MEDIENSPIEGEL
12. - 18. SEPTEMBER 2009
kulturstattbern.derbund.ch 16.9.11
Müslüm und Aziz
Von Gisela Feuz am Freitag, den 16. September 2011, um 01:24 Uhr
Grandios wars auf der Busfahrt
mit Müslüm
und dem Club 111!
Eine Stadtrundfahrt der wunderbar anderen Art wurde einem da geboten,
denn Müslüm entführte kurzerhand den Bernmobilbus mit
Resli Burri am
Steuerrad und erlebte gar manches Abenteuer darin.
Bei Aziz im Rössli wars auch wunderbarst.
Heiteres Songraten war angesagt, hatten die Herren doch zur Cover-Nacht
geladen. Faith No More, Pearl Jam, Biffy Clyro, Muse, Life of Agony,
Kyuss und Aziz hat die Schreiberin erkannt. Wegen bloody Napalm Death
hats dann aber nicht ganz zum Rate-Pokal gereicht. *grummel*
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bernerzeitung.ch 16.9.11
Was die "New York Times" Bern-Touristen empfiehlt
met
Die "New York Times" hat 36 Stunden in Bern verbracht und daraus
zwölf Tipps für Touristen aus den USA zusammengestellt. Vor
allem die kulinarischen Vorzüge der Bundesstadt haben es dem
Reisejournalisten der renommierten Zeitung angetan.
Der Hinweis auf die Langsamkeit der Berner, er fehlt auch nicht
im Reisebericht der "New York Times" (NYT): Man höre, die
Einheimischen seien so langsam, dass sogar ihre Seelen Jahrhunderte
bräuchten, um den Himmel zu erreichen. Dafür beschreibt
NYT-Reisejournalist Tim Neville Bern als eine der "entspanntesten
Hauptstädte Europas", eine Art "Prag im Taschenformat" mit Arkaden
und Brunnen.
Die zwölf Tipps der "New York Times"
Eineinhalb Tage hat die Zeitung in der Bundesstadt verbracht.
Folgende zwölf Aktivitäten empfiehlt die "New York Times"
nach dem Aufenthalt:
1) Auf der Terrasse des Hotels Bellevue Palace den Alpenblick
geniessen.
2) Im Restaurant Schwellenmätteli bei der Aare verweilen.
3) In der Reitschule ins bunte Nachtleben eintauchen.
4) Den Markt auf dem Bundesplatz besuchen.
5) Durch die Altstadt flanieren mit den Hörführern von
Bern Tourismus.
6) Den Bärenpark besuchen und im Tramdepot selbst gebrautes
Bier trinken.
7) Unter den Arkaden spazieren gehen und in der Confiserie
Tschirren Pralines kaufen.
8) Im Restaurant Adriano's für einen Snack anhalten.
9) Im Restaurant Le Mazot Fondue kosten.
10) In der Mahogany Hall Jazzmusik lauschen.
11) Eine Velotour rund um Bern unternehmen.
12) Im Restaurant Marzilibrücke einen rustikalen Brunch zu
sich nehmen.
"Warum also sich beeilen?", fragt die NYT denn auch.
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Bund 16.9.11
Kritik der Jungwacht: Nause schweigt
Die katholische Vereinigung Jungwacht Blauring hat vom Berner
Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) in einem offenen Brief eine
Richtigstellung gefordert (der "Bund" berichtete). Anlässlich der
SVP-Kundgebung vom Samstag waren drei Jungwacht-Leiter von
Broncos-Sicherheitsleuten angehalten, der Kantonspolizei übergeben
und zwei Stunden festgehalten worden. Begründung: Sie seien
"komisch" auf dem Platz herumgelaufen und hätten telefoniert. Die
drei "Jungwächtler" wollten in der Innenstadt einen Workshop
vorbereiten und nahmen auf dem Bundesplatz einen Augenschein. Die
Kantonsleitung der Jungwacht hat die Festhaltung als "willkürlich"
und "ungerechtfertigt" bezeichnet - und zeigte sich irritiert über
die Aussage von Nause, die 55 Festhaltungen anlässlich des
"SVP-Familienfestes" seien notwendig gewesen, weil bei den
Festgenommenen gefährliche Gegenstände gefunden worden seien.
Eine Entschuldigung hat auch die Theatergruppe Mea Tulpa verlangt,
deren Mitglieder am Samstag ebenfalls festgehalten und weggewiesen
worden waren.
Reto Nause will sich auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen
äussern. Die Mediensprecherin seiner Direktion, Martina
Rettenmund, gibt an, dass man zu einzelnen Fällen keine
Stellungnahme abgebe. Zudem erinnert sie daran, dass der Stadtberner
Sicherheitsdirektor keine operativen Befugnisse bei Einsätzen der
Kantonspolizei habe. (jäg)
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kulturstattbern.derbund.ch 15.9.11
Ein Abend "im Widerstandsnest"
Von Benedikt Sartorius am Donnerstag, den 15. September 2011, um 13:00
Uhr
Nach der "New York Times" besucht nun auch die "Weltwoche" die
Reitschule.
Das Gute an der Arbeit auf einer Redaktion ist ja, dass man auf
beinahe alle Erzeugnisse der hiesigen Presselandschaft Zugriff hat. So
lockt am Donnerstag auch regelmässig der scheue Blick in die "Weltwoche",
die in der aktuellen Ausgabe am vergangenen Freitagabend -
einen Tag vor der SVP-Kundgebung - die Reitschule
besucht hat.
Dem Journalisten, für den der Besuch "im Widerstandsnest" eine
Rückkehr in seine Studienzeit bedeutet habe, scheints auf
seiner
allerdings missglückten «Suche nach dem "Revolutionären
Aufbau", dem "Schwarzen Block" oder wie die Linksradikalen sich auch
immer nennen"
einigermassen gefallen zu haben.
Beziehungsweise: Wenn der erwünschte Knall
ausbleibt, muss man weiterziehen, und sich über die angebliche
Angepasstheit und «das Übermass an politischer Korrektheit,
mit dem der
linke Aktivismus heute einhergeht", mokieren.
Der Autor geniesst das Abendessen im "Herzstück",
dem Restaurant Sous le Pont ("Manch ein gutbürgerliches Restaurant
könnte sich diese Küche zum Beispiel nehmen"), moniert zwar
die
Pöbeleien gegenüber seinem Fotografen und der zunehmend
aggressiven
Stimmung, die durch den Alkohol bedingt sei, aber: "Mehr denn je hat in
der Reitschule alles seine strikte Ordnung; die Rufe nach Anarchie sind
verschwunden, heute formuliert man lieber Hausregeln als
Widerstandspamphlete." Denn die Reitschule sei "heute Teil jener
kommerziellen Spasskultur, die auf den Transparenten bekämpft
wird."
In der Bibliothek findet der "Eindringling"
schliesslich "einige schwarzgekleidete Leute rauchend in den Sesseln."
Er kommt zum Schluss: "Geht die Weltrevolution von diesen Leuten aus,
so brauchen sich die Grosskapitalisten nicht allzusehr zu
fürchten."
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Weltwoche 15.9.11 (
PDF mit Fotos)
Im Widerstandsnest
Das linksautonome Kulturzentrum Reitschule in Bern hat
mittlerweilen musealen Charakter. Ein Besuch am Abend vor der grossen
SVP-Demo.
Von Rico Bandle
Unser Fotograf hatte schon angenehmere Aufgaben. "Lösche deine
Bilder und verpiss dich", rufen ihm
einige Jugendliche in der "Reitschule" nach. Es ist
Freitagabend, einen Tag vor dem gross angekündigten
SVP-"Familienfest" auf dem Berner Bundesplatz. Vor vier
Jahren kam es bei einer ähnlichen Kundgebung zu schweren
Krawallen, die SVP-Sympathisanten mussten ihren geplanten Marsch vom
Bärengraben zum Bundesplatz abbrechen.
Das Kulturzentrum stand damals im Verdacht, den gewaltbereiten
Linksautonomen als Besammlungs- und Rückzugsort zu dienen. Nicht
ohne Grund: Von der Reitschule ausgehende "antikapitalistische
Abendspaziergänge" hinterliessen in der Stadt während
Jahren Schäden in der Höhe von jeweils mehreren zehntausend
Franken. Die Krawallmacher hatten in der Reitschule lange einen
ähnlichen Status wie Hooligans in den Fussballstadien: Ihre Gewalt
lehnt man offiziell zwar "in aller Schärfe" ab,
rausschmeissen will man seine treuesten Gesinnungsgenossen trotzdem
nicht.
Toilettenrevolution
Machen wir uns also auf die Suche nach dem "Revolutionären
Aufbau", dem "Schwarzen
Block" oder wie die Linksradikalen sich auch immer nennen. Der
Besuch in der Reitschule bedeutet für mich eine Rückkehr in
meine Studienzeit. Damals, vor gut zehn Jahren, be suchte ich hier
immer mal wieder ein Konzert oder eine Filmvorführung. Auf den
ersten Blick hat sich nicht viel verändert: An der
verschmierten Fassade hängen Leintücher mit Kampfparolen wie
"Kapitalismus abschaffen" oder, an die SVP-Anhänger
gerichtet, "Welcome to hell". Im Innenhof prangen
Sprüche wie "Solidarität ist eine Waffe" oder "Aktiv werden
gegen Faschismus". Die politischen Plakate an
den Wänden wirken wie aus einer Zeit, als noch keine Computer zur
grafischen Gestaltung zur Verfügung standen. Der Ort hat musealen
Charakter - doch offenbar glauben tatsächlich noch einige Leute an
diese Parolen.
Herzstück der Reitschule ist das Restaurant "Sous le
pont". Einst standen auf den Tischen Täfelchen mit der
Aufschrift "Zwischen 11.30 und 14 Uhr bitte draussen
kiffen". Längst nicht alle Gäste hielten sich daran.
Die Täfelchen sind heute verschwunden. Was das Cannabisverbot
nicht geschafft hat, setzt nun das normale Rauchverbot durch: In den
Räumen wird überhaupt nicht mehr geraucht, und auch draussen
sind die Kiffer seltener geworden. Man versucht im autonomen
Kulturzentrum Ordnung zu wahren. Die Toiletten sind im Vergleich zu
früher halbwegs passabel, die afrikanischen Drogendealer stehen
nicht mehr so aufdringlich vor dem Eingangstor, sondern nebenan an der
Strasse. Mehr denn je hat in der Reitschule alles seine strikte
Ordnung; die Rufe nach Anarchie sind verschwunden, heute formuliert man
lieber Hausregeln als Widerstandspamphlete.
Ich schnappe mir die Wochenzeitung aus dem Zeitungsständer;
in einem doppelseitigen Interview erklärt Sahra Wagenknecht,
deutsche Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke, dass sie sich nun
doch nicht mehr nach der alten DDR zurücksehnt und deshalb von
ihren Parteigenossen angefeindet wird. Die Banken möchte sie aber
noch immer alle verstaatlichen. Die freundliche Serviertochter mit
Nasenpiercing und Punk-Frisur trägt ein zerrissenes T-Shirt mit
einer aufgedruckten Mickymaus, dem Maskottchen des Kapitalismus. Das
Essen überrascht: Die Vorspeise, ein Rucola-Salat mit
Fetakäse, ist frisch und wunderbar angerichtet, der Hauptgang -
wir bestellen Pouletbrust an Béarnaise-Sauce - überzeugt in
seiner tadellosen Zubereitung. Manch ein
gutbürgerliches Restaurant könnte sich diese Küche zum
Beispiel nehmen.
"Bist du vom Staatsschutz?"
Wo sind sie nun, die gefürchteten "Antifaschisten"? An einem
grossen Tisch beim Eingang sitzt
eine Gruppe von Afrikanern, zwei junge Frauen mit kahlgeschorenem Kopf
und Schlabberkleidung trinken ein Bier, einige Burschen,
geschätzte fünfzehn Jahre alt, essen mit grimmiger Miene
Pommes frites. Auf die Demo und Blocher angesprochen, schiesst einer in
aggressivem Ton zurück. "Was fragst du da? Bist du etwa vom
Staatsschutz?" Die harten Jungs sieht man an dem Abend noch ein
paarmal aufgeregt durch die Menge marschieren, sie verschwinden hinter
Türen, die normalen Besuchern verschlossen bleiben, tauchen wieder
irgendwo auf.
Der grosse Krawall wie vor vier Jahren ist an diesem Wochenende
nicht zu erwarten. Angesichts des riesigen Aufgebots von über
tausend Polizisten haben die Aktivisten in den einschlägigen Foren
frühzeitig zum Gewaltverzicht aufgerufen. Man solle dafür
"kreativ" sein und sich auf "Geleise legen", um
die Anreise der "Pappnasen" zu verzögern, oder "am Bahnhof Tee
verkaufen", in den man vorher "reingepisst" habe. Offiziell ist ein
Fest gegen Rassismus
als Gegenveranstaltung auf dem Gelände der Reitschule
angekündigt. Mit Workshops, in denen man die Kunst des Protests
erlernen kann, zum Beispiel den Sitzstreik. Bei kommenden
Demonstrationen kann man sich also auf diplomierte Sitz streiker
gefasst machen.
Der Grossteil der Reitschul-Gänger scheint sich weder
für die SVP noch die Gegenveranstaltung, geschweige denn die
revolutionären Parolen an der Wand zu interessieren. Auf dem
Vorplatz haben sich mittlerweile mehrere hundert Partygänger
eingefunden, die Mehrheit von ihnen ist noch keine zwanzig Jahre alt.
Nichts unterscheidet sie vom Party-Volk in anderen Lokalen, sie
scheinen vor allem ein Ziel zu verfolgen - möglichst viel zu
trinken: Eine Stange kostet Fr. 3.90, seit zwanzig Jahren schenkt die
Reitschule Einsiedler Bier aus. "Die Reitschule ist unser
grösster Kunde, sie nimmt rund fünf Prozent unserer
Produktion ab", sagt der Braumeister Alois Gmür auf Anfrage.
Wem die Fr. 3.90 zu viel sind, nimmt sein Bier selber mit, eine hier
weitverbreitete Sitte.
Die Stimmung wird zunehmend aggressiver, das kriegt nicht nur
unser Fotograf zu spüren. Allerdings hat dies weniger mit der
Reitschule zu tun als mit der Alkoholmenge. Ob sie es will oder nicht,
die Reitschule ist Teil jener kommerziellen Spasskultur, die auf den
Transparenten bekämpft wird. Vor der grossen Halle werden die
Besuchermassen eines Techno-Abends mit dem Altmeister Jeff Mills wie
Schlachtvieh durch mobile Abschrankungen geschleust. Im kleineren
Konzertsaal, dem Dachstock, feiert die Hip-Hop-Gruppe PVP um den Rapper
Greis ihre Plattentaufe - auch das eine altgediente Gruppe, die
längst hit paradenfähig ist und bei der das Rebellentum eine
gutvermarktbare Attitüde ist.
Feministisches Refugium
Nebst den zwei Konzerthallen betreibt die Reitschule ein Kino,
ein Theater, eine Bibliothek und einen Frauenraum. In der Bibliothek
sitzen noch spätabends einige schwarzgekleidete Leute rauchend in
den Sesseln. Auch bei ihnen ist die SVP-Demo kein Thema: Sie quasseln
etwas über Männer, die ihr Glied auspacken. Die aufliegenden
Zeitschriften proklamieren die Weltrevolution, in einem Gestell steht
ein Gewehr. Die apathische Runde scheint den Eindringling nicht bemerkt
zu haben. Geht die Weltrevolution von diesen Leuten aus, so brauchen
sich die Grosskapitalisten nicht allzusehr zu fürchten.
Der Frauenraum befindet sich im hinteren Teil der Reitschule. Da
der Sexismus wie der Rassismus eine der stärksten Waffen der
Kapitalisten sei, ist der Frauenraum ein zentraler Bestandteil des
Widerstands. Doch auch hier sind keine Aktivisten zu finden - der
Frauenraum ist an diesem Abend geschlossen.
Einst hatten da nur Frauen Zutritt. Die Lesben- und
Feministinnenszene in der Kleinstadt Bern ist aber eher
überschaubar, weshalb bei immer mehr Veranstaltungen auch
Männer zugelassen sind. In das feministische Refugium führt
ein Rollstuhllift. Er steht für das Übermass an politischer
Korrektheit, mit dem der linke Aktivismus heute einhergeht: Auch eine
noch so kleine Minderheit wie behinderte Lesben wird nicht im Stich
gelassen.
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WoZ 15.9.11
Kommentar
Die SVP vor dem Volk beschützt
Von Dinu Gautier
Bundesplatz, letzten Samstag: Vielleicht 4000 SVP-JüngerInnen und
eine Ziege feiern ein "Familienfest". Als Letztere an der Spitze einer
Horde Fahnenträger den Platz betritt, gibt es kein Halten mehr:
rauf auf die Festbänke, klatschen, Fähnli schwingen, grinsen.
Eine Szene, die selbst einem autistischen Hotelanimator die
Schamesröte ins Gesicht treiben würde.
Die Fähnli werden am Eingang verteilt, sie sind aus Kunststoff.
Die Transparente sind vorgefertigt und aus Kunststoff. Selbst die Reden
versprühen den Charme rezyklierten Kunststoffs: Die EU ist an
allem Schuld. Jubel. Die in Bern sind an allem Schuld. Jubel. Wir sind
die Einzigen, die euch noch retten können. Jubel.
