MEDIENSPIEGEL 19. - 25. DEZEMBER 2011

BZ 24.12.11

BernBabyBurn

Crazy Familien

Sarah Pfäffli

O du Weihnachten! Heute findet wieder der urbane Exodus statt; alle in die Stadt migrierten Landeier fahren aufs Dorf, der Bahnhof wird voll sein von Leuten mit feierlichen Mienen und Taschen, aus denen Geschenke quellen. Inklusive mir, ich bin Weihnachtsfan, ich liebe das. Wie meine Familie Berge von Essen auftischt, jeder bringt was mit, bei Gekauftem wird diskret die Nase gerümpft, und ab und zu wird jemand ironisch sagen: Jetzt haben wir wieder zu wenig zu essen! Oder: Nächstes Jahr suche ich mir eine Familie, in der es genug zu essen gibt!, und nie verleidet uns der Witz. Irgendwann werden wir Spiele spielen, ich werde verlieren und wütend werden, wie schon immer, und meine Schwestern werden sagen: Das ist, weil du nie im Kindergarten warst. Später werden wir etwas singen, so halb motiviert, weil irgendwer darauf besteht. Und am Abend spät werde ich mit meinen Gspänli vor der Reitschule anstehen und hoffen, dass wir noch reinkommen, und meine Gspänli werden Anekdoten von ihren eigenen crazy Familien erzählen; das war schon immer eine wohltuende Erkenntnis, dass keine Sippe perfekt ist. Familie halt. Weihnachten halt. Ich hoffe bloss, es gibt genug zu essen. Und nicht wieder zu wenig Päckli.

Sarah Pfäffli (29, bernbabyburn@gmail.com) und Fabian Sommer schreiben hier abwechslungsweise, wos in ihrer Stadt echt brennt. Sie aus Bern, er aus Biel.

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Bund 24.12.11

Adventsgedicht

Würdig verewigt

Seit Stunden schon stehen drei Könige vor der Reitschule sorgsam verschlossenem Tor In schweren Säcken tragen sie mit Gold, Weihrauch und Granit

Wem in der Stadt schenken sie was? YB ein Spielfeld mit echtem Gras Dann können Schäfchen drauf weiden Die können sie schwarz-gelb bekleiden

Tschäppät meldet sich als Hirte mit Stab Bringt er damit wohl die Kicker auf Trab? Bang wartet er nun auf Chlausens Besuch denn mutig plant er den kühnen Versuch

Den Esel zu tauschen gegen zwei Bären Diesen ein Bad in der Aare gewähren Fast pleite dran ging die Stadt Bern Doch Bären die baden halt gern

Dies ganze Debakel lasst uns vergessen Den wartenden Königen werden indessen die Säcke durchsucht von der Polizei Granit vor der Reitschule? Ei, ei, ei!

Das wird Herrn Nause nicht behagen Vor- oder Nachsicht, er muss etwas wagen Eine Beschwerde oder neuer Pferdestall Da plötzlich: Schwefeldampf und Knall!

Polit-Fuchs? YB-Pyromanen? Gar manchem wird jetzt Böses schwanen! Die Feuerwehr ist schnell vor Ort die bösen Buben längstens fort

Freut das nun die Linken? Ja, sie tun uns freudig winken: Bringt die Säcke ins Bundeshaus! Und lasst vorerst mal s Gold heraus

Ein Paar Schritte nur zu Hildebrand Da braucht er freilich viel Verstand So nah am Ziele Bethlehem Für die Könige ist dies angenehm

In ihren Säcken nur noch Rauch Füllt keinen hungerigen Bauch Essen und Trinken muss nun her Cüpli, Lachs, Kaviar gefällt heut sehr

Wie wärs mit Käs und Fladenbrot?

Maria, schon in Wehennot

Asyl sucht für die Niederkunft

Geburt im Reitstall? Schmiedenzunft?

Polit-Fuchs riecht den Weihnachtsbraten

Tschäppäts würden gerne Paten

verewigt nun auf einem Fresco

in Bern, Welterbe der Unseco!

Die Adventsgedichts-Jury verbeugt sich in Anerkennung vor Heinrich Späti aus Hasle-Rüegsau. Schon die Zeilen des Vortags stammten von ihm, was in der Jury zu einer glühweinheissen Debatte darüber führte, ob man ihn aus verfahrenstechnischen Gründen auszuschliessen habe. Die bildliche Verewigung der "Bund"-Weihnachtsgeschichte hat es ihr dann aber doch zu fest angetan. Sagen wir es so: Hätten uns diese Zeilen beim Kauen des Weihnachtsmahls erreicht, wir hätten uns mindestens Verschluckungen dritten Grades zugezogen.

Knapp musste sich Erika Daum aus Zollikofen geschlagen geben. Sie hat uns neben einer heiligen auch eine "Unheiligabend-Version" geschickt: "Doch der Herbergsväter Zunft / lässt nur verheiratete Paare ein / Doch der Schrecken ist eher klein / Josef bezeugt nämlich: "Unzweifelhaft / handelt es sich um Scheinschwangerschaft!" Hoppla.Die Jury dankt allen Dichtern, welche dem Werk in guten wie in schlechten Zeilen die Treue hielten. Sie durfte täglich aus einer zweistelligen Zahl von Einsendungen wählen. Rohe Reimprachten! Wir meinten: Frohe Weihnachten!

Machen Sie sich einen Reim!

advent.derbund.ch


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Bund 23.12.11

Auf der Gasse. Wie geht es in der Weihnachtszeit jenen, die kein trautes Zuhause haben? Wir waren mit Gassenarbeitern unterwegs und haben mit den Menschen auf der Strasse gesprochen.

"Da kommt halt alles wieder hoch"

Timo Kollbrunner

Es ist bitterkalt an diesem Abend. Vor der Reitschule haben sich zwei Männer unter Decken verkrochen. Peter schläft seit Monaten draussen. Isa Calvo und Ruedi Löffel von der kirchlichen Gassenarbeit fragen ihn, wie es ihm geht. Gut gehe es ihm, sagt er. Neben ihm hat sich Victor eingerichtet. Vor zwei Wochen ist er aus Rumänien in die Schweiz gekommen, auf der Suche nach Arbeit - einer vergeblichen Suche. "Für solche wie mich gibt es nichts", sagt er.

Victor zittert. Isa Calvo reicht ihm einen Gutschein, damit er wenigstens im Bahnhof warm duschen kann. Victor bedankt sich mit einem Kuss auf ihren Handrücken. Ruedi Löffel macht sich derweil auf ins Büro, um eine Decke zu holen für den Mann. Die zwanzig Plätze der Notschlafstelle Sleeper sind meist belegt in diesen kalten Nächten - jene, die keinen Platz finden oder dort Hausverbot haben, schlafen in einem Hauseingang, unter einer Brücke oder an einem andern, möglichst windstillen, Ort.

