen Punkt erreicht habe, wo das
"urschweizerische" und damit das demokratische Erbe grundsätzlich
in Frage gestellt werden, sagte Lukas Horrer, Vorsitzender der Juso
Graubünden, gestern vor den Medien.
Die Kundgebung startet um 17 Uhr beim Bahnhofplatz in
Chur. Sie
verläuft über die Bahnhofstrasse zur Poststrasse und endet
beim Martinsplatz, wie Horrer sagte.
Kulturschaffende machen mit
Für die Demonstration schliessen sich die
Jungsozialisten
mit Liedermacher Linard Bardill, mit Regisseur Wolfram Frank und dessen
Künstlergruppe In Situ sowie mit dem Ensemble Ö! und dem
Verein Miteinander Valzeina zusammen. Deshalb wird die Demonstration
einen stark kulturellen Aspekt haben. So treten neben Bardill auch
David Sontòn als Leiter des Ensembles Ö! sowie drei
Schauspieler von In Situ auf. "Wir Kulturschaffende müssen uns
politisch engagieren", sagte Wolfram Frank. Ausserdem fühle er
sich als Deutscher persönlich von der Annahme der
Ausschaffungsinitiative angegriffen.
Abstimmung war lediglich Auslöser
"Dass wir jetzt Bewohner A und Bewohner B haben, kommt in
der Tat
Rassismus gleich", meinte Bardill. In erster Linie richte sich die Demo
trotz ihres Namens aber nicht gegen die vergangene Abstimmung, sondern
gegen die "Entwicklung der Demokratie zu einer Pöbelherrschaft".
"Wir wollen nicht die schlechten Verlierer spielen, sondern die
Alarmglocken läuten."
Auch die Juso Graubünden wolle morgen zeigen, dass
sie
"diese" Politik nicht unterstütze, sagte Horrer. Denn die
Abstimmungsergebnisse hätten wieder einmal gezeigt, dass die
politische Rechte an der Bundesverfassung rüttle. Die
Jungsozialisten seien der Überzeugung, dass das demokratische Erbe
verteidigt und ausgebaut werden müsse und alle Menschen frei und
gleich seien.
---
tagesanzeiger.ch 2.12.10
Wie unzufrieden sind die Polizisten wirklich?
Christoph Landolt
Laut SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli sind die
Stadtpolizisten frustriert, weil auf unbewilligte Demos nicht
entschlossen reagiert wird. Der Polizistenverband sieht das anders.
Die Stimmung in der Stadtpolizei ist mies - das sagt nicht
ein
Stadtpolizist, sondern SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli.
Gegenüber Tagesanzeiger.ch präzisierte Mörgeli seine
Kritik, die er am Vorabend auf TeleZüri geäussert hatte:
"Für die Polizisten ist es frustrierend, wenn sie einer
unbewilligten Demonstration nur zwei Züge mit rund 50 Beamten plus
acht Detektive entgegenstellen können." Dies wisse er direkt aus
Polizeikreisen, erklärte Mörgeli.
Dafür macht Mörgeli Polizeivorsteher Daniel
Leupi
verantwortlich. Dass dieser als Stadtrat keinen Einfluss auf die
operative Arbeit der Polizei hat, lässt der SVP-Nationalrat nicht
gelten. Die Kommandanten könnten nicht völlig anders handeln
als es ihr politischer Vorgesetzter verlange, "sonst werden sie nicht
befördert".
"Wir nehmen die Vorwürfe von Herrn Mörgeli Ernst"
Den Vorwurf Leupis, ihm bösartig Sympathien für
die
gewaltbereiten Chaoten unterstellt zu haben, weist Mörgeli
zurück. Er habe Leupi nicht kritisiert, weil er seine Meinung zur
Ausschaffungsinitiative geäussert habe, sagt Mörgeli. Es
dürfe aber nicht sein, dass ein Polizeivorsteher auf der Seite
einer unbewilligten Demo stehe. Den Polizisten fehle dafür
jegliches Verständnis.
Wie gross ist die Unzufriedenheit im Polizeikorps
wirklich? Marco
Cortesi, Medienchef der Stadtpolizei, will dazu nicht stellvertretend
für über 2000 Polizeiangehörige eine Aussage wagen. "Wir
nehmen die Vorwürfe von Herrn Mörgeli Ernst." Einsätze
wie jener vom Sonntagabend würden im Korps selbstverständlich
kontrovers diskutiert. Cortesi stellt in Aussicht, in einer Woche
über die Stimmung im Korps zu informieren.
Immer mehr Arbeit
Laut Gabriel Allemann, Vizepräsident des
Stadtzürcher
Polizeibeamtenverbands, könnte die Stimmung im Korps
tatsächlich besser sein. Daran sei aber nicht Polizeivorsteher
Leupi schuld. "Die Polizei ist schlicht überlastet." Für die
schlechte Stimmung seien auch die Sparanstrengungen der
Bürgerlichen verantwortlich, spielt Allemann den Ball an die SVP
zurück.
Einerseits müssten die Stadtpolizisten wegen immer
mehr
Einsätzen am Wochenende und Grossveranstaltungen wie der
WM-Vergabe sehr viele Überstunden leisten. "Wenn wir an der Front
mehr Ressourcen hätten, dann könnten wir auch die Taktik bei
Demonstrationen verbessern." Um aus einem friedlichen Demonstrationszug
die gewaltbereiten Chaoten zu isolieren, brauche es "gewaltige
Ressourcen", meint Allemann. Und diese stünden schlicht nicht zur
Verfügung.
Furcht vor Sparen
Wenn die bürgerlichen Parteien das Budget 2011
zurückweisen, befürchtet Allemann jedoch nicht nur, dass die
vorgesehenen 15 Polizistenstellen nicht geschaffen werden. Auch die
Saläre könnten stagnieren. "Wenn die Löhne eingefroren
werden, trifft das viele von uns hart." Die Kosten für das Wohnen
und die Krankenkassenprämien stiegen laufend an, "das nagt
natürlich an der Motivation."
Mörgeli weist den Schwarzen Peter zurück." Wir
haben
sehr grosse Sympathie für die Anliegen der Polizisten." Die SVP
habe sich nie dagegen gesperrt, Geld auszugeben, wo die Sicherheit
verteidigt werden wolle. "Die Frage ist aber, wie man die Leute
einsetze." Heute, kritisiert Mörgeli, betreibe die Stadtpolizei
einen Riesenapparat, um Parkbussen in Millionenhöhe reinzuholen.
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Tagesanzeiger 2.12.10
Polizeivorsteher als Demonstrant?
Um die Rolle des Zürcher Polizeivorstehers Daniel
Leupi
während der Demonstration vom Sonntagist eine Kontroverse im Gang.
Von Benno Gasser
Zürich - Die Gewalteskalation in der Innenstadt am
vergangenen Abstimmungssonntag schlägt weiter Wellen. Gestern
rückte SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli Polizeivorsteher
Daniel Leupi (Grüne) mit seinen Aussagen in die Nähe der
Demonstranten. Leupi soll während der unbewilligten Demonstration
gesagt haben, dass er lieber auf der Seite der Demonstranten stehen
würde. Dies soll Leupi während des Umzugs gegenüber
Polizisten geäussert haben, sagte Mörgeli auf TeleZüri.
Leupi hatte zuvor in einem TA-Interview keine Aussagen darüber
gemacht, wo er sich während der Demonstration aufgehalten hatte.
Auch am Rande der gestrigen Gemeinderatssitzung wollte
Leupi dazu
nicht Stellung nehmen. Er sagte nur, er habe Verständnis für
Leute, die über das Ja zur SVP-Ausschaffungsinitiative
enttäuscht gewesen seien, wie eine Mehrheit der Zürcher
Bevölkerung. Er habe aber kein Verständnis für Leute,
die Gewalt anwenden würden. Wenn Mörgeli ihm Sympathien
für solche Gewalttäter unterstellen wolle, sei dies schlicht
lächerlich. Der SVP-Nationalrat wolle ihn in die linksextreme Ecke
stellen und eine Polemik entfachen, auf die er sich nicht einlasse.
"Bis spätabends gearbeitet"
Gemäss Aussage der beiden Gemeinderäte Niklaus
Scherr
(AL) und Balthasar Glättli (Grüne) hat Leupi am Sonntag bis
spätabends in seinem Büro gearbeitet. Anschliessend sei er
auf dem Nachhauseweg in der Löwenstrasse auf den
Demonstrationsumzug getroffen. Leupi habe nicht an der Demo
teilgenommen. Mitmarschiert am Umzug "gegen Rassismus und
reaktionäre Hetze" ist Niklaus Scherr, wie er gestern im
Gemeinderat in einer persönlichen Erklärung erzählte.
Dabei ging er auch auf die Sachbeschädigungen ein. Diese seien von
der "Hammerfraktion" im Umzug begangen und so blitzschnell
ausgeführt worden, dass auch ein Grossaufgebot der Polizei
chancenlos gewesen wäre.
SVP reicht Interpellation ein
Die SVP-Fraktion bezeichnete die Taktik der Polizei in
einer
Erklärung als verheerend und das Vorgehen als naiv und
blauäugig. Eine illegale Ansammlung von Personen für eine
nicht bewilligte Kundgebung sei von Anfang an und notfalls mit Gewalt
aufzulösen. Die Polizei müsse auch das im Jahr 2004 erlassene
Vermummungsverbot durchsetzen. Die SVP werde den Verdacht nicht los,
dass in der Stadt Zürich für linke Chaoten ein rechtsfreier
Raum geschaffen wurde. Die Partei hat deshalb gestern eine
Interpellation mit zwölf Fragen eingereicht. Sie will vom Stadtrat
unter anderem wissen, warum sich der unbewilligte Demonstrationszug in
Bewegung setzen konnte und warum nur eine Person verhaftet wurde.
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20 Minuten 2.12.10
Leupi: "Sympathie" für Demonstrierende
ZÜRICH. Zürichs Polizeivorsteher Daniel Leupi
(Grüne) soll während der Kundgebung gegen das Ja zur
Ausschaffungsinitiative vom Sonntag, bei der massive Schäden
angerichtet wurden, zu Polizisten gesagt haben, er würde lieber
auf der Seite der Demonstranten stehen. Dies sagte SVP-Nationalrat
Christoph Mörgeli zu Tele Züri. Das seien untragbare Aussagen
für einen Polizeichef. Leupi bestätigte gestern, dass er
Sympathie für die Menschen geäussert habe, die am
Abstimmungsresultat keine Freude hätten. Von den Taten der
Krawallmacher distanziere er sich jedoch - Mörgelis Vorwürfe
seien "bösartig".
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Woz 2.12.10
Sanftmütige
Am Sonntagabend verschaffte sich der empörte Mensch
in
verschiedenen Schweizer Städten Luft, auch vor der
Heiliggeistkirche in Bern, wie die Berner Kantonspolizei berichtete, um
"gegen die Annahme der SVP-Initiative zu demonstrieren. Beim
anschliessenden Umzug durch die Altstadt kam es zu zahlreichen
Kreideleien und vereinzelten weiteren Sachbeschädigungen." Da die
"Kreideleien" von zahlreichen Medien ohne weitere Erklärung
übernommen wurden, nehmen wir an, dass es sich um eine
Tätigkeit handelt, die dem Berner und der Bernerin vertraut ist -
möglicherweise eine künstlerische? Kreideln statt Sprayen?
"Die Polizei begleitete den Umzug auf Distanz", hiess es weiter. Das
gehört sich auch so, wenn friedliche junge Leute das Pflaster
bemalen. KHO
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Weltwoche 2.12.10
Extremismus
Sturmabteilung von links
Von Andreas Kunz
Nach dem Ja zur Ausschaffungsinitiative kam es in mehreren
Städten zu massiven Ausschreitungen. Im Internet feiern sich die
Demonstranten als "gewalttätige Revolutionäre".
Bevor die Abstimmung vorüber war, überfielen die
Linksextremen in Allschwil BL ein Stimmlokal und klauten eine Urne. In
Schlieren ZH legten sie eine Brandbombe vor die Stadtverwaltung. Und in
Winterthur verklebten sie zahlreiche Schlösser der
Abstimmungslokale.
Zu schweren Ausschreitungen kam es dann am Sonntagabend:
In Bern
griffen die Gewalttäter das Hotel "Bristol" an, in dem sich die
SVP versammelt hatte. Sie zertrümmerten die Eingangstüre,
zerstörten Scheiben und Rollläden und warfen Farbbeutel an
die Wände. In Zürich demonstrierten rund 2000 Personen gegen
das Abstimmungsresultat - und lieferten Rückendeckung für die
Extremisten an der Spitze des Umzugs. Sie schlugen Scheiben ein, warfen
Brandsätze, Farbbeutel und Einmachgläser mit Erbrochenem; die
aufgebotenen Polizisten attackierten sie mit Petarden, Flaschen und
Steinen. Der Gesamtschaden der Krawallnacht beläuft sich allein in
Zürich auf über 200 000 Franken.
Zeugen sprechen von "lebensbedrohlichen Zuständen",
die in
der Innenstadt geherrscht hätten. Wie durch ein Wunder gab es
keine Verletzten. Ebenso überraschend war, dass die Zürcher
Stadtpolizei nur einen einzigen Gewalttäter festnehmen konnte. Auf
den TV-Bildern war zu sehen, wie sich die Polizisten in Kampfmontur
Meter um Meter vom Mob zurückdrängen liessen und hoffnungslos
überfordert waren. Sprecher Marco Cortesi nannte es trotzdem einen
"Erfolg". Die Doktrin der Einsatzleitung sei es gewesen, den Zug laufen
zu lassen, solange sich die Demonstranten friedlich verhielten.
"Die Bullen zur Seite gedrängt"
Es ist die gleiche "Deeskalationsstrategie", die seit
Jahren auch
bei den 1.-Mai-Ausschreitungen angewendet wird: Man hofft auf das Beste
und ist zu spät dran, wenn es zum Schlechtesten kommt. Für
ihre zurückhaltende Gegenwehr wird die Zürcher Stadtpolizei
auf den Websites der Linksextremisten unverhohlen verhöhnt. In
ihrem Bericht zur Demonstration unter dem Titel "Wählen wir mit
Feuer und Steinen" zählen sie stolz die beschädigten
Gebäude auf: mehrere Banken und Geschäfte, der NZZ-Verlag,
das Zunfthaus zur Zimmerleuten und das Rathaus. Weiter schreiben sie:
"Unterwegs zogen sich mehrmals Bullenreihen von 10 bis 20 Einheiten
angesichts der Demonstration zurück. Bei der
Rudolf-Brun-Brücke wurden sie unter Beschuss von Steinen und
Flaschen zur Seite gedrängt, während beim Vorbeiziehen auch
Bullenvans angegriffen wurden. Wir freuen uns, dass es laut Medien nur
zu einer Verhaftung kam." In einem anderen Eintrag heisst es: "Wir
haben das Lächeln auf den Gesichtern unserer FreundInnen gesehen,
wenn dem Bullenschwein die Flasche am Kopf zerschellte."
Die Zürcher Stadtpolizei ist zum Spielzeug von
aufmerksamkeitsdefizitgestörten Anarchisten geworden. Vorsteher
Daniel Leupi (Grüne) äusserte sich erst am Dienstagabend. Er
schob die Verantwortung auf sein Korps: "Ich leite das Departement,
nicht den Einsatz." Zudem sei es "neu" gewesen, dass "im Anschluss an
eine Abstimmung ein so grosses Gewaltpotenzial vorhanden ist", sagte er
auf Tagesanzeiger.ch/Newsnetz. "Nach der Minarett-Initiative wurde auch
eine spontane Demonstration durchgeführt. Damals verlief alles
friedlich", sagte Leupi. Zur Erinnerung: Nach der Minarett-Abstimmung
griffen die Demonstranten das Zürcher SVP-Parteisekretariat an,
zerstörten die Eingangstüre und verschmierten die Wände.
Wer sind diese Leute, die auf ein demokratisch
herbeigeführtes Abstimmungsresultat mit Gewalt reagieren? Der
harte Kern ist in Vereinen wie dem Revolutionären Aufbau oder der
Menschenrechtsorganisation Augenauf organisiert. Dazu kommen Hunderte
Sympathisanten, zusammengesetzt aus Studenten, Weltverbesserern,
Jungsozialisten und Häuserbesetzern. Unter den Pseudonymen ihrer
marxistischen und leninistischen Helden publizieren sie im Internet
seitenlange, teils reichlich konfuse Pamphlete über "Entwaffnung
der Revolution - Gewaltlosigkeit und ihre Folgen" oder "1. Mai auch
für die Tiere - Solidarität hört nicht bei Menschen
auf". Der Tenor ist meist derselbe: Die "faschistische Gesellschaft"
könne nur durch "gewaltsame, revolutionäre Mittel" in eine
"bessere soziale Ordnung" umgewandelt werden.
Es gibt Dutzende solcher Aufrufe, und sie sind alle
öffentlich einsehbar. Umso erstaunlicher ist es, dass die meisten
Medien die linksextreme Szene und ihre Übergriffe seit Jahren
verharmlosen oder gänzlich verschweigen. Offenbar wird es nicht
als allzu schlimm empfunden, wenn sich die Gewaltspirale im Namen einer
angeblich "gerechteren Welt" dreht. Die Verharmlosungen führen
aber auch dazu, dass es an den Ausschreitungen oft zu Ansammlungen
gewaltsuchender Personen aller Art kommt. In Bern beispielsweise waren
bei den Ausschreitungen am Sonntag mehrere YB-Fans zu erkennen, die auf
dem Heimweg vom Fussballspiel dankbar ein bisschen Action vorfanden. Am
1. Mai reicht die Palette der Krawallanten jeweils von den
Linksextremen über die Hooligans bis zu den Neonazis.
Die Bundespolizei hat zwar schon mehrere Berichte
über
"Skinheads" oder "Rechts- extremismus" zusammengetragen. Zum
Linksextremismus finden sich im aktuellen, 82-seitigen Jahresbericht
aber gerade mal zwei Sätze.
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Blick am Abend 1.12.10
SVP will Antworten vom Stadtrat
SONNTAGS-DEMO
Nach der unbewilligten Demonstration mit grossem
Sachschaden am
Sonntagabend reicht es SVP-Gemeinderat Mauro Tuena. Mit einer
Interpellation bittet er den Stadtrat folgende Fragen zu beantworten:
Wie ist die enorme Zurückhaltung der Stadtpolizei zu beurteilen
und wer wies die Stadtpolizei an, den Demonstrationsumzug ungehindert
weiterziehen zu lassen? Gesamthaft will Tuena zwölf Fragen
beantwortet haben. "Die Polizei griff am Sonntag viel zu spät
ein", ist Tuena überzeugt. So etwas dürfe nie mehr geschehen.
fr
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Tagesanzeiger 1.12.10
"Für die Gewalttaten von Kriminellen kann ich mich nicht
entschuldigen"
Polizeivorsteher Daniel Leupi (Grüne) verteidigt den
Polizeieinsatz an der Demonstration vom Sonntag.
Mit Daniel Leupi sprach Stefan Häne
Herr Leupi, Ihre Partei hat gegen die
Ausschaffungsinitiative der
SVP gestimmt. Haben Sie als Grüner Verständnis für den
Frust der Demonstranten vom Sonntag?
Ja. Wenn die Leute nach einer Abstimmung ihre Emotionen in
der
Öffentlichkeit zeigen wollen, fällt das unter die Meinungs-
und Redefreiheit. Es ist eine selbstverständliche Erscheinung des
politischen Lebens. Aber ich lehne dezidiert jede Form von Gewalt bei
solchen Demonstrationen ab.
Wo waren Sie am Sonntagabend, während der Mob
gewütet
hat?
Dazu äussere ich mich nicht. Es ist nicht relevant,
wo ich
mich aufgehalten habe. Ich war nicht der Einsatzleiter.
Wie beurteilen Sie den Einsatz?
Die Stadtpolizei hat vor dem Sonntag eine seriöse
Lagebeurteilung vorgenommen. Darin eingeflossen sind die Erfahrungen
aus der Demonstration im Nachgang zur Minarett-Abstimmung vor einem
Jahr, die weitestgehend friedlich verlief.
Das hat offenbar nichts genützt.
Das stimmt nicht. Doch der Stadtpolizei sind Grenzen
gesetzt:
Wenn eine Gruppe von Leuten Gewalt anwenden will, kann das die Polizei
in einem freiheitlichen Staat nie vollständig verhindern. Zudem
löst die Stadtpolizei eine unbewilligte, aber friedliche
Demonstration nicht auf den blossen Verdacht möglicher
Gewaltanwendungen hin auf. Täten wir dies, käme - nicht
zuletzt von medialer Seite - sofort der Vorwurf, die Polizei handle
unverhältnismässig.
Warum hat die Polizei die Demonstranten bei der
Gessnerbrücke nicht gestoppt und so den Einmarsch in die
Innenstadt verhindert?
Die operative Leitung des Einsatzes untersteht dem
Kommando der
Stadtpolizei, nicht mir.
Die Demonstration war angekündigt. Haben Sie sich mit
dem
Kommando im Vorfeld zusammengesetzt und die Lage analysiert?
Ich wurde vorinformiert.
Haben Sie eine spezielle Order zur Taktik herausgegeben?
Ich könnte mein Departement nicht führen, wenn
ich bei
jeder Lagebeurteilung anwesend wäre und mitbestimmen würde.
Dies würde im Übrigen die Autorität des Kommandos
untergraben.
Zur Demo aufgerufen hatte der Schwarze Block. Die
Ausschreitungen
waren programmiert.
Es obliegt der Einschätzung des Kommandos, die Lage
vor Ort
zu beurteilen. Generell gilt aber: Nur mit einem Polizeistaat liesse
sich eine solche Ausschreitung verhindern. Doch das haben wir nicht.
Und das ist gut so.
Warum haben Sie nicht schon gestern Stellung genommen?
Das wäre nicht seriös gewesen. Wir müssen
den
Einsatz zuerst genau analysieren. Diese Nachbearbeitung hat im Verlauf
des gestrigen Tags stattgefunden. Sie braucht Zeit.
Werden Sie sich bei den betroffenen Zünftern, dem
Gewerbe
und der NZZ entschuldigen?
Natürlich verurteile ich diese Zerstörungen,
aber ich
kann mich nicht für Gewalttaten entschuldigen, die Kriminelle
begangen haben. Ein "mea culpa" in diesem Sinne wird es nicht geben.
Sie haben die Wut der SVP und FDP auf sich gezogen.
Befürchten Sie, Ihren Anfangsbonus bei den Bürgerlichen
verspielt zu haben?
Wenn diese Parteien ihre Meinung über mich
ändern, muss
ich damit leben.
SVP-Fraktionschef Mauro Tuena hat gesagt, er sehe schwarz
für den 1. Mai. Welche Lehren ziehen Sie aus der Demo vom Sonntag?
Es ist sicherlich unerfreulich, wenn gewisse Leute an
einem
Sonntagabend in der Zürcher Innenstadt Gewalt anwenden
können. Die Stadtpolizei hat im Rahmen ihrer Möglichkeiten
aber alles getan. Sie ist verhältnismässig vorgegangen und
hat eingegriffen, nachdem es zu den ersten Sachbeschädigungen
gekommen war.
Was unternehmen Sie, damit wir am 1. Mai nicht wieder
solche
Bilder in der Altstadt ansehen müssen?
Die Stadtpolizei wird den Auftrag des Stadtrats umsetzen.
Das
heisst: Sie versucht, Gewalt zu vermeiden und toleriert die Nachdemo
nicht.
Wird die Innenstadt abgesperrt?
Das lässt sich noch nicht sagen. Es wird davon
abhängen, wie sich am 1. Mai die Lage vor Ort präsentiert.
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20 Minuten 1.12.10
"Die Polizei kann nicht alles verhindern"
ZÜRICH. Der Polizeieinsatz bei der unbewilligten
Abstimmungs-Demo vom Sonntag sorgt für rote Köpfe.
Polizeivorsteher Daniel Leupi (Grüne) verteidigt die Strategie.
Daniel Leupi, Sie waren am Polizeieinsatz vom Sonntag zwar
nicht
operativ beteiligt, tragen aber die politische Verantwortung. Warum
haben Sie bis jetzt geschwiegen?
Daniel Leupi: Weil ich mir zuerst ein genaues Bild davon
machen
musste, was am Sonntag gelaufen ist. Ich bin kein Freund von
Schnellschüssen.
Der Einsatz wird von Bürgerlichen als zu lasch
kritisiert,
von den Linken als richtig und vom Polizeisprecher gar als vorbildlich
beurteilt. Ihr Urteil?
Grundsätzlich hat die Polizei richtig und
verhältnismässig reagiert. Wären wir härter
vorgegangen, hätte es geheissen, die Polizei sei brutal.
Warum wurde die Demo nicht früher gestoppt?
Die Demo verlief lange ruhig und die Gesundheit der
grösstenteils friedlichen Teilnehmer ist höher zu gewichten
als allfällige Sachschäden.
Das ist ein schwacher Trost für jene, die
zerschlagene
Fenster zu beklagen haben.
Das kann ich gut nachvollziehen, aber ein gewisses Risiko
gehört zu einer freien Gesellschaft. Leider gibt es Leute, die
jede Gelegenheit für Randale nutzen. Die Polizei kann diese
Gruppen zwar lenken, aber nicht alles verhindern.
Welche Lehren zieht die Polizei aus dieser Demo?
Jeder Einsatz - so auch dieser - wird analysiert. Das
gehört
zum Tagesgeschäft. Gewonnene Erkenntnisse werden in künftige
Lagebeurteilungen mit einfliessen.
Roman Hodel
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Freiburger Nachrichten 1.12.10
Friedliche Demo auf Python-Platz
Gut 100 Personen haben in Freiburg gegen das Resultat der
Ausschaffungsinitiative demonstriert.
Freiburg Der klirrenden Kälte trotzend gaben gestern,
laut
Polizei, gegen 100 mehrheitlich junge Demonstranten ihren Unmut
über die Annahme der Ausschaffungsinitiative kund. Auf dem
Python-Platz zündeten sie gegen 18 Uhr Kerzen an. Organisator
Christophe Gremaud sagte in einer kurze Rede, dass die Ausländer
nicht zu Sündenböcken gemacht werden dürften. Nach der
Platzdemo zog rund die Hälfte der Teilnehmer Parolen skandierend
zum Bahnhof, angeführt von Mitgliedern des Kollektiv Raie Manta.
Auch der Umzug blieb ohne Folgen. pj
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Bund 1.12.10
Dütschlers Deutungen
Wollt ihr den totalen Saalschutz?
Markus Dütschler
Keine Bange, ich verliere kein Wort über die
Abstimmung vom
Sonntag. Es ist entschieden, ob man das Resultat mag oder nicht. Die
Welt ist nicht untergegangen - aber das kommt vielleicht noch. Einige
fanden, Volkes Verdikt sei schlimm, gefährlich, falsch und
unverständlich. Man kann das so sehen. Man darf sich darüber
aufregen, sich auf die Strasse stellen und bezeugen, dass man den
Abstimmungsausgang tief bedauert und keinesfalls zu "denen"
gehören will. Unter den "Guten", die sich so von der Vox Populi
distanzierten, waren einige Schlechte (ohne An- und
Abführungszeichen), die notorischen schwarzen Schafe. Diese
Minderheit von gewaltbereiten Chaoten zertrümmerte in der Berner
Innenstadt die Tür eines Hotels, in dem Exponenten der SVP einen
Bankettraum gemietet hatten, um die hereintröpfelnden Resultate zu
sichten und danach den Sieg zu feiern. Die Feuerwehr hat den Eingang
notdürftig verrammelt. Wirtsleute, Liegenschaftseigentümer
und Versicherung überlegen sich nun, wie sie den Schaden
aufteilen, denn solche Türen gibt es nicht im Baumarkt ab Stange.
Muss man das auf die Spesenrechnung der Demokratie setzen? Nein! Was
passiert ist, war kein Anschlag auf eine Türe, sondern auf die
Versammlungsfreiheit. Welcher Wirt traut sich künftig noch,
Räumlichkeiten einer Partei oder einer Organisation zu vermieten,
die in der Öffentlichkeit kontrovers beurteilt wird? Wollen wir,
dass ein Wirt abwägen muss, ob sich die Saalmiete rechnet, wenn es
danach zu Sachbeschädigungen oder Boykottaufrufen kommt?
Wenn eine "Antifa" oder eine andere Gruppierung aus diesem
Dunstkreis meint, solche "Proteste" anbringen zu müssen, schadet
sie nicht der SVP, sondern der Demokratie. Bern hat am 6. Oktober 2007
erlebt, was passiert, wenn selbst ernannte Weltretter eine bewilligte
Demonstration (der SVP) mit Gewalt sprengen und selber die halbe Stadt
zertrümmern. Einer ihrer Exponenten beziehungsweise sein Anwalt
erklärte später vor Gericht allen Ernstes, die Aktion gegen
ein Überborden des Faschismus sei Notwehr gewesen und eine
Bürgerpflicht. Das war Blödsinn, wie auch das Gericht befand.
In einer Demokratie passieren Dinge, hinter denen nicht
alle
stehen können. Wenn Verlierer anfangen, ihre Gegner durch Boykotte
oder Anschläge einzuschüchtern, zerstören sie den
Freiraum, in dem Demokratie gedeiht. Wer in einer gefestigten
Demokratie illegal handelt, um Schlimmeres zu verhüten, ist die
Seuche, für deren Heilmittel er sich hält. Die
Versammlungsfreiheit gilt für alle: "Fas", "Antifas", Linke,
Mittlere und Rechte. Sie sollen sich frei versammeln dürfen - ganz
ohne Saalschutz. Wie man seit der Weimarer Republik weiss,
schützen "Saalschützer" keine Säle, sondern können
eine Demokratie ruinieren.
---
Bund 30.11.10
Sekretariat der SVP in Bern angegriffen
Unbekannte haben in der Nacht auf gestern am Sekretariat
der SVP
Schweiz Scheiben eingeschlagen, Storen beschädigt und Mauern
verschmiert. Die Kantonspolizei spricht von "erheblichem Sachschaden",
die Täter flüchteten unerkannt. Ebenfalls beschädigt
wurden drei parkierte Autos vor dem Gebäude im
Länggassquartier, wie das Untersuchungsrichteramt Bern-Mittelland
und die Polizei mitteilten. Nur wenige Stunden zuvor waren gemäss
Polizeiangaben 500 Personen durch die Berner Innenstadt gezogen, um
gegen das Resultat der SVP-Ausschaffungsinitiative zu protestieren.
Schon dort war es zu Sachbeschädigungen gekommen, vor allem an der
Türe des Hotels, wo die SVP-Spitze die Abstimmung verfolgte.(pd)
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BZ 30.11.10
Chaoten greifen SVP-Büro in Bern an
Vandalenakte. Im Nachgang zur Demo gegen die
Ausschaffungsinitiative verwüsteten Chaoten das
SVP-Generalsekretariat in Bern.
Kurz vor ein Uhr in der Nacht auf Montag schlugen
Unbekannte beim
SVP-Generalsekretariat in der Berner Länggasse Scheiben ein und
rissen Rollläden herunter, wie die Polizei vermeldete. Sie
verschmierten den Geschäftssitz und beschädigten drei Autos.
Die Polizei stellte Tatwerkzeug sicher. Über die Höhe der
Sachschäden konnte Sprecher Franz Märki nur vage Angaben
machen: "Wenige Zehntausend Franken in der Länggasse
und mehrere Zehntausend Franken nach der Demo in der Stadt."
Gemäss SVP-Generalsekretär Martin Baltisser wird in der
Länggasse Anzeige erstattet.
Auf einer einschlägigen Webseite wurde schon in der
Nacht
ein Bekennerschreiben des "Kommandos nie wieder SVP" aufgeschaltet:
"Wäre das Büro nicht im Parterre eines mehrstöckigen
Wohnhauses untergebracht, hätten wir es runtergebrannt", schrieben
die Hitzköpfe dort.
Peter Bernasconi, Präsident der SVP Stadt Bern und
der SVP
Bern-Mittelland, verlangt nun Videoüberwachung für die drei
SVP-Sekretariate in der Stadt Bern. Sein Haus war vergangene Woche
ebenfalls Ziel von Vandalen. Sie warfen Farbbeutel an dessen Fassade.
Er geht aber davon aus, dass der Auslöser dieser Attacke ein
lokales Ereignis ist. Das "irrationale Vorgehen einer kleinen Gruppe
von Militanten" müsse aber unterbunden werden: "Wenn das Schule
macht, sind jene gefordert, die in der Stadt für Sicherheit zu
sorgen haben", sagt er.
Der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP)
verurteilt
die Zerstörungswut einiger Chaoten am Sonntagabend. Die Polizei
sei zwar vorbereitet, auch auf allfällige Anschläge auf das
SVP-Sekretariat. "Aber lückenlose Präsenz ist schwierig",
gibt er zu bedenken. Den Vorschlag zur Videoüberwachung will Nause
prüfen. "Ich nehme jedoch an, die Täter waren vermummt. Dann
wären Kamerabilder von begrenztem Nutzen", sagt er. Nause
appelliert an die friedlichen Teilnehmer der spontanen Kundgebung vom
Sonntagabend: "Ich hoffe, dass Hinweise eingehen, damit die Täter
überführt werden können."
cab
---
20 Minuten 30.11.10
Anschlag auf SVP-Sekretariat
BERN. Enttäuscht vom Abstimmungsergebnis zur
Ausschaffungsinitiative haben in der Nacht auf gestern Chaoten das
SVP-Sekretariat in Bern verwüstet. Sie schlugen Scheiben ein,
beschädigten Storen und verschmierten das Gebäude an der
Brückfeldstrasse 18. Drei vor dem Haus parkierte Autos wurden
ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Die Täter konnten unerkannt
flüchten. Bereits am frühen Abend waren gegen 500
Demonstranten durch die Innenstadt gezogen. Dabei kam es ebenfalls zu
Sachbeschädigungen. Zudem wurden Polizisten mit Flaschen und
Schneebällen beworfen.
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Tagesanzeiger 30.11.10
200 000 Franken Schaden nach Demo
Bei der unbewilligten Demonstration nach der Abstimmung
über
die Ausschaffungsinitiative in Zürich gab es hohen Sachschaden.
Gemäss einer Umfrage des TA bei betroffenen Liegenschaften
beläuft sich der Schaden (vor allem Glasbruch und Farbbeutel) auf
rund 200 000 Franken. Die Stadtpolizei spricht dagegen von mehreren
Zehntausend Franken. SVP und FDP kritisieren die Polizei, dass sie die
Demonstranten vom Kreis 4 in die Innenstadt gelassen hat. Die
Stadtpolizei verteidigt sich: Es habe zunächst keinen Grund
gegeben, den anfänglich friedlichen Umzug zu stoppen. Ein
Tränengaseinsatz wäre unverhältnismässig
gewesen.(hoh)
KommentarundBerichtSeite 15
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Demo verursachte hohen Schaden
Rund 200 000 Franken kosten die Reparaturen nach dem
unbewilligten Umzug am Sonntag in Zürich. SVP und FDP kritisieren
den Polizeieinsatz: Die Randalierer hätten nicht in die Altstadt
ziehen dürfen.
Von Stefan Hohler und Tina Fassbind
Zürich - Die Demonstranten haben am Sonntagabend
anlässlich des unbewilligte Umzuges nach der Abstimmungsniederlage
einen viel höheren Schaden verursacht als zunächst gemeldet.
Laut Stadtpolizei betrug er mehrere Zehntausend Franken. Eine Umfrage
bei den betroffenen Geschäften zeigt ein anderes Bild: Auf rund
200 000 Franken kommt der gesamte Schaden zu stehen.
Am stärksten betroffen war das Zunfthaus zur
Zimmerleuten.
Dort haben die Chaoten Steine und Flaschen ins Restaurant geworfen und
das Parkett beschädigt. Zudem verunstalteten sie die frisch
renovierte Fassade mit Farbbeuteln massiv. René Dalla Corte, der
den Wiederaufbau geleitet hatte, spricht von 50 000 bis 80 000 Franken
Schaden. Bei der NZZ schlugen die Vandalen mit Hämmern auf
zwölf grosse Scheiben im Eingangsbereich ein. Laut einem
Zeitungssprecher beträgt der Schaden rund 60 000 Franken.
Auf 50 000 Franken beziffert eine
Raiffeisenbank-Sprecherin die
kaputten Scheiben an der Filiale am Limmatquai 68. Eine
ZKB-Sprecherin nennt den Schaden an der Automatenbank am Limmatquai 112
"erheblich": Der äussere Bancomat wurde beschädigt und Glas
eingeschlagen. Daneben gingen Scheiben von anderen Läden in
Brüche. Auch das Rathaus wurde mit Farbbeuteln beworfen. Zudem
versprayten Aktivisten viele Häuser im Kreis 4 und am Limmatquai
mit Anti-SVP-Parolen.
Inzwischen wird der Einsatz der Stadtpolizei kritisiert.
Auf
Unverständnis stösst die Tatsache, dass die Polizei die
Demonstranten "ungehindert" vom Kreis 4 in die Innenstadt ziehen liess.
Mauro Tuena, Fraktionschef der SVP im Gemeinderat, ist der Meinung,
dass die Polizei die Kundgebung von Anfang an hätte stoppen
sollen. "Spätestens nach der ersten Sachbeschädigung
hätte die Polizei eingreifen müssen."
Stadtpolizei-Medienchef Marco Cortesi dagegen verteidigt
den
Einsatz. Es habe zunächst keinen Grund gegeben, den Tross zu
stoppen - selbst dann nicht, als dieser sich in Richtung Altstadt
bewegte. "99 Prozent der Demonstranten waren friedlich unterwegs. Unter
ihnen gab es lediglich zwei Dutzend vermummte Randalierer. Wenn wir
gegen sie mit Tränengas vorgegangen wären, hätten wir
Personenschaden in Kauf nehmen müssen. Dann hätten wir das
nötige Augenmass verloren." Die Doktrin der Einsatzleitung sei es
gewesen, den Zug laufen zu lassen, solange die Demonstranten sich
friedlich verhielten.
Warum die Stadtpolizei die Gessnerbrücke nicht
sperrte und
so den Demonstranten den Zugang in die Innenstadt verwehrte,
begründet Cortesi wie folgt: Die Demonstranten seien bereits
dreiviertel Stunden unterwegs gewesen, ohne Schaden anzurichten. Dass
bei dem Einsatz nur eine Person verhaftet wurde, liegt für Cortesi
am Mangel an Beweisen: "Es ist für uns schwer zu belegen, wer aus
einem grossen Umzug heraus eine Scheibe eingeschlagen hat. Verhaftungen
können wir so kaum vornehmen."
Den Vorwurf, die Stadtpolizei sei am Sonntag nicht mit
genügend Beamten im Einsatz gestanden, weist Cortesi ebenfalls
zurück. Man habe schon früh von der Kundgebung gewusst und
sei gut vorbereitet gewesen. Obwohl es zu Sachbeschädigungen kam,
seien keine Personen verletzt worden.
Ist Polizeichef Leupi zu lasch?
Polizeivorsteher Daniel Leupi wollte sich gestern zum
Einsatz
noch nicht äussern. Er müsse sich zuerst ein Bild machen,
liess er ausrichten. Mauro Tuena sieht schwarz für den kommenden
1. Mai, "wenn der grüne Polizeivorsteher solche Demos auf diese
Weise handhabt". Die FDP ist gespannt auf die Erklärung von Leupi,
weshalb es nur bei einer Deeskalation blieb und die Demonstrierenden in
die Altstadt ziehen konnten.