Den Reporter erfasst ein Gefühl von Mitleid. Mitleid mit jenen,
die nicht auf die Idee kommen, selber ein Transparent zu malen,
vielleicht, weil das Kreativität, also die Bereitschaft, selbst zu
denken, voraussetzt. Mitleid mit jenen Frauen um die fünfzig, die
hysterisch auf einen kleingewachsenen Zürcher Milliardär
zurennen, als wären sie Teenager und er ein Popstar.
Tausend Beamte beschützen derweil die SVP vor dem Volk. Beim
Käfigturm: Polizia aus dem Tessin. Am Waisenhausplatz: Gendarmerie
aus der Waadt, aus Genf. Letztere ganz in Schwarz, gepanzert, furcht
einflös send.
Bereits am Morgen, so erzählt ein linker Aktivist der WOZ, sei er,
als er in seinem Quartier habe Waschpulver einkaufen wollen, von
Zivilpolizisten angehalten worden. Die hätten seinen Namen gekannt
und ihm angedroht, er komme in "Sicherheitshaft", sollte er es wagen,
die Innenstadt zu betreten.
Dazu Polizeisprecher Michael Fichter: "Es gab vereinzelt Kontrollen
ausserhalb der Innenstadt. Führungspersonen, die in Zusammenhang
mit gewalttätigen Kundgebungen bekannt sind, wurden gebeten, den
Bereich Bundesplatz nicht zu betreten. Dies aber in absoluten
Ausnahmefällen."
In der Innenstadt werden 37 Personen schriftlich und ungezählte
mündlich weggewiesen, 55 Personen vorübergehend verhaftet.
Betroffene erzählen, sie hätten dafür keine plausible
Begründung erhalten - oder aber eine absurde: etwa, sie seien mit
einer linken Stadtparlamentarierin befreundet.
Gegen Abend ist der Spuk vorbei. Die Polizeikosten werden auf eine
Million Franken geschätzt.
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kulturagenda.be 15.9.11
Dragnite im Frauenraum
An der alljährlichen Dragnite gibt es nicht nur
Vintage-inspirierten Sound von Sister Jayn und Lucy, sondern auch
Performance, Party, Bart Bar und Anfummelecke. Aufwendig als Damen
gestylte Herren bilden zwar den Mittelpunkt des Geschehens, doch auch
wahre Ladss und Wundernasen jeglicher Couleur sind gern gesehen.
Frauenraum in der Reitschule, Bern. Sa., 17.9., 22 Uhr
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Bund 15.9.11
Arto Mwambe
Afrika? Nix da
Man könnte ja spontan an Afrika denken bei diesem Namen: Arto
Mwambe. Vielleicht Afro-Beat? Vielleicht Soul? Aber: Ist alles
verkehrt. Hinter dem kryptischen Pseudonym stecken die zwei Frankfurter
Elektroniker Christian Beisswenger und Philipp Lauer, die im fernen
2003 mal einen Clubhit landeten und seither das Wunder vollbrachten,
wieder zu einem Geheimtipp in Sachen Chicago-House zu avancieren. (len)
Dachstock Freitag, 16. September, 23 Uhr.
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kulturagenda.be 15.9.11
Tanzcompagnie 7ELLES zu Gast im Tojo
Unter der Leitung von Michael Schulz und Irene Moffa machten sich die
Tänzerinnen der Compagnie 7ELLES Gedanken zum Thema "Verschwinden
und Erscheinen" und versuchten, ihre Ideen tänzerisch
darzustellen. Auf diese Weise entstand eine Collage aus Szenen, welche
die Truppe nun unter dem Titel "Offenbar" präsentiert.
Theater Tojo in der Reitschule, Bern. Do., 15., bis Sa., 17.9., 20.30
Uhr, sowie So., 18.9., 19 Uhr
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kulturagenda.be 15.9.11
Klappe für "Inferno"
Was mit einzelnen Aufführungen von Stummfilmklassikern im Hof der
Reitschule angefangen hat, ist im Laufe der Jahre zu einer Filmreihe
mit Eventcharakter geworden. Im Rahmen von "Film und Musik" laufen in
der Grossen Halle seit Anfang September fünf Stummfilmklassiker
und zwei zeitgenössische Filme mit musikalischer Livebegleitung.
Der älteste Film des Programms ist die italienische Produktion
"Inferno" aus dem Jahre 1911. Der Titel des Werkes bezieht sich auf die
Hölle aus Dante Alighieris (1265-1321) "Divina Commedia".
Protagonist der Geschichte ist der Dichter gleich selber. Dieser
verliert sich im Wald und trifft dort auf den römischen Autor
Vergil. Sein Idol, das seit Langem dem Jenseits angehört, wurde
von Dantes geliebter und verstorbener Beatrice geschickt, um ihn auf
einer Reise durch Hölle und Fegefeuer zu ihr ins Paradies zu
bringen. Vorlagengetreu zeichnet der Film des Regisseurentrios
Bertolini, De Liguoro und Padovan das erste der drei Jenseitsreiche von
Dantes Hauptwerk nach.
Attraktion vor Narration
Als visuelle Referenz dienten die schwarz-weissen und lichttechnisch
virtuos inszenierten Illustrationen des Malers Gustave Doré
(1832-1883). In fliessenden Gewändern - Dante in Schwarz und
Vergil in Weiss - schreiten die beiden Dichter die neun
Höllenkreise ab, in denen jeweils eine bestimmte Kategorie
Sünder zur ewigen Verdammnis verurteilt ist. Auf dem Weg treffen
sie auf bekannte Figuren aus Mythologie, Geschichte und Literatur, mit
denen sie sich unterhalten, um dabei mehr über deren Schicksale zu
erfahren. Mit ausfallend expressiver Mimik und Gestik - ganz wie es
sich für die Anfänge des Kinos gehört - kommentieren sie
die Erzählungen ihrer Gegenüber. Besonders eindrücklich
sind die Massenszenen vor aufwendigen Bühnenbildern, in denen man
ins eisige Wasser getauchte, gekreuzigte oder sich vor Schmerz
windende, meist nackte Körper sieht.
Strukturiert sind die insgesamt 54 Szenen immer gleich: In einem
Zwischentitel wird angekündigt, wo Dante und Vergil gerade sind,
mit wem sie es zu tun haben und welche ewige Strafe die jeweilige
Person aushalten muss. Wie es für das frühe Kino üblich
ist, hat der Zuschauer immer die Übersicht über die ganze
Szene, da diese einer einzigen Einstellung entspricht und meist in
Totalen sowie mit fixer Kameraeinstellung gefilmt wurde.
An ein paar wenigen Stellen wird auch mit Rückblenden operiert, in
denen das frühere Leben und der Wendepunkt zur Sünde einiger
Figuren gezeigt wird. Der hundertjährige Stummfilm verfolgt eine
Dramaturgie und Ästhetik, bei der es mehr um die Schauwerte der
Szenen als um eine ausgeklügelte Erzähltechnik geht.
Eindrucksvoll ist auch der Einsatz raffinierter Bühnentechnik und
filmischer Spezialeffekte, besonders ins Auge springen die vielen
Überblendungen.
Die danteske Hölle, musikalisch gesehen
Musikalisch untermalt wird das kinematografische Stück in der
Grossen Halle von Marco Dalpane in klassischer Manier live am Klavier.
Der Musiker und Komponist aus Bologna hat sich auf das Schreiben von
Stummfilmpartituren spezialisiert. Grundlegend ist für ihn dabei,
zunächst den Film in bespielbare Sequenzen zu unterteilen und den
passenden Rhythmus auszuloten. Dabei geht es ihm darum, Musik und Bild
in Hinblick auf die Erzählstruktur des Films in Beziehung zu
setzen, aber der Musik immer eine gewisse Autonomie zuzugestehen. So
materialisiert sich die danteske Hölle sowohl auf der Leinwand wie
auch im Raum, schleicht sich in Auge und Ohr und brennt sich ins
Gedächtnis der Zuschauer ein.
Christine A. Bloch
\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
\ \ \ \ \ \ \ \
Grosse Halle der Reitschule, Bern. Fr., 16.9., 20.30 Uhr
www.grossehalle.ch
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Bund 14.9.11
Bern auf 36 Stunden komprimiert in der "New York Times"
Ganz schnell durch die Stadt der Langsamkeit.
Markus Dütschler
Spätestens seit letzter Woche weiss die Leserschaft der "New
York Times", dass Berner langsam sind. In einem Beitrag in der
Reisebeilage ("36 hours in Bern, Switzerland") erzählt der Autor
Tim Neville aber nicht den Witz vom Berner, der über den
samstäglichen Witz erst sonntags in der Kirche lacht. Angeblich
erzählt jeder Schweizer, dass die langsamen Berner Seelen
Jahrhunderte brauchten, um in den Himmel zu gelangen.
Doch was hat der Gast in Bern gemacht? An einem Freitag um 17 Uhr
kommt er an. Auf der Bellevue-Terrasse genehmigt er sich einen Swiss
Highland Whisky und blickt zu den Berner Alpen Richtung Interlaken, wo
er in der Rugenbräu-Felsenkellerei gelagert wird. Danach begibt er
sich ins Schwellenmätteli zum "riverside dining" und vertilgt ein
Tiramisù im Ristorante Luce am Waisenhausplatz. Gegen elf Uhr
abends begibt er sich in die Reitschule ("Bund" von gestern). Das
Kapitel ist mit "no yodelling" überschrieben, denn Jodeln gibt es
im "graffiti-covered complex" nicht. Im Restaurant Sous le Pont sitzen
"white-collar professionals" neben Punks mit violetten Haaren beim
Einsiedler Bier.
Hefeschnecke und Mandelbärli
Wann immer der Amerikaner ins Bett ging: Am Samstag um 9 Uhr ist
er wieder auf den Beinen und besichtigt den Märit auf dem Platz,
der auf deutsch angeblich "Bundeshausplatz" heisst. Er deckt sich mit
Zopf und Hefeteigschnägg ein und holt dazu Kaffee und
Mandelbärli - wenn er schon auf Rührei und Pommes frites
verzichten muss. Nun ist er fit, um Berns architektonische "quirks" zu
entdecken, die Eigenheiten, die den meisten Besuchern entgehen. Damit
er nichts verpasst, mietet er einen iPod mit Multimediaführung bei
Bern Tourismus. Er sieht ein Haus, in dessen Fassade eine Kanonenkugel
von "bernese rebels" ein Loch geschlagen hat. Die Rede ist vom
Stecklikrieg von 1802. Natürlich besucht der Ami auch "the city's
mascots", die Bären und vertilgt Zwiebelspätzli und ein
Hefeweizen im Alten Tramdepot. Dann schnauft er den "steep cobblestone
path" hoch zum Rosengarten.
Es folgt die "Undercover"-Phase, ein Laubenbummel mit Shopping im
Secondhand-Kleiderladen Glanz und Gloria und Champagner-Truffes bei
Tschirren. Im Heimatwerk deckt er sich ein mit der Bahnhofs-Armbanduhr
mit dem roten Sekundenzeiger, besichtigt die 140 Fondue-Caquelons und
kauft ein Edelweiss-Schultertuch. Das macht hungrig, weshalb er eine
"snack-time" einschaltet, was in der Schweiz "Znüni" oder "Zvieri"
heisst: frisch gerösteter Kaffee im Adrianos. Um 19 Uhr ist ein
Fondue fällig, "melted cheese", was kein Schweizer mit
Selbstachtung ausserhalb der Winterzeit verzehrt. Der Tourist tut es im
rustikalen Le Mazot am Bärenplatz ("cozy wood-wall ambience") oder
im moderneren Lötschberg. Um 21 Uhr sitzt der Amerikaner in der
Mahogany Hall, wo einst der Blueser Philipp Fankhauser und der
Sänger Stephan Eicher auftraten. Immerhin verfügt Bern
über eine Jazz-Schule. Sonntags um 10 mietet der Gast "at the
Milchgässli" ein Velo ("Bern rolls"). Damit fährt er hinunter
ins Marzilibrücke, wo es "grilled tomatoes, pancakes and jams"
gibt. Auch die römische Badehausruine auf dem Weg ins
Zehendermätteli lässt er nicht links liegen. Ob der Gast im
"opulent" Schweizerhof genächtigt hat oder im günstigeren
Landhaus, bleibt offen.
Verkehrsdirektor jubelt
Bekannt ist, dass Berns Tourismusdirektor Markus Lergier
Freudensprünge vollführt: "Das ist der Ritterschlag für
die schönste Stadt der Welt aus dem Big Apple, der Stadt der
Städte." Die Reisebeilage der renommierten New York Times werde
aufbewahrt und vor Ferien zu Rate gezogen, weiss Lergier, der selbst in
New York gewohnt hat. Diese Reiseseite werde er einrahmen.
---
travel.nytimes.com 8.9.11
http://travel.nytimes.com/2011/09/11/travel/36-hours-in-bern-switzerland.html
36 Hours in Bern, Switzerland
By TIM NEVILLE
se
ASK a Swiss to describe
Bern
and you may hear a joke about how the people move so slowly that even
their souls take centuries to reach heaven. While it is true that this
city of about 130,000 people in western
Switzerland
must be counted among the most relaxed of
Europe's
capitals, Bern is also one of the most beautiful, a pocket-size
Prague
of arcades and whimsical fountains, all framed by leafy hills and the
glacial-green currents of the Aare River. The urban and rural mingle
closely here. Forests of ash and oak push up against a clutch of
embassies off a city square. You can dance till dawn or rise early and
take a walk under the gaze of the Alps and be back in time for lunch.
Why rush through that?
Friday
(...)
11 p.m.
3) NO YODELING
In 1987 anarchists and leftist groups commandeered a defunct
horse-riding school near the main train station. Since then the
Reitschule,
a graffiti-covered complex, has evolved into one of Bern's most
colorful performance and entertainment centers. On Friday nights
white-collar professionals sit next to purple-haired punks over bottles
of Einsiedler beer inside the Sous le Pont restaurant, while bands from
all over the world rock late into the night in the Dachstock venue
upstairs. In the heart of the compound you'll find the Frauenraum, one
of the city's few lesbian-centric hangouts (Neubrückstrasse 8;
41-31-306-69-69;
www.reitschule.ch).
(...)
---
Bund 14.9.11
Jungwacht verlangt eine Richtigstellung von Reto Nause
Die Festnahme von drei jungen Leitern der Jungwacht Blauring
anlässlich der SVP-Kundgebung sorgt für Kritik ("Bund" von
gestern): Die Kantonsleitung der katholischen Vereinigung protestiert
in einem offenen Brief an den Gemeinderat gegen die "willkürliche"
und "ungerechtfertigte Verhaftung". Die drei "Jungwächtler"
hätten keine gefährlichen Gegenstände oder
Vermummungsmaterial auf sich getragen und sich ausweisen können.
Die drei Jungwacht-Mitglieder hätten das "SVP-Familienfest" nicht
stören wollen und keine Bedrohung der öffentlichen Sicherheit
dargestellt. Die Kantonsleitung zeigt sich irritiert, dass die
Kantonspolizei und der städtische Sicherheitsdirektor Reto Nause
(CVP) die über 50 Festnahmen als notwendig bezeichneten, weil bei
den Festgenommenen gefährliche Gegenstände gefunden worden
seien. Die Jungwacht-Kantonsleitung verlangt von Nause daher eine
Richtigstellung.
Mit Theatervorführung "gedroht"
Auch die Theatergruppe Mea Tulpa protestiert gegen ihre Festnahme
am letzten Samstag. Die Gruppe wollte in der Innenstadt eine
Performance mit dem Titel "Sado Volks Partei" aufführen. "Wir
wurden alle von der Polizei verhaftet, mit der Begründung, dass
wir heute kein Theater aufführen dürfen", so Mitglied
Johannes Lortz. Die Gruppe verlangt eine öffentliche
Entschuldigung von Sicherheitsdirektor Nause "für alle, die am 10.
September 2011 zu Unrecht verhaftet wurden". "Sonst werden wir in
seinem Büro die Performance ‹Sado Volks Partei› aufführen."
(jäg)
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BZ 14.9.11
Kosten für Polizei bis jetzt im Lot
Stadt Bern. Seit 2008 sorgt die Kantonspolizei für die
Sicherheit in der Stadt Bern. Dafür zahlt diese jährlich rund
30 Millionen Franken. Die Pauschale reichte bisher aus -
Grosseinsätze inbegriffen.
Eine Million Franken für den Einsatz rund ums
SVP-Familienfest am letzten Samstag ist eine Menge Geld. Eine separate
Rechnung erhält die Stadt Bern dafür vom Kanton nicht. Die
Leistungen sind, wie gestern Stadtpräsident Alexander
Tschäppät (SP) in dieser Zeitung darlegte, im Rahmen der
jährlichen Pauschale von 30 Millionen Franken abgegolten. "Bisher
hat diese immer ausgereicht", sagt Andreas Michel, Generalsekretär
der kantonalen Polizeidirektion. Die Feststellung Tschäppäts
sei insofern richtig, dass die Stadt Bern alleine für die
angefallenen Kosten aufkommen müsse. Zur effektiven Höhe
existieren nur Schätzungen, offizielle Angaben gibt es keine.
Bis jetzt stellt die Kantonspolizei keine Zunahme des Aufwands
für Kundgebungen und Staatsanlässe fest: "Das schwankt
von Jahr zu Jahr", sagt Sprecher Nicolas Kessler. Wäre die
Pauschale einmal vor dem Jahresende aufgebraucht, würde dies nicht
zur Kompensation an anderer Stelle führen, erläutert er: "Wir
erfüllen unseren Auftrag auf jeden Fall. Würden die
bestellten Stunden zwei Jahre hintereinander nicht reichen,
müssten wir aber mit der Stadt das Gespräch suchen",
ergänzt er.