Wenige Meter weiter, neben der Drogenanlaufstelle, haben sich etwa dreissig Menschen eingefunden - die Elternvereinigung Drogenabhängiger Jugendlicher verteilt hier Backwaren. Nora, eine grosse Frau mit vernarbter Haut um die Vierzig, ist auch da. Sie wohne bei ihren Eltern, erzählt sie, und sie werde mit ihnen Weihnachten feiern. Sie hoffe einfach, dass sie etwas Stoff auftreiben könne am Festtag. Sollte sie auf Entzug sein, würde es wohl unschöne Weihnachten geben, und das, sagt sie, hätten ihre Eltern nicht verdient, sie wolle nicht, dass sie ihretwegen traurig seien. Aber "heute ist noch nicht Weihnachten", sagt sie, und "wer weiss, was bis morgen passiert".

Weiter geht es zum Bahnhof, wo wir Hans treffen, einen Mann um die Sechzig. Er ist aufgebracht, hat Tränen in den Augen. Er hat von seinem Geld Hunde- und Katzenfutter gekauft, für die Tiere eines Kollegen. Doch dieser hat die Gaben verschmäht, und Hans weiss nicht warum. "Da will man helfen, und dann das", sagt er und bricht gleich wieder in Tränen aus. Dann klaubt er 20 Franken aus seinem Portemonnaie und drückt sie Isa Calvo in die Hände. "Gib die jemandem, der sie braucht", sagt er und insistiert vehement, als die Gassenarbeiterin ihn bitten möchte, das Geld zu behalten. Hans will jetzt einfach jemandem etwas schenken. Weihnachten sei eine schwierige Zeit, sagt er, er kenne viele, die "gefährdet" seien.

Isa Calvo ist seit fünf Jahren als Gassenarbeiterin unterwegs und hat davor sieben Jahre in der Drogenabgabestelle gearbeitet - sie kennt die "Randständigen" in Bern, und diese kennen sie. Man spüre die Weihnachtszeit gut, sagt sie. Die Leute seien emotionaler. Eine Verwendung für die 20 Franken von Hans ist sogleich gefunden. Ein Mann um die Fünfzig kommt gelaufen, gebückt, es geht ihm nicht gut. Er ist eine Treppe hinunter gestürzt und hat sich drei Rippen gebrochen. Nun kommt er aus dem Spital, mit einem Rezept in der Tasche, aber ohne Geld. Die Gassenarbeiter, die ihn kennen, besorgen ihm in der Apotheke das verschriebene Medikament. Er solle gut auf die Tabletten aufpassen, sagen sie ihm, starke Medikamente seien begehrt. "Ja", sagt der Mann und "Danke".

Man ist froh in dieser kalten Nacht, Zuflucht an der Wärme zu finden. Ein Ort, wo seit 27 Jahren Menschen jeglicher Couleur verweilen, ist das Casa Marcello in der Aarbergergasse. "Jeder, der sich normal aufführt, ist hier willkommen", sagt Peter Michel, der Wirt. Jeder wird hier geduzt, und jeder werde "als Mensch akzeptiert". Wenn jemand ohne Geld ins "Casa" komme und anständig um ein Stück Brot bitte, dann kriege er das. Gar eigenes Essen dürfe man mitbringen. An Weihnachten wird das nicht nötig sein. Wie jedes Jahr stellt Peter Michel auch heuer am 24., am 25. und am 26. Dezember ein üppiges Gratisbuffet bereit. Weihnachten ist eine intensive Zeit für ihn - viele sind froh, können sie hierhin kommen während der Feiertage, wenn die meisten Beizen geschlossen sind.

Stefan sitzt im Fumoir des Casa Marcello. Mitte Zwanzig sei er abgestürzt, erzählt er, seither macht ihm das Heroin das Leben schwer, seit bald zwanzig Jahren nun. Im Moment konsumiere er Drogen für zwanzig bis dreissig Franken am Tag. Mit seiner IV-Rente und hie und da einem Ladendiebstahl hält er sich über Wasser. Er möchte arbeiten, sagt er. Und im neuen Jahr, das hat er sich fest vorgenommen, wird er clean sein. Auf der Gasse hat er vier Tabletten Subutex erstanden, ein rezeptpflichtiges, synthetisches Opioid. Eine halbe Pille pro Tag will er nehmen, in acht Tagen soll der Entzug gelingen. "Ich muss endlich die Notbremse ziehen", sagt Stefan, "nun muss Schluss sein". Weihnachten wird er mit seiner Familie verbringen. An diesen Tagen sei es jeweils "noch etwas härter als sonst", sagt Stefan. Wenn man so feierlich zusammensitze, seien die Gedanken an den "Seich", den man gemacht habe, noch präsenter. "Da kommt halt alles wieder hoch."

Aufgewärmt verlassen wir das Casa Marcello, gehen in Richtung kleine Schanze, zur Dreifaltigkeitskirche, dahin, wo Frauen auf Freier warten. An diesem Abend, kurz vor elf Uhr, steht hier eine einzige junge Frau. Heute wird sie nichts verdienen, "es läuft gar nichts", sagt sie, und dankt für die sauberen Nadeln, die ihr die Gassenarbeiter überreichen. An Weihnachten wird sie nicht hier stehen, weil kaum mit Kunden zu rechnen ist. Die Freier feiern dann Weihnachten. Sie selbst macht sich nicht viel daraus. "Einmal im Jahr sind alle nett zueinander, und dann schreien sie sich wieder an", sagt sie und entschwindet in die Nacht.

Die Namen der Menschen, die wir angetroffen haben, sind geändert.

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Bund 23.12.11

Der König hinter der Tapete

Dieser Artus auf der Bühne ist sonderbar - aber wir sind eben in Absurdistan.

Lena Rittmeyer

Kurt Hungerbühler mag seine geblümte Tapete. Sie sei wie er selber "harmonisch, klar strukturiert und doch irgendwie weich in der Form", erklärt ihm der hüftschwingende Hausierer Moser (Gregor Schaller). Herr Hungerbühler (Stefan Schädler) hat einen Vollzeitjob, zahlt in die dritte Säule ein und saugt Krümel so schnell, wie sie entstehen, wieder vom Tisch. Eines Tages aber beginnt die wohlgespannte Tapete abzublättern - und ein runder König in roter Robe kriecht durch die Wand zu Kurt ins Wohnzimmer.

Claude Fillner, der den quietschfidelen König Artus spielt, ist mit dem Downsyndrom geboren. Als quirlige Anderweltfigur entführt er im Stück "Tapetenwechsel - Willkommen in Absurdistan" der Compagnie 3. August den kleinkarierten Kurt ins Reich hinter dessen Wohnzimmerfassade. Dort geht es spitzbübisch zu und her: König Artus will mit Dreck schmeissen und Katzen am Schwanz aufzäumen. Gutbürger Kurt lässt sich zögerlich auf Artus’ übermütige Bubenspiele ein, bis auf einer gemeinsamen Traumreise ein zwielichtiger Clown aus einer Box springt und der verwirrte Kurt seinen Besucher Artus kurzerhand zurück nach Absurdistan ausschafft.