Schützenhilfe bekommt Leupi von seiner Partei. "Ich
bin ein
Anhänger der Taktik, erst abzuwarten und nicht gleich mit
Tränengas vorzugehen", verteidigt der grüne Gemeinderat
Balthasar Glättli die Strategie. "Macht sie das nicht, kommt
sofort der Vorwurf auf, die Polizei habe provoziert und dadurch
für eine Eskalation der Situation gesorgt.
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Kommentar
Polizei versagt, ihr Chef schweigt
Von Stefan Häne
Die Stadtpolizei hat aus der Geschichte nichts gelernt.
Bereits
vor einem Jahr kam es im Nachgang zur Minarett- Abstimmung zu einer
unbewilligten Demonstration, die in Zerstörungswut gegen das
Sekretariat der Zürcher SVP mündete. Am Sonntagabend hat der
linke Mob erneut getobt. Anders als vor einem Jahr geschah dies mit
Ankündigung. Umso schlimmer wiegt deshalb, dass die Stadtpolizei
die Demonstranten durch die Altstadt bis zum Stadelhoferplatz ziehen
liess; das hat es seit Jahren nicht mehr gegeben. Dabei hätte sie
die offensichtlich Gewaltbereiten frühzeitig stoppen können:
bei der Gessnerbrücke, einem Einfallstor in die Innenstadt. Dass
die Stadtpolizei weder genügend Personal aufgeboten noch
durchgegriffen hat, ist inakzeptabel. Inwieweit Polizeivorsteher Daniel
Leupi für diese Strategie verantwortlich ist, lässt sich
nicht sagen: Der Grüne schweigt - obschon er bei Amtsantritt
angekündigt hat, offensiver und schneller als seine
Vorgängerin Esther Maurer (SP) zu kommunizieren.
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NZZ 30.11.10
Gewalt im Schutz der Masse
Kritik an der Polizei nach Krawall
fsi. · Bei der Demonstration von Gegnern der
Ausschaffungsinitiative vom Sonntagabend (NZZ 29. 11. 10) ist in der
Zürcher Innenstadt Sachschaden in der Höhe von mehreren
zehntausend Franken entstanden. Ein Krawallmacher wurde verhaftet,
über Verletzte liegen keine Meldungen vor. Dass die Stadtpolizei
nicht von Beginn an gegen die unbewilligte Demonstration eingeschritten
war, hat ihr am Montag einige Kritik nicht nur vonseiten der
Abstimmungssieger von der SVP eingetragen. So schrieben zum Beispiel
die FDP der Stadt und des Kantons Zürich in einem gemeinsamen
Communiqué, dass man gespannt auf die Erklärung des
grünen Polizeivorstehers warte, weshalb die Polizei die
Demonstrierenden in die Altstadt habe ziehen lassen.
Deeskalierendes Vorgehen
Tatsächlich war die Polizei nicht eingeschritten, als
mehrere hundert Demonstranten gegen 20 Uhr 30 vom Helvetiaplatz aus
losmarschierten. Die Route führte über die Langstrasse zum
Löwenplatz und weiter Richtung Hauptbahnhof, Central und
Limmatquai, und die Zahl der Demonstranten nahm laufend zu. Dass sich
die Polizei lange im Hintergrund hielt, bezeichnete Marco Cortesi,
Medienchef der Stadtpolizei Zürich, am Montag auf Anfrage als
deeskalierendes Vorgehen. Nachdem linksautonome Kreise schon Tage zuvor
für den Fall der Annahme der Initiative zur Kundgebung aufgerufen
hätten, habe man sich gut vorbereiten und eine entsprechend grosse
Mannschaft aufbieten können. Dabei sei die Stadtpolizei auch von
Kantonspolizisten unterstützt worden. "Unsere Leute waren
überall."
Es sei um eine Kundgebung nach einer Abstimmung gegangen,
und 99
Prozent der Leute hätten in friedlicher Absicht teilgenommen,
sagte Cortesi. "Es wäre unverhältnismässig gewesen, wenn
die Polizei bereits eingegriffen hätte, nachdem am Bahnhofplatz
die Scheiben eines Geschäfts eingeworfen worden waren." Denn die
rund 50 Gewaltbereiten und noch einmal so viele Mitläufer hatten
sich im Demonstrationszug versteckt und aus der Menge heraus mit
Steinen und Flaschen geworfen. Wäre die Polizei zu früh
eingeschritten, hätte es zu einer Solidarisierung mit den Chaoten
mit unvorhersehbaren Folgen kommen können.
Auf dem Limmatquai wuchs der Zug auf bis zu 2000
Teilnehmer an,
und es kam zu weiteren Sachbeschädigungen. Die friedlichen
Demonstranten versuchten erfolglos, die zum Teil maskierten
Krawallmacher mit "Aufhören, aufhören!"-Rufen zur Besinnung
zu bringen. Abfalleimer wurden in Brand gesteckt, Wände versprayt
und Scheiben eingeworfen, unter anderem auch im Erdgeschoss des
Hauptgebäudes der NZZ an der Falkenstrasse.
Reizgas und Gummischrot
Kurz vor 22 Uhr eskalierte die Gewalt beim Zunfthaus zur
Zimmerleuten am Limmatquai. Nachdem sich die nicht gewalttätigen
Demonstranten zu dieser Zeit bereits von den Chaoten zurückgezogen
hatten, schritt die Polizei nun mit Reizgas, Gummischrot und
Wasserwerfern ein. Rund 200 Personen flohen ins Niederdorf und
formierten sich bald darauf auf der Grossmünsterterrasse neu. Die
Polizei konnte sie daran hindern, via Münsterbrücke zum
Paradeplatz zu gelangen. Gegen 23 Uhr löste sich die Kundgebung
endgültig auf.
In einem am Montagnachmittag an mehrere Redaktionen
versandten
Communiqué bezeichneten die anonym auftretenden Organisatoren
die Demonstration als "starkes Zeichen gegen Rassismus, Ausgrenzung und
Kapitalismus". Und sie drohen: "Der Kampf geht weiter, und wir kommen
wieder."
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20 Minuten 30.11.10
Abstimmungsdemo: SVP und FDP kritisieren Polizei
ZÜRICH. Die Polizei habe bei der unbewilligten Demo
vom
Sonntag viel zu lange zugeschaut, ärgern sich SVP und FDP. Die SP
sieht dies anders.
Eine Spur der Verwüstung hat die unbewilligte Demo
nach der
Abstimmung vom Sonntag in der Zürcher City hinterlassen: Bei
mehreren Zunfthäusern sowie weiteren Gebäuden waren Fenster
eingeschlagen und Fassaden verschmiert. Allein bei der NZZ beträgt
der Sachschaden laut Sprecherin Bettina Schibli bis zu 100 000 Franken.
"Die Polizei hat viel zu spät eingegriffen", kritisiert
SVP-Fraktionschef Mauro Tuena. Er frage sich, wie man mit dieser
Deeskalations-Strategie den nächsten 1. Mai meistern wolle. Die
FDP wartet "gespannt auf die Erklärung des grünen
Polizeivorstehers Daniel Leupi, weshalb es nur bei einer Deeskalation
blieb". Richtig reagiert hat die Polizei hingegen für
SP-Co-Präsidentin Beatrice Reimann: "Die meisten demonstrierten ja
friedlich." Es sei aber himmeltraurig, dass ein paar wenige die gute
Idee der Kundgebung zunichte machten. Reimann: "Die Juso versuchte
sogar, Sachschäden zu verhindern."
Stapo-Medienchef Marco Cortesi hält den Einsatz
derweil
für angemessen: "Unter den 2000 Demonstranten waren höchstens
100 Chaoten - ein früheres Eingreifen hätte viele
Unbeteiligte getroffen." Dennoch seien die Sachschäden
bedauerlich. Cortesi: "Man kann sicher darüber diskutieren, ob man
die Demo vor der City hätte stoppen sollen - doch dann hätten
sich die Friedlichen mit den Chaoten solidarisiert und es wäre im
Kreis 4 zu schweren Ausschreitungen gekommen." Polizeivorsteher Daniel
Leupi wollte sich gestern nicht äussern.
Roman Hodel
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Basler Zeitung 30.11.10
Demo gegen Initiative
Basel. Rund 4500 Menschen haben gestern Abend in der
Basler
Innenstadt gegen das Ja zur Ausschaffungsinitiative demonstriert. Laut
Telebasel erklärte die Basler Polizei, die Demo sei friedlich
verlaufen. Begonnen habe die Protestaktion mit einer kleinen Gruppe von
Unia-Gewerkschaftern. Auf dem Weg durch das Kleinbasel und das St.
Johann sei der Zug stetig angewachsen. Die Demonstranten hätten
Parolen skandiert und bengalische Fackeln abgebrannt.
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AUSSCHAFFUNGEN
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WoZ 2.12.10
Ausschaffungsinitiative
"Banden bilden gegen die reaktionäre Revolution"
Die Grünen haben als einzige grössere Partei
geschlossen gegen Initiative und Gegenvorschlag gekämpft.
Präsident Ueli Leuenberger spricht über das Scheitern der
Anpassungspolitik und den Widerstand von morgen.
Von Dinu Gautier (Interview)
WOZ: Ueli Leuenberger, die SVP hat zum zweiten Mal eine
ausländerpolitische Initiative durchgebracht. Ist dies ein
Wendepunkt für die Schweiz?
Ueli Leuenberger: Die SVP ist überzeugt, dass sie so
noch
lange Wähler gewinnen wird. Sie wird weitermachen, solange sie
keinen richtigen Widerstand erfährt. Dieser Widerstand muss von
all jenen kommen, die die reaktionäre Revolution in der Schweiz
aufhalten wollen. Es ist klar, dass er aus der Bevölkerung kommen
muss.
Wie kann denn die Bevölkerung diesen Widerstand
leisten?
Gerade jene, die zwar die Verleumdungskampagnen ablehnen,
aber
bisher geschwiegen haben, müssten jetzt klar Position beziehen und
aktiv für Solidarität und Grundrechte einstehen. Das beginnt
in der Diskussion mit Arbeitskollegen, im Familienkreis usw. Und sie
können sich organisieren, vernetzen, Banden bilden gegen die
reaktionäre Revolution. Es braucht dringend ein konsequenteres
Engagement der ganzen pluralistischen Linken und Druck auf die
bürgerlichen Parteien, damit sie aufhören, die Werte, die sie
eigentlich vertreten, mit Füssen zu treten. Es steht unheimlich
viel Arbeit an.
Und wenn der Widerstand ausbleibt?
Auf die Wahlen 2011 hin wird die SVP mit Sicherheit wieder
eine
fremdenfeindliche Initiative lancieren. Etwa die Idee mit der
Einbürgerung auf Bewährung. Kommt dann wieder ein
Gegenvorschlag? Statt fünf Jahre Bewährung vier Jahre
Bewährung? Wenn man der SVP einen Finger gibt, nimmt sie die ganze
Hand. Sie will die Macht in diesem Land um jeden Preis. Und die
Machterringung führt für sie über die
Ausländerfrage. Nur betreibt das Parlament seit Jahren eine
Anpassungspolitik: Es lässt sich auf SVP-Forderungen ein, verpackt
sie anders oder schwächt sie ein bisschen ab, im Glauben, damit
der SVP das Wasser abgraben zu können. Das Gegenteil ist der Fall.
Sozialdemokraten, die für den Gegenvorschlag waren,
sehen
das anders und sagen, mit Ihrem doppelten Nein hätten Sie der
Initiative zum Durchbruch verholfen.
SP-Nationalrat Andy Tschümperlin hat gesagt: "Ich
kann doch
im Kanton Schwyz nicht gegen die Initiative antreten ohne einen
Gegenvorschlag." Heute kann man das Resultat sehen: Schwyz hat die
Ausschaffungsinitiative hoch angenommen und den Gegenvorschlag
abgelehnt. Wenn Teile der SP und sogar die Flüchtlingshilfe
für den Gegenvorschlag antreten, dann ist das ein grober Fehler.
Die Leute denken: "Hey, wenn sogar die einen direkten Zusammenhang
zwischen Ausländern und Kriminalität machen, dann muss es ja
wirklich schlimm sein." Das setzt sich in den Köpfen fest.
Sie sprechen die Flüchtlingshilfe an. Wie gross war
deren
Einfluss?
Flüchtlingshilfe-Chef Beat Meiner hat im Hintergrund
schon
lange für den Gegenvorschlag lobbyiert. Die Flüchtlingshilfe
hat ein gewisses Prestige in linken Kreisen. Leute, die die Asyl- und
Ausländerpolitik nicht sehr nahe verfolgen, vertrauen ihr.
Erinnern wir uns: Wenn elf Sozialdemokraten im Nationalrat sich nicht
enthalten oder nicht zugestimmt hätten, wäre der
Gegenvorschlag nicht zustande gekommen.
Heute stelle ich fest, dass die Mehrheit der Hilfswerke
mit uns
zusammen gekämpft hat und dass auch ein grosser Teil der
Flüchtlingshilfe-Mitarbeiter mit uns einig war. Eine
überwältigende Mehrheit derjenigen, die sich seit Jahren und
Jahrzehnten in der Schweiz für Flüchtlinge einsetzen, konnte
Beat Meiners Position nicht nachvollziehen.
Ist Meiner als Flüchtlingshilfe-Chef noch tragbar?
Das müssen die Hilfswerke entscheiden, die die
Flüchtlingshilfe tragen. Eine viel wichtigere Rolle als Beat
Meiner hat aber FDP-Nationalrat Philipp Müller gespielt: Als ich
2002 in den Nationalrat kam, war der damalige Nationalrat Yves Christen
verantwortlich für die FDP-Migrationspolitik - ein
anständiger Liberaler im besten Sinne des Wortes. 2003 kam dann
einerseits Christoph Blocher in den Bundesrat, andererseits
übernahm Müller die Führung bei der FDP, die seither in
diesen Fragen extrem nach rechts gerutscht ist. Philipp Müller ist
ein erfolgreicher Scharfmacher. Umso befremdlicher, dass Meiner die
Allianz mit ihm gesucht hat.
--
kleiner Staatskundeunterricht
Falsch gerechnet
Alt SP-Nationalrat Rudolf Strahm sagte dem
"Tages-Anzeiger", das
Nein des SP-Parteitags zum Gegenvorschlag habe der
Ausschaffungsinitiative mit zum Erfolg verholfen. In der "Finanz und
Wirtschaft" heisst es: "In der Stichfrage war der Gegenvorschlag
keineswegs chancenlos - im Gegenteil, er hat in Tat und Wahrheit gar
knapp mehr Stimmen erhalten als die Initiative!" Dass sich auch in der
Stichfrage mit fünfzehn Ständen ein deutliches Mehr der
Kantone für die Initiative aussprach, wird unterschlagen.
Wenn in der Stichfrage die eine Vorlage mehr Volks- und
die
andere mehr Standesstimmen hat, tritt die Vorlage in Kraft, "bei
welcher der prozentuale Anteil der Volksstimmen und der prozentuale
Anteil der Standesstimmen in der Stichfrage die grössere Summe
ergeben" - so steht es in der Verfassung.
Rechnen wir:
Für die Initiative: Volk 49,64 % plus Stände
65,22 %
ergibt 114,86 %
Für den Gegenvorschlag: Volk 50,36 % plus Stände
34,78
% ergibt 85,14 %
Die Initiative wäre somit auch im Stichentscheid
durchgekommen.
Wenn wir nun sehr grosszügig jene 151 000 Personen,
die bei
der Stichfrage leer eingelegt haben, dem Lager des Gegenvorschlages
zuschlagen, dann hätte es noch immer nicht gereicht. Es
hätten auch mindestens drei ganze Stände kippen müssen.
dig
---
WoZ 2.12.10
Durch den Monat mit Guy Krneta (Teil 1)
Schaffen wir uns als mündige BürgerInnen ab?
Der in Basel lebende Schriftsteller und Theaterautor Guy
Krneta
will nach der Annahme der Ausschaffungsinitiative den Kampf um die
Menschenrechte noch intensiver führen und gleichzeitig nicht
ruhen, ehe Markus Somm als Chefredaktor der "Basler Zeitung"
zurücktritt.
Von Jan Jirát (Interview) und Ursula Häne
(Foto)
WOZ: Guy Krneta, Sie haben sich als Künstler
über die
Plattform Kunst+Politik stark engagiert im Abstimmungskampf gegen die
SVP-Ausschaffungsinitiative und den Gegenvorschlag. Am vergangenen
Sonntag ist die Initiative vom Volk angenommen worden. Sind Sie eher
traurig oder wütend?
Guy Krneta: Beides. Dass die SVP vierzig Jahre nach der
Schwarzenbach-Initiative immer noch mit dem Wort "Ausländer"
Stimmung machen kann, das ist grauenhaft. Das Wort "Ausländer" ist
ja noch viel ungenauer als das Wort "Schweizer".
Wenn man sich die Voten zur Schwarzenbach-Initiative heute
anhört, hat man den Eindruck, dass da in der Zwischenzeit wirklich
überhaupt nichts passiert ist. Nur dass die
Schwarzenbach-Initiative abgelehnt wurde und die
Ausschaffungsinitiative heute angenommen wird.
Und woran liegt das?
Sicher daran, dass die SVP heute eine viel potentere
Partei ist,
als es die Nationale Aktion damals war. Dass es dieser Partei gelungen
ist, den ganzen rechten Rand aufzusaugen und trotzdem weiterhin als
bürgerliche Partei zu gelten. Und dass sie offenbar über
unbegrenzte finanzielle Ressourcen verfügt, die sie in
flächendeckendes Marketing stecken kann. Wenn man sich vorstellt,
was nur schon diese angebliche Befragung im August gekostet hat, die an
alle Haushalte ging. Damit hätten wir drei oder vier
abendfüllende Spielfilme drehen können.
Kann man die beiden Initiativen wirklich vergleichen?
Im Gegensatz zur Schwarzenbach-Initiative sind die
unmittelbaren
Folgen vielleicht weniger spürbar. Damals hätten 300 000
Leute das Land verlassen müssen. Heute sind es ein paar Hundert
zusätzliche Ausschaffungen von Leuten, die keinen Namen haben,
keine Stimme und keine Verankerung in der lokalen Bevölkerung. Die
Stimmungsmache richtet sich aber wie damals gegen alle, die keinen
Schweizer Pass haben.
Einmal mehr rüttelt die SVP mithilfe eines von ihr
besetzten
Begriffs, des "Volkswillens", an Grund- und Menschenrechten. Wie lange
geht das noch gut?
Ohne unantastbare Grundwerte gibt es keine Demokratie.
Menschenrechte sind die Grundlage der Demokratie. Wenn wir die
Menschenrechte infrage stellen, schaffen wir uns selber ab als
mündige, demokratiefähige und vor der Willkür der
Mehrheit geschützte Bürgerinnen und Bürger. Wir haben
das Recht, einer Minderheit anzugehören. Wenn wir dieses Recht
aufgeben, geben wir die Demokratie auf. Dann können wir gleich
russisches Roulette spielen.
Die Diskussion um Grundwerte und Menschenrechte hat bisher
aber
nicht stattgefunden. Wie wollen Sie das ändern?
Es muss eine starke Bürgerbewegung entstehen, die
sich
für die Menschenrechte in der Schweiz starkmacht. Dazu gibt es
Ansätze, beispielsweise rund um die Solothurner
Landhausversammlungen. Etwas vom Wichtigsten, was wir aus dem
Wochenende mitnehmen können, ist die Energie, das Empören
nicht in selbstzerstörerische Aktionen umzusetzen, sondern kluge
Formen zu finden, um einerseits im Konkreten, an einzelnen Orten und in
einzelnen Nischen weiterhin aktiv zu sein, uns aber auch als nationale
Kraft zu formulieren. Nicht im Sinne einer Partei, sondern als ein
starkes Netz von Organisationen und Initiativen, die gemeinsam viele
Leute zu mobilisieren vermögen.
Parallel zu Ihrem Engagement im Abstimmungskampf haben Sie
Mitte
November den Aufruf "Rettet Basel!" mitinitiiert. Sie forderten darin
eine SVP-unabhängige Tageszeitung und den Rücktritt von
"Basler Zeitung"-Besitzer Tito Tettamanti, Chefredaktor Markus Somm und
Berater Christoph Blocher. 18 600 Menschen haben diesen Aufruf bisher
unterschrieben, Tettamanti und Blocher sind weg. Mit dem Basler
Unternehmer Moritz Suter ist ein neuer Besitzer da. Ziel erreicht?
Nein. Wenn der neue Besitzer Vertrauen will, muss er
transparent
machen, woher er das Geld für den Kauf der "Basler Zeitung" hat,
wer hinter ihm steht und welche Strategie er mit der Zeitung verfolgt.
Schliesslich braucht es eine glaubwürdige Chefredaktion, keinen
ideo lo gischen Lohnschreiber wie Markus Somm. Somm kann übers
Wetter schreiben und landet am Schluss bei der Forderung, dass wir mehr
dreispurige Autobahnen brauchen.
Gibt es Alternativen oder Modelle für den Fall, dass
die
Situation bei der "Basler Zeitung" so bleibt wie jetzt?
Mehrere Privatpersonen aus Basel und Umgebung haben einen
Projektkredit gesprochen und die Bachmann Medien AG, die von Ivo
Bachmann, einem ehemaligen Chefredaktor der "Basler Zeitung",
geführt wird, beauftragt, die Realisierung einer neuen Zeitung
für Basel zu prüfen. Diese soll Eigentum ihrer Abonnenten
sein und täglich online sowie wöchentlich in gedruckter Form
erscheinen.
Bei der Sie mitschreiben?
Ich bin kein Journalist, sondern Theater autor. Ich
möchte
lieber früher als später aus der Geschichte herauskommen. Im
Moment geht das aber nicht, ich trage ja die Verantwortung für
eine Aktion, die ich mitgestartet habe.
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Kulturplatz sf.tv 1.12.10
Beissende Ironie: Wie Satiriker auf populistische Kampagnen
reagieren
http://videoportal.sf.tv/video?id=2af61856-f504-4691-b77d-9e8bc3bf9430
Der Kampagnenstil der SVP-Ausschaffungsinitiative stachelt
Satiriker zu
drastischen Kunstgriffen an: Neuerdings geistert OLAF, die
"Organisation zur Lösung der Ausländerfrage" durch die
Medienlandschaft . Mit Schnauz und akkurat gezogenem Seitenscheitel
machen Geschäftsführer Alois B. Stocher und sein Mitarbeiter
George Klein in Internetfilmen und lautstarken Aktionen auf sich
aufmerksam. OLAF will die Ausländerfrage ein für allemal
lösen - mit drastischen Mitteln und erschreckenden Slogans. Diese
sind so überzeichnet wie absurd. "Kulturplatz" hat gefragt, was
hinter der Satire-Aktion steckt.
Beitrag: Sarah Herwig
* http://www.olaf-schweiz.ch
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Rundschau sf.tv 1.12.10
Automatische Ausschaffung
http://videoportal.sf.tv/video?id=38e14148-cf82-4c3d-aca3-ab5fe2307ea3
Die Annahme der Ausschaffungsinitiative gibt bei deren
Zielgruppe zu
reden. Für die einen niedergelassenen Ausländer ist die
automatische Ausschaffung diskriminierend und eine Form von
Zweiklassenjustiz, für andere ein richtiges Warnsignal zuhanden
ihrer kriminellen Landsleute. Ausländer unter Generalverdacht? Ein
Stimmungsbericht.
* Dossier Einwanderung und Integration
http://www.sf.tv/sfwissen/dossier.php?docid=17303&navpath=pol/inl
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BZ 1.12.10
Einreiseverbot gilt auch für den Schengen-Raum
Ausschaffung. Für Türken und alle anderen
Nicht-EU-Bürger hat die Annahme der Ausschaffungsinitiative
ungeahnte Folgen: Sie müssen laut Bundesamt für Migration bei
einer Ausschaffung nicht nur die Schweiz verlassen. Sie bekommen in der
Regel in ganz Europa Einreiseverbot.
Wird ein türkischer Staatsangehöriger in der
Schweiz
wegen Sozialhilfemissbrauch verurteilt, dann kann das für ihn
künftig viel härtere Konsequenzen haben, als es die
Ausschaffungsinitiative eigentlich vorsieht.
Dem delinquenten Türken wird standardmässig auch
für jedes andere Land im Schengen-Raum eine Einreisesperre
auferlegt. Das heisst, dass er wegen des Delikts nicht nur aus der
Schweiz, sondern aus der EU verbannt wird.
So kann er etwa auch nicht mehr in seinem Nachbarland
Griechenland Ferien machen. Dass dem auch bei Wegweisungen nach
Kriterien der Ausschaffungsinitiative so ist, ergaben Abklärungen
des Bundesamtes für Migration (BFM) auf Anfrage dieser Zeitung.
Schengen-Mechanismus
Was für den Türken gilt, gilt auch für alle
andere
Personen mit Heimat ausserhalb des europäischen Schengen-Raums -
also auch für Serben, Kroaten, Asiaten, Südamerikaner,
US-Bürger, Kanadier. Aus der EU verbannt werden sie nicht nur bei
einem hierzulande begangenen Sozialhilfemissbrauch, sondern auch bei
jedem anderen in der Initiative aufgeführten Delikt - wobei die
genauen Kriterien für Ausschaffungen noch in einem Gesetz bestimmt
werden müssen. Im Abstimmungskampf wurde diese mögliche
Konsequenz der Ausschaffungsinitiative nicht thematisiert.
Ursache dieses Effekts ist nicht etwa eine bestimmte
Klausel in
der Initiative. Der Grund für diese übertragene
Schengen-Einreisesperre liegt im Mechanismus des Schengen-Abkommens.
BFM-Sprecherin Marie Avet erklärt es so: "Erlässt die Schweiz
gegen eine Person aus einem Nicht-Schengen-Land, zum Beispiel aus der
Türkei, ein Einreiseverbot, dann gilt dieses Verbot auch für
jedes andere Land im Schengen-Raum, sofern die Schweiz das
Einreiseverbot im Schengen-Informationssystem ausschreibt." Nur in
Ausnahmefällen ist ein Verzicht auf Ausschreibung im
Schengen-Informationssystem vorgesehen: zum Beispiel dann, wenn die
ausgewiesene Person enge Verwandte in einem Schengen-Land hat. Denkbar
sei auch, dass "aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall aus
humanitären Gründen" auf eine Ausschreibung verzichtet werde,
so Avet.
Der Unterschied zur EU
Auch in den anderen EU-Ländern zieht die Ausweisung
eines
Nichteuropäers grundsätzlich ein Einreiseverbot für alle
Schengen-Länder nach sich. Der Unterschied: Die Schweiz hat nun
mit der Initiative die Messlatte für Ausweisungen tiefer angesetzt
als andere Schengen-Länder. Ob das aus Sicht der EU das
Schengen-Abkommen verletzt, war gestern nicht zu erfahren. Der
Schweizer EU-Botschafter wollte sich dazu nicht äussern.
Bundesrätin Simonetta Sommaruga wird indessen wohl
morgen
mit Fragen ihrer EU-Kollegen konfrontiert werden. Sie reist zu einem
seit längerer Zeit geplanten Treffen des Schengen-Ausschusses nach
Brüssel.
Mischa Aebi
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20 Minuten 1.12.10
Aufruf: Secondos sollen sich nun einbürgern lassen
BERN. Um der drohenden Ausschaffung zu entgehen, sollen
sich
Ausländer einfach einbürgern lassen: Dies fordern grüne
Politiker.
"Geht euch einbürgern - unbedingt", ruft die
grüne
Stadträtin Cristina Anliker-Mansour die Ausländer nach der
Annahme der Ausschaffungsinitiative durch das Volk auf. Denn: "Wer sich
die Staatsbürgerschaft nicht holt, läuft Gefahr, schon bei
kleinen Delikten ausgewiesen zu werden." Noch krasser drückt es
Parteikollege Hasim Sancar aus: "Die Schweiz hat am Sonntag eine
Sonderjustiz für Ausländer eingeführt."
In einem parlamentarischen Vorstoss verlangten die beiden
schon
im März dieses Jahres von der Stadt, sie solle aktiv
Einbürgerungen fördern. In seiner Antwort darauf zeigte sich
der Gemeinderat zwar wohlwollend - nach Ansicht von Anliker-Mansour
genügt diese Forderung aber nicht mehr. "Wir müssen
sicherstellen, dass Ausländer, die in der Schweiz zum Wohlstand
beitragen, auch hier bleiben können", sagt sie.
Ein Schritt in die richtige Richtung sei die
parlamentarische
Initiative "Die Schweiz muss ihre Kinder anerkennen".
SP-Nationalrätin Ada Marra will damit eine erleichterte
Einbürgerung der dritten Generation in der Bundesverfassung
festhalten. "Diese gehören nämlich zur Schweiz",
begründet Anliker-Mansour.
Pedro Codes
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Südostschweiz 1.12.10
Kulturschaffende rufen zur Demo auf
Im Nachgang zur eidgenössischen Abstimmung über
die
Ausschaffungsinitiative vom Sonntag wollen Bündner
Kulturschaffende in Chur Flagge zeigen.
Chur. - Das Ja zur Ausschaffungsinitiative treibt deren
Gegner
nachträglich auf die Strasse - allen voran Bündner
Kulturschaffende. An der "Kundgebung gegen die Volksdiktatur der SVP
und ihre Asyl- und Ausländerpolitik" nehmen von Seiten der
Kulturszene Mitglieder der Churer Künstlergruppe In Situ und des
Ensembles Ö! sowie Liedermacher Linard Bardill teil. Wie In Situ
mitteilt, haben die Juso Graubünden und der Verein "Miteinander
Valzeina" ebenfalls ihre Teilnahme zugesagt. Starten soll die
Demonstration am Freitag, 3. Dezember, um 17 Uhr auf dem Churer
Bahnhofsvorplatz.
Die Initianten des Protestzuges wollen ein Zeichen setzen
gegen
die Annahme der Volksinitiative "für die Ausschaffung krimineller
Ausländer". An der Schlusskundgebung wird neben Bardill und
Regisseur Wolfram Frank auch der Juso-Vorsitzende Lukas Horrer
sprechen, wie In Situ weiter mitteilt. (cmi)
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Ja zu Ausschaffungsinitiative: Droht nun Einbürgerungswelle?
BERN. Laut dem Migrantenverein Secondos Plus bewegt das Ja
zur
Ausschaffungsinitiative viele Ausländer zur Einbürgerung.
Droht jetzt eine Einbürgerungswelle?
"Ich habe die Einbürgerung immer vor mir
hergeschoben. Nach
dem Ja zur Ausschaffungsinitiative werde ich mich aber darum
bemühen", sagt der hier geborene Italiener Roberto Pavone. Grund:
Er sei verunsichert und wolle einfach auf der sicheren Seite sein,
sollte einmal etwas Unvorhersehbares passieren.
Gemäss der Migrantenorganisation Secondos Plus ist er
nur
einer von vielen. "Bei vielen Ausländern, die in der zweiten oder
dritten Generation hier leben, hat es nach der Initiative klick
gemacht. Sie wollen sich nun einbürgern lassen - aus Angst, wegen
eines Bagatelldelikts ausgeschafft zu werden", sagt Vizepräsident
Ivica Petrusic. Seine Organisation ruft zur Einbürgerung auf und
hofft auf eine Einbürgerungswelle: "Rund 750 000 Ausländer
erfüllen die formalen Kriterien und könnten sich auch
politisch engagieren."
Die SVP verurteilt den Appell scharf: "Das ist
Angstmacherei. Die
Initiative ist glasklar. Wer nicht kriminell wird, wird auch nicht
ausgeschafft", sagt Nationalrat Hans Fehr. Der Aufruf sei jenseits von
gut und böse. "Masseneinbürgerungen sind unter allen
Umständen zu vermeiden." Sonst werde die SVP die Einbürgerung
auf Probe lancieren.
Ob die Zahl der Einbürgerungsgesuche tatsächlich
steigen wird, lässt sich laut Otto Hänseler vom Zürcher
Gemeindeamt noch nicht sagen: "Die Zahlen liegen frühestens in
einem Vierteljahr vor."
--
Vorarlberg: Angst vor Folgen der Ausschaffungsinitiative
BREGENZ. Nach dem Ja zur Ausschaffungsinitiative
befürchtet
die Vorarlberger Regierung, dass kriminelle Ausländer aus der
Schweiz nach Österreich übersiedeln. Sie will deshalb ihre
Gesetze überprüfen.
"Straftäter aus der Schweiz dürfen bei uns keine
Heimat
bekommen", sagt der Vorarlberger Landesrat Erich Schwärzler
(ÖVP). Ennet der Grenze hat das Abstimmungsergebnis zur
Ausschaffungsinitiative bei den Politikern grosse Befürchtungen
geweckt. Mit dem Ja hat die Schweiz nämlich die europaweit
strengste Regelung zur Abschiebung krimineller Ausländer
beschlossen. "Und wenn wir das mildere Rechtssystem haben, ist es
möglich, dass die ausländischen Straftäter bald aus der
Schweiz zu uns kommen", sagt Schwärzler. Er will deshalb abwarten,
bis das Gesetz in der Schweiz vorliege, und dann prüfen, ob es
auch in Österreich umgesetzt werden könnte.
Der Vorarlberger Chef der Grünen, Johannes Rauch,
versteht
die Angst vor einem Ansturm von Kriminellen überhaupt nicht:
"Österreich hat bereits eines der schärfsten
Ausländergesetze", so Rauch zu der Onlineplattform Vol.at. Allein
im letzten Jahr seien über 3000 Personen in ihre Heimatländer
abgeschoben worden.
Tobias Bolzern
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Blick 30.11.10
Kann die Suter-Airline bald mehr ausschaffen?
Für Fluggesellschaften sind Ausschaffungen ein
Geschäft. Denn ein Teil der kriminellen Ausländer wird per
Charter-Maschine aus der Schweiz verfrachtet. Wenn bei der Ausschaffung
Widerstand droht, wählen die Behörden diesen Weg. Und das ist
um ein Vielfaches teurer als ein gewöhnlicher Linienflug. Pro
Passagier kalkuliert das Bundesamt für Migration mit Kosten
zwischen 7000 und 10 000 Franken.
Auch die Fluggesellschaft Hello von Moritz Suter, dem
neuen
Verleger der "Basler Zeitung", gehört zu den Anbietern. In diesem
Jahr habe man zwei Flüge durchgeführt, heisst es auf Anfrage.
Wegen der Ausschaffungs-Initiative werden es bald mehr.
Denn man
rechnet damit, dass dadurch die Zahl der Ausschaffungen von heute 400
auf 1500 pro Jahr steigt. Statt 40 Sonderflügen pro Jahr wie jetzt
könnten die Airlines 150 ausführen.
Matthias Pfander
---
20 Minuten 30.11.10
Beschwerde gegen Ausschaffungs-Artikel
BERN. Der Appenzeller Anwalt Tim Walker hat beim
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg
eine Beschwerde gegen das Ja zur Ausschaffungsinitiative deponiert.
Sein Ziel: den Volksentscheid umzustossen. "Ich bin überzeugt,
dass die Initiative völkerrechtswidrig ist. Seit Sonntag ist der
Artikel in der Verfassung verankert und kollidiert mit der
Europäischen Menschenrechtskonvention." Ein Gang nach Strassburg
sei die beste Lösung, wenn das Volk grundlegende Prinzipien des
Rechtsstaats missachte, so das SP-Mitglied.
Die Beschwerde werde praktisch kaum Konsequenzen haben,
sagt
dagegen Strafrechtsprofessor Stefan Trechsel, früherer
Präsident der Europäischen Kommission für
Menschenrechte. "Zu 99 Prozent wird sie für unzulässig
erklärt. Erst wenn jemand konkret von einem Ausschaffungsbefehl
betroffen ist, kann Beschwerde geführt werden." Zudem müsse
man dem Parlament die Chance geben, ein Ausführungsgesetz zu
erlassen, das mit den internationalen Verträgen kompatibel
ist. daw
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ASYL
------------
St. Galler Tagblatt 3.12.10
Endstation Container
Abgewiesenen Asylbewerbern wird der Aufenthalt in der
Schweiz
schwergemacht. Manche hausen im Container, andere werden tagsüber
ausgesperrt. Ein Verstoss gegen die Menschenwürde, meint
Kantonsrätin Bernadette Bachmann (SP).
Markus Wehrli
St. Gallen. Geschenkt wird abgewiesenen Asylbewerbern
nichts.
Dafür verantwortlich ist das per 1. Januar 2008 in Kraft getretene
revidierte Asylgesetz. Personen mit negativem Asylentscheid erhalten -
wie jene mit einem Nichteintretensentscheid - nur noch Nothilfe. Damit
wird der Aufenthalt in der Schweiz unattraktiv gemacht: Die
Abgewiesenen sollen das Land verlassen. "Aber es gibt Grenzen", sagt
die St. Galler Kantonsrätin Bernadette Bachmann (SP). "Die
Unterbringung der Betroffenen muss mit Menschenwürde vereinbar
sein."
In Notlage, aber mit Würde
Anstoss nimmt Bachmann etwa an der Unterkunft in Mels, wo
die
Ausreisepflichtigen in einem Container leben. 20 Quadratmeter für
acht Personen: Das sei weniger, als den Insassen der st. gallischen
Gefängnisse zugestanden werde, schreibt Bernadette Bachmann in
einer Einfachen Anfrage an die Regierung. In dieser will sie wissen,
wie die Regierung auf diese "menschenunwürdigen" Umstände zu
reagieren gedenkt.
Bachmann weist darauf hin, dass Artikel 12 der
Bundesverfassung
vorschreibe, Menschen in Notlagen ein Leben in Würde zu
garantieren. Sie fragt deshalb, wie die Regierung die Ansprüche
bezüglich Raumgrösse und -gestaltung sowie des
Benutzungsrechts umsetzen will, die sich aufgrund des
Bundesverfassungsartikels ergäben.
"Nicht schlechter als anderswo"
Die Kantonsrätin hat in Mels einen Augenschein
genommen. "Im
Container ist es unglaublich eng", sagt Bernadette Bachmann. Auf den 20
Quadratmetern fänden sich je zwei Kajütenbetten zu vier
Schlafplätzen, fünf Stühle und ein Kästchen. Eine
Kochgelegenheit fehle. In einem kleineren Container seien Toilette und
Dusche untergebracht. "Wie soll das funktionieren, wenn einer dieser
Menschen einmal krank wird?", fragt Bachmann.
Das sei ein durchschnittlicher Container, wie er auch
für
die Unterbringung von Arbeitern auf Grossbaustellen diene, erklärt
der zuständige Melser Gemeinderat Martin Broder. Und mehr als drei
Personen zusammen seien bislang nie im Container untergebracht worden.
Die Gemeinde halte sich an die Vorgaben, und die
abgewiesenen
Asylbewerber seien in Mels nicht schlechter untergebracht als anderswo,
sagt Broder. Im Gegenteil: "Wir in Mels schliessen die Menschen
tagsüber nicht aus. Zudem haben wir jetzt einen Wasserkocher
gekauft."
Tagsüber auf der Strasse
Mit einer kargen Einrichtung zur Ausreise bewegen: Die
SP-Kantonsrätin bezweifelt, dass der Mechanismus funktioniert.
Vielmehr setzten sich diese Menschen ab und tauchten unter. "Oder
hängen irgendwo herum, weil sie während des Tages ausgesperrt
werden." Diese Praxis, wie sie zum Beispiel in Steinach betrieben
werde, bewirke in kleinen Gemeinden oft Missstimmung und
Feindseligkeit, sagt Bernadette Bachmann. Damit fördere die
gängige Praxis sozial unerwünschtes Verhalten.