Mehr Polizisten unterwegs
Seit Anfang September patrouillieren acht Polizisten mehr in
Bern, vor allem zu Fuss. Sie werden laut einem Communiqué von
Ende August 10 000 Stunden zusätzliche Polizeipräsenz
erbringen, ab 2013 kommen weitere 10 000 hinzu (wir berichteten). Wegen
des 2010 angenommenen Gegenvorschlags kauft die Stadt 20 000 Stunden
mehr Polizeipräsenz in Form von Fusspatrouillen ein. Sie sollen
insbesondere an neuralgischen Orten und am Wochenende für
Entspannung sorgen. Zusammen mit den aufgestockten Pinto-Patrouillen
kostet dies jährlich 2,2 Millionen Franken. Die abgelehnte
Sicherheitsinitiative der FDP hätte deutlich mehr gekostet.
Police Bern wird evaluiert
2008 wurde die Stadtpolizei in die Kantonspolizei eingegliedert.
Zur Abgeltung der Kosten schlossen Stadt und Kanton einen
Ressourcenvertrag ab. Michel kündigt eine Evaluation der
Einheitspolizei Police Bern für 2012 an. Wann die Resultate zu
erwarten sind, kann er jedoch nicht sagen. "Wenn die Kosten
kontinuierlich steigen würden, müssten Verhandlungen ins Auge
gefasst werden", sagt er. Er bestreitet Tschäppäts Aussage
nicht, dass die Stadt Bern bereits heute pro Kopf am weitaus meisten
bezahle. Die Verteilung der Sicherheitskosten auf die Gemeinden sei
jedoch eine Grundsatzfrage, die politisch zu beantworten sei. Christoph
Aebischer
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derbund.ch 13.9.11
Hohe
Sicherheitskosten bewegen die Gemüter
Der
grosse Polizeieinsatz anlässlich der SVP-Kundgebung bewegt nach
wie vor
die Gemüter. Stadtpräsident Alexander Tschäppät
fordert nun, dass sich
der Bund stärker an den Sicherheitskosten der Bundesstadt
beteiligt.
Für Tschäppät ist klar, dass am Sitz von Regierung
und Parlament
politische Manifestationen stattfinden. "Das gehört dazu", sagte
der
Berner Stadtpräsident in einem Interview mit der "Berner Zeitung"
vom
Dienstag.
Die daraus resultierenden Einschränkungen hätten jedoch in
den letzten
Jahren massiv zugenommen, führte Tschäppät aus. "Das hat
aber nichts
mit der Reitschule zu tun, sondern mit dem Wunsch nach Hochsicherheit".
Der Bund müsse sich deshalb die Frage stellen, ob er die Lasten
des
politischen Zentrums Bern nicht verstärkt mittragen müsste,
etwa bei
Staatsbesuchen.
Am
Samstag standen in Bern rund 1000 Polizisten im Einsatz, um die
Durchführung einer SVP-Wahlveranstaltung auf dem Bundesplatz und
eine
Gegenveranstaltung im alternativen Kulturzentrum Reitschule zu
gewährleisten. Die Kosten belaufen sich nach inoffiziellen
Schätzungen
auf gegen eine Million Franken.
Keine andere Möglichkeit
Die
SVP sei im Vorfeld der Veranstaltung nicht müde geworden, zu
betonen,
wie gefährlich und chaotisch Bern sei. Im Gegenzug hätten
auch die
Reitschul-Aktivisten Öl ins Feuer gegossen. "Da blieb keine andere
Möglichkeit, als die Stadt wenigstens so abzusichern, dass sich
die
Bilder von 2007 nicht wiederholen", sagte Tschäppät.
Vor vier Jahren kam es nämlich am Rande zweier ähnlicher
Veranstaltungen zu heftigen Ausschreitungen. Derartige
Zusammenstösse
konnte das massive Polizeiaufgebot dieses Jahr verhindern. Die Kosten
für diesen Einsatz gehen zu Lasten der Steuerzahler.
(bs/sda)
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bernerzeitung.ch 13.9.11
Der Hund als letzter Halt vor dem Absturz
Drogenabhängigen, die sich nicht an Bestimmungen halten,
müsse man ihre Hunde verbieten, statt sie zu privilegieren. So
lautete die kürzliche Aussage der SVP-Grossrätin Sabina
Geissbühler. Bernerzeitung.ch hat mit Betroffenen gesprochen.
Yasmin Ablondi
Wie die SVP-Grossrätin Sabina Geissbühler am Dienstag
gegenüber "20 Minuten" sagte, hätten suchtkranke
Hundebesitzer oft keine Tagesstruktur und könnten durch ihr
teilweise aggressives Auftreten Verhaltensstörungen bei ihren
Hunden bewirken. Ausserdem liessen sie ihre Tiere trotz Zuschuss von
2000 Franken im Jahr vom Sozialdienst verhungern und würden ihr
Geld lieber für Drogen ausgeben.
Konfrontiert man Betroffene mit diesem Vorwürfen, klingt es
anders. Die Obdachlose Steffi* lebt mit ihrem Hund auf der Strasse. In
ihrem Leben hat sie einige Drogen ausprobiert, dennoch weist sie den
Vorwurf zurück, dass sie keine Tagesstruktur habe: Der Hund
strukturiere ihren Tag, schliesslich müsse sie täglich drei
Mal mit ihm Gassi gehen und ihm Essen besorgen.
Vom Herrchen umsorgt
Diese Meinung teilen auch Isa Calvo und Rudi Löffel, die bei
der Kirchlichen Gassenarbeit Bern arbeiten. Mindestens dreimal die
Woche sind sie auf den Berner Gassen unterwegs und kennen zahlreiche
Obdachlose, teils mit Hunden, teils ohne. Manche seien
drogenabhängig, andere nicht. Die Hundebesitzer seien auf ihren
Hund angewiesen, zumal er ihnen in schwierigen Zeiten der beste Freund
sei, so Calvo. Die Tiere seien eine Bereicherung für die Herrchen
und die Verantwortung über die Tiere sei zum Teil die letzte Hilfe
vor einem Absturz.
Zu den Hunden würde gut geschaut: Bei eisigen Temperaturen
im Winter sei es nicht selten der Fall, dass der Hund statt das
Herrchen unter einer Decke liege und sich wärme. Wenn Essen
vorhanden sei, würde dieses mit dem Tier geteilt oder ganz dem
Tier überlassen, erläutern sie weiter. Das Essen werde
entweder auf den Strassen durch Geld oder beim Metzger aus den
Abfällen erbettelt, so Steffi. Oft werde es auch aus Containern
gefischt.
Was die Vorwürfe bezüglich Verhaltensstörungen der
Hunde betrifft, sind sich Calvo und Löffel einig: "Manchmal haben
wir in unserem Büro bis zu acht Hunde. Alle sind gehorsam und
berührbar. Verhaltensstörungen haben wir in unserer
langjährigen Arbeit nicht festgestellt."
Keine unbegrenzten Sozialleistungen
Laut Peter Streit, Jurist im Generalsekretariat Sozialdirektion
Bern, richte der Sozialdienst der Stadt Bern keine zusätzliche
Sozialhilfe für die Tierhaltung ihrer Sozialhilfebezüger ab.
"Nicht jeder Obdachlose, der einen Hund hat, kümmert sich
schlecht um ihn. Auch die Drogenabhängigen nicht. Man soll nicht
immer alle in denselben Topf schiessen", zieht die Obdachlose Steffi
ihr Fazit.
*Name von der Redaktion geändert
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20 Minuten 13.9.11
Hundeverbot für Drogensüchtige?
BERN. Drogensüchtige seien oft unfähig, ihre Hunde
anständig zu halten, glauben Berner SVP-Politiker. Dies wird
jedoch von zuständigen Experten bezweifelt.
"Suchtkranke Hundebesitzer haben oft keine Tagesstruktur oder sie
sind aggressiv und unberechenbar. Dies kann beim Hund zu einer
Verhaltensstörung führen, die für spielende Kinder oder
Passanten zur Gefahr wird", warnt SVP-Grossrätin Sabina
Geissbühler. Sie befürchtet auch, dass viele Abhängige
die obligatorische Hundehalterausbildung nicht absolvieren.
Drögelern, die sich nicht an Bestimmungen hielten,
müsse man ihre Hunde verbieten, statt sie zu privilegieren. Zur
Kontrolle müssten die Gemeinden die Chipnummern der Tiere kennen,
verlangt Geissbühler in einem Vorstoss: "Es geht nicht, dass
Süchtige von den Sozialdiensten bis zu 2000 Franken im Jahr
für die Hundehaltung erhalten, ihre Tiere aber hungern lassen und
das Geld für Drogen ausgeben."
Das komme zwar vor, sagt Manuela Dolder vom Berner Tierschutz: "Aber
andere wiederum geben ihr letztes Hemd für ihren Hund."
Drogenabhängige gingen mit Hunden ebenso unterschiedlich um wie
der Rest der Bevölkerung. Auch der Kantonstierarzt Reto Wyss sieht
keinen Grund, süchtige Tierfreunde pauschal zu verdächtigen:
"Wir stellen fest, dass sie oft besser zu ihren Hunden schauen als zu
sich selbst."
In einem ähnlichen Vorstoss ging es 2009 um die Hundehaltung
von Sozialhilfeempfängern (20 Minuten berichtete). Es gebe keine
Hinweise, dass diese ihre Tiere schlecht behandelten, hielt die
Regierung damals fest. Patrick Marbach
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Der Bund 13.9.11
In die Zelle wegen drei Flyern: Kritik an der Kantonspolizei
Im Nachgang zum Grosseinsatz der Polizei anlässlich des
SVP-Kundgebung auf dem Bundesplatz üben festgehaltene Personen
Kritik an der Polizei. Ein Mitglied der katholischen Vereinigung
Jungwacht Blaukreuz wurde zwei Stunden festgehalten, weil er mit
Kollegen auf dem Bundesplatz "komisch auf dem Platz rumgelaufen" sei.
Ein Spiezer Parlamentarier der Jungen Grünen wurde wegen drei
Flyern eine Wegweisung aufgebrummt - wegen Teilnahme an einer
unbewilligten Kundgebung. Eine solche fand aber nicht statt. Der
Staatsrechtler Markus Müller relativiert: In einer aufgeladenen
Situation sei eine gewisse Willkür kaum zu vermeiden. Und auch die
Kantonspolizei betont, dass sie für ihren Einsatz in erster Linie
positive Rückmeldungen erhalten habe. (jäg) - Seite 17
-
"Komisch auf dem Platz herumgelaufen"
Wegen drei Flyern festgehalten, gefesselt und weggewiesen: Zwei
festgenommene Personen kritisieren die Polizei für ihren Einsatz
an der SVP-Kundgebung. Doch der Staatsrechtler relativiert: In einem
solchen Kontext sei eine gewisse Willkür kaum zu vermeiden.
Simon Jäggi
Marcel Stolz wollte am Samstagnachmittag nicht gegen die SVP
demonstrieren, er ging in die Berner Innenstadt, um mit Kollegen einen
Workshop vorzubereiten - einen Workshop für Mitglieder des Kinder-
und Jugendverbands Jungwacht Blauring (JuBla). Stolz trug schwarze
kurze Hosen und ein T-Shirt von Esprit - wie ein Politaktivist sieht
der Student nicht aus. Er bezeichnet sich selbst als politisch
interessiert, aber nicht als links. An der Uni Bern engagiert er sich
bei der Tuxpartei, die in ihren Anliegen der Piratenpartei ähnelt.
"Ich bin jemand, der sich informiert und die Dinge auch kritisch
hinterfragt."
Bevor er seine Kollegen getroffen hatte, war Stolz bereits
zweimal von der Polizei kontrolliert worden. "Wir dachten uns: Wenn wir
schon kontrolliert worden sind, nehmen wir einen Augenschein, was
läuft." Die Zugangskontrollen passierte das Trio problemlos. Nach
wenigen Minuten wurden die drei JuBla-Mitglieder aber von Broncos
eingekreist und der Polizei übergeben. "Wir haben mehrmals
nachgefragt, was der Grund dafür sei." Lange Zeit erhielten die
drei keine Antwort. Danach hiess es von der Polizei: Den Broncos sei
aufgefallen, dass sie "komisch auf dem Platz herumgelaufen und
telefoniert" hätten.
Mit Kabelbindern gefesselt
Nach eigenen Angaben verhielt sich Stolz bei der Festhaltung
friedlich und kooperativ. Dennoch wurde er mit Kabelbindern gefesselt
und im Kastenwagen ins Park + Ride Neufeld gefahren, wo die
Kantonspolizei bei Grosseinsätzen Zellen einrichtet. Nach
längerer Warterei und kurzer Befragung konnte Stolz gehen - zwei
Stunden nachdem er festgehalten worden war. Stolz ist empört: Die
Polizei habe "wahllos Bürger abtransportiert". "Dass ich mich
politisch informieren will, reicht doch als Grund nicht aus, um mich
zwei Stunden in Gewahrsam zu nehmen."
Der Einsatz der Polizei anlässlich des "SVP-Familienfestes"
erntet Kritik. Linke Kreise monieren die Einschränkung der
Bewegungs- und Meinungsfreiheit. Tausend Polizisten aus verschiedenen
Kantonen standen im Einsatz, wie die Medienstelle der Kapo
bestätigt - der Aufwand wird sich auf rund eine Million Franken
belaufen. Gemäss Kantonspolizei wurden 55 Personen festgehalten.
Bei den Anhaltungen fand die Polizei Messer, Reizstoff, Spraydosen oder
Brandbeschleuniger. Zudem sprach die Kantonspolizei 37 Wegweisungen aus
- als "letztes Mittel", wie Polizeisprecher Michael Fichter betont,
zuvor hätten die Einsatzkräfte die Kontrollierten
mündlich gebeten, sich zu entfernen.Einer, der ein Rayonverbot
erhalten hat, ist Philipp Zimmermann, der für die Jungen
Grünen im Spiezer Parlament sitzt. Er sei als Passant unterwegs
gewesen, als er beim Käfigturm von Polizisten kontrolliert wurde.
In seinem Rucksack fanden diese drei Flugblätter mit politischem
Inhalt - am Tag zuvor hatte Zimmermann diese zugesteckt bekommen. "Ich
wollte die nicht verteilen, es waren ja nur drei Flyer." Der
Jungpolitiker wurde in Gewahrsam genommen, ebenfalls gefesselt und ins
Neufeld gefahren. Am Samstag habe es eine Reihe willkürlicher und
unverhältnismässiger Festhaltungen gegeben, ist Zimmermann
überzeugt. In seiner Zelle traf er einen Gärtner, der seine
Heckenschere bei sich trug: "Er wollte sich nach der Arbeit ein Bier im
Bahnhof holen."
"Es ist ein absoluter Skandal, wegen drei Flyern festgehalten zu
werden", findet Zimmermann - das komme der Aufhebung jeglicher
politischer Rechte gleich. Auch ist der 24-Jährige aufgebracht,
eine Wegweisung erhalten zu haben - und dies weil er im "Zusammenhang
mit den unbewilligten Anti-SVP-Protestaktionen" angehalten worden sei,
wie es in der vorgedruckten Verfügung heisst. Darin wird den
Weggewiesenen auch vorgeworfen, durch "ihre Anwesenheit in einer
Ansammlung (...) die öffentliche Sicherheit und Ordnung
gefährdet und gestört zu haben". Das Rayonverbot galt in der
Innenstadt - bis am Sonntagmorgen früh. "Es gab ja gar keinen
Protest - und daran teilgenommen habe ich schon gar nicht", sagt
Zimmermann. Er wird gegen sein Wegweisung Beschwerde einreichen.
Für die Jungen Grünen ist der Fall "eine neue Stufe der
Repression"; Menschen würden sogar verhaftet und mit Rayonverbot
belegt, wenn sie sich an keinerlei politischen Aktionen beteiligten.
Auch an der kürzlichen Sitzblockade in Mühleberg wendete die
Polizei den Wegweisungsartikel ("Lex Wasserfallen") im grossen Stil
gegen Demonstranten an: 26 Atomkraftgegner müssen sich bis Ende
September einem 12 Quadratkilometer grossen Perimeter um Mühleberg
fernhalten. "Diese Praxis darf nicht einreissen", sagt Aline Trede,
GB-Stadträtin und Junge Grüne, die selber verhaftet wurde.
Gegen die Verfügung anlässlich der Sitzblockade wollen Trede
und ihre Mitstreiter Beschwerde führen - und im Stadtrat wird ihre
Fraktion eine Interpellation zur neuen Wegweisungs-Praxis eingeben.
Die Kantonspolizei nimmt zu einzelnen Fällen
grundsätzlich keine Stellung. Polizeisprecher Fichter meint
einzig: "Die Flyer stehen in Zusammenhang mit Gruppierungen, welche der
Polizei von früheren, gewalttätigen Veranstaltungen bekannt
sind". Und Fichter betont auch, dass die Polizei im Nachgang zum
Einsatz in erster Linie positive Rückmeldungen erhalten habe. "Die
bewilligte Kundgebung auf dem Bundesplatz lief störungsfrei ab, es
kam zu keinen Gegenkundgebungen."