Glücklicherweise gelingt es den Regisseuren Jost Krauer und Gregor Schaller, das offensichtliche Anderssein des Darstellers Claude Fillner weder ungewollt auszustellen noch zu vertuschen. Vielmehr machen sie mit der Figur des absonderlichen Königs Artus genau diese Wesensunterschiede zum Thema des Stückes. Das ermöglicht nicht nur befreiendes Lachen über Artus’ schnoddrig-frechen Sprüche ("Hallo Kurt! Seisch nit Grüezi?"), sondern lässt auch Fillner ungehemmt in seiner Rolle aufgehen.

Dem Handlungsbogen hingegen fehlt oftmals der Antrieb. Begleitet von Akkordeonklängen, wechseln sich Schauplätze ab, scheinen aber in ihrer Abfolge etwas zufällig. Ebenso spannungsarm verläuft der Sinneswandel von Herrn Hungerbühler, der an sich einen dramaturgischen Bogen hergegeben hätte. Wo sich die drei Herumtollenden aber nicht im allzu Ausgelassenen verlieren, macht ihr Zusammenspiel zweifellos Spass.

Vorstellungen: heute 20:30 und Samstag, 24. 12. 14.00 im Tojo-Theater, Reitschule.

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20 Minuten 23.12.11

Frauenpower an den Decks

So, 25.12., 23 Uhr, Xmas Techno, Dachstock.

HOUSE/MINIMAL. Das Midilux-Kollektiv lässt für seinen Weihnachtsevent zwei Damen antanzen: Steffi und Virginia aus dem Hause Ostgutton. Vier Stunden lang bespielen die Girls den Dachstock mit Berliner House. Begleitet werden sie vom Live-Act Gregorythme (Cityfox) und Local Heroes.

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Bund 23.12.11

Adventsgedicht

Mutter Maria sucht Asyl

Seit Stunden schon stehen drei Könige vor der Reitschule sorgsam verschlossenem Tor In schweren Säcken tragen sie mit Gold, Weihrauch und Granit

Wem in der Stadt schenken sie was? YB ein Spielfeld mit echtem Gras Dann können Schäfchen drauf weiden Die können sie schwarz-gelb bekleiden

Tschäppät meldet sich als Hirte mit Stab Bringt er damit wohl die Kicker auf Trab? Bang wartet er nun auf Chlausens Besuch denn mutig plant er den kühnen Versuch

Den Esel zu tauschen gegen zwei Bären Diesen ein Bad in der Aare gewähren Fast pleite dran ging die Stadt Bern Doch Bären die baden halt gern

Dies ganze Debakel lasst uns vergessen Den wartenden Königen werden indessen die Säcke durchsucht von der Polizei Granit vor der Reitschule? Ei, ei, ei!

Das wird Herrn Nause nicht behagen Vor- oder Nachsicht, er muss etwas wagen Eine Beschwerde oder neuer Pferdestall Da plötzlich: Schwefeldampf und Knall!

Polit-Fuchs? YB-Pyromanen? Gar manchem wird jetzt Böses schwanen! Die Feuerwehr ist schnell vor Ort die bösen Buben längstens fort

Freut das nun die Linken? Ja, sie tun uns freudig winken: Bringt die Säcke ins Bundeshaus! Und lasst vorerst mal s Gold heraus

Ein Paar Schritte nur zu Hildebrand Da braucht er freilich viel Verstand So nah am Ziele Bethlehem Für die Könige ist dies angenehm

In ihren Säcken nur noch Rauch Füllt keinen hungerigen Bauch Essen und Trinken muss nun her Cüpli, Lachs, Kaviar gefällt heut sehr

Wie wärs mit Käs und Fladenbrot?

Maria, schon in Wehennot

Asyl sucht für die Niederkunft

(...)

Heinrich Späti aus Hasle-Rüegsau hat bereits bei "seinem" Hildebrand politisches Fingerspitzengefühl bewiesen. Aus den Einsendungen haben wir ihn wegen der juryintern kaum für möglich gehaltenen dramaturgischen Steigerung so kurz vor dem Finale auserwählt. Denn morgen Heiligabend ist es soweit: Das "Bund"-Adventsgedicht kommt zum feierlichen Abschluss. Bereits gestern dichteten manche in sechs Stunden gleich viermal (weiter so, A. M. aus K.) oder setzten verfrüht zum letzten Lobgesang an (danke, C. B-W. aus J.). Erst jetzt aber zählts:

Schliessen Sie die Strophe ab, und schreiben Sie die allerletzte - Happy End oder Donnerknall, Sie haben es in der Hand. Fünf oder drei Zeilen bis 16 Uhr an adventsgedicht@derbund.ch.

Machen Sie sich einen Reim!

advent.derbund.ch


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Bund 22.12.11

Adventsgedicht

Wie nun nach Bethlehem?

Seit Stunden schon stehen drei Könige vor der Reitschule sorgsam verschlossenem Tor In schweren Säcken tragen sie mit Gold, Weihrauch und Granit

Wem in der Stadt schenken sie was? YB ein Spielfeld mit echtem Gras Dann können Schäfchen drauf weiden Die können sie schwarz-gelb bekleiden

Tschäppät meldet sich als Hirte mit Stab Bringt er damit wohl die Kicker auf Trab? Bang wartet er nun auf Chlausens Besuch denn mutig plant er den kühnen Versuch

Den Esel zu tauschen gegen zwei Bären Diesen ein Bad in der Aare gewähren Fast pleite dran ging die Stadt Bern Doch Bären die baden halt gern

Dies ganze Debakel lasst uns vergessen Den wartenden Königen werden indessen die Säcke durchsucht von der Polizei Granit vor der Reitschule? Ei, ei, ei!

Das wird Herrn Nause nicht behagen Vor- oder Nachsicht, er muss etwas wagen Eine Beschwerde oder neuer Pferdestall Da plötzlich: Schwefeldampf und Knall!

Polit-Fuchs? YB-Pyromanen? Gar manchem wird jetzt Böses schwanen! Die Feuerwehr ist schnell vor Ort die bösen Buben längstens fort

Freut das nun die Linken? Ja, sie tun uns freudig winken: Bringt die Säcke ins Bundeshaus! Und lasst vorerst mal s Gold heraus

Ein Paar Schritte nur zu Hildebrand Da braucht er freilich viel Verstand So nah am Ziele Bethlehem Für die Könige ist dies angenehm

In ihren Säcken nur noch Rauch Füllt keinen hungerigen Bauch Essen und Trinken muss nun her Cüpli, Lachs, Kaviar gefällt heut sehr

Wie wärs mit Käs und Fladenbrot?

(...)

