MEDIENSPIEGEL
03. - 09. OKTOBER 2011
Sonntagszeitung 9.10.11
Hier kommen sie weiter
Weiterbildung ist ein grosser Kuchen - gespickt mit Rosinen
Marius Leutenegger
(...)
9 Sportliches Milieu
Einst war das Tanzen an der Stange eine verruchte Sache für
gefallene Damen - heute ist es eine ernsthafte Sportart auch für
Töchter aus gutem Haus. "Besondere Merkmale dabei sind die
an der Stange praktizierten Figuren, die in der Regel nicht
alltäglich wirken", liest man bei Wikipedia - und
erfährt auch gleich, welche Gefahren von dieser
Freizeitbeschäftigung ausgehen: "Als Kraft beanspruchende
Sportart ist mit Schweissbildung zu rechnen, welche die
Reibungsverhältnisse entscheidend verändern kann." Gut
also, kann man den Umgang mit Stange und Reibungsverhältnissen von
der Pike auf erlernen - an der Dojo-Reitschule in Bern. Auch
Männer dürfen mittun.
http://www.poledance.ch
(...)
---
Bund 8.10.11
Babuschka ist kontaminiert
Das Theater Luzern inszeniert im Tojo ein Stück über
den Gau in Tschernobyl: auch ohne Fukushima-Kontext eine ebenso
intelligente wie sensible Angelegenheit.
Lena Rittmeyer
Vor fast einem Jahr entstand "Störfall - Nahaufnahme
Tschernobyl". Ohne dass die Werkstatt für Theater Luzern ihrem
Stück in Anbetracht der Ereignisse in Fukushima den
Gegenwartsstempel aufdrücken musste, besitzt es heute erst recht
brisante Aktualität.
Ein Tagesschausignet ertönt, zwei Fernsehsprecher (Judith
Koch, Michael Wolf) lesen die Nachricht über den Nuklearunfall im
ukrainischen Tschernobyl vor - mit wohlbekannter professioneller
Betroffenheit. Die Schwarzweissfotos von anno 1986, die per Handkamera
auf eine Leinwand projiziert und mit dem O-Ton von überforderten
Rettungsmannschaften unterlegt werden, erinnern ebenso an die mediale
Berichterstattung über den japanischen Super-GAU im März 2011.
Hier gelingt es der Theatergruppe aus Luzern, mit raffinierten
Mitteln eine Art Katastrophen-Filmsprache nachzuahmen. Indem sie die
Videoaufnahmen und Tonsynchronisationen gleichzeitig und für das
Publikum sichtbar machen, zeigen sie nicht nur eine Reportage über
ein Katastrophengebiet, sondern stellen sie zugleich die sich
häufig ähnelnden Medienberichte als solches aus.
Da flüstert es verschwörerisch
Und dann sind da plötzlich die vielen Opfer mit dem
"Tschernobyl-Krebs", das tausendfach fleischgewordene schlechte
Gewissen. Behutsam heben die beiden Fernsehleute mit einer Zange eine
winzige Babuschka-Puppe auf. Die gute Frau ist aber hochgradig
verstrahlt, weshalb sie schnurstracks so oft in eine grössere
Hülle ihrer selbst gesteckt wird, bis man sie mit einer
überdimensionalen Vorrichtung ganz verschwinden lässt.
Aber nicht nur Stimmen aus Fernsehen und Presse werden laut,
sondern auch diejenigen mit etwas abenteuerlicheren Einschätzungen
der Situation. Tschernobyl sei ein kosmisches Experiment am Menschen
gewesen, flüstert es verschwörerisch unter dem Tisch hervor.
Es seien Kinder von betroffenen Müttern gefunden worden, die kein
Blut im Körper hatten, sondern eine gelbe Flüssigkeit.
Auch hier lässt die Gruppe um Regisseur Livio Andreina keine
Schreckensbilder sprechen, sondern bleibt stets kommentierend in der
Darstellung. "Störfall" behandelt ein heiss diskutiertes
Politthema, ohne selber politisch sein zu wollen. Statt wiederholt auf
die Ungeheuerlichkeit des Ereignisses hinzuweisen, reflektieren die
beiden Darsteller auch Vorgänge des Umgangs mit einer solchen
Katastrophe.
