MEDIENSPIEGEL 6.12.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS, Tojo, Rössli)
- Big Brother Video BE: Verzicht auf Referendum
- Stadtentwicklung: Recht auf Stadt
- Stadtratssitzung 9.12.10
- RaBe-Info 6.12.10
- Müslüm: Samichlaus gegen Rechts
- Squat Biel: Neuer Kalender aus dem Hause LaBiu
- Obdachlos: Mehr Junge auf der Strasse
- Drogen: Ritalin + Co.; Khat
- Alkohol: Konsumverbot
- Sexwork: Staats-Bordell ZH
- Demos ZH: Regierung & Polizeikommdo im Clinch
- Police BS: Staatschutz vs Linke Aktionen
- Big Brother Sport: BLS-Sorgen; SBB-Forderungen; Hooligan-Konkordat
- Squat ZH: Oberengstringen wieder leer
- Squat BS: Kurzbesetzung Villa Wettstein
- Squat GE: Bewegung und Feuer
- Sans-Papiers: illegalisiete Haushaltshilfen in ZH
- Ausschaffungen: Suche nach neutralen BeobachterInnen
- Rechspopulismus: SVP-Pläne, 12 Angriffe im Nov
- Anti-Feminismus: IGAF vs männer.ch
- China: Streiks und Arbeitskämpfe
- Anti-Atom: NWA-55plus; Tiefenlager; Geldströme; Strahlungsfolgen; Lagerungskosten BE

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REITSCHULE
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Di 07.12.10
20.30 Uhr - Kino - DO COMECO AO FIM. Half Brothers, Full In Love; Aluizio Abranches, Brasilien 2009, DVD, 94 Min., OV port/d

Mi 08.12.10
20.30 Uhr - Tojo - "Samichlaus" - Das Musical. Von/mit Pascal Nater & Michael Glatthard.

Do 09.12.10
17.00 Uhr - Dachstock - ARTSOUK 2010 - Art Exhibition
20.00 Uhr - Dachstock - ARTSOUK 2010 - Auction
20.00 Uhr - Frauenraum - Lounge & BarOmeter - elektronische Leckerbissen zu lesbisch-schwulem Chillen mit den DJ's Xylophee, Dunch, FRATZ und ElfERich
20.30 Uhr - Tojo - "Samichlaus" - Das Musical. Von/mit Pascal Nater & Michael Glatthard.
21.00 - Rössli - Speed Dial 7 (B), Pip Skid (Can), DJS Kratermann & Soult

Fr 10.12.10
17.00 Uhr - Dachstock - ARTSOUK 2010 - Art Exhibition
19.00 Uhr - Tojo - Bus-Abfahrt "Ikea-Ville - What happened before you came". Von Schauplatz International.
20.00 Uhr - Dachstock - ARTSOUK 2010 - Auction
20.30 Uhr - Tojo - "Samichlaus" - Das Musical. Von/mit Pascal Nater & Michael Glatthard.
20.30 Uhr - Kino - Zigeuner. Stanislaw Mucha, D 2007, DVD, 92 Min., Ov/d
23.00 Uhr - Dachstock - ARTSOUK 2010 - Concert Surprise, danach DJ Wicked Wiggler (LU)

Sa 11.12.10
14.00 Uhr - Frauenraum - 14-16 Frauentauschkleider Börse AMIE (women only)
19.30 Uhr - Infoladen - Veranstaltung "Streiks in China" - Zum Buch "Aufbruch der zweiten Generation - Wanderarbeit, Gender und Klassenzusammensetzung in China" (faubern.ch)
20.30 Uhr - Tojo - "Samichlaus" - Das Musical. Von/mit Pascal Nater & Michael Glatthard.
20.30 Uhr - Kino - Me, My Gypsi Family and Woody Allen (Io, La Mia Famiglia Rom e Woody Allen). Laura Halilovic, Italien 2009, DVD, 50 Min., OV/e
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: ED RUSH & MC RYMETME (Virus/UK), AXIOM (Renegade Hardware /CH) - Residents & Support: Deejaymf (cryo.ch), VCA (biotic/CH), Markee (Konfront/CH) - Drumnbass

So 12.12.10
19.00 Uhr - Tojo - "Samichlaus" - Das Musical. Von/mit Pascal Nater & Michael Glatthard.

Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch

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kulturstattbern.derbund.ch 6.12.10

Von Manuel Gnos am Montag, den 6. Dezember 2010, um 06:15 Uhr

Kulturbeutel 49/10

Herr Gnos empfiehlt:
Am Mittwoch den Start zur neuen Reihe "Wort und Musik" im neuen Theater Matte direkt an der Aare. Zu Gast bei Hank Shizzoe  ist die Berner Rap-Prinzessin Steff La Cheffe. Dann am Donnerstag und Freitag den Kunstbazar Artsouk im Dachstock der Reitschule, wo Sie sich ohne Shopping-Stress das richtige Weihnachtsgeschenk für all Ihre Lieben besorgen können.

(...)

Frau Kretz empfiehlt:
In Feiertagsstimmung kommen bei Samichlaus - Das Musical von Pascal Nater und Michael Glatthard, die im Sommer mit "Die Dällebach-Macher" ein klein wenig zum Kult geworden sind: Mittwoch bis Sonntag im Tojo.

(...)

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Bund 6.12.10

Nächtliche Bewohner im Möbelhaus

 Die Theatergruppe Schauplatz International schickt für ihre neueste Produktion "Ikeaville - What Happened Before You Came" das Publikum auf eine ungewöhnliche Audioguide-Tour durch die Ikea.

 Eveline Gfeller

 Nur am Anfang und als Gruppe fällt es besonders auf. Wenn ungefähr dreissig Personen, alle mit Kopfhörer, leuchtend rotem Audioguide sowie einem Situationsplan bewaffnet, zehn Minuten lang andächtig vor einem Modellschlafzimmer stehen, nacheinander auf einer beigen Lederliege Probe sitzen und intensiv einen begehbaren Kleiderschrank inspizieren, mutet dieses Verhalten Nichteingeweihten doch etwas merkwürdig an.

 Die freie Theatergruppe Schauplatz International hat in Koproduktion mit dem Tojo-Theater Bern ihre neueste Produktion "Ikeaville - What Happened Before You Came" als Audio-Tour konzipiert. Sie spielt dabei mit der Idee, dass die Ikea-Filiale in der Nacht heimlich bewohnt wird und eine gesellschaftliche Revolution von einem privaten Unternehmen ausgehen kann (siehe "Bund" vom 2. Dezember). Im Einrichtungshaus würden sich jeweils Menschen treffen, die im Verborgenen an der Vollendung des Ikea-Versprechens vom besseren Leben arbeiteten. Indem diese Möglichkeit, wie in ernsthaften Interviews nachzuhören ist, von Aussenstehenden wie Colin Crouch, britischer Politikwissenschaftler, Soziologe und Autor von "Postdemokratie", sowie von den Einwohnern von Lyssach tatsächlich in Betracht gezogen wird, erhält die Gedankenspielerei eine zusätzlich amüsante Note.

 Suche nach dem Konspirativen

 Das Theater spielt sich im Kopf ab, und man hat die Qual der Wahl. 39 Audiostationen stehen zur Auswahl, 5 davon sind Pflicht. Möchte man sich durch das ganze Angebot hören, brauchte man dafür ungefähr vier Stunden. So viel Zeit hat man beim Vorstellungsbesuch mit Busanfahrt nicht. So wählt man die Audioszenen aufgrund der gesetzten Titel, der angegebenen Dauer oder nach Attraktivität der Wohnsimulationen aus. Doch Letztere haben kaum Persönlichkeit und machen deshalb wenig neugierig.

 Liegt es an der Auswahl der Stationen oder daran, dass das erhellende Pflichtprogramm erst am Schluss der Möbelausstellung positioniert ist? Bei der Schreiberin jedenfalls tönt während des Rundgangs die gesellschaftspolitische Thematik nur selten an, das Konspirative bleibt mehrheitlich auf der Strecke. Nichtsdestotrotz machen die Tour und das damit verbundene Eintauchen in fremde Zimmer und Leben Spass. Und wenn man via Audioguide dazu aufgefordert wird, unauffällig an einem der schlammgrünen Vorhänge zu schnuppern, im Regal aufgereihte Bücher mit unattraktiven Titeln anzulesen oder den Gang von der Dusche bis zum Kühlschrank nachzugehen, so macht man dies gerne und mit sichtlichem Vergnügen.

 Weitere Vorstellungen: 10. und 17. Dezember um 19 Uhr Busabfahrt ab Tojo-Theater/Schützenmatt. Individuelle Anreise nach Lyssach: 7./9./14. und 16. Dezember, 11-19 Uhr; 12. und 19. Dezember, 11-17 Uhr. Reservation: 031 991 99 01, tickets@schauplatzinternational.net.

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BZ 6.12.10

Was nachts in der Ikea geschieht

 LyssachIkea bietet für einmal nicht nur Möbel, sondern auch Kunst an. Die Theatergruppe Schauplatz International erzählt den Besuchern über Kopfhörer von den Menschen, die scheinbar in der Nacht bei Ikea leben. Manche Beiträge sind spannend, manche lustig und andere schlicht langweilig.

 "Ich rieche schon den finnischen Wald", sagt die Frau zu ihrem Begleiter. "Ikea ist aber ein schwedisches Möbelhaus", antwortet dieser trocken. Die Frau, die viel Fantasie hat, schweigt. Sie steht in der Eingangshalle von Ikea, um sich kurz darauf mit Audioguide und Kopfhörern ausgerüstet auf eine fabulierte Reise zu begeben. Die Theatergruppe Schauplatz International bespielt Ikea während der Öffnungszeiten und mit dem Segen der Lyssacher Filiale.

 "Ikeaville - What happened before you came" startet in der Schlafzimmerabteilung und porträtiert die Bewohner, für die diese Zimmer eingerichtet wurden.

 Die Information dazu stammt von Ikea selbst, denn der Möbelriese entwirft Biografien der Menschen, die in ihren Musterzimmern leben. Soweit alles Marketing. Bis Schauplatz International am Ende des Tracks verraten, worum es ihnen wirklich geht: Sie hätten sich nachts bei Ikea einsperren lassen und dort seltsame Dinge betrachtet. Nachts lebten tatsächlich Menschen in dieser künstlichen Welt. Und diese Menschen arbeiteten an einer Verschwörung. Wie die genau aussieht, kann jeder selbst entdecken.

 Zu diesem Zweck bekommt man einen Plan in die Hände gedrückt, ein Ikea-Rundgang, bei dem man nach Lust und Laune anhalten, eine Nummer in den Audioguide eingeben und den einzelnen Geschichten lauschen kann, die zum Teil miteinander verbunden sind.

 So erfährt man, weshalb bei Ikea so viele Bilder mit Zebramuster zu finden sind oder was es mit den absolut ungeordneten Büchern in den Regalen auf sich hat. Manche Geschichten wirken etwas langatmig und gar künstlich kreiert.

 Allerdings gibt es auch immer wieder Höhepunkte. Zum Beispiel der Beitrag "Lilo Pulver", der die waghalsige Verbindung zwischen einem grossen Wandbild des nächtlichen Paris, einem Porträtbild eines jungen Mannes und einer im Regal stehenden Lilo-Pulver-Biografie macht.

 Oder die "Stimmen von draussen", wo ein 85-jähriger Bauer aus Lyssach zu Wort kommt. Solche Beiträge erlauben das vollständige Eintauchen in "Ikeaville", das als Idee überzeugt, in der Umsetzung aber etwas unbestimmt geraten ist.

 Marina Bolzli

 Vorstellungen: Kollektive Anreise ab Bern, Tojo Theater, 10., 17. Dezember, 19 Uhr. Individuelle Anreise nach Lyssach: 7., 9., 14., 16. Dez, 11-19 Uhr; 12., 19. Dez, 11-17 Uhr.
 bol

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kulturstattbern.derbund.ch 4.12.10

Von Benedikt Sartorius am Samstag, den 4. Dezember 2010, um 08:26 Uhr

Zur komischen alten Rockmusik

Einmal mehr beginnt ein Beitrag mit einem Sendezitat von Klaus Walter, der letzte Woche fragte, was "eigentlich aus der komischen alten Rockmusik geworden" sei. Die Frage stellte ich mir in letzter Zeit immer wieder: bei Tocotronic, in Roskilde, beim Konzert von The Fall, beim fortschreitenden Anfertigen der recht gitarrenarmen Jahres-CD und vorgestern Donnerstag im Rössli, als mit Disco Doom eine der vorzüglichsten Rock-Formationen dieses Landes aufspielte.

Anita Rufer und Gabriele De Mario konzentrierten sich am Konzert mit ihrem Schlagzeuger wie bereits auf dem aktuellen, erst zweiten Band-Album "Trux Reverb" (Defer Records/Irascible) auf das introvertierte Erforschen von Gitarren-Sounds. Songs waren das selten mehr, ausser man möchte die minimalen Strukturen noch als Songs bezeichnen. Umso schöner, klarer wirkten die Einschübe, als Inseln im Feedback und den repetitiven Akkorden im Coda "Port Land" entstanden und das Set mit Liedern aus dem Vorgängeralbum "Dream Electric" angereichert wurde.

Die komische alte Rockmusik: sie war am Donnerstag für einen Abend laut, minimal, posenfrei, wunderbar.

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Disco Doom spielen am 17. Dezember im Chrämerhuus in Langenthal auf.

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BIG BROTHER VIDEO
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Bund 4.12.10

Videoreglement: Bürgerliche verzichten auf Referendum

 Die bürgerlichen Parteien verzichten in der Stadt Bern auf ein Referendum gegen das Videoreglement. Sie wollen ihr Anliegen nun im Grossen Rat durchsetzen.

 Die vier Parteien FDP, SVP, BDP und CVP der Stadt Bern ergreifen nun doch nicht das Referendum gegen das Reglement, das in der Stadt Bern den Einsatz von Überwachungskameras regeln wird. Sie setzen stattdessen auf einen Vorstoss von FDP-Grossrat Philippe Müller im Grossen Rat.

 Wer entscheidet über Kameras?

 Dieser Vorstoss verlange die Präzisierung der Frage, wer im Kanton Bern letztlich zuständig sei für die Videoüberwachung: die Exekutiven oder die Parlamente. Das geht aus einer gemeinsamen Mitteilung der vier Stadtberner Parteisektionen hervor.

 Auf Anfrage sagte der Fraktionspräsident der FDP im Berner Stadtrat, Bernhard Eicher, Müller habe den Vorstoss diese Woche eingereicht.

 Der Berner Stadtrat hatte Anfang November das Videoreglement nach längerem Hin und Her verabschiedet. Er verankerte darin den Grundsatz, dass der Stadtrat über jede einzelne Kamera entscheiden wird. Die vier Mitte-rechts-Parteien sind der Auffassung, dass dies Sache einer Exekutive ist, nicht einer Legislative.

 In der Mitteilung schreiben die vier Parteien, der Grosse Rat sei zuständig für den Erlass des Polizeigesetzes. Deshalb solle nun auch das Kantonsparlament diese Frage regeln. Bisher habe der Grosse Rat nicht ausdrücklich den Exekutiven der Gemeinden die Zuständigkeit für den Einsatz der Kameras gegeben.(sda)

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BZ 4.12.10

FDP: Kein Referendum

 VideoüberwachungDie Stadtberner FDP verzichtet aufs Referendum gegen das von ihr als "zahnlos" betitelte Videoreglement. Die Partei will zwar weiterhin, dass der Gemeinderat anstatt des Stadtrats die Standorte der Überwachungskameras bestimmt. Doch diese Forderung soll nun via Motion im Grossen Rat erreicht werden. "Weil der Grosse Rat zuständig ist für den Erlass des Polizeigesetzes, soll er auch die Zuständigkeiten der Videoüberwachung regeln", schreiben die Bürgerlichen in einer Mitteilung. Einen entsprechenden Vorstoss hat FDP-Grossrat Philippe Müller kürzlich eingereicht.
 tob

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STADTENTWICKLUNG
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Indymedia 5.12.10

7.12.2010 Vortrag II "Recht auf Stadt" in Bern

AutorIn : RaGeo: http://rageo.twoday.net

Unter dem Stichwort "Recht auf Stadt" verlangen weltweit neue städtische Protestbewegungen Alternativen zur neoliberalen Stadtentwicklung. Eine Forderung die inhaltlich auf den französischen marxistischen Soziologen und Philosophen Herni Lefebvre zurückgeht. Der zweite Vortrag zum Thema "Recht auf Stadt" befasst sich deshalb eingehend mit dem theoretischen Werk Lefebvres.     
    
Dienstag 7.12.2010 - 20:00

Christian Schmid (ETH Zürich): Zur Aktualität von Henri Lefebvre: Vom "Recht auf die Stadt" zur "Produktion des Raumes"

Hörsaal 001 - GIUB - Hallerstrasse 12 - 3012 Bern

Abstract:
Die Theorie der Produktion des Raumes von Henri Lefebvre hat in den letzten Jahren in den Sozialwissenschaften einen herausragenden Stellenwert gewonnen. Ihre Bedeutung liegt insbesondere darin, dass sie die Kategorien der "Stadt" und des "Raumes" in eine übergreifende raum-zeitliche Theorie gesellschaftlicher Praxis integriert. Die Rezeption dieser Theorie blieb jedoch lange fragmentarisch und inkonsistent, und sie hat die zentralen erkenntnistheoretischen Prämissen Lefebvres zu wenig berücksichtigt. Zugleich wurde die Theorie kaum für empirische Forschungen eingesetzt. Diese Situation hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Lefebvres Theorie ist zu einem festen Bestandteil der Stadtforschung geworden und wird heute für ein breites Spektrum von Fragestellungen angewendet. Der Vortrag geht diesen Entwicklungen nach und entwirft die Grundlinien einer allgemeinen Theorie der Urbanisierung.

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STADTRAT
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bern.ch 9.12.10

Stadtratssitzung (Traktanden)
Donnerstag, 09. Dezember 2010 17.00 Uhr und 20.30 Uhr
Sitzungssaal im Rathaus

NEUE LISTE////Die Stadtratssitzungen sind öffentlich zugänglich (Besuchertribüne)
Traktanden

(...)
2. Postulat Fraktion GB/JA! (Natalie Imboden, GB): Was tut die Stadt Bern, um die Bevölkerung vor dem altersschwachen Schrottreaktor Mühleberg zu schützen? (SUE: Nause) verschoben vom 02.12.2010 10.000106
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000106/gdbDownload

3. Interpellation Luzius Theiler (GPB-DA): Wo bleibt das längst versprochene Nutzungskonzept für den öffentlichen Raum? (SUE: Nause) verschoben vom 02.12.2010 10.000139
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000139/gdbDownload

(...)
 
22. Motion Fraktion SVPplus (Erich J. Hess, JSVP): Kulturgutschein statt Subventionierung (PRD: Tschäppät) 10.000073
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000073/gdbDownload

23. Motion Henri-Charles Beuchat (CVP): Kundgebungsreglement Bundesgericht soll Klarheit schaffen (GuB: Tschäppät) 10.000080
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000080/gdbDownload

24. Motion Fraktion SVPplus (Jimy Hofer, parteilos): "Zaffaraya" legalisieren (PRD: Tschäppät) 10.000128
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000128/gdbDownload

(...)
 
27. Interpellation Fraktion SVPplus (Peter Bühler, SVP): Wann arbeitet die Stadt Bern das traurige Kapitel der "Verdingkinder" endlich auf? (GuB: Tschäppät) 10.000184
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2010/10.000184/gdbDownload

(...)

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RABE-INFO
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Mo. 6. Dezember 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_6._Dezember_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_6._Dezember_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%206.%20Dezember%202010
- Bunter Osten statt grauer Ostblock- Rückblick auf die Demokratisierung in Osteuropa
- Die Vorstadt der Avantgarde- Kopf der Woche ist Bümpliz-Kenner Hans Stucki

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MÜSLÜM
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Solothurner Zeitung 6.12.10

Müslüm glaubt nach wie vor an die Liebe

Samuel Misteli

 Solothurn Müslüm ist zurück: Als Samichlaus plädiert er erneut für die Liebe und gegen den Fremdenhass. Am Samstag hatte die Kunstfigur des Komikers Semih Yavsaner einen Kurzauftritt im "eleven".

 Der Samichlaus spricht dieses Jahr mit schwerem türkischem Akzent: Müslüm, Kultfigur und Medienliebling seit seinem Song "Erich, warum bisch du nid ehrlich", hat sich den Job geangelt. Der Klischeetürke hat den pinkfarbenen Armani-Anzug, in dem er bekannt wurde, eingetauscht gegen Chlausenrobe und -mütze, ein Rauschebart ergänzt neu die wild wuchernden Augenbrauen.

