MEDIENSPIEGEL
23.1.11
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo, Rabe)
- Tour de Lorraine: Reiskörner-Party
- Anti-WEF: Aktionen SG + BS; Nostalgie; Paketbomben-Ängste;
Armee-Einsatz; Farbige Grüsse; Theater BE; Nix Demo in BS;
- RaBe-Info 18.-21.1.11
- Ausschaffungen: Wieder Sonderflüge nach Nigeria
- Nothilfe: Nur im Zuweisungskanton
- Sans-Papiers: 4000 Illegalisierte in TG
- Drogen: Legalize Koka in Bolivien; Kiffer-Bussen; Heroin-Dealer Iran;
Suchtkranke im Alter; Preis-Krieg Marihuana
- Alkohol: Anti-Alk SO
- Sexwork: Zonenbewilligungs-Streit ZH; Nach dem Ausstieg
- Obdachlos: Waldlager ZH
- Squat ZH: Neufrankengasse - Zu-Gloor-Reich im Interview
- Squat Berlin: Liebigstrasse 14 - Ultimatum 2. Februar
- Freysinger: FN-Chefin Marine le Pen
- Anti-SVP: Medientheater nach Albisgüetli-Prügel für
SVP-Fehr
- Anti-Feminismus: Inti mit Leiterin Frauenhaus BE; rechtliche Schritte
gegen IGAF-Anti-Frauenhaus-Pläne
- Rassismus: Anti-Antisemitismus Sigriswil; Lipkin verurteilt
- Alt-Nazi: François Genoud
- "Manipulation": Fichenaffäre-Film feat. Brandauer
- Big Brother: US-Spionage-Affäre BE/GE; AFIS New Generation;
Widerstand gegen Indect; Gechipte biometrische Ausländerausweise
- Undercover: Euro-SpitzelInnen
- Ruhe & Ordnung: BahnhofpatInnen FR
- Police CH: Konkordat Zentralschweiz
- Söldnerfirmen: Aegis am geheimdien(st)en
- Tieraktiv: Verfahren Wien; Circus Royal
- Gefangene: Marco, Costa + Billy verlegt
- Bomben-Stimmung: Bomben-Anarch@-Angst in Armee-Davos; Offener Brief
Fee Marie Meyer; Terror-Buchtipp; Anschlag Bundesstrafgericht;
Feuerzellen-Prozess Athen;
- Widerstand: Stéphane Hessel; Laura D'Oriano
- Homophobie: Fall Gay Pride Moskau vor Gericht
- Nestlé: mörderische Gewerkschaftsbekämpfung in
Kolumbien
- Migration Control: Rückführung Griechenland
menschenrechtswidrig;
- Anti-Atom: Werbeverbot Greenpeace; Ausstieg Biel; Abstimmungs-Kampf
BE; GAU-Pläne; Nagra-Pläne; Zwischenlager-Skandal BE;
Wellenberg
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REITSCHULE
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Mo 24.01.11
16.00 Uhr - Grosse Halle - Ungleichheiten:
Ausstellung der
Künstlergruppe Stan's Cafe (bis 19.30 h)
Di 25.01.11
16.00 Uhr - Grosse Halle - Ungleichheiten: Ausstellung
der
Künstlergruppe Stan's Cafe (bis 19.30 h)
20.30 Uhr - Tojotheater - Lustiger Dienstag #51 - Mehr
als
Variété!
20.30 Uhr - Kino - Uncut-Warme Filme am Dienstag: ELENA
UNDONE, USA 2010
Mi 26.01.11
16.00 Uhr - Grosse Halle - Ungleichheiten: Ausstellung
der
Künstlergruppe Stan's Cafe (bis 19.30 h)
19.00 Uhr - SousLePont - Käse Spezialitäten
22.00 Uhr - SousLePont - Offene Bühne
Do 27.01.11
16.00 Uhr - Grosse Halle - Ungleichheiten: Ausstellung
der
Künstlergruppe Stan's Cafe (bis 19.30 h)
19.00 Uhr - Vorplatz - Public Viewing: Eiskunstlauf EM
(Paare Kür)
mit Glühwein & Feuerstelle
21.00 Uhr - Rössli - 1000 Robota, IMAGINARY CITIES
+ Greg
Macpherson
Fr 28.01.11
16.00 Uhr - Grosse Halle - Ungleichheiten: Ausstellung
der
Künstlergruppe Stan's Cafe (bis 19.30 h)
19.00 Uhr - Vorplatz - Public Viewing: Eiskunstlauf EM
(Eistanz
Kür) mit Glühwein & Feuerstelle
20.30 Uhr - Tojotheater - 4. Secondo
Theatertournée. Vier
ausgezeichnete Kurzstücke zum Thema "Heimat"
21.00 Uhr - Frauenraum - Tanzbar mit DJ Zardas: Standard
und
lateinamerikanische Tänze und Disco für Frau und Frau, Mann
und Mann und Friends.
23.00 Uhr - Dachstock - WAT (We Are Terrorists/FRA)
live!, We Love
Machines (be) live!, DJ Kidkuts (GER)
Sa 29.01.11
12.00 Uhr - Grosse Halle - Ungleichheiten: Ausstellung
der
Künstlergruppe Stan's Cafe (bis 18.00 h) 20.30 h Tojotheater 4.
Secondo Theatertournée. Vier ausgezeichnete Kurzstücke zum
Thema "Heimat"
22.00 Uhr - Frauenraum - Normal Love (Berlin); Fred
Hystère
& Ginger Drops Downstairs (Züri)
23.00 Uhr - Dachstock - Liquid Session: TOTAL SCIENCE
(C.I.A./UK),
CYANTIFIC (Hospital/UK), Lockee (RaBass 95.6), TS Zodiac (Liquid
Sessions), MC Fava (DeepSoulMusic), Badboy MC (FMI)
So 30.01.11
12.00 Uhr - Grosse Halle - Ungleichheiten: Ausstellung
der
Künstlergruppe Stan's Cafe
19.00 Uhr - Grosse Halle - Ungleichheiten - Finissage
Ausstellung der
Künstlergruppe Stan's Cafe
Infos:
http://www.reitschule.ch
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BZ 20.1.11
Im Fluss der Depression
Theater. Eine erhellende Begegnung mit drei dunklen Gestalten:
Das Ensemble von "Es Huere Cabaret" kommt mit seinem ersten
abendfüllenden Theater "Therapie - nur Idioten begrüssen den
Tag mit einem Lächeln" nach Bern.
Ein Hund liegt auf dem Rücken auf der Bühne im
Tojo-Theater der Reitschule. Alle viere hat er von sich gestreckt, als
wäre er tot. Es handelt sich aber nicht etwa um eine Requisite -
das Tier ist quicklebendig und gehört der Schauspielerin Celia
Hirt. Morbid geht es zu und her im Stück "Therapie - nur Idioten
begrüssen den Tag mit einem Lächeln" rund um drei depressive
Gestalten, die sich von einer Therapie in die nächste begeben.
Trotz Depression haben diese Patienten Klasse: Die beiden
Männer tragen Melone und Schirm, die Dame ein Abendkleid mit einem
schicken Hütchen. Celia Hirt, Roman Badertscher und Michael Wyder,
die Gründer von "Es Huere Cabaret", haben sich die drei Figuren
ursprünglich ausgedacht, um durch den von ihnen ins Leben
gerufenen Kleinkunstabend zu führen. Nun haben sie gemeinsam mit
Pernilla Deppeler-Kühni (Regie) und Matthias Raue (Musik) ein
abendfüllendes Theaterstück erarbeitet. Dazu hat sich die
Truppe in ein Haus auf dem Land im Piemont zurückgezogen, geprobt
und die Geschichte zu Papier gebracht. "Wir nehmen das Thema Depression
ernst. Schwarzer Humor spielt zwar eine wichtige Rolle, aber es geht
nie darum, sich über die Krankheit lustig zu machen", erklärt
Regisseurin Pernilla Deppeler-Kühni. Die Behandlungsmethoden, die
im Stück vorkommen - von der Licht- bis zur Dramatherapie - sind
alle von der Realität inspiriert. Die Therapeutin selbst sieht man
nie. Sie ist eine auf Tonband gebannte Stimme, die scheinbar aus dem
Nichts erschallt.
Vom Leben gebeutelt
Auch andere Figuren oder Erinnerungen werden durch
Tonbandaufnahmen mit Musik oder Stimmen hervorgerufen. Der um seinen
Sohn trauernde Bibliothekar (Michael Wyder) vernimmt plötzlich die
Stimme seines toten Kindes. Die in die Jahre gekommene Sängerin
Lulu (Celia Hirt) hört ihren einzigen Hit, der ihr einst Ruhm und
Ehre brachte. Die Lichttherapie erweist sich bei ihr als Desaster, denn
mit Licht verbindet sie Rampenlicht, und wenn dieses ausgeht, bleibt
ihr nur der Alkohol, mit dem sie ihr Elend zu ertränken versucht.
Die 1983 in Bern geborene Celia Hirt, die Bewegungspädagogik
studiert hat, lernte für ihre Rolle das Akkordeon spielen. "Das
Instrument passt zu meiner Figur, und ich wollte es immer schon
beherrschen", erklärt sie. Lulu hänge sich immer an die
falschen Männer, und es habe ihr in ihrer Kindheit an einer
Vaterfigur gefehlt. Das habe mit der Schauspielerin Hirt selbst nicht
viel gemein. Mit Lulu könne sie sich aber insofern identifizieren,
da auch sie eine "Rampensau" sei. Michael Wyder, dem 1977 in Biel
geborenen Schauspieler, gefallen an seiner vom Leben gebeutelten Figur
der Mut und die Stärke, trotz allem immer weiter zu machen. Es sei
lustig, wie trotz aller Unterschiede jeder etwas von sich selbst in
seinen Bühnencharakter reingepackt habe. Der 1983 in Aarberg
geborene Roman Badertscher spielt die wohl zeitgenössischste
Figur: einen gestressten Burnout-Business-Typ.
Wer von den dreien am Ende geheilt wird und wer schliesslich an
seinen Sorgen zu Grunde geht, sei hier nicht verraten. Dass für
Drama und Drastik gesorgt sein wird, davon zeugt eine rabenschwarze
Badewanne, die auf der Bühne steht. Oder ist es gar ein Sarg?
Helen Lagger
Vorstellungen: heute und morgen, 20.30h, Tojo-Theater, Reitschule
Bern. www.tojo.ch.
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kulturagenda.be 20.1.11
Es huere Cabaret mit dem neuen Stück im Tojo
"Therapie - nur Idioten begrüssen den Tag mit einem Lächeln"
heisst das erste abendfüllende Stück der Bieler Theatergruppe
Es huere Cabaret. Das Leiden am Leben verbindet die drei schwarz
gekleideten Protagonisten, und sie treffen sich in diversen Therapien
wieder. Das poetische Theaterstück kombiniert Melancholie mit
schwarzem Humor und Musik.
Tojo Theater in der Reitschule, Bern. Do., 20.1., und Fr., 21.1., 20.30
Uhr
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kultursstattbern.derbund.ch 18.1.11
RaBe-Fest-Line-Up
http://newsnetz-blog.ch/kulturstattbern/blog/2011/01/18/rabe-fest-line-up/
Von Gisela Feuz am Dienstag, den 18. Januar 2011, um 06:03 Uhr
Am 25. und 26. Februar geht Radio RaBe in die 6. Festrunde und feiert
in der ganzen Reitschule auch gleich den 15. Jahrestag. RaBe-Papi Tinu
Schneider hat dazu ein Programm zusammengestiefelt, welches nicht nur
Indierock- sondern auch Techno-Herzen höher schlagen lassen
dürfte. Hier das komplette Line Up:
Am Freitag 25. Februar toben sich im Dackstock das Kollektiv
Turmstrasse und Mark Henning aus, wobei auch die Partyraketen von
Festmacher und Bird mit von der Partie sind. Im Frauenraum treten
derweil die mir noch unbekannten Zuckerklub aus Berlin auf, welche von
den wunderbaren Kassette aus Fribourg und der Lokalheldin Dr. Minx
unterstützt werden. Im Sous Le Pont kann man sich mit Make it
Pink, Must Have Been Tokyo und Navel vergnügen oder drüben im
Rössli progressiv trancen mit Flow Box.
Am Samstag wird dann im Dachstock mit Blackmail, The Ghost of Tom Joad
und den Treekillaz ordentlich gerockt und im Sous Le Pont
malträtieren die Herren Uristier, Kronzeugen und Rectangle ihre
Gitarren. Wers lieber minimal elektronisch mag, der kommt im Frauenraum
bei Locker & Moe auf seine Kosten oder im Rössli beim lustigen
Dub-Dance mit diversen RaBe-DJs.
Mit Frau Feuz' Lieblingen hats leider nicht geklappt, was schon ein
bisschen schade ist, zumal ja der werte Herr Schneider im Vorfeld keine
Gelegenheit ausliess, mir ordentlich den Speck durchs Maul zu ziehen.
Nichtsdestotrotz wird sich aber auch besagte Frau Feuz bestimmt
blendend amüsieren am diesjährigen RaBe-Fest, zumal ja im
Tojo auch noch das Sonohr-Hörfestival stattfindet und man sich im
Kino der Reitschule in beiden Nächten Musik-Video-Clips anschauen
kann oder die Filme von Fräuleinwunder Steff la Chef oder der
Blues Horror Brigade. Lustig wirds alleweil: Flieg RaBe, flieg!
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TOUR DE LORRAINE
http://tourdelorraine.ch
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kulturstattbern.derbund.ch 23.1.11
Tour der Lorraine vom Hörensagen
Von Gisela Feuz am Sonntag, den 23. Januar 2011, um 13:35 Uhr
Leider musste die Schreiberin gestern wegen der abendlichen
DJ-Verpflichtung am Indiezone im ISC auf einen Besuch der Tour der
Lorraine verzichten. Das war allerdings halb so schlimm, zumal offenbar
in der Gay Agenda fälschlicherweise stand, dass im ISC die
Tolerdance-Disco für Schwule und Lesben stattfinden würde.
Dies tat der Stimmung nämlich überhaupt keinen Abbruch, ganz
im Gegenteil, vergnügten sich doch bereits früh am Abend
äusserst gutaussehende, adrette, wohl geformte und gut riechende
Herren auf dem Rock'n'Roll-Dancefloor. I like! Schade bloss, wollten
sich besagte Herren so gar nicht für die DJane interessieren. Wie
auch immer.
Nach Aussage von Anwesenden hat die Blues Horror Brigade bei ihrer
Plattentaufe im Progr dem einigermassen konsternierten Publikum eine
ordentliche Astro-Space-Ladung vor den Latz geknallt und aus dem Keller
vom Bierexpress schickte KSB-Aussenkorrespondent Sir Hamesly dieses
Bild von einem exklusiven Konzert von Amarillo Brillo. Der
Backstage-Bereich sei stilgerecht aus Bierharassen gebaut worden.
Klingt doch gut. Weitere Lageberichte zur Tour de Lorraine sind
herzlich willkommen.
http://newsnetz-blog.ch/kulturstattbern/files/2011/01/Amarillo.jpg
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WoZ 20.1.11
Hausmitteilungen
Tour de Lorraine
Dieser Ausgabe der WOZ liegt das Programmheft der Berner
Veranstaltungsreihe "Tour de Lorraine" bei. Im Heft, das im Rahmen des
publizistischen Projekts "antidot-inclu" erscheint, widmen sich die
"Tour"-OrganisatorInnen dem Thema Gemeingüter. "Tour de Lorraine"
versteht sich gedruckt und live als Gegenpol zum eine Woche später
stattfindenden Weltwirtschaftsforum Wef.
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Antidot lesen!
(Alle Seiten, 5.7MB)
http://www.tourdelorraine.ch/fileadmin/dokumente/2011/antidot_tdl11_all.pdf
Antidot lesen!
(nur Thementeil, 3.7MB)
http://www.tourdelorraine.ch/fileadmin/dokumente/2011/antidot_tdl11_gemeingueter.pdf
Antidot lesen!
(nur Programm, 3.1MB)
http://www.tourdelorraine.ch/fileadmin/dokumente/2011/antidot_tdl11_programm.pdf
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Bund 20.1.11
Tour de Lorraine
Die Welt ist ein Haufen Reiskörner
"Gemeingüter befreien!" lautet das Motto der Tour de
Lorraine; das wichtigste Gemeingut bei diesem kulturell-politischen
Spaziergang ist wie immer die Musik.
Öffentlicher Raum gehört dazu, Wasser oder Holz, auch
Wissen und Kultur - das alles sind Gemeingüter, also Güter,
die für alle frei zugänglich sind. Dass diese immer mehr
privatisiert werden, darauf weist die diesjährige Tour de Lorraine
unter dem Motto "Gemeingüter befreien!" hin. So hat die Autorin
Marina Bolzli für die Performance "Alles ist Nichts ist Alles"
Fragen in den Raum gestellt nach dem persönlichen Stellenwert von
Besitztum und Gemeingut (Tojo-Theater, 20 Uhr). Das Kino in der
Reitschule zeigt Filme, die sich um das Thema Privatisierung von Wasser
drehen ("Water Makes Money", Reitschulkino 20 Uhr) oder um
öffentliche Poesie: Der Wiener Autor Helmut Seethaler klebt seine
Gedichte an Wände und Säulen - zum Mitnehmen ("Pick Wien an",
Reitschulkino 23.30 Uhr).
Die Verhältnisse dieser Welt führt die englische
Künstlergruppe Stan's Café eindrücklich vor Augen: Sie
verwandelt Statistik in unterschiedlich grosse Haufen von
Reiskörnern - und zeigt so bildlich auf, wie viele Menschen
beispielsweise letztes Jahr in der Schweiz und an einem Tag in Indien
geboren wurden: gleich viele (Grosse Halle, bis 31. Januar).
Brachial-Elektronik
Das wichtigste Gemeingut an der Tour de Lorraine ist aber wie
jedes Jahr die Musik, die das Programm dominiert. Über ein Dutzend
Lokale beherbergen einen bunten Strauss an Klängen von der
Do-it-yourself-Band bis zum internationalen Act. Bereits am letzten
Buskers-Festival hat das Duo Guts Pie Earshot die Passanten mit
hochenergetischem Drum 'n' Bass mit Cello und Schlagzeug erstaunt
(Brasserie Lorraine), die Masked Marvels reisen mit Pauken und
Trompeten und Zirkus-Punk an (Café Kairo), und die
Brachialelektroniker Herpes ö Deluxe beschallen die Turnhalle im
Progr.(reg)
Diverse OrteSamstag, 22. Januar, ab 19 Uhr. Infos:
http://www.tourdelorraine.ch
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WoZ 20.1.11
Kunst und soziales Engagement
Eine Ausstellung, die sich laufend verändert
Gesetzt, jeder Mensch sei ein Reiskorn und der Rest Statistik:
Patroniert vom Indienforum stellt in Bern eine Ausstellung Fragen zu
sozialen Ungleichheiten und spricht damit vor allem auch Jugendliche an.
Von Fredi Lerch (Text) und Ursula Häne (Foto)
Grosse Halle der Reitschule in Bern: Die Ausstellung heisst
"Ungleichheiten". Auf dem weiten, schwarzen Teerboden bilden
rechteckige Papiere weisse Flecken, unterschiedlich gross, in Gruppen
geordnet. Auf jedem Blatt liegen Reiskörper, zu Häufchen,
Haufen und ab zu kleinen Bergen zusammengeschoben. Jedes Reiskorn ist
ein Mensch, ein Kilogramm Reis sind dann 60 000 Menschen, die aktuelle
Weltbevölkerung entspräche ungefähr 115 Tonnen Reis.
Der bisher grösste Reisberg in der Halle symbolisiert die
Zahl der Flüchtlinge weltweit. Etwas weiter drüben eine Reihe
von Blättern mit fast gleich lautenden Legenden: "Einwohner und
Einwohnerinnen des Tschad, die gemeinsam gleich viel CO2-Emmissionen
verursachen wie ein Mensch in Pakistan." - "… in der Schweiz." -
"… in den USA." - "… in Katar." Auf den
Blättern die entsprechenden Reishaufen. Alles andere passiert im
Kopf. Und wer beim Nachdenken leise Stimmen hört, hört nicht
die in Körnern symbolisierten Menschen sprechen, sondern Stimmen
aus aller Welt, die ein BBC- Journalist zu einer Collage
zusammengeschnitten hat. Sie werden über Lautsprecher eingespielt.
Ungleichheit am Beispiel Indiens
"Of all the People in all the World" nennt die Theaterkompanie
Stan's Café aus dem englischen Birmingham ihr Projekt. Seit 2003
hat sie es in mehreren Dutzend Städten Europas und darüber
hinaus gezeigt. Jack Trow ist einer der Schauspieler der Truppe, der
die Ausstellung als Performer betreut. Er sagt, man habe bewusst
minimalste Mittel zur Darstellung gewählt, "damit die Visuali
sierung der statistischen Grössenverhältnisse möglichst
stark wirkt". Er spricht von "story telling power" - und
tatsächlich ist die Fragen und Geschichten generierende Kraft
erstaunlich, die diese Reis-Installa tionen entfalten.
Die Ausstellung steht unter dem Patronat des Fördervereins
Cesci, der in Madurai in Südindien das Centre for Experiencing
Socio-Cultural Interaction betreibt. Hier wird der Austausch zwischen
Süd und Nord gefördert und insbesondere die Ekta Parishad
unterstützt, eine Bewegung von Landlosen und UreinwohnerInnen, die
für ihre Rechte kämpfen. Gegründet worden ist das
Zentrum von der früh verstorbenen Schweizerin Maja Koene, deren
Vorbild das linke Ferien- und Bildungszentrum Salecina war. Dort hat
sie gelernt, wie wichtig es für eine Bewegung ist, dass sich Ak ti
vist Innen zurückziehen, erholen und weiterbilden können.
Küde Meier ist Kulturökonom und Vizepräsident des
Fördervereins Cesci. Er erzählt ein anderes Beispiel von
Nord-Süd-Wissenstransfer: Vor einigen Jahren hat ein Vertreter der
Reitschule im südindischen Cesci-Zentrum an einem Workshop
teilgenommen. Dabei berichtete er, wie in Bern kultureller und
politischer Arbeit Kontinuität gegeben wird, nämlich
über die Quersubventionierung aus einem Einnahmenpool von Geld aus
verschiedenen Arbeitsgruppen. "Das war für die Ekta-Parishad-Leute
ein nützlicher Input. Heute betreibt die Bewegung dort selbst
sechs Kulturhäuser, die ähnlich wie die Reitschule
funktionieren."
Umgekehrt hat auch Meier von P. V. Rajagopal, dem charismatischen
Gründer und Leiter von Ekta Parishad, gelernt: "Er sagt, dass wir
den Leuten in Indien am meisten helfen, wenn wir hier dafür
sorgen, dass der Unterdrückungs-, der Ausbeutungstransfer nicht
erst in Indien unterbrochen wird." Geht es in Südindien heute
konkret um die Gemeingüter Land, Wasser und Wald, beginnt der
Widerstand in der Schweiz bei den eigenen Kleidern: Es liegt an jeder
und jedem Einzelnen, ob sie oder er sich für fair und biologisch
produzierte, dafür teurere Kleider entscheidet - oder andernfalls
in Kauf nimmt, dass im billigen T-Shirt Kinderarbeit und gentechnisch
veränderte Baumwolle stecken.
Die Künstlerkompanie Stan's Café war schon vor einem
Jahr in der Reitschule. Damals zeigte sich, dass sich junge Menschen
mit den teilweise frappierenden Visualisierungen der
Zahlenverhältnisse für soziale Ungleichheit und politisches
Unrecht interessieren lassen. Darum hat die Kompanie in diesem Jahr ihr
Ausstellungskonzept um einen interaktiven Aspekt erweitert: Bisher
siebzehn Schulklassen machen mit und haben ihrer Anmeldung gleich
Fragen beigelegt, die sie in einem Reisbild dargestellt sehen
möchten.
Der Reis lockt Leute an
Giorgio Andreoli vom Verein Grosse Halle sammelt diese Fragen.
"Wie viele Ausländer leben in der Schweiz, und wie viele Schweizer
leben im Ausland?" soll etwa umgesetzt werden. Oder: "Wie viele
Menschen in den USA sterben an Übergewicht, wie viele in Indien an
Hunger?" Beim Versuch, solche Fragen zu gestalten, wird sich die
Ausstellung in den kommenden Tagen laufend verändern.
Für Andreoli ist die Koproduktion von Stan's Café und
Cesci ein Glücksfall: "In solchen Konstellationen können
Gegenwartskunst und soziales Engagement in eine interessante Verbindung
gebracht werden." Er sei überzeugt, wenn man heutzutage zu einem
Vortrag über Ekta Parishad einladen würde, kämen nicht
mehr als fünf speziell Interessierte. Aber vor einem Jahr,
anlässlich der letztjährigen Tour de Lorraine, hätten an
jenem einzigen Abend um 400 vor allem junge Leute die Reis-Ausstellung
besucht, und es sei ein wirklich spannender Abend geworden.
Apropos Tour de Lorraine: Die Berner Veranstaltungsreihe, die als
Anti-Wef-Protest nach der Jahrtausendwende begonnen hat, findet auch
heuer statt. Und zwar ab Mittwoch dieser Woche. Das Thema könnte
von Ekta Parishad stammen: "Gemeingüter befreien". Die Ausstellung
in der Grossen Halle der Reitschule wird bis um Mitternacht
geöffnet sein.
http://www.stanscafe.co.uk,
http://www.cesci.ch, http://www.tourdelorraine.ch
--
Jansatyagraha 2012
Der Förderverein Cesci forciert in diesem Jahr die
Aufklärungsarbeit für die indische Landlosenbewegung Ekta
Parishad. Das hat einen Grund: Im Oktober 2007 sind 25 000 landlose
Menschen in dreissig Tagen auf der Autobahn die 340 Kilometer von
Gwalior nach Delhi gegangen, um ihrer Forderung nach Umsetzung der
längst gesetzlich verankerten Landrechtsreform Nachdruck zu
verleihen.
Schon damals hat der Menschenrechtsaktivist P. V. Rajagopal als
Leiter von Ekta Pa ri shad angekündigt, im Oktober 2012 werde er
mit 100 000 Menschen zurückkommen. Dieser Marsch - der
"Jansatyagraha 2012" - soll zur grössten gewaltlosen Aktion
aller Zeiten werden und das Gemeingut Land insbesondere für die
Angehöri gen der kastenlosen Dalits und für die
UreinwohnerInnen des Landes einfordern. In Indien leiden heute mehr als
200 Millio nen Menschen an Hunger und Unterernäh rung; in der
Ausstellung entspräche das einem Berg von knapp 3,5 Tonnen Reis.
http://www.ektaparishad.com
---
BZ 20.1.11
Festival
Traditionelle Tour
Es ist eine Tradition in Bern: die Tour de Lorraine. Auch dieses
Jahr spielen lokale Bands im Nordquartier, unter anderem im Restaurant
Du Nord, im Café Kairo, aber auch in der Reitschule und in der
Turnhalle im Progr. Im Q-Laden gibt es Verpflegung, und im Kino
Reitschule werden Filme gezeigt. Programm: www.tourdelorraine.ch.pd
Tour de Lorraine: Sa, 22. 1., Berner Lorrainequartier.
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ANTI-WEF
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nzz.ch 23.1.11
Das WEF im Auge der Kritiker
Globalisierungskritiker versammeln sich in St. Gallen und Basel
Das WEF hat am Wochenende seine Schatten voraus geworfen - jedoch
auf der Seite der Kritiker. In St. Gallen ist am Samstag demonstriert
worden. In Basel versammelten sich die Globalisierungskritiker zu einer
dreitägigen Debatte.
Wenige Tage vor der WEF-Eröffnung in Davos haben die Gegner
des Forums am Wochenende ihre Anhänger mobilisiert. In Basel
trafen sich 450 Globalisierungskritiker zur dreitägigen Debatte
"Das Andere Davos 2011"; in St. Gallen demonstrierten rund 200 Personen.
Weitgehend friedliche Demonstration
Der Marsch aus Protest gegen das World Economic Forum (WEF) durch
die St. Galler Innenstadt war von der Stadtpolizei bewilligt worden.
Die vom Anti-WEF-Bündnis St.Gallen organisierte Kundgebung verlief
weitgehend friedlich.
Dem Aufruf zum Protest gefolgt sind auch Gruppen aus anderen
Landesteilen der Schweiz, wie ein Polizeisprecher auf Anfrage sagte. Im
Internet hatte auch die Organisation "Revolutionärer Aufbau" zur
Teilnahme aufgerufen.
Passanten beobachten Szenerie
Nach einer Ansprache zogen die rund 200 Globalisierungsgegner
durch die St. Galler Innenstadt, eskortiert von wenigen Polizisten und
beobachtet von staunenden und kopfschüttelnden Passanten, die ihre
Wochenend-Einkäufe erledigten.
Auf einem grossen roten Transparent am Anfang des Umzugs stand in
grossen Buchstaben geschrieben: "Den Kapitalisten die Zukunft nehmen -
WEF zerschlagen". Dahinter zogen die meist jugendlichen Demonstranten
einen Leiterwagen mit Sujets gegen den Kapitalismus. Es wurde auf
Pauken gehauen und es wurden Rauchpetarden gezündet.
Scharmützel am Rande
Wie die Stadtpolizei in einem Communiqué mitteilte,
lösten sich rund zehn Teilnehmer aus dem Umzug und griffen zwei
Passanten an. Journalisten vor Ort beobachteten, dass die Passanten die
Demonstrationsteilnehmer provoziert hatten.
Beamte seien mit Schneebällen beworfen worden, teilte die
Polizei weiter mit. Zudem hätten die Demonstrierenden Schaufenster
und Fassaden mit Sprayereien und Klebern verunziert. Ein Sprayer wurde
angehalten.
Diskussion im Vordergrund
In Basel konzentrierten sich die Globalisierungskritiker aufs
Debattieren: Rund 450 Personen nahmen am der 11. Ausgabe der
WEF-Gegenveranstaltung "Das andere Davos 2011" teil. Sie setzten sich
unter anderem mit dem internationalen Finanzsystem auseinander.
Von Freitag bis Sonntag traten in Basel Redner aus Lateinamerika,
Russland, Europa oder Ägypten auf. Die Vertreter verschiedener
sozialer Bewegungen hätten festgestellt, dass die Politiker
überall auf der Welt die sozialen Rechte der Menschen beschnitten,
sagte Mitorganisator und Ökonom Charles-André Udry auf
Anfrage der Nachrichtenagentur SDA.
Die "generelle Globalisierungskritik" sei keine Lösung
für die Probleme, sagte Udry. Vielmehr brauche es "konkrete
Lösungen für konkrete Probleme".
Darauf richtet sich der Appell des "Anderen Davos 2011" aus: Mit
dem Aufruf fordern die Veranstaltungsteilnehmer unter anderem die
sozialen Bewegungen zur Vernetzung auf, sie verlangen eine Erneuerung
der Gewerkschaften und stellen den Privatbesitz der Produktionsmittel
in Frage.
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Südostschweiz 23.1.11
Die Feinde von "Davos" sind inzwischen zahm geworden
Noch vor einigen Jahren kam es während des World Economic
Forum zu gewaltsamen Demonstrationen. Nun ist es ruhig geworden um die
Anti-WEF-Bewegung. Haben die Kritiker resigniert?
Von Jan Flückiger
Davos. - "Davos wird brennen", kündigten die WEF-Gegner an;
die Zeitungen schrieben von einem "Nervenkrieg" und von einem "Tal im
Ausnahmezustand". Die Angst ging um. Es war im Vorfeld des WEF 2001,
vor zehn Jahren. Am Schluss brannte es tatsächlich - allerdings in
Zürich, nicht in Davos. Die Wut der Demonstranten entlud sich auf
Zürichs Strassen, wo sie Autos anzündeten, nachdem sie auf
dem Weg nach Davos in Landquart von der Polizei gebremst worden waren.
Zwei Jahre später (2002 fand das WEF in New York statt)
wiederholte sich die Szenerie - aber in viel grösserem Ausmass.
Tausende von Demonstranten blieben an der Personenschleuse in Fideris
stecken und zogen danach randalierend durch die Strassen von Bern.
Zum Symbol des Bösen geworden
Dass Davos während des Gipfeltreffens der Mächtigen
hermetisch abgeriegelt wurde, war damals neu. Neu war auch die Wut der
Demonstranten. Das Forum gab es schon seit 1971 - weitgehend unbeachtet
von der Öffentlichkeit. Doch plötzlich wurde es zum Symbol
des Bösen für die neu entstandene Bewegung der
Globalisierungskritiker. Der Protest gegen das WEF und die
Globalisierung vermischte sich damals mit der Kritik gegen die USA und
den Irak-Krieg.
Und heute? Das Polizei- und Armeeaufgebot ist immer noch riesig.
Doch kaum noch jemand protestiert auf der Strasse gegen das WEF. "Es
gelang den WEF-Kritikern nicht, ihre Mobilisierungskraft
aufrechtzuerhalten", sagt Sebastian Dissler, aktives Luzerner
Juso-Mitglied. Er hat den Aufstieg und Fall der Bewegung aktiv
miterlebt. Am Anfang stand bei vielen der Ärger darüber, dass
"immer mehr in Hinterzimmern der internationalen Organisationen
entschieden wurde" - ohne demokratische Legitimation. "Die Medien
berichteten aber hauptsächlich über die Gewalt und nicht
über unsere inhaltliche Kritik", so Dissler. Mit der Zeit habe
sich dann Frustration breitgemacht, dass sich nichts ändere. Und
die Einsicht, dass Demonstrieren allein nichts bringe.
"Wipe out WEF - oder doch nicht", das ist der Titel einer
Dissertation von Franz Egle. Der Kommunikationsexperte berät Klaus
Schwab und die WEF-Leitung seit dem Jahr 2000 und besuchte das Forum
bereits zuvor als Informationschef des damaligen Bundesrats Flavio
Cotti. In seiner Arbeit kommt Egle zum Schluss, dass es den
Globalisierungskritikern nicht gelungen sei, ihre inhaltliche Kritik in
den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken. "Es reicht nicht, einfach
ein Symbol wie das WEF zu bekämpfen, um eine Bewegung
längerfristig am Leben zu erhalten", sagt Egle.
Das WEF öffnet sich
Dem WEF seinerseits sei es gelungen, sich vom Image einer
geschlossenen Gesellschaft zu lösen und sich als offene Plattform
zu etablieren. Das neue Image sei aber auch Resultat einer modernen
Öffentlichkeitsarbeit: "Zeitweise war dem WEF die Kontrolle
über seine Wahrnehmung entglitten." Deshalb habe man begonnen, das
Forum bewusst noch mehr zu öffnen, weitere Vertreter von
Nichtregierungsorganisationen einzuladen - und mehr Journalisten.
Für Politologin Michelle Beyeler von der Universität
Bern, die über die Anti-WEF-Bewegung geforscht hat, ist klar:
"Dass sich das WEF geöffnet hat, war auch ein Erfolg der
Protestbewegung." 2003 sei diese zahlenmässig auf dem
Höhepunkt gewesen. Protestbewegungen hätten es aber allgemein
schwer, über mehrere Jahre am Leben zu bleiben. Den WEF-Kritikern
sei es ausserdem nicht gelungen, eine wirklich grosse Demonstration
durchzuführen. Die Organisatoren hätten sich mit der Polizei
und den Behörden nie über die Modalitäten einigen
können, so Beyeler. Immerhin gebe es mehrere Organisationen, wie
zum Beispiel die Erklärung von Bern und das Weltsozialforum,
welche die Kritik am World Economic Forum weiterführen würden.
--
Friedlicher Protest gegen das WEF
St. Gallen. - 200 Globalisierungsgegner haben gestern Nachmittag
an einer von der Stadtpolizei bewilligten Anti-WEF-Demonstration in St.
Gallen teilgenommen. Der Marsch aus Protest gegen das World Economic
Forum (WEF), das nächste Woche in Davos stattfindet, verlief
friedlich. Die Demonstration wurde organisiert vom
Anti-WEF-Bündnis St. Gallen. Dem Aufruf zum friedlichen Protest
gefolgt sind aber auch Gruppen aus anderen Landesteilen der Schweiz,
wie ein Sprecher der Stadtpolizei erklärte. (sda)
---
sf.tv 22.1.11
"WEF zerschlagen" - Friedlicher Protestmarsch durch St. Gallen
sda/widb
200 Globalisierungsgegner haben am Samstagnachmittag an einer von
der Stadtpolizei bewilligten Anti-WEF-Demonstration in St. Gallen
teilgenommen. Der Marsch aus Protest gegen das World Economic Forum
(WEF), das Ende Januar in Davos (GR) stattfindet, verlief friedlich.
Die Demonstration wurde organisiert vom Anti-WEF-Bündnis
St.Gallen. Dem Aufruf zum friedlichen Protest gefolgt sind aber auch
Gruppen aus anderen Landesteilen der Schweiz, wie der Sprecher der
Stadtpolizei sagte. Im Internet hatte auch die Organisation
"Revolutionärer Aufbau" zur Teilnahme aufgerufen.
Die Demonstranten besammelten sich um 14 Uhr beim Hauptbahnhof -
bei eisiger Kälte. Nach einer Ansprache zogen die rund 200
Globalisierungsgegner durch die St. Galler Innenstadt, eskortiert von
wenigen Polizisten und beobachtet von staunenden und
kopfschüttelnden Passanten, die ihre Wochenend-Einkäufe
erledigten.
"Von unten links nach oben rechts"
Auf einem grossen roten Transparent am Anfang des Umzugs stand in
grossen Buchstaben geschrieben: "Den Kapitalisten die Zukunft nehmen -
WEF zerschlagen". Dahinter zogen die meist jugendlichen Demonstranten
einen Leiterwagen mit Sujets gegen den Kapitalismus. Es wurde auf
Pauken gehauen und es wurden Rauchpetarden gezündet.
Mit welcher Strategie die Gegner der Globalisierung das WEF
zerschlagen wollen, stand auf einem anderen Transparent geschrieben:
"Von unten links nach oben rechts".
---
Basler Zeitung 22.1.11
Denken statt demonstrieren
Die WEF-Gegner treffen sich in Basel zu "Das andere Davos"
Daniel Schindler
Linke Gruppierungen nutzen die Publizität des World Economic
Forum, um ihre Ideen unter die Leute zu bringen. Zumindest in Basel
bleibt es wohl beim Debattieren.
Bevor sich kommende Woche in Davos am World Economic Forum (WEF)
Staatsoberhäupter und Firmenchefs, Professoren und religiöse
Führer, Vertreter von Nicht-Regierungsorganisationen und
politischen Parteien ihr jährliches Stelldichein geben, machen
traditionellerweise auch WEF-kritische Gruppierungen mit entsprechenden
Veranstaltungen auf sich aufmerksam. Dazu gehört die Podiumsreihe
"Das andere Davos". Seit gestern Abend startete in der Aula an der
Universität Basel eine Reihe entsprechender Workshops.
Die Teilnehmer kommen aus linken Kreisen, vielfach aus
Gewerkschaften. Dabei geht es ihnen laut Mitorganisator Hanspeter Gysin
nicht in erster Linie darum, Antworten bereitzuhalten, sondern darum,
"die wichtigen Fragen zu stellen", wie er an der gestrigen
Pressekonferenz in Basel mehrmals betonte. Wie das WEF in Davos dreht
sich auch "Das andere Davos" um die aktuellsten sozialen und
wirtschaftlichen Themen.
International. An den Foren treffen sich bis und mit Sonntag
Teilnehmer aus der ganzen Welt, unter anderem aus Frankreich, Russland,
Ägypten, den USA, Deutschland und England. Dabei setzen sie unter
anderem auf eine "Sozialisierung des Eigentums" und die
"Überwindung des Kapitalismus". Mit der SP, die solches neuerdings
ebenfalls in ihr Programm aufgenommen hat, möchte "Das andere
Davos" indes nichts zu tun haben. Zu moderat scheint den Organisatoren
die Sozialdemokratie. Sie habe sich "in den Dienst des Neoliberalismus
gestellt". Gefordert sei aber eine "sozialistische Demokratie", so
Charles-André Udry vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac.
Das habe nichts zu tun "mit dem real existierenden Sozialismus einer
DDR". Denn: Der echte Sozialismus habe bisher "real gar nirgends
existiert".
Zwar erinnern die Ideen der Veranstalter stark an
revolutionäre Bewegungen und Strömungen aus den Siebziger-
und Achtzigerjahren. Eine eigentliche Anti-WEF-Demonstration planen sie
in Basel aber nicht. "Wir sind nicht gegen Demonstrationen, aber ohne
Nachdenken bringt das alles nichts", sagt Udry.
Anders sieht das der "revolutionäre Aufbau". Er ruft im
Internet für heute zu einer Demonstration in St. Gallen gegen das
WEF auf.
Ebenfalls aufs Internet setzen die Erklärung von Bern und
Greenpeace. Gemeinsam werden sie am 28. Januar die Public-Eye-Awards
verleihen. Mit dem Schmähpreis soll "das übelste Unternehmen
des Jahres" ausgezeichnet werden. Im Internet-Voting, das noch
während einer knappen Woche läuft, führen Nestlé
Oil vor BP, Anglo Gold Ashanti, Philip Morris, Axpo und Foxconn.
Über 30 000 Stimmen wurden bis gestern abgegeben.
> http://www.publiceye.ch
> http://www.otherdavos.net
---
Newsnetz 21.1.11
"Paketbomben sind ein mögliches Szenario"
Marc Brupbacher
Nächsten Mittwoch beginnt in Davos das Weltwirtschaftsforum
(WEF). Der neue Bündner Polizeikommandant Beat Eberle sagt, wie er
sich auf den Grossanlass vorbereitet und wo er Gefahren sieht.
In einer Woche geht es in Davos los, sind Sie nervös?Nein,
nervös bin ich nicht. Das WEF ist ein planbares Ereignis und wird
von langer Hand vorbereitet. Aber ich gehe die Aufgabe dennoch mit
grossem Respekt an.
Das Aufgebot am WEF ist hochkarätiger als auch schon. 35
Regierungschefs und 80 Minister sind vor Ort. Wie garantieren Sie ihre
Sicherheit?Das ist eine grosse Verantwortung. Die Kantonspolizei
Graubünden und alle involvierten Partner sind dafür
ausgebildet, die Sicherheit der Gäste zu gewährleisten. Einen
besonderen Status haben dabei natürlich die von Ihnen
erwähnten völkerrechtlich geschützten Personen. Wir sind
sehr gut vorbereitet, nach den für internationale Kongresse
geltenden Standards.
Die Schweiz wurde jüngst Opfer von Paketbomben (Botschaft in
Rom und Athen) und Brandanschlägen (Bundesstrafgericht in
Bellinzona). Was bedeuten diese Ereignisse für das WEF und die
Sicherheit?Wir analysieren die Lage natürlich laufend und stehen
auch mit dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) in engem Kontakt. Die
kürzlich erfolgten Angriffe auf Schweizer Institutionen sind dabei
in die Analyse eingeflossen. Paketbomben stellen ein mögliches
Szenario dar, auf das wir uns vorbereiten.
In einem Interview äusserten Sie sich besorgt über die
Gefahr von Paketbomben. Was können Sie gegen solche Paketbomben
unternehmen? Wie gesagt, Paketbomben sind ein mögliches Szenario.
Ein Sicherheitskonzept ist aber nur so lange gut, wie es nicht bekannt
ist. Daher machen wir in diesem Zusammenhang keine näheren Angaben.
Was für eine Bedrohung stellen die gegenwärtig in ganz
Europa aktiven Anarchisten für das WEF dar?Wir gehen von derselben
Lage aus wie in den Vorjahren. Es gibt keine Anzeichen, dass sich die
Situation verändert oder gar verschärft hätte. Die
Massnahmen, die wir in diesem Jahr ergreifen, entsprechen den
Massnahmen der Vorjahre.
Sie sagen, man hoffe das Beste, bereite sich aber auf das
Schlimmste vor. Was ist das Schlimmste?Es gibt verschiedene
mögliche Szenarien. Das fängt bei schlechtem Wetter und
heftigem Schneefall an, geht über Verkehrsunfälle bei der
Anreise bis hin zu den oben erwähnten Anschlagsmöglichkeiten.
Wichtig ist, dass man alle Eventualitäten im Kopf durchspielt und
plant.
Sie sind erst seit gut drei Wochen als Kommandant tätig. Ist
das nicht zu kurz, um sich auf solch einen Grossanlass vorbereiten zu
können?Die letzten Wochen waren sehr intensiv, aber ich denke, es
gibt heute keine Führungsposition mehr, wo man sich in aller Ruhe
einarbeiten kann. Das ist auch in der Privatwirtschaft nicht anders.
---
NLZ 21.1.11
Die WEF-Gegner sind zahm geworden
Protest
Jan Flückiger
Noch vor einigen Jahren kam es zu gewalt- samen Demonstrationen,
nun ist es ruhig geworden um die Anti-WEF-Bewegung. Haben die Kritiker
resigniert?
Jan Flückiger
jan.flueckiger@luzernerzeitung.ch
"Davos wird brennen", kündigten die WEF-Gegner an, die
Presse schrieb von einem "Nervenkrieg" und von einem "Tal im
Ausnahme-Zustand". Die Angst ging um. Es war im Vorfeld des
Weltwirtschaftsforums 2001, vor 10 Jahren. Am Schluss brannte es
tatsächlich, allerdings in Zürich, nicht in Davos. Die Wut
der Demonstranten entlud sich auf Zürichs Strassen, wo sie Autos
anzündeten, nachdem sie auf dem Weg nach Davos in Landquart von
der Polizei gebremst wurden. Zwei Jahre später (2002 fand das WEF
in New York statt) wiederholte sich die Szenerie - allerdings in viel
grösserem Ausmass. Tausende von Demonstranten blieben an der
Personenschleuse ("Viehgatter" genannt) im bündnerischen Fideris
stecken und zogen danach randalierend durch die Strassen von Bern.
Dass Davos während des Gipfeltreffens der Mächtigen
fast hermetisch abgeriegelt wurde, war damals neu. Ebenfalls neu war
die Wut der Demonstranten auf das WEF. Das Forum gab es schon seit 1971
- weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit. Doch
plötzlich wurde es zum Symbol des Bösen für die neu
entstandene Bewegung der Globalisierungskritiker. Erste gewaltsame
Proteste gegen die Globalisierung gab es am Rande der WTO-Konferenz in
Seattle, 1999. Ein Jahr später richtete sich der Widerstand
erstmals gegen das WEF. "Wipe out WEF!" (Löscht das WEF aus!)
wurde zum Kampfspruch der Kritiker. Der Protest gegen das WEF und die
Globalisierung vermischte sich mit der Kritik gegen Amerika, gegen
George W. Bush und gegen den Irak-Krieg.
Nur über Gewalt berichtet
Und heute? Das Polizei- und Armeeaufgebot ist immer noch riesig
(siehe Text unten). Doch kaum jemand mehr protestiert noch auf der
Strasse gegen das WEF. Zwar wird es auch dieses Jahr eine offizielle
Demonstration geben, am 22. Januar in St. Gallen. In Davos selber
planen die Jungen Grünen und die Jusos eine Kundgebung. Letztes
Jahr in Basel fanden sich an der offiziellen Demo jedoch nur noch 300
Personen ein.
"Es gelang den WEF-Kritikern nicht, ihre Mobilisierungskraft
aufrechtzuerhalten", sagt Sebastian Dissler (24), aktives Luzerner
Juso-Mitglied. Er hat den Aufstieg und Fall der Bewegung aktiv
miterlebt, war bei diversen Protestaktionen dabei. Am Anfang stand bei
vielen der Ärger darüber, dass "immer mehr in Hinterzimmern
der internationalen Organisationen entschieden wurde" - ohne
demokratische Legitimation.
"Die Medien berichteten aber hauptsächlich über die
Gewalt und nicht über unsere inhaltliche Kritik", so Dissler. Mit
der Zeit habe sich Frustration breitgemacht, dass sich nichts
ändere. Und die Einsicht, dass Demonstrieren allein nichts bringe.
Deshalb hätten sich viele, gerade junge Leute wieder der
traditionellen Politik zugewandt. "Viele, die durch die Proteste
politisiert wurden, sind heute bei der Juso", glaubt Dissler. Die
Entwicklung der Mitgliederzahlen der Juso Schweiz scheint ihm Recht zu
geben: In den letzten Jahren stieg sie auf über 3000.
Das WEF öffnete sich
"Wipe out WEF - oder doch nicht", das ist der Titel einer
Dissertation von Franz Egle. Der Luzerner Kommunikationsberater,
bekannt durch sein Mandat für den Ägypter Samih Sawiris,
berät Klaus Schwab und die WEF-Leitung seit dem Jahr 2000 und
besuchte das Forum bereits zuvor als Informationschef des damaligen
Bundesrats Flavio Cotti. In seiner Arbeit kommt Egle zum Schluss, dass
es den Globalisierungskritikern nicht gelungen sei, ihre inhaltliche
Kritik in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken. "Es reicht
nicht, einfach ein Symbol wie das WEF zu bekämpfen, um eine
Bewegung längerfristig am Leben zu erhalten", sagt Egle.
Dem WEF seinerseits sei es gelungen, sich von dem Image einer
geschlossenen Gesellschaft zu lösen und sich als offene Plattform
zu etablieren, sagt Egle. Das neue Image sei aber auch Resultat einer
modernen Öffentlichkeitsarbeit: "Zeitweise war dem WEF die
Kontrolle über seine Wahrnehmung entglitten." Deshalb habe man
begonnen, das Forum bewusst noch mehr zu öffnen, weitere Vertreter
von Nichtregierungsorganisationen einzuladen - und mehr Journalisten.
"Das WEF konnte zeigen, dass an den Verschwörungsszenarien der
Gegner nichts dran ist."
"Teil von etwas Grossem sein"
Für Politologin Michelle Beyeler von der Universität
Bern, die über die Anti-WEF-Bewegung geforscht hat, ist klar:
"Dass sich das WEF geöffnet hat, war auch ein Erfolg der
Protestbewegung." 2003 sei diese zahlenmässig auf einem
Höhepunkt gewesen. Protestbewegungen hätten es aber allgemein
schwer, über mehrere Jahre am Leben zu bleiben. Den WEF-Kritikern
sei es nicht gelungen, eine wirklich grosse Demonstration
durchzuführen. Die Organisatoren hätten sich mit der Polizei
und den Behörden nie über die Modalitäten einigen
können. "Eine solche Bewegung lebt davon, dass viele Leute
teilnehmen. Sie haben dann das Gefühl, Teil von etwas Grossem zu
sein", sagt Beyeler. Immerhin gebe es mehrere Organisationen, wie zum
Beispiel die Erklärung von Bern oder das World Social Forum,
welche die WEF-Kritik weiterführen würden.
Politisch wird weiter gekämpft
Die zunehmende - auch thematische - Offenheit des WEF mit den
öffentlich zugänglichen Vorträgen des Open Forum, ist
sicher mit ein Grund, warum die Kritik am Forum weitgehend verhallt
ist. Daneben sieht WEF-Berater Egle auch noch einen anderen Faktor:
"Den Globalisierungskritikern fehlte es an guten Argumenten. Die
Globalisierung bringt den meisten Menschen unter dem Strich mehr
Vorteile als Nachteile."
Sebastian Dissler von den Juso sieht das natürlich anders:
"Wir bekämpfen die neoliberale Weltordnung nach wie vor." Aber die
Gegenprojekte würden jetzt eben in den politischen Parteien
entwickelt. So waren die Juso-Aktivisten mitentscheidend, dass die SP
die Überwindung des Kapitalismus weiterhin in ihrem Parteiprogramm
verankert hat.
--
Konzerne stehen am Pranger
public eye flu./sda. Sechs Konzerne müssen damit rechnen, in
Davos für die schlimmste unternehmerische Missachtung von Umwelt
und Menschenrechten gebrandmarkt zu werden. Sie sind in der Endrunde
für den Publikumspreis des "Public Eye Award", der am 28. Januar
von der Erklärung von Bern und Greenpeace verliehen wird. Bis zum
27. Januar läuft die Internet-Abstimmung.
Im Moment führt die finnische Ölfirma Neste Oil die
Rangliste an. Laut der Public-Eye-Organisatoren verkauft das
Unternehmen unter dem irreführenden Namen "Green Diesel" im
grossen Stil Biosprit aus Regenwaldabholzung. Zudem stehen zur Wahl:
Die Elektronik-Firma Foxconn, der Stromversorger Axpo, der
Bergbaukonzern AngloGold, der Zigarettenproduzent Philip Morris und der
Energiemulti BP.
http://www.publiceye.ch
--
8 Millionen bezahlt die öffentliche Hand
Jan Flückiger und Flurina Valsecchi
Sicherheit Es sind nicht mehr Krawalle der WEF-Demonstranten, die
ein Grossaufgebot der Polizei nötig machen. Die Angst der
Sicherheitskräfte konzentriert sich während dem
diesjährigen WEF wohl eher auf mögliche Terroranschläge
und Attentate auf die Mächtigen.
Rund 100 völkerrechtlich geschützte Personen werden in
den nächsten Tagen in Davos erwartet. "Sie sind in ihren
Heimatländern wahrscheinlich fast nicht angreifbar", sagt der
Bündner Polizeikommandant Beat Eberle. Und erklärt in einem
Interview mit der Zeitung "Südostschweiz" weiter: "Aber es
könnte natürlich jemand auf die Idee kommen, dass ein solcher
Staatschef in der Schweiz leichter angreifbar sei als in seinem
Heimatland. Wir hoffen einfach das Beste und bereiten uns auf das
Schlimmste vor."
So ist es auch möglich, dass nicht nur in Davos, sondern
auch auf dem Weg ans WEF, also zwischen dem Flughafen Zürich und
Davos, Gefahr drohen könnte. Als neueres Phänomen werden auch
Paketbomben ein Thema in den Sicherheitskonzepten sein. Eberle:
"Auffallend ist, dass erstmals seit langer Zeit zwei Schweizer
Botschaften in Athen und Rom mit Paketbomben angegriffen wurden. Es
gibt also Gruppen, welche die Schweiz als Zielscheibe verwenden."
Polizisten aus der ganzen Schweiz
Offiziell aber wird die Bedrohungslage von den
Sicherheitsverantwortlichen etwa gleich wie in den Vorjahren
eingeschätzt. Wiederum wird die Bündner Kantonspolizei von
Kollegen aus allen schweizerischen Polizeikorps unterstützt.
Zusätzlich sind Polizisten aus dem Fürstentum Liechtenstein
und aus Deutschland im Einsatz, ebenso Angehörige der Armee und
des Grenzwachtkorps. Wie viele Polizisten tatsächlich mithelfen,
das halten die Bündner geheim. Oder wie es Polizeikommandant
Eberle formuliert: "Das ist eine Information, mit der man nicht
hausieren geht." Von Armeeseite her werden maximal 5000 Personen
fürs WEF arbeiten. Insider gehen aber davon aus, dass dieses
Kontingent nicht voll ausgeschöpft wird.
Verteilschlüssel für die Kosten
Doch wer muss diesen ganzen Sicherheitsaufwand eigentlich
berappen? Der Einsatz kostet die öffentliche Hand insgesamt rund 8
Millionen Franken. Aufgeteilt werden Sicherheitskosten nach einem
festgelegten Verteiler: 1⁄8 Gemeinde Davos, 2⁄8 Stiftung WEF, 2⁄8
Kanton Graubünden, 3⁄8 Bund. Dies gilt auch bei allfälligen
Kostenüberschreitungen.
Der Einsatz der Armee beläuft sich auf 19,5 Millionen
Franken, das ergaben Erhebungen anlässlich des WEF im 2005. Die
effektiven Mehrausgaben - das heisst die Mehrausgaben im Vergleich zu
einem "normalen" Ausbildungswiederholungskurs - belaufen sich aber
"nur" auf 1,5 Millionen Franken. Der Kanton Graubünden seinerseits
wird für das Weltwirtschaftsforum 2011 rund zwei Millionen Franken
ausgeben.
Maurer entscheidet im Ernstfall
Aber nicht nur am Boden ist die Armee im Einsatz, auch der
Luftraum über Davos wird überwacht und ist während des
WEF eingeschränkt. Im Ernstfall wird scharf geschossen: Den Befehl
dazu müsste Bundesrat und Verteidigungsminister Ueli Maurer geben.
Jan Flückiger und Flurina Valsecchi
dossier@luzernerzeitung.ch
---
Tagesanzeiger 21.1.11
Farbanschlag
WEF-Gegner verschmierten "Weltwoche"-Gebäude
Zürich - Unbekannte haben in der Nacht auf Donnerstag an das
Gebäude des Axel-Springer-Verlages an der Förrlibuckstrasse
in Zürich-West Anti-WEF-Parolen gesprayt und den Eingang mit roter
Farbe verschmiert. Im Haus befindet sich unter anderem die Redaktion
der "Weltwoche".(hoh)
---
Indymedia 20.1.11
Aktion gegen WEF in Basel, Bern, Zürich
AutorIn : Aktion gegen WEF
Plakat downloaden, drucken, kleben verteilen!!!
WEF IST ÜBERALL UND ANGREIFBAR!
In der Nacht vom 19.1. auf den 20.1. führten wir eine koordinierte
Serie von Anschlägen in Basel, Bern, Cham und Zürich durch.
Folgende Ziele wurden angegriffen:
- Club zum Rennweg, Fortunagasse, Bonzenviertel Kreis 1, Zürich,
mit Farbe angegriffen
- MCS-Law, Martin Wagner, Gerbergasse 48, Basel, mit Spraydose
verschönert
- Credit Suisse, zwei Filialen in Bern und Worb, mit Spraydose
verschönert
- Nestlé, Cham, mit Farbe angegriffen
- Weltwoche, Förrlibuckstrasse 70, Zürich, mit Farbe
angegriffen
- Swiss Life, Räffelstrasse 12, Zürich, mit Farbe angegriffen
und Scheiben eingeschlagen
http://ch.indymedia.org/images/2011/01/79739.jpg
WEF IST ÜBERALL UND ANGREIFBAR!
In der Nacht vom 19.1. auf den 20.1. führten wir eine koordinierte
Serie von Anschlägen in Basel, Bern, Cham und Zürich durch.
Folgende Ziele wurden angegriffen:
- Club zum Rennweg, Fortunagasse, Bonzenviertel Kreis 1, Zürich,
mit Farbe angegriffen
- MCS-Law, Martin Wagner, Gerbergasse 48, Basel, mit Spraydose
verschönert
- Credit Suisse, zwei Filialen in Bern und Worb, mit Spraydose
verschönert
- Nestlé, Cham, mit Farbe angegriffen
- Weltwoche, Förrlibuckstrasse 70, Zürich, mit Farbe
angegriffen
- Swiss Life, Räffelstrasse 12, Zürich, mit Farbe angegriffen
und Scheiben eingeschlagen
Der Club zum Rennweg (Zürich) ist ein informeller Treff von
Wirtschaftsbossen. 40 CEOs von Aktiengesellschaften gehören dazu,
15 von Banken. Der Mitgliederbeitrag beträgt 12'000 Franken.
Präsident ist Rechtsanwalt Thomas Ladner, Begründer eines
rein männlichen "Entrepreneurs Roundtable" mit 80 Mitgliedern, die
CEOs oder Privatunternehmer mit 100 Millionen bis 1 Milliarde Kapital
sind.
Neben diesen Bossen gehören ein paar Sportler (Hitzfeld, Becker,
Beckenbauer) dazu, und von den Medien vor allem Roger Köppel, der
reaktionäre Vordenker der Weltwoche. Auf medialer Ebene treibt er
die Entwicklung der herrschenden Klasse nach rechts an.
Ein gern gesehener Gast im Club zum Rennweg ist auch Martin Wagner, der
Basler Wirtschaftsanwalt mit millionenschweren Beteiligungen in
verschiedenen Mediengruppen.
Wie bei dem nationalen Geheimtreffen, das jedes Jahr im Hotel Rive
Reine zwischen Montreux und Vevey stattfindet, besteht die
mächtigste Gruppe aus dem Bündnis Nestlé - CS - Swiss
Life (ehemals Rentenanstalt).
Am Rennweg ist Nestlé durch seine milliardenschwere
Verwaltungsrätin Carolina Müller-Möhl vertreten. Sie ist
auch bei NZZ engagiert. Nestlé stellt am WEF mit seinem CEO John
Bulcke einen Co-Chair und profiliert sich als Promotor der
Privatisierung des weltweiten Wassermangels.
Credit Suisse ist mit VR-Präsident Urs Rohner dabei. Vor seinem
Eintritt bei der CS war er Boss des deutschen Medienunternehmens Pro
Sieben, die er mit Sat 1 und Kabel 1 fusionierte. Er ist also auch ein
Mann mit Erfahrung in Sachen Meinungsmanipulation. Er ist Nachfolger
von Walter B. Kielholz, der sich am WEF als Experte für
Finanzmarktstabilität profiliert hat. CS ist strategischer Partner
des WEF.
Rolf Dörig, CEO von Swiss Life, tut sich als Sanierer dieser
ehemalig genossenschaftlich organisierten Versicherungsgesellschaft
hervor, die sich früher mit dem Pensionskassenobligatorium eine
goldene Nase verdiente und infolge der Finanzkrise ins Schlingern
geriet - die wichtigste Rentenklauanstalt der Schweiz.
Das WEF ist überall
Am Bonzentreff in Davos sind die KapitalistInnen durch ein Bullen- und
Militäraufgebot relativ gut gesichert. Aber sie leben unter uns
und treffen sich das ganze Jahr in Zirkeln wie dem Club zum Rennweg.
Einmal mehr ziehen wir diesen besonders reaktionären Teil der
herrschenden Klasse aus der Anonymität heraus und zeigen auf, dass
sie sich vom Zorn der immer schärfer Ausgebeuteten und
Ausgegrenzten nirgends wirklich sicher fühlen können.
---
tagesanzeiger.ch 20.1.11
WEF-Gegner verschmieren Weltwoche-Sitz
ep
Unbekannte haben das Gebäude des Axel Springer-Verlages mit
Anti-WEF-Parolen verunstaltet.
In der Nacht auf heute haben unbekannte Täter "W.E.F.
angreifen" auf eine Scheibe des Verlagshauses von Axel Springer an der
Förrlibuckstrasse gesprayt. Zudem verschmierten sie den Eingang
mit roter Farbe. Im Gebäude befinden sich unter anderem die
Redaktionen der Weltwoche und des Beobachters.
Hinweise auf die Vandalen gibt es laut René Ruf von der
Stadtpolizei derzeit keine. Auch der Umfang des Schadens ist nicht
bekannt. Wie ein Sprecher von Axel Springer gegenüber
Tagesanzeiger.ch sagt, sei der Schaden nicht erheblich und zum
grössten Teil bereits wieder behoben. Hinweise auf andere
Vandalenakte liegen der Polizei keine vor. Das WEF in Davos beginnt am
kommenden Mittwoch.
---
jungealternative.ch 20.1.11
Medieneinladung zur JA!-Aktion: Wir machen Theater gegen das WEF
Wir teilen eure Normen nicht - Theater gegen das WEF
Trotz Grossdemonstrationen und heftiger Kritk, die es alle Jahre wieder
gegen das World Economic Forum (WEF) gibt, findet das Forum auch dieses
Jahr wieder statt. Das Motto dieses Jahr lautet "Shared Norms for the
New Reality". Die Junge Alternative JA! kritisiert die Institution WEF
scharf. Es ist für uns unersichtlich, warum eine so kleine Gruppe
mit so wenig Durchmischung - nur 5% der Teilnehmer_innen sind Frauen,
Schwarze oder NGOs - über Normen entscheiden darf, die uns alle
angehen. Schliesslich sollten alle Menschen ein Recht haben,
mitzubestimmen, nach welchen Normen wir leben wollen. Denn die Welt
geht uns alle etwas an.
Deshalb hat Die Junge Alternative JA! mit Schauspielerinnen der
Theatergruppe Gymnasium Neufeld ein ca. 5-minütiges
Theaterstück eingeübt. In diesem wird auf satirische Weise
darauf aufmerksam gemacht, dass die Leute am WEF nicht ganz so viele
Probleme lösen, wie sie behaupten. Dargestellt wird darum eine
Sitzung von WEF-Teilnehmern, die darüber diskutieren, welche
Probleme (Aids, Korruption etc.) sie im letzten Jahr angegangen sind
und "gelöst" haben.
Wir laden Sie herzlich ein, an dieser Aktion teilzunehmen.
Sie findet am Samstag, 22. Januar 2011 statt. Das Theaterstück
wird an diesem Nachmittag vier mal aufgeführt. Die Zeiten:
14.00: Zwischen Baldachin und Heiliggeistkirche
14.30: Bärenplatz
15.00: Waisenhausplatz
15.30: Kornhausplatz
---
NLZ 20.1.11
Die Armee ist für das WEF im Grosseinsatz
Sicherheit sda. Die Schweizer Armee ist auch dieses Jahr für
Sicherheitsaufgaben am Davoser World Economic Forum (WEF)
zuständig. 220 Armeeangehörige nahmen am Freitag ihren Dienst
in Davos auf. Die Zusatzkosten für die Armee betragen rund 1,5
Millionen Franken.
Die Soldaten bereiten seit Freitag die Aufbauarbeiten für
die Sicherheitsmassnahmen, die Logistik und die
Führungsunterstützung vor, wie das Eidgenössische
Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport
(VBS) mitteilte. Maximal können bis 31. Januar nicht weniger als
5000 Armeeangehörige für den Einsatz im Assistenzdienst
aufgeboten werden.
Kommando liegt bei der Polizei
Der Armee-Einsatz erfolgt nach dem Subsidaritätsprinzip, das
heisst, dass die Einsatzverantwortung bei den zivilen Behörden
liegt. Oberster Sicherheitsschef am WEF ist der neue Bündner
Polizeikommandant Beat Eberle.
Die Sicherheitsmassnahmen umfassen auch den Flugverkehr über
Davos. Die freie Benützung des Luftraums und der Flugplätze
der Region Davos wird eingeschränkt. Im Ernstfall wird scharf
geschossen: Die Anordnung eines allfälligen Waffeneinsatzes zur
Durchsetzung luftpolizeilicher Massnahmen obliegt Bundesrat Ueli Maurer.
---
Aargauer Zeitung 19.1.11
Linke beerdigt die Anti-WEF-Demo
Basel Demonstration kommt nicht zustande
Andreas Maurer
Basel ist keine Anti-WEF-Hochburg mehr. Früher machte die
Stadt Schlagzeilen, weil sie als einzige der Schweiz eine Anti-WEF-Demo
bewilligt hat. Seit den Ausschreitungen der letzten Jahre wurde der Ruf
nach einem Kurswechsel laut. Die Forderung scheint sich nun zu
erübrigen: Nach vielen Jahren in Folge findet diesen Samstag
erstmals keine Anti-WEF-Demo statt. Davon sind die Basler
Jungsozialisten überzeugt. Auch die Polizei hat keine Hinweise
für eine Demo. Juso-Chefin Sarah Wyss rechnet nicht damit, dass
Demonstranten den Samstagsverkauf trotz fehlendem Demo-Aufruf
stören werden: "Wer demonstrieren will, geht in eine andere Stadt."
Konkurrenzanlass ist attraktiver
Für viele Basler Linke hat sich die Anti-WEF-Demo wegen der
Sachbeschädigungen totgelaufen. Mehrere linke Organisationen haben
sich von der Demo distanziert. Denn seit einem Jahr besteht für
Protestler in Basel ein attraktiverer Konkurrenzanlass: die
Diskussionsveranstaltung "Das andere Davos".Seite 27
--
Basellandschaftliche Zeitung 19.1.11
Basler Anti-WEF-Demo macht Pause
Szene zersplittert Dank einer Diskussionsveranstaltung wird
Anti-WEF-Demo für Linke überflüssig
Andreas Maurer
Heute in einer Woche beginnt in Davos das Weltwirtschaftsforum
(WEF). Seit Jahren wird in Basel für den Samstag davor zu einer
Demonstration aufgerufen. Und seit Jahren sorgt die Demo danach mit
Zwischenfällen für negative Schlagzeilen. Letztes Jahr
schlugen Chaoten die Scheiben von fünf Autos und einer Bank ein.
Bis jetzt hat die Basler Polizei kein Demo-Gesuch erhalten.
Theoretisch kann eine Demonstration in letzter Minute bewilligt werden.
Polizeisprecher Klaus Mannhart rechnet nicht damit: "Wir haben keine
Hinweise für eine Demo am Samstag." Die Polizei hat die
einschlägigen Internetforen durchforscht und in der Stadt nach
Plakaten und Sprayereien Ausschau gehalten. Normalerweise wisse die
Polizei so auch über unbewilligte Demos im Voraus Bescheid. Doch
auch dazu gebe es diesmal keine Hinweise. Über das Polizeiaufgebot
sagt Mannhart: "Wir werden in der Stadt präsent sein wie gewohnt."
Juso-Präsidentin Sarah Wyss steht mit den Organisatoren der
letzten Anti-WEF-Demos in Kontakt: "Sie haben uns gesagt, dass sie
dieses Jahr nichts organisieren." Dass Anti-WEF-Demonstranten am
Samstag die Stadt unsicher machen könnten, obwohl kein Aufruf zu
einer Demo besteht, glaubt sie nicht: "Wer am Samstag demonstrieren
will, reist in eine andere Stadt." Angekündet ist eine
Demonstration in St. Gallen.
WEF-Skeptiker treffen sich in Uni
In den letzten Jahren haben die Jungsozialisten an der Basler
Anti-WEF-Demo teilgenommen. Die Gründe für den Verzicht auf
eine Basler Demo kennt Juso-Chefin Wyss nicht. Sie bedauert die Pause
aber nicht: "Wir konzentrieren uns dieses Jahr auf ‹Das andere Davos›."
Diese Diskussionsveranstaltung findet nach vielen Jahren in
Zürich zum zweiten Mal in Basel statt. Dahinter stehen
globalisierungskritische Organisationen wie Attac und Alliance Sud.
Von Anti-WEF-Demo abgekoppelt
Früher war "Das andere Davos" mit der Anti-WEF-Demo
verknüpft. "Nach den starken Auseinandersetzungen mit der Polizei
hat sich die Veranstaltung von der Demo abgekoppelt", berichtet Ueli
Mäder, Soziologieprofessor an der Universität Basel. Er
eröffnet den dreitägigen Anlass mit einem Referat. Der erste
Tag findet in der Aula der Uni statt. Diese ist an der Organisation
aber nicht beteiligt. Aus Sicht der Polizei ist der Anlass
unproblematisch. Sämtliche 600 Teilnehmer des letzten Jahres waren
ausgesprochen friedlich.
Für einige Basler Linke wird die Anti-WEF-Demo damit
überflüssig. "Wenn sie ein alljährlich wiederkehrendes
Ritual ist, läuft sie sich tot", sagt Martin Flückiger,
Sekretär der Linkspartei Basta. Statt der Inhalte würden an
der Demo die Sachbeschädigungen dominieren. Deshalb engagiert sich
seine Partei am "Anderen Davos": "Hier haben wir unsere Form des
Protests gefunden."
--
Mäder: "Anti-WEF-Demo kriminalisiert"
Viele Ladenbesitzer freuen sich über den Verzicht auf eine
Basler Anti-WEF-Demo. Seit den Ausschreitungen wurde die Forderung nach
einem Verbot laut. Soziologe Ueli Mäder sieht das anders: "Ich
freue mich immer, wenn im öffentlichen Raum nicht nur
Konsumveranstaltungen stattfinden, sondern die Politik auch auf die
Strasse getragen wird." Die letzte Anti-WEF-Demo werde in ein falsches
Licht gerückt: "Von der Polizei wurde sie teilweise kriminalisiert
und die Medien haben sich vorwiegend auf den einen Zwischenfall
fokussiert." Die meisten Demonstranten seien friedlich gesinnt.
Mäder nimmt aber auch die Organisatoren in die Verantwortung: "Die
Kontrolle ist ihnen leider entglitten." (öpf)
---
Indymedia 18.1.11
Anti Wef Demo in St.Gallen wurde Bewilligt. ::
AutorIn : Anti Wef Bündnis St.Gallen
Wir haben heute die Mitteilung erhalten, dass die Anti Wef Demo in
St.Gallen Bewilligt wurde.
Demonstration gegen das WEF am 22. Januar 2011, 14.00 Uhr, St. Gallen
Bahnhofplatz
World Economic Forum (WEF) : Wenn sich Ausbeuter treffen
Auch dieses Jahr treffen sich vom 26.01.2011 bis am 30.01.2011 die
selbsternannten Global-Leaders in Davos. Das Weltwirtschaftsforum
besteht aus den 1000 einflussreichsten Unternehmen,
RegierungsvertreterInnen aus 40 Ländern sowie einigen hundert
JournalistInnen.
Ziel des Weltwirtschaftsforums:
Ziel ist es, globale (politische sowie wirtschaftliche) Themen zu
behandeln und mögliche "Lösungsvorschläge"
hervorzubringen. Kapitalismus in der Krise, Hunger und Aids in Afrika
sind nur wenige Beispiele der verschiedenen Themen welche die
Herrschenden in der letzten Januarwoche behandeln. Betrachtet man das
WEF jedoch etwas genauer, wird einem schnell klar um was es den Herren
und Damen in ihren Anzügen wirklich geht, nämlich um die
Erhaltung und Entwicklung ihrer kapitalistischen Herrschaft. Jedes Jahr
trifft sich die globale Elite um die Ausbeutung von Mensch und Natur
möglichst profitabel zu organisieren und sie mit einem "sozialen"
Deckmantel zu umgeben.
Natürlich entsteht die kapitalistische Herrschaft und Ausbeutung
nicht am WEF. Wir begreifen das WEF auch nicht als Ursache der
wirtschaftlichen Probleme, sondern als Symbol für die
kapitalistische Wirtschaftsordnung. Und mit diesem Wirtschaftssystem
kann es nicht weitergehen.
Unser Ziel: Überwindung des Kapitalismus
Sogar wieder in das Parteiprogramm der SP aufgenommen, sorgt dieser
Slogan, für rote Köpfe. Was heisst das denn? Ist der
Kapitalismus etwa doch nicht das Ende der Geschichte?
Der Kapitalismus hat eine Masse von Besitzlosen geschaffen, die den
Reichtum der Welt produziert - und zwar für die
KapitalbesitzerInnen. Den Besitzlosen / den ArbeiterInnen wird
dafür einen Lohn gezahlt, der zum (Über)leben reicht. Das
Kapital bekommt den grossen Rest. Überdies wird nur das
produziert, was auch profitabel verkauft werden kann. Es wird also
gerade nicht nach den menschlichen Bedürfnissen produziert,
sondern nach dem Portmonee der KäuferInnen. So überrascht es
nicht, dass Millionen von Menschen noch immer an Hunger leiden und ohne
jede wirtschaftliche Entwicklung sind, währenddessen in anderen
Teilen masslose Verschwendung an den Tag gelegt wird. Die ungleiche
Verteilung des Reichtums ist also im System selbst angelegt und kann
nur durch die Überwindung desselben aufgehoben werden.
Auswirkungen und Ausweg aus der Krise
Nicht nur in Zeiten der wirtschaftlichen Krise wird von der Krise des
Systems abgelenkt und andere Sündenböcke gesucht. Feindbilder
werden geschaffen: Etwa die gierigen ManagerInnen oder die kriminellen
AusländerInnen. Diese Sündenböcke sind weder
verantwortlich für die Misere, noch kann ihr verschwinden die
sozialen Ungleichheiten aufheben. Als ArbeiterInnen und Ausgebeutete
können wir nur gewinnen, wenn wir uns nicht gegeneinander
ausspielen lassen, wenn wir vereinigt und organisiert kämpfen und
zwar bis zur globalen Ebene. Nur dann ist eine Welt möglich, die
sozial und solidarisch für die Bedürfnisse aller eintritt.
Dafür stehen wir zusammen ein, nicht nur auf der Strasse, sondern
auch am Arbeitsplatz, in sozialen Bewegungen, in der
Öffentlichkeit, an der Universität oder in den Schulen.
Anti-Wef Bündnis St.Gallen
---
Indymedia 17.1.11
http://ch.indymedia.org/de/2011/01/79677.shtml
Mobilisierung WEF Widerstand 2011 ::
AutorIn : features liste
Alle Jahre wieder findet im Landwassertal, genauer gesagt in Davos, das
World Economic Forum (WEF) statt. Auch in diesem Jahr lädt der
Ziehvater des WEF, Klaus Schwab, die selbsternannten
Wirtschaftskapitäne, Ministerpräsidenten und Young Global
Leaders nach Davos ein. Das 41. Annual Meeting des World Economic
Forums (WEF) findet vom 26. bis 30. Januar unter dem Motto "Shared
Norms for the New Reality" statt.
Der Widerstand gegen das WEF äussert sich auch in diesem Jahr in
verschiedenen Formen. Mit dem Ziel "Lassen wir uns nicht spalten" gehen
wir dieses Jahr auf die Strasse.
Für Interessierte gibt es neben den Demonstrationen am 22.01.2011
in St. Gallen (14 Uhr Bahnhofplatz) und am 29.01.2011 in Davos auch
viele verschiedene Veranstaltungen in der ganzen Schweiz.
*** Gemeinsam auf die Strasse - gegen das WEF ***
(...)
Veranstaltungen
* 03.01. -30.01.2011 Filme gegens WEF - Infoladen Rabia, Winterthur
* 08.02.2011 AntiWEF-Soli - Rümpeltum, St. Gallen
* 14.02.2011 WEF-Streikkino - Zürich
* 21.01. - 23.01.2011 Das andere Davos Basel (otherdavos.net)
Demonstrationen / Aktionswochen
* 22.01.2011 Demo gegen das WEF - St. Gallen Bahnhofplatz 14 Uhr (2)
* 15.01. - 29.01.2011 Informations- und Aktionswochen Davos
Filme
* Mo 24.01.2011 Film "the yes men" (Dan Ollmann & Sarah Price,
USA'03, 80 Min.) / Vokü 20.00 Uhr, Film ab 21.00 Uhr (Infoladen
Rabia)
* Mo 31.01.2011 Film "Plogoff - des pierres contre des fusiles" (Felix
Le Garrec, F'80/07, 90. Min.) Vokü 20.00 Uhr, Film ab 21.00 Uhr
Konzerte
* Sa. 08.01.2011 AntiWef-Soli, 16.00 Uhr Film: Für eine andere
Welt - danach Diskussion. 19.00 Vokü, 21.00 Konzi: Rabiatisten
(Rümpeltum St.Gallen)
* Sa. 22.01.2011 Tour de Lorraine Bern - "Gemeingüter befreien"
Konzerte in diversen Kulturlokalen von Reitschule bis Graffiti.
* Fr. 28.01.2011 WEF-Party ab 19.00 Uhr mit Liveact (Wallhalla, Davos
Dorf).
* Sa. 29.01.2011 Lower Hell (Metal-Core, De), Set The Destroyer (Metal
Core, GR), ab 19.00 Uhr (Box Davos).
Sonstiges
* Sa. 15.01.11 ABFLUG (Theater) Das Stück welches die
humanitäre Tragik einer Zwangsausschaffung aufzeigt /
Mehr:
http://ch.indymedia.org/de/2011/01/79677.shtml
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RABE-INFO
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Fr. 21. Januar 2011
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_21._Januar_2011.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_21._Januar_2011.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2021.%20Januar%202011
- Simonetta Sommaruga weckt Hoffnungen für Flüchtlinge: Die
neue Justizministerin will Rückbesinnung auf die humanitäre
Tradition
- Fördern oder Fordern. Oder beides? Was die Stadt Bern in den
nächsten zwei Jahren im Bereich Intergration tun will
- Den öffentlichen Raum zurückerobern: Die diesjährige
Tour de Lorraine will Gemeingüter befreien
Links:
http://www.tourdelorraine.ch
---
Do. 20. Januar 2011
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_20._Januar_2011.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_20._Januar_2011.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2020.%20Januar%202011
- Nach dem TramBernWest das TramRegionBern - Wie Köniz und
Ostermundigen um die Zustimmung der Bevölkerung buhlen
- Europas Ost-Grenze - Flüchtlinge werden in der Ukraine
meschenrechtswidrig behandelt
- Ein Volksfest mit nachhaltigen Ansprüchen - eine Vorschau auf
die 11. Tour de Lorraine
Links:
http://www.tramregionbern.ch/startseite
http://bordermonitoring-ukraine.eu
http://www.tourdelorraine.ch
---
Mi. 19. Januar 2011
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_19._Januar_2011.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_19._Januar_2011.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2019.%20Januar%202011
- Alles ist nichts ist alles - Das Kunstprojekt der Tour de Lorraine
- Auch unfreiwilliger Waffenbesitz ist strafbar - mit oder ohne Annahme
der Waffenschutzinitiative
- Frustrierte Palästinensische Jugend - ein Manifest und was
daraus wurde
Links:
http://www.tourdelorraine.ch
http://www.police.be.ch/police/de/index/sicherheit/sicherheit/waffen.html
http://linksunten.indymedia.org/de/node/31393
http://gazaybo.wordpress.com
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Di. 18. Januar 2011
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_18._Januar_2011.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_18._Januar_2011.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2018.%20Januar%202011
- Schweigen über geplantes Tiefenlager in Mühleberg:
AKW-Gegner prüfen eine Beschwerde
- Debatten über eine andere Welt, ein anderes Gesellschaftssystem:
Das Forum " Das andere Davos" in Basel
- Volksaufstand in Tunesien: Einzelfall und Modellfall für andere,
arabische Länder?
Links:
http://www.otherdavos.net
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AUSSCHAFFUNGEN
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NZZ 22.1.11
Mehr Druck auf Nigerianer
Ausschaffungsflug als Anfang
Erstmals seit letztem März sind abgewiesene Asylsuchende
wieder mit einem Sonderflug nach Nigeria zurückgebracht worden.
Rückführungen sollen dadurch generell erleichtert werden.
C. W. · Im Rahmen eines von Österreich organisierten
Sonderflugs der Frontex, der Agentur für Zusammenarbeit an den
Aussengrenzen der EU, sind, wie bereits kurz gemeldet, drei Nigerianer
aus der Schweiz zwangsweise in ihr Land zurückgebracht worden. Die
polizeilichen Ausschaffungen waren im letzten März nach einem
Todesfall unterbrochen worden. Nigeria stimmte der Wiederaufnahme erst
nach Verhandlungen über die Modalitäten zu. Vorbereitet wird
auch eine "Migrationspartnerschaft", die unter anderem
Ausbildungsprogramme umfasst.
Zwang als Ausnahme
Die erste Zwangsrückführung abgewiesener nigerianischer
Asylsuchender seit zehn Monaten soll der Beginn eines systematischeren
Vorgehens sein, wie Eveline Gugger Bruckdorfer, Vizedirektorin im
Bundesamt für Migration (BfM), erläutert. Nachdem im Dezember
eine nigerianische Delegation 126 von 135 ihr präsentierten
Personen als Staatsangehörige identifiziert und anerkannt hatte,
sollen regelmässig solche Missionen stattfinden. Der Zeitpunkt der
nächsten steht allerdings noch nicht fest.
Wer die Schweiz verlassen muss, erhält, wie vereinbart
wurde, stets nochmals die Möglichkeit, selbständig
auszureisen. Die Behörden sind daran interessiert, möglichst
wenig Zwang anzuwenden, doch erhöht eine Art Drohung
erfahrungsgemäss die Bereitschaft zur "freiwilligen"
Rückkehr. Zudem war in der Zeit, in der keine Ausschaffungen
möglich schienen, in vielen Fällen die Ausschaffungshaft
aufgehoben und dadurch Druck von den Betroffenen weggenommen worden.
Das BfM erinnert im Übrigen daran, dass Personen, die nicht
straffällig geworden sind und sich nicht in Ausschaffungshaft
befinden, Rückkehrhilfe beantragen können. Für Projekte
zum wirtschaftlichen Neuanfang in Nigeria können Beiträge bis
6000 Franken zugesprochen werden.
Wer nicht selbständig ausreist, kann von der Polizei zu
einem Linienflugzeug gebracht werden. Erst nach hartnäckiger
Weigerung, die Reise anzutreten, kommt ein Sonderflug in Frage. Das
Schengen-Recht schreibt dafür seit Anfang Jahr die Begleitung
durch unabhängige Beobachter vor. Weil das BfM dafür noch
keine Lösung gefunden hat, ist die Nutzung von Plätzen in
Frontex-Aktionen besonders willkommen. Dabei ist man aber von den
jeweils noch verfügbaren Kapazitäten abhängig.
Oft andere Staaten zuständig
Nigerianer sind seit einiger Zeit die grösste nationale
Gruppe der Asylsuchenden - 2009 waren es 1969 Personen, im Vorjahr
1786. Sie entsprechen nur selten dem Flüchtlingsbegriff. 732
Nigerianer, die letztes Jahr um Asyl ersucht hatten, konnten
gemäss dem Dublin-Abkommen in einen anderen europäischen
Staat zurückgeschickt werden. Direkt in ihren Heimatstaat kehrten
286 Nigerianer zurück, 165 "freiwillig" und 121 unfreiwillig.
Zahlreiche weitere abgewiesene Asylbewerber zogen wohl unbemerkt in ein
anderes Land weiter.
Eine Rückführung kommt gegenwärtig für 200
bis 300 Personen in Frage, wie die BfM-Vertreterin schätzt. Die
Kantone drängen vor allem wegen bestimmter Fälle, meist
Delinquenten. Von den erwähnten 126 Personen sind bisher erst 11
ausgereist.
---
NLZ 22.1.11
Drei Nigerianer müssen gehen
Bundesgericht
s. Das Bundesgericht ist auf die Beschwerde von drei
nigerianischen Asylbewerbern gegen den Kanton Schwyz nicht eingetreten.
Alle drei sitzen derzeit in Ausschaffungshaft und erhoben Anfang dieses
Monats dagegen Beschwerden beim Bundesgericht. Nach dessen
Nichteintreten auf alle drei Fälle können die drei
Männer jetzt vom Migrationsamt des Kantons Schwyz ausgeschafft
werden.
Über Italien eingereist
Zwei der Nigerianer hatten 2008 in Italien erfolglos ein
Asylgesuch gestellt und waren danach letztes Jahr in die Schweiz
eingereist. Hier trat das Bundesamt für Migration auf ihre hier
gestellten weiteren Asylgesuche nicht ein und wies sie in Anwendung des
Dublin-Abkommens nach Italien weg. Das Bundesgericht sieht in der
Ausschaffungshaft keine Rechtsverletzung. Für einen der
Männer ist der Rückflug nach Italien am 8. Februar gebucht.
Der dritte Nigerianer ist seit 2009 in der Schweiz, sein
Asylgesuch ist abgewiesen. Er sei daraufhin "nicht ausgereist, hat sich
wiederholt nicht an dem ihm zugewiesenen Ort aufgehalten und ist hier
straffällig geworden", hält das Bundesgericht fest. Er soll
bei Gelegenheit nach Nigeria ausgeschafft werden.
---
Tribune de Genève 22.1.11
Les rapatriements forcés ont repris vers le Nigeria
La reprise des renvois des premiers requérants d'asile
nigérians depuis le décès de l'un d'eux il y a dix
mois s'est déroulée sans incident
Les vols forcés ont repris dans la nuit de mercredi
à jeudi. Trois requérants d'asile nigérians sont
montés à bord à Zurich. Ce sont les
premières expulsions depuis le décès d'un
requérant nigérian il y a dix mois à
l'aéroport de Zurich. Le rapatriement s'est
déroulé sans incident et au moins quatre autres
ressortissants nigérians devraient suivre dans le prochain vol,
d'ici à trois semaines environ.