Auch Markus Müller, Professor für Staats- und
Verwaltungsrecht an der Universität Bern, mahnt, den aufgeheizten
Kontext zu beachten, in dem der Polizeieinsatz stattgefunden hat. "Im
Nachhinein wirkt es vielleicht unverhältnismässig, dass
jemand wegen drei Flyern weggewiesen wird", sagt Müller. Bei der
Frage nach der Verhältnismässigkeit müsse man aber nach
den konkreten Verhältnissen fragen - und das SVP-Fest habe in
einer hochexplosiven Atmosphäre stattgefunden, der Ausschreitungen
vor vier Jahren wegen. Die Polizei habe vor einer schwierigen Aufgabe
gestanden. In einer solchen Situation genüge es, wenn jemand einen
verdächtigen Eindruck mache. "Es ist wie beim Zoll: Auch hier
müssen sich die Beamten auf ihre Erfahrung und ihr Gespür
verlassen - daher kommt es fast zwangsläufig zu einer gewissen
Willkür." Kritischer betrachtet der Professor aber den Umstand,
dass den Weggewiesenen auf einem vorgedruckten Dokument unterstellt
wird, an einer unbewilligten Demo teilgenommen zu haben - obwohl eine
solche nachweislich nicht stattgefunden hat.
Waren die Fesselungen rechtens?
Auch zweifelt Müller daran, ob die Fesselung der beiden
Festgehaltenen gerechtfertigt war. Das Polizeigesetz erlaubt eine
solche nur unter strengen Voraussetzungen, etwa bei tätlichem
Widerstand oder wenn bei beim Transport mehrerer Personen
Sicherheitsprobleme entstehen. Stolz und Zimmermann sind aber nach
eigenen Angaben alleine in einer Kastenwagenzelle gesessen und haben
sich nicht renitent benommen. Bei der Polizei heisst es dagegen: "Wir
gehen davon aus, dass die Fesselungen gerechtfertigt waren."
Zellen im P + R Mader wachte
Die Berner Alt-Regierungsstatthalterin Regula Mader hat auf
Wunsch der Berner Kantonspolizei am Samstag die Abläufe im
sogenannten Festhalte- und Warteraum im Park + Ride Neufeld beobachtet.
Die Polizei habe ihre Arbeit professionell, gut strukturiert und
standardisiert durchgeführt, hielt Mader in einer ersten
Stellungnahme fest, wie die Polizei mitteilte. Noch im September soll
ein ausführlicher Bericht folgen. Die Mediengruppe der Reitschule
kritisiert, dass der vorläufige Bericht einzig die "technische"
Polizeiarbeit betrachte, nicht aber die "Grundrechts-Verletzungen" -
etwa durch "willkürliche" Kontrollen, Durchsuchungen, Wegweisungen
und Festnahmen. (sda/pd)
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BZ 13.9.11
Bern zahlt den Polizeieinsatz vom Samstag alleine
Polizeieinsatz · Die Stadt Bern bleibt auf den hohen
Kosten für den Polizeieinsatz beim SVP-Wahlanlass sitzen.
Stadtpräsident Alexander Tschäppät regt eine Beteiligung
des Bundes an.
Die Rechnung für die rund 1000 Polizisten, die am Samstag
das SVP-Familienfest auf dem Bundesplatz schützten, wird happig.
Schätzungen gehen von einer Million Franken aus. Berappt werden
sie von der Stadt Bern, die im innerkantonalen Vergleich weitaus den
höchsten Pro-Kopf-Beitrag an die Kantonspolizei zahlt.
Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) sieht ein, dass
solche Wahlanlässe in die Hauptstadt gehören. Er stösst
sich aber daran, dass die Stadt alleine für die Sicherheit
aufkommen muss. "Ich erwarte eine gerechtere Verteilung der
Sicherheitskosten innerhalb des Kantons." Zudem müsse sich der
Bund gerade bei nationalen Anlässen ebenfalls daran beteiligen.
Denn der Wunsch nach "Hochsicherheit", etwa bei Staatsbesuchen, treibe
die Kosten in die Höhe. Als Gegenleistung für die Lasten, die
eine Hauptstadt zu tragen hat, verlangt Tschäppät unter
anderem, dass die politische Berichterstattung des Schweizer Fernsehens
konsequent aus Bern zu erfolgen hat. Er kritisiert erneut, dass die
Elefantenrunde bei den kommenden Wahlen aus Zürich statt Bern
gesendet wird. "Das wäre in keinem anderen europäischen Land
denkbar", sagt Tschäppät. Den Polizeieinsatz selber
rechtfertigt Tschäppät im Interview: "Die SVP wurde ja nicht
müde, zu betonen, wie gefährlich und chaotisch Bern sei. Es
blieb gar keine andere Möglichkeit, als die Stadt wenigstens so
abzusichern, dass sich die Bilder vom Oktober 2007 nicht
wieder-holen."cabSeite 2 + 3
-
"Der Bund zahlt nichts an die Sicherheitskosten"
Alexander Tschäppät. Der Polizeieinsatz vom Samstag
kostete viel und beeinträchtigte das Leben in der Hauptstadt. Der
Bund zahlt daran nichts. Der Berner Stadtpräsident Alexander
Tschäppät (SP) erwartet vom Bund Gegenleistungen.
Alexander Tschäppät, was haben Sie eigentlich am
letzten Samstag gemacht?
Alexander Tschäppät: Ich habe die Kundgebung
telefonisch miterlebt. Mich brauchte es nicht in diesem Gewühl.
Fanden Sie den Einsatz von rund 1000 Polizisten angemessen?
Im Vorfeld wurde die SVP ja nicht müde, zu betonen, wie
gefährlich und chaotisch diese Stadt sei. Aber sie musste trotzdem
um jeden Preis nach Bern kommen. Das Kulturzentrum Reitschule
ihrerseits hat sicher nicht sehr schlau plakatiert auf ihrem Dach. Da
blieb keine andere Möglichkeit, als die Stadt wenigstens so
abzusichern, dass sich die Bilder vom Oktober 2007 nicht wiederholen.
Die einen wollen die Rechnung des Polizeieinsatzes nun der SVP
schicken, die anderen den Reitschul-Betreibern. Wer zahlt die Million
Franken?
Der Einsatz wird über die Pauschale von rund 30 Millionen
Franken pro Jahr abgegolten. So ist es mit dem Kanton im
Ressourcenvertrag vereinbart. Der Pro-Kopf-Beitrag ist im Vergleich mit
allen anderen Gemeinden allerdings weitaus am höchsten für
Bernerinnen und Berner.
Weil Bern eine spezielle Funktion hat und solche Anlässe
eben hier stattfinden. Ist das falsch? Eine Zentrumsstadt und erst
recht eine Hauptstadt erfüllt in verschiedener Hinsicht
zusätzliche Funktionen. Das ist normal. Trotzdem erwarte ich eine
gerechtere Verteilung der Sicherheitskosten innerhalb des Kantons, dies
unter teilweiser Beteiligung des Bundes.
Die Stadt trägt finanziell also die Hauptlast. Die
Polizeiarmada beeinträchtigte zudem das Flanieren und den
Einkaufsbummel. Die Hauptstadt muss Einschränkungen in Kauf
nehmen. Doch neben Nachteilen bringt die Stellung auch Vorteile. Etwa
sichere Arbeitsplätze in der Verwaltung oder politische
Anlässe und Kongresse, die hier und nicht anderswo stattfinden.
Mitte Oktober erwarten wir rund 1300 Parlamentarier aus 130
Ländern in Bern zur 125. Konferenz der Interparlamentarischen
Union. Diese werden teilweise auch in Berner Hotels übernachten
und so für Umsatz sorgen.
Sie sagten einmal, es gebe kaum eine andere Hauptstadt in Europa,
die so schlecht unterstützt werde wie Bern. Ist das so?
Tatsächlich erwarte ich quasi als Gegenleistung, dass
Anlässe, die in anderen Ländern in der Hauptstadt angesiedelt
sind, auch in der Schweiz konsequenter in Bern durchgeführt
werden. Längst nicht alle Interessenverbände haben ihren Sitz
in Bern angesiedelt. Oder die "Elefantenrunde" während der Wahlen:
Das Schweizer Fernsehen sträubt sich und wird sie aus Zürich
senden. Seinerzeit gab es einen Bericht aus Bonn. Obwohl Bonn eine
kleine Stadt ist, kam es niemandem in den Sinn, den Beitrag aus
Köln zu senden, nur weil das Fernsehstudio dort grösser ist.
Zahlt der Bund überhaupt etwas an die Sicherheitskosten?
Bis jetzt zahlt der Bund daran nichts, einzig beim
Botschaftsschutz leistet er einen Beitrag an die Sicherheitskosten. Die
Sicherheitsanforderungen bei Staatsbesuchen, Botschaften und
Bundesräten stiegen in den letzten Jahren aber beträchtlich.
Der Bund sollte sich fragen, ob er die Lasten des politischen Zentrums
nicht stärker mittragen muss, etwa bei Staatsbesuchen.
Und in anderen Bereichen?
Ansonsten entrichtet er dem politischen Zentrum nur für die
Kultur einen bescheidenen Betrag.
Wie viel?
Etwas weniger als eine Million Franken pro Jahr.
Den Preis schienen Sie anderseits gerne zu bezahlen. Sie setzen
sich unermüdlich für eine Hauptstadtregion ein. Bundesstadt
zu sein, ist Berns einziger Trumpf. Hat Bern überhaupt eine Wahl?
Es gehört dazu, dass am Sitz der Regierung und des Parlaments
politische Manifestationen stattfinden. Die daraus resultierenden
Einschränkungen haben jedoch massiv zugenommen. Das hat aber
nichts mit der Reitschule zu tun, sondern mit dem Wunsch nach
Hochsicherheit.
Und wenn der Bund sich nicht stärker beteiligen will?
Wir können nicht fordern, Demonstrationen von Bern
fernzuhalten oder Staatsbesuche nach Genf zu verlagern. Solche
Anlässe gehören in die Hauptstadt.
Interview:Christoph Aebischer
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"Professionelle Polizeiarbeit"
Festhaltungen Weil an Demonstrationen festgenommene Personen
immer wieder behaupten, sie würden von der Polizei zu hart
angepackt und unrechtmässig behandelt, kontrollierte die ehemalige
Regierungsstatthalterin Regula Mader (SP) am Samstag die Abläufe
im Festhalte- und Warteraum (FWR) Neufeld. Dieses unabhängige
Mandat von Regula Mader wurde mit den beiden zuständigen
Regierungsräten abgesprochen. Mader führte ihre Beobachtungen
von 12 bis 16.30 Uhr im FWR Neufeld durch. Nach ihren gestern
veröffentlichten Angaben wurden die Verbesserungsvorschläge
aus dem Bericht von 2008 in den wesentlichen Punkten umgesetzt. "Die
Polizeiarbeit im FWR wurde professionell, gut strukturiert und
standardisiert durchgeführt", sagt Mader. Übergriffe konnte
sie keine feststellen. In einem Bericht, welcher Ende September
vorliegen wird, will Regula Mader ausführlich zu den Abläufen
Stellung nehmen.
Die Mediengruppe der Reitschule kritisiert hingegen das
"selbstgefällige Vorgehen" der Polizeiverantwortlichen und fordert
eine unabhängige Untersuchung des Polizeieinsatzes vom Samstag.
Der Bericht von Regula Mader behandle einzig die technische
Polizeiarbeit im provisorischen Gefängnis im Festhalte- und
Warteraum Neufeld. "Doch die Grundrechtsverletzungen von Betroffenen
durch willkürliche Kontrollen, Durchsuchungen, Wegweisungen und
Festnahmen wurden nicht untersucht", kritisiert die Reitschule. Und:
"Die Polizeiverantwortlichen missbrauchen den Bericht Mader als
Feigenblatt, um für den unverhältnismässigen
Polizeieinsatz einen Anschein von Verhältnismässigkeit und
Rechtsstaatlichkeit zu suggerieren."jsp/pd
---
Langenthaler Tagblatt 13.9.11
Mader schaut genau hin
SVP-Fest Alt Regierungsstatthalterin Regula Mader hat auf Wunsch
der Berner Kantonspolizei am Samstag die Abläufe in deren so
genanntem Festhalte- und Warteraum beobachtet. Sie kam nach Angaben der
Polizei zu einem positiven Befund.
Die Polizei nimmt den Festhalte- und Warteraum (FWR) jeweils in
Betrieb, wenn aus einem bestimmten Anlass viele Personen zu
näheren Abklärungen auf die Polizeiwache gebracht werden
müssen. Dies kann insbesondere bei grösseren oder
ausschreitungsträchtigen Demonstrationen der Fall sein. Auch am
vergangenen Samstag nahm die Polizei vor dem Hintergrund der
Wahlkundgebung der SVP und der Gegenveranstaltung bei der Reitschule
den FWR in Betrieb. Am Rande der Kundgebungen hielt die Polizei
über 50 Personen an.
Die Polizei habe ihre Arbeit professionell, gut strukturiert und
standardisiert durchgeführt, hielt Mader in einer ersten
Stellungnahme fest, wie die Kantonspolizei gestern mitteilte. Mader
habe keine Übergriffe festgestellt. Die
Alt-Regierungsstatthalterin will noch im September einen
ausführlichen Bericht vorlegen. Bis dahin nimmt sie auf
ausdrücklichen Wunsch nicht näher Stellung.
Die Vorgänge im FWR wurden immer wieder kritisch
thematisiert. Schon 2008 wurde Mader zur Beobachtung der Vorgänge
im FWR beigezogen. Damals kam sie zum Befund, die Bewältigung
einer unbewilligten Kundgebung sei mangelhaft gewesen, und
präsentierte eine Liste mit Verbesserungsmöglichkeiten. Diese
Vorschläge seien in den wesentlichen Punkten umgesetzt, kam Mader
nach Angaben der Kantonspolizei nun am vergangenen Samstag zum Schluss.
Die Kundgebungen am Samstag wurden von einem massiven
Polizeiaufgebot begleitet. Die Stadt Bern glich zeitweise einer
Festung. Genaue Angaben zum Polizeieinsatz und dessen Kosten wollte der
städtische Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) bisher nicht
machen. (sda)
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Basler Zeitung 13.9.11
"Weder Zusage noch Dementi"
Einmal mehr wird SVP-Politiker Caspar Baader als
Bundesratskandidat genannt
Von Daniel Ballmer
Bern/Liestal. Seit der Rücktrittsankündigung von
Aussenministerin Micheline Calmy-Rey dreht sich das
Bundesratskarussell. Rasch hat die SVP Anspruch auf einen zweiten Sitz
erhoben. Rasch wurde der Baselbieter Caspar Baader als möglicher
Kandidat genannt. Vor den Stände- und Bundesratswahlen hält
er sich alle Optionen offen.
BaZ: Herr Baader, für den frei werdenden Bundesratssitz wird
eigentlich ein welscher SP-Vertreter gesucht. Warum werden nun
plötzlich Sie als Mitfavorit gehandelt?
Caspar Baader: Gemäss Konkordanz hat die SVP als
grösste Partei als erste Anspruch auf zwei Bundesratssitze. Zwar
gibt es bisher für die Gesamterneuerungswahlen nur eine Vakanz.
Aber aus unserer Sicht hat die BDP als 3,5-Prozent-Partei keinen Platz
mehr im Bundesrat. Dann braucht es als Ersatz vielleicht eine Person
aus der deutschen Schweiz.
In der Vergangenheit haben Sie wenig Interesse gezeigt an einer
Kandidatur.
Ich bin jetzt im Ständeratswahlkampf. Mein Ziel ist es,
künftig als Bürgerlicher den Kanton Baselland in der kleinen
Kammer vertreten zu können. Nach dem 23. Oktober wird die SVP die
Situation analysieren. Dann werden wir weitersehen.
Haben Sie denn Interesse?
Ich werde mich erst nach den Ständeratswahlen äussern.
Denkbar ist, dass wir mit einem Zweier-Ticket zu den Bundesratswahlen
antreten und vorab den BDP-Sitz angreifen werden.
Ein Dementi klingt anders.
Ich gebe heute weder eine Zusage noch ein Dementi ab. Das ist zu
früh.
In den Schlagzeilen ist die SVP derzeit auch wegen des
Parteianlasses auf dem Bundesplatz. Andere Parteien werfen Ihnen vor,
einen Polizeieinsatz für eine Million verursacht zu haben.
Wir waren doch nicht der Grund für diesen Polizeieinsatz,
sondern der schwarze Block. Offenbar verwechseln manche hier die
Ursache. Die linke Szene wollte der SVP die Meinungsfreiheit nicht
gewähren. Es kann aber nicht sein, dass die CVP und die
Gewerkschaften nächstens Veranstaltungen vor dem Bundeshaus
durchführen können und der SVP sollte das verwehrt sein. Nach
den Erfahrungen vor vier Jahren hat die Berner Stadtregierung dem
schwarzen Block in den letzten Jahren viel zu lange nur zugeschaut.
Hätte man das Fest nicht an einen weniger umstrittenen Ort
verlegen können?
Wir setzen uns für die Versammlungs- und
Meinungsäusserungsfreiheit ein. Diese muss für alle gelten,
auch für die SVP. Wo kommen wir hin, wenn sich die SVP nicht mehr
versammeln darf? Das wäre Zensur.
Sie haben die Frage nicht beantwortet.
Wie gesagt: Der Bundesplatz gehört allen. Nicht die SVP,
sondern der schwarze Block, also linke Gewalttätige, waren die
Ursache für diesen Polizeieinsatz. 6000 Anhänger der SVP
haben auf dem Bundesplatz friedlich ein Familienfest gefeiert. Von uns
war niemand gewalttätig. Offenbar sind im linken Bern solche
Sicherheitsmassnahmen aber nötig.
Forderungen, die SVP müsse sich an den Polizeikosten
beteiligen, lassen Sie kalt?