 In der Nacht auf Sonntag hatte Müslüm alias Semih Yavsaner im "eleven" in Solothurn einen Kurzauftritt. Neben dem "Erich"-Lied, das mittlerweile auf der Videoplattform YouTube bei fast einer halben Million Klicks angelangt ist, präsentierte er seinen neuen Song: In "Samichlaus", einem Türkpop-Ohrwurm wie dem Vorgänger, singt Müslüm davon, wie er schwarze Schafe ausschafft. Hat Müslüm, der sich in seinem ersten Lied noch über SVP-Heisssporn Erich Hess lustig machte, pünktlich zur Abstimmung über die Ausschaffungsinitiative eine politische Kehrtwende vollzogen? Er hat nicht: Der Dreh sei, erklärt Semih Yavsaner nach dem Auftritt im "eleven", dass es für Samichlaus Müslüm gar keine schwarzen Schafe zum Ausschaffen gebe.

 Müslüm will kein Politiker sein

 Tatsächlich ist "Samichlaus" ein Müslüm-typisches Plädoyer für Toleranz und für sein Kernanliegen - die Liebe. "Wir sind alle anders, aber glaub mir, wir sitzen im gleichen Schlitten", singt Müslüm. Auch der Seitenhieb auf die SVP fehlt nicht: Herr Mörgeli heisst der Nachbar von Samichlaus Müslüm, der sich als Hobbypolizist gebärdet und so die Harmonie zwischen Schweizern und Ausländern gefährdet.

 Als politischen Künstler sieht sich der 31-jährige Berner Komiker Semih Yavsaner trotz allem nicht. Er habe sich ursprünglich lediglich für die Erhaltung der Kulturinstitution Reitschule einsetzen wollen, sagt Yavsaner, und das sei dann ungewollt politisch geworden. Trotzdem wird im Gespräch deutlich, dass es dem 31-jährigen Komiker mit der Kunstfigur Müslüm um mehr als Klamauk geht: Müslüm, sagt Yavsaner, das sei die Geschichte vom Underdog, der die Arroganten in die Falle tappen lässt. Der dadurch, dass er den Klischees entspricht, Vorurteile aufdeckt. Der der Angstmacherei mit dem Ruf nach Liebe begegnet. "Ich versuche, ein Gegenpol zu sein", sagt Yavsaner. Die Plattform, über die er seit dem Erfolg von "Erich, warum bisch du nid ehrlich" verfügt, will Yavsaner nutzen, um Alternativen aufzuzeigen zu einer Politik, die wenig mit der Realität zu tun hat, wie sie der Sohn türkischer Einwanderer kennt. "Es gibt nicht nur den Ivan aus der SVP-Kampagne, sondern eben auch Semih", sagt Yavsaner. Und als Samichlaus Müslüm ist dessen Kernanliegen immer wieder die Liebe, die er gerade jetzt - nach der Ausschaffungsinitiative und in der Vorweihnachtszeit - wieder schmerzlich vermisst. Voraussichtlich im April wird Müslüm seine Botschaft in Albumlänge verbreiten.

 Info: Das Video zur neuen Müslüm-Single "Samichlaus" findet sich ab heute auf http://www.müslüm.ch

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Bund 6.12.10

Ask-Force

 Darf man den Samichlaus ausschaffen?

 Im Nachgang zur Abstimmung über die Ausschaffungsinitiative teilt uns Frau Emine A. aus B. mit, sie sei als "dankbare Gattin eines aufrechten Schweizers bestens integriert" - und ärgere sich entsprechend über "den Türken Müslüm", der sich mit seinem Samichlaus-Song ("Bund" vom 30. November) über den Volksentscheid lustig mache. Sie frage sich, ob diese Form von Aufhetzung nicht schon ausreichen müsste, Müslüm jetzt "endlich" auszuschaffen.

 Ein delikates Thema! Trotzdem hat die Ask-Force sorgsam untersucht, ob der Vorschlag von Frau A. halbwegs nachvollziehbar ist. Die Antwort lautet: Ja. Rein musikalisch gesehen ist der singende Samichlaus zwar eher kein Verbrecher. Zieht man hingegen in Betracht, wie sehr der Samichlaus ganz generell den juvenilen Volkskörper durch die übermässige Zufuhr von Süssigkeiten schädigt (Karies, Fettleibigkeit), ist es denkbar, ihm wiederholte, vorsätzliche Körperverletzung anzulasten. Das Züchtigungskonzept des Samichlaus (Rute) lässt zudem den dringenden Verdacht zu, hier liege ein Fall von vielfach begangener Kindsmisshandlung vor. Der gewerbsmässige nächtliche Einsatz von Lasttieren verstösst zudem gegen schweizerische Tierschutzvorstellungen. Vor allem aber durchbricht der Samichlaus den Schutzwall der Personenfreizügigkeit: Der in Antalya Gebürtige - wir erinnern uns an Nikolaus, Bischof von Myra, 4. Jahrhundert - darf hierzulande nicht einfach so mir nichts, dir nichts als Selbstständigerwerbender auftreten.

 So gesehen, entbehrt der Vorschlag von Emine A., den Fall durch Ausschaffung zu lösen, nicht einer gewissen Gradlinigkeit. Natürlich könnte sich der Samichlaus durch Einbürgerung dem Verdikt entziehen. Aber die Schlagzeile, dies zu verhindern, ist bereits geschrieben: "Samichlaus M., Kindsmisshandler - bald Schweizer?"

 Erschwerend ist, dass Samichlaus Müslüm eine Kunstfigur ist. Er hat losgelöst von seinem Schöpfer Semih Yavsaner keine Handlungs- und Schuldfähigkeit. Gut, man könnte Yavsaner gleich mit ausschaffen, weil er sich die Bestie ja ausgedacht hat. Was sagen wir aber samichlausgläubigen Kindern, wenn nach der Ausschaffung ("Antalya einfach für den Samichlaus") dann doch an allen Ecken und Enden rot gewandete Chläuse auftauchen? Der kindliche Glaube an die Unteilbarkeit und Einzigartigkeit des Samichlaus wäre definitiv zerstört. Vermeiden liesse sich dieser Schaden nur, wenn nebst dem Duo Müslüm/Yavsaner gleich alle Samichläuse ausgeschafft würden. Sippenhaft wäre dies nicht, nur "kollektive Mitverantwortung".

 Die Ask-Force beantwortet auch in adventlicher Zeit Fragen, die Sie kaum zu stellen wagten (askforce@derbund.ch).

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SQUAT BIEL
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Sonntagszeitung 5.12.10

Diese Hausbesetzer sind ein Märchen

 Marinierter Wolf statt strippende Bäuerinnen: Der Kalender von Bieler Squattern persifliert bekannte Erzählungen und hat das Zeug zum Sammlerstück

 Jahresende ist Kalender-Hochsaison, und dafür zieht man sich in der Regel aus. Pirelli präsentierte diese Woche in Moskau den neuen Pin-up-Kalender, für den Karl Lagerfeld fotografiert hatte; die Flugbegleiterinnen der Airline Mexicana zogen sich aus, um mit dem Verkaufserlös von Kalendern ihren maroden Arbeitgeber zu retten. Auch für den Bauernkalender 2011 haben Landwirte und Bäuerinnen wieder die Hüllen fallen lassen.

 Die Karriere des Bieler Kalenders "HotSquat" ("Squat" heisst besetztes Haus) begann vor drei Jahren ebenfalls als Pin-up-Projekt. Weil dem grössten besetzten Haus der Stadt, dem LaBiu, Geld für die Renovation fehlte, produzierten die Hausbewohner mit dem Fotografen Antal Thoma vor drei Jahren einen Kalender, der die Auszieh-Girls auf die Schippe nahm. Ein Jahr später folgte eine Edition, in der die Bewohner berühmte Kunstwerke nachstellten; die "Venus" von Botticelli war im LaBiu-Kalender ein Mann, der in einem muschelförmigen Swimmingpool voller Ratten stand. Das Werk war im Nu ausverkauft. Im Kalender 2011, der ab heute erhältlich ist, sind Märchen, Sagen und Geschichten das Thema. Thoma hat wie in den Ausgaben zuvor Wimmelbilder geschaffen, bei denen das Auge vor lauter Details nicht weiss, wo es hinschauen soll.

 "Die Türe war nicht zu, da holte der Fuchs ein paar Hühner"

 Teilweise hat der Künstler Elemente nachträglich montiert, betont aber, dass alles, was auf den Bildern zu sehen ist, während des Shootings fotografiert wurde. "Der Reiz der Fotos besteht darin, dass sie sehr spontan, also ohne Regieanweisungen entstanden sind und dass wir ausstattungstechnisch mit dem arbeiteten, was gerade vorhanden war", sagt Toma. "Meistens ging ich im LaBiu mittagessen; dann haben wir geschaut, wie die Stimmung ist und worauf wir Lust haben."

 Fast alle Bilder entstanden im Haus; festgehalten wurde, wer gerade anwesend war oder was der Zufall brachte. So stammen die Pilze auf dem Foto mit der Szene aus "Alice im Wunderland" von einem Pilzsammler, der während des Shootings vorbeispazierte.

 Eine wichtige Rolle spielten auch die Tiere. Die LaBiu-Katzen und die Hühner, die im Garten leben, sind auf fast jedem Bild verewigt. Meist gehorchten sie, als seien sie dressiert, sagt Thoma. Beispielsweise beim Shooting von "Rotkäppchen". "Den Wolf haben wir tatsächlich mit einer Senfmarinade eingestrichen, was die Katzen liebten: Sie schleckten ihn ständig ab." Tiere seien übrigens nie zu Schaden gekommen - mit Ausnahme von ein paar Hühnern. "Wir haben sie nach einem Shooting spätabends ins Gehege gebracht und vergessen, die Türe zu schliessen. Da hat sie der Fuchs geholt."

 Nicht alle Kalenderblätter sind leichte Kost: Auf dem Bild mit Wilhelm Tell wird Walterli von Pfeilen durchbohrt, weil Wilhelm Tell nicht traf. Nach Dutzenden geleerter Tell-Bier-Flaschen war er sturzbetrunken. Auch Schneewittchen, die mit Ketchup-Blut überströmt tot am Boden liegt, ist kein schöner Anblick.

 Doch machen erst solche Variationen den Reiz der Bilder aus, weil sie die Moral der Märchen weiterziehen. Wie bei der Prinzessin etwa, die in ihrem Teenie-Zimmer Frosch um Frosch an die Wand knallt. Im Gegensatz zum Märchen verwandelt sich hier kein Frosch in einen Prinzen, und so wird "Froschkönig" zur Metapher der unerfüllten Suche nach dem Traumprinzen.

 Das Märchen der "Bremer Stadtmusikanten" kann man sogar als die Geschichte der Hausbesetzer lesen: So schliessen sich die Tiere zusammen und erobern ein Haus, indem sie die Räuber verjagen. Und deshalb sind die Stadtmusikanten auf dem Foto nicht Hahn, Katze, Hund und Esel, sondern die Hausbesetzer selbst.  

Claudia Schmid

 Der Kalender (mit einer Auflage von 800 Stück) kostet 35 Franken, bestellen kann man ihn unter http://www.labiu.ch

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OBDACHLOS
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Sonntag 5.12.10

Es überwintern immer mehr Junge auf der Strasse

 Zahl junger Obdachloser steigt. Nun wird auch die Öffentlichkeit auf sie aufmerksam

Von Natascha Chtanova

 Der Anteil junger Erwachsener, die keine Wohnung haben, habe in letzter Zeit stark zugenommen. Das sagt Gassenarbeiter Michel Steiner und hofft, dass sich die Situation für Basler Randständige bald bessert.

 Wenn der Winter einbricht, trifft es Menschen ohne festen Wohnsitz besonders hart: "Obdachlose sind tagsüber draussen, da die Notschlafstelle am Tag geschlossen ist. In der Kälte ist es natürlich viel unangenehmer als in der wärmeren Jahreszeit", sagt Michel Steiner, Gassenarbeiter beim Verein Schwarzer Peter. Es gebe leider keine genauen Zahlen zur Anzahl obdachloser Menschen in Basel. Im "Schwarzen Peter" hätten sich aber in den letzten zwölf Monaten insgesamt rund 200 Menschen freiwillig gemeldet, die den Verein als Meldeadresse für Behörden gebraucht hätten. Rund die Hälfte der Angemeldeten sei zwischen 18 und 26 Jahre alt. "Der Anteil junger Erwachsener hat in letzter Zeit stark zugenommen", stellt der Gassenarbeiter fest.

 Dass immer mehr junge Erwachsene auf der Strasse leben, könne verschiedene Ursachen haben: Zwangsräumungen, Betreibungen, ein problematisches und abruptes Loslösen vom Elternhaus, fehlende Ressourcen. Das Sozialamt sei mit jungen Sozialhilfeempfängern weniger zimperlich als mit älteren: "Der Mietzuschuss für unter 26-Jährige beträgt 475 Franken. Es ist für junge Sozialhilfeempfänger fast nicht realistisch, eine bezahlbare Wohnung zu finden."

 Es gibt in Basel laut Steiner immer weniger günstige Wohnungen, und zu diesen gebe es für Junge fast keinen Zugang. Auch seien Vermieter oftmals misstrauisch gegenüber jungen Menschen - "leider nicht immer unbegründet". Der Übergang zum selbstständigen Wohnen gestalte sich so schwierig. "Es braucht mehr Vermittlungs- und Begleitangebote für junge Menschen, die auf Wohnungssuche sind", betont der Gassenarbeiter. Deshalb sei der Verein Schwarzer Peter dabei, sich mit der IG Wohnen zu vernetzen.

 Gerade für Menschen ohne festen Wohnsitz sei es schwierig, sich zu stabilisieren und ihr Leben wieder in geregelte Bahnen zu lenken: "Obdachlose haben wenig Tagesstruktur. Sie halten sich im öffentlichen und halböffentlichen Raum auf und begeben sich in eine Abwärtsspirale aus Arbeitslosigkeit, Wohnungsproblematik und Konsumation." Eine stabile Wohnsituation sei Voraussetzung, um wieder Fuss zu fassen in der Gesellschaft. Doch leider werde darauf zu wenig Wert gelegt. Michel Steiner und sein Team haben Ideen, wie sich die Situation für junge Obdachlose verbessern könnte. Eine neue Notschlafstelle, eine Art Wohnpension für Randständige im Haus der heutigen Gassenküche am Lindenberg wäre laut Steiner sinnvoll.

 Vor kurzem hat SP-Grossrätin Tanja Soland eine schriftliche Anfrage zu randständigen Menschen im öffentlichen Raum eingereicht. In dieser möchte sie vom Regierungsrat wissen, ob Randständige bei der Stadtplanung wahrgenommen und einbezogen würden. Es gebe Befürchtungen, dass bei Planungen von Umbauten im öffentlichen Raum die Tendenz bestehen könnte, randständige Menschen fernzuhalten. An der aktuellen dreiteiligen Veranstaltung "Stadtwohnen für alle", die von der Christoph-Merian-Stiftung lanciert wurde, kommen Vertreter von Verwaltungen, Stiftungen, Immobilien, Bevölkerung und Behörden zusammen. Auch der Schwarze Peter diskutiert dort mit, und der Gassenarbeiter erhofft sich neben Gesprächen zum Thema "Günstiges Wohnen" eine konkrete projektbezogene Zusammenarbeit.

 Der Wintereinbruch habe sich übrigens nicht nur negativ auf Menschen ohne festen Wohnsitz ausgewirkt. Steiner: "Es ist erstaunlich, aber in den vergangenen Wochen haben einige von ihnen wieder Plätze zum Wohnen gefunden. Die Motivation scheint grösser zu sein, wenn es kälter wird."

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DROGEN
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NZZ am Sonntag 5.12.10

"Ritalin ist grosses Kino"

 Am Morgen Ritalin, am Abend Temesta. Immer mehr Menschen steuern ihre Launen und Stimmungen mit Medikamenten. Ein Do-it-yourself-Mediziner packt aus.

Aufgezeichnet von Carole Koch

 Er nennt sich der kleine Apotheker und hat viele kleine Helferlein. Sie heissen Ritalin, Temesta oder Viagra, sind weiss oder blau, rund oder stäbchenförmig. Und mit ihnen kann der Marketing-Manager jeden Tag in einen Wohlfühltag verwandeln. Sein Ich ausgleichen, es entspannen oder fit machen. Wie genau er Körper und Geist "tunt", erzählt er ganz nüchtern in einem Zürcher Restaurant.

 "Meine Lieblingspille ist Ritalin. Wow, da hat sich die Pharmaindustrie wirklich selbst übertroffen. Ritalin ist grosses Kino, wie Ferrari fahren, wenn man einen popligen VW-Käfer gewohnt ist. Das nehme ich, wenn ich morgens nicht aus dem Bett komme oder abends Party machen will, ohne am nächsten Tag einen hämmernden Alkohol-Schädel zu haben oder eine verstopfte Nase vom Kokain. Letzteres ist ja sowieso suboptimal für Körper und Seele. Ritalin aber wirkt ähnlich und wird einem erst noch bezahlt, darum nenne ich es Krankenkassen-Koks.

 Wenn ich losziehe, habe ich zwei bis drei Tabletten in der Hosentasche. Nach Tartare und Steak gibt es halt keine süsse Schokoladenmousse, sondern eine bittere Pille. Appetit hat man danach sowieso keinen mehr. Ich schlucke sie am Tisch, wie ein Aspirin. Je nachdem mit was für Leuten ich unterwegs bin, zerdrücke ich die Folie bis zur Unkenntlichkeit. In meinem Bekanntenkreis, der von Studenten über Werber bis zu Bankern alles umfasst, ist es zwar schon verbreitet, vor allem bei den Männern. Aber nicht alle sehen das gleich locker. Verständlich, es ist ja auch ein Betäubungsmittel.

 Hey, das bin ich

 Ein halbe Stunde später ist sie da, die Wirkung, kein Flash, sondern ein sanfter Push. Der Puls ist schneller, der Körper energiegeladener, der Kopf wacher, der Verstand schärfer. Ich fühle mich wie an meinen besten Tagen: parat, wach, selbstbewusst, gut drauf, eine Einheit mit mir und meinen Reserve-Batterien. So geht das Plaudern mit Frauen ebenso leicht und locker wie das Abtanzen im Klub. Dann denk ich, hey, das bin ich, so wie ich sein will. Und zwar die ganze Nacht. Allerdings: Die Wirkung lässt nach zwei bis drei Stunden nach, insbesondere weil ich dazu gern Rotwein trinke oder Gin Tonic. Dieses Runterkommen aber ist alles andere als sanft, plötzlich ist die Realität zurück, ganz ohne Vorwarnung. Dann stellt sich unweigerlich die Frage nach der zweiten Pille.

 Wenn ich dann morgens um vier aufgepimpt in der Wohnung herumtigere, denke ich schon mal: Hoppla, jetzt habe ich ein bisschen viel erwischt. Und da ist sie dann, die Welt, die ich nicht will. Die Stimmung kippt, im Bauch macht sich Nervosität breit. Manchmal auch eine Wut, dass ich mit 40 immer noch solche Fehler mache. Und je zerstörender die Selbstkritik, desto grösser ist der Wunsch, die Denkmaschine da oben auf Off zu schalten. Und dafür gibt es wieder andere Helferlein. Stilnox zum Beispiel. Mit der Schlaftablette darf man den richtigen Time-Slot aber nicht verpassen. Bleibt der Körper auf Stilnox zu lange wach, will er gar nicht mehr schlafen. Lege ich mich hingegen gleich hin, dauert es nicht lange und, peng, drückt es mich ins Kissen, und ich bin weg. Am nächsten Morgen fühle ich mich dann schon mal wie von einem Laster überfahren. Je später ich die Tablette nehme, desto weiter frisst sie sich in den Tag. Und das kann ich mir in meinem Job nicht leisten.

 Darum ist auch in schlaflosen Momenten <the winner> doch eher Temesta. Und auch sonst: Das Beruhigungsmittel ist meine Wunderwaffe für zwischendurch. Lasse ich eine Filmtablette auf der Zunge zergehen, dauert es nicht lange, bis Wellen der Ruhe und Harmonie durch mich strömen. Und ich innerlich so ruhig werde wie die See nach einem tobenden Sturm. Sorgen und Selbstvorwürfe sind wie weggeblasen, so dass ich manchmal gar nicht verstehe, warum ich so gestresst war. Klar, damit schläft man wie ein Baby, kann den angespannten Apparat aber auch in stressigen Situationen wie Meetings oder Präsentationen runterfahren. Auf Wiedersehen Tristesse, auf Wiedersehen Anspannung, hallo Glückseligkeit.