Es dröhnt die Apokalypse
Während das Stück fast durchgehend von befremdlichen
Geräuschen und apokalyptischem Dröhnen unterlegt ist, wird es
auf einmal still: Eine junge Frau tritt an die Rampe und erzählt -
ohne jegliche multimedialen Hilfsmittel - die Geschichte ihres
Freundes, der aus Tschernobyl zurückkehrt und während eines
Jahres vor ihren Augen einen schmerzvollen Tod stirbt.
Vieles wird in "Störfall" kunstvoll hochstilisiert, um es in
eine bühnenadäquate Form zu bringen. Den Höhepunkt
bildet das vom sensationellen Vokalartisten Bruno Amstad mit
düster-schwelenden Beats unterlegte Kunstvideo (Florian Olloz). Im
Nebeneinander verschiedener Formen beweist die Gruppe ein Händchen
für die angebrachte Wahl der Mittel, was ihr Stück zu einer
intelligenten und sensiblen Beleuchtung der Nuklearkatastrophe von
Tschernobyl macht.
Weitere Vorstellung: heute, 8. Oktober, 20.30 Uhr im Tojo
Theater, Reitschule.
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BZ 8.10.11
Die Katastrophe tickt auf der Bühne weiter
Tojo-Theater · Wie lebt man mit einer Katastrophe, die die
menschliche Vorstellung übersteigt? Das Stück "Störfall"
verwebt Stimmen und Stimmungen von Tschernobyl zu einer dichten Bild-
und Klangcollage. Und gibt damit einer dringenden Frage Gestalt.
Man riecht sie nicht, und man kann sie nicht sehen: Radioaktive
Strahlung ist eine abstrakte Grösse. Heute weiss man, der Direktor
von Tschernobyl wollte die hochgeschnellten Strahlenwerte nicht
wahrhaben, er schob sie einem Defekt der Messgeräte zu. 36 Stunden
dauerte es, bis Leute evakuiert wurden. Und noch vier Tage später
gingen die Leute bei Tschernobyl auf die Strasse und feierten den Tag
der Arbeit am 1. Mai. Doch das ist der geschichtliche Hintergrund des
Super-GAUs in der Nacht auf den 26. April 1986. Diesen blendet das
Stück "Störfall" der Werkstatt für Theater Luzern aus.
Stattdessen nimmt es die Menschen in den Blick. Wie gehen sie um mit
der Katastrophe, die das menschliche Vorstellungsvermögen in
gigantischem Mass übersteigt? "Störfall" feierte im Herbst
2010 in Luzern Premiere, nun ist es im Tojo in Bern zu sehen.
Klangwelten und Videobilder
Ein ohrenbetäubendes Knattern erfüllt den Theaterraum
in der Reithalle. Man glaubt, den Helikopterwind zu spüren, der
Boden bebt. Der Lärm hat seinen Ursprung in der Technik, die der
Stimm- und Klangtüftler Bruno Amstad am Tisch auf der Bühne
orchestriert. Florian Olloz, am Computer neben ihm, steht auf. Das
Kameraauge in seiner Hand lässt er über schwarzweisse
Archivbilder des havarierten Reaktors kreisen, als Video erscheinen sie
auf einer Leinwand. Mit überschlagender Stimme diktieren dazu die
Schauspieler Judith Koch und Michael Wolf die Lösung, die keine
ist: eine tolerierbare Strahlendosis, 40 Sekunden Einsatz, ein, zwei
Schaufeln voll Sand und mehrere Hunderttausend Mann als Liquidatoren.
Damit soll die gefährliche Strahlung eingedämmt werden. Doch
unter dem Sand und in den Köpfen und Körpern der Leute
darüber tickt die Katastrophe weiter. In dramaturgisch geschicktem
Wechsel nehmen bald Amstads bedrohliche Klangwelten und flimmernde
Videobilder die Hauptrolle im Stück ein, bald mischen sich Technik
und Theater. Und manchmal gehört die Bühne ganz dem
filigranen Kammerspiel (Konzept und Regie: Livio Andreina).
