Medienspiegel 1. - 7. August 2011

BZ 5.8.11

Neustart in Brasserie Bollwerk

Schützenmatte · In der Brasserie Bollwerk nehmen drei Gastronomen einen neuen Anlauf. Sie sind alle erfahrene Kulturveranstalter.

An der Brasserie Bollwerk hat sich schon mancher Gastronom die Zähne ausgebissen. Die Hauptgründe: das ungastliche Bollwerk, wo seit einem Jahr Kino und Bar Cinemastar geschlossen sind, wo Ladenflächen mitunter monatelang leer bleiben und wo ein ganzer Perimeter seit Jahren einer Planung harrt, die den Unort aufwertet. Und: Die in nächster Nähe gelegene Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige generiert eine Laufkundschaft der besonderen Art.

Trotz aller Widrigkeiten soll im November in den Räumen der Brasserie Bollwerk unter neuem Namen ein Restaurant eröffnen. "Wir sehen im Standort Bollwerk/Schützenmatte ein Stadtquartier mit hohem Potenzial", schreibt die Advance Gastro GmbH in einer Mitteilung. Hinter der Firma stehen die ehemaligen Betreiber der Formbar Bern Fausto de Siena und Tom Weingart sowie Diego Dahinden, der zuletzt vier Jahre als Kulturveranstalter im Dachstock der Reitschule tätig war.

Das Konzept der neuen Beizer sieht eine qualitativ hochwertige, saisonale und lokale Küche sowie abends und am Wochenende einen kulturellen Bar-/Lounge-Betrieb vor. Dafür soll bei der Stadt eine generelle Überzeitbewilligung beantragt werden. "Wir gehen davon aus, dass an dem Ort viel möglich ist", sagt Diego Dahinden. hae

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Bund 4.8.11

Neuer Anlauf in der Brasserie Bollwerk

Die Brasserie Bollwerk wird voraussichtlich im November wiedereröffnet. Eine Gruppe von drei Wirten versucht ihr Glück mit einem neuen Konzept: Mittags soll die Brasserie weiterhin Arbeitnehmende aus den umliegenden Büros anziehen, abends sind ein Barbetrieb und vereinzelt auch Partys geplant. Die neuen Betreiber sehen in der Nähe zu Reithalle und Drogenanlaufstelle kein Problem - im Gegenteil. (amo) - Seite 19

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Neues Konzept, neues Glück

Die Brasserie Bollwerk wird voraussichtlich im November wiedereröffnet. Die neuen Wirte sehen im Standort Bollwerk keinen Nachteil - im Gegenteil.

Adrian M. Moser

Die Brasserie Bollwerk ist ein hartes Pflaster für Wirte. Gleich zweimal wurde das Lokal in den vergangenen zwölf Monaten aufgegeben. Probleme bereiteten vor allem der schlechte Ruf des Quartiers und die Kundschaft der nur eine Strassenbreite entfernten Anlaufstelle für Drogenabhängige. Nun versucht eine weitere Gruppe von Wirten ihr Glück: Voraussichtlich im November wollen sie die Brasserie wiedereröffnen.

Diego Dahinden, Fausto de Siena und Tom Weingart kennen sich aus früheren gemeinsamen Projekten. Dahinden amtete in den vergangenen vier Jahren als Veranstalter im Dachstock, de Siena und Weingart führten das Ausgehlokal Formbar, das im März seinen Betrieb einstellte. Für die Brasserie haben sie sich ein "Doppelkonzept" ausgedacht, wie es Dahinden ausdrückt. Mittags wolle man Arbeitnehmende aus den umliegenden Büros ansprechen, mit Gerichten aus saisonalen, lokalen Produkten.

Barbetrieb und ab und zu Party

Am Abend planen die drei einen Bar- und Loungebetrieb. Auch Partys sollen vereinzelt stattfinden - dann aber mit "ausgewählten internationalen Künstlern". Ein Club im klassischen Sinn solle es zwar nicht werden, "aber es soll leben", so Dahinden. Junge musikinteressierte Erwachsene wolle die Brasserie damit ansprechen. Damit ein derartiger Betrieb möglich wird, stehen in den nächsten Monaten Umbauarbeiten an.