 Panikattacken mit Herzrasen

 Ja, ich weiss, die Suchtgefahr ist gross, wie bei allen Medikamenten, die Spass machen. Darum habe ich noch ein anderes Helferlein, das ebenso Grossartiges vollbringt, aber weniger abhängig macht: Sinquan. Wirken tut es noch schneller als Temesta, was sich besonders bei Panikattacken mit Herzrasen und Schweissausbrüchen empfiehlt. Weiss Gott keine angenehmen Zustände, in die mich aber Flugzeuge immer wieder versetzen. Leider komme ich beruflich nicht um sie herum. Also schlucke ich in der Abflughalle eine Pille, nehme vielleicht noch einen Schluck Roten und schlafe, bevor die Maschine überhaupt gestartet ist.

 Fasziniert hat mich schon immer, was man alles aus seinem Körper herausholen kann, sei es mit Sport oder eben chemischen Substanzen. Also habe ich schon als Teenie mit 500 mg Ponstan und zwei kühlen Blonden simuliert, was sich Boxer im Ring holen: einen Full Tilt. Später habe ich auch alles andere durchprobiert. Warum aber Drogen nehmen, wenn es Medis gibt? Sie sind reiner und günstiger, man bekommt sie von Psychiatern und Ärzten, gegen Flugangst oder Antriebslosigkeit. Et voilà, los geht's.

 Die Helferlein sind für mich einerseits Sicherheit, andererseits Belohnung. So wie andere Leute sich teure Schuhe kaufen, gönne ich mir Ritalin. Im Gegensatz zu ihnen weiss ich aber genau, was ich bekomme. Risiken und Nebenwirkungen sind bekannt und abschätzbar. Warum also sollte ich damit aufhören? Ich habe keinen Stress mit der Abhängigkeit, sie befriedigen mein Bedürfnis nach Spass, Entspannung oder Schlaf. Und sie hindern mich nicht daran, im Job Erfolg zu haben oder sechsmal die Woche zu boxen und zu fitten. Im Gegenteil. Sie machen mich zufriedener und mein Leben besser. Soll mir noch einer sagen, dass man Glück nicht kaufen kann."

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 Hirndoping

 Verkäufe von Stimulanzien wie Ritalin haben sich in den letzten zehn Jahren versiebenfacht. Auch der tägliche Konsum von Beruhigungs- und Schlafmitteln hat gemäss den Schweizerischen Gesundheitsbefragungen wieder zugenommen. Angesichts des Trends zur Selbstmedikation und des leichteren Bezugs von rezeptpflichtigen Medikamenten im Internet ist mit einem Anstieg des Gebrauchs zu rechnen. (ck.)

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Basler Zeitung 4.12.10

Khat-Schmuggel nimmt zu

 Die Drogenlieferungen kommen meist aus Deutschland in die Schweiz

 Mischa Hauswirth

 In diesem Jahr haben Grenzwache und Polizei bereits 557 Kilo der Kaudroge Khat beschlagnahmt. Das ist mehr als im bisherigen Rekordjahr 2009.

 In Deutschland stellt die Polizei jährlich zwischen 20 bis 30 Tonnen der aus Afrika stammenden Droge Khat sicher. Der grösste Teil der Lieferungen ist für die skandinavischen Länder bestimmt, wo die mitgliederstärksten Gemeinschaften von Ostafrikanern leben, oder für Deutschland selbst. Doch auch die Schweiz verzeichnet einen wachsenden Konsum. Experten bringen den steigenden Khat-Schmuggel mit der Zunahme von afrikanischen Immigranten in Zusammenhang. Markus Melzl, Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt, stellt fest: "Khat konsumieren Personen aus Ostafrika und der Süd-Sahelzone."

 In Ländern wie Äthiopien, Somalia, Jemen und Kenia ist die Droge ein Teil des sozialen Lebens und hat eine lange kulturelle Tradition. Das erklärt auch, warum Khat zwar in den verschiedenen Beschlagnahmungsverzeichnissen der Staatsanwaltschaften auftaucht, die Süchtigen aber nicht bei den Suchtberatungsstellen vorsprechen. "Im Kanton Basel-Stadt sind uns keine Fälle bekannt, bei denen es zu einer Beratung aufgrund eines problematischen Khat-Konsums gekommen wäre", sagt Eveline Bohnenblust, Leiterin der Abteilung Sucht im Gesundheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt.

 Frische Blätter

Khat wird meistens über den Frachtflughafen Frankfurt nach Europa geschmuggelt. Grund: Zwischen Ernte und Konsum darf nicht zu viel Zeit verstreichen. Die Blätter müssen noch grün sein, sonst sind sie für das Kauen nicht mehr geeignet. Eine kleine Anekdote: Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt hat vergessen, einen sichergestellten Sack mit Khat-Blättern rechtzeitig zu entsorgen. Der Gestank, den die verfaulenden Blätter verbreiteten, sei unerträglich gewesen, berichtet Markus Melzl.

 Vom Flughafen packen die Dealer die Ware direkt in die Autos und fahren sie zu ihren lokalen Abnehmern. Melzl: "Die Ware, die über Basel in die Schweiz gelangt, ist für das ganze Land bestimmt."

 Aus verkehrstechnischen Gründen gilt Basel als das Einfallstor für Khat. Dieses Jahr wurden gemäss Medienmitteilungen schon rund 560 Kilo Khat konfisziert. Immer im Auto, immer in Mengen von weit über hundert Kilo. Den bislang grössten Aufgriff machten Grenzwächter im vergangenen April: Im Wagen eines Niederländers fanden sie in mehreren Kartonschachteln und Jutesäcken insgesamt 215 Kilo ostafrikanisches Kaukraut.

 Die aktuelle Khat-Welle ist allerdings kein neues Phänomen. 2008 stellten Zollfahnder bereits die zweieinhalbfache Menge im Vergleich zum Jahr 2007 fest, nämlich 1484 Kilo. In der Grenzregion Basel bewegen sich die jährlichen Beschlagnahmungen immer um 500 Kilo. Wie bei allen Drogengeschäften ist auch der Khat-Handel gut organisiert und schwierig zu durchschauen.

 Abhängigkeit

Aufklärungsstellen wie die Suchtprävention der Stadt Zürich schreiben über den Konsum, dass 100 bis 200 Gramm frische Blätter und Triebe der Khat-Pflanze im Mund über mehrere Stunden gekaut würden. Dann stelle sich beim Konsumenten ein euphorisierter Zustand ein. Fachleute sind sich nicht ganz einig, ob Khat wirklich zu den Drogen gehört, doch Konsum, Besitz und Handel sind in der Schweiz verboten.

 Die Suchtstelle Zürich begründet dies so: "Khat führt zu einer psychischen Abhängigkeit mit Wiederholungszwang und einer Zentrierung auf das Suchtmittel mit der Vernachlässigung von Körperhygiene und Ernährung (Verwahrlosung)." Dazu kommen körperliche Folgeschäden wie Entzündungen der Mundschleimhaut, Blähungen, Verstopfungen, geschwächter Allgemeinzustand, Appetithemmung oder Wahnvorstellungen. Konsumiert wird Khat in Privatwohnungen, Lokalen oder Treffpunkten, wo meist ausschliesslich Afrikaner verkehren.

 Gleiche Kanäle

Drogenfahnder vermuten, dass die Schmuggler teilweise die gleichen Kanäle benutzen, über die auch das Kokain verteilt wird. Der Preis, der für die Strauchblätter zu bezahlen ist, zeigt ebenfalls, dass es sich bei Khat nicht einfach um eine spezielle Teesorte handelt: Ein Kilo hat einen Marktwert von rund 200 Euro (rund 260 Franken).

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ALKOHOL
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Aargauer Zeitung 4.12.10

"Verbot kann punktuell sinnvoll sein"

Alkohol Regierung ist gegen ein Konsumverbot für Jugendliche im öffentlichen Raum

Mathias Küng

 Nationale und internationale Studien belegen, dass rund 20 Prozent der Jugendlichen Alkohol in problematischer Weise konsumieren. Solche Jugendliche haben denn auch "ein signifikant erhöhtes Risiko für das Ausüben von Gewalttaten". Dies hält die Kantonsregierung in ihrer ablehnenden Antwort auf eine Motion von Grossrat Samuel Schmid (parteilos/Biberstein) fest. Schmid verlangt in seiner Motion auf Kantonsebene gesetzliche Grundlagen für ein Konsumverbot für Kinder und Jugendliche von alkoholischen Getränken auf öffentlichem Grund. Dies unter dem Aspekt des Jugendschutzes und unter Verweis auf mehrere Kommunen, die solche Regelungen praktizieren.

 Aufsehen erregt hat Anfang September die Stadt Aarau, die neu unter 16-Jährige, die öffentlich Alkohol trinken, mit 60 Franken büsst. Wer härteren Alkohol trinkt und noch nicht 18 ist, zahlt 80 Franken. Ziel ist, Trinkgelage und Pöbeleien ein Ende zu setzen. Gegenüber der az Aargauer Zeitung bekräftigte Stadtammann Marcel Guignard damals: "Alkohol für die Jungen im öffentlichen Raum tolerieren wir nicht."

 Warum lehnt die Regierung den Vorstoss ab? Sie verweist darauf, dass der Verkauf und die Weitergabe von Wein, Bier und gegorenem Most sowie von Alcopops, Spirituosen und Aperitifs an die betreffenden Altersgruppen gemäss geltender Gesetzgebung verboten sind.

 Verkaufseinschränkungen wirken

 Insbesondere können laut Regierung mit Regelungen bei den Verkäufern wirkungsvolle Massnahmen ergriffen werden. Dies zeige eine aktuelle Genfer Studie. Seit 2005 gilt dort für Läden ein Verkaufsverbot zwischen 21 Uhr und 7 Uhr, Tankstellen und Videotheken dürfen gar keine Alkoholika mehr verkaufen. Im Gegensatz zur übrigen Schweiz habe dort die Zahl der Notaufnahmen wegen Alkoholintoxikationen in Spitälern bei den 10- bis 15-Jährigen abgenommen. Bei den 10- bis 29-Jährigen geht die Studie von einer um 35 Prozent tieferen Zahl als der gesamtschweizerische Durchschnitt aus.

 Auch Testkäufe wirken

 Ein bewährtes Instrument seien zudem Testkäufe. Im Aargau wurden zwischen 2008 und 2010 in 320 von 786 Testkäufen der 1. Testreihe fälschlicherweise Alkoholika an zu junge Personen verkauft. Bis in die dritte Testreihe (in der nur Verkaufsstellen geprüft wurden, die vorher gepatzt hatten) konnte der Anteil auf 26 Prozent gesenkt werden.

 Ein Konsumverbot sei nicht zielführend, argumentiert die Regierung. Einen Probierkonsum werde es immer geben. Er sei alterstypisch und gehöre in der Regel zu den Erfahrungen des Erwachsenwerdens. Ein Konsumverbot könnte dieser Altersgruppe gar einen zusätzlichen Anreiz geben. Zudem entstehe bei konsequenter Umsetzung eines Konsumverbots ein grosser Aufwand für die Polizei, der ohne zusätzliche Ressourcen nicht zu bewältigen sei.

 Punktuell könne ein Konsumverbot auf kommunaler Ebene für Problemzonen sinnvoll sein. Allerdings könnten sich dort Verlagerungen ergeben. Die Regierung will, dass die bestehenden Jugendschutzbestim-mungen konsequent umgesetzt werden. Ein generelles Konsumverbot erachtet sie jedoch als nicht zielführend und lehnt deshalb die Motion ab.

 Kommentar rechts

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Kommentar

 Trinkverbot lässt Jugendliche kalt

Thomas Röthlin

 Es ist das eine, wenn die Stadt Aarau minderjährige Trinker auf den Gassen büsst. Hunderte Jugendliche aus dem Umland gehen hier in den Ausgang. Dass die Polizei Hotspots bekämpft, wo sich unter 16-Jährige mit Bier und unter 18-Jährige mit Schnaps volllaufen lassen, ist legitim. Und legal: Das kommunale Polizeireglement lässt neu Bussen zu.

 Das Konsumverbot auf den ganzen Kanton auszudehnen, bringt jedoch nichts. Das Ziel von Motionär Samuel Schmid ist Jugendschutz, nicht Erwachsenenschutz vor alkoholisierten Jugendlichen, die den Heimweg versperren. Abgesehen von den Argumenten der Regierung, dass ein Verbot erst recht zum Konsum reizt und eine flächendeckende Kontrolle illusionär wäre, ist der öffentliche Raum begrenzt. Genauso, wie man beim Alk-Kauf den älteren Bruder vorschicken kann, entzieht sich der Staatsgewalt, wer in den eigenen vier Wänden trinkt. Wilde Sauf-Partys machen im privaten, "sturmfreien" Rahmen genauso Spass.

 Wenn der Konsum nicht unterbunden werden kann, dann ist es umso wichtiger, dass die Verkaufs- und Abgabeverbote greifen. Lockvogel-Testkäufe scheinen im Aargau die gewünschte Wirkung zu haben: Minderjährige kommen schwieriger an Alkohol. Das ist echter Jugendschutz.

 thomas.roethlin@azmedien.ch

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SEXWORK
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Tagesanzeiger 6.12.10

Prostitution

 Polizeivorsteher erwägt ein staatliches Bordell

Metzler Beat

 Zürich - Daniel Leupi kann sich vorstellen, dass die Stadt Zürich künftig ein Bordell betreibt. Dies sagte der grüne Polizeivorsteher gegenüber der Lokalzeitung "Zürich West". Im Zentrum stehe eine Lösung für den Sihlquai. Um öffentlichen Sex zu verhindern, solle die Stadt eine stadt- und quartierverträgliche Infrastruktur schaffen. Wo ein solches "Laufhaus" stehen könnte, ist gemäss Leupi noch unklar.(bat)

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20 Minuten 6.12.10

Stadt als "Puffmutter" - eine Option für Leupi

 ZÜRICH. Schon wieder sorgt eine Äusserung des Polizeivorstehers Daniel Leupi für Aufregung: Ein von der Stadt betriebenes Bordell sei "kein Tabu".

 Erst vor wenigen Tagen hagelte es Kritik, weil Daniel Leupi (Grüne) mit den Teilnehmern der Abstimmungs-Demo vom vorletzten Sonntag in der City sympathisierte. Nun provoziert Zürichs Polizeivorsteher erneut: Im Kampf gegen die Auswüchse des Strassenstrichs am Sihlquai sei für ihn ein staatliches Bordell "kein Tabu", sagte Leupi dem Lokalblatt "Zürich West".

 Die Idee, dass die Stadt Zürich als "Puffmutter" fungieren könnte, hatte vor einigen Wochen bereits Leupis Parteikollegin und Alt-Stadträtin Monika Stocker lanciert (20 Minuten berichtete). "Ein völliger Schwachsinn", ereifert sich SVP-Fraktionspräsident Mauro Tuena. "Die Führung eines Freudenhauses ist nun wirklich keine Kernkompetenz des Staates." "Schwierig", findet das Vorhaben auch Michael Baumer, Präsident der Stadtzürcher FDP. "Dies würde die Probleme kaum lösen und einen zusätzlichen Überwachungs- und Kontrollaufwand bedeuten." Selbst auf linker Seite ist man skeptisch: "Solange das staatliche Bordell eines von vielen ist, würden Freier wohl eher auf die Konkurrenz ausweichen", sagt SP-Gemeinderätin und Fraktionschefin Min Li Marti.

 Wie Leupis Departementssprecher Reto Casanova gegenüber 20 Minuten betont, liegen derzeit keine konkreten Projekte oder Vorprojekte vor. Unklar ist auch, ob Leupi die Idee dem Stadtrat vortragen wird. "Das kann ich im Moment überhaupt nicht sagen", so Casanova.  

Raffaela Moresi

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Limmattaler Tagblatt 6.12.10

Polizeivorsteher für Stadt-Bordell

Prostitution Zur Lösung der Probleme mit dem Sexgewerbe in Zürich stellt der grüne Stadtrat eine staatliche Lösung zur Diskussion. In einem Interview mit den Quartierzeitungen der "Lokalinfo-Medien", das wiederum von der "NZZ am Sonntag" zitiert wurde, sagte der Polizeivorsteher, für ihn sei ein von der Stadt betriebenes Bordell "kein Tabu". Das Haus müsste laut Leupi in einer Zone liegen, wo der Wohnanteil bei weniger als fünfzig Prozent liegt.

 Die Idee ist nicht neu. Bereits vor Monaten schlug Rolf Vieli, Leiter des städtischen Projekts "Rotlicht" vor, dass ein staatlich geführtes und kontrolliertes Bordell zur Entspannung der Situation auf dem Strassenstrich beitragen könnte. "Dies sei eine ihrer Visionen gewesen", liess sich Monika Stocker in der "Sonntags Zeitung" vernehmen. Die ehemalige Sozialvorsteherin wurde in der Folge von allen Seiten heftig kritisiert.

 "Nicht mehr als eine Option"

 Dass nun Leupi das staatliche Bordell öffentlich zur Diskussion stellt, kommt dem Polizeidepartement laut "NZZ am Sonntag" nicht gelegen. Dessen Sprecher Reto Casanova versuchte Leupis Interview die Brisanz zu nehmen. Der Vorsteher habe mit der Erwähnung eines staatlichen Bordells "nur beispielhaft zeigen wollen, dass er sich persönlich vorstellen könnte, weitere aussergewöhnliche Schritte und Infrastrukturen zu prüfen". Leupis Überlegungen, so Casanova weiter, seien nicht mehr als eine "Option". (ant)

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NZZ am Sonntag 5.12.10

Staatliches Bordell ist für Zürcher Polizeivorsteher "kein Tabu"

 Der grüne Zürcher Stadtrat Daniel Leupi will die Probleme mit der Prostitution unkonventionell angehen: Für ihn sei ein von der Stadt betriebenes "Laufhaus" - ein Bordell, in dem Prostituierte Zimmer mieten und sich bei geöffneter Tür anbieten - "kein Tabu", sagte Polizeivorsteher Leupi in einem Interview mit den Quartierzeitungen der Lokalinfo-Medien.

 Im Wissen um die Brisanz der Äusserung versucht das Polizeidepartement die Lage zu beruhigen. Auf Nachfrage der "NZZ am Sonntag" deklariert es Leupis Modell eines staatlichen Bordells lediglich als "Option" des Vorstehers, die bisher im Stadtrat nicht besprochen worden sei. "Es liegen auch keine konkreten Projekte vor", sagt Departementssprecher Reto Casanova. Mit dem Beispiel habe Leupi zeigen wollen, "dass er sich persönlich vorstellen könnte, aussergewöhnliche Schritte zu prüfen", um gegen die überbordende Strassenprostitution am Sihlquai vorzugehen. (asc.)

 ►Seite 17

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Zürcher Polizeivorsteher erwägt von der Stadt betriebenes Bordell

 Zur Lösung der Probleme mit der Prostitution stellt der grüne Stadtrat Daniel Leupi eine staatliche Lösung zur Diskussion.

 Andreas Schmid

 Erstmals in seiner gut sechsmonatigen Amtszeit ist der Zürcher Polizeivorsteher Daniel Leupi vergangene Woche heftig in die Kritik geraten. Dass der grüne Stadtrat Sympathien für die Demonstrierenden geäussert hatte, die am vergangenen Sonntag nach dem Ja zur Ausschaffungsinitiative in Zürich protestierend durch die Strassen zogen, stiess auf breites Unverständnis. Umso mehr, als Randalierer in der Innenstadt einen hohen Sachschaden anrichteten.

 Leupi distanzierte sich zwar ausdrücklich von den Gewalttätern und verurteilte ihre Vandalenakte; damit konnte er aber die Angriffe, die vor allem von SVP-Seite gegen ihn rollten, nicht mehr stoppen.

 Nun gerät Leupi wegen einer Aussage zu einem anderen heiklen Thema, der Regelung der Prostitution, noch mehr in die Defensive: In einem Interview mit den Quartierzeitungen der "Lokalinfo-Medien" sagt der Polizeivorsteher, für ihn sei ein von der Stadt betriebenes Bordell "kein Tabu". Das Haus müsste laut Leupi in einer Zone liegen, wo der Wohnanteil weniger als 50 Prozent beträgt.