"Störfall" ist in Form und Inhalt eine vielstimmige Collage.
Spezialisten geben Empfehlungen ab, die von der Realität
unweigerlich überholt werden, Ingenieure stottern sich in
Erklärungsnotstände hinein, Medienkommentare laufen ins
Leere. Und die Leute in ihrem kleinen Alltag versuchen sich irgendwie
mit dem gespenstisch Unfassbaren einzurichten. Damals, vor 25 Jahren,
und heute noch, lange danach. Ein altes Paar zum Beispiel, das unweit
der Reaktorruine den offiziellen Warnungen und Verboten sein kleines
Paradies abtrotzt, wo die Natur wuchert und wo es Wildschweine, Pilze
und Holz im Überfluss gibt. Hinter Bildern, Ton und Textfragmenten
bleibt eine Leerstelle zurück. Sie ist die grosse Unbekannte, das
Mass, das das vermeintlich kalkulierbare Risiko übersteigt. Und je
dichter die Inszenierung sich präsentiert, desto dringlicher
stellt sich die heute mehr denn je virulente Frage, wie sich die
Menschheit so in die Ohnmacht hineinmanövrieren kann.
Anne-Sophie Scholl
"Störfall. Nahaufnahme: Tschernobyl": Vorstellung heute
Samstag, 20.30 Uhr, Tojo-Theater, Reitschule Bern.
www.tojo.ch
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BZ 6.10.11
Polizisten am Pranger
Handy-Videos · Immer häufiger werden
Polizeieinsätze von Passanten mit Handys gefilmt. Einige Bilder
erscheinen später auf einschlägigen Internetseiten mit
Angaben von Namen und sogar Wohnort der Polizisten. "Dies kommt einem
Pranger gleich und kann für die betroffenen Mitarbeitenden
gefährlich sein", sagt Polizeisprecherin Corinne Müller.
Manchmal wehrt sich die Polizei dagegen. "Wird die Polizei in
ihrer Arbeit gehindert oder werden Persönlichkeitsrechte verletzt,
sind Eingriffe gegen Filmende möglich", sagt Müller.
Doch auch die Gesetzeshüter haben Kameras mit dabei. An
Demonstrationen und an Sportveranstaltungen filmen Beamte in
Zivilkleidung. Allerdings verzichtet die Polizei auch in Zukunft
darauf, alltägliche Einsätze zu filmen. "Das wäre
übertrieben", sagt Polizeisprecherin Corinne Müller.tobSeite
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-
Kameras an Polizeieinsätzen - wie reagieren die
Behörden?
"Es wäre übertrieben, jeden Polizeieinsatz zu filmen"
Im Zeitalter von Handys mit integrierter Kamera werden Polizisten
im Einsatz immer öfters durch Passanten gefilmt.
"Damit müssen wir umgehen können", sagt
Polizeisprecherin Corinne Müller. Auch die Polizei hat Kameras im
Arsenal. Diese kommen an Demonstrationen und Sportanlässen zum
Einsatz.
Letzte Woche haben Aktivisten aus der Berner Reitschule
Amateuraufnahmen von einem Polizeieinsatz veröffentlicht. Sie
stiessen damit in den Medien auf grosses Echo (wir berichteten). Die
Aufnahmen von einer Verhaftung durch mehrere Drogenfahnder im Hof der
Reithalle stammten vom Mobiltelefon eines Besuchers. Die Polizei
kritisierte das Vorgehen der Reitschüler. Die Filmsequenz zeige
nur einen kleinen Teil des Einsatzes. Die entscheidenden Szenen, welche
die Reitschule-Betreiber belasten würden, seien nicht zu sehen.