Wenn schon, müssten die linken Krawallbrüder und
Gewalttätigen diese Kosten zahlen. Das sind dieselben Kreise, die
in den letzten Wochen ungehindert immer wieder Anschläge auf unser
Generalsekretariat in Bern verübt haben. Es ist inakzeptabel, dass
die Politik linke Gewalttäter und Extremisten so gewähren
lässt.
---
Bund 13.9.11
Dütschlers Deutungen
Markus Dütschler
Ein Glück, dass alles ruhig blieb
Fast vier Jahre sind vergangen, seit der Zytglogge auf der
Frontseite der "New York Times" prangte. Nicht wegen des komplexen
Uhrwerks, sondern als Bühnenbild einer wüsten Szene: Hinter
einer Tränengaswolke sah man eine Reihe von Polizisten in
Kampfmontur, im Vordergrund stand ein schwarz vermummter
Strassenkämpfer. Die Anti-SVP-Krawalle am 7. Oktober 2007 gingen
als "Schande von Bern" in die Geschichte ein. Unvergessen der Mann, der
auf dem Bundesplatz neben der von Chaoten umgestürzten
Riesenmilchkanne fassungslos ausrief: "Wo isch d'Polizei?"
Unvergesslich auch, wie der damalige Polizeidirektor -
offensichtlich lückenhaft orientiert - am Fernsehen treuherzig
versicherte, abgesehen von "einigen unschönen Szenen" könne
man sagen, die Polizei habe ihre Pflicht erfüllt. Es war ein
weiterer Nagel im Sarg des (Noch)-FDP-Politikers, der wegen der
Umstellung von sieben auf fünf Gemeinderäte ohnehin auf einem
Schleudersitz sass - und die Wiederwahl 2008 prompt nicht schaffte. Es
war ein "Lehrblätz" für die Polizei. Als Ende November 2007
die SVP das 90-Jahr-Jubiläum der Bierhübeli-Rede des
BGB-Uhrahns Minger Rüedu im Beisein von Christoph Blocher, Ueli
Maurer und Samuel Schmid (!) beging, standen rund ums Bierhübeli
in jedem Hauseingang diskret Polizisten.
Weniger diskret war es am letzten Samstag. Als sich viel SVP-Volk
auf dem Bundesplatz einfand, um die Schweiz und sich selber zu feiern,
liessen die Sicherheitskräfte nichts anbrennen: Überall in
der Stadt waren sie präsent. Es wurde überwacht, abgesperrt
und kontrolliert. Einige Passanten mussten den Ausweis mehrmals zeigen,
selbst wenn sie nicht ins "Beuteschema" passten oder sich gar vom
Bundesplatz wegbewegten. Auch ich mag Polizeikontrollen nicht
besonders. Überdies ist das Unterbinden anderer Meinungen und das
Wegweisen politischer Gegner rechtsstaatlich problematisch. Andrerseits
muss man sehen, dass die klare Taktik ihre Wirkung nicht verfehlt hat:
Die Stadt blieb ruhig. Ganz anders 2007, als die Stadtberner Politik
hilflos Larifari-Signale zwischen Nicht-Verbieten und Tolerieren
aussandte - mit fatalen Folgen: Politische Brandstifter vom ganz linken
Ufer verstanden dies geradezu als Einladung zum Krawall. Der
Scherbenhaufen war gross - wortwörtlich, aber auch politisch.
Zurück zur "New York Times": Diese publiziert soeben auf
ihrer Reiseseite unter dem Titel "36 hours in Bern, Switzerland" einen
begeisterten Artikel über Bern, die pittoresken Märkte,
gemütlichen Beizli, Bären, Jazzlokale und Mietvelos. Bern sei
"a pocked-size Prague". Auch "the Reitschule", 1987 von "anarchists and
leftist groups" besetzt, kommt darin vor. Sie darf von mir aus gerne
als Attraktion genannt werden, viel lieber, als dass Bern als
Bürgerkriegsmetropole dargestellt wird, was es nicht ist. Im
Gegenteil: Bern "must be counted among the most relaxed of Europe's
capitals".
---
Blick am Abend 12.9.11
Nichts als Streit ums SVP Fest
Die Empörung nach dem SVP-Fest auf dem Bundesplatz vom Samstag ist
bei linken Parteien gross. Die Juso der Stadt Bern spricht von
"antidemokratischer Polizei", die Jungen Grünen kritisieren die
Verhaftung eines ihrer Mitglieder, und die CVP findet es "pervers",
dass der Polizeieinsatz eine Million Franken gekostet haben soll. "Dass
die SVP nach den Ereignissen von 2007 den Bundesplatz wieder in
Beschlag nimmt, zeugt von Arroganz, Rücksichtslosigkeit und einem
kaum zu übertre enden Selbstinszenierungsdrang - zu
Lasten der Steuerzahlenden", teilte die CVP am Sonntagabend mit. Die
Extremparteien würden es darauf anlegen zu provozieren und sich in
Szene zu setzen - koste es, was es wolle.
Kein Verständnis für diese Kritik hat SVP-Grossrat Erich
Hess. "Es kann nicht sein, dass die grösste Partei der Schweiz
nicht ungestört eine Kundgebung durchführen kann", sagte er
heute zu Radio Energy. "Wir machen das nur alle vier Jahre,
während die Linken für ihre Anliegen an Demos Monat für
Monat Kosten in Millionenhöhe verursachen. " Hess ärgert
sich: "Jetzt kommt der Vorwurf, wir seien zu teuer. Das ist eine
Sauerei!"
Laut Reitschule habe die Polizei die Gefahrenlage falsch
eingeschätzt und so "eine Million für ein Hirngespinst
verschleudert." Sie fordert nun eine Untersuchung des Einsatzes. ehi
---
bernerzeitung.ch 12.9.11 (16.26 Uhr)
Externe Beobachterin stellte keine Übergriffe durch die Polizei
fest
Die
frühere Regierungsstatthalterin Regula Mader hat am vergangenen
Samstag
während des SVP-Familienfests die Polizeiarbeit im Festhalte- und
Warteraum beobachtet. Sie stellte keine Übergriffe fest. Die
Reitschule
Bern kritisiert den Bericht Mader.
Auf Wunsch der
Kantonspolizei
Bern hat
Regula Mader im Rahmen der SVP-Kundgebung auf dem Bundesplatz die
Abläufe im Festhalte- und Warteraum beobachtet. Diese so genannten
FWR
kommen bei grossen Kundgebungen zum Einsatz, damit die Polizei bei
angehaltenen Personen rascher Abklärungen vornehmen kann.
Die ehemalige Regierungsstatthalterin war am 10. September 2011 von
12 bis 16.30 Uhr im FWR Neufeld anwesend.
In
einer ersten Stellungnahme vom Montag hält Mader fest: "Die Arbeit
im
FWR wurde durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei
professionell, gut strukturiert und standardisiert durchgeführt.
Übergriffe konnte ich keine feststellen."
Ausführlicher Bericht Ende September
Einen detaillierten Bericht hat Mader für Ende Monat in
Aussicht gestellt.
Die
Polizei hatte während des SVP-Familienfests am vergangenen Samstag
insgesamt 55 Leute angehalten. Bei einer Person wurden Teile einer
Pistole gefunden.
Die Reitschule
Bern
kritisiert den Bericht von Mader: Dieser behandele einzig die
"technische" Polizeiarbeit, aber nicht "die Grundrechts-Verletzungen
der Hunderten von Betroffenen durch willkürlichen Kontrollen,
Durchsuchungen, Wegweisungen und Festnahmen". Die Reitschule fordert
eine unabhängige Untersuchung des ganzen Polizeieinsatzes.
(met)
---
derbund.ch 12.9.11
Externe Beobachterin stellt der Polizei ein gutes Zeugnis aus
Die
Berner alt Regierungsstatthalterin Regula Mader hat auf Wunsch der
Berner Kantonspolizei am Samstag die Abläufe in deren sogenanntem
Festhalte- und Warteraum beobachtet. Sie kam nach Angaben der Polizei
zu einem positiven Befund.
Die Polizei nimmt den Festhalte- und Warteraum (FWR) jeweils in
Betrieb, wenn aus einem bestimmten Anlass viele Personen zu
näheren
Abklärungen auf die Polizeiwache gebracht werden müssen. Dies
kann
insbesondere bei grösseren oder ausschreitungsträchtigen
Demonstrationen der Fall sein.
Auch am vergangenen Samstag nahm
die Polizei vor dem Hintergrund der Wahlkundgebung der SVP und der
Gegenveranstaltung bei der Reitschule den FWR in Betrieb. Am Rande der
Kundgebungen hielt die Polizei über 50 Personen an.
Keine Übergriffe
Die
Polizei habe ihre Arbeit professionell, gut strukturiert und
standardisiert durchgeführt, hielt Mader in einer ersten
Stellungnahme
fest, wie die Berner Kantonspolizei am Montag mitteilte.
Mader
habe keine Übergriffe festgestellt. Die alt
Regierungsstatthalterin
will noch im September einen ausführlichen Bericht vorlegen. Bis
dahin
nimmt sie auf ausdrücklichen Wunsch nicht näher Stellung.
Verschiedentlich in der Kritik
Die
Vorgänge im FWR wurden immer wieder kritisch thematisiert. Schon
2008
wurde Mader zur Beobachtung der Vorgänge im FWR beigezogen. Damals
kam
sie zum Befund, die Bewältigung einer unbewilligten Kundgebung sei
mangelhaft gewesen und präsentierte eine Liste mit
Verbesserungsmöglichkeiten.
Diese Vorschläge seien in den
wesentlichen Punkten umgesetzt, kam Mader nach Angaben der
Kantonspolizei nun am vergangenen Samstag zum Schluss.
Grossaufmarsch der Polizei
Die
beiden Kundgebungen am vergangenen Samstag wurden von einem massiven
Polizeiaufgebot begleitet. Die Stadt Bern glich zeitweise einer
Festung. Genaue Angaben zum Polizeieinsatz und dessen Kosten wollte der
städtische Sicherheitsdirektor Reto Nause bisher nicht machen.
In
den Medien war die Rede von rund 1000 Sicherheitskräften und
Kosten von
bis zu einer Million Franken. Kommentieren wolle er diese Zahlen nicht,
betonte Nause in einem Interview der "Berner Zeitung" vom Montag.
Gleichzeitig räumte er aber ein: "wer rechnet, kommt
tatsächlich in
diese Region."
(gbl/sda)
---
bernerzeitung.ch 12.9.11
Unabhängige Expertin beobachtete Polizei bei der Arbeit
met
Die frühere Regierungsstatthalterin Regula Mader hat am
vergangenen Samstag während des SVP-Familienfests die
Polizeiarbeit im Festhalte- und Warteraum beobachtet. Sie stellte keine
Übergriffe fest.
Auf Wunsch der Kantonspolizei Bern hat Regula Mader im Rahmen der
SVP-Kundgebung auf dem Bundesplatz die Abläufe im Festhalte- und
Warteraum beobachtet. Diese so genannten FWR kommen bei grossen
Kundgebungen zum Einsatz, um bei angehaltenen Personen rascher
Abklärungen vorzunehmen.
Die ehemalige Regierungsstatthalterin war von 12 bis 16.30 Uhr im
FWR Neufeld anwesend.
In einer ersten Stellungnahme vom Montag hält Mader fest: "Die
Arbeit im FWR wurde durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Polizei professionell, gut strukturiert und standardisiert
durchgeführt. Übergriffe konnte ich keine feststellen."
Ein detaillierter Bericht wurde für Ende Monat in Aussicht
gestellt.
Die Polizei hatte während des SVP-Familienfests am
vergangenen Samstag insgesamt 55 Personen angehalten und bei einer von
ihnen Teile einer Pistole gefunden.
---
police.be.ch 12.9.11
Stadt Bern: Abläufe im Festhalte- und Warteraum analysiert
12. September 2011
pkb. Auf Wunsch der Kantonspolizei
Bern hat die frühere
Regierungsstatthalterin Regula Mader am vergangenen Samstag die
Abläufe
im Festhalte- und Warteraum analysiert. Ihre Bilanz fiel insgesamt
positiv aus. In einem Bericht wird sie Ende September ausführlich
Stellung nehmen.
Die
Polizei sieht sich am Rande von Kundgebungen immer wieder mit einer
grösseren Anzahl von Personen konfrontiert, welche für
genauere
Abklärungen auf eine Polizeiwache gebracht werden müssen.
Dies kann
etwa dann der Fall sein, wenn es vor Ort nicht möglich ist,
detaillierte Abklärungen zur Person zu machen. Um auch eine
grössere
Anzahl solcher Fälle möglichst rasch bearbeiten zu
können, wird jeweils
ein sogenannter Festhalte- und Warteraum (FWR) in Betrieb genommen.
Die Abläufe in den polizeilichen FWR wurden in der Vergangenheit
immer
wieder thematisiert. In diesem Zusammenhang wurde 2008 die damalige
Regierungsstatthalterin Regula Mader von der Kantonspolizei Bern
gebeten, die Tätigkeit in den FWR zu beobachten und einen Bericht
zu
erstellen. Sie gab daraufhin im gleichen Jahr diverse Empfehlungen ab.
Vor diesem Hintergrund wurde Regula Mader von der Kantonspolizei Bern
nun erneut gebeten, anlässlich des Einsatzes im Rahmen der
SVP-Kundgebung auf dem Bundesplatz die Abläufe im FWR zu
beobachten.
Dies als unabhängiges Mandat, welches mit den beiden
zuständigen
Regierungsräten abgesprochen war.
In einer ersten Stellungnahme hielt Regula Mader als unabhängige
Beobachterin fest: "Die Beobachtung fand von 12.00 bis 16.30 Uhr im FWR
Neufeld statt. Die Verbesserungsvorschläge aus dem Bericht
anlässlich
der unbewilligten Demonstrationen vom Januar 2008 wurden in den
wesentlichen Punkten umgesetzt. Die Arbeit im FWR wurde durch die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei professionell, gut
strukturiert und standardisiert durchgeführt. Übergriffe
konnte ich
keine feststellen. In einem Bericht, welcher Ende September vorliegen
wird, werde ich ausführlich Stellung nehmen."
(mf)
---
DRS 1 Regionaljournal Bern 12.9.11
http://www.drs1.ch/www/de/drs1/sendungen/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/90293.sh10193196.html
Polizeieinsatz am Berner SVP-Fest "verhältnismässig"
Am
Samstag wurde das Familienfest der SVP auf dem Berner Bundesplatz von
einem massiven Polizeiaufgebot beschützt. Bezahlen muss diesen
Einsatz
die Stadt Bern. Der politische Verantwortliche, der Berner
Sicherheitsdirektor Reto Nause, findet den Polizeieinsatz
"verhältnismässig".
---
kulturstattbern.derbund.ch 12.9.11
Kulturbeutel 37/11
Von Gisela Feuz am Montag, den 12. September 2011, um 05:15 Uhr
Frau Feuz empfiehlt:
Gehen Sie am Donnerstag zu
Aziz ins
Rössli. Im Vorprogramm wird der alte
Aziz-Sänger als einer der
Twobadours
mittun. Am Sonntag sollten Sie dann
Sexbombe Eddie Argos mit seinen Art Brut im ISC nicht
verpassen.
Frau Kofmel empfiehlt:
Die konsequent verkaterten
Tage liegen nun doch schon einige
Jahre zurück, trotzdem dürfte es lustig sein, sich an die
eine oder
andere Episode zurückzuerinnern mit Hilfe von Tino Hanekamp, der am Mittwoch im Kafé
Cairo aus seinem
Erstling "so was von
da" vorliest. Sehr
viel früher waren sie allerdings auch nicht braver; in der Orangerie Elfenau zeigt der Barocktänzer Niels Badenhop, wie man sich am Hofe des
Sönnenkönigs tänzerisch dem Scharwänzeln hingab.
Und jetzt noch kurz und musikalisch: Boys on Pillsam Donnerstag im Bonsoir -
vielleicht bekommt man dort schon ein paar der neuen Songs zu
hören. Und
Band of Buriers am Mittwoch im
Rössli, weil da ebenfalls exzellent
gerappt werden wird.
(...)
---
Bund 12.9.11
"SVP-Familie" feiert ohne Zwischenfälle
Das "SVP-Familienfest" auf dem Bundesplatz ist am Samstag ohne
Zwischenfälle über die Bühne gegangen. Die SVP-Gemeinde
wurde von einer Hundertschaft von Polizisten beschützt, weil
Angriffe von Chaoten befürchtet wurden. Linke Parteien kritisieren
das massive Polizeiaufgebot scharf. (tik) - Seite 19
-
Wie ein scharf beobachteter Musikantenstadl
Die "SVP-Familie" hat am Samstagnachmittag auf dem Bundesplatz
fröhlich gefeiert. Damit dies möglich war, standen Hunderte
von Polizisten im Einsatz. Sie durchwühlten Rucksäcke von
Blauhaarigen und guckten mit Ferngläsern von den Dächern
herunter.
Dölf Barben, Timo Kollbrunner
Das Polizeiaufgebot ist enorm. Nur schon im Bahnhof sind auf
einen Blick über ein Dutzend Uniformierte auszumachen.
Gendarmerie, Polizia, Kantonspolizei Aargau - aus der ganzen Schweiz
sind die Polizisten zusammengetrommelt worden.