 Den Vorschlag staatlicher Zürcher Bordelle, die zu einer Entspannung der Situation auf dem Strassenstrich am Sihlquai beitragen sollen, hatte bereits Rolf Vieli, der Leiter des städtischen Projekts "Rotlicht", einmal geäussert. Die ehemalige Sozialvorsteherin Monika Stocker sagte dazu in der "Sonntags-Zeitung", das sei in ihrer langjährigen Amtszeit eine Vision von ihr gewesen. Das Modell funktioniere etwa in Köln. Stockers Gedanken provozierten heftige Reaktionen und Kritik bei Politikern von links bis rechts. Dass Stockers Parteikollege Leupi die Idee gerade jetzt aufnimmt und öffentlich zur Diskussion stellt, kommt dem Polizeidepartement offensichtlich gar nicht gelegen. Dessen Sprecher Reto Casanova versucht Leupis Interview in den Quartierzeitungen die Brisanz zu nehmen: Der Vorsteher habe mit der Erwähnung eines staatlichen Bordells "nur beispielhaft zeigen wollen, dass er sich persönlich vorstellen könnte, weitere, aussergewöhnliche Schritte und Infrastrukturen zu prüfen", um die Probleme mit der Prostitution zu lösen. Casanova betont, dass die Idee im Stadtrat (Exekutive) bisher nicht besprochen worden sei und auch keine konkreten Projekte oder Vorprojekte vorlägen. Leupis Überlegungen seien nicht mehr als eine "Option".

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DEMOS ZH
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NZZ 4.12.10

Gewaltschwelle liegt niedrig

 Der Polizeikommandant zum Vorgehen bei Demonstrationen

 Nach der Demonstration vom letzten Sonntagabend ist die Polizei wegen ihres angeblich zu laschen Vorgehens in die Kritik geraten. Es ist auch die Rede von schlechter Stimmung im Korps. Polizeikommandant Hotzenköcherle nimmt Stellung.

 Alois Feusi

 Die Vorwürfe, die SVP und FDP nach den Ausschreitungen während der Demonstration vom letzten Sonntagabend an die Stadtpolizei Zürich und den Polizeivorstand Daniel Leupi richten, wiegen schwer. Hätte die Polizei die Kundgebung schon am Helvetiaplatz aufgelöst oder wäre sie wenigstens nach den ersten Steinwürfen eingeschritten, hätten die Schäden im Umfang von mehr als 100 000 Franken vermieden werden können, sagen die Kritiker. Ausserdem behauptete SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli, dass im Korps wegen Unzufriedenheit mit der linken Departementsführung schlechte Stimmung herrsche. Mörgeli nahm den grünen Departementsvorsteher Leupi unter Beschuss, weil er am Rande der Demonstration gegenüber Polizisten Verständnis für die Protestierenden geäussert hatte.

 Fatale Solidarisierung

 Polizeikommandant Philipp Hotzenköcherle verteidigte am Freitag in einem Gespräch mit der NZZ das Vorgehen seiner Mannschaft am Sonntag. Wäre man am Helvetiaplatz mit polizeilichen Zwangsmitteln in eine Demonstration mit mehr als 1000 friedlichen und 100 allenfalls gewaltbereiten Teilnehmern eingefahren, wäre das laut Hotzenköcherle unverhältnismässig gewesen. Das einzig Illegale sei zu jenem Zeitpunkt die Durchführung einer Kundgebung an einem Sonntag gewesen: "Aber wenn wir an einer Demonstration einschreiten, nur weil sie am Sonntag stattfindet, wäre das höchst unverhältnismässig. Und wir müssten mit grossen Sachbeschädigungen und Verletzten rechnen, und zwar in der ganzen Stadt." Zudem ist laut Hotzenköcherle auch eine Solidarisierung zu erwarten, wenn Polizisten in voller Montur ein paar Chaoten aus einer friedlichen Demonstration holen. Die Schwelle zur Gewalt sei in den vergangenen Jahren auf ein sehr tiefes Niveau gesunken: "Bei einem frühzeitigen Einschreiten der Polizei findet diese Solidarisierung erst recht statt, und aus 100 Gewaltbereiten werden schnell 500 oder 600." Deshalb musste die Polizei am Sonntag abwarten, bis der Saubannerzug auf dem Rückweg vom NZZ-Gebäude zum Limmatquai war und sich die gewaltlosen Demonstranten von den Chaoten abgesondert hatten. Dass es zuvor zu grossen Schäden gekommen war, bedauert Hotzenköcherle, aber grundsätzlich sei das deeskalierende Vorgehen der einzig gangbare Weg bei solchen Protestveranstaltungen.

 Sorge um den Bestand

 Zur Stimmung im Korps sagt der Kommandant, dass diese nicht schlecht, aber bedrückt sei. Seine Leute leisteten zahllose Überstunden, die sie aus Personalmangel nicht kompensieren könnten, und die Aussicht, dass die angekündigten zusätzlichen 15 Stellen der Budgetkürzung zum Opfer fallen und sogar Lohneinbussen auf die Polizistinnen und Polizisten zukommen könnten, hebe die Laune auch nicht. Mittelfristig sei überdies eine Abwanderung in andere Polizeikorps zu befürchten, wenn sich die Situation nicht bald spürbar ändere und die längst notwendige Verstärkung nicht bewilligt werde. Als Folge davon könnte sich in einigen Jahren statt der erwünschten Erhöhung des Bestandes um 50 bis 100 Polizistinnen und Polizisten ein Unterbestand von 50 oder mehr Angestellten ergeben.

 Es sei auch verhängnisvoll, wenn solche ungerechtfertigte Negativ-Werbung gestreut werde, betont Hotzenköcherle. "Wer will schon in ein Korps eintreten, in dem angeblich eine schlechte Stimmung herrscht und das unter einem linken Vorsteher leidet?" Letzteres entspreche übrigens überhaupt nicht der Wahrheit. Er arbeite jetzt ein halbes Jahr mit Daniel Leupi zusammen, und dieser habe sich als sehr aktiver, engagierter und interessierter Polizeivorsteher erwiesen. "Er stellt sehr viele und gute Fragen. Und es ist noch kein einziges Mal vorgekommen, dass wir nicht zu einer Lösung gekommen wären."

 Meinung & Debatte, Seite 26

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 "Den Profis nicht dreinreden"

 Zürichs Polizeivorsteher Daniel Leupi zur Einsatztaktik
)

 Herr Leupi, am Rand der Demonstration vom Sonntagabend haben Sie gegenüber Polizisten Verständnis für die Protestierenden geäussert und gesagt, dass Sie, wenn Sie nicht Stadtrat wären, durchaus auch unter den Kundgebungsteilnehmern sein könnten. Wie schätzen Sie diese Aussage heute ein?

 Inzwischen ist mir bewusst geworden, dass Aussenstehende vor allem die gewalttätigen Chaoten wahrnahmen und meine Aussagen auf diese bezogen. In Tat und Wahrheit wollte ich nur veranschaulichen, dass viele ganz normale, friedliche Bürgerinnen und Bürger im Umzug mitgingen. Ich verurteile jede Art von Gewaltanwendung zutiefst.

 Warum haben Sie nicht den Befehl gegeben, die Kundgebung bereits am Helvetiaplatz aufzulösen? Schliesslich hatte man schon Tage vorher davon gewusst.

 Weil das nicht meine Aufgabe ist. Jeder solche Einsatz wird von ausgebildeten und erfahrenen Polizeioffizieren geleitet und nicht vom Polizeivorsteher. Ich werde mich hüten, als polizeilicher Laie den Profis operativ dreinzureden - was nicht heisst, dass ich im Vorfeld keine Fragen gestellt hätte.

 Weshalb löste man die Demonstration nicht nach den ersten Steinwürfen auf?

 Auch diese Frage müssen Sie den Verantwortlichen der Stadtpolizei stellen.

 Hatten Sie Kontakt zum Einsatzleiter?

 Ja, zwei- oder dreimal erhielt ich von ihm eine Zwischeninformation, als noch alles friedlich verlief.

 SVP-Nationalrat Mörgeli behauptet, dass innerhalb des Polizeikorps eine schlechte Stimmung herrsche.

 Es wurde mir gesagt, dass die Stimmung zurzeit nicht gerade euphorisch sei. Aber das hängt, auch nach Aussage des Polizeibeamtenverbands, vor allem mit allgemeiner Überlastung, vielen Überstunden und einer gewissen Unsicherheit in Zusammenhang mit der bevorstehenden Budgetdiskussion im Gemeinderat zusammen. Es drohen ja bekanntlich wegen der Budgetrückweisung Lohneinbussen.

 Interview: fsi.

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Keine Besserung unter grüner Flagge

 Der Zürcher Polizeivorstand agiert bei der ersten Nagelprobe unglücklich. Von Michael Baumann

 In Zürich stehen wieder einmal die Stadtpolizei und ein Einsatz gegen Chaoten im Fokus des Interesses - und in der Kritik. Das ist an sich nichts Neues, gelingt es doch der Polizei seit Jahren kaum je, an Demonstrationen die Kreise der gewalttätigen, linksradikalen Krawallmacher wirkungsvoll zu stören und Sachbeschädigungen zu verhindern. Auch am letzten Sonntag nicht, als sich einige Dutzend vermummter Chaoten in einem Demonstrationszug gegen das Abstimmungsergebnis der Ausschaffungsinitiative versteckten und aus dem Schutz der Masse heraus in der Innenstadt Fenster einschlugen, Fassaden verschmutzten und Brände legten. Es entstand ein Schaden von mehreren hunderttausend Franken. Manch ein Beobachter wähnte sich am 1. Mai, an dem solche Vorkommnisse in Zürich eine unrühmliche Tradition haben. Neu war aber an diesem Sonntag, dass zum ersten Mal an einer von Ausschreitungen begleiteten Demonstration Daniel Leupi, der neue Polizeivorstand, in der politischen Verantwortung stand.

 Keine Demonstrationen an Abstimmungssonntagen

 Der Vertreter der Grünen Partei startete im Mai in sein neues Amt und packte gleich ein heisses Eisen an: das Problem des Strassenstrichs, das namentlich am Sihlquai seine hässlichste Fratze zeigt. Hier scheint er konsequent nach einer Lösung zu suchen und reiste dazu sogar nach Deutschland, um sich dort in verschiedenen Städten nach möglichen Lösungen umzusehen. Doch auch unter seiner politischen Führung hat sich an der Vorgehensweise der Polizei bei Demonstrationen mit Gewaltpotenzial im Vergleich zu seiner Vorgängerin nichts geändert: Man schaute lange zu, liess zu vieles gewähren und griff erst ein, als es schon zu spät war. In Anbetracht dessen, dass am Sonntag über eine heikle Vorlage abgestimmt wurde, hätte die Polizei einen Demonstrationszug niemals einfach so gewähren lassen dürfen. Erstens war die Demonstration nicht bewilligt, und zweitens gehört es sich in einer direkten Demokratie nicht, dass die Verlierer einer Abstimmung ihrer Enttäuschung noch gleichentags auf der Strasse ungezügelt Luft verschaffen. Deshalb sind Demonstrationen gerade an Abstimmungssonntagen konsequent im Keim zu ersticken.

 Geradezu verheerend war es aber, den Demonstranten, die sich auf dem Helvetiaplatz versammelt hatten, den Weg in die Innenstadt freizugeben. Seit der Minarett-Abstimmung vor rund einem Jahr weiss man um die möglichen Absichten von schlechten Verlierern. Damals konnten Chaoten ungestört das SVP-Sekretariat verwüsten. Gleiches musste auch nach der Annahme der Ausschaffungsinitiative erwartet werden, umso mehr, wenn man die einschlägigen Websites, die auch von der Stadtpolizei gelesen werden, besucht hatte. Weshalb wurden also vor gefährdeten Adressen keine Polizisten postiert?

 Unbedarfte Aussagen führen zu Unglaubwürdigkeit

 Immerhin ist Leupi schneller hingestanden, als Esther Maurer dies zu tun pflegte, und hat Stellung genommen. Dabei sagte er, dass sich Ausschreitungen wie solche vom Sonntag kaum verhindern liessen. Das ist vielleicht nicht ganz falsch, aber ein Polizeivorstand hat sich an seinem Auftrag zu orientieren, die Bürger und ihr Gut vor Übergriffen zu schützen. Dazu war von Leupi wenig zu hören. Ebenso ungeschickt war, dass er in erster Linie darauf Wert legte, sich mit den friedlichen Demonstranten zu solidarisieren und Verständnis für ihr Anliegen zu zeigen. Das zeugt von einer Naivität und Unbedarftheit, die ihn von der Aussenwirkung her in eine schwierige Lage bringen: Wenn man sich als Bürger fragen muss, auf welcher Seite der Polizeivorstand eigentlich steht, wird es fatal. Auch punkto Wirkung gegen innen tut er gut daran, in Zukunft auf solche Aussagen zu verzichten, wenn er gegenüber dem Korps nicht unglaubwürdig werden will.

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Tagesanzeiger 4.12.10

Die Kosten

 250 000 Franken für Zürichs Sicherheit

 Für die Zürcher Stadtpolizei war die WM-Vergabe ein Grossanlass und bedeutete vor allem eines: Überstunden. Gabriel Allemann, Vizepräsident des Stadtzürcher Polizeibeamtenverbands, beklagte sich über solche Anlässe, die das Polizeikorps stark belasten. Wie Marco Cortesi, Medienchef der Stadtpolizei, gegenüber Tagesanzeiger.ch erklärte, verursachte die Vergabe der Fussball-WM Kosten von 250   000 Franken. Wie viele Polizisten in dieser Angelegenheit beschäftigt waren, will Cortesi mit Verweis auf die Polizeitaktik nicht verraten. Geht man aber von einem Ansatz von 100 Franken pro Stunde aus, wären das 2500 Mannstunden. Berappt werden die Sicherheitskosten nicht vom Zürcher Steuerzahler, sondern vom schweizerischen. Über einen Abgeltungsvertrag für Schutzaufgaben überweist der Bund dem Kanton 1,5 Millionen pro Jahr, die Stadt erhält 500 000 Franken. Da die Fifa als Verein trotz Milliardenumsätzen keine Steuern bezahlen muss, stehen auf der anderen Seite der Bilanz nur Hotel-Umsätze und ein allfälliger Imagegewinn für Zürich. (cal.)

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POLICE BS
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Basler Zeitung 6.12.10

Wieder verläuft die Spur im Sand

 Die Reihe linksextremer Taten in der Region wird länger und länger

 Mischa Hauswirth

 Mehr als eine Woche, nachdem Vermummte ein Allschwiler Wahlbüro überfallen haben, sind die Täter immer noch nicht festgenommen. Die Ermittlungen erweisen sich als schwierig, um nicht zu sagen aussichtslos.

 Sechs oder sieben Personen dringen wortlos in das Wahlbüro Neuallschwil ein. Sie sind schwarz gekleidet, mit Mützen und Schals vermummt. Sie stehlen die Wahlurne, in der sich 20 Stimmzettel zur Ausschaffungsinitiative und zur Steuergerechtigkeitsinitiative befinden. Auf dem Parkplatz beim Allschwiler Lindenplatz leeren sie die Urne mit den Stimmzetteln aus und schütten eine leicht entzündliche Flüssigkeit darüber. Ein Feuerzeug, Flammen, dann verschwinden die Täter.

 Das war am 27. November, einem Samstag. Am Sonntag darauf vereitelte ein Gemeindearbeiter in Schlieren (ZH) einen Brandanschlag: Die Polizei riegelte Gebäude und nähere Umgebung ab, bevor sie die Brandbeschleuniger in einer Tasche sicherstellten (BaZ berichtete).

 Gewalt von links

So viel oder so wenig ist bekannt. Die Kantonspolizei Baselland sagt zum Fall nur: "Die Ermittlungen sind im Gang. Bislang konnte die Täterschaft nicht gefunden werden." Und auch die Kantonspolizei Zürich fischt bezüglich Täterschaft im Trüben. Ob zwischen beiden Vorfällen ein Zusammenhang besteht, ist - so will es der Rechtsstaat - so lange hypothetisch, bis gegenteilige Beweise vorliegen.

 Linksxtremisten stehen im Verdacht, den politisch motivierten Überfall begangen zu haben. Es gibt aber auch Stimmen, die eine Verschwörungstheorie vertreten, wonach die Aktion eine rechtsextreme Provokation darstellen soll. Jedenfalls passt das Verbrennen von Wahlzetteln zu einer Reihe von linksextremen Aktionen in der Region.

 Hohe Sachschäden

Zur Erinnerung: Nach dem 1. Mai und im Nachfeld des Baselbieter Harassenlauf-Verbots kam es in Basel zu einem Brandanschlag auf die Polizei; ein Mob von Linksextremen randalierte vor dem Claraposten und warf einen Molotowcocktail. Einen Tag später schlagen mehrere Vermummte in der Basler Freien Strasse etliche Schaufenster kaputt. An Hausmauern und Fensterscheiben waren mehrere Sprayereien mit Hammer-und-Sichel-Symbolen sowie das A in einem Kreis zu sehen - Klassiker unter gewaltbereiten Anarchisten.

 Im Herbst dann riefen Unbekannte mit Zetteln gegen einen Kleiderladen im Kleinbasel auf, weil dieser angeblich "faschistische Kleidung" verkauft. Eine brennende Kerze vor dem Eingang des Ladens erlischt, bevor Schlimmeres passieren kann. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen Drohung und Nötigung.

 Vor wenigen Wochen ketteten Unbekannte die Handwagen von Zeitungsverteilern an, um gegen die BaZ-Eigentümer zu protestieren. Und vergangenen Sonntagabend, nach der Abstimmung zur Ausschaffungsinitiative, kommt es während der "spontanen Demo" (so heisst es auf einer Seite von Zürcher Linksextremen) gegen die SVP und die Fremdenfeindlichkeit in der Basler Innenstadt zu Schmierereien.

 Die genaue Höhe der Sachbeschädigung dieser Taten dürfte sich um rund eine Million Franken bewegen. In allen erwähnten Fällen sucht die Polizei nach wie vor nach den Tätern.

 Staatsschutz involviert

Keine der offiziellen Behörden hat sich bisher zur möglichen Täterschaft von Allschwil geäussert. Meinrad Stöcklin, Mediensprecher der Baselbieter Polizei, sagt: "In die Ermittlungen involviert ist auch der Nachrichtendienst der Polizei Basel-Landschaft."

 Der Staatsschutz leitet die Fahndungen, weil er juristisch gesehen solche Taten als Terrorakte wertet. Wer eine Volksabstimmung behindert, stört oder Wahlzettel stiehlt, verstösst gegen Bundesgesetz und ist ein Risiko für die innere Sicherheit. Logisch, dass der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) mit seinem Dienst für Analyse und Prävention (DAP) sich für die linke Gewaltwelle in der Region Basel interessiert. Der Bundesnachrichtendienst schreibt in seinem jüngsten Bericht von tausend Linksextremen, die als gewalttätig eingestuft werden können. "Nach wie vor handelt es sich beim Linksextremismus um ein fast ausschliesslich urbanes Phänomen."

 Den Staatsschützern ist zudem nicht entgangen, dass Feuer als Zeichen für Gefährlichkeit und Entschlossenheit, aber ebenso als Markenzeichen eingesetzt wird. Unter "Linksextremismus" schreiben sie: "Aus der Sicht der Täterschaft stellen Brandstiftungen eine risikoarme, kostengünstige, spektakuläre und deshalb medienträchtige Aktionsform dar." Sowie: "Dabei wird auch die Gefährdung Unbeteiligter in Kauf genommen."

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BIG BROTHER SPORT
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Bund 6.12.10

"Leben und Leben lassen"

 Rund zweimal die Woche fährt die BLS mit Extrazügen zu den Spielen der Berner Sportklubs. Wegen randalierender Fans fliegen an Bord schon mal die Fetzen.

 Matthias Raaflaub

 "Bis vor drei Jahren hätte man doch nicht daran gedacht, dass man Fans begleiten müsste", sagt Stephan Bärtschi, Leiter Sicherheit und Events der BLS. Ein Berner Hockeyderby in der Nationalliga A lief ruhig ab. Zumindest auf dem Hin- und Rückweg. Wäre es noch immer so, wäre Bärtschi an diesem Mittwochabend nicht auf dem Weg zum Team-Briefing seines Sicherheitsdiensts - in die Winterjacke gepackt, bereit für eine lange, kalte Nacht. Es steht wieder ein Derby an. Der Schlittschuhklub Bern trifft in Biel auf den EHC. Die Polizei spricht bei besonders brenzligen Begegnungen von "Risikospielen". "Ja, das wäre so eines", sagt Bärtschi.

 Seit Anfang Jahr begleiten Frauen und Männer des BLS-Sicherheitsdienstes die Hockey- und Fussballfans auf den Extrazügen. Das neu gebildete Team setzt sich aus erfahrenem Kontrollpersonal zusammen. Als sich die Gruppe zum Briefing am Bollwerk einfindet, kommt sie eben aus dem Training. Dort lernen die Mitarbeiter, in Extremsituationen ruhig zu bleiben. "Wir müssen die Situation beruhigen, deeskalieren", erklärt ein Teammitglied seine Rolle. Ihre Namen möchte ihr Chef nicht in der Zeitung lesen. Sicher ist sicher.