Auch eine Woche später betont Polizeisprecherin Corinne
Müller auf Anfrage dieser Zeitung: "Für nicht involvierte
Passanten, welche die Vorgeschichte einer Verhaftung nicht kennen, kann
manchmal der Eindruck entstehen, die Festnahme sei ungerecht oder
unverhältnismässig." Im Handyzeitalter filmen immer
öfters Augenzeugen Einsätze der Polizei. "Damit müssen
wir umgehen können", sagt Müller. Polizistinnen und
Polizisten seien es sich gewohnt, bei ihrer Arbeit im Fokus zu stehen.
"Das Thema Filmaufnahmen wird in der Ausbildung thematisiert." Für
den Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) sind Passanten mit
Handykameras einerseits eine zusätzliche Herausforderung für
die Einsatzkräfte. "Andererseits bringen solche Aufnahmen mehr
Transparenz", sagt Nause. "Allerdings zeigen Bilder immer nur einen
Teil der Wahrheit."
Bilder nach 30 Tagen gelöscht
Die Polizei hat ebenfalls Kameras im Arsenal. "Gerade bei
Massenveranstaltungen wie Sportanlässe und Demonstrationen
können Bild- und Videoaufnahmen die Beweissicherung optimieren und
dazu beitragen, Straftäter zu identifizieren", sagt
Polizeisprecherin Corinne Müller. Rund um YB-Spiele im Stade de
Suisse und an Demonstrationen in der Stadt sind Polizisten in Zivil mit
Videokameras unterwegs (siehe Bild links). "Aufnahmen, die nicht
verwertbar sind und keinen weiteren Verwendungszweck haben, werden nach
dreissig Tagen gelöscht", sagt Corinne Müller. Für
Aufnahmen, die zu Strafverfolgungszwecken weiterverwendet würden,
gelte die Verjährungsfrist der jeweiligen Widerhandlung.
Solche Aufnahmen fehlen der Polizei vom kritisieren Einsatz in
der Reitschule. Obschon eigene Bilder allenfalls die Polizei entlasten
könnten, will sie auch in Zukunft darauf verzichten, jeden Einsatz
aufzuzeichnen. "Nur selten kann eine solche Situation vorausgesehen
werden. Nun jede polizeiliche Intervention aufzunehmen, halten wir
für übertrieben", sagt die Polizeisprecherin.
"Gefährlich für Polizisten"
Weit gravierender für die Gesetzeshüter sei es, wenn
Bilder auf einschlägigen Internetseiten veröffentlicht
würden. "Mit Sorge beobachtet die Kantonspolizei Bern die
Entwicklung, dass zunehmend Bilder von Polizeiangehörigen im
Internet publiziert werden", sagt Corinne Müller. "Dies kommt
einem Pranger gleich und kann für die betroffenen Mitarbeitenden
gefährlich sein." Manchmal wehrt sich die Polizei dagegen. Auf
Internetforen und in Blogs berichten Augenzeugen, sie seien durch
Beamte am Filmen von Polizeieinsätzen gehindert worden. Dazu sagt
Polizeisprecherin Müller: "Wird die Polizei in ihrer Arbeit
gehindert oder werden Persönlichkeitsrechte verletzt, sind
Eingriffe gegen Filmende möglich." Sicherheitsdirektor Reto Nause
fügt an: Er habe Verständnis dafür, wenn Polizisten
versuchten, Passanten am Filmen zu hindern. Auch Menschen, die im
Auftrag des Staates ihren Job machen, hätten ein Recht aufs eigene
Bild, sagt er. "Die Polizisten sind erkennbar und meistens
angeschrieben. Auf der Gegenseite stehen aber oft vermummte
Personen." Tobias Habegger
-
Anwalt fordert
Kameras auf Polizeiposten
Verhaftete Personen berichten immer wieder von Übergriffen
auf dem Polizeiposten. Fürsprecher Daniel Weber fordert
Überwachungskameras.