La date dépend des autres pays européens membres de
Frontex, l'agence européenne chargée notamment des
expulsions sous la contrainte dans le cadre du Traité de Dublin.
Il suffit à la Suisse de réserver des places. Pour Berne,
les avantages sont nombreux, relève la sous-directrice de
l'Office fédéral des migrations (ODM), Eveline Gugger
Bruckdorfer.
D'abord, le vol ne coûte rien à la Suisse, si ce
n'est sa cotisation à Frontex. Celle-ci oscille entre 2,3 et
2,7 millions de francs par an, sachant que les tâches
de l'agence européenne pour la gestion de la coopération
opérationnelle aux frontières extérieures de l'UE
sont bien plus vastes.
Si Berne organisait elle-même un tel vol, cela reviendrait
à plus de 13 000 francs par requérant. Cette semaine, la
Confédération n'a dû payer que les billets des
requérants et des policiers entre Kloten et Vienne, d'où
décollait l'avion Frontex pour Lagos, indique l'ODM.
Autre avantage des vols groupés de Frontex, la
présence à bord d'un observateur indépendant, que
la Suisse ne peut pas encore garantir. Le vol entre Vienne et Lagos
était ainsi accompagné par un observateur d'une ONG
autrichienne, précise Eveline Gugger Bruckdorfer. Pendant ce
temps, l'ODM recherche en effet toujours des experts
indépendants pour assurer cette mission d'observation. "Mais
nous ne serons pas prêts avant le milieu de cette année",
rappelle sa sous-directrice. Un délai que critiquent plusieurs
ONG, dont Amnesty International Suisse.
---
admin.ch 21.1.11
Zwangsrückführungen nach Nigeria wieder aufgenommen
Bern-Wabern, 21.01.2011 - Erstmals seit dem Stopp der
Zwangsrückführungen nach Nigeria im März 2010 fand
vorgestern ein Frontex-Flug nach Nigeria mit Schweizer Beteiligung
statt. Der Flug verlief ohne Zwischenfälle.
Am 5. November 2010 haben die nigerianischen und schweizerischen
Behörden die Wiederaufnahme zwangsweiser Rückführungen
nach Nigeria ab Januar 2011 vereinbart. Eine Delegation zur
Identifikation mutmasslicher Staatsangehöriger war Anfangs
Dezember 2010 in der Schweiz und hat von 135 befragten Personen 126
anerkannt.
Zusammen mit den nigerianischen Behörden wurde vereinbart, dass
alle ausreisepflichtigen Personen aus Nigeria nochmals die
Möglichkeit erhalten, selbstständig auszureisen. Personen,
die nicht straffällig geworden sind oder sich nicht in
Ausschaffungshaft befinden, können zudem Rückkehrhilfe
beantragen.
Seit dem 1. Januar 2011 wurden für 76 ausreisepflichtige Personen
aus Nigeria Plätze auf Linienflügen gebucht (21 freiwillig
mit Rückkehrhilfe und 55 unfreiwillig mit Zuführung zum
Flugzeug durch die Polizei). Bis jetzt sind 11 Personen ausgereist. 58
Flugbuchungen sind noch offen. Bei Personen, die die Ausreise
verweigern, wird eine Zwangsrückführung organisiert.
Mit dem Frontex-Flug vom 19. Januar 2011 wurden erstmals seit dem Stopp
der Zwangsrückführungen nach Nigeria 3 Personen, die sich der
Ausreise mittels Linienflug widersetzt hatten, erfolgreich
zurückgeführt. Der Flug wurde unter österreichischer
Federführung durchgeführt und verlief ohne Zwischenfälle.
Von Anfang Januar bis Ende Dezember 2010 haben 1'969 nigerianische
Staatsangehörige in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt. Im
gleichen Zeitraum wurden gestützt auf das Dublin-Abkommen 1'670
Nichteintretensentscheide gefällt. Für diese Personen ist ein
anderer Dublin-Staat für die Durchführung des Asyl- und
Wegweisungsverfahrens zuständig. 2010 wurden 732 nigerianische
Staatsangehörige in den zuständigen Dublin-Staat
überstellt. Zudem sind im gleichen Jahr 286 Personen von der
Schweiz nach Nigeria zurückgekehrt (165 freiwillige Ausreisen, 121
unfreiwillige Ausreisen).
Zwangsweise Rückführungen in andere Staaten werden bereits
seit Juni 2010 wieder durchgeführt. Seit dem Stopp der
Sonderflüge im März 2010 haben bis Ende Jahr 22
Sonderflüge mit 109 Personen stattgefunden.
Adresse für Rückfragen:
Eveline Gugger Bruckdorfer, Vizedirektorin, Tel. +41 (0)31 323 43 53
Herausgeber:
Bundesamt für Migration
Internet: http://www.bfm.admin.ch/bfm/de/home.html
---
Bund 21.1.11
Rückschaffungen
Flüge nach Nigeria wieder aufgenommen
Erstmals seit zehn Monaten hat die Schweiz wieder Nigerianer in
deren Heimat ausgeschafft. In der Nacht auf Donnerstag wurden drei
Männer nach Lagos ausgeschafft, sagte eine Sprecherin des
Bundesamts für Migration (BFM) am Donnerstagabend in einem Beitrag
der Sendung "10 vor 10" des Schweizer Fernsehens. Im März 2010 war
ein Nigerianer vor einem Ausschaffungsflug am Flughafen
Zürich-Kloten gestorben. Daraufhin hatte das BFM einen
vorläufigen Stopp der Flüge angeordnet. Nachdem ein
rechtsmedizinisches Gutachten darlegte, dass der 29-jährige Mann
an einer schweren, praktisch nicht diagnostizierbaren Herzkrankheit
gelitten hatte, wurden die Flüge im Juni 2010 wieder aufgenommen -
ausser jene nach Nigeria.(sda)
---
NLZ 21.1.11
Schweiz schafft wieder aus
Nigeria
sda.
sda. Erstmals seit zehn Monaten hat die Schweiz wieder Nigerianer
in deren Heimat ausgeschafft. In der Nacht auf gestern wurden drei
Männer via Wien nach Lagos ausgeschafft. "Wir haben drei
nigerianische Staatsangehörige zwangsweise mit einem Sonderflug
nach Nigeria zurückgeflogen", sagte Eveline Gugger Bruckdorfer,
Vizedirektorin des Bundesamts für Migration (BFM). In Wien mussten
die drei Männer auf einen sogenannten Frontex-Flug der EU
umsteigen. Die Frontex, die europäische Agentur zur Sicherung der
Aussengrenzen der EU, führt regelmässig
Ausschaffungsflüge durch.
Ungeklärter Tod war Auslöser
Die Schweiz führt nach Angaben des BFM jährlich rund 50
Ausschaffungsflüge durch. Die Ausschaffungen nach Nigeria waren in
den letzten Monaten sistiert, weil Nigeria darauf bestand, nur noch
freiwillig rückkehrende Asylbewerber aufzunehmen. Dies, nachdem im
vergangenen März ein Nigerianer bei den Vorbereitungen zum
Ausschaffungsflug auf dem Flughafen Zürich gestorben war. Die
Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass der Mann an einem
gesundheitlichen Problem gelitten hatte.
---
20 Minuten 21.1.11
Ausschaffung nach Nigeria
BERN. Erstmals seit zehn Monaten hat die Schweiz wieder
Nigerianer in deren Heimat ausgeschafft. In der Nacht auf gestern
wurden drei Männer via Wien nach Lagos ausgeschafft. "Wir haben
ges- tern Abend drei nigerianische Staatsangehörige zwangsweise
mit einem Sonderflug nach Nigeria zurückgeflogen", sagte Eveline
Gugger Bruckdorfer, Vizedirektorin des Bundesamts für Migration,
zu "10 vor 10".
---
Newsnetz 21.1.11
Erste Ausschaffung nach Nigeria seit 10 Monaten
sda / mrs
Nach einem tödlichen Unglück wurden
Ausschaffungsflüge nach Nigeria vorübergehend gestoppt. In
der Nacht auf Donnerstag wurden erstmals wieder drei Nigerianer in ihr
Heimatland zurückversetzt.
Erstmals seit zehn Monaten hat die Schweiz wieder Nigerianer in
deren Heimat ausgeschafft. In der Nacht auf Donnerstag wurden drei
Männer via Wien nach Lagos ausgeschafft.
"Wir haben gestern Abend drei nigerianische Staatsangehörige
zwangsweise mit einem Sonderflug nach Nigeria zurückgeflogen",
sagte Eveline Gugger Bruckdorfer, Vizedirektorin des Bundesamts
für Migration (BFM), in einem Beitrag der Sendung "10 vor 10" des
Schweizer Fernsehens vom Donnerstagabend.
Umsteigen in Wien
In Wien mussten die drei Männer auf einen sogenannten
Frontex- Flug der EU umsteigen. Die Frontex, die europäische
Agentur zur Sicherung der Aussengrenzen der EU, führt
regelmässig Ausschaffungsflüge durch.
Die Schweiz führt nach Angaben des BFM jährlich rund 50
Ausschaffungsflüge durch. Im März 2010 war ein Nigerianer bei
den Vorbereitungen zu einem Ausschaffungsflug auf dem Flughafen
Zürich- Kloten gestorben. Daraufhin hatte das BFM einen
vorläufigen Stopp der Sonderflüge angeordnet.
Nachdem ein rechtsmedizinisches Gutachten darlegte, dass der 29-
jährige Mann an einer schweren und praktisch nicht
diagnostizierbaren Herzkrankheit gelitten hatte, wurden die Flüge
im Juni 2010 wieder aufgenommen - mit Ausnahme jener nach Nigeria.
---
10vor10 sf.tv 20.1.11
Nigerianische Asylbewerber ausgeschafft
Seit letzter Nacht werden wieder Zwangsausschaffungen nach Nigeria
durchgeführt, mit EU-Hilfe. Die EU-Ausschaffungsflüge finden
jedoch nur sporadisch statt. Deshalb fordern die Kantone vom Bund, er
solle mit mehr Druck und Härte mit Nigeria verhandeln.
http://videoportal.sf.tv/video?id=78a2d1ed-e7d8-40b2-9536-62cd9a7ad7b3
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sf.tv 20.1.11
Wieder Ausschaffungen nach Nigeria
sf/meru
Die Schweiz hat in der Nacht auf heute Donnerstag drei Nigerianer
nach Lagos ausgeschafft. Das ist die erste Ausschaffung von Nigerianern
seit zehn Monaten. Die Ausschaffung erfolgte über Wien, wo die
drei Männer auf einen sogenannten Frontex-Flug der EU umsteigen
mussten.
Dies bestätigt Esther Gugger Bruckdorfer , Vizedirektorin
des Bundesamt für Migration BfM gegenüber "10vor10". Die
Frontex, die europäische Agentur zur Sicherung der Aussengrenzen
der EU , führt regelmässig Ausschaffungsflüge durch.
Direkte Schweizer Ausschaffungsflüge nach Lagos sind
allerdings bis heute nicht möglich. Am 17. März 2010 kam ein
29-jähriger Ausschaffungshäftling aus Nigeria ums Leben,
worauf das Bundesamt für Migration BfM sämtliche
Ausschaffungsflüge stoppte. Im Laufe des Sommers 2010 nahm das BfM
die Ausschaffungsflüge wieder auf, allerdings nicht nach Nigeria.
Bei den kantonalen Ämtern für Ausländerfragen
wächst der Unmut über den Vollzugsnotstand.
Mehr dazu heute Abend in "10v10", um 21:50 auf SF 1
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NOTHILFE
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NZZ 19.1.11
Bundesgericht
Nothilfe nur im Zuweisungskanton
Abgewiesene Asylbewerber
fel. Luzern · Der Kanton Waadt muss einer abgewiesenen
Asylbewerberin, die dem Kanton Bern zugeteilt worden war, definitiv
keine Nothilfe gewähren. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde der
Frau abgewiesen, die lieber beim Vater ihrer Kinder in der Waadt leben
möchte. Da ihr Aufenthalt in diesem Kanton illegal ist, muss sie
sich für die Nothilfe an den Kanton Bern halten.
Das Asylgesuch der Frau war abgewiesen worden, und sie
müsste seit September 2005 die Schweiz verlassen. Im einstimmig
gefällten Urteil der I. Sozialrechtlichen Abteilung des
höchsten Gerichts wird in Erinnerung gerufen, dass das Asylgesetz
einen Kantonswechsel nicht mehr zulässt, nachdem das Asylverfahren
einmal abgeschlossen worden ist (Urteil 2A.361/2004). In diesem
Verfahrensstadium kommen nur noch Massnahmen im Zusammenhang mit der
Ausreise aus der Schweiz in Betracht. Im Übrigen geht es laut dem
Urteil aus Luzern nicht an, die Kantonszuweisung über die Frage
der Nothilfe zu unterlaufen. Die Frau müsste sich an das Bundesamt
für Migration wenden, falls sie eine Verletzung des Rechts auf
Familienleben geltend machen möchte.
Urteil 8C_268/2010 vom 6. 1. 11 - BGE-Publikation.
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SANS-PAPIERS
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St. Galler Tagblatt 22.1.11
Auf der Suche nach den Sans-Papiers
Ausländer, die sich illegal im Thurgau aufhalten, belasten den
Sozialstaat kaum, glaubt der Regierungsrat. Ob und wie sehr
Sans-Papiers weitere staatliche Leistungen beanspruchen, bleibt mangels
statistischer Daten offen.
CHRISTOF WIDMER
Frauenfeld. Mit 4000 Ausländern, die sich illegal im Thurgau
aufhalten, rechnete 2005 eine Studie des Forschungsinstituts GfS.
Seither dürfte die Zahl wegen Verschärfungen im Asyl- und
Ausländerrecht gestiegen sein. Dass diese Bevölkerungsgruppe
den Steuerzahlern auf der Tasche liegt, wie die SVP-Kantonsräte
Hermann Lei (Frauenfeld) und David Zimmermann (Braunau) meinen, konnte
die kantonale Verwaltung nicht erhärten. Die beiden
Kantonsräte wollten in einer Einfachen Anfrage vom Regierungsrat
wissen, welche Mittel der Kanton für Personen ausgibt, "die nicht
hier leben dürfen."
Keine Leistung ohne Anmeldung
Die gestern veröffentlichte Antwort blieb mangels
statistischer Grundlagen im Ungefähren. Dass Sans-Papiers von den
Sozialwerken profitieren, hält der Regierungsrat aber für
kaum möglich: Für Arbeitslosenversicherung, IV oder
Ergänzungsleistungen sei eine Wohnsitzbestätigung nötig.
Ausgeschlossen sei die Ausrichtung von Prämienverbilligungen an
Sans-Papiers, da sie nach dem Eintrag im Steuerregister ausbezahlt
werden - den Illegale nicht haben.
Bei AHV und Familienzulagen sei es wiederum fraglich, ob
Arbeitgeber von Illegalen das Risiko eingehen, sie als Lohnbezüger
anzumelden, schreibt die Regierung.
Illegale Ausländer können laut Regierungsrat nicht in
den Genuss von staatlich unterstützten Sprachkursen kommen, da die
Teilnehmer überprüft werden.
Kinder dürfen zur Schule
Anders verhält es sich bei Kindern von illegalen
Aufenthaltern. Der Grundschulunterricht stehe allen Kindern offen,
schreibt die Regierung. Da die Schulgemeinden den Status der
Schüler nicht erfassen müssen, sei nicht bekannt, wie viele
solcher Kinder die Volksschule besuchen. Auch Spitäler führen
keine solche Statistik. Die Behandlung von Notfällen sei so oder
so Pflicht, schreibt die Regierung. Für weiterführende
Behandlungen sei ausschlaggebend, ob Versicherung oder Patienten die
Kosten übernehmen.
Nicht bekannt ist interessanterweise auch, ob Sans-Papiers noch
in andere Gerichtsverfahren ausser in ausländerrechtliche
Fälle involviert sind.
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DROGEN
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20min.ch 22.1.11
Heilige Pflanze: Koka-Kauen? Bolivien sagt: "Legalize it!"
Aus Kokablättern wird Kokain gewonnen, in den Anden gelten
sie aber auch als Medizin. Nun entscheidet die UNO, ob der
traditionelle Gebrauch international erlaubt wird.
Camilla Landbø
Wer in La Paz ankommt, kämpft in der Regel mit der
dünnen Luft. Die bolivianische Stadt liegt auf 3600 Metern
Höhe in den Anden. Das Auf und Ab in den Gassen bringt Atemnot,
schwere Beine und nicht selten Schwindelgefühl. Gegen die
Höhenkrankheit gibt es jedoch Abhilfe: das Kokablatt. Seit eh und
je kauen die Menschen in den Anden das "heilige Blatt", wie sie es
nennen, das nicht nur gegen Sauerstoffmangel, sondern auch gegen
Übelkeit und Müdigkeit hilft.
Allerdings stehen sowohl das Kauen als auch das Kokablatt selbst
auf der Verbotsliste der UNO-Konvention gegen Drogen von 1961. Evo
Morales will dies ändern. "Wir wollen, dass das Kokablattkauen
anerkannt und entkriminalisiert wird", verkündete der
bolivianische Präsident vergangene Woche bei einer Pressekonferenz
in La Paz. Derzeit ist sein Aussenminister David Choquehuanca in Europa
unterwegs, um für eine Legalisierung zu werben. Morales stellte
klar: "Wir verlangen nicht, dass das Kokablatt legal wird, sondern dass
das Kauen und der traditionelle Gebrauch des Blattes international
erlaubt ist."
"Nationales Kulturgut"
Seit mindestens 5000 Jahren ist die Kokapflanze in den Anden Teil
des Alltags. Die Hochlandbewohner verwendeten sie in ihren
Anfängen vor allem als Medizin und im religiösen Kult. Erst
später, als die spanischen Eroberer die Minen ausbeuteten, wurden
die Kokablätter massenhaft gekaut. Die versklavten Indios
spürten auf diese Weise weder Hunger noch Müdigkeit und
konnten in den Bergwerken stundenlang Silber schleppen.
Auch heute noch dient das Blatt dem eifrigen Studenten, dem
Langstreckenbusfahrer und der arbeitsamen Marktfrau als Wachhalter und
ist Bestandteil jeder indigenen Zeremonie. Vom Yatiri, dem Schamanen,
kann man sich auf den Plätzen von La Paz aus den Kokablättern
die Zukunft lesen lassen. Von der Kirche im 16. Jahrhundert als
"teuflisch und Hindernis für das Christentum" bezeichnet, gilt die
Kokapflanze in der 2009 verabschiedeten bolivianischen Verfassung neu
als "nationales Kulturgut".
Ausnahmen von Peru und Bolivien
Im selben Jahr bat Morales während einer Konferenz in Wien
die Vereinten Nationen, die Drogenkonvention zu modifizieren. "Es ist
bewiesen, dass das Kokablatt nicht schädlich, sondern gesund ist,
es hilft unter anderem gegen Diabetes", argumentierte der bolivianische
Staatschef. Das Blatt weise einen hohen Gehalt an Kalzium, Eiweiss,
Eisen, Phosphor und Vitaminen auf. Seit dem letzten Jahrhundert ist das
Kokablatt jedoch in Verruf geraten: Aus der Pflanze kann das
Rauschmittel Kokain hergestellt werden. Auch viele der geernteten
Kokablätter in Bolivien landen in Kokainküchen.
Die UNO-Konvention gegen Drogen, die 1964 in Kraft trat, hatte
unter anderem als Ziel, die Kokainproduktion einzudämmen.
Allerdings berücksichtigte sie die Sitten und Riten der indigenen
Völker nicht und forderte, dass auch das Kokablattkauen innerhalb
von 25 Jahren abgeschafft würde. Erst 1988 gewährten die
Vereinten Nationen den Koka-Ländern Peru und Bolivien den
traditionellen Gebrauch des Blattes und einen kontrollierten
Koka-Anbau. Das Kauen aber wurde als strafbare Handlung nie von der
Konvention gestrichen.
Entscheid am 31. Januar
Die UNO-Mitgliederstaaten hatten nun 18 Monate Zeit, um über
eine Änderung des Abkommens nachzudenken. Viele Länder, etwa
Kolumbien, Somalia und Ägypten, haben sich bereits dafür
ausgesprochen, die USA sind nach wie vor dagegen, wie sie am Mittwoch
bekräftigten. Die europäischen Länder haben sich
offiziell noch keine Meinung gebildet, eine gemeinsame Erklärung
der EU wird laut Nachrichtenagentur AP am 25. Januar erfolgen.
Am 31. Januar entscheidet sich, ob das Kokablattkauen legalisiert
wird. Bonbons, Kekse, Kuchen, Wein, Likör, Shampoo oder Zahnpasta
aus Kokablättern, all dies wird auf den bolivianischen
Märkten angepriesen. Dem Andenstaat schwebt vor, diese Produkte zu
industrialisieren, zu vermarkten und in Zukunft sogar zu exportieren.
Mit der Legalisierung des traditionellen Gebrauchs wäre zumindest
der Weg dafür geebnet.
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BZ 22.1.11
Kiffer sollen mit 100 Franken bestraft werden
Cannabis-konsumDie Gesundheitskommission des Nationalrates will,
dass Kiffer nicht mehr zwingend angezeigt werden müssen, sondern
mit einer Ordnungsbusse bestraft werden können.
Die heutigen Regeln zum Cannabiskonsum seien unklar, hatte die
CVP kritisiert und deshalb im eidgenössischen Parlament klare
Vorschriften gefordert. Gestern ist die Gesundheitskommission des
Nationalrates dieser Forderung nachgekommen und hat folgenden Vorschlag
auf den Tisch gelegt: Beobachtet ein Polizist kiffende Erwachsene oder
kiffende Jugendliche ab 16 Jahren, kann er von diesen vor Ort eine
Ordnungsbusse von 100 Franken verlangen. Der Kiffer oder die Kifferin
hat das Recht, die Busse abzulehnen. In diesem Fall wird ein
ordentliches Verfahren eingeleitet. Bei Jugendlichen unter 16 Jahren
wird ein ordentliches Verfahren eröffnet, ebenso, wenn beim Kiffer
zusätzlich Cannabis von mehr als 10 Gramm gefunden wird.
Ermessensspielraum?
Für Diskussionen sorgen dürfte die Frage, ob die
Polizei einen Ermessensspielraum erhalten soll. Die Kommission hat sich
dagegen ausgesprochen. Sie beschloss mit 10 zu 9 Stimmen bei 2
Enthaltungen, dass Polizisten nicht auf eine Busse verzichten
dürfen, wenn sie den Konsum beobachten. Ein Sachrichter hat schon
heute die Möglichkeit, in leichten Fällen von
Betäubungsmittelkonsum von einer Strafe abzusehen. Eine
Kommissionsminderheit möchte auch der Polizei im Fall von Cannabis
diese Kompetenz einräumen und damit verhindern, dass ein leichter
Fall von Cannabiskonsum allenfalls härter bestraft wird als andere
leichte Fälle von Betäubungsmittelkonsum.
Ohne Gerichtsmaschinerie
Die Gesundheitskommission hat das Gesamtpaket zum neuen
Ordnungsbussensystem mit 15 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen
gutgeheissen. Eine Minderheit lehnt die Vorschläge
grundsätzlich ab und beantragt Nichteintreten. Der Entwurf gehe in
Kürze in die Vernehmlassung, teilte die Gesundheitskommission
gestern den Medien mit. Später wird er im Parlament beraten.
Die CVP hatte das Ordnungsbussensystem gefordert, weil es nicht
angebracht sei, bei Cannabiskonsumenten die Gerichtsmaschinerie
anzuwerfen. Ordnungsbussen für Cannabiskonsumenten gibt es heute
schon in den Kantonen St. Gallen und Neuenburg. Kiffer können dort
aber nach wie vor auch angezeigt werden. Landesweit werden
jährlich Tausende wegen Konsum von Cannabisprodukten angezeigt.
Die nationalrätliche Gesundheitskommission hat in den
letzten Tagen ausserdem über eine parlamentarische Initiative
diskutiert, welche eine Entkriminalisierung des Cannabiskonsums
verlangt. Sie sprach sich nur sehr knapp dagegen aus: mit 12 zu 11
Stimmen bei 1 Enthaltung.
sda/bw
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Blick am Abend 21.1.11
Iran ist grösster Drogendealer
WIKILEAKS
Iran kauft Opium in Afghanistan, macht es zu Heroin und vertreibt
es in die Welt.
natascha.eichholz@ringier.ch
Iran macht wieder mal negativ von sich reden. Neben der
Atom-Problematik droht eine weitere Erkenntnis den Iran international
noch weiter ins Abseits zu drängen. Wikileaks enttarnte jetzt,
dass das Land unter der Führung von Präsident Mahmud
Ahmadinedschad offenbar der grösste Drogenhändler der Welt
ist. Über Aserbaidschan schmuggelt der Iran Massen an Heroin nach
Europa.
Gemäss der Zeitung "Welt", der die als "geheim"
klassifizierten Depeschen vorliegen, stieg der Drogenhandel von 2006
bis 2009 rasant an. 2006 wurden in Aserbaidschan noch 20 Kilo Heroin
iranischen Ursprungs entdeckt, im ersten Quartal 2008 waren es bereits
15 000 Kilo und im ersten Quartal 2009 "annähernd 59 000 Kilo".
Der Stoff sei "voll laboraufbereitet und marktfertig", melden
UN-Ermittler vor Ort. Letztere seien nur darum in Aserbaidschan, weil
Präsident Ilhan Aliyev darum gebeten hätte. Ihn beunruhige
die Entwicklung im Drogen-Business.
Die jetzt von der Enthüllungs-Plattform
veröffentlichten Depeschen stammen von der amerikanischen
Botschaft in Aserbaidschan.
Eine der Aufgaben der Botschaft ist laut "Welt", den Iran zu
beobachten. Die Akten aus Aserbaidschan suggerieren zudem, dass der
Iran derzeit den Grossteil der afghanischen Rohopium-Produktion
aufkauft und damit das meiste Heroin im Iran produziert wird. Dies vor
allem in der nordwestiranischen Stadt Täbriz. Afghanistan ist der
grösste Opium-Produzent der Welt.
Eine Depesche beschuldigt den Iran besonders schwer: In der
Botschaft vom 15. Oktober 2009 wird der stellvertretende aserische
Aussenminister Khalaf Khalafov zitiert, der sagt, iranische
Sicherheitskräfte kontrollierten das Geschäft mit dem weissen
Gift.
Wenn Aserbaidschan iranische Drogenhändler schnappe und
ausliefere, würden sie oft vom Iran direkt freigelassen. "Manchmal
nehmen wir dieselben Leute etwas später wieder fest, die wir eben
erst ausgeliefert hatten."
Verhöre von aufgeflogenen Dealern hielten auch fest, dass
die Sicherheitskräfte nicht nur aktiv am Heroinhandel beteiligt
seien, sondern auch Labore betrieben, in denen das Heroin gewonnen
wird. Dadurch sicherte man sich neue Einkommensquellen.
Falls der iranische Staat tatsächlich den Heroinschmuggel
nach Europa organisiert, hiesse das in der Folge, europäische
Drogen-Konsumenten würden das iranische Regime mit Milliarden
unterstützen.
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Basellandschaftliche Zeitung 19.1.11
Kiffer entzweien die beiden Basel
Legalisierung Sabine Pegoraro ist gegen kontrollierte
Cannabis-Abgabe, die in Basel getestet wird
Jürg Gohl
Beim Cannabis steigen die Preise und die Kriminalität auf
dem verbotenen Markt, während die Qualität der Droge sinkt
(bz gestern, Seite 5). Zwei Jahre nach dem Veto des Schweizer
Stimmvolks zur Legalisierung von Hanf muss sich die Politik mit den
Folgen des Entscheids befassen, denn noch immer kiffen in der Schweiz
rund eine halbe Million Menschen.
Baselland und Basel-Stadt reagieren auf unterschiedliche Weisen
auf die Entwicklung im illegalen Hanfmarkt. Während
Regierungsrätin Sabine Pegoraro, die Baselbieter
Sicherheitsdirektorin, keine Veranlassung sieht, von ihrer repressiven
Drogenpolitik abzurücken, ist Basel daran, in einem Pilotversuch
den kontrollierten Verkauf von Cannabis an Personen über 18 Jahre
zu legalisieren.
Pegoraro lehnt jede Abgabe ab
"Meine persönliche Haltung ist bekannt: Ich habe mich immer
gegen eine kontrollierte Abgabe von Drogen ausgesprochen und ich werde
das auch weiterhin tun", stellt Sabine Pegoraro klar. Zum Basler
Vorstoss möchte sie sich nicht äussern. Vom bisherigen Umgang
mit Kiffern will sie auch nicht abrücken: "Wenn bei uns jemand zum
ersten Mal erwischt wird - ob Jugendlicher oder Erwachsener -,
eröffnen wir kein Verfahren. Wir bieten die Person zu einem
Gespräch auf", erklärt sie, "erst beim zweiten Mal folgt eine
Verzeigung."
Pegoraro betont, dass die gesamtschweizerische Beobachtung in
mehrfacher Hinsicht für Baselland nicht zutreffe. Erstens hat die
Menge des sichergestellten Cannabis nicht abgenommen, auch wenn die
Zahlen für 2010 noch nicht vorliegen. Immerhin verzeichnete
Baselland im Dezember in Reinach einen Rekordfang. Zweitens habe auch
die Kriminalität in diesem Zusammenhang nicht zugenommen. Drittens
sei das beschlagnahmte Marihuana "von guter bis sehr guter
Qualität". Gemäss Polizei und Sicherheitsdirektion lasse sich
einzig die Tendenz zu grösseren Plantagen im Baselbiet "nicht von
der Hand weisen".
Basel will Hanf zum Test zulassen
Die Entwicklungen auf dem verbotenen Cannabis-Markt bilden ein
starkes Argument für Tanja Soland, die
SP-Fraktionspräsidentin im Grossen Rat. Sie hat erst im November
gefordert, dass sich Basel an einem Pilotversuch beteiligt: Der
Cannabis-Konsum soll in der Stadt für alle über 18 Jahre
legalisiert, der Verkauf staatlich kontrolliert und der ganze Versuch
wissenschaftlich begleitet werden. Zudem sollen Jugendliche über
die Droge aufgeklärt und beraten werden. "Cannabis darf weder
verteufelt noch verharmlost werden", sagt Soland, "aber die ganze
Diskussion muss nun versachlicht werden."
Ihr Anzug wurde damals nicht nur von den Linken , sondern unter
anderen von den Freisinnigen Baschi Dürr und Daniel Stolz,
CVP-Fraktionschef und Arzt André Weissen und dem
Grünliberalen Dieter Wertemann mitgetragen, und so wurde die
Regierung klar beauftragt, den Cannabis-Pilotversuch umzusetzen. Tanja
Soland könnte sich durchaus auch vorstellen, dass das St.Galler
Modell - Kiffer werden nur noch mit einer Ordnungsbusse von 50 Franken
bestraft, aber nicht mehr verzeigt - als Übergangslösung
taugen würde. "Aber Ziel wäre es schon, den Cannabis-Konsum
zu legalisieren", sagt sie und vergleicht die aktuelle Situation mit
der Prohibition, dem einstigen Alkoholverbot in ganz Nordamerika, das
zu Kriminalität und Wucher führte, ohne die Sucht
einzudämmen. "Mit dem Pilotversuch könnte Basel endlich
wieder einmal zeigen, dass die Stadt in Sachen Drogenpolitik
fortschrittlich geblieben ist."
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Freiburger Nachrichten 19.1.11
Ein Haus für ältere Suchtabhängige?
Ein Drittel der Suchtkranken bleibt bis zum Lebensebene
abhängig. Dank der Medizin werden auch sie heute älter. Das
Hilfsangebot für diese Menschen ist aber nach Ansicht von zwei
Deutschfreiburger Grossräten ungenügend.
Arthur Zurkinden
Den Grossräten Christine Bulliard (CVP, Überstorf) und
Daniel de Roche (EVP, Guschelmuth) ist es ein Anliegen, dass den
älter werdenden Suchtkranken besser geholfen wird. Sie denken
dabei an ein Heim für solche Menschen, die dort auch gut betreut
werden. Sie wissen auch, dass die Stiftung "Abri" ein solches Projekt
in der Schublade hat. Dort ruht es auch, weil der Staatsrat noch kein
grünes Licht für die Realisierung gegeben hat. "Der Staatsrat
verweist seit vier Jahren auf eine Studie, geschehen ist aber noch
nichts", hält Christine Bulliard gegenüber den FN fest.
Eine Gesetzesänderung mit Signalwirkung
Die beiden Grossräte sind überzeugt, dass ein solches
Haus einem grossen Bedürfnis entspricht. Sie sprechen dabei von
einem innovativen Sozialprojekt, das palliative Pflege vorsieht. Sie
haben deshalb eine Motion eingereicht, mit welcher sie eine Revision
des Gesundheitsgesetzes verlangen. Ebenso möchten sie, dass der
Staatsrat insbesondere auch Projekte für die Betreuung
abhängiger Personen unterstützt, wenn sich ihr Zustand zu
einer chronischen Abhängigkeit entwickelt, dies in medizinischer
als auch in sozialer Hinsicht. "Ja, eine solche Ergänzung des
Gesetzes hätte eine Signalwirkung", sagt Bulliard.
Staatsrat teilt Meinung
In seiner Antwort bestätigt der Staatsrat, dass es
Suchtabhängige gibt, bei denen die Therapieziele nicht erreicht
werden können. Seiner Ansicht nach betrifft es vor allem Personen,
die mit dem HI- und dem Hepatitis-Virus infiziert sind. "Solche
Personen bedürfen einer langfristigen Substitution und Behandlung,
in bestimmten Fällen bis zu ihrem Lebensende", hält der
Staatsrat fest und teilt die Meinung, wonach deren Betreuung verbessert
werden müsse.
Ein kantonales Dispositiv
Der Staatsrat erinnert aber daran, dass er im Jahre 2008 das
Projekt "Koordination der Betreuung drogen- und alkoholabhängiger
Personen" ins Leben gerufen hat. Ziel sei es, ein kantonales Dispositiv
für die Betreuung abhängiger Personen einzusetzen. Im
Vordergrund steht dabei ein Qualitätsangebot, das den aktuellen
Bedürfnissen gerecht wird, das eine interdisziplinäre
Zusammenarbeit beinhaltet und das eine auf die abhängige Peson
zentrierte Behandlungskette anbietet. Eine Projektgruppe sei daran,
Massnahmen zu erarbeiten. Das Projekt soll Ende 2011 fertig sein.
Nach Ansicht des Staatsrates besteht aber keine
Gesetzeslücke. "In diesem Bereich muss die Verbesserung der
Betreuung über konkrete Projekte laufen", betont er und empfiehlt
deshalb dem Grossen Rat, die Motion abzulehnen. Die Ergänzung des
Gesundheitsgesetzes im Sinne der beiden Grossräte würde
gemäss Staatsrat der chronischen Suchtmittelabhängigkeit ein
zu grosses Gewicht geben.
Kein Rückzieher
"Nein, wir ziehen unsere Motion nicht zurück", sagt Bulliard
in Absprache mit Daniel de Roche. Sie werden aber das Gespräch mit
dem Staatsrat suchen. Die Motion wird in einer der nächsten
Sessionen im Grossen Rat behandelt.
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Suchtkranke: "Oft ist auch die betroffene Familie
überfordert."
Nach Ansicht der beiden Grossräte Christine Bulliard und
Daniel de Roche setzen sich Suchtkranke schwerwiegenden sozialen
Risiken aus. Sie denken dabei an instabile Wohnsituationen,
Obdachlosigkeit, Verwahrlosung, Suizidgefährdung und so weiter.
"Betroffene und Angehörige sind mit den gesundheitlichen und
sozialen Auswirkungen der chronischen Suchterkrankung überfordert
und allein gelassen", halten sie in der Begründung ihrer Motion
fest und geben zu bedenken, dass die Pflege und Betreuung von solchen
Personen in den meisten Fällen den Familienangehörigen oder
befreundeten Personen überlassen bleiben. Dies führe in den
betroffenen Familien zu physischen, psychischen und finanziellen
Überforderungssituationen.
Da das bestehende Hilfsangebot (Platzierung in
Therapiestätten, Spitex) nicht die gewünschte Lösung
bringt, ersuchen sie den Staatsrat, "diesen Menschen und ihren
Angehörigen in ihrem zunehmend im privaten Sozialraum versteckten
Leiden die notwendigen Hilfen auf gesetzlicher Ebene zu garantieren und
geeignete Strukturen und Projekte zu unterstützen". az
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20 Minuten 19.1.11
Marihuana dreimal so teuer
BERN. Der Preis für Marihuana hat sich in den letzten
fünf Jahren mehr als verdreifacht. Grund: 2004 schmetterte das
Parlament die Cannabis-Legalisierung ab, die Hanfshops verschwanden.
Dies hat nun ausländische Banden angelockt. "Besonders aktiv sind
Türken und Albaner und andere Personen aus den Balkanstaaten", so
Roger Flury, Analytiker bei der Bundeskriminalpolizei, zur "Aargauer
Zeitung". Der Anbau sei in den Untergrund verschwunden und zu einer
eigentlichen Industrie geworden. Flury: "Für grosse
Hightech-Anlagen braucht es hohe Investitionen, die nur von gut
organisierten Banden getätigt werden können."
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Aargauer Zeitung 18.1.11
Bandenalarm im Cannabis-Handel
Drogen Ausländer drängen in den Markt
Benno Tuchschmid
Kriminelle Banden drängen in den Schweizer Cannabis-Handel.
Gemäss Bundeskriminalpolizei sind besonders Türken und
Personen aus den Balkanstaaten aktiv. Diese Entwicklung ist neu: Bis
vor wenigen Jahren war der Handel mit Cannabis praktisch
ausschliesslich in Schweizer Hand. Doch zwischen 2004 und 2006 ging die
Polizei hart gegen Hanf-Shops und Gras-Produzenten vor. Das
Produktionsvolumen sank, der Preis stieg. Der Handel mit Cannabis ist
"äusserst lukrativ", bestätigt die Bundeskriminalpolizei. Die
kriminellen Banden haben die Cannabis-Produktion industrialisiert: Sie
züchten Pflanzen in High-Tech-Anlagen - die für die Polizei
schwer zu entdecken sind. Damit nähert sich die
Cannabis-Produktion der Herstellung von harten Drogen an. Und das hat
Konsequenzen: "Die Gewaltbereitschaft hat in den letzten Jahren enorm
zugenommen", sagt Michael Mosimann, Vorstandsmitglied der Schweizer
Hanfkoordination.
Seite 5, Kommentar rechts
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Kriminelle Gruppen mischen Cannabis-Markt auf
Drogen Der Marihuana-Preis hat sich in den letzten fünf
Jahren mehr als verdreifacht - das lockt ausländische Banden an
Benno Tuchschmid
Bewaffnetes Wachpersonal in Cannabis-Zucht-Anlagen; Banden, die
Industrie-Hanffelder stürmen; Drohungen, Körperverletzungen,
Entführungen: Die gemütlichen Zeiten im Schweizer
Cannabis-Handel sind vorbei. "Die Situation ist beängstigend. Die
Gewaltbereitschaft hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Wir
haben es mit Mafia-ähnlichen Banden zu tun", sagt Michael Mosimann
von der Schweiz Hanf Koordination, dem Branchenverband der Schweizer
Hanffirmen. Dazu passt auch der Fall eines Berner Hanfbauers, der im
letzten Dezember auf seinem Industriehanffeld von einer
ausländischen Bande beraubt wurde und einen Dieb erschoss. Auch
die Bundeskriminalpolizei registriert Gewaltdelikte und die Zunahme von
ausländischen Banden im Umfeld der Cannabis-Produktion. "Besonders
aktiv sind Türken und Albaner und andere Personen aus den
Balkanstaaten", sagt Roger Flury, Analytiker bei der
Bundeskriminalpolizei.
Einst das Land des blühenden Hanfs
Lange Zeit war Cannabis im Schweizer Drogenhandel ein
Spezialfall: Mehr oder weniger toleriert von der Polizei, wuchsen bis
vor zehn Jahren auf Feldern und in Indoor-Plantagen riesige Mengen
Cannabis - so viel, dass der Ernte-Überschuss zum Teil ins Ausland
exportiert wurde. In Schweizer Städten florierte der Handel in den
Hanfshops. Und: Der Cannabis-Handel war praktisch ausschliesslich in
Schweizer Hand. Rechtlich befand sich das Geschäft mit der Droge
im Schwebezustand: Viele rechneten mit einer baldigen Legalisierung.
Doch 2004 schmetterte das Parlament diese endgültig ab, und die
Polizei griff durch: Bereits Ende 2006 gab es in der ganzen Schweiz
keine offenen Verkaufsstellen mehr und die grossen Hanfplantagen und
Zuchtanlagen waren ausgehoben.
Nur: Die Schweizer blieben trotzdem ein Volk von Kiffern. 11,5
Prozent der Schweizer Männer rauchen regelmässig Cannabis,
bei den Frauen sind es 5,1 Prozent. Und die bekommen ihr Gras immer
noch, allerdings aus einer anderen Quelle: "Der Anbau ist in den
Untergrund verschwunden und zu einer eigentlichen Industrie geworden",
sagt Roger Flury. Die Konsequenz: "Für grosse High-Tech-Anlagen
braucht es hohe Investitionen, die nur von gut organisierten Banden
getätigt werden können", so Flury weiter. Die kriminellen
Banden lockt auch der Preis: Dieser hat sich in den letzten fünf
Jahren mehr als verdreifacht. Konsumenten bezahlen heute zwischen 20
und 25 Franken pro Gramm. "Durch den stark gestiegenen Preis ist die
Cannabis-Produktion äusserst lukrativ. Und: Im Vergleich zu harten
Drogen fällt die Bestrafung relativ gering aus", bestätigt
Roger Flury.
Marihuana aus Albanien
Weil die Cannabis-Produzenten in den Untergrund auswichen, werden
sie auch weniger erwischt. Die Zahl der Beschlagnahmungen von Cannabis
ist zusammengebrochen. Dazu kommt, dass auch das Produktionsvolumen
abnahm. "Früher musste die Polizei oft mit Lastwagen vorfahren, um
die konfiszierte Ware abtransportieren zu können", sagt Roger
Flury. 15 bis 20 Tonnen pro Jahr waren keine Seltenheit. Heute reicht
zur Konfiszierung ein kleiner Lieferwagen (siehe Grafik).
Die stark gestiegenen Preise führen zu einem weiteren
Phänomen: "Noch vor wenigen Jahren war gestrecktes Gras
unvorstellbar. Heute finden sie Kraut mit Spuren von Bleisulfat oder
Vogelsand", sagt Michael Mosimann. Weil das Cannabis-Produktionsvolumen
in der Schweiz zurückging, reicht die Menge für den Markt
nicht mehr aus. Die Bundeskriminalpolizei stellt fest, dass der Import
von Cannabis-Produkten in die Schweiz zunimmt: insbesondere Haschisch
aus Marokko und Marihuana aus Albanien.
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Politik: Kommission für Ordnungsbusse
Am Donnerstag prüft die ständerätliche Kommission
für soziale Sicherheit und Gesundheit die parlamentarische
Initiative für die "Entkriminalisierung von Cannabis". Die von der
CVP-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber (ZH) eingereichte
Initiative fordert, dass Konsum und Anbau für den Eigenbedarf
straffrei bleiben sollen. Die Initiative wurde von der
nationalrätlichen Schwesterkommission bereits bearbeitet. Diese
plädierte dafür, das Cannabis-Konsumenten künftig bloss
noch eine Ordnungsbusse von 50 Franken erhalten sollen. Das
Ordnungsbussenmodell wird im Kanton St.Gallen bereits praktiziert. In
den üblichen Kantonen werden Cannabis-Konsumenten verzeigt. In den
Städten Zürich, Basel und Bern sollen zudem bald
Pilotprojekte zum staatlichen Verkauf von Cannabis gestartet werden.
Die Idee wurde im Zürcher Stadtparlament lanciert. Der Versuch
soll wissenschaftlich begleitet werden. Noch ist unklar, ob das
Pilotprojekt mit dem nationalen Betäubungsmittelgesetz in Einklang
gebracht werden kann. (btu)
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Kommentar
Politik bewirkte das Gegenteil
Benno Tuchschmid
Nein, so war das nicht gedacht. Am 30. November 2008 sagte das
Schweizervolk Nein zur Legalisierung von Hanf. Parlament und Bundesrat
hatten für die Ablehnung plädiert. Die Politik wollte die
Jugend schützen. Und hat ungewollt die Kriminalität
gefördert. Denn: Seit die Polizei konsequent und hart gegen
Cannabis-Produzenten vorgeht, hat sich die Produktion in den Untergrund
verschoben - in die Hände von kriminellen Banden.
Wie schädlich Kiffen ist, dar-über streiten sich die
Experten. Ganz sicher ist es nicht gesund, speziell nicht für
Jugendliche. Nur: Ist deshalb ein radikales Verbot der richtige Weg?
Die Entwicklung im Cannabis-Markt zeigt: Es ist nicht der richtige Weg.
Denn erstens wird in der Schweiz nach wie vor viel gekifft - rund eine
halbe Million Schweizer sollen regelmässig Cannabis rauchen - und
zweitens ist die Qualität der Droge schlechter geworden.
Kriminelle strecken das Gras mit Bleisulfat oder Vogelsand.
Dazu kommt: Kriminelle Banden haben alles andere im Sinn als
Jugendschutz. Mit einer staatlichen Regulierung und einer
Entkriminalisierung des Konsums, wie es als Test in Zürich, Basel
und Bern geplant ist, kann die Jugend besser geschützt werden -
und gleichzeitig wird den Kriminellen der Boden für ihr Handeln
entzogen.
Die Schweiz war einmal weltbekannt für eine fortschrittliche
Drogenpolitik. Die Einführung der staatlichen Heroinabgabe
brauchte damals viel Mut - und wurde zum Erfolg. Es wird Zeit, dass die
Schweiz auch bei der Cannabis-Politik Mut zeigt, statt weitere Jahre an
Ort und Stelle zu treten.
benno.tuchschmid@azmedien.ch
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ALKOHOL
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Solothurner Zeitung 18.1.11
Kanton will junge Kehlen trockenlegen
Alkohol Konsum der Jugendlichen soll mit einem rigiden
Massnahmenpaket eingedämmt werden
Stefan Frech
Eine Gruppe von Mädchen, die sich ohne Hemmungen in aller
Öffentlichkeit betrinkt und die leeren Flaschen liegen lässt.
13- bis 15-Jährige, die Hochprozentigen reinschütten, bis
"der Hammer" kommt. Betrunkene Jugendliche, die Autos demolieren oder
andere verprügeln. Situationen, die Marcel Dubach zur Genüge
kennt. "Man muss zwingend etwas machen", sagt der Chef der kantonalen
Jugendpolizei.
Noch ist das Paket nicht geschnürt
Das sagten sich auch die Politiker: Bereits 2008 hat der
Kantonsrat einen Vorstoss der CVP/EVP-Fraktion zur Eindämmung des
übermässigen Alkoholkonsums durch Jugendliche verabschiedet -
nicht zuletzt, um die Jugendgewalt in den Griff zu bekommen. Seither
wird in der Verwaltung an einem Massnahmenpaket gearbeitet. Dieses ist
sehr umfangreich und wird für Diskussionsstoff sorgen. Geplant ist
unter anderem ein Weitergabeverbot von alkoholischen Getränken an
Jugendliche, eine Einschränkung der Verkaufszeiten und
Verkaufsorte, eine Erhöhung der Altersgrenze zum Alkohol- und
Tabakkauf, ein Werbeverbot auf öffentlichem Grund, Alkoholtests
ausserhalb des Strassenverkehrs und eine Rückführung von
betrunkenen Jugendlichen in die Familien oder in eine Institution
(siehe Artikel "Auch neben der Strasse?" unten links).
"Noch ist nicht entschieden, welche Gesetzesänderungen wir
dann auch tatsächlich in rund einem Jahr dem Regierungsrat
zuhanden des Kantonsrats vorlegen werden", sagt Markus Schär,
Leiter der Fachstelle Sucht im Amt für soziale Sicherheit. Die
Vorstellungen der verschiedenen Ämter und Dienststellen sind
einzubeziehen. Auch ist man sich bewusst, dass nicht alle Massnahmen
gleich gut umsetz- und politisch durchsetzbar sind.
Auch der Bund soll aktiv werden
Dass der Kanton seine Gesetzgebung verschärfen will, ist das
eine. Andere Massnahmen zur Eindämmung des Alkoholkonsums von
Jugendlichen kann nur der Bund ergreifen - oder es macht mehr Sinn,
eine gesamtschweizerische Lösung zu finden.
Die Gelegenheit wäre vorhanden: Derzeit ist auf Bundesebene
eine Totalrevision des Alkoholgesetzes im Gang. In seiner
Vernehmlassungsantwort hat der Solothurner Regierungsrat bemerkenswerte
Forderungen gestellt: die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage
für Alkohol-Testkäufe, eine Verteuerung der billigen und
schädlichen Alkoholika im Sinne einer Lenkungsabgabe und ein
generelles Konsumverbot von alkoholischen Getränken für
Jugendliche unter 16Jahren (siehe Artikel "Nationale Lösung" unten
rechts). "Wir warten jetzt ab, welche dieser Forderungen der Bundesrat
übernimmt", erklärt Schär.
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Alk-Tests: auch neben der Strasse?
Auf Kantonsebene sind sechs Gesetzesanpassungen geplant: Mit
einem Weitergabeverbot von alkoholischen Getränken möchte man
dem Problem Herr werden, dass häufig über 18-Jährige
harten Alkohol kaufen und dann an Minderjährige weitergeben. Im
Kanton Bern, wo das Verbot bereits existiert, gab es bis jetzt aber nur
wenige Anzeigen, "weil die Beweisführung schwierig ist",
erklärt Markus Schär vom Solothurner Amt für soziale
Sicherheit (ASO). Mit einer Einschränkung der Verkaufszeiten und
Verkaufsorte möchte der Kanton öffentliche
"Massenbesäufnisse" wie Botellones oder den Alkoholausschank an
Sportanlässen (bei Risikospielen) verhindern können. Eine
Erhöhung der Altersgrenze zum Alkoholkauf auf einheitlich 18
Jahre, wie sie das Tessin kennt, wäre laut Schär
"begrüssenswert, aber schwierig durchzusetzen". Ebenfalls wenig
Chancen im politischen Prozess hätte wohl ein Werbeverbot auf
öffentlichem Grund, wie das bereits für Tabak besteht.
Für die Polizei, die betrunkene Jugendliche auf der Strasse
antrifft, soll die rechtliche Grundlage für Alkoholtests
ausserhalb des Strassenverkehrs und für eine Rückführung
in die Familien oder eine Institution geprüft werden. Mit
Atemlufttests kann laut Marcel Dubach, Leiter der Jugendpolizei,
aufgegriffenen Jugendlichen gezeigt werden, wie betrunken sie bereits
sind. Haben die Minderjährigen zu viel intus oder sind sie
früh morgens unterwegs, werden bereits heute die Eltern informiert
und zum Abholen aufgefordert. "Für diejenigen, die nicht
untergebracht werden können, denken wir an eine Art
Rückführungszentrum, wo die Jugendlichen medizinisch betreut
werden", sagt Schär. (sff)
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Konsumverbot: nationale Lösung nötig
Der Kanton Solothurn erwartet, dass auch der Bund gesetzlich
schärfer gegen den Alkoholmissbrauch von Minderjährigen
vorgeht: Verschiedene kantonale Gerichte (unter anderem das Solothurner
Obergericht) haben in den letzten Monaten festgestellt, dass für
die von der Polizei oder anderen staatlichen Stellen veranlassten
Alkohol-Testkäufe durch Jugendliche keine ausreichende gesetzliche
Grundlage besteht. "Der Bund soll deshalb die Voraussetzungen dazu
schaffen", fordert Markus Schär vom Amt für soziale
Sicherheit. "Testkäufe sind nämlich sehr effizient." Dank
ihnen hätten in den letzten Jahren immer weniger Geschäfte
Bier an unter 16-Jährige und Schnaps an unter 18-Jährige
verkauft.
Ein generelles Konsumverbot von alkoholischen Getränken
für Jugendliche unter 16 Jahren würde der Jugendanwaltschaft
die Handhabe bieten, immer wieder betrunken aufgegriffene Jugendliche
in einen Suchtpräventionskurs zu schicken - analog den
Cannabis-Konsumenten. "Ein Konsumverbot macht aber nur Sinn, wenn es
gesamtschweizerisch umgesetzt wird", sagt Schär. Er ist aber wenig
zuversichtlich, dass dies geschehen wird. Die Solothurner Jugendpolizei
wiederum unterstützt ein Konsumverbot auf öffentlichen
Plätzen und zu bestimmten Zeiten. "Es geht nicht darum, die
Jugendlichen zu kriminalisieren", betont Marcel Dubach, Chef der
Jugendpolizei. Aber man hätte eine Grundlage, in schwerwiegenden
Fällen rechtliche Sanktionen zu treffen. Laut Dubach hätte
das Verbot vor allem eine präventive Wirkung: "Wenn ein Polizist
den Jugendlichen das Gesetz mit den Folgen erläutert, dann hat das
eine stärkere Wirkung, als wenn die Eltern den Alkoholkonsum
verbieten." (sff)
------------------
SEXWORK
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Sonntag 23.1.11
Prostitution: Kritik an Zonengebühr
"Zweiklassengesellschaft" als Risiko der Zonenbewilligung
Die Stadt Zürich will für Prostituierte
kostenpflichtige Bewilligungen für Strassenstrichzonen. Eine
entsprechende Verordnung ist in der Vernehmlassung. "Die Massmassnahme
bringt nicht viel, ausser wenn die Gebührengelder in den
Standplatz investiert werden, beispielsweise in WCs", sagt Soziologe
François Höpflinger. Seiner Meinung nach müsste der
Staat für das Geld auch etwas bieten. Es sei ein Versuch, das
Rotlichtmilieu in geordnete Banne zu lenken, da sie aus dem
öffentlichen Raum nicht wegzubringen sei. "Es besteht allerdings
die Gefahr, dass unter den Prostituierten eine Zweiklassengesellschaft
entsteht, wenn Frauen illegal in einer Zone arbeiten. Das Problem
könnte sich auch nur in andere Kantone verlagern." Die deutsche
Soziologin Emilija Mitrovic glaubt nicht, dass die "Standgebühr"
in Deutschland Schule machen wird.
Auch Doro Winkler von der Fachstelle Frauenhandel und
Frauenmigration (FIZ) kritisiert die Verordnung: "Problematisch ist,
dass die gebührenpflichtige Bewilligung als Massnahme gegen
Menschenhandel verkauft wird, was sie klar nicht ist." (ANB)
---
Tagesanzeiger 22.1.11
Das Leben danach
Was macht eine Prostituierte, die den Job wechseln will? Sie
spielt Lotto. Denn Umsteigen ist schwierig, wie das Beispiel einer
Betroffenen zeigt.
Von Beat Metzler
Der Lohn soll steigen, je länger man einen Beruf
ausübt. So lautet eine ökonomische Faustregel. In Bordellen
und am Strassenstrich verhält es sich gerade umgekehrt. Mit jedem
vergangenen Monat verliert der Körper einer Prostituierten an
Wert. Die höchsten Preise kann sie in jungen Jahren verlangen,
spätestens ab 30 geht es bergab. "Erfahrung" oder "Sachkompetenz"
zählen im horizontalen Gewerbe wenig.
Sonja Lentz* ist um die 45 Jahre alt und seit 30 Jahren im
Geschäft. "Als ich jung war, machte ich in meinen besten Monaten
bis zu 20 000 Franken." Heute freut sich Lentz, wenn an einem Tag 100
rausschauen. "Und das kommt selten vor, das sag ich Ihnen."
Dieses ökonomische Paradox, das auch Spitzensportler kennen,
stellt Lentz vor ein fast unlösbares Problem. Gerne würde sie
ihren Beruf aufgeben und sich selbstständig machen. Dazu
bräuchte sie Geld. Geld, das sie nicht mehr verdient. Zwar reichen
die Einnahmen noch, um sich und den beiden Kindern ein anständiges
Leben zu finanzieren. Zu mehr aber nicht. "Etwas aufs Konto zu legen,
liegt nicht drin." Also steht Lentz weiterhin Nacht für Nacht auf
den Trottoirs stark befahrener Strassen, was ihr Körper nicht mehr
so leicht wegstecke wie früher.
Das Sihlquai als Lohnkiller
Eine Pensionskasse hat Lentz keine, wie die meisten
Prostituierten. Und das Sparen aus eigenem Antrieb hat nie geklappt.
"Ich hatte das Geld, aber ich konnte nicht damit umgehen. Das habe ich
nie gelernt. Alles ging weg. Für Reisen. Für Kleider. Und
natürlich für meine Kinder. Ältere Kolleginnen haben mir
gesagt, ich solle etwas auf die Seite legen. Aber ich . . ." Lentz
senkt den Arm und macht ein Geräusch. Pffffff.
Dafür, dass Lentz seit 30 Jahren eine aufzehrende Arbeit
verrichtet, sieht sie erstaunlich jung aus. Die Haare trägt sie
blondiert, die Nägel verlängert. Ihre Blicke krallen sich ins
Gegenüber, sie hat die Haltung von jemandem, der auf der Lauer
liegt, wachsam und angriffsbereit. Während des Erzählens
macht sie weite Sprünge und landet stets beim gleichen Thema: dem
Sihlquai.
Die Zustände auf dem Strassenstrich dienen ihr als
Erklärung für die finanzielle Misere. Wenn Lentz vom Sihlquai
spricht, steht sie auf, fuchtelt mit den Armen. Es seien die
Ungarinnen, die den Markt ruinierten, zu tiefe Preise verlangten und
Sex ohne Kondom anböten. "Blasen ohne Gummi für 40 Franken,
das mach ich nicht, sorry!" Die Dumpingpreise hätten die Einnahmen
von ihr und anderen älteren, eingesessenen Prostituierten
einbrechen lassen. Das führe regelmässig zu Streitereien. Und
verunmögliche, dass sie etwas Geld retten könne.
Als 15-Jährige angefangen
Sonja Lentz hat eine Prostituierten-Laufbahn durchlaufen, die man
als typisch bezeichnen könnte. Als Kind vom Vater missbraucht,
"obwohl mir niemand glaubte", von zu Hause abgehauen, in einem Heim
gestrandet. Mit 15 verkaufte sie zum ersten Mal ihren Körper. Noch
heute schwärmt sie von ihrem damaligen Zuhälter und Freund.
"Leider ist er gestorben. Wie ein Vater hat er sich um mich gesorgt.
Solche Männer gibt es heute keine mehr." Auf einem Computer gibt
sie seinen Namen ein, ein Schwarzweissfoto erscheint. Lentz wirft dem
ehemals stadtbekannten Playboy einen wehmütigen Blick zu.
Lentz ist beim Beruf geblieben, den sie als Teenager ergriffen
hat. Eine Lehre begann sie nie. "Warum auch? Ich war frei. Ich hatte
Geld. Ich war glücklich." Mit 28 gebar sie ihr erstes Kind, das
sie "im Gegensatz zu vielen anderen Prostituierten" behalten hat. Bald
kam noch ein zweites hinzu. "Ich will den beiden ein Leben bieten, das
ich selber nie hatte."
Auch wegen ihrer Kinder möchte Lentz den Beruf wechseln.
"Sie haben keine Ahnung, womit ihre Mutter in Wirklichkeit das Geld
verdient." Um den Nachwuchs vor der Wahrheit zu schützen, hat
Lentz ein fragiles Lügengebäude konstruiert. Je älter
die Kinder werden, je mehr Fragen sie stellen, desto stärker
wackelt es.
"Das Lügen macht mich fertig"
"Wenn sie von meinem Beruf erfahren, wäre das eine
Katastrophe. Doch das ständige Lügen macht mich fertig." Die
Kinder sind es gleichzeitig, die Lentz das Aufhören erschweren.
"Ich brauche 5000 Franken pro Monat. Sonst geht das nicht. Mit der
Schule, den Sportferien, den Kleidern. Einen gewissen Standard muss ich
garantieren."
Lentz steht vor einer Sisyphusaufgabe: Sozialhilfe will sie
keine. Ohne Lehrabschluss eine Anstellung mit 5000 Franken Lohn zu
finden, ist fast aussichtslos. Und wenn sie die Frage nach ihrem
Werdegang beantwortet, knallen die letzten Türen zu. "Sie
können sich die Reaktionen vorstellen, wenn ich von meinem Leben
erzähle." Auch aus diesem Grund will sich Lentz selbstständig
machen. "Ich denke an einen Gastrobetrieb oder etwas, das mit Kindern
und Tieren zu tun hat." 70 000 Franken brauche sie dafür, das habe
sie ausgerechnet. Mehr nicht. "Nur 70 000."
Es gäbe durchaus Möglichkeiten, dieses Geld zu
verdienen. Sie könnte etwa, sagt Lentz, nicht nur ihren
Körper, sondern auch Drogen anbieten. Manche Prostituierte
ergänzten ihre Dienstleistungen mit einem Crack-"Pfeiflein". Ein
solches steigere die Einnahmen beträchtlich. Ebenfalls
gewinnsteigernd wirkte, wenn Lentz ihren Grundsatz "nur mit Kondom"
lockern würde. "Aber ich will mich weder strafbar machen noch
anstecken lassen." Also warte sie weiter auf Freier, besuche
Stammkunden und halte sich mit Koffeintabletten wach. Wie lange sie
noch durchhalte, wisse sie nicht.
"Mir bleibt nur das Lottospielen."
* Name geändert
--
Die Hindernisse beim Aufhören
Es fehlen geeignete Jobs
Nur wenige Prostituierte bezeichnen ihren Job als Traumberuf,
sagt Ursula Kocher, Leiterin der Beratungsstelle Flora Dora. Deshalb
bilde das Aufhören in den Gesprächen ein ständiges
Themas. Die Probleme gleichen denen, die Sonja Lentz beschreibt. Oft
haben die Frauen keine Ausbildung, oft gelingt es ihnen nicht, zu
sparen. Viele haben sich an Nachtarbeit und ein relativ komfortables
Leben gewöhnt. "Die Begeisterung über eine Stelle als
Putzfrau hält sich meist in Grenzen", sagt Kocher.
Für viele Frauen bedeute die Prostitution eine
Übergangsphase, der Beruf belaste sie körperlich und
psychisch, deshalb hörten sie relativ jung auf, sagt Kocher.
Prostituierte über 40 seien in Zürich selten. Die
älteren Frauen litten unter dem härter gewordenen
Konkurrenzkampf, da die Ungarinnen den Altersdurchschnitt auf dem
Strich gesenkt haben, sagt Ursula Kocher. Ein Vorteil der Älteren
sei, dass sie oft langjährige Stammkunden pflegten.
Generell gilt die Regel: Je jünger und gesünder eine
Frau, desto besser klappt das Umsteigen. "Wenn die Arbeitsbedingungen
für Sexworkerinnen sicherer und menschenwürdiger wären,
würden die Frauen weniger ausbrennen. Was den Berufswechsel
erleichterte", sagt Doro Winkler von der Fachstelle Frauenhandel und
Frauenmigration (FIZ).
Aufhörwillige Prostituierte werden von
Flora-Dora-Mitarbeiterinnen an verschiedene Stellen weitervermittelt:
Brückenangebote, Praktika, Lehrstellen. Eine Erfolgsstatistik gibt
es keine. "Aber wir hören immer wieder schöne Meldungen",
sagt Ursula Kocher. "Kürzlich schwärmte eine Frau von ihrer
neuen Stelle als Floristin." Bei ausgestellten Berufen schwinge aber
häufig die Angst mit, von ehemaligen Freiern wiedererkannt zu
werden.
Innerhalb der Stadtverwaltung wurde in den letzten Jahren
diskutiert, wie man Prostituierte beim Aussteigen besser
unterstützen könne. Laut Kocher gibt es mittlerweile genug
Beratungsangebote, aber zu wenig offene Jobs, die für die Frauen
in Frage kämen. Auch das Gastgewerbe, in das früher viele
Prostituierte gewechselt hätten, könne heute weniger Frauen
aufnehmen. Ein strukturelles Problem sei die Berufsbezeichnung
"Masseuse", die bei bei Migrantinnen im Ausländerausweis steht,
sagt Doro Winkler. "Dieses Bezeichnung schreckt die meisten Arbeitgeber
ab. Der Kanton sollte eine neutralere Formulierung finden."
Wenn der Wechsel in einen bürgerlichen Beruf nicht gelingt,
bleibt für Prostituierte nur der Gang zur Sozialhilfe. Wie viele
Frauen dies jährlich betrifft, wird nicht ermittelt.(bat)
Nur wenige Prostituierte bezeichnen ihren Job als Traumberuf,
sagt Ursula Kocher, Leiterin der Beratungsstelle Flora Dora. Deshalb
bilde das Aufhören ein ständiges Thema. Die Probleme gleichen
denen, die Sonja Lentz* beschreibt. Oft haben die Frauen keine
Ausbildung, oft haben sie nichts gespart. Viele sind sich an
Nachtarbeit und ein komfortables Leben gewohnt. "Die Begeisterung
über eine Stelle als Putzfrau hält sich meist in Grenzen",
sagt Kocher.
Für viele Frauen bedeute die Prostitution eine
Übergangsphase, der Beruf wirke belastend, deshalb hörten sie
relativ jung auf, sagt Kocher. Prostituierte über 40 seien in
Zürich selten. Die älteren Frauen litten unter dem
härter gewordenen Konkurrenzkampf, da die Ungarinnen den
Altersdurchschnitt auf dem Strich gesenkt haben. Ein Vorteil der
Älteren sei, dass sie oft langjährige Stammkunden hätten.
Generell gilt die Regel: Je jünger und gesünder eine
Frau, desto besser klappt das Umsteigen. "Wenn die Arbeitsbedingungen
sicherer und humaner wären, würden die Frauen weniger
ausbrennen. Was den Berufswechsel erleichterte", sagt Doro Winkler von
der Fachstelle Frauenhandel und -migration (FIZ).
Aufhörwillige Prostituierte werden von
Flora-Dora-Mitarbeiterinnen an verschiedene Stellen weitervermittelt:
Brückenangebote, Praktika, Lehrstellen. Eine Erfolgsstatistik gibt
es keine. "Aber wir hören immer wieder schöne Meldungen",
sagt Ursula Kocher. "Kürzlich schwärmte eine Frau von ihrer
neuen Stelle als Floristin." Bei exponierten Berufen schwinge aber
häufig die Angst mit, von ehemaligen Freiern wiedererkannt zu
werden.
Niemand will eine "Masseuse"
Innerhalb der Zürcher Verwaltung wurde in letzter Zeit
diskutiert, wie man Prostituierte beim Aussteigen besser
unterstützen könne. Laut Kocher gibt es zwar genug
Beratungsangebote, aber zu wenig offene Jobs, die für die Frauen
infrage kämen. Auch das Gastgewerbe, in das früher viele
Prostituierte gewechselt hätten, könne heute weniger Frauen
aufnehmen. Ein "strukturelles Problem" sei die Berufsbezeichnung
"Masseuse", die bei Migrantinnen im Ausländerausweis steht, sagt
Doro Winkler. "Dieser Titel schreckt die meisten Arbeitgeber ab. Der
Kanton sollte eine neutralere Formulierung finden."
Wenn der Wechsel in einen bürgerlichen Beruf nicht gelingt,
bleibt für Prostituierte nur der Gang zur Sozialhilfe. Wie viele
Frauen dies jährlich betrifft, wird nicht ermittelt. (bat)
---
20 Minuten 21.1.11
Verordnung für Dirnen wird begrüsst
ZÜRICH. Die neue Prostitutionsverordnung, die gestern in die
Vernehmlassung ging (20 Minuten berichtete), findet Zustimmung: "Wenn
Prostituierte nach Zürich gekommen sind, haben sie bisher eine
Hochglanzbroschüre erhalten, die suggerierte, dass man hier
problemlos anschaffen könne", sagt CVP-Kantonsrätin Silvia
Steiner, die schon mehrere Vorstösse zur Strassenprostitution
eingereicht hat. Dabei würden die Dirnen hier auf Ausbeutung,
harten Konkurrenzkampf und abartige Sexwünsche von Freier stossen.
"Mit der neuen Verordnung entsteht eine Hürde - Prostituierte
müssen sich genau überlegen, ob sie nach Zürich kommen
wollen", so Steiner. Auch Zuhälter dürften sich an die
Auflagen der Stadt halten: "Weil sie in die Frauen investiert haben."
Doro Winkler von der Frauenberatungsstelle FIZ warnt aber: "Wenn
Frauen aus Osteuropa in die Schweiz kommen, um hier anzuschaffen, haben
sie meist kein Geld mehr." Also könnten sie nicht einfach
zurück. "Wenn sie keine Bewilligung erhalten, schaffen sie wohl
illegal an." tor
---
Tagesanzeiger 20.1.11
Prostituierte müssen der Stadt neu eine "Standgebühr" zahlen
Mit einer neuen Verordnung wollen die Behörden den Schutz
der Bevölkerung verbessern - und die Arbeitsbedingungen der
Prostituierten.
Von Benno Gasser
Zürich - Der Strassenstrich beim Sihlquai mit Dutzenden von
Prostituierten belastet das umliegende Quartier. Mit einer neuen
Prostitutionsgewerbeverordnung will der Stadtrat deshalb die
Bevölkerung besser schützen und den Prostituierten sicherere
und bessere Arbeitsbedingungen bieten. Die Verordnung ist ein Entwurf,
der in der Vernehmlassung ist und im Frühjahr im Gemeinderat
behandelt wird. Die wichtigsten Punkte:
Bewilligung: Wer sich auf der Strasse prostituiert, braucht
dafür eine kostenpflichtige Bewilligung. Die Stadt begründet
dies mit dem "gesteigerten Gemeindegebrauch des öffentlichen
Grunds", vergleichbar mit Taxi-Standplätzen. Die Gebühr
beträgt laut Polizeivorsteher Daniel Leupi (Grüne) 50 bis 60
Franken pro Monat. Auch Sexsalons müssen neu eine jährliche
Gebühr zwischen 500 und 1500 Franken bezahlen. Die Behörden
möchten die Salonprostitution ähnlich wie Gastgewerbebetriebe
behandeln. Durch diese Massnahmen erhofft sich die Stadt beim
Strassenstrich mehr Transparenz. Sie rechnet pro Jahr mit rund 400
Strassen- und 250 Salonbewilligungen.
Kontrolle: Die Polizei darf unangemeldet Sexsalons kontrollieren,
was bisher nicht möglich war.
Krankenversicherung: Prostituierte müssen neu
krankenversichert sein. Die Stadt rechnet damit, dass die meisten
bereits über eine Versicherung verfügen und deshalb die
europäische Krankenversicherungskarte vorlegen können. Wer
keine Versicherung hat, kann eine solche direkt bei der
Bewilligungsstelle abschliessen.
Minderjährige: 16- bis 18-jährigen Frauen ist es
künftig verboten, sich auf der Strasse zu prostituieren. Grund:
Weil minderjährige Personen wegen ihres Alters nicht
handlungsfähig sind, erhalten sie von den Behörden auch keine
Bewilligung.
Bussen: Wer sich nicht an die Prostitutionsgewerbeverordnung
hält, kann gebüsst werden. Davon sind nicht nur
Prostituierte, sondern neu auch Freier betroffen.
Kontingent: Die Stadt behält sich vor, die Zahl der
Bewilligungen zu beschränken.
Personal: Laut den Behörden genügen die bisherigen
Ressourcen, um den Mehraufwand der Verordnung aufzufangen. Bei der
Stadtpolizei soll aber eine Stelle für die Bewilligungen
geschaffen werden.
Entwurf sei "Mogelpackung"
Susanne Seytter von der Fachstelle Frauenhandel und
Frauenmigration bezeichnet die Verordnung als "Mogelpackung". Die
Arbeitsbedingungen im Sexgewerbe würden damit "keinen Deut"
verbessert. Man hätte Mindeststandards festlegen müssen.
Polizeivorsteher Daniel Leupi weist die Kritik zurück. Nicht
die Stadt, sondern der Kanton Zürich und der Bund seien für
das Arbeitsgesetz zuständig. "Die neue Verordnung bedeutet eine
spürbare Erleichterung für die Bevölkerung im Raum
Sihlquai." Auch die Prostituierten würden künftig besser
geschützt. Ursprünglich wollte die Stadt mit dem Kanton
gemeinsam ein Gesetz ausarbeiten. Die Verhandlungen waren aber
erfolglos. Zürich habe darum nicht länger warten können,
sagt Leupi.
Den Strichplan stellt die Stadt bis zum Frühjahr in
Aussicht. Eigentlich hätte er bereits im vergangenen Jahr
präsentiert werden sollen. Daniel Leupi wollte sich nicht zu den
Gründen äussern, warum der Strichplan bisher noch nicht
ausgearbeitet ist.
---
NZZ 20.1.11
Amtlich bewilligte Strassenprostituierte
Der Zürcher Stadtrat schickt seine
Prostitutionsgewerbeverordnung in die Vernehmlassung
Wer in der Stadt Zürich auf dem Strassenstrich arbeiten
will, muss künftig eine Bewilligung beantragen. Das Gleiche soll
neu auch für die Bordellbetreiber gelten: So ist es im Entwurf
für eine Verordnung vorgesehen, der seit Mittwoch vorliegt.
Brigitte Hürlimann
Kaum ein Thema erregt die Gemüter der Stadtzürcherinnen
und -zürcher mehr als der Umgang mit der Prostitution - allem
voran die Zustände am bekannt-berüchtigten Strassenstrich am
Sihlquai. Nun legt der Stadtrat erstmals einen Erlass vor, der die
Prostitution recht ausführlich regelt. Die Verordnung ist unter
der Federführung des Polizeidepartements ausgearbeitet worden;
mitgewirkt haben zudem das Gesundheits- und das Sozialdepartement.
Bloss an einzelnen Sitzungen durften auch Fachstellen von ausserhalb
der Verwaltung mitwirken. Die aus 21 Artikeln bestehende
Gewerbeverordnung geht jetzt in die Vernehmlassung, die bis Ende
März dauert - der neue Strassenstrichplan liegt allerdings noch
nicht vor. Er soll, gemäss Polizeivorstand Daniel Leupi, noch im
Frühjahr präsentiert werden, und er birgt wohl noch mehr
Zündstoff als die gestern publizierte Gewerbeverordnung.
Bewilligungspflichten
Es sind vor allem zwei Punkte, die der Stadtrat neu
einführen möchte: Wer als Prostituierte auf dem
Strassenstrich arbeiten will, braucht künftig eine Bewilligung,
die von der Stadtpolizei ausgestellt werden soll. Bewilligungspflichtig
werden neu auch bordellartige Betriebe, und dazu zählt der
Stadtrat beispielsweise auch Wohnwagen. Von der Bewilligungspflicht
befreit werden hingegen Escort-Dienste oder "autonome
Gelegenheitsprostituierte, welche gelegentlich bei sich zu Hause, im
Hotel oder direkt bei der Kundschaft der Prostitutionstätigkeit
nachgehen", wie es in den Erläuterungen heisst.
Die neue Bewilligungspflicht für den Strassenstrich basiert
auf der Idee, dass es sich bei dieser Gewerbstätigkeit um einen
gesteigerten Gemeingebrauch des öffentlichen Grunds handelt. Die
Exekutive nennt als vergleichbare Beispiele das Taxigewerbe oder
Marktstände, die ebenfalls bewilligungspflichtig sind. Nach den
Vorstellungen des Stadtrats soll also künftig jede Prostituierte,
Schweizerin oder Ausländerin, Niedergelassene oder Durchreisende,
persönlich bei der Polizei vorbeigehen und um eine Bewilligung
für den Strassenstrich ersuchen. Dem Gesuch wird stattgegeben,
wenn die Frau mündig und urteilsfähig ist, über ein
Aufenthaltsrecht verfügt sowie eine Zulassung zur
Erwerbstätigkeit und eine Krankenversicherung vorlegen kann. Die
Bewilligung kann befristet ausgesprochen werden, ist an die Person
gebunden und nur für eine exakt definierte Zone gültig.
Listigerweise behält sich der Stadtrat dabei zweierlei vor:
Er will die Anzahl der Bewilligungen für den Strassenstrich
notfalls kontingentieren dürfen - oder dann nur eine bestimmte
Anzahl von Prostituierten an einem bestimmten Ort zulassen. Wenn also
nach Auffassung der Behörde für ein Gebiet bereits
genügend Bewilligungen ausgestellt wurden, werden zusätzlich
anfragende Prostituierte nur an einem anderen Ort toleriert. Zum Thema
Verrichtungsboxen oder Milieu-Viertel à la St. Pauli findet man
weder im Verordnungsentwurf noch in den stadträtlichen
Erläuterungen einen Hinweis; das gehöre zur neuen
Strassenstrich-Planung und werde allenfalls in dieser Regelung
angesprochen, so Polizeivorstand Leupi.
Kein Prostituierten-Register
Entgegen früheren Forderungen, vor allem vonseiten der
Polizei, verzichtet der Stadtrat auf eine generelle Registrierung
sämtlicher Prostituierter. Er vertritt die Meinung, eine solche
Registrierungspflicht sei "weder zielführend noch
verhältnismässig". Allerdings werden die Frauen und
Männer, die sich in einem bordellartigen Betrieb prostituieren,
sehr wohl registriert, und mit der Bewilligungspflicht für
Strassenprostituierte entstehen neue Datenbanken bei der Polizei.
Immerhin betont der Stadtrat, dass es sich bei der Prostitution um ein
legales Gewerbe handelt, wagt es gleichzeitig aber nicht, die
Abmachungen zwischen der Prostituierten und einem Freier oder
Arbeitgeber als gültige Verträge anzuerkennen.
Drei Zürcher Organisationen, die nicht der Verwaltung
angehören, äussern sich in einer ersten Reaktion
enttäuscht über den Entwurf. Die Fachstelle Frauenhandel und
Frauenmigration (FIZ), die Stadtmission und die Aids-Hilfe sprechen von
einer "Mogelpackung". In der Verordnung gehe es vor allem um
Repression, und es werde zu wenig geregelt, was den Prostituierten
bessere Arbeitsbedingungen und mehr Rechte brächte.
--
Viele Pflichten, wenige Rechte
Griffiges Mittel gegen Missstände?
brh. · Er wolle eine liberale Regelung, sagte am Mittwoch
Polizeivorstand Daniel Leupi, überrumpelt vom schweizweiten
Medieninteresse an der ersten Stadtzürcher
Prostitutionsgewerbeverordnung: ein schrecklich umständlicher Name
für diesen neuen Erlass, der nun als Entwurf vorliegt. Leupi
selbst hatte durchgesetzt, dass bereits im Namen deutlich gemacht wird,
dass es sich bei der Prostitution um ein Gewerbe und um etwas
grundsätzlich Legales handelt. Doch den hehren Absichten zum Trotz
bedeutet der Erlass für das vielgeschmähte Gewerbe halt in
erster Linie neue Auflagen und Restriktionen.
Motivation und Anlass für die gesetzgeberische Arbeit waren
die unhaltbaren Zustände am Zürcher Strassenstrich. Diese
sollen beseitigt und künftig verhindert werden, weshalb eine
Bewilligungspflicht für den Strassenstrich kreiert wurde - ein
Novum. Die neue Bewilligungspflicht wird mit dem gesteigerten
Gemeingebrauch des öffentlichen Grunds begründet, und es ist
absehbar, dass darüber auch noch das Bundesgericht befinden wird.
Nicht minder interessant wird es sein, zu beobachten, wie künftig
die Stadtpolizei entscheiden muss, welche Prostituierte an welcher
Strassenecke stehen darf. Kann sich eine Frau dagegen wehren, an einen
unattraktiven Standplatz geschickt zu werden? Hält eine solche
Regelung vor der Wirtschaftsfreiheit stand, auf die sich auch
Prostituierte berufen dürfen? Überhaupt wird der neue Erlass
nur so gut sein, wie er auch konsequent durchgesetzt wird.
Der betroffenen Quartierbevölkerung und den Frauen, die zum
Teil unter schlimmen Voraussetzungen am Strassenstrich arbeiten, ist zu
wünschen, dass die neue Verordnung zu einer markanten Verbesserung
führt. Dabei ist jedoch nicht zu vergessen, dass es im
Prostitutionsgewerbe nicht nur Opfer, Ausbeuter und Immissionen gibt.
Der Erlass muss auch jenen Akteurinnen und Akteuren gerecht werden, die
sich an die Regeln halten und das Gewerbe selbstbestimmt und diskret
ausüben. Gerade ihnen dürfte man ruhig auch mehr Rechte
zugestehen - und nicht nur zusätzliche Pflichten definieren.
---
Landbote 20.1.11
Prostituierte müssen zahlen
Elisabetta Antonelli
Zürich. Der Zürcher Stadtrat will, dass Prostituierte eine
Gebühr bezahlen. Laut der neuen "Prostitutionsgewerbeverordnung"
müssen sie eine Bewilligung einholen - wie Taxifahrer oder
Marktstandbetreiber. Fachleute kritisieren das Papier.
Prostitution ist ein Gewerbe. So sieht es der Zürcher
Stadtrat. In einer neuen Verordnung verlangt er von Prostituierten und
Salonbetreibern, dass sie eine Bewilligung für ihre Arbeit
einholen und Gebühren bezahlen. Wer sich auf der Strasse
prostituieren will, muss gewisse Voraussetzungen erfüllen:
Mündigkeit, Urteilsfähigkeit, Aufenthaltserlaubnis, Zulassung
zur Erwerbstätigkeit und der Nachweis oder Abschluss einer
Krankenversicherung. Nur so gibt es eine Bewilligung. Die
"Prostitutionsverordnung" wurde gestern in die Vernehmlassung geschickt.
Im Entwurf werden Massnahmen präsentiert, die neben den
repressiven Massnahmen die Zürcher Bevölkerung vor den
negativen Auswirkungen des Prostitutionsgewerbes besser schützen
sollen. Denn diese sind laut Polizeivorstand Daniel Leupi (Grüne)
schwerwiegend: "Lärm, Abfall und ‹Service im öffentlichen
Raum› sind hauptsächlich für die Anwohner in den Kreisen 4
und 5, vor allem beim Strassenstrich am Sihlquai, enorm belastend."
Durch die neue Verordnung soll die Polizei einen besseren Einblick ins
Gewerbe erhalten. "Das sollte abschreckend wirken."
Schutz für Prostituierte
Ziel der Massnahmen soll allerdings auch sein, die
Arbeitsbedingungen und die Sicherheit der Prostituierten zu verbessern.
Sie sollen besser vor Ausbeutung und Gewalt geschützt werden. "Die
Zahl der Prostituierten hat in den letzten Jahren ebenso deutlich
zugenommen wie die Deliktsfälle im Bereich der Förderung der
Prostitution und des Menschenhandels", schreibt die Stadt in einem
Communiqué. Der Kampf um Freier habe zudem zu einem Preiszerfall
und zu teilweise menschenunwürdigen Erwerbsbedingungen
geführt. Es komme vermehrt zu ungeschütztem Sexualverkehr,
der öffentliche Gesundheitsschutz sei nicht mehr im erforderlichen
Mass gewährleistet. Laut Leupi soll die Verordnung einen Beitrag
dazu leisten, diese Probleme in den Griff zu bekommen.
Für die Strassenprostitution will der Stadtrat Strichzonen
bestimmen, für die zeitlich befristete Bewilligungen beantragt
werden können. Der Strichplan soll erst im Frühjahr
vorliegen. Wo und wie gross die Zonen sein werden, lässt der
Polizeivorstand noch offen. "Heute gibt es rund 11 Kilometer
Strichzone. Tendenziell wird sie eher kleiner", so Leupi. Im
Frühjahr will der Stadtrat auch verkünden, wie er zu den
sogenannten "Sexboxen" steht.
Auch für die Salonprostitution sieht die Verordnung eine
Bewilligungspflicht vor. "Sie müssen eine Gewähr für
einwandfreie Betriebsführung leisten - ähnlich wie
Gastrobetriebe", sagt Leupi. Die Betreiber sind laut den neuen
Richtlinien für die Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung im Betrieb verantwortlich und haben den Kontrollorganen Zutritt
zu den Räumen zu gewähren.
Kritik: Zu viel Repression
Drei Zürcher Fachstellen kritisieren die
Prostitutionsverordnung. Sie setze zu stark auf Repression und
Kontrolle, sagt etwa die Fachstelle für Frauenhandel und Migration
(FIZ) (siehe Nachgefragt). Die FIZ, die Zürcher Stadtmission und
die Zürcher Aids-Hilfe sind der Meinung, dass Arbeitsstandards
definiert werden müssten, um die Situation der Frauen und
Männer im Sexgewerbe zu verbessern. Die Verordnung biete zudem
"keinen Schutz vor Zuhältergewalt und Menschenhandel".
Leupi weist die Kritik von sich. "Diese Vorwürfe zielen ins
Leere und sind bemühend." Die Organisationen würden
Forderungen im Arbeitsrecht stellen. Dieses liege nicht in der
städtischen Kompetenz. Er würde es begrüssen, wenn der
Kanton ein Prostitutionsgesetz verabschieden würde. "Prostitution
gibt es auch in der Agglomeration oder ausserhalb Zürichs." Doch
die Stadt habe handeln wollen. Sie setze dabei nicht nur auf Repression
und Bürokratie. "Wir tun auch etwas für die Prävention:
Diese drei Organisationen erhalten beispielsweise Geld von der Stadt."
--
Jährlich gut 800 Neueinsteigerinnen
Thomas Schraner
Die Zahl der Prostituierten in Zürich kennt die Stadtpolizei
nicht, wie Sprecher Marco Bisa auf Anfrage sagt. Bekannt ist aber die
Zahl der Neueinsteigerinnen, die in den letzten Jahren wegen der
Personenfreizügigkeit ständig gestiegen ist. Gut 800 waren es
2009, ein Jahr zuvor gut 600. Aktuellere Zahlen liegen laut Bisa noch
nicht vor. Von den 800 Neuen stammen 300 aus Ungarn und je 60 aus
Bulgarien, Rumänien und Deutschland. Etwa die Hälfte der
Neueinsteigerinnen sind Roma-Frauen. (tsc)
--
Sorgen wegen Bürokratie
Die Stadtparteien äussern sich vorsichtig zur
Prostitutionsverordnung. Für Michael Baumer, Fraktionschef der FDP
im Gemeinderat, könnten die Bewilligungen eine Möglichkeit
sein, "gewisse illegale Zustände in legale zu
überführen". Er denkt vor allem an die Strassenprostitution.
Die Ideen müssten aber im Detail geprüft werden. Baumer: "Was
wir nicht wollen, ist eine grosse Bürokratie." Bezüglich den
Salons habe er darum Vorbehalte. Der Punkt stösst auch
SVP-Politiker Mauro Tuena sauer auf. "Bisher hat niemand gesagt, wir
hätten bei den Bordellen ein grösseres Problem." Die
Verordnung gehe in der aktuellen Form wohl zu weit. Die Grünen
hoffen, "dass alle Kräfte die Möglichkeit zu einer sachlichen
Auseinandersetzung nutzen." Die aktuelle Situation müsse
möglichst rasch verbessert werden, schreibt die Partei in einem
Communiqué. Für die Stadtzürcher SP steht der Schutz
der Frauen und die Verantwortung der Freier im Zentrum. (flu)
--
Nachgefragt
Susanne Seytter - Fachstelle Frauenhandel und Migration,
Zürich
"Ein paar verteilte Kondome reichen da nicht"
Elisabetta Antonelli
Sie kritisieren die neue Prostitutionsverordnung der Stadt
Zürich. Warum?