 Das 7:1 kostete 15 000 Franken

 Vor dem versammelten Team greift Bärtschi zu seinen Unterlagen. "Der SCB hat uns 120 bis 200 Leute gemeldet", sagt er. Und: "Beim letzten Mal, als die Berner in Biel spielten, hatten die Bieler Verkehrsbetriebe einen Schaden von 15 000 Franken." Bern spielte schlecht - ging mit 7:1 unter. Der Bus, mit welchem die Fans vom Stadion zum Bahnhof gefahren wurden, musste dran glauben. Beim Rapport in Bern ist ungewiss, ob die Bieler Polizei die Revanche zum Anlass nehmen wird, um Übeltäter vom letzten Mal dingfest zu machen.

 Der Sicherheitsdienst wird sich in Zweierteams auf die vier Zugswaggons verteilen. Die Mitarbeiter stehen per Funk jederzeit in Kontakt zueinander. Über die übrige Ausrüstung will Bärtschi nicht sprechen. "Unsere Stärke sind die Worte", sagt er. Bevor Bärtschi die Vorbesprechung beendet, sagt er zu seinen Leuten: "Gibt es Sachbeschädigungen, merkt euch einen, den aber genau." Vor dem Untersuchungsrichter müssen Schuldige mit Sicherheit identifiziert werden können. Im Übrigen gesteht man den Fans auch einige Freiheiten zu. Wegen Lärms oder Rauchens im Zug muss keiner mit Problemen rechnen. "Leben und leben lassen", sagt Bärtschi. "Wir lassen sie in Ruhe, dafür sollen sie uns auch in Ruhe lassen."

 Wenn plötzlich die Sitze fehlen

 Schon bevor sie den Zug betreten, hat der Sicherheitsdienst die Fans im Blick. Die Verantwortung der BLS beginnt am Bahnhof Bern und endet am Bahnhof Biel. In der Passerelle stösst Bärtschi auf Su Elsener und Simon Glutz. Die beiden Fanbeauftragten des SCB begleiten die Berner auf dem Zug und beim Spiel. Glutz sagt: "Die Fans haben enormen Respekt vor uns." Weil die Fanarbeiter jeden Fan im Zug persönlich kennen, geht die soziale Kontrolle von ihnen aus. Doch die Fanarbeiter machen auch klar: Polizisten seien sie nicht. "Wir sind an einer engen Zusammenarbeit mit den Club- und Fanverantwortlichen sehr interessiert", sagt Bärtschi. Denn es werde für Transportunternehmungen immer schwieriger, die steigenden Kosten alleine zu tragen. Pro Jahr verursachen die Fans der BLS Schäden von etwas unter 100 000 Franken. Hinzu kommen die Kosten für den Sicherheitsdienst und die Extrazüge.

 Als der Zug abfährt, sind nur rund 60 bis 70 junge Leute dabei. Warum, darüber kann auch die Fanarbeiterin nur mutmassen: Es sei Dienstag und der SCB habe in der letzten Zeit nicht gut gespielt, sagt Elsener. Im Zug wird geraucht, Bier getrunken, gejohlt und gelacht. Doch die Stimmung ist gut, die Fans sind ruhig. Auch ein Rentner ist in Bern noch zugestiegen. Ob diese Verbindung nach Biel denn immer fahre, hat er Bärtschi gefragt.

 Billettkontrolle. Das wäre eigentlich die Kernaufgabe des Personals. Nur stiessen die Zugbegleiter im Umgang mit aggressiven Fans bisweilen an ihre Grenzen. Denn es kann auch anders laufen als heute Abend. Bei einem früheren Spiel gegen Biel ist die Lage auf dem Rückweg ausgeartet. Fans beschädigten Sitzbänke und rissen Lampen herunter. Bärtschi war dabei. Vor dem Einsatz des Sicherheitsdiensts sei es schon vorgekommen, dass bei der Einfahrt in Bern mehrere Sitzbänke fehlten, erzählt der Lokführer Adrian Schneider - auf der Strecke zerlegt und durchs Fenster "entsorgt". Gefährlich sei es bisweilen schon, sagt eine Mitarbeiterin des Sicherheitsdiensts. "Ich bin froh, wenn ich in einem Stück nach Hause komme." Weil die Fans die Gesichter des Teams aber mittlerweile kennen, werden sie nur selten angepöbelt.

 Bis Biel gibt es keine grösseren Vorfälle. Einige Fans hätten Dosen aus dem Fenster geworfen, berichtet ein Mitarbeiter dem Chef. Das sei zwar klar gegen das Gesetz, er habe es aber bei einer Ermahnung belassen.

 "Scheiss SCB"

 Am Bahnhof warten über ein Dutzend Polizeigrenadiere auf die Fans. Mit Gittern und Kordons leiten sie die Menge zum Robert-Walser-Platz, wo zwei Busse warten. Schlagzeilen machen in dieser Nacht nicht die Berner. Als diese die Busse besteigen, zünden EHC-Anhänger Leuchtpetarden, provozieren die Berner mit Plakaten. Die Polizei meldet später, dass sie vier Biel-Fans festgenommen hat. Ihnen drohen Strafanzeigen und ein Stadionverbot. Auf den Zügen gebe es mit den EHC-Fans keine Zwischenfälle mehr, seit der Klub jeweils 15 Fanarbeiter mitschicke, sagt Bärtschi.

 Während die Fans das Spiel verfolgen, macht der Sicherheitsdienst Pause. Der SCB hält in der Bieler Eishalle lange ein 1:1. Die Bieler skandieren "Scheiss SCB". Im Penalty-Schiessen gewinnen dann die Berner. Nach Spielende beginnt die eigentlich heisse Phase. Die Kantonspolizisten vor dem Stadion und am Bahnhof wären mit Gummischrot, Schlagstöcken und Sturmhelmen gerüstet. Doch die SCB-Fans feiern ihren Sieg relativ ruhig und lassen das Aufgebot übertrieben erscheinen. Doch hier wird immer mit dem Ernstfall kalkuliert.

 "Heute sind sie lammfromm", meint Bärtschi, als alle Berner wieder im Zug sitzen. Die Anwesenheit des "Bund" sei dafür wohl mitverantwortlich, mutmasst er. "Mr. Anzeige" nennt ein Fan Bärtschi, als er glaubt, dass dieser es nicht mitbekommt. "Sehen sie, wir machen nichts", sagt der Jugendliche, als der Sicherheitschef den Zug durchschreitet. Bärtschi antwortet mit vielsagendem Schmunzeln. Nach dem letzten Spiel gegen Freiburg habe ein notorischer SCB-Chaot eine Anzeige kassiert, das habe sich herumgesprochen.

 22.33 Uhr. Der Fanzug kann früher als geplant abfahren. Heute wird es für einmal keine Sachschäden geben. Bärtschi lehnt sich auf der Zugbank zurück. Ein Fan übergebe sich in einen Plastiksack, vernimmt er über Funk. Am Dienstag will der EHC in Bern Revanche.

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Aargauer Zeitung 6.12.10

"Die Liga hat keine rechtliche Verantwortung"

 Gewalt Thomas Grimm, Chef der Swiss Football League, will nicht, dass Klubs Schäden in Zügen bezahlen müssen

Benno Tuchschmid

 Die SBB wollen, dass künftig Fussballklubs die Kosten für beschädigte Züge übernehmen. Was halten Sie davon?

 Thomas Grimm: Ich habe für diese Forderung ein gewisses Verständnis, sie ist aber nicht zu Ende gedacht. Die Swiss Football League (SFL) und die Klubs haben keine rechtliche Verantwortung für Schäden, welche so genannte Fans in Zügen, Raststätten oder auf dem Weg zum Stadion verursachen. Ich betone: keine rechtliche Verantwortung. Ich sehe hier jedoch eine moralische Verantwortung.

 Aber wer soll die Schäden zahlen? Jetzt zahlt sie einfach der Steuerzahler.

 Das stimmt, und das ist unbefriedigend. Es müsste doch eigentlich so laufen, wie in jedem anderen Verfahren auch. Der Schaden muss jener bezahlen, der ihn verursacht hat. Hier sind in erster Linie die entsprechenden Untersuchungsbehörden gefordert, um die Schuldigen zu finden, und nicht die Klubs oder die SFL.

 Das wäre heute schon möglich. Nur: Die Situation in den Extrazügen verbessert sich nicht.

 Da gibt es unterschiedliche Ansichten. Die SBB sagen, die Schadensumme sei für die bisherige Saison konstant geblieben, dies gemäss mir vorliegenden Informationen bei mehr Fan-Extrazügen als noch vor einem Jahr. Zudem gibt es Fanklubs, welche die Züge selber reinigen. Das ist der richtige Weg. Denn ich verstehe jeden Bahnkunden, der sich über verwüstete Extrazüge oder verspätete Züge aufregt.

 In Holland müssen Fans in Extrazügen zu Auswärtsspielen reisen. Verursachen sie Schäden, zahlt der Klub. Das funktioniert.

 Erstens gilt diese Regelung nur für 10 Hochrisikospiele pro Saison. Zweitens hat Holland eine andere Vorgeschichte. Es gab dort vor Jahren ein Todesopfer und danach eine enorm repressive Phase durch die Polizei. So wurden die Voraussetzungen für die heutige Regelung geschaffen. In der Schweiz soll jeder so "frei" wie möglich anreisen können. Und die Polizei muss die Verursacher der Schäden aus dem Verkehr ziehen.

 Sie sind gegen die holländische Variante.

 Ich bin nicht generell gegen das holländische Modell. Man muss aber Gleiches mit Gleichem vergleichen. In Holland trägt beispielsweise der Staat die Kosten für die Sicherheit auf dem öffentlichen Grund. In der Schweiz ist dies nicht der Fall. Was das Schweizer Modell betrifft, wäre der beste und günstigste Weg die Einführung einer Meldepflicht. Die ermittelten Gewalttäter würden dazu verpflichtet, sich während der Spiele auf einem Polizeiposten zu melden. So würden diese Leute gar nicht erst in einen Extrazug kommen.

 Was würde es konkret für die Klubs bedeuten, wenn die holländische Variante umgesetzt würde?

 Die SBB sprechen von jährlichen Kosten von 3 Millionen Franken. Das wären rein rechnerisch 300000 Franken pro Super-League-Klub. Das würde keinen Klub in den finanziellen Ruin treiben. Aber das Geld würde an einem anderen Ort fehlen, beispielsweise in der Nachwuchsförderung. Und eine solche Denkweise geht in die falsche Richtung. So verhindern Sie keine Schäden, die SBB würden einfach wissen, wohin sie die Rechnung schicken können. Unser gemeinsames Ziel ist es jedoch, es gar nicht zu diesen Sachbeschädigungen kommen zu lassen. Daran arbeiten alle involvierten Parteien.

 Sicherheit ist seit Jahren das Thema im Schweizer Fussball. Losgelöst von der Diskussion um die Züge: Hat sich irgendetwas gebessert?

 Die Massnahmen des runden Tischs gegen Gewalt haben Wirkung gezeigt. Wir haben heute in den Stadien keine Probleme mehr mit Gewalt. Das Abbrennen von Feuerwerkskörpern hat zwar nicht aufgehört. Das ist zwar gefährlich und illegal, aber mit Gewalt hat das nichts zu tun. Wo wir Probleme haben, ist ausserhalb der Stadien.

 Und das ist nicht Ihr Problem?

 Doch, schon auch, aber wir können niemanden festnehmen. Dies ist ausschliesslich in der Kompetenz der Polizei. Es ist doch heute aber so, dass die Polizei ausserhalb der Stadien sehr oft auf Deeskalation setzt. Gleichzeitig wird von uns erwartet, dass wir in den Stadien mit aller Konsequenz gegen das Abbrennen von Feuerwerken vorgehen. Das geht nicht auf. Überall dort in Europa, wo heute Ruhe rund um die Fussballspiele herrscht, hat die Polizei hart durchgegriffen. Wer in Deutschland einen Polizisten provoziert, der wird dafür bestraft. Das ist bei uns nicht so.

 Die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) sagt: Wir müssen jedes Wochenende so viele Polizisten für Fussballmatchs einsetzen, dass darunter die Sicherheit im ganzen Land leidet. Was sagen Sie dazu?

 Wenn die KKJPD das sagt, dann stimmt es wohl. Nur kann die Swiss Football League nichts dafür, dass es in Zürich, Aargau oder Bern zu wenig Polizisten gibt.

 Laut Karin Keller-Sutter, Präsidentin der KKJPD und St.Galler Polizeidirektorin, ist die Zusammenarbeit mit der Liga gut. Doch man spüre, dass Sie stark unter Druck seien durch die Klubs. Sind Sie in Geiselhaft der Vereine?

 Ich bin weder unter Druck noch eine Geisel. Aber es ist nun mal so: Die Klubs bilden die Liga. Und wenn mir die Klubs sagen, dass etwas nicht umsetzbar sei, dann muss ich das akzeptieren.

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 Die Forderung der SBB

 Die SBB forderten Ende November, dass künftig von Fan-Gruppen verursachte Schäden in Zügen durch Fussballklubs berappt werden müssen. Unterstützt wurden die SBB durch die BLS und die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD). Die SBB kostet die Fan-Randale jährlich 3 Millionen Franken. SBB und KKJPD wollen das Problem nach holländischem Modell lösen: Fans dürften zu Auswärtsspielen nur noch mit Extrazügen anreisen, sie müssten sich mit einer Fan-Karte registrieren lassen und die Vereine müssten die Kosten für Schäden übernehmen. (btu)

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Basler Zeitung 4.12.10

Kampf gegen Sport-Chaoten unterstützt

 Bundesgericht segnet Beitritt zum Hooligan-Konkordat ab

 Unbegründet. Nun ist es definitiv: Die Behörden von Basel-Stadt und Baselland dürfen die im Hooligan-Konkordat vorgesehenen Massnahmen gegen Störenfriede und Gewalttäter anwenden. Das Bundesgericht hat zwei Beschwerden gegen den Beitritt der beiden Kantone zum Konkordat als unbegründet abgewiesen.

 Im Baselbiet war das Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen im September 2009 verabschiedet und in der Volksabstimmung vom 29. November 2009 angenommen worden. Im Kanton Basel-Stadt fand mangels Referendum keine Volksabstimmung statt. In beiden Kantonen trat das Konkordat Anfang 2010 in Kraft.

 Bereits im Oktober 2010 hatte das Bundesgericht in einer öffentlichen Sitzung mehrere Beschwerden gegen den Beitritt des Kantons Zürich zum Konkordat abgewiesen. Gleichzeitig hatte es die im Konkordat vorgesehenen Mass-nahmen - Rayonverbote, Meldepflichten und vorsorglicher Polizeigewahrsam - abgesegnet. Die Beschwerdeführer hatten argumentiert, diese Massnahmen seien mit der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht vereinbar.

 Am meisten zu diskutieren gab damals vor Bundesgericht der vorsorgliche Polizeigewahrsam. Dieser darf laut Gericht auch nur als Ultima Ratio angeordnet werden.  tzi

 Urteil 1C_16/2010 und 1C_50/2010 vom 16.11.2010

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NLZ 4.12.10

Das Hooligan-Konkordat bleibt bestehen

Bundesgericht

Urs-Peter Inderbitzinund Harry Tresch

 Das Hooligan-Konkordat ist rechtens. Die Massnahmen stünden im Einklang mit der Verfassung, urteilt das Bundesgericht.

 Nun ist es definitiv: Die Behörden des Kantons Luzern dürfen die im Hooligan-Konkordat vorgesehenen Massnahmen gegen Störenfriede und unbelehrbare Gewalttäter anwenden. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde gegen den Beitritt des Kantons zum Konkordat als unbegründet abgewiesen.

 Das Konkordat trat Anfang dieses Jahres in Kraft. Als Beschwerdeführer gegen den Luzerner Beitritt trat das Referendumskomitee BWIS (Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit) auf. Dahinter stecken Mitglieder von Grundrechte.ch, eine Organisation, die sich gegen Einschränkungen von Grundrechten einsetzt. Sie kritisierten, die repressiven Massnahmen seien nicht mit der Verfassung vereinbar; eine richterliche Überprüfung des Polizeigewahrsams sei nicht möglich.

 Unschuldsvermutung nicht verletzt

 Am meisten zu diskutieren gab denn auch der vorsorgliche Polizeigewahrsam. Dieser darf laut Bundesgericht nur als Ultima Ratio angeordnet werden, also wenn ein Rayonverbot oder eine Meldepflicht zuvor erfolglos blieben. Eine festgenommene Person muss sich gegen die Inhaftierung bei einem Richter beschweren können, der innerhalb kurzer Zeit über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzuges entscheidet. Umgekehrt unterliegt der Polizeigewahrsam keiner vorgängigen richterlichen Genehmigungspflicht. Insgesamt würden die Massnahmen die Unschuldsvermutung und die Versammlungsfreiheit nicht verletzen, urteilt das Bundesgericht.

 Bereits im Oktober 2010 hatte das Bundesgericht in einer öffentlichen Sitzung mehrere Beschwerden gegen den Beitritt des Kantons Zürich zum Konkordat abgewiesen und die vorgesehenen Massnahmen abgesegnet. Auch Beschwerden gegen den Beitritt der Kantone Baselland, Basel-Stadt und Tessin blieben erfolglos.

 Volk war klar für Konkordat

 Das Luzerner Stimmvolk hat im Mai vergangenen Jahres unmissverständlich klargemacht, dass es Krawallbrüder an Fussballspielen nicht duldet. 90 Prozent stimmten für den Beitritt zum Hooligan-Konkordat. Die Abstimmung kam zu Stande, weil gegen die Vorlage das Referendum ergriffen wurde.

 Im Konkordat werden fünf Präventionsmassnahmen festgehalten, die bei der Euro 08 vorübergehend zum Einsatz kamen und die Luzern und inzwischen alle übrigen Kantone weiterführen wollen. Zu den Massnahmen gehören: Rayonverbote, die Registrierung von Hooligans in einem Informationssystem, Ausreisebeschränkungen für potenzielle Gewalttäter und Polizeigewahrsam von maximal 24 Stunden.

 Urs-Peter Inderbitzin und Harry Tresch

 kanton@neue-lz.ch

 Das Urteil des Bundesgerichts finden Sie unter www.zisch.ch/bonus.

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http://relevancy.bger.ch/php/aza/http/index.php?lang=de&type=highlight_simple_query&page=1&from_date=&to_date=&sort=relevance&insertion_date=&top_subcollection_aza=all&query_words=1C_278%2F2009&rank=1&azaclir=aza&highlight_docid=aza%3A%2F%2F16-11-2010-1C_278-2009&number_of_ranks=1

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SQUAT ZH
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Limmattaler Tagblatt 4.12.10

Hausbesetzer haben gestern das Feld geräumt

 Oberengstringen. Nachdem Unbekannte vor Kurzem an der Rebbergstrasse in Oberengstringen ein leerstehendes Haus besetzt haben, sind die ungebetenen Gäste gestern Freitag offensichtlich wieder ausgezogen. Dies bestätigte Stefan Oberlin, Mediensprecher der Kantonspolizei, auf Anfrage.

 Gemeindepräsident Reto Cavegn wusste von der Angelegenheit, erklärte jedoch gestern Morgen, der Gemeinde seien in dieser Angelegenheit die Hände gebunden. Es sei Sache des Hausbesitzers in dieser Angelegenheit aktiv zu werden. Der Gemeinderat habe den Besitzer über die Besetzung informiert, damit dieser eine Entscheidung treffen könne.

 Besetzer zeigten sich kooperativ

 Gemäss Informationen der Kantonspolizei hat der Besitzer des Hauses daraufhin mit den Besetzern Kontakt aufgenommen und das Gespräch gesucht. Da die Besetzer sich jedoch kooperativ zeigten und das Haus bis gestern wieder räumten, sah der Hausbesitzer davon ab, einen Strafantrag zu stellen. Wie Stefan Oberlin von der Kantonspolizei sagte, habe die Polizei das Gespräch lediglich als Vermittler begleitet, damit das Ganze "sicher und in einem guten Rahmen" ablaufe.