Es gelte nun, die kulinarischen Seiten der Adventszeit zu würdigen, schrieben wir gestern an dieser Stelle. Ilse Vögeli aus Grosshöchstetten schafft es, die Ingredienzen eines Champagnerfrühstücks, traditionelle Schweizer Küche und morgenländische Grundnaturalien in zwei Zeilen zu vereinen - dass muss, finden wir, belohnt werden.

Heidi Gassner aus Bern bedankt sich bei uns, dass sie es gestern "wenigstens in den Kommentar gebracht" habe. Nun schlug sie den ganz grossen Bogen - vom Hunger der Hirten zur Leere der Meere, zur globalen Überfischung. "Die Meere leider sind fast leer", dichteten Sie. Wir halten es - Entschuldigung, Frau Gassner - angesichts unseres knappen Zeitplans jedoch für geradezu zwingend, auf dem Festland zu verweilen: Übermorgen ist Heiligabend, und bis dann müssen wir die drei Könige ins Ziel gebracht haben. Wir freuen uns aber sehr auf den nächsten Vorschlag von Frau Gassner - und auf alle anderen.

Beenden Sie einen Reim und lancieren Sie einen neuen. Senden Sie die nächsten zwei Zeilen bis heute Montag um 16 Uhr an: adventsgedicht@derbund.ch oder über die Webseite advent.derbund.ch.

Machen Sie sich einen Reim!

advent.derbund.ch

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kulturagenda.be 22.12.11

Dance: Völlig losgelöst - the Real Eighties im Tojo

Nostalgiegeplagte können sich im Tojo die Hochs und Tiefs der vergangenen Tage zu Hits aus den Achtzigern hemmungslos aus dem Leib tanzen. DJ HuG und DJ Fäb lassen Rockiges und Poppiges aus den Plattentellern springen, auch auf den einen oder anderen Slow darf man sich freuen. Damit die Augen trotzdem nicht die ganze Zeit geschlossen bleiben, bringt VJ Finn Damaged die Eighties in Bildern auf die Leinwand. Tojo in der Reitschule, Bern
So., 25.12., 22 Uhr

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kulturagenda.be 22.12.11

Dance: Xmas Techno im Dachstock

Für elektronischen Zündstoff im altehrwürdigen Gebälk des Dachstocks sorgen Steffi & Virginia vom Berliner Label Techno Institution Berghain sowie Gregory Poncet alias Gregorythme aus Lausanne. Das oberste Stockwerk der Reitschule musikalisch in Beschlag nehmen ausserdem die Berner Midiluxler DJ Racker, DJ Fabien und Beryll Ryder sowie Bird von Sirion Records und Alain vom St. Galler Label Analog Sunday.
Dachstock, Bern. So., 25.12., 23 Uhr

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kulturagenda.be 22.12.11

Wild Wild East mit DJ Robert Soko im Dachstock

Als der gebürtige Bosnier Robert Soko im Jahre 1993 in Berlin die Partyreihe "Balkanbeats" gründete, war vom aktuellen Balkan-Hype noch nicht viel zu spüren. Mittlerweile erfreut sich der wilde Osten längst grosser Beliebtheit. DJ Robert Soko gedenkt den Dachstock mit seinen Balkanbeats zum Kochen zu bringen.
Dachstock in der Reitschule, Bern. Fr., 23.12., 23 Uhr

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kulturagenda.be 22.12.11

"Tapetenwechsel" im Tojo

In "Tapetenwechsel - Willkommen in Absurdistan" konfrontiert der König seinen Nachbarn, den Büroangestellten Kurt, mit seiner verdrehten und umso faszinierenderen Wirklichkeit. Die Hauptrolle im neuen Stück der Compagnie 3. August spielt der 17-jährige Claude Fillner, ein Schauspieler mit Down-Syndrom. Jost Krauer und Gregor Schaller spielen die anderen Rollen. Im Stück geht es nicht direkt um Behinderung, sondern um verschiedene Wirklichkeiten.
Tojo, Bern. Mi., 21., Do., 22., und Fr., 23.12., 20.30 Uhr, Sa., 24.12., 14 Uhr

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kulturagenda.be 22.12.11

Professionelle Spasspartie

Das Berner Duo Copy & Paste ist ein unverkennbares Original. Sein Elektro- Trash-Pop mit den knapp sinnvollen Texten taugt zum musikalischen Rauschmittel. Im Rössli taufen Herr Copy und Frau Paste ihre zweite Platte.

Frau Paste macht es vor: Sie schreit, sie hüpft, sie dreht sich - alles voller Elan und ganz ohne Grazie. Das Publikum macht mit. Die Auftritte von Copy & Paste rufen in Erinnerung, dass Elektro dazu da ist, sich der Musik ausgelassen hinzugeben. Und nicht, um halbmotiviert auf der Stelle hin- und herzutreten, wie es an gewissen Partys praktiziert wird. Natürlich, Copy & Paste hellt seinen Elektro mit einer grossen Portion Trash und Pop auf. Doch was auf den ersten Blick als reine Spasspartie gelten mag - Sonnenbrillen in der Nacht, Ansagen mit französischem Akzent -, ist professionell produzierte Elektronik mit spürbar treibenden Rhythmen. Das beweisen die 15 Tracks der neuen Scheibe, "Faire du bruit" (Everestrecords).
Seit fünf Jahren setzen Cheyenne Mackay Loosli, Mitarbeiterin bei Radio RaBe, und ihr Ehemann, Mischu Loosli, auf den Reiz der Wiederholung. In den drei Minuten des Songs "My boy" sind diese zwei Wörter 44 Mal zu hören. So schaffen Copys Stimme und Pastes Synthesizer eine Art Rausch, der Lust auf sogar noch mehr "My boy"s macht.

Annatina Foppa
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Rössli in der Reitschule, Bern
Do., 22.12., 21 Uhr. www.roessli.be

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Bund 22.12.11

Copy & Paste

Lärm für den Dancefloor

Das Berner Duo Copy & Paste legt mit "Faire du bruit" ein erfrischendes, Hit-befrachtetes und manchmal auch etwas übermütiges Disco-Album vor. Eine wahre Freude.

Ane Hebeisen

Sie pflegen ihre Gesichter hinter grossflächigen Sonnenbrillen zu kaschieren, ihre Arbeitskleidung ist schwarz, die Bühnen, auf denen sie auftreten, sind in der Regel auch nicht gerade gleissend ausgeleuchtet. Doch ganz so einfach in die Ecke der Elektro-Finsterlinge lässt sich das Berner Duo Copy & Paste dann doch nicht stecken. Das wird spätestens mit dem Cover der neuen CD "Faire du bruit" klar. Hier lugt die sonnenbebrillte und schwarz gewandete Miss Paste nämlich aus einer bunten Tischbombe, während Herr Copy dieselbe in bester Hooligan-Manier entflammt. Spass, Ironie und Zweideutigkeiten sind Errungenschaften, die sich durchaus im Gemüt und in der Musik von Copy & Paste niedergeschlagen haben. Das wird auch in den ersten Takten dieses neuen Tonwerks offenbar. In der Prélude flackert ein Trance-Synthesizer neben Bombast-Perkussion, und schwülstige Streicher kündigen Pompöses an. Der unmittelbar darauf folgende Titeltrack "Faire du bruit" changiert dann in nur drei Minuten von knusprigen Bass-Amok-Eskapaden zu Pop-Schalala, von Rap in Eurodance-Tradition bis hin zum frankofonen Charme-Elektro. Als wollten die beiden gleich zu Beginn klarstellen, dass in der Welt von Copy & Paste alles erlaubt ist, vom puren Pop über den puren Irrsinn bis zur schallenden Disco-Klatsche.