Sie ist eine Mogelpackung. Es heisst, sie verbessere die
Arbeitsbedingungen und die Sicherheit der Frauen und Männer im
Sexgewerbe. Das kann sie aber nicht.
Was hätte denn die Stadt anders machen können?
Die Stadt hat es verpasst, Arbeitsstandards zu definieren. Davon
ist in der Verordnung nirgends die Rede. Warum wurde etwa nicht
überlegt, was es in Salons braucht? Ein paar aufgelegte Kondome
reichen da nicht. Es geht etwa um Lohn, Sozialversicherungen,
Arbeitszeiten, menschenwürdige Ausstattung der Zimmer oder
Selbstbestimmung von Sexualpraktiken.
Wie ist es möglich, solche Arbeitsstandards zu kontrollieren?
Ich denke, das müsste über das kantonale Amt für
Arbeit und Wirtschaft laufen. Arbeitsinspektoren gibt es in anderen
Bereichen. Es sollte auch in der Sexarbeit möglich sein,
Arbeitsinspektoren einzusetzen. Stadt und Kanton hätten gemeinsam
eine Verordnung entwickeln müssen. Eine ungarische Sexarbeiterin
muss heute erst zum Kanton, um eine Aufenthaltsbewilligung zu bekommen.
Neu wird sie sich noch bei der Stadtpolizei melden müssen für
eine Arbeitsbewilligung auf dem Strich.
Damit kann die Stadt das Prostitutionsgewerbe besser
kontrollieren?
Mit Bewilligungen allein ist es nicht getan. In der Verordnung
werden die Polizeirechte gestärkt - ein Schwerpunkt sind die
Repressionen gegen die Sexarbeiterinnen. Andererseits wird der
Verwaltungsaufwand vergrössert. Viel mehr Energie hätte man
für nachhaltige Lösungen aufwenden können. So wird es
nicht weniger ausgebeutete Menschen in dem Gewerbe geben.
Wie hat sich Ihre Fachstelle im Vorfeld eingebracht?
Wir waren an zwei Sitzungen dabei, an denen es um die Erarbeitung
der Massnahmen ging. Danach wurden wir nicht mehr eingeladen. Wir
vermuten, dass unsere Ideen zu den Arbeitsbedingungen nicht genehm
waren. Wir sind aber weiterhin bereit, konstruktiv an einer Lösung
für die Situation am Zürcher Strassenstrich mitzuarbeiten.
Wie viele Personen beraten Sie?
Jährlich beraten wir 200 bis 300 Sexarbeiterinnen und
Cabarettänzerinnen, die von Gewalt und Ausbeutung betroffen sind.
Dazu kommen 160 bis 180 Opfer von Menschenhandel. Ich denke nicht, dass
sich diese Zahlen mit der neuen Verordnung verändern werden. Und
dass die illegale Prostitution damit zu bekämpfen ist, bezweifle
ich auch.Interview: Elisabetta Antonelli
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Bund 20.1.11
In Zürich wird die Strassenprostitution bewilligungspflichtig
Mit einer Bewilligungspflicht für die Strassenprostitution
und Auflagen für Salonbetreibende will die Stadt Zürich den
Wildwuchs in der Branche in den Griff kriegen. Eine Verordnung, welche
die Regeln festsetzt, ging gestern in die Vernehmlassung.
Wie andere Gewerbe soll die Strassenprostitution künftig
einer Bewilligungspflicht unterliegen. Voraussetzungen sind
Mündigkeit, Urteilsfähigkeit, eine kantonale Aufenthalts- und
Arbeitserlaubnis sowie eine Krankenversicherung. Mit der
Bewilligungspflicht wird die Strassenprostitution auch
gebührenpflichtig. Prostitution sei ein Gewerbe und solle als
solches behandelt werden, sagte der Zürcher Polizeivorstand Daniel
Leupi (Grüne) auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Es sei nicht
einzusehen, weshalb ein Gewerbe mit relativ viel Umsatz den Grund
gratis solle nutzen dürfen, während etwa jeder Standbetreiber
für ein paar Stunden eine Gebühr zahlen müsse.
Gemäss Verordnung können für bestimmte Strichzonen
zeitlich befristete Bewilligungen erteilt werden. Wer ausserhalb der
Zone anschafft oder als Freier erwischt wird, riskiert eine Busse. Auch
die Salonprostitution soll besser geregelt werden. Dies analog zu
Gastgewerbebetrieben, für deren Betrieb die Inhaber ein Patent
benötigen. Dieses ist ebenfalls an bestimmte Auflagen gebunden.
Hintergrund der neuen Zürcher Prostitutionsgewerbeverordnung
sind die Auswüchse des Strassenstrichs. Mit der Regelung sollen
die Anwohnerinnen und Anwohner besser vor den Nebenerscheinungen der
Prostitution geschützt werden. Aber auch die Prostituierten selbst
sollen nicht mehr schutzlos der Willkür von Zuhältern und
Menschenhändlern ausgeliefert sein.(sda)
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20 Minuten 20.1.11
Will die Prostituierte auf den Strich, muss sie zahlen
ZÜRICH. Das Sexgewerbe in Zürich gerät unter
Druck: Salons brauchen künftig ein Patent, Strassenprostituierte
eine Bewilligung, die rund 60 Franken kosten soll.
Der Zürcher Strassenstrich am Sihlquai sorgte im Sommer
landesweit für Aufsehen - bis zu 100 Frauen boten abends ihre
Sexdienste an. Über 2600 Prostituierte bieten in Zürich ihre
Körper an. Nun geht die Stadt dem Sexgewerbe an den Kragen:
Strassenprostitution ist künftig bewilligungspflichtig -
ähnlich wie das Taxigewerbe. Der Preis für die Zulassung: 60
Franken. Prostituierte müssen für den Erhalt 18 Jahre alt und
urteilsfähig sein, eine Aufenthaltserlaubnis sowie eine Zulassung
für Erwerbstätigkeit mitbringen. Auch eine
Krankenversicherung ist Pflicht.
Mit der neuen Prostituiertenverordnung, die nun in die
Vernehmlassung geht, kann der Stadtrat auch die Zahl der Frauen
kontingentieren. "Der Stadtrat nimmt die Rolle eines Zuhälters
ein, wenn er bestimmen kann, wer wo steht", kritisiert Milieuanwalt
Valentin Landmann. Polizeivorsteher Daniel Leupi entgegnet: "Die
Regulierung ist eine Option, die wir uns offenhalten, wenn die
Strassenprostitution Auswüchse annimmt." Bei einem Markt
könne die Stadt auch bestimmen, wie viele Stände aufgestellt
werden dürfen. Welches ist das Hauptziel dieser Massnahmen? Leupi:
"Wir möchten verhindern, dass Zuhälter aus halb Europa
Prostituierte nach Zürich schicken."
Landmann befürchtet, dass durch die neue Praxis ein Teil der
Frauen in die Illegalität abrutscht. Auch Sexsalons brauchen in
der neuen Verordnung - ähnlich wie Beizen - ein Patent. Landmann:
"So eine Massnahme dient vielleicht der Polizei für ihre
Überwachungsarbeit, aber sicher nicht dem Schutz der Frauen."
David Torcasso
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Kritik von den Fachstellen
ZÜRICH. Die Fachstelle für Frauenhandel und
Frauenmigration FIZ, die Zürcher Stadtmission und die Aids-Hilfe
Zürich kritisieren die neue Prostituiertenverordnung: "Die Stadt
übt mit diesen Massnahmen Repression aus und verbessert nicht die
Arbeitsbedingungen von Prostituierten", so Susanne Seytter vom FIZ. Mit
der neuen Verordnung schaffe die Stadt nur Grundlagen, die Frauen zu
kontrollieren - "unter welchen Bedingungen sie arbeiten, wird nicht
geprüft". Polizeivorsteher Daniel Leupi: "Der Kanton und der Bund
sind in erster Linie für Arbeitsbedingungen zuständig, nicht
die Stadt."
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St. Galler Tagblatt 20.1.11
Zürich regelt die Prostitution
Der Zürcher Stadtrat reagiert auf die Kritik aus der
Bevölkerung. Strassenprostitution soll in Zürich künftig
bewilligungspflichtig werden.
Caspar Hesse
Zürich. Der Zürcher Stadtrat will die geltenden
Vorschriften über die Strassenprostitution aus dem Jahr 1991
ersetzen. Die Vorschriften regeln nur den Strassenstrich und bestimmen
lediglich, an welchen Örtlichkeiten die Strassenprostitution
verboten oder ausnahmsweise erlaubt ist.
Keine allgemeine Meldepflicht
Neu soll der Strassenstrich bewilligungspflichtig werden, die
Betriebe der Salonprostitution aber ähnlich wie die
Gastgewerbebetriebe geregelt werden. Der Inhaber benötigt ein
Patent und ist für die Ordnung verantwortlich. Die Polizei sprach
sich zwar für eine Bewilligungspflicht für alle
Prostituierten aus, doch die Fachstelle Frauenhandel und
Frauenmigration (FIZ), die Zürcher Aids-Hilfe und die Zürcher
Stadtmission waren dagegen. Es gäbe bereits
ausländerrechtliche Vorschriften, nach denen sich Ausländer
melden müssten. Zudem ist umstritten, ob die allgemeine
Meldepflicht überhaupt einen Schutz gegen Ausbeutung und Gewalt
bietet.
Es ist noch kein Entscheid gefallen, wo eine Strichzone entstehen
wird. Laut Auskunft des zuständigen Stadtrats Daniel Leupi
(Grüne) ist das Gegenstand von Verhandlungen. Für eine
Strichzone werden nur zeitlich befristete Bewilligungen erteilt.
Auch Freier werden gebüsst
Die Prostitution untersteht laut Bundesrecht der
Wirtschaftsfreiheit und der persönlichen Freiheit. Ein Verbot ist
also nicht möglich. Rechtlich gilt die Strassenprostitution aber
als gesteigerter Gemeingebrauch des öffentlichen Grunds zu
wirtschaftlichen Zwecken, weshalb eine Bewilligungspflicht möglich
ist.
Wer gegen die Prostitutionsgewerbeverordnung verstösst, wird
gebüsst. Darin eingeschlossen sind nicht nur die Prostituierten,
sondern auch die Freier und die Inhaber von Salonbetrieben.
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Schweiz Aktuell sf.tv 19.1.111
Bewilligungspflicht bei Strassenprostitution
Der Zürcher Stadtrat hat heute eine Prostitutionsgewerbeverordnung
in die Vernehmlassung geschickt. Ziel: Die Auswüchse der
Prostitution in den Griff bekommen. Frauenorganisationen glauben nicht,
dass die Vorschläge taugen.
http://videoportal.sf.tv/video?id=edd73a8f-f16e-4734-bd50-8bbfc40e3bfa
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OBDACHLOS
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tagesanzeiger.ch 21.1.11
Wilde Waldlager am Uetliberg
Tina Fassbind
Trotz Eiseskälte haben sich Unbekannte im Unterholz vom
Uetliberg häuslich eingerichtet. Die illegalen Bauten sind den
Behörden ein Dorn im Auge.
Am Fusse des Uetlibergs, etwas abseits vom Medikerweg zwischen
Geäst und Steinen, liegt die selbstgezimmerte Unterkunft eines
unbekannten Waldbewohners. Unter Blachen und Plastikplanen hat er sich
ein kleines Zuhause eingerichtet - mit Matratze, Laterne, Radio und
viel Alkohol.
Wer in diesem notdürftig errichteten Zelt wohnt und der
beissenden Kälte trotzt, ist nicht bekannt. Allerdings ist der Ort
unter Obdachlosen offenbar beliebt. "Auf diesem Areal gab es schon vor
rund drei Jahren einen Lagerplatz. Damals haben sich Punks dort
eingerichtet", sagt Christian Fischer, Betriebsleiter Sicherheit
Intervention Prävention (SIP), die regelmässig Obdachlose im
Raum Zürich aufsucht und zum Rechten schaut.
Unterkünfte bleiben meist unentdeckt
Es komme immer wieder vor, dass sich Leute im Wald einrichten.
"Wir gehen zwar nicht systematisch den Wald abklappern, solche
Fälle sind jedoch selten", so Fischer. Hinter solchen
Wald-Aussteigern würden sich gemäss Fischer meist tragische
Einzelschicksale verbergen. "In der Regel sind Obdachlose eher in
Siedlungsräumen anzutreffen."
Meist bleiben die Unterkünfte im Unterholz unentdeckt und
sie werden auch nur vorübergehend genutzt. "Die Forstmitarbeiter
finden allenfalls noch Überreste eines verlassenen Camps vor",
sagt Lukas Handschin, Mediensprecher von Grün Stadt Zürich.
Wildes Campieren auf öffentlichem Grund ist allerdings gemäss
allgemeiner Polizeiverordnung verboten. "In der Regel ziehen die
Personen weiter, wenn man sie darauf aufmerksam macht, dass das
Campieren nicht toleriert wird", so Handschin. "Wenn das nicht der Fall
ist, meldet Grün Stadt Zürich den Vorfall der Stadtpolizei,
die die Personen wegweist."
"Wir nehmen den Waldbewohner gerne bei uns auf"
Die Stadtpolizei war auch in diesem Fall heute Freitagmorgen
bereits vor Ort. "Wir klären derzeit ab, ob tatsächlich noch
jemand an dieser Stelle lebt oder ob der Platz bereits verlassen
wurde", sagt Pressesprecher René Ruf auf Anfrage. "Wenn wir
jemanden antreffen, werden wir das Gespräch suchen und der
betroffenen Person eine geeignete Frist geben, um den Ort zu verlassen."
Dabei wird den Betroffenen auch bekannt gegeben, wo sie
Unterschlupf finden können. Eine Möglichkeit bietet Pfarrer
Sieber mit seinem Pfuusbus. Seit November 2002 steht der 17 m lange
Sattelschlepper im Albisgüetli alljährlich von Mitte November
bis Mitte April für Obdachlose offen. "Wir nehmen den Waldbewohner
gerne bei uns auf", sagt Sieber gegenüber Tagesanzeiger.ch. "Wir
bitten die Leute auch darum, Obdachlose auf unser Angebot aufmerksam zu
machen. Sie finden bei uns eine warme und geschützte Unterkunft."
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SQUAT ZH
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tagesanzeiger.ch 18.1.11
"Man muss nicht alles stehen lassen, nur weil es alt ist"
Christoph Landolt
Die Architektin Vera Gloor wird kritisiert, die Gentrifizierung
des Langstrassen-Quartiers voranzutreiben. Jetzt hat sie auch noch
Besetzer im Haus. Im Interview sagt sie, welches ihre Ziele sind.
Frau Gloor, die Besetzer, die sich an der Neufrankengasse 16
eingenistet haben, werfen Ihnen vor, das Haus "auf Vorrat" abzureissen.
Das Volk hat den Abriss des Tessinerkellers beschlossen, nicht ich.
Weil an der Neufrankengasse Platz für Tramgleise entstehen soll,
ist die Baulinie an der Neufrankengasse per Volksentscheid verschoben
worden. Wir hatten uns überlegt, das Tessinerkeller-Haus zu
erhalten, aber so ist das nicht mehr möglich.
Ihr Architekturbüro hat in den Kreisen 4 und 5 viele
Projekte verwirklicht, Ihnen haftet der Ruf an, Luxuswohnungen zu
bauen. Fühlen Sie sich missverstanden? Komplett, ja. Man wirft uns
einfach in den Spekulantentopf - völlig absurd. Wenn ich an das
Engagement denke, mit dem nicht nur meine Leute dabei sind, sondern
auch die privaten Investoren, die ihr Geld für minimale Renditen
zur Verfügung stellen, dann finde ich es schon schade, dass dieser
Vorwurf immer wieder kommt. Von der Europaallee her kommt eine Welle,
dagegen kann man sich nicht stemmen. Aber man kann verhindern, dass man
von ihr überrollt wird. Wir müssen uns damit befassen, was
wir jetzt, hier, in diesem Kreis machen. Wir machen uns wirklich viele
Gedanken darüber, wie man Wohnraum schaffen kann für Leute,
die nicht so viel verdienen.
Was ist Ihre Antwort? Wir können nicht zaubern, ein Neubau
plus die Grundstückspreise rechnet sich immer auf die Miete runter
- da ist ein dürftig sanierter Altbau billiger. Die wirkliche
Frage ist doch: Wie findet man wandelbare Strukturen für
verschiedene Wohnkonzepte? Wie kann man an zentraler Lage Raum schaffen
für Leute, die 3000 Franken verdienen? Der Quadratmeterbedarf pro
Person steigt und steigt, dabei können sich das viele nicht mehr
leisten. Einen möglichen Ansatz könnten Sie bald über
der St. Pauli-Bar an der Langstrasse besichtigen. Oben drin bauen wir
dort Clusterwohnungen: Ein zweigeschossiger Gemeinschaftsraum mit
Küche, Essbereich und Lounge. Vier 40-Quadratmeter-Kleinwohnungen
gehen von diesem Raum weg, sie sind mit einer Nasszelle ausgestattet.
Das Gleiche planen wir auch im Neubau an der Neufrankengasse.
Eine Art moderne WG. Genau. Aber eine, in der vier Erwachsene
morgens um 7 Uhr miteinander funktionieren. Natürlich bringt die
Clusterwohnung einen Zwang zur Gemeinschaft, aber das tut auch gut.
Mein 16-jähriger Sohn findet es genial. Die Grossmutter findet es
auch genial. Sie sind nicht allein. Das spricht Leute in jedem Alter
an. Ohne meine vier Kinder würde ich auch so wohnen. Ich brauche
nicht viel Platz, aber ich will im Stadtzentrum leben, will die
Nähe zu den Leuten, alltägliche Begegnungen, nicht jedes Mal
kompliziert abmachen.
In diesen Wohnungen werden die Prostituierten vom Kreis 4 aber
kaum eine Bleibe finden. Was bewirken Sie mit Ihren Bauten in diesem
Quartier?
(überlegt) Es ist eine Illusion, wenn man meint, man
könne den Frauen auf der Gasse helfen, indem man die alten
Häuser erhält, in denen sie übrigens zu extrem hohen
Mietzinsen hausen. Man hilft damit höchstens den
Hintermännern. Ich habe wirklich kein Problem mit Prostitution an
sich, aber ich habe ein Problem mit der Ausnutzung von Menschen. Viele
glauben, dass das Prostitutionsproblem fast gelöst ist, weil der
Kreis 4 ein Trendquartier wird. Aber es ist ja nicht so, dass die
Langstrasse von einem Tag auf den anderen ein anständiges Quartier
ist.
Wäre das denn schlimm? Das Quartier hat seine Geschichte.
Die Zentrumslage mit den verschiedenen Kulturen, die dort Platz finden,
steht in Verbindung mit nicht allzu hohen Mieten. Die Vielfalt dieses
Kreises ist extrem wertvoll, man muss sie irgendwie beibehalten. Aber
es darf sich verändern, wir wollen ja keinen Ballenberg an der
Langstrasse. Man muss nicht alles stehen lassen, nur weil es alt ist.
Man muss es neu interpretieren. So ist eine Entwicklung im Kreis 4
möglich, ohne dass alles wegrasiert wird. Ich bin froh, wenn sich
dieses Quartier nicht total wandelt, und ich glaube auch nicht, dass
das passiert. Mal ehrlich, Sonntag bis Mittwoch ist es an der
Langstrasse nicht wirklich lässig, dann hat es sehr viele
eigenartige Leute, die herumschleichen. Vielleicht ist das auch grad
gut.
Die Hausbesetzer können da kaum etwas dagegen haben. Haben
Sie Verständnis für ihre Motive? Die heutigen Besetzer sind
natürlich viel jünger als ich, aber vor zwanzig Jahren hatte
ich viele Kontakte zur Besetzerszene. Was ich etwas schwierig finde,
ist das, dass man einfach mal irgendwo reinsitzt und den
Eigentümern sagt, was sie zu tun haben. Diese Haltung entspricht
mir nicht.
Das ist die Besetzerhaltung. (lacht) Ich habe letzten Freitag mit
einigen Besetzern gesprochen und zugehört, was sie wirklich
wollen. Dabei ist zu Ausdruck gekommen, dass sie es unnötig
finden, dass in der heutigen Wohnungsnot Grundstücke brach liegen,
Wohnungen leer stehen, dass auch günstiger Wohnraum für jene
erhalten bleiben soll, die kein Geld haben. Ich hab ihnen dann
erzählt, warum dieses Haus abgerissen werden muss. Und es gibt ja
sehr wohl ein Projekt, und dass das wichtig ist für den Kreis 4.
Die Besetzer waren wohl ein bisschen erstaunt. Sie haben einfach mal
auf Vorrat besetzt, ohne dass sie die Hintergründe kannten.
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SQUAT BERLIN
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indymedia.ch 22.1.11
Berlin-Update Liebig14 Räumung ::
AutorIn : ...
Am 2. Februar um 8 Uhr soll die Liebigstr. 14 geräumt werden.
Nicht mit uns. Ob Großdemo oder Kleingruppenaktion, dieser
Räumungsversuch wird nicht unbeantwortet bleiben. Für das
Wochenende vor dem 2. Februar und die Tage darum wird es eine
Infrastruktur geben, die hier kurz erklärt werden soll.
Mobi Video http://www.youtube.com/watch?v=wpWHtn2NzZ0
Der Infopunkt - Scharni38, Scharnweberstr. 38
Anlaufstelle für Infos, Material, Hilfe, Angereiste, usw. wird
einInfopunkt sein. Der Infopunkt ist während der Demo (29.01.) und
abDienstag (01.02.) 16 Uhr bis Donnerstag (03.02.) 16 Uhr ständig
besetzt.Er wird euch Rund um die Uhr mit jeglichen Informationen
versorgen (überTicker, Telefon und vor Ort) Ein Infopunkt kann nur
funktionieren, wenn erauch Infos bekommt. Also schreibt und sagt uns,
was in der Stadt passiert,damit wir es verbreiten können.
Ansonsten gibt es Infotische während der Veranstaltungen des
Liebig 14 Antiräumungsfestivals.
Das Infotelefon - 0157 / 872 107 77 und 0176 / 383 413 42
Zeitgleich mit dem Infopunkt ist ein Infotelefon geschaltet. Hier
könntihr anrufen und Neuigkeiten melden oder Dinge nachfragen.
Auch hier gilt:Das Infotelfon funktioniert nur so gut, wie ihr es
nutzt. Vor allem in derNacht und am Morgen zum 02.02. kann es wichtig
sein zu wissen, was in undum Friedrichshain und den größeren
Zufahrtsstraßen passiert.
Infomail - wba-actionweeks [ät] riseup.net
Der Infopunkt ist auch per Mail zu erreichen.
Der Infoticker - Tickeradresse wird noch veröffentlicht
Alle News werden auch über einen Ticker im Internet
veröffentlicht. DenTicker füttert wiederum ihr, und zwar
über den Infopunkt, das Infotelefonund die Infomail sowie durch
eure Aktionen.
Der Ermittlungsausschuss (EA) - 030 / 69 22222
Der EA kümmert sich bei Festnahmen um die Vermittlung
vonRechtsanwält_innen und guckt, ob die Leute auch alle wieder
raus kommen.Wenn ihr Festnahmen beobachtet und evtl. die Namen der
Festgenommen wisst,ruft bitte beim EA an. Die EA Nummer wird direkt
geschaltet sein oder miteinem Anrufbeantworter.
Die Pennplatzbörse - schlafplatzberlin [ät] riseup.net
Für Anreisende ohne Pennplatz wird es eine Pennplatzbörse
geben, die perMail zu erreichen ist. Wenn ihr Pennplätze anbieten
wollt, schreibt bitteauch an diese Adresse. Bitte gebt an, wie viele
Plätze ihr anbietet, wodiese sind, ob ihr evtl. bestimmte
Vorlieben habt und wie man euchtelefonisch auf jeden Fall erreichen
kann (wichtig!). Es werden nochPennplätze benötigt.
Wichtige Webseiten - http://liebig14.blogsport.de
/ http://wba.blogsport.de
/ http://l14soli.blogsport.de
/ http://stressfaktor.squat.net
Auf den Webseiten gibt es alle wichtigen Neuigkeiten, Termine,
Aufrufeoder Material. Bitte genießt Artikel auf indymedia mit
Vorsicht undcheckt, ob ihr die Sachen auch auf den anderen Seiten
findet. Input könntihr auch direkt an liebig14 [ät]
riseup.net oder wba-internet [ät]riseup.net schicken.
Bisher bekannte Termine
17.-30.01. Liebig 14 Antiräumungsfestival
22.01. Liebig 14 Streetparade, 17h, Bersarinplatz
27.01. Vollversammlung, 19h im Subversiv, Brunnenstr. 7
29.01. Demonstration: "Hausprojekt statt Luxuslofts - Liebig
14verteidigen - Wir bleiben Alle!", 15h, Kottbusser Tor
02.02. angekündigter Räumungstermin, 8h, dezentrale Aktionen
in der ganzenStadt
02.02. Im Falle einer Räumung, 19h, Boxhagener Platz
Liebig 14 forever.
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linksunten.indymedia.org 22.1.11
LIEBIG 14 - Der Countdown läuft...
Verfasst von: Wir bleiben alle.
Wir bleiben Alle
Lasst es krachen, lasst es knallen...
Das Hausprojekt Liebig 14 in Berlin/Friedrichshain steht kurz vor der
Räumung. Nach den Gerichtsverhandlungen im November 2009 ist auf
juristischer Ebene nichts mehr zu holen. Runde Tische und Verhandlungen
mit Politiker_innen haben sich erwartungsgemäß als nutzlos
erwiesen. Schließlich wurden Anfang Januar 2011
Räumungsbescheide für den 2. Februar 2011 zugestellt. D.h. an
diesem Tag werden die Bullen versuchen, die Bewohner_innen des Hauses
zusammen mit der Wohnungseinrichtung, auf die Straße zu werfen.
Was jetzt zählt sind Solidarität und entschlossener
Aktionismus. Dies ist ein Aufruf, der sich an radikale Bezugsgruppen
und Zusammenhänge sowie an Einzelpersonen richtet. Dabei geht es
uns nicht nur um das Haus Liebig 14, sondern vor allem um die Ideen,
die hinter diesem Projekt stehen. Wir stellen euch ein mögliches
Aktionskonzept vor und liefern auch inhaltliches dazu.
Dezentral und unkontrollierbar
Wir werden uns nicht auf angemeldete Aktionen verlassen, sondern
spontan, teuer und unkontrollierbar sein. Unser
Antiräumungskonzept heißt: Dezentrale Aktionen.
Angemeldete Demos, werden durch Bullen, Vorkontrollen und Kameras
isoliert, überwacht und stehen einer Räumung nicht direkt im
Wege. Wir machen unsere Aktionen wann, wo und wie wir es wollen, bei
Nacht und Nebel oder spontan auf der Straße. Was nicht angemeldet
wird, sondern ständig in der ganzen Stadt passieren könnte,
entzieht sich der Kontrolle durch Bullen und bietet somit weniger
Angriffsfläche für Repression. Aktionismus ist für uns
ein Weg, die Anfang Februar zu erwartenden Ereignisse nicht
unkommentiert stehen zu lassen und zu zeigen, dass das Projekt Liebig
14 mehr ist als die Menschen, die drin Wohnen.
Es wurde versucht über Dialoge, Verhandlungen und mit
Kompromissbereitschaft den Erhalt des Projekts Liebig 14 zu erwirken,
was gescheitert ist. Was uns noch bleibt, ist unsere Solidarität
und die aktionistische Ebene. Die Initiatoren für die
Scheiße sind: die Hauseigentümer Edwin Thöne und
Suitbert Beulker sowie die Justizbehörden, der Senat und die
Bullen. Die drohende Räumung sehen wir aber vor allem als Folge
des profitorientierten Aufwertungswahns in den Städten und damit
als Folge kapitalistischer Verwertungslogik. Wir meinen, dass es Sinn
macht, diesem kapitalistischen Normalbetrieb wo und wie es nur geht
Steine in den Weg zu legen. Nicht, weil wir Anfang Februar die
Revolution vom Zaun brechen wollen, sondern um die Diskrepanz
aufzuzeigen zwischen dem "sozialen Anspruch", welcher uns immer wieder
von vielen Seiten (z.b. vom rot-roten Berliner Senat) vorgebetet wird
und der Realität. Oder die Diskrepanz zwischen einem "Recht auf
Wohnraum" und dem Preis, der dafür bezahlt werden soll. Diese
Widersprüche wollen wir ansprechen, sichtbar machen und
überwinden.
Wir wünschen uns Aktionen, die sich auf die drohende Räumung
beziehen, und die den emanzipatorischen Anspruch der Menschen, die das
Hausprojekt Liebig 14 beleben, unterstreichen. Nicht weil wir die
besseren Menschen sind, sondern damit unsere Intentionen nicht durch
die Reduzierung auf Gewalt diskreditiert werden. Da militante Aktionen
selten selbsterklärend sind, oder zumindest in der
Öffentlichkeit nicht als das Wahrgenommen werden wofür sie
eigentlich stehen, halten wir es für unumgänglich, das sie
erläutert werden. So ist es möglich, das aus vielen kleinen
Funken ein Flächenbrand entsteht, der auch in der Gesellschaft als
das aufgegriffen werden kann was er ist: Solidarität mit dem akut
von Räumung bedrohten Hausprojekt Liebig 14 und keine, wie so oft
betitelte "sinnlose Randale". Es sollte daran gearbeitet werden, dass
unsere Politik mehr zum gesellschaftlichen Diskurs wird. Wir denken
auch, dass dadurch dem Versuch der Kriminalisierung und Isolation
emanzipatorischer Politik entgegen zu wirken ist. Um unsere Vorstellung
einer anderen Gesellschaft in eine öffentliche Diskussion zu
bringen sollten alle Wege der Kommunikation genutzt werden - Indymedia
und die Interim einerseits, auflagenstarke Zeitungen und Massenmedien
andererseits.
Solidaritätsbekundungen aus allen möglichen anderen Orten, in
welcher Form auch immer, stellen eine Räumung in einen
größeren Kontext und schaffen eine größere
Öffentlichkeit.
Gentrifizierung und Kritik an der Kritik
Die drohende Räumung der Liebig 14 ist von Politik und Staat
gewollt, aber auch Teil des Prozesses der "Gentrifizierung" und damit
folge kapitalisitscher Verwertungslogik. Was in der Stadt einen
Großteil der dort lebenden Menschen betrifft, ist im Prinzip
dasselbe, was die Bewohner_innen der Liebigstr. 14 betrifft. Aufwertung
durch Sanierung und Modernisierung ist der erste logische Schritt, wenn
es darum geht aus Wohnraum einen möglichst hohen Profit zu
schlagen. Steigende Mieten und dadurch die Verdrängung der
Menschen, die sich diese nicht mehr leisten können oder wollen
sind die Folge. Doch es regt sich bereits Widerstand gegen Aufwertung,
Mietsteigerungen, Verdrängung und Bebauung, der in den
unterschiedlichsten Formen sichtbar wird. Das finden wir auch
Grundsätztlich gut, jedoch kritisieren wir, dass sich die Kritik
an der Umstrukturierung häufig auf den eigenen Kiez, sowie die
direkten Auswirkungen dieser diffusen Logik beschränkt. Dabei
werden dann oft "Yuppies", oder zumindest die Politik, Investor_innen
und Hauseigentümer_innen als Verantwortliche deklariert. Dies
greift zu kurz, denn es verkennt die Totalität kapitalistischer
Verwertungslogik. Zudem lenken Personifizierungen von den
Grundproblemen ab. Da der Prozess der "Gentrifizierung" nur in
Gesellschaften möglich ist, in denen die
Bedürfnisbefriedigung über Markt- und Konkurrenzmechanismen
organisiert werden, darf eine umfassende Kritik nicht erst bei der
Verdrängung von Menschen durch Mietsteigerungen anfangen, sondern
muss die kapitalistische Gesellschaftsordnung an sich angreifen. Der
Begriff "Gentrifizierung" eignet sich aber, um die Grundzüge
dieser kapitalistischen Gesellschaft Anhand eines konkreten Problems zu
kritisieren, das alle betrifft - nämlich das bezahlen von Miete.
"Gated Communitys" und "Safety Living" werden als Antwort auf
zukünftig zu erwartende Soziale Spannungen präsentiert. Doch
dass sich dadurch Probleme weder verschieben, noch lösen lassen,
sondern diese noch verschärfen, dürfte klar sein.
Für eine Gesellschaft ohne Ausgrenzung und Zwänge
Wir wissen nicht, wann und wie die Abschaffung von
Nationalstaatlichkeit, die Kollektivierung von Produktionsmitteln und
die Emanzipation aller Individuen stattfindet. Aber wir haben eine
Vorstellung davon, wie eine andere Gesellschaft aussehen könnte
und außer Zweifel steht für uns, dass dazu die
gegenwärtigen Herrschaftsverhältnisse überwunden werden
müssen!
Als Möglichkeit für eine linksradikale Kritik an den momentan
herrschenden Verhältnissen zählt für uns ein "Freiraum",
in dem Menschen versuchen können, die Idee einer hierarchiefreien
Gesellschaft ohne Unterdrückungsmechanismen umzusetzen. Hierbei
ist auch ein Begegnungsraum nötig, der es ermöglicht sich zu
treffen, gemeinsam zu organisieren und zu vernetzen.
Unter einem "Freiraum" verstehen wir Orte, an denen sich jeder Mensch
frei von Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Hautfarbe, sexueller
Identität, etc. bewegen kann. Da diese Formen der
Unterdrückung in unserer Gesellschaft alltäglich reproduziert
werden, ist es wichtig, Räume zu schaffen und zu erhalten, in
denen diese in frage gestellt, diskutiert und reflektiert werden, sowie
eine Loslösung davon praktiziert werden kann. Unserer Meinung
nach, ist es aber vor allem wichtig nicht nur all diese tollen
Ansprüche zu haben und zu versuchen, sie umzusetzen, sondern der
Anspruch sollte es auch sein, einen "Output" zu haben. D.h., sich nicht
die eigene schöne Welt aufzubauen, schließlich gibt es kein
richtiges Leben im falschen, sondern zu versuchen mit den Ideen die
hinter den Projekten stehen in die Gesellschaft zu intervenieren. Wir
sind uns sehr wohl bewusst darüber, dass die Projekte, die sich
selbst das Label "Freiraum" geben, häufig den Ansprüchen, die
wir theoretisch unter diesem Begriff einordnen hinterherhinken, darum
wollen wir kurz unsere Sicht der Dinge erläutern: Wir wollen den
Begriff verwenden, um der Utopie eines Raumes ohne Unterdrückung
einen Namen zu geben. D.h. wir sehen hinter dem Begriff "Freiraum"
einen Optimalzustand, den es anzustreben gilt, der jedoch nicht
erreicht werden kann, da wir alle in einer kapitalistischen
Gesellschaft mit all ihren Unterdrückungsformen sozialisiert sind.
Darum verwenden wir den Begriff auch, um einen Raum zu beschreiben, in
dem Menschen den Anspruch haben einen "Freiraum" zu schaffen. "Den
Anspruch haben" heißt für uns dann aber auch, sich aktiv mit
Herrschaftsverhältnissen auseinander zu setzen und auch die eigene
Rolle darin selbstkritisch ständig zu reflektieren. Ein Raum wie
die Liebig 14 bietet auch die Möglichkeit, das Prinzip der
Selbstverwaltung praktisch umzusetzen und im kleinen Maßstab
lebbar zu machen. Zur individuellen Vereinzelung im Kapitalismus stellt
die kollektive Wohnform zudem einen Gegenpol dar, die auch
Illegalisierten einen Schutzraum bieten kann.
Repression - business as usual?
Den Verlust eines solchen Freiraumes werden wir nicht hinnehmen! Ein
Angriff auf Hausprojekte bedeutet für uns nicht nur einen Angriff
auf autonome Strukturen in Berlin, sondern auch ein Angriff auf alle
Menschen, die hinter den Ideen einer ganz anderen, emanzipatorischen
Gesellschaft stehen.
Des weiteren sehen wir in der Bedrohung der Liebig 14 die
Fortführung staatlicher Repression gegen autonome Strukturen und
auch gegen Einzelpersonen. Aber auch anderswo wird geräumt,
gerazzt und verhaftet. Besetzte Häuser in Erfurt, Hamburg, Wien,
Wilhelmshaven, Dresden, Münster, Oldenburg, Wien, Magdeburg und
Wittenberg wurden geräumt. Die Bullendichte im Kiez um die Liebig
14 ist so hoch, dass sich die Anwohner_innen an den Kopf fassen. Bei
solch einer Überpräsenz ist es zwangsläufig, dass auch
mal Bullen durchdrehen und wild um sich schießen, wie in Berlin
und anderswo in letzter zeit mehrmals geschehen.
Der bürgerliche Staat und die Ökonomie stehen in einer
wechselseitigen Beziehung zueinander - kein Kapitalismus funktioniert
ohne eingriffe des Staates. Andererseits ist auch der Staat selbst ein
Akteur im Kapitalismus. Eine emanzipatorische Gesellschaft, erreichen
wir nur durch die Abschaffung des bürgerlichen Staates und der
kapitalistischen Verhältnisse. Repression begreifen wir auch als
eine Art Selbsterhaltungsstreben des bestehenden. Darin, und in der
Ablehnung hierarchischer Strukturen allgemein, gründet unsere
Verweigerung gegenüber dem bürgerlichen Staat und auch
gegenüber seinen Repräsentant_innen. Das geht, von der
Ablehnung von Forderungen an Politiker_innen, bis zur Freude über
Angriffe auf Bullenwachen. Wir erkennen weder diesen Staat als
Entscheidungsträger an, noch seine Politiker_innen die sich als
unsere Stellvertreter_innen ausgeben. Wir akzeptieren nicht, dass
andere Menschen entscheiden wie und wo wir zu leben haben. Es liegt uns
fern, mit dem Staat in einen Dialog zu treten oder Forderungen zu
stellen. Wir müssen unsere Anliegen in einem Prozess der
Selbstorganisation und im Konsens aller betroffenen Menschen umsetzen.
Sollte die Liebig 14 geräumt werden haben die "Verantwortlichen"
aus Justiz, Polizei und Politik das Problem, denn die werden sich in
der Öffentlichkeit für die hohen Kosten einer Räumung
und ihre Folgen rechtfertigen müssten. Soziale Probleme, die diese
Gesellschaftsordnung hervorruft, lassen sich nicht durch Räumungen
aus der Welt schaffen - genauso wenig wie unsere Vorstellungen einer
anderen Gesellschaft.
Wir haben schon längst keinen Bock mehr auf diesen Staat und seine
Repression, wir haben keinen Bock auf Unterdrückung und Konkurrenz
und wir haben keinen Bock auf Kapitalismus und seine neoliberalen
Versprechen. Eine Räumung der Liebig 14 kommt für uns
überhaupt nicht in Frage. Deshalb ist es wichtig, das Thema in die
Öffentlichkeit zu bringen und klar zu machen, dass "die
Häuser" mehr sind als ihre Bewohner_innen und dass eine
Räumung eine verdammt teure Sache werden kann.
Der Countdown läuft...
Autonome Gruppen sagen: [Wir bleiben Alle]
Infotelefon: 0157 87210777 sowie 0176 38341342
Infotelefon und Infopoint sind während der Demo am 29.01 um 15:00
am Kottbusser Tor sowie von Dienstag 01.02. um 16:00 bis Donnerstag
03.02 16:00 ständig besetzt.
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FREYSINGER
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WoZ 20.1.11
Kommentar von Bernhard Schmid
Der Front National auf den Spuren der SVP
Wie der Vater, so die Tochter? Marine Le Pen, die neue
Vorsitzende des Front National, gibt sich sanfter und beruft sich dabei
auch auf bisher verpönte Begriffe.
Bernhard Schmid
In die politische Landschaft Frankreichs ist etwas Bewegung
gekommen. In Tours wurde am Wochenende Marine Le Pen zur neuen
Parteivorsitzenden des 1973 gegründeten rechtsextremen Front
National (FN) gekürt. Neueste Umfragen sagen ihr fünfzehn
Monate vor der Präsidentschaftswahl 18 Prozent der Stimmen voraus.
Zudem erklärten kürzlich 35 Prozent der AnhängerInnen
der Regierungspartei UMP in einer Umfrage ihr Einverständnis mit
einem möglichen Bündnis mit dem FN. Die
Berührungsängste der Konservativen gegenüber den
Rechtsextremen scheinen allmählich zu schwinden.
Der Führungswechsel an der Spitze des FN hat diesen Prozess
zusätzlich beflügelt. Anknüpfungen an den Faschismus,
offenen Antisemitismus oder geschmacklose Sprüche wie jene ihres
Vaters und Vorgängers Jean-Marie Le Pen (den einstigen
jüdischen Minister Michel Durafour nannte er einmal
"Durafour-crématoire" - in Anspielung an
Verbrennungsöfen, die four crématoires) möchte die
neue Parteivorsitzende künftig vermeiden. Als Vorbild dient der
neuen Parteichefin die Schweizerische Volkspartei (SVP). So sehen es
auch viele ihrer AnhängerInnen. Darauf angesprochen, für
welche Zeitung ich arbeite, meinten am Wochenende in Tours jüngere
Delegierte: "Ah, eine Schweizer Zeitung? Vive Oskar Freysinger!"
Die 42-jährige Exanwältin Marine Le Pen hat sich in
einer Abstimmung der FN-Mitglieder gegen ihren Kontrahenten, den
früheren Juraprofessor Bruno Gollnisch, durchsetzen können.
Marine Le Pen erhielt gut 67 Prozent der insgesamt 17 000 abgegebenen
Stimmen.
Die Reden, die die beiden AnwärterInnen auf die Parteispitze
am Wochenende hielten, verdeutlichten nochmals die strategischen
Unterschiede zwischen den beiden: Gollnisch, der 2004 wegen
Sprüchen, die hart an eine Holocaust-Leugnung grenzten, aus der
Universität von Lyon entfernt worden war, gedachte in seiner Rede
"unserer Toten: der Toten vom Februar 1934, des Indochina- und des
Algerienkriegs". Eine klare Anknüpfung an die Geschichte der
profaschistischen Rechten: Am 6. Februar 1934 hatten rechtsextreme
Kampfverbände vor dem Parlament in Paris zu putschen versucht.
Davon hält Marine Le Pen nicht viel. Die neue Chefin sprach
ihrerseits oft von der Republik - ein Wort, das bis im Herbst 2006, als
es unter ihrem Einfluss in das Vokabular des FN aufgenommen wurde, bei
der extremen Rechten tabu war. In Frankreich erinnert das Wort an eine
historische Tradition, die mit der Französischen Revolution 1789
begründet wurde und gegen die sowohl der monarchistische als auch
der katholisch-fundamentalistische Flügel des FN stets opponierten.
Marine Le Pen zitierte sogar die Allgemeine Erklärung der
Menschen- und Bürgerrechte von 1789 - was bis dahin in weiten
Teilen der extremen Rechten ein Sakrileg darstellte -, um an das in
Artikel 2 enthaltene "Recht auf Widerstand gegen politische
Unterdrückung" anzuknüpfen. Der FN fordert eine Republik mit
stark plebiszitären Elementen: Die Rechtsextreme beruft sich gegen
die "Herrschaft der Altparteien" auf die "Bevölkerung", die sich
in Volksabstimmungen äussern können müsse - am liebsten
über Fragen wie Todesstrafe oder Einwanderung. Als besonders
vorbildhaft gilt dabei dem FN seit einiger Zeit die Schweizer
Eidgenossenschaft - aufgrund der Abstimmungen über das
Minarettverbot sowie über die Ausschaffungsinitiative.
Weiter sprach Marine Le Pen vor allem über wirtschaftliche
und soziale Fragen. Sie redete einem ökonomischen Protektionismus
das Wort, schilderte ausführlich die negativen Auswirkungen des
Euro auf Frankreich und stellte die derzeitige internationale
Arbeitsteilung in Frage: Es müsse eine "Rücknahme" der (etwa
nach Asien ausgelagerten) Produktion geben - was auch die
ökologische Schädlichkeit der zunehmenden Transporte mindern
würde. Eine Idee, die keineswegs nur von der extremen Rechten
geäussert, von ihr jedoch in einen besonderen Zusammenhang
gestellt wird: Dem FN geht es um eine industrielle
Wiederaufrüstung Europas auf Kosten des Rests der Welt. Und um die
Wiedererlangung von Frankreichs Weltmachtrang.
Die strategischen Unterschiede zwischen den beiden KandidatInnen
für den Parteivorsitz sind also beträchtlich. Dennoch betonte
Marine Le Pen, ab jetzt gebe es "keine Marinisten oder Gollnischianer
mehr, sondern nur noch Aktivisten des FN". Sie bot ihrem unterlegenen
Kandidaten sogar die "erste Vizepräsidentschaft" der Partei an,
was dieser aber ausgeschlagen hat. Gollnisch bleibt jedoch Mitglied des
"Politischen Büros".
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ANTI-SVP
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telem1.ch 23.1.11
Härteres Durchgreifen gegen Vermummte gefordert
http://telem1.ch/de/overlayplayer---0--0--0--T000316105.html
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20min.ch 23.1.11
Streit nach Attacke: Fehr wehrt sich gegen Kritik der Stapo
Nachdem SVP-Nationalrat Hans Fehr vor der Albisgüetli-Tagung
verprügelt wurde, schlagen die Wellen hoch. Die Polizei übt
Kritik an Fehr. Dieser wirft den Vorwurf als "lachhaft" zurück.
Roman Hodel
"Es war sehr mutig von Herrn Fehr, so nahe an den
Demonstranten vorbeizulaufen - wir können nicht auch noch
allfällige VIPs erkennen und Schutz bieten", kritisierte
Stapo-Kommandant Philipp Hotzenköcherle in Medienberichten
SVP-Nationalrat Hans Fehr (64). Dieser war am Freitag vor der
Albisgüetli-Tagung von Linksautonomen spitalreif geprügelt
worden. Hotzenköcherle sagte weiter: "Er hätte besser die 117
angerufen und sich abholen lassen."
Fehr findet dies "lachhaft" und sagt zu 20 Minuten: "Das
wäre überhaupt nicht situationsgerecht gewesen - im weiteren
Umkreis standen viele Polizisten und die Lage schien mir
unproblematisch." Daher habe er wegen der Demo die letzten 300
Meter bis zum Schützenhaus wie andere auch zu Fuss absolviert.
"Herr Hotzenköcherle muss sich ja rechtfertigen", sagt Fehr und
fordert, dass man den Einsatz überprüft. "Die Polizisten vor
Ort haben gute Arbeit geleistet, aber bei der Taktik seitens
Polizeiführung gibt es Verbesserungspotenzial."
Das sieht der Stadtzürcher SVP-Fraktionschef Mauro Tuena
gleich: "Die Führung, namentlich der grüne Polizeivorsteher
Daniel Leupi, muss über die Bücher gehen." Abgesehen davon
sei der Vorschlag von Hotzenköcherle, die 117 zu wählen,
absurd: "Nähme mich wunder, wie das herausgekommen wäre, wenn
alle VIPs die Polizei als Chauffeur benötigt hätten."
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sf.tv 23.1.11
Polizei kritisiert SVP-Nationalrat Hans Fehr
sf/fref
Die Züricher Stadtpolizei hat Vorwürfe von Teilnehmern
der Albisgüetli-Tagung zurückgewiesen. Diese hatten
Unverständnis geäussert, warum die Polizei SVP-Nationalrat
Hans Fehr nicht vor Übergriffen von Linksautonomen schützen
konnte. Nun kontern die Sicherheitskräfte: Fehr hätte sich
abholen lassen sollen.
Die Polizei wehrt sich in der Sonntagspresse gegen den Vorwurf,
den unter anderen SVP-Bundesrat Ueli Maurer äusserte: Er meinte,
die Beamten hätten die Situation unterschätzt.
Polizei-Kommandant Philipp Hotzenköcherle stellte
gegenüber "Sonntag" klar: "Der Auftrag lautete, dafür zu
sorgen, dass die Tagung ungestört stattfinden kann." Diesen
Auftrag hätte die Polizei erfüllt, so der Kommandant. Die SVP
habe keine Anfrage für Personenschutz gestellt. Ausserdem war den
Sicherheitskräften nicht bekannt, dass ein SVP-Nationalrat alleine
an den Linksautonomen vorbeimarschiere.
Hotzenköcherle riet Fehr, es wäre besser gewesen, er
hätte sich von der Polizei abholen lassen. "Es war sehr mutig von
Herrn Fehr, so nahe an den Demonstranten vorbeizulaufen", kritisierte
er in der "Sonntagszeitung".
Fehr rechtfertigte sich, er habe die Situation nicht als
gefährlich eingestuft, da auch andere Passanten diesen Weg
genommen hätten. Der SVP-Nationalrat will Anfang Woche Anzeige
gegen die Prügler erstatten.
--
Fehr-Angriff: User von Gewaltanwendung erschüttert
sf
Der tätliche Angriff auf SVP-Nationalrat Hans Fehr vom
Freitag stösst bei den "tagesschau.sf.tv"-Usern grösstenteils
auf pures Unverständnis. Es könne und dürfe nicht sein,
dass ein Politiker wegen seiner Meinung Ziel von Übergriffen
werde, lautet der Tenor. Einen Grund für die
Grenzüberschreitung orten die User im aufgeheizten politischen
Klima.
In einer nicht repräsentativen Umfrage auf
"tagesschau.sf.tv" sind über 80 Prozent der Teilnehmer der
Meinung, dass sich die politischen Sitten seit einigen Jahren verroht
haben. Insgesamt nahmen über 1500 User an der Umfrage teil.
Das Umfrageresultat erstaunt nicht, wenn man die unzähligen
Kommentare auf "tagesschau.sf.tv" betrachtet. Für J. Bachmann aus
Zürich etwa ist klar: "Es braucht wieder lösungsorientierte
Politik mit einer offenen Kommunikation. Keine Barrikaden von rechts
aussen und links aussen!"
SVP versus Linksextreme
Die "tagesschau.sf.tv"-Leser versuchen sich in verschiedenen
Erklärungen für die Tat. Obwohl der Angriff auf Fehr durch
nichts zu rechtfertigen sei, dürfe man sich als SVP nicht wundern,
wenn man irgendwann einmal die Rechnung für die Stimmungsmache
gegen Behinderte, Ausländer, Minderheiten und
"Halb"-Bundesräte bekomme, schreibt etwa Roland Ruckstuhl aus
Zürich.
Mehrfach wird von den Usern auch der Kalenderspruch "So wie man
in den Wald ruft, kommt es auch zurück!" bemüht. Doch nicht
nur die SVP gerät in die Schusslinie der Kommentierenden.
"Leider denken noch zu viele Leute, 'linke' Gewalt sei 'gute'
Gewalt", schreibt etwa S. Gallo aus Beinwil am See. E. Hasler aus
Zürich ist überzeugt, dass der Staat entschiedener gegen
solche Auswüchse vorgehen sollte. "Die Strasse diesen
Querschlägern zu überlassen, würde heissen, vor deren
Gewaltbereitschaft einzuknicken."
Meinungsfreiheit muss erhalten bleiben
Andere orten ein gesellschaftliches Problem. "Diese jungen
Mitmenschen sehen keine andere Möglichkeit ihren Träumen und
Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen", äussert sich H.
Müller aus Luzern. Sie als Chaoten abzustempeln sei viel zu
einfach.
Insgesamt zeigen sich die User erschüttert darüber,
dass Gewalt angewendet wurde. Die Meinungsfreiheit dürfe nicht
angetastet werden. Mehrfach wird der Vordenker der Aufklärung,
Voltaire, zitiert: "Ich werde Ihre Meinung bis an mein Lebensende
bekämpfen, aber ich werde mich mit allen Kräften dafür
einsetzen, dass Sie sie haben und aussprechen dürfen."
---
Sonntagszeitung 23.1.11
SVP wollte keinen Schutz
Albisgüetli-Attacke: Polizei kritisiert Prügelopfer
Fehr - seine Partei rüstet auf
Von Joël Widmer und Seraina Kobler
Zürich/Bern Der Kommandant der Zürcher Stadtpolizei,
Philipp Hotzenköcherle, kritisiert nach der Prügel-Attacke
auf SVP-Nationalrat Hans Fehr diesen selbst: "Es war sehr mutig von
Herrn Fehr, so nahe an den Demonstranten vorbeizulaufen." Es wäre
laut Hotzenköcherle besser gewesen, er hätte die 117
angerufen und sich abholen lassen.
Die SVP habe keine Anfrage für Personenschutz gestellt, und
die Polizei habe keine Kenntnisse davon gehabt, dass ein
SVP-Nationalrat alleine an den Linksautonomen vorbeimarschiere. "Wir
können nicht auch noch allfällige VIPs erkennen und Schutz
bieten", sagt der Polizeikommandant. Fehr war auf dem Weg zur
Albisgüetli-Tagung von Demonstranten zu Boden geworfen und
verprügelt worden. Er erlitt eine Rippenprellung.
Fehr entgegnet, er habe die Situation nicht als gefährlich
eingestuft, weil auch andere Passanten diesen Weg genommen hätten.
"Und ich meine, es sollte in der Schweiz weiterhin möglich sein,
dass sich Politiker ohne Personenschutz frei bewegen können", so
Fehr. Man müsse darum frühzeitig und mit aller Härte
gegen diese Krawallanten vorgehen. Fehr wird Anfang Woche gegen die
Prügler Anzeige erstatten.
Die Attacke auf den SVP-Nationalrat ist nur der Höhepunkt in
einer Serie von Angriffen, die im Abstimmungskampf um die
Ausschaffungsinitiative begann. "Übergriffe auf Personen und
Einrichtungen der SVP haben zugenommen", sagt Parteipräsident Toni
Brunner. Die Volkspartei muss deshalb die Massnahmen für den
Schutz von Veranstaltungen und Sekretariaten verbessern. "Wir
müssen immer mehr Geld für die Sicherheit ausgeben", sagt
Brunner. Bisher waren es mehrere Zehntausend Franken im Jahr. "Im
Budget 2011 müssen wir nun 20 000 bis 30 000 Franken mehr
vorsehen."
Insbesondere das Generalsekretariat in Bern wurde mehrmals
attackiert. Zweimal haben Randalierer dabei Storen demoliert und
Fenster eingeschlagen. "Nun überwacht ein privater
Sicherheitsdienst zu bestimmten Zeiten das Generalsekretariat", sagt
Brunner. Die Partei werde den Schutz des Sekretariates weiter
verstärken. "Denn Generalsekretär Martin Baltisser arbeitet
seit über einem Monat in einem Büro ohne Tageslicht, weil die
Fenster noch immer mit Brettern verbarrikadiert sind."
Die Angriffe auf die Rede- und Versammlungsfreiheit der SVP
hätten eine neue Dimension erreicht, sagt Parteipräsident
Brunner. "Wenn nicht Hans Fehr von Linksextremen, sondern zum Beispiel
SP-Nationalrat Hans-Jürg Fehr von Rechtsextremen verprügelt
worden wäre, stünden wir am Rande einer Staatskrise, und in
den Medien wäre es das Thema Nummer eins."
---
Sonntagsblick 23.1.11
EDITORIAL
Ohne Worte
Philippe Pfister Stv. Chefredaktor
"WIR SIND HIER, um mit Worten, nicht mit Fäusten zu
kämpfen." Es war eine beherzte Rede, die Micheline Calmy-Rey im
Saal des Albisgüetli hielt - kurz nach einem niederträchtigen
Angriff von Gewalttätern auf SVP-Nationalrat Hans Fehr.
GUT GEMEINTE WORTE waren das, ohne Zweifel. Doch im Grunde
unpassend. Sagen die Worte der Bundespräsidentin doch: Mit diesen
Chaoten kann man reden. Man sollte sich ihre Argumente vielleicht
anhören. Und vielleicht sind auch sie für Argumente
zugänglich.
GENAU DAS sind sie nicht. Der harte Kern der Zürcher
Autonomen hat den Boden der Demokratie längst verlassen. Sie
prügeln und schlagen im Namen eines linksreaktionären
Fundamentalismus, der nur eine Meinung anerkennt: die eigene.
WORTE ZU WECHSELN mit diesen Gewalttätern ist
überflüssig. Diese Menschen verstehen nur eine Sprache: die
der Staatsgewalt. Vielleicht, irgendwann, kehren sie dann wieder auf
den Boden der Demokratie zurück. Erst dann, Frau Calmy-Rey,
können wir wieder mit ihnen reden.
--
http://www.blick.ch/news/politik/vermummte-frauen-retteten-ihn-165154
Ursula Fehr über den Angriff der Chaoten auf ihren Mann
Vermummte Frauen retteten ihn!
VON REZA RAFI UND BEAT KRAUSHAAR
Der SVP-Hardliner hat Strafanzeige eingereicht - und kämpft
für ein nationales Vermummungsverbot.
Hans Fehr ist den harten politischen Nahkampf gewohnt. Doch was
er am Freitagabend erlebte, war auch dem SVP-Haudegen zu viel. Der
Nationalrat sitzt in der Stube in Eglisau ZH und sagt nachdenklich:
"Ich hatte Todesangst. Wirkliche Todesangst." Seine Frau Ursula schaut
ihn besorgt an. "Gut, dass du wieder heil da bist, Hans."
Es geschah ausgerechnet auf dem Weg dorthin, wo er sich am
wohlsten fühlt: zur jährlichen Tagung seiner Partei im
Albisgüetli.
Gegen halb sieben parkt Fehr sein Auto auf Höhe des
Strassenverkehrsamts. Schnurstracks marschiert er die
Üetlibergstrasse empor. Er ist spät dran. Blocher, Brunner,
alle sind schon da. "Plötzlich sehe ich eine Wand schwarz
gekleideter Figuren vor mir."
Fehr fühlt sich dennoch sicher. "Ich habe gedacht, die
machen mir doch nichts. Hinten stand ja die Polizei." Als einer der
Linksautonomen den SVP-Hardliner erkennt ("Hey, da, de Fehr!"), geht es
ganz schnell. Es ist 18.40 Uhr.
"Eine Gruppe Vermummter stürzte auf mich zu", erzählt
Hans Fehr. Erst setzt es Faustschläge. Als er zu Boden geht,
treten sie ihn mit Springerstiefeln. Auch gegen den Kopf. "Ich dachte
nur noch, hoffentlich überlebst du das, hoffentlich bleibst du
nicht behindert." Fehr liegt am Boden, hält die Arme vors Gesicht.
Dann kriegt er mit, dass drei oder vier Demonstrantinnen auf die
Schläger zukommen. "Hört auf, fertig!", schreien sie. Sofort
lässt die Chaotenhorde, wie auf Befehl, von Fehr ab. Sind sie die
Anführerinnen der Schläger? Fehr eilt ins sichere
Schützenhaus, später wird er im Triemli-Spital verarztet. Er
hat Prellungen am Kopf, gequetschte Rippen, Schmerzen am rechten
Unterschenkel. Gestern verdunkelten noch schwarze Punkte sein Sichtfeld.
"Wenn diese Frauen den Angriff nicht gestoppt hätten,
hätten die weitergemacht. Sie waren wie in Trance." Ursula Fehr
sagt: "Die hätten dich umgebracht."
Ihr Mann ist mitgenommen, stürzt sich aber bereits wieder in
Arbeit. Gestern besuchte er eine Veranstaltung gegen das geplante
Asyl-Durchgangsheim in Eglisau, wo Ursula Gemeindepräsidentin ist.
Morgen wird er Strafanzeige gegen unbekannt einreichen.
Fehr bereut auch nicht - den Ausspruch, er hätte
abgedrückt, hätte er eine Waffe dabei gehabt. "In so einer
Situation ist man nicht kontrollierbar. Aber ich würde zuerst in
die Luft schiessen."
Geschockt haben ihn die verdeckten Gesichter. "Das Bild, wie
anonyme Figuren auf mich eindreschen, werde ich nie vergessen." In der
Frühlingssession will er einen Vorstoss für ein nationales
Vermummungsverbot einreichen.
Fehr war nicht der Einzige, der von den Chaoten attackiert wurde.
Bruno Heinzelmann, Ex-SVP-Stadtpräsident von Kloten, hatte bange
Minuten zu überstehen. "Ich musste mit meinem Range Rover vor
einem Rotlicht halten. Da wurden wir von Chaoten umzingelt, die mit
Füssen und Fäusten das Auto traktierten", sagt Heinzelmann.
Der SVP-Politiker hatte Glück. Die Polizei schritt ein. "Ich weiss
nicht, was sonst passiert wäre."
Die Beamten verhafteten sieben Chaoten. Sie kamen am Freitag
frei. Stadtpolizeikommandant Philippe Hotzenköcherle: "Wir haben
keine konkreten Hinweise auf die Täterschaft." Man habe den
Angriff auf Fehr nicht mitbekommen. "Sonst wären wir sofort
eingeschritten. Aber der Vorfall passierte relativ weit weg vom
Albisgüetli", so der Kommandant. Die Polizei hatte den Auftrag,
die Veranstaltung im Albisgüetli zu sichern. "Das haben wir
erfolgreich gemacht", sagt er. Alfred Heer, Nationalrat und
SVP-Präsident von Zürich, bescheinigt der Polizei, ihren
Auftrag korrekt ausgeführt zu haben.
--
Frage der Woche
Dürfen Politiker nur noch mit Polizeischutz aus dem Haus?
Bitte schreiben Sie an: Redaktion Sonntags-Blick, Dufourstrasse
23, 8008 Zürich Per E-Mail an: leserbriefe@sonntagsblick.ch
--
Stimmen zum Fall
"Diese Gewalt ist unentschuldbar und eine Gefahr für die
Demokratie" Fulvio Pelli (59), FDP-Präsident
"Ein inakzeptabler Vorgang. Die SVP soll man mit Argumenten
schlagen"
Christian Levrat (40), SP-Präsident
"Ich verurteile den Vorfall in aller Schärfe. Das ist
unschweizerisch"
Christophe Darbellay (39), CVP-Präsident
"Absolut schockierend. Ich wünsche Herrn Fehr gute Besserung"
Ueli Leuenberger (58), Präsident Grüne
"Ich missbillige das, auch wenn die SVP oft unter der
Gürtellinie provoziert"
Hans Grunder (54), BDP-Präsident
"Ich missbillige das, auch wenn die SVP oft unter der
Gürtellinie provoziert"
Hans Grunder (54), BDP-Präsident
"So geht es nicht. Wir sind hier, um mit Worten, nicht mit
Fäusten zu kämpfen"
Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey (SP)
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"Alles Abschaum" So ticken die Prügler vom schwarzen Block
Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, betritt er das Lokal im
Zürcher Kreis 4: "Meinen Namen will ich nicht in der Zeitung
lesen", macht der 30-Jährige gleich zu Beginn des Gesprächs
klar - und bestellt einen Tequila. Martin R. (Name geändert)
bewegt sich politisch am äussersten linken Rand. Die SVP? "Alles
Abschaum", sagt er. Seine Freizeit verbringt er mit Leuten, die
für ihre politischen Ideen vermummt durch die Strassen ziehen,
Hausfassaden verschmieren und immer häufiger zuschlagen. "Fehr ist
selber schuld - er muss ja nicht durch die Masse laufen", sagt der
Zürcher mit Nachdruck. Wer versteckt sich hinter all den schwarzen
Masken, Herr R.? "Die Aktivisten kommen aus reichen Elternhäusern,
nicht selten sitzt der Vater in der SVP", erklärt er. "Sie
plädieren für mehr Toleranz und sind gegen Rassismus." Im
schwarzen Block marschierten daher neben zahlreichen Frauen auch viele
Secondos mit. "Der Aufruf erfolgt aber immer von Schweizern." Die
"linke Bewegung", wie er sie nennt, kenne auch Mitläufer - Leute,
die Spass am Krawall haben. Wer genau zur Gruppe gehört, weiss
nicht einmal die Polizei - die Linksautonomen verwischen ihre Spuren
gut.
ROMINA LENZLINGER
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http://www.blick.ch/news/schweiz/zuerich/wir-hofften-dass-er-dies-nicht-ueberlebt-165160
(17.35 Uhr)
SVP-Fehr verprügelt - anonyme Extremisten melden sich
"Wir hofften, dass er dies nicht überlebt"
ZÜRICH - Anonyme Extremisten prahlen im Internet, sie hätten
dem verprügelten SVP-Nationalrat Hans Fehr den Tod gewünscht.
In der linksautonomen Szene wird jetzt heftig darüber gestritten.
Linksautonome traktierten am Freitag Hans Fehr mit Schlägen und
Tritten. Der SVP-Mann erlitt Prellungen und Quetschungen und musste im
Spital verarztet werden.
Auf dem einschlägigen Internet-Forum "indymedia.org" frohlocken
jetzt die Linksextremisten. "Dem Fehr haben wir das Fürchten
gelernt", schreibt eine anonyme "AutorIn" im Namen von
"Revolutionärer Aufbau Schweiz".
Und dann der schockierende Satz: "Mit der Wut von Tausenden
ausgeschafften AusländerInnen und inhaftierten
GesinnungsgenossInnen haben wir zugeschlagen und eigentlilch gehofft,
dass er dies nicht überlebt."
"Pistole auf seinen Kopf gerichtet"
Es kommt noch dicker: "Eine mutige Genossin hatte noch ihre Pistole auf
seinen Kopf gerichtet, drückte dann aber vor lauter Aufregung
leider im falschen Moment ab."
War tatsächlich sogar eine Pistole im Spiel? Oder ist das eine
zusätzliche billige Provokation? Von einer Pistole hat jedenfalls
weder Opfer Fehr etwas gesagt noch die Polizei.
So oder so: Fehr fürchtete um sein Leben. Im SonntagsBlick sagte
er: "Ich dachte nur noch, hoffentlich überlebst du das."
Fehr reicht Strafanzeige ein. Die Polizei hat nach eigenen Angaben
bisher "keine konkreten Hinweise auf die Täterschaft."
Fehr-Attacke spaltet die Linksautonomen
Die Attacke auf Fehr und die Kommentare dazu werden auf dem Forum
"indymedia" zum Teil auch aus den eigenen Reihen scharf kritisiert.
Einer schreibt: "Danke vielmals Chaoten, dass ihr uns Linken wieder ins
schlechte Licht rückt. Das ist die allerbeste Propaganda für
die SVP!" Andere fordern die Foren-Moderation dazu auf, die Kommentare
mit der Gewaltverherrlichung zu löschen.
Offensichtlich war es den Betreibern der Seite auch nicht mehr geheuer:
Am späten Sonntagnachmittag wurden zahlreiche Einträge
gelöscht, unter anderem auch der Text mit dem Titel "Dem fehr
haben wir das fürchten gelernt".
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http://www.blick.ch/news/schweiz/zuerich/wir-hofften-dass-er-dies-nicht-ueberlebt-165160
SVP-Fehr verprügelt - anonyme Extremisten melden sich
"Wir hofften, dass er dies nicht überlebt"
ZÜRICH - SVP-Nationalrat Hans Fehr wurde am Rand der
Albisgüetli-Tagung von Linksautonomen zusammengeschlagen. Jetzt
prahlen anonyme Extremisten im Internet mit der Tat.
Linksautonome traktierten am Freitag Hans Fehr mit Schlägen und
Tritten. Der SVP-Mann erlitt Prellungen und Quetschungen und musste im
Spital verarztet werden.
Auf dem einschlägigen Internet-Forum "indymedia.org" frohlocken
jetzt die Linksextremisten. "Dem Fehr haben wir das Fürchten
gelernt", schreibt eine anonyme "AutorIn" im Namen von
"Revolutionärer Aufbau Schweiz".
Und dann der schockierende Satz: "Mit der Wut von Tausenden
ausgeschafften AusländerInnen und inhaftierten
GesinnungsgenossInnen haben wir zugeschlagen und eigentlilch gehofft,
dass er dies nicht überlebt."
"Pistole auf seinen Kopf gerichtet"
Es kommt noch dicker: "Eine mutige Genossin hatte noch ihre Pistole auf
seinen Kopf gerichtet, drückte dann aber vor lauter Aufregung
leider im falschen Moment ab."
War tatsächlich sogar eine Pistole im Spiel? Oder ist das eine
zusätzliche billige Provokation? Von einer Pistole hat jedenfalls
weder Opfer Fehr etwas gesagt noch die Polizei.
So oder so: Fehr fürchtete um sein Leben. Im SonntagsBlick sagte
er: "Ich dachte nur noch, hoffentlich überlebst du das."
Fehr reicht Strafanzeige ein. Die Polizei hat nach eigenen Angaben
bisher "keine konkreten Hinweise auf die Täterschaft."
Fehr-Attacke spaltet die Linksautonomen
Offenbar ist es einem Teil der Linksautonomen nicht mehr ganz geheuer.
Die Attacke auf Fehr wird auf Foren zum Teil als als feige und
destruktiv kritisiert. Andere fordern die Foren-Moderation dazu auf,
die Kommentare mit der Gewaltverherrlichung zu löschen. Weil das
der Sache schade.
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Zentralschweiz am Sonntag 23.1.11
Hans Fehr: "Ich reiche Strafanzeige ein"
Thomas Heer und Jürg Auf der Maur
Nationalrat Hans Fehr will wegen der blutigen Attacke auf ihn
Strafanzeige erstatten. Bundesrätin Doris Leuthard fordert die
Parteien auf, ihre Leute im Griff zu halten.
Thomas Heer und Jürg Auf der Maur
nachrichten@luzernerzeitung.ch
"Ich bin hart im Nehmen", sagt Hans Fehr. Eines stand für
den Zürcher SVP-Politiker gestern dennoch fest: "Ich reiche
Strafanzeige gegen unbekannt ein." Fehr wurde am Freitagabend kurz vor
seinem Eintreffen an der Albisgüetli-Tagung von Linksautonomen
brutal zusammengeschlagen.
Beispiellos für die Schweiz
Durch die Fusstritte auf den Brustkasten erlitt Fehr
Rippenquetschungen. Dieser brutale Überfall auf Hans Fehr ist im
Umfeld der jüngeren Schweizer Polit-Geschichte beispiellos. Der
Lausanner Politologe Georg Lutz sagt: "Das ist ein gravierender Vorfall
und in aller Form zu verurteilen." Lutz kann sich an kein derartiges
Ereignis in der Schweiz erinnern. Schliesslich kommen selbst
Bundesrätinnen und Bundesräte die allermeiste Zeit ohne
Bodyguards aus. Nicht erstaunlich, dass Hans Fehr nach dem Ereignis
bereits über die politischen Konsequenzen nachdenkt. Er spricht
von einem totalen Vermummungsverbot und der konsequenten und raschen
Auflösung von unbewilligten Demonstrationen durch die Polizei.
"Parteien haben Verantwortung"
Bundesrätin Doris Leuthard hat sich gestern gegenüber
der "Zentralschweiz am Sonntag" zum Vorfall geäussert. Leuthard
appelliert an die Parteien: "Diese haben die Verantwortung für
ihre Klientel und müssen für Mässigung sorgen." Denn
wenn sich Politiker nicht mässigten, könne die Stimmung in
der Bevölkerung rasch umschlagen - mit unkontrollierbaren Folgen.
Dass Politiker mitunter einiges einstecken müssen, zeigen
die Beispiele von Natalie Rickli und Jürg Stahl. Auf die
Häuser der Zürcher SVP-Nationalräte wurden kürzlich
Farbanschläge verübt. Sogar Bundesräte sind zuweilen
Opfer von Attacken. Moritz Leuenberger wurde am 1. Mai 2006 mit Eiern
beworfen, Doris Leuthard wurde 2009 von Westschweizer Landwirten mit
Stiefeln beworfen.
Frauen verhinderten Schlimmeres
Für Hans Fehr hat der Angriff keine bleibenden Folgen. Doch
er räumt ein, auch etwas Glück im Unglück gehabt zu
haben, da sich sofort einige junge Frauen zwischen die Schläger
und den Politiker gestellt hatten. "Ich weiss nicht, was passiert
wäre, hätten die Frauen nicht eingegriffen", sagt Fehr.
---
Sonntag 23.1.11
Fehr erstattet Strafanzeige
SVP-Nationalrat wehrt sich, Polizei weist Vorwürfe
zurück
Hans Fehr ergreift juristische Schritte: "Ich werde Anfang Woche
Strafanzeige einreichen", sagt der SVP-Nationalrat dem "Sonntag". Eine
Strafanzeige gegen mehrere Personen aus dem Kreis der Linksautonomen,
die ihn am Freitagabend in Zürich vor der Albisgütli-Tagung
verprügelt haben. Körperlich gehe es ihm mit Ausnahme der
gequetschten Rippen auf der linken Seite wieder gut. Gestern Samstag
jedenfalls nahm er schon wieder an einer Sitzung teil.
Teilnehmer der Albisgütli-Tagung äusserten
Unverständnis, wieso die Polizei die Sicherheit nicht garantieren
konnte. Unter den Kritikern war auch SVP-Bundesrat Ueli Maurer. Die
Zürcher Stadtpolizei weist jedoch die Kritik zurück. "Wir
haben die Situation nicht unterschätzt: Der Auftrag lautete,
dafür zu sorgen, dass die Tagung ungestört stattfinden kann",
sagt Kommandant Philipp Hotzenköcherle. "Diesen Auftrag haben wir
erfüllt." Anträge für Personenschutz habe die SVP keine
gestellt. Für die Bundesräte Micheline Calmy-Rey und Maurer
sorgte der Bundessicherheitsdienst. Laut Hotzenköcherle wurden am
Freitag sieben Autonome vorübergehend festgenommen. Diese seien
wieder auf freiem Fuss und würden vielleicht angeklagt. (fv)
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Telebärn 22.1.11
Berner Politiker zum "Albisgüetli"-Angriff
Der SVP-Politiker Hans Fehr wurde vor der Albisgüetli-Versammlung
von Unbekannten angegriffen. Die Berner Politiker André Daguet
(SP) und Erich Hess (SVP) erzählen von ihren eigenen Erfahrungen.
http://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/Berner-Politiker-zum-AlbisgueetliAngriff/story/20583278
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telem1.ch 22.1.11
Attacke auf SVP-Nationalrat: Reaktionen
http://telem1.ch/de/overlayplayer---0--0--0--T000316085.html
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tagesanzeiger.c 22.1.11
http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/Wir-hatten-von-der-SVP-keine-Anfrage-fuer-Personenschutz/story/24695694
"Wir hatten von der SVP keine Anfrage für Personenschutz"
Von Felix Schindler.
Hat die Polizei versagt, als SVP-Nationalrat Hans Fehr gestern von
Chaoten verprügelt wurde? Laut der Stadtpolizei Zürich
hätte die SVP den Angriff mit einem einzigen Anruf verhindern
können.
Nach der Attacke von Chaoten auf Nationalrat Hans Fehr wurde Kritik am
Einsatz der Stadtpolizei Zürich laut. "Es ist unverständlich,
dass die Polizei die Sicherheit nicht garantieren konnte", sagte etwa
SVP-Bundesrat Ueli Maurer gestern Freitagabend. Die Stadtpolizei
Zürich lässt diese Kritik nicht gelten. "Wir hatten den
Auftrag, die Demonstranten nicht in Richtung Albisgüetli laufen zu
lassen. Wir haben die Demonstration sofort aufgelöst und konnten
so gewährleisten, dass die Veranstaltung nicht gestört
wurde", sagt Polizeisprecher René Ruf.
Dass der Angriff auf den SVP-Nationalrat nicht verhindert werden
konnte, hat laut Ruf einen anderen Grund. "Wir hatten von Seiten der
SVP keine Anfrage für Personenschutz. Wir haben nicht gewusst,
dass sich Herr Fehr einen Weg durch die Chaoten bahnt. Wenn man uns
informiert hätte, dann hätten wir ihn begleitet."
Fehr habe zur Stunde noch keine Anzeige eingereicht, weshalb die
polizeilichen Abklärungen zur Zeit noch im Hintergrund liefen.
"Wir brauchen Herr Fehrs Angaben, bevor wir die Ermittlungen aufnehmen
können", sagt Ruf. Ob die Polizei bereits über erste Hinweise
verfügt - die Demonstration wurden von zahlreichen Kameras
festgehalten - daüber will sich die Polizeisprecher nicht
äussern.
(Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)
--
Attacke spaltet die linksautonome Szene
Auf der linksautonomen Internetplattform Indymedia.org ist gestern kurz
vor Mitternacht ein Bekennerschreiben vom "Revolutionären
Bündnis Zürich" Störaktion publiziert worden. Der
anonyme Autor rechtfertigt die Attacke auf den SVP-Mann.
Der Angriff führt unter den Kommentarschreibern der
einschlägigen Internetseite zu einer heftigen Auseinandersetzung.
Eine Mehrheit der Personen, von denen die meisten dem linksautonomen
Umfeld zuzurechnen sind, kritisiert die Attacke als feige und
destruktiv.
...
blick.ch 22.1.11
Verprügelter SVP-Fehr: "Eine nackte, dumpfe Gewalt"
ZÜRICH - SVP-Nationalrat Hans Fehr wird bei der
Albisgüetlitagung von Vermummten zu Boden geschlagen. Mit Blick.ch
spricht er am Morgen danach über den Vorfall.
Von Roman Neumann
An der gestrigen Albisgüetli-Tagung kommts zu den erwarteten
Scharmützeln mit Linksautonomen. Sie versuchen, die SVP-Tagung zu
stören, werden aber von der Polizei aufgehalten.
Dann passiert es: SVP-Nationalrat Hans Fehr will zum Schützenhaus,
läuft mit anderen am Trottoir an den Vermummten vorbei - als sich
plötzlich mehrere auf ihn stürzen und auf ihn einschlagen.
"Man fühlt sich in so einem Moment einfach völlig hilflos",
sagt Hans Fehr heute Morgen zu Blick.ch. "Diese nackte, dumpfe Gewalt,
die da aus dem Dunkeln auf einen einstürzt - ich hatte
Todesangst." Er habe bloss versucht, die Schläge einigermassen
abzuwehren.
Weitere Attacke danach
Nachdem sich drei Frauen - aus den linksautonomen Kreisen -
schützend vor ihn stellten, liessen die Schläger von ihm ab.
"Ein Mann zog mich von den Leuten weg, sagte, ‹Chömed Sie,
chömed Sie›, ich dachte, er wollte mir helfen - da habe ich
plötzlich noch eine verpasst gekriegt", so Fehr. Ob von ihm, oder
von einem anderen, wisse er nicht.
"Zum Glück hatte ich einen dicken Mantel an, aber im Spital nach
dem Röntgen haben sie eine Rippenquetschung festgestellt." Er habe
derzeit Mühe mit Atmen, so Fehr. Er werde in den nächsten
Tagen Strafanzeige gegen die Schläger einreichen. Das habe ihm die
Polizei auch geraten, so Fehr. René Ruf von der Stadtpolizei
Zürich zu Blick.ch: "Wir haben sieben Personen im Nachgang
festgenommen, ihre Personalien aufgenommen und weggewiesen." Ob sie
jedoch an der Schlägerei beteiligt waren, sei unklar.
Hans Fehr schockt vor allem, dass sich die Gewalt plötzlich gegen
Personen richtet. "Wenn die Container anzünden, ist das zwar auch
nicht tolerierbar, aber niemand wird verletzt - aber dass sich die
Gewalt gegen Menschen richtet?" Dies müsse der Staat mit aller
Kraft unterbinden, so Fehr. Es zeige auch, dass ein absolutes
Vermummungsverbot nötig sei. Seine gestrige Aussage, dass er
abgedrückt hätte, wenn er eine Waffe dabei gehabt hätte,
sei durch Schock entstanden. Er habe sich im ersten Moment völlig
hilflos gefühlt.
Spott und Kritik
Auf der Internetseite "indymedia.org" brüstet sich das
"Revolutionäre Bündnis Zürich" mit der Attacke gegen
Fehr: "Zwischendurch verirrte sich der SVP-Politiker Hans Fehr auf die
falsche Seite der Barrikaden und erhielt eine Abreibung."
Die Begründung für die "Abreibung": "Auf seiner Seite der
Barrikaden steht der rechte Hardliner Fehr an vorderster Front bei der
Durchsetzung von immenser Gewalt von oben gegen unten."
Nur: Nicht alle innerhalb der linksautonomen Kreise tolerieren die
Aktion. Einer schreibt: "Wenn es das höchste der Gefühle ist,
zu fünft einen 60-jährigen Mann zu verprügeln, dann
weiss ich auch nicht." Und ein anderer meint: "Die SVP und Hans Fehr
bedanken sich vielmal für die Gratispropaganda die ihr ihnen
geliefert habt."
--
Fäkalien und Sprengsätze: Die schlimmsten Angriffe auf
Schweizer Politiker
ZÜRICH - Der tätliche Angriff gegen Nationalrat Hans Fehr
(SVP) ist nicht die einzige Attacke gegen Politiker. In den letzten
Jahren wurde immer wieder zugeschlagen - doch bis gestern floss nie
Blut.
Von Roman Neumann
SVP-Nationalrat Hans Fehr trägt eine Rippen-Prellung und eine
Rissquetschwunde auf der Stirn vom gestrigen Angriff davon. Obwohl die
Täter noch auf den am Boden liegenden Mann einschlugen, ging der
Angriff relativ glimpflich aus. Hans Fehr ist jedoch nicht der erste
Politiker, der nicht nur mit Worten angegriffen wurde.
So traf es Bundesrat Ueli Maurer im Jahr 1999 gleich mehrmals, damals
noch in seiner Funktion als SVP-Präsident. Vandalen verschmierten
sein Haus in Wernetshausen ZH, verwüsteten seinen Garten und
füllten seinen Briefkasten mit menschlichen Fäkalien.
Kurz zuvor schlitzten unbekannte Täter auch die Reifen seines
Autos auf. Körperlich am Härstesten traf es Maurer an einer
Wahlkampfveranstaltung im September 1999. Ein junger Mann warf ihm eine
mit Sand gefüllte Torte ins Gesicht - Maurer musste später
erbrechen, litt sichtlich unter der Attacke.
Sprengstoff im Haus...
Es trifft jedoch nicht nur SVP-Politiker. Schlimmer waren die
Anschläge von 1984: Die Täter legten der damaligen
Regierungsrätin Hedi Lang (SP) durch ein offenes Parterrefenster
Sprengstoff ins Haus. Und im selben Jahre explodierte vor dem Haus des
damaligen Justizministers Rudolf Friedrich (FDP) ein Sprengsatz.
Zunder barg auch das Jahr 2007. Die Wohnung der SP-Nationalrätin
Chantal Galladé wurde mit Farbe verschmiert. SVP-Politiker
brauchten ebenfalls eine dicke Haut: Vier bis fünf Vermummte
griffen einen Stand an, an dem Ulrich Schlüer und Natalie Rickli
standen. Die Politiker wurden mit Eiern und Hundefutter beworfen.
...versprayte Häuser
Sprayereien gegen Politiker-Häuser gibt es immer wieder. So
besprayten Unbekannte Ende Februar 2008 das Haus der damaligen
Zürcher Polizeivorsteherin Esther Maurer (SP). Im darauffolgenden
Juli kam das Haus des damaligen Zürcher Stadtpräsidenten
Elmar Ledergerber (SP) dran.
SVP-Frau Natalie Rickli traf es ein weiteres Mal Ende Dezember 2010.
Ihr Haus wurde mit kübelweise Farbe verschmiert.
Alle diese Politiker kamen unverletzt davon. Hans Fehr zeigt sich
gegenüber Blick.ch entsetzt: "Das ist eine neue Ebene der Gewalt."
Dass die Scheu vor tätlichen Angriffen gegen Politiker gewichen
sei, müsse man "im Keim ersticken."
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tagesazeiger.ch 22.1.11
"Ich fühlte mich völlig hilflos"
Felix Schindler
In der Nacht auf heute wurde SVP-Nationalrat Hans Fehr von
Chaoten attackiert. Im Interview sagt er, wie es ihm heute geht - und
wie er die Situation erlebt hat.
Sie wurden gestern von Chaoten niedergeschlagen. Wie geht es
Ihnen heute? Ich bin zuhause, es geht mir den Umständen
entsprechend gut. Ich habe Atembeschwerden, weil ein paar Rippen
geprellt sind. Das wird ein paar Wochen dauern. Ausserdem habe ich ein
paar Blutergüsse und eine kleine Platzwunde auf der Nasenwurzel.
Das ist die medizinische Seite. Was geht in Ihrem Inneren vor?
Ich habe eine dicke Haut. Ich leide nicht unter dem, was passiert ist.
Aber ich stelle fest, dass das eine neue Stufe der Gewalt aus diesen
Kreisen ist. Früher sind die Chaoten mit dumpfer Gewalt gegen
Sachen vorgegangen. Dass man heute auch Personen angreift, das ist eine
neue Dimension. Das ist nicht tolerierbar, der Staat muss das sofort
unterbinden.
Sie gelten als Provokateur in der Politik. Glauben Sie, dass sich
die Attacke gezielt gegen Sie gerichtet hat? Ich glaube nicht. Ich
nehme an, das richtete sich gegen Exponenten der SVP.
Was haben Sie eigentlich bei den Chaoten gewollt? Es war ja
bekannt, dass es vor dem Albisgüetli zu Störaktionen kommen
wird. Ich habe mein Auto in der Nähe des Strassenverkehrsamts
geparkt und wollte zu Fuss bis zum Albisgüetli. Ich habe nicht
erwartet, dass das zum Problem werden könnte. Die Polizei war
nicht weit, andere Leute gingen auch dort entlang. Ich war schon fast
an den Autonomen vorbei, als ich jemanden rufen hörte: "Da kommt
der Fehr."
Wie hat die Auseinandersetzung angefangen? Es gingen drei oder
vier Leute völlig unvermittelt auf mich los. Sie haben einfach auf
mich eingeschlagen, mit Fäusten und Füssen. Dass ich mich
befreien konnte, habe ich nicht zuletzt einigen jungen Frauen zu
verdanken, die interveniert haben. Sie gehörten auch zu den
Leuten, haben die Schläger aber angeschrien und gesagt, sie
sollten aufhören.
Sie werden in den Medien mit der Aussage zitiert, Sie hätten
geschossen, wenn Sie eine Waffe gehabt hätten. Damit begeben Sie
sich auf dünnes Eis. Ich bin nicht sicher, ob ich das gestern so
gesagt habe. Ich war in Todesangst und fühlte mich völlig
hilflos. Ich hätte gewünscht, ich hätte mich irgendwie
verteidigen können.
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sf.tv 22.1.11
Bedrohte Politiker: Hasstiraden, Sprengsätze, Attacken
sf/fref
SVP-Nationalrat Hans Fehr (ZH) ist vor der
Albisgüetli-Tagung von Demonstranten angegriffen worden. Solch
erhebliche Attacken sind selten. Die Zahl von Drohungen gegen Beamte
hingegen nimmt zu, wie ein Blick in die Kriminalstatistik zeigt. Neue
Medien wie Email oder Facebook begünstigen diese Entwicklung.
Die Attacke auf Fehr in Zürich ist trauriger Höhepunkt
von sich häufenden Angriffen auf Schweizer Politiker. Andere
Fälle verliefen entweder glimpflich, oder es handelte sich um
verbale Attacken oder Angriffe auf Eigentum von Politikern.
Karin Keller-Sutter bestätigt diesen Trend:
Exekutivpolitiker, die Entscheide fällen müssen, seien
stärker betroffen. Die Vizepräsidentin der Justiz- und
Polizeidirektorenkonferenz meint gegenüber "tagesschau.sf.tv",
dass die neuen Medien wie Blogs, soziale Netzwerke (z.B. Facebook) oder
Email Hassattacken begünstigen würden.
Emotionale Themen führen zu heftigen Reaktionen
Besondere Häufungen gibt es anscheinend im Rahmen von
kontrovers diskutierten Themen wie den letzten Initiativen um
Ausländer, Minarette - oder demnächst: Waffenbesitz.