Ein ähnliches Konzept hatte bereits Heissam Serage, der Vorgänger Dahindens und seiner Mitstreiter. Er hatte die Geschäftsführung der Brasserie erst zu Beginn dieses Jahres übernommen. Und auch er wollte abends ein jüngeres Publikum ansprechen, als dies seine Vorgänger taten. Umsetzen konnte er seine Pläne nicht - er konnte sich mit der Liegenschaftsverwaltung nicht auf gemeinsame Umbaupläne einigen (siehe "Bund" vom 7. Juli).

Neue zahlen mehr an Umbau

Dass ihm und seinen Partnern das gleiche Schicksal drohen könnte, glaubt Dahinden nicht. "Die Verwaltung unterstützt unser Konzept", sagt er. Bruno Moser von der Immobilienverwaltung Buchschacher bestätigt dies. "Herr Serage wollte intensiv umbauen", sagt er. Darüber, wer sich zu welchen Teilen an diesen Arbeiten beteiligen solle, sei man sich aber nicht einig geworden. Beim Projekt von Dahinden, de Siena und Weingart sieht es anders aus. Auch sie wollen umbauen, womöglich sogar noch "etwas mehr" als Serage. "Aber sie sind bereit, einen grösseren Anteil selber zu bezahlen", so Moser.

Kein Standortnachteil

Im Standort der Brasserie Bollwerk, in direkter Nachbarschaft zur Reithalle und zur Anlaufstelle für Drogenabhängige, sieht Dahinden keinen Nachteil. "Das Bollwerk ist eines der wenigen Quartiere in Bern, die wirklich leben", sagt er. "Wir passen genau dorthin." Mit der Reithalle hofft Dahinden auf eine "konstruktive Nachbarschaft". Eine Zusammenarbeit sei bisher aber nicht geplant. Auf die Frage, ob sich nicht auch die Gäste der "neuen" Brasserie Bollwerk womöglich an den Drogenabhängigen auf dem nahen Trottoir stören werden, sagt er: "Sie werden zumindest weniger Berührungsängste haben."

Ines Bürge, Leiterin der Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige Contact-Netz, begrüsst die Pläne von Dahinden, de Siena und Weingart. "Wenn die Brasserie in Zukunft ein jüngeres, alternativeres Publikum anzieht, könnte das die Verhältnisse vereinfachen", sagt sie. Zugleich weist sie darauf hin, dass das Verhältnis der Anlaufstelle zur Brasserie bisher nicht grundsätzlich schlecht war. Damit ein Nebeneinander der beiden Lokale möglich sei, müsse man vor allem offen sein und die gegenseitigen Erwartungen klären. Sie werde den Kontakt zu den neuen Wirten auf jeden Fall suchen, sagt Bürge.

Wie lange die Brasserie künftig geöffnet haben wird, steht noch nicht fest. "Das Gesuch um eine Überzeitbewilligung ist in Arbeit", sagt Dahinden. Er appelliert an die Stadt: "Wir wollen dieses Quartier bereichern. Dafür sind wir aber auf die Unterstützung der Stadt angewiesen." Eine Stellungnahme von Sicherheitsdirektor Reto Nause zu diesem Thema war gestern nicht zu erhalten, da er in den Ferien weilt. Gemeinderatssprecher Walter Langenegger weist darauf hin, dass die Planung für eine Aufwertung des Bollwerks erst ganz am Anfang stehe und noch Jahre dauern werde. Vorerst könne er lediglich sagen, dass die Stadt alles begrüsse, was das Gastgewerbe tue, um den Raum Bollwerk attraktiver zu machen.

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Bund 4.8.11

Der Traum vom Gangsterleben

Kino · Ein im Grunde harmloser Möchtegern-Gangster will eine Kellnerin ausrauben, die ihrerseits eine bewaffnete Räuberin ist. Zwei Arbeitslose versuchen von einem Reichen Geld zu erpressen und entführen amateurhaft seine Tochter, doch die Jugendliche erweist sich als selbstmordgefährdet. Und 5 Ex-Ganoven im Rentenalter liebäugeln mit einem neuen Coup: "J'ai toujours rêvé d'être un gangster" (2007) von Samuel Benchetrit ist eine humorvolle Krimikomödie. pd

Heute Donnerstag, 21.30 Uhr, Open-Air Hofkino, bei schlechtem Wetter im Kinosaal, Reitschule Bern.