Im Juli 2007 sagte ein Berner Jugendlicher vor Gericht aus, er
sei von einem Polizisten auf dem Polizeiposten geschlagen worden. Der
54-jährige Fürsprecher Daniel Weber hat den Teenager
vertreten. "Seit ich als Anwalt praktiziere, fordere ich
Überwachungskameras auf Polizeiposten", sagt Daniel Weber auf
Anfrage. "Überall, wo Menschen Macht ausüben, besteht das
Risiko, dass diese Macht missbraucht wird. Lediglich wer an den Storch
glaubt, sagt, das komme nur im Ausland vor." Auch der Stadtberner
Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) findet: "Die Idee sollte man
unvoreingenommen prüfen." "Wenn die Polizei damit einverstanden
wäre, gäbe es längst Überwachungskameras auf den
Posten", sagt Fürsprecher Daniel Weber. Die Polizei habe die
Vorteile solcher Kameras offenbar noch nicht erkannt. "Videokameras
hätten unbestritten den Vorteil, dass ungerechtfertigte
Anschuldigungen gegen Polizisten und Polizistinnen aus dem Weg
geräumt werden könnten", sagt Polizeisprecherin Corinne
Müller. Doch Persönlichkeitschutzgründe sprächen
gegen Überwachungskameras auf dem Polizeiposten. Markus Meyer,
Präsident des kantonalbernischen Polizistenverbandes, stellt die
Kostenfrage: "Es gibt mehr als 60 Polizeiwachen im Kanton Bern. Die
meisten davon haben mehrere Befragungsräume." Der Aufwand, all
diese Räume mit Kameras auszurüsten, wäre
unverhältnismässig hoch, sagt Meyer.tob
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20 Minuten 6.10.11
Unbekannte outen Zivilfahnder im Netz
BERN. Während die Polizei im Internet immer wieder nach
Hooligans sucht, drehen Unbekannte jetzt den Spiess um: Sie stellen
Zivilfahnder an den Online-Pranger.
"Damit alle wissen, wie diese Cops aussehen", schreibt ein
Indymedia-User. Ende September lud er insgesamt sechs Bilder von klar
identifizierbaren Zivilfahndern auf die Plattform Indymedia.ch. Die
betreffenden Polizisten macht er dabei zur Zielscheibe und fordert:
"Haut jedem Bullenschwein eine rein!" Auch Bilder vom umstrittenen
Reitschul-Einsatz von Kapo-Fahndern sind online auffindbar.
Die Berner Kantonspolizei bestätigt: Immer häufiger und
auf verschiedensten Plattformen tauchen solche Fotos und Gewaltaufrufe
gegen Beamte in Zivil auf. "Wir beobachten die Situation mit grosser
Besorgnis", so Polizeisprecher Michael Fichter. Immer öfter
zückten Zeugen bei Einsätzen qualitativ gute Handy-Cams.
"Sobald auf veröffentlichten Bilder Fahnder klar erkennbar sind,
erschwert das die verdeckte Polizeiarbeit", so Fichter.
Für die Beamten ist das auch persönlich problematisch:
"Gerade für Mitarbeiter mit Familien ist das ein echtes Problem.
Die leiden unter solchen Vorfällen", verrät ein Berner
Ex-Fahnder. Und die Gefahr ist real, wie Markus Meyer vom kantonalen
Polizeibeamten-Verband weiss: "Es gibt zunehmend Kreise, die sich
bewusst Polizisten als Feinde aussuchen." Im schlimmsten Fall verzichte
man in konkreten Fällen auf den Einsatz von so exponierten
Polizisten, so Fichter.
Pedro Codes
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Bund 6.10.11
2econd Class Citizen.
So schwerblütig, so abstrakt und so entzückend
dramatisch hat vor ihm noch keiner den zeitgenössischen Folk mit
dem Hip-Hop verschränkt: Nun kommt der britische Soundtüftler
2econd Class Citizen nach Bern. Begleitet wird er von niemand
Geringerem als Ninja-Tune-Eklektiker Ghislain Poirier. (len)
Rössli
in der Reitschule Donnerstag, 6. Oktober, 21 Uhr.
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Bund 6.10.11
Baby Woodrose
Und jetzt wirds psychedelisch
Sicher, früher war nicht alles besser, aber die Musik schon.