CVP-Nationalrätin Barbara Schmid-Federer begründete dies
jüngst im "Aargauer Tagblatt" mit dem Emotionsgehalt dieser
Vorlagen.
Es sei logisch, dass solche Initiativen die "Emotionen
zusätzlich schüren" und darum die Reaktionen heftiger
Ausfallen würden. Zudem würden die neuen Medien die
Hemmschwelle herunter setzen, glaubt auch Schmid-Federer: "Wenn man
hinter dem Computer sitzt, ist man anonymer und getraut sich mehr."
Chronologie von Attacken auf Schweizer Politiker
21. Januar 2011: Linksautonome Protestanten greifen
SVP-Nationalrat Hans Fehr (ZH) an. Fehr stürzt und verletzt sich
am Kopf.
23. Oktober 2010: Bauern bewerfen Bundesrätin Doris Leuthard
an einer Veranstaltung im Jura mit Stiefeln. Sie bleibt unverletzt,
muss aber ihre Rede abbrechen.
25. März 2010: CVP-Nationalrat Jakob Büchler (SG),
SVP-Ständerat Hannes Germann (SH) und FDP-Nationalrat Christian
Lüscher (GE) werden per Email nach Ablehnung der
Tierschutzanwalt-Initiative aufs Übelste beschimpft.
April 2008: Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) sagt
ihre Teilnahme am Zürcher Sechseläuten ab, weil sie
ernsthafte Todesdrohungen erhalten hatte.
6. Oktober 2007: Mehrere hundert Chaoten stören eine
SVP-Wahlkundgebung in Bern massiv; der Umzug muss Umwege nehmen; Alt
Bundesrat Blocher und seine Frau müssen während längerer
Zeit von Bodyguards abgeschirmt abwarten.
1. August 2007: Unmittelbar nach der Rütli-Feier mit
Bundesrätin Micheline Calmy-Rey detoniert ein Sprengsatz. Es
handelt sich um einen Feuerwerkskörper, der in 20 Zentimeter Tiefe
vergraben war und mit einem Zeitzünder ausgelöst wurde.
1. Mai 2006: Bundesrat Moritz Leuenberger muss von Bodyguards vom
Redner-Pult an einer Zürcher Kundgebung zum Tag der Arbeit
weggebracht werden. 200 vermummte Linksautonome stören den Anlass
mit Lärm und Feuerwerk.
1. August 2005: Ca. 700 Rechtsextreme schreien
Bundespräsidenten Samuel Schmid (damals SVP) auf dem Rütli
zum Teil mit persönlichen Beleidigungen nieder.
April 2004: Bundesrat Pascal Couchepin wird vor einem Treffen mit
der Tessiner Handelskammer von 200 erbosten Malern und Gipsern
abgefangen, beschimpft und mit Bier übergossen.
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sf.tv 22.1.11
"Wir sind hier, um mit Worten zu kämpfen, nicht mit Fäusten"
Wüste Attacke auf SVP-Nationalrat Hans Fehr, Tränengas
und sieben Festnahmen - Die gestrige Albisgüetli-Tagung stand
unter keinem guten Stern. Bundesrätin und Gastrednerin Micheline
Calmy-Rey kritisierte die Attacke auf Hans Fehr scharf.
agenturen/widb
"So geht es nicht!", empörte sich Micheline Calmy-Rey in
ihrer Rede. Die Bundespräsidentin hatte soeben erfahren, dass
Nationalrat Hans Fehr auf der Strasse zusammengeschlagen worden ist.
"Wir sind hier, um mit Worten zu kämpfen, nicht mit den
Fäusten", so Calmy-Rey. Die Bemerkung wurde vom SVP-Publikum mit
grossem Applaus bedacht.
Rissquetschwunde am Kopf
Gemäss Polizeiangaben war Fehr zu Fuss in Richtung
Albisgüetli unterwegs, als ihn mehrere Personen erkannten,
angriffen und mit Faustschlägen sowie Fusstritten traktierten.
Fehr zog sich eine Rissquetschwunde am Kopf und Prellungen zu. Er liess
sich nach dem Zwischenfall im Spital Triemli untersuchen.
Er habe Schmerzen in der Brust und könne nur schlecht atmen,
klagte der SVP-Nationalrat. Zudem dröhne ihm der Schädel.
"Aber ich lasse mich nicht unterkriegen", sagte Fehr und forderte ein
energisches Durchgreifen gegen die Gewalt. Die Gewalttäter
müssten zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Linksautonomen hatten im Vorfeld der Albisgüetlitagung
im Internet zu einer Gegendemonstration aufgerufen. Rund 100
Demonstranten folgten dem Aufruf und versammelten sich gegen 18.40 Uhr
der Nähe des Albisgüetlis und blockierten den Tram- und
Busbetrieb.
Wie die Polizei mitteilte, habe sie die Chaoten mehrmals
aufgefordert, die unbewilligte Kundgebung aufzulösen und die
Örtlichkeiten für den privaten sowie den öffentlichen
Verkehr freizugeben. Nachdem eine Frist abgelaufen war, löste die
Polizei die Versammlung mit Tränengas auf.
Sieben Personen festgenommen
Die Polizisten wurden daraufhin massiv mit Steinen, Flaschen und
anderen Gegenständen beworfen. Ihr gelang es, die Linksautonomen
mittels Gummischrot von der Albisgüetli-Tagung fern zu halten. Die
Demonstrationsteilnehmer zogen sich zurück, errichteten aber auf
der Uetlibergstrasse Barrikaden und steckten Container in Brand.
Die Situation beruhigte sich gegen 21 Uhr. Der Sachschaden ist
laut Polizei noch nicht bezifferbar. Die Stadtpolizei Zürich nahm
sieben Personen vorläufig fest.
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Tagesanzeiger 22.1.11
Calmy-Rey verurteilt Prügelattacke auf SVP-Mann Hans Fehr
Linke Chaoten schlugen den SVP-Nationalrat derart zusammen, dass
er ins Spital musste.
Von Iwan Städler und Mario Stäuble
Vor der gestrigen Albisgüetli-Tagung ist es zu einem
Zwischenfall gekommen. Linksautonome haben SVP-Nationalrat Hans Fehr
auf dem Weg ins Schützenhaus zusammengeschlagen. Die Chaoten waren
eigentlich bereits auf dem Rückzug, nachdem die Polizei mit
Tränengas gegen sie vorgegangen war. Dann aber erkannten sie Hans
Fehr, der die letzte Strecke bis zum Schützenhaus zu Fuss gehen
wollte.
"Sie schlugen mich nieder und traktierten mich mit Fusstritten",
sagte Fehr nur wenige Augenblicke nach dem Angriff. Der SVP-Mann war
sichtlich schockiert: "Wenn ich eine Waffe gehabt hätte,
hätte ich geschossen." Hans Fehr wurde nach der Attacke zur
Versorgung einer Platzwunde an der Stirn ins Spital gebracht.
Im Schützenhaus Albisgüetli äusserten die
anwesenden SVP-Politiker ihren Unmut: "Es ist unverständlich, dass
die Polizei die Sicherheit nicht garantieren konnte", sagte etwa
SVP-Bundesrat Ueli Maurer. Auch Bundespräsidentin Micheline
Calmy-Rey kritisierte die Attacke zu Beginn ihrer Ansprache vor den
SVP-Anhängern harsch: "Wir sind hier, um mit Worten zu
kämpfen, nicht mit Fäusten." Die Bemerkung wurde mit grossem
Applaus quittiert.
Vor Calmy-Rey hatte Christoph Blocher rund eine Stunde lang zu
seinen Anhängern gesprochen und die Albisgüetli-Tagung als
grösste Schweizer Veranstaltung bezeichnet, bei der die Kunst der
Rede und Gegenrede hochgehalten werde. Das habe bald Seltenheitswert.
Jetzt wolle nämlich auch das Schweizer Fernsehen unter
"Euro-Turbo, Demokratiefeind und SVP-Hasser" Roger de Weck keine
konfrontativen Diskussionen mehr.
Nebst der SRG nahm Blocher auch die Nationalbank ins Visier und
verglich deren Verlust mit den einstigen Verlusten der UBS. Bei
Letzterer habe man durchgegriffen und Marcel Ospel sowie Peter Kurer
abgesetzt. Bei der Nationalbank stünden die personellen
Konsequenzen aber noch aus. Diese wolle die SVP nun einfordern. Blocher
wirft den Schweizer Nationalbankern "Grössenwahn" vor. Nachdem sie
die Bankenkrise gut gemeistert hätten, sei es ihnen in den Kopf
gestiegen. Der SVP-Chefstratege will sie nun disziplinieren und ihre
Entscheidungsfreiheit einschränken. -Seite 21
--
Ausschreitungen
Sieben Autonome verhaftet
Von Mario Stäuble
Zürich - Linksautonome Gruppen hatten angekündigt, die
Albisgüetli-Tagung zu stören. Gegen 18.30 Uhr kam es zur
Konfrontation zwischen Linksradikalen und einem Grossaufgebot der
Stadtpolizei. Die Demonstranten besammelten sich bei der
Tramhaltestelle Strassenverkehrsamt. Sie reagierten mit Schimpftiraden
auf die Aufforderung, das Gebiet zu verlassen und bewarfen die Polizei
mit Steinen und Flaschen. Diese rückte unter Einsatz von
Tränengas und Gummischrot vor. Die knapp 100 Autonomen wichen
zurück und errichteten Barrikaden aus angezündeten Containern.
Auf dem Rückzug traf eine Gruppe Autonomer auf Nationalrat
Hans Fehr, der zu Fuss auf dem Weg an die Tagung war. Der SVP-Mann
wurde sogleich angegriffen: "Sie schlugen mich nieder und traktierten
mich mit Fusstritten", sagte Fehr nach dem Angriff sichtlich geschockt.
"Ich weiss nicht, ob sie Gegenstände benutzten. Ein paar junge
Frauen von ihnen haben schliesslich Aufhören! geschrien." Immer
noch um Fassung ringend ergänzte er: "Wenn ich eine Waffe gehabt
hätte, hätte ich geschossen." An der Stirn erlitt Fehr eine
Platzwunde. Das Angebot der Polizei, die Sanität aufzubieten,
lehnte er ab; er wolle hoch ins Schützenhaus. Später brachte
man ihn dennoch ins Spital.
Die Autonomen wurden unterdessen von der Polizei
zurückgedrängt. Sie errichteten Strassensperren. Bei der
Tramhaltestelle Uetlihof schlugen sie Scheiben ein und
beschädigten sie ein ziviles Polizei-Auto. Um 21 Uhr beruhigte
sich die Lage. Die Höhe des Sachschadens war gestern Nacht noch
unbekannt, die Polizei verhaftete sieben Personen.
Nachdem Micheline Calmy-Rey den Angriff auf Hans Fehr
kommuniziert hatte, war die Attacke im Saal Tischgespräch. "Das
sind für mich keine Autonomen, sondern Kriminelle", sagte
Bundesrat Ueli Maurer. "Es ist unverständlich, dass die Polizei
keine Sicherheit garantieren konnte." Der Angegriffene selbst liess
über OK-Präsidentin Barbara Steinemann ausrichten, es gehe
ihm den Umständen entsprechend gut. Er werde aber nicht ans Fest
zurückkehren.
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NZZ 22.1.11
Nationalrat Hans Fehr tätlich angegriffen
-yr. · Auf dem Weg ins Schützenhaus Albisgütli
ist SVP-Nationalrat Hans Fehr am Freitagabend von mehreren
Demonstranten niedergerissen und geschlagen worden. Fehr erlitt eine
blutende Schramme an der Stirn und Schürfwunden an den
Händen. Unmittelbar nach dem Angriff schilderte der sichtlich
erschütterte Fehr gegenüber der NZZ den Vorfall. Er sei
verspätet gewesen und mit seinem Fahrzeug auf der
Üetlibergstrasse in eine mit Bauabschrankungen und brennenden
Containern errichtete Strassenblockade geraten. Deshalb habe er das
Auto in einer Seitenstrasse parkiert und habe zu Fuss ins
Albisgütli gehen wollen. Als er, wie andere Passanten auch, auf
dem Trottoir an den Demonstranten habe vorbeigehen wollen, sei er
offenbar erkannt und von mehreren Personen niedergerissen worden. Am
Boden liegend, sei er mit Fäusten, Stiefeln und einem unbekannten
Gegenstand geschlagen worden. Erst als einige Frauen riefen, man solle
aufhören, habe er flüchten können. Noch ausser Atem
sagte Fehr in der ersten Aufregung, er hätte geschossen, wenn er
eine Waffe bei sich gehabt hätte. Die Gewalttäter
gehörten zu einer Gruppe von etwa hundert Demonstranten, die einem
Aufruf von autonomen Kreisen gefolgt waren. "Ganz fest gegen die
rassistische Hetze" hiess es auf einem Flyer. Gegen 18 Uhr 30
blockierten die Demonstranten mit einem gemieteten Transportauto die
Tramhaltestelle Strassenverkehrsamt. In der Folge drängte die
Polizei die Demonstranten mit dem Einsatz von Reizgas und Gummischrot
in Richtung Brunaupark zurück. Unterwegs kam es zu verschiedenen
Sachbeschädigungen. Gegen 19 Uhr 15 löste sich die
Demonstration auf.
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Indymedia 21.1.11
Pressecommuniquée zur Störaktion gegen die
Albisgüetlitagung ::
AutorIn : Süneliuntergang
Etwa 150 Leute haben heute vor dem Albisgüetli, während die
Rechtspopulisten sich drinnen ausgiebig beweihräuchert haben,
einigen Trubel veranstaltet.
Während heute Abend die Rechtspopulisten von der SVP im
Albisgüetli ihre Selbstbestätigungsrituale durchführten,
besammelten sich beim Strassenverkehrsamt ca. 150 Menschen, um gegen
die unerträgliche rechte Hetze dieser Partei zu demonstrieren.
Geplant waren Konzerte und Reden. Kaum wurde jedoch Musik eingespielt,
griff die Polizei die Demonstration mit Tränengas und Gummischrot
an. Die DemonstrantInnen setzten sich gegen den Angriff mit Barrikaden
zur Wehr. Zwischendurch verirrte sich der SVP-Politiker Hans Fehr auf
die falsche Seite der Barrikaden und erhielt eine Abreibung. Dazu gibt
es nur eines zu sagen: Auf seiner Seite der Barrikaden steht der rechte
Hardliner Fehr an vorderster Front bei der Durchsetzung von immenser
Gewalt von oben gegen unten.
Die SVP betreibt Klassenpolitik von oben. Soviel die SVP auch schwafeln
mag von "direkter Demokratie" oder dem "Schweizer Volk", sie betreibt
offensichtlich vor allem eines: die Politik der Mächtigen. Die
meisten ihrer Funktionäre sind stinkreich, sie macht Steuerpolitik
für Reiche, und sie peitscht rigorose Sparprogramme durch auf
Kosten der Unterklassen. Auch ihre ideologischen Vorstösse,
beispielsweise die aufwendigen rassistischen Hetzkampagnen, sind
Klassenpolitik von oben: Abstruse konservative "Werte", Leistungsmoral,
nationale Identität und vor allem die Feindseligkeit gegen
MigrantInnen, SozialhilfeempfängerInnen und MuslimInnen; all dies
bildet den idealen Soundtrack zu den aktuellen ökonomischen
Verschärfungen. Wenn die Jobs immer prekärer werden und der
Stress auf dem Arbeitsmarkt immer unerträglicher, wenn die
sozialen Sicherheitssysteme zur minimalen Armutsverwaltung
zusammengestaucht werden, dann kommt die Auffassung, die
"Ausländer" und "Sozialschmarotzer" seinen das Problem, den
herrschenden Klassen ganz wunderbar gelegen.
Unsere Aktion konnte den Politgottesdienst der Rechtspopulisten
empfindlich stören. Runter mit den Schweizerfahnen, sie verstellen
nur den Blick auf die sozialen Verhältnisse. Die Störaktion
heute war ein entschlossenes Zeichen gegen die unsägliche Hetze
der SVP. Die Funktionseliten und Propagandisten des Kapitals haben mit
unserem Widerstand zu rechnen, beim Albisgüetli, am WEF und
überall.
Zürich, 21. Januar 2011,
Revolutionäres Bündnis Zürich.
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10vor10 21.1.11
Calmy-Rey an Albisgüetli-Tagung
An der Albisgüetli-Tagung in Zürich kam es heute Abend zu
einem demokratischen Schlagabtausch zwischen SVP-Vordenker Christoph
Bocher und der von der SVP vielgescholtenen Bundespräsidentin
Micheline Calmy-Rey.
http://videoportal.sf.tv/video?id=f7eb8cc0-5dc1-4a84-930e-fcb3ebb95f8d
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Tagesschau 21.1.11
Calmy-Rey an Albisgüetli-Tagung
SP-Bundespräsidentin Michéline Calmy-Rey hat die Einladung
für die sogenannte Albisgüetli-Tagung angenommen. Der Anlass
wird von Christoph Blocher und der SVP organisiert. Einschätzungen
von SF-Korrespondent Jonas Projer in Zürich.
http://videoportal.sf.tv/video?id=7135d435-c99e-4d3c-beb4-20ff418b4a0e
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Schweiz Aktuell 21.1.11
Unruhen am Albisgüetli
In Zürich findet heute die jährliche Albisgüetli-Tagung
der kantonalen SVP statt. Eingeladen ist auch Bundespräsidentin
Micheline Calmy-Rey. Im Vorfeld der Veranstaltung kam es zu
gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei.
http://videoportal.sf.tv/video?id=00469829-f2f5-43dc-ab12-75a23ff3f955
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sf.tv 21.1.11
Hans Fehr von Anti-SVP-Demonstranten verprügelt
tscj
Vor der traditionellen Albisgüetli-Tagung der SVP in
Zürich ist es zu einem Angriff auf SVP-Nationalrat Hans Fehr
gekommen. Dabei haben vermummte Demonstranten auf Fehr eingeschlagen -
und zwar solange, bis sich einige junge Frauen schützend vor den
64-Jährigen stellten. Fehr trug mindestens eine sichtbare Wunde an
der Stirn davon.
"Ich habe so etwas noch nie erlebt", sagte ein sichtlich
aufgewühlter Hans Fehr nach dem Angriff gegenüber der
"Tagesschau". Er sei auf dem Trottoir Richtung Albisgüetli
gegangen, als er von einer Gruppe Demonstranten erkannt wurde. Die
"lockere, schwarze Horde", so Fehr, habe sich darauf auf ihn
gestürzt und ihn in den Kopf und den Nacken geschlagen. Und als er
am Boden lag, hätten sie ihn "mit Schuhen traktiert".
Fehr kamen nach eigenen Angaben schliesslich drei junge Frauen zu Hilfe
- "wahrscheinlich aus diesem Clan" - die "eine Art Cordon" um ihn
bildeten. Fehr konnte darauf wegrennen, wobei ihm die unbekannten
Schläger nachrannten und weiter auf ihn einschlugen.
Welche Verletzungen Fehr dabei erlitt, ist noch unklar.
Äusserlich war auf seiner Stirn ein Blutfleck zu sehen. Fehr
klagte zudem über Atemprobleme und Schmerzen in der Rippengegend.
Er liess sich nach dem Zwischenfall im Spital Triemli untersuchen, wie
Yves Gadient, Sekretär der SVP Kanton Zürich, sagte.
Die Tat ereignete sich unterhalb des Albisgüetli, wo eine
ganze Reihe Polizisten zugegen waren.
Angekündigte Demonstrationen
Im Vorfeld der diesjährigen Albisgüetli-Tagung der SVP
hatten Linksautonome angekündigt, das Treffen zu stören. Ein
Flyer, der auch im Internet kursierte, zeigte eine Gruppe schwarzer
Schafe, die mit hämischen Grinsen das SVP-Maskottchen Zottel
über dem Feuer rösten.
Wegen einer unbewilligten Demonstration, die gegen 18 Uhr vor dem
Zürcher Strassenverkehrsamt begann, war die Polizei in diesem Jahr
mit einem grösseren Aufgebot vor Ort. Sie setzte Tränengas
ein, um die Demonstranten vom Albisgüetli fernzuhalten. Die
Demonstranten warfen mit Steinen und setzten Container in Brand.
Im Schützenhaus Albisgüetli - einem Lokal am Stadtrand
Zürichs - treffen sich seit 1989 jeden Januar Mitglieder und
Sympathisanten der Zürcher SVP samt Parteigrössen aus der
ganzen Schweiz zur Albisgüetli-Tagung. Diese hat längst
Traditionscharakter. In diesem Jahr werden bis zu 1500 Teilnehmer
erwartet.
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tagesanzeiger.ch 21.1.11
Linksautonome nehmen Tramhaltestelle in Beschlag
mrs
Linksautonome haben angekündigt, die Albisgüetli-Tagung
der SVP zu stören. Die Polizei ist mit einem grösseren
Aufgebot vor Ort.
Zurzeit stehen rund 50 Demonstranten bei der Tramhaltestelle
unterhalb des Tagungszentrums. Bis zum Treffen der SVP kommen sie aber
zurzeit nicht. Zwischen den Linksaktivisten und dem Albisgüetli
postieren sich Polizisten mit Schlagstöcken und Schutzschildern.
Im Internet riefen Linksautonome zu einer Gegendemo zur
Albisgüetli-Tagung auf. Ein Flyer der Initianten zeigt eine
blutige Attacke von schwarzen Schafen, die das SVP-Maskottchen Zottel
vorknüpfen.
"Fest gegen rassistische Hetze"
Ein "Fest gegen die rassistische Hetze" mit dem "etwas Lärm"
veranstaltet werden soll, haben die Aktivisten angekündigt. Um 18
Uhr Abends trafen die ersten Demonstranten ein. Die Polizei ist mit
einem Grossaufgebot vor Ort und fängt die Aktivisten ab, sobald
sie aus dem Tram steigen.
Nach einer kurzen Durchsuchung verteilen sich die Demonstranten
in alle Himmelsrichtungen. Was sie genau planen, kann zurzeit noch
nicht gesagt werden. Die Stimmung ist angespannt aber friedlich.
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Blick am Abend 21.1.11
Linke "Schäfchen" wollen heute Zottel grillieren
DEMO-PARTY
Im Albisgüetli herrscht heute Abend Trubel - die
Stadtpolizei ist alarmiert.
andrea.schmits@ringier.ch
Unter dem Motto "Ganz Fest gegen die Albisgüetli-Tagung"
findet heute Abend eine Gegenveranstaltung zum jährlichen
SVP-Parteitag auf dem Albisgüetli statt. "Wir werden da
hinaufgehen und etwas Lärm veranstalten", schreiben die
Veranstalter vom linken "Aufbau". Die Gefolgsleute des "Aufbaus" treten
jeweils auch am 1. Mai auf, sind fast immer vermummt und nicht wenige
von ihnen sind hemmungslos gewaltbereit. "Die Albisgüetli-Tagung
ist die wichtigste Zeremonie der rechtspopulistischen Partei. Auch
SVP-Obermufti Christoph Blocher wird da sein", schreiben die
Links-Extremisten.
Das Flugblatt zur Veranstaltung bedient sich an den
Kampagnen-Motiven der SVP. Es zeigt eine Herde schwarzer Schafe, die
mit blutunterlaufenen, bösen Augen - über dem Feuer eine Kuh
grillieren. Dahinter liegt die SVP-Sonne im Sterben.
SVP-Parteisekretär Yves Gadient möchte zu dem Flugblatt
und den politischen Anschuldigungen keine Stellung nehmen. Für die
Sicherheit der Gäste am SVP-Parteitag auf dem Albisgüetli sei
aber gesorgt. "Innen ist eine private Sicherheitsfirma im Einsatz.
Diese kontrolliert nach dem Rauchanschlag vor zwei Jahren zum Beispiel
auch den Lüftungsschacht", so Gadient. "Ausserdem schaut die
Polizei, dass niemand, der nicht eingeladen ist, den privaten Grund um
das Schützenhaus betritt."
Auf dem öffentlichen Grund beim Strassenverkehrsamt, wo die
Gegenveranstaltung der Linken stattfinden soll, ist ebenfalls die
Polizei im Einsatz. "Wir werden vor Ort sein und wenn nötig
Massnahmen treffen", sagt Stapo-Sprecherin Judith Hödl. "Wichtig
ist, dass der Parteitag der SVP störungsfrei über die
Bühne gehen kann. Der Schutz der über 1000 Besucher der
Veranstaltung steht an erster Stelle."
Und wohl auch der der Gäste: Neben der Prominenz der
Volkspartei nimmt auch Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey an
der Albisgüetli-Tagung teil. Die Genferin wird von der Polizei
speziell bewacht.
Die Besorgnis rund um die geplante Aktion der Links-Extremen ist
begründet: Der "Aufbau" rief auf seiner Seite zum Angriff aufs WEF
auf und in der Nacht auf gestern gab es mehrere Farbanschläge,
unter anderem auf die "Weltwoche" und den "Club zum Rennweg".
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tagesanzeiger.ch 21.1.11
Polizei rüstet sich für Albisgüetli-Gegendemo
cal/alb
Linksautonome haben angekündigt, die Albisgüetli-Tagung
der SVP zu stören. Die Polizei ist mit einem grösseren
Aufgebot als üblich vor Ort.
Der Flyer zeigt eine Herde angriffslustiger schwarzer Schafe, die
einen weissen Artgenossen über dem Feuer rösten. Ein "Fest
gegen die rassistische Hetze" haben Linksautonome angekündigt, mit
dem "etwas Lärm" veranstaltet werden soll.
Wie üblich haben die Veranstalter keine Bewilligung für
die Demonstration eingeholt. Die Störaktion, die um 18 Uhr vor dem
Strassenverkehrsamt beginnen soll, steht unter Beobachtung der Polizei.
"Ziel ist es, dass die Albisgüetli-Tagung störungsfrei
über die Bühne gehen kann", sagt Stapo-Sprecherin Judith
Hödl. Zum Aufgebot kann die Polizei keine genauen Auskünfte
geben. Laut Yves Gadient, Parteisekretär der Zürcher SVP,
wird die Polizei aber stärker als in den Vorjahren präsent
sein.
Lüftung ist gesichert
Damit die 1500 Teilnehmer ungestört bleiben, hat die SVP wie
schon in den Vorjahren einen privaten Sicherheitsdienst angeheuert.
"Weil das Albisgüetli auf privatem Grund mit Umschwung steht,
können wir die Sicherheit für unsere Gäste garantieren",
sagt Gadient. Demonstrierende, die sich auf den privaten Grund des
Albisgüetli bewegen, werden von der Polizei weggewiesen.
Die besondere Aufmerksamkeit der Ordnungshüter gilt der
Belüftungsanlage im Schützenhaus Albisgüetli. Vor drei
Jahren hatten Chaoten eine Rauchpetarde in einen Lüftungsschacht
geworfen. Während der Rede von Christoph Blocher breitete sich auf
der Bühne beissender Rauch aus, im Saal gingen die Lichter aus.
Nun ist die Lüftung gesichert, erklärt Gadient. Ansonsten
gibt es keine Anpassungen beim internen Sicherheitskonzept.
Die Albisgüetli-Tagung, laut den Veranstaltern der
grösste politische Anlass der Schweiz, beginnt um 19 Uhr. Nach
Christoph Blocher wird Bundespräsidentin Calmy-Rey das Wort
ergreifen. Tagesanzeiger.ch/Newsnetz berichtet heute Abend ab 18 Uhr
live aus dem Schützenhaus Albisgüetli. Das Reporter-Team
liefert zudem laufend Stimmen, Bilder und führt Video-Interviews
mit prominenten Gästen. Gegen 21 Uhr folgt eine Zusammenfassung.
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20 Minuten 21.1.11
Calmy-Rey: Besuch bei der Zürcher SVP
ZÜRICH. Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey (SP) wagt
sich heute in die Höhle des Löwen: Sie spricht an der
traditionellen Albisgüetli-Tagung der Zürcher SVP.
Möglicherweise wird ihre Ansprache von linker Seite gestört:
Autonome haben im Internet dazu aufgerufen, die Tagung von aussen mit
Konzerten, Reden und einer Disco zu stören. Der Anlass wird von
der Polizei und einer privaten Firma bewacht.
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Indmyedia 20.1.11
Nicht vergessen: SVP bekämpfen ::
AutorIn : Süneliuntergang
Hier noch eine Handvoll letzte Infos für die morgige Aktion gegen
die Albisgüetlitagung.
Besammlung ist wie gehabt 18.00 Uhr beim Strassenverkehrsamt
Zürich.
Ein Antirep-Telefon ist am Start, die Nummer geht 079 626 84 21.
Seid kreativ bei der Anreise, viele Wege führen ins
Albisgüetli.
Und vergesst bei allem Trubel nicht die Demo tags darauf in St.Gallen
(14.00 Uhr, Bahnhofplatz).
Gegen die rassistische Politik der SVP.
Gegen die rechte Hetze im Dienst des Kapitals.
Und wieder einmal: Smash Wef.
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Limmattaler Tagblatt 18.1.11
"Auf die Demonstranten könnten wir gut verzichten"
Matthias Scharrer
Albisgüetli-Tagung Der SVP-Anlass polarisiert wieder: Es
kommt zum Rededuell Micheline Calmy-Rey gegen Christoph Blocher. Und
Autonome wollen "etwas Lärm" machen.
Zehn Jahre nach Moritz Leuenberger tritt am kommenden Freitag
erstmals wieder ein SP-Bundesratsmitglied an der
Albisgüetli-Tagung auf: Micheline Calmy-Rey. Die
Bundespräsidentin nimmt das Rededuell mit SVP-Vizepräsident
Christoph Blocher auf. Nach den turbulenten Jahren rund um Blochers
Amtszeit als Bundesrat kehrt damit wieder so etwas wie Normalität
ein am Traditionsanlass der Kantonalzürcher SVP.
Nun also doch Calmy-Rey
Zwar erklärt Yves Gadient, Parteisekretär der
Zürcher SVP: "Wir laden die Bundespräsidenten
grundsätzlich immer ein. Das ist das Albisgüetli-Konzept."
Dies stimmt allerdings nicht ganz: 2007, als Calmy-Rey zuletzt
Bundespräsidentin war, verzichtete die Zürcher SVP darauf,
sie einzuladen. Der Grund: Im Vorjahr hatte Calmy-Reys Parteigenosse
Moritz Leuenberger die Einladung ins Schützenhaus Albisgüetli
ausgeschlagen.
Von 2004 bis 2009 traten dort ausschliesslich SVP-Magistraten als
Redner auf: Samuel Schmid, Ueli Maurer und - immer wieder - Christoph
Blocher. Auch die von der Blocher-Partei als "Weichsinnige"
verspotteten Freisinnigen hatten Mühe mit dem Anlass: 2003 war
nach der Absage von Pascal Couchepin (FDP) der emeritierte
Wirtschaftsprofessor Walter Wittmann als Gastredner eingesprungen. Nach
Kaspar Villiger (2002) trat letztes Jahr mit Didier Burkhalter erstmals
wieder ein FDP-Bundesrat im Albisgüetli auf. Die damalige
Bundespräsidentin Doris Leuthard (CVP) hatte abgesagt.
Nun also doch Calmy-Rey. Ob es schwierig war, die
sozialdemokratische Bundespräsidentin einzuladen? "Nein",
antwortet Gadient. Die Zusage der SP-Bundesrätin aus Genf
erklärten böse Zungen damit, dass sich Calmy-Rey für
ihre Wahl zur Bundespräsidentin Stimmen der SVP sichern wollte.
Was nur bedingt gelang, obwohl ihr SVP-Präsident Toni Brunner
"grundsätzlich" Unterstützung zugesagt hatte: Calmy-Rey
erzielte in der Bundesversammlung das schlechteste Wahlresultat aller
bisherigen Bundespräsidenten.
Bewachter Lüftungsschacht
Nun reist sie also zur 23.Albis- güetli-Tagung. Auch
ungeladene Gäste haben sich angekündigt: Linksautonome
mobilisieren im Internet zu einer Gegenkundgebung. "Wir werden da
hochgehen und etwas Lärm veranstalten gegen die rechte Hetze. Mit
Konzert, Reden und eventuell Disco", heisst es im Online-Aufruf.
Gadient gibt sich gelassen: "Wir sind darüber informiert und
in Kontakt mit der Polizei." Diese werde dafür sorgen, dass sich
keine ungeladenen Gäste auf den Privatgrund des Albisgüetlis
begeben und auch auf dem öffentlichen Grund rundherum für
Ordnung sorgen. Im Saal kümmere sich ein privater
Sicherheitsdienst um die Sicherheit. Auch der Lüftungsschacht,
durch den Blocher-Gegner vor drei Jahren eine Rauchpetarde warfen,
werde bewacht.
Gefragt, ob sich die SVP nicht insgeheim freue über die
Demonstranten, die es ihr ermöglichten, sich als Verteidiger der
Redefreiheit zu geben, meint Gadient: "Auf die Demonstranten
könnten wir gut verzichten. Die Albisgüetli-Tagung lebt von
politischen Inhalten." Die politische Brisanz der Tagung sei gegeben
durch die Redner, deren Positionen weitestgehend auseinander
lägen. Der Anlass ist ausverkauft.
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ANTI-FEMINISMUS
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Sonntag 23.1.11
"Wir müssen jede zweite Frau abweisen"
Zu Besuch im Berner Frauenhaus: Leiterin Christine Meier wehrt
sich gegen den Männerhass-Vorwurf der Antifeministen
Von Angela Brunner
Die Frauenhäuser in der Schweiz können weniger Opfer
häuslicher Gewalt aufnehmen, da die Bewohnerinnen nur schwer eine
Lösung für danach finden.
Eine Kamera überwacht die Eingangstür des Berner
Frauenhauses, dessen Adresse ein wohlgehütetes Geheimnis ist.
Kürzlich drohte René Kuhn von der IG Antifeminismus die
Standorte der Frauenhäuser in der Schweiz zu publizieren. Die
Leiterin des Berner Frauenhauses, Christine Meier, hat dafür kein
Verständnis. "Wir dachten bereits darüber nach,
Sicherheitspersonal vor dem Haus patrouillieren zu lassen. Das
hätte nur Kosten verursacht", sagt sie.
Am Freitag krebste Kuhn zurück. "Es könnte
Durchgeknallte geben, die sich an der Frau rächen wollen", sagt
er. Mit der Provokation habe er nur für Diskussionen über
geschlechtsneutrale Familienhäuser sorgen wollen. Diese sollen
laut Kuhn die bisherigen Frauen- und Männerhäuser ersetzen.
Der Ex-SVPler kritisiert die Frauenhäuser stark: Sie würden
Missbräuche fördern, um ausgelastet zu sein und Frauen
schützen, die sich das Sorgerecht der Kinder mit falschen
Vorwürfen sichern würden.
Für die Betreiberinnen von Frauenhäusern und
Gleichstellungsbeauftragte scheinen die Argumente absurd. "Eine Frau
will sicher nicht ohne Not in ein Frauenhaus", sagt Kathrin Arioli,
Leiterin der Fachstelle für Gleichstellung von Mann und Frau des
Kantons Zürich. Zudem würden die Institutionen staatlich
überprüft, da sie mehrheitlich durch öffentliche Gelder
finanziert würden. Geschlechtsneutrale Familienhäuser kommen
für sie nicht infrage. "Bei häuslicher Gewalt spielt auch das
Geschlecht eine wichtige Rolle. Ich kann mir auch nicht vorstellen,
dass Männer in Not mit Frauen zusammenwohnen wollen."
17 Frauenhäuser in der Schweiz bieten Platz für rund
260 Frauen. 2009 haben über tausend Frauen und fast ebenso viele
Kinder das Angebot genutzt. Doch die Kapazitätsgrenzen sind
längst erreicht. "Wir müssen jede zweite Frau abweisen", sagt
Gabriela Chu von der Dachorganisation der Frauenhäuser Schweiz.
Aufgrund des neuen Opferhilfegesetzes könnten nur noch hoch
gefährdete Frauen und Kinder aufgenommen werden.
Beim Vorgespräch muss eine Frau glaubhaft darstellen
können, dass sie von psychischer, körperlicher oder sexueller
Gewalt bedroht ist. "Oft beweist auch ein Gutachten von einem Arzt oder
Therapeuten, ob der strafrechtliche Tatbestand erfüllt ist. Aber
allzu streng können wir nicht urteilen, da wir ansonsten das Leben
einer Frau gefährden würden", sagt Meier, die seit Mai 2010
das Berner Frauenhaus leitet. Trotz ihrer grauen Haare wirkt sie jung
und engagiert. Gegenwärtig wohnen sieben Frauen und sechs Kinder
im Haus. Doch an dem Nachmittag ist alles ruhig. Die betroffenen Frauen
würden den Kontakt zu den Medien scheuen, erklärt Meier.
Eine Bewohnerin mit einem Baby auf dem Arm lässt sich
dennoch kurz blicken, um sich in der Küche ein Glas Orangensaft zu
holen. "Ich habe Probleme mit meinem Mann", erklärt sie in
gebrochenem Deutsch, bevor sie entschwindet. Sie wohnt
vorübergehend in einem der sieben spartanisch eingerichteten
Schlafzimmer. Das Haus verfügt zudem über ein Notzimmer,
einen Gemeinschaftsraum und ein Spielzimmer.
Gemäss ersten provisorischen Zahlen haben 2010 rund 70
Frauen mit ihren Kindern im Berner Frauenhaus übernachtet. Im
vergangenen Jahr waren es 86 Frauen. "Wir konnten weniger Frauen
aufnehmen, da einige Bewohnerinnen aus Sicherheitsgründen
länger bleiben müssen, weil eine Lösung für danach
fehlt", sagt Meier. Problematisch sei auch, dass günstige
Wohnungen zunehmend rar und die finanziellen Mittel der Frauen
beschränkt seien. Auch das Berner Frauenhaus sucht
gegenwärtig nach einer neuen Bleibe, da die Sanierung der Heizung
nach ökologischen Vorgaben des Kantons zu teuer wäre.
Das Berner Frauenhaus plant künftig, das Animationsangebot
für Kinder auszubauen. Laut Meier sind viele Kinder
verängstigt und von Schuldgefühlen geplagt, da die Situation
zu Hause eskaliert ist. Die Ablenkung im Alltag soll ihnen helfen,
besser mit der Situation fertig zu werden. Drei Kinderexpertinnen im
Haus setzen sich für die Interessen der Kleinsten ein, die sich
nicht immer mit denen der Mutter decken würden, insbesondere wenn
die Kinder ein gutes Verhältnis zum Vater hätten. "Anders als
Kuhn behaupte, schüren wir keinen Männerhass", sagt Meier.
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Zentralschweiz am Sonntag 23.1.11
Antifeministen kämpfen weiter
sda. Der Streit um die Bekanntmachung von Frauenhäusern geht
in die nächste Runde: Der Verein Antifeminismus legt gegen eine
superprovisorische Verfügung gegen den Webseiten-Eintrag der IG
Antifeminismus (Igaf) Beschwerde ein. "Wir werden nächste Woche
eine Eingabe machen", sagte Urs Bleiker, Präsident des Vereins,
gestern. Es sei allerdings nicht das Ziel, erneut dazu aufzurufen, die
Standorte der Frauenhäuser bekannt zu machen. Vielmehr gehe es ihm
um das Verbot zum Datensammeln, das mit der superprovisorischen
Verfügung erwirkt worden sei, erklärte er. Die Igaf hatte in
der vergangenen Woche auf ihrer Webseite einen Aufruf lanciert,
Adressen von Frauenhäusern publik zu machen. Darauf rief die
Dachorganisation der Frauenhäuser der Schweiz und Liechtensteins
die Justiz an und erwirkte eine superprovisorische Massnahme.
Zuvor hatte bereits das Frauenhaus Luzern eine superprovisorische
Massnahme mit gleicher Richtung erreicht. Die Dachorganisation der
Frauenhäuser wollte den Aufruf zur Veröffentlichung der
Frauenhaus-Adressen wie auch die Bekanntgabe der Standorte verbieten
lassen. Den umstrittenen Aufruf, Adressen von Frauenhäusern zu
melden, nahm die Igaf in der Folge vom Netz.
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Sonntagsblick 23.1.11
Antifeministen
Beschwerde gegen Verbot
Der Streit um die Bekanntmachung von Frauenhäusern geht in
die nächste Runde. Der Verein Antifeminismus legt gegen die
superprovisorischen Verfügungen gegen den Webseiten-Eintrag der
IG-Antifeminismus (IGAF) Beschwerde ein. Es sei allerdings nicht das
Ziel, erneut dazu aufzurufen, die Standorte der Frauenhäuser
bekannt zu machen. Vielmehr gehe es ihm um das Verbot zum Datensammeln,
das mit der superprovisorischen Verfügung erwirkt worden sei,
erklärte er. "Es kann doch nicht verboten sein, Leute dazu
aufzurufen, Adressen zu sammeln", sagte Vereinspräsident Urs
Bleiker.
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St. Galler Tagblatt 22.1.11
Männer gefährden Thurgauerinnen
Antifeministen wollen die Adressen der Frauenhäuser publik machen.
Der Thurgauer Michael Handel findet, dass Frauenhäuser einen Kampf
gegen Männer führen und unterstützt die Idee. Zahlreiche
Frauen würden aber bei Veröffentlichung der Adressen einer
akuten Gefahr ausgesetzt.
Elisabeth Reisp
Am Telefon werden keine Namen genannt. Die Frauen melden sich
schlicht mit "Frauenhaus Schaffhausen". Sie notieren den Wunsch, ein
Interview mit der Leitung zu führen. "Wir melden uns bei Ihnen",
heisst es. Immer noch keine Namen. Im Thurgau gibt es kein Frauenhaus.
Die Kantone haben aber ein Übereinkommen. Schutzsuchende
Thurgauerinnen wenden sich an das Frauenhaus Schaffhausen.
Mit einer Frauenhausbewohnerin aus dem Thurgau zu reden?
Unmöglich. Das Frauenhaus schützt die Frauen wie Kronzeugen.
Auch das Haus ist nicht auffindbar. Irgendwo steht es, aber wo, dass
wissen nur involvierte Personen. Alle paar Jahre zieht das Frauenhaus
in ein anderes Gebäude. "Aus Sicherheitsgründen", heisst es.
Diesen Schutz wollen die Antifeministen rund um den Luzerner
Ex-SVPler René Kuhn niederreissen. Die IG Antifeministen (Igaf)
droht damit, die streng geheimen Adressen der Frauenhäuser zu
veröffentlichen. Die Drohung löste schweizweit einen Sturm
der Entrüstung aus.
Männer ohne Rechte
Ein Thurgauer unterstützt das Vorhaben der Igaf. Michael
Handel hat einen 13jährigen Sohn und eine 10jährige Tochter.
Der Sohn lebt bei ihm, die Tochter bei der Mutter. Er betreut sie an 90
Tagen im Jahr. Wie es dazu gekommen ist, möchte Handel nicht
erzählen. Er hat die Organisation Kinder ohne Rechte
gegründet. Ein Besuch der Webseite lässt die Vermutung
aufkommen, dass es dabei vielmehr um Männer ohne Rechte geht.
Seine Motivation ist das Kindswohl, wie er sagt. Frauen vor
häuslicher Gewalt zu schützen, sei wichtig. "Leider
führen Frauenhäuser nebenbei aber einen ideologischen Kampf
gegen Männer und stellen ihre Institution gewalttätigen
Frauen zur Verfügung." Das sei Gewalt gegen den Mann und das
gemeinsame Kind. Handel führt weiter aus: "Vom Frauenhaus geht
Gewalt aus". Viele Frauen würden das Frauenhaus nur aufsuchen, um
arglistig den Mann zu beschuldigen. Die Männer und Kinder litten
darunter ein Leben lang.
"Das Fass ist voll, weitere Opfer sind nicht tragbar", sagt
Handel. Zusammen mit der Igaf fordert Handel nun, die Frauenhäuser
abzuschaffen. Stattdessen sollen die Kantone geschlechtsneutrale
Familienhäuser errichten.
"Absurde Idee"
"Die Idee, Frauenhausadressen offenzulegen, ist absolut absurd
und sehr gefährlich", sagt die Leiterin des Schaffhauser
Frauenhauses. Sie möchte anonym bleiben. Aus
Sicherheitsgründen, wie es wieder heisst. Denn auch die
Mitarbeiterinnen eines Frauenhauses müssen geschützt werden.
"Wir werden bereits am Telefon beschimpft und bedroht. "
Würden die Adressen veröffentlicht, stünden sofort
die Männer vor der Tür, sagt die Leiterin. Für die
Frauen nicht nur eine enorme psychische Belastung, sondern auch eine
akute Bedrohung. "Diese Männer sind sehr oft gewaltbereit." Sie
habe schon erlebt, wie ein verlassener Ehemann ein Frauenhaus gefunden
und die Fenster eingeschlagen habe. In so einem Fall kann nur noch die
Polizei helfen. "Und die rückt auch sofort aus, wenn wir anrufen.
Die Polizei weiss, wenn das Frauenhaus ruft, dann gilt es ernst."
Pro Jahr suchen etwa acht Frauen und fünf Kinder aus dem
Thurgau den Schutz des Schaffhauser Frauenhauses. Sie bleiben
durchschnittlich einen Monat. Der Kanton Thurgau ist grosszügig
und finanziert einen zweimonatigen Aufenthalt, wenn die Notlage der
Frau anerkannt wird. "In der Regel bleiben die Frauen aber nur drei bis
vier Wochen", sagt die Leiterin. Die Frauen sollen im Haus nicht zu
sehr heimisch werden. Es diene ausschliesslich der Soforthilfe bei
einer akuten Bedrohung.
Geschlagen wird mit allem
Die Gewalt, welche die Frauen erleben, reicht von Schlägen
und Fusstritten bis zur Nötigung. Geschlagen wird mit allem, was
in die Hand fällt. Sogar Zigaretten auf der Haut ausdrücken
und die Frau zu Sex nötigen gehören zum Repertoire. Aber auch
die psychische Gewalt könne zermürben, sagt die Leiterin. Sie
erlebe Frauen, die durch ihre Männer total isoliert werden. Keine
Freunde, keine Familie, kein Telefon.
Die Vorwürfe der Igaf, Frauen missbrauchen das Frauenhaus
lediglich, um einen Vorteil bei der Scheidung zu erwirken, kann die
Leiterin nicht ernst nehmen. "Wir hatten nur einmal eine Frau, bei der
wir das Gefühl hatten, sie übertreibe. Tatsächlich
stellte sich heraus, dass sie nicht nur vom Mann geschlagen wurde,
sondern dass sie diesen ebenfalls schlug", sagt die Leiterin. Das sei
aber der einzige Fall gewesen in den sieben Jahren, die sie bereits mit
Frauen arbeitet, welche von Gewalt betroffenen sind.
In der Schweiz töteten bereits zwei Männer ihre ins
Frauenhaus geflüchteten Frauen, nachdem sie deren Standort
herausgefunden hatten (s. Box). "Nicht auszudenken, was passieren
würde, wenn die Adressen der Frauenhäuser publik
würden", sagt die Leiterin.
--
Gewalt führt bis zum Tod
Frauen, welche ins Frauenhaus flüchten, werden von ihrem
Partner stark bedroht. Manchmal führt die Gewalt bis zum Tod.
Letzten Dezember tötete ein Zürcher seine 52jährige
Ex-Frau, die ins Frauenhaus floh, auf offener Strasse. Er streckte sie
mit einer Axt nieder. Vor fünf Jahren tötete in St. Gallen
ein Mann seine Frau und deren Kinder, nachdem sie zweimal in ein
Frauenhaus floh. Er attackierte die Frau mit einer Axt, übergoss
sie mit Benzin und verbrannte sie. (rsp)
---
BZ 22.1.11
Frauenhäuser wehren sich gegen Antifeministen
Justiz angerufenNachdem die IG Antifeminismus im Internet einen
Aufruf lanciert hat, Adressen von Frauenhäusern publik zu machen,
ruft die Dachorganisation der Frauenhäuser die Justiz an. Zur
Sicherheit der Frauen, die wegen Gewalt in einem Frauenhaus Schutz
suchen, werden die Standorte der Häuser nicht öffentlich
bekannt gemacht. Damit dies so bleibt, beantragt die Dachorganisation
der Frauenhäuser der Schweiz und Liechtenstein (DAO) eine
superprovisorische Massnahme.
Eingereicht werde der Antrag beim Bezirksgericht Höfe im
Kanton Schwyz, bestätigte Gabriela Chu, Vorstandsmitglied der DAO,
einen Bericht der "Neuen Zürcher Zeitung". Ziel sei, den Aufruf
zur Veröffentlichung der Frauenhausadressen und auch die
Bekanntgabe der Standorte zu verbieten.
sda
---
NZZ 21.1.11
Antifeministen machen Ernst
Die Ankündigung, die geheimen Adressen der Frauenhäuser
bekanntzugeben, sorgt für Aufruhr
nj. · Bisher wurde sie meist nicht recht ernst genommen:
die Interessengemeinschaft Antifeminismus. Eine Mitteilung auf der
Website vom 18. Januar, die geheimen Adressen der Frauenhäuser der
Schweiz veröffentlichen zu wollen, liess keinen Zweifel
darüber offen, dass es ihr bitterernst ist.
Das Frauenhaus Luzern hat gegen die Veröffentlichung seiner
Adresse sowie gegen die Ankündigung im Internet das Gesuch um eine
superprovisorische Massnahme eingereicht, wie Andrea Wechlin,
Co-Geschäftsleiterin des Frauenhauses Luzern, auf Anfrage
bestätigt. Das Bezirksgericht Luzern habe dem Frauenhaus am
Donnerstag vorerst recht gegeben und der Gegenpartei eine Frist zur
Stellungnahme bis Ende Monat eingeräumt. Die Antifeministen sind
deshalb gemäss richterlicher Verfügung und unter Androhung
einer Busse dazu verpflichtet, die Ankündigung und den Aufruf zur
Veröffentlichung von der Website zu entfernen. Der Verfügung
wurde am Donnerstagabend Folge geleistet.
Für die Frauenhäuser hört der Spass mit dieser
Aktion auf: "Wenn die Adressen unserer Frauenhäuser bekanntwerden,
dann wird damit ihre Funktion aufgehoben", sagt Andrea Wechlin. Einen
konkreten Notfallplan gebe es nicht, denn man habe bisher Frauen, deren
Aufenthalt in einem der Frauenhäuser bekanntwurde, in anderen
Häusern untergebracht. Diese Möglichkeit würde
vernichtet, wenn alle Adressen bekanntgegeben würden, sagt
Wechlin. Als Ultima Ratio sei dann für gefährdete Frauen
Polizeischutz nötig. - Der Präsident der
Interessengemeinschaft, Urs Bleiker, will mit dem Aufruf vor allem
eines erreichen: Aufmerksamkeit, wie er sagt. Die Frauenhäuser
würden dazu missbraucht, in scheidungsrechtlichen
Auseinandersetzungen für die Frauen eine komfortable Ausgangslage
zu erreichen. Diese müssten keine Beweise erbringen, dass ihnen
tatsächlich Gewalt angetan wurde. Man sei nun daran, die Adressen
zu sammeln, und behalte sich vor, zu einem späteren Zeitpunkt
darüber zu entscheiden, ob diese veröffentlicht würden.
Die Dachorganisation der Frauenhäuser Schweiz wird am
Freitag voraussichtlich ebenso eine superprovisorische Massnahme
beantragen. Man will erreichen, die Adressen aller Frauenhäuser
der Schweiz vor der Veröffentlichung zu schützen, wie
Gabriela Chu, Mitglied des Vorstands der Dachorganisation, auf Anfrage
bekanntgab.
---
NLZ 21.1.11
Gericht bremst Antifeministen
Luzern
hb.
hb. Die IG Antifeminismus (IGAF) darf die Adressen von
Frauenhäusern nicht im Internet veröffentlichen. Das hat das
Bezirksgericht Luzern entschieden. Es hiess den Antrag des Frauenhauses
Luzern auf eine superprovisorische Massnahme gut. Eine Co-Leiterin des
Frauenhauses bestätigte einen entsprechenden Bericht von
NZZ-Online. Die IG Antifeminismus rief die Bevölkerung dazu auf,
ihr die Adressen von Frauenhäusern zu melden, da dort
"Männerhass geschürt" werde (gestrige Ausgabe).
Die IGAF muss gemäss dem Entscheid des Bezirkgerichts auch
den entsprechenden Aufruf auf ihrer Website entfernen. "Das werden wir
tun, sobald uns der Entscheid des Bezirksgerichts vorliegt", sagte
IGAF-Vorstandsmitglied René Kuhn gestern auf Anfrage. Bis Ende
Monat hat die IGAF zudem Zeit, zuhanden des Gerichts eine Stellungnahme
abzugeben.
"Nur eine Provokation"
Die IGAF habe gar nicht vorgehabt, "die Frauenhaus-Adressen
tatsächlich zu veröffentlichen", betonte Kuhn gestern. "Wir
sind ja schliesslich nicht blöd und wollen niemanden in Gefahr
bringen." Weshalb dann der Aufruf? "Wir wollten bewusst provozieren, um
eine Diskussion in Gang zu bringen", erklärte Kuhn. "Das ist uns
geglückt."
---
antifeminismus.ch 21.1.11
Provokation der IGAF
Bei fast allen Männerorganisationen ist seit Jahren im Programm
und den Zielen festgehalten, dass Frauenhäuser geschlossen werden
sollen oder keine finanzielle Unterstützung mehr erhalten sollen.
Zahlreiche politische Vorstösse zur Schliessung oder Streichung
öffentlicher Gelder verhallten und blieben ohne irgendwelche
Massnahmen. Die Frauenhäuser werden als "heilige Kühe" in der
Schweiz behandelt, obwohl sehr vielen Personen bewusst ist, dass in
dieser Hinsicht einiges falsch läuft und Frauenhäuser von
rachesüchtigen Frauen missbraucht werden um vor Gericht in Sorge,-
Unterhalts- und Besuchsrechten mehr Vorteile zu erhalten. Die IGAF hat
bereits vor Wochen einen Beitrag dazu veröffentlicht und
gefordert, dass Opferhäuser oder Familienhäuser geschaffen
werden müssen, da 50% der häuslichen Gewalt von Frauen
ausgeht und nicht nur Frauen und Kinder Schütz vor einem
gewalttägigen Partner beanspruchen, sondern auch Männer.
Dieser Aufruf wurde von niemandem zur Kenntnis genommen, ebenso die
zahlreichen Forderungen in Bezug auf Frauenhäuser von diversen
Männerorganisationen. Ohne die Provokation der IGAF mit der
Veröffentlichgung der Adressen der Frauenhäuser interessieren
sich die Medien nicht für dieses Thema, denn es liefert keine
Schlagzeile.
Auch der IGAF ist es bewusst, dass es zahlreiche Frauen und Männer
gibt, welche an einem sicheren Ort Unterschlupf vor dem
gewalttätigen Partner (Männer und Frauen) erhalten
müssen . Die IGAF ist die letzte Organisation, welche zu Gewalt
aufruft oder tatsächlich hilfesuchenden und bedrohten Personen den
benötigten Schutz verweigert.
Es brauchte deshalb eine provokative Aktion der IGAF, damit das Thema
"Frauenhaus" endlich diskutiert wird um Änderungen
herbeiführen zu können. Es braucht nicht einseitig ausgelegte
Frauenhäuser, sondern geschlechtsneutrale "Familienhäusser",
welche Frauen, Männer und Kinder Schutz bieten und dies frei von
irgendwelchen Ideologien.
Die IGAF ist zum Dialog bereit und wird ein Konzept für
Opferhäuser ausarbeiten, damit schützbedürftigten
Menschen geholfen ist und der Missbrauch von Frauenhäusern durch
rachesüchtige Frauen unterbunden werden kann.
Hier geht es zur aktuellen Medieninformation [444 KB] der IGAF
und "Kinder ohne Rechte" sowie Interview im Tages-Anzeiger
Siehe dazu auch die Beiträge über Frauenhäuser
---
Newsnetz 20.1.11
"Wir sind nicht so krank"
Marc Brupbacher
René Kuhn und seine Antifeministen haben vor ein paar
Tagen angekündigt, die geheimen Adressen von Frauenhäusern zu
veröffentlichen. Im Interview krebst der Ex-SVP-Politiker nun
zurück.
Herr Kuhn, Ihr Aufruf zur Enttarnung von 18 Frauenhäusern in
der Schweiz hat in den Medien für Aufregung gesorgt. Wurden Sie
von den Reaktionen überrascht?Sehr überrascht. Und mich
ärgert die einseitige Berichterstattung. Die Medien setzen die
IGAF (Interessengemeinschaft Antifeminismus, Anm.d.R.) mit meiner
Person gleich. Dabei wurde der Entscheid zum Aufruf zur Enttarnung der
Frauenhäuser einstimmig vom achtköpfigen Vorstand
gefällt, welcher einem Wunsch der Mitglieder nachgekommen ist.
Niemand will wahrhaben, um was es wirklich geht.
Um was geht es?Die Frauenhäuser werden als heilige Kühe
behandelt, obwohl vielen bewusst ist, dass dort einiges falsch
läuft. Es darf nicht sein, dass ein Aufenthalt in einem Frauenhaus
einen Vorteil in der scheidungsrechtlichen Auseinandersetzung bringt.
Wir fordern daher geschlechtsneutrale Familienhäuser, welche
Frauen, Männern und Kindern Schutz bieten. Ohne die Provokation
der IGAF interessieren sich aber die Medien nicht für dieses Thema.
Ist also alles nur Provokation? Sie wollen die Frauenhäuser
gar nicht enttarnen?Wir enttarnen die Frauenhäuser nicht! Wir sind
nicht so krank und gefährden Menschenleben. Die IGAF ist die
letzte Organisation, welche zu Gewalt aufruft oder bedrohten Personen
den Schutz verweigert.
Sie wollen sich doch jetzt mit dieser Begründung einfach
billig aus der Affäre ziehen, weil Ihnen der Medienrummel zu gross
wurde.Ganz und gar nicht. Es geht leider nur so. Vor einigen Monaten
haben wir auf unserer Website schon einmal geschlechtsneutrale
Familienhäuser gefordert - ohne Aufruf zur Enttarnung. Niemand hat
davon Notiz genommen. Erst jetzt wurden Frauenhäuser zum Thema.
Sie bestreiten also nicht mehr, dass bei einer allfälligen
Veröffentlichung der Adressen Frauen in Gefahr gewesen
wären?Ich bestreite es nicht. Es sind aber nicht nur Frauen von
häuslicher Gewalt betroffen. Gut 50 Prozent der Opfer sind
Männer.
Das Frauenhaus Luzern hat gegen die Veröffentlichung ihrer
Adresse eine superprovisorische Massnahme eingereicht. Das
Bezirksgericht Luzern hat dem stattgegeben. Sie sind deshalb unter
Androhung einer Busse dazu verpflichtet, den Aufruf von ihrer Website
zu entfernen. Kommen Sie dieser nun nach?Obwohl wir bis jetzt von einer
Verfügung nichts wissen, ist der Beitrag von unserer Website
gelöscht. An jener Stelle begründen wir nun unser Vorgehen.
---
NLZ 20.1.11
"Frauenhäuser müssen weg"
Antifeministen
Roger Rüegger
René Kuhn und die IG Antifeminismus wollen alle Adressen
der Frauenhäuser in der Schweiz veröffentlichen. Dies ist
aber erst der Anfang.
Roger Rüegger
roger.rueegger@luzernerzeitung.ch
Auf ihrer Website platzierte die IGAF - mit dem ehemaligen
Luzerner SVP-Politiker René Kuhn als Vizepräsident - den
Aufruf, die geheimen Adressen zu melden. Diese sollen
veröffentlicht werden.
Leben würden gefährdet
Damit würden die Leben zahlreicher Frauen und Kinder, die in
den insgesamt 18 Frauenhäusern Zuflucht vor gewalttätigen
Ehemännern suchen, gefährdet. Kuhn und IGAF-Präsident
Urs Bleiker sehen dies jedoch nicht so. "Vielleicht könnte es
unschuldige Frauen geben, die darunter etwas leiden würden", wird
Kuhn in der gestrigen Ausgabe der Pendlerzeitung "20 Minuten" zitiert.
Die Bevölkerung müsse wissen, wo Männerhass
geschürt werde und wo sich Trainingslager zur Ruinierung der
Männer befänden.
Kuhn war gestern den ganzen Tag nicht zu erreichen. Urs Bleiker
dagegen gab recht motiviert Auskunft - und führte aus: "Unser Ziel
ist die Abschaffung der Frauenhäuser. Die müssen weg. Das
Geld der öffentlichen Hand darf nicht in Institutionen fliessen,
die von Feministinnen geführt werden."
Bleiker ist sich bewusst, dass er und seine Gesinnungsgenossen
mit dem Vorschlaghammer aufmarschieren. "Wir wollen uns Gehör
verschaffen und werden den Druck kontinuierlich erhöhen. Es kann
nicht sein, dass in diesen Frauenhäusern der Mann als das konstant
Böse und die Frau immer nur als die Gute gehandelt werden." Am
häufigsten bedroht von häuslicher Gewalt seien Kinder - und
die Täter Frauen.
Solche Aussagen und die Forderung der Antifeministen stossen im
Frauenhaus Luzern auf Empörung. "Der Alltag zeigt ein anderes
Bild. Das Leben von ohnehin schon bedrohten Frauen würde ohne
Geheimhaltung unserer Häuser massiv gefährdet", sagt Andrea
Wechlin, Ko-Geschäftsleiterin. Wenn die Adresse des Frauenhauses
auf einer Website im Internet publiziert werde, müsse das gesamte
Sicherheitskonzept neu überarbeitet werden. Die Polizei
müsste ziemlich sicher bald ausrücken, ist sie
überzeugt. "Wir haben einige Frauen, die bereits Morddrohungen
erhalten haben von ihren Ehemännern, und auch telefonisch kommt es
oft zu verbaler Gewalt."
Ehefrau im Frauenhaus erschossen
Es hätten schon viele Männer versucht, die Adresse
herauszufinden. 1994 hat dies ein Mann geschafft. Er ist ins Frauenhaus
Luzern eingedrungen und hat seine Frau erschossen. Im selben Jahr ist
eine Klientin des Frauenhauses Luzern in Basel von ihrem Gatten
getötet worden. 2004 hat ein Mann seine Frau in der
Bahnhofunterführung in Sempach mit 13 Messerstichen getötet.
Die Frau ist mehrmals vor ihm ins Frauenhaus geflüchtet.
Das Frauenhaus Luzern wird alles rechtlich Machbare unternehmen,
dass es zu keinen Veröffentlichungen der Frauenhaus-Adressen auf
der Website der IGAF kommt. Eine Möglichkeit wäre ein
Superprovisorische Verfügung.
"Enttarnung wäre eine Einladung"
Wie sehr es die Institution Frauenhäuser braucht, weiss
Ruedi Meier, Sozialdirektor der Stadt Luzern. "Bedrohte Leute
müssen einen Zufluchtsort haben. Häusliche Gewalt an Frauen
und Kindern ist eine gesellschaftliche Tatsache." Die Forderung von
René Kuhn und der Antifeministen sei extrem fahrlässig.
"Die Enttarnung der Frauenhäuser wäre wie eine Einladung
für jene Männer, vor denen Frauen flüchten", sagt Meier.
Die Luzerner Polizei hat von der Aufforderung der IGAF Kenntnis.
"Wir behalten die Situation im Auge", sagt Mediensprecher Urs Wigger
dazu nur.
Die Organisation verantwortungsvoll erziehender Väter und
Mütter VeV betreiben das bislang einzige Väterhaus der
Schweiz. Der VeV distanziert sich von der Idee der Antifeministen. "Es
ist nicht in unserem Sinne, wenn die Gräben zwischen Frauen und
Männern vertieft werden. Wir sind ausserdem in einer
ähnlichen Lage wie die Frauenhäuser. Auch unsere Bewohner
sind auf diese Diskretion angewiesen", heisst es in einer Mitteilung.
Die Forderung, die Adressen von Schutzhäusern zu
veröffentlichen, ziele in die falsche Richtung.
--
Kommentar
Geschmacklos
Christian Bertschi über Antifeministen
Vor 40 Jahren erlangten die Frauen in der Schweiz auf Bundesebene
das Stimm- und Wahlrecht. Ein Meilenstein in der Geschichte der
Frauenbewegung. Gelebte Gleichberechtigung hat aber auch heute noch in
vielen gesellschaftlichen Bereichen einen schweren Stand.
Die Interessengemeinschaft Antifeminismus ist anderer Meinung.
Frauen würden mittlerweile sogar vielerorts bevorteilt, sagen sie.
Das darf sie durchaus. Die Meinungsäusserungsfreiheit ist ein
wichtiges Gut in unserem Land. Es ist auch legitim, provokativ
aufzutreten, um seine Gruppierung ins Rampenlicht zu rücken.
Was der Luzerner René Kuhn und seine
Antifeministen-Freunde nun aber von sich geben, überschreitet das
erträgliche Mass an Geschmacklosigkeit. Die Adressen von
Frauenhäusern sollen veröffentlicht werden, weil dort
Männerhass geschürt werde und sich dort "Trainingslager zur
Ruinierung der Männer" befänden. Mit solchen Aussagen machen
die Antifeministen pauschal aus Opfern Täterinnen.
Frauenhäuser sind ein Zufluchtsort für Frauen und ihre
Kinder, die im Familienleben von Gewalt betroffen sind. Freiwillig
sucht wohl kaum eine Frau einen solchen Ort auf. Oft ist das Frauenhaus
der letzte Ausweg und der einzige sichere Hort - gerade dank der
Anonymität.
christian.bertschi@luzernerzeitung.ch
---
Aargauer Zeitung 20.1.11
Kommentar
Lächerlich, aber gefährlich
Sarah Weber
Die Antifeministen um den Ex-SVP-Politiker René Kuhn
provozieren weiter. Sie rufen auf ihrer Website dazu auf, Adressen und
Fotos von Frauenhäusern zur Veröffentlichung zu melden. Die
Begründung: "Frauenhäuser sind Orte des politisch motivierten
institutionalisierten Männerhasses, wo viele Lügnerinnen mit
offenen Armen empfangen werden" und somit "Trainingslager zur
Ruinierung der Männer".
Die Adressen der Frauenhäuser sind, wie auch die der
Männerhäuser, aus Sicherheitsgründen geheim. Die Wahrung
der Anonymität ist häufig überhaupt der Grund für
die Betroffenen, diese Orte aufzusuchen. Ist der Zufluchtsort bekannt,
verliert er seine Schutzfunktion.
Die bisherigen Forderungen der Antifeministen nach mehr Rechten
für Männer und Väter waren noch ansatzweise
nachvollziehbar. Sie haben einer berechtigten Diskussion über
Gleichberechtigung - gerade in der Familienpolitik und
Sorgerechtsdebatte - wieder Aufwind gegeben.
Aber: Was die Antifeministen aktuell mit Kampf für
Gleichberechtigung begründen, ist nur noch purer und primitiver
Frauenhass. Dass sie mit ihren geschmacklosen Beiträgen Frauen und
Kinder bedrohen, ist gefährlich und verstösst gegen das
Datenschutzgesetz.
Das einzig Gute: Mit solchen Forderungen haben sich die
Antifeministen endlich und definitiv ins lächerliche Abseits
katapultiert. Zu hoffen ist, dass der Aufruf - nebst der Empörung
- ohne Echo bleibt.
sarah.weber@azmedien.ch
---
20 Minutenr 20.1.11
Antifeministen lösen Sturm der Entrüstung aus
LUZERN. Dass die Antifeministen die geheimen Adressen der
Frauenhäuser veröffentlichen wollen, sorgt schweizweit
für Empörung. Das Frauenhaus Luzern will die Liste mittels
einer superprovisorischen Verfügung gerichtlich verbieten lassen.
Die Frauenhäuser der Schweiz sind in Aufruhr. Gestern liess
die IG Antifeminismus verlauten, sie werde die anonymen Adressen der
Frauenhäuser im Internet veröffentlichen. Die
Bevölkerung solle wissen, wo sich die "Trainingslager zur
Ruinierung der Männer befinden" (20 Minuten berichtete). Dagegen
hat das Frauenhaus Luzern beim Bezirksgericht Luzern einen Antrag
für eine superprovisorische Massnahme eingereicht. Diese soll
erwirken, dass keinerlei geheime Adressen von Frauenhäusern
veröffentlicht werden dürfen. "Frauen, die unsere Häuser
aufsuchen, sind schutzbedürftige Personen", sagt eine
Mitarbeiterin des Frauenhauses Luzern. Es sei einige Male vorgekommen,
dass Männer ihre Frauen aufgesucht und vor den Augen der Kinder
umgebracht hätten. Auch die Dachorganisation der Frauenhäuser
der Schweiz DAO wird rechtlich gegen die Antifeministen vorgehen.
Die Antifeministen und ihr Anführer, Ex-SVP-Politiker
René Kuhn, gerieten gestern heftig ins Kreuzfeuer der Kritik.
Leser, Politiker und Gewaltexperten verurteilten einhellig die
lebensgefährliche Aktion: "Es war richtig, dass wir diesen Mann
aus der Partei ausgeschlossen haben", sagt SVP-Nationalrätin
Natalie Rickli. Julia Gerber-Rüegg, Präsidentin der
SP-Frauen, vermutet derweil, dass sich Kuhn "auf Kosten der Frauen und
Kinder" profilieren will. Auch die Stadtpolizei Zürich verurteilt
eine mögliche Veröffentlichung der Adressen auf das
Schärfste.
Désirée Pomper
---
Newsnetz 19.1.11
Antifeministen wollen Frauenhäuser enttarnen
Olivia Kühni
Weil dort angeblich Männerhass geschürt wird, will der
Ex-SVP-Politiker René Kuhn die geheimen Adressen der
Frauenhäuser veröffentlichen. Er muss mit einer Klage rechnen.
Die Interessengemeinschaft Antifeminismus IGAF rund um
Präsident Urs Bleiker und Ex-SVP-Politiker René Kuhn will
die geheimen Adressen der 18 Frauenhäuser in der Schweiz
publizieren. Das schreibt die Lobbygruppe auf ihrer Website. "20
Minuten" berichtet in der heutigen Ausgabe von den Plänen der
Antifeministen.
Viele Frauen würden ihren Ehepartner fälschlich der
häuslichen Gewalt bezichtigen, um eine bessere Ausgangssituation
in Sorgerechtsstreitigkeiten zu haben, begründet die Gruppe ihre
Pläne. Sie ruft die Öffentlichkeit dazu auf, ihr Adressen von
Frauenhäusern zu melden. "Die Bevölkerung soll wissen, wo
Männerhass geschürt wird und wo sich die Trainingslager zur
Ruinierung der Männer befinden."
Unterstützt wird die Gruppe vom Aktivisten Michael Handel,
der die Organisation Kinder ohne Rechte leitet. Er publizierte heute
Morgen einen offenen Brief an die Dachorganisation der
Frauenhäuser auf seiner Website: Aus Gesprächen mit Frauen,
Männern und Kindern zum Thema Scheidung und häusliche Gewalt
gehe hervor, "dass Ihre Institution nicht nur nützliche Dienste
anbietet, sondern ebenso dazu verwendet wird, sich in
scheidungsrechtlichen Angelegenheiten vorteilhaft zu positionieren".
Von Gewalt nicht betroffene Frauen würden im Aufsuchen des
Frauenhauses einen "relevanten Vorteil bezüglich der Zuteilung der
elterlichen Sorge" sehen.
Beschränktes Platzangebot
Gabriela Chu von der Dachorganisation der Frauenhäuser
bestreitet, dass nicht gefährdete Frauen in den Heimen wohnen.
"Wir nehmen nur Frauen und Kinder auf, die wirklich hoch gefährdet
sind." Etwas anderes lasse schon alleine das beschränkte Angebot
von 250 Plätzen nicht zu. Wer Zuflucht finden will, müsse
sich einem längeren persönlichen Gespräch stellen.
Mit ihren Plänen setzten die Antifeministen "ganz klar Leben
aufs Spiel". Für bedrohte Frauen gebe es keinen anderen Ort, an
den sie flüchten könnten. Die Dachorganisation habe darum
bereits Kontakt mit einem Anwalt aufgenommen, um rechtliche Schritte
gegen die Aktivisten zu prüfen. Chu kritisiert, dass weder die
Antifeministen noch Kinder ohne Rechte je mit der Dachorganisation das
Gespräch gesucht hätten. "Es besteht kein Interesse für
einen Dialog."
---
20 Minuten 19.1.11
18 Frauenhäusern droht Enttarnung
ZÜRICH. Der Verein der Antifeministen will die anonymen
Adressen aller Frauenhäuser im Internet veröffentlichen - und
setzt so das Leben von Frauen und Kindern aufs Spiel.
Die Interessengemeinschaft Antifeminismus IGAF bläst zu
einem neuen Angriff: Sie droht damit, die geheimen Adressen aller 18
Frauenhäuser der Schweiz zu veröffentlichen - Foto inklusive.
"Die Bevölkerung soll wissen, wo Männerhass geschürt
wird und wo sich die Trainingslager zur Ruinierung der Männer
befinden", schreiben der IGAF-Präsident Urs Bleiker und der
umstrittene Ex-SVP-Politiker René Kuhn. In den
Frauenhäusern würden meist Lügnerinnen aufgenommen, die
dem Mann "eine frei erfundene kriminelle Tat" vorwürfen. Eine
Vertreterin der Dachorganisation der Frauenhäuser der Schweiz DAO
ist entsetzt: "Die Aktion der Antifeministen bedeutet für die
Kinder und Frauen nicht nur psychischen Horror. Sie gefährden
damit auch deren Leben." Sollte eine solche Liste veröffentlicht
werden, müsste das Sicherheitsdispositiv der Polizei sofort
erhöht werden. Kuhn entgegnet: "Vielleicht könnte es
unschuldige Frauen geben, die darunter etwas leiden würden." Er
glaube aber nicht, dass "Männer so krank sind und gewaltsam in die
Frauenhäuser einbrechen".
Die Dachorganisation prüft jetzt rechtliche Schritte gegen
die Antifeministen. Tatsächlich würden diese gegen das
Datenschutzgesetz verstossen, sagt Eliane Schmid, Sprecherin des
Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten
(EDÖB): "Für die Veröffentlichung der Frauenhausadressen
gibt es keinen Rechtfertigungsgrund." Die betroffenen Frauenhäuser
könnten zivilrechtlich dagegen vorgehen, indem sie Anzeige
erstatteten. Kuhn gelassen: "Von Feministinnen lassen wir uns nicht
einschüchtern."
Désirée Pomper
--
Internetpranger der Antifeministen
ZÜRICH. Der Verein der Antifeministen hat auch "Personen,
welche männerfeindliche Urteile und Entscheide fällen" im
Visier. Auf einer "schwarzen Liste" werden rund fünfzig Personen
aus Behörden und Justiz mit Namen, Foto und Adresse an den
Internetpranger gestellt. Ein Betroffener erzählt: "Dieser Eintrag
stellt mich völlig zu Unrecht als männer- und kinderfeindlich
dar." Gegen den rufschädigenden Eintrag hat er nun eine
Persönlichkeitsklage eingereicht - bisher aber ohne Erfolg.
---
antifeminismus.ch 18.1.11
Geheime Frauenhaus-Adressen veröffentlichen
AUFRUF: WIR BRAUCHEN IHRE HILFE!
Viele Frauen flüchten aus egoistischen Beweggründen ins
Frauenhaus und bezichtigen ihren Ehepartner fälschlich der
häuslichen Gewalt, um den Umgang des Vaters mit seinen Kindern
boykottieren zu können und um somit eine bessere Ausgangssituation
in Sorgerechts- und Unterhaltsstreitigkeiten zu haben. Oftmals stellt
sich die Situation sogar so dar, dass sich die Frau - physisch oder
psychisch - gewalttätig verhält und die Kinder, sowie oft
auch den Ehe-/Partner bedroht, schlägt bzw. tyrannisiert.
Besondere "Verdienste" erwerben sich dabei die
Frauenhäuserverantwortlichen, die eine Täterschaft von Frauen
von vornherein ausschliessen und die Frau in ihrer verschobenen
Wahrnehmung bestätigen.
Frauenhäuser sind Orte des politisch motivierten
institutionalisierten Männerhasses, an welchen viele
Lügnerinnen mit offenen Armen empfangen und von den
Sozialarbeiterinnen beraten werden, wie sie den Mann finanziell
ruinieren können und wie sie sich verhalten sollen, damit sie das
alleinige Sorgerecht für die Kinder erhalten.
Die Adressen der Frauennhäuser sind aus Sicherheitsgründen
geheim. In der Schweiz sind die Frauenhäuser in der
"Dachorganisation der Frauenhäuser der Schweiz und Liechtenstein"
(DAO) zusammengeschlossen.
Auf ihren Internetauftritten werben die Frauenhäuser damit, dass
sie "Frauen unterstützen, die für sie richtige Lösung zu
finden". Die Sozialpädagoginnen geben den Frauen eine Beratung in
Bezug auf Obhut, elterliche Sorge und Besuchsrecht.
Wie die Dachorganisation selber auf ihrer Website schreibt, arbeiten
sie parteilich mit einer feministischen Grundhaltung. Das heisst,
Männer sind immer die Täter und die Frauen die Opfer. Der
Mann verkörpert das Böse.
Wir akzeptieren nicht mehr länger, dass hier geschützte und
subventionierte Organisationen ihren Männerhass ausleben
können und dies unter jeglicher Anonymität. Die IGAF plant
zusammen mit "Kinder ohne Rechte" die geheimen Adressen der 18
Frauenhäuser der Schweiz zu veröffentlichen. Die
Bevölkerung soll wissen, wo Männerhass geschürt wird und
wo sich die "Trainingslager zur Ruinierung der Männer" befinden.
Uns sind zurzeit einige Adresse bekannt, jedoch noch nicht
vollständig von allen Frauenhäusern. Bitte melden Sie uns
Ihre Beobachtungen und Adressen der Frauenhäuser in der Schweiz,
wenn Ihnen diese bekannt sind.
Wir wollen transparente Opferhäuser für beide Geschlechter,
frei von Ideologie und für alle Opfer von häuslicher Gewalt.
Siehe dazu auch die "Frauenhauslüge".
http://antifeminismus.ch/familie/frauenhausluege/index.php#0000009d6e13d6b03
Meldungen an info@antifeminismus.ch - Vielen Dank.
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RASSISMUS
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Bund 22.1.11
Im Sigriswiler Schneegestöber im Schnellzugstempo durch die
jüdische Geschichte
Der Einsender eines antijüdischen Texts im "Sigriswiler
Anzeiger" hat sich - wie vor Gericht versprochen - einer Weiterbildung
unterzogen.
Markus Dütschler
Es war kein Zufall, dass sich am Donnerstagabend zwei hochrangige
Exponenten des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG)
für einen Vortrag ins verschneite Sigriswil hinaufbemühten:
Vizepräsidentin Sabine Simkhovitch-Dreyfus aus Genf und
Generalsekretär Jonathan Kreutner aus Zürich. "Wollen Sie
mehr wissen über das Judentum und die Juden in der Schweiz?", so
hiess das Thema. Der Abend bildete den Abschluss einer Affäre, die
vor einem Jahr mit der Publikation einer antijüdischen Hetzschrift
im "Sigriswiler Anzeiger" begonnen hatte.
Ein Sigriswiler Bergbauer, nebenberuflich als Schwellenmeister
für die Gemeinde tätig, liess im inoffiziellen Organ einen
Text zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik abdrucken, dessen Inhalt
im Satz gipfelte: "Das Welt-Judentum (Zionismus) hat die totale
Ausraubung gewisser reicher Länder wie Deutschland, Schweiz,
Österreich und anderer Staaten längst begonnen." Dem Dokument
war sein Name beigefügt. Der Drucker in Gunten, der den Anzeiger
herausgibt, gab später an, er habe den Text nicht ganz gelesen,
sondern fast unbesehen ins Blatt gerückt wie Vereinsnachrichten,
Gratulationen, Gemeindeinformationen oder eingesandte Verse.
Textautor gab sich ahnungslos
Die Publikation trug dem Bergbauern eine Strafanzeige wegen
Verletzung der Antirassismusstrafnorm ein, für die er im Oktober
in Thun vor Gericht stand. Er habe niemanden diskriminieren wollen,
sagte der Mann vor Gericht, er habe nichts gegen Juden und wisse nicht
einmal, was ein Zionist sei. Er sei ein einfaches "Bärgpuurli" mit
zwei fleissigen Händen, politisch und gesellschaftlich nicht
engagiert und historisch nicht gebildet. Den Text habe er beim
Aufräumen seines Büros gefunden und nach einer
Teillektüre gedacht, gewisse Aussagen darin erklärten
zutreffend die heutige Situation - auch in Sigriswil.
Vor Gericht verpflichtete er sich, sein Wissen über
Judentum, Antisemitismus und Rassismus zu vermehren, indem er einen
passenden Kurs besuche. Für dessen öffentliche
Durchführung in Sigriswil steuerte er einen Unkostenbeitrag von
750 Franken bei.
Die Einladung erschien zweimal im "Sigriswiler Anzeiger". Doch im
Internet-Veranstaltungskalender der Gemeinde, in dem Anlässe wie
Schneewandern oder Dorfrundgänge aufgelistet sind, fehlte
jeglicher Hinweis. Gemeindepräsident Martin Sommer (Parteilose
Bürger Sigriswil) liess auf Anfrage durch den Gemeindeschreiber
ausrichten, der auf privater Basis stattfindende Anlass werde von der
Gemeinde "weder organisatorisch noch finanziell unterstützt", man
habe nur die Aula des Schulhauses Raft vermietet. Seitens der Gemeinde-
und der Kirchenbehörden, die vor Jahresfrist die Besorgnis
geäussert hatten, die Affäre bringe das Dorf zu Unrecht in
Verruf, waren keine Vertreter vor Ort.
Fluchtartiger Abgang am Schluss
Gegen 40 Personen versammelten sich im Saal, um sich von den
SIG-Exponenten 3000 Jahre jüdischer Geschichte im Schnellzugstempo
erklären zu lassen, bis hin zur Katastrophe des Holocaust und der
Gründung des Staates Israel 1948. Fast in letzter Minute gesellte
sich auch der verurteilte Schwellenmeister zur Runde, nahm aber nicht
auf den vorderen leeren Reihen Platz, sondern holte für sich und
Familienangehörige eigens Stühle von einem Stapel und
platzierte sie hinter der hintersten Reihe.
Das restliche Publikum, zum Teil aus dem freikirchlichen Bereich,
von denen offenbar viele noch nie mit Juden im Gespräch gewesen
waren, benutzten die Gelegenheit, um sich über jene Religion zu
informieren, aus der die eigene vor bald zwei Jahrtausenden
hervorgegangen war. Was hat ein orthodoxer Jude davon, wenn er
unzählige Gebote und Verbote einhält? Sind Muslime
bezüglich Diskriminierung die Juden von heute? Verspüren Sie
in sich kein Sehnen nach einem Leben in Israel, dem Land Ihrer
Väter? Wieso bringen orthodoxe Grossfamilien eigene Kochtöpfe
mit, wenn sie in Adelboden Ferien machen? Haben Sie als Jude einmal im
Neuen Testament gelesen? Wieso erkennen Sie nicht, dass im Nahen Osten
ein göttlicher Plan abläuft? Gibt es eine jüdische
Autorität, die in religiösen Fragen abschliessend
entscheidet? Woher stammt der Name Palästina? Die Referenten
machten klar, dass nicht jeder Israeli Jude und nicht jeder Jude
Israeli ist und dass es ganz verschiedene Arten gibt, das Judentum zu
leben.
Der Verurteilte blieb in der Fragerunde stumm, und kaum war die
Veranstaltung zu Ende, verliess er die Aula fast fluchtartig, ohne
einen Kommentar abzugeben.
---
Bund 19.1.11
Israelischer Autor verurteilt wegen Diskriminierung
Ein Vortrag in Wichtrach vor der Anti-Minarett-Abstimmung
beschert Autor Avi Lipkin eine Geldstrafe.
Der israelische Autor Avi Lipkin hat sich bei einem Referat in
Wichtrach der Rassendiskriminierung und Störung der Glaubens- und
Kultusfreiheit schuldig gemacht. Lipkins Rede habe Äusserungen
enthalten, die auf eine Verteufelung des Islams hinausliefen, sagt der
frühere Untersuchungsrichter und heutige Staatsanwalt Thomas
Perler. Er bestätigte damit Aussagen in der "NZZ am Sonntag". Der
Israeli wurde per Strafmandat zu einer bedingten Geldstrafe von 20
Tagessätzen zu 50 Franken und einer Busse von 300 Franken
verurteilt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil die Berner
Justiz nicht weiss, ob Lipkin das Strafmandat tatsächlich erhalten
hat. Perler liess Lipkin das Mandat via israelische Behörden
zustellen.
Lipkin hatte in Wichtrach und anderen Orten auf Einladung der
Organisation Pro Israel Schweiz und des Schweizerischen Bunds aktiver
Protestanten referiert. Der Israeli sprach zur angeblichen Bedrohung
von Christen und Juden durch den Islam. Auch die EDU wies damals auf
die Vorträge hin, die in die Zeit vor der Abstimmung über die
Anti-Minarett-Initiative fielen. Aktiv wurde Richter Perler aufgrund
mehrerer Anzeigen. Sie stammten unter anderem von der Berner
Gemeinschaft der Muslime und von Mitgliedern des Islamischen
Zentralrats.(sda)
---
Thuner Tagblatt 18.1.11
Israelischer Autor verurteilt
Wichtrach. Ein Berner Untersuchungsrichter hat den israelischen
Autor Avi Lipkin wegen Rassendiskriminierung und Störung der
Glaubens- und Kultusfreiheit verurteilt.
Der israelische Autor Avi Lipkin hat sich bei einem Referat in
Wichtrach der Rassendiskriminierung und Störung der Glaubens- und
Kultusfreiheit schuldig gemacht. Lipkins Rede habe Äusserungen
enthalten, die auf eine Verteufelung des Islams hinausliefen, sagt der
frühere Untersuchungsrichter und heutige Staatsanwalt Thomas
Perler. Er bestätigte damit Aussagen in der "NZZ am Sonntag".
Der Israeli wurde per Strafmandat zu einer bedingten Geldstrafe
von 20 Tagessätzen zu 50 Franken und einer Busse von 300 Franken
verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil die
Berner Justiz nicht weiss, ob Lipkin das Strafmandat tatsächlich
erhalten hat. Perler liess Lipkin das Mandat via israelische
Behörden zustellen.
Lipkin hatte in Wichtrach und anderen Orten auf Einladung der
Organisation Pro Israel Schweiz und des Schweizerischen Bunds aktiver
Protestanten referiert. Der Israeli sprach zur angeblichen Bedrohung
von Christen und Juden durch den Islam. Auch die EDU wies damals auf
die Vorträge hin, die in die Zeit vor der Abstimmung über die
Anti-Minarett-Initiative fielen. Aktiv wurde Richter Perler aufgrund
mehrerer Anzeigen. Sie stammten unter anderem von der Berner
Gemeinschaft der Muslime und von Mitgliedern des Islamischen
Zentralrats der Schweiz.
sda
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ALT-NAZI
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Bund 21.1.11
Die Naziphilie war nicht sein einziges "Hobby"
Ein Schweizer Bankier, der für Hitler schwärmte,
algerische Nationalisten und palästinensische Terroristen
unterstützte: Willi Winkler beschreibt das mysteriöse Leben
von François Genoud (1915-1996).