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BZ 4.8.11

"Wieder mehr Vorfälle"

Reitschule. Es sei nicht einfach, bei Vorkommnissen rund um die Reitschule zu intervenieren, sagt Manuel Willi, Chef Region Bern bei der Polizei. Die Situation könne rasch eskalieren. Zuletzt gab es wiedermehr Zwischenfälle.

Die Vorfälle bei der Reitschule hätten ganz klar zugenommen, sagt Manuel Willi, Chef Region Bern bei der Kantonspolizei. Am letzten Wochenende sind Polizei- und Zivilautos sowie auch ein Fahrzeug der Sanitätspolizei mit Gegenständen beworfen worden. Es sei nicht einfach, die Chaoten festzunehmen, sagtWilli. Bei der Reitschule würden sie oft in einer Masse Unbeteiligter untertauchen. Die Polizei müsse dann verhältnismässig agieren, ansonsten riskiere man eine Massenpanik, so Willi. Laut dem Polizeichef kooperiert die Reitschule bei der Sicherheit wenig mit der Polizei. An den Gesprächen am runden Tisch komme man zurzeit keinen Schritt vorwärts.

Aus Sicht der Betreiber hat die Reitschule in der Regel keine Sicherheitsprobleme", sondern eher Probleme mit polemischen Sicherheitsforderungen". Es sei aber eine Tatsache, dass sich potenzielle Chaoten, die von anderen Plätzen vertrieben würden, an Orten wie der Reitschule treffen würden. Laut Polizeichef Willi fehlen jedoch klare Signale, dass man sich von solchen Leuten distanziere. Deshalb entstehe ja diese Anziehungskraft.

Der Stadtrat debattiert im Rahmen des Leistungsvertrags bald über Sicherheitsvereinbarungen mit der Reitschule. Der Vertrag war zurückgewiesen worden,weil man sich über Sicherheitsauflagen nicht einig war. wrs SEITE 4

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Die Situation ist nicht befriedigend"

Polizei zur Reitschule

In letzter Zeit komme es öfter zu Vorfällen rund um die Reitschule, sagt Manuel Willi, Chef Region Bern bei der Kantonspolizei. Die Polizei könne aber nicht immer eingreifen, wie es nötig wäre, weil sonst andere Besucher gefährdet würden.

Manuel Willi, am Wochenende haben Vermummte bei der Reitschule Polizisten attackiert. Teilen Sie den Eindruck, dass es an diesem Ort in letzter Zeit wieder zu mehr Vorfällen kommt?

Manuel Willi: Es gibt immer Wellenbewegungen. Aber die Vorfälle bei der Reitschule haben in diesem Jahr mit mehreren Angriffen auf Polizisten, Polizei- und Zivilautos klar zugenommen. So wurde am letzten Sonntag auch ein Fahrzeug der Sanitätspolizei mit Gegenständen beworfen.

Worauf stützen Sie die Aussage, dass die Vorfälle zugenommen haben?

Das zeigt ein Blick in unser Einsatzjournal und auch ein Vergleich mit letztem Jahr: In den Monaten vor der Reitschul-Abstimmung im September blieb es absolut ruhig, abgesehen von Lärmklagen eines Anwohners.

In der Nacht auf Sonntag attackierten 5 bis 10 Vermummte ein Polizeiauto. Die Polizei zog sich zurück, um eine Eskalation zu verhindern. Warum kann man solche Chaoten nicht vor Ort festnehmen?

Sie müssen sich das mal vorstellen: Zwei Polizisten auf Patrouille stehen letztlich einer Horde von Chaoten gegenüber. Zudem agieren die Vermummten aus der Masse und ziehen sich dann blitzschnell wieder zurück. Schnell solidarisiert sich die Masse mit ihnen, und die Polizei wird zum gemeinsamen Feind.

Das heisst, die Polizei ist dann handlungsunfähig?

Nein, ist sie nicht. Aber es ist ziemlich illusorisch, zu denken, die beiden angegriffenen Polizisten könnten einfach so in die Masse reingehen und Leute festhalten. Einerseits haben sie ihren Eigenschutz zu beachten. Bei einer solchen Überzahl kann dies sehr schnell gefährlich werden. Anderseits muss der Einsatz der Polizei auch immer verhältnismässig sein. Eine Intervention bei oder in der Reithalle kann schnell eskalieren. Was bei einer Massenpanik passieren kann, hat das Unglück an der Loveparade in Duisburg gezeigt.