Tatsächlich würden abgewiesene Asylbewerber in
der
Zivilschutzunterkunft untergebracht, sagt Steinachs
Gemeindepräsident Roman Brändli. "Es sind aber nur wenige
Leute, die uns zugewiesen werden." Dass die Unterkunft tagsüber
geschlossen werde, treffe nicht generell zu. Ein Betreuer entscheide je
nach Witterungsbedingungen, sagt Brändli. "Wir lassen den gesunden
Menschenverstand walten."
Verbindliche Regelung schaffen
Die Unterbringung der Ausreisepflichtigen ist Sache der
Gemeinden. Bei der Vereinigung der St. Galler Gemeindepräsidenten
verweist man auf die Empfehlungen der schweizerischen
Sozialdirektorenkonferenz: Diese würden in allen Gemeinden
eingehalten, sagt Präsident Beat Tinner.
Bei diesen Empfehlungen handle es sich um keine
verbindlichen
Richtlinien, hält Bachmann entgegen. "Deshalb kann jede Gemeinde
den Artikel 12 der Bundesverfassung nach eigenem Gutdünken
auslegen." Sie fordert vom Kanton, dass verbindliche Grundlagen
geschaffen werden.
--
Nothilfe heisst acht Franken pro Tag
188 Personen, darunter 17 Familien, haben 2009 im Kanton
St.
Gallen Nothilfe bezogen. Der Gesetzesartikel für die Nothilfe ist
zusammen mit dem revidierten Asylgesetz 2008 in Kraft getreten.
Abgewiesene Asylbewerber erhalten seither keine Sozialhilfe mehr,
stattdessen nur noch Nothilfe.
Nothilfe besteht aus acht Franken im Tag, einer einfachen
Übernachtungsmöglichkeit und medizinischer Notversorgung.
"Die Menschen können davon nicht leben. Sie sind auf Hilfe
angewiesen und geraten in eine Bettelexistenz. Das verletzt die
Menschenwürde", sagt Marina Widmer von der Beobachtungsstelle
für Asyl- und Ausländerrecht. Die Stelle untersucht die
Situation für Asylsuchende, wie sie sich nach der
Verschärfung des Asylgesetzes entwickelt.
Darauf ausgerichtet, dass abgewiesene Asylbewerber die
Schweiz
rascher verlassen, habe sich das Nothilfegesetz als problematisch
erwiesen. "Die Zahl der Langzeit-Nothilfeempfänger steigt", sagt
Widmer. Unter anderem deshalb, weil sie aus unterschiedlichen
Gründen nicht in ihr Herkunftsland zurück könnten: Weil
sie keine Papiere hätten, sich in der Heimat bedroht fühlten
oder schon lange in der Schweiz lebten.
Die Folge sei, dass diese Menschen über Jahre unter
den
Bedingungen der Nothilfe lebten und in eine ausweglose Situation
gerieten. "Menschen, die von Nothilfe leben, sollten stattdessen eine
Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung erhalten." (mwe)
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MIGRATION CONTROL
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NZZ 1.12.10
Weniger Migranten in Griechenland
(sda) · Die Zahl der illegal nach Griechenland
einreisenden Migranten ist seit dem Einsatz europäischer
Spezialbeamter an der Landgrenze zur Türkei deutlich
zurückgegangen. Nach Angaben der Europäischen
Grenzschutzagentur Frontex ging die Zahl um 44 Prozent auf rund 140
Personen am Tag zurück. Das sagte der stellvertretende
Frontex-Direktor Gil Arias Fernandez am Dienstag. Noch vor einigen
Monaten waren im Bereich der Stadt Orestiada teilweise zwischen 250 und
300 Personen am Tag unerlaubt über die Grenze gekommen.
Griechenland ist für viele Migranten das wichtigste Tor nach
Europa. Von Januar bis Ende Oktober habe das Land 75 200 illegale
Grenzübertritte registriert, sagte Fernandez.
---
nzz.ch 30.11.10
Der Einsatz der Frontex zeigt Wirkung
Die Zahl der Flüchtlinge in Griechenland ist
rückläufig
In Griechenland ist die Zahl illegaler Einwanderer
über die
Grenze zur Türkei rückläufig. Die Behörden
schreiben die Abnahme dem Einsatz der europäischen
Grenzschutzagentur Frontex zu.
Die Zahl der Flüchtlinge ist seit dem Einsatz
europäischer Spezialbeamter an der griechisch-türkischen
Grenze im Nordosten deutlich zurückgegangen. Nach Angaben der
Europäischen Grenzschutzagentur Frontex ging der Zustrom von
Einwanderern um 44 Prozent auf rund 140 Personen pro Tag zurück.
Das sagte der stellvertretende Frontex-Direktor Gil Arias
Fernandez am Dienstag. Noch vor einigen Monaten waren im Bereich der
Stadt Orestiada teilweise zwischen 250 und 300 Personen am Tag
unerlaubt über die Grenze gekommen.
Griechenland ist für viele Flüchtlinge das
zentrale Tor
nach Europa. 90 Prozent aller illegalen Grenzübertritte in der EU
passieren derzeit in Griechenland. Von Januar bis Ende Oktober habe das
Land 75'200 illegaler Grenzübertritte registriert, sagte
Fernandez. 30'700 davon hätten entlang der Landesgrenze zur
Türkei stattgefunden.
Griechische Behörden hatten die EU wegen der
Flüchtlingskrise entlang seiner nordöstlichen Grenze mit der
Türkei um Hilfe gebeten. Die EU hatte daraufhin 205
Grenzschutzpolizisten entsandt, die seit Anfang November vor Ort sind.
Es ist der erste Einsatz des Soforteinsatzteams für
Grenzsicherungszwecke (Rabit).
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SIP ZH
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Tagesanzeiger 3.12.10
Wädenswil verbessert die Sicherheit rund um den Bahnhof
Das Gebiet um den Bahnhof ist an Wochenenden ein
Brennpunkt
für Konflikte. Anwohner stört der Lärm, Passanten
fühlen sich unsicher. Jetzt engagiert die Stadt
Interventionspatroullien aus Zürich.
Von Daniela Haag
Wädenswil - Sogenannte SIP-Patrouillen suchen in
Zürich
seit zehn Jahren die Plätze und Anlagen auf, an denen Konflikte
eskalieren können. Sie greifen ein, wenn Personen gestört
oder belästigt werden. SIP steht für "Sicherheit,
Intervention und Prävention". Die Equipen sind dem
Sozialdepartment der Stadt Zürich angegliedert.
Das SIP-Team sucht das Gespräch, versucht zu
schlichten und
die Situation zu beruhigen.Die Stadt Wädenswil will nächstes
Jahr ebenfalls ein Team der SIP Züri patrouillieren lassen, wie
Recherchen des "Tages-Anzeigers" ergaben. Stadtrat Thomas
Largiadèr (SP) sagt, es handle sich um einen Pilotversuch, der
voraussichtlich im Frühjahr startet und bis Herbst dauert. Das
SIP-Team ist wahrscheinlich nachts an den Wochenenden unterwegs. Die
genauen Bedingungen würden noch verhandelt, sagt Largiadèr.
Die Stadt kauft die Dienstleistung bei der SIP Züri ein; für
die Pilotphase sind 85 000 Franken budgetiert.
Nur in Wädenswil
Die SIP Züri wird ausserhalb der Stadtgrenzen nur in
Wädenswil patrouillieren. Wie beim Sozialdepartement zu erfahren
war, sieht die SIP Züri auch keine Zusammenarbeit mit weiteren
Gemeinden vor. Die Patrouillen in Wädenswil werden Tenus mit der
Aufschrift SIP Wädi tragen.
Das Personal der SIP Züri ist erfahren und
ausgebildet, wie
Largiadèr festhält. Bisher arbeite Wädenswil mit
privaten Sicherheitsdiensten zusammen. Diese seien aber nicht wie die
SIP-Teams darauf spezialisiert, für Sicherheit im
öffentlichen Raum zu sorgen.
Die Probleme in Wädenswil sind zwar nicht
vergleichbar mit
jenen der Stadt Zürich, wo der Strassenstrich und der Drogenhandel
die Sicherheitsleute beschäftigen. Aber auch in Wädenswil
kommt es vor allem in warmen Nächten am Wochenende auf Strassen
und Plätzen zu Auseinandersetzungen. Es sind meist alkoholisierte
Jugendliche, die pöbeln und Lärm verursachen. Anwohner finden
keine Nachtruhe, und die Passanten fühlen sich unsicher, wenn sie
mit dem Zug ankommen. Herumliegende Abfälle verstärken das
Unsicherheitsgefühl zusätzlich.
Das Problem ist in Wädenswil erkannt. Im Gemeinderat
sind in
letzter Zeit mehrere Vorstösse eingegangen mit dem Ziel, das
Sicherheitsgefühl am Bahnhof zu erhöhen. Die Stadt lancierte
das Projekt Platzda, um Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum
anzugehen (siehe Kasten).
Sicherheitslücke schliessen
In diesem Projekt ist das Gebiet um den Bahnhof ein
Schwerpunkt.
Die SIP sei eine innovative Idee, um auf Jugendliche zuzugehen, sagt
Largiadèr. Die SIP werde eine Lücke im Sicherheitskonzept
schliessen. Weiterhin im Einsatz seien die städtische Jugendarbeit
sowie die Polizei. Die SIP selber hat aber keine polizeilichen
Kompetenzen. Die Teams tragen keine Waffen und können keine
Personen verhaften. Sie setzen die Ordnung durch, indem sie das
Gespräch suchen, Vertrauen schaffen und vermitteln. In kritischen
Situationen zieht die SIP die Polizei bei.
Die SIP-Teams können bei medizinischen Notfällen
Erste
Hilfe leisten. Und sie können bei sozialen Problemen beraten und
Angebote vermitteln.
--
"Platzda"Auszeichnung
Das Projekt "Platzda" der Stadt Wädenswil ist an der
Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK) mit dem zweiten Platz
prämiert worden. Für den IBK-Preis für
Gesundheitsförderung und Prävention sind 160 Projekte
eingereicht worden, 25 wurden ausgezeichnet und davon drei
prämiert, wie die Stadt mitteilte.
Laut Jury beschreitet "Platzda" zukunftsweisendes
Präventionsneuland. Es setze den Beteiligungs- und
Mitwirkungsgedanken vorbildlich um. Weiter wurde "Platzda" im Kanton
Zürich in den Integrationskatalog aufgenommen.
Das Projekt "Platzda" griff 2009 Nutzungskonflikte im
öffentlichen Raum auf. In Zusammenarbeit mit den Betroffenen trug
die Stadt Ideen und Wünsche zusammen, diese zu lösen. Sie
beschliesst nun Projekte und will diese nächstes Jahr umsetzen.
(dh)
---
Zürichsee-Zeitung 3.12.10
Wädenswil Neues Projekt, um die Sicherheit um den Bahnhof
zu
verbessern
SIP-Patrouille im Zentrum
Das Gebiet um den Bahnhof ist an Wochenenden ein
Brennpunkt:
Anwohner stört der Lärm, und Passanten fühlen sich
unsicher. Jetzt engagiert die Stadt SIP- Patrouillen aus Zürich.
Daniela Haag
SIP-Patrouillen suchen in Zürich seit zehn Jahren die
Plätze und Anlagen auf, an denen Konflikte eskalieren können.
Sie greifen ein, wenn Personen gestört oder belästigt werden.
Das SIP-Team sucht das Gespräch, versucht zu schlichten und die
Situation zu beruhigen. SIP steht für "Sicherheit, Intervention
und Prävention" und ist dem Sozialdepartement der Stadt
Zürich angegliedert.
Die Stadt Wädenswil will nächstes Jahr ebenfalls
ein
Team der SIP Züri patrouillieren lassen, wie Recherchen der
"Zürichsee-Zeitung" ergaben. Stadtrat Thomas Largiadèr (SP)
sagt, es handle sich um einen Pilotversuch, der voraussichtlich im
Frühjahr startet und bis Herbst dauert. Das SIP-Team ist
wahrscheinlich nachts an den Wochenenden unterwegs. Die genauen
Bedingungen würden noch verhandelt, sagt Largiadèr. Die
Stadt kauft die Dienstleistung bei der SIP Züri ein; für die
Pilotphase sind 85 000 Franken budgetiert.
Nur in Wädenswil
Die SIP Züri wird ausserhalb der Stadtgrenzen nur in
Wädenswil patrouillieren. Wie beim Sozialdepartement zu erfahren
war, sieht die SIP Züri auch keine Zusammenarbeit mit weiteren
Gemeinden vor. Die Patrouillen in Wädenswil werden Tenüs mit
der Aufschrift SIP Wädi tragen.
Das Personal der SIP Züri ist erfahren und
ausgebildet, wie
Largiadèr festhält. Bisher arbeite Wädenswil mit
privaten Sicherheitsdiensten zusammen. Diese seien aber nicht wie die
SIP-Teams darauf spezialisiert, für Sicherheit im
öffentlichen Raum zu sorgen.
Die Probleme in Wädenswil sind zwar nicht
vergleichbar mit
jenen der Stadt Zürich, wo der Strassenstrich und der Drogenhandel
die Sicherheitsleute beschäftigen. Aber auch in Wädenswil
kommt es vor allem in warmen Nächten am Wochenende auf Strassen
und Plätzen zu Auseinandersetzungen. Es sind meist alkoholisierte
Jugendliche, die pöbeln und Lärm verursachen. Anwohner finden
keine Nachtruhe, und die Passanten fühlen sich unsicher, wenn sie
mit dem Zug ankommen. Herumliegende Abfälle verstärken das
Unsicherheitsgefühl zusätzlich.
Sicherheitslücke schliessen
Das Problem ist in Wädenswil erkannt. Im Gemeinderat
sind in
letzter Zeit mehrere Vorstösse eingegangen mit dem Ziel, das
Sicherheitsgefühl am Bahnhof zu erhöhen. Die Stadt lancierte
das Projekt "Platzda", um Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum
anzugehen (siehe Kasten). Im Rahmen dieses Projektes ist das Gebiet um
den Bahnhof ein Schwerpunkt. Die SIP sei eine innovative Idee, um auf
Jugendliche zuzugehen, sagt Largiadèr. Die SIP werde eine
Lücke im Sicherheitskonzept schliessen. Weiterhin im Einsatz seien
die städtische Jugendarbeit sowie die Polizei.
SIP ist keine Polizei
Die SIP hat keine polizeilichen Kompetenzen. Die Teams
tragen
keine Waffen und können keine Personen verhaften. Sie setzt die
Ordnung durch, indem sie das Gespräch sucht, Vertrauen schafft und
vermittelt. In kritischen Situationen zieht sie die Polizei bei.
Die SIP-Teams können bei medizinischen Notfällen
erste
Hilfe leisten. Und sie können bei sozialen Problemen beraten und
Angebote vermitteln.
--
Internationale Auszeichnung
Das Projekt "Platzda" der Stadt Wädenswil ist an der
Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK) Mitte November mit dem zweiten
Platz prämiert worden. Für den IBK-Preis für
Gesundheitsförderung und Prävention sind 160 Projekte
eingereicht worden, 25 wurden ausgezeichnet und davon drei
prämiert, wie die Stadt mitteilte. Laut Jury beschreitet "Platzda"
zukunftsweisendes Präventionsneuland. Es setze den Beteiligungs-
und Mitwirkungsgedanken vorbildlich um. Weiter wurde "Platzda" im
Kanton Zürich in den Integrationskatalog aufgenommen.
Das Projekt "Platzda" griff 2009 Nutzungskonflikte im
öffentlichen Raum auf. In Zusammenarbeit mit den Betroffenen trug
die Stadt Ideen und Wünsche zusammen, diese zu lösen. Sie
beschliesst nun Projekte und will diese nächstes Jahr umsetzen.
(dh)
---
Zürichsee-Zeitung 1.12.10
SIP Zürich
Ruhe auf Zürichs Strassen bringen
Die SIP (Sicherheit, Intervention, Prävention) der
Stadt
Zürich ist seit nunmehr zehn Jahren im Einsatz - ohne Waffen, nur
mit Worten. Die Einsatzgruppe ist denn auch nicht dem Polizei-, sondern
dem Sozialdepartement unterstellt.
Ihre primäre Aufgabe besteht darin, Personen davon
abzuhalten, andere zu stören oder sich und andere zu
gefährden. Sie versucht nicht nur, betrunkene Jugendliche zur
Räson zu bringen, sondern ebenso, Obdachlose davon zu
überzeugen, in Winternächten eine Notunterkunft aufzusuchen.
(zl) Seite 7
--
SIP Zürich Erfolgreiche Strassenarbeit der Eingreiftruppe
des
Sozialdepartements
Ihre "Waffe" ist das Gespräch
Seit zehn Jahren sind die Leute der Stadtzürcher SIP
an
konfliktträchtigen Brennpunkten unterwegs und versuchen zu
schlichten und zu beruhigen. Meistens gelingt dies ohne Hilfe der
Polizei.
Alfred Borter
Man hat sich in Zürich an die Leute von SIP
(Sicherheit,
Intervention, Prävention) gewöhnt. Sie tauchen an den
konfliktträchtigen Brennpunkten auf, in der ganzen Stadt, und
versuchen mögliche Anlässe für einen Zwist aus der Welt
zu schaffen. Etwa wenn Jugendliche beim Feiern auf öffentlichem
Grund über die Stränge hauen, wenn Alkoholiker oder
Drogenabhängige an Tramhaltestellen den Passanten in die Quere
kommen oder wenn Bettler sich auf Plätzen und Strassen breitmachen.
Man hat sich nicht nur an die SIP-Teams gewöhnt,
sondern ist
ihnen auch dankbar. Das erfahren die rund 50 Frauen und Männer der
SIP, welche sich etwa 40 Stellen teilen, immer wieder. Auf einem
Rundgang mit den beiden SIP-Mitarbeitern René Huber und Maurizio
Ponzo erkennt man gleich, wie sie arbeiten. Sie gehen auf ein
Grüppchen Leute zu, die in der Bäckeranlage, trotz beissend
kaltem Wetter, beisammensitzen und Bier trinken. Man kennt sich,
spricht ein paar Worte miteinander, erfährt von einem der
Männer, dass es ihm nicht gerade gut geht, er habe gesundheitliche
Probleme. Aber er erklärt, er sei in ärztlicher Behandlung,
es erübrigt sich, dass die SIP-Leute tätig werden.
Nötigenfalls hätten sie dem Mann empfehlen können, sich
zu einem Arzt oder auch ins Krankenzimmer für Obdachlose zu
begeben. Für Ordnung sorgen muss man an diesem Nachmittag nicht.
Nötigenfalls Beizug der Polizei
Jetzt, wo es so kalt ist, kommt es auch immer wieder vor,
dass
sie Leute, die am liebsten unter freiem Himmel schlafen, zu
überzeugen versuchen, sich trotzdem einmal in eine Notschlafstelle
zu begeben. "Kürzlich ist uns das bei einem Mann gelungen, der
sich zwei Jahre lang unseren Bemühungen widersetzt hat",
erwähnt Ponzo. Und jetzt, wo er wieder ein Dach über dem Kopf
hat, hat sich seine ganze Lebenssituation verbessert, hin und wieder
findet er sogar eine bezahlte Arbeit.
"Unsere Interventionsmöglichkeiten sind
beschränkt",
erwähnen die beiden. "Unsere Waffe ist das Gespräch." Wenn
Leute andere in unzumutbarer Art und Weise stören oder auch sich
selber gefährden und ein Gespräch nichts bringt, dann zieht
die SIP die Polizei bei. Sie aber ist nicht Teil der Polizei, sondern
sie gehört zum Sozialdepartement. Es kommt aber auch vor, dass die
Polizei die SIP beizieht, wenn sie zum Beispiel Jugendliche in die
Zentrale Ausnüchterungsstelle bringt. Dann stellt die SIP den
Kontakt zu den Eltern her und macht diesen klar, dass sie eine
Fürsorgepflicht haben.
Geschaffen wurde die SIP vor zehn Jahren, als man bei der
Stadt
einsah, dass sich die Lage an der Bäckeranlage mit der Drogen- und
Alkoholikerszene und am Stadelhoferplatz mit den vielen Punks und ihren
Hunden mit polizeilichen Mitteln nicht beruhigen liess. Dauernd gab es
Streit mit den Anwohnern oder mit Gewerbetreibenden und Passanten.
Jetzt kann Christian Fischer, Leiter der SIP, sagen, dass sich die Lage
an beiden Brennpunkten wesentlich beruhigt hat. Dafür ist es
andernorts manchmal kritisch, etwa entlang der Ausgehmeile in
Zürich West, in Zürich Nord, beim Hauptbahnhof.
Heikel ist die Lage auch am Sihlquai, wo sich das
Sexgewerbe
breitmacht und die SIP-Leute darauf achten, dass sich nicht junge
Burschen ein Vergnügen daraus machen, die Prostituierten blöd
anzumachen. Den Burschen wird eindringlich klargemacht, dass ihr Tun
verwerflich und gefährlich ist, wenn etwa die nicht zimperlichen
Zuhälter eingreifen sollten.
Nicht alles verbieten
"Es geht uns nicht darum, alles zu verbieten, was Spass
machen
könnte", betont Fischer. "Aber es ist schon so, dass wir auch eine
Spassbremse sind, wenn der Stress zu gross wird." Der Spass hört
dort auf, wo andere Menschen in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt
werden oder eine Selbstgefährdung festzustellen ist. Friedliche
Koexis- tenz der verschiedenen Gruppen, das ist das Ziel der SIP. Und
so weisen sie diejenigen zurecht, welche herumkrakeelen, ob sie nun aus
Zürich selber kommen oder aus der Agglomeration, die ihren Abfall
wild herumliegen lassen, in die Büsche urinieren und was man sonst
so unternimmt, wenn die Hemmschwelle fällt - sei es, weil man
schon recht viel Alkohol intus hat oder in einer Gruppe unterwegs ist,
in der man ohnehin nicht mehr gewillt ist, auf andere Rücksicht zu
nehmen.
Lohnt sich die Arbeit? Fischer ist davon überzeugt.
Er
spricht zwar selber von einer Art Sisyphusarbeit, aber nicht in dem
Sinn, dass sie sinnlos, sondern dass sie nie vollendet ist.
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SEXWORK
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Schweiz Aktuell sf.tv 3.12.10
Umstrittenes Sexgewerbe-Gesetz
Der Kanton Bern greift im Sexgewerbe seit letztem Herbst
strenger
durch. Wegen der starken Einwanderung aus Osteuropa komme es zu einem
Überangebot und mehr Missbrauch. Neben mehr Kontrollen soll das
erste Deutschschweizer Prostitutionsgesetz mehr Sicherheit für
Prostituierte bringen.
http://videoportal.sf.tv/video?id=3825c0f6-8891-4d80-abe4-3503e3217c92
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Tagesanzeiger 2.12.10
Die Freier sollen kontrollieren, ob Prostituierte legal arbeiten
Wer eine Prostituierte ohne gültige Papiere freit,
soll
gebüsst werden: Diese Idee aus dem Tessin findet beider CVP und
der SP Anklang.
Von Stefan Häne
Zürich - Die Tessiner Behörden planen eine
Premiere in
der Schweiz: Sie haben jüngst ein Gesetz in die Vernehmlassung
geschickt, das Freier verpflichtet, die Legalität von
Prostituierten zu überprüfen. Wer Sex mit einer Frau ohne
gültige Papiere hat, soll mindestens 200 Franken Busse zahlen (TA
vom 25. November). Diese Neuerung erhält im Zürcher
Kantonsrat Zuspruch. Die CVP bezeichnet sie im Bereich der
Strassenprostitution als "gangbaren Weg, wenn auch schwierig zu
kontrollieren". Weniger geeignet sei die Bussenregel für Sexklubs,
sagt Fraktionschef Philipp Kutter. "Dort müssten die Betreiber
vermehrt in die Pflicht genommen werden."
Sympathien geniesst die Freierbusse auch bei der SP, weil
sie
gemäss Fraktionschef Raphael Golta dort ansetzt, wo die Partei
Verbesserungen fordert: beim Schutz der Prostituierten vor
Menschenhandel und Ausbeutung.
Gegen eine Freierbusse ist die SVP. "Das ist eine
unnötige
bürokratische Massnahme", sagt Kantonsrat Claudio Schmid.
Milieuanwalt Valentin Landmann spricht von einer Groteske: Bei einem
italienischen Coiffeur müsse der Kunde auch nicht nach einer
Arbeitsbewilligung fragen.
Weniger Illegale in Zürich?
Im Kanton Zürich schaffen mehrere Tausend Frauen an;
genaue
Zahlen gibt es nicht. 2009 haben sich 1725 neu als Prostituierte
gemeldet. Heuer sind es bereits über 2400. Das Amt für
Wirtschaft und Arbeit (AWA) begründet diese Zunahme mit der
Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Bulgarien und
Rumänien.
Nicht bekannt ist die Zahl der illegalen Prostituierten.
Stadt-
und Kantonspolizei schätzen sie als gering ein. Im Tessin sind gut
800 Frauen aus dem horizontalen Gewerbe registriert. Fast ebenso hoch
geschätzt wird die Zahl der Illegalen. Die Diskrepanz hängt
damit zusammen, dass in Zürich der Weg ins Sexgewerbe einfach ist.
Hier können sich die Frauen als "selbstständige
Dienstleistungs-Erbringerinnen" anmelden. Sie müssen einen
gültigen Ausweis vorlegen und 25 Franken bezahlen - und schon
dürfen sie drei Monate pro Jahr anschaffen. Dieses Verfahren
verstösst jedoch gegen die Vorgaben des Bundes. Denn rechtlich
gesehen, brauchen die Frauen für ihren Erwerb eine
Arbeitsbewilligung. Dies hätte gemäss AWA-Chef Bruno Sauter
aber zur Folge, dass diverse Gesuche abgelehnt werden müssten, da
ansonsten die Kontingente für Facharbeiter aus den neuen
EU-Staaten belastet würden. Die betroffenen Frauen,
befürchtet Sauter, könnten so in die Illegalität
abgedrängt werden.
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ALKOHOL
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Blick am Abend 30.11.10
Ausgenüchterte zahlen schlecht
GELD
Von 250000 Franken wurde erst ein Drittel eingezahlt.
Die seit Mitte März offene Zentrale
Ausnüchterungszelle
(ZAS) hat sich gemäss der Polizei "sehr gut bewährt". Die
Zahlungsmoral der Ausgenüchterten ist aber schlecht: Von 250 000
Franken, die in Rechnung gestellt worden waren, sind erst 90 000
Franken bezahlt.
950 Franken kostet ein Aufenthalt. 316 Männer und 50
Frauen
haben in sechs Monaten in der ZAS übernachtet. Der Jüngste
war 15, der Älteste 69. Die Person mit dem höchsten
Blutalkoholgehalt kam auf 4,19 Promille. SP-Politiker im Kanton Luzern
fordern nun ebenfalls eine ZAS. fr
---
20 Minuten 30.11.10
Schläger sollen Folgekosten tragen
BERN. Immer öfter landen Jugendliche wegen
Schlägereien
oder Alkohol-Exzessen im Spital. Politiker wollen jetzt die
Übeltäter zur Kasse bitten.
Die Anzahl Jugendlicher, die im Spital behandelt werden,
nimmt
rasant zu: Die Anzahl der Behandlungsfälle sind seit 2002 (42 100)
um fast 22% angestiegen, so eine Studie des Bundesamtes für
Statistik. Der grösste Zuwachs der Behandlungsfälle bei den
15- bis 19-Jährigen ist bei Verletzungen sowie Alkohol- und
Drogenvergiftungen zu verzeichnen (+42,9%). Was dabei ins Auge
fällt: Verletzungen durch Tätlichkeiten haben sich zwischen
2002 und 2008 um 233% von 200 auf 666 Fälle erhöht. Die Zahl
der nach einem Unfall hospitalisierten Velo- und Töfffahrer nahm
um fast 140% zu, die Zahl der Stürze um 150%.
"Jugendliche werden immer risikofreudiger, sei es im Sport
oder
eben auch im Ausgang", erklärt Erika Ziltener, Präsidentin
der Schweizerischen Patientenstellen. "Das belastet unser ganzes
Gesundheitssystem", sagt Margrit Kessler, Präsidentin der
Schweizerischen Stifung SPO Patientenschutz. Sie fordert, dass in
Zukunft nicht mehr die Krankenkasse, sondern die Schläger selbst
die Folgekosten tragen sollen. Und auch Gesundheitspolitikerin Ruth
Humbel (CVP) fordert in einer Motion, dass Jugendliche für die
Folgekosten ihrer Saufgelage selber aufkommen. Humbel: "Härtere
Strafen haben eine präventive Wirkung."
Désirée Pomper
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Rauschtrinker immer jünger
BERN. Wegen psychischen und Verhaltensstörungen durch
Alkohol erfolgten laut der neusten BFS-Studie 916 stationäre
Aufnahmen. Davon waren 41,4 Prozent Frauen. Während 2002 die
meisten Fälle bei 18- bis 19-Jährigen registriert wurden,
entfiel 2009 mehr als die Hälfte auf unter 15-Jährige (380
von 650 Fällen).
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Ausnüchterungszellen: SP macht noch mehr Dampf
LUZERN. Randalierende Säufer sollen ihren Rausch
künftig bei der Luzerner Polizei ausschlafen. Der Kanton
prüft jetzt spezielle Ausnüchterungszellen - das reicht der
SP jedoch nicht.
"Für das Luzerner Kantonsspital wären
Ausnüchterungszellen wie in Zürich eine grosse
Erleichterung", schreibt der Luzerner Regierungsrat in seiner Antwort
auf eine SP-Anfrage. Letztes Jahr seien vom Rettungsdienst rund 400
Personen wegen Alkoholvergiftungen betreut worden - 70 Prozent davon im
Spital. Dabei brächten die Betrunkenen grosse Unruhe in die
Notfallaufnahme. "Sie sind häufig aggressiv und belästigen
andere Patienten. Aber auch das Personal wird immer wieder
belästigt und bedroht", so die Regierung weiter. Es komme auch
vor, dass Betrunkene gefesselt werden müssten.
Der Regierungsrat will darum Ausnüchterungszellen
gemäss dem Zürcher Vorbild prüfen. Dort werden
Betrunkene, die keine Spitalpflege brauchen, auf die Hauptwache
gebracht - und müssen ihren Aufenthalt bezahlen. Allerdings will
Luzern erst den Schlussbericht des Pilotprojekts abwarten.
SP-Kantonsrat Lathan Suntharalingam, der die Anfrage
einreichte,
ist enttäuscht. Für ihn sind die Antworten der Regierung zu
wenig verbindlich. Er will die Exekutive mit einem weiteren Vorstoss
zum Handeln verpflichten. "Ich will, dass der Kanton auf jeden Fall
solche Zellen einrichtet, und reiche deshalb nächste Woche eine
Motion ein."
Markus Fehlmann
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NLZ 30.11.10
Neue Ausnüchterungszelle für Betrunkene geplant
Luzern
Karin Winistörfer
Gewalttätige Betrunkene blockieren die
Notfallstationen. Sie
sollen den Rausch neu an einem gesonderten Ort ausschlafen - und
dafür zahlen.
Auf der Notfallstation des Luzerner Kantonsspitals spielen
sich
wüste Szenen ab. Vor allem am Wochenende, wenn die Polizei
manchmal zehn oder noch mehr Betrunkene einliefert. Manche johlen,
schreien, erbrechen, wollen aus dem Bett steigen, fallen zu Boden,
rappeln sich wieder auf. Andere sind aggressiv und gewalttätig,
reissen Telefonkabel heraus, gehen auf die Pfleger los. Es kommt sogar
vor, dass die Polizisten solche Personen fesseln müssen, bis
wieder Ruhe einkehrt.
Allein im Jahr 2009 sind 280 Personen mit einer
Alkoholvergiftung
ins Kantonsspital eingeliefert worden. Insgesamt hat der Rettungsdienst
144 sogar 400 Personen mit einer Alkoholvergiftung betreut, davon acht
Jugendliche.
Für die anderen Notfallpatientinnen und -patienten
ist das
äusserst unangenehm: Sie sind gesundheitlich angeschlagen oder
schweben in Lebensgefahr. Im offenen Saal bekommen sie alles mit, da
die Betten nur durch Vorhänge abgetrennt sind. Die Betrunkenen
sind für die übrigen Patienten eine Belastung,
verlängern die Wartezeiten und beanspruchen die Pfleger stark.
"Oft unberechenbar"
"So geht es nicht weiter", sagt SP-Kantonsrat Lathan
Suntharalingam aus Luzern. Der Intensivkrankenpfleger am Kantonsspital
bekommt die Folgen von übermässigem Alkohol- und Drogenkonsum
hautnah mit. "Leute im Rausch sind oft unberechenbar. Sie haben ihren
Zustand selber verursacht - im Gegensatz zu den anderen
Notfallpatienten. Sie sollten getrennt behandelt werden, sonst ist die
Notfallstation völlig überlastet."
Deshalb verlangt Suntharalingam, dass eine
Ausnüchterungsstelle mit medizinischer Betreuung geschaffen wird.
Die Kosten für den Aufenthalt sollen die Verursacher tragen. "Es
kann nicht sein, dass die gesamte Gesellschaft bezahlen muss, wenn
Einzelne vorsätzlich so viel Alkohol trinken, dass sie ins Spital
müssen", enerviert sich der Parlamentarier. Als Vorbild nennt er
das Pilotprojekt in Zürich (siehe Kasten).
Regierung ist offen
Wer zu viel trinkt und medizinische Betreuung
benötigt, wird
heute im Spital ausgenüchtert. Ansonsten kommt er in eine Zelle
der Polizei. Die Kosten dafür können bei den Verursachern
mangels gesetzlicher Grundlage nicht eingefordert werden. Alexander
Lieb, Stellvertretender Sekretär im Justiz- und
Sicherheitsdepartement, hält dies für unbefriedigend:
"Entweder ist die Sicherheit gewährleistet, aber die medizinische
Betreuung nicht, oder umgekehrt."
In ihrer gestern publizierten Antwort zeigt sich die
Regierung
offen gegenüber einer Ausnüchterungsstelle, will aber erst
den Schlussbericht zum Pilotprojekt in Zürich abwarten. Alexander
Lieb spricht zudem von einem auf Luzern angepassten, günstigeren
Modell.
Spital hofft auf Entlastung
Beim Kantonsspital hofft man auf eine baldige Lösung,
sagt
Robert Bisig, Leiter Stab Direktion: "Eine solche Stelle wäre eine
grosse Entlastung. Unsere Mitarbeiter müssen sich von Betrunkenen
viel gefallen lassen. Oft ist es an der Grenze des Erträglichen.
Sie sind nicht ausgebildet für den Umgang mit Renitenten." Am
Kantonsspital habe es aber zu wenig Platz. Auch sei die Polizei nicht
vor Ort.
Froh um eine solche Stelle wäre auch Daniel Matter,
Gründer des Permanence Medical Center im Bahnhof - auch wenn nur
wenige Betrunkene den Weg in seine Praxis finden. "Wir würden
öfter Patienten ans Spital überweisen. Heute sind wird eher
zurückhaltend."
Lathan Suntharalingam will, dass nun rasch eine
Ausnüchterungsstelle eingerichtet wird - wo, müssten Polizei
und Kantonsspital besprechen. Bezahlen sollten neben den Betrunkenen
auch die Veranstalter von Anlässen wie dem Altstadtfest. "Diese
verdienen am Alkoholverkauf mit", so der SP-Kantonsrat. Das
Kantonsspital dürfe nicht zur Kasse gebeten werden, umso mehr, als
es unter grossem Spardruck stehe.
Karin Winistörfer
karin.winistoerfer@neue-lz.ch
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Zürich macht gute Erfahrungen
Pilotversuch
kwi. Seit Mitte März ist in Zürich die Zentrale
Ausnüchterungsstelle (ZAS) im Zellentrakt der Regionalwache City
offen. Dort wer
kwi. Seit Mitte März ist in Zürich die Zentrale
Ausnüchterungsstelle (ZAS) im Zellentrakt der Regionalwache City
offen. Dort werden Leute mit Rausch (Alkohol oder andere Drogen), die
von der Polizei in Gewahrsam genommen worden sind, unter medizinischer
Betreuung ausgenüchtert. Ziel ist es gemäss dem
Stadtzürcher Polizeidepartement, die Spitäler und die
Regionalwachen der Polizei zu entlasten. Das bisherige Konzept habe
sich im Betrieb "sehr gut bewährt". Bis 950 Franken pro
AufenthaltDie Kosten für das ein Jahr laufende nationale
Pilotprojekt betragen 950 000 Franken. Eine Einweisung kostet rund 1600
Franken. Davon werden den Klienten je nach Aufenthaltsdauer bis zu 950
Franken in Rechnung gestellt. Randalieren oder verschmutzen sie eine
Zelle, kommen Reparatur- und Reinigungskosten dazu. Ein Problem ist die
schlechte Zahlungsmoral: Nach sechs Monaten Betrieb waren erst 90 000
von 250 000 Franken, die in Rechnung gestellt worden waren, bezahlt.
Bis zu 4,19 Promille im BlutIm ersten halben Jahr sind 316 Männer
und 50 Frauen in die Ausnüchterungsstelle Zürich eingeliefert
worden. Ein Drittel von ihnen war zwischen 18 und 24 Jahre alt, der
Jüngste 15, der Älteste 69. Die Person mit dem höchsten
Blutalkoholgehalt kam auf 4,19 Promille.
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DROGEN
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Rolling Stone 1.12.10
DROGEN UND MUSIK IN DEUTSCHLAND
Der grosse Rausch
Kaum ein Club ohne Koks, kein Festival ohne Joints - und
gesoffen wird
bei Metal-Konzerten und Volkslieder-Shows: Wo in Deutschland die Musik
spielt, sind meistens Drogen dabei. Auch offiziell illegale Substanzen
gehören immer mehr zum Alltag. Was sagt das über unsere
Gesellschaft? Der große ROLLING-STONE-Report 2010.
http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/Medienspiegel/10-12-01-RollingStoneDrogen.pdf
--
Davon online zugänglich:
Der RS-Report: Drogen und Musik in Deutschland. Ein Interview
mit Harris
Drogen sind in der Musik allgegenwärtig: Sei es auf Seiten
der
Künstler oder auf Seiten der Fans. Wir sprachen mit dem Berliner
Rapper Harris über seine Einstellung zu verbotenen Substanzen -
und seinen Lieblings-Drogensong.
http://www.rollingstone.de/news/article.php?article_file=1290681235.txt&showtopic=The%20Pop%20Life
--
Der RS-Report: Drogen und Musik in Deutschland. Interview: "Wer
hat
was, wo kriegen wir was her?"
Drogen sind in der Musik allgegenwärtig. Unser Autor Jochen
Förster sprach mit Lena aus Berlin - Konsumentin und Kennerin. Ihr
Fazit: Es ist fast zu leicht, an Drogen zu kommen
http://www.rollingstone.de/news/article.php?article_file=1290772459.txt&showtopic=The%20Pop%20Life
--
Der RS-Report: Drogen und Musik in Deutschland. Interview: "Die
Alkoholpreise sind skandalös!"
Saufen ist nicht nur Volkssport sondern für viele auch Teil
eines
Festivals oder einer Clubnacht. Jochen Förster sprach mit
Suchthilfe-Experte Raphael Gaßmann über die Modedroge der
Gegenwart.