In den Gassen, die zur Berner Innenstadt führen, gehen sie
selektiv vor: Ältere Personen dürfen unbehelligt passieren,
junge Leute auch - ausser sie haben blaue Haare, sind tätowiert,
tragen ein Rollbrett mit sich oder ziehen aus irgendwelchen anderen
Gründen die Aufmerksamkeit der Polizisten auf sich. Diese wollen
sehen, was sich in den Rucksäcken befindet, kontrollieren
Ausweise. Ob sie überhaupt in Richtung Bundesplatz unterwegs sind
oder nicht, scheint keine Rolle zu spielen. Rund um den Bundesplatz ist
die Praxis einheitlicher: Wer nicht zweifelsfrei ans Fest will, kommt
am Nachmittag ab ein Uhr nicht mehr durch. Einige quittieren die
Sperren mit Lachen und Kopfschütteln, andere tun ihren Unmut
lautstark kund.
An der Ecke Spitalgasse/Bärenplatz sind - wie an vielen
anderen Orten an diesem Samstagmittag auch - Mannschaftswagen
aufgestellt. Alphornklänge sind zu vernehmen. Der Bärenplatz
ist vom Bundesplatz mit einer brusthohen Abschrankung getrennt. Es gibt
nur einen Durchlass. Rund ein Dutzend Polizisten bilden zusätzlich
einen Riegel. Der Bundesplatz ist ebenfalls von Abschrankungen umgeben.
Wer in die SVP-Zone eindringen will, wird von Parteifunktionären
und Broncos-Leuten begutachtet, noch einmal müssen Taschen
geöffnet werden. Aus dem mitgebrachten
Getränkefläschchen muss vor den Augen eines
Bronco-Mitarbeiters ein Schluck getrunken werden - man befürchte
Sprengstoffanschläge.
"Wenn es sie braucht . . ."
"Schweizer wählen SVP" steht gross und in drei Sprachen
über der Bühne. Die Sonne brennt auf den Platz. Im schattigen
Teil gegen das Bundeshaus hin gibt es fast kein Durchkommen in der
Menge. Die Organisatoren schätzen die Zahl der Anwesenden im
Schlusscommuniqué auf 6000. Die OK-Präsidentin,
Grossrätin und SVP-Vizepräsidentin Nadja Pieren, die im
Vorfeld mit einem weniger grossen Aufmarsch gerechnet hatte, zeigt sich
beeindruckt: "Wenn es sie braucht, dann kommen sie, um hinzustehen
für unsere Schweiz."
Viele Parteimitglieder und Sympathisanten tragen ein Schweizer
oder ein SVP-Fähnchen in der einen und ein Getränk in der
anderen vor sich her, meist ein Bier. Nicht zu übersehen sind die
Transparente mit den Parteiparolen - alle sehen sie ähnlich aus,
selber angefertigte sind nicht auszumachen.
Die Zahl der Kinder hält sich in Grenzen. Das SVP-Wahlfest
vor vier Jahren war von Linksautonomen angegriffen worden und endete in
einem Fiasko. Die Bilder von Gewalt und Zerstörung wirken
womöglich nach. "Es gibt relativ viele, die sagten, wir lassen die
Kinder und die Frau daheim", sagt der Berner SVP-Nationalrat Thomas
Fuchs.
Solche Gedanken hat sich Martin Zimmermann aus dem aargauischen
Mägenwil auch gemacht. Er hat sich aber entschieden, "erst recht"
zu kommen - und zwar mit seinen beiden 2- und 4-jährigen
Söhnen, "die gern Zug fahren". Er finde es gut, wie die Polizei
das SVP-Fest bewache, "aber es ist traurig, dass sie es tun muss", sagt
er. Ihm käme es nie in den Sinn, eine linke Veranstaltung zu
stören. Ein persönliches Notfallkonzept hat Zimmermann doch:
Er hat den Götti des einen Sohnes mitgenommen. Wenn es brenzlig
würde, "könnte jeder von uns einen Buben unter den Arm
nehmen". Er sei vor vier Jahren ebenfalls in Bern gewesen, sagt der
etwa 70-jährige Robert von Euw aus Ibach im Kanton Schwyz.
Trotzdem fühle er sich wohl und sicher. Vor allem aus einem Grund:
"Weil ich von innen heraus so sehr überzeugt bin, dass die Politik
der SVP richtig ist und ich für etwas Gutes einstehe, kommt gar
keine Angst auf."
Höhepunkt Nationalhymne
Als zwanzig Treichler aus Turtmann im Wallis, jeder mit einer
schweren Glocke vor dem Bauch, wie Pinguine durchs Publikum watscheln,
ist die Stimmung gelöst wie in einem Musikantenstadl. All die
Polizisten rund um den Bundesplatz könnten längst vergessen
sein - wären da nicht die Beamten auf den Dächern der
umstehenden Gebäude. Obschon sie nur mit Ferngläsern auf die
"SVP-Familie" herunterblicken, erinnern sie an Scharfschützen und
verursachen im Betrachter ein leicht mulmiges Gefühl.
Nachdem kurz vor vier Uhr kollektiv und inbrünstig die
Nationalhymne gesungen worden ist - mit zum Rütligruss gen Himmel
emporgestreckten Fingern -, leert sich der Platz recht rasch. Vor dem
Bundeshaus kommt es noch einmal zu einer Ansammlung von
fröhlichen, teils beschwipsten Menschen. Der Grund: An einer
Traube von Schweizer-Kreuz-Ballonen wird ein Kartonplakat mit einem
schwarzen Schaf darauf in den Himmel ausgeschafft. Auch die
Bronco-Sicherheitsleute zücken nun ihre Kameras, um diesen Moment
festzuhalten.
-
Kantonspolizei hält 55 Personen an
Linksparteien kritisieren das massive Polizeiaufgebot
Die befürchteten Ausschreitungen blieben am Samstag aus. Die
Kantonspolizei Bern zog am Samstag nach der SVP-Kundgebung auf dem
Bundesplatz eine "positive Bilanz", wie sie spätabends mitteilte:
Es sei zu keinen Zwischenfällen gekommen, Gegendemonstrationen
seien ausgeblieben. Rund um den Bundesplatz seien "zahlreiche Zugangs-
und Personenkontrollen" vorgenommen worden. Insgesamt "mussten"
gemäss Mitteilung 55 Personen angehalten werden - die meisten
seien nach kurzer Zeit wieder entlassen worden. Mehrere Personen trugen
Gegenstände wie Messer, Reizstoff, Spraydosen und
Vermummungsmaterial auf sich, zwei führten Brandbeschleuniger mit.
Das Grossaufgebot der Kantonspolizei wurde von Kräften aus
weiteren Kantonen unterstützt.
Linke Parteien haben den massiven Polizeieinsatz scharf
kritisiert. Die Junge Alternative (JA) teilte mit, man sei "entsetzt
darüber, wie die Bewegungs-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit
aller (mutmasslicher) Nicht-SVP-Sympathisanten zugunsten einer
Parteiversammlung aufs Massivste eingeschränkt wurde". Die JA
fordert - ebenso auch die Jungsozialisten und die Reitschule - eine
unabhängige Untersuchung des Polizeieinsatzes. Die Jungen
Grünen des Kantons Bern teilten am Samstag mit, ihr Parlamentarier
Philipp Zimmermann, der im Grossen Gemeinderat Spiez sitzt, sei
verhaftet worden, weil er "drei Flugblätter politischen Inhaltes"
mit sich geführt habe. Dass Menschen "sogar dann verhaftet werden
und mit Rayonverboten belegt werden, wenn sie sich an keinerlei
politischen Aktionen beteiligen", stelle "eine neue Stufe der
Repression" dar. Die städtische CVP schliesslich sprach der
Polizei und ihrem Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) ein "Bravo" aus.
Dass die SVP nach den Ereignissen von 2007 den Bundesplatz erneut in
Beschlag genommen habe, zeuge dagegen von "Arroganz,
Rücksichtslosigkeit und einem kaum zu übertreffenden
Selbstinszenierungsdrang - zulasten der Steuerzahlenden". Der
Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause hielt sich den ganzen
Nachmittag in der Nähe des Bundesplatzes auf. Für ihn sei es
das Wichtigste, dass die Kundgebung, inklusive An- und Abreise der
Teilnehmer, in einem sicheren Rahmen habe durchgeführt werden
können, sagte er dem "Bund" am Abend. Die Kritik, das
Sicherheitsdispositiv sei zu umfangreich gewesen, wies er zurück:
Die von der Polizei sichergestellten gefährlichen Gegenstände
zeigten, dass das Gewaltpotenzial "sehr hoch" gewesen sei, sagte Nause.
(db/tik)
-
Was die Stars der SVP ihrer "Familie" erzählten
Ihr vermeintlich Dummen, die ihr die Freiheit verteidigt
Brunner, Blocher und Maurer hatten je zehn Minuten, um ihrer
Gemeinde zu schmeicheln.
Im Mittelpunkt stehen sie nicht an diesem Samstag, die Reden.
Dafür ist das Programm zu gedrängt. Zwischen Jodlern,
Treichlern und Alphornbläsern stehen Parteipräsident Toni
Brunner, Alt-Bundesrat Christoph Blocher und Bundesrat Ueli Maurer je
zehn Minuten zu. Im Grundsatz sagen sie alle dasselbe: Ihr, die ihr
heute gekommen seid, werdet von denen da oben - hier kommt der Blick in
Richtung Bundeshaus - für dumm verkauft. Aber wenn wir eine freie
Schweiz erhalten und unser Schicksal selbst bestimmen wollen, brauchen
wir Leute, welche die Wahrheit sagen. Leute wie euch - Leute wie uns.
Parteipräsident Toni Brunner sagt, man sei heute
zusammengekommen, um zu zeigen, dass in einer Demokratie nicht extreme
Gruppierungen entscheiden dürften, wer sich wo und wann treffen
darf. "Ihr", sagt er, "habt die Wichtigkeit erkannt. Es lebe die
Freiheit."
Mit "Liebi Froue u Manne" begrüsst danach Christoph Blocher
die Gemeinde. Im Moment lebten sie noch in einer freien und
unabhängigen Schweiz, sagt er ihnen, aber diese Schweiz sei
bedroht - von der Classe politique, die in die EU wolle, von
kriminellen Ausländern. Am meisten Applaus erntet Blocher mit
einem Spruch, den nur jene zum ersten Mal hören, die Blocher zum
ersten Mal hören. Zuerst komme das Volk und dann das Parlament und
dann erst der Bundesrat, und "als sie mich aus dem Bundesrat
geschmissen haben", hätten sie ihn gleich von der dritten auf die
erste Stufe gespickt - und das solle ihm zuerst einer nachmachen.
"Är isch eifach immer wider guet", sagt eine ältere Frau zu
ihrem Mann. Blocher schliesst mit einer Devise von bestechender
Simplizität: Wenn die SVP gewinne, komme es gut. Wenn nicht, dann
nicht. "Zugabe", ruft die "Familie".Bundesrat Ueli Maurer schliesslich
erzählt ein Märchen. Die Quintessenz: Jene, die die Wahrheit
sagen, werden für dumm verkauft, sind am Schluss aber die
Gescheiten. Jene, die die SVP-Familie für dumm verkauften, die
seien dort drüben, sagt er und zeigt auf das Bundeshaus. Aber das
Land brauche Leute wie diejenigen hier vor ihm, die den Mut
hätten, auf nackte Tatsachen hinzuweisen.
"Ich bin stolz auf dich"
Toni Brunner gesellt sich nach seiner Rede unter seine Leute.
Hier klopft er jemandem auf den Rücken, da macht er einen Spruch,
konsequent aufgestellt, laut lachend. Er ist gut darin, den Leuten das
Gefühl zu geben, dass sie wichtig sind und das Richtige tun. "Ich
bin stolz auf dich", sagt er zum einen und gleich darauf zum
Nächsten. Oder: "Die, die heute gekommen sind, das sind die, mit
denen man in den Krieg ziehen könnte." Allen dankt er für das
Kommen und gibt ihnen das Gefühl, damit etwas Mutiges getan zu
haben. Leute mit Waffen seien an den Eingängen festgenommen
worden, hat er vernommen und sagt es gleich weiter, Chaoten hätten
sich "verkleidet" unter das Volk gemischt, um die Kundgebung zu
stören. Doch die seien "herausgepickt" worden. Passiert ein
abfahrender Car den Parteichef, winkt er mit ausladenden Gesten. Und
die ganze Busladung winkt zurück. (tik)
---
BZ 12.9.11
Bern im Ausnahmezustand
Polizeieinsatz · Ab Samstagmittag war die Stadt Bern im
Banne und in den Händen der Polizei. Einsatzkräfte, die sogar
aus Genf und dem Tessin angerückt waren. Sie schützten den
Wahlanlass der SVP auf dem Bundesplatz. Der Stadtberner
Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) verglich das Aufgebot mit
Einsätzen für "Staatsbesuche der obersten Sicherheitsstufe".
Passanten wurden an allen Zugangsachsen zum Bundesplatz kontrolliert.
Insgesamt 55 Personen nahm die Polizei in Gewahrsam. Reto Nause
rechtfertigte den von linksaussen als "martialisch" kritisierten
Polizeieinsatz mit den Erfahrungen von vor vier Jahren. Damals kam es
zu Krawallen in der Stadt. Diesmal blieb es ruhig. Die
Gegenveranstaltung im linksautonomen Kulturzentrum Reitschule wurde nur
mässig besucht. Auf dem Bundesplatz lauschten mehrere Tausend
SVP-Anhänger den Reden von Christoph Blocher, Toni Brunner und
Ueli Maurer.cab · Seite 3
-
Polizeieinsatz ● SVP-Wahlanlass
Eine ganze Stadt unter Polizeischutz
Der Polizeieinsatz rund um das SVP-Familienfest am Samstag war
einer der grössten, den die Stadt Bern je erlebt hat.
Geschätzte 1000 Polizisten standen im Einsatz, der über eine
Million Franken kosten dürfte. Zu Ausschreitungen kam es nicht,
aber zu 55 präventiven Festnahmen.
Passanten staunen bei ihrem Einkaufsbummel, Touristen erkundigen
sich besorgt, ob für Bern eine Terrorwarnung ausgegeben sei. Es
ist ein ungewohntes Bild: Überall in der Stadt sind gut sichtbar
Polizisten in Kampfmontur positioniert. An jeder Brücke, im
Bahnhof, in den Hauptgassen, in den Nebengassen, überall. Beim
Hirschengraben und beim Bollwerk stehen Einsatzwagen. Nicht nur Berner
Polizisten stehen im Einsatz, sondern auch solche aus den Kantonen
Aargau, Baselland, Basel-Stadt, Freiburg, Genf, Neuenburg, Solothurn,
Tessin und Waadt. Insgesamt sind es wohl gut 1000 Polizisten.
Um 12.50 Uhr kreist ein Helikopter über dem Bundesplatz, auf
dem Dach der Kantonalbank sind Einsatzkräfte positioniert. Durch
die Schauplatzgasse marschieren Teilnehmer des SVP-Fests Richtung
Bundesplatz. Auf dem Bärenplatz steht ein junger Mann mit
erhobenen Händen und gespreizten Beinen angelehnt an ein
Polizeifahrzeug. Er wird von Kopf bis Fuss abgetastet. Passanten
beobachten die Szene, niemand reagiert.
Abgesperrter Bundesplatz
Der Bundesplatz ist von allen Seiten her abgesperrt. Wer aus den
Gassen in Richtung Platz geht, wird von Polizisten gefragt, ob er zur
SVP-Veranstaltung will, muss sich zum Teil ausweisen, Taschen und
Rucksäcke öffnen. Auf dem Platz selber findet die zweite
Kontrolle von SVP-eigenen Sicherheitsleuten und Broncos-Securitys
statt: Auch Frauen müssen Handtaschen öffnen und sogar Kinder
werden abgetastet. In der ganzen Stadt kontrollieren Polizisten
Passanten. Vor allem jüngere Menschen und solche mit Gepäck
werden angehalten, müssen ihre Ausweise zeigen und Taschen
öffnen, zum Teil mehrmals. Ein erstaunter Wanderer zeigt den
Polizisten seine Schmutzwäsche im Rucksack.
Auf dem Bärenplatz nervt sich ein Märitfahrer: "Die
Berner haben von solchen Anlässen die Schnauze voll. Wir haben den
ganzen Tag praktisch keine Stammkunden."
Wenig Betrieb in Reitschule
Bei der Reitschule hat derweil die Gegenveranstaltung "Fest gegen
Rassismus" begonnen. Es gibt Workshops zu Themen wie erste Hilfe und
zum Verhalten bei Verhaftungen. Die Stimmung ist friedlich,
Gesprächsthema ist die Polizeipräsenz in der Stadt. Nur rund
drei Dutzend Menschen sind am Nachmittag da. Einige erzählen, sie
seien viermal von der Polizei kontrolliert worden.
Das SVP-Familienfest selber geht programmgemäss über
die Bühne: Es reden Christoph Blocher, Toni Brunner und Ueli
Maurer, Oskar Freysinger trägt ein Lied vor. Dazwischen gibts
Volksmusik und Treichlerklänge. Ein Mann, der während der
Rede von Brunner ein "Halt's Maul Schweiz"-Plakat in die Höhe
hält, wird von Broncos abgeführt und der Polizei
übergeben. Passanten schauen kopfschüttelnd zu. "Was kostet
wohl dieser Einsatz?", fragt ein anderer. Überschlagsmässig
gerechnet wohl über eine Million Franken.
SVP-Präsident Brunner spricht gegen Ende des Fests von 6000
Besuchern, die Polizei schreibt von "mehreren Tausend".
OK-Präsidentin Nadja Pieren bedankt sich bei der Polizei, dass der
Anlass in Ruhe habe stattfinden können.