Wer dazu noch einen Beweis braucht: zum Beispiel Baby Woodrose. Dieses
dänische Trio rund um Häuptling Lorenzo Woodrose
interpretiert eine hinreissende, total ungegenwärtige Melange aus
Psychedelic-Rock, Beat und Sixties-Folk. Mal naiv und schmeichelnd, mal
grotesk und verstörend, aber immer - und ganz wichtig - schön
verdrogt . (len)
Dachstock Freitag, 7. Oktober, 22 Uhr.
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WoZ 6.10.11
Digitales 2
Beim Surfen im World Wide Web hinterlassen wir verschiedenste
Spuren. Mithilfe von Cookies und anderen Identifikationsmerkmalen
lassen sich diese über Wochen und Monate miteinander
verknüpfen und zu Rückschlüssen auf unsere Person, die
Vorlieben, Gewohnheiten und den Standort verarbeiten. "Grundrechte.ch"
und die Swiss Privacy Foundation laden ein zu "Workshops zur digitalen
Selbstverteidigung". Beim nächsten geht es um spurenarmes Surfen.
Wer den eigenen Computer mitbringt, kann die Umsetzung gleich vor Ort
proben.
Bern Infoladen der Reitschule, Neubrückstrasse 8, Mi, 12.
Oktober, 19 Uhr. Anmeldung erwünscht, aber nicht erforderlich bei
office@privacyfoundation.ch. Falls viele Anmeldungen eingehen, wird
eine andere Räumlichkeit benutzt. Info dazu:
www.privacyfoundation. (Ende Oktober wird es um anonymes Surfen gehen.)
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WoZ 6.10.11
Störfall
"Eines Tages, über den ich in der Gegenwartsform nicht
schreiben kann, werden die Kirschbäume aufgeblüht gewesen
sein. Ich werde vermieden haben, zu denken: ‹explodiert› …" So beginnt
der Roman "Störfall" von Christa Wolf über jenen Tag im April
1986, an dem etwas mit den Menschen geschehen ist.
2009 hat sich die Werkstatt für Theater aufgemacht, eine
Metapher zu suchen für die Illusion des Menschen, mit Technologie
die Welt beherrschen zu können. Entstanden ist ein Stück, das
denselben Titel trägt wie Wolfs Roman und um dasselbe Thema
kreist: Tschernobyl. Im Dezember 2010 hatte "Störfall" in Luzern
Premiere. Drei Monate später ist das Unvorstellbare wieder
geschehen: Fukushima.
Jetzt nimmt die Werkstatt für Theater ihr Stück im
Tojo-Theater in der Reitschule Bern wieder auf. In der szenischen
Abfolge von Nahaufnahmen geht es um die Empfindungen von Menschen, die
damals dem Ereignis direkt ausgesetzt waren - Menschen,
die an etwas Unbekanntes, vielleicht Unsagbares gerührt haben und
die doch Worte dafür suchen.
"Nichts hat sich seit Tschernobyl geändert", schreibt das
Ensemble unter der Regie von Livio Andreina. "Die Bildfolgen und Texte
in diesem Stück sind aktueller denn je. Es wurde keine Zeile
verändert … Gestern Tschernobyl - heute Fukushima -
morgen Mühleberg?" mei
"Störfall" in: Bern Tojo Theater, Reitschule, Mi, 5., bis
Sa, 8. Oktober, 20.30 Uhr. www.tojo.ch
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kulturagenda.be 6.10.11
Theater im Strudel der Zeit
Das Stück "Störfall. Nahaufnahme Tschernobyl" des
Werkstatt-Theaters hat eine bewegte Geschichte. Das Tojo zeigt die
stille Mahnung, die von der Realität grausige Unterstützung
erhielt.
"Ich habe eine Metapher für die Omnipotenz gesucht", sagt
Regisseur Livio Andreina. "Mich beschäftigt schon lange, dass der
Mensch mit Technologien arbeitet, die er nicht überblickt." Die
Omnipotenz ist eine Allmachtsfantasie. Dem Wort haftet etwas
Krankhaftes an, das kaum jemand mit sich selbst in Verbindung bringen
würde. Doch wir beziehen alle täglich Atomstrom aus der
Steckdose, obwohl der "Abfall Halbwertszeiten von bis zu 300 000 Jahren
hat", wie Andreina ausführt.