Dann hätten die zwei Polizisten gar nichts ausrichten können?

Es stellt sich schlicht und einfach die Frage, wer in einer solchen Situation physisch der Stärkere ist. Dann ist es deshalb angezeigt, auf Verstärkung zu warten.

Später errichteten 30 bis 40 Personen eine Strassensperre und bewarfen Autos. Dann waren mehr Polizisten vor Ort.

Es ist klar, dass diese Leute die Konfrontation mit der Polizei suchten. Wir waren gezwungen einzugreifen, weil Autos zur Zielscheibe wurden und der Verkehr blockiert war.

Die Mediengruppe der Reitschule kritisiert, dass die Polizei die Vermummten auf den Vorplatz trieb, wo sich Hunderte Unbeteiligte aufhielten.

Das stimmt so nicht. Auch hier zogen sich die Vermummten auf den Vorplatz zurück. Das ist der Effekt, den wir von Demos kennen: Die Reitschule ist für einige Chaoten ein Rückzugsgebiet, weil sie wissen, dass sie dort in der Masse untertauchen können und eine Intervention schwierig ist.

Also kann die Polizei in der Reitschule gar nicht eingreifen?

Es stimmt nicht, dass die Polizei nicht in die Reitschule geht. Es gibt auch keine städtische Weisung, dass dort nicht eingegriffen werden soll. Wir waren in letzter Zeit einige Male in der Reitschule. Aber es ist immer eine Abwägung der Verhältnismässigkeit, und die eigene Sicherheit und jene Unbeteiligter muss berücksichtigt werden.

In welchen Fällen interveniert die Polizei in der Reitschule?

Es gelten grundsätzlich die gleichen Regeln wie bei jedem anderen Lokal. Nebst der Verhältnismässigkeit und dem Eigenschutz müssen auch die Chancen für eine erfolgreiche Intervention gegeben sein. Die Suche nach einer Täterschaft, gestützt auf ein schlechtes Signalement, führt in dieser Masse nicht zum Erfolg. Das letzte Mal war die Polizei im Zusammenhang mit der Anhaltung eines Drogendealers in der Reitschule. Aber auch bei solchen Einsätzen besteht die Gefahr, andere Besucher zu gefährden, wenn es zu Problemen und einer Eskalation kommt. Die Reitschule ist verwinkelt. Ausserdem besteht die Gefahr, dass man von oben angegriffen wird.

Ist die Polizei in der Reitschule machtlos?

Nein, aber die aktuelle Situation ist nicht befriedigend. Die Reitschule ist ein subventionierter Betrieb mit einer Bewilligung. Der Kulturbetrieb ist wichtig, aber die Reitschule steht eben nicht nur für Kultur. Die verantwortlichen Stellen müssen sich überlegen, ob die Auflagen nicht verschärft werden müssten.

Inwiefern?

Für die Polizei ist die Reitschule grundsätzlich ein Betrieb wie jeder andere. Aber andere Betriebe haben einen eigenen Sicherheitsdienst, der die Regeln auch wirklich durchsetzt und die Polizei ruft, wenn es Probleme gibt. In diesem Bereich verweigert die Reitschule eine Zusammenarbeit, und die Polizei wird zum Teil sogar aktiv an der Arbeit gehindert.

Die Reitschule zieht auch Leute an, für die sie nicht verantwortlich gemacht werden kann.

Das ist richtig. Aber für Missstände tragen die Betreiber eine Verantwortung, die über den Vorplatz hinausgeht. Es fehlen klare Signale, dass man sich von solchen Chaoten distanziert. Deshalb entsteht ja diese Anziehungskraft

Wie gut ist der Kontakt zu den Reitschule-Betreibern?

Bei den Vorfällen am Wochenende nahm die Polizei telefonisch mit der Reitschule Kontakt auf. Wer dort abnimmt, ist in der Regel kooperativ, kann sich dann aber oft intern nicht durchsetzen, weil kein eigener Sicherheitsdienst vorhanden ist, der durchgreift. Wir sitzen regelmässig am runden Tisch zusammen. Aber im Moment geht es dort leider keinen Schritt vorwärts.