Martin Ebel
Joseph Goebbels war ein Menschheitsverbrecher und wäre,
hätte er sich nicht mitsamt Frau und Kindern im Führerbunker
umgebracht, sicher zum Tod verurteilt worden. Das Recht an seinen
Schriften aber war sein gutes Recht - über den Tod hinaus. Bis
2015 muss jeder, der etwa aus Goebbels' "Tagebüchern" zitieren
will, den Rechtsnachfolger um Erlaubnis bitten und Tantiemen zahlen.
Diese Rechtsnachfolge hatte sich ein Schweizer Bürger gesichert,
der zu den merkwürdigsten, ungreifbarsten und unappetitlichsten
Gestalten der Nachkriegszeit gehört.
François Genoud, 1915 in Lausanne geboren und 1996 in
Pully gestorben (von eigener Hand, assistiert von der Organisation
Exit), war ein "freischaffender Nazi", wie ihn der Journalist und
Buchautor Willi Winkler nennt. Nachdem er als 17-Jähriger einmal
Hitler vorgestellt worden war, hielt er ihm die Treue. Sein Hang zu
NS-Hinterbliebenen und NS-Devotionalien verband sich mit einem
ausgeprägten Geschäftssinn. Genoud besuchte Hitlers Schwester
Paula (von der er vergeblich einen Generalvertrag erhoffte) oder die
Witwe von Hitlers engstem Paladin, Martin Bormann. Hier gelang ihm sein
erster Coup: Er erhielt und vermarktete erfolgreich die Ehebriefe der
Bormanns sowie Mitschriften von Hitlers Tischreden. Das "Politische
Testament" Hitlers übersetzte Genoud ins Französische und
wieder zurück ins Deutsche, um, so Winkler, eine Art eigenes
Urheberrecht zu schaffen.
An Eichmann verdienen
Den grössten kaufmännischen Erfolg erzielte er aber mit
den Goebbels-Tagebüchern, die nach und nach aus verschiedenen
Quellen auftauchten und Zeithistoriker wie Redaktionen hochgradig
interessierten - wer drucken wollte, musste und muss zahlen, an Genoud
als Inhaber des Nutzungsrechts (die Hälfte der Tantiemen geht an
die Goebbels-Erben). Dass das Urheberrecht im Falle eines
führenden Nazis überhaupt ausgeübt werden konnte - und
nicht von der deutschen Bundesregierung als Kompensation für die
Schäden, die er mitverursacht hatte, kassiert wurde: Darüber
kann sich Willi Winkler nicht genug wundern.
Auch an Adolf Eichmann wollte Genoud verdienen: Als der
Organisator der "Endlösung" 1960 in Argentinien gekidnappt und in
Israel vor Gericht gestellt wurde, besorgte Genoud die Verteidigung und
bezahlte sie - mit den Einnahmen aus den Memoiren, die Eichmann in
seiner Zelle schrieb. Wie ein Remake wirkt Genouds Engagement im
letzten grossen Naziprozess: 1987 gegen den "Schlächter von Lyon",
Klaus Barbie, der sich nach dem Krieg - mithilfe der Amerikaner und der
katholischen Kirche - jahrzehntelang der Gerechtigkeit entzogen hatte.
Genoud engagierte den Anwalt Jacques Vergès und besuchte den
Kriegsverbrecher immer wieder im Gefängnis, auch nach dessen
Verurteilung. Verdient hat er an Barbie allerdings nichts; dessen
Ergüsse waren unbrauchbar für jede Verwertung.
Spekulieren und Raunen
Genoud hat seine Naziphilie einmal zynisch als "Hobby"
bezeichnet. Es blieb nicht sein einziges. Er begriff sich als
Antikolonialist und unterstützte deshalb die algerische
Unabhängigkeitsbewegung FLN. Auch diese spezielle Zuneigung hatte
seine Wurzeln in einem Jugenderlebnis: Mit einem Freund hatte er in den
1930er-Jahren den Orient bereist und den Mufti Hadj Amin al-Husseini
kennen und schätzen gelernt, einen berüchtigten Antisemiten
und Hitler-Bewunderer. Über Genouds Genfer Banque Commerciale
Arabe liefen die Geld- und Waffengeschäfte der FLN, nach der
Unabhängigkeit 1962 wurde der Schweizer eine Art Berater der
Regierung.
Von Freiheitskämpfern zu Terroristen war es kein grosser
Schritt, wenn nur die "Weltanschauung" stimmte - immer gegen die
"Zionisten". Und das war Wadi Haddad, einer der Führer der
Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP), der mit
Bombenattentaten und Flugzeugentführungen die Welt in Angst und
Schrecken versetzte. 1971 war Genoud in Beirut Gast auf einer makabren
Siegesfeier von Haddad und Kumpanen, ein "Hospitant des Terrors", wie
Winkler schreibt.
Der Hospitant war erstaunlich aktiv, nützlich und
ungreifbar. 1972 arrangierte er eine Lösegeldzahlung von fünf
Millionen Dollar für eine entführte Lufthansa-Maschine -
wobei das, folgt man Winklers Deutung, zugleich eine Schutzgeldzahlung
der Airline an Haddad war, um nicht wieder behelligt zu werden. Dass er
bei solchen Deals öfters die Hand im Spiel hatte, deutete Genoud
etwas beleidigt gegenüber der deutschen Regierung an, als die eine
Einreisesperre gegen ihn verhängte. Die Wahrheit wissen, wenn
überhaupt, nur die Geheimdienste, ohne deren Duldung Genouds
Wirken nicht vorstellbar ist.
Die Aktion der Deutschen blieb die Ausnahme: Die Behörden,
auch die der Schweiz, liessen Genoud in Ruhe. Er wurde überwacht
(über kaum einen Schweizer dürfte es mehr Fichen geben), aber
nie angeklagt. Einerseits, weil ihm keine "harten" Straftaten
nachzuweisen waren, zum anderen, weil er nützlich war: als Mann
mit Verbindungen in der chaotisch-gefährlichen Gemengelage
zwischen "revolutionären" Regierungen und kriminellen Terroristen.
Revolutionsromantik spielte wohl mit bei der Begeisterung des
Schweizer Bankiers für den geltungssüchtigen Superterroristen
Carlos, der 1975 unter anderem den Anschlag auf die Wiener
Opec-Konferenz verübte. Hier zeigt Winklers Buch allerdings seine
Schwäche am deutlichsten: Die gegenseitige Sympathie ist erwiesen;
es gibt aber keine Beweise dafür, dass Genoud in irgendeinen von
Carlos' Terrorakten involviert war. Also verlegt sich Winkler aufs
Spekulieren und Raunen. Ob und wie Genoud dem flüchtigen
Terroristen Aufnahmeländer vermittelt hat, bleibt im Dunkeln.
Sicher ist erst wieder, dass Genoud Carlos, als dieser endlich in Paris
im Gefängnis sass, seine Aufwartung machte. Beide träumten
davon, sich später in einer Art Walhalla des antizionistischen
Kampfes wiederzusehen.
An Genoud haben sich schon zu dessen Lebzeiten zwei Biografen
versucht, die sich auf lange Gespräche mit dem auskunftsfreudigen
Hitler-Verehrer stützten. Winkler hat von diesen Quellen
profitiert und sich durch viel Aktenmaterial gewühlt. Flott
schreiben kann er auch. Das führt zu einer fesselnden
Lektüre, bei der man einer dubiosen Figur, die ihre Finger in
allen möglichen Schweinereien drin hatte, ohne sie sich wirklich
schmutzig zu machen, durch eine verrückte Zeit folgt."Eine
regelrechte Biografie ist nicht möglich", räumt Winkler ein.
Allerdings hat er die Lücken oft mit zu viel spekulativem Schaum
gefüllt. Die definitive Biografie des Schweizer Dunkelmanns wird
wohl nie geschrieben werden.
Willi Winkler: Der Schattenmann. Von Goebbels zu Carlos. Das
mysteriöse Leben des François Genoud. Rowohlt, Berlin 2011.
350 S., ca. 38 Franken.
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"MANIPULATION"
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20min.ch 23.1.11
Fichen-Brandauer: Die "Dreckssäcke unter uns"
Klaus Maria Brandauer brilliert in dem Fichen-Film "Manipulation"
- und verrät uns seine Meinung über Lobbyismus und den Ruf
nach der Schweizer Atombombe.
Philipp Dahm
Ob er schon einmal von der Fichen-Affäre gehört habe,
bevor er das Drehbuch zu "Manipulation" bekam, fragte 20 Minuten Online
Sebastian Koch beim Genfer "IWC"-Anlass "A Night in Portofino". Der
Darsteller, der perfekt den undurchsichtigen PR-Chargen Dr. Harry Wind
im kommende Kino-Highlight "Manipulation" spielt, ist ehrlich:
"Nö!" Ob sich der Deutsche hätte träumen lassen, dass
die Schweiz einst zehn Prozent der eigenen Bevölkerung
geheimdienstlich überwacht habe, fragen wir weiter. "Nö",
sagt er lächelnd.
Der Schauspieler aus "Das Leben der Anderen" sagt auf dem Roten
Teppich, er liebe die Schweiz, habe oft hier Ferien gemacht und sei
immer wieder gerne gekommen, aber der grösste Nachkriegsskandal
der hiesigen Geschichte war ihm neu. Und dabei ist es alten
Branchenhasen wie ihm und Klaus Maria Brandauer zu verdanken, dass ein
Politthriller, der viel in muffigen Verhörräumen der
50er-Jahre spielt, trotz dieses vermeintlichen Mankos ein spannendes
Stück Schweizer Geschichte wurde, das kurzweilig anzusehen ist
(Mehr zum Film in obiger Bildstrecke).
Welche Werte verteidige ich wie?
Als wir den Klaus Maria Brandauer selbst in Solothurn treffen, wo
der Streifen an den Filmfesttagen uraufgeführt wurde, ist der
Altmeister aus Produktionen wie "James Bond: Never Say Never" und "Out
of Africa" gesprächig und gelöst. Im Gegensatz zu seinem 18
Jahre jüngeren deutschen Kollegen Koch wusste der 66-jährige
Österreicher auch von der Fichen-Affäre Bescheid - auch weil
er seine Kindheit teilweise in der Nähe Basels verbracht hat.
Einer der Grossväter Brandauers war Zollkommissar im
Badischen Bahnhof in Basel - und nun spielt der Darsteller erstmalig
selbst Maria Rappold einen Beamten. Im Interview redet Brandauer frei
über Manipulation gestern und heute: Sie gehöre dazu, sagt
er, auch wenn er das ablehne. Dass ein Land wie die Schweiz in einem
waffenstarrenden Europa die Möglichkeit erwogen hat, Atombomben zu
beschaffen, verstehe er sogar ein Stück weit: Ob es daran liegt,
dass er als Österreicher ein offeneres Visier hat, als ein vom
"NATO-Doppelbeschluss" geprägter Deutscher?
Klaus Maria Brandauer über Manipulationen (Interview:
Philipp Dahm, Kamera/Schnitt: Matthieu Gilliand).
Nachdem Brandauer im Januar 2008 noch in der Schweiz gedreht hat,
stand er im Mai desselben Jahres schon wieder in Argentinien vor der
Kamera: Unter der Anleitung von Regisseur Francis Ford Coppola
("Apocalypse Now", "The Godfather: Part III") drehte er dort an der
Seite von Vincent Gallo ("L.A. Without a Map") den Streifen "Tetro".
Natürlich seien die Dreharbeiten unter der Führung der
Hollywood-Legende andere gewesen als sie in der Schweiz, doch am Ende
komme es auf eine gute Geschichte an, sagte uns Brandauer weiter.
(Video: 20Minuten Online)
Klaus Maria Brandauer zum Dreh mit Francis Ford Coppola
(Interview: Philipp Dahm, Kamera/Schnitt: Matthieu Gilliand).
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Bund 22.1.11
"Die Rolle bin ich"
In "Manipulation" spielt Klaus Maria Brandauer einen Schweizer
Bundespolizisten im Kalten Krieg. An den Solothurner Filmtagen sprach
der Österreicher über diesen Urs Rappold, der bedingungslos
ans Systemglaubt..
Interview: Christoph Schneider
In "Manipulation" steckt ein Kern historischer Wahrheit: Die
Schweiz wollte im Kalten Krieg eine eigene Atombombe. Hätten Sie
dem Land so radikale Fantasien zugetraut?
Es hat mich nicht sehr überrascht, weil ich während des
Heranwachsens eine gewisse Zeit an der Schweizer Grenze verbracht habe,
in Grenzach. Und nun erinnerte ich mich wieder, dass es damals schon
hiess: Die Schweizer haben all ihre Berge ausgehöhlt und lagern
Flugzeuge unterirdisch und sind überhaupt bis an die Zähne
bewaffnet - und was glaubst denn du, warum die Deutschen seinerzeit
nicht gekommen sind? Das beeindruckt Kinder, die sich als streitende
Länder die Köpfe einschlagen. Heute denke ich über diese
Bubenspiele: eigentlich schrecklich, dass niemand ein Wort dagegen
gesagt hat. Da ist doch im Grunde genommen die Katastrophe des
Weltkriegs einfach in die Fünfzigerjahre hinübergeschwappt
wie zur Vorbereitung einer neuen Katastrophe.
War diese Erinnerung jetzt eine künstlerische Motivation?
Wohl schon. Dazu kam das Interesse an der Schweiz, von der ich
eben auch schon als Bub gehört habe, dass sie eine der
ältesten Demokratien der Welt sei. Das stimmt ja, und das
imponiert mir heute noch, auch wenn ihr das Frauenwahlrecht so
spät eingeführt habt.
Es hat Jahre gedauert, bis der Film fertig war. Es wurde
beträchtlich gestritten. Wie zufrieden sind Sie persönlich
mit dem Ergebnis?
Ich bin sehr froh, dass der Film endlich da ist. Ich freue mich
über die Premiere in Solothurn und darüber, dass Menschen ihn
jetzt sehen können. Ich habe mich zum Mitmachen entschlossen, weil
ich das Thema wichtig finde und die Figur mich gereizt hat. Besonders
fein wärs, wenn nicht nur ein Publikum in der Schweiz etwas mit
dem Film anfangen könnte, sondern auch in Deutschland oder sogar
in anderssprachigen Ländern.
Reden wir etwas über diese Figur, den Bundespolizisten Urs
Rappold. Erinnert man sich als Schauspieler nach so langer Zeit
eigentlich noch ans eigene Arbeitskonzept und die Vorstellung von einer
Rolle? Sie sind ja nicht gerade unterbeschäftigt.
Weiss Gott. Aber wissen Sie, natürlich wird man oft gefragt,
wie gehen Sie an diese oder jene Figur heran. Ich möchte
zunächst ganz allgemein antworten: So individuell brauche ich mich
gar nicht zu erinnern. Ich bin jetzt 67, ein Stückespieler im
Theater, ein Figurenspieler im Film, und ich habe die Proben und Rollen
von Jahrzehnten auf dem Buckel. Keine ist losgelöst von der
anderen, glaube ich. Ich gehe ans Neue immer heran mit dem, was dieses
Spielerleben mich gelehrt hat. Ich verbinde Themenkreise mit fiktiver
Individualität, und wenn mich ein Sujet - sozusagen das
Märchen - fasziniert, dann finde ich mich zurecht und meinen Platz
unter den Mitspielern und Kombattanten, wenn die am gleichen Strang
fürs Ganze ziehen.
Könnten Sie das am Beispiel von Urs Rappold konkret
erklären?
Ich weiss schon noch, was mich an ihm interessiert hat: dieses
reine Wesen eines Menschen, der an ein System glaubt und ein Leben lang
überzeugt ist, dass es seinen Schutz verdient. Der Mann sitzt im
Rollstuhl, weil ihn so ein verdächtiger "Systemzertrümmerer"
niedergeschossen hat, und das persönliche Opfer hat seinen Glauben
nur noch gefestigt. Dem müsse man sich mit Respekt nähern,
fand ich. Aber es kamen die Widersprüche dazu. Wie lebt so einer
im Dilemma zwischen dem guten Glauben und den eigenen, unfeinen
Geheimdienstmitteln? Und dann stellt die Geschichte ja auch die hoch
spannende Frage, wie es so ein Mensch aushält, wenn er
dahinterkommt, dass seine Vorgesetzten ans System gar nicht so sehr
glauben wie er.
Hat der Roman von Walter Matthias Diggelmann Sie inspiriert? Dort
wird Rappold vor allem durch den Filter eines Icherzählers
betrachtet. Er sitzt da auch nicht im Rollstuhl.
Das Inspirierende bei Diggelmann war nicht so sehr diese Figur,
sondern, allgemeiner, der Ebenenwechsel zwischen dem Wahren und dem
Unwahren - diese sehr moderne Erzählung über ein mediales
Verwirrspiel.
Ihr Rappold scheint diesem Glauben ans System auch ein wenig
überdrüssig zu sein. Nach dem Selbstmord eines
Verdächtigen schimmern bei ihm Zeichen von Zweifel durch. Wenn
Rappold ermittelt, ist es auch eine Ermittlung gegen sich selbst: War
es richtig, was ich, Urs Rappold, ein Leben lang getan habe? Deckt sich
dieser Eindruck mit Ihrer Intention bei der Gestaltung der Rolle?
Ganz klar. Es freut mich, dass Sie das so wahrgenommen haben.
Eine Ermittlung des Herrn Rappold gegen sich selbst - das ist es, was
zur Geschichte des Romans und auch des Films hinzukommt: Über
diese Interpretation bin ich wirklich nicht unglücklich. Und die
Ermittlung beginnt, so sehe ich es, schon als sie ihn holen fürs
Verhör des Harry Wind, kurz vor der Pensionierung. Schon da fragt
er sich: Warum ich, ich bin doch ein alter Sack? Du bist der Beste,
sagen ihm alle, und er wird misstrauisch gegen diese übertriebene
Art. Das wollte ich in die Rolle hineinlegen, aus dem Gedanken heraus:
Wie macht jemand weiter, der einen Selbstmord quasi provoziert hat? Das
stand so nicht im Buch, aber ich stelle mir als Schauspieler die
Aufgabe, einen Text so zu beleben.
Im Kino kann man schöne mimische Nuancen setzen. Wie
unterscheiden sich die Spannungs- und Atembögen beim Film und beim
Theater?
Atembögen, das ist ein gutes Wort, weil es den
körperlichen Unterschied bezeichnet. Der Atem ist eine ganz
wesentliche Sache, wenn Sie hundert Meter Burgtheater vor sich haben.
Da kommt das Spiel aus einer immensen Anstrengung, und dazu brauchen
Sie Luft und ein Sein und ein Instrument. Deshalb muss man eigentlich
anders ausbilden für Film und Theater. Der Film darf den ganz
normalen, natürlichen Atem nutzen.
Sie haben in Kinoproduktionen gespielt, die mit der grossen Kelle
angerichtet waren. Wie zentral ist der Film für Sie in Ihrer
Karriere?
Sie meinen im Vergleich zum Theater: Ich halte diese Kunstformen
für gar nicht so nah verwandt, dass man sie leicht vergleichen
könnte. Theater ist ein ereignishafter Moment, ein Moment von
Gemeinsamkeit und Einsamkeit mit mythisch-mystischem Boden. Bei der
Filmerei sagt der Mensch, der man ist: Die Rolle bin ich. Aus. Theater
ist viel mehr Projektion, in die man sich immer wieder hineindenkt.
Natürlich bleibe ich ich, und natürlich ists nicht schlecht,
an die eigene Projektion zu glauben. Aber trotz aller Verabredungen ist
so ein Theaterabend von drei, vier Stunden für mich als
Schauspieler eine Zeit des Alleinseins mit meinen veränderlichen
Mitteln; so wie wenn jemand beim Kochen sagt, da nehme ich jetzt mal
ein bisschen Safran und dann noch ganz wenig Salz, am allerbesten eins
aus Bad Ischl.
Das klingt fast nach einem heiligen alchimistischen Akt.
Ich bin nicht dagegen, wenn Sie das sagen.
Ihre grossen Projekte der letzten Jahre - "Wallenstein", "Der
zerbrochene Krug", "Ödipus auf Kolonos", alle mit Regisseur Peter
Stein - waren Theaterarbeiten. Fliesst, allen Filmen zum Trotz, da Ihr
Herzblut?
Es fliesst, ja, aber es fliesst auch im Film. Allerdings bin ich
dem Film nie nachgelaufen. Im Gegenteil, es gab Jahre, da dachte ich,
als Hamlet des Burgtheaters hätte ich das Filmen wirklich nicht
nötig. Ich empfand das Theater als die grösste
Entfaltungsmöglichkeit, die ich als Schauspieler kriegen konnte.
Womöglich ist das immer noch so. Aber nichts gegen die
mikrokosmischen Möglichkeiten eines Films.
Aber Bruno Ganz, ein Grosser des Theaters und Träger des
Iffland-Rings, sagt, das Theater sei ihm abhandengekommen. Alles
schauspielerisch Spannende finde heute im Kino statt. Ist Ihnen dieser
Gedanke fremd?
Er ist mir nie gekommen. Wenn ich es mit einer Ehe vergleiche,
dann bin ich zwar mit dem Theater verheiratet, aber nicht
unglücklich, Möglichkeiten im Film zu finden. Ich habe sie
stets mit grosser Lust und Laune wahrgenommen. Nur: Wenn Sie älter
werden, sind die Filmrollen nicht häufig, an denen Sie sich
kraftvoll die Zähne ausbeissen können. Sobald es eine
für mich gibt, und wenn die Produktionsbedingungen stimmen:
jederzeit.
Kommen wir zum Schluss, weil gerade die Solothurner Filmtage
sind, zurück zum Kino. Es fällt auf, dass Sie in Film und
Fernsehen oft historische Figuren gespielt haben: Julius Cäsar,
Danton, Kaiser Franz Josef. Sie tragen gut Kostüm. Leben Sie da
eine Vorliebe aus?
Keinesfalls. In "Vercingetorix" als Julius Cäsar und mit
Brustpanzer und Helm in den wunderbaren bulgarischen Hügeln - ein
Horror. Ich bin fast im Boden versunken, als ich mich später
gesehen habe. Andererseits: Da watschelt plötzlich Max von Sydow
auf dich zu, kostümiert als gallischer Oberdruide. Ich sage Ihnen:
Skurrileres als bei Dreharbeiten habe ich nie erlebt.
--
Klaus Maria Brandauer
Kantiger Auftritt in "Manipulation"
Geboren 1943 in Altaussee in der Steiermark, gehört
Brandauer zurElite der europäischen Schauspieler. Seine
künstlerische Heimat war immer das Theater - insbesondere das
Wiener Burgtheater, dessen Ehrenmitglied er ist. Aber wie kaum sonst
ein deutschsprachiger Schauspieler hat er auch Erfolge im
internationalen Kino gefeiert: in Istvan Szabos "Mephisto" (1981), als
Gegenspieler von Sean Connery im Bond-Film "Never Say Never Again"
(1983) oder als Baron Blixen in Sidney Pollacks "Out of Africa" (1985).
In "Manipulation" - einer Verfilmung von Walter Matthias Diggelmanns
Roman "Das Verhör des Harry Wind" - spielt Brandauer nun
eindrücklich kantig einen Schweizer Bundespolizisten, der sich in
der Zeit des Kalten Kriegs in einem Gewirr von gefälschten
Wahrheiten fast verliert ("Bund" von gestern). Der Film kommt am 3.
Februar in die Kinos. (csr)
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Newsnetz 19.1.11
Kino
Als die Schweiz die Atombombe wollte
Philippe Zweifel
Die Schweiz wollte im Kalten Krieg unbedingt eigene Atomwaffen.
Der Film "Manipulation" blickt auf die Zeit von Paranoia,
Geheimkommissionen und Fichen zurück.
Der Eröffnungsfilm der Solothurner Filmtage, die morgen
beginnen, hat es in sich. Nicht nur weil er mit den beiden
Schauspielschwergewichten Klaus Maria Brandauer und Sebastian Koch
hervorragend besetzt ist. "Manipulation" erzählt ein Stück
Schweizer Geschichte, das zwar schon lange zurück liegt, aber nach
wie vor fasziniert - nicht zuletzt, weil es immer noch aktuell ist: Die
Manipulation der öffentlichen Meinung.
Die Geschichte spielt 1956 während des Kalten Kriegs.
Nachdem die amerikanischen Atombomben über Hiroshima und Nagasaki
der Welt das Vernichtungspotential der Kernwaffen vor Augen
geführt hatten, machen sich auch in der Schweiz Politiker und
Militärs Gedanken über die Landesverteidigung im nuklearen
Zeitalter. Die Schweizer Regierung will zum Schutz gegen die Bedrohung
aus dem Osten eine eigene Atombombe und legt flankierend Fichen
über vermeintliche Kommunisten an (10 Prozent der
Bevölkerung). Diese Paranoia will natürlich auch
bewirtschaftet sein. Zentrale Figur des Films ist denn auch Harry Wind,
ein aalglatter PR-Berater, von dem man nicht weiss, ob er bei den
Schweizern oder den Russen auf der Lohnliste steht.
Politischer Stoff
Der Film basiert auf dem Buch "Das Verhör des Harry Wind"
des verstorbenen Schweizer Autors Walter Matthias Diggelmann, einer der
engagiertesten Schweizer Autoren seiner Zeit. "Das Verhör des
Harry Wind", erschienen 1962, war eine Provokation für ein Land,
das sich gerne als älteste und beste Demokratie der Welt verstand.
"Ich bin ein Drahtzieher", lässt Diggelmann Harry Wind etwa von
sich selbst sagen, "ich herrsche. Ich herrsche überall, wo es zu
herrschen gilt." Und: "Ich bringe Atombomben mit derselben Leichtigkeit
in die Schweiz wie Bananen." Diggelmann konnte seine Bücher danach
zeitweise nur noch im Ausland veröffentlichen.
"Das Verhör des Harry Wind" war denn auch ein äusserst
politisches Buch - und ist es noch heute. Der Stoff gibt Einblick in
die Arbeit an der öffentlichen Meinung, macht sichtbar, wie der
Ausgang einer Volksabstimmung durch eine PR- und Werbekampagne
beeinflusst wird. "Wahrheit ergibt sich nur aus den Geschichten",
erklärt Harry Wind dem Bundespolizisten Rappold, der wegen
Landesverrats gegen ihn ermittelt. Ein Satz, der auch für
Diggelmanns Werk herhalten kann, das oft mit der Biografie des Autors
verbunden war. (Bis zu seinem Tod Ende der 70er Jahre galt Diggelmann
als Nonkonformist. Er selbst bezeichnete sich als
"Geschichtenerzähler" - denn, wie sagt Harry Wind: "Nur wer eine
gute Geschichte hat, dringt durch."
"Das Verhör des Harry Wind" ist ein Roman, der ein
präzises Bild der schweizerischen Gesellschaft Ende der 50er Jahre
gibt. Die Filmversion, so viel sei trotz Info-Sperrfrist schon jetzt
verraten, konzentriert sich vor allem auf das Duell Wind-Rappold (von
Koch und Brandauer gespielt).
Eine ausführliche Filmkritik von "Manipulation" folgt in den
nächsten Tagen.
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BIG BROTHER
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NZZ am Sonntag 23.1.11
USA enttäuscht über Absage an Spionage-Einheit
Depeschen beweisen, dass die USA in Bern ein Observations-Team
einsetzen wollten - und wie enttäuscht sie auf die Absage der
Schweiz reagierten.
Heidi Gmür
Im Dezember 2006 waren die USA zuversichtlich, dass sie in Bern
bald ein Observations-Team - eine sogenannte Surveillance Detection
Unit - einsetzen können, um die US-Botschaft vor
Terroranschlägen zu schützen. In einer kürzlich von
Wikileaks publizierten Depesche meldete die damalige US-Botschafterin
Pamela Willeford erfreut nach Washington, man habe den Kanton Bern in
dieser Sache "nach vielen Jahren" umstimmen können. Wie die "NZZ
am Sonntag" letzte Woche publik machte, erteilte der Bundesrat dem
Ansinnen im August 2007 aber eine Absage. Das wiederum quittierte
Willefords Nachfolger Peter Coneway in einer Depesche vom Dezember 2008
mit den Worten: "Die enttäuschendste Sicherheits-Angelegenheit war
die Ablehnung unseres Gesuchs, ein Surveillance Detection Team
einzusetzen."
Eine weitere Depesche zeigt indes, dass die US-Mission in Genf
bereits im Oktober 2005 einen Surveillance-Detection-Techniker
angestellt hatte. Dieser hatte einen muslimischen Genfer
Intellektuellen und dessen Begleitung observiert und die beiden
inklusive Bildern in der US-Datenbank Simas registriert. Simas steht
für Security Incident Management Analysis System, in dem die
US-Aussenstellen weltweit verdächtige Vorfälle sammeln. Zur
Frage, wie viele Schweizer Simas-Einträge es gibt, äussern
sich weder die Schweiz noch die USA. Derzeit prüfen die Schweizer
Behörden, ob sich die USA in Genf allenfalls mit illegalen
Methoden gegen Terroranschläge schützen.
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Liechtensteiner Vaterland 21.1.11
Liechtenstein
Fingerabdrucksystem droht Totalausfall
Weil das bisherige System an seine Grenzen stösst, hat der
Bundesrat der Beschaffung eines neuen Identifikationssystems für
Finger- und Handflächenabdrücke zugestimmt. Davon betroffen
ist auch die Landespolizei, da sie an die Schweizer Datenbank
angebunden ist.
Von Bianca Cortese
Vaduz/Bern. - Wie das Bundesamt für Polizei (fedpol)
mitteilt, soll das sogenannte "AFIS New Generation" voraussichtlich
2013 das alte System ablösen. Die Kosten von rund 18,5 Millionen
Franken werden vom Bund getragen. Wie es diesbezüglich in
Liechtenstein aussieht, ist noch offen. Aber Tina Enz bestätigt,
dass die Landespolizei seit zirka Mitte der 90er-Jahre mit derselben
Technologie arbeitet: "Wenn in der Schweiz diesbezüglich also
Änderungen vorgenommen werden, betrifft das auch uns", so die
Mediensprecherin der Landespolizei. Nähere Informationen, ob und
wann die Erneuerung stattfindet, kann sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht
geben.
Leistungsgrenze erreicht
Das automatisierte Fingerabdruck-Identifikationssystem AFIS wird
seit 1984 vom Bundesamt für Polizei (fedpol) betrieben und ist
diesem zufolge aus der Sicherheitslandschaft "nicht mehr wegzudenken",
wie aus einer Medienmitteilung des Amtes hervorgeht. Das zentrale,
nationale System kommt vor allem bei der Identifikation von Personen
und Tatortspuren zum Einsatz. 2009 wurden mit AFIS rund 128 000
Überprüfungen durchgeführt, was zu 52 000
Personenidentifizierung geführt hat. Gleichzeitig konnten
über Analyse und Vergleich von Finger- und
Handflächenabdrücken, die an Tatorten gesichert wurden, rund
2 300 Personen identifiziert werden. Dabei handelt es sich
grössenteils um Täterspuren.
Seit der letzten Erneuerung des Systems im Jahr 2002 hat sich das
Auftragsvolumen massiv erhöht. Die technischen Leistungsgrenzen
sind zwischenzeitlich in allen Bereichen erreicht: Eine
Weiterführung des bestehenden Systems kann "mittelfristig zu einem
Totalausfall" des gesamtschweizerischen Fingerabdrucksystems
führen. Das Bundesamt für Polizei könnte dann seinen
Leistungsauftrag gegenüber Kantonspolizisten, Grenzwachkorps,
Interpol-Partnerstaaten und weiteren Partnern, die das System rund um
die Uhr nutzen, nicht mehr erfüllen.
Neben den technischen Gesichtspunkten gelte es auch den
zunehmenden internationalen Bedürfnissen Rechnung zu tragen,
heisst es in der Mitteilung weiter. Der Datenaustausch geschehe heute
über die Schnittstellen zu Eurodac, der europäischen
Asyldatenbank, sowie mit den Interpol-Partnerstaaten. "Damit die
technischen und qualitativen Anforderungen auch in Zukunft erfüllt
werden können, muss das bestehende AFIS durch das neue System
‹AFIS New Generation› abgelöst werden."
Über 800 000 Abdrücke
In der AFIS-Datenbank befinden sich zirka 30 000
2-Finger-Abdrücke, 725 000 10-Finger-Abdrücke (davon rund 550
000 mit Handflächen) sowie 50 000 offene Tatortspuren. Im AFIS
werden nur die Fingerabdruck-Daten gespeichert. Die dazugehörenden
Personen- und Fallangaben sind physikalisch getrennt und in einem
separaten Informationssystem gespeichert. Erst wenn ein Suchlauf zu
einer Übereinstimmung mit einem gespeicherten Abdruck führt,
kann eine Verbindung zu den Personen- und Fallangaben hergestellt
werden. Dieses Vorgehen gewährleistet den gesetzlich verankerten
Datenschutz.
Nähere Infos unter www.fedpol.admin.ch und www.ejpd.admin.ch
---
20min.ch 20.1.11
Widerstand gegen Projekt Indect: "Wir sind alles Terroristen"
Das EU-Überwachungsprogramm Indect stösst in
Deutschland auf wachsenden Widerstand. Und auch die Leser von 20
Minuten Online haben heftig reagiert.
Wann ist menschliches Verhalten verdächtig oder
gefährlich? Und wer darf das beurteilen? Wenn es nach den
Vorstellungen europäischer Sicherheitsfachleute geht, dann werden
wir in Zukunft alle überwacht. Ob wir im Internet surfen, in der
Stadt einkaufen oder im Zug telefonieren - der Staat sieht und
hört mit.
Bislang stellte die unvorstellbar grosse Datenmenge, die nur
schon bei der Telekommunikation anfällt, die Überwacher vor
Probleme. Darum wird intensiv geforscht, wie aus einer
unüberschaubaren Menge von Informationen diejenigen herausgepickt
werden, die aus staatsschützerischer und polizeilicher Sicht
interessant sind.
Das mit 15 Millionen Euro finanzierte EU-Forschungsprojekt Indect
will genau das. Ziel ist es, "abnormales Verhalten" automatisch zu
erkennen und frühzeitig darauf zu reagieren. So könnte das
Überwachungssystem auf aggressive Stimmen und gewalttätige
Mimik in Videos und Bildern reagieren. Wer im Internet negativ
auffällt, soll anschliessend auch im realen Leben ausspioniert
werden. Dazu werden verschiedenste Informationskanäle angezapft.
Genutzt werden die zunehmende Videoüberwachung und die
Handy-Ortung, geplant ist aber auch die flächendeckende
Überwachung öffentlicher Plätze durch unbemannte
Flugobjekte (Drohnen). Weil der Mensch nicht mehr in der Lage ist, die
gewaltigen Datenmengen zu sichten, übernehmen die Computer diese
Aufgabe. Sie filtern potenziell gefährliche Situationen heraus.
Daran forscht auch eines der bei Indect beteiligten
Industrieunternehmen, die deutsche Firma Innotec Data.
Ein "Horrorszenario"
Was nach absoluter Paranoia tönt, könnte dank Indect
Realität werden. Dies zeigt ein Beispielvideo, das aus den
Anfängen des Indect-Projekts stammt und von der
Projektkoordinationsstelle in Polen realisiert wurde.
In Deutschland wächst der Widerstand gegen das
Big-Brother-Projekt. Der Kampf wird auch im Internet geführt.
Unter http://indectproject.eu ist eine Website aufgeschaltet worden,
die der offiziellen Indect-Website (www.indect-project.eu) gleicht - ja
in grossen Teilen kopiert worden ist. Die Projektverantwortlichen
warnen denn auch laut Online-Dienst heise.de vor der Fälschung und
sagen, das illegale Vorgehen sei typisch für die Gegner des
Projekts.
Kunst-Protestaktion
Tatsächlich handelt es sich beim Plagiat um eine
künstlerische Protestaktion aus Deutschland. Ziel sei es, das
politische Bewusstsein zu fördern, lassen die Urheber verlauten.
In fetter roter Schrift werden die Besucher auf die Fälschung
hingewiesen. Ausserdem sind Links aufgeführt, die zu zahlreichen
Indect-kritischen Medienberichten verweisen. Ausserdem kann die auf
3Sat ausgestrahlte Sendung "Kulturzeit" abgerufen werden.
Reporter des Fernsehsenders veranschaulichen, wie das EU-Projekt
den Alltag der Bürger tangieren könnte. In der Sendung
äussert sich auch der Datenschutzbeauftragte der Stadt Berlin: Die
Beschreibung des Projekts Indect versammle "ein regelrechtes
Horrorszenario von Überwachungsmassnahmen, die getestet oder
ausprobiert werden sollen", sagt Alexander Dix. Und weiter: "Aus meiner
Kenntnis ist kein Datenschutzbeauftragter einbezogen worden". Dabei
müsste doch eigentlich klar geregelt sein, welchem Zweck eine
solche Beobachtung diene.
Leser-Reaktionen
Heftige Reaktionen hat auch der Bericht von 20 Minuten Online
über Big Brother im Quadrat ausgelöst. Die meisten Kommentare
richten sich gegen staatliche Überwachung. Ein Leser schreibt
ironisch: "Wir sind alles Terroristen, wir müssen überwacht
werden", ein anderer meint: "Video-Überwachung an sich wäre
noch eines, aber all die Facebook- und Netzwerk-Junkies geben sogar
noch ihre Daten preis".
Vereinzelt sind aber auch Stimmen zu hören, die sich von der
Überwachung mehr Sicherheit im öffentlichen Raum erhoffen.
Ein weiterer Leser meint schliesslich: "Das dauert keine zehn Jahre
mehr dann wird einem bei Geburt gleich ein Chip mit GPS-Sender in die
Rübe geschossen und das wie immer unter dem Deckmäntelchen
der Sicherheit." (dsc)
---
20 Minuten 20.1.11
Projekt Indect: So werden wir künftig überwacht
Ein deutscher Europa-Politiker warnt vor einem
"Forschungsprojekt", das die Totalüberwachung der Bürger
bringe.
George Orwells Schreckensvision von einem Big-Brother-Staat, der
seine Bürger komplett überwacht, ist näher denn je. Die
Europäische Union finanziert ein grenzüberschreitendes
Forschungsprojekt, das alle bestehenden Überwachungstechniken zu
einem mächtigen Instrument verbinden soll.
"Für die Sicherheit der Bürger" prangt auf der Website
des Indect-Projekts. Man wolle Kriminalität bekämpfen - im
Internet und auf den Strassen. Dank Indect soll die Polizei in Zukunft
alles sehen und alles mitverfolgen können, was die private und
öffentlichen Sicherheit bedroht oder in ein Verbrechen
mündet. An die 15 Millionen Euro hat die Europäische Union
bereits für das Projekt gesprochen, das während der
Fussball-Europameisterschaft 2012 erstmals in der Praxis getestet
werden soll.
Kritiker wie der deutsche Journalist Florian Rötzer, der
seit Jahren über das Indect-Projekt berichtet, sprechen von einem
totalen Überwachungsprogramm. Dem pflichtet der deutsche
Europa-Parlamentarier Alexander Alvaro bei. In einem Radiointerview
wunderte er sich kürzlich, warum das Projekt noch immer nicht vom
"Radar der Öffentlichkeit" erfasst wurde.
Tangiert Indect auch die Schweiz? Gibt es eine Zusammenarbeit bei
der Entwicklung des Überwachungssystems? 20 Minuten Online hat
eine entsprechende Anfrage beim Bundesamt für Polizei platziert.
Die Antwort steht noch aus. Die Leser von 20 Minuten Online sind ob
eines solches Szenarios jedenfalls sehr beunruhigt, wie die
Talkback-Einträge (siehe Box) zeigen.
Daniel Schurter
---
20min.ch 19.1.11
Projekt Indect: Big Brother im Quadrat
Ein deutscher Europa-Politiker warnt vor einem
"Forschungsprojekt", das die Totalüberwachung der Bürger
bringe. Der Praxistest soll an der Fussball-EM 2012 erfolgen.
Daniel Schurter
George Orwells Schreckensvision von einem Big-Brother-Staat, der
seine Bürger komplett überwacht, ist näher denn je. Die
europäische Union finanziert ein grenzüberschreitendes
Forschungsprojekt, das alle bestehenden Überwachungstechniken zu
einem mächtigen Instrument verbinden soll. Beteiligt sind
wissenschaftliche Institute in 10 Ländern - darunter Deutschland
und Österreich.
"Für die Sicherheit der Bürger" - prangt auf der
Website des Indect-Projekts. Man wolle Kriminalität bekämpfen
- im Internet und auf den Strassen. Indect - die Abkürzung steht
für "Intelligent Information System supporting Observation,
Searching and Detection for Security of Citizens in Urban Environment".
Kurz zusammengefasst: Dank Indect kann die Polizei in Zukunft alles
sehen und alles mitverfolgen, was die private und öffentlichen
Sicherheit bedroht oder in ein Verbrechen mündet.
"Bevölkerungsscanner"
Im Visier haben die Verantwortlichen verschiedenste Delikte. Dies
reiche von Kinderpornografie, die sich via Internet ausbreitet,
über menschlichen Organhandel bis hin zu Hooliganismus und
Diebstahl. Um Straftaten zu verhindern, sollen alle verfügbaren
Daten gesammelt, verbunden und "intelligent" ausgewertet werden. Ziel
sei ein automatischer Bevölkerungsscanner für die Menschen im
urbanen Raum, wie Zeit Online treffend konstatierte.
Kritiker wie der deutsche Journalist Florian Rötzer, der
seit Jahren über das Indect-Projekt berichtet, sprechen von einem
totalen Überwachungsprogramm. Dem pflichtet der deutsche
Europa-Parlamentarier Alexander Alvaro bei. In einem Radiointerview
wunderte er sich kürzlich, warum das Projekt noch immer nicht vom
"Radar der Öffentlichkeit" erfasst wurde. Auch in den Schweizer
Medien scheint die Thematik bislang nicht präsent zu sein. Eine
Recherche im Schweizer Medienarchiv ergab keinen relevanten Treffer zum
Projekt.
Das europäische Parlament sei erst durch Bürgeranfragen
darauf aufmerksam gemacht worden, sagt Alvaro. Europa werde benutzt, um
"unter dem Deckmantel europäischer Forschung" Massnahmen
einzuführen, die in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten nicht
durchsetzbar gewesen wären. Im Interview mit 20 Minuten Online
übt der deutsche Jurist mit portugiesischen Wurzeln heftige
Kritik. Das Projekt sei völlig intransparent. Es werde auch nicht
offengelegt, wie Überwachungs-Einsätze dereinst in der Praxis
ablaufen.
Budget: 15 Millionen Euro
Das Projekt sieht vor, dass eine Ethikkommission die Forscher
begleitet und sich mit den grundlegenden Fragen rund um die Grundrechte
befasst. Als sich jedoch die kritischen Fragen zum Projekt
häuften, habe die Kommission "gemauert", sagt Alvaro. Dies
könne er nicht akzeptieren, schliesslich werde das Projekt mit
Steuergeldern finanziert. Als nächstes wolle er sich nun bei den
beteiligten Forschungsinstituten persönlich informieren. So werde
er etwa bei der Bergischen Universität Wuppertal vorstellig, um
sich ein genaues Bild zu machen.
An die 15 Millionen Euro hat die Europäische Union bereits
für Indect gesprochen. Das 2009 lancierte Projekt ist auf
fünf Jahre befristet. Während der
Fussball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine soll das
Überwachungssystem erstmals in der Praxis getestet werden. Dazu
passt, dass die Projektkoordination in Warschau beheimatet ist.
20 Minuten Online hat den Kontakt zu den Projekt-Verantwortlichen
gesucht. Eine entsprechende Interview-Anfrage blieb bislang
unbeantwortet. Auf der Website wird betont, dass es sich um ein reines
Forschungsprojekt handle. Im Rahmen der Forschungstätigkeit werde
nur mit fiktiven Daten gearbeitet - es gebe keinerlei globales
Monitoring. Wie die entwickelten Mittel schliesslich eingesetzt
würden, entscheide dann die Polizei.
Europa-Parlamentarier Alvares hat kein Verständnis für
die Haltung der Forscher. "Die Wissenschaftler machen es sich sehr
einfach, wenn sie die Verantwortung abgeben, was später mit dem
entwickelten Überwachungssystem geschieht."
Was ist mit der Schweiz?
Tangiert das europäische Forschungsprojekt namens Indect
auch die Schweiz? Gibt es eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung des
Überwachungssystems? 20 Minuten Online hat eine entsprechende
Anfrage beim Bundesamt für Polizei (Fedpol) platziert. Die Antwort
steht aus.
Aus dem Büro des eidgenössischen Datenschutz- und
Informationsbeauftragten, Hanspeter Thür, heisst es, man sei in
dieser Sache weder kontaktiert noch selbst aktiv worden. Da es sich um
ein laufendes Forschungsprojekt der EU handle, sei eine Stellungnahme
des Datenschützers zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.
Grundsätzlich werde die Entwicklung von Überwachungssystemen
kritisch verfolgt, versichert eine Mediensprecherin. Der Schweizer
Datenschützer sei auch auf internationaler Ebene gut vernetzt.
Dank bestehender Zusammenarbeit mit europäischen
Datenschützern werde man auf dem Laufenden gehalten.
Laut dem deutschen Europa-Parlamentarier Alexander Alvaro ist die
Schweiz nicht in das Projekt involviert. "Sie sollten sich aber keine
Illusionen machen", sagt der FDP-Politiker. "Wenn das
Überwachungssystem erst einmal funktioniert, könnte dies ein
schlechtes Vorbild für andere Staaten sein."
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20 Minuten 19.1.11
Chip-Ausweise für Eingewanderte
BERN. Ab kommendem Montag werden in Bern und Solothurn die ersten
biometrischen Ausländerausweise ausgestellt. Migranten, die sich
nicht auf die Personenfreizügigkeit berufen können, erhalten
ein Aufgebot, sobald ihr alter Ausweis ausläuft. "Bei uns werden
dann ihre Fingerabdrücke mit speziellen Geräten elektronisch
erfasst", erklärt Alexander Ott vom Stadtberner Migrationsamt.
Während der Kanton Zürich 15 zusätzliche Stellen
für die Einführung des Ausweises geschaffen hat, meistern die
Berner diese Aufgabe ohne Personalaufstockung. Auf dem Land sind die
regionalen Erfassungszentren zuständig. Mit der Chipkarte und
einer zentralen Datenbank soll die illegale Einwanderung bekämpft
werden. Ott erwartet, dass sich die Migranten nicht widersetzen: "Es
ist in ihrem Interesse, dass sie den Ausweis und eine
Aufenthaltsbewilligung erhalten." MAR
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Bund 18.1.11
US-Botschaftsschutz
Verdacht auf Spionage betrifft ausschliesslich Genf
Die US-Botschaft in Bern ist von den Untersuchungen des Bundes
wegen Verdachts auf ein illegales Überwachungssystem bei
US-Vertretungen in der Schweiz nicht betroffen. Wie das Bundesamt
für Polizei erklärt, stellte die Kantonspolizei Bern bei
Überprüfungen im Auftrag des Bundessicherheitsdienstes 2007
und 2008 bei der US-Botschaft in Bern keine Aktivitäten fest, die
bewilligungspflichtig wären. Letztmals habe die Kantonspolizei
Bern Ende 2010 mitgeteilt, dass keine Erkenntnisse über
Aktivitäten vorliegen würden.(dav)
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UNDERCOVER
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linksunten.indymedia.org 21.1.11
Enttarnte britische Agenten Liebesgrüße aus Kingston
Doppelagent in Sachen Liebe: Jim Boyling.
Quelle: taz
Jim Boyling soll eine Aktivistin beschatten. Und verliebt sich in sie.
Er ist bereits der vierte britische aufgeflogene Spitzel in linken
Bewegungen innerhalb von zwei Wochen.
Er hat seine Aufgabe als Spitzel übererfüllt: Jim Boyling von
der Londoner Anti-Terrorismus-Einheit SO15 heiratete seine Zielperson
und bekam mit ihr zwei Kinder.
Sie hatten sich 1999 in einem Pub in London-Euston bei einem Treffen
der Organisation Reclaim the Streets kennen gelernt. Boyling war damals
34, er nannte sich Jim Sutton, seine künftige Ehefrau war 28.
Boyling galt als Fitness-Fanatiker. Weil er Führerschein und Auto
besaß, stieg er zum Fahrer der Organisation auf. Reclaim the
Streets war darauf spezialisiert, Innenstädte durch
Straßenblockaden oder spontane Straßenpartys lahmzulegen.
Im Februar 2000 zogen die beiden zusammen. Sie wunderte sich, dass er
ideologisch nicht unbedingt sattelfest war, aber es war die Art, wie er
seine Wanderstiefel putzte, die sie für einen winzigen Augenblick
misstrauisch machte. Im September 2000 verschwand Boyling
plötzlich in die Türkei, von dort wollte er angeblich nach
Südafrika weiterreisen. Seine Freundin suchte ihn, sie reiste
sogar nach Südafrika. Dann hörte sie, dass er in Kingston in
Surrey lebe. Sie zog ebenfalls dorthin, und eines Tages kam er
zufällig in den Buchladen, in dem sie arbeitete.
Boyling gestand ihr, ein Polizeiagent zu sein und verriet ihr die Namen
anderer Spitzel. Er überredete sie, ihren Namen offiziell zu
ändern, damit seine Vorgesetzten nicht merkten, dass sie seine
Zielperson war. Er sagte, er arbeite nicht mehr als Agent. Sie glaubte
ihm, die beiden heirateten.
Erst im Laufe der Jahre merkte sie, dass er weiter ein Doppelleben
führte. Vor zwei Jahren wurde die Ehe geschieden. "Jeder
weiß, dass es Leute in der Bewegung gibt, die vorgeben, jemand
anderes zu sein", sagt sie. "Aber du erwartest nicht, dass es die
Person, der du am meisten vertraust, gar nicht gibt."
Er ist bereits der vierte aufgeflogene Spitzel, den die britische
Polizei in die Umweltbewegung eingeschleust hat. Lynn Watson war in der
Antiatombewegung aktiv, Mark Jacobs hatte die
Antiglobalisierungsbewegung unterwandert und 2007 an den Protesten rund
um den G8-Gipfel in Heiligendamm teilgenommen. Mark Kennedy, der als
Erster vor zwei Wochen enttarnt wurde und den Polizeidienst inzwischen
quittiert hat, ist in den USA untergetaucht.
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Radio Dreyeckland (Freiburg) 21.1.11
Entgrenzte Spitzel
Linke Internetseiten, aber auch die Mainstream Presse ist voll davon.
Geschichten von enttarnten Spitzeln. Im moment speziell aus England.
Mit Matthias Monroy, Journalist aus Berlin haben wir uns über den
Grenzüberschreitenden Aspekt der Spitzeltätigkeiten und die
Rolle der EU unterhalten. Natürlich geht es auch um eine
politische Reaktion darauf.....
http://www.freie-radios.net/mp3/20110121-entgrenztes-38590.mp3
http://www.freie-radios.net/portal/streaming.php?id=38590
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grundrechte.ch 18.1.11
Grenzüberschreitende Spitzel
18. Januar 2011
Undercover agent - Agent provocateur
Nach der Enttarnung eines britischen Polizisten in Grossbritannien ist
auch in Heidelberg ein Spitzel aufgeflogen. Zudem enthüllt die
Dokumentation eines Gerichtsverfahrens gegen Tierrechtler in
Österreich, wie eine "Führungsperson" mit ins Ausland nach
Luzern fährt und per Mobiltelefon Treffen mithört.
UMTS-Stick und Fahrdienste
Im Oktober 2010 war in Grossbritannien ein Spitzel mit weitreichenden
internationalen Kontakten aufgeflogen. Der britische Polizist Mark
Kennedy hatte vor 10 Jahren begonnen, linke Zusammenhänge
auszuforschen. Kennedy wurde nur durch Zufall enttarnt, als sein echter
Pass bei ihm gefunden wurde. Als "Mark Stone" war Kennedy immer wieder
bei Aktionen, Demonstrationen und Camps in EU-Staaten unterwegs und
unternahm Fahrdienste oder verlieh grosszügig seinen UMTS-Stick
für mobiles Internet.
In Island hatte Stone Workshops zu "Direkter Aktion" gegen die
Aluminiumverhüttung und Verschmutzung ganzer Landstriche
organisiert. Der Spitzel war auch bei Gipfelprotesten zugegen und
tauchte unter anderem beim G8-Gipfel in Heiligendamm auf. Kurz vor
seiner Enttarnung erkundigte er sich bei französischen Aktivisten
nach dem Stand der Mobilisierung zum nächsten G8-Gipfel in
Frankreich.
Kennedy inszenierte mehrere sexuelle Affären und war
regelmässig in Berlin zu Besuch. In der Antwort auf eine Kleine
Anfrage des Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko mochte die deutsche
Regierung hierzu allerdings keine Stellungnahme abgeben und
erklärte auf Nachfrage lediglich, es lägen "keine
Anhaltspunkte für Verstösse gegen internationale
Vereinbarungen vor". Wenn dem so ist, waren die deutschen Behörden
mindestens informiert, wenn nicht sogar an den Ermittlungen beteiligt.
Über das Ermittlungsziel kann höchstens spekuliert werden.
Durchaus möglich, dass die verdeckten Ermittlungen zusammen mit
deutschen Bundes- oder Länderpolizeien in einer sogenannten
"Gemeinsamen Ermittlungsgruppe" (GEG) durchgeführt wurden, wie sie
seit Jahren unter EU-Mitgliedsstaaten immer üblicher werden.
http://grundrechte.ch/2011/Mark_Kennedy.JPG
Mark Kennedy
Undercover agent made in Germany
"Halli Hallo allerseits, bin wieder aus Brüssel zurück und
schau mir mit Schrecken die Bilder und Videos aus Stuttgart an. Geht's
euch allen soweit gut?", schreibt "Simon Brenner" nach seiner
Rückkehr vom Grenzcamp in Belgien Anfang Oktober 2010 besorgt. Das
Mail bezieht sich auf den heftigen Wasserwerfer- und Prügeleinsatz
anlässlich der Demonstrationen gegen das S21-Projekt. Zwei Monate
später wurde der Aktivist als Spitzel enttarnt.
Während eines Camping-Urlaubs in Frankreich wurde "Brenner",
dessen Vorname anscheinend nicht falsch ist, einer anderen Urlauberin
als Polizist vorgestellt. Pech für den Undercover-Polizisten: Die
Frau kommt aus Heidelberg und hatte ihn dort wiedererkannt und sofort
geoutet. "Brenner" versuchte sie zuvor vergeblich von seiner Enttarnung
abzubringen. Linken Netzaktivisten gelang es darüber hinaus, einen
seiner Mailaccounts bei ymail.com zu übernehmen und Zugriff auf
über 2.000 Mails zu erlangen, darunter solche mit
Einzelverbindungsnachweisen seines Mobiltelefons.
In der darauf folgenden unfreiwilligen Konfrontation durch seine
politischen Zusammenhänge offenbart "Brenner", im Bereich
"Verdeckte Ermittlungen Staatsschutz" im Stuttgarter Landeskriminalamt
"geführt" zu werden. Dorthin habe er etwa Informationen und
"Personalakten" übermittelt. Des Weiteren telefonierte "Brenner"
regelmässig mit zwei Polizisten des Heidelberger Staatsschutzes.
Dem Einsatz ging eine Ausbildung für verdeckte Ermittlungen und
eine Einführung in die polizeiliche Einschätzung der
Heidelberger linken Szene voraus.
Auf dem Brüsseler Grenzcamp brachte sich "Brenner" in die
Selbstorganisationsstrukturen ein und zeigte starkes Interesse an der
Antirepressionsarbeit. Die war durchaus nötig, denn die belgische
Polizei ging mit einer Härte gegen Demonstranten vor, die selbst
Einheimische überraschte. Nach massiven Schlagstockeinsätzen,
verbotenen Demonstrationen und "präventiver" Verhaftung Hunderter
Demonstranten war es in Brüssel zu einem Angriff auf eine
Polizeistation gekommen, bei der mehrere Fenster zu Bruch gingen.
Auch in der Schweiz
Aus der Sicht der Aktivisten aus dem östlichen Nachbarland war die
Schweizer Tierrechtsbewegung ein Problemfall: zu wenige Aktivisten und
Kampagnen, keine "einheitliche Bewegung". Also beschlossen die
Österreicher, Entwicklungshilfe zu leisten und luden im Sommer
2007 zu einem zweitägigen "Animal Liberation Workshop" im
Café Parterre in Luzern.
Etwa 80 Teilnehmer, auch aus dem Tessin und Genf, bekamen
Kampagnenstrategie, Methoden zur Tierbefreiung und Rechtslage
erklärt. Unter den Österreichern waren der führende
Aktivist Martin Balluch und eine junge Frau namens Danielle Durand, die
sich erst kurz zuvor den Tierschützern angeschlossen hatte.
Was damals niemand im Luzerner Workshop wusste: Durand war eine
verdeckte Ermittlerin der österreichischen Polizei, die
herausfinden sollte, welche Tierschützer wo und wann
gewalttätige Aktionen planten. Die Frau war in Luzern
überraschend aufgetaucht. "Sie sagte, dass sie hier gerade Ferien
mache", erinnert sich Balluch. Der Einsatz der österreichischen
Polizistin war mit der Luzerner Polizei abgesprochen.
Die Luzerner hatten mit der Auflage eingewilligt, dass die Ermittlerin
keine Waffe tragen und sich nicht an strafbaren Handlungen beteiligen
dürfe. Die Österreicher garantierten, dass Durands
Erkenntnisse aus Luzern niemals in einem "strafprozessualen Verfahren
verwendet werden". Doch genau das ist jetzt der Fall.
In Wiener Neustadt, 50 Kilometer südlich von Wien, wird seit einem
halben Jahr gegen 13 österreichische Tierschützer verhandelt.
Sie sollen unter anderem einen Brandanschlag verübt und
Pelzbekleidung zerstört haben. Der Sachschaden beträgt eine
halbe Million Euro.
* Ein Cop ausser Kontrolle
http://grundrechte.ch/2011/Spiegel_17012011.pdf
* Grenzüberschreitende Spitzel
http://grundrechte.ch/2011/Telepolis.pdf
* Spionin aus Österreich war bei Tierschützern in Luzern
http://grundrechte.ch/2011/Tagi_16122010.pdf
* siehe auch Farner bespitzelte die GSoA
http://grundrechte.ch/2009/aktuell09102009.shtml
* Securitas spionierte für Nestlé
http://grundrechte.ch/2008/aktuell15062008.shtml
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RUHE & ORDNUNG
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Freiburger Nachrichten 19.1.11
Schwerpunkt
Neue Gesichter auf den Perrons
Ab März sollen Patinnen und Paten am Freiburger Bahnhof
für mehr Sicherheit sorgen und als Ansprechpartner zur
Verfügung stehen. Sie ersetzen aber nicht die
Sicherheitskräfte, deren Einsatz vor Ort weiterhin vonnöten
ist.
Carolin Foehr
Ende Oktober haben die Schweizer Bundesbahnen (SBB) zusammen mit
der Stadt Freiburg Freiwillige gesucht, um das Projekt Railfair auf die
Beine zu stellen. Mit Erfolg: Bislang haben sich etwa fünfzehn
Personen aus dem Grossraum Freiburg auf die Anzeige im
Informationsblatt "1700" gemeldet, wie die SBB auf Anfrage sagten. Das
Auswahlverfahren laufe aber noch.
Zehn Personen habe man bereits eingestellt; im Februar werden sie
die Ausbildung, die vom Schweizerischen Roten Kreuz organisiert wird,
beginnen. Die Mehrheit sind Frauen zwischen 35 und 55 Jahren. Ab
März werden sie, zumeist in Zweiergruppen, auf dem
Bahnhofsgelände "patrouillieren".
Positiv wahrgenommen
Ziel der Bahnhofspatenschaften ist es unter anderem, den
Reisenden ein grösseres Gefühl von Sicherheit zu vermitteln.
Sie sollen aber auch beim Fahrplanlesen oder als Ansprechperson
bereitstehen und Passanten vor Ort, die durch negatives Verhalten oder
Gewalt auffallen, darauf aufmerksam machen.
In Bern läuft das Projekt Railfair mit einem Dutzend
Freiwilligen bereits seit zwei Jahren. "Die Erfahrungen sind allgemein
gut", so Reto Kormann, Mediensprecher der SBB. "Die Patinnen und Paten
werden positiv wahrgenommen, auch von den Jugendlichen." Ihre konkrete
Aufgabe besteht darin, die Reisenden auf die Bahnhofsordnung, wie zum
Beispiel Rauch- und Treppensitzverbot, aufmerksam zu machen. "Auch
Jugendliche zeigen sich empfänglich, wenn man sie höflich,
aber bestimmt zurechtweist", so Kormann.
Kommt es dennoch zu hitzigen Situationen, haben die Paten die
Anweisung, sich zurückzuziehen oder wenn nötig Hilfe
anzufordern. Sie verfügen über keine weiterführenden
Kompetenzen, so Kormann, damit es zu keinen Überschneidungen mit
den Aufgaben der Sicherheitsdienste vor Ort kommt.
Denn die Freiwilligenarbeit ist kein Ersatz für die Aufgaben
der Polizeipatrouillen, die ebenfalls regelmässig am Freiburger
Bahnhof Präsenz zeigen (siehe Kasten).
Projekt seit 2005
Die Idee der Bahnhofspatenschaft stammt ursprünglich aus
Deutschland. In der Schweiz wurde sie zum ersten Mal 2005 in Thun
umgesetzt, seit 2007 sind die Paten auch in der Westschweiz, zum
Beispiel in Yverdon-les-Bains, unterwegs. Schweizweit haben knapp 200
Freiwillige eine Patenschaft übernommen. Freiburg ist die 13.
Stadt, die am Projekt Railfair teilnimmt.
--
Sicherheit: Freiburger Bahnhof nur ein Brennpunkt unter vielen
Es habe kein ausschlaggebendes Ereignis für die
Einführung der Bahnhofpatenschaft in Freiburg gegeben, sagt
Gemeinderat Charles de Reyff auf Anfrage. "Die Situation am Bahnhof ist
nicht so brisant, wie manche behaupten. Und es ist nur eine Risikozone
unter vielen."
Trotzdem werde dem Bereich die nötige Aufmerksamkeit
geschenkt. Polizeibeamte seien regelmässig vor Ort, und auch bei
der Gestaltung des Platzes wolle man das Sicherheits- und
Wohlgefühl der Reisenden berücksichtigen. "Mit dem neuen
Bahnhofsdach wird der Platz heller und besser zugänglich", so de
Reyff. Zurzeit ist das Bauprojekt allerdings bei der Kostenevaluation
stehengeblieben, sagte Stadtarchitekt Thierry Bruttin auf Anfrage. cf
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POLICE CH
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NLZ 18.1.11
Polizei "knackt" Kantonsgrenzen
Sicherheit
ds.
Die Zentralschweizer Polizisten verstärken ihre
Zusammenarbeit - etwa bei Verfolgungsjagden.
ds. Nach langjährigen Verhandlungen ist nun das Projekt
Polizei XXI in Kraft getreten. Dieses soll die Zusammenarbeit
sämtlicher Zentralschweizer Kantone im Bereich Polizei
intensivieren und vereinfachen. Die Polizei XXI regelt unter anderem
die Polizeibefugnisse bei grenzüberschreitenden Handlungen. So
dürfen Polizisten künftig in ihrem Kantonsgebiet begonnene
polizeiliche Handlungen auf dem Hoheitsgebiet der anderen Kantone
fortsetzen, wenn die örtlich zuständigen Polizisten nicht
rechtzeitig zur Stelle sein können. Dieses Szenario könnte
etwa bei Verfolgungsjagden eintreffen.
Einheitliche Uniform
Eine weitere Neuerung ist die einheitliche Uniform, mit der ab
2012 alle Polizeikorps der Zentralschweiz ausgerüstet werden. Die
Uniformen unterscheiden sich einzig durch das Kantonswappen. Die
Kantone wollen so mehrere hunderttausend Franken pro Jahr einsparen.
25
--
Zentralschweizer Polizisten setzen auf Teamwork
Sicherheit
Daniel Schriber
Banditen aufgepasst: Die Zentralschweizer Polizeikorps arbeiten
ab sofort intensiver zusammen - und tragen bald dieselbe Uniform.
Der Name ist zurzeit das Einzige, was beim Projekt Polizei XXI an
die Armee XX erinnert. Denn während Letztere regelmässig
durch Sparübungen und Querelen für Schlagzeilen sorgt, ist
das Polizeiprojekt gerade erst gestartet. Nach Jahren der Vorarbeit ist
das neue Zentralschweizer Polizeikonkordat am 13. Januar in Kraft
getreten. Peter Reuteler, Schwyzer Regierungsrat und Präsident der
Zentralschweizer Polizeidirektorenkonferenz (ZPDK), sprach an der
gestrigen Medienkonferenz von einem Projekt, das "als ausgezeichnetes
Beispiel für andere Regionen dient". Das verstärkte Teamwork
der Zentralschweizer Polizeikorps umfasst vier wesentliche Punkte:
Kantonsgrenzen: Die Kleinräumigkeit der Zentralschweiz
bewirkt, dass ein Polizeieinsatz schnell einmal an die Kantonsgrenze
stösst. Das Konkordat regelt die Polizeibefugnisse bei
grenzüberschreitenden Einsätzen für die ganze
Zentralschweiz. Konkret: Dank Polizei XXI ist zum Beispiel der Luzerner
Polizist befugt, eine in seinem Gebiet begonnene Verfolgungsjagd in
einem anderen Zentralschweizer Kanton fortzusetzen. Dies etwa, wenn die
örtliche Polizei wegen der besonderen Dringlichkeit des Falles
nicht rechtzeitig zur Stelle sein kann.
Logistik:Kernpunkt des Teilprojektes Logistik, das unter der
Federführung des Kantons Schwyz steht, ist die gemeinsame
Beschaffung von Uniformen und persönlichen
Ausrüstungsgegenständen. Ab 2012 sollen alle Polizeikorps
stufenweise mit der gleichen Uniform ausgerüstet werden. Die
Uniformen unterscheiden sich künftig nur noch durch Schulter-
sowie durch Brust- und Oberarmzeichen. Laut Othmar Filliger,
Sekretär der Zentralschweizer Regierungskonferenz, haben
Modellberechnungen ergeben, dass sich durch die einheitliche Uniform
etwa 400 000 Franken pro Jahr sparen lassen.
Grossanlässe: Schon heute spannen die Polizeikorps bei
speziellen Anlässen zusammen. Beispiele hierfür sind
vergangene Rütlifeiern, risikoreiche FCL-Spiele oder
Demonstrationen. Neu können sich die Polizeikorps bei den
gemeinsamen Einsätzen auf eine einheitliche Organisations-,
Ausbildungs- und Ausrüstungsgrundlage stützen. Dafür
braucht es jedoch noch den positiven Beschluss der Kantonsregierungen,
der Ende Februar fällig wird. Stimmen die Regierungen den
Plänen zu, soll die ZPDK bis im Sommer definieren, wie die
gemeinsamen Grundlagen konkret aussehen sollen.
Gemeinsame Einsatzleitzentrale: Die Polizeikorps wollen ihre
Zusammenarbeit nicht nur im Einsatz, sondern auch im Hintergrund
verstärken. Derzeit wird geprüft, welche Vorteile die
Verbindung der verschiedenen Einsatzleitzentralen mit sich bringt. Ein
mögliches Szenario: In Schwyz tobt ein Unwetter, worauf die
Zentrale der Kantonspolizei aufgrund zahlreicher Anrufe überlastet
ist. In diesem Fall könnten Anrufe auf die Zentrale eines
benachbarten Kantons umgeleitet werden. Möglich wäre auch,
dass zu ruhigen Nachtzeiten eine Einsatzzentrale temporär
geschlossen wird. Bis jetzt sind die Kantone Schwyz, Nidwalden, Zug und
Uri in dieses Pilotprojekt involviert. Obwalden und Luzern wollen
zuerst die Ergebnisse der rund zwei Jahre dauernden Tests abwarten.
Daniel Schriber
daniel.schriber@luzernerzeitung.ch
Weitere Informationen zum Projekt Polizei XXI finden Sie unter
https://www.zrk.ch/Projekte-Detail.51.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=126&cHash=576de72bc747bc4a38cb5ac636ebc466
--
Nachgefragt
Warum hat es so lange gedauert?
Yvonne Schärli, Luzerner Sicherheitsdirektorin
Yvonne Schärli, Das Projekt "Polizei XXI" war erstmals 2002
ein Thema. Erst jetzt wirds konkret. Warum hat das so lange gedauert?
Schärli: Konkordatsprozesse dauern in der Regel lange.
Betreffen die Projekte dann auch noch die Polizeihoheit, ist noch etwas
mehr Beharrlichkeit und Geduld gefragt.
Hat sich das Warten gelohnt?
Schärli: Mit Sicherheit. In vielen Bereichen - etwa bei der
Ausbildung, im Controlling oder bei gemeinsamen Einsätzen - hatten
die Kantone eine unterschiedliche Praxis. Jetzt existiert dafür
eine rechtliche Grundlage und eine einheitliche Doktrin.
Kritiker befürchten steigende Kosten für Luzern
aufgrund des Projekts.
Schärli: Ich habe mich stets stark und mit Erfolg dafür
eingesetzt, dass Luzern nicht schlechter wegkommt als andere Kantone.
Um Kosten zu sparen, gibt es nun einheitliche Uniformen. Luzern
hat aber schon sehr gute Einkaufskonditionen.
Schärli: Das stimmt. Hier wird Luzern nicht so viel
einsparen wie andere. Es geht aber nicht nur darum, Geld zu sparen,
sondern auch darum, Synergien zu nutzen und die Qualität zu
steigern. Die Solidarität spielt eine wichtige Rolle.
Daniel Schriber
daniel.schriber@luzernerzeitung.ch
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SÖLDNERFIRMEN
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Sonntag 23.1.11
Söldnerfirma Aegis ist aktiv in der Schweiz
Geheimdienstaktivitäten in Zusammenhang mit einer
Firmenübernahme
Von Beat Schmid
Die umstrittene Söldnerfirma Aegis spionierte Schweizer
Politiker, Richter, Polizisten und Banker aus. Den Auftrag erhielt sie
im Zusammenhang mit dem wüsten Übernahmekampf um die
Westschweizer Privatspitalgruppe Genolier.
Die Firma Aegis Defence Services Ltd. startete im vergangenen
Juli eine verdeckte Operation in der Westschweiz. Mitarbeiter trafen
sich mit Westschweizer Repräsentanten aus Politik, Justiz, Polizei
und Banken. Das Ziel der Aktion war die Beschaffung von
kompromittierenden Informationen über den illustren Walliser
Unternehmer Antoine Hubert. Das steht in einem sechsseitigen Bericht,
welchen die Organisation für ihre Auftraggeber verfasste.
Es finden sich keine Hinweise, wie die Mitarbeiter von Aegis
vorgegangen sind. Ebenso unklar ist, mit wem sie gesprochen haben oder
ob Bestechungsgelder geflossen sein. Der Text zitiert anonyme Quellen
und ist auf blankem Papier ohne Briefkopf gedruckt. Das Dokument
trägt weder Absender noch Unterschrift. Der Name Aegis erscheint
nirgends im Dokument. Es liegt in der Natur dieses Geschäfts,
keine Spuren zu hinterlassen. Aegis-Mitarbeiter dürften verdeckt
und mit falschen Namen in Geheimdienstmanier vorgegangen sein. Wer
Wirtschaftsspionage bereibt, wagt sich auf ein heikles Terrain. Wer
Justiz- und Polizeipersonal Informationen abluchst, kann sich der
Anstiftung zur Amtsgeheimnisverletzung schuldig machen.
Spuren hat Aegis aber bei der Rechnungsstellung hinterlassen. Dem
"Sonntag" liegt eine Rechnung vor, die in Zusammenhang mit dem Auftrag
steht. Darin listet die Firma Aufwendungen für Recherche und
Spionagedienste ("Intelligence Services") auf. Eine Firmensprecherin
wollte sich zum Fall nicht äussern.
Bei ihrer Aktion in der Westschweiz schien Aegis nichts
Spektakuläres herausgefunden zu haben. Das Ziel war es, angebliche
Verstrickungen zwischen der Westschweizer Politik und
Immobilienspekulanten in Zusammenhang mit der Fastpleite der
Waadtländer Kantonalbank zu belegen. Doch mehr als Gerüchte
über zu hohe Immobilienbewertungen, die das effektive Ausmass des
Milliardenlochs hätten verschleiern sollen, gab es nicht. Aegis
und ihre Auftraggeber hatten also nichts Verwertbares, das sie dem
Immobilieninvestor und Grossaktionär des Spitalnetzwerkes
Genolier, Antoine Hubert, hätten in die Schuhe schieben
können.
Doch wer ist der Auftraggeber? Die Rechnung ist adressiert an die
beiden Genolier-Verwaltungsräte Hans-Reinhard Zerkowski und
Michael Schroeder. Doch ob sie den Auftrag erteilt haben, ist unklar.
Zum Hintergrund: Schroeder und Zerkowski waren die letzten verbliebenen
Verwaltungsräte bei Genolier, nachdem Hubert und der Ex-Diplomat
Raymond Loretan Anfang Juni 2010 abgewählt wurden. Über den
Sommer lieferten sich die vier einen erbitterten Machtkampf, der bis
zur Wiederwahl von Hubert Kosten in der Höhe von rund 4 Millionen
Franken auslöste.
Schroeder und Zerkowski beauftragten renommierte
Anwaltskanzleien, PR-Berater und das Beratungsunternehmen PwC. Letztere
erstellte einen 700000 Franken teuren Bericht über ein angebliches
Bestechungssystem innerhalb der Genolier-Gruppe, um reiche Patienten
aus dem arabischen Raum anzuwerben. In der Folge wurde Strafanzeige
gegen Hubert wegen Bestechung eingereicht. Weil die Waadtländer
Behörden nie aktiv wurden, vermutete die Gegenpartei ein
abgekartetes Spiel. Aegis sollte das durchleuchten. Die Rechnung von
Aegis und anderen Beteiligten wurde bis heute nicht bezahlt. Deshalb
liegen sich die Parteien weiterhin in den Haaren.
Die Aegis Defence Services ist eine weltweit operierende
Organisation mit schätzungsweise 20000 Mitarbeitern. Sie ist
gemäss eigenen Angaben in fast allen Gewaltkonflikten der Welt
tätig, unter anderem in Afghanistan, Irak, Kongo und Sudan.
Söldner arbeiten unter anderem für die UNO und das
amerikanische Militär. Die Dienste umfassen auch
Spionageaktivitäten für Unternehmen. Wie die Organisation auf
ihrer Homepage schreibt, habe sie auch Projekterfahrung in der Schweiz.
Gegründet wurde Aegis vom britischen Ex-Offizier Tim Spicer, der
den Übernamen "König der Söldner" erhalten hat. Letzten
Sommer kam die Organisation in die Schlagzeilen, als bekannt wurde,
dass sie den Holdingsitz nach Basel verlegt hatte. Damals forderten
Politiker, dass Regeln für Privatarmeen wie Aegis aufgestellt
werden.
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TIERAKTIV
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linksunten.indymedia.org 22.1.11
Wie die Polizei die Tierschützer "gefährlich" machte
Quelle: DiePresse.com
Im Tierschützer-Verfahren wächst der Druck auf Polizei und
Justiz: Die Grünen kündigten am Freitag an, die ehemalige
Leitung der polizeilichen Sonderkommission und möglicherweise auch
den Staatsanwalt anzuzeigen.
Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation - dieser pauschale
Vorwurf ("Mafia-Paragraf") wird 13 Tierschützern gemacht. Die
schon seit 2.März 2010 in Wiener Neustadt laufende Verhandlung
wird am Montag mit der Einvernahme der verdeckten Ermittlerin "Danielle
Durand" fortgesetzt. Und könnte nun eine Wende nehmen:
Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser wird wegen des Verdachts
des Amtsmissbrauchs eine Anzeige (Sachverhaltsdarstellung) gegen die
Spitze der ehemaligen - personell üppig ausgestatteten -
Polizeisonderkommission einbringen.
Auch prüfe er eine Anzeige gegen Staatsanwalt Wolfgang Handler,
teilte Steinhauser am Freitag vor Journalisten mit. Zusätzlich
machen sich die Grünen für einen parlamentarischen
Untersuchungsausschuss stark, der nach dem rechtskräftigen
Abschluss des Strafverfahrens kommen soll. Steinhauser: "Dabei habe ich
mit Hannes Jarolim (Justizsprecher der SPÖ, Anm.) einen
Verbündeten." Hintergrund dieser Maßnahmen ist die Frage, ob
das gesamte Verfahren "politisch motiviert" sei, wie dies am Freitag
auch der Hauptangeklagte Martin Balluch - vom Verein gegen Tierfabriken
- und Stefan Traxler, einer der Verteidiger der 13 Beschuldigten
(Traxler vertritt vier Verdächtige), unterstrichen.
Verhindern von Anti-Pelz-Demos
Tatsächlich finden sich in polizeiinternen Papieren Hinweise,
wonach nicht nur nach streng objektiven Kriterien vorgegangen worden
ist. Bereits am 17.November 2006 gab es ein erstes Treffen zwischen dem
Geschäftsführer der Textilhandelskette "Kleider Bauer", Peter
Graf, und der Polizei. "Besprechungsgegenstand waren die ,Dauerdemos‘
vor den ,Kleider Bauer‘-Filialen", heißt es in einem Aktenvermerk
der Bundespolizeidirektion Wien. Offenkundiger Tenor der Besprechung:
Die Polizei solle der Handelskette, die auf den Verkauf von Pelzen
nicht verzichten wolle, die Demonstranten gleichsam vom Hals schaffen.
Als es in der Nacht auf den 4.April 2007 auch Sachbeschädigungen
in "Kleider-Bauer"-Filialen gab, riet die Polizei der Firma zu einer
"Medienaktion" - "z.B. in Form der Zurschaustellung ihrer
beschädigten Fahrzeuge". Weiter hieß es in einem
"Behördenauftrag": "Mögliche Örtlichkeiten" dieser
Aktion könnten sein: "das nahe Umfeld des BMI (Innenministeriums,
Anm.) bzw. das nahe Umfeld des Bundeskanzleramtes."
Gleich am 5.April, einen Tag nach diesen polizeilichen
Ratschlägen, gab es ein Gipfeltreffen zwischen der
"Kleider-Bauer"-Spitze und jener der Polizei: Unter der Leitung des
Generaldirektors für öffentliche Sicherheit, Erik Buxbaum,
beschloss man eine Soko zu errichten. Buxbaum ordnete laut einem
ebenfalls der "Presse" vorliegenden "Resumeeprotokoll" an:
"Ausschöpfen sämtlicher administrativer Möglichkeiten im
Hinblick auf die Untersagung der Demonstrationen."
Allein, die Anti-Pelz-Demos hörten nicht auf. In einem
Verschlussakt vom 23.1.2008 heißt es daher zornig: "Bei jeder
angemeldeten Demo egal unter welchem Motto muss im gesamten
Bundesgebiet ausnahmslos" der Verfassungsschutz vor Ort sein,
zusätzlich müssten mindestens zwei uniformierte Beamte der
Alarmabteilung, "am besten mit einem Dienstfahrzeug ausgestattet (...)
positioniert sein". So würden "die militanten Tierschützer
auch in der Öffentlichkeit in das Licht der
,außergewöhnlichen gefährlichen Demonstranten‘
gerückt (...)".
Entspricht all das objektiver Polizeiarbeit? Werden nun Anzeigen
eingebracht, muss ein Staatsanwalt diese Frage prüfen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2011)
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St. Galler Tagblatt 21.1.11
Kleinkrieg um Zirkustiere
Der Circus Royal will sich mit Hausverboten bestimmte
Tierschützer vom Hals halten. Diese hatten gegen die Tierhaltung
im Circus protestiert. Direktor Oliver Skreinig weist alle
Vorwürfe zurück und erhebt selbst welche gegen die Aktivisten.
Nicole d'Orazio
Lipperswil. Der Lipperswiler Circus Royal und die Schweizer
Tierschützer werden nie Freunde. Verstösse gegen die
Tierhaltung, nicht artgerechte Transporte und das Mitführen von
Tieren im Zirkus allgemein - das machen immer wieder verschiedene
Organisationen den Zirkussen zum Vorwurf. Anfang Dezember wollte der
Schweizer Tierschutz (STS) beobachtet haben, dass der Circus Royal
Tiere beim Transport von Bregenz nach Emmenbrücke 27 Stunden lang
eingesperrt hatte, ohne diese zu füttern oder zu tränken. Der
STS reichte deshalb Strafanzeige ein.
Ende Dezember folgte der nächste Zwischenfall mit drei
Aktivisten der Anarchistischen Aktion Zentralschweiz, die in
Emmenbrücke vor dem Circus gegen die Tierhaltung demonstriert
hatten. Der Verein "Aktion Zirkus ohne Tiere" (Azot) unterstützte
den Protest und verbreitete in einer Medienmitteilung, dass nun der
Circus gegen die drei Aktivisten sowie den ganzen Azot ein Hausverbot
an allen Schweizer Spielorten in einem Umkreis von 20 Metern
verhängt habe. Das sei undemokratische Selbstjustiz, beklagt sich
der Azot. Zudem behauptet die Anarchistische Aktion Zentralschweiz,
dass ihre Leute von den Circusmitarbeitern tätlich angegriffen und
beleidigt worden seien.
Circus schlägt zurück
"Das stimmt alles nicht", weist Royal-Direktor Oliver Skreinig
die Vorwürfe von sich. "Nach der Anzeige des STS wegen des
Transportes hatte der Amtstierarzt des Kantons Luzern unsere
Tierhaltung überprüft und keine Missstände aufgedeckt."
Er hätte darum postwendend gegen den Schweizer Tierschutz eine
Klage wegen Rufschädigung eingereicht. Nun müsse das Gericht
entscheiden.
Den Vorfall mit den drei Aktivisten beschreibt der Zirkusdirektor
natürlich auch anders. "Die drei Personen haben meine Mitarbeiter
bedroht und bespuckt sowie Zuschauer am Einlass gehindert." Er habe
daraufhin die Polizei gerufen, welche für Sicherheit auf dem Platz
sorgte. "Wenn meine Leute ausfällig geworden wären,
hätte ich doch sicher nicht die Polizei um Hilfe gebeten."
Keine richtigen Tierschützer
Mit den Hausverboten wolle man sich die drei Aktivisten vom Leib
halten und den Zirkus schützen, rechtfertigt sich Skreinig. "Wenn
man sich nur die aggressive Homepage der Anarchistischen Aktion
Zentralschweiz anschaut, sieht man, um was für Leute es sich
handelt." Das seien keine Tierschützer aus Überzeugung,
sondern Personen, denen es nur ums Randalemachen gehe und die mit
Attentaten drohten. Gegen den Azot habe man kein Hausverbot
verhängt, sondern gegen den Schweizer Tierschutz.
Der sogenannte Tierschutz hat sich zu einem grossen Geschäft
entwickelt, prangert Skreinig an. Bei den meisten Organisationen gehe
es nicht primär um die Tiere, sondern nur noch ums Geld.
Nichts zu verbergen
Bei der Tierhaltung habe er nichts zu verstecken, betont der
Direktor. Im Circus Royal würden immer wieder Kontrollen der
kantonalen Veterinärämter durchgeführt. "2010 waren es
einige, bemängelt wurde nichts." Zudem müsse jeder Circus in
der Schweiz eine Bewilligung haben, um auf Tournée zu gehen. "Am
ersten Standort wird die Tierhaltung überprüft."
Skreinig betont, dass ihm seine Tiere am Herzen lägen. "Ich
habe zu jedem eine Beziehung." Der Circus Royal besitzt Kamele, Pferde,
Ponies, Esel, Lamas, Alpakas, Nandus, Rinder, Ziegen, Schaffen sowie
Affen. "Wir haben keine eigenen Raubtiere und keine Elefanten."
Für diese benötige man unterwegs mehr Platz, begründet
er. Im Moment befänden sich alle Tiere im Winterquartier in
Lipperswil. Am 5. März startet die Tournée in Weinfelden -
ohne eingekaufte Raubtiernummer. "Das hat aber nichts mit den Protesten
zu tun, sondern damit, dass wir dem Publikum was Neues bieten wollen."
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GEFANGENE
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Indymedia 21.1.11
Marco Camenisch erneut verschlept ::
AutorIn : A
Marco Camenisch wurde erneut in einer Nacht-Nebelaktion verlegt.
Diesmal nach Lenzburg. Kt Aargau!
Drinnen und draussen ein Kampf!
Freiheit für alle Gefangenen!!!
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Indymedia 20.1.11
Costa und Billy erneut transferiert ::
AutorIn : a | übersetzt von : der Wind
Quelle: http://silviabillycostaliberi.tk/
Billy wurde nach Thun zurückgebracht und Costa nach Bern.
Hier die Adressen, um Silvia, Costa und Billy zu schreiben:
Silvia Guerini
c/o
Regionalgefängnis Biel
Spitalstrasse 20
2502 Biel/Bienne, Switzerland
Luca Bernasconi
c/o
Regionalgefängnis Thun
Allmendstr. 34
3600 Thun, Switzerland
Costantino Ragusa
c/o
Regionalgefängnis Bern
Genfergasse 22
3001 Bern, Switzerland
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BOMBEN-STIMMUNG
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Sonntagsblick 23.1.11
Angst vor Terror in Davos
Armee-Hunde gegen Anarchos
Wegen der Verhaftung dreier Öko-Terroristen haben
Bombenbastler das WEF ins Visier genommen.
Das Gebirgs-Infanterie-Bataillon 29 ist in Achterkolonnen zur
Fahnenübergabe aufgereiht. Traditionsgemäss stellt die Truppe
den Grossteil der Soldaten zur Bewachung des WEF in Davos.
Unterstützung erhalten die Elite-Soldaten durch einen Zug der
Hundeführerstaffel.
Kommandant Simon Küchler hält eine Rede. Er warnt die
Soldaten vor einem besonders teuflischen Risiko: "In den letzten Wochen
haben sich sicherheitsrelevante Ereignisse gehäuft." Küchler
erwähnt die Paketbomben von Rom und Athen. Der Oberstleutnant im
Generalstab weiss: Die Terror-Gefahr am WEF ist real.
Nachdem die Bundesanwaltschaft im April drei bekannte
Anarcho-Aktivisten aus Italien vor dem versuchten Anschlag auf ein
IBM-Labor verhaftet hat (SonntagsBlick berichtete), kommt es
wöchentlich zu Anschlägen. Allein im neuen Jahr gab es
Brandanschläge auf das Bundesstrafgericht in Bellinzona, einen
Militärlastwagen im Kanton Zürich und Farbanschläge auf
Banken. Mit der Gewaltwelle unterstreichen die Anarchos ihre Forderung
nach Freilassung inhaftierter Öko-Terroristen.
In Internet-Foren wird zur Gewalt gegen das WEF aufgerufen. Die
Öko-Anarchisten sind in kleinen Zellen organisiert und der Polizei
kaum bekannt. Sie sind gut vernetzt und können jederzeit
zuschlagen - mit Brandanschlägen, Brief- und Paketbomben.
Kommandant Küchler hat die Gefahr erkannt: "Die Gegenseite
ist nicht berechenbar", warnt er seine Soldaten.