Der Luzerner gründete zusammen mit seiner Frau Anna Maria das
Werkstatt- Theater 1989 als Verein. Neben der Arbeit mit Laiengruppen
lässt sich die Werkstatt auch Stücke von Schweizer Autoren
schreiben wie etwa von Lukas Bärfuss. Für den "Störfall"
machte sich Andreina jedoch selbst an die Arbeit. Das Thema Tschernobyl
war, 23 Jahre nach dem Reaktorunglück, so gut wie vergessen, als
er vor zwei Jahren mit den Recherchen begann. "Es gab ein
Computerspiel", erinnert er sich an eine Geschmacklosigkeit, "bei
welchem man Mutanten abschiessen konnte, und es gab ‹all inclusive›-
Abenteuerreisen. Bei denen wurde man mit einem Dosimeter im Sack
möglichst nah an die strahlende Quelle geshuttelt. Zum Glück
wurde nach Fukushima alles wieder zurückgezogen." Überhaupt
schienen die Ereignisse in Japan, die erst nach der Premiere in Luzern
stattfanden, das ganze Stück in Frage zu stellen. Andreina setzte
sich deshalb hin und unterzog den Text einer kritischen Prüfung.
Tödliche Idylle
"Wir haben am Schluss aber keine einzige Zeile geändert", sagt er
heute und klingt dabei alles andere als froh. "25 Jahre nach
Tschernobyl haben sich die Ereignisse wiederholt: dieselben ratlosen
Rettungsmassnahmen, eine ähnliche Bilderflut, ein ähnlicher
Ablauf von Medienmitteilungen und Verharmlosungen. " Doch gerade der
Bilderflut misstraut Andreina zutiefst. Die tödliche Strahlung
lässt sich nur in Metaphern bannen. In Tschernobyl wachsen derzeit
die grössten Äpfel und Pilze, an die man sich erinnern kann.
Und die Bilder in den Medien seien "zu geil. Die strömen in die
Stube. Man ist vermeintlich nah dran und trotzdem weit weg."
Schrecken nur von kurzer Dauer?
Um die Katastrophe, "für die uns sogar das Vokabular fehlt",
dennoch auf die Bühne zu bringen, arbeitete Andreina mit Formen
der Theaterrecherche. In einer Abfolge von Szenen macht er
Einzelschicksale nach Tschernobyl sichtbar, die in den Medien keine
Resonanz gefunden haben. "Es gibt beispielsweise eine Frau, die ihren
Mann verlor. Er hat sich vor ihren Augen aufgelöst." Während
der Vorbereitungen zum Gastspiel von "Störfall" in Bern stimmte
nach dem National- auch der Ständerat für den Ausstieg aus
der Kernenergie. "Es gibt in England und China eine neue Generation von
Reaktoren, die jetzt angeblich sicher seien", bleibt Andreina
skeptisch. "Über die Entscheidungen in der Schweiz bin ich sehr
froh und überrascht. Offenbar hat Fukushima doch etwas bewegt."
Bleibt zu hoffen, dass die Mahnung diesmal länger hält als 25
Jahre.
Silvano Cerutti
\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
\ \ \ \ \ \ \
Tojo Theater, Bern
Mi., 5., bis Sa., 8.10., 20.30 Uhr
www.tojo.ch
---
kulturagenda.be 6.10.11
Marcus Intalex bringt Drum'n'Bass in den Dachstock
In den 90er-Jahren war Drum'n'Bass noch dunkel und aggressiv. Das
passte den DJs Marcus Intalex (Bild) und St. Files nicht ganz. Sie
hellten die dumpfen Klänge mit Soul auf und gründeten das
neue Label Soul:r. An der Labelnight Soul:ution im Dachstock lässt
Marcus Intalex persönlich die beseelten Bässe erklingen.