Interview: Wolf Röcken

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Reitschule

"Keine Sicherheitsprobleme". Aus Sicht der Mediengruppe hat die Reitschule in der Regel keine Sicherheitsprobleme", sondern - speziell im Sommerloch und in Wahlkampfzeiten - Probleme mit unrealistischen und polemischen ‹Sicherheit›-Diskursen und -Forderungen von Politik und Medien", wie sie mitteilt. In der leistungsorientierten Gesellschaft sei schnell der Ruf nach Law and Order" zu hören. Doch gelangweilte Kids" würden sich nun mal nicht einfach so auflösen, egal wie oft sie von anderen Plätzen vertrieben würden. Sie würden sich dann an Orten treffen, wo sie nicht gleich weggeschickt würden. Dass es dann zu Vorkommnissen komme, sei aber nicht nur bei der Reitschule der Fall.

Der Stadtrat wird sich im Rahmen des Leistungsvertrags bald mit dem Thema Sicherheit in der Reitschule befassen. Im März hatte das Parlament den Vertrag zurückgewiesen. Streitpunkt waren die Sicherheitsvereinbarungen, die verschärft werden sollen.wrs

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kulturagenda.be 4.8.11

Plädoyer für mehr Gesetzlosigkeit /// von Katharina Bornhauser

Als ich kürzlich erfuhr, dass Musikhören beim Velofahren mit einer Busse bestraft wird, war ich schockiert. Nicht darüber, dass man nicht einmal beim Musikhören ausser Reichweite des Gesetzes ist, sondern vielmehr, dass ich jahrelang gegen geltendes Recht verstossen habe. Ohne es zu wissen.

Da zahlt man brav seine Steuern, kauft sich ein Libero-Abonnement, geht nie bei Rot über die Strasse, kurz, gibt sich redlich Mühe, eine rechtschaffene Bürgerin zu sein, und dann das - für eine Tätigkeit, der ich so gut wie täglich nachgehe, gibt es eine Busse. Eine Bestrafung für Fehlverhalten. Den Stempel "straffällig" werde ich nie wieder los. Was werden die spiessigen Nachbarn denken? Was ich mir alles verkniffen habe wegen denen. Boote ohne Wissen der Besitzer "ausleihen", nachts in geschlossene Parkanlagen eindringen, an sogenannten Fanmärschen meinen "Sportsgeist" mit Knallkörpern unter Beweis stellen. All das habe ich unterlassen. Ich wollte ja keine Straftat begehen, nicht als Diebin, Hausfriedensbrecherin oder Hooligan abgestempelt werden. Genützt hat alles nichts. Nun frage ich mich, wie oft ich - unbewusst, selbstverständlich - gegen das Gesetz verstossen habe.

Über welche Weisung habe ich mich hinweggesetzt, als ich den Kofferraum auf dem Nachhauseweg von der Ikea offen liess? Kann man es mir zu Last legen, dass ich damals im öffentlichen Park Blumen pflückte, als am Muttertag einfach kein Geschäft gelbe Tulpen verkaufte? Muss ich mir einen Anwalt suchen für das eine Mal, als ich das Tütchen Ketchup im McDonald’s nicht bezahlte?

Erst jetzt stellt sich heraus, dass ich in meinem Innersten kriminell bin. Dabei hatte ich nicht einmal verbrecherische Absichten. Oder macht es das noch schlimmer? Ich setze mich tagtäglich über das Gesetz hinweg, aber im Gegensatz zu Jesse James oder Robin Hood stehe ich nicht einmal dazu.

Das bereitet mir Sorgen. Ich bin nicht nur eine Gesetzesbrecherin, sondern auch ein Hasenfuss. Das lasse ich nicht auf mir sitzen! Ab heute werde ich für meine Missetaten geradestehen und diese richtiggehend auskosten. Dass ich mich trotz Verbotsschild auf die Treppe im Bahnhof gesetzt habe und seit Monaten ein herrenloses Fahrrad mein Eigen nenne, ist mir ab jetzt wurst. Ich habe - anders als Jessie James - keine kriminellen Absichten, aber offenbar ist es mir nicht möglich, trotzdem ein gesetzestreuer Mensch zu sein. Das muss ich akzeptieren. Wenn ich das nächste Mal herausfinde, dass ich gegen ein Gesetz verstossen habe - egal wie hanebüchen es ist -, werde ich das geniessen. Und es sofort den Nachbarn erzählen.

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"J’ai toujours rêve d’être un gangster"
Hofkino der Reitschule, Bern
Do., 4.8., 21.30 Uhr

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Bund 3.8.11

Randalierer schaden dem Ruf der Reitschule

Strassenschlacht rückt Reitschule in ein schlechtes Licht, wie Reaktionen auf den Vorfall zeigen.