Präsenz bis am Abend hoch
Nach 17 Uhr leert sich der Platz. Unter Polizeischutz werden
Tische, Bänke und Bühne weggeräumt. Die meisten
Einsatzkräfte werden verschoben. Beim Stadttheater etwa treten die
Premierebesucher zwischen Polizisten hindurch ins Gebäude ein.
Messer, Reizstoff, Spraydosen
Am Abend meldet die Polizei, dass sie im Verlauf des Tages 55
Personen, darunter fünf Jugendliche, für Abklärungen auf
eine Wache gebracht habe. Bei mehreren wurden Messer, Reizstoff,
Spraydosen und Vermummungsmaterial gefunden. Zwei Personen hatten laut
Communiqué Brandbeschleuniger dabei, einer Teile einer
9-Millimeter-Pistole. Die meisten konnten wieder entlassen werden.
Einige Personen wurden aber angewiesen, sich nicht mehr zum Bundesplatz
zu begeben. Die Polizeipräsenz bleibt bis am späten Abend
hoch. Beim Oppenheim-Brunnen stehen ein Wasserwerfer und ein Landrover
mit Sperrgittern bereit. Rund um die Reitschule wird weiter
kontrolliert. Von Störaktionen ist nichts zu sehen. jek,
jsp, sru, wrs
-
Kritik an der Polizei
Junge Grüne Philipp Zimmermann, der für die jungen
Grünen in Spiez im Parlament sitzt, wurde von der Polizei
festgenommen. Per Verfügung sei ihm der Zutritt in die Innenstadt
bis am Sonntag verboten worden. Die Partei kritisiert dies heftig. Auch
die Junge Alternative beklagt sich über die Fortweisung ihrer
Stadträtinnen vom Bundesplatz. Das Kulturzentrum Reitschule
fordert eine unabhängige Untersuchung des Polizeieinsatzes.cab
-
"Wie bei einem Staatsbesuch"
Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) stellt eine bedenkliche
Entwicklung der politischen Kultur fest. Erleichtert über den
Verlauf, rechtfertigt er das riesige Polizeiaufgebot.
Reto Nause, Sie waren nervös am Samstag. Hatten Sie Angst,
dasselbe Schicksal wie ihr 2008 abgewählter Vorgänger Stephan
Hügli zu erleiden?
Reto Nause: Die Anspannung war hoch. Es war einer der
schwierigsten Polizeieinsätze, die ich erlebt habe.
Der Bundesplatz glich einer Festung. War der immense Aufwand
gerechtfertigt?
Spätestens als einschlägige Foren zu Gewalt aufriefen
und auf der Reitschule der Gruss "Welcome to hell" prangte, musste mit
einer Eskalation wie 2007 gerechnet werden. Bei angehaltenen Personen
wurden Messer und Brandbeschleuniger gefunden. Der Einsatz, so krass er
daherkam, war angemessen.
Wie viele Polizisten standen im Einsatz, und wie teuer war das
Ganze?
Zahlen geben wir nicht bekannt. Es waren sicher mehr als bei
einem Fussballrisikospiel. Vergleichbar war das Aufgebot mit
Einsätzen bei Staatsbesuchen der höchsten Sicherheitsstufe.
Wir gehen von 1000 Einsatzkräften und Kosten in Höhe
von 1 Million Franken aus.
Ich kommentiere diese Zahlen nicht. Aber wer rechnet, kommt
tatsächlich in diese Region.
Die Polizei verbot einigen angehaltenen Personen, in die
Nähe des Bundesplatzes zu gehen. Auf welcher rechtlichen Basis?
Die Stimmung war angespannt und die abgenommenen Gegenstände
kriminell. Ich kann die Polizei nicht kritisieren.
Welche Bilanz ziehen Sie?
Die Veranstaltung fand statt. Die Stadt hat den Willen gezeigt,
die Sicherheit dafür zu gewährleisten. Natürlich
hinterlässt es gemischte Gefühle, wenn Politanlässe so
geschützt werden müssen. Die Volksnähe der Demokratie
leidet darunter. Das ist eine schlechte Entwicklung der politischen
Kultur und Ausdruck des veränderten politischen Stils. Wenn es
herausgekommen wäre wie 2007, hätte niemand über die
Kosten gesprochen. Aber man hätte verlangt, dass ich mein
Büro räume.
Interview: cab
-
BZ Kommentar
Ein hoher Preis
Wolf Röcken Ressortleiter Stadt Bern
Berns Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) und die Stadt sind
aufs Ganze gegangen. Mit einem Polizeiaufgebot, wie es Bern noch selten
gesehen hat, markierte man Stärke und Präsenz. Grössere
Störmanöver, wenn es denn dazu gekommen wäre, hätte
dieses Aufgebot wohl in den Griff bekommen. Die SVP-Wahlveranstaltung
verlief nach Programm. Auftrag erfüllt, heisst es nüchtern
seitens Polizei und Stadt.
Der Einsatz dafür war hoch: Die Stadt wurde für einen
Tag sicherheitsmässig in den Ausnahmezustand versetzt. Aus Sicht
von Reto Nause und der Stadt ist dies nachvollziehbar. Denn es galt um
jeden Preis Szenen zu verhindern, wie sie sich 2007 rund um den
SVP-Marsch abgespielt hatten. Die Ausschreitungen von Linksextremen vor
vier Jahren kosteten Nauses Vorgänger Stephan Hügli (FDP) den
Job als Gemeinderat. Die Polizei stand in der Kritik, Bilder von
Strassenblockaden und dem verwüsteten Bundesplatz bestimmten den
nationalen Wahlkampf. Vom Anlass 2011 bleiben nun Bilder einer Stadt
voll Polizisten. Im Nachhinein sind es bizarre Szenen: Polizisten in
Vollmontur sichern ein Fest einer Regierungspartei vor einem Gegner,
der unsichtbar blieb.
Die Stadt hat bewiesen, dass sie die Sicherheit für einen
bewilligten Anlass garantieren kann. Der Preis dafür darf nicht
zum Massstab werden. Das kann nicht im Sinn der Veranstalter sein - und
auch nicht im Sinn derer Kontrahenten.
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20 Minuten 12.9.11
SVP-Fest kostet Bern eine Million Franken
BERN. 6000 SVPler, über 1000 Polizisten und Kosten von einer
Million Franken: Diese Bilanz nach dem SVP-Familienfest vom Samstag
sorgt in Bern für rote Köpfe.
Ausnahmezustand in der Bundesstadt: Bewaffnete Polizisten in
voller Kampfmontur und Mütter mit erschrockenen Kleinkindern in
Kinderwägen trafen am Samstag in der Berner Innenstadt
aufeinander. Der Grund für die Präsenz von über 1000
Polizisten aus zehn Kantonen war das immense Sicherheitsdispositiv, das
ein Chaos beim SVP-Familienfest wie vor vier Jahren verhindern sollte.
"Es lag Spannung in der Luft", sagt Sicherheitsdirektor Reto Nause. Die
Belastung für die Bevölkerung - auch die psychische - sei
hoch gewesen.
Für Empörung sorgt in der Stadt aber auch die
finanzielle Belastung von rund einer Million Franken: "Dass die SVP
bewusst in Kauf nimmt, dass Steuergelder von mehreren Hunderttausend
Franken einzig für die Durchführung eines Parteianlasses
ausgegeben werden, ist pervers und ein Hohn für den einzelnen
Steuerzahler", so Michael Daphinoff, Präsident der CVP Stadt Bern.
Die Kundgebung verlief zwar laut Polizei friedlich. Auch die
befürchteten Zusammenstösse mit den Teilnehmern der
Gegenkundgebung vor der Reithalle blieben aus. Allerdings hat die
Polizei 55 Personen angehalten. Es wurden unter anderem
Brandbeschleuniger, Messer, Vermummungsmaterial und gar Teile einer
9-Millimeter-Pistole gefunden. nora camenisch
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Langenthaler Tagblatt 12.9.11
SVP-Familienfest: Polizeieinsatz soll untersucht werden
Stadt Bern Nicht nur die Kosten des massiven Polizeieinsatzes
geben zu reden. Auch die Art und Weise, wie die Berner Innenstadt am
Samstagnachmittag für das "Familienfest" der SVP Schweiz durch
Sicherheitskräfte abgeriegelt wurde. Als Erste forderten am
Samstagabend die Jungen Grünen eine unabhängige Untersuchung.
Wie sie mitteilen, befand sich unter den 55 Verhafteten auch ein
Mitglied. Als Grund für die Festnahme seien Philipp Zimmermann,
Mitglied des Spiezer Lokalparlaments, drei Flugblätter im Rucksack
genannt worden. Auf dem Polizeiposten habe der Nationalratskandidat
dann eine vorgefertigte Wegweisungsverfügung erhalten. Sodann
durfte er die Innenstadt bis gestern, 6 Uhr, nicht mehr betreten. Auch
die Juso Stadt Bern fordert eine Überprüfung des
Polizeieinsatzes: "Weshalb verhaftete die Kantonspolizei politische
Aktivistinnen und Aktivisten?" - Jetzt sei die Politik gefordert.
Friedliches Anti-SVP-Fest
Die vorgefertigten Fernhalteverfügungen nach kantonalem
Wegweisungsartikel kritisierte auch das Berner Antirep-Kollektiv. Und
stellte den Medien eine anonymisierte Kopie zu: "Die massive Ausdehnung
der ‹Lex Wasserfallen› und die meist fadenscheinigen Begründungen
entbehren schlicht jeder Rechtsstaatlichkeit." Die Aktivisten aus dem
Reitschule-Umfeld verweisen dazu auf ein Bundesgerichtsurteil von 2006.
Dieses entschied damals, dass für eine Wegweisung eine konkrete
Gefährdung und Störung der öffentlichen Ordnung und
Sicherheit vorliegen müsse - und hiess mehrere Beschwerden gut.
Die Berner Reitschule selbst, die mit dem "Ganz Fest gegen
Rassismus" am Samstag ein friedliches Alternativprogramm organisierte,
im Vorfeld jedoch immer wieder als mögliche Organisation für
Störaktionen genannt wurde, forderte gestern ebenfalls eine
unabhängige Untersuchung.
Wie die Kantonspolizei bestätigte, kam es auch in der Nacht
auf gestern zu keinen Zwischenfällen. - Am Samstagabend startete
auf dem Bundesplatz der Aufbau für die SRF-Wahlstudios. Und
gestern fand unter dem Motto "Für eine Welt" eine Gedenkfeier zu
9/11 statt - mit Vertretern aus den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft,
NGO und Spiritualität. (sat)
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NZZ 12.9.11
SVP feiert unter Polizeischutz
1000 Polizisten verwandeln Bern in eine Festung
nn. Bern · Die Stadt Bern erinnerte am Samstag an einen
Polizeistaat: Nie zuvor hatte die Bundesstadt ein derart massives
Sicherheitsdispositiv erlebt. Bereits im Bahnhof wurden Personen
angehalten und durchsucht. Der Bundesplatz, wo die SVP zu einem
Wahlkampf-Fest geladen hatte, war durch mehrere Sperren hermetisch
abgeriegelt. Die 1000 Polizisten aus der ganzen Schweiz markierten
überall in der Innenstadt Präsenz. Auf den Dächern rund
um den Bundesplatz waren bewaffnete Einsatzkräfte positioniert.
Die Bewegungsfreiheit der irritierten Passanten und Touristen war stark
eingeschränkt.
Oberstes Ziel des Stadtberner Polizeidirektors Reto Nause (cvp.)
war es, Gegendemonstrationen wie im Jahr 2007 um jeden Preis zu
verhindern. Vor vier Jahren hatte die SVP zu einem Marsch durch Bern
aufgerufen, worauf es zu üblen Vandalenakten von Autonomen kam.
Die als "Schande von Bern" bekanntgewordenen Ereignisse verhalfen der
SVP nach Ansicht von Politologen zu einer Schlussmobilisierung vor den
Wahlen. In Bern führten sie zum Karrierenende des damaligen
Sicherheitsdirektors Stephan Hügli (fdp.)
Nach Angaben der Polizei wurden am Samstag rund 50
Verdächtige festgenommen, die teilweise gefährliche
Gegenstände mitführten. Zu Ausschreitungen kam es nicht.
Friedlich verlief auch eine Gegenveranstaltung im Kulturzentrum
Reitschule, wo Konzerte und politische Workshops stattfanden.
Vom Polizeieinsatz in den Schatten gestellt wurde das
Familienfest, das gemäss SVP von 6000 Personen besucht wurde. In
Ansprachen bekräftigten SVP-Präsident Toni Brunner, Bundesrat
Ueli Maurer sowie der frenetisch bejubelte Strategiechef Christoph
Blocher Parteiparolen. Geprägt war der vorab folkloristische
Anlass von Treichlern, Alphornbläsern und Fahnenschwingern.
Dass die Bundesstadt für eine Demonstration der
grössten Partei der Schweiz in eine Festung verwandelt werden
muss, zeugt von einer bedenklichen Radikalisierung der politischen
Kultur. Surreal mutete an, wie die SVP-Traditionalisten das Bild einer
heilen Schweiz zelebrierten, während das gewöhnliche Volk von
der Polizei und durch von der SVP engagierte private
Sicherheitskräfte auf Distanz gehalten wurde. Die Rechnung
für den ganzen Spass haben die Berner Steuerzahler zu berappen:
Gemäss "NZZ am Sonntag" belaufen sich die Kosten für den
Einsatz auf 1 Million Franken.
---
Basler Zeitung 12.9.11
Berner Polizei wetzt die Scharte vom Oktober 2007 aus
Das SVP-Familienfest besuchen über 5000 Sympathisanten, 250
Trychler, Alphornbläser und Fahnenschwinger
Von Beni Gafner, Bern
Die SVP Schweiz hat am Samstag auf dem Bundesplatz ihr
Familienfest ungestört durchführen können. Die Berner
Polizei, die vor vier Jahren bei einer ähnlichen Veranstaltung gut
organisierten Linksautonomen noch unterlegen war, hat ihre Scharte von
damals mittels Grossaufgebot ausgewetzt. Bereits am Morgen markierten
Dutzende von Polizistinnen und Polizisten in der gesamten Altstadt und
in Vollmontur Präsenz. Vor dem Bundeshaus kolonnierten sie
vormittags mehrere Geländefahrzeuge auf. Ihre an der Front
montierten Gitter, dazu geeignet, Randalierer einzupferchen, sollten
mögliche Gewalttäter abschrecken. Bis zum Festbeginn um halb
zwei wuchs die Polizeipräsenz auf mehrere Hundertschaften,
angereist aus neun Kantonen. Für Autonome aus dem Raum Reithalle,
wo eine Gegenveranstaltung stattfand, war kaum ein Durchkommen - auch
für jene nicht, die als Jungbauern verkleidet zu infiltrieren
suchten. Nach Polizeiangaben wurden bis Festende 55 Personen angehalten.
Brandbeschleuniger und Messer
Polizisten in schweisstreibender Kampfmontur nahmen ihnen Messer,
Brandbeschleuniger und - in einem Fall - sogar Teile einer
Neunmillimeter-Pistole ab. Silvia Bär, stellvertretende
SVP-Generalsekretärin, berichtete der BaZ von Einzelpersonen und
Kleingruppen, die aus der 5000-köpfigen Gemeinde auf dem
Bundesplatz herausgelöst und abgeführt wurden.
Beobachtungsposten auf den Dächern rund um den Bundesplatz machten
diese zuvor mit ihren Feldstechern aus.
So stand dem rund dreistündigen bunten Treiben unter
Schweizer-, Kantons- und SVP-Fahnen nichts im Weg und die Redner Toni
Brunner (Parteipräsident), Christoph Blocher (Vizepräsident)
und Ueli Maurer (Bundesrat) konnten sich zwischen Jubel und Musik
entfalten. Brunner forderte mit Nachdruck einen zweiten Bundesratssitz
ein, "der unserer Partei zusteht". Ueli Maurer solle endlich einen
SVP-Kollegen in der Regierung erhalten. Christoph Blocher meinte,
"wäre die Schweiz heute in der EU, fände diese
Wahlversammlung unter freien Bürgerinnen und Bürgern, die ihr
Schicksal selbst in die Hand nehmen wollen, nicht statt". Man
könne ändern und modernisieren, was man wolle, aber eines
nicht: "Wir wollen keine fremden Richter haben." Das Publikum dankte
solch Bekanntes mit tobendem Applaus und frenetischen Zurufen.
Nauses positive Bilanz
Bundesrat Ueli Maurer ("mein Manuskript liegt irgendwo auf diesem
Platz") erzählte das Andersen-Märchen "Des Kaisers neue
Kleider". Daraus schloss er, heute wie damals seien Menschen
nötig, die missliebige "nackte Tatsachen" auch dann benannten,
wenn diese einer Mehrheit vorerst widerstrebten. Dazu brauche es die
SVP. Nach der Veranstaltung fuhren die SVP-Mitglieder mit 60 Reisecars,
Privatautos und Zügen befriedigt in ihre Heimat zurück. Toni
Brunner sprach in seiner Bilanz von einer rundum gelungenen
Veranstaltung, "die ohne Linksextreme keinen einzigen Polizisten
gebraucht hätte".
Zufrieden zeigte sich auch der Berner Sicherheitsdirektor Reto
Nause (CVP). Sein Fazit sei positiv, da grössere
Zwischenfälle ausgeblieben seien. Das enorme Sicherheitsdispositiv
habe sich bewährt. Betrüblich sei allerdings, dass man einen
derartigen Aufwand habe betreiben müssen. Diesen Befund teilten im
sonnigen und heissen Bern vom Samstag wohl so manche.