 Die Verhandlungen seien friedlich vonstatten gegangen, sagte Oberlin, der den Vorfall als eine "Mini-Mini-Atlantis-Variante" bezeichnete. Da kein Strafantrag gestellt wurde, hätten sich die Besetzer auch strafrechtlich nichts zuschulden kommen lassen. (BHI/ZIM)

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SQUAT BS
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Basler Zeitung 6.12.10

Kurze Besetzung der Villa Wettstein

 Basel. Die Villa Wettstein an der Wettsteinallee 40 wurde an diesem Wochenende für kurze Zeit besetzt. Am Freitagabend zogen die Besetzer ein und kündigten via Medienmitteilung an, sie wollten die Räume "mit unseren Ideen füllen", das heisst: mit Konzerten, Filmen und Diskussionen beleben. Am Samstag verliessen sie das Haus bereits wieder. Der Grund: Die Christoph Merian Stiftung (CMS) als Eigentümerin habe mit sofortiger Räumung gedroht und die Polizei alarmiert. Die Besetzer liessen gleichzeitig verlauten: "Wir haben nicht aufgegeben. Ihr werdet wieder von uns hören." Die Villa Wettstein wurde bis September von sieben Kulturschaffenden bewohnt. Die CMS will das Haus verkaufen.

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Sonntag 5.12.10

Villa nur kurz besetzt

 Mehrere Personen haben am späten Freitagabend die Villa an der Wettsteinallee 40 in Basel besetzt - und gestern Samstag bereits wieder geräumt. Das Haus gehört der Christoph Merian-Stiftung (CMS). Es wurde bisher als Künstlerhaus und Hort einer grösseren Wohngemeinschaft betrieben. Nun aber solle es "an eine Privatperson verkauft und teuer und aufwendig renoviert werden", schreiben die Besetzer. Einmal mehr werde "die Privatisierung eines zuvor halböffentlichen Raumes geplant". Seit Jahren verschwänden in Basel Freiräume. Nach Angaben der Besetzer hat die CMS Strafanzeige eingereicht. Daher hätten sie die Villa wieder geräumt, da die polizeiliche Räumung drohte. (bz)

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Indymedia 4.12.10

Wettsteinvilla in Basel wieder leer ::

AutorIn : Wettsteinvilla: http://www.wettsteinvilla.ch.vu

Bereits heute Samstag hat der Eigentümer der Villa an der Wettsteinallee 40, die Christoph Merian Stiftung, ohne Verhandlungen mit sofortiger Räumung gedroht und die Polizei alarmiert. Wir haben daraufhin das Gebäude im letzten Moment friedlich verlassen.     
    
Damit steht die grosse Villa wieder ungenutzt leer. Begründet wurde das kompromisslose Vorgehen der Stiftung unter anderem damit, dass das Haus noch vermietet sei - was korrekt ist, während Arbeitstagen wird ein (!) Raum der Villa als Baubüro genutzt. Dieser Nutzung wären wir nicht im Weg gestanden, das Gebäude ist gross genug.

Die Christoph Merian Stiftung charakterisiert sich auf ihrer Homepage so:

Die Aufgabe der Christoph Merian Stiftung ist es, sich für Menschen in Not, für eine gesunde Umwelt, für die Lebensqualität und die Kultur in Basel einzusetzen.

Wie sie das tun will, indem sie Häuser mit viel Potenzial leerstehen lässt und schliesslich an Private verkauft, bleibt uns ein Rätsel. Dass der Stiftung privatwirtschaftliche Interessen wichtiger sind als "Kultur in Basel" oder das Einsetzen für "Menschen in Not" hat sie heute bewiesen. Im Zweifelsfall droht die Stiftung, ihre profitorientierten Interessen ohne Verhandlungen mit polizeilichen Massnahmen durchzusetzen.

Wir sind zwar aus der Wettsteinvilla ausgezogen, doch wir haben nicht aufgegeben. Ihr werdet wieder von uns hören.     

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SQUAT GE
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20 Minutes 6.12.10

Ils incendient le squat convoité

 Rive. Repoussés par la police, plusieurs manifestants ont bouté le feu à l'immeuble qu'elles voulaient occuper.

 Il était un peu plus de 21 h, samedi, lorsqu'une une centaine de jeunes, décrits comme des punks squatters, ont incendié un immeuble situé à l'angle du boulevard Jaques-Dalcroze et de la rue Ami-Lullin.

 Cette manifestation, organisée anonymement, avait été annoncée par diverses affiches, collées notamment contre les murs de L'Usine. Un mot d'ordre y était lancé, dans le but de démontrer que ce bâtiment inoccupé pouvait être utilisé pour du logement: chacun devait venir avec un meuble et le déposer dans les locaux. Las, une quinzaine d'agents de sécurité occupaient déjà les lieux, tandis que les gendarmes bouclaient le périmètre.

 Pris au piège, les manifestants ont alors déguerpi, non sans avoir mis le feu au hall de l'immeuble. Réfugiés sur les hauts de la promenade de l'Observatoire voisine, les contestataires ont ensuite balancé boules de neige, cailloux et bouteilles sur les forces de l'ordre et les pompiers. Ces derniers sont toutefois parvenus à maîtriser un incendie qui n'a pas causé trop de dégâts. Aucune interpellation n'a été effectuée.

 Mi-novembre, quelque 200 personnes ont occupé un immeuble vide rue de la Coulouvrenière. Le week-end dernier, de nombreuses déprédations ont été commises dans les rues du centre, après une manifestation. -didier tischler/sha

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SANS-PAPIERS
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Tagesschau sf.tv 5.12.10

Viele Haushaltshilfen ohne Aufenthaltsbewilligung

In jedem 17. Haushalt im Kanton Zürich arbeitet eine Haushaltshilfe ohne Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung. In anderen Kantonen sind die Zahlen ähnlich. Edi Strub hat eine betroffene Frau begleitet.
http://videoportal.sf.tv/video?id=ff5fbf0d-2354-4afe-9a59-95a391eeaf51

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Tagesanzeiger 4.12.10

Fast jede dritte Putzfrau in Zürich hat keine Papiere

 34 000 Haushalte im Kanton Zürich beschäftigen eine illegale Arbeitskraft. Zu diesem Schluss kommt eine neue ETH-Studie.

 Von Patrick Kühnis

 Zürich - Eine Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung haben sie nicht. Trotzdem leben rund 20 000 Sans-Papiers im Kanton Zürich, von denen 80 bis 90 Prozent erwerbstätig sind. Diese Schätzung stammt aus einer Studie der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich.

 Im Auftrag der Zürcher Sans-Papiers-Anlaufstelle und des Denknetzes Schweiz hat der Ökonom Andres Frick erstmals untersucht, wie gross die Bedeutung der Arbeitskraft von Sans-Papiers in privaten Zürcher Haushaltungen ist.

 Weil diese zwangsläufig im Verborgenen leben, sei die Studie mit grosser Unsicherheit behaftet, schränkt der Autor ein. Trotzdem nennt er Zahlen: Rund 8000 Sans-Papiers seien in privaten Haushalten beschäftigt - der Rest arbeite vor allem im Bau- und Gastgewerbe, in der Landwirtschaft oder als Reinigungskraft.

 Strenge Genfer Arbeitgeber

 Im Kanton Genf mit seinen vielen ausländischen Vertretungen arbeiten die illegalen Haushalthilfen bis zu 57 Stunden pro Woche. Im Kanton Basel-Stadt sind es nur 29 Stunden. In Zürich liegt diese Zahl laut einer KOF-Erhebung noch etwas tiefer: bei 23 Stunden pro Woche. Aus ihren diversen Schätzwerten leitet die Forschungsstelle ab, dass Sans-Papiers 25 bis 50 Prozent aller bezahlten Haushaltarbeit im Kanton Zürich erledigen. Im Schnitt hat also fast jede dritte privat angestellte Putzfrau keine Arbeits- oder Aufenthaltspapiere.

 So geht der ETH-Forscher Andres Frick davon aus, dass insgesamt 34 400 Haushalte im Kanton Zürich Sans-Papiers angestellt haben, wie er in seiner Zusammenfassung schreibt. "Das heisst, dass etwa jeder 17. Haushalt eine irreguläre Hilfe beschäftigt."

http://www.kof.ethz.ch/publications/science/show_studien

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Zürichsee-Zeitung 4.12.10

Sans-Papiers

 Haushalthilfen ohne Papiere

 Etwa jeder 17. Haushalt im Kanton beschäftigt eine irreguläre Haushalthilfe. Dies belegt eine Studie der ETH-Konjunkturforschungsstelle.

 Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) hat erstmals untersucht, wie gross die Bedeutung der Arbeitskraft von Sans-Papiers in privaten Haushalten im Kanton Zürich ist. Die Untersuchung führte sie im Auftrag der Sans-Papiers-Anlaufstelle Zürich (Spaz) und des Denknetzes Schweiz durch. Gemäss KOF wird die Zahl der Sans-Papiers im Kanton Zürich auf rund 20 000 geschätzt. Die Forschungsstelle geht davon aus, dass etwa 40 Prozent dieser Sans-Papiers (8000) in privaten Haushalten tätig sind.

 Die Studie "Quantitative Bedeutung der Sans-Papiers für die externe Hausarbeit in Privathaushalten im Kanton Zürich" zeige, dass der Anteil der Sans-Papiers an der gesamten externen Hausarbeit in Privathaushalten im Kanton Zürich bei durchschnittlich 33 Prozent liegt, schreibt die KOF. Laut Studie beschäftigt somit etwa jeder 17. der insgesamt 34 400 Zürcher Haushalte eine irreguläre Haushalthilfe. (sda)

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Landbote 4.12.10

Zahl des Tages

 20 000

 Fast jede dritte Haushalthilfe im Kanton Zürich ist ein Sans-Papier. Dies geht aus einer Studie der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich hervor. Die KOF hat erstmals untersucht, wie gross die Bedeutung der Arbeitskraft von Sans-Papiers in privaten Haushalten im Kanton Zürich ist. Die Untersuchung führte sie im Auftrag der Sans-Papiers-Anlaufstelle Zürich und des Denknetzes Schweiz durch, wie die KOF gestern mitteilte.

 Gemäss KOF wird die Zahl der Sans-Papiers im Kanton Zürich auf rund 20 000 geschätzt. Sie geht davon aus, dass etwa 40 Prozent dieser Sans-Papiers (8000) in privaten Haushalten tätig sind. Die Studie zeige, dass der Anteil der Sans-Papiers an der gesamten externen Hausarbeit in Privathaushalten im Kanton Zürich bei durchschnittlich 33 Prozent liegt. Dabei handelt es sich um den Anteil der von Sans-Papiers erbrachten Arbeitsleistung an den gesamten Stunden externer Haushaltshilfe (inklusive der informellen Unterstützung). Der Anteil der Sans-Papiers an den bezahlten Stunden externer Haushaltshilfe dürfte um einiges höher liegen, schreibt die KOF weiter. (sda)

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kof.ethz.ch Nov 2010

KOF Studien No 16, November 2010
http://www.kof.ethz.ch/publications/science/studien/No_16_2010_11_Sans_Papier.pdf
Quantitative Bedeutung der "Sans Papiers" für die externe Hausarbeit in Privathaushalten im Kanton Zürich
Andres Frick

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AUSSCHAFFUNGEN
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20 Minuten 6.12.10

Ausschaffer gesucht

 BERN. Ab dem neuen Jahr müssen auf Ausschaffungsflügen neutrale Beobachter mitreisen. Nun hat das Bundesamt für Migration (BFM) das Mandat für diese Aufgabe öffentlich ausgeschrieben. Bewerben können sich auch Privatpersonen. Zuvor hatte das BFM international angesehene Organisationen angefragt. Doch es folgten ausschliesslich Absagen; auch das Rote Kreuz zeigte kein Interesse.

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NZZ am Sonntag 5.12.10

Ausschaffungen nach Nigeria verzögern sich

 Anders als vom Bundesamt für Migration (BfM) angekündigt, werden in diesem Jahr keine abgewiesenen nigerianischen Asylbewerber mehr ausgeschafft. Am 5. November hatte das BFM angekündigt, dass abgewiesene Nigerianer noch in diesem Jahr mit Flügen der dafür zuständigen EU-Agentur Frontex in ihre Heimat gebracht würden. Ein solcher Frontex-Flug startete bereits am 18. November ab Wien, jedoch ohne Passagier aus der Schweiz. Und wie BfM-Sprecher Michael Glauser bestätigt, wird sich die Schweiz auch am nächsten Frontex-Flug vom 15. Dezember nicht beteiligen. "Die Frist war zu kurz", sagt Glauser, "weil die Anmeldungen bis am 1. Dezember hätten erfolgen müssen". Immerhin ist laut Glauser nun eine Delegation aus Nigeria eingetroffen, die die Personalien der abgewiesenen Asylsuchenden überprüft und deren Reisepapiere ausstellt. Glauser: "Wir rechnen damit, dass ab Januar Flüge aus der Schweiz durchgeführt werden können."

 Alle Ausschaffungsflüge müssen künftig von einer unabhängigen Organisation überwacht werden. Nachdem sich das Rote Kreuz geweigert hatte, diese Aufgabe zu übernehmen, hat das BfM den Auftrag nun am Samstag per Inserat ausgeschrieben. (sbü.)

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Südostschweiz 5.12.10

Neutrale Beobachter gesucht

 Bern. - Ab dem neuen Jahr müssen auf Ausschaffungsflügen neutrale Beobachter mitreisen. Nun hat das Bundesamt für Migration (BFM) das Mandat für diese Aufgabe öffentlich ausgeschrieben. Bewerben können sich auch Privatpersonen. Zuvor hatte das BFM international angesehene Organisationen angefragt. Doch es folgten ausschliesslich Absagen; auch das Schweizerische Rote Kreuz zeigte kein Interesse. Dies führte schliesslich dazu, dass das BFM nicht wie gesetzlich vorgeschrieben schon ab Januar 2011 neutrale Begleiter stellen kann. (sda)

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RECHTSPOPULISMUS
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20 Minuten 6.12.10

SVP erwägt Kaution bei der Einwanderung

 COINSINS. Die SVP will aus dem Schengen-Raum austreten. Diese Forderung verankerten die SVP-Delegierten am Samstag auf einem Feld in Coinsins VD im neuen Parteiprogramm. Überraschend: Christoph Blocher und die Nationalräte Hans Kaufmann und Yvan Perrin trotzten den Minustemperaturen mit Fellmützen, wie sie einst die Oberen der kommunistischen Partei in der Sowjetunion getragen haben. Auf Perrins Mütze prangten Halbmond und Sichel.

 Derweil denkt SVP-Präsident Toni Brunner nach dem Ja zur Ausschaffungsinitiative laut über Loyalitätserklärungen für Ausländer nach. "Vorstellbar ist, dass man Geld hinterlegen muss, wenn man einwandert", so Brunner gegenüber dem "Sonntag". Diese Kaution könnte dann gebraucht werden, wenn Sozialabhängigkeit entsteht. Daneben prüfe die SVP weitere Ausländer-Vorlagen, etwa eine Volksinitiative zur Rückschaffung von Sans-Papiers oder die Einbürgerung auf Probe.

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 Blocher soll den Wachhund spielen

 BERN. Alt Bundesrat Christoph Blocher könnte bald der neuen Justizministerin Simonetta Sommaruga über die Schulter schauen: SVP-Präsident Toni Brunner will ihn in die Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative entsenden. Blochers Aufgabe wäre die eines Wachhundes: "Blocher wäre ein Garant dafür, dass unsere Linie klar vertreten wird", so Brunner zur "SonntagsZeitung". Blocher seinerseits sagte zum "SonntagsBlick", der Abstimmungskampf habe die SVP rund 4 Millionen Franken gekostet.

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Sonntag 5.12.10

12 Attacken gegen SVP im November

 Farbanschläge und Störaktionen häuften sich im letzten Monat

Von Christof Moser und Nadja pastega

 Sicherheit ist das grosse Thema der SVP, jetzt fordert sie mehr Sicherheit für sich selbst: In einer letzte Woche eingereichten Interpellation will die SVP-Fraktion vom Bundesrat wissen, wie er im Wahljahr 2010 die Meinungs- und Versammlungsfreiheit sicherzustellen gedenke.

 In der Begründung für den Vorstoss erwähnt die Partei ihre Delegiertenversammlung von gestern Samstag, die bei Coinsins im Kanton Waadt auf einer Wiese unter freiem Himmel stattgefunden hat, angeblich, weil die SVP für den Anlass wegen "Sicherheitsbedenken" im gesamten Waadtland keinen geeigneten Raum finden konnte. Was von der Waadtländer Staatskanzlei allerdings bestritten wird: Der SVP seien mehrere Tagungsräume angeboten worden, sie habe jedoch alle Angebote ausgeschlagen, sagt Staatskanzler Vincent Grandjean.

 Auch wenn bei der gestrigen SVP-Aktion vor allem Polit-Marketing im Spiel gewesen sein sollte: Die SVP geriet in den letzten Jahren laut eigenen Angaben zunehmend ins Visier gewalttätiger Aktionen. Seit dem Wahljahr 2007, das zeigt eine Aufstellung des Generalsekretariats, hatte die SVP insgesamt 18 Sachbeschädigungen und Störungen von Parteianlässen zu beklagen. "Im Abstimmungskampf um die Ausschaffungs-initiative haben die Vorfälle massiv zugenommen", sagt SVP-Generalsekretär Martin Baltisser.

 War im Wahljahr 2007 der Strassenkrawall gegen den SVP-Marsch auf Bern der einzige grössere Vorfall, so kam es allein im November 2010 zu 12 Vorfällen mit Sachbeschädigungen. Ein Auszug:

 Farbanschlag auf SVP-Generalsekretariat in Bern, zerstörte Storen.

 Besetzung des SVP-Parteisekretariats in Lausanne.

 Zugemauerter Zugang zum SVP-Sekretariat in Zürich.

 Podiumsdiskussion in Winterthur gestört, Sachbeschädigung an SVP-Stand.

 Standaktion in Lausanne gestört, Polizeieinsatz nötig.

 Farbanschlag auf Wohnhaus von Na-tionalrat Ulrich Schlüer.

 Vandalismus im Umfeld von SVP-Anlässen (zum Beispiel beschädigte Aussenspiegel bei geparkten Autos).

 Die SVP will solche Vorfälle nicht länger hinnehmen. Die Partei schreibt in ihrem Vorstoss, wie der Bundesrat erkläre, dass Tagungen wie das WEF oder Staatsbesuche durch die Behörden mit grossem finanziellem und personellem Aufwand geschützt würden, "während das für Versammlungen der wählerstärksten Partei nicht der Fall sein soll".

 Im Hinblick auf das Wahljahr 2011 will die SVP vom Bundesrat deshalb wissen, welche "dringlichen Massnahmen" die Regierung zu ergreifen gedenke, um die Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu gewährleisten.

 Diese Grundrechte seien nicht gegeben, wenn Parteianlässe aus Sicherheitsgründen verhindert würden, so SVP-Nationalrat André Bugnon im Namen der SVP-Fraktion.

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Sonntag 5.12.10

Neue Ausländerinitiative: Wer einwandert, soll Kaution zahlen

 Nach dem Abstimmungssieg prüft die SVP vier neue Vorstösse - möglicherweise auch Volksinitiativen

Von Nadja Pastega

 Kautionszahlungen für Zuwanderer, eine fünfjährige Probezeit bei Einbürgerungen, kein Schweizer Pass für Sozialhilfebezüger und Rückschaffung von Sans-Papiers: Diese Ausländervorlagen werden jetzt von der SVP geprüft, sagt Parteipräsident Toni Brunner.

 Herr Brunner, die SVP hat bereits am Abstimmungssonntag angetönt, dass jetzt eine weitere Volksinitiative geprüft wird. Bisher ist aber nicht klar, worum es genau geht. Ein Bluff - oder ist es Ihnen ernst damit?

 Toni Brunner: Unser Abstimmungserfolg hat gezeigt, dass wir beim Thema Sicherheit in der Bevölkerung die grössere Glaubwürdigkeit haben als die anderen Parteien. Unsere Volksbefragung hat gezeigt, wo der Schuh am meisten drückt. Was wir im Parlament nicht durchbringen, müssen wir von Fall zu Fall vors Volk bringen.

 Was plant die SVP konkret?

 Wir haben verschiedene Arbeitsgruppen eingesetzt, die Vorschläge für parlamentarische Vorstösse und eine Volksinitiative prüfen. Das betrifft unter anderem jene vier Themen, die in der Volksbefragung die höchste Zustimmung erhielten. Beispielsweise die Rückschaffung der Sans-Papiers. Unsere politischen Mitbewerber verfolgen eine Politik der Integration und Förderung der illegal Anwesenden. Das bedeutet letztlich die Legalisierung der Sans-Papiers, und das sind mehrere hunderttausend. Man muss sehen, da geht es um illegal in der Schweiz anwesende Personen, die in ihr Heimatland zurückkehren müssten und nicht freiwillig gehen, obwohl ein rechtskräftiger Beschluss da ist.

 Sans-Papiers sollen ausgeschafft werden?

 Ja. Sie haben ihren Aufenthaltsstatus in der Schweiz verwirkt und müssen in ihre Heimatländer zurückkehren. Der zweite Themenbereich, den wir vertieft prüfen, ist die Einbürgerung auf Probe.