Suchthilfe-Experte Raphael Gaßmann über die Modedroge
der
Gegenwart, Cannabis aus dem Automaten und die Wirkung der Prohibition
http://www.rollingstone.de/news/article.php?article_file=1291029830.txt&showtopic=The%20Pop%20Life
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Der RS-Report: Drogen und Musik in Deutschland. Interview: "Die
Metalszene hat Ecstasy nicht berührt"
Drogen sind in der Musik allgegenwärtig. Joachim Hentschel
sprach
mit Heavy-Metal-Star Schmier von Destruction über Drogengenuss in
der deutschen Musikszen
http://www.rollingstone.de/news/article.php?article_file=1290773411.txt&showtopic=The%20Pop%20Life
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BZ 30.11.10
Mit 17 spritzte sie Heroin, nun hat sie darüber geschrieben
Autobiografie. Jahrelang war das Heroin der treuste
Begleiter von
Michelle Nahlik. Mit 17 Jahren trieb sich die Thunerin auf Berns Gassen
herum, auf der Suche nach dem nächsten Kick. Heute ist sie seit 13
Jahren clean. Ihre Geschichte hat sie in ihrer soeben erschienenen
Autobiografie "Das Maktub von Luana" niedergeschrieben.
"Während andere Mädchen in meinem Alter erste
Verabredungen mit Jungs planten, war ich auf der Suche nach Geld
für den nächsten Schuss", beginnt Michelle Nahlik (38). Mit
17 Jahren spritzte sich die damalige Gymnasiastin zum ersten Mal
Heroin. Es sollte nicht beim einen Mal bleiben; 8 Jahre bewegte sich
die junge Frau in der Berner, der Thuner und der Zürcher
Drogenszene und lebte teilweise auf der Strasse.
Nahlik geht geübt um mit ihrer Sprache, im Buch wie
auch im
Gespräch. Sie verwendet treffende Metaphern für ihre damalige
Situation, notiert auch in den schlimmsten Momenten ihre Gedanken in
glasklaren Worten auf irgendeinen Zettel, der sich gerade in ihrer
Nähe befindet. "Manchmal schrieb ich meine Gedanken und
Gefühle in einer heruntergekommenen Toilette auf WC-Papier."
Basierend auf diesen schriftlichen Zeugnissen - die zwanzig
Tagebücher enthalten neben Texten auch Zeichnungen -, hat Nahlik
ihre Autobiografie geschrieben. Ihre Drogengeschichte endete im Guten.
"Doch mein Fall entspricht nicht der Mehrheit", sagt die Autorin. "Mein
Buch soll andere davor bewahren, denselben Weg einzuschlagen wie ich
vor 20 Jahren."
Unklassische Junkiebiografie
Michelle Nahlik hat Teile des Buches in der dritten Person
geschrieben. Sie gab sich den Übernamen Luana. "Das
ermöglichte mir, etwas Distanz zu schaffen. Anders hätte ich
es nicht fertiggebracht, die schlimmsten Momente so zu beschreiben, wie
ich sie wirklich erlebt hatte", sagt Nahlik.
"Ich habe keine klassische Junkiebiografie", erzählt
die
Thunerin, die heute im Kanton Freiburg wohnt und als biomedizinische
Analytikerin im Spital arbeitet. Sie stamme weder aus zerrütteten
Familienverhältnissen, noch habe sie Gewalt oder Missbrauch
erlebt. "Im Gegenteil. Ich hatte lange Zeit immer die Favoritenrollen.
In allem war ich die Beste." Das junge Mädchen konnte dem Druck
nicht standhalten. Nahlik sagt, sie habe immer schon zu Extremen
geneigt. So wurde innert kürzester Zeit aus der extrem guten
Schülerin eine extrem abhängige junge Frau. Zu einem
Zeitpunkt, an dem sie nur noch "aus meiner Haut wollte", lernte sie
Viktor kennen, einen charmanten jungen Mann. Er setzte Nahlik den
ersten Schuss. Kurze Zeit danach flog sie vom Gymnasium. Der gut
aussehende Viktor entpuppte sich bald als gewalttätiger Dealer.
Nahliks Eltern bekamen lange nichts mit von der Sucht und
den
lautlosen Hilfeschreien ihrer jüngsten Tochter. Sie waren zu sehr
mit Nahliks Schwester beschäftigt, die damals schwer
magersüchtig war. "Ich gebe niemandem die Schuld, ausser mir
selbst", sagt Nahlik rückblickend.
Die beste Freundin stirbt
"Der Wendepunkt in meiner Drogenkarriere war der Tod
meiner
besten Freundin", fährt Nahlik fort. Die langjährige Freundin
starb an einer Überdosis während einer Therapie. "Ich wusste,
wenn ich nicht auch mit Junken aufhöre, würde ich die
nächste sein." Etwa zum gleichen Zeitpunkt begegnete sie ihrer
ehemaligen Jugendliebe. Die Gefühle flammten erneut auf, und der
junge Mann setzte alles daran, die 22-Jährige von der Strasse zu
holen. Mit der Hilfe ihres Freundes und auch dank einem
Ausbildungsplatz führte Nahliks Weg langsam wieder nach oben. Doch
er war gepflastert von Rückfällen, Wutausbrüchen und
Zweifeln. Eine Therapie machte Nahlik nie: "Ich wollte es alleine
schaffen."
Keine Angst vor Rückfall
Und das tat sie. Michelle Nahlik führt seit 13 Jahren
ein
geregeltes Leben und ist clean. Sie hat keine Angst mehr vor einem
Rückfall. "Ich bin stark geworden. Ich weiss, dass ich keine
Sekunde meines Lebens mehr an diesen Scheiss verschwenden will." Sie
liebt ihre Arbeit im Spital, unternimmt gerne Reisen und schreibt
Poesie. Mit dem Mann von damals ist sie zwar nicht mehr liiert, doch er
ist zu ihrem besten Freund geworden. Kontakt mit Menschen aus der Szene
hat sie seit ihrem Ausstieg keinen mehr.
Auf einer Reise in die ägyptische Wüste lernte
Nahlik
einen Mann kennen, der ihr erklärt habe, dass "Maktub" Schicksal
bedeute. Wörtlich heisse es: "Alles, was geschehen wird, steht
längst in einem dicken Buch." So sieht Nahlik heute ihre
Geschichte - wie etwas, das vom Schicksal so vorgesehen war.
Annina Hasler
"Das Maktub von Luana" von Michelle Nahlik. Erschienen im
Elfundzehn-Verlag. 268 Seiten. 36 Franken..
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St. Galler Tagblatt 30.11.10
Von Kairo nach Kapstadt
Edna Adans unermüdlicher Kampf gegen die Droge Khat
Edna Adan ist eine Kämpfernatur. In ihrer Heimat
scheut die
ehemalige Frau des ersten Präsidenten der Republik Somaliland kein
politisches Streitgespräch. Auf dem internationalen Parkett wirbt
die einstige Aussenministerin leidenschaftlich um die Anerkennung ihres
Landes, das sich nach dem Ende des somalischen Bürgerkriegs vor
zwanzig Jahren einseitig für unabhängig erklärt hat. Und
in dem von ihr gegründeten Spital in der Hauptstadt Hargeisa ringt
sie als Chefärztin um das Leben ihrer Patienten.
Das ganze Land ist high
Der grösste Kampf der ehemaligen First Lady aber gilt
einer
Pflanze. Einer, die in Somaliland zwar nicht gedeiht, die aber an jeder
Strassenecke in Hargeisa verkauft wird. Khat, Chat, Mera - viele Namen
für ein und denselben Strauch, der in der gesamten Region vom Horn
von Afrika dem Kaffee als natürlichem Aufputschmittel den Rang
abläuft. Doch Khat ist nicht Kaffee, und der Konsum der bitter
schmeckenden, amphetaminreichen Blätter kein harmloser
Zeitvertreib. "Khat", sagt Edna Adan, "ist der grösste Feind
dieses Landes. Dieses Land ist von morgens bis abends high und die
Auswirkungen auf Gesundheit, Politik und die soziale Struktur sind
fatal."
80 Prozent der Männer
Es ist noch keine zwei Jahrzehnte her, da war Khat in
Somaliland
lediglich eine Randerscheinung. Nur einige Nomaden machten von der
aufputschenden und hungerstillenden Wirkung der Kaudroge auf ihren
langen Märschen durch die Wüste Gebrauch. Heute jedoch ist
Khat die Volksdroge Nummer eins. Etwa achtzig Prozent der Männer
und fünf Prozent der Frauen stopfen sich mindestens einmal
täglich die Backen mit den Blättern voll, Tendenz steigend.
Eher geringe Wirkung
Laden nachmittags die Lastwagen die frischen Blätter
auf den
Märkten ab, kommt die Arbeit im Land für Stunden zum
völligen Erliegen, dem Marktschreien der Khathändler leisten
mehr Somaliländer Folge als dem Gebetsruf der Muezzins.
Die Mehrheit der Abnehmer sieht sich dennoch keineswegs
als
Drogenkonsumenten, da die berauschende Wirkung der Pflanze eher gering
ist und zudem erst nach stundenlangem Kauen einsetzt. Die
Langzeitfolgen können es gemäss Edna Adan jedoch mit jeder
anderen Droge aufnehmen: "Khat ist eine Pflanze, die nicht für den
Menschen gemacht wurde. Sie zerfrisst stattdessen Zähne und Magen,
greift Leber und Nieren an, trocknet den Darm aus und verbreitet
Tuberkulose."
"Khat tötet Kinder"
Doch der Schaden für die Gesundheit sei noch das
kleinste
Übel, sagt die Ärztin, die ihren Angestellten sowohl
während der Arbeitszeit als auch privat jeden Konsum der
grünen Blätter unter Androhung sofortiger Entlassung
untersagt hat. Der Khatkonsum schade der Volkswirtschaft massiv:
Anstatt Nahrungsmittel für die Familie einzukaufen und die Kinder
in die Schule zu schicken, verbrauchten die Männer alles Geld
für diese Droge. "Khat tötet Kinder, das ist die grausame
Wahrheit."
Zwischen ein und drei Dollar investiert der
durchschnittliche
Somaliländer täglich in den Konsum der Blätter, 400 000
Dollar lässt sich die Bevölkerung des bettelarmen Landes
täglich zwischen Backe und Zunge zergehen. "So viel, wie ich
für den Bau des Spitals investiert habe - in zehn Jahren."
Angst vor den Drogenkartellen
Den Kampf gegen Khat führt die 63-Jährige
weitgehend
alleine. Zwar stimmen viele Politiker und religiöse Führer
mit ihren Ansichten überein. "Aber die haben alle Angst vor den
mächtigen Drogenkartellen", sagt Adan. "Ausserdem kaut auch der
ein oder andere Imam hin und wieder ganz gerne. Alkohol ist uns Moslems
zwar untersagt, aber über Khat hat der Prophet nichts gesagt." Aus
Sicht der Regierung bietet der Khathandel zudem eine der wenigen
Möglichkeiten, Geld einzutreiben: Das grüne Gold wird teuer
besteuert.
Ausgerechnet Frauen
In der Gesellschaft Somalilands hat das Wort einer Frau
wenig
Gewicht. Was nicht ohne Ironie ist, denn Edna Adans grösste
Gegenspielerinnen sind ausgerechnet Frauen: Der Khathandel wird von
Händlerinnen kontrolliert. Steckt sie also in einem Teufelskreis,
aus dem es kein Entkommen gibt? "Nein", sagt sie. "Unser Land ist mit
feindlichen Soldaten, Panzern und Kampfflugzeugen fertig geworden. Es
wäre grotesk, wenn wir es nicht mit einer Pflanze aufnehmen
könnten."
Markus Symank
Unser Autor reist quer durch Afrika und berichtet
über die
Menschen, die er dabei kennenlernt.
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BIG BROTHER
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Bund 2.12.10
So einfach kann man SMS mitlesen
Mit einer relativ günstigen Ausrüstung
können
heute die Signale von Mobilfunkantennen abgefangen und SMS
entschlüsselt werden, warnt ein Experte. Den Mobilfunkunternehmen
ist dies kaum bewusst.
Adrian Sulc
Nicht nur Liebesgrüsse und Einkaufslisten gehen
täglich
zu Tausenden als SMS durch den Mobilfunk-Äther. Auch
Passwörter und geschäftliche Nachrichten werden als
Kurzmitteilungen versandt. Im Gegensatz zum Internet denkt man beim
Handy aber nicht an Hacker und Viren - vielleicht zu Unrecht.
Denn es ist durchaus möglich, ein SMS abzufangen,
welches
eine Mobilfunkantenne an das Empfängerhandy sendet. Antenne und
Empfänger merken davon nichts - denn die Funksignale strömen
schliesslich frei umher. Natürlich sind die Signale des
GSM-Mobilfunkstandards digital verschlüsselt. Doch sind sie dies
heute nach einer Methode, welche 1987 entwickelt wurde. Also zu einer
Zeit, als Grossrechner weniger leistungsfähig waren als heute
jeder Discounter-Laptop.
Gratisprogramme vom Internet
Was es für das Mitlesen braucht, demonstrierte Ulrich
Fiedler gestern an einem Anlass der Information Security Society
Switzerland in Bern. Fiedler ist Dozent an der Berner Fachhochschule in
Biel und betreibt das Beratungs- und Forschungsunternehmen NCS-Lab im
Bereich Mobilfunk. Weniger als 2400 Franken hat er für die
Ausrüstung zur Entschlüsselung von SMS ausgegeben. Sie
besteht aus:
einem Software-Radio, welches die GSM-Signale einfangen
kann,
einem herkömmlichen Laptop, welcher die vom Radio
eingefangenen Signale decodiert, also verwendbar macht,
und einem leistungsfähigen Computer, welcher die
Signale
entschlüsselt und damit den Text des SMS wiederherstellt.
Dazu benutzt Fiedler drei Computerprogramme, die allesamt
kostenlos und legal auf dem Internet erhältlich sind, sowie einige
Zeilen selbst geschriebenen Programmiercodes. Mittels dieses
Versuchsaufbaus zeigt Fiedler, wie eine von Handy A auf Handy B
verschickte Kurzmitteilung erfasst, decodiert und entschlüsselt
wird.
Auf dem Bildschirm erscheinen lange Codes, bestehend aus
Einsen
und Nullen. Rund fünf Minuten benötigt der PC, um das
abgefangene Test-SMS lesbar zu machen. Laut Fiedler kann die Zeit mit
leistungsfähigerer Hardware auf unter eine Minute gedrückt
werden.
Um die Verschlüsselung zu knacken, greift Fiedler auf
sogenannte Rainbow-Tables zu - eine fast zwei Terabyte grosse Datenbank
von Codefragmenten. Diese haben zwei Informatiker vergangenen Juli ins
Internet gestellt - womit der derzeitige Verschlüsselungsstandard
A5/1 definitiv als geknackt gilt.
Was das gezielte Bespitzeln einer Person erschwert, ist,
dass man
sich zeitgleich mit der Person in der Nähe der gleichen Antenne
befinden muss. Zudem ist die Telefonnummer des Senders erst nach der
Entschlüsselung des SMS sichtbar, die Telefonnummer des
Empfängers nie. Das heisst, man müsste theoretisch alle von
der Antenne versandten SMS entschlüsseln, um diejenigen zu finden,
welche man sucht.
Geheimdienste tun es laufend
Kennt man jedoch die temporäre Erkennungsnummer TMSI
der im
Handy eingelegten SIM-Karte im Mobilfunknetz, können bereits vor
der Entschlüsselung die betreffenden Nachrichten herausgefiltert
werden. Um an diese Nummer zu kommen, müsse man nicht unbedingt an
das Telefon des Abhöropfers kommen, sondern diesem nur
"hinterherlaufen" und ihm einige SMS zusenden. "So wie das die
entsprechenden Dienste tun", fügte Fiedler an - und machte keinen
Hehl daraus, dass er damit Polizei und Nachrichtendienste meint.
Da das Abhören von SMS zwischen GSM-Antenne und Handy
nicht
verhindert werden kann, schlägt Fiedler vor, den
Verschlüsselungsstandard des GSM-Netzes vom derzeitigen A5/1 auf
den sichereren A5/3 anzuheben. Derzeit sei SMS "kein sicherer Kanal,
der sich für das Übertragen vertraulicher Informationen
eignet", sagt Fiedler. Er mache dies öffentlich, um dazu
beizutragen, dass Schwachstellen in den Netzen der drei hiesigen
Mobilfunkanbieter behoben werden. Da bis zu einer Anhebung des
Verschlüsselungsstandards noch Jahre vergehen können, sind
laut Fiedler Massnahmen sinnvoll, die das Abhören wenigstens
erschweren. Bezüglich solcher Massnahmen seien leider nicht alle
drei Schweizer Anbieter auf dem gleichen Stand.
Anbieter beschwichtigen
Swisscom-Sprecher Christian Neuhaus schreibt dem "Bund"
auf
Anfrage, "der GSM-Standard A5/1 konnte bislang unter reellen
Bedingungen nicht entschlüsselt werden und gilt deshalb immer noch
als sehr sicher. Denn um diesen zu entschlüsseln, wären
gigantische Rechenleistungen notwendig." Die Swisscom habe den neuen
Standard A5/3 getestet und sei zum Schluss gekommen, dass A5/1 für
ihre Kunden sicherer sei, da A5/3 von über der Hälfte der
neuen Handys nicht unterstützt werde oder deaktiviert sei.
Orange-Sprecherin Marie-Claude Debons teilt mit, dass es
betreffend des GSM-Standards bei Orange bisher keinen Fall gegeben
habe, "in dem für die Kommunikation der Kunden ein
Sicherheitsrisiko bestand". Doch der neue A5/3-Standard werde mit dem
fortlaufenden Netzausbau in das Mobilfunknetz von Orange implementiert.
Sunrise-Sprecher Roger Schaller räumt hingegen ein,
dass der
alte Standard A5/1 "möglicherweise gewisse Schwächen" habe.
"Sunrise sind aber keine Probleme oder Beschwerden hinsichtlich der
Sicherheit bekannt." Das Unternehmen werde Anfang 2011 eine neue
Software einsetzen, die den neuen A5/3-Standard unterstütze.
Amtlich bewilligter Abhörsender
Um zu zeigen, dass das Abhören von SMS und sogar
Gesprächen auch im Falle der Einführung eines strengeren
Verschlüsslungsstandards möglich ist, ist Fiedler daran, in
Biel eine selbst gebaute kleine Mobilfunkantenne aufzustellen.
Dafür hat er vom Bundesamt für Kommunikation (Bakom) eigens
eine Funklizenz erhalten.
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BIG BROTHER SPORT
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Newsnetz 3.12.10
Bundesgericht weist Beschwerden zum Hooligan-Konkordat ab
sda / pbe
Die Beschwerden gegen den Beitritt der Kantone Luzern,
Tessin,
Basel-Land und Basel-Stadt zum Hooligan-Konkordat sind vor
Bundesgericht erfolglos geblieben.
In dem auf 2010 in Kraft getretenen Konkordat über
Massnahmen gegen Gewalt bei Sportveranstaltungen sind als Mittel im
Kampf gegen Hooligans Rayonverbote, Meldepflichten und Polizeigewahrsam
vorgesehen. Zusätzlich wird der Polizei erlaubt, die Namen von
Gewalttätern an Klubs und Stadionbetreiber weiterzuleiten.
Im vergangenen Oktober hatte das Bundesgericht die
Beschwerde
gegen den Konkordats-Beitritt des Kantons Zürichs abgewiesen und
die geplanten Massnahmen abgesegnet. Nun sind in Lausanne auch
vergleichbare Beschwerden gegen den Beitritt der Kantone Luzern,
Tessin, Basel-Stadt und Basel-Landschaft erfolglos geblieben.
Vorsorglicher Polizeigewahrsam als "ultima ratio"
In seinem Leitentscheid vom Herbst war das Gericht zum
Schluss
gekommen, dass der vorsorgliche Polizeigewahrsam als "ultima ratio" mit
der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu vereinbaren
sei. Die Massnahmen würden insgesamt die Unschuldsvermutung und
die Versammlungsfreiheit betroffener Personen nicht verletzen.
Das Eidgenössische Parlament hatte 2007 unter anderem
mit
Blick auf die Fussball-EM 2008 Massnahmen gegen Hooligans beschlossen,
die wegen Zweifeln an der Zuständigkeit des Bundes aber bis Ende
2009 befristet wurden. Die Kantone schlossen deshalb das Konkordat, dem
mittlerweile alle Kantone beigetreten sind.
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Tachles 3.12.10
RASSISMUS IM STADION
Mehr Integrationsarbeit nötig
Rassismus und Rechtsextremismus sind in europäischen
Fussballstadien weit verbreitet. Ein Blick auf die Situation in der
Schweiz.
VON DANIEL ZUBER
Fussball ist eine der beliebtesten und verbreitetsten
Sportarten
der Welt. Es wird nicht nur auf der ganzen Welt Fussball gespielt,
Millionen von Menschen besuchen auch regelmässig die Stadien ihrer
bevorzugten Mannschaft und verfolgen die Spiele am TV. Das Spiel hat
ein gewaltiges integratives Potenzial, wie immer wieder betont wird, es
baut jedoch auch auf Rivalität, Abgrenzung und lokaler
Identität auf, weshalb Fussball stets auch von
Herabwürdigungen, Konflikten und Gewalttätigkeiten begleitet
wird.
Rechtsextremismus im europäischen Fussball
In den vergangenen Jahren machten gewalttätige
Fussballfans, die
oft der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind, immer wieder
Schlagzeilen. 2005 wurde etwa der ehemalige Kapitän des
italienischen Vereins Lazio Rom, Paolo Di Canio, von der
Disziplinarkommission des italienischen Fussballverbands FIGC zur
Zahlung einer Geldstrafe von 10000 Euro verurteilt, weil er beim
Stadt-Derby gegen die AS Roma seine Anhänger mit dem
faschistischen römischen Gruss, welcher damals Benito Mussolini
galt, salutiert hatte. Anfang Februar 2007 kam auf Sizilien ein
38-jähriger Polizist bei heftigen Fussballkrawallen ums Leben und
mehr als 70 Menschen wurden verletzt. Der getötete Polizist hatte
zuvor in einem Prozess gegen rechtsradikale Fans ausgesagt. Auch beim
kürzlich ausgetragenen EM-Qualifikationsspiel zwischen Italien und
Serbien in Genua kam es zu wüsten Ausschreitungen, die den
vorzeitigen Abbruch des Spiels herbeiführten. Bilder von
serbischen Hooligans mit ausgestrecktem rechtem Armen gingen durch die
Medien und es wird darüber spekuliert, ob besagte Hooligans
Handlanger rechter Kräfte in Belgrad seien. In Frankreich machten
Ende November 2006 nach einem Spiel zwischen Paris St-Germain (PSG) und
Hapoel Tel Aviv etwa 150 PSG-Fans Jagd auf Anhänger des
israelischen Vereins. Nachdem ein dunkelhäutiger Zivilpolizist
einen jüdischen Fan beschützen wollte, wurde auch dieser
attackiert. worauf er sich mit zwei Schüssen gewehrt hat, welche
einen jugendlichen PSG-Fan töteten und einen anderen schwer
verletzten. Diese Aufzählung könnte lange weitergeführt
werden.
Rassismus im Schweizer Fussball
Auch in der Schweiz machten Rassismus und rechte Gewalt auf und
neben
dem Fussballfeld bereits Schlagzeilen. So musste etwa ein vermeintlich
jüdischer Fussballtrainer im November 2008 nach einer
Schlägerei ins Spital eingeliefert werden (vgl. tachles 45/08) und
es kam in einem Extrazug des FC Basel (FCB) Ende August 2007 zu
rassistischen Ausschreitungen, woraufhin der Fussballverein eine
Fachgruppe gegen Antisemitismus und Rassismus gründete (vgl.
tachles 38/07 und 39/07), welche laut dem Mediensprecher des FCB, Josef
Zindel, die Ergebnisse ihrer Arbeit voraussichtlich nächsten
Frühling öffentlich kommunizieren wird.
Nicht selten treten latent in der Bevölkerung
vorhandene
Vorurteile und Einstellungen gerade bei emotional geladenen
Fussballspielen zum Vorschein. Rassismus und Fremdenfeindlichkeiten
beginnen dabei schon etwa bei herablassenden Kommentaren über die
deutsche Nationalelf, welche dann mit einer generellen
Voreingenommenheit gegen die Deutschen per se begründet werden.
Michael Chiller-Glaus, Leiter der Stiftung gegen Rassismus und
Antisemitismus (GRA), bezeichnet den Fussball im Gespräch mit
radio tacliles als "das fast grösste Ausdrucksfeld des Rassismus
in der Schweiz". Rassismus, Antisemitismus und Homophobie seien in
Schweizer Stadien verbreitet, wenn auch nicht virulent. Das Problem
wurde auch in der Schweiz schon länger erkannt und verschiedene
Organisationen und Projekte versuchen dem Rassismus in Schweizer
Stadien entgegenzutreten.
Im Kampf gegen den Rassismus
Die GRA sei in Zusammenarbeit mit anderen NGOs an verschiedenen
Projekten gegen Rassismus im Fussball beteiligt, so Chiller-Glaus
weiter. Zum Rückrundenstart will etwa die Schweizer Sektion des
Netzwerks Football Against Racism in Europe (FARE) eine Meldestelle
für rassistische Vorfälle im Fussballstadion lancieren.
Die Ligue internationale contre le racisme et
l‘antisémitisme ist dabei als Partner des FARE-Netzwerks Schweiz
für die Romandie zuständig, während für die
Deutschschweiz das Projekt gggfon die Meldestelle betreut. Diese
"Rassismus-Hotline" dient auch der statistischen Erfassung
rassistischer Zwischenfälle beim Fussball, zumal heute dazu noch
keine verlässlichen Daten existieren. Kürzlich sind zudem die
FARE-Aktionswochen zu Ende gegangen. Europaweit wurden mehr als 2000
Aktionen gegen Rassismus im Fussball durchgeführt.
Lukas Meier, Geschäftsführer der Schweizer Sekktion
des
FARE-Netzwerks und Fanarbeiter bei den Berner Young Boys, unterstreicht
die Wirksamkeit und die Wichtigkeit solcher Aktionen. So machten
in den neunziger Jahren vermehrt rassistische und neonazistische
Hooligans das Berner Wankdorfstadion unsicher. Dunkelhäutige
Spieler wurden systematisch beleidigt und Fans trugen teilweise gar
Hakenkreuzsymbole zur Schau. Im März 1996 trat daraufhin der
Verein Gemeinsam gegen Rassismus erstmals an die Öffentlichkeit
und stieg als Trikotsponsor bei den BSC Young Boys ein. Durch Aktionen
wie Podiumsgespräche, Publikationen in der Stadionzeitung,
Medienauftritte und Lautsprecherdurchsagen gelang es den Initianten von
Gemeinsam gegen Rassismus, die verschiedenen Formen von
Fremdenfeindlichkeit intensiv zu thematisieren. Die Situation habe sich
daraufhin in Bern stark verändert, wie Meier betont. Rassistische
Äusserungen würden heute in den Fankurven nicht mehr
geduldet. Dabei sei die Situation in den neunziger Jahren
tatsächlich auf der Kippe gewesen, man habe aber noch rechtzeitig
Gegensteuer gegeben.
Hin zur Ultrà-Bewegung
Heute orientierten sich die radikalen Fans in der Schweiz eher
an der
Ultrà-Bewegung, welche ihre Wurzeln in Italien habe, so Meier
weiter. Bei den Ulträs handelt es sich um fanatische
Anhänger, deren Ziel es ist, ihren Verein bestmöglich zu
unterstützen. Neben akustischen Einlagen geschieht dies auch durch
optische Hilfsmittel wie Konfettiregen, bengalisches Feuer, Fahnenmeere
und aufwändige Choreografien.
Fankultur und Identität stehen im Mittelpunkt,
Protest gegen
die Kommerzialisierung des Sports und gegen das Vorgehen von Polizei
und Ordnungskräften wird oft laut. Ultràs sind oft
apolitisch, es existieren jedoch betont linksextreme
Ultrà-Gruppen, wie etwa die mittlerweile aufgelösten
Brigate Autonome Livornesi des AS Livorno Calcio, das antifaschistisch
eigestellte Commando Ultrà 84 und die South Winners 87 aus
Marseilles aber auch betont rechtsextreme Fangruppen wie die
Irriducibili Lazio des ehemaligen Lieblingsvereins von Benito Mussolini.
Thomas Gander, Geschäftsführer von Fanarbeit
Schweiz,
dem Dachverband für sozioprofessionelle Fanarbeit in der Schweiz,
unterstreicht ebenfalls das Erstarken der Ultrà-Bewegung in den
letzten Jahren. Wertvorstellungen und Begrifflichkeiten in den
Schweizer Fankurven widerspiegelten dabei jedoch vermehrt linkes
Gedankengut. Dies zeige sich etwa an der antiautoritären
Einstellung und dem Konfrontationskurs mit der Polizei. Josef Zindel
stellt weiter Folgendes fest: "Im St. Jakob -Park, im Fansektor des FCB
(Muttenzerkurve) hat der Rassismus in den letzten Jahren sehr deutlich
abgenommen, er ist für uns nicht mehr sichtbar - gemäss
unseren Beobachtungen die Folge intensiver Fanarbeit und einer
fortgeschrittenen Selbstregulierung innerhalb einer Fankurve, die sich
selbst vom Rassimus distanziert."
Wichtige Integrationsarbeit
Rassismus und Rechtsextremismus beim Fussball bleiben trotz
allem ein
aktuelles Thema, welches sich nicht ignorieren lässt.
Die Ereignisse am EM-Qualiflkationsspiel zwischen Italien und
Serbien
in Genua vom 12. Oktober haben dies eindringlich verdeutlicht. Dabei
scheint sich der Rechtsextremismus in verschiedenen Ländern
Europas als festes Element in der Fankultur verankert zu haben. Was
Fanarbeiter Thomas Gander jedoch mit Sicherheit verneinen kann, ist,
dass es in Schweizer Stadien ideologischen Rechtsextremismus gibt,
welchen politische Parteien zu instrumentalisieren versuchten. Auch im
Rahmen des Nationalen Forschungsprojekts NFP4O+ "Das Fussballstadion
als Treffpunkt und als Ort der Rekrutierung und der Geselligkeit der
extremen Rechten?", wurde unter der Leitung des Sozialwissenschaftlers
Thomas Busset die vermehrte Identifikation mit der
Ultrà-Bewegung der radikalen Fans in der Schweiz festgestellt.
Dabei ist den Beobachtungen des Forschungsteams zufolge
das
rechtsextreme Element seit Beginn des neuen Jahrtausends
rückläufig. Der Sport sei jedoch dennoch anfällig
für extremistische Aktivitäten und gerade präventive
Massnahmen würden in der Schweiz viel zu wenig durchgeführt.
Fanarbeiter Lukas Meier sieht dabei vor allem in den unteren Ligen die
wirklichen Brennpunkte. Hier komme es immer wieder zu rassistisch
motivierten Konflikten (vgl. tachles 45/08) und es müsste mehr
Integrationsarbeit geleistet werden. 0
--
IN KÜRZE
MEHR ALS 100 EINTRÄGE
> Das von der Gesellschaft gegen Rassismus und Antisemitismus
(GRA)
auf ihrer Website veröffentlichte Nachschlagewerk zu historisch
belasteten und vermeintlich belasteten Begriffen wächst weiter.
Das positive Echo aus den Medien (vgl. auch tachles 8/10) stellt einen
weiteren Anreiz für die GRA dar, die hohe Qualität der
Einträge im GRA-Glossar aufrecht zu erhalten. Diese sind kurz und
bündig gehalten, gut zu lesen und ermöglichen eine schnelle
und fundierte Vertiefung zu zahlreichen Begriffen. Das Glossar richtet
sich an Journalisten, Lehrkräfte, Schüler, Studierende,
Politiker und historisch Interessierte, die auf diese Weise die
aktuelle Bedeutung und Konnotationen ausgewählter Wörter
schnell und einfach abfragen können. [TA]
--------------------------------------
RECHTSEXTREMISMUS
--------------------------------------
Indymedia 4.12.10
http://ch.indymedia.org/de/2010/12/79091.shtml
(mit Foto)
Übergriff vom 4.12.2010 von Nazis in Bern
AutorIn : schaut nicht weg
Eine Gruppe von drei Neo-Nazis hat versucht am Hauptbahnhof Bern
drei
Antifaschistinnen an zu greifen ca um 3.ooUhr. Dies misslang aber
komplett da eine von ihnen gas ab bekam einzig identifizierbare Person
war:
Tobias Siegenthaler
Hohgantweg 7
3506 Grosshöchstetten
Elektriker, Etavis Beutler
Laut eigenen Angaben Mitglied der Hj Emmental
---
Basler Zeitung 3.12.10
Neuer Anschlag auf "Power Zone"-Laden
Sachbeschädigung. Der Konflikt rund um den
Kleinbasler Laden
"Power Zone" bei der Johanniterbrücke spitzt sich weiter zu.
Gestern schlugen Unbekannte das Schaufenster des Geschäfts an der
Feldbergstrasse ein. Seit der Eröffnung des Ladens im September
gibt es Widerstand aus linksextremen Kreisen. Zuerst wurde auf
Flugblättern kritisiert, dass "Power Zone" auch die bei
rechtsextremen beliebten Kleidermarken "Thor Steinar" oder "Pit Bull"
verkauft. Ende Oktober musste dann die Feuerwehr wegen eines vor dem
Laden deponierten und angezündeten Molotow-Cocktails
ausrücken (die BaZ berichtete). Und erst am vergangenen Wochenende
sprayten Personen, die gegen die Annahme der Ausschaffungsinitiative
protestierten, "Stop Nazis" auf die Scheibe. Das Foto ist auf der
Homepage des "Revolutionären Aufbaus" zu sehen. daw
---
Liechtensteiner Vaterland 1.12.10
Der rechten Szene entgegenwirken
Wenn sich Jugendliche Gruppierungen anschliessen, sind
Eltern
meist besorgt. Oft wissen sie gar nicht recht, was mit dem Kind
passiert ist. Um dieser Ungewissheit vorzubeugen, fand am Donnerstag
eine Informationsveranstaltung zum Thema Rechtsextremismus statt.
Von Ramona Banzer
Eschen. - Manchmal ist es schwer, sein eigenes Kind
einzuschätzen. Diese Schwierigkeit erreicht meist ihren
Höhepunkt mit der Pubertät. Bereits Jahre bevor es zum
Jugendlichen wird, machen sich Eltern Gedanken, wie man sein Kind von
schlechten Einflüssen, schlimmen Erfahrungen und einem falschen
Freundeskreis abhalten kann. Doch trotz aller Bemühungen kommt
für viele die Zeit, in der sie folgende Beobachtungen machen: Das
Kind fängt an, andere Kleidung zu tragen, sie bewusster zu tragen,
interessiert sich sehr für Musik und hat Freunde und Bekannte, die
es öfters treffen möchte und die wahrscheinlich ähnlich
gekleidet sind und ähnliche Musik hören.
Obwohl sich diese Beschreibung wie ein Krimi liest, heisst
das
noch nicht, dass man sich wegen jeder Veränderung Sorgen machen
muss. Doch stellt sich die Frage, wann es gefährlich wird. Das
heisst, wann könnte sich der Jugendliche auf der falschen Spur
befinden? Heute gibt es unzählige Gruppierungen, von Hiphoppern
über Skater bis hin zu Gothics und Skinheads. Diese Vielfalt macht
die Unterscheidung schwer, was davon unbedenklich ist und was nicht. Am
Donnerstag wurde die im Allgemeinen als gefährlich angesehene
rechte Szene im Rahmen der Informationsveranstaltung "Das
Versteckspiel" behandelt.
Keine blossen Schmuckstücke
Als Erwachsener hat man zumeist nicht mehr viel zu tun mit
Jugendströmungen. Deshalb erkennen manche Eltern Symbole oder
Dresscodes nicht, die auf eine solche Strömung hinweisen.
Konsequenz daraus ist beispielsweise die Fehleinschätzung, dass
gewisse Anhänger blosse Schmuckstücke seien, obwohl in
Wirklichkeit eine Aussage dahintersteckt. Schulsozialarbeiter Harald
Kreuzer stellte zunächst einige Kleidermarken und Symbole vor, die
oftmals von Angehörigen von rechtsextremen Gruppen verwendet
werden. "Hakenkreuze, der Reichsadler oder das White- Power-Symbol sind
den meisten Menschen geläufig. Allerdings sind auch Zahlencodes,
die für Buchstaben stehen, sehr beliebt", weist er auf diese
"szeneninternen" Zeichen hin, die auf den ersten Blick für
Aussenstehende nicht erkennbar sind. Als bevorzugte Kleidermarken
wurden u.a. "Lonsdale", "Pit Bull", "Fred Perry" oder "Consdaple"
aufgezählt, zudem seien Stahlkappenschuhe und Bomberjacken beliebt.
Bevorzugte Musik
Da Musik bei Jugendgruppierungen ebenfalls eine grosse
Rolle
spielt, stellte Marcel Lampert, Mitarbeiter der offenen Kinder- und
Jugendarbeit, beliebte Rechtsrock-Interpreten vor. Hierbei verwies er
unter anderem auf Landser, Skrewdriver und Frank Rennicke. Die bekannte
Band Böhse Onkelz behandelte er besonders ausführlich:
"Anfang der 80er-Jahre galten die Böhsen Onkelz als Pioniere des
Rechtsrocks. 1988 haben sie sich aber vom Neonazismus abgewendet.
Deshalb sollte man sich als Elternteil nicht sofort sorgen, wenn der
Junior einen Pullover der Band anzieht. Doch konnten sie sich von ihrem
rechtsextremen Ruf nie ganz befreiten. Wachsamkeit wäre also
optimal."
Ideologie oder Zufluchtsmöglichkeit?
Der Jugendarbeiter und Vorsitzende der Fachgruppe
Rechtsextremismus, Ludwid Frommelt, erklärte, was der
Rechtsextremismus beinhaltet und wie er sich in Liechtenstein
äussert: "Seit 1991 wurden immer mehr rechtsextreme Personen
beobachtet und registriert. Gewaltanwendungen, Auftreten an
öffentlichen Veranstaltungen, Flugblätter und Kleber gibt es
bis heute immer wieder", hielt er fest.
Laut seiner Erfahrung handelt es sich bei Rechtsextremen
grösstenteils um männliche Personen. "Vielfach werden
Jüngere von den älteren Jugendlichen in die Szene gelockt, z.
B. mit Geschenken wie CDs oder indem sie für die Jüngeren
Alkohol einkaufen. Oftmals geht es bei den Jugendlichen gar nicht so
sehr um die Ideologie, sondern eher um Anerkennung." Gerade
Jugendliche, welche sich unscheinbar, unwichtig oder alleine
fühlen, meinten, innerhalb solcher Gruppen Freunde und
Zugehörigkeit zu finden. "Wenn man auf einen Jahrmarkt in einer
grossen Gruppe auftritt, wirkt das imposant auf andere", hält er
beispielhaft eine Situation aus der Perspektive eines Jugendlichen fest.
Auf die Frage, wie sich Jugendliche verhalten bzw. sich
wehren
können, wenn sie angepöbelt werden, rät er: "Sie sollten
sich Hilfe von Erwachsenen suchen. Dies können die Eltern, Lehrer,
Veranstalter oder auch die Polizei sein."
"Es braucht immer zwei"
Im Publikum wurde der Fall geschildert, dass Kinder und
Jugendliche Angst hätten, sich an der Schaaner Post oder beim
Bahnhof in Buchs aufzuhalten, weil dort viele Gruppierungen von
Ausländern vertreten seien. Ludwig Frommelt zeigte in seiner
Antwort einen Lösungsansatz auf: "Konfrontationen und Probleme
werden beobachtet, das ist unbestreitbar. Es braucht immer zwei.
Hierbei ist es wichtig, sich nicht davor zu verschliessen, denn eine
Ignoranz vor der realen Situation bringt nur neue Probleme mit sich."