Doch die beiden Hauptdarsteller sind clever genug, die Sache auf ihrem zweiten Longplayer dann doch nicht ganz aus dem Ruder laufen zu lassen; er, der Elektrofrickler und im richtigen Leben Haustechniker des Reitschule-Dachstocks, sie, die Noch-News-Redaktionsleiterin von Radio Rabe.Im musikalischen und tontechnischen Zentrum der 15 Songs steht das Programming von Mister Copy. Es ist der französischen Schule verpflichtet, in der der Synthesizer-Bass dermassen fett und breit angelegt und in den Vordergrund komprimiert ist, dass er neben dem Erledigen seiner Tieftonaufgaben gleichzeitig auch als melodieführendes Element, Störgeräusch-Generator und Perkussionsquelle fungiert.

Und dennoch sind auf diesem Album nicht bloss gesichtslose und basslastige Tracks für den Tanzboden entstanden, nein, Copy & Paste ziehen hier Nummern aus dem Song-Köcher, die unter dringendem Hitverdacht stehen. "This Is" mausert sich nach dem einleitenden Bass-Donnerwetter zu einem zart-bombastischen Disco-Schlager, ohne dabei die subversive Kraft zu vernachlässigen. Dafür sind die Sounds dann doch zu übersteuert, ist das Programming zu raffiniert. In "Crucified" wird der gleichnamige Army-of-Lovers-Hit zur hypnotischen Elektro-Hymne verdrahtet, digital multipel zerhackt, mehrfach durch den Schredder gelassen und wieder neu zusammengeflickt. "Part Of" und "Too Shy to Dance" sind flockig-knackige Pop-Songs voller hübscher Finten und akut Ohrwurm-befallen, "My Boy" ein bestens betanz- und befeierbares Liebeslied.

Es ist viel zu entdecken in dieser Berner Tischbombe. "Faire du bruit" ist ein Album, das die Band für den internationalen Markt empfehlen wird, weil es weder abgebrüht noch en vogue sein will, sondern ganz einfach Spass machen soll. Das ist ein seltener Wesenszug im formatierten und verkrampften Milieu der elektronischen Tanzmusik.

Rössli Reitschule und Vidmarhallen Do, 22. Dez., 21 Uhr, CD-Taufe Rössli. Sa, 31. Dez., Silvesterparty, Vidmarhallen Liebefeld.

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BZ 21.12.11

Aufgefallen

Copy & Paste

Boooom! Gleich geht sie hoch, die überlebensgrosse Tischbombe. Bereits flirtet die Flamme des Streichholzes mit der Lunte. "Faire du bruit", Lärm machen: So nennt das Berner Elektro-Trash-Duo Copy & Paste sein zweites Werk, dessen Cover besagte Tischbombe ziert und das sie morgen in der Rössli-Bar der Reitschule Bern an der "Record Release Party" vorstellen.

Dass es dabei lärmig wird, ist vorprogrammiert. Und Mr. Copy und Ms. Paste warnen gleich selber: Wer tanzen will, wird tanzen - wer nicht tanzen will, auch. Tatsächlich: Schon das Titelstück zum Auftakt entpuppt sich als frenetischer Elektro-Disco- Feger mit jeder Menge quirligen Bleeps und quietschlebendigen Beats. Auch in der Folge werkelt Mr. Copy mit viel Verve an Drumcomputern und Synthesizern, Ms. Paste steuert mal melodiöse, mal enthusiasmierte Gesangslinien bei. Wer da noch still sitzen kann, dürfte vor lauter Coolness an akuter Unterkühlung leiden. "My Boy" überzeugt mit überdrehtem Pop-Appeal, bei "This Is" wird die charmante Melodie in einen extravaganten Elektro-Trash-Mantel gehüllt - und mit "Crucified" hauchen Copy & Paste dem gleichnamigen 90er-Jahre-Hit der schwedischen Army of Lovers auf freche und gewitzte Weise ungeahntes neues Leben ein.

"This is not a movie, this is life - we are alive", beteuert Ms. Paste in "Alive". Auf "Faire du bruit" sprühen Copy & Paste vor Lebendigkeit - und strafen ihren Namen einmal mehr gleich selbst Lügen: Da wird nicht einfach kopiert und eingefügt. Vielmehr ist "Faire du bruit" kreativ, überbordend, ironisch, eigensinnig - und äusserst unterhaltsam. Boooom? Und wie! Michael Gurtner

● Copy&Paste: "Faire du bruit", Everest Records.

● Record Release Party: 22. 12. Rössli, Reitschule Bern.

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BZ 21.12.11

19 Rezepte gegen den Jahresend-Blues

ausgehtipps · Das Aschenbrödel im Kino, Bach in der Kirche, Schmusetenöre im Zelt oder Superhelden in der Turnhalle? Kulturell läuft über die Festtage einiges. Die Kulturredaktion hat für Sie einen bunt gemischten Strauss an Tipps zusammengestellt - damit niemand zu Hause auf dem Sofa versauern muss.

(...)

Party

Disco Die Tanznacht mit Tradition: Das Disko-Kollektiv "Völlig Losgelöst" lässt Schlimmes und Allerschlimmstes vergangener Tage auf das Tanzvolk los: Neue Deutsche Welle, New Wave, Italo-Pop, Rock der 1980er-Jahre. Nicht fehlen werden auch kuschelige Tracks aus nicht übermässig guten Filmen, zu denen geschlossen getanzt werden muss.pd

So, 25. 12., ab 22 Uhr, Tojo-Theater in der Reitschule, Bern.

(...)

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BZ 21.12.11

Private Sicherheitsfirmen im Kanton Bern

Keine stillen Nächte für Türsteher Aemmer

Türsteher haben ein schlechtes Image. "Möchtegernpolizist" ist noch das Netteste, was Hänu Aemmer bei seinen nächtlichen Einsätzen zu hören bekommt. Er wurde auch schon mit Waffen bedroht. Es gebe schwarze Schafe in seiner Branche, sagt Aemmer. Eine staatliche Kontrolle privater Securitys lässt auf sich warten.