BEAT KRAUSHAAR
---
Indymedia 22.1.11
Offener Brief von Fee Marie Meyer ::
AutorIn : anarchist
Offener Brief von Fee Marie Meyer zu ihrer kürzlichen Verhaftung
durch die Anti-Terror EinheitFeitag, 21. Jänner, 2011 [Notiz des
Übersetzers]
Fee Marie Meyer wurde am Freitag dem 14ten Jänner, nachmittags von
Männern der Anti-Terror Einheit vor ihrem Haus in Athen
festgenommen. Die Polizei hat offiziell bestätigt, dass ihr
einziger "Beweis" gegen sie ihre Freundschaft zu Christos Politis sei,
ein weiterer Anarchist, der sich in diesem Moment im Gefängnis
befindet für die vermeintliche Partizipation in einer
Stadtguerilla Gruppe wobei die Polizei es nicht einmal Wert findet
deren Namen bekanntzugeben. Bald nach Fee's Verhaftung, liess die
Polizei eine verwunderliche, ergreifende und so wie bald bewiesen -
fabrizierte Geschichte durchsickern: Fee war die vermeintliche Tochter
des RAF Mitgliedes Barbara Meyer und ihr Vater wurde vermeintlich in
einer Schiesserei mit der Polizei in Wien getötet. ‘Meyer' ist
bekanntlicherweise eine extrem häufiger Nachname in Deutschland:
Die Barbara Meyer, die der RAF beitrat hat mit Fee's Mutter aber schon
absolut nichts zu tun. Ein unwichtiges Detail für die
kommerziellen Medien in Griechenland, die es darauf anlegten, die
Polizeipropaganda schnell zu reproduzieren. Nun zu Fee's Worten:
Nun, dass die Lichter der Show abgeschaltetet wurden und die
Bühnenvorhange sich geschlossen haben, ist für mich die Zeit
gekommen zu sprechen. So wie ich es will. Darüber was passierte,
welche Spiele auf meinem Rücken ausgetragen wurden aber auch
jenseits meiner Person: um über die Dinge zu sprechen, die jedes
denkende Individuum im griechischen Territorium betreffen sollten.
Bezüglich meines ‘Falles': mittlerweile bin ich ziemlich sicher,
dass von dem Moment als meine persönlichen Details an die
allseitsbekannten Übergeschnappten der Anti-Terroristischen
Einheit (was natürlich völlig gerechtfertigt war - Ich trank
ein Glässchen mit den falschen Leuten) weitergegeben wurden, das
Spielchen feststand. Als sie meinen Nachnamen googelten (in
Griechenland so häufig wie Papadopolous) und stellt euch ihre
Freude vor, als sie den reichhaltigen Hintergrund meiner "Familie"
feststellten. Dass mein Vater einen anderen Nachnamen hat, war ein
unwichtiges Detail (solche von "ihrer Sorte schlafen ja ohnehin mit
allen") genauso wie das Geburtsdatum meiner Mutter, dass nicht
übereinstimmte mit ihrer Geschichte. Von dem Moment an, an dem die
Wirklichkeit nicht mehr übereinstimmte mit ihrer Geschichte,
musste sie angepasst werden. Ich spielte die Rolle, die sie für
mich vorbereitet hatten. Sie entführten mich am Freitag [14ter
Jänner] um 15:00, in dem Moment als ich mein Haus verliess um in
die Sprachschule zu gehen in der ich unterrichte. Mindestens 10 Leute
mit Balaklavas, brachten mich, nachdem sie mir auch eine
übergezogen hatten, in den 12ten Stock des Polizeihauptquartiers
in Athen, ohne ein einziges Wort zu sagen. Dortm nachdem ich von 6
Leuten verhört worden war, wurde mir eine Foto gezeigt auf dem ich
mit meinem Freund und Kameraden Christos Politis zu sehen waren. Sie
fragten mich, ob ich ihn kannte und nachdem ich positiv geantwortet
hatte, dass er eine weitere Person ist, die sie unrechtmäßig
verhaftet hatten, befahl ihr Kommandeur unverschämt "mit dem
üblichen Prozedere fortzufahren". Sie zogen mir alle Kleider aus,
nahmen alle Details auf, stahlen mein Hemd und meine Socken -
offensichtlich ohne mir zu sagen, welcher Sache ich angeklagt sei und
natürlich ohne sich eine Dreck um meine Forderung nach einem
Anwalt zu scheren. Die Zeit ist ein wichtiger Faktor, denn von 17:00
an, war die Geschichte über meine Eltern bereits vollkommen
ausgebrochen. Das erklärt perfekt, warum sie mich, während
ich mich weigerte von ihnen fotografiert zu werden, sie mich mit ihren
Mobiltelefonen fotografierten, um sich ein Bild von mir zu sichern.
Sonst würde sich ihre heisse Geschichte nicht so gut verkaufen
lassen…
Ich weiss nun seit Jahren, wie diese Mechanismen funktionieren,
völlig verrottet bis ins kleinste Detail; wir wissen dass die
Journalisten-Informanten (mit einer Handvoll doch so wichtiger
Ausnahmen) hin und her schalten zwischen dem Reproduzieren von
Polizeilügen und dem Befehl den diese an die Bullen erteilen. Dazu
bereit jegliches Leben zu zerfetzen, dass ihnen vor das Maul geworfen
wird, dazu bereit Wahrheit zu verinnerlichen und Lügen
auszuspucken. Niederträchtige Wesen…
Was ich für unvorstellbar hielt, zumindest persönlich, ist
die völlige Schamlosigkeit in der das im hier und jetzt passierte.
Als das Fiasko begann klar zu werden, und während ich
persönlich noch nicht bewusst darüber war, welcher Schmutz da
als ‘Wahrheit' dargestellt wurde, wurde ich ins Büro des Beamten
für ‘internationalen Terrorismus' gebracht. Er begann mich in ein
‘freundliches Gespräch' zu verwickeln, darüber wann genau
mein Vater in der Schiesserei getötet wurde! Meine Kinnlade musste
in diesem Moment wahrhaftig bis zum Fussboden aufgeknallt sein,
speziell als er mir lächelnd erzählte "nun, ich bin mehr am
internationalen Haftbefehl ihrer Mutter interessiert…" Das einzige was
er nicht tat, war mich davon zu beschuldigen einen Kriminellen zu
schützen, da ich vom Beginn an ihm die Namen meiner Eltern nicht
gab…
Aber dann wieder tat ich eine Menge Dinge. So wie die
Generalstaatsanwältin sagte, dass sie eine Menge an Sachen in
meinem Haus konfiszierten…Bürsten, Kleidungsstücke,
Zahnbürsten, Pölsterüberzüge…gedrucktes Material.
Material, das mit Sicherheit beweist, dass ich ein Anarchist bin, etwas
das ich niemals versteckten würde und so wie es diese gebildete
Frau, die Generalstaatsanwältin ausdrückte so sprachgewandt
ausdrückte - Ich sein eine Terroristin, was es ihr sogar erlaubte
meine Freiheit zu verweigern bis ein Richterkommitee über meinen
Fall entschied!
Wenn sie mich dafür verhaften will, dass ich eine Anarchistin bin,
ja dann bin ich schuldig und ich werde das somit immer sein. Ich werde
immer auf der Seite der Ausgebeuteten stehen, nicht auf der, der
Ausbeuter, für immer, bis es keine Autorität eines Menschen
über den anderen und über die Tiere und die Natur mehr gibt.
Aber ich fordere öffentlich und ernsthaft, dass die
Anschuldigungen gegen mich sich ändern. Dass sie die wahren
Anschuldigungen hinschreiben, so dass niemand um den heissen Brei
herumredet: dass sie die Anschuldigung ändern in "Sie ist eine
Anarchistin und sie kann lesen. Sie hat eine Beziehung mit vielen
Menschen die noch immer kämpfen und sie ist stolz darauf".
Ladet, zielt und erschiesst uns an der Mauer von Keariani [eine
Referenz zur Mauer in Athen an der Nazi-Soldaten Partisanen
exekutierten - Übers.]
Ich las irgendwo, dass sich das Gesicht eines politischen Regimes auf
dem Weg zeigt in welchem es seine politischen Gegner behandelt. Der
Ruhm von Griechenland! [populärer Ausdruck, der dazu verwendet
wird, die Willkür der Staatsmacht in Griechenland zu verdeutlichen
-unübersetzbar - Übers.]
Die Zeiten in denen wir leben sind flüssig, fremdartig und einer
ständigen Veränderung unterzogen. In Zeiten der
institutionellen und finanziellen Krisen wird die Autorität immer
mit der Karrotte auf dem Stock, sowie mit Angst und Sicherheit spielen.
Sie wollen, dass niemand auf irgendwas reagiert, nichts ausspricht,
nicht um sich herumblickt, nicht anders denkt, oder wo möglich
überhaupt nicht denkt. Amputiert unser Gehirn bei unserer Geburt,
los, um dem ein Ende zu bereiten!
Sie versuchen überall ihre furchteregende und absolute
Homogenität durchzusetzen; ihre absolute und durch und durch
studierte Unmenschlichkeit.
In den griechischen Territorien werden in diesem Moment ungefähr
40 Menschen für politische Gründe festgehalten. Die meisten
von ihnen waren noch nicht einmal vor Gericht und werden trotzdem in
Hochsicherheitsgefängnissen festgehalten; andere werden nicht in
öffentlichen oder offenen Verhandlungen vor Gericht gestellt;
andere wieder werden ohne das kleinste bisschen Beweis gegen sie
festgehalten, ausschlisslich wegen ihrer Einstellung, wegen ihrer auf
Solidarität basierenden Lebenseinstellung die sie in ihren
persönlichen Beziehungen einnehmen, festgehalten.
Ultrakonservativ und einer immer faschistischeren Weise, wollen sie
Isolation erzwingen, Einsamkeit, die Logik des "jeder für sich";
sie wollen, dass wir trash-Fernsehen schauen, Substanzen konsumieren,
sowie die Lügen und das Spektakel. Nicht mit Bekannten sprechen,
keine Menschen in unsere Häuser einladen, niemanden treffen oder
sie zu fragen uns besser schon mal ihre Polizeiaufzeichnungen zu
zeigen, lieber nicht, wir könnten Probleme bekommen.
Sie wollen dass wir aufhören zu fühlen, und basierend auf die
niedrigsten Überlebensinstinke und nach dem Selbsterhaltungstrieb
zu agieren, basierend auf dem Sadimus des Türspions, in anderer
Menschen Leben herumzuschnüffeln um in diesem Prozess das eigene
Leben zu verlieren.
Sie wollen dass wir hassen, alles verdammen das anders ist, Menschen
von anderen Orten, Mitarbeiter anderer Sektoren, jeder der anders denkt
oder anders lebt.
Die sind alle gefährlich und wir müssen sie hassen, da Hass
Angst erzeugt und vice-versa.
Das ist die Angst auf der sie herumtrampeln um ihre Todessicherheit
aufzuzwingen, die sterbenden Laute einer Gesellschaft, die die letzten
Verknüpfungen denunziert, die sie als solche definieren.
Ich glaube um das menschliche Element im Menschen zu definieren sind
nur drei Worte ausreichend: Würde-Freiheit-Solidarität.
Niemand kann ohne die anderen beiden existieren, keine von diesen
fallen vom Himmel. Sie erfordern Tugend und die Herausforderung. Aber
diese sind die schwierigen Bedeutungen, die dem Menschen Substanz geben
und die Überleben in Leben verwandlen.
Sie können uns nur kontrollieren, uns in Fetzen zerreissen und uns
isolieren, solange wir auf unseren Knien stehen mit unserem Rücken
nach vorne gebeugt, einer jedweden Karrotte nachjagend, die sie uns
hinhalten.
Lasst uns Widerstand leisten! Wenn wir unseren Kopf erheben und uns
wieder in die Augen blicken, werden ihre wackelnden Strukturen wie ein
Kartenhaus in sich zusammenbrechen. Denn heute mag die Katastrophe auf
deinen Nachbarn gefallen sein, aber schon morgen könntest Du an
der Reihe sein.
Lasst uns Widerstand leisten! Weil es überall auf der Welt
Menschen gibt, die es wagen ihre Köüfe zu erheben.
Überall und zu allen Zeiten, zu jedem einzelnen winzigsten Moment,
wo man seinen Blick gen Himmel schweifen läßt und gegen den
unendlichen Horizont, den sie seit ihrer Jugend vergessen haben, wird
das menschliche Element im Menschen wiedergeboren.
Genug! wir haben zuviel und zulange toleriert! Kämpft für die
ganze Welt und für Freiheit, kämpft für unsere Leben und
für die Würde.
Der Staat und die Medien sind die einzigen Terroristen.
Solidarität für jeden der kämpft ist nicht nur unsere
Waffe, sie ist Gewissheit.
Ein gut bekanntes Gedicht, leicht verändert [von Martin
Niemöller - Übers.]
Zuerst kamen sie zu meinem Nachbarn
und ich sagte nichts, weil er ein Ausländer war.
Wenn sie für den nächsten kamen wars ein Roma,
und wieder sagte ich nichts.
Dann nahmen sie den Armen, den Landstreicher, den Anarchisten, den
Linken
Am Ende kamen sie zu mir.
und erst da verstand ich, dass niemand geblieben war der reagieren
hätte können…
Fee Marie Meyer
---
St. Galler Tagblatt 19.1.11
Buch der Woche
"Terror" - Wenn der Staat gegen seine eigenen Bürger
mobilmacht
Urlaub in Lenzari, das tönt idyllisch: Der Berliner
Kameramann Marc Burth zieht sich mit Frau und fünfjährigem
Töchterchen für ein paar Auszeit-Monate in ein Haus von
Freunden in das pittoreske Bergdorf in Ligurien zurück. Doch schon
am ersten Abend erschrecken ihn Schreie im fast ausgestorbenen Ort, ein
Marokkaner im Nachbarhaus behauptet, von Polizisten geschlagen worden
zu sein, Marc stellt seine Videokamera mit Fokus auf den Dorfplatz auf
- und ist schon bald selber in Todesgefahr.
So weit der Trailer zum Roman "Terror" von Martin Maurer. Der
Drehbuchautor kennt sein Handwerk, und einen (reisserischen) Trailer
gibt es tatsächlich auf der Website des Dumont-Verlags, der den
Buchstart heftig lanciert. Immerhin mit einigem Recht; "Terror" bietet
packend erzählte und versiert aufgebaute Hochspannung. Und hinter
dem Action-Vordergrund verbirgt sich ein politischer Sumpf, der das
Buch zusätzlich brisant macht.
Ein Gemetzel im Dorf
In zwei eng geführten Erzählsträngen rollt der aus
Konstanz stammende, in Berlin lebende Autor die Story auf. Zum einen
sind ab Januar 2010 Marcs Erlebnisse und Recherchen in Lenzari und
Berlin chronologisch erzählt - zum andern spitzt sich das
Geschehen am 4. Juni des Jahres zu: Die Carabinieri Cesare und
Francisco entdecken kurz vor Lenzari ein verletztes und verstörtes
Kind. Es ist Anna, Marcs Tochter. Im Spital versucht Übersetzerin
Carla aus Anna mehr herauszubringen als den Satz "So viel Blut" - und
erkennt zugleich in einem der Polizisten ihren Peiniger vor Jahren an
den G-8-Protesten in Genua wieder. Währenddessen stossen die
Carabinieri auf ein Gemetzel an den Dorfbewohnern. An der Wand
arabische Schriftzeichen, die auf islamistischen Terror hindeuten.
Aber Marc und wir Leser wissen es besser. Denn auf dem zweiten
Erzählstrang fügen sich unterdessen wie Puzzlesteine die
Recherchen Marcs und seiner Berliner Kollegen zu einem Bild, das immer
ungeheuerlicher wird: Alles deutet darauf hin, dass Polizei und
Behörden selber ihre Hände im blutigen Spiel haben.
Oktoberfest, "Gladio" & Co.
Schlüsselfigur ist ein Bösewicht mit Schnauzbart; in
Lenzari für einen obskuren Sicherheitsdienst tätig, tauchte
er angeblich bereits 1980 beim (realen) Attentat auf das Münchner
Oktoberfest auf, bei dem 13 Menschen starben und das einem
Einzeltäter in die Schuhe geschoben wurde - während Hinweise
auf Hintermänner im Geheimdienst unter den Tisch gekehrt wurden.
Derselbe Mann soll zudem an der Exekution des Italieners Fabrizio
Quattrocchi im April 2004 in Irak beteiligt gewesen sein.
Eine Menge Stoff also für Verschwörungstheoretiker -
aber ganz abwegig sind Maurers Querbezüge nicht. Er hat mit
Zeitzeugen gesprochen, dem Anwalt der Oktoberfest-Opfer, aber auch mit
Extremisten wie Karl Heinz Hoffmann oder Michael "Bommi" Baumann. Auf
www.dumont.de und auf dem Blog prenzlauer berger.wordpress.com sind
Interviews, Dokumente und Tagesschau-Berichte aufgeschaltet,
hauptsächlich zum Oktoberfest-Massaker sowie zur faschistischen
Geheimarmee "Gladio" und anderen "Stay-behind-Armeen", die den
Kommunismus verhindern und die Rechte stärken sollten.
Maurers These: Es geht um Terrorismus nicht gegen den Staat,
sondern vom Staat selber gegen seine eigenen Bürger. Im Kalten
Krieg gab es dafür den Begriff der "Strategie der Spannung". Im
Roman erläutert ein anonymer Geheimdienstler, kurz bevor er
seinerseits massakriert wird, diese Strategie: "Man lässt
Attentate geschehen oder inszeniert sie selber und schiebt sie dann dem
politischen Gegner - in unserem Fall waren das die Linken - in die
Schuhe. Dadurch bewirkt man zwei Dinge: Die Ideen des Gegners werden
diskreditiert, und die Leute verlangen nach mehr Sicherheit, nach einem
starken Staat."
Parallelen zur Gegenwart
Das Buch erinnert so auch an die düstere Geschichte des
Rechtsterrorismus in Europa. Und zieht beklemmende Parallelen zur
Gegenwart: Maurers Thriller warnt davor, hinter Terroranschlägen
heute vorschnell "den Islam" zu vermuten. In Lenzari sind jedenfalls
die Carabinieri Mittäter. Einer, der Bescheid wüsste,
wäre Marc Burth. Doch der ist, wenn auch fiktiv, seit dem 4. Juni
verschollen.
Peter Surber
---
Bund 18.1.11
Anschlag
Brandstiftung beim Bundesstrafgericht
Am Eingang eines Gebäudes des Bundesstrafgerichts in
Bellinzona ist in der Nacht auf Montag ein Brand gelegt worden. Auf
eine Wand war italienisch der Slogan "Brennt die Gerichte nieder -
nieder mit dem Staat" gesprayt worden. "Unterzeichnet" wurde die
Botschaft mit einem eingekreisten "A".(sda)
---
20 Minuten 18.1.11
Anschläge Linksextremer: Experten sind alarmiert
BELLINZONA. Die Serie von Anschlägen eskaliert: Gestern
brannte es beim Bundesstrafgericht. Experten warnen vor weiteren
Anschlägen Linksextremer.
Der Haupteingang eines Gebäudes des Bundesstrafgerichts in
Bellinzona liegt in Schutt und Asche, die Glastüre ist zerborsten
- das Resultat eines Brandanschlags, der in der Nacht auf gestern
verübt worden ist. Zwei Frauen, die im betroffenen Gebäude
arbeiteten, entkamen dem Feuer unverletzt. Die Feuerwehr löschte
den Brand rasch. Auf der Wand neben dem Eingang steht: "Brennt die
Gerichte nieder - nieder mit dem Staat". Unterzeichnet war die
Botschaft mit dem von Anarchisten verwendeten eingekreisten A.
CVP-Nationalrat Jakob Büchler, Präsident der
Sicherheitspolitischen Kommission, ist alarmiert: "Wir müssen die
Gefahr, die von dieser Szene ausgeht, sehr ernst nehmen." Noch
schlimmere Anschläge, etwa auf das Bundeshaus, Kernkraftwerke oder
das Bahnstreckennetz, seien nicht mehr auszuschliessen. Und: "Es ist
wichtig, dass bei solchen Sicherheitsbedrohungen neben der Polizei auch
die Armee bereitsteht", sagt Büchler. Nun sei eingetroffen, wovor
Armeechef André Blattmann bereits letzten Frühling im
Vortrag "Bedrohungen für die Schweiz" gewarnt habe und dafür
ausgelacht worden sei. Samuel Althof von der Fachstelle Extremismus-
und Gewaltprävention vermutet, dass sich die Täter von den
linksextremen Aktivisten, die in den letzten Monaten
Bombenanschläge auf Botschaften verübt haben, inspiriert
wurden. Ausserdem begünstige auch das zunehmend angespannte
politische Klima in der Schweiz solche Gewalteskalationen: "Politiker
sollten ihre Wortwahl verantwortungsvoll treffen, um das gespannte
Klima nicht weiter anzuheizen, denn Extremisten können darauf
gewalteskalierend reagieren."
Désirée Pomper
---
St. Galler Tagblatt 18.1.11
Im Visier der Anarchisten
Auf das Bundesstrafgericht in Bellinzona ist ein Anschlag
verübt worden. Der Anschlag steht möglicherweise im
Zusammenhang mit laufenden Strafverfahren gegen italienische
Anarchisten.
Andri Rostetter
Das Bundesstrafgericht in Bellinzona ist in der Nacht auf Montag
Ziel eines Brandanschlags geworden. Betroffen war ein Gebäude, in
dem das Bundesstrafgericht provisorisch untergebracht ist. Der Brand
war kurz vor 2 Uhr ausgebrochen, wie die Tessiner Polizei mitteilte.
Die Feuerwehr konnte das Feuer rasch löschen. Zwei Frauen, die
sich in dem Haus befanden, konnten dieses unverletzt verlassen.
Spuren nach Italien
Wer hinter dem Anschlag steht, ist unklar. Es gibt aber deutliche
Hinweise: Auf eine Wand am Tatort war auf Italienisch eine Nachricht
gesprayt: "Feuer den Gerichten - Schlagen wir den Staat nieder".
Unterzeichnet war die Nachricht mit einem eingekreisten "A", dem
Erkennungszeichen der Anarchisten. Am Tatort fand die Polizei
Spraydosen und eine Flasche mit Flüssigkeit. Die Behörden
gehen davon aus, dass die Inschrift und der Anschlag von derselben
Täterschaft stammen. Laut Informationen der Nachrichtenagentur SDA
konzentrieren sich die Ermittlungen auf anarchistische Kreise. Nicht
nur die auf die Wand gesprayten Kampfparolen sprechen dafür, dass
die Polizei im richtigen Umfeld sucht. Seit die Polizei im April 2010
in Langnau am Albis ZH drei mutmassliche Ökoterroristen verhaftet
hat, ist die Schweiz ins Visier der linksanarchistischen Szene
gerückt.
Bei den Festgenommenen handelt es sich um einen Italiener, eine
Italienerin sowie einen in Italien lebenden Tessiner. Ihnen wird
vorgeworfen, einen Anschlag auf den europäischen
Forschungshauptsitz von IBM in Rüschlikon ZH geplant zu haben. Das
US-Computerunternehmen eröffnet dort im Frühjahr 2011
zusammen mit der ETH ein Zentrum für Nanotechnologie. Der
festgenommene Italiener gilt als Kopf der Extremistengruppe "Il
Silvestre", die sich dem Kampf gegen Tierversuche, Gen- und
Nanotechnologie verschrieben hat. Im Auto der Festgenommenen fand die
Polizei Sprengstoff, Brandsätze und ein Bekennerschreiben. Die
drei Angeschuldigten sitzen seit dem 15. April 2010 in getrennten
Gefängnissen in Untersuchungshaft. Seither haben Sympathisanten
wiederholt die Freilassung von "Silvia, Billy und Costa" gefordert.
Vor Weihnachten geriet der Fall in die Schlagzeilen, als sich die
Gruppe "Federazione Anarchico Informale" (FAI) zu den
Paketbomben-Anschlägen auf die Schweizer Botschaft in Rom am 23.
Dezember bekannte. Die FAI wird dem gleichen Umfeld zugerechnet wie "Il
Silvestre".
Am Prozess gegen die mutmasslichen Attentäter ist auch die
italienische Justiz interessiert. Die Turiner Staatsanwaltschaft
führt gegen sie ein Verfahren wegen des Verdachts auf
"Gefährdung durch Sprengstoffe sowie der terroristischen
Vereinigung", wie es in den Akten des Bundesstrafgerichts heisst. Die
Turiner Behörden ersuchten die Schweiz im Sommer 2010 um Erlaubnis
für die Anwesenheit italienischer Funktionäre bei der
Einvernahme. Dagegen reichten die Angeschuldigten Beschwerde ein. Das
Bundesstrafgericht wies diese am 4. Januar ab.
Zeitgleich mit Prozessbeginn
Auch das Datum des gestrigen Anschlags auf das Gericht in
Bellinzona scheint nicht zufällig gewählt: Wenige Stunden
nach dem Brand begann in Athen der Prozess gegen 13 mutmassliche
Mitglieder der linksanarchistischen "Verschwörung der
Feuerzellen", die sich zu einer Paketbomben-Serie im November bekannt
hatte. Laut Medienberichten wiesen die Sprengkörper der
griechischen Extremisten Ähnlichkeiten mit den Bomben auf, zu
welchen sich die FAI bekannt hatte.
--
Zusammenhang mit Camenisch
Das Anarchisten-"A" wurde im Tessin in der Vergangenheit vor
allem im Zusammenhang mit Marco Camenisch verwendet. Der heute
58jährige Bündner Ökoterrorist verbüsst wegen der
Ermordung eines Grenzwächters eine Freiheitsstrafe. Camenisch hat
sich mit den drei im April 2010 in Langnau am Albis ZH verhafteten
Anarchisten solidarisiert. (sda/ar)
---
NZZ 18.1.11
Anschlag auf Strafgericht
Brandstiftung in Bellinzona
(sda) · Am Eingang eines Gebäudes des
Bundesstrafgerichts in Bellinzona ist in der Nacht auf Montag ein Brand
gelegt worden. Laut der Tessiner Kantonspolizei war das Feuer rasch
unter Kontrolle. Tatverdächtige wurden bisher nicht gefunden.
Verletzt wurde niemand. Der Brand war gegen 2 Uhr ausgebrochen, wie die
Polizei mitteilte. Betroffen war ein Gebäude, in dem sich
Büros des Bundesstrafgerichts und der Swisscom befinden. Zwei
Frauen, die dort arbeiteten, konnten es unverletzt verlassen. Die
Feuerwehr löschte den Brand rasch. In Mitleidenschaft gezogen
wurden der Haupteingang des Gebäudes und dessen Umgebung.
Am Brandort wurden nach Angaben der Polizei Spraydosen gefunden.
Auf eine Wand war in italienischer Sprache der Slogan "Brennt die
Gerichte nieder - Nieder mit dem Staat" gesprayt worden.
"Unterzeichnet" war die Botschaft mit dem von Anarchisten verwendeten
eingekreisten "A", wie die Polizei mitteilte. Die polizeilichen
Ermittlungen konzentrieren sich denn auch auf diese Kreise. Das
sogenannte Anarchisten-A wurde im Tessin in der Vergangenheit vor allem
im Zusammenhang mit Parolen zugunsten des Bündners Marco Camenisch
verwendet. Der sogenannte "Öko-Terrorist" war in den achtziger
Jahren in Italien wegen Sprengstoffanschlägen an Strommasten
verurteilt worden. Nach seiner Auslieferung an die Schweiz wurde ihm
2007 in Zürich der Prozess gemacht, weil er 1989 einen
Grenzwächter erschossen haben soll.
---
Südostschweiz 18.1.11
Hinter Anschlag stecken wohl Anarchisten
Am Eingang eines Gebäudes des Bundesstrafgerichts in
Bellinzona ist in der Nacht auf gestern ein Brand gelegt worden.
Verletzt wurde niemand.
Bellinzona. - Der Brand war gegen 2 Uhr ausgebrochen, wie die
Polizei gestern mitteilte. Betroffen war ein Gebäude, in dem sich
Büros des Bundesstrafgerichts und der Swisscom befinden. Die
Feuerwehr löschte den Brand rasch. In Mitleidenschaft gezogen
wurden der Haupteingang des Gebäudes und dessen Umgebung.
Am Brandort wurden nach Angaben der Polizei Spraydosen gefunden.
Auf eine Wand war in Italienisch der Slogan "Brennt die Gerichte nieder
-Nieder mit dem Staat" gesprayt worden. "Unterzeichnet" war die
Botschaft mit dem von Anarchisten verwendeten eingekreisten "A". Die
polizeilichen Ermittlungen konzentrieren sich denn auch auf diese
Kreise. Das sogenannte Anarchisten-A wurde im Tessin in der
Vergangenheit vor allem im Zusammenhang mit Parolen zugunsten des
Bündners Marco Camenisch verwendet, der in den Achtzigerjahren in
Italien wegen Sprengstoffanschlägen zu zwölf Jahren Zuchthaus
verurteilt worden war. Nach seiner Auslieferung an die Schweiz wurde
ihm 2007 in Zürich der Prozess gemacht, weil er im Dezember 1989
einen Grenzwächter erschossen haben soll.
Beim italienischen Konsulat im Zentrum Luganos sorgte gestern
ausserdem ein herrenloser Koffer für Aufregung. Die Umgebung wurde
abgesperrt, der Koffer gesprengt. Er war leer, wie sich herausstellte.
(sda)
---
BZ 18.1.11
Eklat vor Gericht
Griechenland. Der Prozess in Athen gegen mutmassliche Anarchisten
hat mit einem Eklat begonnen.
Der Prozess gegen 13 mutmassliche Mitglieder der linksextremen
griechischen Gruppe "Verschwörung der Feuerzellen", die sich zu
einer Paketbomben-Serie im November bekannt hatte, hat gestern mit
einem Eklat begonnen. Nach zweimaliger Unterbrechung der Auftaktsitzung
in einem Gefängnis nahe Athen verliessen die anwesenden
Angeklagten den Saal. Eine Vertretung durch Anwälte lehnten sie ab.
Die zwischen 19 und 30 Jahre alten Angeklagten müssen sich
vor dem Anti-Terror-Gericht im Athener Hochsicherheitsgefängnis
Korydallos wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation
verantworten. Neun von ihnen erschienen gestern vor dem Gericht. Gegen
die vier übrigen Angeklagten, die flüchtig sind, läuft
das Verfahren in Abwesenheit.
Die Angeklagten begründeten ihren Auszug aus dem
Gerichtssaal damit, dass ihre anwesenden Familienangehörigen und
Freunde von der Polizei kontrolliert und durchsucht worden seien. Ein
Angeklagter sagte, von den Zuschauern dürften keine Ausweispapiere
verlangt werden.
Richterin Maria Mariellou hatte lediglich zugestanden, dass die
Papiere nicht fotokopiert, sondern am Eingang zurückgelassen
würden. "Sie werden den Prozess vor einem leeren Gerichtssaal
führen", sagte einer der Beschuldigten, als er und die anderen
Angeklagten unter dem Applaus der Zuschauer den Saal verliessen. Im
Fall einer Verurteilung drohen den Angeklagten Haftstrafen von zehn bis
25 Jahren.
sda
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St. Galler Tagblatt 18.1.11
"Verschwörung der Feuerzellen" vor Gericht
Unter drakonischen Sicherheitsmassnahmen hat in Athen der Prozess
gegen 13 mutmassliche Mitglieder der anarchistischen Terrorgruppe
"Verschwörung der Feuerzellen" begonnen.
Anke Stefan
ATHEN. Die erstmalig im Januar 2008 in Erscheinung getretene
Organisation hatte zuletzt mit einer Reihe von Briefbomben
internationales Aufsehen ausgelöst.
Politiker als Terrorziele
Im aktuellen Verfahren geht es allerdings nicht um die
spektakulären Briefbomben. In diesen Fällen sind die
Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Den 13 Angeklagten, 12
Männern und einer jungen Frau, werden vielmehr drei frühere
Anschläge der "Feuerzellen" angelastet. Eines ihrer Ziele war 2009
die Wohnung des ehemaligen Vize-Innenministers und obersten Dienstherrn
der griechischen Polizei, Panagiotis Chinofotis. Ein weiterer Anschlag
galt dem Ministerium für Mazedonien und Thrakien und ein drittes
Ziel war im gleichen Jahr die Wohnung der damaligen Abgeordneten der
sozialdemokratischen PASOK und derzeitigen Arbeitsministerin Louka
Katseli. In allen drei Fällen wurde Sachschaden angerichtet. Vier
der 13 Angeklagten sind noch flüchtig.
Vorwürfe an die Behörden
Die meisten der Angeklagten bestreiten jede Verbindung zur
"Verschwörung der Feuerzellen". Die sich zur anarchistischen Szene
Griechenlands bekennenden politischen Aktivisten werfen den
Behörden vor, sie einzig aufgrund ihrer freundschaftlichen
Beziehungen untereinander zu kriminalisieren. Unter dem Beweismaterial
der Anklage sind zahlreiche Fotos, welche die Angeklagten gemeinsam
zeigen.
Eine Reihe von kleineren Anschlägen mit Sachschäden aus
"Solidarität mit den Angeklagten" hat erneut Alarm ausgelöst.
Vor wenigen Tagen wurden vier junge Männer verhaftet, in deren
Wohnung Waffen und ein Bekennerschreiben für geplante
Anschläge im Zusammenhang mit dem Prozess gefunden wurden.
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NZZ 18.1.11
Prozess gegen Anarchisten in Athen
Angeklagte verlassen den Saal
(afp) · Der Prozess gegen 13 Mitglieder der griechischen
Gruppe "Verschwörung der Feuerzellen", die sich zu den
Paketbombenanschlägen im November bekannt hatte, hat am Montag mit
einem Eklat begonnen. Nach zweimaliger Unterbrechung der Auftaktsitzung
in einem Gefängnis nahe Athen verliessen die 9 anwesenden
Angeklagten den Saal. Eine Vertretung durch ihre Anwälte lehnten
sie ab. Die zwischen 19 und 30 Jahre alten Angeklagten müssen sich
vor dem Anti-Terror-Gericht im Athener Hochsicherheitsgefängnis
Korydallos wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation
verantworten. Von ihnen erschienen 9 am Montag vor dem Gericht. Gegen
die 4 übrigen Angeklagten, die flüchtig sind, läuft das
Verfahren in Abwesenheit.
Die Angeklagten begründeten ihren Auszug aus dem
Gerichtssaal damit, dass ihre anwesenden Familienangehörigen und
Freunde von der Polizei kontrolliert und durchsucht worden seien. Ein
Angeklagter sagte, von den Zuschauern dürften keine Ausweispapiere
verlangt werden. Die Richterin hatte lediglich zugestanden, dass die
Papiere nicht fotokopiert, sondern am Eingang zurückgelassen
würden. "Sie werden den Prozess vor einem leeren Gerichtssaal
führen", sagte einer der Beschuldigten, als er und die 8 anderen
Angeklagten unter dem Applaus der Zuschauer den Saal verliessen. Der
seit Anfang 2008 aktiven Gruppe werden Dutzende von Brand- und
Sprengstoffanschlägen zur Last gelegt.
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Blick 18.1.11
"Blamage" für Polizei
Athen -
Sie waren stolz, die griechischen Polizisten, die am Freitag eine
Deutsche (27) mit Kontakten in die anarchistische Szene fassten. Die
Tochter der mutmasslichen RAF-Terroristin Barbara Meyer, glaubten sie.
Nur: Ausser dem Namen verbindet die Mutter nichts mit der RAF - Meyer
junior kam wieder frei. Die griechische Presse sprach von einer
"Blamage ohnegleichen", Barbara Meyer will die Verantwortlichen zur
Rechenschaft ziehen.
---
Le Monde 18.1.11
Une nouvelle génération d'anarchistes jugée en
Grèce
Treize personnes devant la justice pour des attentats et l'envoi
de colis piégés à des ambassades
Alain Salles
C'est une nouvelle génération de terroristes grecs
dont le procès a commencé, lundi 17janvier, devant une
cour spéciale, installée dans la prison de haute
sécurité de Korydallos, dans la banlieue
d'Athènes. Elle s'inscrit dans un courant d'anarchisme nihiliste
qui prône " la guérilla urbaine".
Treize membres présumés de la Conspiration des
cellules de feu, un mouvement d'obédience anarchiste, sont
jugés pour appartenance à un groupe terroriste et pour
trois attentats commis en 2009. Quatre d'entre eux sont jugés
par contumace. Le mouvement s'est signalé de façon
spectaculaire, en novembre 2010, en envoyant des colis
piégés dans plusieurs ambassades à Athènes
et à des responsables européens, notamment Nicolas
Sarkozy, la chancelière allemande Angela Merkel ou le
président du Conseil italien, Silvio Berlusconi.
Seuls deux prévenus reconnaissent leur appartenançe
à la Conspiration des cellules de feu, notamment Panayotis
Argyrou qui a été arrêté début
novembre en possession d'un colis piégé, adressé
à M. Sarkozy. Ils sont âgés de 19 à 3lans.
Les attentats revendiqués par le mouvement depuis le
début de 2008 n'ont pas fait de victimes.
Le 13janvier, des prévenus se sont adressés depuis
leur prison à plus de deux cents personnes entassées dans
un amphithéâtre de l'Ecole polytechnique d'Athènes,
haut lieu, de la révolte étudiante grecque. Ils ont
parlé à tour de râle devant des jeunes qui les ont
écoutés religieusement puis applaudis.
"Jeunes et pas pauvres"
Le même jour, quatre jeunes de 21 à 23 ans ont
été arrêtés, ainsi qu'une Allemande de 27
ans, qui nie toute participation à une action terroriste. La
police réalise régulièrement des coups de filet et
découvre d'importants stocks d'armes.
Mais les arrestations ne démantèlent pas le
mouvement, organisé en cellules de quelques personnes.
Après l'interpellation de Panayotis Argyrou et de
Gerassimos Tsakalos - qui n'est pas jugé lundi, car il ne
faisait pas l'objet d'un mandat de recherche - en possession des colis
piégés en novembre, puis de nouveaux membres
présumés en décembre, la Conspiration a
revendiqué un attentat contre le tribunal administratif
d'Athènes, le 30décembre.
Selon la police, les quatre jeunes arrêtés
préparaient un attentat avant le procès de Korydallos.
"Il s'agit d'un nouveau groupe terroriste sans nom, qui
prétendfaire partie de groupes internationaux violents", affirme
le porte-parole de la police, Athanassios Kokkalakis. Les policiers ont
découvert un projet de tract non signé faisant
référence au procès.
La jeunesse est une caractéristique de ce mouvement. "Ils
sont jeunes et ne sont pas pauvres, explique Mary Bossi, professeur
à l'université du Pirée. Ils sont très
déterminés et se présentent comme une sorte
d'avant-garde de la lutte contre la société. Il s'agit
d'un mouvement assez important en nombre. "
"Ces groupes ont évolué depuis les révoltes
étudiantes de décembre2008. Ils se nourrissent de la
crise économique et sociale. Ils ont recruté de nouveaux
membres dans ces mouvements de jeunesse. Leurs attentats sont plus
élaborés", selon Théodore Papathéodorou,
professeur de criminologie à l'université du
Péloponnèse. La Conspiration des cellules de feu a
commencé, début 2008, par des attentats à l'engin
explosif contre des concessionnaires de voiture de luxe et des banques.
Pour M. Papathéodorou, le nombre d'armes saisies par la police
montre un "probable lien avec la criminalité organisée".
La Grèce a été marquée par une
tradition de violence politique qui a culminé avec les attentats
du groupe du 17-Novembre (extrême gauche), responsable de
plusieurs attentats meurtriers, fortement marqué par la
résistance à la dictature des colonels de 1967 à
1974.
Mais les mouvements autour de la Conspiration se rattachent
à des traditions différentes. Dans leurs tracts,
publiés le site Indymedia.org, ils se réclament de
"l'anarchisme antisocial" et refusent de s'inscrire dans une logique de
lutte des classes. Ils clament que la "démocratie ne doit pas
l'emporter" et dénoncent la passivité de la
société, "cette foule de citoyens complaisants".
Autre caractéristique de ces mouvements leur lien
international. Des attentats en Italie ont eu lieu juste avant
Noél 2010 pour soutenir les anarchistes grecs. Les tracts de la
Conspiration des cellules de feu se réfèrent à
d'autres prisonniers étrangers.
Les nouveaux moyens de communication favorisent ces interactions.
"Ils ne se parlent pas que par Internet, ils se connaissent et
discutent ensemble", explique Mme Bassi. Le porte-parole de la police
minimise: "Ils veulent faire croire qu'ils ont des connexions
internationales mais c'est un mouvement qui reste cantonné
à l'intérieur de nos frontières ". affirme M.
Kokkalakis.
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Schweiz Aktuell 17.1.11
TI: Brandanschlag gegen Bundesstrafgericht in Bellinzona
http://videoportal.sf.tv/video?id=eac479fe-68de-4e14-8d8a-7e5f58dc8387
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WIDERSTAND
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Bund 21.1.11
Wahrheiten eines Untergrund-Kämpfers
Ein Leben lang hat Stéphane Hessel sich für eine
gerechte Gesellschaft eingesetzt, auch unter Lebensgefahr.
Claudia Kühner
Ein kleines Büchlein, keine dreissig Seiten Text, verfasst
von einem 93-jährigen Herrn, erschienen im kleinen
südfranzösischen Verlag Indigène, ist die
Lese-Sensation dieses Winters in Frankreich. Über 900 000 Mal soll
"Indignez-vous!" - Empört euch! - schon verkauft worden sein. Es
kostet drei Euro und ist an jedem Kiosk zu haben. Es ist eine andere
Art der Empörung als jene eines Thilo Sarrazin, der mit seinem
Gestus des Ausschliessens in Deutschland eine ebenso grosse Leserschaft
anzog. Stéphane Hessel hat eine Botschaft der Humanität.
Sein Thema ist die gewaltlose Empörung gegen Zeiterscheinungen und
gegen die Missachtung grundlegender Rechte. Die schlimmste aller
Haltungen ist für ihn die Gleichgültigkeit.
Entstanden ist das Büchlein ohne Absicht. Stéphane
Hessel war eingeladen zu einer Gedenk-Veranstaltung in den Savoyer
Bergen. Dort hatte im Zweiten Weltkrieg eine kleine
Résistance-Truppe gegen die deutsche Wehrmacht gekämpft und
eine schreckliche Niederlage erlitten. Die Verlegerin von
Indigène war zugegen und bat Hessel, seine Gedanken nochmals in
einem Gespräch zu formulieren. Daraus entstand "Indignez-vous!".
Verhaftet, gefoltert, deportiert
Das Büchlein hat Stéphane Hessel zu einem gefragten
Mann gemacht. Ein Interviewer löst den nächsten ab in seiner
kleinen Wohnung im 14. Pariser Arrondissement, das voller Bücher
und Antiquitäten ist. Das Telefon klingelt ohne Unterlass,
Journalisten bitten um Termine oder klingeln auf gut Glück unten
an der Türe. Hessel hat das Rampenlicht nicht gesucht. Keiner ist
überraschter vom Erfolg als er selbst. Die Menschen spüren
wohl die geistige Autorität und die Wahrhaftigkeit dieses Mannes:
Was er hier fordert, dafür hat er ein Leben lang und unter
Todesgefahr gekämpft - in der Résistance, später als
Diplomat.
Stéphane Hessel, soigniert, von freundlicher Geduld,
spricht druckreif, konzentriert und in makellosem Deutsch. Denn er
wurde 1917 in Berlin geboren, als Sohn des jüdischen
Schriftstellers Franz Hessel und der Journalistin und Übersetzerin
Helen Grund. Als Hessel sieben war, zog die Familie nach Paris und
wurde dort Teil der Künstlerkreise um Pablo Picasso, Max Ernst,
Marcel Duchamp, Man Ray, Alexander Calder, später Walter Benjamin.
Verewigt sind seine Eltern in François Truffauts Filmklassiker
"Jules et Jim" (1962), der ihre Dreiecksgeschichte mit dem
Schriftsteller Henri-Pierre Roché nachzeichnet, mit Jeanne
Moreau und Oskar Werner in den Hauptrollen.
1941, im Jahr nach dem deutschen Einmarsch und dem Todesjahr
seines Vaters, schloss sich Hessel der Résistance an. Von London
aus arbeitete er zunächst an der Seite von General de Gaulle.
Zurück in Frankreich sollte er das Funknetz des Widerstands neu
organisieren. Doch er wurde verraten und im Sommer 1944 von der Gestapo
verhaftet, gefoltert, schliesslich in das KZ Buchenwald deportiert. Er
überlebte es dank der Hilfe seines deutschen Mithäftlings
Eugen Kogon, der später berühmt wurde mit seinem
grundlegenden Buch über den SS-Staat (1946). Hessel gelang die
Flucht aus einem deutschen Zug, der ihn kurz vor Kriegsende nach
Bergen-Belsen bringen sollte.
Ein engagierter Diplomat
Die Résistance ist bis heute seine Richtschnur. Denn sie
bestand nicht nur im Kampf gegen die deutschen Besatzer.
Zusammengesetzt aus den verschiedensten politischen Lagern, von
Kommunisten bis zu Katholiken, formulierte sie auch Werte für die
Nachkriegsordnung, für eine gerechte Gesellschaft und soziale
Verantwortung, für einen Rechtsstaat, der zuvor so schmählich
verraten worden war. Darauf beruft sich Hessel immer wieder. Die
Résistance hat er auch als Empörung gegen die herrschenden
Zustände erfahren.
Zurück in Paris entschied sich der junge Hessel für die
Diplomatenlaufbahn. Rasch führte sie ihn nach New York an die UNO.
Dort wurde er zum Mitverfasser der Menschenrechtscharta, die man als
Gründungsurkunde des modernen Völkerrechts betrachten kann.
Sie wurde zu einer Basis seines Denkens, auf die er auch in seinem
Büchlein immer wieder zu sprechen kommt. Seine berufliche Laufbahn
führte Hessel in viele Länder, nach Algerien (wo er für
die Unabhängigkeit der Algerier eintrat), nach Schwarzafrika, nach
Asien. Er wurde zu einem Experten für Entwicklungszusammenarbeit
und begann, sich für Umweltfragen einzusetzen. Nachzulesen ist all
das in seinem Lebensbericht "Tanz mit dem Jahrhundert".
Hessel hat auch den Gazastreifen wiederholt besucht: Die unhaltbaren
Zustände dort haben ihn zu einem deutlichen Kritiker der
israelischen Besatzungspolitik gemacht. Das hat diese Woche in Paris zu
einer "Affäre" geführt. Am Dienstag sollte Hessel an der
Ecole Normale Supérieure zum Thema Gaza sprechen. Auf
Drängen des Zentralrats der französischen Juden wurde er aber
wieder ausgeladen. Hessel wich auf die Place du Panthéon aus, er
sprach im Freien.
Nun wird für "Indignez-vous!" ein deutscher Verlag gesucht.
Michael Kogon, der Sohn von Eugen Kogon, soll es übersetzen. Der
Autor freut sich, dass es neuerdings sogar einen deutschen
Literaturpreis gibt, benannt nach seinem Vater Franz Hessel. Verliehen
wird er je einem Schriftsteller aus Frankreich und aus Deutschland.
--
"Wacht auf! Ihr könnt mehr erreichen"
Mit unseren Demokratien stimmt was nicht, sagt Stéphane
Hessel. Er ruft die Bürger in einem Büchlein auf, sich zu
empören.Ex-Bundesrat Couchepin findet das naiv. Hessel antwortet
ihm.
Interview: Luciano Ferrari und Claudia Kühner
In Tunesien haben die Menschen sich gegen das Regime erhoben und
es gestürzt. Wie beurteilen Sie, der als Diplomat in Nordafrika
tätig war, die Entwicklung?
Ich bin natürlich sehr erfreut über die Ereignisse in
Tunesien. Nicht nur, dass der Sturz des Regimes dort so schnell und so
kraftvoll geschah. Sondern auch, weil sich die Erhebung ausbreiten
könnte. Ich war im Dezember zwei Mal in Algerien und hatte den
Eindruck, dort hätten wie in Tunesien viele der Jungen genug von
einer Regierung, die nichts zustande bringt und die Polizei gegen die
eigene Bevölkerung einsetzt, aber nichts tut, um die
Lebensumstände der Menschen zu verbessern.
Ist das die Empörung, die Sie sich wünschen?
Na ja, die Empörung, die ich meine, ist keine
revolutionäre, sondern eine, die besagt: Es könnte uns besser
gehen, wenn wir uns wieder auf unsere Grundwerte besännen,
Grundwerte, die wir in Frankreich in der Résistance gegen den
Nationalsozialismus entwickelt haben. In anderen Ländern wie der
Tschechoslowakei haben sie sich im Widerstand gegen ein
totalitäres Regime herausgebildet. Da haben sich die Menschen
gegen unwürdige Zustände zur Wehr gesetzt.
Sie berufen sich in Ihrem Büchlein "Indignez-vous!" oft auf
die Grundwerte. Was steht für Sie im Vordergrund?
Jene Werte, die nach dem Zweiten Weltkrieg in der
UNO-Menschenrechtscharta niedergeschrieben und zu universellen
Grundrechten der Menschen erklärt worden sind: Dazu gehört
die Pressefreiheit, die Eindämmung der Übermacht der
Finanzmärkte, eine gewisse soziale Sicherheit für alle und
die Befriedigung der Grundbedürfnisse der Bevölkerung nach
Ausbildung und Gesundheitsversorgung für alle.
Sind diese Errungenschaften in Europa wirklich bedroht?
Wir sind in der merkwürdigen Situation, dass wir in einer
sehr viel wohlhabenderen Zeit leben als unmittelbar nach dem Zweiten
Weltkrieg, unsere Regierungen aber sagen, sie hätten das Geld
nicht, um diese Grundbedürfnisse zu stillen. Dagegen sollten sich
die Menschen empören, das ist mein Aufruf. Die Regierungen in
Europa sind nicht despotisch oder tyrannisch, aber sie sind nur
scheinbar demokratisch, wenn sie unfähig sind, das zur
Verfügung zu stellen, was die Bevölkerung braucht. Es geht
also darum, die Würde unserer Staatswesen wiederherzustellen. Im
französischen Wort "Indignez vous!" steckt ja das Wort Würde.
Was lesen Sie aus dem Aufstand in Tunesien? Dass die Menschen
nicht mehr alles mit sich machen lassen?
Genau das: Die Menschen machen ihre Rechte geltend, wollen nicht
mehr nur verwaltet werden. Sie fordern vom Staat das ein, was er ihnen
schuldet: Freiheit und Menschenwürde. Die Menschen wollen ernst
genommen werden. Sie mischen sich ein. Das ist sehr wichtig: Eine
Demokratie des Mitmachens brauchen wir überall.
Hat Sie die französische Haltung gegenüber Ben Alis
Regime empört?
Meine Empörung hat grundsätzlicheren Charakter. Es ist
keine direkte Attacke gegen den französischen Präsidenten
Nicolas Sarkozy, für den ich keine Sympathie empfinde. Mir geht es
um eine Rückbesinnung auf die Menschenrechte.
Warum werden diese immer wieder in den Hintergrund gedrückt?
Die Wirtschaft beansprucht immer mehr für sich, will immer
mehr verdienen und lenkt die Geldströme nach ihren
Bedürfnissen. Sie hat die Übermacht über die Regierungen
gewonnen. Die Politik folgt der Wirtschaft, dabei sollte es umgekehrt
sein. Die Welt hat viele Revolutionen erlebt, welche die Menschen
demokratiepolitisch vorwärtsgebracht haben. Im Moment aber
spüren viele Menschen, dass etwas mit unseren Demokratien nicht
mehr stimmt.
Empören sich die Menschen wirklich darüber, dass ihre
Regierungen sich stark in den Dienst der Wirtschaftsinteressen stellen,
oder kämpft nicht vielmehr jeder um sein eigenes Glück, sein
persönliches Fortkommen?
Mein Büchlein kreist um den Gedanken, dass wir uns nicht nur
empören sollen, weil wir mehr Lohn, mehr Freizeit möchten,
oder damit "etwas für die Jugend" getan wird. Das genügt
nicht. Mein Aufruf basiert auch auf dem Eindruck, dass viele
Bürger und gerade auch die Jugendlichen schlafen oder resigniert
haben und sich sagen: Na ja, mehr kann ich nicht erreichen, ich bin
zwar schon seit zwei Jahren arbeitslos, aber das gehört nun einmal
dazu, ich warte ab, bis ich Arbeit bekomme. Diese Müdigkeit ganzer
Gesellschaftsgruppen bewegt mich, ihnen zuzurufen: Wacht auf! Ihr
könnt mehr erreichen. Ihr müsst euch aber auf gewisse Werte
stützen, die in den Grundbüchern der Demokratie stehen. Wie
wir es einst in der Résistance getan haben.
Sehen Sie uns denn in einer vergleichbaren Situation zu damals?
Unsere Krise ist etwas ganz anderes als Krieg, Faschismus oder
Stalinismus. Es ist aber dennoch eine grosse Krise, denn wir fahren
derzeit auf mehreren Wegen gegen die Wand. Zum einen aufgrund der
Dominanz der Finanzwirtschaft: Sie führt dazu, dass die Staaten
die Banken retten müssen und das Geld an anderer Stelle fehlt. Die
heutige Wirtschaftskrise erinnert an 1929, auch wenn sie sehr viel
globalere Auswirkungen hat. Die zweite Gefahr, die es damals nicht gab,
ist die ökologische. Drittens kommt der Terrorismus dazu, auf den
wir noch keine gute Antwort gefunden haben. Bomben über
Afghanistan oder dem Irak abzuwerfen, ist keine. Empören soll man
sich gegen das Ausbleiben politischen Handelns angesichts dieser
Gefahren.
Wo finden wir denn die richtigen Antworten?
In meinem Büchlein habe ich die Antworten nicht
niedergeschrieben, nur die Fragen gestellt.
Woher nehmen Sie die Hoffnung, dass Ihr Appell Wirkung zeigt und
sich eine Bewegung von unten, ausgehend von den Jungen, bilden
könnte?
Diese Hoffnung habe ich, weil ich so lange gelebt und gesehen
habe, wie grosse Krisen und Schwierigkeiten überwunden werden
konnten. Dass am Anfang auch die entschlossene Aktion einer Minderheit
genügt, die sich auflehnt und Widerstand leistet. Die
Résistance in Frankreich wurde von einer kleinen Gruppe gebildet
wie in anderen Ländern auch. Aber sie war es, die allmählich
die Entwicklung bestimmte.
In Ihrem Appell beziehen Sie sich auf Jean-Paul Sartre, darauf,
dass jeder verantwortlich ist für sein Handeln und deshalb auch
aktiv werden muss. Ein Aufruf zu mehr Moral auch in der Politik?
Wenn sich die Politik nicht auf moralische Werte stützt,
dann wird sie eine Politik der Schlauheit, populistisch. Das ist die
falsche Richtung. In dieser Hinsicht habe ich den einstigen
französischen Ministerpräsidenten Pierre Mendès France
bewundert, der sich dafür einsetzte, dass das Volk bekommt, was
ihm zusteht. Die heutigen Politiker reden nur so, tun aber nichts.
Empörung sehen wir allenthalben, bei den sogenannten
Wutbürgern, die sich in Europa bemerkbar machen und bei der
amerikanischen Tea Party. Was unterscheidet Ihre Empörung von
jener Sarah Palins?
Ich kann denen natürlich nicht sagen, sie sollen sich nicht
empören. Ich sage nur, man soll sich für gewisse Werte
starkmachen. Dabei berufe ich mich auf die allgemeine Erklärung
der Menschenrechte, die für die ganze Welt gelten soll. Die Tea
Party beruft sich auch auf Werte, sie will zum Beispiel so wenig Staat
wie möglich, aber das ist natürlich das Gegenteil dessen, was
ich befürworte.
Sie kritisieren die israelische Politik hart und sind darum
selbst auch heftig kritisiert worden.
Die Gründung des israelischen Staates verdankt sich den
Vereinten Nationen, Israel ist UNO-Mitglied und damit auch deren Charta
verpflichtet. Solange aber ein Staat die Freiheiten und Rechte, die in
der Charta garantiert werden, nicht respektiert, ist er moralisch und
juristisch im Unrecht. Daher mein besonderer Ärger über die
Art und Weise, wie Israel sich benimmt. Die Besetzung von Gebieten ist
rechtswidrig.
Man wirft Ihnen vor, sie forderten von Israel einen
Modellcharakter.
Das Land soll nicht korrekter sein, sondern nur korrekt. Man kann
verstehen, dass ein kleines Land wie Israel, umgeben von Millionen von
Arabern, die ihm gefährlich werden könnten, sich verteidigen
will. Aber was ist die beste Verteidigung? Bestimmt nicht, auf die
Nachbarn einzuschlagen. Viel intelligenter wäre es, mit ihnen eine
gute Beziehung aufzubauen. Will Israel in Sicherheit leben - und ich
wünsche ihm das -, muss es sich an das internationale Rech halten
und sich so benehmen, dass es akzeptiert wird.
Ein wichtiger Punkt für Sie ist auch die Behandlung von
Minderheiten.
Das ist ein für uns alle wichtiges Problem. Die Zuwanderung
wird weiter zunehmen. Auch wegen der grossen Klimaveränderungen.
Europa muss sich darauf vorbereiten, diesen Immigranten einen Platz zu
geben. Davon ist genug vorhanden. Man darf sie nicht einfach vorerst
einmal in die Illegalität abschieben, sie ohne Papiere lassen. Und
wenn es dereinst zu viele werden und wir mit unserer
Aufnahmefähigkeit an Grenzen stossen, muss man mit den
Herkunftsländern darüber verhandeln, was man tun kann, damit
die Menschen ihre Heimat nicht mehr verlassen.
Was aber ist mit jenen, die schon hier sind, oft seit
Jahrzehnten? Hier ist doch eine teilweise verlorene Jugend
herangewachsen.
Bei uns in Frankreich hat man den Fehler gemacht, ihnen das
Wahlrecht vorzuenthalten. Sie leben noch immer im Abseits. Man braucht
eine intelligente und starke Migrations- und Integrationspolitik, in
ganz Europa.
Unser früherer Innenminister Pascal Couchepin hat Ihr Buch
am Radio kritisiert, gerade was die Immigration anbelangt. Er wirft
Ihnen vor, keine Lösung anzubieten, Ihr Buch sei "ein Schrei der
Ohnmacht eines alten Mannes".
Das ist nicht sehr höflich, aber Alt-Bundesrat Couchepin hat
in gewisser Weise recht. Ich bringe, wie gesagt, nur Fragen, keine
Antworten. Aber gleichzeitig ist seine Kritik ungerecht, weil mein Buch
gar keine Antworten geben will, es erhebt vielmehr den Anspruch, dass
die Werte eingelöst werden, die wir in der Vergangenheit in einer
ganz schwierigen Zeit als die universal gültigen erkannt haben -
und die heute verletzt werden. Das muss uns empören. Wir
müssen mit allen Mitteln verlangen, dass diese Werte ernst
genommen werden und dass wirklich aufgebaut wird, was darin vorgesehen
ist.
Couchepin muss das als Kritik an seiner eigenen Politik empfinden.
Es ist nun einmal die Aufgabe einer guten Politik, die Würde
der Menschen so zu unterstützen, dass sie sich zu guten
Bürgern entwickeln können.
Sie kennen die Schweiz, waren lange bei den Vereinten Nationen in
Genf stationiert. Was sagen Sie zur Rolle der Schweiz in der Welt?
Es hat mich gefreut, dass die Schweiz der UNO beigetreten ist.
Sie hat ein besonders interessantes politisches System, das die
Bürger beteiligt. Zu fragen wäre, ob man das auf andere
Länder übertragen könnte. Die Schweiz spielt sicher eine
besondere Rolle wegen ihrer langen Geschichte und ihrer alten
Demokratie. Dennoch ist auch in diesem Land sicher nicht alles gut.
Wenn Herr Couchepin denkt, in der Schweiz brauche es keine
Empörung, dann sage ich: Vorsicht, Kritik an der Regierung ist
auch hier nötig und gültig. Einwanderungsprobleme zum
Beispiel gibt es auch in der Schweiz.
Gibt es ein Recht zu sagen: Wir haben die Finanzkrise wunderbar
überstanden, zum Glück sind wir nicht in der EU und den
anderen internationalen Organisationen?
Das finde ich natürlich eine völlig falsche Haltung.
Die Schweiz muss mitmachen, sie ist ebenso betroffen von den
Weltproblemen wie jedes andere Land. Alles andere wäre ein
schrecklicher Egoismus. Die Schweizer dürfen nicht sagen, bei uns
ist alles gut, die anderen interessieren uns nicht. Das wäre ganz
im Gegensatz zu dem, was mein Freund Jean-Paul Sartre immer gefordert
hat, nämlich eine verantwortungsvolle Haltung.
Es gibt allerdings auch die Auffassung: Wenn jeder für sich
schaut, dann geht es allen gut.
Die gibt es in allen Ländern. Bei uns in Frankreich ist es
jetzt Marine Le Pen vom Front National, die sagt, wir sollen uns um
Frankreich kümmern, nicht um Europa. Aber es gibt keine nationalen
Lösungen mehr. Wir sind viel zu stark voneinander abhängig.
Nicht einmal die USA können an sich alleine denken.
Sie sind Hegelianer und offenbar überzeugt, dass sich alles
zum Besseren entwickelt.
Ich war ein Hegelianer bis zu der Zeit, als ich mit Walter
Benjamin zusammentraf, der in Paris in der Emigration war. Er hatte
recht, als er sagte, mit Hegel gehe es nicht so leicht, der Fortschritt
der Freiheit sei bei ihm nicht garantiert. Wir müssen Hegel
überwinden und weiterdenken. Das haben die Rückschritte in
der Geschichte gezeigt, zum Beispiel die zurückliegenden Jahre mit
US-Präsident George W. Bush und den Terroranschlägen vom 11.
September 2001. Wir dürfen nicht naiv sein und denken, es wird
immer alles besser. Wir müssen mutig sein und sagen, es ist
schwer, aber wir können etwas für bessere Verhältnisse
tun.
"Was ist die beste Verteidigung? Bestimmt nicht, auf die Nachbarn
einzuschlagen."
---
sf.tv 17.1.11
http://www.sendungen.sf.tv/dok/Sendungen/DOK/Archiv/Laura-D-Oriano-vom-17.01.2011
DOK am Montag, 17.01.2011, 22:50 Uhr auf SF1
Laura D'Oriano
Die geheimnisvolle Schweizer Spionin
Ein Film von Armin Biehler
Am frühen Morgen des 16. Januar 1943 erschiesst ein Sonderkommando
in Rom eine junge Frau: Laura D'Oriano, verurteilt wegen Spionage
für den französischen Widerstand. Laura war Schweizerin und
ist die einzige Frau, die das faschistische Italien während des
Zweiten Weltkrieges hinrichtete. Trotzdem kennt ihre Geschichte
niemand, denn die Schweiz hatte damals kein grosses Interesse, sich
für Laura d'Oriano einzusetzen. Zurück blieben nach ihrer
Ermordung in Bottighofen am Bodensee zwei Töchter und der Ehemann.
http://videoportal.sf.tv/video?id=a9678a2b-679e-40db-859c-026455bee42d
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HOMOPHOBIE
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Sonntagszeitung 23.1.11
Schwulenparade in Moskau? Njet!
Russland rekurriert gegen ein Strassburger Urteil, das einem
russisch-schweizerischen Schwulenaktivisten Versammlungsfreiheit
zugestanden hatte
von Claudia Stahel
Noch am vergangenen Freitag, seinem letzten Ferientag im
französischen Skiort Val-d'Isère, dachte Nikolai Alexejew,
der bekannteste russische Schwulenaktivist, er habe einen historischen
Sieg errungen. Vor drei Monaten entschied der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg, dass das wiederholte
Verbot der Moscow Gay Pride, der Moskauer Schwulen- und Lesbenparade,
gegen das Recht auf Versammlungsfreiheit und das Diskriminierungsverbot
verstosse. Russland müsse die Veranstaltung in Zukunft erlauben.
Dass Russland gegen den Entscheid Einspruch erheben würde,
daran glaubte Alexejew am Freitagmorgen nicht mehr. Die Rekursfrist
endete um Mitternacht. Doch am späten Nachmittag informierte ihn
der Gerichtshof per E-Mail: "Russland legt Berufung ein." Dabei hatte
Alexejew vor zweieinhalb Wochen Post vom russischen Justizministerium
erhalten: Man benötige seine Bankdaten für die
Überweisung der Strafgebühr. Laut dem Urteil des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte stehen Alexejew
12 000 Euro Wiedergutmachung und 17 510 Euro
Anwaltskostenentschädigung zu.
Seit fünf Jahren kämpft der 33-jährige Alexejew
vor russischen Gerichten für das Recht auf Versammlungsfreiheit -
und zahlte dafür einen hohen Preis. Sechsmal wurde er verhaftet,
sechzigmal dem Richter vorgeführt, einmal gar entführt.
Mittlerweile ist der Kampf für Schwulenrechte ein
100-Prozent-Job für Alexejew. Der Jurist ist seit elf Jahren mit
einem Schweizer liiert, lebt in einer eingetragenen Partnerschaft,
pendelt zwischen Genf und Moskau. "Manchmal prozessiere ich am Morgen
in Moskau und fliege dann am Nachmittag zurück nach Genf",
erzählt Alexejew. "In Russland siehst du keine Schwulen
Händchen halten. Der Anteil Schwuler in der Bevölkerung ist
sicher nicht kleiner als in der Schweiz - doch in Russland outen sie
sich nicht."
Laut einer Umfrage der russischen Schwulen- und
Lesben-Dachorganisation verstecken 74 Prozent der Homosexuellen ihre
sexuelle Neigung vor Familie, Arbeitgeber und Behörden. "Millionen
von Russen haben eine jahrelange sowjetische Gehirnwäsche hinter
sich", sagt Alexejew. Homosexualität stand zu Sowjetzeiten und in
Russland bis 1993 unter Strafe und galt bis 1998 offiziell als
Geisteskrankheit. Vor drei Jahren publizierte ein
Meinungsforschungsinstitut eine Studie zur öffentlichen Moral in
Russland. 84 Prozent der Befragten bezeichneten Homosexualität als
"unmoralisch". Kiffen, Polygamie und Bestechung seien weniger
verwerflich.
Für Putin tragen Schwule "zum demografischen Problem" bei
Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin, der sich
gerne oben ohne beim Reiten und Fischen fotografieren lässt, sagte
Anfang Dezember in einer US-Talkshow, die Schwulen trügen "zum
demografischen Problem" in Russland bei. Und der oberste russische
Verfassungsrichter Waleri Zorkin kritisierte vor Weihnachten, das
Urteil des Gerichtshofs zugunsten Alexejews lasse "wichtige Aspekte der
russischen Gesellschaft ausser Acht". Auch für Muslime sei
Homosexualität ein heikles Thema. "Was denken die sich in
Strassburg? Sitzen in ihrem Glaskasten und werfen mit Steinen auf
andere."
Einer Depesche der US-Botschaft in Frankreich zufolge, welche
kürzlich auf Wikileaks publik gemacht wurde, rügte der
französische Präsident Nicolas Sarkozy im September 2007
gegenüber Putin die Unterdrückung der russischen Schwulen.
Nicht nur Schwule, auch Bürgerrechtler und Oppositionelle
werden in Russland daran gehindert, zu demonstrieren. "Der Entscheid
des Gerichtshofs ist ein wichtiger Präzedenzfall", sagt Anna
Sevortian, Chefin des Moskauer Büros der
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. "Er besagt, dass
niemandem wegen seiner sexuellen Neigung das Recht auf
Versammlungsfreiheit verwehrt werden darf." Und auch nicht wegen der
politischen Überzeugung.
So verbrachte der Ex-Vize-Regierungschef und heutige
Oppositionsführer Boris Nemzow Silvester hinter Gittern, weil er
an einer unbewilligten Kundgebung teilnahm. Die Menschen in Russland
gehen mittlerweile auf die Strasse, um überhaupt demonstrieren zu
dürfen. Ob Schwule oder Oppositionelle - die Begründung der
Behörden für Demoverbote sind stets die gleichen: "Einmal
hiess es, das Trottoir sei zu schmal, und es gäbe
denkmalschützerische Bedenken", erzählt Alexejew.
Russlands Präsident Dmitri Medwedew wird kommende Woche das
World Economic Forum (WEF) in Davos mit einer Rede eröffnen, einen
Tag später wird der Gerichtshof in Strassburg detaillierte Zahlen
für das Jahr 2010 veröffentlichen. Bereits bekannt ist, dass
Ende November dort 142 550 Beschwerden hängig waren, wovon 28
Prozent Russland betrafen - obwohl die Russen nur 18 Prozent der
Gesamtbevölkerung der Gerichtshofstaaten ausmachen.
"Die russischen Behörden verstehen nur die Sprache der
Macht", sagt Alexejew. "Wenn du etwas von ihnen willst, musst du es
ihnen entreissen." Die Aktivistenlaufbahn wurde Alexejew nicht in die
Wiege gelegt. Er wuchs in einer Plattensiedlung im Norden von Moskau
auf, Vater und Mutter waren Ingenieure. "Mit zwölf Jahren wusste
ich, dass ich schwul bin. Ich war noch minderjährig. Der
Strafartikel betraf mich nicht."
Als Homosexualität legalisiert wurde, schwieg Alexejew. "Auf
dem Papier hatte sich etwas geändert, nicht aber in den
Köpfen. Ich wusste nicht, wie meine Eltern, die Verwandten und
Nachbarn reagieren würden." Solange er nach dem Prinzip "Frag
nicht und sag nichts" lebte, hatte er keine Probleme.
Die fingen vor neun Jahren an - mit seinem Coming-out. Alexejew
wollte in Jura promovieren. "Ich beschloss, meine Doktorarbeit
über die Rechte sexueller Minderheiten in Russland zu schreiben,
um meine eigenen Rechte zu kennen." Als er seinen Professoren das Thema
vorstellte, hatte er bereits die ganze Arbeit getippt. 400 Seiten. Die
Moskauer Staatsuniversität nahm die Arbeit nicht an, und Alexejew
ging zum ersten Mal vor Gericht - gegen die eigene Universität. Er
verlor.
Kein einziger Journalist kam zur Gründungsfeier von Gayrussia
"Schwule, das waren damals Sänger, die in Frauenkleidern im
Fernsehen auftraten", erinnert sich Alexejew, "ich wollte uns endlich
auf die politische Agen- da bringen." Er mietete einen Raum und
verschickte unzählige E-Mails. Kein einziger Journalist kam im Mai
2005 zur Gründungsfeier seiner Bewegung Gayrussia. Einen Monat
nach dem Medienflop kündigte er an, in Moskau die erste russische
Schwulenparade zu organisieren - und war plötzlich in allen Medien.
Ein Jahr später, die Moskauer Stadtverwaltung hatte gerade
die Parade verboten, kamen über hundert Journalisten an seine
Medienkonferenz, darunter ein Team des britischen TV-Senders BBC. Eine
kleine Gruppe, darunter Alexejew und prominente Aktivisten wie der
deutsche Bundestagsabgeordnete Volker Beck oder der britische
Bürgerrecht- ler Peter Tatchell, demonstrierte im Mai 2006 trotz
Verbot in der Moskauer Innenstadt. Den rund sechzig Aktivisten standen
mehrere Hundert Gegendemonstranten gegenüber. Rechtsextreme und
radikal-orthodoxe Schlägertrupps gingen auf die Protestierenden
los. Bilder mit Becks blutig geschlagenem Gesicht gingen um die Welt.
Seither versuchte Alexejew Jahr für Jahr, eine Parade zu
organisieren und scheiterte jedes Mal am Widerstand der russischen
Behörden.
Die Unnachgiebigkeit Russlands bekam Alexejew im vergangenen
September erneut zu spüren, als er von Moskau nach Genf reisen
wollte. Kurz vor dem Einsteigen ins Flugzeug verhaftete ihn die
Flughafenpolizei: "Eine Begründung nannte man nicht." Man habe ihn
einer anderen Einheit übergeben. Die hätte ihn aus der Stadt
gebracht und in einem fensterlosen Raum festgehalten. "Sie verlangten,
dass ich meine Beschwerde zurückziehe." Nach zwei Tagen liess man
ihn gehen. Bis heute wisse er nicht, wer hinter der Entführung
stehe. "Danach hätte ich am liebsten alles hingeschmissen",
beschreibt Alexejew seinen Frust. "Aber wenn ich nicht weitermache,
gewinnen sie am Ende."
Die Grosse Kammer des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte hat jetzt drei Monate Zeit, das russische Begehren zu
prüfen. Alexejew hofft, dass dies vor Anfang Mai und zu seinen
Gunsten geschehen wird, also bevor die sechste Moskauer Schwulenparade
stattfinden soll.
"Wenn nicht", sagt Alexejew, "gehen wir trotzdem auf die Strasse."
Die Recherchen für diesen Beitrag waren Teil einer
Diplomarbeit am Schweizer Medienausbildungs- zentrum (Maz).
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NESTLÉ
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WoZ 20.1.11
Kolumbien
Wer sich organisiert, ist in Lebensgefahr
In kaum einem Land werden so viele GewerkschafterInnen ermordet
wie in Kolumbien. Mit der neuen Regierung ändert sich bei der
Verfolgung regimekritischer Personen nur der Umgangston.
Von Werner Hörtner, Bogotá (TEXT UND FOTO)
Während der Regen des täglichen Wintergewitters an die
Fensterscheiben prasselt, erzählt Jessica Hoyos Morales die
Geschichte von der Ermordung ihres Vaters vor fast zehn Jahren. Jorge
Darío Hoyos Franco hatte seine Tätigkeit bereits in jungen
Jahren in LandarbeiterInnengewerkschaften begonnen, arbeitete mit
StudentInnen- und Frauenorganisationen zusammen und war später in
der Internationalen Vereinigung der MinenarbeiterInnen aktiv. Am 3.
März 2001 erschossen ihn in Bogotá zwei Angehörige
paramilitärischer Gruppen, nachdem er wegen seines Engagements
zuvor jahrelang Drohungen erhalten hatte.
Die Mörder wurden verhaftet und 2003 zu langen Haftstrafen
verurteilt. Jessica Hoyos besuchte einen der beiden mehrmals im
Gefängnis. "Das war nicht einfach, aber ich wollte unbedingt die
Wahrheit herausfinden", erzählt sie. Hoyos war zum Zeitpunkt der
Tat sechzehn Jahre alt und hatte gerade ihr Rechtsstudium begonnen. Sie
ist Mitgründerin der Bewegung "Söhne und Töchter
für die Erinnerung und gegen die Straflosigkeit" und arbeitet
heute im Anwaltskollektiv José Alvear Restrepo (CCAJAR), wo sie
auf Arbeitsrecht spezialisiert ist.
Ihre Recherchen über die Auftraggeber und die
Hintergründe der Ermordung ihres Vaters führten zu einer
Wiederaufnahme der Ermittlungen und zu einem Strafprozess. Der
angeklagte Hintermann, ein ehemaliger Polizeioffizier, konnte jedoch
nie verhaftet werden und wurde 2007 in Abwesenheit zu vierzig Jahren
Haft wegen Mordes an Darío Hoyos verurteilt. Die Regierung
feierte das Urteil als grossen Erfolg der Justiz. Nur durch Zufall fand
Jessica Hoyos später heraus, dass der gesuchte Polizist zum
Zeitpunkt des Urteils nicht mehr lebte. Er war bereits 2006 verstorben
- die Staatsanwaltschaft hatte einen Toten verurteilt.
Hinzu kommt, dass die Staatsanwaltschaft trotz der Urteile noch
bis 2008 an der Hypothese festhielt, dass es sich beim Mord an
Darío Hoyos um ein Beziehungsdelikt handle und das Verbrechen
nichts mit seiner gewerkschaftlichen Arbeit zu tun habe. Der für
den Fall zuständige Sonderrichter José Emilio
Sánchez kritisierte diese in Kolumbien weitverbreitete Praxis
des Justizwesens, bei Verbrechen gegen GewerkschafterInnen die
Ermittlungen in eine falsche Richtung zu lenken. Der Zweck dieser
Praxis ist es, eine Verurteilung der wahren DrahtzieherInnen zu
verhindern, die in vielen Fällen Mitglieder der Regierung, der
Sicherheitskräfte oder des staatlichen Geheimdienstes DAS sind.
2694 Morde in 24 Jahren
Die Zahlen sprechen für sich: Laut einer Statis tik der
Nationalen Gewerkschaftsschule ENS wurden zwischen 1986 und 2009 in
Kolumbien 9911 Gewaltakte gegen Gewerkschafter Innen verzeichnet, davon
2694 Morde. Nur in vierzig Prozent der Mordfälle kam es
überhaupt zu Ermittlungen - in denen gerade mal neunzig Urteile
gefällt wurden. Die linke Einheitsgewerkschaft CUT schätzt,
dass zudem rund 200 weitere GewerkschaftsaktivistInnen auf
ungeklärte Weise verschwunden sind.
Kolumbien weist heute den niedrigsten Grad der gewerkschaftlichen
Organisation in ganz Lateinamerika auf. Von den achtzehn Millionen
Arbeitenden in Kolumbien haben nur drei Millionen einen Arbeitsvertrag.
Nur diesen drei Millionen ist es gesetzlich erlaubt, sich
überhaupt gewerkschaftlich zu organisieren - und weniger als ein
Drittel der Beschäftigten mit einem Arbeitsvertrag sind in einer
Gewerkschaft. Hinzu kommen Hindernisse bei der Bildung einer
Gewerkschaft: 2007 verweigerte die Regierung 253 Gewerkschaften die
Registrierung.
Doch nicht nur rechtliche Hürden erschweren die
gewerkschaftliche Organisation. In den vergangenen acht Jahren der
Regierung des ehemaligen Präsidenten Álvaro Uribe hat die
Kriminalisierung des sozialen Protests massiv zugenommen. So wurden
Friedens- und MenschenrechtsaktivistInnen, KleinbäuerInnen,
ethnische Minderheiten und GewerkschafterInnen von der Regierung als
SympathisantInnen der Guerilla und als "politische Handlanger des
Terrorismus" diffamiert, bedroht und juristisch verfolgt (vgl. Text
"Die Imagepflege des Juan Manuel Santos").
"Heutzutage sind so gut wie alle Gewerkschafter in Kolumbien
schon einmal bedroht worden, und auf viele wurden Attentate
verübt", sagt die Anwältin Hoyos. "Unter diesen
Umständen ist an eine normale gewerkschaftliche Tätigkeit
nicht zu denken." Nur in den wenigsten Fällen handelt es sich bei
den TäterInnen um Angehörige der Guerilla. In einer Studie
von 2007 über die Verfolgung von GewerkschafterInnen in Kolumbien
zeigte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, dass in 49
Prozent der Fälle Paramilitärs die Tat begangen haben. In 43
Prozent waren staatliche Sicherheitskräfte dafür
verantwortlich und nur in 2 Prozent die Guerilla.
"Die Morde an Gewerkschaftern sind die Folge einer systematischen
Politik des Staats", sagt Jessica Hoyos. So habe die Arbeit ihres
Vaters die politischen und wirtschaftlichen Interessen von
RegionalpolitikerInnen, mächtigen Landbesitzern und
Armeemitgliedern bedroht.
Nestlé und die Paramilitärs
Besonders gefährlich wird es für Gewerkschaften aber
dann, wenn sie sich gegen den Abbau von Arbeitsrechten einsetzen oder
die Politik der transnationalen Konzerne im Land anprangern. Der Fall
des Schweizer Nahrungsmittelkonzerns Nestlé ist ein
Paradebeispiel dafür, wie internationale Konzerne mit staatlichen
Institutionen und den Paramilitärs zusammenarbeiten. So hatte
Salvatore Mancuso - der inhaftierte frühere
Oberkommandierende des paramilitärischen Dachverbands
AUC - 2007 ausgesagt, dass seine Einheiten von
verschiedenen Unternehmen finanziert worden seien, darunter auch von
der Nestlé-Milchpulverfabrik Cicolac in Valledupar im Norden des
Landes.
Die Nestlé-Beschäftigten sind in der
Lebensmittelgewerkschaft Sinaltrainal organisiert. Seit der
Gründung von Sinaltrainal 1982 wurden achtzehn AktivistInnen wegen
ihrer gewerkschaftlichen Tätigkeiten ermordet, zwei sind bis heute
verschwunden. Immer wieder erhalten die GewerkschaftsführerInnen
und ihre Familien Morddrohungen. So auch letzten September.
Nach einem Aktionstag zum Gedenken an die Ermordung des
Gewerkschafters Luciano Romero 2005 wurden in Bugalagrande, einem
weiteren Standort von Nestlé Kolumbien, Flugblätter der
paramilitärischen Gruppe Águilas Negras verteilt (siehe WOZ
Nr. 44/10). Die Paramilitärs drohten darin, die
GewerkschafterInnen und ihre Familien "zu beseitigen". Einige der
namentlich genannten Gewerkschafter stehen unter dem Schutz der
Interamerikanischen Menschenrechtskommission.
Der Mord an Luciano Romero ist einer der bekanntesten Fälle
in der Kontroverse um Nestlés Verstrickungen mit den
Paramilitärs. Zum einen, weil es im Mordprozess mehrere Urteile
gab, zum anderen, weil die Aufklärung des Verbrechens dank der
Begleitung durch die Internationale Arbeitsorganisation ILO relativ
weit fortgeschritten ist. Der Gewerkschafter Luciano Romero war von
Nestlé 2002 entlassen worden, weil er an einem Streik
teilgenommen haben soll - der alledings nie stattgefunden hat. Dennoch
blieb Romero weiterhin für Sinaltrainal aktiv. Im Herbst 2005
hätte er in die Schweiz reisen sollen, um in Bern an einer
Anhörung zur Politik von Nestlé in Kolumbien teilzunehmen.
Am 10. September wurde Romero in Valledupar von einem Kommando der
Paramilitärs entführt und in derselben Nacht ermordet.
Im Fall Romero gibt es bisher acht Festnahmen und vier Urteile.
Drei ehemalige Paramilitärs und ein DAS-Informant erhielten hohe
Haftstrafen. Gegen zwei DAS-Agenten und zwei hochrangige
Paramilitärs läuft noch ein Verfahren. Auch gegen sechs
leitende An gestellte von Nestlé Kolumbien wurden Untersuchungen
angestellt - doch bisher ist noch keiner von der Staatsanwaltschaft
vorgeladen worden. "Der Konzern hat mittlerweile die meisten von ihnen
auf hohe Posten in anderen Ländern befördert", sagt Edgar
Paéz, interna tionaler Sekretär von Sinaltrainal,
gegenüber der WOZ.
Doch nicht nur GewerkschafterInnen sind in Kolumbien in Gefahr.
So kam es Anfang September vor dem Sitz des Anwaltskollektivs CCAJAR im
Zentrum von Bogotá zu einer grossen Demonstration. Die Gruppe
Nationalistische Bewegung von Kolumbien hatte auf Bannern die
"Auslöschung" des CCAJAR gefordert. "Wir haben gesehen, dass bei
der Demonstra tion Familienmitglieder von Militärs dabei waren,
Angehörige verschiedener Geheimdienste und der extremen Rechten",
sagt die Anwältin Jessica Hoyos. Wenige Tage später wurden
mehrere MitarbeiterInnen des Anwaltsbüros telefonisch mit dem Tod
bedroht.
--
Kolumbiens neuer Präsident
Die Imagepflege des Juan Manuel Santos
Im August 2010 übernahm Juan Manuel Santos die
Präsidentschaft von seinem Mentor Álvaro Uribe
Vélez. In den acht Jahren von Uribes rechtsautoritärer
Herrschaft haben die Angriffe auf soziale Bewegungen,
Menschenrechtsorganisationen, regimekritische Aktivisten und
Journalistinnen sowie Gewerkschaften stark zugenommen. Die
paramilitärischen Gruppen wurden vom Staat gezielt gegen jene
eingesetzt, die bessere Arbeitsbedingungen und die Respektierung der
Menschenrechte forderten. Laut Iván Cepeda,
Menschenrechtsaktivist und Parlamentsabgeordneter der Linkspartei Polo
Democrático, verfügte Uribe dennoch über eine sehr
solide Basis im Establishment, da die meis ten Parteien im Parlament
seine Politik unterstützten.
Im Wahlkampf hatte Santos - der von 2006 bis 2009
Verteidigungsminister war -stets betont, die Politik seines
Vorgängers fortzusetzen. Es ist anzunehmen, dass er seine
Versicherung, nicht "in den Rückspiegel zu schauen", ernst gemeint
hat. Mit ein Grund dafür dürften Santos' eigene Verwicklungen
in Uribes mafiöse Machtstrukturen sein. Dennoch mehren sich die
Anzeichen einer Entzweiung zwischen den beiden. Im Gegensatz zu Uribe
scheint Santos auch auf die Kooperation mit den Grünen und anderen
Linksparteien zu setzen. Zudem scheint er sich beispielsweise bei der
Aussenpolitik vom harten Kurs seines Vorgängers abzugrenzen und
zumindest rhetorisch seiner Regierung vermehrt einen zivilisierten,
demokratischen Anstrich geben zu wollen.
Mit zu dieser Imagepflege gehört die Wahl seines
Vizepräsidenten Angelino Garzón, der in den achtziger
Jahren Vorsitzender des Gewerkschaftsdachverbands CUT war, bevor er in
die Politik ging und unter anderem als Arbeitsminister und Gouverneur
der im Wes ten des Landes gelegenen Provinz Valle del Cauca amtierte.
Ideologisch hat sich der einst kommunistische Gewerkschafter von seinen
früheren Weggefährten entfernt, setzt sich nach eigenen
Aussagen aber immer noch für deren Anliegen ein.
2009 bemühte Garzón sich als Botschafter bei der
Internationalen Arbeitsorganisation ILO in Genf, Kolumbiens
angeschlagenen Ruf zu retten. So ist es denn auch seiner Lobby arbeit
zuzuschreiben, dass die ILO Kolumbien 2010 das erste Mal seit 21 Jahren
von ihrer jährlichen "schwarzen Liste" jener Länder
gestrichen hat, in denen die Rechte der ArbeiterInnen besonders schwer
missachtet werden. Laut einem Bericht der kolumbianischen Regierung
sind 2009 "nur" 28 GewerkschafterInnen getötet worden. Der
Internationale Gewerkschaftsbund IGB spricht hingegen von 48 Ermordeten.
Im Februar will sich nun eine ILO-Kommission vor Ort über
die Lage der Gewerkschaftsbewegung informieren.
Werner Hörtner
-
Dieser Artikel wurde ermöglicht durch den Recherchierfonds
des Fördervereins ProWOZ. Dieser Fonds unterstützt
Recherchen und Reportagen, die die finanziellen Möglichkeiten der
WOZ übersteigen. Er speist sich aus Spenden der WOZ-Leser
Innen.
Förderverein ProWOZ, Postfach, 8031 Zürich, PC
80-22251-0
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MIGRATION CONTROL
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NZZ am Sonntag 23.1.11
Flüchtlingspolitik der EU in Frage gestellt
Die Rückführung von Asylbewerbern nach Griechenland
gilt als menschenrechtswidrig. Das Dublin-Verfahren, zentrales Element
der EU-Asylpolitik, kommt unter Druck.
Marianne Truttmann, Brüssel
Gerichtsurteile, welche die Asylverfahren in Griechenland als
menschenrechtswidrig anprangern, stellen das Dublin-II-Abkommen zur
Regelung des Asylverfahrens in Europa zunehmend in Frage. So hat der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg am
Freitag entschieden, dass Belgien einen afghanischen Asylbewerber nicht
nach Griechenland hätte abschieben dürfen. Und im Vorgriff
auf ein drohendes Verfassungsgerichtsurteil beschloss Deutschland
bereits Anfang Woche, die Rückführungen nach Griechenland
für ein Jahr zu stoppen. Irland und Grossbritannien wiederum
lassen durch den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg
klären, ob Abschiebungen nach Griechenland zulässig sind.
Gemäss dem Text von Dublin II müssen Asylgesuche von
dem Land behandelt werden, in dem ein Flüchtling zuerst ankommt.