Gesetzeslage in Liechtenstein
Auf Anfrage des "Liechtensteiner Vaterlands" erklärt
Polizist Peter Elkuch die Gesetzeslage in Liechtenstein: "Der Polizei
sind in vielerlei Hinsicht die Hände gebunden. Allerding
schöpfen wir das Potenzial, das wir haben, voll aus. So machen wir
Gebrauch von der Möglichkeit, Propagandamaterial sicherzustellen,
einzuziehen und zu beschlagnahmen. Darüber hinaus registrieren wir
rechtsradikale Personen."
Er rät Eltern, strenger zu sein und nicht über
das
Fehlverhalten von Sohn oder Tochter hinwegzusehen: "Wir beobachten oft,
dass Eltern sich die Situation nicht eingestehen, Jugendliche sogar in
Schutz nehmen oder ihnen ein Alibi geben."
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TASER
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Zürichsee-Zeitung 1.12.10
Paris
Tödlicher "Taser"-Einsatz
Ein illegaler Einwanderer aus Mali ist gestern durch einen
Polizei-"Schuss" aus einem Elektroschocker, einem sogenannten "Taser",
in Paris gestorben. Der 38-Jährige versuchte, sich einer Festnahme
zu widersetzen. Die Polizisten hätten zuvor Reizgas gegen den
kräftig gebauten Mann eingesetzt, der mit einem Hammer um sich
schlug. (dpa)
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Le Matin 1.12.10
Mort après deux décharges de Taser
France. Un sans-papiers malien a perdu la vie après
avoir
été touché par deux tirs de pistolet
électrique lors d'une intervention policière.
Un Malien de 38 ans en situation irrégulière
est
décédé hier près de Paris après
avoir reçu deux décharges de pistolet électrique
Taser tirées par des policiers, une mort qui relance le
débat de l'usage de cette arme par les forces de l'ordre en
France. Contrairement aux Etats-Unis et au Canada, c'est la
première fois en France qu'une utilisation du Taser
coïncide avec la mort d'un homme. Mais des associations avaient
déjà dénoncé la dangerosité de ce
pistolet qui tétanise la personne visée par une
décharge électrique de 50 000 volts.
Le sans-papiers malien pourrait donc être la
première victime du Taser en France, même si son fabricant
assure qu'elle n'a jamais tué. "Face à
l'agressivité et à la violence de cette personne (…), les
policiers ont été contraints d'utiliser le pistolet
à impulsion électrique", a estimé le ministre
français de l'Intérieur, Brice Hortefeux.
L'homme, armé d'un marteau, a "pété
les
plombs" au moment où des policiers voulaient contrôler son
identité après avoir été appelés
vers minuit pour une dispute à Colombes (près de Paris).
Il a tenté de frapper les fonctionnaires et a d'ailleurs
légèrement blessé quatre policiers, a
précisé Brice Hortefeux.
Les policiers ont fait usage du Taser après avoir
utilisé en vain du gaz lacrymogène et un bâton de
défense sur cet homme ayant une forte corpulence. Les deux
décharges - il y en aurait même eu trois selon un
témoin - n'ont pas semblé d'abord avoir eu d'effet sur
lui car il était même parvenu à retirer les fils
électriques projetés par le Taser après la
première décharge. Mais le trentenaire a fait un malaise
plus tard dans l'ascenseur au moment où il était
emmené au commissariat. Les pompiers et les services
médicaux d'urgence ont tenté en vain de le
réanimer.
Dispute avec le logeur
Installé en France depuis 2003, ce Malien ne
disposait
plus de titre de séjour valable et était sous le coup
d'un arrêté de reconduite à la frontière.
Les policiers sont intervenus alors qu'il se disputait avec la personne
qui le logeait et voulait récupérer son appartement.
"Seule l'autopsie de cet homme permettra de dire si notre pistolet est
responsable du décès", a estimé Antoine di Zazzo,
le directeur de Taser France, la société qui
commercialise ce pistolet. "A ce jour, dans le monde, le Taser n'a
jamais tué quelqu'un", a-t-il assuré.
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MUSSOLINI
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WoZ 2.12.10
"Viva Mussolini!"
Wie Mussolini zum "guten Onkel" wurde
Verstehen Sie eigentlich noch, was in Italien politisch
abläuft? Wer da grad an welcher Schraube dreht und weshalb die
Rechte trotz ihrer Skandale populär ist? Wenn nicht, dann lesen
Sie zwei Bücher.
Von Pit Wuhrer
In der norditalienischen Stadt Reggio Emilia steht am
Rande der
grossen Piazza della Vittoria ein kleines Denkmal. "Im Volkskampf gegen
die autoritäre Restauration sind am 7. Juli 1960 auf diesem Platz
fünf Antifaschisten gefallen", heisst es auf der in den
Betonsockel eingelassenen Kupfertafel. Es folgen die Namen, darunter
die von zwei ehemaligen Partisanen. Die fünf Männer waren von
der Polizei erschossen worden, als sie - wie damals im Sommer 1960
Hunderttausende - gegen die Regierung des rechten christdemokratischen
Ministerpräsidenten Fernando Tambroni protestierten. Diese hatte
dem neofaschistischen Movimento Sociale Italiano (MSI) gestattet, einen
Parteitag in Genua abzuhalten, damals eine an ti fa schis tische
Hochburg. In Nord- und Mittelita lien - teilweise sogar im
konservativen Süden - kam es zu Demonstrationen, Kundgebungen und
Streiks; der Parteitag wurde abgesagt.
Heute darf herumgepöbelt werden
Und heute? Heute können Abgeordnete von
MSI-Nachfolgeorganisationen im Parlament herumpöbeln. Heute darf
ein Kabinettsmitglied wie die Tourismusministerin Michela Vittoria
Brambilla an einer Carabinieriveranstaltung den rechten Arm zum
faschistischen "römischen Gruss" recken - und kaum jemand fordert
ihren Rücktritt. Heute haben zahlreiche Gemeinden Strassen,
Plätze und Parks nach dem MSI-Gründer Giorgio Almirante
benannt. Und Gianfranco Fini, Almirantes politischer Ziehsohn, der den
faschistischen Diktator Benito Mussolini einmal den "grössten
Staatsmann des 20. Jahrhunderts" genannt hatte, gilt als demokratischer
Hoffnungsträger, weil er sich von Silvio Berlusconi getrennt hat.
Was ist da falsch gelaufen? Warum hat sich in Italien im
Unterschied zu anderen europäischen Staaten, die nach dem Ende des
Kalten Kriegs ihre Geschichte aufzuarbeiten begannen, ein
Geschichtsrevisionismus entfalten können, der es auch
bürgerlichen Politikerinnen und Honoratioren erlaubt, die "guten
Seiten" des italienischen Faschismus hervorzuheben, der eine Million
Menschen das Leben gekostet hat? Wieso darf Italiens
Ministerpräsident Berlusconi behaupten, das "gutartige" Regime des
"Duce" habe niemanden ermordet, sondern bloss ein paar Antifaschisten
"in Urlaub" geschickt? Diese Fragen beantwortet der Luzerner Historiker
und Faschismusforscher Aram Mattioli in seinem neuen, überaus
informativen, mit vielen Quellen belegten Buch "Viva Mussolini!".
Mattioli schildert detailliert die "Aufwertung des
Faschismus im
Italien Berlusconis" (so der Untertitel). Er beschreibt, wie sich
unmittelbar nach dem Niedergang der Ersten Republik 1994 - die Skandale
von Tangentopoli hatten das alte Parteiensystem und insbesondere die
staatstragende Democrazia Cristiana zu Fall gebracht - das
Rechtsbündnis von Forza Italia, Lega Nord und der
MSI-Nachfolgepartei Alleanza Nazionale daran machte, den italienischen
Faschismus zu verharmlosen. Nüchtern und kenntnisreich zeigt er
auf, dass schon in den achtziger Jahren die SozialistInnen um Bettino
Craxi den damals noch vorhandenen antifaschistischen Grundkonsens
aufbrachen. Und dass auch die KommunistInnen Mitschuld daran hatten,
dass es in Italien nie zu einer Aufarbeitung der faschistischen
Geschichte kam.
Generalamnestie durch Togliatti
Denn es war der kommunistische Parteichef Palmiro
Togliatti
gewesen, der schon 1946 als damaliger Justizminister eine
Generalamnestie erliess. Togliatti habe schon in seinem Moskauer Exil
die Ansicht vertreten, so Mattioli, "dass es der Faschismus nicht
vermocht habe, in die Seelen der Italiener einzudringen und diese zu
korrumpieren, weil diese Diktatur im Widerspruch zu den tief
verwurzelten Traditionen der italienischen Zivilisation stehe".
Der Faschismus als Betriebsunfall? Es waren natürlich
nicht
nur Naivität, Anpassung und Einfallslosigkeit, die die Politik der
Kommunistischen Partei PCI nach dem Kriegsende prägten (sehr
schön beschrieben von der ehemaligen Partisanin und linken
Kommunistin Rossana Rossanda in ihrem Erinnerungsband "Die Tochter des
20. Jahrhunderts", Suhrkamp-Verlag, 2007). Auch taktische
Erwägungen spielten bei Togliattis Amnestie eine Rolle: Die nach
dem Krieg zutiefst gespaltene Bevölkerung sollte geeint werden.
Demontierte Mythen
Die Folgen waren verheerend. Denn plötzlich waren
alle
ItalienerInnen in der Resistenza gewesen, der Antifaschismus verkam zur
Monstranz, der PartisanInnenkampf - bei dem Zehntausende ihr Leben
verloren - wurde mythisch überhöht. Und konnte wie alle
Mythen demontiert werden. Rechte Publizist Innen fan den her aus, was
seriöse Historiker längst geschrieben hatten, die Linke aber
nie wahrhaben wollte: Auch die Resistenza hatte Kriegsverbrechen
begangen. Es waren zwar nur wenige Fälle im Vergleich zu
Mussolinis Massakern in Libyen, in Äthiopien, auf dem Balkan und
im Spanischen Bürgerkrieg. Aber Berlusconis Medienmaschinerie
griff jede Kritik an der Resistenza begierig auf, zermalmte die
Erinnerung an den wahren Charakter des Faschismus ("der gute Onkel
Mussolini") und beförderte mit der Gleichsetzung von Faschismus
und Antifaschismus die von der italienischen Bourgeoisie seit langem
vertretene Ansicht, dass Mussolinis Diktatur nur ein historisch
notwendiges Modernisierungsregime gewesen sei.
Dass sie das nie war, dass die "Geschichte Italiens im 20.
Jahrhundert" vor allem als eine Geschichte von Klassenkämpfen und
politischen Auseinandersetzungen gelesen werden muss, zeigt das neue
Buch des enorm faktenkundigen Historikers Hans Woller, dessen
Recherchen auch Mattioli zitiert. In der wohl besten deutschsprachigen
Zusammenfassung der italienischen Geschehnisse während der letzten
hundert Jahre beschreibt Woller die Ursachen für die
vielfältige Zerrissenheit des Landes. Seit der Staatsgründung
1861 ist Italien geteilt - in Nord und Süd, in Arm und Reich, in
links und rechts. Woller (fürwahr kein Linker) erläutert,
wieso es zur bemerkenswerten Distanz zwischen Bevölkerung und
Staat kam (die Haltung des Vatikans spielte eine erhebliche Rolle),
weshalb die Industrialisierung in Italien so spät erfolgte, was
deren Scheitern mit Berlusconis Aufstieg zu tun hatte - und dass die
Politik der PCI nicht etwa von Moskau, sondern in Washington bestimmt
wurde: Während der Blockkonfrontation des Kalten Kriegs drohten
die USA wiederholt mit einer militärischen Intervention, sollten
die BürgerInnen des Frontstaats Italien eine linke Regierung
wählen.
Wer Zeit hat, sollte beide Bücher lesen. Und hat nach
der
Lektüre viel begriffen.
Aram Mattioli: "Viva Mussolini! Die Aufwertung des
Faschismus im
Italien Berlusconis". NZZ Libro. Zürich 2010. 202 Seiten. 38
Franken.
Hans Woller: "Geschichte Italiens im 20. Jahrhundert". C.
H.
Beck. München 2010. 480 Seiten. Fr. 56.90.
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ANTI-ATOM
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Bund 3.12.10
Der Ständerat setzt auf Atomkraft
Der Ständerat hat in der Debatte über neue AKW
ein
erstes Zeichen gesetzt: Er hat eine Basler Standesinitiative abgelehnt,
die den Verzicht auf neue AKW fordert.
Die Initiative des Kantons Basel-Stadt erlitt in der
kleinen
Kammer mit 24 zu 11 Stimmen deutlich Schiffbruch. Kritik an dem Basler
Anliegen kam vor allem aus den Reihen von FDP, CVP und SVP: Die Basler
wollten mitten im Spiel die Regeln ändern, lautete der
bürgerliche Tenor. Die Verfassung schreibe eine ausreichende und
breit gefächerte Energieversorgung vor. Keine Energiequelle werde
ausgeschlossen. Der Bundesrat habe die Umsetzung der
Verfassungsbestimmung in seiner 4-Säulen-Strategie festgelegt:
Neben einer Verbesserung der Energieeffizienz und eines Ausbaus der
erneuerbaren Energien setzt der Bundesrat auch auf Grosskraftwerke
sowie Stromimport.
Das Entscheidverfahren für den Bau neuer
Atomkraftwerke sei
im Kernenergiegesetz geregelt, sagte Rolf Büttiker (FDP), der den
AKW-Standortkanton Solothurn im Ständerat vertritt. Der Entscheid
werde dabei dem Souverän überlassen. Entscheiden könne
das Stimmvolk voraussichtlich 2013. Die Standesinitiative wolle diesen
Entscheid vorwegnehmen, kritisierte Büttiker.
Zu teure erneuerbare Energien
Der Weg, den Basel vorschlägt, um den Wegfall der
Atomenergie zu kompensieren, erachtet Rolf Schweiger (FDP, ZG) als zu
teuer. Eine reiche Region wie Basel könne es sich leisten, voll
auf erneuerbare Energien zu setzen, sagte er. Für die Restschweiz
sei dies zu teuer.
In der Standesinitiative fordert das Parlament des Kantons
Basel-Stadt Massnahmen zugunsten der erneuerbaren Energien sowie zur
Steigerung der Energieeffizienz. Die Einspeisevergütung sowie die
Bestimmungen zur Energieeffizienz sollen auf ihre Wirkung geprüft
werden. Auf Basis dieser Erkenntnisse sollen die entsprechenden Gesetze
angepasst und zusätzliche marktwirtschaftliche Instrumente
für mehr Energieeffizienz eingeführt werden.
Falls es dennoch zu einer Stromlücke kommen sollte,
müsse die Schweiz sauberen Strom auf dem europäischen Markt
einkaufen, fordert Basel-Stadt.
Linke kritisiert fehlenden Willen
Ständerätinnen und Ständeräte der SP,
der
Grünen und der Grünliberalen forderten den Rat vergeblich
dazu auf, der Standesinitiative Folge zu geben.
Es sei eine Frage des politischen Willens, den Verzicht
auf neue
AKW zu ermöglichen. Basel-Stadt zeige, dass eine neue
Energiepolitik nicht nur möglich und wirksam, sondern auch
wirtschaftlich sei. Nicht wegen des hohen Pro-Kopf-Einkommens sei Basel
bei den erneuerbaren Energien Vorreiter, sondern wegen des klaren
Bekenntnisses gegen die Atomkraft, sagte die Vertreterin des Kantons
Basel-Stadt, Anita Fetz (SP). Der Genfer Ständerat Robert Cramer
(Grüne) wies vergeblich auf die Gefahren der Nukleartechnologie
und das ungelöste Atommüllproblem hin. Die bürgerlichen
Ständeräte hielten diesen Argumenten entgegen, dass bisherige
Unfälle auf Nichteinhaltung der Sicherheitsvorschriften
zurückzuführen seien.
Nach dem Ständerat muss sich nun der Nationalrat zur
Basler
Standesinitiative äussern.
Zurzeit sind in der Schweiz Rahmenbewilligungsgesuche
für
drei neue Atomkraftwerke hängig. Das Eidgenössische
Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) erachtet die vorgeschlagenen
Standorte in Beznau AG, Gösgen SO und Mühleberg BE als
geeignet.
Der Bundesrat wird voraussichtlich Mitte 2012 über
die drei
Gesuche entscheiden. Danach ist die Reihe am Parlament und später
am Souverän.(sda)
--
Zürcher Regierung zur Atomfrage
Für AKW, gegen Endlager
Die Zürcher Kantonsregierung wagt den atompolitischen
Spagat: In ihrem neuesten Energieplanungsbericht hält sie an ihrem
Bekenntnis zur Kernkraft fest. Gleichzeitig lehnt sie ein Endlager auf
Kantonsgebiet aber weiterhin ab.
Der Regierungsrat unterstützt in seinem gestern
präsentierten Bericht die Pläne der Axpo für den Bau
eines neuen AKW als Ersatz für Beznau I und II. An der Axpo ist
der Kanton zusammen mit den Elektrizitätswerken des Kantons
Zürich mit rund 37 Prozent beteiligt.
Auch was die Suche nach einem Endlager von hoch
radioaktiven
Abfällen anbetrifft, hat sich der Regierungsrat gestern
geäussert - zwei von drei möglichen Standorten liegen im
Kanton Zürich. Die Suche nach einem Endlagerstandort werde vom
Kanton Zürich "kritisch begleitet", sagte der federführende
Baudirektor Markus Kägi (SVP). Auf Nachfrage präzisierte er,
die Grundhaltung der Kantonsregierung habe sich nicht geändert:
"Wir sind gegen einen Tiefenlagerstandort auf Kantonsgebiet."
Für den Bericht erntete die Kantonsregierung Kritik
von
links bis rechts: Bürgerliche kritisierten die Haltung der
Exekutive in der Endlagerfrage: "Wer auf Atomstrom setzt, muss auch mit
einem Tiefenlager im Kanton leben können", sagte etwa Thomas
Vogel, der FDP-Fraktionschef im Zürcher Kantonsrat.
Aufgeschreckt hat die Regierung mit ihrer AKW-freundlichen
Haltung aber vor allem die links-grünen Atomgegner: Aus ihren
Kreisen erklingt nun der Ruf nach einer Volksabstimmung. Das Ziel:
Ausstieg des Kantons Zürich aus der Atomenergie. Die kantonale SP
erwägt die Lancierung einer entsprechenden Initiative, an der auch
die Grünen Interesse signalisieren. Vorerst wollen die Atomgegner
im bürgerlichen Kanton Zürich aber einen wichtigen
Stimmungstest abwarten, nämlich die Mühleberg-Abstimmung vom
Februar im Kanton Bern.(sth/rd/sda)
---
BZ 3.12.10
Ständerat setzt ein Zeichen für AKW
EnergiepolitikDer Ständerat hat gestern nach
eingehender
Debatte eine Standesinitiative abgelehnt, die einen AKW-Verzicht
forderte.
Der Ständerat hat in der Debatte über neue
Atomkraftwerke ein erstes Zeichen gesetzt. Er hat am Donnerstag mit 24
zu 11 Stimmen eine Standesinitiative des Kantons Basel-Stadt abgelehnt,
die den Verzicht auf neue AKW fordert. Die Vertreter aus den Reihen der
FDP, der SVP und der CVP kritisierten, dass die Basler mitten im Spiel
die Regeln ändern wollten. Die Verfassung schreibe eine
ausreichende und breit gefächerte Energieversorgung vor. Keine
Energiequelle werde ausgeschlossen.
Der Bundesrat habe die Umsetzung der Verfassungsbestimmung
in
seiner Viersäulenstrategie festgelegt: Neben einer Verbesserung
der Energieeffizienz und eines Ausbaus der erneuerbaren Energien setzt
der Bundesrat auch auf Grosskraftwerke sowie Stromimport.
Das Entscheidverfahren für den Bau neuer
Atomkraftwerke sei
im Kernenergiegesetz geregelt, sagte Rolf Büttiker (FDP), der den
AKW-Standortkanton Solothurn im Ständerat vertritt. Der Entscheid
werde dabei dem Souverän überlassen. Entscheiden könne
das Stimmvolk voraussichtlich 2013. Die Standesinitiative wolle diesen
Entscheid vorwegnehmen, kritisierte Büttiker.
Der Weg, den Basel vorschlägt, um den Wegfall der
Atomenergie zu kompensieren, erachtet Rolf Schweiger (FDP, ZG) als zu
teuer. Eine reiche Region wie Basel könne es sich leisten, voll
auf erneuerbare Energien zu setzen, sagte er. Für die Restschweiz
sei dies zu teuer.
In der Standesinitiative fordert das Parlament des Kantons
Basel-Stadt Massnahmen zugunsten der erneuerbaren Energien sowie zur
Steigerung der Energieeffizienz. Falls es dennoch zu einer
Stromlücke kommen sollte, müsse die Schweiz sauberen Strom
auf dem europäischen Markt einkaufen, fordert Basel-Stadt.
Ständerätinnen und Ständeräte der SP,
der
Grünen und der Grünliberalen forderten den Rat vergeblich
dazu auf, der Standesinitiative Folge zu geben. Es sei eine Frage des
politischen Willens, den Verzicht auf neue AKW zu ermöglichen.
sda
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20 Minuten 3.12.10
Ständerat hält an AKWs fest
BERN. Die Ständeräte verzichten nicht auf eine
mögliche Energiequelle. Mit klarem Mehr haben sie eine Basler
Initiative verworfen, die neue AKW verbieten wollte. Die Vertreter aus
den Reihen der FDP, der SVP und der CVP kritisierten, dass die Basler
mitten im Spiel die Regeln ändern wollten. Die Verfassung schreibe
eine ausreichende und breit gefächerte Energieversorgung vor.
Keine Energiequelle werde ausgeschlossen.
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Tagesanzeiger 3.12.10
Zürcher Regierung unterstützt den Bau von zwei neuen
AKW
Der Zürcher Regierungsrat unterstützt die
Pläne
des Stromkonzerns Axpo, in der Schweiz zwei neue Atomkraftwerke zu
bauen. Die Regierung spricht im gestern vorgestellten
"Energieplanungsbericht 2010" von einer "klimafreundlichen
Technologie". Der federführende Baudirektor Markus Kägi
warnte vor Engpässen in der Stromversorgung ohne neue AKW. Der
SVP-Regierungsrat, der zusammen mit seinem Rats- und Parteikollegen im
Axpo-Verwaltungsrat die Interessen des Kantons wahrnimmt, schliesst
auch Blackouts nicht aus.
Atomgegner kritisierten den Entscheid des Regierungsrats.
Dieser
betreibe eine "rückwärtsgewandte Politik", man müsse
vielmehr in erneuerbare Energien investieren. Die SP überlegt sich
laut Kantonsrätin Sabine Ziegler, den Atomausstieg des Kantons mit
einer Initiative zu fordern.(TA) - Seite 15
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Die Regierung warnt vor einem Strom-Blackout
Der Regierungsrat unterstützt den Bau von zwei neuen
Atomkraftwerken. Nun erwägen Grüne und SP, eine
Volksinitiative zu lancieren. Ziel: der Ausstieg des Kantons
Zürich aus der Atomenergie.
Von Stefan Häne
Zürich - Die Stadt Zürich hat den Ausstieg aus
der
Atomenergie vor zwei Jahren per 2044 beschlossen - 76 Prozent der
Stimmberechtigten sagten Ja dazu. Am letzten Wochenende sind weitere
Städte dazugestossen: St. Gallen (bis 2050) und Bern (bis 2039).
Basel hat den Ausstieg bereits umgesetzt.
Diesen Weg soll der Kanton Zürich nicht beschreiten.
So will
es zumindest die Zürcher Regierung. Sie unterstützt die
Absicht des Stromkonzerns Axpo, die Atomkraftwerke Beznau I und II
durch einen neuen Meiler zu ersetzen. An der Axpo ist der Kanton
zusammen mit den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich mit
rund 37 Prozent beteiligt.
Auch den Bau eines zweiten neuen AKW in der Schweiz
befürwortet die Regierung. Sie spricht von einer
"klimafreundlichen Technologie", mit der sich die "absehbare
Selbstversorgungslücke" beim Strom überbrücken lasse.
Dieses Bekenntnis zur "Kernenergie" hat die Regierung nun
ausdrücklich mit einem neuen Beschluss bekräftigt. Das
geschieht vor dem Hintergrund, dass der Kanton Zürich Anfang 2011
Stellung nimmt zum Rahmenbewilligungsgesuch der Axpo für ein neues
AKW.
"Axpo-geimpfte Regierung"
Der federführende Baudirektor Markus Kägi (SVP)
lobte
gestern bei der Präsentation des "Energieplanungsberichts 2010",
der Kanton habe die Energieeffizienz weiter gesteigert und die
erneuerbaren Energien gefördert. 1990 lag der C02-Ausstoss der
Zürcher Bevölkerung bei rund 6 Tonnen pro Kopf, aktuell sind
es 5,5 Tonnen. Kägi zeigte sich zuversichtlich, das anvisierte
Ziel von 2,2 Tonnen bis 2050 zu erreichen.
Diese Fortschritte reichen laut Kägi aber nicht aus:
"Wir
haben keine Hoffnung, dass wir vom Ausland kostengünstig und
zuverlässig Strom beziehen können." Eindringlich warnte
Kägi: Der Axpo stehe, speziell im Winterhalbjahr, zu wenig Energie
zur Verfügung, sobald die langfristigen Lieferverträge mit
Frankreich ab 2016 auszulaufen begännen und ab 2020 Kernkraftwerke
in der Schweiz altershalber abgeschaltet werden müssten. Auf
Nachfrage des TA präzisierte Kägi, es werde zu Engpässen
bei der Stromversorgung kommen, Blackouts seien nicht mehr
auszuschliessen.
Während Politiker aus SVP und FDP gestern
applaudierten,
reagierten rot-grüne Kreise scharf auf die Strategie der
Regierung. Ihrer Ansicht nach sind Milliardeninvestitionen in
erneuerbare Energien nachhaltiger als der Bau neuer Atomkraftwerke.
Bernhard Piller von der Schweizerischen Energie-Stiftung sprach denn
auch von einer "rückwärtsgewandten Politik". Kantonsrat
Robert Brunner (Grüne, Steinmaur) forderte gar eine "neue
Regierung". Deren Vertreter im Axpo-Verwaltungsrat, Kägi und
Volkswirtschaftsdirektor Ernst Stocker (SVP), seien "Axpo-geimpft". Die
SP ortete einen Etikettenschwindel: Ein neues AKW sei kein Ersatzbau,
wie von der Regierung behauptet, sondern ein Neubau, dessen
Amortisation 50 bis 70 Jahre dauere und wirtschaftlich "alles andere
als sinnvoll" sei. Auch sei die Frage der Endlagerung nicht ansatzweise
gelöst.
Die GLP bemängelte, kein Kernkraftwerk in der Schweiz
verfüge über eine ausreichende Haftpflichtversicherung zur
Deckung der Betriebsrisiken. Damit werde das Risiko an den Staat
delegiert, die Kosten würden von der Allgemeinheit getragen - und
nicht von den Konsumenten. "Dies führt zu einer Verzerrung des
Wettbewerbs und verunmöglicht eine sachliche Diskussion", sagte
Fraktionschef Thomas Maier.
Die CVP sieht in der Atomenergie bloss eine
Notlösung. Dass
die Regierung gleich zwei AKW bestelle, sei verfrüht, sagt
Fraktionschef Philipp Kutter. Erstaunt zeigt sich die CVP, dass die
Regierung Atomenergie als klimafreundlich bezeichnet: "Sicher, sie ist
CO2-neutral, dafür aber radioaktiv." Diesen Sicherheitsbedenken
will die Regierung Rechnung tragen. Sie beauftragt Kägi und
Stocker, sich im Axpo-Verwaltungsrat für "modernste
Kernenergietechnik mit Sicherheit als höchster Priorität"
einzusetzen. Kägi kündigte an, er werde ins russische Majak
reisen. Umweltschutzkreise hatten kritisiert, die Axpo verwende von
dort Brennelemente mit teilweise schmutzigem Uran. Der Regierungsrat,
so Kägi, verlange von der Axpo in dieser Frage Klarheit.
Testlauf in Bern abwarten
Die Regierung hat mit ihrem Kurs die Atomgegner
aufgeschreckt.
Aus ihren Kreisen erklingt nun der Ruf nach einer Volksabstimmung. Das
Ziel: Ausstieg des Kantons Zürich aus der Atomenergie.
SP-Kantonsrätin Sabine Ziegler (Zürich) bestätigt, dass
ihre Partei diese Option erwägt. Interesse signalisieren auch die
Grünen. Ziegler verschweigt das "Absturzrisiko" einer solchen
Initiative im bürgerlichen Kanton Zürich nicht. Die
Atomgegner warten deshalb einen wichtigen Stimmungstest ab: Im Februar
äussert sich der Souverän im Kanton Bern in einer
konsultativen Abstimmung zum Bau eines neuen AKW in Mühleberg.
--
Entsorgung
Der Regierungsrat ist für AKW, aber gegen ein
Atomendlager
Markus Kägi erntet Kritik von links und rechts
für
seinen "Spagat" in atompolitischen Fragen.
Von René Donzé
Zürich - Zwei von drei möglichen Standorten
für
ein Endlager für hochradioaktive Abfälle liegen im Kanton
Zürich: "Nördlich Lägern" im Unterland und "Zürich
Nordost" im Weinland. Vor zwei Jahren, als die Nagra diese beiden
Regionen festlegte, reagierte der Regierungsrat mit einer deutlichen
Stellungnahme gegen ein Endlager im Kanton Zürich. "Aufgrund der
heute bekannten Fakten ist der Regierungsrat dagegen, weil der Kanton
Zürich bereits heute zahlreiche Sonder- und Zentrumslasten zu
tragen hat", sagte Markus Kägi in einem TA-Interview. Er werde
"das Möglichste unternehmen", um ein solches Lager zu verhindern.
Sollte sich der Bundesrat für Zürich entscheiden,
"müssten wir wieder eine Lagebeurteilung machen. Zum heutigen
Zeitpunkt, mit den heutigen Kenntnissen lehnt das der Regierungsrat
ab", so Kägi.
Gestern, bei der Präsentation des
Energieplanungsberichts,
war Kägi zuerst etwas weniger deutlich und meinte vage, die
Zürcher Regierung sei bezüglich der Endlagerfrage
"ergebnisoffen" und erwarte die gleiche Haltung auch von den weiteren
potenziellen Standortkantonen. Erst auf Nachfrage präzisierte er,
ergebnisoffen sei er bloss gegenüber dem Auswahlverfahren: "Der
Regierungsrat akzeptiert das Sachplanverfahren, in das er sich
weiterhin aktiv und kritisch einbringen wird." Die Grundhaltung sei
indes dieselbe geblieben: "Wir sind gegen einen Tiefenlager-Standort
auf Kantonsgebiet."
Für Kägi ist es kein Interessenkonflikt, wenn
sich die
Regierung gegen ein Endlager ausspricht und gleichzeitig den Bau neuer
AKW befürwortet. Anders sieht das Käthi Furrer,
Co-Präsidentin von KlarSchweiz: "Markus Kägi macht sich mit
diesem Spagat unglaubwürdig." Die Regierung müsse sich vom
Atomstrom abwenden und auf erneuerbare Energien setzen.
Auch FDP-Fraktionschef Thomas Vogel ortet in Kägis
Haltung
einen Widerspruch. Aus seiner Sicht allerdings sollte die Regierung die
Opposition gegen das Endlager aufgeben: "Wer auf Atomstrom setzt, muss
auch mit einem Tiefenlager im Kanton leben können." SVP-Kantonsrat
Claudio Zanetti hätte jedenfalls keine Mühe, wenn
radioaktiver Müll künftig im Zürcher Boden lagern
würde. "Ich würde das Lager sogar in meinem Garten
akzeptieren."
---
NZZ 3.12.10
Zürcher Regierung für neues Kernkraftwerk
Ersatz der KKW Beznau möglich
rsr. · Der Zürcher Baudirektor Markus
Kägi hat
am Donnerstag den Energieplanungsbericht 2010 vorgestellt. Darin wird
gezeigt, wie der CO 2 -Ausstoss seit 1990 zurückgegangen ist.
Zudem wird das Ziel einer Reduktion auf 2,2 Tonnen CO 2 pro Kopf und
Jahr bis 2050 bekräftigt. Die Regierung glaubt dagegen kaum an
einen Rückgang des Stromverbrauchs. Als Massnahme gegen die
befürchtete Versorgungslücke ab 2020 unterstützt sie den
Bau eines neuen Kernkraftwerks. Dieses soll die heutigen KKW Beznau I
und II ersetzen.
Zürich und Region, Seite 17
--
"Verzicht ist nicht nötig"
Markus Kägi erklärt, wie sich der Kanton die
energiepolitische Zukunft vorstellt
Adrian Krebs (ark)
Die Zürcher Regierung will die CO 2 -Belastung senken
und
fossile Brennstoffe durch Kernkraft aus einem neuen Werk ersetzen.
Baudirektor Markus Kägi erläutert den Energieplanungsbericht.
Herr Kägi, die kantonale Energiepolitik ist ein
Nullsummenspiel. Die Einsparungen werden durch
Bevölkerungswachstum und gesteigerte Mobilität wieder
zunichtegemacht. Sind Sie ernüchtert?
Davon kann keine Rede sein. Wir haben einen Rückgang
beim CO
2 -Ausstoss, beim Energieverbrauch pro Kopf und eine Stabilisierung
beim Treibstoffverbrauch. Ausserdem ist der Wärmebedarf pro Kopf
deutlich gesunken, obwohl die Wohnfläche pro Kopf und Jahr einen
halben Quadratmeter zunimmt. Das ist ein Erfolg, denn genau in diesen
Bereichen setzen wir an.
Der Regierungsrat fokussiert einseitig auf CO 2 -Reduktion
und
Substitution, dadurch steigt der Stromverbrauch. Ist das nicht
inkonsequent?
Nein, das ist genau unsere Stossrichtung. Nicht die
Energieleistung, sondern die Umweltbelastung durch die Energienutzung
muss minimiert werden, sprich der CO 2 -Ausstoss. Das erreichen wir mit
der Verlagerung weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren
Energien und Kernkraft. Verzicht ist dazu nicht nötig und
wäre nur mit massiven staatlichen Interventionen möglich, mit
schwerwiegenden Folgen für die Wirtschaft.
Die Stadt Zürich ist konsequenter. Bis 2050 will die
Mehrheit des Souveräns die 2000-Watt-Gesellschaft. Warum kann der
Kanton nichts solches bieten?
Ich bin überzeugt, dass die Bevölkerung das
nicht mehr
möchte, wenn sie wüsste, wie viel Verzicht die
2000-Watt-Gesellschaft verlangt. Staatlich verordneter Verzicht ist
politisch nicht umsetzbar.
Sie ersetzen stattdessen einen umweltbelastenden
Energieträger mit einem stark risikobehafteten. Ist das sinnvoll?
Hinsichtlich Kernenergie gelten hierzulande höchste
Sicherheitsstandards. Und die neuen KKW werden noch sicherer als die
bestehenden. Tatsächlich risikobehaftet sind fossile Brennstoffe;
politisch wie auch ökologisch.
Vor drei Jahren haben Sie in einem Interview gesagt, der
Kanton
Zürich eigne sich nicht als KKW-Standort. Ist das nun auch die
Meinung der Regierung?
Im Moment steht ein Kernkraftwerk im Kanton Zürich
gar nicht
zur Debatte. Es spricht alles dafür, die Ersatz-Kraftwerke an den
bestehenden Standorten zu bauen.
Und der Kanton Zürich übernimmt im Gegenzug den
Standort für ein Atomabfall-Endlager?
Nein, das sehen wir überhaupt nicht so. Die Regierung
sagt
Nein zum Tiefenlager, der Kanton Zürich trägt schon heute
sehr viele Zentrumslasten, man denke nur an den Flughafen und seine
Emissionen. Aber sollte sich ein Zürcher Standort als der
sicherste erweisen, dann werden wir uns dem Entscheidungsprozess
stellen. Letztlich wird das eidgenössische Stimmvolk entscheiden.
Im Kapitel erneuerbare Energien kapituliert der
Regierungsrat auf
Vorrat, es fehlten die Ressourcen dazu, heisst es im Bericht. Ist das
nicht ein bisschen mager?
Wir glauben durchaus an das riesige Potenzial erneuerbarer
Energien. Doch wir sind realistisch: Es dauert noch mindestens 50
Jahre, bis wir unseren Bedarf ganz mit heimischen, erneuerbaren
Energien decken können. Neue Stromquellen brauchen wir aber schon
in 10 Jahren, wenn die Kernkraftwerke der ersten Generation am Ende der
Laufzeit angelangt sind.
Bei der Mobilität wollen Sie niemandem weh tun. Die
Strassenverkehrsabgaben sind seit langem unverändert, und das
Road-Pricing bleibt tabu. Wie wollen Sie die Leute zum Umsteigen
bewegen?
Wir glauben an die Innovationskraft der Industrie.
Personenwagen
mit neuen, umweltfreundlichen Antriebstechnologien sind nur eine Frage
der Zeit. Road-Pricing ist eine neue Steuer und erinnert an die
Brückenzölle. Wer gut verdient, kann es sich erlauben, in die
Stadt zu fahren, und Mutter Meier mit ihren drei Kindern muss in der
überfüllten S-Bahn stehen. Die Zukunft liegt in einem
flächendeckenden Mobility-Pricing, einer Kilometer-abhängigen
Verkehrsabgabe, die helfen soll, die Finanzierung der
Strasseninfrastruktur zu sichern.
Der Bericht zeigt, dass Leute, die auf dem Land leben,
wesentlich
mehr Energie brauchen als Städter. Bietet das Anlass zu
raumplanerischen Überlegungen?
Wir sehen uns in unserem Credo bestätigt:
Siedlungsentwicklung primär durch innere Verdichtung und entlang
der öffentlichen Verkehrswege.
Interview: ark./rsr.
--
Auf dem Weg in das Jahr 2050
rsr. · Der Energieplanungsbericht 2010 des Kantons
Zürich zeigt, wie sich der Energieverbrauch über die Jahre
entwickelt hat, und wirft einen Blick weit in die Zukunft. So hat
Baudirektor Markus Kägi am Donnerstag bekräftigt, bis im Jahr
2050 den CO 2 -Ausstoss von heute über 5 Tonnen pro Kopf und Jahr
auf 2,2 Tonnen senken zu wollen. Die Umsetzung der dazu notwendigen
Massnahmen sei "auf Kurs", habe doch der CO 2 -Ausstoss seit 1990 wie
gesetzlich verlangt gesenkt werden können; damals betrug er
jährlich knapp 6 Tonnen pro Person.
Der Bericht stellt weitere Tendenzen dar, wie etwa den
wegen
ihres Pendlerdaseins klar höheren Energieverbrauch von Personen
vom Land. Zu beunruhigen vermag vor allem der Ausblick auf die
künftige Stromversorgung. Hier wird ab 2020 mit der Abschaltung
alter Kernkraftwerke und dem Auslaufen von Lieferverträgen ein
gravierender Versorgungsengpass vorausgesagt. Als eine der
möglichen Gegenmassnahmen unterstützt die Regierung den Bau
des Ersatzkernkraftwerks für Beznau I und II.
Diese Absicht stösst bei SP und Grünen auf
Widerstand,
für die CVP handelt es sich um "eine Notlösung". Ein
wichtiger Punkt ist dabei die Frage nach dem Standort eines
künftigen Endlagers für radioaktive Abfälle. Die
Regierung ist laut Kägi zwar gegen ein Tiefenlager im Kanton,
zeige sich aber gegenüber den Evaluationsresultaten
"ergebnisoffen".