Eine gute Nacht ist für Hänu Aemmer eine, in der er nicht zupacken muss. Das kommt praktisch nie vor. Nach 1 Uhr "gehts meistens ab", wie Aemmer sagt. Mit steigendem Alkohol- und Drogenpegel sinken beim Partyvolk die Hemmungen. "Wer nicht mit eigenen Augen gesehen hat, was sich in Berner Clubs abspielt, wird glauben, ich übertreibe." Hänu Aemmer: Oberländer Bauernsohn, 30 Jahre alt, Türsteher. Seine Hände sind Pranken. Überraschend sanft klingt seine Stimme. Aemmer ist einer der Securitys, die Anfang Monat zu einer Geldstrafe verurteilt wurden (siehe Box). Nach dem Prozess meldete er sich, weil er über seine Branche reden wollte. "Nach jedem Wochenende liest man von Massenschlägereien, Gewalt, Besäufnissen - aber nie darüber, wie wir Türsteher solche Nächte erleben." Aemmers Bedingung vor dem Gespräch: Über das für einen Kollegen noch nicht abgeschlossene Gerichtsverfahren will er nicht reden.

Nahkampf und das Gesetz

Drei Wochenenden pro Monat steht Hänu Aemmer von Donnerstag bis Sonntag vor verschiedenen Clubs in Bern und Thun. Um 20 Uhr fängt er seinen Dienst an, je nach Lokal ist er bis 3.30 Uhr oder 6 Uhr in der Früh auf den Beinen. Nach Hause fahren kann er, wenn der Rapport über die vergangene Partynacht geschrieben ist. Daneben arbeitet Aemmer 100 Prozent in einer Molkerei. Mit seinem Kollegen Marc Schmid hat er eine eigene Sicherheitsfirma gegründet. LDL Security heisst sie. LDL steht für "Lebe deine Leidenschaft". 25 Türsteher - davon 3 Frauen - beschäftigen Aemmer und sein Teilhaber im Stundenlohn. Die Angestellten haben bei LDL eine Grundausbildung zu absolvieren. Es werden Nahkampftechniken geübt oder rechtliche Grundlagen vermittelt. Der grösste Teil der Arbeit bestehe darin, Besoffene zusammenzulesen oder bei Verletzten Erste Hilfe zu leisten, meint Aemmers Teilhaber Schmid lakonisch.

"Türsteher sein, das ist mein Leben", sagt Aemmer. Ein Leben, das für Aussenstehende wenig reizvoll tönt: Sturzbesoffene und zugedröhnte Jugendliche, Nacht für Nacht. Schlägereien. Lärm, Dreck, Verletzte. "Keine Nacht ist gleich. Mir gefällt es, bei der Büez Kontakt mit Menschen zu haben", so sieht das Aemmer.

Kritisch mit seiner Branche

Im Securitybereich landete er "zufällig". Bei Festen auf dem Land half er mit, den Verkehr zu regeln, später stand er an Bar- und Pubfestivals an den Eingängen, arbeitete einige Saisons beim Ballermann auf Mallorca. "Als 18-Jähriger fand ich es geil, ein Schildchen mit der Aufschrift Security an meiner Jacke zu haben. Würde ich das heute noch so sehen, wäre ich im falschen Job." Mit seiner Branche ist Aemmer durchaus kritisch: "Natürlich gibt es schwarze Schafe. Typen, die ihre Aggressionen nicht im Griff haben und sich gerne prügeln." Schreibe er eine Stelle aus, sagt Aemmer, bewerbe sich "jeder Löu". Von 50 Personen könne er vielleicht 2 gebrauchen. Dem Rest würde er nicht trauen. Weshalb es nicht längst eine einheitliche Ausbildung und Prüfung für Sicherheitsangestellte gibt, kann Aemmer nicht verstehen. "Das Image privater Securityfirmen würde sich verbessern, wenn die Öffentlichkeit wüsste, dass man für den Job gewisse Anforderungen erfüllen muss." Heute könne sich jeder Security nennen und sich als Sheriff aufspielen. Dabei sei doch das Gesetz klar, sagt Aemmer: "Securitys sind keine Polizisten. Im Prinzip dürfen wir gar nichts." Die enge Zusammenarbeit mit der Polizei sei wichtig und funktioniere in Bern gut, findet Aemmer. Es stimme schon, dass private Sicherheitsleute manchmal Aufgaben übernähmen, die sie laut Gesetz nicht übernehmen dürften, räumt er ein. So kommt es regelmässig vor, dass Türsteher bei Schlägereien ausserhalb der Clubs eingreifen. Grosse Schanze, Aarbergergasse, Wankdorf - die Orte sind in Bern immer die gleichen. "Was sollen wir machen, wenn zwei Gruppen mit Messern aufeinander losgehen? Warten, bis es Tote gibt?" Polizist werden, das habe er nie gewollt, sagt Aemmer. Er würde es nicht ertragen, Opfer von Unfällen oder Suiziden zu sehen.

13-Jährige vor dem Club

Aemmer ist Vater einer zweieinhalbjährigen Tochter. "Ich bin froh, dass das Thema Ausgang noch einige Jahre auf sich warten lässt …" In diesem Punkt werde er bestimmt ein strenger Vater sein. "Ich frage mich, weshalb es heute so viele Eltern gibt, denen es offenbar egal ist, was ihre Kinder treiben." 13-Jährige, die mit gefälschten Ausweisen versuchten in die Clubs zu gelangen, seien an der Tagesordnung. In solchen Fällen informiere er die Eltern, sagt Aemmer. Es sei aber mehrmals vorgekommen, dass ihn ein Vater als Rassist beschimpft habe, weil er den Sohn oder die Tochter nicht in den Club lassen wollte. Ein ruhiger Typ müsse man als Türsteher sein, sagt Aemmer. Zuhören. "Man muss viel einstecken können und sich bewusst sein, dass man nicht austeilen darf." Wer damit nicht leben könne, frustriert oder aggressiv werde, habe im Securitybereich nichts verloren. Aemmers Berufsethos und die Wirklichkeit decken sich nicht, das ist ihm bewusst. "Es gibt sicher Türsteher, die ihre Machtposition ausnutzen." Er könne nur für sich reden, "und wenn ich jemanden nicht in den Club reinlasse, dann hat das einen guten Grund". Er schikaniere die Kunden nicht. "Weshalb sollte ich? Die zahlen ja auch meinen Lohn." Den Vorwurf, oft müssten Ausländer oder Secondos draussen bleiben, lässt Aemmer nicht gelten. "Wenn jemand nicht rein darf, dann darum, weil wir befürchten, dass Ruhe und Ordnung gefährdet wären." Wenn sich knapp 1000 Leute auf engstem Raum befänden, könne man kein Risiko eingehen.