Rahel Bucher

In der Nacht von Samstag auf Sonntag provozierte eine Gruppe von jugendlichen Vermummten in der Nähe der Berner Reitschule eine Auseinandersetzung mit der Polizei. Diese setzte Gummischrot ein und trieb die Vermummten auf den Vorplatz. Von dort aus zogen sich diese in die Reitschule zurück. Die Kulturinstitution billigt zwar das Eingreifen der Polizei, wie sie in einer Mitteilung schrieb. Allerdings stellt sie infrage, ob der Einsatz "nicht verhältnismässiger und überlegter" hätte gestaltet werden können - ohne Gefährdung des friedlichen Ausgangsvolks. Obwohl das Kulturzentrum nicht direkt am Vorfall beteiligt war, wird es dadurch einmal mehr in ein schlechtes Licht gerückt. "Stimmung kippt schnell einmal""Dieser Vorfall ist für die Reitschule schädigend, und ich bin froh, dass sie sich klar distanziert", sagt etwa Flavia Wasserfallen, Co-Präsidentin der SP Stadt Bern. Er könnte die Unterzeichnung des Leistungsvertrages zwischen Stadt und Reitschule gefährden (siehe Kasten). Wasserfallen: "Die Stimmung gegenüber dem Kulturzentrum kippt schnell einmal." Schon immer sei es ein Problem gewesen, dass die Reitschule Anziehungspunkt für randalierende Provokateure ohne politische Botschaft sei. Sie könne dieses Problem aber nicht alleine lösen, ist Wasserfallen überzeugt. Es brauche den Dialog mit der Stadt.

Thomas Fuchs, Vizepräsident der SVP Stadt Bern, zieht die Reitschule in die Hauptverantwortung. "Der Goodwill bezüglich der Reitschule ist nur noch klein", sagt er und fordert, dass diese nach solchen Ereignissen eine Woche geschlossen werden müsse - als Strafe. Den Gemeinderat in die Pflicht nimmt Bernhard Eicher, FDP-Fraktionspräsident Stadt Bern: "Das ist die Rechnung für die schwache Haltung des Gemeinderats gegenüber linken Chaoten", sagt er. So fordert er konsequenteres Vorgehen gegen gewalttätige Gruppierungen.

"Die CVP verurteilt die Aktion aufs Schärfste", wie Michael Daphinoff, Präsident der CVP Stadt Bern, sagt. Seit der Abstimmung vor knapp einem Jahr habe sich die Situation um die Reitschule verschlechtert, findet er. Für ihn stellt sich daher die Frage, ob die Betreiber mit ihrer Verantwortung umgehen können. "Gegenüber Randalierern müsste die Reitschule viel konsequenter sein und ihnen gar keinen Einlass gewähren." Auch die Polizei stellt fest, dass sich die Situation verschlechtert hat, wie Manuel Willi, Chef der Regionalpolizei Bern, sagt. Klar sei, dass die Reitschule nicht alle Probleme selber lösen könne. Es fehle ihr jedoch ein eigener Sicherheitsdienst, der die Regeln durchsetze. Eine Zusammenarbeit mit der Polizei lehne die Reitschule ausdrücklich ab.

Wie die Reaktionen der Politiker und der Polizei zeigen, ist der Vorfall Ausdruck für das Dilemma, in dem sich die Reitschule befindet. Einerseits leidet sie unter gewalttätigen Aktionen, die mit ihr in Verbindung gebracht werden. Andererseits gewährt sie den Randalierenden Schutz - so auch vergangenes Wochenende. Gegen Aussen wird das so wahrgenommen, als würde sie mit ihnen sympathisieren. "Wenn innert weniger Minuten über 200 Menschen in die Reitschule flüchten, ist es unmöglich, auch noch Einlassbeschränkungen zu machen", heisst es bei der Reitschule dagegen. Seit Jahren werde darauf aufmerksam gemacht, dass Reitschule und Vorplatz weder von Aktivisten noch von der Polizei als Ort für Strassenschlachten missbraucht werden dürfen. Zum einen, weil Unbeteiligte verletzt werden könnten - zum anderen, "weil solche Vorfälle den Kulturbetrieb stören und notorischen Reitschulfeind(innen) Stoff für unqualifizierte Polemik bieten".