--
Analysen zu AKW-Strahlenrisiken
dsc. · Der Schweizer Ableger der AKW-kritischen
Organisation Ärztinnen und Ärzte für soziale
Verantwortung und zur Verhütung eines Atomkrieges fordert vom Bund
eine Stellungnahme sowie Untersuchungen zu den Auswirkungen des
Betriebs von Kernkraftwerken auf ungeborene Kinder. Kürzlich hat
eine Studie aus Deutschland für Schlagzeilen gesorgt, wonach im
Umkreis von AKW das Verhältnis von Knaben- zu Mädchengeburten
ungewöhnlich sei. Jene Analyse argumentiert dabei mit Schäden
aus der Wirkung radioaktiver Strahlung. Bereits haben sich andere
Wissenschafter kritisch zu den Thesen geäussert. Aus
ähnlichen Debatten lässt sich jedenfalls schliessen, dass
weitere umfangreiche Studien nötig wären, um eine solche
klare Kausalverknüpfung zu belegen.
---
Limmattaler Tagblatt 3.12.10
Kantonsregierung setzt auf Kernenergie
Energieplanungsbericht Die Zürcher Regierung ist
für
einen Ersatz der Kernkraftwerke Beznau
Thomas Schraner
Wenn ab 2020 Kernkraftwerke altershalber vom Netz gehen,
entsteht
eine Stromlücke. Diese Ansicht vertritt auch die Zürcher
Regierung. Sie unterstützt den Stromkonzern Axpo im Bestreben, die
Kernkraftwerke BeznauI und II zu ersetzen.
Baudirektor Markus Kägi hat gestern den
Energieplanungsbericht zum Anlass genommen, die Haltung der
Zürcher Regierung zur Kernkraftfrage zu erklären. Der Bericht
erscheint alle vier Jahre. Und schon im Zusammenhang mit der letzten
Publikation war die Haltung der Regierung publik geworden. So blieb der
grosse Überraschungseffekt gestern aus. Trotzdem: Kägi
leitete die Argumentation der Regierung - formuliert in einem
Regierungsbeschluss - erstmals ausführlich her.
Lavieren beim Endlager
Wenn die langfristigen Strom-Lieferverträge mit
Frankreich
ab 2016 auslaufen und ab 2020 Kernkraftwerke in der Schweiz
altershalber vom Netz gehen, drohe eine Stromlücke, sagte
Kägi. Vor allem im Winterhalbjahr stehe dem Stromkonzern Axpo zu
wenig Energie zur Verfügung. "Die Bemühungen bezüglich
Energieeffizienz und erneuerbarer Energie reichen innert
nützlicher Frist nicht aus, um diese Unterdeckung abzuwenden",
sagte er weiter und hielt fest, dass er keine Hoffnung habe, vom
Ausland kostengünstig und zuverlässig Strom beziehen zu
können. Die Regierung unterstütze deshalb die Absicht der
Axpo, Ersatz für die Kernkraftwerke BeznauI und II zu schaffen.
Der Kanton Zürich ist mit 36,7Prozent an der Axpo beteiligt
(inklusive Anteil der Elektrizitätswerke des Kantons) und ordnet
zwei Regierungsmitglieder in den Verwaltungsrat ab: Markus Kägi
und Ernst Stocker (beide SVP). Die Regierung habe ihre beiden Vertreter
beauftragt, sich im Verwaltungsrat dafür einzusetzen, dass vor
allem bei der Sicherheit nur modernste Technik zum Zuge komme, sagte
Kägi. Das gelte auch für die Brennelemente. "Es muss
ausgeschlossen werden, dass wir unseren Bedarf aus
umweltschädigenden Quellen decken." (Siehe Kasten unten.) Wie
verträgt sich die kernenergiefreundliche Haltung der Regierung mit
ihrem 2008 ausgesprochenen Nein zu einem Atomendlager auf dem
Territorium des Kantons Zürich (Benken und nördliche
Lägern)? "Wir brauchen ein Tiefenlager in der Schweiz", hielt
Kägi fest und begründete nochmals das Nein der Regierung zum
Endlager: Der Kanton trage schon genug andere Lasten. Aber, so hielt er
fest, Zürich beteilige sich am Auswahlverfahren und sei
"ergebnisoffen". Ist die Regierung also mit einem Endlager
einverstanden, sollte sich herausstellen, dass sich "sein" Gebiet doch
am besten eignet? Konkret wollte Kägi nicht werden und wiederholte
nur, die Regierung sei "ergebnisoffen".
Zu den zentralen Festlegungen des Energieberichts
gehört
neben dem Bekenntnis zur Kernenergie auch eine Zielgrösse für
den CO-Ausstoss: Bis 2050 soll dieser von heute 5,5 auf 2,5Tonnen pro
Jahr und Person sinken. Hansruedi Kunz, Leiter der Abteilung Energie
bei der Baudirektion, bezeichnete dieses Ziel gestern am Rande der
Medienorientierung als "äussert ambitioniert", aber bei guten
Bedingungen erreichbar. Illusionär ist aber seiner Meinung nach
die Senkung auf eine Tonne bis 2050, wie es die Stadt Zürich mit
ihrem Bekenntnis zur 2000-Watt-Gesellschaft beschlossen hat. National
und international stünden für dieses Ziel die Jahre 2100 bis
2150 zur Debatte. Anders als vor vier Jahren hat der Kanton im neuen
Energieplanungsbericht die Richtgrösse eine Tonne gar nicht mehr
erwähnt. Warum? "Wir hatten keine Hintergedanken", sagt Kunz. Die
Vorgabe liege einfach ausserhalb des Planungshorizontes.
Die Zielgrösse von 2,2Tonnen, die auch im kantonalen
Energiegesetz steht, hält die Regierung für erreichbar - mit
einem Mix aus freiwilligen und gesetzlichen Vorgaben. Zu letzteren
gehört die Vorschrift, dass bei Neubauten höchstens 80Prozent
des Wärmebedarfs mit nicht erneuerbaren Energien gedeckt werden
dürfen. Neue Bauten würden heute mit Wärmepumpen oder
mit Gasheizungen ausgerüstet, führte Kunz aus. Seinen Angaben
zufolge liegt im bestehenden Gebäudepark der Anteil der Bauten mit
Ölheizung bei 50Prozent. Vor zehn Jahren waren es noch 73Prozent,
vor 20 sogar 88Prozent.
Hausaufgabe für Autofahrer
Um das 2,2-Tonnen-Ziel zu erreichen, muss laut Kunz der
CO-Ausstoss der neuen Autos von heute 170Gramm pro Kilometer bis 2040
auf 60Gramm sinken. Nötig seien effizientere Fahrzeuge, aber auch
alternative Treibstoffe und Antriebssysteme. "Die Zürcher
Autofahrer haben noch eine Hausaufgabe zu erledigen", sagte Kunz. Denn
der CO-Ausstoss pro Auto liegt drei Prozent über dem Schweizer
Durchschnitt. Neue Anreize zum umweltverträglichen Autofahren
setzt die Motorfahrzeugsteuer, die der Kantonsrat in der Pipeline hat.
---
Landbote 3.12.10
Regierung bestellt Atomkraftwerke
Zürich - Die Zürcher Regierung unterstützt
die
Pläne des Stromkonzerns Axpo, ihre beiden Atomkraftwerke Beznau I
und II zu ersetzen. Gestern erläuterte Baudirektor Markus
Kägi (SVP) bei der Präsentation des neuen Energieberichtes
den entsprechenden Regierungsbeschluss vom April. Wie die Axpo, an der
der Kanton mit 36,6 Prozent beteiligt ist, diagnostiziert die Regierung
ab 2020 eine Stromlücke, wenn bestehende Schweizer Kernkraftwerke
altershalber abgestellt werden müssen und wenn die
Lieferverträge mit Frankreich auslaufen. Deshalb brauche es zwei
Ersatzwerke. Allerdings sollen die Vertreter der Regierung im
Axpo-Verwaltungsrat dafür sorgen, dass nur die neueste
Sicherheitstechnik verwendet wird.
SP, Grüne, GLP und auch die CVP kritisieren die
Regierung.
Atomenergie sei eine veraltete und gefährliche Technologie. Selbst
die CVP teilt den Pessimismus der Regierung nicht, wonach ohne
Ersatzkernkraftwerke eine Stromlücke entsteht. Die kritisierenden
Parteien sind der Ansicht, die Regierung müsste in erneuerbare
Energien investieren. (tsc) lSeite 21
--
Regierung will Ersatz für zwei Kernkraftwerke
Thomas Schraner
Wenn ab 2020 Atomkraftwerke altershalber vom Netz gehen,
entsteht
eine Stromlücke. Diese Ansicht vertritt auch die Zürcher
Regierung. Sie unterstützt den Stromkonzern Axpo im Bestreben, die
Kernkraftwerke Beznau I und II zu ersetzen.
Zürich - Baudirektor Markus Kägi hat gestern den
Energieplanungsbericht zum Anlass genommen, die Haltung der
Zürcher Regierung zur Atomenergie zu erklären. Der Bericht
erscheint alle vier Jahre. Und schon im Zusammenhang mit der letzten
Publikation war die Haltung der bürgerlich dominierten Regierung
publik geworden. So blieb der Knalleffekt gestern aus, als Kägi
den Beschluss erläuterte, den die Regierung formell am 10. April
gefasst hatte.
Wenn die langfristigen Stromlieferverträge mit
Frankreich ab
2016 auslaufen und ab 2020 Kernkraftwerke in der Schweiz altershalber
vom Netz gehen, drohe eine Stromlücke, sagte Kägi. Vor allem
im Winterhalbjahr stehe dem Stromkonzern Axpo zu wenig Energie zur
Verfügung. "Die Bemühungen bezüglich Energieeffizienz
und erneuerbarer Energie reichen innert nützlicher Frist nicht
aus, um diese Unterdeckung abzuwenden", sagte er weiter und hielt fest,
dass er keine Hoffnung habe, vom Ausland kostengünstig und
zuverlässig Strom beziehen zu können. Die Regierung
unterstütze deshalb die Absicht der Axpo, Ersatz für die
Atomkraftwerke Beznau I und II zu schaffen.
Der Kanton Zürich ist mit 36,7 Prozent an der Axpo
beteiligt
(inklusive Anteil der Elektrizitätswerke des Kantons) und ordnet
zwei Regierungsmitglieder in den Verwaltungsrat ab: Markus Kägi
und Ernst Stocker (beide SVP). Die Regierung habe ihre beiden Vertreter
beauftragt, sich im Verwaltungsrat dafür einzusetzen, dass punkto
Sicherheit nur modernste Technik bei Atomkraftwerken zum Zuge komme,
sagte Kägi. Das gelte auch für die Brennelemente. "Es muss
ausgeschlossen werden, dass wir unseren Bedarf aus
umweltschädigenden Quellen decken." (Siehe Kasten unten.)
Lavieren beim Endlager
Wie verträgt sich die kernenergie-freundliche Haltung
der
Regierung mit ihrem 2008 ausgesprochenen Nein zu einem Atomendlager auf
dem Territorium des Kantons Zürich (Benken und nördliche
Lägern)? "Wir brauchen ein Tiefenlager in der Schweiz", hielt
Kägi fest und begründete nochmals das Nein der Regierung zum
Endlager: Der Kanton trage schon genug andere Lasten. Aber, so hielt er
fest, Zürich beteilige sich am Auswahlverfahren und sei
"ergebnisoffen". Ist die Regierung also mit einem Endlager
einverstanden, sollte sich herausstellen, dass sich "sein" Gebiet doch
am besten eignet? Konkret wollte Kägi nicht werden und wiederholte
nur, die Regierung sei "ergebnisoffen".
Zu den zentralen Festlegungen des Energieberichts
gehört
neben dem Bekenntnis zur Atomenergie auch eine Zielgrösse für
den CO2-Ausstoss: Bis 2050 soll dieser von heute 5,5 auf 2,2 Tonnen pro
Jahr und Person sinken. Hansruedi Kunz, Leiter der Abteilung Energie
bei der Baudirektion, bezeichnete dieses Ziel gestern am Rande der
Medienorientierung als "äussert ambitioniert", aber bei guten
Bedingungen erreichbar. Illusionär ist aber seiner Meinung nach
die Senkung auf eine Tonne bis 2050, wie es die Stadt Zürich mit
ihrem Bekenntnis zur 2000-Watt-Gesellschaft beschlossen hat. National
und international stünden für dieses Ziel die Jahre 2100 bis
2150 zur Debatte. Anders als vor vier Jahren hat der Kanton im neuen
Energieplanungsbericht die Richtgrösse eine Tonne gar nicht mehr
erwähnt. Warum? "Wir hatten keine Hintergedanken", sagt Kunz. Die
Vorgabe liege einfach ausserhalb des Planungshorizontes.
Die Zielgrösse von 2,2 Tonnen, die auch im kantonalen
Energiegesetz steht, hält die Regierung erreichbar - mit einem Mix
aus freiwilligen und gesetzlichen Vorgaben. Zu letzteren gehört
die Vorschrift, dass bei Neubauten höchstens 80 Prozent des
Wärmebedarfs mit nicht erneuerbaren Energien gedeckt werden darf.
Neue Bauten würden heute mit Wärmepumpen oder mit
Gasheizungen ausgerüstet, führte Kunz aus. Seinen Angaben
zufolge liegt im bestehenden Gebäudepark der Anteil der Bauten mit
Ölheizung bei 50 Prozent. Vor zehn Jahren waren es noch 73
Prozent, vor 20 sogar 88 Prozent.
Hausaufgabe für Autofahrer
Um das 2,2-Tonnen-Ziel zu erreichen, muss laut Kunz der
CO2-Ausstoss der neuen Autos von heute 170 Gramm pro Kilometer bis 2040
auf 60 Gramm sinken. Nötig seien effizientere Fahrzeuge, aber auch
alternative Treibstoffe und Antriebssysteme. "Die Zürcher
Autofahrer haben noch eine Hausaufgabe zu erledigen", sagte Kunz. Denn
der CO2-Ausstoss pro Auto liegt drei Prozent über dem Schweizer
Durchschnitt. Anreize zum umweltverträglichen Autofahren setzen
die neuen Motorfahrzeugsteuern, die der Kantonsrat in der Pipeline hat.
THOMAS SCHRANER
--
Russische Reise
Thomas Schraner
Wird im russischen Majak, wo die Axpo Brennstäbe
für
ihre Atomkraftwerke bezieht, fahrlässig mit radioaktivem Material
umgegangen? Der Axpo-Verwaltungsrat will diesem von Greenpeace
erhobenen Vorwurf auf den Grund gehen und hat für nächsten
Sommer eine mehrtägige Inspektionsreise mit Fachleuten geplant.
Mit von der Partie sind aus dem Kanton Zürich auch Regierungsrat
Markus Kägi (SVP) und Kantonsrat Peter Reinhard (EVP). "Ich will
mir selber ein Bild vor Ort machen", sagte Kägi gestern. (tsc)
--
Atombeschluss unter Beschuss
Thomas Schraner
SP, Grüne, GLP und CVP kritisieren die Regierung
dafür,
dass sie bei der Axpo zwei neue Kernkraftwerke bestellt hat. Neue
Atomkraftwerke seien keine zukunftsgerichtete Option, schreibt die SP.
Die Versorgung des Kantons ohne Atomstrom und nur mit erneuerbaren
Energien sei sehr wohl möglich, schreibt die Partei. Es fehle nur
am politischen Willen.
Die Grünen erinnern daran, dass Atomkraftwerke nicht
CO2-neutral sind. Szenarien der Umweltverbände zeigten schon
lange, dass Milliardeninvestitionen in erneuerbare Energien
nachhaltiger seien. Die GLP lobt grosse Teile des Energieberichts, hat
aber ebenfalls den Kernkraftwerkbeschluss im Visier. Es handle sich um
eine veraltete und gefährliche Technologie.
Atomenergie sei nur eine Notlösung, findet die CVP
und
moniert, dass die Regierung gleich zwei Ersatzwerke bestellt hat. Das
Ziel müsse sein, ohne Kernkraft auszukommen. Die Partei zeigt sich
optimistisch, dass dies geht. Die EVP lobt das Ziel der CO2-Reduktion
bis 2050, äussert sich aber nicht zum Atomstrom. (tsc)
--
Der Energiebericht im Detail
Mehr erneuerbare Energien
Thomas Schraner
Sie machen im Kanton derzeit fünf Prozent aus. Unter
erneuerbare Energien subsumiert der Bericht auch die Abwärme von
Kehrichtverbrennungsanlagen, die heute 80 Prozent ausmacht. Der Kanton
fördert erneuerbare Energien mit einer Vielzahl von Projekten, zu
denen Biogasanlagen, Sonnenkollektoren, Holzheizungen oder Erdsonden
gehören. Bis 2050 soll der Anteil der erneuerbaren Energien im
Kanton laut Hansruedi Kunz bei 30 Prozent liegen.
Verbrauch sinkt pro Kopf
Seit 1990 ist der Energieverbrauch im Kanton Zürich
um 8
Prozent gestiegen. Weil aber die Bevölkerung noch stärker
gewachsen ist, hat der jährliche Energieverbrauch pro Kopf um rund
4 Prozent abgenommen. 57 Prozent des kantonalen Energieverbrauchs wird
durch Erdöl gedeckt. An zweier Stelle folgt der Strom mit 23
Prozent, gefolgt vom Erdgas (15 Prozent) und Abwärme (5). Der
Verkehr erreicht am Gesamtenergieverbrauch 36 Prozent.
Sorgenkind Altbauten
Der Kanton hat einen Rahmenkredit (2009 bis 2013) von 32
Millionen für Wärmesanierungen von Gebäuden zur
Verfügung gestellt. Das grösste Potenzial liege bei der
Sanierung von Altbauten, stellte Baudirektor Kägi fest. Der
Umsetzungsgrad liege noch tief. Handlungsbedarf bestehe bei der
Ausbildung von Fachleuten. Amtschef Kunz sagte, die Sanierung von
Altbauten erweise sich oft als komplex. Oft liessen sich die
Investitionen nicht abschreiben. (tsc)
---
Zürichsee-Zeitung 3.12.10
Energiepolitik CO2-Ausstoss im Kanton Zürich soll bis 2050
auf 2,2
Tonnen pro Kopf gesenkt werden
Regierung will Ersatz für zwei AKW
Wenn ab 2020 Kernkraftwerke altershalber vom Netz gehen,
entsteht
eine Stromlücke. Diese Ansicht vertritt auch die Zürcher
Regierung. Sie unterstützt die Axpo im Bestreben, Beznau I und II
zu ersetzen.
Thomas Schraner
Baudirektor Markus Kägi hat gestern den
Energieplanungsbericht zum Anlass genommen, die Haltung der
Zürcher Regierung zur Kernkraftfrage zu erklären. Der Bericht
erscheint alle vier Jahre. Und schon im Zusammenhang mit der letzten
Publikation war die Haltung der Regierung publik geworden. So blieb der
grosse Überraschungseffekt gestern aus. Trotzdem: Kägi
leitete die Argumentation der Regierung - formuliert in einem
Regierungsbeschluss - erstmals ausführlich her.
Wenn die langfristigen Strom-Lieferverträge mit
Frankreich
ab 2016 auslaufen und ab 2020 Kernkraftwerke in der Schweiz
altershalber vom Netz gehen, drohe eine Stromlücke, sagte
Kägi. Vor allem im Winterhalbjahr stehe dem Stromkonzern Axpo zu
wenig Energie zur Verfügung. "Die Bemühungen bezüglich
Energieeffizienz und erneuerbarer Energie reichen innert
nützlicher Frist nicht aus, um diese Unterdeckung abzuwenden",
sagte er weiter und hielt fest, dass er keine Hoffnung habe, vom
Ausland kostengünstig und zuverlässig Strom beziehen zu
können. Die Regierung unterstütze deshalb die Absicht der
Axpo, Ersatz für die Kernkraftwerke Beznau I und II zu schaffen.
Lavieren beim Endlager
Der Kanton Zürich ist mit 36,7 Prozent an der Axpo
beteiligt
(inklusive Anteil der Elektrizitätswerke des Kantons) und ordnet
zwei Regierungsmitglieder in den Verwaltungsrat ab: Markus Kägi
und Ernst Stocker (beide SVP). Die Regierung habe ihre beiden Vertreter
beauftragt, sich im Verwaltungsrat dafür einzusetzen, dass vor
allem bei der Sicherheit nur modernste Technik zum Zuge komme, sagte
Kägi. Das gelte auch für die Brennelemente. "Es muss
ausgeschlossen werden, dass wir unseren Bedarf aus
umweltschädigenden Quellen decken." Doch wie verträgt sich
die Kernenergiefreundliche Haltung der Regierung mit ihrem 2008
ausgesprochenen Nein zu einem Atomendlager auf dem Territorium des
Kantons Zürich (Benken und nördliche Lägern)? "Wir
brauchen ein Tiefenlager in der Schweiz", hielt Kägi fest und
begründete nochmals das Nein der Regierung zum Endlager: Der
Kanton trage schon genug andere Lasten. Aber, so hielt er fest,
Zürich beteilige sich am Auswahlverfahren und sei "ergebnisoffen".
Ist die Regierung also mit einem Endlager einverstanden, sollte sich
herausstellen, dass sich "sein" Gebiet doch am besten eignet? Konkret
wollte Kägi nicht werden und wiederholte nur, die Regierung sei
"ergebnisoffen".
Zu den zentralen Festlegungen des Energieberichts
gehört
neben dem Bekenntnis zur Kernenergie auch eine Zielgrösse für
den CO2-Ausstoss: Bis 2050 soll dieser von heute 5,5 auf 2,2 Tonnen pro
Jahr und Person sinken. Hansruedi Kunz, Leiter der Abteilung Energie
bei der Baudirektion, bezeichnete dieses Ziel gestern am Rande der
Medienorientierung als "äussert ambitioniert", aber bei guten
Bedingungen erreichbar. Illusionär ist aber seiner Meinung nach
die Senkung auf 1 Tonne bis 2050, wie es die Stadt Zürich mit
ihrem Bekenntnis zur 2000-Watt-Gesellschaft beschlossen hat. National
und international stünden für dieses Ziel die Jahre 2100 bis
2150 zur Debatte.
Anders als vor vier Jahren hat der Kanton im neuen
Energieplanungsbericht die Richtgrösse 1 Tonne gar nicht mehr
erwähnt. Warum? "Wir hatten keine Hintergedanken", sagt Kunz. Die
Vorgabe liege einfach ausserhalb des Planungshorizontes.
Hausaufgabe für Autofahrer
Die Zielgrösse von 2,2 Tonnen, die auch im kantonalen
Energiegesetz steht, hält die Regierung für erreichbar - mit
einem Mix aus freiwilligen und gesetzlichen Vorgaben. Zu Letzteren
gehört die Vorschrift, dass bei Neubauten höchstens 80
Prozent des Wärmebedarfs mit nicht erneuerbaren Energien gedeckt
werden darf. Neue Bauten würden heute mit Wärmepumpen oder
mit Gasheizungen ausgerüstet, führte Kunz aus. Seinen Angaben
zufolge liegt im bestehenden Gebäudepark der Anteil der Bauten mit
Ölheizung bei 50 Prozent. Vor zehn Jahren waren es noch 73
Prozent, vor 20 sogar 88 Prozent.
Um das 2,2-Tonnen-Ziel zu erreichen, muss laut Kunz der
CO2-Ausstoss der neuen Autos von heute 170 Gramm pro Kilometer bis 2040
auf 60 Gramm sinken. Nötig seien effizientere Fahrzeuge, aber auch
alternative Treibstoffe und Antriebssysteme. "Die Zürcher
Autofahrer haben noch eine Hausaufgabe zu erledigen", sagte Kunz. Denn
der CO2-Ausstoss pro Auto liegt drei Prozent über dem Schweizer
Durchschnitt. Neue Anreize zum umweltverträglichen Autofahren
setzt die Motorfahrzeugsteuer, die der Kantonsrat in der Pipeline hat.
--
Regierungsrat Kägis russische Reise
Wird im russischen Majak, wo die Axpo Brennstäbe
für
ihre Atomkraftwerke bezieht, fahrlässig mit radioaktivem Material
umgegangen? Der Axpo-Verwaltungsrat will diesem von Greenpeace
erhobenen Vorwurf auf den Grund gehen und hat für nächsten
Sommer eine mehrtägige Inspektionsreise mit Fachleuten geplant.
Mit von der Partie sind aus dem Kanton Zürich auch Regierungsrat
Markus Kägi (SVP) und Kantonsrat Peter Reinhard (EVP). "Ich will
mir selber ein Bild vor Ort machen", sagt Kägi gestern vor den
Medien. (tsc)
---
St. Galler Tagblatt 3.12.10
Vorarlberg wehrt sich gegen Atomendlager
Vorarlberg wehrt sich gegen ein Atommüllendlager in
der
Schweiz. Das Land habe Bedenken wegen des Sicherheitskonzepts, schreibt
die Landesregierung ans Bundesamt für Energie.
BREGENZ. Vorarlberg sei grundsätzlich gegen den Bau
und den
Betrieb eines Endlagers in der Schweiz, schreibt Landesrat Erich
Schwärzler. Die Methodik der Abfallzuteilung sei in den
vorgelegten Berichten nicht nachvollziehbar dargestellt.
Insbesondere die Langzeitstabilität der gelagerten
Behälter sei ungenügend dokumentiert, schreibt das Land
Vorarlberg. Die Schweiz will bis 2030 ein Endlager für schwach-
und mittelradioaktiven Atommüll und bis 2040 eines für
hochradioaktiven Müll errichten. Sechs mögliche Standorte
werden zurzeit untersucht. Am nächsten bei Vorarlberg gelegen
wäre Benken ZH, das rund 100 Kilometer von der
österreichischen Grenze entfernt ist.
Die Vorarlberger Landesregierung und der Landtag hatten
sich
bereits in der Vergangenheit gegen Schweizer Pläne zum Bau neuer
AKW und Endlager ausgesprochen. "Vorarlberg hat eine überzeugte
Antiatomhaltung", sagt Schwärzler. Diese Haltung werde von allen
Parteien im Landtag mitgetragen. (sda)
---
sf.tv 2.12.10
Weniger Mädchen-Geburten wegen AKW
sf/blur
Im Umkreis von 35 Kilometern rund um ein AKW kommen immer
weniger
Mädchen zur Welt.Das ist das Ergbneis einer neuen Studie aus
Deutschland. Die Schweizer Behörden bezweifeln die Resultate der
Studie des renommierten Helmholtz-Zentrums für Gesundheit und
Umwelt in München.
Im Umkreis von 35 Kilometern um alle Schweizer Atomanlagen
fehlen
pro Jahr 40 Mädchen, die zur Welt hätten kommen sollen. Zu
diesem Schluss kommt der Biostatistiker Hagen Scherb vom Münchner
Helmholtz-Zentrum für Gesundheit und Umwelt. 20 Millionen Geburten
aus 10‘000 Gemeinden wurden ausgewertet und mit dem landesweiten
Durchschnitt in Deutschland und der Schweiz verglichen.
Pro Jahr 40 Mädchen weniger
"In unserer Gesamtstudie, die seit in Betriebnahme der
einzelnen
Atomanlagen läuft, sind es zum Zeitpunkt der Publikation 8400
fehlende Mädchen, auf die Schweiz heruntergerechnet mit vier AKW
sind es 1300 Mädchen. Und wenn man das auf ein Jahr bezieht, in
dem theoretisch alle vier Schweizer Reaktoren laufen, sind es 40
fehlende Mädchen pro Jahr."
Wegen der dichten Besiedelung leben rund 40 Prozent der
Frauen im
riskanten Umkreis von Atomanlagen. Das normale Geburtenverhältnis
Mädchen und Buben liegt bei 1 zu 1,05. Das heisst in der Regel
kommen auf 105 Buben 100 Mädchen zur Welt. Die Studie besagt, dass
nahe AKW von 1000 Mädchen 3,5 nicht geboren werden. Der
Unterschied liegt zwar nur im Promillebereich, ist dennoch signifikant.
Ärzte fordern weitere Abklärungen
Für den Basler Onkologen und Atomkraftgegner Claudio
Knüsli sind diese Resultate alarmierend. Der Präsident der
Vereinigung Ärzte und Ärztinnen gegen Atomkrieg Schweiz
(IPPNW) vermutet, dass radioaktive Emissionen die Spermien und den
Fötus schädigen. Unterstützt wir diese Theorie vom
Deutschen Kinderarzt und IPPNW-Strahlenexperten Winfried Eisenberg.
Radioaktive Isotope wie Tritium, schwerer Wasserstoff oder
Strontium 90 würden von der Placenta aufgenommen und so auf das
ungeborene Kind übertragen. Der Strahlungsausstoss wird zwar von
Kraftwerkbetreibern genau gemessen, trotzdem glaubt Atomkraftgegner
Eisenberg, dass diese Emissionen für den
"Mädchenrückgang" verantwortlich seien. Vor allem
Wartungsarbeiten der Atomanlagen würden die Emissionswerte im
näheren Umkreis der AKW ansteigen, behauptet Eisenberg.
Auf Grund dieser Erkenntnisse fordert IPPNW Schweiz, der
über 600 Ärztinnen und Ärzte angehören, eine rasche
Prüfung der Studienunterlagen seitens der Behörden. Diese,
wie etwa der Bundessamt für Gesundheit BAG, die
Kernkraftwerkbetreiber oder die Nukleare Sicherheitsbehörde, sind
eher zurückhaltend.
AKW-Risiko
Die Schweizer Atomkraftwerkbetreiber bezweifeln die
Studie. Das
Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI hat Kenntnis von
der Münchner Untersuchung, wartet aber ab, bis diese Resultate in
einer medizinischen Fachzeitschrift publiziert werden. Mediensprecher
Anton Treier verweist auf ein flächendeckendes Mess-System, dass
die Radioaktivität laufend überwacht. Erhöhte
Strahlenmengen, die über dem Grenzwert liegen, seien nicht
bekannt. Dass es bei Revisionsarbeiten oder dem Austausch von
Brennstäben zu erhöhter Radioaktivität kommt, dementiert
er.
Dass AKW ein ernsthaftes Problem für Kinder
darstellen,
zeigt die "KiKK-Studie" (Epidemiologische Studie zu Kinderkrebs in der
Umgebung von Kern-Kraftwerken) im Auftrag des Bundesamtes für
Strahlenschutz in Deutschland. Das Risiko für 0-4jährige
Kinder an Leukämie zu erkranken, nimmt demnach zu, je näher
ihr Wohnort an einem Kernkraftwerkstandort liegt. Im 5-km-Umkreis um
die Reaktoren wurde im Untersuchungszeitraum von 1980 bis 2003
festgestellt, dass 37 Kinder neu an Leukämie erkrankt sind. Im
statistischen Durchschnitt wären 17 Fälle zu erwarten gewesen.
Schweizer Resultate ab 2011
In der Schweiz hat man darauf reagiert und hat ebenfalls
eine
Untersuchung in Auftrag gegeben. Die CANUPIS-Studie (Childhood Cancer
and Nuclear Power Plant in Switzerland) soll das Krebsrisiko bei
Kindern beleuchten. Untersucht werden Faktoren wie ionisierende
Strahlung, elektromagnetische Felder oder industrielle Immissionen.
Resultate werden für 2011 erwartet. Bis dahin tappt
die
Wissenschaft noch weiter im Dunkeln. Mehr dazu in der Sendung Einstein
um 21.00 Uhr auf SF 1.
---
Basler Zeitung 2.12.10
AKW könnten mehr Frühaborte auslösen
Laut einer Studie werden nahe bei AKW zu wenig
Mädchen
geboren - Kritiker hegen Zweifel
Susanna Petrin
Forscher stellen in einer neuen Studie fest, dass im
Umkreis von
AKW weniger Kinder zur Welt kommen. Die Gründe dafür sind
unbekannt. Offenbar seien weibliche Embryonen strahlenempfindlicher,
vermutet der Basler Onkologe Claudio Knüsli. Er ist besorgt: In
der Schweiz seien fast 40 Prozent der Frauen potenziell betroffen.
"Fehlende Kinder" nennen drei Wissenschaftler des
Helmholtz
Zentrum München das Phänomen. Sie haben über 22
Millionen Geburtszahlen der letzten fast 40 Jahre auf Geschlecht und
Geburtsort untersucht. Ihre Erkenntnis: Im Umkreis von 35 Kilometern
von Atomanlagen werden statistisch betrachtet zu wenig Mädchen
geboren. Der Unterschied zum Durchschnitt bewege sich zwar im
Promillebereich, aber die Aussage sei aufgrund der enormen Datenmenge
signifikant. Ausserdem sei davon auszugehen, dass in der Nähe von
AKW auch weniger Knaben als üblich zur Welt kämen. Als
möglichen Grund dafür wird vermutet, dass die radioaktiven
Emissionen der AKW Spontanaborte auslösen können. Weibliche
Embryonen reagierten offenbar empfindlicher auf ionisierende Strahlung
als männliche.
schweiz besonders betroffen. In der Regel kommen auf 105
Buben
100 Mädchen zur Welt; die Studie besage, dass "nahe AKW von 1000
Mädchen rund 3,5 nicht geboren werden", sagt Claudio Knüsli,
Präsident der Ärzte und Ärztinnen gegen Atomkrieg
Schweiz (IPPNW). "Innerhalb von 40 Jahren fehlen demnach in der Schweiz
gesamthaft 3000 bis 4000 Kinder." Wegen der dichten Besiedlung "leben
in der Schweiz fast 40 Prozent der Frauen im riskanten Umkreis von
Atomanlagen", so Knüsli. Besonders besorgniserregend sei der
Standort Beznau mit zwei AKW sowie dem nahen Zwischenlager in
Würenlingen und dem Paul Scherrer Institut mit seiner
Forschungsanlage. In diesem Umkreis hätten die Forscher eine
besonders starke Abweichung vom üblichen
Geschlechterverhältnis (sex odds) gefunden.
Knüsli verlangt nun namens der IPPNW, der über
600
Ärzte angehören, eine rasche Überprüfung der
Studie. Denn was genau hinter diesen Zahlen stecke, sei unklar. Im
schlimmsten Fall könnte das Erbgut der Menschen, die nahe bei AKW
leben, durch die Emissionen beschädigt werden, sagt Knüsli.
"Solche Störungen äussern sich aber oft erst nach
Jahrzehnten."
Die neue Studie "Is the Human Sex Odds at Birth Distorted
in the
Vicinity of Nuclear Facilities?" ist kürzlich an einem Kongress in
Bonn vorgestellt worden, Auszüge davon finden sich im Internet.
Doch noch ist sie in keiner Fachzeitschrift erschienen. "Uns fehlen die
Daten aus fünf Bundesländern", sagt einer der Autoren, Hagen
Scherb. Aber die Hauptaussage werde sich nicht mehr ändern.
"nicht gesichert". Wachsam bis kritisch gegenüber der
Studie
stehen einige andere Wissenschafter, die auf einem ähnlichen
Gebiet tätig sind. Die wenigsten wollen sich aber vor deren
Publikation in einer Fachzeitschrift dazu äussern, ebensowenig das
Bundesamt für Gesundheit. Das Schweizer Forum Medizin und Energie
(FME) bezweifelt in einem Factsheet gar, dass diese Arbeit
überhaupt je "in einer ernst zu nehmenden wissenschaftlichen
Zeitschrift" erscheint. Der Kongressbericht darüber sei "ein
klassisches Beispiel von vermutlich böswilliger Datenmanipulation
und des Missbrauchs von statistischen Testverfahren".
Skeptisch zeigt sich auch Claudia Spix, stellvertretende
Leiterin
des deutschen Kinderkrebsregisters, die sich den Auszug der Studie
angesehen hat: "Ein Nachweis, dass AKW eine Auswirkung auf das
Geschlechterverhältnis haben, scheint mir bei dieser Studie noch
nicht gesichert", sagt sie. Die sex odds würden sich bekanntlich
über Zeit und Raum ohnehin ändern. Der aktuelle Stand der
Forschung besage lediglich, dass im Fünfkilometerumkreis zu AKW
eine kleine Zahl mehr Kinder an Krebs erkrankten. Doch auch hier sei
der Zusammenhang zu den AKW nicht erwiesen.
Co-Studienautor Scherb wehrt ab: Das FME sei
atomfreundlich und
nicht objektiv. Bereits veröffentlichte Studien besagen, dass
Strahlung das Geschlechterverhältnis beeinflusst; seit Tschernobyl
seien in Europa zu wenig Mädchen zur Welt gekommen. Eine
Fachzeitschrift habe ihm die Publikation seiner Studie zugesichert.
Die Wissenschaftssendung Einstein auf SF1 befasst sich
heute mit
der Studie (21 Uhr).
---
Solothurner Zeitung 2.12.10
Abstimmung über AKWs als Ziel
Junge Grüne Die Partei hat eine neue
Präsidentin.
Magdalena Röösli (Aedermannsdorf) folgt auf Christof
Schauwecker (Solothurn), der weiterhin Vorstandsmitglied bleibt. Die
21-jährige Röösli ist zurzeit Praktikantin im sozialen
Bereich. Sie wird die Jungpartei in die Nationalratswahlen vom Oktober
2011 führen, wo die Jungen Grünen wieder mit einer eigenen
Liste antreten wollen. Ausserdem plant die Partei gemäss einer
Medienmitteilung eine kantonale Volksinitiative gegen neue
Atomkraftwerke auf Kantonsgebiet. "Der Start soll im Frühjahr 2011
erfolgen, momentan arbeiten wir an der Formulierung und suchen noch
Unterstützung", erklärt der abtretende Präsident
Schauwecker auf Anfrage. Voraussichtlich werde die Initiative eine
Verpflichtung für die Behörden enthalten, sich gegen neue
AKWs auf Kantonsgebiet zur Wehr zu setzen, ähnlich wie dies etwa
in der Verfassung des Kantons Basel-Landschaft vorgeschrieben ist.
"Das ist ein Projekt der Jungen", erklärt Iris
Schelbert
(Olten), Präsidentin der Grünen Kanton Solothurn, auf
Anfrage. "Ich finde es ganz toll, dass sie diesen Elan haben." Die
Jungen Grünen wollten die Initiative eigenständig
durchziehen. "Wir helfen nur, wenn sie uns rufen." (cva)
---
Oltner Tagblatt 2.12.10
Junge Grüne Kantonale Initiative gegen neue AKW
Die Jungen Grünen Kanton Solothurn planen eine
kantonale
Volksinitiative gegen neue Atomkraftwerke auf Kantonsgebiet. Das geht
aus einer Medienmitteilung hervor. "Der Start soll im Frühjahr
2011 erfolgen, momentan arbeiten wir an der Formulierung und suchen
noch Unterstützung", erklärte der abtretende Präsident
Christof Schauwecker auf Anfrage. Voraussichtlich werde die Initiative
eine Verpflichtung für die Behörden enthalten, sich gegen
neue AKW auf Kantonsgebiet zur Wehr zu setzen, ähnlich wie dies
etwa in der Verfassung des Kantons Basel-Landschaft vorgeschrieben ist.
"Das ist ein Projekt der Jungen", erklärte Iris Schelbert (Olten),
Präsidentin der Grünen Kanton Solothurn, auf Anfrage. "Ich
finde es ganz toll, dass sie diesen Elan haben." Die Jungen Grünen
wollten die Initiative eigenständig durchziehen. "Wir helfen nur,
wenn sie uns rufen." (cva)
---
WoZ 2.12.10
Fumoir
Alles so vernünftig
Ruedi Widmer über die Architektur von Atomkraftwerken
Die Abstimmungen zur Steuergerechtigkeits initiative und
zur
Ausschaffungsinitiative sind vorbei. Die kommenden Aufreger werden die
neuen AKW-Projekte der Stromwirtschaft sein. Kühltürme statt
Schafe, Stromlücke statt Ivan S.