Pfefferspray gegen Pistole

Sein Job sei eine ständige Gratwanderung, sagt Aemmer. Er sei von Gästen schon mit Messern bedroht worden, einmal gar mit einer Pistole. Selber trägt Aemmer lediglich einen Pfefferspray bei sich. Und Handschellen. "Ich finde es richtig, dass Securitys keine Waffen haben dürfen. Das wäre viel zu gefährlich in Situationen, die eskalieren." Am meisten "eingefahren" sei ihm nicht die Bedrohung mit der Pistole. "Ich habe zusehen müssen, wie mein Kollege von einem Gast zu Boden geschlagen wurde." Der Türsteher erlitt einen Schädelbruch. "Er lag am Boden, und ich dachte, er sei tot. Das war furchtbar." Aemmer hat ein Gespür für heikle Konstellationen entwickelt: In Vollmondnächten eskaliere es oft, sagt er. Besonders schlimm sei es an Weihnachten. "Da reagieren viele Gäste im Ausgang die Aggressionen ab, die sich unter dem Tannenbaum angestaut haben." Gute Nächte dürften in nächster Zeit in Hänu Aemmers Arbeitsalltag rar sein.

Mirjam Messerli

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Der Prozess

Sechs Türsteher des Berner Clubs Mad Wallstreet standen Anfang Monat vor Gericht. Fünf von ihnen akzeptierten eine Geldstrafe, der sechste Angeschuldigte nicht. Sein Prozess wird im Frühjahr stattfinden. Allen wurde vorgeworfen, sie hätten zwei Gäste des Clubs in Handschellen gelegt und verletzt (wir berichteten). Die Türsteher waren der Freiheitsberaubung und Körperverletzung angeschuldigt. Der Fall hatte die Debatte über private Sicherheitsfirmen wieder angeheizt.mm

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Gesetz

Im Kanton Bern werden Türsteher nicht kontrolliert

Die Kantonsregierung will private Sicherheitsfirmen unter staatliche Kontrolle stellen. Doch die Umsetzung harzt. "Wir haben Zeit verloren, weil wir uns um eine gesamtschweizerische Lösung bemüht haben", sagt Polizeidirektor Hans-Jürg Käser.

Für den kantonalen Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (FDP) ist die heutige Situation unbefriedigend: "Wir müssen die Ausbildung und die Kontrolle privater Sicherheitsangestellter regeln." Das verlangt auch das Kantonsparlament. Es überwies bereits 2007 einen entsprechenden Vorstoss. Angestrebt wurde von der Kantonsregierung ursprünglich eine gesamtschweizerische Lösung. "Eine solche würde Sinn machen, weil die grösseren Sicherheitsfirmen in verschiedenen Kantonen tätig sind", sagt Käser. Doch inzwischen haben sich die Westschweizer Kantone auf ein Konkordat über die privaten Sicherheitsunternehmen geeinigt. In der Deutschschweiz ist man noch nicht in allen Kantonen so weit. Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) hat erst einen Entwurf für einen Vertrag zwischen den Deutschschweizer Kantonen verabschiedet. Die Kantone - unter ihnen auch Bern - prüfen nun, ob sie diesem Konkordat beitreten wollen. "Wir haben Zeit verloren, weil wir uns um eine gesamtschweizerische Lösung bemüht haben", sagt Käser. Das sei bedauerlich. Er will den Entwurf möglichst noch im Jahr 2012 dem Grossen Rat vorlegen. Könnten sich die Kantone nicht einigen, so Käser, werde er alles daransetzen, wenigstens für den Kanton Bern gesetzliche Grundlagen zu schaffen.

Wie arbeiten Sicherheitsdienste und Polizei heute zusammen? Am Prozess zum Vorfall beim Club Mad Wallstreet hiess es, es gebe Absprachen zwischen Security und Polizei. Zum Beispiel über den Einsatz von Handschellen. Dem widerspricht die Polizei. "Es gibt keine generellen Absprachen. Kontakte bei Einzelfällen sind aber nicht ausgeschlossen", heisst es bei der Medienstelle. Die Polizei hält fest, dass private Sicherheitsdienste "keine polizeilichen Aufgaben und Befugnisse" hätten.mm

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Bund 21.12.11

Adventsgedicht

Speis und Trank bitte

Seit Stunden schon stehen drei Könige vor der Reitschule sorgsam verschlossenem Tor In schweren Säcken tragen sie mit Gold, Weihrauch und Granit

Wem in der Stadt schenken sie was? YB ein Spielfeld mit echtem Gras Dann können Schäfchen drauf weiden Die können sie schwarz-gelb bekleiden

Tschäppät meldet sich als Hirte mit Stab Bringt er damit wohl die Kicker auf Trab? Bang wartet er nun auf Chlausens Besuch denn mutig plant er den kühnen Versuch

Den Esel zu tauschen gegen zwei Bären Diesen ein Bad in der Aare gewähren Fast pleite dran ging die Stadt Bern Doch Bären die baden halt gern

Dies ganze Debakel lasst uns vergessen Den wartenden Königen werden indessen die Säcke durchsucht von der Polizei Granit vor der Reitschule? Ei, ei, ei!

Das wird Herrn Nause nicht behagen Vor- oder Nachsicht, er muss etwas wagen Eine Beschwerde oder neuer Pferdestall Da plötzlich: Schwefeldampf und Knall!

Polit-Fuchs? YB-Pyromanen? Gar manchem wird jetzt Böses schwanen! Die Feuerwehr ist schnell vor Ort die bösen Buben längstens fort

Freut das nun die Linken? Ja, sie tun uns freudig winken: Bringt die Säcke ins Bundeshaus! Und lasst vorerst mal s Gold heraus

Ein Paar Schritte nur zu Hildebrand Da braucht er freilich viel Verstand So nah am Ziele Bethlehem Für die Könige ist dies angenehm

In ihren Säcken nur noch Rauch Füllt keinen hungerigen Bauch

Essen und Trinken muss nun her

(...)

Hans Ulrich Grossniklaus aus Steffisburg geniesst seinen - wie er betont: aktiven - Ruhestand. Und er ist ein Mann der klaren Ansagen. Den drei Königen reichts nun, sagen seine zwei Zeilen, für die wir uns heute entschieden haben. Nach diesem poetischen Slalom, den die drei Könige in den letzten Wochen mitmachen mussten, wollen sie nun endlich mal - wer mag es ihnen missgönnen - was zwischen die Kiemen. Nun muss Wegzehrung her. Es soll ja gewisse Raucherwaren geben, die vor der Reitschule käuflich zu erwerben sind, die tatsächlich ein Hüngerchen im Bauch auslösen.

Heidi Gassner aus Bern hätte auch gerne Kräuterkräfte ins Spiel gebracht: In ihren zwei Zeilen, die wir leider nicht berücksichtigten, kommt die Myrrhe vor, die gegen Entzündungen der Mundschleimhaut wirken soll. Gassners Vorschlag: "Weh tut der total leere Bauch/ Doch, bitter ist nicht nur die Myrrhe." Aber wir haltens mit Grossniklaus: In den nächsten beiden Zeilen müssen nun auch die kulinarischen Aspekte der Adventszeit gewürdigt werden.

Beenden Sie einen Reim und lancieren Sie einen neuen. Senden Sie die nächsten zwei Zeilen bis heute Montag um 16 Uhr an: adventsgedicht@derbund.ch oder über die Webseite advent.derbund.ch.