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Vertrag Streitpunkt Sicherheit

Im März hat der Stadtrat den Leistungsvertrag zwischen Stadt und Reitschule zurückgewiesen. Grund war ein Streit um die Sicherheitsvereinbarung. Die Rückweisung ist bei der Reitschule auf Unverständnis gestossen. Laut Martin Müller von der Abteilung Kulturelles der Stadt Bern wurde der Reitschule nun eine überarbeitete Version des Vertrags vorgelegt. Dabei habe man sich den Forderungen des Stadtrates bezüglich der Bestimmungen der Sicherheitsvereinbarung angenähert, wie Müller auf Anfrage sagte. Zum genauen Inhalt konnte er gestern keine Stellung nehmen. Noch steht die Antwort der Reitschule aus. Danach wird das Geschäft vom Gemeinderat behandelt, bevor es erneut in den Stadtrat kommt. (reh)

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Kulturbeutel 31/11

kulturstattbern.derbund.ch 2.8.11

Von Benedikt Sartorius am Dienstag, den 2. August 2011, um 06:17 Uhr

(...)

Herr Gnos empfiehlt:
Das Openair am Bielersee, und da insbesondere den Freitagabend, weil da die persönlichen Tessiner Lieblinge The Pussywarmers ihr Unwesen treiben werden. Aber auch sonst lässt sich das Programm sehen, zum Beispiel wegen des Auftritts von Stiller Has am Samstag. An dem Tag spielt auch des Schreibenden Geheimtipp Prader & Knecht, die mit ihrem nächsten Album noch für Aufsehen sorgen werden. Ganz abgesehen davon findet dieses Festival an einem lauschigen Platz bei Vinelz statt. Das sollten Sie sich auf keinen Fall entgehen lassen. Ebenfalls am Samstag wird der Wartsaal in der Berner Lorraine eröffnet. Da lohnt es sich bestimmt, reinzuschauen - auch wenn nicht alle dieser Meinung sind. Schliesslich sei Ihnen auch noch der Besuch von J’ai toujours rêvé d’être un gangster im Donnerstags-Hofkino der Reitschule empfohlen, obwohl er nicht an das vermutete Vorbild Coffee and Cigarettes herankommt.

(...)

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BZ 2.8.11

Vermummte attackieren Polizei

Neubrückstrasse · In der Nacht auf Sonntag errichteten Vermummte vor der Reitschule eine Strassensperre und zündeten sie an. Die Polizei setzte Gummischrot ein.

Eine Gruppe Jugendlicher war in der Nacht auf Sonntag bei der Schützenmatte auf Action aus. Kurz nach 1 Uhr wurde ein ziviles Fahrzeug der Polizei, das auf der Neubrückstrasse Richtung Bollwerk fuhr, bei der Reitschule "durch mehrere vermummte Personen mit verschiedenen Gegenständen angegriffen", wie es in der Medienmitteilung der Polizei heisst. Auf Anfrage sagte eine Polizeisprecherin, es habe sich um eine Gruppe von 5 bis 10 Personen gehandelt. "Um eine Eskalation zu verhindern, zog sich die Patrouille zurück", schreibt die Polizei weiter.

Anzeige gegen unbekannt

Als danach Passanten der Polizei meldeten, dass 30 bis 40 Vermummte am gleichen Ort eine Strassensperre errichtet und angezündet sowie vorbeifahrende Fahrzeuge mit Flaschen beworfen hätten, rückte die Kantonspolizei mit einem grösseren Aufgebot zur Reitschule aus.

Dort sei auch sie mit Flaschen, Petarden, Farbe und Feuerwerkskörpern angegriffen worden, schreibt die Polizei. "Um die Situation in den Griff zu bekommen und die Strasse wieder passierbar zu machen", setzte sie Gummischrot ein. Die Aktion habe den Verkehr um die Schützenmatte "stark eingeschränkt", laut Polizeisprecherin dauerte der Einsatz bis ungefähr 4 Uhr.

Die Polizei verhaftete niemanden. Sie wird wegen Gefährdung des Lebens, Gewalt und Drohung gegen Beamte sowie Sachbeschädigung Anzeige gegen unbekannt einreichen.