Damit wollte die EU das sogenannte Asyl-Shopping vermeiden, also das
Stellen von Asylanträgen in mehreren Staaten. Werden Asylbewerber,
die nach Ablehnung ihres Gesuchs weiterziehen, aufgegriffen,
können sie in das Erstaufnahmeland zurückgeschafft werden.
Dieses System belastet naturgemäss die südlichen und
östlichen Staaten an den EU-Aussengrenzen übermässig
stark.
Griechenland steht seit Jahren in der Kritik insbesondere vom
Flüchtlingshochkommissariat UNHCR der Vereinten Nationen, weil das
Asylverfahren dort wesentliche Mängel aufweise. Der von Belgien
zurückgeschickte Afghane beispielsweise wurde bei seiner Ankunft
drei Tage lang zusammen mit 20 anderen Personen in einen kleinen Raum
eingeschlossen, ohne genügend Frischluft und ohne saubere
Schlafmöglichkeit. Anschliessend wurde er ohne Mittel für
seinen Unterhalt und ohne klare Aufklärung über das weitere
Verfahren auf die Strasse gesetzt.
Die südlichen EU-Staaten verlangen seit langem, dass die
Lasten der Asylverfahren stärker auf alle Dublin-Staaten verteilt
werden. Die nördlichen Länder, vor allem Deutschland, wehren
sich aber vehement dagegen. Deutschland argumentiert damit, man habe
vor der Einführung von Dublin II den grössten Teil der
Flüchtlinge, damals aus dem Osten, alleine übernommen.
Nach dem neuesten Urteil aus Strassburg setzte das
Schwarzpeterspiel unter EU-Staaten und -Institutionen erneut ein. Der
deutsche EU-Parlamentarier Manfred Weber von den Konservativen warf der
EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström vor, bei der Umsetzung von
EU-Asylstandards in Griechenland untätig zu sein. Diese verwies
auf die grosse finanzielle Hilfe für Griechenland, das 2010 rund
47 000 Flüchtlinge verzeichnete. So erhält das Land für
die Zeit von 2007 bis 2011 aus den EU-Kassen einen Betrag von über
170 Millionen Euro für die Flüchtlingsbetreuung. Zudem hat
die EU wegen des Flüchtlingsstroms aus der Türkei
europäische Grenzschützer der Agentur Frontex entsandt.
Politisch chancenlos ist derzeit der Vorschlag der EU-Kommission,
den Mechanismus von Dublin II bei ausserordentlichen Umständen,
etwa einem grossen Flüchtlingszustrom, auszusetzen. Eine Mehrheit
der EU-Innenminister ist dagegen. Auch der EU-Parlamentarier Weber
bekräftigt: "Dublin II ist ein funktionierendes System und
Rückgrat der EU-Asylpolitik. Daran darf im Grundsatz nicht
gerüttelt werden."
--
Rückführungen nach Griechenland
Schweiz entscheidet bis Februar über einen Stopp
Das Bundesamt für Migration (BfM) schickt aufgrund der
bekannten Missstände seit fast zwei Jahren keine verletzlichen
Personengruppen - also Betagte, Familien mit minderjährigen
Kindern und Personen, die auf medizinische Hilfe angewiesen sind -
zurück nach Griechenland. "Wir prüfen derzeit, ob
Überstellungen nach Griechenland im Rahmen des Dublin-Verfahrens
ganz ausgesetzt werden sollen", sagt BfM-Sprecherin Marie Avet. Ein
Entscheid werde bis Februar erwartet. Das Bundesverwaltungsgericht
plant zeitgleich ein Grundsatzurteil zur Zumutbarkeit von
Überstellungen von Asylsuchenden nach Griechenland, wie ein
Sprecher bestätigt.
Im Februar 2010 hatte das Bundesverwaltungsgericht bereits
entschieden, die bisher gemäss Dublin-Verfahren praktizierte
sofortige Abschiebung nach Griechenland sei unzulässig. Seither
muss bei einem Nichteintretensentscheid eine Ausreisefrist von
fünf Tagen sowie die Möglichkeit, ein Rechtsmittel zu
ergreifen, gewährt werden. Innerhalb von weiteren fünf Tagen
muss sodann über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde
entschieden werden.
Im letzten Jahr hat die Schweiz im Dublin-Verfahren 50
Asylbewerber nach Griechenland überstellt. In 422 Fällen
erhielt die Schweiz von Griechenland die Zusicherung zur Übernahme
des Verfahrens, die Überstellung ist aber aufgrund von
Rekursfristen noch nicht erfolgt. (brk.)
---
Bund 22.1.11
Ein vernichtendes Zeugnis
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
hält Überstellungen von Asylbewerbern nach Griechenland
für "unmenschlich und erniedrigend".
Stephan Israel, Brüssel
Griechenland ist die Lücke in der Festung Europa. Wer den
Fluss Evros an der griechisch-türkischen Grenze überquert,
hat es in die Europäische Union geschafft. Auch der Afghane M. S.
S. kam 2009 auf diesem Weg und reiste Richtung Norden weiter, um in
Belgien einen Asylantrag zu stellen. Weil Griechenland das Einreiseland
war, ordnete Belgien jedoch die Überstellung nach Athen an, wo das
Asylgesuch des Afghanen geprüft werden sollte.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
verurteilte gestern sowohl Griechenland als auch Belgien. Beide
Länder müssen dem Afghanen Schadenersatz von mehr als 25 000
Euro bezahlen. Die Bedingungen für Asylbewerber seien in
Griechenland "unmenschlich und erniedrigend", befanden die Richter.
Belgien wurde verurteilt, weil es den Afghanen zurückgeschickt
hatte, obwohl die erniedrigenden Haft- und Lebensbedingungen in
Griechenland allgemein bekannt gewesen seien.
Der Afghane kam zuerst in ein überfülltes Zelt und
lebte später auf der Strasse. Der Kläger habe in Griechenland
monatelang in extremer Armut leben müssen und sei nach eigenen
Angaben von der Polizei geschlagen worden, schreiben die Richter in
ihrem Urteil. Die Behörden des Landes seien nicht in der Lage,
für Grundbedürfnisse wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft
aufzukommen. Die Regierung in Athen habe selber eingeräumt,
für Zehntausende Asylbewerber über weniger als tausend
Plätze in Aufnahmezentren zu verfügen.
Die Richter stellen die griechischen Behörden als
hoffnungslos überfordert dar. Sie seien nicht in der Lage,
Asylverfahren zügig durchzuführen. Mit ihrem vernichtenden
Urteil stellen die Hüter über die Menschenrechte einen
Pfeiler der Asylpolitik der EU infrage: Belgien schickte den Afghanen
nämlich gestützt auf die Dublin-II-Verordnung in das Land
zurück, über das er auf EU-Territorium gelangt war. "Dublin"
war einst beschlossen worden, um das sogenannte Asyl-Shopping zu
unterbinden. Seit dem Schengen-Beitritt kann auch die Schweiz
Asylbewerber ins Land der Ersteinreise zurückschicken.
Die Richter anerkennen zwar in ihrem Urteil, "dass der wachsende
Zustrom von Einwanderern und Asylsuchenden die Staaten an den
EU-Aussengrenzen derzeit stark belastet und vor erhebliche
Schwierigkeiten stellt". Das Verbot erniedrigender Behandlung gehe aber
vor. Der Einwanderungsdruck auf Griechenland nahm zu, nachdem Italien
mit Libyen ein umstrittenes Rückführungsabkommen
abgeschlossen hatte.
Das Urteil dürfte die Spannungen innerhalb der EU
verschärfen. Mittelmeeranrainer wie Griechenland, Malta und
Spanien drängen auf eine Revision von "Dublin" und auf mehr
Solidarität bei der Verteilung der Asylbewerber. Bereits vor dem
Urteil haben Island, Schweden, Grossbritannien und Norwegen
Überstellungen gestoppt. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr
knapp 1000 Asylbewerber aus Schengen-Staaten nach Griechenland
zurückgeschickt, 50 davon aus der Schweiz. Deutschland und Belgien
kündigten gestern an, vorerst keine Asylbewerber mehr nach
Griechenland zu schicken. Die Schweizer Behörden prüfen
derzeit noch ihre Praxis.
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Südostschweiz 22.1.11
25 000 Euro Schadenersatz wegen Rückschaffung
Der Gerichtshof für Menschenrechte hat zwei EU-Staaten
verurteilt: Belgien hätte einen Flüchtling nicht nach
Griechenland zurückschicken dürfen, weil dort "erniedrigende"
Bedingungen herrschen.
Strassburg. - Der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte geht hart ins Gericht mit den Haft- und
Lebensbedingungen für Asylbewerber in Griechenland; diese seien
"unmenschlich und erniedrigend". Gleichzeitig verurteilt der
Gerichtshof Belgien: Ein afghanischer Asylbewerber, den Belgien 2009
nach Griechenland überstellte, hätte nicht dorthin
zurückgeschickt werden dürfen. Die Strassburger Richter
erklären in ihrem gestrigen Urteil, Belgien habe damit "gegen das
Verbot menschenunwürdiger Behandlung" verstossen, denn die
Mängel im griechischen Asylsystem seien den belgischen
Behörden bekannt gewesen.
Belgien zahlt den Löwenanteil
Die beiden Länder müssen dem Kläger zusammen rund
25 000 Euro Schadenersatz zahlen, wobei auf Belgien mit 24 900 Euro der
Löwenanteil entfällt. Griechenland muss nach dem
Richterspruch "den Asylantrag ohne Verzögerung und im Einklang mit
der Menschenrechtskonvention prüfen" und darf den Afghanen "bis
Abschluss dieser Prüfung nicht abschieben".
Der Flüchtling, der über die menschenunwürdigen
Zustände in griechischen Aufnahmelagern geklagt hatte, war
über Griechenland nach Belgien gereist, wo er 2009 einen
Asylantrag stellte. Er war noch im selben Jahr nach Griechenland
abgeschoben worden, das mit dem Ansturm von Asylbewerbern
überfordert ist.
Schweiz prüft Rückschaffungsstopp
Die Abschiebung erfolgte nach der Dublin-Verordnung, die
vorsieht, dass Asylsuchende dorthin zurückgeschickt werden, wo sie
ihren ersten Asylantrag gestellt haben. Deutschland, Island, Schweden,
Norwegen und Grossbritannien haben Rückführungen nach
Griechenland aus humanitären Gründen vorübergehend
gestoppt. Die Schweiz verfolgt die Praxis, dass verletzte,
minderjährige oder alte Personen nicht nach Griechenland
zurückgeschafft werden. Eine Ausweitung des
Rückführungsstopps wird in Bern derzeit geprüft. (sda)
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NZZ 22.1.11
Mehr Schutz in der EU für Asylbewerber
Wegweisendes Strassburger Urteil
(ddp) · Wegen der unzumutbaren Verhältnisse für
Asylbewerber in Griechenland ist es nach einem Urteil des
Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes illegal, Asylbewerber aus
EU-Ländern nach Griechenland zurückzuschicken. In dem Land,
das mit einem massiven Ansturm von Flüchtlingen zu kämpfen
hat, würden das Verbot unmenschlicher Behandlung (Artikel 3) und
das Recht auf Beschwerde (Artikel 13) in der Menschenrechtskonvention
verletzt, urteilen die Strassburger Richter. Mit der Entscheidung hatte
die Beschwerde eines afghanischen Asylbewerbers Erfolg, der 2009 von
Belgien nach Griechenland überstellt wurde. Die EU-Kommission will
ein Moratorium erreichen, so dass Flüchtlinge innerhalb der EU
aufgeteilt werden, wenn bestimmte Länder durch eine
Asylbewerberwelle überlastet sind wie derzeit Griechenland.
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St. Galler Tagblatt 22.1.11
Gerichtshof urteilt gegen EU-Asylpolitik
Strassburg. Belgien hätte 2009 einen afghanischen
Asylbewerber nicht nach Griechenland abschieben dürfen, befand
gestern der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR). Die Strassburger Richter kritisierten in ihrem Urteil die
Bedingungen für Asylbewerber in Griechenland als "unmenschlich und
erniedrigend". Belgien habe gegen das Verbot menschenunwürdiger
Behandlung verstossen, denn die Mängel im griechischen Asylsystem
seien bekannt gewesen.
Beide Länder müssen dem Flüchtling, der über
menschenunwürdige Zustände in griechischen Aufnahmelagern
geklagt hatte, zusammen rund 25 000 Euro Schadenersatz zahlen.
Griechenland muss nun den Asylantrag neu prüfen und darf den Mann
bis dahin nicht ausweisen.
Er war über Griechenland nach Belgien gereist, wo er einen
Asylantrag gestellt hatte und daraufhin aufgrund der Dublin-Verordnung
abgeschoben wurde. Diese Verordnung könnte nun durch das Urteil in
Frage gestellt werden, denn sie enthält die sogenannte
Rückübernahme-Klausel. Sie sieht vor, dass Asylsuchende in
das "Erstland" zurückgeschickt werden, also in jenen Staat, in dem
sie ihren ersten Asylantrag gestellt haben. Diese Klausel ist auch in
der EU umstritten, insbesondere die Frage, ob Länder von der
Rückübernahme ausgenommen werden können. (dpa)
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ANTI-ATOM
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20min.ch 22.1.11
Atom-Abstimmung: Werbeverbot für Greenpeace
Greenpeace darf am Fernsehen nicht für erneuerbare Energien
werben, weil Bern über das AKW Mühleberg abstimmt. Der Spot
könnte die Stimmbürger beeinflussen.
Lukas Mäder
Bakom will keine Energie-Werbung am TV sehen
Weil Bern abstimmt, darf Greenpeace nicht werben
Weil Bern über das AKW Mühleberg abstimmt, dürfen
die Umweltschützer im TV nicht für erneuerbare Energien
werben. Der Spot könnte die Stimmbürger beeinflussen.
Die Schweiz steckt mitten in einer Atom-Diskussion. Das hat auch
Greenpeace zu spüren bekommen. Die Umweltschutzorganisation wollte
für ihre jährliche Aktion zur Mitgliederwerbung einen TV-Spot
im Schweizer Fernsehen aussenden. Dieser ist keineswegs provokant. Er
zeigt anfangs Bilder ein korrodierendes Fass mit Atommüll,
unterlegt mit düsteren Tönen, bevor zu optimistischer Musik
die lichte Zukunft mit erneuerbaren Energien beschworen wird. So
konventionell - so harmlos. Doch das Bundesamt für Kommunikation
(Bakom) lässt eine Ausstrahlung dieser Werbung nicht zu, wie
Greenpeace-Sprecherin Franziska Rosenmund sagt. Deshalb zeigt die
Umweltschutzorganisation den Spot nun in einigen Schweizer Kinos und
auf mehreren News-Websites mit dem Hinweis "Was wir am Fernsehen nicht
zeigen dürfen, sehen Sie hier...".
Anlass für diesen Streit ist die Konsultativabstimmung vom
13. Februar im Kanton Bern über das Kernkraftwerk Mühleberg.
Der Greenpeace-Spot könnte laut Bakom vor diesem Hintergrund als
politische Werbung aufgefasst werden - obwohl die Umweltorganisation
keinen direkten Bezug zur Abstimmung nimmt. Politische Werbung ist laut
Radio- und Fernsehgesetz im Zusammenhang mit Volksabstimmungen
unzulässig. Über diese Argumentation ist Greenpeace
verwundert. "Angesichts des harmlosen Spots ist der Entscheid des Bakom
reichlich unverständlich und hart", sagt Rosenmund. Dem Werbefilm
sei einzig der Zeitpunkt der geplanten Ausstrahlung zum Verhängnis
geworden. Im Hinblick auf eine ganze Reihe von Volksabstimmungen zur
Atomkraft, die auf die Schweiz zukommen werden, sagt Rosenmund: "Damit
muss sich das Bakom die Grundsatzfrage stellen, ob es ab jetzt
sämtlichen Verlautbarungen zu Energiefragen einen Maulkorb
verpassen will."
Unverbindliche Einschätzung
Das Bakom wehrt sich gegen den Vorwurf, dass es den Spot nicht
zugelassen habe. "Wir haben den Spot nicht verboten", sagt Sprecherin
Deborah Murith. Das Bakom habe auf Anfrage eine Einschätzung
vorgenommen. "Wir kamen zum Schluss, dass der Spot wegen der aktuellen
Abstimmung in Bern heikel sein könnte", sagt sie. Solche
Einschätzungen nehme das Bakom immer wieder vor, rund zehn Mal
jährlich. Dies sei beispielsweise auch vor den Abstimmungen
über das Minarettverbot oder die Ausschaffungsinitiative der Fall
gewesen, wie Murith sagt. Eine rechtlich verbindliche Prüfung
nehme das Bakom erst nach einer Ausstrahlung vor.
Zwar ist die Einschätzung des Bakom rechtlich unverbindlich,
faktisch entspricht sie jedoch einem Sendeverbot. Denn die
Verantwortung für das Ausstrahlen von Werbespots trägt die
Konzessionsnehmerin, beim Schweizer Fernsehen also die SRG. Sie
würde bei einem Verstoss gebüsst und müsste
möglicherweise die Einnahmen zurückzahlen. Deshalb sei in den
letzten Jahren nie entgegen einer Empfehlung des Bakom gesendet worden,
sagt Othmar Stadelmann von Publisuisse, der exklusiven Vermarkterin der
SF-Werbeplätze. Publisuisse prüft im Auftrag der SRG jede
Werbung, die bei ihr eingeht. Bei unklaren Fällen spricht man sich
mit den SRG-Juristen ab und gelangt allenfalls für eine
Einschätzung an das Bakom. Dies war auch beim Greenpeace-Spot der
Fall, wobei sowohl Publisuisse wie auch die SRG zum Schluss kamen, dass
er heikel sein könnte. Da das Bakom diese Bedenken teilte, lehnte
die SRG eine Ausstrahlung ab. Laut Stadelmann besteht kein Anrecht
darauf, dass ein Spot gesendet wird.
Gilt für die ganze Schweiz
Kurioserweise beeinflusst die kantonale Berner Abstimmung die
Fernsehwerbung der ganzen Schweiz. Laut Stadelmann unterscheidet das
Gesetz nicht zwischen nationalen, kantonalen oder kommunalen
Abstimmungen. Wird ein Spot als politische Werbung eingestuft, gilt
dies schweizweit. Der Bezug zur Berner Abstimmung wäre also auch
gegeben, wenn der Greenpeace-Spot auf einem Ostschweizer oder Tessiner
Regionalsender ausgestrahlt wird. Es könnte sein, dass jemand den
Spot dort sieht, aber in Bern abstimmt, erläutert der Jurist
Stadelmann. Deshalb könnte eine Beeinflussung des politischen
Meinungsbildungsprozesses nicht ausgeschlossen werden.
Für Greenpeace bleiben wegen der Berner Abstimmung nur
Webseiten, um den Spot zu zeigen. Ein Trost für die
Umweltschutzorganisation mag sein, dass nicht nur Gegner der
Kernkraftwerke betroffen sind, sondern auch Befürworter. Der
Energiekonzern Alpiq, der an den Atomkraftwerken in Gösgen und
Leibstadt beteiligt ist, muss laut "Beobachter Online" ebenfalls auf
die Ausstrahlung eines Spots verzichten, mit dem er für eine
Kombination aus Atomenergie und erneuerbaren Energien werben wollte.
Der als heikel eingeschätzte Spot von Greenpeace:
http://www.20min.ch/videotv/?vid=189146&cid=3
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Bund 22.1.11
Bieler Stadtrat will aus Atomenergie aussteigen
Ein Postulat, das mittelfristig eine Stromversorgung ohne
Atomenergie und keine Beteiligung an Atomkraftwerken des Energie
Service Biel wünscht, hat der Bieler Stadtrat am späten
Donnerstagabend erheblich erklärt. Der Vorstoss war von
Grünen und Sozialdemokraten als Motion eingereicht worden. Der
Gemeinderat hatte jedoch in seiner Antwort argumentiert, für einen
bindenden Beschluss sei es zu früh. Erst müssten die
Konsequenzen analysiert werden, insbesondere hinsichtlich der Frage,
aus welchen Quellen der Strom kommen soll.
Die grüne Energiedirektorin Barbara Schwickert hatte im
November dem "Bund" gesagt, sie halte einen Atomausstieg bis 2030 oder
35 grundsätzlich für möglich. Bereits heute bezieht die
Stadt rund die Hälfte des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen.
In der Stadt Bern, die den Atomausstieg bereits beschlossen hat, ist es
lediglich ein Drittel.
Gegen den Willen der Exekutive überwies der Stadtrat am
Donnerstag ein zweites Postulat, das den Gemeinderat einlädt,
seine Haltung gegenüber der unbefristeten
Betriebsverlängerung für Mühleberg zu klären, die
Bevölkerung über mögliche Gefahren zu informieren und
dem Solidaritätskomitee "Mühleberg Ver-Fahren"
beizutreten.(sda/rw)
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Bund 22.1.11
Wandfluh, Michel, Kernen & Co. werben für Mühleberg II
Zwei Wochen nach einem Auftritt von verschiedenen Unternehmern
gegen ein neues Atomkraftwerk Mühleberg sind gestern Freitag nun
auch Berner Wirtschaftsvertreter vor die Medien getreten, welche
Mühleberg II befürworten. Sie hoben vor allem den Wert eines
Kernkraftwerks für die bernische Wirtschaft hervor.
Das AKW garantiere "weit über 1300 Arbeitsplätze" und
Steuereinnahmen von über 70 Millionen Franken, schreibt die
Unternehmergruppe in einer Mitteilung von gestern. Zusammengerufen
hatte sie der Frutiger Unternehmer und SVP-Nationalrat Hansruedi
Wandfluh, der das AKW Mühleberg als "regionalen Wirtschaftsmotor"
bezeichnete.
Zu den Unternehmern für ein neues AKW gehören etwa auch
Willy Michel, Verwaltungsratspräsident der Burgdorfer Ypsomed AG,
Ex-Skirennfahrer Bruno Kernen, der in Schönried ein Hotel
führt, Luc Frutiger, Verwaltungsrat der gleichnamigen Thuner
Baugruppe, und Peter Stähli vom Swiss Economic Forum.
Kraftwerk als Standortvorteil
Michel wies auf die Wertschöpfung von 500 Millionen Franken
hin, welche ein Ersatz-AKW schaffe, Frutiger auf den steigenden
Stromkonsum und die Aufträge für die regionale Wirtschaft,
welche der Bau eines neuen AKW bedeuten würde. Für
Stähli wäre es falsch, mit dem AKW auf einen Standortvorteil
des Kantons Bern zu verzichten.
Das Bernervolk entscheidet am 13. Februar an der Urne, wie die
Stellungnahme des Kantons Bern zum Rahmengesuch der "Ersatz
Kernkraftwerk Mühleberg AG" zuhanden der Bundesbehörden
ausfallen soll.(sda)
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BZ 22.1.11
Wirtschaftsführer setzen sich für neues AKW ein
AKW-AbstimmungBerner Wirtschaftsführer weibeln für ein
Ja zum neuen AKW Mühleberg. Der Ausstieg aus der Atomenergie sei
dennoch nur eine Frage der Zeit.
Es ist ein seltenes Bild: Hansruedi Wandfluh (CEO Wandfluh AG)
sitzt neben Stefan Endras (Geschäftsleiter Papierfabrik
Utzenstorf) sitzt neben Willy Michel (Verwaltungsratspräsident
Ypsomed AG) sitzt neben Edi Fischer (Geschäftsleiter
Bucher-Motorex AG) sitzt neben Luc Frutiger (Verwaltungsrat Frutiger
AG). Mehr als 4000 Angestellte repräsentieren die fünf Berner
Unternehmen - es ist ihr Gewicht, das im Abstimmungskampf um das AKW
Mühleberg den Ausschlag geben soll.
Volkswirtschaftlicher Unsinn
"Die gute Energieversorgung ist ein Berner Trumpf", sagt
Hansruedi Wandfluh. "Den dürfen wird nicht einfach so aufgeben."
Auf die Initiative des SVP-Nationalrates hin haben sich die regionalen
Wirtschaftsführer zur Pressekonferenz versammelt. Er selbst ist
Mitglied der Aktion für vernünftige Energiepolitik Schweiz,
die sich vehement für die Atomenergie einsetzt. Für Wandfluh
ist denn auch klar: Bei einem Verzicht auf Kernenergie würde der
Kanton im Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte weiter abfallen. Sorgen
macht sich der Unternehmer auch über sein eigenes Geschäft:
"Heute beziehen wir Strom für 370 000 Franken jährlich.
Würden wir völlig auf erneuerbare Energien umstellen,
könnten sich die Kosten leicht verdoppeln."
Auch für Ypsomed-Gründer Willy Michel wäre ein
Nein bei der Abstimmung vom 13. Februar verheerend - allerdings aus
anderen Gründen: Mit einem Verzicht auf Kernenergie verliere der
Kanton 70 Millionen Franken an Steuereinnahmen. Zudem gingen nach
seinen Angaben "weit über 1300 Arbeitsplätze verloren".
Michels Fazit: "Volkswirtschaftlich ist ein Nein zur Atomenergie
kompletter Unsinn." An einen gesamtschweizerischen Ausstieg glaubt er
ohnehin nicht. Verzichte Bern auf ein eigenes AKW, würde dieses
eben anderswo gebaut.
Urgrosskinder ohne AKW
"Die Zeit für einen Ausstieg ist noch nicht reif", ist sich
auch Peter Stähli, CEO des Swiss Economic Forum in Thun, sicher.
Der Energieingenieur lobte den bernischen Stromstandort als
Weltmodellfall: "Wir produzieren günstig und praktisch CO2-frei."
Der gänzliche Übergang zu erneuerbaren Energien sei jedoch
ein langer und steiniger Weg. Trotz seines Einsatzes für das neue
AKW glaubt auch Hansruedi Wandfluh an diesen Weg: "Ich hoffe, dass
meine Urgrosskinder auf Kernenergie verzichten können. Meine
Kinder und Enkelkinder müssen aber noch damit leben."
Christian Zeier
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Ungleiche Zahlenspiele mit dem Schrecken
BERNER KATASTROPHEN-VorsorgeNotfallplaner sehen in Bern oder
Köniz für eine Pandemie Massengräber samt
Quarantäne wie aus einem Hollywoodfilm vor. Diese Szenarien
basieren auf massiv überhöhten Todeszahlen. Die Planung bei
einem Unfall im AKW Mühleberg aber wirkt erstaunlich harmlos.
Am Eingang des Stadtberner Bremgartenfriedhofs liegt, wenig
idyllisch neben einem Werksgebäude, eine 70 mal 55 Meter grosse
Wiese. Kein Grabstein lädt auf ihr zum Verweilen ein. Die
Öffentlichkeit weiss nicht, dass dieses Feld eine Landreserve ist,
von der man hoffen muss, dass sie nie gebraucht wird.
"Wir nennen es intern das Katastrophenfeld", sagt Berns
Stadtgärtner Christoph Schärer, der auch für das
Friedhofwesen zuständig ist. Auf der Matte würde im
Katastrophenfall ein Massengrab für bis zu mehrere Tausend Tote
ausgehoben. Auch auf dem Schosshaldenfriedhof sei so ein Notfeld
ausgespart.
Für den Pandemie-Notfall
In Haiti gibt es Massengräber für die Opfer des
Erdbebens und der Cholera. In Bern aber, wo kaum Naturkatastrophen zu
befürchten sind und ein perfektes Gesundheitssystem auf jede Art
Krankheit vorbereitet ist, kommt einem die Planung von
Massengräbern etwas hysterisch vor. Die Ausscheidung der
Katastrophenfelder habe der nun aufgelöste Grippepandemiestab der
Stadt 2008 angeordnet, sagt Schärer.
Die Schweinegrippepandemie erwies sich als harmlos, Zehntausende
von teuren Grippeimpfdosen blieben ungenutzt liegen. Die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Pandemie mittlerweile
für beendet erklärt. Das Katastrophenfeld aber muss bereit
bleiben. Die Pandemiepläne von Kantonen und Gemeinden behalten
ihre Gültigkeit. Die Präventionsarbeit all der Amtsstellen
soll sich offenbar gelohnt haben.
Wie im Hollywoodfilm
Eine seriöse Vorbereitung auf den Pandemiefall gehört
zu den Aufgaben der Behörden. Die Szenarien, die man in den
Pandemieplänen auf der Homepage von Bern oder Köniz einsehen
kann, wirken aber so drastisch, dass man an ihrer Glaubwürdigkeit
und Wirksamkeit zweifeln kann. Sie lesen sich wie das Drehbuch des
Hollywood-Thrillers "Outbreak" (1995), in dem eine US-Stadt nach der
Ausbreitung eines Killervirus von Militär in
Sicherheitsanzügen abgeschottet wird.
Als spielte "Outbreak" in Bern und Köniz, würden dort
Zivilschützer in Schutzkleidern mit besonders bezeichneten
Fahrzeugen aus dem Fuhrpark der Gemeinde Pandemieopfer in desinfizierte
Leichentücher hüllen und zum Massengrab fahren, das ein
angemieteter Bagger ausheben würde. Neben dem Massengrab
würde bei Bedarf ein Kühlzelt zur Aufbahrung und
Identifikation der Toten aufgestellt.
Bis zu 4000 Tote in Bern
Dramatisch wie im Film sind im Berner und im Könizer
Pandemieplan insbesondere die Todeszahlen. Im schlimmsten Fall rechnet
man im Berner Pandemieplan in der ersten Pandemiewelle mit bis zu 4000
Toten im heftigsten Monat. Bern hätte demnach pro Tag über
100 Tote zu beklagen. Köniz 1200 Tote im Monat oder 30 im Tag.
Angesichts dieser Zahlen, sagt Jean-Claude Hess, Polizeiinspektor
der Stadt Bern und Mitglied des aufgelösten Pandemiestabs, habe er
Alarm geschlagen. Er habe sich nach den Bestattungskapazitäten
erkundigt und erfahren, dass das Berner Krematorium im Monat maximal
580 und pro Tag 24 Tote einäschern könne. Und dass auf Berns
Friedhöfen täglich fünf bis acht Tote bestattet werden.
4000 Tote im Monat oder 100 im Tag aber, schloss Hess,
könnten nur noch ohne Kremation in einem Massengrab beigesetzt
werden. Sollte wegen hoher Ansteckungsgefahr das öffentliche Leben
stark eingeschränkt sein wie beim Ausbruch der Schweinegrippe in
Mexiko, würde man laut Pandemieplan nachträgliche
Gedenkgottesdienste durchführen - in Anwesenheit des
Gesamtgemeinderates.
Um Faktor 30 übertrieben?
Nun stehen aber in denselben Pandemieplänen, die mit einer
dramatischen Sterberate rechnen, weiter vorne viel tiefere Todeszahlen.
Das wirkt unseriös. In der Einleitung der Pläne gibt es ein
"Mengengerüst" der kantonalen Gesundheitsdirektion und des
Bundesamts für Gesundheit (BAG). Darin skizziert das BAG aufgrund
von realen Erfahrungszahlen der WHO, dass in der ersten, etwa 12 Wochen
dauernden Pandemiewelle damit zu rechnen sei, dass 25 Prozent der
Bevölkerung erkrankten. Und dass von den Erkrankten 2,5 Prozent
hospitalisiert werden müssten und 0,4 Prozent sterben würden.
In der Schweiz gäbe es demnach innerhalb von knapp drei
Monaten 1,8 Millionen Erkrankte und etwa 7500 Grippetote, im Kanton
Bern 250 000 Erkrankte und rund 1000 Tote, in der Stadt Bern 32 500
Erkrankte und rund 130 Tote. Zu diesen Zahlen merken Kanton und BAG an,
die Anzahl der Hospitalisierungen und Todesfälle könne "bis
um Faktor 10 variieren".
Die Stadtberner oder die Könizer Behörden legen diesen
Faktor in ihren Pandemieplänen so grosszügig aus, dass es
einem schon fast makaber vorkommt. Die 4000 Toten, mit denen im
Abschnitt "Bestattung" von Berns Pandemieplan gerechnet wird,
entsprechen einer Multiplikation um den Faktor 30 und einer Sterberate
von 12 statt 0,4 Prozent der Erkrankten.
Die Pandemieplanung habe schon 2006 begonnen, angesichts der
drohenden Vogelgrippe, von der man befürchtet habe, sie
könnte in einem Monat bis zu 4000 Opfer fordern, erklärt
Polizeiinspektor Hess die differierenden Zahlen. Auch das BAG habe zu
Beginn der Schweinegrippepandemie 2008 mit mehreren Zehntausend Toten
gerechnet. Die Zahlen seien dann "fortlaufend relativiert" worden.
Warum hat man sie im Pandemieplan nicht korrigiert? "Es weiss niemand,
wie viele Opfer eine schwere Pandemie wirklich fordern würde. Mit
4000 Toten wären wir auf jeden Fall auf der sicheren Seite und
müssten uns nicht vorwerfen lassen, wir seien unvorbereitet",
erwidert Jean-Claude Hess. 4000 Tote seien ohnehin nur ein "Worst
Case", man sei froh, wenn es nicht so komme.
Rytz und die Spanische Grippe
Die grüne Gemeinderätin Regula Rytz, zu deren
Tiefbaudirektion auch die Friedhöfe gehören, hält die
hohen Todeszahlen und die Planung von Massengräbern für
"heikel und übertrieben". Sie stellt einen historischen Vergleich
an. Am Ende des Ersten Weltkriegs erkrankten in der Schweiz vom
Frühling 1918 bis zum Frühling 1919 fast 750 000 Menschen an
der Spanischen Grippe. 25 000 Menschen starben, was einer Rate von 3,3
Prozent der Erkrankten entspricht. Fast 2000 der Toten waren in
unhygienischen Kasernen zusammengepferchte Soldaten. Seither, sagt
Rytz, hätten Medizin und Hygiene enorme Fortschritte gemacht, die
Opferzahlen müssten also angepasst werden.
Weitere Gefahrenszenarien
Die moderne Gegenwart, gerade in dicht besiedelten urbanen
Zentren, ist allerdings nicht weniger risikoreich. Und sie birgt neue
Gefahren. Auch dafür gibt es Vorkehrungen. Franz Bachmann,
Stadtberner Feuerwehr- sowie Zivilschutzchef und Gesamteinsatzleiter
des aufgelösten Pandemiestabs, nennt weitere zehn Szenarien, die
man erarbeitet habe. So für einen Chemiestörfall in
Zusammenhang mit einem Bahnunfall, für einen Flugzeugabsturz oder
eine Überflutung. "Die Mortalitätsrate ist dabei nicht in
absoluten Zahlen erfasst", sagt Bachmann.
Katastrophenplanung bedeutet, das Undenkbare zu denken. Ob ein
Szenario übertrieben oder realistisch ist, lässt sich deshalb
schwer sagen. Klar sagen lässt sich aber, dass es ein Berner
Szenario gibt, das vor der Abstimmung vom 13. Februar besonders
interessiert und das im Vergleich zum Pandemieszenario erstaunlich
unspektakulär ist: jenes für eine Havarie im nahen
Atomkraftwerk Mühleberg. Die Gefahr eines Vorfalls in der
politisch und wirtschaftlich relevanten Atomenergie wird offenbar
anders eingeschätzt als diejenige einer Grippeepidemie.
Bei AKW-Unfall in den Keller
Die grüne Stadtberner Grossrätin Natalie Imboden hat
sich eben in einer Interpellation beim Berner Regierungsrat erkundigt,
wie die Sicherheit der 440 000 Menschen in einem Radius von 20
Kilometern rund um das AKW Mühleberg gewährleistet werde.
Imboden will ihre Interpellation nun in der kommenden Session des
Grossen Rats diskutieren lassen. Weil sie sich etwa wundert, dass bei
einem AKW-Störfall "keine Evakuation der Bevölkerung
vorgesehen ist", da diese "nicht durchführbar und auch nicht
sinnvoll" sei. So steht es in der Antwort der kantonalen Polizei- und
Militärdirektion, die Imboden auf ihre Frage erhielt.
Dort ist auch zu lesen, dass "kein Schutzraumbezug stattfindet",
wichtig sei es, "den Durchzug der radioaktiven Wolke, durch Beton
möglichst gut abgeschirmt, im Keller abzuwarten". Überdies
solle man die 2004/ 2005 verteilten Jodtabletten einnehmen, Ruhe
bewahren, und sich auf dem Laufenden halten.
Auch für den Fall einer AKW-Havarie gibt es
Vergleichszahlen. Nach dem bisher schwersten Unfall 1986 im
ukrainischen Tschernobyl wurden alle 200 000 Menschen aus dem dünn
besiedelten Gebiet 30 Kilometer um das AKW umgesiedelt. Die Todeszahlen
sind massiv kleiner als ursprünglich angenommen. An den Folgen der
Verstrahlung um Tschernobyl sind bis heute rund 4000 Menschen
gestorben. Eine Massenbestattung war nicht nötig, weil die Opfer
im Laufe vieler Jahre ihren Krebserkrankungen erlagen.
--
Die Nation blickt nach Bern
13. FEBRUARWas der Kanton Bern an diesem Tag an der Urne
entscheidet, betrifft die ganze Schweiz. Die Ständeratsersatzwahl
gibt früh im Wahljahr Einblick in die nationalen
Kräfteverhältnisse. Und die heiss umkämpfte
Konsultativabstimmung über ein neues AKW in Mühleberg
lanciert die Atomdebatte neu.
Man könnte als Berner Stimmbürger vor dem kommenden
Urnengang glatt nervös werden. Denn am 13. Februar beantwortet der
Kanton Bern zwei brisante Fragen für die ganze Schweiz. Die Nation
wird deshalb in die Bundesstadt blicken.
Mit der Ständeratsersatzwahl für die in den Bundesrat
aufgestiegene Simonetta Sommaruga spielt Bern Politbarometer für
die nationalen Wahlen im Oktober und misst eine erste Zwischenzeit in
der Ausmarchung der politischen Mitte gegen die Pole von links und
rechts. Und die Konsultativabstimmung über ein neues AKW
Mühleberg wird der Schweizer Energiezukunft die Richtung weisen.
Die Gesichter der Polarisierung
Dass der 13. Februar das ganze Land angeht, belegte am vorletzten
Freitag die "Arena" des Schweizer Fernsehens. Wohl noch nie vorher war
sie einer Ständeratsersatzwahl in einem einzelnen Kanton gewidmet.
Das liegt am Kandidatentrio, das in Bern antritt. Christa Markwalder
(FDP), Adrian Amstutz (SVP) und Ursula Wyss (SP) sind nicht bloss
unbekannte Lokalgrössen, die sich die kantonalen
Parteikarriereleitern hochgedient haben. Es sind nationale Figuren. Sie
sind oben angekommen, sie wurden schon als Bundesratskandidaten
gehandelt.
Wichtiger noch: Es sind profilierte Figuren, die - eher
unbernisch - debattieren, sich exponieren und etwas riskieren. Den
abstrakten politischen Richtungskämpfen in der nationalen Politik
verleihen sie ein Gesicht.
Christa Markwalder steht trotz ihrem klaren Bekenntnis für
die EU für die Mitte. Adrian Amstutz, der Kopf des siegreichen
Komitees der Ausschaffungsinitiative, markiert die harte Linie des
Rechtspols in der Schweizer Politik. Und die SP-Fraktionschefin Ursula
Wyss steht, klassisch links, für den Sozialstaat, die
aussenpolitische und gesellschaftliche Öffnung ein.
Wo steht Stadt-Land-Zoff?
Drei Fragen von nationalem Interesse werden am 13. Februar in
Bern entschieden: Marschiert Adrian Amstutz mit dem Zürcher Stil
auch in Bern durch? Und setzt er so SVP-Präsident Toni Brunners
Plan ein erstes Mal um, mehr SVP-Köpfe in den Ständerat zu
bringen, um diese letzte Bastion der politischen Mitte zu knacken?
Die zweite Frage: Wo positioniert sich die BDP auf der
Links-Recht-Skala? Vor allem dann, wenn sie sich in einem zweiten
Wahlgang am 6. März zwischen Hardliner Adrian Amstutz und der
Linken Ursula Wyss entscheiden muss - und sich dabei Unterstützung
für das ohnehin fragliche politische Überleben von
Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf verscherzen könnte. Frage
drei lautet: Kann Ursula Wyss den Sitz der rot-grünen, urbanen
Wähler gegen das konservativ tickende Land verteidigen?
In Bern werden diese drei Fragen am 13. Februar wie unter
Laborbedingungen geprüft. Denn Bern ist eine Schweiz im Kleinen,
in der der Stadt-Land-Gegensatz besonders virulent ist, weil das Lager
der Städte und des Landes zahlen- und kräftemässig
praktisch gleichauf sind. Bleiben, überspitzt gesagt, bloss
fünf Prozent der Städter der Wahl fern, dann gewinnt Amstutz.
Bern heizt Atomdebatte an
Aufregender und nachhaltiger noch als die Richtungswahl in den
Ständerat wird am 13. Februar die Frage über ein neues AKW in
Mühleberg sein. Zwar ist es nur eine Konsultativabstimmung, und
ein Ja verpflichtet die Politik und die Strombranche noch lange nicht,
in Mühleberg auch wirklich ein neues AKW zu bauen. Ein Nein
würde die Chancen für ein Mühleberg zwei zwar
empfindlich schmälern, aber es blieben weitere zwei Schweizer
AKW-Projekte im Rennen.
Dass die Berner Konsultativabstimmung dennoch zum nationalen
Plebiszit über Atomenergie werden könnte, hat mit der
Ausweitung und Dynamisierung zu tun, die der Abstimmungskampf in Bern
in den letzten Wochen erfahren hat. Der Berner Energiekonzern BKW hat
in ihre Kampagne jüngst viel Energie investiert und sich auf die
Äste hinausgewagt. Als sie jüngst zu Recht auf die mangelnde
Akzeptanz gegenüber neuer Infrastruktur für die Gewinnung von
Alternativenergie verwies, handelte sie sich den Vorwurf ein, sie mache
die Alternativenergie bewusst schlecht, um die Atomenergie als
unverzichtbar darzustellen
Das Lager der Atomgegner hatte seinen umstrittensten Auftritt
jüngst an der Medienkonferenz der Berner Kantonsregierung, die
sich mehrheitlich gegen neue AKW ausspricht. Die bürgerliche
Mehrheit des Kantonsparlaments, die für ein neues AKW in
Mühleberg ist, erwägt nun gar, ihrer Regierung einen Maulkorb
zu verpassen. Die Exekutive steckt in einem Dilemma: Sie ist
atomkritisch und gleichzeitig mit zwei Mitgliedern im Verwaltungsrat
der atomfreundlichen BKW vertreten.
Farbe bekennen
Am sichtbarsten verkörpert dieses Dilemma die
SP-Energiedirektorin und BKW-Verwaltungsrätin Barbara
Egger-Jenzer. Auch wenn sie für ihren Auftritt am Medientermin des
Regierungsrats gerügt wurde, sie findet sich heute in einer
nationalen Atom- und Energiedebatte wieder, in der ihre Haltung auch
auf Zustimmung stösst. Die Atomfrage beginnt sich, nach stillen
Jahren, wieder zu entzünden. Nicht zuletzt an der Abfallfrage. In
Bern ärgern sich Atomgegner, dass in der Abstimmungsbotschaft zum
13. Februar verschwiegen werde, dass in Mühleberg auch ein
Zwischenlager für hoch radioaktiven Abfall errichtet würde.
Und in jenen Regionen, die in der neu lancierten Standortsuche für
ein Atommüll-Endlager in Frage kämen, gehen die Emotionen
hoch.
Am 13. Februar müssen die Bürger in Bern nach langer
Zeit wieder einmal an der Urne Farbe bekennen zur Atomenergie - und
sich der Konsequenzen ihrer Zustimmung oder Ablehnung gewahr werden.
Ihr Verdikt betrifft eine ganze Schweizer Branche und ihre Geldgeber,
die wissen wollen, in was für eine Energiezukunft sie investieren
sollen. Das Verdikt ist zweitens eine Weichenstellung für die BKW
und ihre künftige Position und Stärke im hart umkämpften
Strommarkt. Drittens betrifft das Verdikt die Kantonsregierung und
überhaupt das rot-grüne Lager. Dessen Energiepolitik
würde bei einem Ja zu Mühleberg zwei einen argen Dämpfer
erleiden. Bei einem Nein müsste Rot-Grün den Tatbeweis
antreten, dass sich wirklich eine alternative Energiezukunft
realisieren lässt.
Politshowdown in Bern
Auf den 13. Februar kann sich die Schweiz freuen. Weil an diesem
Tag die Politik für einmal relevante, grosse Richtungs- und
Zukunftsfragen zur Debatte stellt. Auf den 13. Februar kann sich auch
Bern freuen, weil es an diesem Tag jenes politische Headquarter der
Schweiz sein wird, das es so gerne sein möchte. Am Abend des
zweiten Februarsonntags wird die Politik so aufregend und spannend sein
wie der gleichzeitig ausgestrahlte "Tatort"-Krimi.
Stefan von Bergen
stefan.vonbergen@bernerzeitung.ch
---
Landbote 22.1.11
Nagra will in Elsau messen
Elsau. Wo die Nationale Genossenschaft für die Lagerung
radioaktiver Abfälle (Nagra) auftritt, sorgt sie für Wirbel.
So auch in Elsau: Der erste Schock über ein Baugesuch der Nagra
war gross. Doch schliesslich stellte es sich für die Behörden
als harmlos heraus. "Wir wollen in Elsau kein Tiefenlager bauen,
sondern nur eine Messstation", erklärt Heinz Sager, Pressesprecher
der Nagra. Jene soll zuverlässige Daten über kleinste
Erdbewegungen liefern. (fam) Seite 27
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Nagra plant in Elsau eine Messstation
Fabio Mauerhofer
Elsau. Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung
radioaktiver Abfälle will im Elsauer Weiler Fulau eine
hochsensible Messstation errichten. Diese soll zuverlässige Daten
über kleinste Erdbewegungen bei den möglichen
Tiefenlagerstandorten liefern.
Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver
Abfälle (Nagra) hat sich in Elsau angemeldet. Dies warf bei den
Behörden sofort Fragen auf: Sind wir etwa ein möglicher
Standort für ein radioaktives Endlager? "Da läuteten bei uns
schon die Alarmglocken", sagt Gemeindeschreiber Ruedi Wellauer.
Schliesslich sei das Thema negativ belastet. Der erste Schock war aber
schnell verflogen. Das Baugesuch der Nagra erwies sich laut Wellauer
als harmlos. Auch deren Pressesprecher, Heinz Sager, stellt klar: "Wir
wollen in Elsau kein Tiefenlager bauen, sondern bloss eine Messstation
errichten."
Dennoch steht die sogenannte GNSS-Empfangsstation (siehe Kasten
unten links) im Zusammenhang mit der Standortsuche der Nagra. Sie soll
künftig vom Buck aus die Geschehnisse unter der Erde aufzeichnen.
Die Messungen auf dem Hügel beim Elsauer Weiler Fulau erfolgen mit
Hilfe der Signale des globalen Navigationssatelliten. Insgesamt sind
elf solcher Anlagen in der Nordschweiz und in Deutschland geplant. Zu
den Standortkriterien gehören ein möglichst freier Horizont
und ein stabiler Baugrund. Die neuen Satellitenempfänger
ergänzen das Messnetz, das vom Bundesamt für
Landestopographie betrieben wird. "Wir brauchen ein dichteres Netz mit
noch präziseren Daten", erklärt Sager.
Messung im Millimeterbereich
Der Fokus der Nagra liegt dabei auf den vorgeschlagenen
Standortgebieten für die Tiefenlagerung hochradioaktiver
Abfälle im Zürcher Weinland, nördlich der Lägern
und bei Bözberg AG. "In diesem Perimeter und den angrenzenden
Regionen möchten wir noch genauer wissen, ob und wie sich die
Erdkruste bewegt", erklärt Sager. Mit dem Messnetz werden im
geologischen Untergrund Bewegungen von weniger als einem Millimeter pro
Jahr registriert. Die Beobachtungen sollen über 25 Jahre hinweg
laufen. "Dies ergänzt die Sicherheitsanalyse für
künftige Tiefenlager mit wertvollen zusätzlichen Daten", so
Sager.
In Elsau, das am östlichen Rand des
Überwachungsgebietes liegt, handelt es sich bereits um eines der
letzten Baugesuche. Die Bewilligungen für acht weitere
Messstationen sind erteilt, vier davon sind bereits in Betrieb. Im
Kanton Schaffhausen läuft derzeit noch ein Rekursverfahren. In
Elsau beginnt mit dem eingereichten Baugesuch die 20-tägige
öffentliche Auflage. Da es sich um Landwirtschaftsland handelt,
wird auch der Kanton das Gesuch prüfen. In Trüllikon - dem
zweiten Messstandort im Kanton Zürich - ist die Frist, in welcher
der Baurechtsentscheid verlangt werden kann, gerade abgelaufen.
Stationen strahlen nicht
Die Messstationen sind laut Nagra kompakt gestaltet und treten im
Gelände nicht gross in Erscheinung. Der Mast ist knapp drei Meter
hoch, darauf thront ein "grosser Suppenteller". Im Gegensatz zu
Mobilfunkantennen sind die Satellitenempfänger zudem passiv. "Sie
senden keine Strahlung aus, sondern haben nur eine
Empfängerfunktion", erklärt Sager.
--
Was Verbirgt sich hinter GNSS?
Beim GNSS (Global Navigation Satellite System) handelt es sich um
eine sehr präzise, weltweit eingesetzte Positionsbestimmung mit
Hilfe von Satelliten. Das Prinzip funktioniert ähnlich wie bei
Navigationssystemen im Auto, deren Genauigkeit für die
Fragestellungen der Nagra allerdings nicht ausreichen. Um geologische
Bewegungsraten im Bereich von weniger als einem Millimeter pro Jahr
überhaupt registrieren zu können, müssen die
Messstationen höchsten technischen Ansprüchen genügen.
Zudem ist eine langfristige kontinuierliche Aufzeichnung der
Satellitensignale erforderlich. Durch Kombination von hochpräziser
Messtechnik und aufwendiger Berechnungs- und Auswertungsverfahren wird
die erforderliche Genauig- keit erreicht. Die hochsensiblen
Messstationen sollten dabei keinen grossen Erschütterungen
ausgesetzt sein. Die Standorte werden daher möglichst in
verkehrsfreien Gebieten gewählt. (fam)
---
work 21.1.11
Abstimmung übers AKW Mühleberg
Berner zahlen dafür, manipuliert zu werden
Am 13. Februar kann das Volk im Kanton den Stromschalter auf
grüne Energie stellen.
Die grossen Schweizer Städte rücken von der Atomkraft
ab: Basel, Bern und Zürich haben längst beschlossen, ihre
Versorgung auf erneuerbare Energien auszurichten. Am 13.Februar sind
nun die Stimmenden des Kantons Bern am Kippschalter: Sie können
die Dinosauriertechnik ab- und Cleantech einschalten. Der alte Reaktor
Mühleberg müsste sowieso bald vom Netz genommen werden,
unabhängig vom Ausgang der Konsultativabstimmung.
Gehirnwäsche
Die Atomlobby und der Berner Stromkonzern BKW aber wollen den Standort
Mühleberg nicht aufgeben: Sie planen einen neuen Atommeiler mit
vierfacher Leistung. Dazu gehört auch ein riesiges Zwischenlager
für Atommüll. Sicher dabei ist nur das Risiko: im Betrieb,
bei einem Störfall, bei der Lagerung radioaktiver Abfälle,
bei der Abhängigkeit vom Ausland und bei der Finanzierung.
Letztlich zahlt der Bürger sowieso alles. Selbst seine eigene
Gehirnwäsche: Die AKW-Betreiberin BKW hat alle Haushalte im Kanton
Bern flächendeckend mit Atomkraftpropaganda versorgt. Schon 2009
mischte der Konzern kräftig mit, als die Stimmenden im Kanton
Waadt sich zur Betriebsverlängerung äussern konnten. 64
Prozent stimmten dann trotzdem für die rasche Stilllegung des AKW
Mühleberg.
Die BKW ist mehrheitlich im Besitz des Kantons Bern, also des
Berner Volks. Kurz vor der Abstimmung hat die BKW die Investitionen
für alternative Energieprojekte massiv zusammengestrichen. Ein
untrügliches Zeichen dafür, dass die Chefs voll auf Atomkraft
setzen. So wird dem Volk Angst vor der "Stromlücke" eingejagt. (dv)
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Langenthaler Tagblatt 21.1.11
Pro-und-Kontra-Serie Teil II
Braucht der Kanton Bern mit Mühleberg II ein neues AKW?
PRO
"Kernenergie ablösen ist eine Illusion"
Ueli Jost
Die Welt hat ein Problem: Klimaerwärmung! Das durch die
Verbrennung von Erdöl und Gas entstehende CO führt
unweigerlich zur globalen Erwärmung. Damit wird unser Lebensraum
bedroht. Wer verantwortlich handelt, muss die CO-Produktion massiv
reduzieren. Auch die Schweiz muss ihren Beitrag leisten. Bei der
Produktion von Elektrizität entsteht bei uns dank dem Mix aus 60
Prozent Wasserkraft und 40 Prozent Atomstrom fast kein CO. Dass der
Stromkonsum auch in Zukunft eher steigen wird, ist auf folgende
Tatsachen zurückzuführen: Die Effizienz elektrischer
Geräte ist nahezu ausgereizt, sparen also noch durch Verzicht
möglich. Doch: Wer trinkt schon gerne warmes Bier? Hinzu kommen
neue Anwendungen wie Elektro-Autos oder Wärmepumpen. Auch das
Bevölkerungswachstum und mehr Kleinhaushalte steigern den
Stromverbrauch.
Die Ablösung der 40 Prozent Atomstrom durch neue erneuerbare
Energien in den nächsten Jahrzehnten ist eine Illusion. Trotz
Fördermassnahmen beträgt der Anteil der Photovoltaik nur 0,05
Prozent der Stromproduktion, notabene bei hohen Gestehungskosten und
einer CO- Produktion, die durch die Herstellung 7-mal grösser ist
als bei einem Kernkraftwerk. Will man die CO-Produktion massiv
verkleinern, wäre es gescheiter, vorhandene Dachflächen zur
Produktion von Warmwasser zu nutzen. Windenergie ist bei uns auf- grund
der Topografie nur in beschränktem Masse möglich; der Import
aus dem Ausland wegen fehlender Leitungskapazitäten unrealistisch.
Eine Lösung der Entsorgung nuklearer Abfälle ist
entgegen allen politischen Ränkespielen notwendig und geht schon
daraus hervor, dass ein Drittel des einzulagernden Volumens aus
Medizin, Industrie und Forschung stammt. Oder wollen wir auf die
Anwendung radioaktiver Materialien für Therapie und Diagnose
beispielsweise bei Krebsbehandlungen verzichten? - Dass eine
Lösung möglich ist, zeigen uns Anlagen von Frankreich,
Schweden oder Finnland.
Dass im Volk immer wieder Ängste aufgrund der Katastrophe
von Tschernobyl geschürt werden, ist bemühend. Insbesondere
deshalb, weil komplett ausgeblendet wird, dass in Tschernobyl eine
Anlage betroffen war, die ob ihrer technischen Auslegung in Westeuropa
nie eine Bewilligung erhalten hätte.
Probleme einiger Orte bei der Uran-Gewinnung sind bedauerlich;
Bergbau war aber auch bei Kohle und Erzen problematisch.
Herkunfts-Zertifikate werden künftig daher unabdingbar sein.
Ein grosser Vorteil der Kernkraft ist darin zu sehen, dass im
Kraftwerk Brennstoff für zwei Jahre gelagert werden kann. Das ist
ein strategischer Vorteil gegenüber Gas und Öl, wird man doch
weniger rasch erpressbar. Da Brennstoffkosten bei Kernkraftwerken nur
zirka 5 Prozent der Gestehung ausmachen, würden auch
Preissprünge beim Uran von 100 Prozent den Strom nur um 1/20
verteuern.
Eine Lösung der Energie- und Umweltprobleme ist nur in einem
Zusammenspiel von allen Produktionsmöglichkeiten machbar. Dabei
sind auch realistische Einschätzungen notwendig. Wenn heute gesagt
wird, dass Photovoltaikmodule bei uns Arbeitsplätze generieren,
wird ausgeblendet, dass deren Produktion heute schon weitgehend im
Fernen Osten erfolgt. Nicht Stimmengewinne bei den nächsten Wahlen
sollten das Ziel sein, sondern die Sicherstellung der Energieversorgung
in der Schweiz! - Packen wir sie an, auch mit Kernenergie!
* Ueli Jost, Elektroing., ehem. Vizedirektor Kernkraftwerk
Mühleberg, Vorstand Aves Bern.
KONTRA
"Technologie aus den 60er-Jahren vertrauen?"
Jürg Joss*
Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und
Kommunikation (Uvek) will das veraltete AKW Mühleberg unbefristet
weiterlaufen lassen! Am 21. Dezember 2009 erteilte es dem Altreaktor
Mühleberg auf Begehren der BKW (Betreiberin des AKW) eine
unbefristete Betriebsbewilligung. Dies ungeachtet der 1900 Einsprachen
von Einzelpersonen, Organisationen, Parteien und Gemeinwesen aus dem
In- und Ausland - und trotz des klaren Abstimmungsresultats im Kanton
Waadt. 64 Prozent der Stimmberechtigten haben am 29. November 2009
gegen eine unbefristete Betriebsbewilligung gestimmt.
2007 wurde die BKW vom eidgenössischen
Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) beauftragt, mehrere
sicherheitsrelevante Punkte aufzuarbeiten. Hier ein Auszug der
unerledigten Untersuchungen aus der Pendenzenliste des ENSI;
unfallbedingter Flugzeugabsturz in MUSA, strukturmechanische
Berechnungen zum Kernmantel, Kernschadenszustände in der MUSA
2005, Erdbebenanalyse in MUSA, Bruchanalyse Leitungen ausserhalb
Containment ohne Einzelfehler, Brandanalyse zur SMUSA 2005 usw. Obschon
diese Pendenzen noch nicht erledigt wurden, läuft der AKW-Betrieb
weiter.
Seit 1990 ist bekannt, dass das AKW Mühleberg Risse an
Bestandteilen des Reaktorinnersten aufweist, insbesondere im Kernmantel
und im Reaktordruckgefäss. Das ENSI hielt 2007 in seiner
sicherheitstechnischen Stellungnahme zur periodischen
Sicherheitsüberprüfung des AKW Mühleberg fest: "Mit dem
Ausfall der Kernmantelfunktion könnte die Funktion mehrerer
Sicherheitssysteme nicht mehr gewährleistet sein
(Reaktorumwälzsystem, Steuerstabantrieb, Vergiftungssystem,
Kernsprühsystem, alternatives Niederdrucksprühsystem)."
Weshalb der Kernmantel in Mühleberg nicht ausgetauscht wurde,
beantwortete der ENSI- Sprecher am 26. Februar 2008 im "Tagesanzeiger":
Tatsächlich sei in einigen ausländischen Atomkraftwerken
gleichen Typs der Kernmantel ausgetauscht worden. Doch sei dieser im
Ausland etwas anders konstruiert und deshalb einfacher ersetzbar. Japan
beispielsweise wechselte in mehreren AKW den gerissenen Kernmantel aus;
in der Schweiz dagegen wird aus ökonomischen Gründen auf den
Austausch des Kernmantels verzichtet.
Das Taschenbuch für den Maschinenbau (Dubbel) spricht davon,
dass die äussere Betonhülle eines AKW-Containments 1,5 bis 2
Meter dick ist. Die Betondecke des AKW ist gemäss
Sicherheitsbericht 1990 an der dünnsten Stelle blosse 15
Zentimeter. Mühleberg hält einem Flugzeugabsturz nicht stand.
Allgemein wird das Erdbebenrisiko massiv unterschätzt, wie
eine von den Überwachungsbehörden in Auftrag gegebene Studie
2006 (Pegasos) aufzeigt. Doch obwohl die entsprechenden Nachrechnungen
für Mühleberg fehlen, behaupten BKW und Behörden, das
AKW könnte einem so genannten Sicherheitserdbeben standhalten. Die
Beschwerdeführenden im laufenden Verfahren um die unbefristete
Betriebsbewilligung berufen sich unter anderem auf Unterlagen des
renommierten deutschen Ökoinstituts Darmstadt. Im
Einspracheverfahren haben die Wissenschafter in zwei Gutachten
gravierende Mängel am AKW Mühleberg aufgezeigt, so etwa in
der Notstromversorgung, der Notkühlung und der Überflutung.
Das wurde vom ENSI nur nebensächlich behandelt. Der Umgang der
Schweizer Behörden mit der Atomkraft ist unverantwortlich: Daher
fordern wir die Stilllegung der bestehenden AKW sowie den Verzicht auf
den Bau weiterer Atomkraftwerke in der Schweiz.
* Jürg Joss,Bätterkinden, kämpft mit Fokus
Antiatom u.a. gegen die Bewilligung für Mühleberg I.
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Tagesanzeiger 21.1.11
Ein neues AKW kostet rund 8 Milliarden
Deutsche Forscher glauben wegen der hohen
Sicherheitsanforderungen nicht mehr an billigen Atomstrom.
Von Martin Läubli
25 Jahre sind seit der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl
vergangen. In der Schweiz scheint der Unfall Geschichte zu sein, der
öffentliche Aufschrei gegen Atomenergie ist Erinnerung. Der
Schweizer Kernenergiestrom fliesst seit Jahrzehnten ohne grosse
Zwischenfälle. Doch heute, wenige Wochen vor der Berner
Volksabstimmung über die Zukunft der Atomkraft im Kanton, steht
die Frage wie einst im Zentrum: Wie sicher ist ein Atomkraftwerk?
"Das Gefährdungspotenzial ist gross", betont der ehemalige
Direktor des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats
(Ensi), Ulrich Schmocker, in einem Interview im "Ensi-Magazin". Man
müsse alles tun, damit die Radioaktivität eingeschlossen
bleibe. Der schwere Reaktorunfall in Tschernobyl hat laut Schmocker zu
einem Wandel im Sicherheitsdenken geführt: "Die Nuklearindustrie
wusste genau, dass sie ein zweites Tschernobyl nicht überleben
würde."
Riesiger Aufwand
Allerdings ist der Aufwand allein für die Sicherheit, die
letztlich nichts mit der eigentlichen Stromproduktion zu tun hat,
immens. Die Betreiber der Schweizer Atomkraftwerke haben viel
investiert, um ihre in die Jahre gekommenen Anlagen auf den neusten
technischen Stand zu bringen. Die Nachrüstung kostete allein
für das älteste Kernkraftwerk Beznau insgesamt 1,5 Milliarden
Franken. Der finanzielle Aufwand entspricht gemäss dem Schweizer
Stromversorger Axpo etwa der dreifachen Summe der Erstinvestition.
Heute könne rein rechnerisch eine Schädigung der
Brennelemente, im schlimmsten Fall eine Kernschmelze alle 100 000 Jahre
eintreten, sagt Michael Prasser, Leiter des Instituts für
Energietechnik an der ETH Zürich. Und: "Das ist ein Wert, den die
Internationale Atomenergiebehörde auch für Neubauanlagen
fordert."
Die umfassende Nachrüstung hat das Risiko zu einem
Restrisiko gemacht. Die ersten Sicherheitsanalysen Ende der
1960er-Jahre gingen noch von einer Wahrscheinlichkeit von 1000 bis 10
000 Jahren aus. "Das wurde damals als ein zu hohes Risiko empfunden",
sagt Prasser.
Erstes Gebot für Betreiber von Atomkraftwerken ist es, eine
Überhitzung des Kernreaktors und den Austritt radioaktiver Stoffe
in die Umgebung zu verhindern. Das heisst zum Beispiel,
Notkühlungspumpen müssen sofort anspringen, falls die
Kühlung in einem Druckwasserreaktor etwa durch ein grosses Leck an
der Kühlmittelleitung ausfällt. Verschiedene unabhängige
Kühlsysteme, die mehrfach gesichert mit Strom versorgt werden,
sollen dabei garantieren, dass Brennelemente nicht länger als
fünf Minuten ungekühlt bleiben. Sonst ist eine starke
Schädigung der Elemente nicht mehr zu verhindern. Der schlimmste
Fall wäre der vollständige Ausfall der Notkühlung. Dann
käme es zu einer Kernschmelze.
Verschiedene Sicherheitsbarrieren sind in einem AKW eingebaut,
damit bei schweren Störungen die Umgebung nicht radioaktiv
verseucht wird (siehe Grafik). Betreiber müssen Jahr für Jahr
nachweisen, dass diese Sicherheit gewährleistet ist. Dabei geht es
nicht nur um technische Anforderungen. Auch die Organisation einer
Anlage, sprich der Mensch, wird stets überprüft. Das
Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat, bei dem rund 130
Angestellte arbeiten, führt jährlich etwa 300 Inspektionen
durch. Die Axpo beispielsweise hat eine nukleare Sicherheits-Charta
entwickelt, in der sich der Stromversorger eine Selbstverpflichtung in
Aus- und Weiterbildung für die Mitarbeiter auferlegt. Zudem ist
die Axpo Mitglied der Wano, der World Association of Nuclear Operators,
und lässt sich freiwillig regelmässig analysieren und
bewerten.
Allein diese Sicherheit zu gewährleisten, kostet Milliarden.
Der Aufwand wird weiter steigen, weil die technischen Ansprüche
immer grösser werden. Das Barrieresystem ist grundsätzlich in
neuen Anlagen wie dem europäischen Druckwasserreaktor (EPR) der
französischen Herstellerfirma Areva oder AP 1000 von Westinghouse
Toshiba nicht wesentlich anders, jedoch stärker dimensioniert.
Diese beiden Typen kämen unter anderen infrage, falls die Schweiz
neue AKW zulassen würde. Neu ist auch, dass alle diese Reaktoren
über eine Einrichtung verfügen, zum Beispiel eine Wanne (beim
EPR), um im schlimmsten Fall die Kernschmelze aufzufangen.
Hohe finnische Anforderungen
Der EPR, der derzeit in Finnland und Frankreich gebaut wird, ist
das beste Beispiel für gestiegene Sicherheitsanforderungen. Der
Bau des EPR in Finnland kommt nicht planmässig voran. Ein Grund
dafür sind die hohen Sicherheitsansprüche der finnischen
Atombehörde. "Finnland ist pronuklear eingestellt, aber sie wollen
das Optimum an Sicherheit", sagt Michael Sailer, Experte für
nukleare Sicherheit am Öko-Institut in Darmstadt.
So forderten die Finnen laut Sailer auch Sicherheitssysteme gegen
elektromagnetische Störungen oder gegen Angriffe auf das
Computersystem. Zudem wollten sie einen umfassenden
Sicherheitsnachweis, falls die "grosse Leitung" abreisst, welche den
Reaktor mit Kühlwasser speist. Hier gilt es nicht nur die
Notkühlung zu simulieren, wenn sich der Kernreaktor
allmählich überhitzt. Die Atombehörde wollte auch
wissen, welchen Schaden das auslaufende Kühlwasser sonst noch
anrichten könnte.
Nicht nur die technische Umsetzung ist teuer. Auch die
unzähligen Störfallsimulationen können kostspielig sein.
Computermodelle waren in den 1970er- und 1980er-Jahren nur
beschränkt möglich. "Heute können die insgesamt
notwendigen Simulationen bis zu einer halben Milliarde Euro kosten",
sagt Sailer.
Der EPR gehört heute zum Vorzeigemodell punkto Sicherheit -
vor allem weil die finnischen Betreiber hohe Anforderungen stellten.
Das ist ein wesentlicher Grund neben Bauverzögerungen und
Konstruktionsmängeln, dass sich die Bauzeit massiv verlängert
und die Kosten vermutlich doppelt so hoch sein werden, als Areva
budgetiert hat. Es ist absehbar, dass der Bau mit 6 Milliarden Euro
teuer zu stehen kommt.
"Atomstrom ist nicht günstig"
Trotz den hohen Sicherheitskosten glaubt ETH-Experte Michael
Prasser, dass der Strompreis pro Kilowattstunde gegenüber den
preiswerten fossilen Energien konkurrenzfähig bleibe. Doch Michael
Sailer vom Öko-Institut zieht ein anderes Fazit: "Nuklearenergie
ist nicht günstig." Neue Atomkraftwerke sind zum Beispiel
gegenüber neuen Gaskraftwerken unwirtschaftlicher geworden.
Untersuchungen des Öko-Instituts würden zeigen, dass auch
regenerative Energien wie Wind, Biomasse oder Wasserkraft billiger sein
können als Atomstrom. "Studien zu den künftigen Stromkosten
gehen vielfach vom ursprünglichen Preis der Areva aus." Hält
man sich aber an die 6 Milliarden Euro, dann wird laut Sailer Atomstrom
teuer. Er glaubt auch nicht daran, dass mit jeder neuen Anlage die
Kosten sinken. Dafür würden zu wenige EPR gebaut.
Wie teuer AKW tatsächlich sein werden, ist letztlich erst
abschätzbar, wenn sie einmal in Betrieb sind. Sicher scheint: Neue
Atomkraftwerke können wegen der höheren
Sicherheitsansprüche doppelt so teuer sein wie frühere.
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WoZ 20.1.11
Berner AKW-Abstimmung
Man streitet lieb und nett
In Mühleberg, zwölf Kilometer westlich von Bern, soll
ein neues Atomkraftwerk gebaut werden, das viermal so stark sein wird
wie das alte. Am 13. Februar kommt es im Kanton Bern zu einer
Konsultativabstimmung. Die Opposition in der Region hat es nicht
einfach.
Von Susan Boos (Text) und Ursula Häne (Foto)
Seit über zwanzig Jahren kämpft sie beherzt gegen das
Atomkraftwerk vor ihrer Haustür. Ursula Balmer-Schafroth lebt in
Wileroltigen, einem Dorf zwischen Bern und Murten. Wenn man es genau
nimmt, sieht man von ihrer Haustür aus ein hübsches
Bauerndorf, aber das Kraftwerk sieht man nicht. Es liegt verborgen
hinter den Hügeln.
Von ihrem Haus bis zum AKW sind es nur zwei Kilometer Luftlinie.
Wer so nahe dran lebt, gehört in die "Zone eins" und hat das
Privileg, gegen die Atomanlage einspra che berechtigt zu sein. Ursula
Balmer gehört seit Jahren der Ökogruppe an, die schon diverse
Einsprachen durchgezogen hat, doch diesmal geht es um etwas anderes:
Neben dem alten AKW will das Berner Energie unternehmen BKW zusammen
mit dem Ostschweizer Energiekonzern Axpo ein neues bauen.
Im 13. Februar kommt es zur grossen Abstimmung. Dabei wird die
Temperatur gemessen, mehr nicht. Denn das AKW könnte auch gebaut
werden, wenn die BernerInnen Mitte Februar Nein sagen würden, da
am Ende die ganze Schweiz über die AKW-Neubauten befinden wird,
was frühestens in zwei, drei Jahren ansteht. Trotzdem wäre
ein Nein der BernerInnen ein starkes Signal.
Das Dach von Balmers Haus ist mit Solarpanels vollgepackt, die so
viel Strom produzieren, dass alle, die in der ehemaligen Käserei
leben, damit auskommen. Ursula Balmer hat hier mit ihrem Mann vier
Kinder grossgezogen. Sie war Sekundarlehrerin und arbeitet heute
für einen Verein, der Tagesfamilien vermittelt. Vor acht Jahren,
nach der letzten verlorenen Atomabstimmung, hätten sie die
Ökogruppe fast aufgelöst, erzählt Balmer. Doch dank ihr
überlebte die Gruppe und erlebte eine Renaissance, heute hat sie
rund vierzig Mitglieder, acht bis zehn Personen kommen an die Sitzungen.
Und wie ist die Stimmung im Dorf? Viele würden das Thema
meiden, sagt Balmer. Als sie kürzlich Flyer in die
Briefkästen verteilt habe, hätten manche betreten reagiert,
als sie sie auf der Strasse antraf. "Ein Bauer hat mir aber auch
gesagt: ‹Meine Frau stimmt sicher dagegen. Ich werde auch dagegen
stimmen, aber das erzähle ich nicht her um.›"
Ein bisschen habe sie schon ein schlechtes Gewissen, dass sie im
Dorf nicht mehr mache, sagt Balmer. Aber eigentlich wüssten hier
eh schon alle, was sie stimmen würden. Trotzdem schaltet die
Ökogruppe in den Amtsblättern kleine, aufmüpfige
Inserate, in denen steht, weshalb sie gegen ein zweites Mühleberg
sind: weil es neue Hochspannungsleitungen brauche, weil es die
Auslandsabhängigkeit erhöhe, weil sie alle ihrer Heimat
beraubt würden, wenn es zum Super-GAU käme. Auf die Inserate
habe sie auch immer wieder positive Reaktionen von Leuten erhalten, von
denen sie es gar nicht erwartet habe, sagt Balmer.
Die Opposition schweigt
Margret Maeder ist auch in der Ökogruppe dabei und an diesem
Tag bei Ursula Balmer zu Besuch, doch möchte sie lieber nicht zu
prominent in die Zeitung. Maeder ist in Gümmenen aufgewachsen, das
zu Mühleberg gehört. Sie hat erlebt, wie das Kraftwerk gebaut
wurde, doch damals gab es keine Opposition. Heute leidet sie an einem
Lymphom und überlegt sich schon, ob das mit dem AKW
zusammenhängt. Maeder meint, sie passe nicht ganz ins Dorf, sie
sei die Grüne, die alleinerziehende Mutter, die, die vor ihrem
Haus einen Infobus gegen Mühleberg aufgestellt hatte.
Heute sei es ruhig in der Gemeinde, sagt Maeder und nimmt den
Berner "Bund" hervor, wo der Präsident der lokalen SP gesagt hat:
"Es ist ein grosses Spannungsfeld, und wir lassen Stimmfreigabe zu."
Und weiter sagte er: Als Ortspartei in einer kleinen Gemeinde wie
Mühleberg befinde man sich in einer schwierigen Situation. "Wie
ernst würden wir bei einem Nein im Dorf noch ge nommen?"
Laut einer Umfrage, die die BKW im Dorf machen liess, sind 65
Prozent für den Neubau. Der Gemeinderat hat sich auch dafür
ausgesprochen. Für die Gemeinde geht es auch um Geld. Wie der
"Bund" vorrechnete, bekommt sie über die Steuern von der BKW
jährlich 1,2 bis 1,5 Millionen Franken - und das bei einem
Ausgabenbudget von 12,6 Millionen Franken. Dank dieser Gelder konnte
Mühleberg in den letzten Jahren die Steuern senken.
Trotzdem sind nicht alle glücklich. Schon vor geraumer Zeit
organisierten sich die Leute von der Salzweid. Das Gebiet liegt an der
Autobahn, schönes Kulturland, das einst genutzt werden soll, um
darauf eine Siedlung für die ArbeiterInnen hinzustellen, die
Mühleberg bauen müssten. Rund 1700 Menschen sollten dann
temporär dort wohnen. Die Interessengemeinschaft (IG) Salzweid
verlangte, dass die BKW ihr eigenes Land am andern Ende der Gemeinde
nutzt, um ihr temporäres Dorf hinzustellen.
Letztes Jahr hat die BKW Alternativen geprüft. Das Resultat
war für die IG wenig erfreulich, die BKW rückt wohl nicht
davon ab, die Salzweid zu beanspruchen. Oder wie es Christian Minder,
ein betroffener Landwirt, gegenüber der WOZ formuliert: "Wir
werden die Planung nicht mehr von unserem Grundeigentum wegbringen,
weil die BKW Enteignungsmöglichkeit hat. Wenn das Projekt
realisiert würde, müssten wir mit dieser Tatsache leben."
Trotzdem verhält sich die IG im Abstimmungskampf still - die
Begründung von Minder: "Da einige IG-Mitglieder persönlich,
wirtschaftlich oder politisch von Mühleberg oder der BKW
abhängig sind, hat eine Mehrheit beschlossen, dass die IG als
Organisation im Abstimmungskampf politisch neutral bleibt." Einige
Mitglieder würden sich aber ausserhalb der IG sehr wohl
engagieren. "Für mich privat als Anwohner und Grundeigentümer
wäre natürlich bei einem Volksnein zu Mühleberg das
Problem elegant gelöst", fügt Minder noch an.
Die Regierung äussert sich deutlich
Und wie verläuft die Debatte ausserhalb der betroffenen
Region? Burgdorf, Dienstag abend, die Grünen haben zu einer
Veranstaltung "Erneuerbare Energiezukunft - ohne Atom!?" eingeladen.
Auf dem Podium sitzen Jürg Buri von der Schweizerischen
Energiestiftung, Hans Grunder, Präsident der
Bürgerlich-Demokratischen Partei (BDP), und Christine Häsler,
Fraktionspräsidentin der Grünen im Berner Kantonsrat.
Im Saal sitzen etwa zwanzig Personen. Buri ist eloquent dagegen,
Grunder liebenswürdig dafür und Häsler dagegen.
Alle sorgen sich um die Umwelt. Grunder ist grundsätzlich
einer Meinung mit Buri, nur dass er glaubt, der Klimawandel lasse sich
ohne den Bau neuer Atomkraftwerke nicht aufhalten. Buri sagt, das sei
falsch, weil damit die Gelder in die falsche Richtung gelenkt
würden, man könne den Franken nur einmal ausgeben,
würden Atomkraftwerke gebaut, fehlten die Mittel für den
Ausbau der erneuerbaren Energien. Häsler sagt, sie sei auch gegen
Atomkraftwerke, die alternativen Energien hätten Zukunft. Dann
spricht sie über die Wasserkraft und darüber, dass "KWO plus"
gebaut werden müsse. Manche im Saal staunen, jemand sagt, er habe
grad eine politische Sternstunde erlebt, die Grünen seien doch
immer gegen den Ausbau des Pumpspeicherwerkes auf der Grimsel gewesen.
Grunder freut sich ebenfalls, dass bei den Grünen ein Umdenken
stattfinde.
Und das ist das Resultat des Abends. Man ist nett miteinander und
versöhnt sich nebenbei bei einem Projekt, das die Umweltver
bände seit Jahrzehnten bekämpfen. Buri versucht noch zu
erklären, weshalb er das Grimsel projekt nach wie vor für
eine schlechte Idee hält, doch vermutlich verstehen nicht alle im
Saal, worum es ihm geht (nachts gibt es zu viel
überschüssigen Atomstrom, der benutzt wird, um Wasser in die
Speicherseen zu pumpen - womit billiger Atomstrom in teureren
Spitzenstrom umgewandelt werden kann).
So wird heute offenbar über AKW gestritten: lieb, besorgt,
konfus. Immerhin äusserte sich die Berner Kantonsregierung
für Schweizer Verhältnisse aussergewöhnlich deutlich.
Das Berner Parlament ist zwar bürgerlich dominiert und wollte die
Regierung nötigen, sich für den AKW-Neubau auszusprechen.
Doch die Regierung liess sich das Wort nicht verbieten. Die
Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer (SP) legte am Dienstag vor den
Medien dar, weshalb sie gegen Mühleberg II sei: Atomkraft sei eine
veraltete Technologie, sie sei gefährlich und schade der Umwelt,
das finanzielle Risiko sei zu gross, Investitionen in erneuerbare
Energie brächten mehr Arbeitsplätze. Und falls in
Mühleberg ein Unfall passiere, müsste "bei Westwind, einer
nicht unüblichen Wetterlage für Bern, unter Umständen
die ganze Stadt und Agglomeration evakuiert werden" - dieses
Risiko wolle man nicht nochmals fünfzig Jahre tragen.
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BZ 20.1.11
CSP lehnt Atommüll-Zwischenlager ab
Freiburg/MühlebergDer Vorstand der CSP Freiburg zeigt sich
besorgt über das Sicherheitsrisiko einer oberirdischen
Zwischenlagerung von hoch radioaktivem Material in einer Halle in
Mühleberg. Dies schreibt die Partei in einer Mitteilung. "Das
AKW-Neubauprojekt der BKW befindet sich vor den Toren unseres Kantons."
Für Mensch und Umwelt im Kanton Freiburg entstehe ein
Gefahrenpotenzial, zum Beispiel im Fall von Erdbeben,
Klimakatastrophen, Terroranschlägen oder kriegerischen Konflikten.
39 freiburgische Gemeinden befinden sich gemäss CSP in einem
Umkreis von 20 Kilometern vom AKW Mühleberg entfernt. Bei einem
Zwischenfall mit Austritt von radioaktiven Substanzen wären
Bevölkerung und Umwelt in den Zonen 1 und 2 der Kantone Bern und
Freiburg "allenfalls hohen Strahlenbelastungen ausgesetzt - mit
verheerenden Folgen", schreibt die CSP. Mühleberg, das vor 38
Jahren ans Netz ging, sei eines der weltweit ältesten
Kernkraftwerke. Bereits dies bedeute ein erhöhtes
Sicherheitsrisiko. Die Delegierten der CSP Schweiz haben in Freiburg
eine Resolution gegen den Bau neuer AKW verabschiedet.
pd
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Freiburger Nachrichten 20.1.11
CSP fürchtet Zwischenlager
Die CSP Freiburg zeigt sich besorgt über das geplante
Zwischenlager für radioaktive Abfälle in Mühleberg.
Freiburg "Der Vorstand der CSP Freiburg ist vor allem besorgt
über das Sicherheitsrisiko einer oberirdischen Zwischenlagerung
von hochradioaktivem Material in einer Halle in Mühleberg für
Mensch und Umwelt unseres Kantons - zum Beispiel im Fall von Erdbeben,
Klimakatastrophen, Terroranschlägen oder kriegerischen
Konflikten", schreibt die CSP in einer Medienmitteilung. Sie erinnert
daran, dass neben dem neuen geplanten Atomkraftwerk in Mühleberg
eine riesige Halle errichtet werden soll, in der nicht nur Abfälle
der neuen Anlage, sondern auch abgebrannte Brennelemente und
Rückbauabfälle des bestehenden Atomkrafwerks Platz haben
sollen. "In Mühleberg könnte die Halle bis 200 Meter lang und
bis 80 Meter breit sein", schreibt die CSP in ihrer Medienmitteilung.
Vor den Toren Freiburgs
Die CSP weist auch darauf hin, dass 39 Freiburger Gemeinden sich
in einem Umkreis von 20 Kilometern (Zone 2) vom gegenwärtig in
Betrieb stehenden Atomkraftwerk Mühleberg entfernt befinden. "Bei
einem Zwischenfall mit Austritt von radioaktiven Substanzen wären
Bevölkerung und Umwelt in den Zonen 1 und 2 der Kantone Bern und
Freiburg allenfalls hohen Strahlenbelastungen ausgesetzt - mit
verheerenden Folgen", warnt die CSP. az
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Langenthaler Tagblatt 20.1.11
Umweltverbände verzichten auf Beschwerde
AKW-Abstimmung Nach eingehender Prüfung einer
Abstimmungsbeschwerde wegen dem angeblich unvollständigen
Büchlein zur Abstimmung über ein neues AKW in Mühleberg
verzichten die Umweltverbände. Wie das Komitee "Nein zum neuen AKW
Mühleberg" mitteilte, sei es klarer Wille der Umweltverbände
und Organisationen, dass die Bernerinnen und Berner mit der
Konsultativabstimmung gegenüber dem Bund rechtzeitig zum
Rahmenbewilligungsgesuch der BKW Energie AG Stellung nehmen
könnten. Im Gegenzug erwarten sie nun von Kanton und BKW, dass
diese "umfassend und in aller Deutlichkeit" über das gleichzeitig
mit dem neuen AKW geplante grosse Zwischenlager für hoch
radioaktive Abfälle informieren (vgl. az Langenthaler Tagblatt vom
Dienstag).
SVP klärt Beschwerde weiter ab
Ebenfalls eine Beschwerde prüft die SVP Kanton Bern -
allerdings wegen den Äusserungen des Regierungsrates respektive im
Speziellen wegen dem Medienauftritt von Energiedirektorin Barbara Egger
(vgl. gestrige Ausgabe). Geschäftsführerin Aliki Panayides
sinnierte, die Beschwerde könne durchaus auch ohne aufschiebende
Wirkung Sinn machen. Bei einem Erfolg vor Bundesgericht müsste die
Abstimmung dann nachträglich annulliert werden; die positive oder
negative Stellungnahme an den Bund wäre dannzumal allerdings schon
abgeschickt.
Bund gegen Fristverlängerung
Dass der Termin zwischen Abstimmung und Stellungnahme knapp ist,
ist nicht neu. Bereits letzten Sommer beantragte der Kanton beim Bund
daher eine Fristverlängerung; blitzte jedoch ab. Das sei immer
noch der aktuelle Stand, hiess es gestern bei der Energiedirektion. Zum
möglichen Verfahren sagte Staatsschreiber Kurt Nuspliger: Das
Bundesgericht behandle Abstimmungsbeschwerden in der Regel nicht vor
dem Urnengang. Überhaupt behandle Lausanne Einwände gegen
Vorbereitungshandlungen nach der Abstimmung als Beschwerden gegen das
Ergebnis. Dann werde zuerst geprüft, ob es sich bei der
behaupteten unzulässigen behördlichen Einflussnahme
überhaupt um einen rechtlich erheblichen Fehler handle. Falls Ja,
prüfe das Bundesgericht, ob sich dieser auch aufs Ergebnis
ausgewirkt habe. Erst dann würde die Abstimmung allenfalls
aufgehoben. (sat)
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Bund 20.1.11
Mühleberg-Abstimmung
Nein-Komitee verzichtet auf Abstimmungsbeschwerde
Das Komitee "Nein zum neuen AKW Mühleberg" verzichtet trotz
der jüngsten Debatte über das Zwischenlager für
radioaktive Abfälle auf eine Abstimmungsbeschwerde. Die Berner
Bevölkerung solle rechtzeitig zum Rahmenbewilligungsgesuch eines
neuen AKW in Mühleberg an der Urne Stellung nehmen können,
schreibt das Komitee. Dies wäre aber mit einer Beschwerde und
einer allfälligen Verschiebung der Abstimmung nicht mehr
gewährleistet. Das Komitee fordert den Kanton und die BKW auf, in
der Informationsarbeit das geplante Zwischenlager "und seine
quantitativen und zeitlichen Dimensionen in aller Deutlichkeit zu
kommunizieren". (sda)
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BZ 20.1.11
AKW: Keine Beschwerde
AKW-DebatteDas Komitee "Nein zum neuen AKW Mühleberg"
verzichtet auf eine Abstimmungsbeschwerde.
Weil in den Abstimmungsunterlagen das projektierte Zwischenlager
für hoch radioaktive Zwischenfälle nicht explizit
erwähnt wird, haben verschiedene Parteien und das Nein-Komitee
eine Abstimmungsbeschwerde geprüft. Das Komitee "Nein zum neuen
AKW Mühleberg" sowie die SP des Kantons Bern verzichten nun
darauf. Das Nein-Komitee fordert aber eine umfassende Information vom
Kanton und von der BKW.
Es sei der klare Wille des Komitees, dass die Berner
Bevölkerung rechtzeitig zum Rahmenbewilligungsgesuch eines neuen
AKW in Mühleberg an der Urne Stellung nehmen kann. Nach
eingehender Prüfung habe das Komitee feststellt, dass dies mit
einer Abstimmungsbeschwerde und einer allfälligen Verschiebung der
Abstimmung nicht mehr gewährleistet wäre.