Machen Sie sich einen Reim!

advent.derbund.ch

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Bund 20.12.11

Adventsgedicht

Rauch nach Bethlehem

Seit Stunden schon stehen drei Könige vor der Reitschule sorgsam verschlossenem Tor In schweren Säcken tragen sie mit Gold, Weihrauch und Granit

Wem in der Stadt schenken sie was? YB ein Spielfeld mit echtem Gras Dann können Schäfchen drauf weiden Die können sie schwarz-gelb bekleiden

Tschäppät meldet sich als Hirte mit Stab Bringt er damit wohl die Kicker auf Trab? Bang wartet er nun auf Chlausens Besuch denn mutig plant er den kühnen Versuch

Den Esel zu tauschen gegen zwei Bären Diesen ein Bad in der Aare gewähren Fast pleite dran ging die Stadt Bern Doch Bären die baden halt gern

Dies ganze Debakel lasst uns vergessen Den wartenden Königen werden indessen die Säcke durchsucht von der Polizei Granit vor der Reitschule? Ei, ei, ei!

Das wird Herrn Nause nicht behagen Vor- oder Nachsicht, er muss etwas wagen Eine Beschwerde oder neuer Pferdestall Da plötzlich: Schwefeldampf und Knall!

Polit-Fuchs? YB-Pyromanen? Gar manchem wird jetzt Böses schwanen! Die Feuerwehr ist schnell vor Ort, die bösen Buben längstens fort

Freut das nun die Linken? Ja, sie tun uns freudig winken: Bringt die Säcke ins Bundeshaus! Und lasst vorerst mal s Gold heraus

Ein Paar Schritte nur zu Hildebrand, Da braucht er freilich viel Verstand, So nah am Ziele Bethlehem, Für die Könige ist dies angenehm.

In ihren Säcken nur noch Rauch (. . .)

Eigentlich schade, dass das schöne morgenländische Gold nun unter dem Bundesplatz brach liegt: Anja Dolder aus Hünibach hätte das Jesulein - hier eine Art Prinz auf der Erbse beziehungsweise dem Nugget - die Kostbarkeit grosszügig weitergeben lassen: "Auf Gold liegts Christkind unbequem. Drum wollen wirs der Umwelt spenden!" Die geschundene Natur hätte den Zustupf sicher gebrauchen können: Allein schon Balthasars armes Kamel, das den ganzen Granit aus dem Orient vor die Reitschule schaffen musste, und der Esel des Samichlous’ hätten eine gründliche Kur verdient - und so was kostet!

Aber henu: Ohne Granit (ist und bleibt weg) und ohne Gold (bei Hildebrand auf der Nationalbank sicher verwahrt) lässt Regula Keller aus Laufen nun unsere drei Könige lediglich mit Säcken voll Weihrauch gen Bethlehem ziehen. Ob sich das Neugeborene auch angemessen über die Liebesgabe freut? Oder machen sich am Ende Joseph, die Hirten und die himmlischen Heerscharen mit der Raucherware einen netten Abend? Und was Präventionsguru Gutzwiller wohl dazu meint? Dichten Sie mit!

Beenden Sie einen Reim und lancieren Sie einen neuen. Senden Sie die nächsten zwei Zeilen bis heute Montag um 16 Uhr an: adventsgedicht@derbund.ch oder über die Webseite advent.derbund.ch.

Machen Sie sich einen Reim!

advent.derbund.ch

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kulturstattbern.derbund.ch 19.12.11

Kulturbeutel 51/11

Von Roland Fischer am Montag, den 19. Dezember 2011, um 06:09 Uhr

(...)

Frau Feuz empfiehlt:
Am Donnerstag haben Sie einmal mehr die Qual der Wahl: Entweder gehen Lotto spielen mit dem Bewegungsmelder im Kornhausforum (moderiert vom one and only Dominik Deville) oder aber Sie gehen an die Plattentaufe des Berner Elektro-Trash Duos  Copy & Paste im Rössli. Wer’s lieber weniger trashig und wild mag und mit Karten umzugehen weiss, der soll doch am Donnerstag ins Kairo ans Einzelschieber-Jassturnier. Am Freitag tritt im ISC dann die Schweizer Version des legendären Rat-Packs auf.

(...)

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Bund 19.12.11

Adventsgedicht

Könige bald in Bethlehem

Seit Stunden schon stehen drei Könige vor der Reitschule sorgsam verschlossenem Tor In schweren Säcken tragen sie mit Gold, Weihrauch und Granit

Wem in der Stadt schenken sie was? YB ein Spielfeld mit echtem Gras Dann können Schäfchen drauf weiden Die können sie schwarz-gelb bekleiden

Tschäppät meldet sich als Hirte mit Stab Bringt er damit wohl die Kicker auf Trab? Bang wartet er nun auf Chlausens Besuch denn mutig plant er den kühnen Versuch

Den Esel zu tauschen gegen zwei Bären Diesen ein Bad in der Aare gewähren Fast pleite dran ging die Stadt Bern Doch Bären die baden halt gern

Dies ganze Debakel lasst uns vergessen Den wartenden Königen werden indessen die Säcke durchsucht von der Polizei Granit vor der Reitschule? Ei, ei, ei!

Das wird Herrn Nause nicht behagen Vor- oder Nachsicht, er muss etwas wagen Eine Beschwerde oder neuer Pferdestall Da plötzlich: Schwefeldampf und Knall!

Polit-Fuchs? YB-Pyromanen? Gar manchem wird jetzt Böses schwanen! Die Feuerwehr ist schnell vor Ort, die bösen Buben längstens fort

Freut das nun die Linken? Ja, sie tun uns freudig winken: Bringt die Säcke ins Bundeshaus! Und lasst vorerst mal s Gold heraus

Ein Paar Schritte nur zu Hildebrand, Da braucht er freilich viel Verstand, So nah am Ziele Bethlehem, (. . .)

Heinrich Spaeti aus Hasle-Rüegsau hat uns mit seiner Dichtkunst überzeugt, weil er die Handlung am konsequentesten auf die Zielgeraden einbiegen lässt (denn wir wissen alle: mit grossen Schritten steht Weihnachten vor der Tür, wie man so schön sagt). Die anderen Dichterinnen und Dichter haben vor allem auf Kliffhänger gesetzt: Hans Scheidegger aus Bern lässt Hildebrand "mit einer Hand" die Kassenschranktür öffnen. Anja Dolder aus Hünibach sorgt für Aktion und hüllt das Parlament in Weihrauchschwaden, und bei Yvonne Bigler aus Hinterkappelen erstrahlt das Vaterland. Die Frage bleibt, was mit dem Gold nun geschieht?

Beenden Sie einen Reim und lancieren Sie einen neuen. Senden Sie die nächsten zwei Zeilen bis heute Montag um 16 Uhr an: adventsgedicht@derbund.ch oder über die Webseite advent.derbund.ch.

Machen Sie sich einen Reim!

advent.derbund.ch