 Das heisst?

 Wie beim Führerausweis auf Probe muss man sich beweisen. Man darf fünf Jahre lang nicht kriminell werden, sonst wird man nicht eingebürgert.

 Und wenn man Sozialhilfe bezieht?

 Das ist ein weiteres Thema, das wir näher prüfen. In der Schweiz werden Sozialhilfebezüger eingebürgert, die total vom Staat abhängig sind. Jetzt könnte man sagen, es gibt solche, die das unverschuldet geworden sind. Aber es gibt natürlich auch die anderen Fälle von missbräuchlichen Sozialhilfebezügern, die eingebürgert wurden. Die Schweiz ist viel zu nachsichtig und zu wenig streng. Wenn es nach der SVP geht, sind die Einbürgerungskriterien zu verschärfen, zum Beispiel beim Bezug von Sozialhilfe.

 In Deutschland ist das bereits so geregelt.

 Ich befürworte das auch für die Schweiz. Wenn man zuwandert, muss man sich in die Gesellschaft einbringen. Und dazu gehört auch, für den Lebensunterhalt zu sorgen. Ein weiteres Projekt betrifft eine Loyalitätserklärung bei der Einwanderung. Sie muss strenger sein als einfach nur die Anerkennung der Schweizer Rechtsordnung.

 Nämlich?

 Vorstellbar ist, dass man Geld hinterlegen muss, wenn man einwandert. Das kann dann auch beigezogen werden, wenn eine Sozialabhängigkeit entsteht oder wenn die Rückkehr ins Heimatland notwendig wird. Es handelt sich um eine Art Kaution.

 In welcher Höhe?

 Das müssten mehrere tausend Franken sein, sonst bringt es im konkreten Fall nichts. Es ist ja freiwillig, in die Schweiz zu kommen und hier zu leben.

 Welches dieser vier Projekte ist Ihr persönlicher Favorit?

 Ich habe meine Präferenzen, warte aber jetzt die Arbeit der internen Gruppen ab.

 Ist auch eine Anti-EU-Initiative in Prüfung?

 Wir können dem Vorschlag einer bürgerlichen Gruppe für ein zehnjähriges Moratorium bei den EU-Beitrittsverhandlungen wenig abgewinnen. Er geht zwar in die richtige Richtung, ist jedoch zu wenig griffig. Das EU-Beitrittsgesuch muss zurückgezogen werden. Wir haben jedes Jahr eine Zuwanderung in der Grösse der Stadt St. Gallen. Die Infrastruktur der Schweiz stösst an ihre Grenzen. Die Zuwanderung ist unkontrollierbar geworden. Wir werden überrannt, weil wir die Handhabe, das zu steuern, aus der Hand gegeben haben. Das oberste Ziel der SVP ist, dass wir die Handlungsvollmacht und die Steuerungsinstrumente bekommen, damit wir bei der Zuwanderung restriktiver werden können.

 Sie wollen die Personenfreizügigkeit künden?

 Wir sollten die Personenfreizügigkeit künden und neu verhandeln. Wenn das nicht möglich ist, müssen mindestens Nachverhandlungen geführt werden.

 Die SVP hat die Ausschaffungsinitiative im Alleingang gewonnen. Mit einem Wähleranteil von 29 Prozent hat sie 53 Prozent der Stimmenden hinter sich geschart. Wo sehen Sie jetzt das Potenzial beim Wähleranteil?

 Die SVP hat die Zielsetzung für die Parlamentswahlen 2011 formuliert. Wir wollen die magische Grenze von 30 Prozent Wähleranteil erreichen.

 Was bedeutet der Abstimmungssieg für die Zusammensetzung des Bundesrats? Ein dritter SVP-Sitz?

 Wir wären schon mal froh, wir hätten zwei Vertreter im Bundesrat. Die Parlamentswahlen 2011 bilden die Grundlage für die künftige Zusammensetzung der Landesregierung. Wenn die SVP die politische Kraft bleibt, die sie heute ist, haben wir mindestens Anspruch auf zwei Sitze. Wird das der SVP wieder verwehrt, ist die Konkordanz definitiv gestorben. Im Ausland gibt es das Konkurrenzsystem mit Regierung und Opposition.

 Eine Option für die Schweiz?

 Das ist dann eine Option, wenn man uns wiederum den zweiten Bundesratssitz verwehren will. Die Abstimmung zur Ausschaffungsinitiative hat gezeigt, dass die SVP die einzige Partei in der Schweiz ist, die im Alleingang eine Volksinitiative vor dem Volk gegen die Classe politique und die Tagespresse durchsetzen kann. Wenn man die SVP ausstösst, wird die Politik andere Erlebnisse haben in Zukunft. Die Regierung wird ihre Politik nicht mehr durchsetzen können, weil man sie via Referenden und Initiativen blockiert.

 Hat die SVP nach der gewonnenen Abstimmung jetzt Zulauf?

 Wir hatten allein in den vier Tagen nach der Abstimmung 250 Neueintritte. Das ist überdurchschnittlich. Wir stellen auch fest, dass sehr viele Junge Mitglied werden - sie bekommen die Probleme mit Zugewanderten im Ausgang oder in den Schulen hautnah mit.

 Der Parteitag fand gestern auf freiem Feld statt. Die Uni Lausanne wollte keinen Raum zur Verfügung stellen, da man Zwischenfälle befürchtete.

 Das in Lausanne ist nur ein Fall in einer ganzen Kaskade von Ereignissen im November gewesen. Ich habe eine ganze Liste von Übergriffen auf Versammlungen oder Lokalitäten der SVP. Es wurden diverse Strafanzeigen eingereicht.

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ANTI-FEMINISMUS
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Landbote 4.12.10

"Für mich ist eine Feministin keine Frau"

 Karin Landolt

 René Kuhn, erklärter Antifeminist und ehemaliger SVP- Politiker, und Markus Theunert, Präsident des Männerdachverbandes männer.ch, streiten über die Wirkung der Frauenbewegung und wie sich Männer heute damit zurechtfinden.

 Warum hassen Sie die Feministinnen?

 René Kuhn: Ich hasse sie nicht, ich bekämpfe ihre Ideologie. Es geht ihnen nicht um Gleichberechtigung, sondern um mehr Rechte auf Kosten der Männer. Aus meiner Sicht ist eine Feministin keine Frau. Sie gehört in die Kategorie Männerhasserin.

 Wo hat der Feminismus die Besserstellung gegenüber Männern bewirkt?

 Kuhn: Sicher im Scheidungsrecht, das völlig zum Nachteil der Männer ausgelegt ist. Sonst würden nicht 80 Prozent der Scheidungen von Frauen eingereicht. Sie haben finanziell weniger zu verlieren. Wir fordern, dass Unterhaltszahlungen nur noch an die Kinder ausgerichtet werden, die Ex-Frau soll selber schauen, wie sie sich finanziert. Wäre noch das traurige Kapitel Sorgerecht. Tausende von geschiedenen Vätern kämpfen darum, ihre Kinder zu sehen und gehen beinahe daran zugrunde. Väter müssen die gleichen Rechte haben wie Mütter.

 Sind die Feministinnen schuld?

 Markus Theunert: Das ist genau der Punkt, wo Herr Kuhn und ich unterschiedliche Haltungen vertreten. Die Diagnose ist zwar sehr ähnlich: Es verbreitet sich in der Schweiz die Wut der Männer, die sich als Emanzipationsverlierer sehen. Der Antifeminismus löst aber nichts, im Gegenteil, er schafft neue Probleme. Ich werfe der antifeministischen Bewegung vor, dass sie ein unlauteres Feindbild konstruiert. Sie gibt den Feministinnen die Schuld. Das ist unzulässig. Natürlich gibt es einzelne radikale Feministinnen, die mehr als die Gleichberechtigung fordern. Aber es ist nicht der Feminismus per se. Ihre Haltung verstehe ich als mangelnde Wertschätzung der kulturellen Bedeutung, welche die Frauenbewegung hatte.

 Wer hat die Probleme verursacht?

 Theunert: Die heutigen Geschlechterverhältnisse sind ein Produkt der gesellschaftlichen Entwicklung der letzten 200 Jahre. Nach der industriellen Revolution entstand die gutbürgerliche Familie mit der entsprechenden Rollenverteilung von Mann und Frau. Das löste eine Gegenreaktion seitens der Frauen aus. Sie wehrten sich auch für das Stimm- und Wahlrecht.

 Kuhn: Niemand will die Frauen zurück an den Herd drängen. Mann und Frau sind per Bundesverfassung gleichberechtigt, für junge Frauen heute eine Selbstverständlichkeit. Doch die Feministinnen haben Genderfachstellen und Gleichstellungsbüros eingerichtet. Und die - verweichlichten - Politiker wehrten sich nicht dagegen, weil sie sofort als Extremisten gegolten hätten. Diese Fehler sind gemacht, jetzt müssen wir sie beheben und alles gegen die Gleichmacherei unternehmen.

 Was meinen Sie mit Gleichmacherei?

 Kuhn: Es wird kein Unterschied mehr gemacht zwischen den Geschlechtern, selbst im biologischen Bereich. Fragt man heute eine schwangere Frau, ob sie einen Jungen oder ein Mädchen erwartet, muss man mit der Antwort rechnen: "Das kann mein Kind später selbst entscheiden." Mann und Frau sind verschieden. Und das ist auch gut so. Auch die Frauen aus meinem Umfeld wehren sich gegen diese Gleichmacherei. Jede Frau soll selber entscheiden, wie sie ihr Leben lebt.

 Theunert: Also soll sie auch entscheiden können, ob sie Feministin ist, oder ob sie sich die Beine rasiert...

 Kuhn: ...sicher, wir sind in der Schweiz.

 Vor einem Jahr haben Sie sehr abschätzig über Frauen geurteilt, die kein Make-up benutzen, und grosse Empörung ausgelöst. Ist nur eine echte Frau, wer Stöckelschuhe trägt?

 Kuhn: Nicht unbedingt. Eine Frau soll herumlaufen, wie sie will. Ich habe meine persönliche Auffassung kundgetan, diese kann man teilen oder nicht. Im Ausland fällt mir einfach auf, dass die Frauen dort femininer sind.

 Herr Kuhn sprach vorhin von den verweichlichten Männern, die mit Frauen zugunsten der Gleichstellung kooperieren. Sind Sie verweichlicht?

 Theunert: Einerseits bezeichnen mich Antifeministen als verweichlicht, andererseits werfen mir Frauenorganisationen vor, zu anwaltschaftlich für Männerinteressen einzustehen. Unsere Sache aber ist klar: Wir wollen eine chancengleiche, geschlechtergerechte Gesellschaft realisieren und bieten Hand zu dieser historischen Chance. Und wir nehmen uns als Männer das Recht heraus, zu formulieren, wie wir uns diese Gesellschaft vorstellen. Dabei lehnen auch wir die Dominanzansprüche gewisser Frauen ab, die alleine entscheiden wollen, was Gleichstellung bedeutet. Dafür braucht es eine dicke Haut, insofern perlt der Vorwurf der Verweichlichung an mir ab.

 Der Ansatz von Herrn Theunert klingt doch vernünftig, Sie sind ja auch für Geichstellung?

 Kuhn: Nein, nicht für Gleichstellung, sondern für Gleichberechtigung.

 Das heisst?

 Kuhn: Gleichstellung bedeutet Quote. Das kann es nicht sein. Wenn Frauen besser sind als Männer, habe ich null Probleme, wenn sie weiterkommen. Aber nicht mit Quoten. Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Frauen uns schreiben, dass sie diese staatlich verordnete Gleichstellung ablehnen. Sie wollen keine Karriere machen, sondern gerne die traditionelle Frauen- und Mütterrolle ausüben. Sie wollen einen Mann, der für sie sorgt, und keinen Waschlappen.

 Theunert: Merken Sie den Widerspruch? Zuerst sagen Sie, für die jungen Frauen ist Gleichberechtigung selbstverständlich, dann sagen Sie, die jungen Frauen wollen zurück in die traditionelle Rolle.

 Kuhn: Eine Frau soll sich doch frei für die traditionelle Rolle entscheiden dürfen. Sie darf nicht mit Quoten zur Karriere gezwungen werden.

 Theunert: Wo in der Schweiz gibt es Frauenquoten? Ein Beispiel?

 Kuhn: Es gibt im Kanton Luzern in der Hochbegabtenschule eine 50:50-Quote für Mädchen und Knaben.

 Theunert: Wenn das stimmt, ist das die absolute Ausnahme, Quoten gibt es weder in der Politik noch in der Wirtschaft.

 Kuhn: Aber entsprechende Forderungen von Feministinnen müssen verhindert werden.

 Theunert: Quoten sind vielleicht nicht die ideale Lösung. Aber ich halte staatliche Fördermassnahmen für sinnvoll. So kann das Ziel erreicht werden, dass Frauen wie Männer über ihre berufliche Laufbahn entscheiden können.

 Dass Frauen in Spitzenpositionen der Wirtschaft noch immer die Ausnahme sind, können Sie nicht abstreiten. Es gibt doch bei beiden Geschlechtern Ungerechtigkeiten, und beide Seiten müssen einander helfen, diese zu beheben.

 Kuhn: Ich glaube einfach nicht, dass Frauen wegen ihres Geschlechts in der Wirtschaft untervertreten sind. Frauen wollen einfach weniger Karriere machen als Männer. Wenn Frauen dies wollten, könnten sie zusammenstehen, das Parlament und die Gesetze ändern sowie die Mehrheit der Verwaltungsräte stellen, denn in der Bevölkerung haben die Frauen die Mehrheit.

 Theunert: Dass Frauen nicht Karriere machen wollen, ist eine Behauptung. Dass sie es weniger tun, hat mit ihrem Rollenselbstverständnis zu tun.

 Kuhn: Bringen Sie mir konkrete Beispiele von Frauen, die allein wegen ihres Geschlechts keine Karriere machen konnten. Das ist doch das gleiche wie mit dieser Lohnlüge. Bisher wurde behauptet, Frauen verdienten 23 Prozent weniger. Das wäre tatsächlich eine Schweinerei. Doch die neueste Studie hat gezeigt, dass es andere Gründe gibt.

 Theunert: Frauen, die sich bewerben, verhandeln schlechter. Das hat aber stark mit ihrer traditionellen Geschlechterrolle zu tun. Es ist ja nun wirklich nicht so, dass sie gerne weniger verdienen. Und was Sie als Lohnlüge verkaufen, ist keine Lüge. Denn auch die neue Studie belegt, dass es zwischen Mann und Frau noch immer einen nicht erklärbaren Lohnunterschied von acht Prozent gibt. Das ist ungerecht und muss bekämpft werden, auch im Interesse der Männer. Denn die Probleme, die uns Scheidungs- und Sorgerecht bescheren, sind auch damit zu begründen, dass der Mann wegen seines höheren Lohnes der Haupternährer bleibt. Damit entfremdet er sich von der Familie und ist am Schluss der Dumme. Er bezahlt, bis er krank wird, und sieht seine Kinder nicht.

 Wäre es an der Zeit, dass Männer ihre Rolle kritisch hinterfragen?

 Kuhn: Das ist durchaus gut. Diese Fragen soll sich aber jede Familie selbst stellen. Das geht den Staat nichts an.

 Theunert: Der Staat redet sowieso mit, etwa bei der Mutterschaftsversicherung oder beim Vaterschaftsurlaub. Wenn der Staat diesen gewährt, spurt er die spätere Rollenverteilung vor. Die Beziehung zwischen Vater und Kind verstärkt sich. Gewährt er ihn nicht, hält er die Väter von ihren Kindern fern und begünstigt die traditionelle Rollenverteilung. Oder bei der Pensionskasse: Arbeiten beide Eltern je zu 50 Prozent, bleibt ihnen im Alter weniger Geld als mit dem traditionellen Modell. Der Staat kann gar nicht nicht normativ einwirken. Dann ist es mir lieber, er wirkt begünstigend in Richtung Gleichstellung.

 Das Volk hat zur Mutterschaftsversicherung Ja gesagt. Die Gesellschaft will offenbar Veränderungen.

 Kuhn: Ich akzeptiere den Entscheid, finde ihn aber falsch. Der Staat setzt in zu vielen Bereichen falsche Anreize. Wir fangen jetzt an und bekämpfen die Bevorteilung der Frauen ...

 Theunert: ... und dazu verwenden Sie die klassischen SVP-Ingredienzen: 1. Sündenbock bestimmen, 2. scharf schiessen und für grosse Aufregung sorgen, 3. Wesenseigenheiten definieren (so sind Schweizer, so sind Frauen), 4. Staatsbashing und die Behauptung, man müsse die Gesellschaft sich selbst überlassen.

 Welche Forderungen stellen Sie?

 Theunert: Wir wollen Frauenförderung, weil es tatsächlich Lohnungleichheit gibt. Wir wollen Männerförderung, weil Männern die Freiheit fehlt, ihr Leben nach den eigenen Bedürfnissen zu gestalten, zum Beispiel als engagierter Vater. Und wir wollen den Dialog zwischen den Geschlechtern, die auf Augenhöhe miteinander aushandeln, was Chancengleichheit heisst. Auch die Bereitschaft zum Dialog mit Herrn Kuhns Organisation ist da. Allerdings unter der Voraussetzung, dass dem politischen Gegner, also den Frauenorganisationen, mit Respekt begegnet wird. Für uns ist klar: Männerpolitik, die den Geschlechterkrieg befördert, bringt es nicht. Zu behaupten, eine Feministin sei keine Frau, ist zutiefst herabwürdigend.

 Gehen Sie auf diesen Antrag ein?

 Kuhn: Wir sind offen. Klar wollten wir provozieren mit unserem Namen und unseren Aussagen, um auf unsere Anliegen aufmerksam zu machen. Das Ziel haben wir erreicht. Ob wir so weitermachen oder nicht, werden wir an unseren nächsten Treffen diskutieren.

 INTERVIEW:  KARIN LANDOLT

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 René Kuhn, IG Antifeminismus

 Vergangenen April gründete René Kuhn mit Gleichgesinnten die IG Antifeminismus (IGAF). Ziel ist es, "den Feminismus und die Bevorteilung von Frauen gegenüber Männern zu bekämpfen". Das erste öffentliche Treffen im Oktober wurde von linken und feministischen Kreisen beinahe verhindert. Nach Angaben der IGAF hat sich seither die Mitgliederzahl von 800 auf 2000 erhöht.

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 Markus Theunert, männer.ch

http://männer.ch, Dachverband der Männer- und Väterorganisationen, verfolgt seit 2005 das Ziel, im Dialog mit Frauenorganisationen ihre Sicht in den Gleichstellungsdialog einzubringen. Unter anderem will der Verband erreichen, dass Männer es dank entsprechender Rahmenbedingungen leichter haben, neben der traditionellen Rolle auch andere Lebenswege einzuschlagen.

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CHINA
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Indymedia 22.11.10

Streiks in China: 11.12.2010, 19.30, Infoladen Reitschule ::

AutorIn : Verlinker: http://faubern.ch

Das Buch Mitte 2010 rollte eine Streikwelle durch die Fabriken Chinas. Die WanderarbeiterInnen erkämpften sich höhere Löhne und lösten eine weltweite Debatte über das Ende des Niedriglohnmodells aus, das hinter Chinas Aufstieg zur "Fabrik der Welt" steht und auch Europa billige Konsumgüter beschert.

Im Oktober 2010 ist bei Assoziation A das Buch "Aufbruch der zweiten Generation - Wanderarbeit, Gender und Klassenzusammensetzung in China" erschienen. Pun Ngai und andere AutorInnen aus China analysieren das Schicksal und die Kämpfe verschiedener MigrantInnengruppen - darunter Bau-, Fabrik- und SexarbeiterInnen - und beleuchten die Hintergründe der aktuellen Streiks und Klassenbildungsprozesse in China.

Der Übersetzer, welcher bereits das Buch "dagongmei. Arbeiterinnen aus Chinas Weltmarktfabriken erzählen" ins Deutsche übersetzt hat, wird uns das neue Buch präsentieren und auf die Streikwelle und deren Hintergründe eingehen. Anschliessend wird eine Diskussion über die Frage stattfinden, inwieweit sich heute in Zeiten der Krise und zunehmender sozialer Kämpfe in verschiedenen Teilen der Welt neue Formen der Bezugnahme, des Austauschs und der Unterstützung finden lassen.


Mehr Infos zum Buch und weitere Infos zu China findet ihr unter  http://www.gongchao.org

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ANTI-ATOM
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Basler Zeitung 6.12.10

Geld, Erfahrung und Engagement

 NWA (Nie wieder Atomkraftwerke) versammelt ältere AKW-Gegner in einem Verein

 Peter Schenk

 Zu den Zielen von NWA-55plus gehört neben der Schaffung eines Archivs die Absicht, sich bei kommenden Abstimmungen gegen neue Atomkraftwerke einzusetzen.