---
Aargauer Zeitung 12.9.11
Polizeieinsatz für SVP in der Kritik
1000 Polizisten standen am Samstag in Bern im Einsatz, um 6000
Sympathisanten der SVP zu beschützen. Die Partei hatte zum
"Familienfest" auf dem Bundesplatz geladen. Gemäss einem
Medienbericht muss die Stadt Bern Sicherheitskosten in der Höhe
von einer Million Franken berappen. Nicht-SVP-Politiker finden den
Betrag zu hoch und verlangen, dass die Veranstalter von politischen
Anlässen in Zukunft selbst einen Teil der Kosten übernehmen,
wenn diese aus dem Ruder laufen. "Sobald ein gewisses Kontingent
ausgeschöpft ist, müsste die jeweilige Partei selbst für
die Sicherheitskosten aufkommen", schlägt die Zürcher
CVP-Nationalrätin Kathy Riklin vor. (lhn)Seiten 5, 19
Kommentar rechts
-
Politiker erwägen Kostenbeteiligung für Parteien
Kosten Berner Steuerzahler zahlen eine Million Franken für
Polizeiaufgebot am SVP-Wahlkampfanlass vor dem Bundeshaus
Lorenz Honegger
Der Polizeieinsatz am Wahlkampfanlass der SVP vom Samstag kostet
die Stadt Bern laut einem Bericht der "NZZ am Sonntag" eine Million
Franken. 1000 Polizisten aus mehreren Kantonen mussten die 6000
Parteisympathisanten auf dem Bundesplatz beschützen, das macht
rund 165 Franken pro Teilnehmer. Die Behörden wollten eine
Wiederholung der von Linksextremen angezettelten Krawalle bei einem
ähnlichen SVP-Anlass vor vier Jahren verhindern. Koste es, was es
wolle. Das ist ihnen gelungen: Der Anlass verlief ruhig.
Nach Bekanntwerden des Betrages werfen Politiker anderer Parteien
nun aber die Frage auf, ob die Sicherheitskosten denn auch
gerechtfertigt waren. "Eine Million Franken für einen SVP-Anlass
übersteigen das Mass, das darf nicht zur Regel werden", findet
Kathy Riklin, Zürcher CVP-Nationalrätin. Sie betont, dass es
genau so bedenklich wäre, "wenn eine linke Partei dem Steuerzahler
derart hohe Kosten verursachen würde".
Riklin schlägt vor, dass sich die Organisatoren politischer
Anlässe in Zukunft an den Sicherheitskosten beteiligen sollen,
wenn diese aus dem Ruder laufen -, wie dies auch bei
Sportveranstaltungen gefordert werde. "Sobald ein gewisses Kontingent
ausgeschöpft ist, müsste die jeweilige Partei selbst für
die Sicherheitskosten aufkommen", erklärt Riklin.
BDP-Präsident Hans Grunder findet die Idee einer
Kostenbeteiligung gut, jedoch nur im Extremfall. "Wenn sich der
Sicherheitsaufwand im normalen Rahmen bewegt, ist es
selbstverständlich, dass die öffentliche Hand die Kosten
trägt." Eine Million Franken seien aber zu viel.
"Das wäre der Anfang vom Ende"
Leicht ungehalten wehrt sich der Berner SVP-Nationalrat Andreas
Aebi gegen Riklins Idee: "Fussballspiele gibt es jedes Wochenende, die
SVP hingegen führt vielleicht alle vier Jahre eine derartige
Veranstaltung durch - der Vergleich hinkt." Schützenhilfe
erhält er von SP-Nationalrätin Margret Kiener-Nellen. "Als
Juristin denke ich, dass die öffentliche Hand die Kosten zu tragen
hat. Die Rechtsgrundlage für eine Kostenbeteiligung fehlt
derzeit", sagt sie. Die SVP sei gut beraten, "polarisierende
Veranstaltungen" zu vermeiden. SVP-Generalsekretär Martin
Baltisser verteidigt den immensen Aufwand für das Wahlkampffest
seiner Partei: "Wenn man auf einen solchen Anlass aus
Sicherheitsgründen verzichtet, schafft man das
verfassungsmässige Recht auf Meinungsäusserungs- und
Versammlungsfreiheit ab - das wäre der Anfang vom Ende unserer
Demokratie." Baltisser weist darauf hin, dass die SVP am Samstag auch
einen privaten Sicherheitsdienst auf eigene Kosten engagiert hatte. Man
sei der Stadt Bern aber dankbar dafür, dass sie den Anlass
ermöglicht habe.
Hinter dem grossen Polizeiaufgebot stand der Berner
Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP). Er betont, dass die Stadt die
Sicherheit von bewilligten Kundgebungen garantieren müsse und dies
unabhängig von finanziellen Erwägungen. "Ich kann es
nachvollziehen, wenn sich Bürger über die hohen Kosten
aufregen. Es ist nicht an mir, das zu werten", sagt Nause. "Auch ich
finde den Stil der SVP mitunter fragwürdig, aber auch diese Partei
hat das Recht, eine Kundgebung abzuhalten." Die Berner
Stadtbehörden hätten die Kosten etwas einschränken
können, in dem sie der SVP keine Erlaubnis für einen Umzug
durch die Stadt erteilten. Nause: "Noch mehr Aufwand hätten wir
nicht betreiben können."
Manche finden, der Polizeieinsatz sei zu weit gegangen. Die
Berner Jungsozialisten beispielsweise wettern in einer
Medienmitteilung: "Nicht irgendwelche obskuren Linken, sondern die
Berner Polizei ist ausser Rand und Band."
-
Kommentar
Bundesplatz zu jedem Preis?
Theodor Eckert
Wozu Chaoten in der Lage sind, haben sie an diesem Wochenende in
Zürich einmal mehr vorgeführt. In Bern hat eine enorme
Polizeipräsenz die Hitzköpfe kaltgestellt. Am "Familienfest"
der SVP auf dem Bundesplatz waren zwar alle Feuer und Flamme, trotzdem
mussten weder Wasserwerfer noch Tränengas eingesetzt werden. Das
ist schön und gut.
Trotzdem: Auch in eidgenössischen Landen ist das politische
Klima mittlerweile derart angespannt, dass Parteiveranstaltungen mal
mehr, mal weniger polizeilich abgesichert werden müssen. Bei der
SVP ist es mal mehr, denn es gilt die Volksweisheit zu
berücksichtigen: "Wie man in den Wald hinein ruft, so tönt es
zurück".
In diesem Zusammenhang stellt sich unweigerlich die Frage, ob es
nötig ist, dass die forscheste Partei in der heissesten Phase des
Wahlkampfes auf dem symbolträchtigsten Platz eine
Grossveranstaltung durchführt. Eine gemütliche Jura-Wiese
hätte es doch auch getan.
Die Berner Stadtbehörden hätten die Bewilligung
verweigern können. Dass sie es nicht getan hat, spricht für
deren Demokratieverständnis. Zudem wird ihnen wenig daran gelegen
haben, zusätzliches Wasser auf die SVP-Mühlen zu lenken.
Somit ist noch der Kostenverteiler für den
Sicherheitsapparat zu klären. Bei vernünftigem Aufwand ist
dafür der Staat zuständig. Bei ausserordentlichen
Vorkommnissen halten wir es mit der SVP und plädieren für das
Verursacherprinzip: Hätte jeder Teilnehmer des Wahlanlasses eine
Hunderternote hingeblättert, wäre die Angelegenheit vom
Tisch. So aber muss sie uns im Hinblick auf künftige
Familientreffen weiter beschäftigen.
---
Südostschweiz
12.9.11
Eine Million Franken für Sicherheit der SVP
Bern. - 1000 Polizisten waren am Samstag in der Stadt Bern im
Einsatz, um 6000 Mitglieder und Sympathisanten der SVP zu
beschützen. Die Partei hatte zum "Familienfest" auf dem
Bundesplatz geladen. Gemäss einem Medienbericht muss die Stadt
Bern Sicherheitskosten in Höhe von einer Million Franken berappen.
Nicht-SVP-Politiker finden den Betrag zu hoch und verlangen, dass die
Veranstalter von politischen Anlässen in Zukunft selbst einen Teil
der Kosten übernehmen, wenn diese aus dem Ruder laufen. "Sobald
ein gewisses Kontingent ausgeschöpft ist, müsste die
jeweilige Partei selbst für die Sicherheitskosten aufkommen",
schlägt die Zürcher CVP-Nationalrätin Kathy Riklin vor.
(lhn) Bericht Seite 16
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Sicherheitskosten für SVP-Fest lassen Kritiker laut werden
Die Steuerzahler der Stadt Bern kostet das Polizeiaufgebot an der
SVP-Kundgebung vom Samstag eine Million Franken. Nun fordern Politiker
anderer Parteien, dass sich die Veranstalter ähnlicher
Anlässe künftig an den Kosten beteiligen sollen.
Von Lorenz Honegger
Bern. - Der Polizeieinsatz am Wahlkampfanlass der SVP vom Samstag
kostet die Stadt Bern laut einem Bericht der "NZZ am Sonntag" eine
Million Franken. 1000 Polizisten aus mehreren Kantonen mussten die 6000
Parteisympathisanten auf dem Bundesplatz beschützen, das macht
rund 165 Franken pro Teilnehmer. Die Behörden wollten eine
Wiederholung der von Linksextremen angezettelten Krawalle bei einem
ähnlichen SVP-Anlass vor vier Jahren verhindern. Koste es, was es
wolle. Das ist ihnen gelungen: Der Anlass verlief ruhig.
"Das darf nicht zur Regel werden"
Nach Bekanntwerden des Betrages werfen Politiker anderer Parteien
nun aber die Frage auf, ob die Sicherheitskosten denn auch
gerechtfertigt waren. "Eine Million Franken für einen SVP-Anlass
übersteigen das Mass, das darf nicht zur Regel werden", findet die
Zürcher CVP-Nationalrätin Kathy Riklin. Sie betont, dass es
genauso bedenklich wäre, "wenn eine linke Partei dem Steuerzahler
derart hohe Kosten verursachen würde".
Riklin schlägt vor, dass sich die Organisatoren politischer
Anlässe in Zukunft an den Sicherheitskosten beteiligen sollen,
wenn diese aus dem Ruder laufen - wie dies auch bei
Sportveranstaltungen gefordert wird. "Sobald ein gewisses Kontingent
ausgeschöpft ist, müsste die jeweilige Partei selbst für
die Sicherheitskosten aufkommen", erklärt Riklin.
BDP-Präsident Hans Grunder findet die Idee einer
Kostenbeteiligung gut, jedoch nur im Extremfall. "Wenn sich der
Sicherheitsaufwand im normalen Rahmen bewegt, ist es
selbstverständlich, dass die öffentliche Hand die Kosten
trägt." Eine Million Franken seien aber zu viel.
"Das wäre der Anfang vom Ende"
Leicht ungehalten wehrt sich der Berner SVP-Nationalrat Andreas
Aebi gegen Riklins Idee: "Fussballspiele gibt es jedes Wochenende, die
SVP hingegen führt vielleicht alle vier Jahre eine derartige
Veranstaltung durch - der Vergleich hinkt." Schützenhilfe
erhält er von SP-Nationalrätin Margret Kiener-Nellen. "Als
Juristin denke ich, dass die öffentliche Hand die Kosten zu tragen
hat. Die Rechtsgrundlage für eine Kostenbeteiligung fehlt
derzeit", sagt sie. Die SVP sei gut beraten, "polarisierende
Veranstaltungen" zu vermeiden.
SVP-Generalsekretär Martin Baltisser verteidigt den immensen
Aufwand für das Wahlkampffest seiner Partei: "Wenn man auf einen
solchen Anlass aus Sicherheitsgründen verzichtet, schafft man das
verfassungsmässige Recht auf Meinungsäusserungs- und
Versammlungsfreiheit ab. Das wäre der Anfang vom Ende unserer
Demokratie." Baltisser weist darauf hin, dass die SVP am Samstag auch
einen privaten Sicherheitsdienst auf eigene Kosten engagiert hatte. Man
sei der Stadt Bern aber dankbar dafür, dass sie den Anlass
ermöglicht habe.
Hinter dem grossen Polizeiaufgebot stand der Berner
Sicherheitsdirektor Reto Nause. Der CVP-Politiker betont, dass die
Stadt die Sicherheit von bewilligten Kundgebungen garantieren
müsse, und dies unabhängig von finanziellen Erwägungen.
"Ich kann es nachvollziehen, wenn sich Bürger über die hohen
Kosten aufregen. Es ist nicht an mir, das zu werten", sagt Nause. "Auch
ich finde den Stil der SVP mitunter fragwürdig, aber auch diese
Partei hat das Recht, eine Kundgebung abzuhalten." Die Berner
Stadtbehörden hätten die Kosten etwas einschränken
können, indem sie der SVP keine Erlaubnis für einen Umzug
durch die Stadt erteilten. Nause: "Noch mehr Aufwand hätten wir
nicht betreiben können."
Manche finden, der Polizeieinsatz sei zu weit gegangen. Die
Berner Jungsozialisten beispielsweise wettern in einer
Medienmitteilung: "Nicht irgendwelche obskuren Linken, sondern die
Berner Polizei ist ausser Rand und Band."
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Blick 12.9.11
SVP-Kundgebung
"Warum musste es in Bern sein?"
Die SVP-Kundgebung in Bern musste von 1000 Polizisten gesichert
werden. Die Leser stellen grundsätzliche Fragen.
Ein Hochrisiko-Fussballspiel in Bern wird mit etwa 600 Polizisten
gesichert, was Kosten von einer Viertelmillion Franken verursacht. Von
den Fussballklubs wird verlangt, diese Rechnung zu begleichen. Bei der
SVP-Veranstaltung sind es 1000 Polizisten und die SVP bezahlt keinen
Rappen. Da sieht man mal, wie diese Partei uns Steuerzahler
betrügt!
Urs Schmid, Zürich
Ob man die SVP mag oder nicht: Wir leben in einer Demokratie, und
da soll jeder seine Meinung sagen. Wer dies nicht akzeptiert, ist
schlimmer als die SVP.
Küsä Born, Bern
Ich wollte am Samstagmittag einkaufen gehen. Dann kam
plötzlich ein Polizist auf mich zu, der meinen Ausweis sehen
wollte. Als ich ihn fragte, wieso ich kontrolliert würde,
versäumte er es, mir Auskunft zu geben, sondern forderte in
aggressivem Ton meinen Ausweis. Als ich noch immer auf eine Antwort
pochte, drohte er, mich mitzunehmen, worauf ich meine Tasche
öffnete und meinen Ausweis herausholen wollte. Leider kam ich
nicht so weit, denn zwei oder drei Polizisten stürzten sich von
hinten auf mich, drückten mir den Arm auf den Rücken und
verdrehten mir den Daumen, sodass ich vor Schmerzen aufschrie. Der
Daumen ist noch immer stark geschwollen. Im Park and ride wurde ich in
Handschellen in eine Zelle gesteckt. Nach einer längeren Befragung
wurde ich wegen "Hinderung einer Amtshandlung" angezeigt und nach etwa
zwei Stunden freigelassen. Eigentlich wollte ich einkaufen gehen.
Gregor Schaller, Bern
Da will ein Linker mit einer 9-mm-Pistole auf den Platz des
SVP-Familienfestes und gewisse Leute wissen nichts Besseres, als die
SVP zu kritisieren. Hier wurde von der Polizei ein Attentat verhindert.
Herzlichen Dank für diesen tollen Einsatz!
Thomas Fuchs, Bern
Traurig, unsere Schweiz hat es weit gebracht. Wo ist unsere Rede-
und Meinungsfreiheit bloss geblieben?
Andre Bangerter, Lüsslingen SO
Es ist ein grosses Problem in unserer Schweiz, dass freie
Meinungsäusserung nur noch mit grosser Polizeipräsenz
möglich ist.
Guido Veraguth, Wattwil SG
Wieso so viel Polizei? Meistens, wenn die mit ihren
Kampfuniformen auftauchen, geht es doch erst richtig los. Ein
Familienfest mit einem solchen Aufgebot von Staatsmacht - sind wir
eigentlich in den USA?
Wilhelm Hess, Zürich
Danke dem Sicherheitschef von Bern, dass er dieses Jahr die Augen
und Ohren offen hatte! Roman Loser, Embrach ZH Es ist eine Schande,
dass sich eine Partei in der Schweiz so vor den rot-grünen
Schlägern schützen muss.
Josef Zelin, Zürich
Die Kosten soll ruhig die Stadt Bern bezahlen. Sie bezahlt sie ja
auch bei den Idioten in der Reithalle.
Martin Pauli, Zuchwil SO
Wieso sollte die SVP den Polizeieinsatz zahlen, wenn die Berner
ihre Reitschul-Terroristen nicht im Griff haben?
Peter Schmid, Obernau LU
Eigentlich hätte die SVP in einem Steinbruch feiern
können! Warum musste es in Bern sein? Um einmal mehr zu
provozieren? Damit man die Schuld andern geben kann?
Ruedi Gwerder, Gersau SZ
Ohne die lieben Chaoten gäbe es dieses SVP-Fest gar nicht.
Es wird ja nur veranstaltet in der Hoffnung, die SVP als armes Opfer
linker Gewalt im Fernsehen zu zeigen und so die eigenen Anhänger
zu mobilisieren, wie dies vor den Wahlen 2007 noch gelang.
Ruedi Lais, Wallisellen ZH
Dass die Steuerzahler das Polizeiaufgebot zahlen müssen,
finde ich eine Sauerei. Die SVP schmeisst im Wahlkampf auch mit Geld
rum, also könnte sie den Polizeieinsatz selber berappen.
Bruno Brunschwiler, Niederuzwil SG