Dachstock Reitschule, Bern. Sa., 8.10., 23 Uhr
---
bernerzeitung.ch
5.10.11
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Gratis-Liebe-zu-vergeben/story/18026798
Gratis Liebe zu vergeben
"Liebi - nimm so viel wie de bruchsch" steht auf
einem Plakat, welches
bei der
Reitschule in Bern angebracht worden ist. Die Betreiber der Reitschule
kennen die Urheber nicht. Sie haben aber eine Theorie darüber, was
die
Aktion bezwecken soll.
Das Plakat bei der Reitschule in Bern scheint nicht nur
Leserreporter Hans-Peter Durand aufgefallen zu sein: Einige der Zettel
sind bereits abgerissen worden.
"Vermutlich
handelt es sich um eine Aktion einer bisher unbekannten
Kommunikationsguerilla die ein bisschen subversive Heiterkeit in den
von Konsumismus und käuflicher Liebe (Werbung) geprägten
Alltag bringen
will", glaubt die Mediengruppe der Reitschule. Echte
zwischenmenschliche Zuneigung sei auch im hochtechnisierten 21.
Jahrhundert nicht käuflich - aber dafür mit simplen Methoden
wie der
vorliegenden einen Moment lang für alle zugänglich. (mau)
---
BZ 4.10.11
FDP stellt Fragen zur Reitschule
Stadtrat · Die FDP-Fraktion reagiert auf verschiedene
Attacken aus der Reitschule gegenüber der Polizei. Vor der Debatte
über den Leistungsvertrag fordern die Freisinnigen Zahlen zu den
Übergriffen.
Nach den Herbstferien debattiert der Berner Stadtrat über
den Leistungsvertrag mit den Reitschule-Betreibern. Dieser Vertrag
sieht vor, dass die Stadt das Kulturzentrum zwischen 2012 und 2015 mit
jährlich 380 000 Franken subventioniert. Im vergangenen
Frühling hatte das Stadtparlament den Leistungsvertrag
zurückgewiesen, weil die Fragen zur Sicherheit nicht genügend
geregelt worden seien. Nach mehreren Vorfällen rund um die
Reitschule in den letzten Monaten fordert die FDP-Fraktion: "Bevor der
Stadtrat zur Erneuerung des Leistungsvertrages Stellung nehmen kann,
muss er in Kenntnis der entsprechenden Fakten sein." Mittels
Interpellation fordern die Freisinnigen genaue Zahlen über die
Vorfälle. Vor allem wollen sie wissen, ob die Angriffe gegen
Polizeibeamte seit der Reitschule-Abstimmung im Herbst 2010 zugenommen
haben.
Tobias Habegger
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20 Minuten 4.10.11
Kapo-Einsatz entrüstet Politiker
BERN. Um die Teilnehmer der SVP-Kundgebung auf dem Bundesplatz zu
schützen, hat die Stadt Bern einen enormen Aufwand betrieben. Auf
rund 4000 Teilnehmer kamen laut Schätzungen etwa 1000 Polizisten.
Dies hat nun Konsequenzen: Mehrere linke Politiker verurteilen in
Vorstössen den Polizeieinsatz vom 10. September. Besonders, dass
mehrere Personen - offenbar nur aufgrund ihres Äusseren - ein
Rayonverbot für die Innenstadt erhielten, sorgt für
Empörung. Dem Grünen Bündnis und der Jungen Alternativen
sei zudem bekannt, dass sogar Chauffeure von Bernmobil für das
Sicherheitskonzept eingesetzt worden seien. Diese hätten die
Passagiere aufgefordert, "Personen, die aus der Reitschule kommen," zu
melden. Nebst der geforderten Aufarbeitung des Einsatzes wollen die
Stadträte wissen, was der Einsatz mit Polizisten aus verschiedenen
Kantonen gekostet hat. NJ
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kulturstattbern.derbund.ch 3.10.11
Kulturbeutel 40/11
Von Benedikt Sartorius am Montag,
den 3. Oktober 2011, um 05:27 Uhr
(...)