Mir ist eine Ausgabe der schwarz-weissen
Architekturzeitschrift
"Das Werk" aus dem Jahr 1976 in die Hände geraten, mit der
Titelgeschichte "Die Architektur von Kernkraftwerken". Vor Kaiseraugst
war der Optimismus im militärisch-industriellen FDP-Komplex noch
gross, und statt über Abfall und das Ende des Urans machte man
sich Gedanken, wie sich AKWs ins Landschaftsbild einfügen und ob
sie mehr Colani-artig geformt sein könnten. Der dem Bericht
vorgelagerte Inserateteil mit Anzeigen von Spannteppichfirmen und Derbi
gum-Dichtungsbahnen mit einer ästhetisch scharfschattig
fotografierten blutten Frau ist grösstenteils in der Schrift Gill
Sans Ultra Bold gesetzt.
Im Heft werden neben den bereits gebauten Werken Beznau 1
und 2
(AG) und Mühle berg (BE) die sich damals im Bau befindlichen Werke
Gösgen (SO) und Leibstadt (AG) gezeigt. Zudem sind detaillierte
Pläne, Beschreibungen und ästhetische, scharfschattige
Fotografien von Modellen der Werke Kaiseraugst (AG), Graben (BE), Inwil
(LU), Verbois (GE) und Rüthi im Rheintal (SG) zu sehen.
Bekanntlich wurden diese nicht mehr realisiert, wenn das auch der
heutigen Atomgegnerin vermutlich nahezu unbekannt ist.
Man wird förmlich von der optimis tischen Klarheit
und
formalen Schönheit dieser Beschreibungen, Skizzen, Fotografien und
Modelle eingelullt, und es wäre ja so toll, wenn es in
Wirklichkeit so toll wäre. Es wirkt alles so
freundeidgenössisch vernünftig, wie wenn Kurt Furgler mit
seinem Müüli am Fernsehen sprach. Es erinnert mich an die
ersten Begegnungen mit den Soldaten und den Pinzgauern in der
Schulanlage, neben der ich aufgewachsen bin. Biskuits und Schoggi.
Der Kindergartenfreund vom Spielplatz behauptete damals,
die
Schweiz habe sechs "Atoombombe", ich weiss es noch genau. Sechs. Unter
unseren Wohnhochhäusern in Winter thur lag ein riesiges
Militärspital. Wie die Atombomben war das Gerücht um ein
unter irdisches Spital auch schon mir als Sechsjährigem
geläufig, aber keiner der Spielkameraden hatte je den Eingang
gefunden.
Erst als ich in den neunziger Jahren eine kurze
Zivilschutzlaufbahn durchschritt, sah ich die gigantische Anlage. Wer
das nicht gesehen hat, wird nicht glauben, was in den Tiefen unseres
Landes existiert.
Wenn ich die Stromindustrie wäre, würde ich die neuen
Atomkraftwerke in Beznau, Mühleberg und Gösgen auch
unterirdisch anlegen, und zwar so, wie es die Armee gemacht hat,
nämlich ungefragt und geheim. Warum sind Militäranlagen
geheim, aber Atomkraftwerke nicht? Die Axpo erzählt ja
öffentlich ohnehin Unwahrheiten und beschönigt ihr Tun. Auf
dieses Theater kann ich verzichten. Auch auf den ganzen kommenden
Economiesuisse-AKW-Stromlücken-Tanz.
Warum muss die Stromversorgung überhaupt sicher sein,
wenn
es unser Finanzsystem nicht ist? Warum setzen sich diejenigen Kreise,
die kein sicheres Finanzsystem, kein sicheres Sozialsystem und keine
sichere Entsorgung von Atomabfällen anstreben, derart für
eine sichere Landesverteidigung und eine sichere Stromversorgung ein?
Weil sie immer noch in der Zeit leben, in der das Heft "Das Werk" 4/76
erschienen ist und alles in der Schrift Gill Sans Ultra Bold gesetzt
war.
Ruedi Widmer ist Cartoonist und lebt in Winterthur.
---
Bund 1.12.10
Kanton Bern ist Testfeld für die AKW-Schlacht
Am 13. Februar fällt das Bernervolk mit der
Mühleberg-Abstimmung einen Vorentscheid über die Zukunft der
Atomkraft in der Schweiz. Die Vorbereitungen für den
Abstimmungskampf laufen auf beiden Seiten der Barrikaden auf Hochtouren.
Simon Thönen
Die erste Runde ging am Sonntag an das atomkritische
Lager: Mit
61 Prozent Ja-Stimmen votierte die Stadt Bern für den Ausstieg aus
dem Atomstrom. Bereits am 13. Februar stimmt jedoch das Volk im Kanton
Bern ab. Darüber, ob neben dem existierenden AKW in Mühleberg
ein rund viermal leistungsfähigeres Atomkraftwerk gebaut werden
soll - nur ein Dutzend Kilometer von der ausstiegswilligen Bundesstadt
entfernt.
Formal geht es in der konsultativen kantonalen
Volksabstimmung
zwar um nicht viel. Die Stimmberechtigten entscheiden über die
Antwort, die der Kanton auf die Vernehmlassung des Bundes zur
Rahmenbewilligung für drei neue AKW gibt. Den verbindlichen
Entscheid über neue AKW wird das Schweizervolk erst 2013 oder 2014
in einer nationalen Referendumsabstimmung fällen.
Faktisch ist aber klar, dass Mühleberg bei einem
Volks-Nein
am 13. Februar als Standort für ein neues AKW ausscheiden
würde. Gegenwärtig sind noch drei Projekte für neue AKW
im Rennen - eines mehr, als die Elektrizitätswirtschaft als
notwendig erachtet.
Darüber hinaus dürfte das Resultat der Berner
Abstimmung auf die spätere nationale Volksabstimmung ausstrahlen.
Dies, weil Bern der einzige Standortkanton ist, in dem sich das Volk
bereits jetzt zu neuen AKW äussern kann. Und auch wegen seiner
Grösse: Weit über zehn Prozent der Schweizer
Stimmberechtigten leben im Kanton Bern.
Kostspielige Kampagnen
Natürlich wird die Berner Abstimmung Teil der
Vorkampagnen,
die im Hinblick auf die nationale Abstimmung längst begonnen
haben. "Die Schweiz erlebt zurzeit nicht nur den längsten, sondern
wohl auch den teuersten Abstimmungskampf ihrer Geschichte",
konstatierte kürzlich die "NZZ am Sonntag".
Im Kanton Bern läuft der Abstimmungskampf zu
Mühleberg
II bereits. Im "Bund" und in der "Berner Zeitung" publiziert die Aktion
für vernünftige Energiepolitik Schweiz (Aves) seit Wochen
Inserate: Berufsleute aller Art, ein Teil davon bürgerliche
Lokalpolitiker, erklären darin, weshalb "wir auf Kernenergie noch
nicht verzichten können".
Er rechne gegenwärtig mit Kosten von 150 000 Franken,
sagt
FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen, Präsident von Aves Bern.
Das nötige Geld stamme von den Mitgliedern und einer Spendenaktion
bei KMU. "Weil unsere Organisation schon lange existiert und jahrelang
brachlag, verfügen wir über stattliche Reserven", fügt
er an. Laut einer Auskunft des Regierungsrats war die BKW Energie AG
2007 Mitglied von Aves (siehe Text unten). "Zum gegenwärtigen
Zeitpunkt ist die BKW nicht Mitglied, und wir erhalten von ihr auch
kein Geld", sagt Wasserfallen dazu.
AKW-Risiken versus . . .
Ein Übungsfeld für die kantonale Abstimmung war
die
städtische Abstimmung über den Atomausstieg - allerdings
paradoxerweise kaum für die obsiegenden AKW-Gegner. Sie
begnügten sich mit einer bescheidenen Kampagne, die gemäss
ihren Angaben knapp 30 000 Franken kostete. Offensichtlich vertraute
man darauf, dass das Prestige der linken und der Mitte-Parteien und
ihrer Politiker in der Stadt ausreicht. Im Kanton wird dies nicht
klappen, hier liegt die Lufthoheit beim bürgerlichen Lager.
Man hoffe, 200 000 Franken für die Kampagne gegen
Mühleberg II zu beschaffen, sagt Jörg Rüetschi,
Geschäftsleiter des WWF Bern. Das Komitee "Nein zum neuen AKW in
Mühleberg" wird am 7. Dezember gegründet. Operativ umgesetzt
werde die Kampagne von den Umweltorganisationen selber. Rüetschi:
"Wir werden uns auf die ungelösten Probleme und Risiken der
Atomenergie konzentrieren." Das Thema bewege momentan viele Leute, sagt
Rüetschi. "Bei all jenen, die sich vor 30 Jahren gegen AKW
engagierten, gehen die Emotionen hoch."
. . . sichere Stromversorgung
Für die Kampagne gegen den städtischen
Atomausstieg
investierten Wirtschaftsverbände knapp doppelt so viel wie die
Ausstiegsbefürworter. Sie verloren die Abstimmung, doch ihre
Kampagne zeigte die Handschrift der beauftragten Profis:
Burson-Marsteller ist eine internationale PR-Firma, die sich um so
schwierige Fälle wie die Chemiekatastrophe von Bophal
kümmerte.
Ihr Know-how werden die PR-Experten nun auch im Kanton
beweisen:
Burson-Marsteller wird die Kampagne für das Komitee "Ja zu
Mühleberg" ausführen, wie Adrian Haas, Direktor des
federführenden kantonalen Handels- und Industrievereins,
bestätigt.
In der Schweiz leitet Burson-Marsteller die
Geschäftsstelle
des Nuklearforums, der früheren Schweizerischen Vereinigung
für Atomenergie. Laut dem "Beobachter" finanziert die
Elektrizitätswirtschaft das Nuklearforum jährlich mit
über 2 Millionen Franken. Mitglied des Nuklearforums ist auch die
BKW (siehe Text links unten).
Hat die Wahl von Burson-Marsteller den angenehmen
Nebeneffekt,
dass das Komitee "Ja zu Mühleberg" einen kräftigen Zustupf
aus den Töpfen des Nuklearforums erwarten darf? Haas dementiert:
"Unsere Mittel stammen von unseren Mitgliedsverbänden." Wie die
Gegenseite strebt das Komitee laut Haas ein Budget von 200 000 Franken
an.
Thematisch wird sich die Abstimmungskampagne laut Haas auf
ein
Hauptthema konzentrieren: "Auf die Kernfrage, wie man weiterhin zu
einigermassen günstigen Preisen die Stromversorgung sicherstellen
kann. Das ist das Entscheidende."
Unternehmer gegen AKW
Wirtschaftsverbände gegen Umweltorganisationen -
dieses
bekannte Muster durchbricht die "Gruppe Neue Energie Bern". Die lose
Gruppierung vereinigt Unternehmer der Branchen, die von einer Abkehr
von der Atomenergie profitieren würden.
"Im Gegensatz zur Atomenergie werden die erneuerbaren
Energien
immer billiger", schrieb die Gruppe letzte Woche in einer Mitteilung,
"es sind Berner Unternehmungen, die sie produzieren und installieren."
Die Kampagnenidee der Gruppe ist es, die Branche der erneuerbaren
Energien via deren Unternehmer sicht- und fassbar zu machen.
Laut Kampagnenleiter Stefan Batzli von der PR-Agentur CR
Kommunikation machen bereits 35 Unternehmer mit. Die
Anschubfinanzierung von knapp 50 000 Franken haben Umweltverbände
geleistet. "Inzwischen finanziert sich die Gruppe einzig über
Beiträge der Unternehmer", sagte Batzli, "die Gruppe erhält
auch kein Geld von der öffentlichen Hand." Er hofft, dass für
die Kampagne gegen das neue AKW 150 000 Franken zusammenkommen.
Das Handicap der Gruppe dürfte sein, dass erneuerbare
Energien gegenwärtig gefördert werden müssen. "Auch
Atomstrom rechnet sich bei einer Vollkostenrechnung nur dank
staatlicher Unterstützung", sagt Batzli. Ein neues AKW würde
zudem erst 2025 oder 2030 in Betrieb gehen. Batzli: "In zwanzig Jahren
werden die erneuerbaren Energien sehr viel günstiger sein als
heute."
--
Abstimmungskampf und Kantonsregierung
Bürgerliche Kritik an Regierung
Der mehrheitlich bürgerliche Grosse Rat will ein
neues AKW
in Mühleberg, die rot-grüne Regierung nicht. Ob sich die
Regierung an den Grossratsbeschluss halte, will BDP-Grossrat Samuel
Leuenberger in einer Interpellation wissen. Die Antwort der Regierung
liegt noch nicht vor, doch Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer (SP)
gab sie bereits unmittelbar nach der Grossratsdebatte: Sie werde bei
ihren Auftritten die Haltung des Grossen Rats darlegen, "aber
selbstverständlich werde ich auch die regierungsrätliche
Haltung nicht zurückhalten", sagte Egger dem "Bund" bei dieser
Gelegenheit. Die Energiedirektorin wird sich also durch das Parlament
wohl kaum einen Maulkorb anlegen lassen.
Weiter will Leuenberger wissen, ob der Kanton sich an den
Kosten
der Kampagne der "Gruppe neue Energie Bern" beteiligt (siehe
Haupttext). Auf Anfrage beantwortet der Generalsekretär der Bau-,
Verkehrs- und Energiedirektion, Christian Albrecht, dies mit einem
knappen Nein.
Politisierende Staatsangestellte
Zudem kritisiert Leuenberger, "dass ein Kaderangestellter
des
Kantons Unternehmer für die Mitwirkung bei der‹Gruppe Neue Energie
Bern› zu gewinnen versuchte". Beim besagten Kaderangestellten handle es
sich um Ulrich Nyffenegger, Fachstellenleiter Energie in der BVE, sagt
Leuenberger.
Nyffenegger äussert sich auf Anfrage nicht direkt zum
Sachverhalt, sagt aber: "Es sollte den Kanton nicht interessieren,
welche Vereine ich meinen Bekannten als Privatperson empfehle." Auch
als Kantonsangestellter dürfe er sich politisch betätigen.
"Ich dürfte zum Beispiel ein Nationalratsmandat ausüben."(st)
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Elektrizitätswirtschaft und Abstimmungskampf
Wie stark mischt sich BKW in den Abstimmungskampf ein?
Die BKW verspricht Zurückhaltung, doch die SP
bemängelt
fehlende Transparenz.
Die BKW Energie AG hatte in den letzten Jahrzehnten oft
Kampagnen
in eigener Sache geführt oder bezahlt. Noch 2009 gab sie 500 000
Franken für eine Kampagne zu einer kantonalen Abstimmung über
Mühleberg in der Waadt aus.
Es war deshalb ein wenig überraschend, dass die BKW
bereits
vor Monaten im Abstimmungskampf um ein neues AKW in Mühleberg
Zurückhaltung versprach. "Wir planen keine politische
Abstimmungsinformation und finanzieren auch keine Abstimmungskomitees",
betont BKW-Sprecher Antonio Sommavilla nun erneut. Er fügt aber
an: "Wir behalten uns vor, auf Falschinformationen der
Mühleberg-Gegner zu reagieren." Eine Hintertüre bleibt dem
Unternehmen also weiterhin offen.
Die BKW wird ihren Standpunkt laut Sommavilla "via die
existierenden Informationskanäle wie Kundeninformationen, die
Firmen-Website und Medienmitteilungen einbringen". Mit dem
Kundenmagazin "energy forum" etwa erreicht die BKW die
Kantonsbevölkerung ausserhalb der grossen Städte. Auch das
stadteigene Werk EWB hat übrigens in der Kundenzeitschrift
für den Atomausstieg geworben - was für einmal die
bürgerliche Seite verärgerte.
Was zahlt BKW an Atomlobby?
SP-Grossrat Andreas Hofmann hatte sich bereits 2007
erkundigt,
welche pronuklearen Organisationen die BKW finanziert. Laut der Antwort
des Regierungsrats waren dies das Nuklearforum, die Aktion für
vernünftige Energiepolitik (Aves), das Energieforum Schweiz sowie
drei internationale Organisationen. Die BKW "richtet pro Jahr rund 260
000 Franken an diese Organisationen aus".
Aus der Aves sei die BKW bereits 2008 ausgetreten, sagt
Sommavilla nun auf Anfrage, bei den übrigen Organisationen sei die
BKW immer noch Mitglied. Die Mitgliederbeiträge kosteten unter 10
000 Franken. "Zusätzlich zahlen wir jährlich rund 300 000
Franken an das Nuklearforum", sagt Sommavilla. Damit kaufe man beim
Nuklearforum jedoch "spezifische Dienstleistungen" ein. So etwa einen
Monitor über weltweite Entwicklungen in der Nuklearbranche.
Die Antwort überzeugt Hofmann nicht: "Ich kann mir
nur
schwer vorstellen, dass die ganze Summe für solche Aufgaben
verwendet wird", sagt er, "der Verdacht bleibt, dass auch pronukleare
Propaganda finanziert wird."(st)
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20 Minuten 1.12.10
Gegen Endlager
BERN. Die erste Etappe bei der Suche nach einem Endlager
für
radioaktive Abfälle endet mit verhärteten Fronten: Tausende
Bewohner betroffener Regionen wehren sich gegen das
Atommüll-Konzept des Bundes. Dieser will im nächsten Jahr in
der zweiten Etappe die Mitwirkungsmöglichkeiten ausweiten.
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Tagesanzeiger 1.12.10
Widerstand gegen Endlager
Zrinski Sandra
Kein Tiefenlager für Atommüll nördlich der
Lägern - das fordert der Verein Klar Züri Unterland.
Unterland - Bis das künftige Lagervolumen an
Atommüll
feststeht, soll die Standortsuche für ein Endlager aufgehoben
werden. Diese Forderung stellt der kürzlich gegründete Verein
Klar Züri Unterland. Wie er in einem Communiqué mitteilt,
brauche es aus diesem Grund einen Verzicht auf neue Atomkraftwerke und
ein definiertes Szenario für den Ausstieg aus der Atomenergie. Das
Lagerkonzept sei dahin gehend zu ändern, dass technische
Unsicherheiten gelöst und gesellschaftspolitische Fragen in langen
Zeiträumen ausreichend berücksichtigt würden. Der Verein
kritisiert, dass die Rückstellungen für den Umgang mit
Atommüll zu erhöhen seien. Nur so könne eine
allfällige Rückholung und eine längere Überwachung
des Abfalls gewährleistet werden.
Ende Januar führt der Verein seine erste
Mitgliederversammlung durch. Bis dann bilden folgende Personen den
Vorstand: die ehemalige grüne Kantonsrätin Susanne Rihs-Lanz
(Glattfelden), der Co-Präsident der Grünen im Bezirk
Bülach Felix Böni (Bülach), Vorstandsmitglied der
Grünen im Bezirk Dielsdorf Doris Haab (Niederweningen) und
Vorstandsmitglied der Grünen des Kantons Aargau Lukas Spuhler
(Wislikofen).
Zweiter Verein wegen Streit
Neben dem Verein Klar Züri Unterland engagiert sich
LoTi
(Nördlich Lägern ohne Tiefenlager) gegen ein Endlager im
Unterland und in den angrenzenden Kantonen. Bei der
Gründungsversammlung im September dieses Jahres kam es zu einem
Zerwürfnis zwischen Vertretern der Grünen Partei und
SP-Mitgliedern. Die Grünen zogen sich dabei zurück und
verzichteten auf eine Vertretung im Vorstand. Unter ihnen war auch
Susanne Rihs-Lanz.(szr)
---
Aargauer Zeitung 1.12.10
"Die Sicherheit muss oberstes Gebot bleiben"
CVP zum Tiefenlager Die CVP des Bezirks Zurzach hat sich
mit
einer Eingabe an der ersten Etappe des Sachplanverfahrens für ein
Tiefenlager beteiligt. Darin hält sie fest, dass der Kanton Aargau
als Standort der meisten Kernanlagen (Beznau, KKL) sowie von Zwilag und
PSI nicht automatisch als Standort des Tiefenlagers zu favorisieren
sei: "Die Sicherheit muss oberstes Gebot bleiben. Im Weiteren lehnen
wir ab, dass die Region mit der grössten Opposition für ein
Tiefenlager (derzeit Kanton Schaffhausen) ausser Betracht fällt",
schreibt die CVP in ihrer Eingabe. Grundsätzlich unterstützt
die CVP des Bezirks Zurzach den vom Bundesrat 2008 verabschiedeten
Sachplan geologisches Tiefenlager. Das Verfahren sei transparent und
demokratisch und die Bevölkerung der betroffenen Gebiete werde in
den Prozess einbezogen, schreibt die Partei. Sie verlangt, dass das
federführende Bundesamt für Energie mit Engagement seine
Führungsverantwortung wahrnimmt und den Prozess mit allen
Beteiligten verantwortungsvoll vorantreibt.
Die CVP des Bezirks Zurzach beurteilt die Stellungnahmen
der
Fachleute als stichhaltig und nachvollziehbar. Alle Standortgebiete
seien weiter zu bearbeiten und in den Sachplan aufzunehmen. Die CVP des
Bezirks Zurzach distanziert sich jedoch von der unsolidarischen
Haltung, aus regionalpolitischen Gründen auf bestimmte
Standortgebiete zu verzichten: "Ein Schwarzpeterspiel zwischen den
möglichen Standortgebieten bringt niemandem etwas. Im Weiteren
darf die Grenznähe bei einem sicherheitsgerichteten Verfahren kein
Ausschlussgrund sein. Das benachbarte Ausland ist in den Prozess
einzubinden. Es gilt jedoch, die Souveränität unseres Staates
zu beachten." Die CVP Bezirk Zurzach verlangt, dass das Verfahren
transparent und nachvollziehbar bleibt. Grosser Wert sei auf eine
offene und sachliche Information gegenüber allen Beteiligten,
insbesondere der Bevölkerung, zu legen. (AZ)
---
Oltner Tagblatt 1.12.10
SP: "Genug ist genug"
Tiefenlager Die SP Kanton Solothurn will die Region
Jurasüdfuss - und auch die anderen Regionen mit bestehenden
Kernkraftwerken - von der Standortsuche für ein Tiefenlager
für radioaktive Abfälle ausschliessen. Zudem findet sie die
Standortsuche grundsätzlich verfrüht, weil aus ihrer Sicht
noch kein ausgereiftes, sicheres Lagerkonzept vorliegt. Dies schreibt
sie in ihrer Anhörungsantwort an das Bundesamt für Energie
zum Sachplan geologisches Tiefenlager, Etappe 1.
"Bei KKW-Störfall nicht zugänglich"
Spezifisch zum Standortgebiet Jurasüdfuss (Raum
Olten-Aarau)
findet die SP Kanton Solothurn: "Ein aktives Kernkraftwerk und ein
gleichzeitiges Lager für radioaktive Abfälle schliessen sich
aus Sicherheitsgründen aus." Denn der Zugangsbereich einer
Lagerstätte müsse jederzeit erreichbar sein, ein
Störfall in einem KKW könne diese Zugänglichkeit jedoch
behindern oder verunmöglichen. Das betreffe insbesondere ein neues
KKW Niederamt mit jahrzehntelanger Laufdauer.
"Widersinnig und nicht akzeptierbar" sei ein Tiefenlager
Jurasüdfuss auch deshalb, weil diese Region durch das vom Bund
unterstützte Agglomerationsprojekt Aareland als Wohnregion und
natürliche Aarelandschaft gefördert werde. Diese Region sei
bereits genügend mit atomaren Anlagen und Gefahren belastet. Dazu
komme das Projekt eines zweiten Kernkraftwerks. "Die Bevölkerung
hat das Recht, nicht zum atomaren Abfallkübel der Schweiz verdammt
zu werden", schreibt die SP und folgert: "Genug ist genug."
Unabhängige Forschung ermöglichen
Unabhängig vom konkreten Standort verlangt die SP,
der vom
Bundesrat akzeptierte Entsorgungsnachweis sei aufzuheben und das
Lagerkonzept zu überarbeiten. Angesichts ungelöster
technischer und gesellschaftlicher Probleme sei die Standortsuche heute
verfrüht und deshalb aufzuschieben.
Die Nagra muss nach Ansicht der SP aus ihrer
Abhängigkeit
von den AKW-Betreibern gelöst werden, zudem brauche es eine
zweite, gleichwertige Institution, die losgelöst von der Nagra
eigenständige Forschung tätigen könne. Anzustreben sei
eine interdisziplinäre Lösung, die nicht nur die
technisch-geologischen Aspekte berücksichtige. (mgt)
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Blick 1.12.10
Poker um Atommüll geht in nächste Runde
Wo die Endlager für Atommüll stehen werden, ist
noch
ungewiss. Klar ist nur: Keiner will sie. Das zeigen Reaktionen aus den
betroffenen Regionen.
In sechs Schweizer Regionen wird gezittert. Denn sie
gelten als
mögliche Standorte für die Endlagerung von Atommüll
(siehe Karte). Bis gestern hatten sie Zeit, sich zu diesen Plänen
des Bundes zu äussern.
"Es ist ja klar, dass niemand ein solches Lager bei sich
will",
sagt Hans Kopp, Gemeindepräsident von Wolfenschiessen NW. Sein
Dorf gehört zusammen mit sieben weiteren Gemeinden aus den
Kantonen Nid- und Obwalden zur "Standortregion Wellenberg".
Kaum anders tönt es an den anderen Standorten: "Wir
sind
klar gegen ein Tiefenlager in unserer bevölkerungsreichen Region.
Aber wir stellen uns der Ausmarchung", heisst es beim Forum
"Lägern-Nord". In der Region "Bözberg" spielt man einen
anderen Trumpf aus: Man habe mit Beznau I und II sowie Leibstadt drei
Kernkraftwerke in der Region und in Würenlingen AG stehe bereits
ein Zwischenlager für radioaktive Abfälle.
Mit solchen Argumenten versuchen die betroffenen Regionen,
sich
für ein Endlager aus dem Rennen zu nehmen. Über 300
Wortmeldungen sind beim Bundesamt für Energie zu dieser brisanten
Standortfrage eingegangen. Von einzelnen Personen, von
Interessengruppen und Gemeinden - auch aus Deutschland. Denn drei der
sechs Standortregionen grenzen an deutsches Territorium. All diese
Äusserungen werden gesammelt, die weiteren Entscheidungen liegen
aber beim Bundesrat. Er wird bis Mitte 2011 festlegen, ob vorerst mit
allen sechs Standorten weitergeplant wird. Oder ob bereits die ersten
aus dem Rennen fallen.
Danach sollen weitere Untersuchungen zeigen, welche
Standorte am
besten für ein Endlager geeignet sind - von einer richtigen
Rangliste ist die Rede. Spätestens dann wird es für die
bestplatzierten Regionen ungemütlich.
Das letzte Wort hat am Schluss das Volk. Frühestens
2018
wird über die Endlager-Frage abgestimmt. Das heisst: Jene
Regionen, die von den sechs noch im Rennen sind, kämpfen dann an
der Urne gegen den Rest der Schweiz.
Matthias Pfander
Die möglichen Standorte:
1 Jura-Südfuss
2 Bözberg
3 Lägern-Nord
4 Südranden
5 Zürcher Weinland
6 Wellenberg
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Basellandschaftliche Zeitung 1.12.10
Anti-AKW-Bewegung: Weder überaltert noch träge
Widerstand Derzeit stehen die Argumente im Vordergrund.
Grössere Aktionen folgen erst, wenn es akut wird
Daniel Haller
Die Anti-AKW-Bewegung ist in der Nordwestschweiz ein
Erfolgsmodell: In beiden Basel steht die Ablehnung der Atomkraftwerke
(AKW) in der Verfassung, in dieser Woche kommt die Basler
Standesinitiative "Erneuerbare Energien und Energieeffizienz statt neue
Atomkraftwerke" in den Ständerat, und die Energieunternehmen in
der Region investieren quer durch Europa in Wind- und Sonnenkraftwerke
(siehe Seite 31).
Doch macht Erfolg nicht träge? Ist die Bewegung in
der Lage,
sich angesichts der neuen AKW-Pläne der Stromkonzerne zu erneuern,
oder besteht sie nur noch aus einigen Kaiseraugst-Veteranen, die sich
unlängst im Verein "NWA-55plus" (Basellandschaftliche Zeitung vom
29. November) organisiert haben?
NWA heisst "Nie wieder Atomkraftwerke". Doch bereits im
Februar
wird im Kanton Bern über den Ersatz für das AKW
Mühleberg abgestimmt, und für 2013 rechnet man mit einer
nationalen Abstimmung über einen AKW-Neubau. "Natürlich ist
es im Vergleich zu einem Fussballmatch bescheiden, wenn an Pfingsten
5000 Personen am ‹Menschenstrom› zum AKW Gösgen teilgenommen
haben", meint Roland Meyer (74), Präsident von NWA-55plus. Derzeit
sei eher Argumentation als Aktion angesagt. "An dieser Demo haben
Menschen aller Altersstufen teilgenommen. Die Bewegung kann sich im
Schneeballsystem rasch vergrössern."
Auch Heidi Portmann (70), Präsidentin der
Gewaltfreien
Aktion Kaiseraugst (GAK), ist zuversichtlich, erreicht sie doch mit der
GAK-Zeitung "Energie Express" nach wie vor gegen 11000 Abonnenten.
"Viele sind in Gemeinden engagiert und argumentieren für
erneuerbare Energien. Oder sie sammeln Unterschriften für
Initiativen und Referenden." Man müsse nun klarmachen, dass ein
neues Atomkraftwerk unsinnig teuer und ein wirtschaftliches
Klumpenrisiko sei und zudem die Entwicklung in Richtung
Alternativenergie behindere.
Auch Anti-AKW-Bewegung U30
"NWA-55plus haben wir gegründet, damit ob der ganzen
Power
der nachrückenden Jungen die Erfahrung der Alten nicht verloren
geht", erklärt Aernschd Born, Geschäftsführer NWA. "Es
geht darum, eine gemeinsame, generationsverbindende Strategie zu
entwickeln."
Zu dieser jungen Generation zählt die Baslerin
Michaela
Lötscher (24), die unter anderem in Gorleben an den
Castor-Blockaden teilgenommen hat. "In Basel selbst ist das Thema
derzeit nicht sehr aktuell, aber die Gruppe, die den Menschenstrom
organisiert hat, trifft sich regelmässig und plant weitere
Aktionen." Als Mitglied der Greenpeace-Regionalgruppe Basel betont sie:
"Bei der Abstimmung 2013 darf es keine Zustimmung zu dieser veralteten
und gefährlichen Technologie mit ihren vielen ungelösten
Problemen geben."
Auch für die Basler Grossrätin Mirjam Ballmer
(28) von
den Jungen Grünen ist der Kampf gegen neue AKW "ein langfristiges
Schwerpunktthema". Dass sich derzeit die Anti-AKW-Bewegung nicht
fühlbarer äussert, beunruhigt sie nicht: "Widerstand braucht
einen Anlass. Im Moment ist die Kraft der Strasse noch nicht
nötig." Sie verweist darauf, dass die Facebook-Gruppe "Nein zu
neuen AKW in der Schweiz" derzeit knapp 4000Mitglieder habe. "Wenn dann
eine akute Situation entsteht, lassen sich die Jungen mobilisieren."
Kein "Sowohl als auch"
Auch Born beobachtet, dass derzeit viele Leute zufrieden
sind,
beispielsweise mit den Investitionen in erneuerbare Energie. "Die
Stromunternehmen wollen uns weismachen, es brauche trotzdem auch ein
AKW." Dies komme dem schweizerischen Sicherheitsdenken entgegen. "Doch
das geht nicht: Ein AKW ist so teuer, dass für Alternativen nichts
bleiben würde. Es gibt nur ein ‹Entweder oder›, kein ‹Sowohl als
auch›."
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Atommüll: Verhärtete Fronten zum Endlager-Konzept
Am Ende der ersten Etappe zur Suche eines Endlagers
für
radioaktive Abfälle protestierten 4000 Bewohner betroffener
Gebiete mit schriftlichen Einsprachen. Weiter gingen rund 200
Stellungnahmen von Parteien, Organisationen und Gemeinden beim
Bundesamt für Energie (BFE) ein. Im Zentrum der zweiten Etappe
stehe die Partizipation, sagte Michael Aebersold, zuständiger
Projektleiter beim BFE. Dabei gehe es etwa darum, wo genau die
Entsorgungsanlagen gebaut werden könnten. Der Direktor der
Schweizerischen Energie-Stiftung, Jürg Buri, kritisiert das
Partizipationsverfahren: "Dies ist eine scheindemokratische
Alibiübung", sagte er gegenüber SDA. Die Bewohner der
betroffenen Regionen dürften sich zwar äussern, doch habe
ihre Kritik kein Gewicht. Es stehen sechs Möglichkeiten zur
Diskussion: die Regionen Bözberg (AG), Jura-Südfuss (AG),
Nördlich Lägern (AG und ZH), Südranden (SH), Wellenberg
(NW und OW) und Zürcher Weinland (ZH und TG). (sda)
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Finanz und Wirtschaft 1.12.10
"Swissgrid könnte an der Börse kotiert werden"
Hans Schweickardt Der VR-Präsident von Alpiq rechnet
für die Netzgesellschaft mit hohem Kapitalbedarf und will die
Standortfrage zum Bau neuer AKW offenhalten
Christoph Gisiger
Die Debatte um neue Kernkraftwerke spitzt sich zu. Zur
Diskussion
steht auch der Alpiq-Standort im Solothurner Niederamt unweit der
bestehenden Anlage in Gösgen. Verwaltungsratspräsident Hans
Schweickardt verteidigt ihn gegen die vom Konsortium aus Axpo und BKW
getragenen Projekte in Beznau sowie Mühleberg. Verglichen mit dem
europäischen Ausland seien die Schweizer Stromtarife nach wie vor
attraktiv, hält der Branchenveteran zudem fest. Auch plädiert
er dafür, dass der Verwaltungsrat des
Übertragungsnetzbetreibers Swissgrid weiterhin mit Vertretern aus
dem Stromsektor bestückt wird.
n Herr Schweickardt, Alpiq und andere Schweizer
Stromvaloren
haben 2010 enttäuscht. Wann geht es wieder aufwärts?
Nicht nur Schweizer Stromaktien, auch Eon, RWE und der
gesamte
europäische Sektor stehen unter Druck. Energie ist und bleibt
jedoch ein wichtiger Treibstoff für den Konjunkturmotor. Zudem
entfällt auf den Stromsektor ein immer grösserer Anteil am
gesamten Energieverbrauch. Das wird sich in der Bewertung von
Elektrizitätsgesellschaften niederschlagen. Die mittel- bis
langfristigen Perspektiven für Stromaktien sind daher intakt.
Kurzfristig bremst aber die Ungewissheit, wie das politische Regelwerk
im In- und Ausland ausgestaltet wird und wie sich die Gesamtwirtschaft
weiterentwickelt.
n Kotierte Stromkonzerne müssen zudem stets mit dem
Widerspruch zwischen öffentlichem Versorgungsauftrag und
unternehmerischem Wirtschaften leben. Das heisst, es werden auch
Entscheide getroffen, die nicht immer im Interesse des
Publikumsaktionärs sind. Ist eine Kotierung unter diesen
Voraussetzungen überhaupt sinnvoll?
Eine Kotierung hat immer auch mit Finanzierungsfragen zu
tun. Sie
eröffnet die Möglichkeit, Geld durch eine
Kapitalerhöhung an der Börse aufzunehmen. Zudem wird die
Transparenz erhöht, was für das Begeben von Anleihen
hilfreich ist. Eine Kotierung schafft damit einen guten finanziellen
Hintergrund für ein Unternehmen. Auch die Aktien von Swissgrid
könnten deshalb durchaus an der Börse gehandelt werden.
n Im europäischen Ausland werden die Aktien von
Netzbetreibern wie National Grid oder Terna längst im Publikum
gehandelt. Im Schweizer Stromversorgungsgesetz ist jedoch verankert,
dass Anteile von Swissgrid nicht an einer Börse kotiert sein
dürfen.
Was die Politik letztlich entscheiden wird, ist ihr
überlassen. Für Swissgrid aber ist wichtig, wie künftig
die enormen Investitionen ins Übertragungsnetz finanziert werden.
Dafür braucht das Unternehmen ausreichend Eigenkapital, das sich
über ein breiteres Aktionariat einfacher beschaffen lässt -
selbst wenn es sich nur um einen vergleichsweise kleinen Free Float
handeln würde.
n Gibt es für einen solchen Schritt denn schon feste
Pläne?
Im Rahmen der Revision des Stromversorgungsgesetzes wird
diese
Möglichkeit in verschiedensten Konstellationen diskutiert. Die
Debatte ist politisch gesteuert, wobei zur Mechanik einer
Kapitalbeschaffung und zur Bedeutung einer gewissen Minimalrendite
Verständnis notwendig ist. Ohne ein breiter abgestütztes
Aktionariat und die Möglichkeit zur Kapitalbeschaffung über
die Börse wird es für Swissgrid jedoch sehr schwierig.
n Ein heikler Punkt ist ebenfalls die Zusammensetzung des
Verwaltungsrats von Swissgrid. Gemäss politischem Willen soll er
möglichst unabhängig von der Strombranche sein.
Die Frage ist, wie fundiert die Branchenkenntnis im
Verwaltungsrat sein soll. Je nachdem muss eine Mehrheit oder eine
Minderheit der Mitglieder aus der Elektrizitätswirtschaft kommen.
Fehlen Vertreter der Strombranche aber ganz, könnte es schwierig
werden.
n Warum?
Das Übertragungsnetz ist hochkomplex. Wenn es an
Fachwissen
mangelt, könnte es zum Beispiel zu schwerwiegenden Fehlentscheiden
kommen. Das kann eine Organhaftpflicht nach sich ziehen und einen
Verwaltungsrat in finanzielle Schwierigkeiten bringen. Ähnliche
Probleme gab es bei Swissair.
n Dennoch traut die Öffentlichkeit der Strombranche
nicht.
Besonders die Industrie fürchtet sich vor weiteren
Tariferhöhungen und klagt darüber, dass trotz der partiellen
Marktöffnung nach wie vor die alten Gebietsmonopole bestehen. Wie
hohe Strompreise kann die Wirtschaft verkraften?
Entscheidend ist, dass die Schweizer Wirtschaft durch
konkurrenzfähige Stromkosten bevorteilt bleibt. Verglichen mit dem
europäischen Ausland sind unsere Tarife noch immer attraktiv, wenn
auch oft das Gegenteil behauptet wird. Nicht nachvollziehbar ist die
Forderung nach Strom zu Gestehungskosten. Die Strombranche kann ihren
Versorgungsauftrag nur erfüllen, wenn sich Investitionen in den
Netzausbau sowie in neue Kraftwerke und Unterstationen rentieren. Ohne
diese Investitionen wird sich der Strompreis letztlich dem
europäischen Niveau angleichen, wobei zusätzlich die Kosten
zur Nutzung der Grenzleitungen hinzukommen. Das wäre für die
Wirtschaft eine nachteilige Entwicklung, die sich aber erst auf
mittlere bis lange Sicht bemerkbar machen wird.
n Zu den geplanten Grossinvestitionen gehören die
Projekte
für neue Kernkraftwerke in Beznau, Mühleberg und im
Solothurner Niederamt. Ist die Technologie für neue Reaktoren
überhaupt ausgereift? Areva zum Beispiel bekundet mit dem Bau von
Prototypen in Finnland und Frankreich schwere Probleme.