 Der Verein NWA (Nie wieder Atomkraftwerke) hat derzeit 2000 zahlende Mitglieder. Um die Älteren unter ihnen gesondert anzusprechen, wurde letzte Woche der neue Verein NWA-55plus gegründet. "Die Jungen haben heute andere Kommunikationsmittel als wir Alten. Ich möchte nicht, dass einer nach dem anderen abspringt, weil sie sich nicht durch Mail, Facebook und SMS vernetzen", erklärt Aernschd Born (61), Geschäftsführer von NWA.

 "Ausserdem möchten wir das Wissen der Alten nicht verlieren", sagt Born auch im Hinblick auf die anstehenden neuen Abstimmungen über neue AKW. Bei der Schaffung von Publizität, dem Schreiben von Briefen und Artikeln an die Medien und der Kontaktierung von Personen aus Politik und Gesellschaft könnten die Mitglieder von NWA-55plus die NWA Schweiz unterstützen, heisst es in den Statuten des Vereins.

 Archivmaterial retten. Die Akten und die Literatur aus dem bisherigen Kampf gegen die Nutzung der Atomenergie sollen durch das Projekt Archiv aufbewahrt und zugänglich gemacht werden. "Bei vielen Leuten hat sich Archivmaterial angesammelt; dieses soll nicht verlorengehen", sagt Born.

 Seit anderthalb bis zwei Jahren hat NWA Regionalgruppen in den Kantonen Solothurn, Aargau und Bern gegründet. Geplant ist laut Born zudem eine weitere in Basel. In diesen Regionalgruppen seien zunehmend auch junge Menschen aktiv. "Von den Älteren haben Leute begonnen, sich aus dem Vorstand zurückzuziehen." Roland Meyer (72), ein pensionierter Lehrer, der seit Kaiseraugst gegen AKW aktiv war, ist der neue Präsident von NWA-55plus. "Es ist wichtig, die Älteren wieder einzubinden und zu aktivieren", betont er. Neben den Zielen, neue Mitglieder zu werben und eine atomkritische Meinung zu verbreiten, gehe es auch um die Frage, wie man die Leute dazu bringen könne, Geld zu spenden. Born sieht das ähnlich: "Leute in diesem Alter sagen oft: ‹Wir haben eigentlich Geld.›" Mit der Unterstützung von NWA könnten sie es sinnvoll einsetzen. So heisst eines der Ziele des Vereins in den Statuten: "Beschaffung von Finanzen, zum Beispiel durch persönliche Zuwendungen der Vereinsmitglieder und durch Sponsorbeträge."

 Vordringlich ist für Born auch der soziale Aspekt: "Es ist wichtig, aufeinander zu schauen, auch wenn man langsamer wird und nicht mehr so mobil ist." Vizepräsident von NWA-55plus ist Hansjürg Weder (82), unter anderem von 1983 bis 1995 Nationalrat für den Landesring der Unabhängigen.

 > http://www.niewiederakw.ch Sekretariat NWA-55plus: Tel. 061 311 53 22

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Aargauer Zeitung 6.12.10

Gegen ein geologisches Tiefenlager im Niederamt

 Däniken Geht es nach dem Gemeinderat Däniken, gibt es sicherere Orte für ein Tiefenlager als der Jurasüdfuss: Dieser hat sich anlässlich des Vernehmlassungsverfahrens des Bundesamtes für Energie mit dem Sachplan geologisches Tiefenlager beschäftigt.

 Der Rat spricht sich gegen ein geologisches Tiefenlager im Niederamt aus. Das Tiefenlager soll ohne Abstriche am dafür in der Schweiz sichersten Ort realisiert werden.

 Gemäss den vorgelegten Untersuchungen gibt es geeignetere Standorte als den Jurasüdfuss. Es bestehen erhebliche Vorbehalte und Unsicherheiten bezüglich der geologischen Eignung. Zudem ist der Gemeinderat nach wie vor davon überzeugt, dass es weder finanziell, politisch noch ökonomisch in der kleinen Schweiz Sinn macht, zwei Tiefenlager zu bauen (eines für hochradioaktive und ein weiteres für mittel- und schwach- radioaktive Abfälle).

 Ein so genanntes Kombilager böte klare Vorteile. Da sich der Standort Jurasüdfuss für ein Kombilager nicht eignet und es bezüglich Sicherheit klar bessere Standorte für ein Tiefenlager gibt, soll dieser aus der Evaluation entlassen werden. (AZ)

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Sonntag 5.12.10

AKW-Ständeinitiative hat keine Chance

 Der Ständerat will die Möglichkeit bewahren, auch in Zukunft neue AKW bauen lassen zu können. Mit 24 zu 11 Stimmen lehnt er eine Standesinitiative des Kantons Basel-Stadt ab, die den Verzicht auf neue AKW fordert. Vertreter von FDP, SVP und CVP kritisierten, dass die Basler mitten im Spiel die Regeln ändern wollten. Die Verfassung schreibe eine ausreichende und breit gefächerte Energieversorgung vor. (bz)

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Tagesanzeiger 4.12.10

Geld aus Atomstrom für Endlager-Region

 Die Betreiber von Atomkraftwerken werden ab Mitte 2011 bis zu einer halben Million Franken jährlich an die Regionen bezahlen, die als Standorte für ein Atomendlager infrage kommen. Damit sollen sie die Aufwendungen finanzieren, die ihnen für das Anhörungsverfahren und die Mitwirkung anfallen. Auch das Kommunikationsbüro, das die beiden möglichen Zürcher Standorte betreut, wird indirekt von der Nagra finanziert. Bis jetzt bezahlte der Kanton Zürich dafür seit 2008 insgesamt 357 000 Franken. (rd) - Seite 21

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Nagra zahlt für Endlager-Regionen

 Ab nächstem Jahr steht die PR-Agentur der möglichen Endlagerstandorte im Solde der Atomindustrie.

 Von René Donzé

 Zürich - Die nächsten Jahre werden entscheidend sein bezüglich der Frage, wo in der Schweiz die radioaktiven Abfälle entsorgt werden. Sechs Regionen stehen zur Auswahl, nur drei davon sind laut Nagra geeignet für hoch radioaktive Abfälle, und davon liegen wiederum zwei im Kanton Zürich: Lägern-Nord (Unterland) und Zürich-Nordost (Weinland). Dritter Kandidat ist der Bözberg im Aargau. Entsprechend hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Atomendlager im Kanton Zürich gebaut wird.

 Hoch sind auch die Kosten, welche die möglichen Standortgemeinden jetzt schon zu tragen haben. Sie müssen Stellungnahmen verfassen, Sitzungen besuchen, Begleitgremien aufbauen, Anfragen beantworten, die Medien mit Informationen bedienen. "Wir realisierten schon vor drei Jahren: Da kommt ein riesiger Aufwand auf diese Gemeinden zu", sagt Dominik Bonderer, Sprecher der Baudirektion von Regierungsrat Markus Kägi (SVP). Um die Milizbehörden im Weinland und im Unterland zu entlasten, engagierte der Kanton die Zolliker PR-Agentur Richterich und Partner. Seither unterstützen zwei Mitarbeiter des 24-köpfigen Teams die Regionen in ihrer Öffentlichkeitsarbeit.

 Nagra bezahlt am meisten

 Bis anhin hat der Kanton sämtliche Rechnungen für diese Arbeit bezahlt. Insgesamt wurden seit 2008 für die Arbeit von Richterich und Partner 357 000 Franken ausgegeben - nicht nur für Kommunikation, sondern auch für die Durchführung von Bevölkerungsanlässen, Planungs- und Organisationsarbeiten und vieles mehr.

 In Zukunft aber wird das Geld nicht mehr vom Kanton, sondern vom Bund kommen. Das bestätigt Matthieu Buchs, Sprecher des Bundesamtes für Energie (BFE). Für das ganze Auswahlverfahren steht ein Topf von 28 Millionen Franken zur Verfügung - für Personalkosten, Studien, Expertisen und Unterstützung der regionalen Begleitgremien. Die einzelnen Regionen erhalten daraus für ihre Mitwirkung ab Mitte 2011 bis zu einer halben Million pro Jahr. "Darunter fällt auch die Kommunikation", sagt Buchs.

 Von den 28 Millionen stammen nur 3   Millionen aus Bundessteuergeldern. 25   Millionen werden von der Nagra beigesteuert, die das Geld wiederum zum grössten Teil von den Betreibern der Atomkraftwerke bezieht. Diese erheben 0,8 Rappen pro Kilowattstunde Atomstrom von ihren Bezügern für die Entsorgung ihrer radioaktiven Abfälle. Indirekt wird also auch die PR-Arbeit des Büros Richterich und Partner für das Weinland und das Unterland von der Atomindustrie finanziert. "Wir erhalten keine Aufträge von der Stromindustrie", sagt Markus Baumgartner von Richterich und Partner. "Unsere Auftraggeber sind die Regionen, und ihnen allein sind wir verpflichtet." Hanspeter Lienhart (SP), Präsident des Forums Lägern-Nord und Bülacher Stadtrat, sagt: "Die Situation ist zwar etwas unschön, aber wer soll das sonst zahlen, wenn nicht die Verursacher?" Bonderer verspricht: "Wir werden darüber wachen, dass weder von der Nagra noch vom BFE Einfluss auf die Agentur ausgeübt wird."

 Kein Diener zweier Herren

 Laut Bonderer hat der Kanton auf ein einziges Büro für beide Regionen gesetzt, um Synergien zu nutzen. Es sei sinnvoll, wenn das Fachwissen an einem Ort gebündelt würde. "Doch ab nächstem Jahr steht es den Regionen frei, die Agentur zu wechseln." Lienhart sieht im Moment keinen Handlungsbedarf. Ausschlaggebend sei einzig die Qualität der Arbeit, und damit sei er zufrieden. "Doch wenn es zum Problem würde, kämen wir auf den Entscheid zurück." Auch Verena Strasser, Präsidentin des Forums Opalinus und Gemeindepräsidentin von Benken, sagt: "Wir haben bis jetzt nur gute Erfahrungen gemacht."

 Baumgartner betont, die PR-Agentur betreue die Regionen individuell. "Wir machen nicht copy paste", sagt er. Ausschlag gäben die Wünsche der Gemeinden. So spricht sich das Unterland pointiert gegen ein Endlager aus, während sich das Weinland viel neutraler gibt. Sollten am Ende nur diese beiden Regionen im Rennen bleiben, könnte es aber schon zu Interessenkonflikten kommen, sagt Baumgartner. "Dann würden wir auch von uns aus nochmals über die Bücher gehen."

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 Protest

Atommüll für Markus Kägi

 Die kantonale Baudirektion ist gestern für kurze Zeit zum Atom-Endlager mutiert: Die Juso des Kantons Zürich haben am späten Nachmittag mehrere Müllsäcke mit dem typischen Symbol für Radioaktivität vor dem Gebäude am Walcheplatz neben dem HB deponiert - ohne gefährlichen Inhalt, wie Co-Präsident Fabian Molina betont. Die Juso protestierten damit gegen die Zürcher Regierung, die den Bau von zwei neuen AKW befürwortet. Die Juso sind strikt dagegen, insbesondere auch weil die Endlagerfrage noch nicht gelöst ist.(sth)

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Oltner Tagblatt 4.12.10

Niederamt

 "Es gibt sicherere Orte als den Jurasüdfuss"

 Däniken Auch die Standortgemeinde des KKG spricht sich gegen ein Tiefenlager im Niederamt aus.

 Von Andrea Widmer

 Der Däniker Gemeinderat hat sich anlässlich des Vernehmlassungsverfahrens des Bundesamtes für Energie mit dem Sachplan geologisches Tiefenlager beschäftigt. Der Rat sprach sich gegen ein geologisches Tiefenlager im Niederamt aus. Das Tiefenlager soll ohne Abstriche am dafür in der Schweiz sichersten Ort realisiert werden. Gemäss den vorgelegten Untersuchungen gäbe es geeignetere Standorte als den Jurasüdfuss. Es bestünden erhebliche Vorbehalte und Unsicherheiten bezüglich der geologischen Eignung. Zudem ist der Gemeinderat nach wie vor davon überzeugt, dass es weder finanziell, politisch noch ökonomisch in der kleinen Schweiz Sinn mache, zwei Tiefenlager zu bauen (eines für hochradioaktive und ein weiteres für mittel- und schwachradioaktive Abfälle). Ein so genanntes Kombilager biete klare Vorteile. Da sich der Standort Jura-Südfuss für ein Kombilager nicht eigne und es bezüglich Sicherheit klar bessere Standorte für ein Tiefenlager gäbe, solle dieser aus der Evaluation entlassen werden.

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Le Matin 4.12.10

Le nucléaire favorise les garçons

 Science. Une étude affirme qu'aux alentours des centrales atomiques allemandes et suisses il naît nettement moins de filles.

 Les couples qui veulent absolument avoir un garçon doivent-ils vivre à proximité d'une centrale nucléaire? La question se pose après qu'une étude menée par trois chercheurs de l'institut allemand Helmholtz est arrivée à la conclusion que moins de filles naissent près des centrales nucléaires en comparaison avec les moyennes habituelles. Christian van Singer, conseiller national Vert vaudois, déconseille pourtant aux familles qui veulent absolument un héritier mâle de camper près des sites atomiques. "D'autres études menées sur les maladies infantiles aux alentours des centrales montrent une augmentation du nombre de cancers et de leucémies. De plus, la nouvelle recherche, qui se base sur 40 années de statistiques, a aussi mis en évidence un grave déficit de natalité. On estime que plus de 15 000 enfants, surtout des filles, ne sont pas venus au monde. "

 "Nous ne savons pas pourquoi"

 L'étude, qui a pris en compte 28 centrales allemandes et les quatre existantes en Suisse, se contente de donner des chiffres sans expliquer le phénomène. "Nous ne savons pas pourquoi le nucléaire agit sur la fécondité et l'attribution des sexes", souligne Christian van Singer, lui-même physicien.

 une enquête en suisse

 Seule certitude mise en avant par la même recherche, la catastrophe de Tchernobyl en 1986 serait responsable de la non-naissance de 831 000 filles sur le continent européen et la partie du continent asiatique qui avait été touchée par les nuages radioactifs. Après la publication de diverses études étrangères, la Suisse a lancé sa propre recherche, baptisée Canupis, dont les résultats sont attendus pour la fin de l'année prochaine. Mais Christian van Singer en prévoit déjà les limites: "Suite à ma récente interpellation, le Conseil fédéral répondait que "les données disponibles ne permettent pas de prendre en compte la phase prénatale. "

 De son côté, Guy Parmelin, conseiller national vaudois UDC, s'étonne du bruit fait autour de l'étude allemande. "Comme par hasard, on en parle alors que le débat sur la construction de trois nouvelles centrales nucléaires est d'actualité. " Le parlementaire, favorable au développement de l'énergie atomique en Suisse, remarque aussi que "ces nouvelles études qui concerneraient des centrales atomiques en Suisse et en Allemagne ne touchent pas les nombreux autres pays qui ont recours à l'atome. Je n'ai jamais entendu parler d'étude similaire en France, où l'électricité est produite à plus de 70% par des centrales atomiques. "

 le Conseil fédéral interpellé

 Quant à Christian van Singer, il a interpellé de nouveau le gouvernement pour savoir si la phase prénatale était prise en compte dans l'évaluation des effets des centrales nucléaires sur la santé. Le Conseil fédéral va apporter sa réponse lundi.

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gr.be.ch 1.12.10

Kanton Bern
Canton de Berne
Parlamentarische Vorstösse
Interventions parlementaires
Geschäfts-Nr.: 2010-9015 Seite 1/2
Vorstoss-Nr: 103-2010
Vorstossart: Interpellation
Eingereicht am: 08.06.2010
Eingereicht von: Grimm (Burgdorf, Grüne)
(Sprecher/ -in)
Weitere Unterschriften: 11
Dringlichkeit:
Datum Beantwortung: 01.12.2010
RRB-Nr: 1720
Direktion: BVE

Wird die Lagerung von radioaktiven Abfällen auch mit Steuergeldern aus dem Kanton
Bern bezahlt?

Wir stehen mitten in der Diskussion um den Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg. Die Energieunternehmen Axpo, Atel und BKW bewerben sich um je ein neues Grosskraftwerk.

Die Lagerung von radioaktivem Material ist weltweit nicht gelöst - es gibt keine definitiven Endlager. Die hochgefährlichen Materialien werden bekanntlich einerseits wiederaufbereitet. Anderseits liegen grosse Mengen in Zwischenlagern. Das Kernenergiegesetz schreibt vor, dass radioaktive Abfälle grundsätzlich im Inland und zwar in einem geologischen Tiefenlager entsorgt werden müssen. Diese Lager setzen grosse Sicherheitsvorkehrungen voraus und sind mit sehr hohen Kosten verbunden.

In der Schweiz sind die Verursacher radioaktiver Abfälle dazu verpflichtet, die technischwissenschaftlichen Voraussetzungen für eine sichere Entsorgung zu erarbeiten, die nötigen Lager zu bauen und auch die Kosten dafür zu übernehmen. Für die Abfälle aus der Kernenergie sind die Kraftwerkbetreiber verantwortlich.

In diesem Zusammenhang wird der Regierungsrat gebeten, folgende Fragen zu beantworten:
- Wo werden die radioaktiven Abfälle von Mühleberg aufbewahrt?
- Welche Kosten verursacht die Zwischenlagerung der radioaktiven Abfälle von Mühleberg?
- Beteiligt sich der Kanton Bern finanziell an dieser Lagerung?
- Welchen finanziellen Beitrag leistet der Kanton Bern an die Forschung der NAGRA (Nationale Gesellschaft für die Endlagerung von Radioaktiven Abfällen)?
- Werden die Entsorgungskosten zu 100 Prozent über den Strompreis an die Verbraucher weiterbelastet?
- Welchen Beitrag leistet der Kanton Bern an den Stilllegungsfonds?
- Welchen Beitrag leistet der Kanton Bern an den Endlagerungsfonds?

Antwort des Regierungsrates

Der Regierungsrat teilt die Ansicht des Interpellanten, das Problem der Endlagerung radioaktiver Abfälle sei politisch und praktisch nicht gelöst. Nach dem heutigen Wissensstand lassen sich daher auch keine abschliessenden Aussagen zu den damit verbundenen Kosten machen. Die Tatsache, dass die dauerhafte Lagerung atomarer Abfälle nach wie vor nicht konkret gelöst ist, ist für den Regierungsrat einer der wesentlichen Gründe dafür, weshalb er gemäss kantonaler Energiestrategie mittelfristig aus der Kernenergie aussteigen will.

Zu Frage 1:
Seit der Inbetriebnahme der Anlage sammelt die BKW als Eigentümerin des Kernkraftwerks Mühleberg die radioaktiven Abfälle und bewahrt sie den gesetzlichen Vorgaben entsprechend auf. Dafür wurden speziell geeignete Lagerräume auf dem Kraftwerksareal und im zentralen Zwischenlager für alle Kernkraftwerke in Würenlingen (Zwilag) geschaffen.

Zu Frage 2:
Die Kosten der Zwischenlagerung der radiaktiven Abfälle des Kernkraftwerks Mühleberg im Zwilag werden gemäss Kostenstudie KS06 von swissnuclear auf 240 Mio. Franken geschätzt. Die Studie wurde auf Anfang 2009 aktualisiert. Die Kosten der nuklearen Abfälle werden in periodischen Abständen, in der Regel alle fünf Jahre, vollständig neu ermittelt.

Zu Frage 3:
Nein, der Kanton Bern beteiligt sich finanziell nicht an den Lagerungskosten. Die BKW als Eigentümerin und Betreiberin des Kernkraftwerks Mühleberg ist entsorgungspflichtig.

Zu Frage 4:
Der Kanton Bern leistet keine finanziellen Beiträge an die Forschungstätigkeit der Nagra. Die BKW ist Genossenschafterin der Nagra und trägt deren Betriebskosten anteilsmässig mit.

Zu Frage 5:
Ja, die gesamten Entsorgungskosten sind im Strompreis berücksichtigt.

Zu den Fragen 6 und 7:
Der Kanton Bern leistet weder an den Stilllegungs- noch an den Entsorgungsfonds Beiträge. Gesetzlich beitragspflichtig ist die BKW als Atomkraftwerkbetreiberin. Artikel 80 des Kernenergiegesetzes (KEG, SR 732.1) verpflichtet die Betreiber von Kernkraftanlagen zu subsidiären Nachleistungen im Falle einer Unterdeckung.

An den Grossen Rat