Das Komitee will nun die Thematik um das Zwischenlager in
Mühleberg weiter ausschlachten und hat deshalb kurzfristig eine
neue Kampagne lanciert. Die neuen Plakate werden bereits ab
nächster Woche im ganzen Kanton hängen.
nb
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20 Minuten 20.1.11
AKW: Keine Beschwerde
BERN. Im Kampf gegen das AKW Mühleberg und das im
Abstimmungstext verschwiegene Zwischenlager wird wohl keine
Stimmrechtsbeschwerde erhoben. Denn sowohl das Komitee "Nein zum neuen
AKW Mühleberg" als auch die Grüne Freie Liste Zollikofen
haben nach einer Prüfung beschlossen, darauf zu verzichten.
Stattdessen fordern beide Seiten eine umfassende Aufklärung der
betroffenen Bevölkerung.
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Solothurner Zeitung 20.1.11
"Nur geringes Restrisiko"
Atomenergie Das Hauptthema an der 5. Generalversammlung der
Aktion für eine vernünftige Energiepolitik Schweiz (Aves) in
Solothurn war das Referat von Horst-Michael Prasser, Professor für
Kernenergiesysteme an der ETH Zürich. Der Titel lautete:
"Kernenergie - Sicherheit und Umwelt". Prasser gab aber bereits zu
Beginn bekannt, dass er nur am Rande auf die Entsorgung und Lagerung
von radioaktivem Abfall eingehen werde. Zunächst erklärte
Prasser kurz die Unterschiede von Kernkraftwerken zu anderen
Energieproduzenten. So werde zum Beispiel für den Import von
Erdöl viel mehr Geld ausgegeben als für den Import von
Kernbrennstoff. "Auch ist die Verfügbarkeit von Uran für
mindestens 80 Jahre erkundet."
Beim Thema Sicherheit erklärte der ETH-Professor
verschiedene Notsysteme. Bei einer Kernschmelze gebe es sogenannte
"Core Catcher". Man kann sich diese wie grosse Auffangbecken für
den geschmolzenen Kern vorstellen. "Dieses Wissen wurde eingehend
getestet, zum Teil auch in alten Kernkraftwerken", so Prasser. Bei den
neuen Kernkraftwerken, genannt Generation III, bleibt somit nur noch
ein geringes Restrisiko übrig. Prasser meint: "Die Vorteile - die
Entlastung der Umwelt, gute Ökonomie, geringe Gesundheitsrisiken
und weniger reale Störfallopfer - überragen das Restrisiko.
Die Zukunft besteht aus nuklearer, erneuerbarer Energie und rationellem
Energieersatz ohne fossile Energie."
Rückbau kostet 1 Mrd. Franken
Nach diesem Referat konnten die Anwesenden Fragen stellen. Eine
Frage galt den stillgelegten Reaktoren. Prasser erklärte: "Es
braucht rund 10 bis 15 Jahre für den Rückbau. Dieser kostet
dann auch etwa eine Milliarde Franken. Allerdings ist dieser Betrag
bereits durch den Betrieb gedeckt." Ein grosser Teil des Abfalls sei
nicht oder nur schwach radioaktiv. Manchmal werde der Brennstoff wieder
aufbereitet, das schaffe eine günstigere Lagerung der radioaktiven
Stoffe. Am Ende rief ETH-Professor Horst-Michael Prasser nochmals allen
ins Gedächtnis: "Kein Kraftwerk (auch kein Kohlekraftwerk) ist
frei von radioaktiven Emissionen." (osl)
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Bund 19.1.11
Mühleberg-Abstimmung: Zwei Fronten gegen Regierungsrat
Bürgerliche und Grüne kritisieren Kantonsregierung in
Sachen AKW-Haltung.
Sarah Nowotny
Zwei Beschwerden werden geprüft, Rücktrittforderungen
ausgesprochen und Adjektive wie "inakzeptabel" häufen sich: Der
Abstimmungskampf im Kanton Bern zur Frage, ob in Mühleberg ein
neues Atomkraftwerk gebaut werden soll, geht in die heisse Phase.
Gestern erklärte Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer (SP) vor
den Medien, warum der rot-grün dominierte Regierungsrat gegen das
AKW ist. Dies wurde von bürgerlichen Parlamentariern gar nicht
goutiert - der Grosse Rat ist klar für Mühleberg II und hat
die Regierung gezwungen, sich zumindest auf dem Papier dafür
auszusprechen. Die Einmischung des Regierungsrats in den
Abstimmungskampf via Medien sei eine Verletzung der
verfassungsmässigen Pflicht einer Exekutive, schrieb
Grossratspräsident Gerhard Fischer (SVP) in einem offenen Brief.
Die SVP prüft gar eine Stimmrechtsbeschwerde gegen Egger wegen
"Falschinformation". SP-Präsident Roland Näf hingegen
bezeichnet den "Maulkorb", den man der Regierung verpassen wolle, als
"inakzeptabel" und findet, Fischer kenne das politische System nicht
und solle deshalb zurücktreten.
Egger indes steht aus anderen Gründen auch von unerwarteter
Seite unter Beschuss: Die Grünen kritisieren, dass die Regierung
die Chance verpasst habe, die Bevölkerung über das geplante
Zwischenlager für radioaktiven Müll in Mühleberg zu
informieren. Stattdessen verharmlose er diese Absicht "erheblich".
Tatsächlich steht zum Lager nichts im Abstimmungsbüchlein -
AKW-Gegner prüfen eine Beschwerde gegen die offizielle Botschaft
des Kantons. - Seite 23
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Grossratspräsident rügt Einmischung der Regierung vor
AKW-Abstimmung
Die SVP prüft wegen "Falschinformation" eine
Stimmrechtsbeschwerde gegen Energiedirektorin Egger.
Sarah Nowotny
Die Regierung habe das Fass endgültig zum Überlaufen
gebracht, erklärte Grossratspräsident Gerhard Fischer (SVP).
Der höchste Berner solle zurücktreten, da er offensichtlich
das politische System der Schweiz nicht verstehe, antwortete kurz
darauf der kantonale SP-Präsident Roland Näf. Was war
passiert? Gestern legte Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer (SP) vor
den Medien dar, warum der rot-grüne Regierungsrat gegen den Bau
eines neuen Atomkraftwerks in Mühleberg ist (siehe Text unten) -
wenige Wochen, bevor sich das Volk am 13. Februar zu dieser Frage
äussern kann. Pikant ist die Pressekonferenz deshalb, weil sich
der mehrheitlich bürgerliche Grosse Rat bereits im Herbst für
ein neues AKW ausgesprochen hat.
Allerdings hat die Regierung nie ein Hehl aus ihrer Haltung
gemacht: Schon als der Grosse Rat sie dazu verknurrte, sich
gegenüber den Entscheidungsträgern auf Bundesebene positiv zu
Mühleberg II zu äussern, tat sie dies nur widerwillig.
Mehrmals kündigte Egger zudem an, dass der Regierungsrat seine
Position im Abstimmungskampf noch darlegen werde. Trotzdem provozierte
sie gestern heftige Reaktionen. Der Grosse Rat habe sich klar - mit 91
zu 53 Stimmen - für ein neues AKW ausgesprochen, schrieb
Grossratspräsident Fischer in einem offenen Brief an Politiker und
Medienvertreter. Angesichts dieses Verdikts sei es die
"verfassungsmässige Pflicht" der Exekutive, den Beschluss des
Parlaments zu vollziehen und auf "erneute Kommunikation" zu verzichten
- oder wenigstens Sachlichkeit und grosse Zurückhaltung zu
üben.
"Maulkorb ist inakzeptabel"
Dies sei aber nicht geschehen, und als Grossratspräsident
sei es seine Pflicht, das Vorgehen der Regierung im Namen des
Parlaments zu verurteilen, so Fischer weiter. "Nicht alles, was nicht
ausdrücklich untersagt ist, entspricht gutem politischem Stil" -
zumal die Regierung bereits mehrmals Gelegenheit gehabt habe, ihre
Haltung darzulegen. "Die Sorge um die Energiezukunft und
bürgerliche Grossräte haben mich zu diesem Schritt
gedrängt", sagte Fischer auf Anfrage. In die Klage stimmten denn
auch alle bürgerlichen Parteien ein. Der Regierungsrat belaste
"unnötigerweise" das Verhältnis zum Grossen Rat, liess die
BDP verlauten. Die SVP zeigte sich "empört", sprach von
"Falschinformationen" und einer "offensiven Abstimmungskampagne".
Obwohl die "objektiven Fakten" klar für den "Ersatz des
Kernkraftwerks Mühleberg" sprächen, behaupte die Regierung
"ohne jegliche sachliche Untermauerung", es brauche keine AKW mehr.
Deshalb prüfe die Partei eine Stimmrechtsbeschwerde.
"So kurz vor der Abstimmung liegen die Nerven blank", lautete der
Befund von FDP-Fraktionschef Adrian Kneubühler.
Verfassungsrechtlich gesehen habe Fischer richtig gehandelt. "Ich
hätte dieses Verhalten von der Regierung nicht erwartet, aber in
dieser Angelegenheit ist offenbar alles möglich." Die Tatsache,
dass Egger vor den Medien keine neuen Argumente auf den Tisch gelegt
habe, zeige, dass es bei ihrem Auftritt bloss um ein "Polit-Theater"
gegangen sei.
Diametral entgegengesetzt beurteilte SP-Präsident Näf
die Lage: "Es ist fragwürdig, eigentlich inakzeptabel, wenn der
Grossratspräsident einen Maulkorb für die Regierung fordert."
Die Regierung dürfe sehr wohl informieren - "auch mehrmals, denn
es ist schwierig, die Aufmerksamkeit der Bevölkerung zu bekommen".
Viel schlimmer sei, dass die BKW mit dem Geld der Stromkunden
Propaganda betreibe.
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Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer nimmt Stellung zum AKW-Neubau
"Ein Zwischenlager ist immer Bestandteil eines AKW"
Atomkraftwerke seien eine "völlig veraltete, teure,
gefährliche und unnötige" Technologie, findet die bernische
Regierung.
Mit dem geplanten neuen Atomkraftwerk, zu dem das Berner
Stimmvolk am 13. Februar Stellung nehmen kann, würden in
Mühleberg auch zwei grosse Zwischenlager für Atommüll
entstehen. Allerdings fehlt diese Information im
Abstimmungsbüchlein - AKW-Gegner prüfen deshalb eine
Beschwerde ("Bund" von gestern). Diesen Entwicklungen konnte sich die
bernische Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer (SP) nicht entziehen,
als sie gestern vor den Medien in Bern die Anti-AKW-Haltung der
Regierung begründete. Die Frage, warum der Regierungsrat in Sachen
Abfälle nicht für Transparenz gesorgt habe, war eine der am
heftigsten diskutierten. "Grundsätzlich ist für die
Abstimmungsbotschaft das Büro des Grossen Rats zuständig -
und nicht der Regierungsrat oder gar meine Direktion", sagte Egger. Die
Verwaltung sei nur bei der Vorbereitung der Botschaft zugegen,
könne sich dazu aber nicht verbindlich äussern. "Es wäre
vielleicht tatsächlich gut gewesen, das Zwischenlager in der
Botschaft zu erwähnen." Im Gesuch für ein neues AKW, das der
Energiekonzern BKW beim Bund eingereicht habe, fänden sich
Informationen dazu. "Dieses Dokument war im Besitz der zuständigen
Kommission des Grossen Rats. Ihre Mitglieder müssen die Unterlagen
halt aufmerksam lesen."
"Ohne Staat nicht finanzierbar"
Ein Zwischenlager für schwach und mittel radioaktive
Abfälle sowie für hoch radioaktive verbrauchte Brennelemente
sei immer Bestandteil eines AKW. "Das wurde nie verschwiegen. Die
Diskussion zeigt aber, dass AKW nicht zuletzt wegen der
gefährlichen Radioaktivität und der Abfälle umstritten
sind." Egger zählte freilich noch andere Aspekte auf, die aus
Sicht der Regierung gegen die Atomkraft sprechen. AKW seien eine
"völlig veraltete" Technologie ohne Zukunft und liessen sich wohl
ohne staatliche Hilfe nicht finanzieren. "Heute stehen wir bei den
erneuerbaren Energien vor einem Durchbruch - AKW-Strom könnte
schon in 20 Jahren teurer als Solarstrom sein." Auch bei der
effizienten Nutzung von Energie gebe es grosse Fortschritte.
"Sparlampen, die heute 50 Franken kosten, werden in zehn Jahren nur
noch mit wenigen Franken zu Buche schlagen." Es sei zudem jederzeit
möglich, Strom aus dem Ausland zu importieren. Ferner wolle die
Regierung die Bevölkerung nicht länger dem Risiko eines
Störfalls aussetzen - auch wenn dieses gering sei. "Unter
Umständen müssten wir die ganze Stadt Bern und ihre
Agglomeration evakuieren." Wie auch immer die Abstimmung ausgehe: "Die
Regierung erwartet, dass der Entscheid von allen Seiten akzeptiert
wird." Konkret heisst das, Egger will, dass die BKW bei einem Nein ihre
Planung einstellt.(sn)
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Kommentar
Keine Manipulation in letzter Minute
Sarah Nowotny
Wie tief die beiden gegnerischen Lager wenige Wochen vor der
kantonalen Abstimmung über ein neues Atomkraftwerk in
Mühleberg gespalten sind, wurde gestern einmal mehr deutlich.
Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer (SP) legte vor den Medien dar,
warum die rot-grüne Regierung gegen Mühleberg II ist. Dies
kritisierten die bürgerlichen Parteien scharf.
Grossratspräsident Gerhard Fischer (SVP), der einem Parlament
vorsteht, das Mühleberg befürwortet, schrieb gar einen
offenen Brief. Die Regierung habe ihre Sicht der Dinge schon oft genug
darstellen können und müsse laut Verfassung den
Parlamentsbeschluss pro Mühleberg vollziehen - oder zumindest den
Argumenten der Befürworter Rechnung tragen.
Nun muss man Egger zugutehalten, dass sie die Sichtweise des
Pro-AKW-Lagers erwähnte - um dann zum Schluss zu kommen, es
brauche trotzdem keine neuen AKW. Angesichts der Tatsache, dass diese
Haltung der Regierung längst überall bekannt ist, wirkt die
Reaktion des zur Neutralität verpflichteten
Grossratspräsidenten etwas übertrieben: Gerade weil alle die
Ansichten des Regierungsrats kennen und Letzterer sich schon
früher immer wieder zu Mühleberg geäussert hat, kann die
Pressekonferenz kaum als störender manipulativerAkt in letzter
Minute bezeichnet werden.
Wenn Fischer das Rollenbild der Exekutive zeichnet, vergisst er
zudem, dass diese auch eine Informationspflicht hat. Es ist zwar nicht
gesetzlich geregelt, wie sich eine Regierung in dieser speziellen
Situation - ihre Position widerspricht dem Parlamentsbeschluss - im
Detail zu verhalten hat. Ein Gutachten des Bundesamtes für Justiz
von 2006 gibt aber Hinweise: Der Bundesrat könne vor Abstimmungen
auch seine Haltung darlegen und dürfe Transparenz bei abweichenden
Positionen schaffen, heisst es dort. Im Kanton Bern tat eine
bürgerliche Regierung 1999 übrigens genau das auf Stufe
Parlament: Sie lockerte zwar auf Wunsch des Grossen Rats die
Uferwegplanung, bat die Legislative dann aber, nicht auf ihren Entwurf
einzutreten.
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Bürgerliches Jugendkomitee für Mühleberg-Ersatz
Das "Jugendkomitee Pro Mühleberg" hat sich am Montag den
Medien präsentiert. Im Komitte haben sich Jungpolitiker der JSVP,
der Jungfeisinnigen und der BDP zum Zweck formiert, insbesondere junge
Wähler zu einem Ja zur Konsultativabstimmung zu bewegen. Das
Ersatz-Atomkraftwerk ermögliche Unabhängigkeit vom Ausland
und eine zahlbare und klimafreundliche Stromversorgung, sagten die
Grossräte Erich Hess (JSVP), Jan Gnägi (BDP) und Bernhard
Eicher (Jungfreisinn).(pd)
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BZ 19.1.11
AKW-Abstimmung: Die Nerven liegen blank
Kanton Bern. Die Regierung führt ihren Kampf gegen das AKW
weiter. SVP, BDP und sogar der Grossratspräsident greifen sie
scharf an. Nun zeichnet sich eine Maulkorb-Debatte ab.
SP-Regierungsrätin Barbara Egger sagte gestern vor den
Medien in Bern nichts Neues: Dass der bernische Regierungsrat -
mehrheitlich rot-grün - ein neues AKW in Mühleberg ablehnt,
ist bestens bekannt. Trotzdem provozierte ihre Medienkonferenz harsche
Kritik. Selbst Grossratspräsident Gerhard Fischer (SVP) schaltete
sich ein und massregelte die Regierung. Auch SVP und BDP griffen Egger
hart an. Auf Unverständnis stösst, dass die Regierung sich
vor der Abstimmung vom 13. Februar offensiv gegen das AKW ausspricht,
obwohl der Grosse Rat mit klarer Mehrheit - 91 zu 53 Stimmen - für
das Kraftwerk votierte.
Indes räumte sogar der Grossratspräsident ein, dass die
Regierung nichts Verbotenes tut. Auch Rechtsprofessor Pierre Tschannen
erachtet das Verhalten der Regierung als unproblematisch.
Das könnte sich allerdings ändern. Die bürgerliche
Mehrheit des Grossen Rats kann relativ einfach eine Regelung
übernehmen, die auf Bundesebene seit 2009 gilt: Der Bundesrat darf
demnach keine von der Haltung der Bundesversammlung abweichende
Abstimmungsempfehlung vertreten. Eine analoge Bestimmung im kantonalen
Gesetz würde die Regierung im Streitfall dazu zwingen, die
Empfehlung des bürgerlich dominierten Grossen Rats zu
übernehmen. Den Bürgerlichen kommt zupass, dass das kantonale
Gesetz über die politischen Rechte gerade in Revision ist. Die SVP
erwägt nun, gleich eine analoge Regelung wie beim Bund zu fordern,
erklärt ihr Fraktionschef Peter Brand auf Nachfrage. "Bisher war
das offenbar nicht nötig", sagt Brand, "so etwas wie jetzt darf
aber nicht mehr passieren."fab Seite 13
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"Atomkraft ist technisch veraltet"
AKW-DebatteRegierungsrätin Barbara Egger (SP) sprach sich
gestern im Namen des Gesamtregierungsrates erneut gegen ein neues AKW
in Mühleberg aus. Die rot-grün dominierte Berner Regierung
setzt stattdessen zuversichtlich auf erneuerbare Energien und
Energieeffizienz.
Die bernische Regierung hat gestern ihre ablehnende Haltung zum
Ersatz des Atomkraftwerks Mühleberg bekräftigt. An einer
umstrittenen Medienkonferenz (siehe Zweittext unten) legte die
Energiedirektorin Barbara Egger (SP) die Argumente des Regierungsrates
nochmals dar.
Egger sei sich der speziellen Ausgangslage - die Regierung und
der Grosse Rat sind sich in der AKW-Frage nicht einig - durchaus
bewusst. Der bürgerlich dominierte Grosse Rat spricht sich im
Gegensatz zur Regierung für ein neues AKW aus.
Deshalb betonte die Energiedirektorin, dass der Regierungsrat
sehr froh sei, dass sich das Berner Stimmvolk am 13. Februar zum Ersatz
des Atomkraftwerks Mühleberg äussern könne.
Schnelle Entwicklung
Der Regierungsrat lehnt ein neues Atomkraftwerk im Kanton Bern
ab, weil seiner Ansicht nach die Atomenergie auf einer "uralten
Technologie" beruhe, "die keine Zukunft hat". Zudem sei die
Entsorgungsproblematik trotz intensiver Suche seit 40 Jahren
ungelöst. Angesicht dessen sei es unverantwortlich, wenn mit einem
neuen, grösseren Atommeiler trotzdem neue Atomabfälle
produziert würden.
Auch die Uranaufbereitung sei ökologisch nicht so sauber und
unproblematisch, wie dies gewisse Befürworter glaubten, gab Egger
zu bedenken.
Das Technologieargument erachtet der Regierungsrat als sehr
wichtig. "Denn neue Atomkraftwerke brauchen wir nicht heute oder
morgen, sondern frühestens in 20 Jahren. Wer weiss heute schon,
was in 20 Jahren ist?", fragte Egger in die Runde. Sie machte dabei den
Vergleich zu anderen technologischen Entwicklungen. So hätte vor
20 Jahren auch kaum jemand geglaubt, dass sich Handys und Computer
technologisch so schnell entwickeln würden. "Bei den erneuerbaren
Energien und bei der Energieeffizienz stehen wir heute vor einem
technologischen Durchbruch", sagte Egger. Darin seien sich die
Fachleute auch einig.
Aus diesem Grund sei der Regierungsrat überzeugt, dass die
Energieversorgung in 20 Jahren auch ohne Atomenergie möglich sein
werde. Bis zu diesem Zeitpunkt würden europaweit genügend
erneuerbare Energien zur Verfügung stehen.
Das Gefahrenpotenzial, das von einem AKW ausgeht, schätzt
der Regierungsrat grundsätzlich als gering ein. Aber ein gewisses
Restrisiko könne nicht ausgeschlossen werden. Die Regierung will
die Bevölkerung diesem Risiko nicht länger als nötig
aussetzen. Bei einem Störfall in Mühleberg müsste bei
einer Westwindlage die ganze Stadt und Agglomeration evakuiert werden,
gab Egger zu bedenken.
"Zwischenlager ist nicht neu"
Egger sprach auch über das Abstimmungsbüchlein, das
zurzeit viel zu reden gibt, weil es das geplante Zwischenlager der BKW
in Mühleberg für radioaktive Abfälle nicht explizit
erwähnt.
Für sie als Energiedirektorin sei immer klar gewesen, dass
in Mühleberg neben dem neuen Atomreaktor auch ein Lager für
hoch radioaktive Abfälle projektiert sei. Jedes Atomkraftwerk habe
am Standort immer auch ein Lager für radioaktive Abfälle,
betonte die Regierungsrätin. Dieser Sachverhalt sei nie
verschwiegen worden und im Rahmenbewilligungsgesuch - das sie
übrigens gelesen habe - auch enthalten.
Der Regierungsrat und ihre Direktion könnten nichts
dafür, dass das Zwischenlager im Abstimmungsbüchlein nicht
erwähnt ist. Für die Abstimmungsbotschaft sei alleine der
Grosse Rat beziehungsweise sein Büro zuständig. Es wäre
aber wohl besser gewesen, wenn man das Zwischenlager in den
Abstimmungsunterlagen erwähnt hätte, sagte Egger. Allerdings
sei der Platz in einer Abstimmungsbotschaft knapp, und sie erinnerte
daran, dass das Berner Stimmvolk ohnehin nicht über ein Baugesuch,
sondern über die Stellungnahme des Kantons an den Bund über
"Mühleberg II" abstimme.
Niklaus Bernhard
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Der "höchste Berner" tadelt den Regierungsrat
Der Grossratspräsident, SVP und BDP griffen den
Regierungsrat gestern hart an: Sein Abstimmungskampf sei problematisch
und belaste das Verhältnis zum Grossen Rat.
Der Präsident des bernischen Grossen Rates, Gerhard Fischer
(SVP), war bestens vorbereitet: Eine halbe Stunde nach Beginn der
Anti-AKW-Medienkonferenz des Regierungsrats verschickte er gestern
einen offenen Brief. Fischer übt darin harte Kritik an der
Regierung. Ihre Aufgabe wäre es in seinen Augen, den Entscheid des
Grossen Rates zu vollziehen. Ihre (abweichende) Haltung hätte sie
gar nicht oder nur zurückhaltend vertreten und dabei die Argumente
der AKW-Befürworter wiedergeben sollen. Implizit gibt Fischer zu,
dass die Regierung nichts Unerlaubtes tat. Sein Brief endet so: "Nicht
alles, was nicht ausdrücklich untersagt ist, entspricht gutem
politischem Stil."
Die SVP reagiert "empört" und ortet eine "unerlaubte
Beeinflussung". Als Beleg zitiert sie Aussagen von Regierungsrätin
Egger vor den Medien, wonach die Atomenergie "uralt" und unnötig
sei. Die SVP prüft nun eine Stimmrechtsbeschwerde.
Nüchterner, aber nicht minder kritisch reagiert die BDP. Das
Vorgehen der Regierung sei "problematisch". Sie müsse
Beschlüsse des Grossen Rates vollziehen und sei bei
Vernehmlassungen an seine Stellungnahme gebunden. In beiden Punkten
widersetze sie sich nun und belaste damit das Verhältnis zum
Grossen Rat.
Energiedirektorin Egger nimmt die Kritik zur Kenntnis, ohne
näher darauf einzugehen.
Staatsrechtler winkt ab
Bewegt sich die Regierung in der Tat auf juristisch heiklem
Terrain? Nein, findet Pierre Tschannen, Professor für
öffentliches Recht an der Universität Bern. "Die Haltung des
Regierungsrates ist ja schon lange öffentlich bekannt", betont er
und verweist auf die Debatte im Grossen Rat, in der die Regierung klar
gegen das AKW Stellung bezogen hat.
"Die Regierung hat gestern also nur wiederholt, dass sie immer
noch gegen AKW ist." Daran sehe er nichts Problematisches und schon gar
keinen Verstoss gegen irgendeinen Artikel in Verfassung oder Gesetz,
sagt Pierre Tschannen - und fügt an, er sei in dieser Frage
relativ liberal gesinnt: Er begrüsse, dass die Positionen der
politischen Behörden transparent gemacht würden.
Dem Argument, die Regierung setze den Beschluss des Grossen Rates
nicht um, vermag der Professor nichts abzugewinnen. Der Grosse Rat habe
ja zweierlei beschlossen: Er habe sich nicht nur für das AKW
ausgesprochen, sondern auch entschieden, diese Stellungnahme dem Volk
vorzulegen. "Genau dies setzt die Regierung jetzt ja um."
Tschannen macht aber auch klar, wo die Grenzen sind: "Wenn die
Regierung Plakate herstellen und aushängen lassen, ein eigenes
Komitee bilden oder andere Komitees aus schwarzen Kassen finanzieren
würde, dann wäre das nicht zulässig."
fab/nb
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BDP kritisiert die Regierung
Kanton BernDie BDP-Delegierten sind ziemlich klar gegen die
Waffeninitiative und wesentlich klarer für den Ersatz des AKW
Mühleberg.
Es sei das Markenzeichen der BDP, dass sie unterschiedliche
Meinungen zulasse, sagte BDP-Kantonalpräsident Urs Gasche gestern
Abend in Langnau. Er zeigte sich stolz darauf, dass an der
Delegiertenversammlung innerhalb der Partei verschiedene Meinungen zur
Waffeninitiative diskutiert werden konnten. Einig wurden sich die
Delegierten nicht: Mit 94 zu 25 Stimmen folgten sie aber der
schweizerischen Mutterpartei und beschlossen die Nein-Parole. Damit
setzte sich Grossrat Lorenz Hess (Stettlen) durch, der die Vorlage
vorab wegen des Schiesssports bekämpfte und "weil die Initiative
halt gegen die Armee geht". Sein Ratskollege Bernhard Riem (Iffwil)
vermochte nicht zu überzeugen, als er sagte, es gehe um ein
"birebitzeli mehr Sicherheit auf der einen und ein birebitzeli weniger
Freiheit auf der andern Seite".
In der zweiten Vorlage ging es, so Gasche, um die Frage, "ob wir
im Kanton Bern in der Energieversorgung weiterhin bei den Grossen sind
oder ob vom Tisch der Grossen etwas zu uns hinuntertröpfelt". Als
es um die Parolenfassung ging, liess Gasche als
BKW-Verwaltungsratspräsident die Versammlung allerdings von
Vizepräsident und Grossrat Samuel Leuenberger (Trubschachen)
leiten. Dieser sah sich aus "aktuellem Anlass" gezwungen, die gestrige
Medienkonferenz der Berner Energiedirektorin Barbara Egger zu
kommentieren. Obwohl der Grosse Rat deutlich beschlossen habe, gegen
aussen ein positives Zeichen für den Ersatz des AKW Mühleberg
zu setzen, habe sie gestern im Namen der Gesamtregierung ihr Nein
bekräftigt (siehe auch Seite 13).
Wenn sich die Gesamtregierung offiziell gegen einen Entscheid des
Grossen Rates stel-le, sei das "staatspolitisch äusserst
bedenklich". Leuenberger sprach gar von einem "offenen Bruch zwischen
Parlament und Regierungsrat". SP-Grossrat Andreas Hofmann (Steffisburg)
hatte einen schweren Stand, als er gegen BDP-Grossrat Mathias Tromp
gegen den Ersatz des AKW Mühleberg argumentierte. Mit 108 zu 12
Stimmen sagte die BDP Ja zum AKW-Ersatz.
sgs
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Langenthaler Tagblatt 19.1.11
Langenthaler Tagblatt Bern
"Zwischenlager gehört einfach dazu"
AKW-Abstimmung Barbara Egger präsentiert Regierungshaltung -
Kritik vom Grossratspräsidenten
Samuel Thomi
Wie mehrfach angekündigt, verteidigte Energiedirektorin
Barbara Egger gestern im Berner Rathaus an einer umstrittenen
Medienkonferenz noch mal das Nein der Kantonsregierung zu einem neuen
AKW in Mühleberg: "Der Regierungsrat ist nicht bereit, Stadt und
Region Bern länger als unbedingt nötig diesem Risiko
auszusetzen", so die SP-Frau (vgl. auch Montagsausgabe). Das Risiko
eines Störfalls sei zwar gering, könne aber nie
ausgeschlossen werden. Zudem sei die AKW-Technologie "veraltet, teuer
und schädlich" für die Umwelt: "Kein innovatives Unternehmen,
das Geld verdienen will, würde unter diesen Umständen heute
noch in ein AKW investieren."
Egger betonte, es gehe bei der Konsultativabstimmung vom 13.
Februar nicht um ein Ja oder Nein zu einem baureifen Projekt, sondern
um den Grundsatz. So haben die drei Elektrizitätsunternehmen BKW,
Axpo und Alpiq beim Bund je auch erst ein Rahmenbewilligungsgesuch
eingereicht; wozu die Kantone nun Stellung nehmen können. Für
Bern hat der Grosse Rat beschlossen, diese freiwillig dem Volk
vorzulegen. Den Bernerinnen und Bernern empfiehlt das bürgerlich
dominierte Parlament mit 91 zu 53 Stimmen (7 Enthaltungen) deutlich ein
Ja. Im Gegensatz dazu machte auch der mehrheitlich rot-grüne
Regierungsrat nie einen Hehl aus seiner ablehnenden Haltung
gegenüber neuen AKW.
"Dem Parlament Rechnung tragen"
Bereits kurz nach dem gestrigen Auftritt kritisierte
Grossratspräsident Gerhard Fischer (SVP/Meiringen) Egger scharf.
Es stehe dem Regierungsrat nicht zu, sich über Aufträge des
Grossen Rates hinwegzusetzen, teilte er in einem offenen Brief mit. Und
die Legislative habe von der Exekutive eine positive Stellungnahme
verlangt. Zumindest, so Fischer, müsste die Regierung
Zurückhaltung üben und der befürwortenden
Parlamentsmehrheit ebenfalls Rechnung tragen.
Egger legitimierte ihren Auftritt mit der Bedeutung des Themas:
"Letztlich geht es darum, ob sich unser Kanton für weitere 50
Jahre und länger mit Atomkraft binden will." Wobei, so Egger, die
Frage der Entsorgung der radioaktiven Abfälle für sie eine
ebenso wichtige Bedeutung habe: "Niemand, keine Gemeinde, kein Kanton
und kein Land der Welt will bekanntlich radioaktive Abfälle bei
sich lagern."
Dem hielt Martin Pfisterer, Mitglied der BKW-Leitung,
gegenüber SFR gestern entgegen, der Betrieb des allfälligen
Zwischenlagers sei nach der Abschaltung von Mühleberg II in 90
Jahren "nur in einer Übergangszeit" geplant.
Dafür, dass in den letzten Tagen das ebenfalls mit dem AKW
geplante Zwischenlager für hoch radioaktive Abfälle für
einigen Wirbel sorgte (az Langenthaler Tagblatt von gestern), zeigte
Egger wenig Verständnis: "Ein Zwischenlager gehört einfach zu
einem Atomkraftwerk." Selber habe sie in den öffentlich
zugänglichen Akten zum Rahmenbewilligungsgesuch davon gelesen.
Auch die SVP prüft nun Beschwerde
Der gestrige Regierungsauftritt provoziert derweil weitere
Kritik: "Barbara Egger hat die Pflicht zur objektiven Information
verletzt", so die SVP. Die Regierung "hintertreibt seit Wochen
systematisch" den Beschluss des Parlaments zum Ersatz der AKW
Mühleberg. So prüft nach den AKW-Gegnern nun auch die
bernische Volkspartei eine Stimmrechtsbeschwerde.
Auch die BDP hält das Vorgehen der Regierung für
"politisch unklug". Einerseits habe diese einen Beschluss des Grossen
Rates umzusetzen, andererseits befürchtet die BDP, der
Regierungsrat belaste so unnötigerweise das Verhältnis zum
Grossen Rat.
Für FDP-Präsident Peter Flück ist es zwar legitim,
dass auch die Regierung ihre Haltung darlegen kann; sie habe dazu aber
schon genug Gelegenheiten gehabt, sagte er der SDA.
Ferner begrüssen die Grünen Kanton zwar die ablehnende
Regierungshaltung zur Konsultativabstimmung, kritisieren Eggers
Ausführungen dennoch: "Der Regierungsrat verharmlost das geplante
Atommülllager." In Mühleberg ein Zwischenlager für hoch
radioaktive Abfälle "durch die Hintertür" einzuführen,
sei "unredlich".
Kommentar rechts
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Kommentar
Wichtige Infos vorenthalten
Samuel Thomi
Die Nerven vor der Konsultativabstimmung über ein neues AKW
in Mühleberg liegen blank: Zuerst drohte die BKW, wegen steigenden
Widerstands müsse der Ausbau der neuen erneuerbaren Energien
reduziert werden. Hinzu kommen fast täglich neue Pro- oder
Kontra-Komitees. Aktueller Höhepunkt: der gestrige Auftritt
Barbara Eggers. Obwohl die Energiedirektorin namens des Regierungsrates
kaum Neues erzählte, provozierte sie in Windeseile eine Flut von
Widersprüchen. Egger sagte ferner, schon immer vom ebenfalls
geplanten Zwischenlager in Mühleberg gewusst zu haben.
Ob zutreffend oder nicht: Diese Aussage überrascht.
Allgemein bekannt war bisher, dass die zusammen mit Mühleberg II
geplanten Zwischenlager weder in der vorberatenden Kommission noch in
der Grossratsdebatte Thema waren. Egger dafür einen direkten
Vorwurf zu machen, wäre aber zu einfach: Es ist zu Recht nicht
Aufgabe des Regierungsrates, das Abstimmungsbüchlein zu texten.
Dennoch steht zumindest die Verwaltung der dafür zuständigen
Grossratskommission zur Verfügung. Diese Hol- und Bringschuld
wiederum stellt dem Milizsystem respektive allen Grossrätinnen und
Grossräten inklusive der Medien als Vierte Gewalt kein gutes
Zeugnis aus. Offenbar vertraute man lieber blind vorhandenen
Positionen, statt das Rahmenbewilligungsgesuch selber zu lesen.
Hier setzt schliesslich berechtigt die Kritik an der BKW ein.
Ginge es dem bernischen Energiekonzern im Abstimmungskampf ernsthaft um
Information, hätte er die im Volk womöglich emotionalsten
Seiten des Projektes von sich aus aktiv thematisiert: den konkreten
Umgang mit dem hochgefährlichen Atomabfall des neuen AKWs in
Mühleberg.
samuel.thomi@azmedien.ch
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Thuner Tagblatt 19.1.11
Ein undemokratischer Affront
Chefredaktor René E. Gygax über die
Stellungnahme des Regierungsrates zur Mühleberg-Abstimmung
Die Stellungnahme des bernischen Regierungsrates gegen einen
Grossratsbeschluss ist ein Affront sondergleichen. Es geht hier nicht
um die Frage pro oder contra Atomenergie, sondern um die demokratischen
Spielregeln.
Der Regierungsrat hat auszuführen, was der Grosse Rat
beschliesst. Dieser hat mit deutlichem Mehr eine positive Stellungnahme
des Kantons Bern zu Mühleberg beschlossen. Entscheiden wird
abschliessend das Volk. Der Regierungsrat hat dazu im Vorfeld der
Abstimmung schlicht und einfach zu schweigen. Seine Stellungnahme ist
umso bedeutungsloser, wenn man annehmen kann, dass sie im
Verhältnis 4:3 gefallen ist.
Es ist typisch für die linksgrüne "Viererbande"
Egger-Perrenoud-Pulver-Rickenbacher: Vornedurch gibt sie landauf landab
vor, die Wirtschaft und den Tourismus in diesem Kanton zu fördern.
Und hintenherum schadet sie ihm wie jetzt mit dieser
Stellungnahme.Wirtschaft und Tourismus befürworten Mühleberg
fast geschlossen. Sie werden besser wissen warum als die knappe
Mehrheit der Kantonsregierung. Unternehmer und Touristiker tragen eine
langfristige Verantwortung für wirtschaftliches Gedeihen, für
Umwelt und Arbeitsplätze. Viele Politiker nur bis zu ihrem
Rücktritt.
Oder ihrer Abwahl. Die Wählerinnen und Wähler des
Kantons Bern sind gut beraten, sich diese undemokratische Haltung der
gegenwärtigen Regierungsräte bis zu den nächsten Wahlen
gut zu merken.
re.gygax@bom.ch
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20 Minuten 19.1.11
AKW-Abstimmung: Der Zoff geht weiter
BERN. Wer ist nun dafür verantwortlich, dass im
AKW-Abstimmungstext nichts von einem Zwischenlager für
hochradioaktiven Atommüll steht? Während der bernische
Grossratspräsident Gerhard Fischer die Schuld dem Regierungsrat in
die Schuhe schiebt (20 Minuten berichtete), weist Energiedirektorin
Barbara Egger-Jenzer den Vorwurf entschieden zurück: "Für die
Abstimmungsbotschaft ist der Grosse Rat beziehungsweise sein Büro
zuständig."
Es sei aber allgemein bekannt, dass jedes AKW am Standort auch
ein Lager für radioaktive Abfälle habe. Für Wirbel
sorgte zudem, dass Egger-Jenzer gestern vor den Medien erneut für
die ablehnende Haltung des Regierungsrats zum Atomstrom warb. Für
die SVP hat die Energiedirektorin die "Pflicht zur objektiven
Information klar verletzt". Die Regierung hätte laut Fischer der
befürwortenden Parlamentsmehrheit Rechnung zu tragen. Sogar die
Grünen kritisierten die Regierung: Sie verschweige, dass in
Mühleberg auch Müll von anderen AKWs gelagert werden solle.
big
---
NZZ 19.1.11
Regierung gegen AKW-Neubau
Berner Parlament war dafür
dgy. Bern · Der Kanton Bern steht am Abstimmungswochenende
vom 13. Februar ganz besonders im Fokus: einerseits wegen der
Ersatzwahl in den Ständerat, zu der mit Adrian Amstutz, Christa
Markwalder und Ursula Wyss drei politische Schwergewichte antreten, und
andererseits wegen der Volksabstimmung über den Neubau des KKW
Mühleberg. Beide Fälle habe eine gewisse Signalwirkung
über den Kanton hinaus - und in beiden Fällen gehen die
Emotionen hoch: Am Dienstag sorgte die Berner Regierung für
Aufregung, als sie Argumente gegen den Ersatz des KKW Mühleberg
präsentierte.
SVP protestiert
Juristisch hat die bevorstehende Abstimmung zwar kaum Folgen: Es
geht um die Frage, wie sich der Kanton Bern in der Vernehmlassung des
Bundes zu einem Neubau des AKW stellt. Die Abstimmung entscheidet aber
de facto über den Standort Mühleberg und gilt zudem als
Stimmungstest im Hinblick auf einen nationalen Urnengang über den
Bau eines neuen AKW. Die Berner Regierung, in der Rot-Grün
über eine Mehrheit verfügt, ist klar gegen die
AKW-Pläne. Doch Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer
kämpfte im letzten Jahr im Grossen Rat vergeblich dafür, dass
sich der Kanton auch dagegen ausspricht. Das bürgerlich dominierte
Parlament setzte mit glasklarer Mehrheit eine positive Stellungnahme
durch. Am 13. Februar wird dieser Beschluss den Stimmberechtigten
vorgelegt.
Am Dienstag sagte Egger an einer Pressekonferenz dennoch, die
bernische Regierung erachte die Atomkraft als veraltet, teuer und
schädlich für die Umwelt. Das Risiko eines Störfalls sei
zwar gering, könne aber nicht ausgeschlossen werden. Ausserdem sei
die Entsorgungsproblematik ungelöst. Der Berner
Grossratspräsident Gerhard Fischer (svp.) schrieb darauf in einem
offenen Brief, die Exekutive habe die Aufgabe, klare
Parlamentsentscheide zu vollziehen. Seine Partei ergänzte in einem
eigenen Communiqué, Egger lasse keine Gelegenheit aus, "um ihre
rein ideologisch begründete negative Haltung zu Mühleberg
darzulegen". Auch FDP und BDP äusserten gemäss der
Nachrichtenagentur SDA Kritik - wenn auch in verhaltenerem Ton.
Abstimmungsbüchlein korrekt
Barbara Egger-Jenzer ging an der Pressekonferenz auch auf die
Kritik an den Abstimmungsunterlagen ein, in welchen das geplante
Zwischenlager für radioaktive Abfälle nicht explizit
erwähnt wird (NZZ 18. 1. 11). Jedes Atomkraftwerk habe am Standort
immer auch ein Lager für radioaktive Abfälle, betonte sie.
Diese Tatsache sei nie verschwiegen worden und sei im
Rahmenbewilligungsgesuch auch enthalten.
---
Basler Zeitung 19.1.11
Schlechter Kampagnenstart für Atomkraftbefürworter
Fehlender Hinweis in Abstimmungsbüchlein des Kantons Bern
auf geplantes Zwischenlager in Mühleberg sorgt für Unmut
Stefan Boss
Am 13. Februar findet im Kanton Bern eine Konsultativabstimmung
statt. Es geht um mehr als bloss um ein neues Atomkraftwerk.
Im Kanton Bern gehen zurzeit die Wogen hoch: Grund dafür
ist, dass im Abstimmungsbüchlein zwei Zwischenlager für
radioaktive Abfälle auf dem Gelände des geplanten AKW
Mühleberg mit keinem Wort erwähnt werden. Am 13. Februar
befindet die Bevölkerung über einen Ersatz des Atomkraftwerks
westlich von Bern.
Es gehe bei der Abstimmung nicht um ein Baugesuch, sondern um die
Stellungnahme des Kantons Bern an den Bund, betonte
SP-Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer gestern an einer
Medienkonferenz. Das Volksverdikt ist für den Bund zwar nicht
bindend, man geht aber davon aus, dass ein Nein des Kantons das Aus
für Mühleberg II bedeuten würde. Die Abstimmung gilt als
Stimmungstest, weil später die Schweizer Bevölkerung
über den Bau neuer AKW befinden muss.
Die Dimensionen der geplanten Zwischenlager in Mühleberg
sind beträchtlich, wie die Zeitung "Der Bund" gestern schrieb. Ein
Gebäude für hochradioaktive Abfälle soll 200 Meter lang,
80 Meter breit und 30 Meter hoch werden. Das Lager für mittel- und
schwachradioaktive Abfälle soll 80 Meter lang, breit und hoch
werden. Die Existenz der Zwischenlager sei nie verschwiegen worden,
betonte Egger-Jenzer - und sei auch im Rahmenbewilligungsgesuch
für Mühleberg II erwähnt.
Die Gegner der Atomkraft können sich darüber freuen,
dass die Zwischenlager weniger als vier Wochen vor der Abstimmung
prominent zum Thema werden. Im Dezember hatte der "Beobachter Natur"
herausgefunden, dass neben Mühleberg auch für die neuen AKW
in Gösgen und Beznau Zwischenlager geplant sind. Diese sollen
radioaktive Abfälle aus den neuen und aus den alten Atommeilern
aufnehmen - bisher landeten diese in Würenlingen.
Patzer des Grossen Rats
Die BKW Energie AG bemühte sich bisher, die Bedeutung der
Zwischenlager in Mühleberg herunterzuspielen. Dies sorgt nun
für Unmut: "Ich habe kein Vertrauen in ein Unternehmen, das nicht
mit offenen Karten spielt", sagte die grüne Berner
Nationalrätin Franziska Teuscher gestern zur BaZ. Den
Stimmbürgern werde eine wesentliche Information vorenthalten. Das
links-grüne Komitee "Nein zum AKW Mühleberg", dem Teuscher
angehört, prüfe deshalb eine Abstimmungsbeschwerde.
Verantwortlich für das Abstimmungsbüchlein ist aber der
Grosse Rat des Kantons Bern. Die Grossräte haben das Gesuch der
BKW für Mühleberg II offenbar nicht seriös studiert.
Entsprechend fand das Thema auch nicht Eingang in die
Abstimmungsinformationen.
---
Blick 19.1.11
AKW-Zukunft Heisse Schlacht um Mühleberg
Befürworter und Gegner eines neuen Atomkraftwerks im
bernischen Mühleberg schenken sich nichts, denn es geht um sehr
viel.
Der Kanton Bern führt am 13. Februar eine
Konsultativabstimmung zum Bau eines neuen Atomkraftwerks in
Mühleberg durch. Das bisherige AKW muss gegen 2020
altersmässig vom Netz. Vom Ausgang dieser Abstimmung hängt
viel ab. Bei einem Nein dürfte für den Berner Stromkonzern
BKW ein neues AKW in weite Ferne rücken.
Darum war es wohl kein Zufall, dass die Schweizer Grünen
gestern ihren Wahlauftakt mit dem Thema "Nein zu neuen AKW" lancierten.
"Das AKW Mühleberg produziert heute Strom für schlecht
isolierte Kühlschränke, stromfressende Elektroheizungen und
veraltete Waschmaschinen", sagte Vizepräsidentin Franziska
Teuscher. Die Grünen fordern einen Energieeffizienzfonds, weil
"ohne Geld gar nichts geht", wie Teuscher präzisierte. Im
Gebäudebereich sei die energetische Sanierung erst mit der
Teilzweckbindung der CO2-Abgabe so richtig in Schwung gekommen.
Doch auch die rot-grüne Berner Regierung kam gestern aus der
Deckung. Sie erachte die Atomkraft als veraltet, teuer und
schädlich für die Umwelt, sagte die kantonale
Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer (SP). Das Risiko eines
Störfalls sei zwar gering, könne aber nicht ausgeschlossen
werden. Damit widerspricht sie dem bürgerlich dominierten Berner
Kantonsparlament. SVP- und BDP-Politiker schäumten.
Für die Befürworter sind neue AKW unerlässlich -
auch weil wegen der langen Verfahren und Einsprachen der Ausbau von
erneuerbarer Energie in der Schweiz nicht möglich sei, wie die BKW
argumentiert. Am Freitag will die Berner Wirtschaft für ein neues
AKW Stimmung machen. "Wir kommen nicht um zwei neue AKW herum", sagt
SVP-Nationalrat Hans-Ruedi Wandfluh. "Wenn eines davon in Bern steht,
bekommen wir wenigstens auch ein paar Arbeitsplätze."
Hubert Mooser
--
Kommentar
AKW-Signale aus Bern
Hubert Mooser Politredaktor
hubert.mooser@ringier.ch
Nach der Katastrophe von Tschernobyl 1986 glaubten sich die
Grünen auf der Siegerstrasse. Neue Atomkraftwerke hielt man
für Hirngespinste politischer Dinosaurier. Und nicht einmal diese
hielten neue AKW für realistisch. Zu lange die Verfahren, zu teuer
der Bau, zu gross der Widerstand. So dachten sie auch noch bis nach der
Jahrtausendwende.
Am 13. Februar stimmen die Berner Stimmbürgerinnen und
Stimmbürger darüber ab, ob sie ein neues Atomkraftwerk
wollen. Spätestens 2020 muss das bisherige AKW Mühleberg vom
Netz. Die BKW hat ein Gesuch für den Bau eines neuen Meilers am
gleichen Standort eingereicht. Auch Axpo und Alpiq wollen zwei neue
Atomkraftwerke bauen.
Die Abstimmung im Februar hat nur konsultativen Charakter. Aber
sie hat Signalwirkung. Ein Ja zu Mühleberg wäre ein
empfindlicher Dämpfer für die Anti-AKW-Bewegung. Wenn es ihr
im rot-grün regierten Kanton Bern nicht gelingt, eine Mehrheit zu
überzeugen, wie wollen sie dies bei der nationalen Abstimmung 2013
erreichen? Dann geht es nämlich um die Rahmenbewilligung für
ein neues AKW.
Ein Nein würde dagegen die Gegner beflügeln wie in den
Achtzigerjahren, als sie Atommeiler in Kaiseraugst AG und Graben BE
verhinderten. Doch die Ausgangslage ist heute anders. Die Betreiber
verkaufen AKW nicht nur als "saubere" Stromfabriken, sondern auch als
Königsweg gegen den Klimawandel, weil CO2-frei. Ob man mit einer
Technik aus den 70er-Jahren die Energie-und Klimaprobleme im Jahre 2050
lösen kann, ist allerdings eine andere Geschichte. Doch auch darum
geht es am 13. Februar.
---
Le temps 19.1.11
Une ministre bernoise torpille Mühleberg II
La campagne sur la future centrale oppose gouvernement et
parlement
Serge Jubin
C'est une magistrate qui compte dans le canton de Berne. Barbara
Egger-Jenzer, 54 ans, ancienne avocate, ministre socialiste des Travaux
publics, des transports et de l'énergie depuis 2002. Son
triomphe électoral en 2006 avait entraîné le
basculement du Conseil d'Etat à gauche. Son vibrant plaidoyer
contre la construction d'une nouvelle centrale nucléaire
à Mühleberg, principe soumis au peuple bernois le 13
février, ne passe pas inaperçu dans une campagne
très émotionnelle.
Officiellement, mardi, Barbara Egger-Jenzer a
répété la position du Conseil d'Etat bernois,
à tout le moins de sa majorité de gauche, qui clame
depuis le printemps 2006 qu'il entend faire sortir le canton de Berne
du nucléaire à moyen terme. Peut-être a-t-elle
abusé de sa position, car le Grand Conseil, dominé par
les partis bourgeois, est lui favorable, à 91 contre 53,
à Mühleberg II. L'"importance majeure" du scrutin, bien
qu'il n'ait qu'une portée consultative - "Pour la
première fois à l'échelle d'un canton, la
population est appelée à se prononcer sur la question
d'une nouvelle centrale nucléaire", relève-t-elle -,
justifie à ses yeux la possible entorse institutionnelle.
Entre autres arguments mêlant le rationnel, un
soupçon d'ironie et sa forte conviction que l'avenir est au
renouvelable, Barbara Egger-Jenzer a astucieusement surfé sur
l'une des polémiques de la campagne. Il lui a été
reproché d'avoir omis de mentionner, dans la brochure
électorale, que la nouvelle centrale devra abriter, pour un
temps au moins, les déchets qu'elle produit. La ministre s'est
défendue: le contenu du dépliant officiel est de la
responsabilité du Grand Conseil. Et personne, dit-elle, n'a
jamais passé sous silence le fait que des déchets
resteront quelques années en dépôt dans l'enceinte
de la centrale.
En montant ce non-incident en épingle, Barbara
Egger-Jenzer joue une carte peut-être décisive: celle de
l'entreposage des déchets. "Ce débat confirme que les
centrales comportent des dangers, en raison de la radioactivité
et des déchets produits. Dès que le nucléaire est
abordé non plus sous un angle général et abstrait,
mais par le biais d'éléments concrets tels que les
déchets et leur entreposage, il est moins bien accepté,
et ce par tous les milieux." Et d'asséner: "Les déchets
radioactifs sont et resteront dangereux, qu'ils soient
entreposés à Mühleberg, Würenlingen ou
ailleurs."
Fondamentalement, poursuit la magistrate, "la technologie
nucléaire n'a pas d'avenir et aucune entreprise innovante ne
misera sur une technologie dépassée". Elle note que "nous
n'avons pas besoin demain de nouvelle centrale, mais au plus tôt
dans vingt ans". Et qu'alors, "au rythme où vont les choses, qui
sait où en sera la technologie? Qui aurait prédit, il y a
vingt ans, ce que les téléphones portables, les
ordinateurs et Internet permettent de faire aujourd'hui?" Pour elle,
l'avenir, ce sont les énergies renouvelables. "Les
spécialistes sont unanimes: nous sommes à l'aube d'une
avancée technologique déclenchée par la hausse des
prix de l'énergie et des matières premières."
Barbara Egger-Jenzer se dit persuadée que, "dans vingt ou trente
ans, plus personne ne voudra acheter de l'électricité
nucléaire parce que tout le monde produira du courant meilleur
marché sur sa propre toiture".
Et de démonter, les uns après les autres, les
arguments des partisans de Mühleberg II. La ministre est
convaincue qu'une nouvelle centrale coûtera bien plus que les 7
à 9 milliards annoncés, constatant que "les centrales ne
sont plus finançables aujourd'hui sans l'aide de l'Etat". Les
1300 emplois que Mühleberg II permettrait de conserver? "Une
nouvelle centrale ne créera pas de postes nouveaux, alors que
les énergies renouvelables généreront un grand
nombre d'emplois."
La droite bernoise a condamné ces propos: selon le Parti
bourgeois- démocratique (PBD), dont Berne est un des bastions,
la ministre socialiste a agi de façon "problématique" en
ne défendant pas la position du parlement dans ce dossier.
---
Schweiz Aktuell sf.tv18.1.11
Atomstreit
Die Berner Regierung spricht sich erneut gegen Mühleberg aus und
wird dafür scharf kritisiert.
http://videoportal.sf.tv/video?id=010c1ff1-f3f6-4282-9ef9-1addc68a240e
---
Blick am Abend 18.1.11
Rat sagt Ja, Regierung Nein
AUFTAKT
Heisser als ein Brennstab: Der AKW-Abstimmungskampf geht in die
entscheidende Phase.
Die bernische Regierung hat heute ihre ablehnende Haltung zum
Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg bekräftigt. Aus Sicht der
Kantonsregierung ist die Atomkraft veraltet, gefährlich, teuer und
unnötig. Die bevorstehende Abstimmung zu "Mühleberg" sei zwar
nur konsultativ, aber dennoch von grosser Bedeutung, sagte
Energiedirektorin Egger-Jenzer. Dem Regierungsrat sei es vor der
Abstimmung ein Anliegen, seine Ansicht dem Volk nochmals kundzutun.
Anders als das Kantonsparlament lehne die Regierung ein neues
Atomkraftwerk im Kanton Bern ab.
Grossratspräsident Gerhard Fischer (SVP) übt scharfe
Kritik am Regierungsrat. Er stösst sich daran, dass die
rot-grün dominierte Kantonsregierung heute Dienstag erneut vor den
Medien für ein Nein zu "Mühleberg" warb. SDA/pp
---
derbund.ch 18.1.11
Regierung weiter gegen Atomkraft
sda / el
Die bernische Regierung hat am Dienstag ihre ablehnende Haltung
zum Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg bekräftigt. Derweil
übt der Grossratspräsident scharfe Kritik am Regierungsrat.
Anders als das Kantonsparlament lehne die Regierung ein neues
Atomkraftwerk im Kanton Bern ab, weil die Atomkraft keine Zukunft habe
und zudem veraltet, gefährlich, teuer und unnötig sei. Das
Risiko eines Störfalls sei zwar gering, sagte die bernische
Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer. Völlig auszuschliessen sei
ein solcher aber nicht.
Die bevorstehende Abstimmung zu "Mühleberg" sei zwar nur
konsultativ, aber dennoch von grosser Bedeutung, sagte Egger-Jenzer.
Dem Regierungsrat sei es vor der Abstimmung ein Anliegen, seine Ansicht
dem Volk nochmals kundzutun.
Die Regierungsrätin äusserte sich auch zum
Zwischenlager, das dieser Tage zu reden gegeben hatte.
Grundsätzlich sei für die Abstimmungsbotschaft der Grosse Rat
beziehungsweise sein Büro zuständig, hielt sie fest.
Jedes Atomkraftwerk habe am Standort immer auch ein Lager
für radioaktive Abfälle. Ein Zwischenlager am Standort sei
also immer Bestandteil eines Atomkraftwerkes beziehungsweise eines
Projektes für ein AKW. Dieser Sachverhalt sei nie verschwiegen
worden und im Rahmenbewilligungsgesuch enthalten, sagte Egger-Jenzer.
Atomkraftwerke seien eben gefährlich, und das nicht zuletzt
wegen der Radioaktivität und deren Abfälle. Dieser
Sachverhalt sei in der Abstimmungsbotschaft aus ihrer Sicht
genügend gut dargestellt, sagte Egger-Jenzer.
Grossratspräsident übt scharfe Kritik an Regierung
Der bernische Grossratspräsident Gerhard Fischer (SVP/
Meiringen) übt scharfe Kritik am Regierungsrat. Er stösst
sich daran, dass die rot-grün dominierte Kantonsregierung erneut
vor den Medien für ein Nein zum AKW Mühleberg warb.
Schliesslich habe der Grosse Rat die Vorlage klar zur Annahme
empfohlen, hält Fischer in einem offenen Brief an die Regierung
fest. Der Entscheid des bürgerlich dominierten Parlaments fiel mit
91 zu 53 Stimmen bei 7 Enthaltungen.
Die Exekutive hätte eigentlich die Aufgabe,
Parlamentsentscheide zu vollziehen, "nicht zuletzt auch aus
demokratischem Verständnis", schreibt Fischer. Zumindest
müsste sie grosse Zurückhaltung üben und den Argumenten
der befürwortenden Parlamentsmehrheit gebührend Rechnung
tragen.
Beides sei nicht geschehen, schreibt Fischer. Im Namen des
Parlaments verurteile er das Vorgehen der Regierung. Denn "nicht alles,
was nicht ausdrücklich untersagt ist, entspricht gutem politischem
Stil", betont Fischer.
---
bernerzeitung.ch 18.1.11
Berner Grossratspräsident kritisiert Regierung scharf
sda / gbl
Der bernische Grossratspräsident Gerhard Fischer (SVP/
Meiringen) übt scharfe Kritik am Regierungsrat. Er stösst
sich daran, dass die rot-grün dominierte Kantonsregierung am
Dienstag erneut vor den Medien für ein Nein zum AKW Mühleberg
warb.
Schliesslich habe der Grosse Rat die Vorlage klar zur Annahme
empfohlen, hält Fischer in einem offenen Brief an die Regierung
fest. Der Entscheid des bürgerlich dominierten Parlaments fiel mit
91 zu 53 Stimmen bei 7 Enthaltungen.
Die Exekutive hätte eigentlich die Aufgabe,
Parlamentsentscheide zu vollziehen, "nicht zuletzt auch aus
demokratischem Verständnis", schreibt Fischer. Zumindest
müsste sie grosse Zurückhaltung üben und den Argumenten
der befürwortenden Parlamentsmehrheit gebührend Rechnung
tragen.
Kritik an politischem Stil
Beides sei nicht geschehen, schreibt Fischer. Im Namen des
Parlaments verurteile er das Vorgehen der Regierung. Denn "nicht alles,
was nicht ausdrücklich untersagt ist, entspricht gutem politischem
Stil", betont Fischer.
--
Regierungsrat will künftig kein AKW-Risiko mehr
sda / tan
Die bernische Regierung hat am Dienstag ihre ablehnende Haltung
zum Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg bekräftigt.
Aus Sicht der Kantonsregierung ist die Atomkraft veraltet,
gefährlich, teuer und unnötig, wie es in einer Mitteilung
heisst. Anders als das Kantonsparlament lehne die Regierung ein neues
Atomkraftwerk im Kanton Bern ab, weil die Atomkraft keine Zukunft habe.
"Der Regierungsrat ist nicht bereit die Stadt und Region Bern
länger als unbedingt nötig diesem Risiko auszusetzen",
stellte Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer klar. Das Risiko eines
Störfalls sei zwar gering, sagte sie . Völlig auszuschliessen
sei ein solcher aber nicht.
Die bevorstehende Abstimmung zu "Mühleberg" sei zwar nur
konsultativ, aber dennoch von grosser Bedeutung, sagte Egger-Jenzer.
Dem Regierungsrat sei es vor der Abstimmung ein Anliegen, seine Ansicht
dem Volk nochmals kundzutun.
Zwischenlager nie verschwiegen
Die Regierungsrätin äusserte sich auch zum
Zwischenlager, das dieser Tage zu reden gegeben hatte.
Grundsätzlich sei für die Abstimmungsbotschaft der Grosse Rat
beziehungsweise sein Büro zuständig, hielt sie fest.
Jedes Atomkraftwerk habe am Standort immer auch ein Lager
für radioaktive Abfälle. Ein Zwischenlager am Standort sei
also immer Bestandteil eines Atomkraftwerkes beziehungsweise eines
Projektes für ein AKW. Dieser Sachverhalt sei nie verschwiegen
worden und im Rahmenbewilligungsgesuch enthalten, sagte Egger-Jenzer.
Atomkraftwerke seien eben gefährlich, und das nicht zuletzt
wegen der Radioaktivität und deren Abfälle. Dieser
Sachverhalt sei in der Abstimmungsbotschaft aus ihrer Sicht
genügend gut dargestellt, sagte Egger-Jenzer.
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be.ch 18.1.11
Medienmitteilung des Kantons Bern
Volksabstimmung vom 13. Februar 2011: Regierungsrat sagt Nein zum
Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg (18.01.2011)
Der Regierungsrat des Kantons Bern setzt in seiner Energiepolitik auf
erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Im Gegensatz zum Grossen Rat
lehnt er deshalb einen Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg ab. Aus
Sicht der Kantonsregierung ist die Atomkraft veraltet, gefährlich,
teuer und unnötig.
Zur Dokumentation
Am Wochenende vom 13. Februar 2011 befinden die Stimmberechtigten des
Kantons Bern über die Stellungnahme des Kantons zum geplanten
Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg. Am Dienstag (18.01.2011) hat
die bernische Energiedirektorin, Regierungsrätin Barbara
Egger-Jenzer, an einer Medienkonferenz in Bern die Position der
Kantonsregierung zu dieser Frage dargelegt. Sie betonte, dass der
Regierungsrat sehr froh ist, dass sich das Volk zum Ersatz des
Kernkraftwerks Mühleberg äussern kann.
Der Regierungsrat lehnt ein neues Atomkraftwerk im Kanton Bern ab, weil
die Atomkraft seiner Ansicht nach eine uralte Technologie ist, die
keine Zukunft hat. Die Entsorgungsproblematik sei trotz intensiver
Suche seit 40 Jahren ungelöst. Die Zukunft gehöre den
erneuerbaren Energien. "Heute stehen wir vor einem technologischen
Durchbruch, welcher insbesondere auch durch steigende Energie- und
Rohstoffpreise ausgelöst wird", stellte die Energiedirektorin
fest. Die Kantonsregierung erachtet die Atomkraft als gefährlich
und schädlich für die Umwelt. Das Risiko eines Störfalls
sei zwar gering, könne jedoch nicht völlig ausgeschlossen
werden, gab Regierungsrätin Egger-Jenzer zu bedenken. "Der
Regierungsrat ist nicht bereit die Stadt und Region Bern länger
als unbedingt nötig diesem Risiko auszusetzen", stellte sie klar.
Ein neues Atomkraftwerk ist aus der Sicht der Kantonsregierung
unnötig. "Der Regierungsrat ist überzeugt, dass unsere
Energieversorgung in 20 Jahren auch ohne Atomkraft möglich ist",
führte die Energiedirektorin aus. Das zu diesem Zeitpunkt
europaweit vorhandene Potenzial an erneuerbaren Energien würde
zusammen mit einer höheren Energieeffizienz ausreichen, um den
Strombedarf zu decken. Der Atomstrom ist nach Ansicht des
Regierungsrats zudem zu teuer, da der Bau von Atomkraftwerken mit
grossen finanziellen Risiken verbunden ist. Schliesslich würde die
bernische Wirtschaft vom Bau des neuen Atomkraftwerks kaum profitieren.
Das Kraftwerk würde nämlich zu einem sehr grossen Teil von
ausländischen Firmen und Experten gebaut. "Demgegenüber
schaffen erneuerbare Energien und Massnahmen zur Steigerung der
Energieeffizienz viele neue Arbeitsplätze hier bei uns im Kanton",
gab die kantonale Energiedirektorin zu bedenken.
nach oben
Dokumentation
* Referat Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer, Bau-, Verkehrs-
und Energiedirektorin (PDF, 49 KB)
http://www.portalbackend.be.ch/public/media/DisplayFile.aspx?fileId=55540817811715309&linkId=6511722921771111907&linkName=Referat
%20Regierungsr%E4tin%20Barbara%20Egger-Jenzer,%20Bau-,%20Verkehrs-%20und%20Energiedirektorin
Rahmenbewilligung "Ersatz KKW Mühleberg"
* Faktenblatt Energie (PDF, 24 KB)
http://www.portalbackend.be.ch/public/media/DisplayFile.aspx?fileId=55480647810413608&linkId=6510047621769810206&linkName=Faktenblatt%20Energie
---
Bund 18.1.11
Atommülllager fehlt im Abstimmungsbüchlein
Mit einem neuen Atomkraftwerk würden in Mühleberg auch
zwei grosse Zwischenlager für Atommüll entstehen -
möglicherweise für Jahrzehnte. Diese Information fehlt im
Abstimmungsbüchlein des Grossen Rats. AKW-Gegner prüfen eine
Beschwerde.
Simon Thönen
In diesen Tagen finden die bernischen Stimmberechtigten das
Abstimmungsbüchlein des Grossen Rats in ihren Briefkästen.
Eine zentrale Information zur wichtigsten Vorlage am 13. Februar, der
konsultativen Abstimmung über ein neues Atomkraftwerk in
Mühleberg, werden die Berner und Bernerinnen jedoch vergeblich
suchen: Mit dem neuen AKW entstünden auch zwei grosse
Zwischenlager für Atommüll in Mühleberg.
Den Stimmbürgern fehle "eine entscheidende Information
für ihre Entscheidfindung", kritisierte gestern das Komitee "Nein
zum neuen AKW Mühleberg". Man prüfe deshalb eine Beschwerde
gegen die Abstimmungsbotschaft.
Aufgeschreckt durch diese Ankündung liess
Grossratspräsident Gerhard Fischer (SVP) gestern beim
Ratssekretariat die Rechtslage abklären. "Die Abstimmungsbotschaft
ist korrekt", sagt Fischer - und begründet dies formal: "Das Volk
im Kanton Bern stimmt nicht über den Bau eines Kernkraftwerks oder
eines Zwischenlagers ab, sondern über eine grundsätzliche
Stellungnahme des Kantons an den Bund." Zudem sei es darum gegangen,
die Debatte im Grossen Rat abzubilden, sagt Fischer, "und da war das
Zwischenlager kein Thema". Dies allerdings deshalb, weil die
Grossräte - ob für oder gegen AKW - das Gesuch der BKW
Energie AG für Mühleberg II schlicht nicht studiert haben.
Grosse Atommülllager
Im Gesuch der BKW hätten die Kantonsparlamentarier nachlesen
können, dass die BKW mit Mühleberg II auch zwei grosse
Müll-Zwischenlager plant.
Das Gebäude für hoch radioaktive Abfälle
würde 200 Meter lang, 80 Meter breit und 30 Meter hoch. Es ist
Platz eingeplant für die Brennstäbe aus dem neuen und auch
dem alten AKW Mühleberg - und sogar für Abfall aus "anderen
schweizerischen Kernanlagen". Falls die Brennstäbe in einem
Wasserbecken gelagert würden, gälten laut BKW-Sprecher
Antonio Sommavilla für das Gebäude "vergleichbare
Schutzanforderungen wie für das Reaktorgebäude". Bei einer
Trockenlagerung müssten die Stäbe in den massiven
Castor-Sicherheitsbehältern aufbewahrt werden.
Das Gebäude für schwach- und mittelaktive Abfälle
wäre je 80 Meter lang, breit und hoch. Zu 70 Prozent würde es
mit Abfällen gefüllt, die beim Abriss des alten AKW
entstünden.
AKW und Mülllager im Kombi
Das sehr grosse Volumen der Atommülllager erklärt sich
durch eine brisante Aussage im Gesuch: Für den Fall, dass
während der Betriebszeit und sogar noch bei der Stilllegung von
Mühleberg II "kein geologisches Tiefenlager zur Verfügung
steht", könnten alle Abfälle in den Zwischenlagern verstaut
werden. Im Klartext: Die BKW plant die Option ein, dass es bis Ende der
Laufzeit des neuen AKW - das heisst bis etwa 2090 - keine definitive
Lösung für das Atommüllproblem gefunden wird (siehe Text
rechts). Mühleberg II wäre dann also Atomkraftwerk und
Atommülllager in einem.
All dies steht im Gesuch der BKW, das im Internet zugänglich
ist. "Wir weisen den Vorwurf der Verheimlichung zurück", sagt
deshalb Sommavilla. Gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit
hat die BKW die Zwischenlager allerdings nicht oder kaum thematisiert.
In der Abstimmungszeitung etwa, welche die BKW in alle bernischen
Haushalte verteilen liess, steht davon kein Wort. Das Publikum im
Kanton Bern dürfte erstmals von den Zwischenlagern erfahren haben,
als die Zeitschrift "Beobachter" und gestützt darauf der "Bund"
darüber berichteten (24.12.). Die BKW gab sich damals auf Anfrage
grösste Mühe, die Lager herunterzuspielen. Die Rede war von
einer blossen "Option" und einer Mülllagerung "bis zum
Abtransport".
--
Kommentar
BKW betreibt Propaganda
Simon Thönen
Mit einem neuen Atomkraftwerk entstünden in Mühleberg
auch noch zwei grosse Zwischenlager für Atomabfälle - diese
Information dürfte vor der kantonalen Abstimmung über
Mühleberg II viele Stimmberechtigte interessieren. Die
Mühleberg-Gegner kritisieren deshalb zu Recht, dass sie im
offiziellen Abstimmungsbüchlein des Grossen Rats fehlt.
Der BKW Energie AG kann man nicht direkt vorwerfen, dass sie
diesen Sachverhalt verheimlicht habe. Jedenfalls beschrieb sie in ihren
Gesuchsunterlagen von 2008, die im Internet zugänglich sind, was
sie in Mühleberg auch noch plant: zwei Müll-Zwischenlager,
die so gross sind, dass sie nicht nur den Atomabfall aus dem alten und
dem neuen AKW in Mühleberg aufnehmen könnten - sondern auch
jenen aus anderen schweizerischen AKW.
In erster Linie müssen sich die Politiker und auch die
Medien deshalb bei der eigenen Nase nehmen: Bei umstrittenen Projekten
gehört es zu ihrer ureigenen Aufgabe, Projektunterlagen kritisch
zu lesen. Man sollte von Projektträgern nicht erwarten, dass sie
dem Publikum die heiklen Punkte von sich aus auf die Nase binden.
Die BKW will jedoch weit mehr sein als nur ein parteiischer
Projektträger. Ihr Anspruch ist es, im Abstimmungskampf die
sachliche Instanz zu sein, die die Bevölkerung kompetent und
neutral informiert. Deswegen nimmt sich die Firma im Kantonsbesitz das
Recht heraus, auf Kosten ihrer Kunden und Eigentümer eine
"Informationszeitung" in alle bernischen Haushalte zu verteilen. Dass
darin kein Wort zu den Zwischenlagern steht, entlarvt die "Information"
als Abstimmungspropaganda. Gelohnt hat sich die selektive Information
für die BKW nicht: Die Zwischenlager werden doch zum Thema -
spät zwar, aber heftig.
---
BZ 18.1.11
Was ein Zwischenlager bedeuten würde
Mühleberg. Dass die BKW neben einem neuen AKW auch ein
Zwischenlager für hoch radioaktive Abfälle plant, hat am
Wochenende viel Staub aufgewirbelt. Mindestens 30 Jahre würden
dort hoch radioaktive Abfälle gelagert.
Schon beim heutigen Kernkraftwerk Mühleberg steht ein
Zwischenlager - allerdings nur eines für schwach radioaktive
Abfälle. Dort werden bloss Arbeitskleider und Werkzeuge und andere
Materialen aufbewahrt, die irgendwie in Berührung mit
strahlenbelastetem Material gekommen sind.
Das wirklich heikle Material - die hoch radioaktiven verbrauchten
Uranbrennstäbe - wird heute vom AKW Mühleberg in ein
Zwischenlager in Würenlingen im Kanton Aargau gebracht. Dort
werden bis heute alle Brennstäbe aus allen Schweizer
Kernkraftwerken zwischengelagert. Sie bleiben aller Voraussicht nach so
lange dort, bis die Schweiz ein eigenes Endlager hat. Weltweit gibt es
heute noch kein Endlager für hoch radioaktive Abfälle.
Bei den Plänen für das neue AKW Mühleberg hat die
BKW nun eine ganz andere Strategie: Die Strategie sieht vor, dass alle
radioaktiven Abfälle des neuen AKW - also auch die hoch
radioaktiven Brennstäbe - bis zur Endlagerung statt in
Würenlingen direkt neben dem neuen AKW in Mühleberg gelagert
werden. Die Brennstäbe würden dort mindestens 30 Jahre
bleiben.
Dazu sind in Mühleberg zwei Hallen geplant, insgesamt so
gross wie drei Fussballfelder. In der Halle für das hoch
radioaktive Material (200 mal 80 Meter) sollen die verbrauchten
Brennstäbe in riesigen Metallbehältern - sogenannten Castoren
- gelagert werden. Ein einziger Behälter ist zwar rund 130 Tonnen
schwer, bietet aber nur für einige Dutzend Brennstäbe Platz.
Ein Brennstab ist einige Meter lang, etwa einen Zentimeter dick und
wenige Kilogramm schwer. Bevor die verbrauchten Stäbe in die
Behälter verpackt werden, müssen sie mehrere Jahre in
riesigen Wasserbecken abgekühlt werden. Diese Abkühlung
findet bereits heute in Mühleberg statt.
Viel Wind um einen Hinweis
In diesen Tagen wird im Kanton Bern das Abstimmungsmaterial zur
Konsultativabstimmung über das neue AKW verschickt. Weil in den
Abstimmungsunterlagen der Hinweis fehlt, dass mit einem neuen AKW auch
ein neues Zwischenlager geplant ist, sorgt nun für Kritik. Zu
Recht liess die BKW gestern indessen verlauten, dass sie die Pläne
zum Bau eines Zwischenlagers nie verheimlicht habe. Sie hatte dies auf
ihrer Homepage ausführlich aufgezeigt. Auch im öffentlich
zugänglichen Rahmengesuch für das neue AKW wird der Plan
eines Zwischenlagers dargelegt. Die Zeitschrift "Beobachter" hat im
vergangenen Dezember denn auch ausführlich über die
Pläne berichtet. Die AKW-Gegner hat das aber bislang kaum
interessiert.
Abstimmung verschieben?
Das überparteiliche Komitee "Nein zum neuen AKW
Mühleberg" hat gestern angekündigt, dass es wegen des
fehlenden Hinweises auf das Zwischenlager in den Abstimmungsunterlagen
eine Abstimmungsbeschwerde prüft.
Das Komitee will darin fordern, dass der Kanton die
Bevölkerung noch vor der Abstimmung nachinformieren muss. Ob dies
eine Verschiebung der Abstimmung bewirken könnte, war gestern noch
nicht klar.
Offensichtlich ist indessen, dass es dem Komitee mit der
Beschwerde nicht um den Standort des Zwischenlagers geht, sondern
darum, den fehlenden Hinweis im Abstimmungskampf auszuschlachten. So
sagt Komitee-Mitglied und EVP-Grossrat Josef Jenni gegenüber
dieser Zeitung freimütig: "Der Standort des AKW Mühleberg ist
nicht viel schlechter als jener in Würenlingen. Uns geht es darum,
generell den Bau neuer Kraftwerke zu verhindern."
ma
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20 Minuten 18.1.11
Atommüll-Zwila: Wer zieht schwarzen Peter?
BERN. Nächste Runde im Knatsch um die AKW- Abstimmung: Im
Debakel um das Zwischenlager schieben sich die Parteien nun gegenseitig
den schwarzen Peter zu.
Wer ist schuld daran, dass die Abstimmungsunterlagen zum AKW
Mühleberg keine Informationen zum geplanten Zwischenlager für
radioaktiven Atommüll enthalten? Für Grossratspräsident
Gerhard Fischer (SVP) hat eine Fehleinschätzung des Regierungsrats
zum Debakel geführt. "Die BKW hat in ihren Unterlagen an die
Regierung offengelegt, dass es bei einem Ja ein Zwischenlager geben
wird. Ob absichtlich oder nicht - der Regierungsrat hat das Lager nicht
in die Abstimmungsunterlagen aufgenommen."
Ins gleiche Horn bläst die BKW: "Dem Kanton war die Lage
bekannt", sagt Sprecher Antonio Sommavilla.
Anderer Meinung ist Roland Näf, Präsident der
kantonalen SP. "Dass ein AKW ein Zwischenlager hat, ist normal. Die BKW
hätte den Regierungsrat aber darüber informieren müssen,
dass dieses bis zu 80 Jahre bestehen könnte." Die für das AKW
zuständige Energiedirektorin Barbara Egger wollte gestern keine
Stellung nehmen.
Während die Schuldfrage ungeklärt bleibt, wird nach
Lösungen gesucht. Die GFL Zollikofen prüft eine
Stimmrechtsbeschwerde (20 Minuten von gestern). Näf indessen will
eine Infokampagne: "Die Stimmbürger müssen jetzt rasch
über das Zwischenlager informiert werden." Ein Nachversand zu den
Abstimmungsunterlagen schliessen aber sowohl er als auch Fischer aus:
Dafür sei es zu spät.
Nora Camenisch
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NZZ 18.1.11
Kritik am Abstimmungsbüchlein
Vor Berner AKW-Abstimmung
dsc. · Die AKW-Betreiber wollen sich an den Standorten
für neue Anlagen die Option offenhalten, radioaktive Abfälle
in einer speziell ausgerüsteten Halle zu lagern, bis ein
Tiefenlager in Betrieb gehen wird. Derzeit erfolgt dies für alle
Schweizer Werke zentral im eigens dafür gebauten Zwischenlager in
Würenlingen. Das Berner Komitee "Nein zum neuen AKW
Mühleberg" kritisiert aber, dass dieser - in den
Informationsunterlagen des Bundes und der Stromunternehmen erkennbare -
Umstand im Abstimmungsbüchlein zum bevorstehenden Berner Urnengang
über die kantonale Stellungnahme zum neuen AKW nicht thematisiert
wird. Das Komitee prüfe nun eine Abstimmungsbeschwerde, heisst es
in einer Mitteilung. Verlangt werden auch umfassende Informationen zum
Projekt. Die Zwischenlagerung abgebrannter Brennstäbe in
unmittelbarer Nähe von AKW wird indes bisweilen auch von
Umweltschutzorganisationen gefordert.
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NZZ 18.1.11
Zunahme der AKW-Vorfälle
Arbeiten in Mühleberg als Grund
(sda) · Die Kernkraftwerke und weiteren Kernanlagen in der
Schweiz sind 2010 zwar sicher gelaufen. Das Eidgenössische
Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) registrierte in seiner
provisorischen Bilanz jedoch 42 meldepflichtige Vorfälle. 2009
waren es 27 gewesen. Im AKW Leibstadt bekam ein Taucher bei
Revisionsarbeiten eine überhöhte Strahlendosis an der Hand
ab, muss aber keine gesundheitlichen Folgen befürchten. Auf der
international gültigen Ereignisskala Ines - sie umfasst die Stufen
0 bis 7 - ordnete das Ensi diesen Vorfall der Stufe 2 zu. Die anderen
41 Vorkommnisse entsprachen der Stufe 0. Im AKW Mühleberg
ereigneten sich 14 dieser Vorfälle. Diese Häufung sei vor
allem auf Störungen bei der Inbetriebnahme neuer Ausrüstungen
nach Modernisierungen zurückzuführen, so das Ensi.
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NZZ 18.1.11
Breite Nidwaldner Front gegen Atommüll
Kantonale Abstimmung über die Vernehmlassung zum
Tiefenlager-Standort Wellenberg
Nidwalden stimmt über die Vernehmlassungsantwort des
Regierungsrates zum Tiefenlager-Standort Wellenberg ab. Erwartet wird
ein demonstratives Ja zum Widerstand.
Martin Merki, Stans
Empörung und Fassungslosigkeit kennzeichneten vor zwei
Jahren die Stimmung im Kanton Nidwalden, als der Sachplan geologische
Tiefenlager des Bundesamts für Energie (BfE) vorgestellt und der
Wellenberg als einer von sechs Standorten für ein Lager für
radioaktive Abfälle genannt wurde. Empörung darüber,
dass es der Bundesrat gewagt hatte, den Wellenberg wieder ins Spiel zu
bringen. Und Fassungslosigkeit angesichts der Tatsache, dass die
spezielle Nidwaldner Ausgangslage übergangen worden war.
Vier Nein gegen Wellenberg
Tatsächlich hat Nidwalden ein Vierteljahrhundert lang um den
Wellenberg gerungen. Viermal - zweimal an den Landsgemeinden 1988 und
1990 sowie zweimal an der Urne 1995 und 2002 - hatte das Nidwaldnervolk
faktisch oder explizit Nein gesagt zum Vorhaben. Es werde im Wellenberg
kein Tiefenlager geben, hatte zudem Bundesrat Moritz Leuenberger 2003
in der Antwort auf einen Vorstoss im Parlament gesagt.
Die Empörung ist immer noch virulent. So werden Auftritte
des BfE und der Nagra regelmässig von Demonstrationen begleitet,
wie sie für Nidwalden eher ungewohnt sind. Im Tal zwischen dem
Vierwaldstättersee und dem Titlis wird es nach wie vor als Affront
empfunden, dass der Wellenberg wieder zum Thema geworden ist. Aus dem
mit viel Aufwand inszenierten "Partizipationsverfahren" (siehe
Zusatztext) haben sich die meisten Gemeinden, darunter Stans und
Engelberg, unter Protest zurückgezogen. Ihre Stellungnahmen
präsentierten Nidwalden und Obwalden kürzlich gemeinsam vor
den Medien. Obwalden wehrt sich gegen ein Lager, weil es Nachteile
für den Tourismusort Engelberg befürchtet.
Und nun wird am 13. Februar das Nidwaldnervolk erneut an die Urne
gerufen, weil die Stellungnahme des Regierungsrates zur Auswahl der
Standortgebiete für ein Tiefenlager für radioaktive
Abfälle gemäss Kantonsverfassung der Volksabstimmung
unterliegt.
Alle Parteien dagegen
Dass es überhaupt zu dieser Abstimmung kommt, ist ebenfalls
Teil der Wellenberg-Geschichte. Die Landsgemeinde genehmigte 1987 eine
Initiative der linksgrünen Wellenberg-Opposition mit der
Forderung, dass künftig Vernehmlassungen der Regierung in Sachen
Tiefenlager vom Volk sanktioniert werden müssen.
Bei der kantonalen Abstimmung vom 13. Februar wird allgemein mit
einem demonstrativen Ja zur Vernehmlassung gerechnet, weil inzwischen
alle Parteien und die Nidwaldner Regierung geschlossen gegen den
Wellenberg als Standort eintreten.
Die FDP hat an ihrer Versammlung gar einstimmig die Ja-Parole
ausgegeben, um dem Regierungsrat in seiner Haltung Rückenwind zu
geben. Das war früher klar anders. Bis zur Wellenberg-Abstimmung
2002 standen Regierung und bürgerliche Parteien im Lager der
Endlager-Befürworter. In der Zwischenzeit haben viele einen
Gesinnungswandel durchgemacht. Die ablehnenden Volksentscheide und die
Pläne des Bundes haben die Nidwaldner zusammengeschweisst.
Alpenfaltung geht weiter
Neben den bereits genannten demokratiepolitischen Gründen,
also dem Bekenntnis zu den ablehnenden Volksentscheiden, macht die
Nidwaldner Regierung in ihrer Antwort an den Bundesrat
geologisch-sicherheitstechnische Argumente geltend, warum das
"Standortgebiet Wellenberg für die Tiefenlagerung von schwach- und
mittelradioaktiven Abfällen nicht geeignet" ist. Die Regierung
argumentiert gestützt auf ein Gutachten des Freiburger
Uni-Geologen Jon Mosar, der an sich mächtige
Wirtgesteinskörper sei von zahlreichen Scher- oder Bruchzonen
durchzogen und weise vermutlich grössere
Fremdgestein-Einschlüsse auf. Die Störzonen seien mit keiner
bekannten Methode verlässlich und umfassend festzustellen. Bereits
der heutige Stand des Wissens über die Bruchstellen erlaube eine
Placierung eines Lagers mit dem geforderten Sicherheitsabstand nicht.
Da die Alpenfaltung nicht abgeschlossen sei, müsse auch
künftig mit Bewegung in den Gesteinsschichten und damit mit
Veränderungen der Wasserfliesswege gerechnet werden.
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Beschränkte Mitsprache der Standortregionen
dsc. · Die Opposition gegen ein Tiefenlager im Wellenberg
hat eine besondere politische Tradition, doch eine grundsätzlich
ablehnende Haltung zeigt sich auch in den anderen von der Nagra
vorgeschlagenen Standortregionen (Bözberg, nördlich
Lägeren, Jurasüdfuss, Südranden und Zürcher
Weinland). Im Gegensatz zu den früheren Verfahren zum Wellenberg
liegen allerdings gemäss dem heutigen Kernenergiegesetz bei den
Kantonen selber keine eigentlichen Entscheidungskompetenzen. Die
Regionen können im Rahmen eines aufwendigen
Partizipationsverfahrens aber zum einen kritische Fragen einbringen und
sich zum anderen an der Erarbeitung von Ausgleichsmassnahmen für
den Fall einer Realisierung beteiligen.
Mitte dieses Jahres soll der Bundesrat aufgrund von Fachgutachten
und Stellungnahmen entscheiden, welche Gebiete im Auswahlverfahren
verbleiben. Der Ausgang der Nidwaldner Abstimmung im Februar ist einer
dieser Positionsbezüge. Das Parlament und wohl auch das Volk
(Referendumsmöglichkeit) werden am Ende dieses Jahrzehnts
über die Realisierung der Tiefenlager-Projekte befinden. Das Lager
für schwach- und mittelaktive Abfälle und das Lager für
hochaktiven Atommüll sind unterschiedliche Bauvorhaben, es ist
aber denkbar, dass am Schluss beide Anlagen am selben Standort
realisiert werden. Am Wellenberg wäre indes nur die Lagerung von
schwach- und mittelaktiven Abfällen möglich. Dass der
Wellenberg trotz den früheren Verdikten wieder im Verfahren ist,
lässt sich unter anderem damit erklären, dass die ersten
Standortvorschläge allein gemäss wissenschaftlichen Kriterien
zusammengestellt werden mussten. In ersten Gutachten zu diesen
Nagra-Vorschlägen wurden aber zu gewissen geologischen
Gegebenheiten am Wellenberg bereits Fragezeichen gesetzt.
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Schweiz Aktuell sf.tv 17.1.11
Zündstoff für Abstimmungskampf
In vier Wochen entscheiden die Stimmberechtigten des Kantons Bern in
einer Konsultativabstimmung, wie es mit dem Atomkraftwerk weitergehen
soll. Jetzt sorgt ein Aspekt für Aufregung: In Mühleberg ist
nicht nur ein neues AKW geplant, sondern auch ein Zwischenlager
für hochradioaktive Abfälle.
http://videoportal.sf.tv/video?id=5dac3b07-075d-445a-bb8f-b2a6d51db527