Kritik an Polizeitaktik

Die Mediengruppe der Reitschule bestätigt in einer Mitteilung den Vorfall. Die ungefähr 40 Beamtinnen und Beamten, die kurz vor 2 Uhr bei der Neubrückstrasse angerückt seien, trieben laut dieser Mitteilung die Vermummten "mit massivem Gummischroteinsatz auf den Vorplatz und gefährdeten dadurch auch die zahlreichen Ausgängerinnen und Ausgänger, die dort friedlich den Abend verbrachten".

Die Polizei müsse sich fragen, ob der "nachvollziehbare" Einsatz "nicht verhältnismässiger und überlegter" hätte erfolgen können. Auf schriftliche Nachfrage präzisierte die Mediengruppe, "es hätte durchaus Möglichkeiten gegeben, den Vermummten den Weg Richtung Schützenmatte abzuschneiden".

Unbeteiligte Gäste und Arbeitende hätten sich Kopfverletzungen zugezogen, schreibt die Mediengruppe in einer anderen Antwort. Dies belege "gefährliche und wahllose Gummischrotschüsse auch auf Kopfhöhe".

Laut Mediengruppe sei die Reitschule an einem sommerlichen Samstagabend ohne Dachstockanlass für den Vorplatz und das Verhindern von Drogengeschäften zuständig. "Die Neubrückstrasse fällt in das Aufgabengebiet der Kantonspolizei."

Christoph Hämmann

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Bund 2.8.11

Polizei löst Strassensperre vor Reitschule auf

Vor dem Berner Kulturzentrum haben Vermummte eine Strassenschlacht mit der Polizei provoziert.

Die Polizei hat in der Nacht auf Sonntag eine von Vermummten errichtete Strassensperre auf der Neubrückstrasse bei der Berner Reitschule gewaltsam aufgelöst. Die Polizeigrenadiere setzten dazu Gummischrot ein, nachdem sie selbst mit Flaschen und Feuerwerkskörpern attackiert worden waren.

Wie aus ihrem eigenen Communiqué und einer Medienmitteilung der Reitschule hervorgeht, wurde die Kantonspolizei offenbar bewusst zum Eingreifen provoziert. Laut Angaben der Kantonspolizei wurde zunächst um etwa 1 Uhr nachts ein ziviles Polizeifahrzeug auf Patrouille von fünf bis zehn Vermummten mit Gegenständen beworfen. Laut der Mediengruppe der Reitschule seien es mutmasslich Jugendliche gewesen, welche die Auseinandersetzung mit der Polizei anzetteln wollten. Die Kantonspolizei rückte erst mit einem grösseren Aufgebot aus, als Passanten gemeldet hatten, dass 30 bis 40 Vermummte eine Strassensperre errichtet und diese in Brand gesteckt hätten.

Keine Randalierer festgenommen

Die Beamten wurden an der Barrikade nach eigenen Angaben mit Flaschen, Petarden, Farbe und Feuerwerk angegriffen. Um die Sperre aufzulösen, setzten sie Gummischrot ein. Laut der Reitschule haben die Polizisten die Vermummten so auf den Vorplatz der Reitschule getrieben. Dieses Vorgehen habe auch das friedliche Ausgangsvolk auf dem Platz bedroht, kritisiert die Mediengruppe. Unbeteiligte hätten im Innern der Reitschule Schutz suchen müssen.

Festnahmen gab es nach der Auseinandersetzung keine. Die Vermummten hätten sich in die Reitschule zurückgezogen, sagte Florie Marion, die Mediensprecherin der Kantonspolizei, auf Anfrage. Die Polizei wird jedoch Anzeige gegen Unbekannt einreichen. Meldungen über Verletzte liegen nicht vor. (mra/sda)

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20 Minuten 2.8.11

Linke Chaoten wüten in Bern

BERN. Die linksextreme Gewalt in Bern nimmt kein Ende: In der Nacht auf Sonntag haben erneut 30 bis 40 Chaoten einen Kampf mit der Kapo angezettelt. Kurz nach ein Uhr begannen die Vermummten nahe der Reithalle, Flaschen und Steine auf Autos zu werfen. Die Vandalen liessen nicht locker: Sie errichteten eine Strassensperre auf der Neubrückstrasse und steckten diese in Brand. Als die Polizei anrückte, empfingen die Vermummten sie mit fliegenden Flaschen, Petarden und Feuerwerkskörpern. Die Polizisten reagierten mit Gummischrot und konnten so die Sperre auflösen.