Im Bewilligungsverfahren für ein neues Kernkraftwerk
muss
zunächst nur die Leistungsklasse, nicht aber ein bestimmter
Reaktortyp angegeben werden. Das ist sinnvoll, denn der politische
Prozess zieht sich lange hin, während sich die Technologie
fortwährend verbessert. Ein Prototyp käme für uns
ohnehin nicht in Frage. Bis wir dann in der Schweiz ein Baugesuch
einreichen können, verschafft uns das genügend Zeit, das
entsprechende Fachwissen aufzubauen und von den Erfahrungen der
verschiedenen Hersteller im Reaktorbau zu profitieren.
n Zeit lassen sich Alpiq, Axpo und BKW ebenfalls, was ein
gemeinsames Vorgehen betrifft. Dass sich die Grossen der Strombranche
einen Konkurrenzkampf um den Bau neuer Kernkraftwerke liefern, schadet
doch der Sache.
Von einem Konkurrenzkampf kann keine Rede sein. Jedes neue
Kernkraftwerk in der Schweiz wird ein Partnerwerk sein, denn niemand -
und das gilt auch für Axpo und die BKW - hat die Kernenergie
für sich allein gepachtet. Wenn in der Schweiz ein Kernkraftwerk
gebaut wird, dann nur, weil das Volk es so will. Es geht darum, das
Land auch künftig sicher versorgen zu können, und nicht
darum, ein gutes Geschäft zu machen. Wirtschaftlich haben es
Kernkraftwerke in den ersten zehn Betriebsjahren naturgemäss
ohnehin eher schwer.
n Vergangenes Wochenende haben sich auch die Städte
Bern und
St. Gallen entschieden, aus der Kernenergie auszusteigen. Bereitet
Ihnen das Sorgen?
Weil es für ein neues Kernkraftwerk eine
eidgenössische
Abstimmung braucht, haben diese Abstimmungen konsultativen Charakter.
Dennoch hinterlassen sie Spuren, denn im behördlichen
Bewilligungsverfahren wird alles mitberücksichtigt. Im kommenden
Jahr werden zudem die Kantone Bern und Waadt über die Kernenergie
abstimmen. Es wäre deshalb töricht, sich jetzt schon auf zwei
bestimmte Standorte festzulegen.
n Viel Gewicht im Aktionariat von Alpiq haben
Elektrizitätswerke aus der Region Basel und der Westschweiz. Dort
ist man der Kernenergie seit jeher abgeneigt. Spricht das nicht gegen
das Alpiq-Projekt im Solothurner Niederamt?
Der Ausgang einer eidgenössischen Abstimmung ist
offen. Das
Wahlverhalten dieser Regionen wird das Resultat zweifellos
beeinflussen. Es ist deshalb wichtig, dass wir als zuständiger
Versorger an vorderster Front aktiv bleiben. Wenn wir unser Projekt
aufgeben würden, wäre die Unterstützung in diesen
Regionen ebenso wie unsere Glaubwürdigkeit unnötig
geschmälert.
n Anders als Axpo und die BKW hat Alpiq mit EDF einen
mächtigen ausländischen Stromkonzern als Grossaktionär.
Das macht es politisch kaum einfacher.
Das sehe ich nicht so. EDF kennt die politische Tragweite
genau
und weiss, dass die Schweiz die Frage nach neuen Kernkraftwerken nur
für sich selbst lösen kann. Auch ist EDF als strategischer
Partner in der Kernkraft nicht zu vernachlässigen. Sie
verfügt über ausgewiesenes Fachwissen in der
Kernenergietechnik, was gerade in der Umsetzung sehr nützlich sein
kann. Hinzu kommt, dass die Schweiz wichtige Strombezugsverträge
mit Frankreich hat. Obschon noch nicht klar ist, wie der Stromfluss
über die Grenze künftig geregelt wird, bringt ein starker
Partner hier zweifellos Vorteile.
n Wie die Stromimporte aus Frankreich künftig
geregelt
werden, soll ein Energieabkommen mit der EU festlegen. Warum gibt es in
dieser wichtigen Frage noch immer keine Übereinkunft?
Unbestritten ist, dass sich beide Parteien gegenseitig
brauchen.
Die EU ist auf die Schweiz angewiesen, weil wir uns im Zentrum Europas
befinden. Hinzu kommt, dass wir mit Italien, Frankreich sowie
Deutschland die grössten Stromverbraucher als Nachbarn haben. Als
Alpenland verfügt die Schweiz zudem über viel Wasserkraft,
die sich sehr flexibel einsetzen lässt. Das wird immer wichtiger,
weil Europa stark auf neue erneuerbare Energien setzt und die Züge
zum Beispiel nicht nur dann fahren sollen, wenn der Wind bläst
oder die Sonne scheint. Diese Trümpfe dürfen wir nicht unter
Wert einsetzen und müssen die Verhandlungen möglichst
zielführend zum Abschluss bringen. Ob das aber möglich ist,
bevor sich der Schweizer Markt auch für Kleinkunden öffnet,
ist fraglich, zumal das eine klare Forderung der EU ist.
n Wie wird sich der europäische Energiemarkt in den
kommenden Jahren entwickeln? Und welche Rolle will Alpiq dabei spielen?
Auf dem grossen Schachbrett wird sich noch einiges
bewegen.
Sobald die Konjunktur wieder richtig Tritt fasst und die politischen
Spielregeln klar sind, könnte auch die Schweiz Ziel von
ausländischen Konsolidierungsbestrebungen werden. Dem können
wir nur entgegentreten, indem wir mit einer Stimme sprechen. Das ist
jedoch nur möglich, wenn die Vernunft obsiegt und es zu einer
weiteren Konzentration in der Schweiz selbst kommt. Alpiq hat mit dem
Zusammenschluss von EOS und Atel einen guten Anfang gemacht und ist in
Europa zu einem agilen Spieler avanciert.
n Wie interessant wäre beispielsweise eine engere
Partnerschaft mit den BKW, nachdem Eon die Beteiligung am Berner
Versorger den BKW verkauft hat?
Darauf eine Antwort zu geben, ist schwierig. Was mit den
BKW-Aktien passiert, ist Sache der BKW und von Groupe E. Ich schliesse
aber nichts aus und bin für alle Spielvarianten offen, jeweils mit
der Politik im Hintergrund. Für eine enge Partnerschaft braucht es
gegenseitiges Einverständnis, denn ein solcher Schritt erfordert
viel Geduld und Einsicht. Schliesslich hat der Zusammenschluss von EOS
und Atel ja auch vier Jahre gebraucht.
Interview: Christoph Gisiger
--
Zur Person
Hans Schweickardt kennt die Strombranche wie kaum ein
anderer.
Der Spiritus Rector der Fusion von EOS und Atel ist
ETH-Elektroingenieur und startete seine Karriere 1970 bei ABB. Anfang
der Neunzigerjahre zog es ihn in die Stromwirtschaft, wo er für
Atel den Bereich Energiewirtschaft leitete und am Aufbau des Handels
massgeblichen Anteil hatte. Als Vorstandsmitglied der Frankfurter
Energiebörse weitete er zudem sein internationales Kontaktnetz
aus. 2002 übernahm er als CEO von EOS eine neue Herausforderung
und restrukturierte das Westschweizer Überlandwerk erfolgreich.
Zudem steht er Swisselectric, der Dachorganisation der
Überlandwerke, vor. Der Bürger der Zürcher Gemeinde
Neerach mit Jahrgang 1945 ist zweifacher Familienvater, fundierter
Weinkenner und passionierter Modelleisenbahnfan.CG
Das Powerhouse der Alpen
Alpiq hat keine einfache Startphase. Die gedämpfte
Nachfrage
aus der Wirtschaft sowie Überkapazitäten in der Produktion
halten die europäischen Elektrizitätspreise unter Druck.
Anfang 2009 aus dem Schulterschluss des Überlandwerks EOS und der
Oltner Stromhändlerin Atel hervorgegangen, spürt das auch
Alpiq. Der gemessen am Umsatz grösste Schweizer Stromkonzern ist
vor allem im europäischen Handel und Vertrieb aktiv. Die
Feinverteilung im Heimmarkt übernehmen regionale Verbundwerke, die
insgesamt gut 60% am Unternehmen halten.
Mit mächtigen Speicheranlagen im Wallis ist Alpiq auf
die
Elektrizitätsproduktion zur Abdeckung von Verbrauchsspitzen
spezialisiert. Das Unternehmen betreibt zudem das Kernkraftwerk
Gösgen und unterhält in Italien, Frankreich, Osteuropa sowie
neu auch in Spanien fossilthermische Anlagen. 2009 hat Alpiq mehr als
19 Mrd. Kilowattstunden Strom produziert, was rund einem Drittel des
schweizerischen Jahresverbrauchs entspricht.
Obschon das Marktumfeld erheblich schwieriger ist als in
den
vergangenen Jahren und der Handel risikobehaftet ist, schlägt sich
der Konzern im Branchenvergleich wacker. In den ersten neun Monaten hat
sich der Umsatz verglichen zur Vorjahresperiode 2% auf 10,5 Mrd. Fr.
ermässigt, das Betriebsergebnis (Ebit) 12% auf 690 Mio. Fr. Das
Ziel, das Vorjahresresultat zu egalisieren, lässt sich kaum noch
halten. Wir rechnen für 2010 mit rund 600 Mio. Fr. Gewinn oder 22
Fr. pro Aktie. Die Papiere zählen im europäischen Stromsektor
zwar zu den Qualitätswerten, doch Engagements erfordern Geduld,
denn bis sich die hartnäckige Baisse im Elektrizitätsmarkt
verzogen hat, braucht es noch einige Zeit.CG
---
Telebärn 30.11.10
Schwierige Suche nach Atomendlager
http://www.kyte.tv/ch/telebaern/schwierige-suche-nach-atomendlager/c=84713&s=1096756
---
st.tv 30.11.10
Proteste von Atommüll-Gegnern erwartet
sda/gern
Am Ende der ersten Etappe zur Suche eines Endlagers
für
radioaktive Abfälle sind die Fronten verhärtet: Tausende
Bewohner betroffener Regionen wehren sich gegen das
Atommüll-Konzept des Bundes. Dieser will im nächsten Jahr die
Mitwirkungs-Möglichkeiten ausweiten.
Im Zentrum der zweiten Etappe stehe die Partizipation,
sagte
Michael Aebersold, zuständiger Projektleiter beim Bundesamt
für Energie (BFE). Dabei gehe es etwa darum, wo genau die
Entsorgungsanlagen gebaut werden könnten. Je nach Standort
kämen dafür bis zu 47 Gemeinden in Frage.
Weiter will das BFE eruieren, welche wirtschaftlichen,
ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen ein
Atommüll-Lager auf die Standortregionen hätte. Auch zu dem
Thema würden die Regionen befragt, erklärte Aebersold.
Mitwirkung bedeute jedoch nicht automatisch Mitsprache, machte er klar.
Die zweite Etappe dauert voraussichtlich bis 2015/16.
Kritik am Verfahren des Bundes
Bis dann soll die Auswahl der möglichen Standorte auf
je
mindestens zwei für die Lagerung von schwach- und
mittelradioaktiven sowie für die Lagerung von hochradioaktiven
Abfällen eingeengt werden. Heute stehen sechs Möglichkeiten
zur Diskussion: die Regionen Bözberg (AG), Jura-Südfuss (AG),
Nördlich Lägeren (AG und ZH), Südranden (SH), Wellenberg
(NW und OW) und Zürcher Weinland (ZH und TG).
Nichts übrig für das Partizipationsverfahren hat
der
Direktor der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES), Jürg Buri:
"Das Verfahren ist eine scheindemokratische Alibiübung", sagte er.
Die Bewohner der betroffenen Regionen dürften sich
zwar
äussern, am Schluss habe ihre Kritik aber kein Gewicht. "25
Kantone können einem einzigen ein Endlager aufzwingen", hielt Buri
fest.
Optimale Lösung noch nicht gefunden
Mit Unterstützung der SES protestierten im Rahmen der
Vernehmlassung zur ersten Etappe 4000 Bewohner betroffener Gebiete
mittels schriftlicher Einsprachen. Weiter gingen rund 200
Stellungnahmen von Parteien, Organisationen oder Gemeinden beim BFE
ein, wie Aebersold sagte.
Für den Fall, dass eine Region gegen ihren Willen zur
Aufnahme der radioaktiven Abfälle gezwungen wird, sagt
SES-Direktor Buri grosse Proteste voraus. "Wir werden Bilder sehen wie
jüngst im deutschen Gorleben." Für ihn ist klar: Um eine
Region davon zu überzeugen, dass sie radioaktive Abfälle bei
sich aufnehme, brauche es nicht einfach "Bestechungsgelder", sondern
ein gutes Konzept.
Und ein solches Konzept fehle der Nationalen
Genossenschaft
für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra), die im Auftrag
des Bundes nach Lösungen sucht, kritisiert Buri.
Unterstützung erhält die SES von der SP und den Grünen.
Es sei schlicht unvorstellbar, Atommüll für die nächste
Million Jahre sicher zu entsorgen, schreiben etwa die Grünen im
Vernehmlassungsverfahren zur ersten Etappe.
Bessere Methoden in einigen Jahren
Und die SP fordert, dass der Atommüll jederzeit
wieder aus
dem Boden geholt werden kann: "Künftige Generationen sollen auf
allfällige Probleme und Entwicklungen reagieren und bessere
Lösungen umsetzen können."
Die CVP ermahnt den Bund zur Transparenz im
Auswahlverfahren: Nur
so werde die Bevölkerung ein Endlager auf ihrem Gebiet
akzeptieren. FDP und SVP wollen derweil aufs Tempo drücken: Das
Verfahren dürfe nicht durch politisch motivierte Forderungen nach
zusätzlichen Abklärungen verzögert werden.
Das Auswahlverfahren für einen Standort zur Lagerung
des
Atommülls hatte vor rund zwei Jahren begonnen. Es wird in drei
Etappen durchgeführt und soll bis 2020 zu einem Ergebnis
führen. Ziel ist ein Lager für schwach- und mittelradioaktive
Abfälle sowie eines für hochradioaktive Abfälle oder ein
Kombilager. Der Entscheid für ein Lager kann mittels Referendum
angefochten werden.
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BZ 30.11.10
Neue AKW im Visier
Standortfrage. Die Schweizerische Energie-Stiftung fordert
den
Bundesrat auf, die Standortsuche für die Lagerung radioaktiver
Abfälle zu stoppen und das Auswahlverfahren neu aufzugleisen.
Die Schweizerische Energie-Stiftung (SES) wehrt sich gegen
das
"unsichere" Entsorgungskonzept und gegen das "scheindemokratische"
Vorgehen des Bundesamts für Energie (BFE), wie die Stiftung
gestern mitteilte. Heute läuft die Anhörungsfrist zur ersten
Etappe im sogenannten Sachplanverfahren ab.
Die Bundesbehörden hatten Ende August festgehalten,
dass
für die Lagerung radioaktiver Abfälle weiterhin alle sechs
zur Diskussion stehenden Standorte in Frage kommen: die Regionen
Bözberg AG, Jurasüdfuss AG, Nördlich Lägeren AG und
ZH, Südranden SH, Wellenberg NW und OW und Zürcher Weinland
ZH und TG.
Laut SES haben sich 4000 Personen aus den betroffenen
Regionen
mit Einsprachen gegen ein "unsicheres Atommülllager" gewehrt.
Diese Unterschriften wurden gestern dem Umweltdepartement Uvek
überreicht. Aus Sicht der Energie-Stiftung bleiben für den
Entsorgungsnachweis viele technische Fragen bis heute offen.
Voraussichtlich Mitte 2011 wird der Bundesrat entscheiden, welche
Standortgebiete im Auswahlverfahren verbleiben.
sda
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Aargauer Zeitung 30.11.10
"Dieses Verfahren ist undemokratisch"
Bözberg Harsche Kritik übt der Verein "KAIB -
Kein
Atommüll im Bözberg" am Vorgehen beim Sachplan Tiefenlager:
"Dieses Mitwirkungsverfahren ist undemokratisch."
"Der Verein ‹KAIB - Kein Atommüll im Bözberg›
mit
seinen mehr als 300 Mitgliedern begrüsst grundsätzlich den
Willen der Nagra als Entsorgungspflichtige, das Problem der Endlagerung
radioaktiver Abfälle lösen zu wollen", stellt der Vorstand
von KAIB zwar fest. Dennoch weist er den Ergebnisbericht zum Sachplan
Tiefenlager Etappe I klar zurück.
"Partizipation ist hier eine Farce"
"Diese Art ‹Sachplanprozess› als Partizipation der
Bevölkerung zu bezeichnen, ist eine Farce", betont der Vorstand
von KAIB. "Auf gesellschaftliche Probleme wird gar nicht eingegangen.
Es reicht nicht, Ängste zu beschwichtigen und einseitig zu
informieren. Der Zeitdruck erschwert die Anhörung. Sich in dieser
kurzen Zeit in das komplexe Thema einzuarbeiten, ist selbst für
Fachleute unmöglich. Die riesige Menge an technischen
Informationen ist für Laien nicht verständlich. Es kommt der
Eindruck auf, dass kritische Stimmen gar nicht in den Prozess
eingebunden werden sollen. Eine konstruktive Auseinandersetzung
über die Atommüll-Lagerung ist so nicht möglich."
KAIB frage sich, ob wirklich ein ehrliches Interesse an
der
Mitwirkung der Bevölkerung bestehe oder ob vielmehr eine
seriöse Prüfung durch Unabhängige und Betroffene bewusst
unterbunden werden solle, stellt der Vorstand fest. Wie er betont,
erwartet KAIB im laufenden Prozess eine "auf Transparenz und
Ehrlichkeit beruhende Mitsprache".
"Entscheid noch nicht möglich"
Der KAIB-Vorstand nimmt auch Stellung zu der Konzentration
von
Standorten von Kernanlagen im Aargau. Er verweist dabei auf die drei
Atomkraftwerke, das PSI und das Zwischenlager: "Trägt unser Kanton
nicht schon genügend Lasten für die ganze Schweiz?", meint
er. "Solange noch die geringsten Unwägbarkeiten in der technischen
Ausführung des Tiefenlagerkonzeptes bestehen, soll und darf kein
Standortentscheid gefällt werden. Erst wenn bei allen sechs
potenziellen Standorten der geologische Kenntnisstand identisch ist,
kann auf der Basis von Qualität weiter entschieden werden. Dies
ist heute mitnichten der Fall. Diese Abklärungen werden noch
mehrere Jahre in Anspruch nehmen."
Ein wichtiges Thema, so KAIB, sei auch die
Rückholbarkeit
der radioaktiven Abfälle: "Das im Sachplan vorgelegte Konzept
zeigt im Umgang mit langen Zeiträumen keine Lösungen auf.
KAIB ist klar gegen eine technische Lösung, welche den Abfall
für immer wegschliesst. Für künftige Generationen
müssen die Kontrolle über den Atommüll und der
Handlungsspielraum gewährleistet sein."
Der Verein KAIB fordert, zusammen mit den
Widerstandsgruppierungen gegen alle potenziellen Tiefenlager-Standorte,
Rahmenbedingungen für eine neutrale Forschung; ein Konzept, das im
Umgang mit langen Zeiträumen Lösungen aufzeigt; ein Lager,
das kontrollierbar ist und bei dem der Müll jederzeit
rückholbar ist und einen identischen Kenntnisstand aller sechs
Standorte. KAIB akzeptiert zudem keine politischen und wirtschaftlichen
Sachzwänge.
Der Verein KAIB erwartet schliesslich, dass seine Kritik,
seine
Anregungen und seine Fragen ernst genommen und in den weiteren Prozess
einbezogen werden. (lp)
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Basler Zeitung 30.11.10
Kritik an Lagerkonzept für Atommüll
Experten werfen der Nagra unzureichende Prüfung der
Standorte in der Region vor
Franziska Laur
Die Schweizerische Energiestiftung (SES) wirft der Nagra
vor, sie
schlage Standorte für ein Atommülllager vor, ohne dass die
sicherheitstechnischen Untersuchungen durchgeführt worden seien.
Vor zwei Jahren präsentierte die Nagra sechs
potenzielle
Standorte für ein Atommülllager, drei davon ganz oder
teilweise im Kanton Aargau. Mit dabei der Bözberg wie auch
Nördlich Lägeren. Pikant: vor Jahren wurden diese beiden
Standorte (ebenfalls von der Nagra) lediglich als Reserveoption
bezeichnet. "Die Nagra beurteilte diese zwei Standorte als geologisch
weniger geeignet und untersuchte sie daher nicht weiter", sagt Sabine
von Stockar von der Schweizerischen Energie-Stiftung. Doch mit dem
Sachplanverfahren kamen diese Gebiete wieder als Standortoption auf -
untersucht wurden sie trotz ursprünglicher Bedenken nicht weiter.
Die SES hat gestern zum Ende der Anhörung des
Sachplanverfahrens Etappe 1 dazu Stellung genommen: "Das Lagerkonzept
ist noch nicht ausgereift", sagt Sabine von Stockar. Die Fachleute bei
Bund und Nagra gingen von der Vorstellung aus, dass man ein Lager
abschliessen und danach eine Million Jahre Ruhe haben könne. "Das
ist eine Illusion. Ein solches Lager muss man ständig
überwachen", sagt von Stockar.
Weiter kritisiert sie zahlreiche technische Unklarheiten:
"Man
weiss beispielsweise noch nicht, in welche Behälter man den
Atommüll geben soll." Die heute bekannten Ummantelungen hielten
höchstens 1000 Jahre, Atommüll strahle aber bis zu einer
Million Jahre lang. Entsprechend müssten sowohl die zweite
Umhüllung aus Bentonitgestein wie der Opalinuston selbst die
gefährlichen Stoffe zurückhalten. Doch wie der Opalinuston
auf Wärme reagiert, sei zu wenig erforscht, so die
Atommüllexpertin.
Eine Farce
Doch vor allem bemängelt von Stockar, dass das ganze
Sachplanverfahren eine Farce sei, bei der die Bevölkerung nicht
mitbestimmen könne. Auch der aargauische Baudirektor Peter C.
Beyeler sagte von Beginn des Sachplanverfahrens weg: "Der Entscheid, ob
das Endlager auf Aargauer Boden liegt oder nicht, läuft ohne uns."
Tatsächlich: Nachdem das Nidwaldner Stimmvolk im Jahr
2002
Nein zu einem Endlager im Wellenberg gesagt hatte, beschloss der
Bundesrat, dass nicht mehr eine Region oder ein Kanton über einen
Endlager-Standort abstimmen könne, sondern nur die ganze Schweiz.
Damit steigt die Wahrscheinlichkeit erheblich, dass ein Projekt vom
Stimmvolk angenommen wird.
Versuchskaninchen
Entsprechend regt sich Kritik am Schweigen der Aargauer
Regierung,
zumal rund die Hälfte der Standortvorschläge auf Aargauer
Boden liegt. "Wir wollen nicht die Atommüll-Versuchskaninchen von
Europa sein", wehrt sich Elisabeth Burgener, SP-Grossrätin aus
Gipf-Oberfrick, gegen ein Endlager im Bözberg. Und sie fragt sich,
weshalb der Aargauer Regierungsrat als einziger in der Region
Nordwestschweiz noch nicht Stellung zum Endlager genommen hat.
Basel-Stadt und Baselland haben sich zum Sachplanverfahren
geäussert: "Die radioaktiven Abfälle aus allfälligen
künftigen AKW dürfen nicht berücksichtigt werden", sagt
der Basler Regierungsrat dazu. Er verlangt ausserdem, dass die Nagra
dem Bund unterstellt und von den Stromerzeugern unabhängig wird.
Und die Baselbieter Regierung spricht sich mit Nachdruck gegen die
Festlegung der potenziellen Standortgebiete Bözberg und
Jurasüdfuss für die Lagerung radioaktiver Abfälle aus.
Gemäss Jörg Hartmeier vom Aargauischen
Baudepartement
ist die Aargauer Regierung dabei, eine Stellungnahme zum
Sachplanverfahren zu verfassen. "Die Hauptaussage ist, dass die
Sicherheit an oberster Stelle steht", sagt er. Doch auch das Thema
vertiefte Untersuchungen werde angeschnitten.
Forderungen
Die SES fordert nun die Nagra auf, zuerst die nötigen
Untersuchungen durchzuführen und erst dann die Standorte
auszuwählen. Diese Untersuchungen mit 3-D-Seismik und spezifischen
Bohrungen sind bislang lediglich im Zürcher Weinland gemacht
worden. Doch die Nagra schlage unter dem Druck von Experten und
Kantonen Regionen vor, die möglicherweise gar nicht für ein
Atommülllager geeignet seien, so die SES. Das Sachplanverfahren
sieht vor, dass schon Ende kommenden Jahres die Eingrenzung der
Standortgebiete auf zwei konkrete Tiefenlagerprojekte pro
Abfallkategorie erfolgt.
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NLZ 30.11.10
Die Grünen doppeln nach
Wellenberg
red. Wie kürzlich schon das Komitee für eine
Mitsprache
des Nidwaldner Volkes bei Atomanlagen (MNA) deponieren auch die
Grünen Nidwalden beim Bund die Forderung, den Wellenberg aus dem
weiteren Auswahlprozess für ein Endlager für atomare
Abfälle zu streichen. Derzeit läuft die Vernehmlassung zum
Sachplan Tiefenlager. Die Partei verlangt "die Respektierung des
Volkswillens".
Zweifel an Untersuchungen
Die Grünen Nidwalden schreiben in ihrer Mitteilung,
der
Wellenberg als möglicher Standort für ein geologisches
Tiefenlager für atomare Abfälle sei unter den vorgeschlagenen
Standorten der am wenigsten geeignete. Die Partei zweifelt die
bisherigen geologischen Untersuchungen im Gebiet an. Bis heute sei
nicht gesichert, mit welchen Untersuchungsmethoden gesicherte
Informationen über den Gesteinskörper gewonnen werden
könnten. Und Wasser führende Schichten könnten zurzeit
nicht ausgeschlossen werden, halten die Grünen Nidwalden weiter
fest.
Das Konzept eines unkontrollierbaren Endlagers sei nicht
akzeptabel, schreiben die Grünen. Ein Störfall könnte
über einen langen Zeitraum unbemerkt Schaden anrichten.
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St. Galler Tagblatt 30.11.10
"Fernschuss" schlägt ein
Die städtischen Abstimmungsresultate waren gestern
zahlreichen Zeitungen auch westlich der Sitter einige Zeilen wert. Im
"Blick" allerdings machten Bern und Beni Würth das Rennen.
Andreas Nagel
Die St. Galler und Berner Atomausstiegs-Initiativen wurden
im
Vorfeld zum vorgestrigen Urnengang immer wieder als
"AKW-Stimmungstests" hochstilisiert. Ob sie das nun waren, wird sich
weisen. Auf nationaler Ebene jedenfalls hat gemäss "NZZ am
Sonntag" (Ausgabe vom 21. November) die Kampagnenarbeit für den
Bau neuer Atomkraftwerke bereits begonnen. Eine der "grossen
Abstimmungsschlachten des Jahrzehnts" zeichne sich ab, heisst es. Das
letzte Wort soll das Volk voraussichtlich 2013 haben.
Widerhall im Blätterwald
Vor diesem Hintergrund dürften die jüngsten
Volksentscheide zum Atomausstieg bei den grossen Stromkonzernen
zumindest mit gemischten Gefühlen aufgenommen worden sein. In den
Schweizer Medien stiessen sie erwartungsgemäss auf grossen
Widerhall. FDP-Ständerat Rolf Büttiker, Verwaltungsrat des
AKW Leibstadt, relativiert im "Tages-Anzeiger" allerdings den
Signalcharakter der beiden Plebiszite: Zwar habe die Atomwirtschaft
einen "Dämpfer" erlitten. Wegen der langfristigen
Ausstiegsszenarien (Bern: 2039; St. Gallen: 2050) handle es sich aber
bloss um einen "Fernschuss".
Akzent auf Geothermie gelegt
Auch die "NZZ" griff gestern in einem grösseren
Beitrag die
"Energiewende" in den beiden Städten auf. Der Akzent lag dort
jedoch mehr auf der Pionierrolle St. Gallens bei der Geothermie-Nutzung
als auf der sogenannten "Ausstiegsvariante light" (NZZ). Dies eine
Anspielung auf die Ausstiegsfrist, welche bei der SP-Initiative "Stadt
ohne Atomstrom" bereits 2018 zu laufen begonnen hätte.
Weiter berichteten "BAZ", "Aargauer Zeitung",
"Südostschweiz", "Zürichsee-Zeitung", natürlich die
Berner Blätter "Der Bund" und die "Berner Zeitung".
Spannung in Luzern
Grosse Aufmerksamkeit widerfuhr den hiesigen
Abstimmungsergebnissen in der Innerschweiz. In Luzern wird dem Volk
demnächst ebenfalls eine Atomausstiegs-Initiative unterbreitet.
Schliesslich schrieb auch der "Blick" über den
Atomverzicht.
Zumindest über jenen in der Stadt Bern. In einer Randspalte
Erwähnung fand dafür der neue St. Galler Regierungsrat Beni
Würth.
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Reaktionen und Abrechnungen
Der sanfte Atomausstieg bis 2050 ist auch Thema
zahlreicher
Communiqués, die seit Sonntagnachmittag auf der Stadtredaktion
eingetroffen sind. Besonders auf Trab muss die Medienstelle der Allianz
"Nein zu neuen AKW" sein. Kurz nach Bekanntwerden der Stadtsanktgaller
Ergebnisse traf ein euphorischer "Medienkommentar" ein: Bern und St.
Gallen hätten die Zeichen der Zeit richtig erkannt.
Rasch reagierten auch städtische Grüne und Junge
Grüne und gratulierten dem Volk zu "wegweisenden Entscheiden
für die Nutzung erneuerbarer Energien". Die Jungpartei setzte
gleichzeitig ein paar Giftpfeile auf ihren Lieblingsfeind, die
"AKW-Lobby", ab. Sachlicher dann die Grünliberalen, die den
Gegenvorschlag von Stadtrat und Parlament favorisiert hatten: Das Nein
zur "unrealistischen" SP-Atom-Initiative zeige, dass die
Stimmbürger eine "langfristige Wende" in der Atompolitik wollten.
Auch die SP hatte sich als Initiantin früh zu Wort
gemeldet.
Ihre Einschätzung: Mit Annahme des Gegenvorschlags habe sich die
Stadt für einen "umsichtigen und gangbaren" Weg aus der
Abhängigkeit von Atomenergie ausgesprochen. Gestützt wird
diese Argumentation vom WWF. Das Ergebnis bringe zum Ausdruck, dass die
Stadtbevölkerung eine mittel- und längerfristige
Energiezukunft ohne Kohle- und Atomstrom wolle. Anders tönt es bei
einer "mit Besorgnis erfüllten" FDP. Der Verzicht auf Atomstrom
sei "mit Risiken behaftet". Mit dem Gegenvorschlag werde "eine Vision
reglementiert, was höchst fragwürdig sei".
Die schwersten Geschütze fährt schliesslich die
CVP
auf, die mit dem ganzen Parteienspektrum abrechnet. SP und Grüne
hätten "Schiffbruch" erlitten, die FDP/SVP-Allianz einen
"Scherbenhaufen" hinterlassen. Selber indes sei man "einmal mehr" der
Mehrheit vorausgegangen. (an.)
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NZZ 30.11.10
Versicherungsschutz gegen einen Reaktorunfall
Aufzeigen des Kosten-Nutzen-Profils von Atomstrom mit
Katastrophen-Bonds
Die Risiken eines Reaktorunfalls sind bei der
wirtschaftlichen
Betrachtung des Atomstroms kaum berücksichtigt. Erwägenswert
ist, Katastrophen-Bonds zur Abdeckung von Risiken anzubieten .
Lars Jaeger
Seit Jahrzehnten ist die Auseinandersetzung um die
Kernenergie
fester Bestandteil der gesellschaftlichen Diskussion in den westlichen
Demokratien. Die Befürworter argumentieren, Atomstrom sei
vergleichsweise billig. Kritiker und Gegner weisen auf die Sicherheits-
und Endlagerungsproblematik hin. Um das Für und das Wider
gegeneinander abzuwägen, ziehen politische
Entscheidungsträger auch eine ökonomische
Kosten-Nutzen-Rechnung heran. Zum Nutzen herrscht weitgehend Konsens,
doch die Kostenseite gestaltet sich wesentlich komplexer. Denn wegen
des Unfallrisikos der Kernenergie fallen erhebliche implizite Kosten an.
Gesetzliche Mindestlimite
In Deutschland sind die Betreiber von Kernkraftwerken
gesetzlich
verpflichtet, Folgeschäden eines Atomunfalls (Atom-GAU) bis zu
einem Betrag von 2,5 Mrd. € zu versichern. In der Schweiz beträgt
die Mindestversicherungssumme laut Kernenergiehaftpflichtgesetz von
2008 1,8 Mrd. Fr. Die Vorstellung einer Katastrophe à la
Tschernobyl im Rhein-Main-Gebiet um Frankfurt, etwa durch eine
Kernschmelze im Atomkraftwerk Biblis, verdeutlicht, dass diese
Beträge im Ernstfall nur einen Tropfen auf den heissen Stein
bedeuteten.
Der volkswirtschaftliche Schaden eines Atom-GAU
könnte das
Hundert- bis Tausendfache des gesetzlich vorgeschriebenen
Deckungsbetrages betragen. Kein noch so finanzstarkes Unternehmen
könnte für einen solchen Schaden aufkommen. Wer trägt
also die Kosten einer solchen Katastrophe? In erster Linie
natürlich die Direktbetroffenen. In Bezug auf die Kosten ist dies
in letzter Instanz der Staat, das heisst die Gemeinschaft aller
Steuerzahler. Bei der Sicherheit von Kernkraftwerken handelt es sich um
eine klassische Externalisierung von Kosten, also das Abwälzen
privater Kosten auf die Gemeinschaft - mit anderen Worten eine
staatliche Subventionierung der Kernkraft.
Die Betreiber von KKW sagen, Risiken dieser
Grössenordnung
liessen sich nicht versichern. Nur allzu gerne folgt der Gesetzgeber
dieser Aussage ohne nähere Prüfung. Doch stimmt das wirklich?
In den letzten zehn Jahren hat auf dem Versicherungsmarkt eine
bemerkenswerte Entwicklung eingesetzt. Extremrisiken wie Erdbeben,
Hurrikane und Pandemien werden mit Bonds an den Kapitalmarkt
transferiert. Solche Ereignisse zeichnen sich aus durch hohe
Schadenssummen bei kleiner Eintrittswahrscheinlichkeit. Werden
attraktive Renditen angeboten, werden derartige in
kapitalmarktfähige Finanzinstrumente gefasste Risiken durchaus
gezeichnet. Bei Anlegern erfreuen sich Katastrophen-Bonds wachsender
Nachfrage.
Bündelung von Risiken
Durch Risikostreuung über eine breite Anlegerschaft
werden
auf diese Weise auch grosse Schadenssummen versichert. Liessen sich so
nicht auch die Spitzenrisiken von Kernkraftwerken decken? Die
Versicherungsbranche beantwortet diese Frage mit einem "Ja". Sie
wäre in der Lage, Deckungssummen gegen Kernkraftwerksunfälle
bis zu 100 Mrd. € auf den Kapitalmärkten zu placieren. Was
für Erdbeben, Stürme und Pandemien gilt, liesse sich aufs
Risiko Kernschmelze übertragen. Da es sich versicherungstechnisch
betrachtet um ähnliche Risiken handelt - extrem hoher Schaden;
äusserst geringe Wahrscheinlichkeit -, sind die Charakteristika
bestehender Versicherungslösungen auf KKW übertragbar.
Rückversicherer haben dafür Risikomodelle.
Wie bei Naturkatastrophen sind die Ereignisse definierbar,
nicht
zuletzt beruhend auf INES (Internationale Bewertungsskala für
nukleare Ereignisse) auf parametrischer Basis, womit sich die
Extremereignisse auch für kürzere Perioden mathematisch
darstellen lassen. Entsprechende Kapitalmarktinstrumente auch für
von Menschenhand verursachte Risiken wie Flugzeug- oder
Satellitenabstürze, Unfälle auf Erdölplattformen
existieren ebenfalls. Welche Eigenschaften müsste ein
Finanzinstrument zur Deckung des Risikos Atom-GAU aufweisen? Aufgrund
der extremen Seltenheit von grossen nuklearen Reaktorunfällen sind
die Erwartungswerte von Verlusten minim. Sie würden unter der
Marke 0,05% liegen. Daher würden die Prämieneinnahmen
für Versicherungen relativ niedrig ausfallen, vielleicht zu
niedrig für die Versicherung einzelner KKW. Eine
Effizienzsteigerung liesse sich nun über das Bündeln von
Risiken in - zum Teil bereits existierenden nationalen, eventuell
internationalen - Pools erzielen.
Bei der Bemessung der Haftpflichtsumme für
Atomkraftwerke
geht es daher nicht um die Grössenordnung des Restrisikos, das die
Allgemeinheit bei einem Atom-GAU tragen muss, sondern um
wirtschaftliche Abwägungen. Gemäss
versicherungsmathematischen Modellen und etablierten Risikoparametern
würde eine Haftpflichtsumme von 50 Mrd. € die Produktionskosten
von Atomstrom - je nach Grösse des Kernkraftwerks - um einige
Eurocent bzw. Rappen pro Kilowattstunde erhöhen. Gegenwärtig
existiert ein grosser Widerstand der KKW-Betreiber gegen die
Erhöhung der Haftpflichtlimiten. Der gegenwärtige
Kapazitätsbedarf für solche Versicherungen könnte jedoch
sehr gut über das existierende Versicherungsangebot abgedeckt
werden.
Nun liesse sich sagen, dass es keinen Unterschied macht,
ob diese
zusätzlichen Kosten von den Energieverbrauchern oder vom
Steuerzahler (in Form nicht gedeckter Risiken) bezahlt werden, da diese
Gruppen weitgehend identisch sind. Doch dieses Argument trifft den Kern
der Sache nicht. Es geht primär um faires Bemessen der Kosten von
Atomstrom. Hier herrscht zurzeit ein klares Defizit. Die wahren Kosten
des Atomstroms dürfen nicht unterschlagen werden. Die
ungerechtfertigte Subvention von Atomenergie im Vergleich mit anderen
technologisch zur Verfügung stehenden Formen der Energieerzeugung
sollte beendet werden.
Effektive Kosten offenlegen
Diese auch von Naturschutzorganisationen (etwa BUND), aber
auch
von Ärzteorganisationen oder der Neuen Richtervereinigung
getragene Forderung (www.atomhaftpflicht.de) stellt keine politische
Bewertung des Atomstroms dar, sondern ist ein naheliegender Appell
für eine faire ökonomische Kosten-Nutzen-Darstellung der
Atomkraft gerade mit Blick auf einen Vergleich mit alternativen
Energieformen. Die finanztechnischen Voraussetzungen für eine
kapitalmarktfähige Versicherung der gesamten Risiken der
Kernenergie liegen seit einigen Jahren vor. Dass sie in der
gesetzlichen Regelung für Kernenergie von den politischen
Entscheidungsträgern bisher nicht berücksichtigt wurden, kann
zweierlei Gründe haben: fehlender politischer Wille zum Beispiel
aufgrund einer übermächtig erscheinenden Atomlobby oder
schlicht Ignoranz. Letzterem kann Abhilfe geschaffen werden.
Dr. Lars Jaeger ist Geschäftsführer eines auf
alternative Anlagen ausgerichteten Unternehmens in Baar, das auch in
Katastrophen-Anleihen investiert.